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Stadtteilentwicklungskonzept Karlsruhe-Knielingen 1 Betreff: AG „Soziales und kulturelles Leben in Knielingen“ – 3. Sitzung Datum, Ort: 20. Januar 2016, Begegnungsstätte Knielingen, Eggensteiner Str. 1 Teilnehmende: Fr. Demendi (Stadt Karlsruhe, AfSta), Fr. Duwe (katholische Kirche), Hr. Geisler, Fr. Magerl-Feigl, Hr. Pollmann (katholische Kirche), Hr. Reichmann, Hr. Westphal Moderation: Hr. Theodor (KOBRA-Beratungszentrum) Helferbörse Die Idee einer möglichen Helferbörse in Knielingen stammt aus einer der vorherigen Sitzungen. Es soll sich um eine ehrenamtliche oder leicht vergütete Art der gegenseitigen Hilfe für alte Menschen, Fami- lien und andere handeln. Die Helferbörse soll dabei generationenübergreifend tätig sein. Der genaue Bedarf muss aber noch im Stadtteil ermittelt werden. Zur heutigen Sitzung wurde die katholische Kir- che eingeladen. Diese bietet bereits eine Nachbarschaftshilfe an. Dabei muss geklärt werden, inwie- weit sich eine mögliche Helferbörse mit der Nachbarschaftshilfe deckt oder ob sich Synergien ergeben könnten. Die Nachbarschaftshilfe der katholischen Kirche: Der Ausgangspunkt der Nachbarschaftshilfe sind Hilfeangebote für alte und einsame Menschen. Die Hilfe wurde vor 11 Jahren gegründet und ist dem Dachverband Caritas angegliedert.  Das Angebot ist nicht konfessionell gebunden, es besteht auch Kontakt zur evangelischen Kirche.  Die Angebote der Nachbarschaftshilfe umfassen keinen Pflegedienst und Putzdienst. Es handelt sich vielmehr um Hilfe und Begleitung in den Bereichen Arztbesuche, Betreuung zuhause, Entlastung der Familie.  Im Jahr 2015 wurden etwa 2.500 Einsatzstunden in den beiden Stadtteilen Knielingen und Nord- weststadt erbracht. Es wurden etwa 30 Menschen durch 20 Mitarbeitende betreut, wobei die An- zahl der Mitarbeitenden höher ist.  Das Angebot der Nachbarschaftshilfe ist nach rechtlicher Einordnung ein niedrigschwelliges Angebot und anerkannt (Dachverband Caritas).  Die Hilfsstunde kostet 8 Euro, wovon der Mitarbeitende 6,50 Euro erhält.  Sollte eine Person Hilfe benötigen, kann diese sich an das Pfarrbüro wenden. Daraufhin geht eine Mitarbeiterin der Nachbarschaftshilfe zu dieser Person, um sich einen Überblick über die Hilfe zu verschaffen. Somit ist es möglich, zielgenau die Hilfe zu vermitteln. Eine mögliche Helferbörse in Knielingen:  Damit eine Helferbörse funktioniert, muss sich eine Kerngruppe bilden, die die Idee voran bringt. Hierzu erklären sich Fr. Magerl-Feigl und Hr. Westphahl bereit. Sie werden sich nach weiteren Mit- streitenden umschauen.  Als möglicher Titel für die „Helferbörse“ könnte sich der Name „Alltagshelden“ eignen.  Eine Helferbörse sollte neben neuen Hilfsangeboten auch die bereits im Stadtteil bestehenden An- gebote vernetzen und vermitteln (Synergien). Die Angebote der Helferbörse sollen generationen- Stadtteilentwicklungskonzept Karlsruhe-Knielingen 2 übergreifend und auch für neuzugezogene Bürgerinnen und Bürger nutzbar sein. Ebenso für Fami- lien, die Entlastung benötigen.  Denkbar wäre es zunächst, ein monatliches Treffen zu organisieren. Hierbei kann es um reinen Austausch gehen, aber auch um die Organisation der Helferbörse sowie verschiedener Angebote wie Repair-Café oder Computerhilfe. Auch kulturelle Angebote wären möglich. Hierzu bedarf es aber eines attraktiven Bürgerzentrums.  Der Bedarf muss unter der Bevölkerung ermittelt werden. Dies soll in Form eines Fragebogens er- folgen. Hr. Theodor wird den beiden Aktiven einen Muster-Fragebogen zur Verfügung stellen.  Der Fragebogen kann beispielsweise über den "Knielinger" verteilt werden, sollte aber auch bei Schlüsselpersonen wie Ärzten oder Apothekern ausgelegt sein.  Hr. Theodor stellt anhand einer Power-Point Präsentation Beispiele aus anderen Gemeinden vor. Die Organisation einer solchen Helferbörse ist unterschiedlich und richtet sich in der Regel nach den örtlichen Gegebenheiten. Die Organisationsformen reichen hierbei von einfachen Organisati- onszusammenschlüssen in Form einer Interessensgemeinschaft, über Bürgerverein bis hin zu Ge- nossenschaften.  Zu klären ist die Frage der Versicherung. Hierzu soll mit dem Bürgerverein geklärt werden, ob die Helferbörse unter dessen Organisation auftreten kann. Das Anliegen soll auf der nächsten Sitzung des Bürgervereins vorgetragen werden.  Fr. Demendi bietet seitens des Büros für Mitwirkung und Engagement Unterstützung bei der Ver- mittlung von Ehrenamtlichen an sowie Beratung bezüglich Vereinsgründung oder Versicherungs- angelegenheiten. Hierzu sollte aber bereits die Struktur der Helferbörse bestehen.
https://www.karlsruhe.de/b4/buergerengagement/stadtteilentwicklung/Knielingen/was_bisher_geschah/arbeitsgruppen/HF_sections/content/ZZmk4MBJ66mm8S/ZZmthwm0X7QXOh/3.%20Sitzung%20AG%20Soziales%20und%20kulturelles%20Leben,%2020.01.16.pdf
Schloß Augustenburg IN FO Verlag· Ure Grau ' Sch loss Augustenburg Häuser- und Baugeschichte Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Herausgegeben von Susanne Asche, Ernst O tto Bräunche und Manfred Koch Ute Grau Schloss Augustenburg Herausgegeben vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche ~~ INFO VERLAGSGESELLSCHAIT Häuser- und Baugeschichte Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Band 1 Herausgeber Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche Titelbild Blick durch den Brückenbogen an der Staigstraße auf die Augustenburg. Gestaltung Herbert Kaes Thomas Lindemann Verlag INFO Verlagsgesellschaft Postfach 3367 . Käppe lestraße 10 . D -76019 Karlsruhe Telefon 072 1/617888· Fax 0721/621238 ISDN Leonardo 0721 /961 3850 www.infoverlag.de dtp- Realisation Constanze Jung Mitarbeit Ariane Lindemann M.A . Dr. Bemd Villhauer Druck Engelhardt & Bauer, Karlsruhe Deutsche Bibliothek - C IP-Einheitsaufnahme Ein Datensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich © 2000 . INFO Verlag GmbH Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Genehmigung des Verlags nicht gestattet. ISBN 3-88190-251-1 Inhalt Geleitwort Oberbürgermeister Heinz Fenrich ........ ...... ................. .......... .. ......... 7 Vorwort Ernst O tto Bräunche ................................. ......... .. ......... ... ..................... 9 Einleitung ..................... ..... .. ................. ...................... .......... ... ... ............ ............ 11 Das Pfründhaus ............ .... .. ... .. .. ... ...... ..... ..... ........ ...... .... ............. ....................... 12 Der erste Umbau zum "Hohen Haus" ............................................................... 13 Die "Ersatz" -Residenz ..... ........ .. ... ... .. ................. ....... .... ......... .... ... ...... .. .. ..... ..... .. 15 Umbau in Grötzingen - Die Augustenburg .. ............. .. .................................. .. . 17 Der Witwensitz - Höfisches Leben im Dorf ......................................... .. .. ........ 20 Der langsame Niedergang ............................. ..................................................... 22 Zeit der Kriege - Unterkunft für Soldaten ................................................. .. .... 22 Modernisierung in Gewerbe und Landwirtschaft - Das Krapph aus ............ .. .. 23 Die Knopffabrik .............. ....... ............. .... ............. ........... .. ..... .. .. .... ..... .. ............. 25 Der Augustenberg .. .......... ... .................... ............ .. ...... ............... ........................ 27 Der Schwanenwirt - Die Augustenburg als "Studentenkneipe" ..................... 31 Otto Fikentscher und die Grötzinger Malerkolonie ......................................... 31 Die romantische Ruine - Denkmalschutz auf Gemeindekosten ? .... .. .. ............ 35 Noch einmal Krieg und seine Folgen - Zwangsarbeiterinnen im Schloss ...... 38 Das Schloss als Zuflucht - Flüchtlinge in Grötzingen ..................................... 41 Der drohende Abriss - Das Land wird Besitzer ................................................ 43 Sinnvolle Nutzung gesucht ..... .. ... .... .... .......................... ............ ........ ............... 48 "Staub aus Jahrhunderten von Augustenburg geblasen" .................................. 50 "Schloss Augustenburg - Juwel im Pfinzgau" ...... ...... .. ............................. ... ... .. 53 Der neue Schlossherr ........ ..... .. .... .. ... ............... ............................... ................... 56 Der Ziehbrunnen ........... .... ......... ......... ................. ............. ........ ..................... ... 57 Anmerkungen ..................... .. ............................................................................. 59 Literaturverzeichnis .................................... ........ ............. .................................. 62 Bildnachweis ................................ ....... ..... .. ....... ............ ... ....... ................. .......... 63 6 1 Die Augustenburg vor dem Umbau . Geleitwort Obwohl Kar!sruhe eine junge Stadt ist, verfügt sie doch über e ine beacht- liche historische Bausubstanz, die nicht nur aus architekturge- schichtlicher Sicht von besonde- rem Interesse ist . Häuser können nämlich vielerlei Geschichten erzählen, sie liefern aber auch wertvolle Erkenntnisse z. B. zur Alltags-, Sozial- und Wirtschafts- geschichte. Diese vielfältigen Aspekte sollen in der neuen Reihe "Häuser- und Baugeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe" mit jewe ils unterschied- lichen Schwerpunkten aufgegriffen werden. Den Anfang macht mit dem Schloss Augustenburg ein herr- schaftliches Gebäude, das mit dem ehemals selbständigen Dorf Grötzingen 1974 nach Karlsruhe eingemeindet wurde. Die Ge- schichte des Schlosses beginnt als Pfründhaus im 12. Jahrhundert. Erst drei Jahrhunderte später, um 1560, wurde daraus das "Hohe Haus", d. h. ein herrschaftliches Schloss, das zu diesem Zweck umgebaut werden musste. Seinen Namen erhielt es erst später von Markgräfin Maria Augusta, der Mutter des Kar!sruher Stadtgrün- ders Markgraf Kar! Wilhelm, die es 1699 grundlegend renovieren ließ. Sie brachte den G rötzingern ein wenig höfischen Glanz in das Dorf, der bis dahin der benachbarten Res idenz Durlach vorbehalten geblieben war. N ach dem Tod der Namensgeberin begann auch der Niedergang des Gebäudes. Im 19. Jahrhundert diente es u.a. als Krapphaus, Knopffabrik und Studentenkneipe. Ins Blickfeld einer größeren Öffentlichkeit geriet es erst wieder durch die Grötzinger Malerkolo- nie, die nach dem Kauf durch den Maler Otto Fikentscher Ende des Jahrhunderts dort entstand . In dieser Zeit wurde die inzwischen stark hetuntergekommen e Augus- tenburg auch zum Baudenkmal. Trotz e iniger denkmalpflegerischer Arbeiten litt die Bausubstanz we iter. Im Zweiten Weltkrieg waren unter unwürdigen Verhältnissen Zwangsarbeiterinnen in e inem großen Teil des Schlosses tmterge- bracht, nach dem Kriege fanden Flüchtlinge hier eine erste Bleibe. Der nach wie vor schlechte Er- haltungszustand bestimmte in der Nachkriegsze it immer in starkem Maße die Diskussion über die weitere Nutzung des Hauses, dessen Abriss nur durch die Auflagen des Denkmalschutzes verhindert wurde. In den 70er Jahren schien mit dem Umbau in Senioreneigentumswohnungen eine sinnvolle Nutzung gefunden, doch erst e in erneuter Umbau zu einem Seniorenwohn- und Pflege- heim im Jahr 1987 führte zum Erfolg. 7 Um den Erhalt des Schlosses und die schließlich gefundene Lösung hat sich der damalige G rötz inge r O rtsvorsteher und vormalige Bürgermeister Herbert Schweizer sehr verdient gemacht. Er hat auch die Bearbeitung der Geschichte der Augustenburg angeregt, die von der Au torin Ute G rau anschaulich dargestellt wird. Mit diesem reich bebilderten Band ist e in erfolgreicher Auftakt der neuen Reihe des Stadtarchivs gelungen , dem ich viele Leserin- nen und Leser, aber auch weitere N achfolgebände wünsche, die Karlsruher Stadtgeschichte als Häuser- und Baugeschichte in ähnlicher Weise lebendig werden lassen. HEINZ FENRICH OBERBÜRGERMEISTER ~ 2 Ansicht der Augustenburg um 1920. Ansicht von Süden, im Vordergrund die Brücke an der Sraigstraße. Vorwort Das Stad tarchiv Karlsruhe beginnt mit dieser A rbeit über das Schloss A ugus- tenburg eine neue Publikations- reihe "H äuser- und Baugeschich- te". Damit werden die beiden bestehenden Reihen "Veröffent- lichungen des Karlsruher Stadt- archivs", von denen der 20. Band gerade erschienen ist, und die "Forschungen und Q uellen zu r Stadtgeschichte", deren 7. Band im Jahr 1999 veröffentlicht wurde, sinnvo ll ergänzt . Denn nun steht auch eine Publikationsmöglichkeit für kleinere Arbeiten zu architek- tur- und baugeschichtlichen Themen zur Verfü gung, denen innerhalb der Gesamtstadtge- schichte eine wichtige Rolle zukommt. Die wechselvolle Geschichte der Augustenburg wird anschau- lich in Bild und Text dargestellt und bietet so ein gutes Beispiel, wie diese Reihe auch künftig gestaltet se in wird . Karlsruhe verfügt trotz des relativ jungen A lters der Stadt über viele Gebäu- de, deren Geschichte eine eigene Publikation rechtfertigt. So sind für die beiden folgenden Bände bereits das Haus des katholischen O berstiftungsrats, heute Polize i- präs idium, und das Seilerhäuschen in der Kaiserstraße, dessen Geschichte in die Frühzeit der Stadt zurückreicht, vorgesehen. Durch diese Reihe erfüllt das Stadtarchiv einmal mehr den A uftrag, im Rahmen der histori- schen Bildungsarbeit Beiträge zu r Stadtgeschichte zu erarbeiten bzw. Publikationsmöglichkeiten bereit- zustellen. Mein Dank gilt der Historike- rin Frau U te G rau, di e den Tex t geschrieben und die Bildauswahl vorgenommen hat, Herrn Herbert Kaes, der Titelbild und Layout- Entwurf gestaltet hat , Frau Rita Dahm, die Korrektur gelesen hat, sowie dem INFO Verlag fü r die gute Zusammenarbeit. DR. ERNST OTTO BRÄUNCHE LEITER STADTARCHIV. PFINZGAUMUSEUM. STADTMUSEUM 9 Das Schloss Augustenburg Einleitung Kurz hinter dem Ortseingang, von Karlsruhe kommend, ein paar Hundert Meter rechts die Kirch- straße hinauf, gegenüber der Gröt- zinger Kirche mit ihrem gedrehten Turm, steht noch heute die Au- gustenburg. Das alte Grötzinger Schloss ist inzwischen ein Senio- renheim für 100 Bewohnerinnen und Bewohner, und wer die Mühe einer kleinen Bes ichtigungstour auf sich nimmt, kann im Innenhof der kleinen Schlossanlage einige Hinweise auf die wechselvolle Geschichte des Hauses finden . Ein Kunstwanderführer aus dem Jahr 1959 beschreibt es als eine der Sehenswürdigkeiten Grötzingens: "Das der Kirche gegenüberliegende Schloß Augustenburg bildet mit unserem Gotteshaus noch eine schöne bauliche Gruppe am S üd- ende des Ortes. Leider ist es in einem schlechten Zustand. Heute stehen im Hof noch zwei Flügel und der Stumpf eines dritten. Das Schloß wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts umgebaut und erhielt an den vorderen Ecken zwei Rundtürme, die heute Schweifhau- ben zieren. Der Haupteingang mit ~ 3 Blick von Süden in den Schlosshof vor dem Umbau. gebrochenem Sturz und dem Wap- pen Baden-Veldenz sowie der Jah - reszahl 1576 liegt hinter einer dop- pelläufigen Freitreppe in der Mitte der Gebäudefront. Schräg darüber ist eine Inschrifttafel von 1699 eingemauert, di e von der Herrich- tung des Schlosses durch die Mark- gräfin Augusta Maria geb. Prinzes- sin von Holstein-Gottorf kündet." 1 Nehmen wir diese "Herrich- tung" vor rund 300 Jahren zum Anlass, das Schicksa l von Schloss Augustenburg näher zu betrachten. Es ist die Geschichte eines Bau- werks, das während seines Beste- hens ständig Veränderungen unterworfen, mehr als einmal vom Abriss bedroht war und dessen "Überleben" bis in unsere Tage manchmal fast schon wundersam erscheint. Oft stand die Augusten- burg nach ihrem aufwendigen Umbau durch Markgräfin Augusta Maria Ende des 17. Jahrhunderts vor dem Abbruch, da es den jeweiligen Bes itzern unrentabel schien, das Haus zu unterhalten. Dass es heute noch in Grötzingen das Dorfbild prägt, verdankt das Schloss vor allem der Tatsache, dass es - jedenfalls in Zeiten, die noch keinen Denkmalschutz kannten, - immer billiger gewesen war, das alte Gebäude stehenzu- lassen, als die Abrisskosten zu 11 bezahlen. Erst se it der Jahrhun- dertwende hatte sich langsam die Einstellung gewandelt: Vor allem Architekten und Künstler ent- deckten den Reiz des Alten , und man dachte erstmals an Denkmal- schutz, um "heimatliche Bau- kunst"2, wie man es nannte, der N achwelt zu erhalten. Es is t daher sicher nicht ganz zufällig, dass sich große Teile der Grötzinger Künst- lerkolonie um den Maler Otto Fikentscher in der romantischen, wenn auch wohl eher ungemütli - chen Augustenburg ansiedelten. Nach 1945 waren es neben den zuständigen Denkmalschutzbehör- den immer wieder Einzelne, die sich der Logik des reinen Zweck- denkens entgegenstellten und anges ichts der Zerstörungen des gerade vergangenen Kriegs der Erhaltung alter Baudenkmäler zuwandten . Dabei wurde rasch deutlich , dass es ein Luxus war, Dinge zu erhalten, die ihren ursprünglichen Nutzen verloren hatten . Die Markgrafen von Baden fragten nicht nach dem histori- schen Wert der Augustenburg. Es war keine Frage, dass sie den Bau im Zweifelsfall opfern würden, wenn sie darin einen finanziellen Vortei l vermuteten . Mit Schloss Augustenburg, das nach dem Tod der Markgräfin Augusta Maria zum 12 4 Kammergut Gottesaue gehörte, war kein Gewinn mehr zu erzielen, und die Besitzer verkauften daher das Gebäude und die dazugehören- den Ländereien . Dasselbe galt fü r die späteren Schlossherren , den Fabrikanten Gehres, den Schwa- nenwirt Jordan und für die Erben O tto Fikentschers. Für das ur- sprünglich zum Schloss gehörende Gelände Augustenberg war da- gegen schon recht früh eine sinn- volle Nutzung gefunden worden, was bereits Josef Bader in seinen "Fahrten und Wanderungen im Heimatlande" aus dem Jahr 1856 zufrieden bemerkte: An der Straße von Durlach nach Berghausen kommend beschrieb er die Anlage "Augustenberg", das "Gut se iner Großherzoglichen Hoheit des Markgrafen Wilhelm von Baden , welches eine so treffliche Muster- wirtschaft bildet , daß ich glaubte, demselben in diesen Blättern eine ausführliche Beschreibung widmen zu müssen".) Für das nach der Trennung von den zugehörenden Ländereien nutzlos gewordene Schloss gegenüber der G rötzinger Kirche konnte erst vor wenigen Jahren, nach vielen gescheiterten Versuchen und immer teurer werdenden Kauf- und Verkaufs- aktionen, eine neue Aufgabe als A ltersheim gefunden werden, die es ermöglichte, der Gemeinde G rötzingen ein Stück dörfliche Baugeschich te zu erhalten . Das Pfründhaus4 G rötzingen wurde erstmals im "Liber possessionum Wizenbur- gensis" von 991 erwähnt, war also Besitz des Klosters Weißenburg. Das Dorf ist jedoch als Siedlung viel älter.5 Der O rt, in dem um das Jahr 1000 etwa 300 Menschen lebten, bestand damals aus unge- fähr 25 HofstelLen und einem Herrenhof. Die Verhältnisse der Menschen auf dem Dorf waren geprägt von Abgaben und Fron- pflichten an verschiedene Herren, und die Herrschaftsverhältn isse waren für die Untertanen kompli- ziert. Die Mobilität der mittelalter- lichen Bevölkerung war auf dem Land durch die Leibherrschaft stark eingeschränkt: Bei Geburt und bei Tod waren A bgaben zu zahlen. Wer das Dorf verlassen wollte, hatte WegzugsgeLd zu entrichten, und wer heiraten wollte, musste sich eine Eheschlie- ßung mit einem Partner von außerhalb genehmigen lassen . 4 Ansicht von Grötzingen aus dem Jahr 1695. Gegenüber der Kirche, das "Hohe Haus", das von Markgräfin Augusta Maria zur "Augustenburg" umgebaut wurde. 5 Markgraf Christoph I. von Baden- Durlach (1453-1527) ließ das Grötzinger Pfründhaus zum "Hohen Haus" umbauen. 6 Markgraf Karl lI. von Baden-Durlach (1529-1577) ließ das "Hohe Haus" um 1564 noch einmal umbauen . Aus seiner Zeit stammen die beiden Türme der späteren Augustenburg. Die Grafen von Hohenberg, die ihren Sitz auf dem Turmberg, bei der Burg Grötzingen hatten, wurden um 1100 mit dem Ort belehnt. Sie stifteten das Kloster Gottesaue und statteten es auch mit Grötzinger Besitz aus. Mitte des 12. Jahrhunderts folgten den Hohenbergern die 5 Grafen von Grötzingen, von den Staufern belehnt. Doch bereits Ende des 12. Jahrhunderts war der Ort wieder in staufischer Hand, und seit Ende des 13. Jahrhunderts wurde der im Pfinzgau liegende Weißenburger Klosterbesitz, zu dem auch Grötzingen gehörte, Lehen der Markgrafen von Baden . Die Ursprünge des Grötzinger Schlosses, der erst später soge- nannten Augustenburg, liegen in jener Zeit. An seiner Stelle stand damals das Pfründhaus der ehema- ligen St. Barbarakapelle, die beim ehemaligen Grötzinger Fron- oder Herrenhof gelegen war. Dieser gehörte nach den Aufzeichnungen des Weißenburger Abtes Edelini aus dem Jahr 991 zum Besitz des Klosters. Außerdem besaß das Kloster Weißenburg in Grötzingen noch fünf Kape llen, eine davon 6 St. Barbara, und vier Mühlen sowie 700 Morgen Ackerland.6 13 N ach dem Aussterben der Grafen von Grötzingen so ll von den Kapellen nur St. Barbara übrigge- blieben se in. Das älteste Grötzin- ger Lagerbuch aus dem Jahr 1532 erwähnt schließlich erstmals das zugehörige Pfründhaus, das mit "Hofraite" und Garten im Alt-Kir- chenviertel gegenüber der Kirche ge legen hat: Dieser "St. Barbara Frühmess Caploney Pfründten" standen der kleine Zehnte und "einige Heuzehnten" zu.7 Der erste Umbau zum "Hohen Haus" Markgraf C hristoph l. 0453- 1527 ), der auch die Grötzinger Kirche in ihrer heutigen Form 14 7 hatte erbauen lassen, erwarb das Grötzinger Pfründhaus St. Barbara und ließ es umbauen. Der untere Teil des Mittelflügeis der Augus- tenburg stammt aus jener Zeit. Das ehemalige Pfründhaus wurde daraufhin das "Hohe Haus" genannt.8 Markgraf Karl Ir. von Baden- Durlach (1529-1577) , der 1565 von Pforzheim, damals Residenz der protestantischen Linie der badischen Markgrafen, ins günsti- ger ge legene Durlach übergesiedelt war und in Grötzingen 1556 die Pfründe aufgehoben und die Pfarrei protestantisch besetzt hatte, ließ das "Hohe Haus" einige Jahre später nochmals umbauen. Aus seiner Zeit stammen die beiden Türme, wie die Jahreszahl 1564 über der Tür des nördlichen Turms belegte; auch die beiden Anbauten an den Ecken im Südosten und Nordosten mit G ängen an den Hofseiten entstanden 1576 noch zu se iner Regierungszeit. Bereits mit diesem Umbau war also im Prinzip die "nach Westen geöffnete Dreiflügelanlage"9 entstanden, die das Schloss noch heute kennzeichnet. Das Lagerbuch von 1577 beschreibt das Gebäude, wie es damals aussah: "Das herrschaftli- che Schloß, eine Behausung, samt Scheuer, Keller und Kelter, auch Lusthäusle und Weingarten, alles unter einem Begriff, mit einer Mauer umfaßt im alten Kirchen- viertel gegenüber der Pfarrkirche und an der Dorfstraße".1O 1576 war an der Mitteltür, an der Ostfront des Gebäudes, das Allianzwappen Baden-Veldenz angebracht wor- den, ein Hinweis auf die Hochzeit Karls Ir. mit Anna von Zweibrü- cken-Veldenz, Tochter des Pfalz- grafen Rupprecht von der Pfalz. Markgraf Karl Ir. war es auch , der auf dem angrenzenden Büchelberg ein "turmartiges Lusthaus" errich- ten ließ - "um dem fühlbaren Mangel einer freien Aussicht abzuhelfen" - wie Heimatforscher Wilhelm Mössinger" schreibt. Lusthäuser waren beliebt in jener Zeit: Meist in einer Gartenland- schaft gelegen , waren sie für festliche Anlässe bestimmt und 8 7 Die Jahreszahl 1576 erinnert an den Umbau durch Markgraf Karl 11 . 8 Hochzeicszug des Markgrafen Friedrich Magnus und der Markgräfin Augusta Maria aus dem Jahr 1670. hatten fast immer einen Festsaal für S ingspiel- oder Ballett-Auffüh- rungen. Im 16. Jahrhundert waren sie häufig zweigeschossig und mit Säulen, Arkaden oder Terrassen als Übergang zum Garten versehen.1z Es sollte nun mehr als einhun- dert Jahre dauern, bevor das Grötzinger Schloss noch einmal, nun zum Witwensitz der Markgrä- fin Augusta Maria, um- und ausgebaut wurde. Zunächst aber kamen schwere Zeiten über das Dorf. In den Jahren 1618 bis 1648 tobte in ganz Europa der Dreißig- jährige Krieg, in den auch die badischen Markgrafschaften verwickelt waren . Grötzingen, um 1600 noch ein wohlhabender Ort, hatte schwer darunter zu leiden. Rathaus und Mühle wurden zerstört , und 1648 kam zu allem Übel auch noch die Pest über die Dorfbewohner. Herumziehende entlassene Söldner waren eine Plage für die Bewohner unbefestig- ter Dörfer. Am Ende des Krieges betrug die Zahl der Einwohner noch ein Drittel der Vorkriegs- ze i t. \3 Die "Ersatz" -Residenz 1678 schenkte Markgraf Friedrich Magnus (1647-1709) se iner G attin Augusta Mari a (1649-1728) an- lässlich se ines Regierungsantritts das G rötzinger "Hohe Haus" auf Lebensze it, zu dem auch 26 Morgen Weinberge auf dem hinter dem Bau liegenden Büchelberg, dem später so genannten Augus- tenberg, sowie Äcker auf der Durlacher und Grötzinger G e- markung gehörten .14 15 Markgräfin Augusta Maria begann schon bald mit Bauarbei- ten zur Erweiterung des "Hohen Hauses". 1681 ließ sie das holstei- nisch-badische Wappen über dem von 1576 (s.o. ) über der Treppe des Mittelbaus anbringen . Die Umbauarbeiten, die sich über mehrere Jahre hinzogen, wurden immer wieder durch militärische Ause inandersetzungen behindert: In Baden-Durlach und in G rötzin- gen war auch nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges keine Ruhe eingekehrt. Doch das Grötzinger Schloss, damals eine Bauste lle , "überlebte" die gefährli- chen Zeiten. Es wurde im Pfälzi- schen Erbfolgekrieg der Jahre 1689 bis 1697 verschont, möglicherwei- se, we il se in unfertige r Zustand eine Zerstörung überflüssig zu machen schien. Das benachbarte 16 9 Durlach dagegen brannte, und auch in Grötzingen selbst stand es nicht zum Besten: Als Markgraf Friedrich Magnus 1697 von Basel, wohin er sich während des Kriegs zurückgezogen hatte, in sein Land zurückkehrte, war der Ort zu zwei Dritteln zerstört. Der Markgraf nutzte daher das halbfertige Grötzinger Schloss vorübergehend als Wohnsitz. 1s Friedrich Magnus verbrachte vie le Jahre seiner Regierungszeit im sicheren Ausland. Auch in den Jahren von 1688 bis 1698 lebte der fürstliche Hof in Basel, wo die badischen Markgrafen seit 1540 das Bürgerrecht besaßen und wohin sie sich immer wieder mit ihrem gesamten Verwaltungsstab zurückzogen, wenn in ihrem Terri- torium kriegerische Auseinander- 10 setzungen wüteten. Dort hatte Markgraf Friedrich Magnus auch von der völligen Zerstörung se iner Durlacher Residenz erfahren: Der Pfälzische Erbfolgekrieg hatte zwar die europä ische Landkarte weitge- hend unverändert gelassen, doch in der Markgrafschaft waren drei Viertel der Bevölkerung gestorben oder geflohen und das Ackerland zerstört. Kontributionen (Abga- ben), Schanzfronen und die Unterbringung und Verpflegung durchziehender Truppen hatten die Menschen weiter verarmen lassen. Lediglich in Ausnahmefällen, wie dem des Grötzinger Bürgers Johann N ikolaus von N idda, gelang es jemandem, die Zeiten für sich zu nutzen, aus dem Krieg Gewinn zu ziehen und ein Ver- mögen zu machen.16 9 Markgräfin Augusta Maria ( 1649-1728), Erbauerin der Augustenburg. 10 Markgraf Friedrich Magnus (1647- 1709) . 11 Das Wappen über der Tür erinnert an die alte Augustenburg. Als Friedrich Magnus 1697 nach dem Friedensschluss von Rijswijk nach Durlach zurückkeh- ren wollte, brannte kurz vor se iner Heimkehr, in der Nacht vor den Friedensfeierlichkeiten, das dortige Schloss aus. Neben der Karlsburg waren als Folge des Krieges aber auch die Schlösser Pforzheim, Rastatt, Mühlburg, Ettlingen, Staffort und Kuppenheim zerstört. So blieb nur noch das kleine Schlösschen in Grötzingen, noch nicht ganz fertig gebaut, als Ausweichquartier. Es war zusam- men mit der G rötzinger Kirche unversehrt erhalten geblieben, und seit Frühjahr 1698 lebte Friedrich Magnus vorübergehend mit seinem Hof in Grötzingen-Augustenburg. Er ließ das Schlösschen jetzt zügig zu Ende bauen und Hofrat und Kanzleien ze itweise in der G rötzin- ger Kirchgasse unterbringen. Doch man war aus der Not heraus nach G rötzingen gezogen , und Markgraf Friedrich Magnus ordnete sofort den Wiederaufbau der Karlsburg an. Schon ein Jahr später, im März 1699, war das Durlacher Schloss bezugsfert ig und das G rötzinge r Zwischenspiel beendet.17 Umbau in Grötzingen - Die Augustenburg In G rötzingen , wo die U mbauar- beiten am Schloss ebenfalls 1699 zum Ende gekommen waren, hatte Augusta Maria die renovierungs- bedürftigen Außenfassaden des Süd- und des Nordflügels unter Leitung von Hofbaumeister Thomas Lefebvre, der als Planer und Bauleiter di e Werkmeister Peter Racine aus Hüningen und Johann Martin Hüglin aus Basel beschäftigte, erneuern lassen. Auch Steinhauer aus G rötzingen waren am Bau beteiligt. 1B Bereits im August 1699 hatte der Hofbaumeister an den Mark- grafen über die Fortschritte berichtet: "Das Gebäu zu G rötzin- gen be langend ist deßen einter Flüge l gegen dem Flecken völlig fertig und pariren dessen Gemä- cher alle recht angenehm, die alle Moment zu bewohnen sind . Der andere Flüge l am Weg aber stehet unter Tach und in vo ller Arbeit, we lchen der Rac ine in Monatsfri t auch zu liefern promittiert. Von dem Hüglin folgt auch die facciata [Ansicht] der vordem Seiten des Schloßes."19 11 Aus der Zeit der Fertigstellung diese r U mbauarbeiten stammt die Tafel an der Ostse ite des G rötzin- ger Schlosses über der Eingangstür des Mittelbaus: "MIC H HAT VO R KURTZER ZEIT - WIE MAN MIC H ALLHIER SCHAUT - G LEIC H NAC H DEN FRIEDEN 17 SCHLUS AUGUSTA SO GE- BAUT - UN D WEIL IC H NUN DA STEH / VON IHRER FÜRS- TEN HAND / SO WERD ICH AUCH NAC H IHR / AUG US- TENBURG G ENANDT / 1699" - so können Besucher der Anlage noch heute lesen. Der Neubau - -< 12 Gitter an der Freitreppe vor dem Mittelbau. Foco um 1900. "ein beträchtlicher Geviertbau mit zwei Stiegentürmen an der Vorderseite'>20 wurde also nach seiner Bauherrin benannt. Die für den Umbau benötigten 34.000 Gulden hatte die Mark- gräfin, die se it 1677 von ihrem Gatten jährlich 2.000 Gulden Handgeld erhielt, zunächst aus eigener Kasse bezahlt. Sie war jedoch 1701, weil sie über das Schloss nur zu Lebze iten verfügen konnte , für die Umbaukosten entschädigt worden.21 Laut Steuerveranlagungsbuch von 1699 gehörten zum Besitz Augusta Marias ein "Weingardt", eine Kelter und ein "Lusthäusle",zz und im Lagerbuch von 1718 finden wir folgenden Eintrag: "Ein fürstliches Haus, so von alters her St. Barbarapfründhaus, nunmehr aber nach dessen Vergrößerung das Hohe Haus, nunmehr aber, Ihre fürstliche Durchlaucht anno 1699 amplifizieret und mit ansehnlichen Nebengebäuden ganz herrlich versehen, nach höchst gedacht Ihro hochfürstlicher Durchlaucht Namen Augustenburg tituliert worden samt Keller, Gewölb, Lusthaus und Weingarten, auch anderen in dessen Bezirk befind- lichen Gebäuden und allem Zubehör im alten Kirchenviertel, einseits der Landstraße, anderer- se its Thomas Hofmann, dem Schultheißen und der gnädigen Herrschaft gelegen, stoßen vorn gegen die Kirche uff die Gasse und hinten uff anstoßende privat gehörigen Weinberg nach oben uff Fürstenacker und Weinberg. Ein Schilling Pfennig und zwei Hühner der Amtskellerei deshalb wegen der Herrschaft selbstigen Possessionen abgezogen . "23 Der von Markgraf Kar! Ir. vorgegebene Grundriss blieb erhalten: Der Bau war hufeisen- förmig, die Vorderseite verlief parallel zur Kirchstraße. Zwei Treppen führten zum Erdgeschoss. An diesen Treppen hatte man ein schmiedeeisernes Geländer angebracht, und der Hauptbau, zu dessen Eingang sie führten, war im Obergeschoss mit Fachwerk ausgeführt . Über dem Hauptein- gang sind noch heute die bereits erwähnten Wappenschilder zu sehen. Eine Steinmetzarbeit am Nordturm ze igte "in den 2 Zwi- ckeln des schwach gebogenen Sturzes [ ... ] 2 Fabelwesen, Einhorn mit Flügeln und Fischleib, nach außen gewendet , in der Mitte verknüpft durch ein Spruchband mit der Zahl 1564. Darüber am Sturz [ ... ] die später eingemeißelte Zahl 1699. Die Wendeltreppen beider Türme tragen 40 verschie- dene Steinmetzzeichen, wovon 7 auch an der Wendeltreppe des Turmbergs und im Prinzess innen- bau vorkommen. "24 Das Schloss, mit einer Mauer umgeben, hatte drei Eingänge, die von der Staig, von der Kirchstraße und von der Schwanenwiese zum zwischen Hauptfront und Kirch- gasse liegenden Schlosshof führten . Der Nordeingang wurde bereits 1876 abgetragen . Er hatte "den Zugang von der heutigen Bundes- 19 straße 10 her auf dem unten am Büchelberg hinziehenden und mit Kastanien bepflanzten Kutschen- oder Alleeweg" ermöglicht. Dieser Weg - so Wilhelm Möss inger - "zweigte am Dorfeingang beim breiten Stein von der alten Durlacher Landstraße ab und überquerte auf einer Holzbrücke die damals noch sumpfigen Schloßwiesen, die sich bis zum Floßgraben, dem heutigen Pfinzka- nal erstreckten."25 Oben, südlich des Schlosses, zog sich die Staig entlang, die zu Augusta Marias Ze it ihre heutige Form mit der Brücke erhielt. Diese alte, nach Pforzheim führende Landstraße wurde von Soldaten des "Türken- louis" während des Spanischen Erbfolgekriegs (1701-1714) umgebaut. Sie wurden während ihres Aufenthalts in Grötzingen zu Straßenbauarbeiten herangezogen. Wasser erhielt das Schloss bis 1750 von einem Pumpbrunnen im Schlosshof. Im nördlichen Hof gab es eine Quelle, die zunächst entlang der Kirchgasse abfloss, bevor man sie mit "Dohl und Graben"26 durch den Schwanen- garten leitete und sie sich am Alleeweg mit dem Abfluss der vom Augustenberg kommenden Quelle vereinigte. Die e Augustenberger Quelle bildete einen Teich, der "von der markgräflichen Küche" zur Fore llenzucht genutzt wurde. Der interessante Ziehbrunnen, den der Maler Otto Fikentscher im Schloss hof aufstellen ließ, stand damals noch im Hof des Bauernhauses Kirchstraße 1 (siehe Einschub Ziehbrunnen) . Zwischen den hinteren Flüge ln 20 der Augustenburg lag der Schloss- garten . Er war mit einer kleinen Orangerie und einem Bassin, das vom Burgbrunnen des Turmbergs gespeist wurde, ausgestattet. Unterhalb des Schlosses hatte die Markgräfin eine Meierei betreiben und die "herrschaftliche Schwa- nenwirtschaft" errichten lassen. Deren "Schildgerechtigkeit" wurde später drei Hofstätten weiter Rich- tung Norden (zur heutigen BIO) "transferiert", und die Meierei verlegte man zur Kelter auf die Augustenbergterrasse. Es gab auch einen Gemüsegarten, "hinter der Kirchgasse hinziehend", und an der Kirchhofmauer stand das Wach- häuschen für die Schlosswache.27 Der Witwensitz - Höfisches Leben im Dorf Markgräfin Augusta Maria stamm- te aus dem Haus Holstein-Gotorp und war am 10. Mai 1670 mit Friedrich Magnus von Baden- Durlach, der sie auf einer seiner zahlreichen Reis~n in Husum kennenge lernt hatte, getraut worden. Im selben Jahr feierte man anlässlich der Ankunft Augusta Marias in Baden-Durlach ein riesiges Hoffest . Der Festzug bewegte sich, von Pforzheim kommend, durch das Pfinztal nach Durlach zur Karlsburg, und die Hochzeit wurde fünf Tage lang als Volksfest gefeiert. Es sollen 17 Fuder Wein, darunter v ier Fuder alter Grötzinger, ausgeschenkt worden sein.28 Augusta Maria und Fried rich Magnus waren 39 Jahre verhei- ratet. Die Ehe war kinderreich, doch von den elf Nachkommen des Paares überlebten nur wenige die ersten Monate. Der erste Sohn, Friedrich Magnus, wurde 1672 gerade vier Wochen alt. Insgesamt sechs der markgräflichen Kinder starben als Säuglinge. Der 1679 geborene zweite Sohn Karl Wil- h elm 0679-1738) sollte 1715 die Stadt Karlsruhe gründen. W ährend die Männer ihren militärischen "Pflichten" nachgingen, war es die Aufgabe der markgräflichen Ehefrauen, die N achkommenschaft zu sichern und für legitime Erben zu sorgen - in Zeiten hoher Kin- dersterb lichkeit e in anstrengendes Unterfangen. Trotzdem überlebte Augusta Maria ihren Mann um fast 20 Jahre. Sie starb laut Eintrag in das Schlosskirchenbuch am 25. April 1728 während eines Gottesdienstes in der Schlosskapelle an einem Schlaganfall und wurde in der Gruft in der Pforzheimer Schloss- kirche beigesetzt. Spätere Biographen Augusta Marias schilderten sie so, wie sie sie gerne sehen wollten; sie nannten sie "eine treue Helferin ihres Gemahls" und eine "mitfüh- lende Mutter ihrer Untertanen", "eine schlichte und biedere N atur von einfacher aber aufrichtiger Denkungsart, dazu leutselig, hochherz ig und gütig als Frau und als Fürstin ."29 Nach Friedrich Magnus' Tod 1709 hatte sie bis zu ihrem Tod in ihrem Grötzinger Witwensitz gelebt, an dem sie häufig die Gesellschaft ihrer Schwiegertochter Magdalena Wilhelmina, der Gattin des Karlsruher Stadtgründers, genoss. Markgräfin Magda lena Wilhelmina harrte hier oder in Durlach aus, wenn sich ihr Gatte auf der Flucht in Base l aufl1ielt oder in militäri- schen Geschäften unterwegs war: Die Aufgabenteilung des fürstli- chen Ehepaares war also auch in der nächsten Generation gleich geblieben. Das Leben der Herrschaften in der Augustenburg brachte ein wenig höfischen Glanz nach Grötzingen, doch es muss für die von den vielen Kriegen und Abgaben geplagten Grötzinger seltsam mitanzusehen gewesen se in, wie in den 35 Zimmern der Augustenburg Hof gehalten wurde. Mehrere Inventarverze ichnisse zu Augusta Marias Habe geben uns auf vielen hundert Seiten bis in kleinste Details Auskunft über ihre Bes itztümer. 3o Teppiche, Bilder und Tapeten ("schwartze Tapet von Flannell"), Bettzeug, Geschirr und G läser, Schmuck, Kleider, Bücher und Manuskripte - "Allerley Hausrath" befand sich in den zahllosen "Buffets" und "Commo- den", mit denen die Räume möbliert waren. Auch Werkzeug, das Inventar der "Melckerey", der "Gärthnerey", die Äcker, Wiesen und Weinberge Augusta Marias, das Vieh in den Ställen und die Getreidevorräte im Silo und in den Scheuern, der Inhalt des "Gewürz- Kastens", der "Victualien-Cammer", der "Confect-Cammer" und der "Haus-Apotheke" wurden aufge- listet und mit einem Geldwert versehen: Der zusammengerechne- te Wert aller "Haab" wurde bei der 13 Die Wendel treppe im Nordcurm , die beim Umbau in den 1970er Jahren erhalten blieb. Foto um 1900. Durchsicht ihrer "Verlassenschaft" gegen die Schulden der Markgräfin aufgerechnet. Zum fürstlichen Leben der frommen Markgräfin gehörten auch eine Kapelle im Süd turm, ein Gartenhaus, ein Feigenhain, e ine Laube, ein Taubenhaus, e in Vogelhaus und ein Kutschenhaus mit sieben Pferden und mehreren Wagen. Für die Versorgung der Mark- gräfin waren Hofkavaliere und Kammerfrauen, Hof- und Ehren- damen, ein Secretarius, e in "Rath und Leibmedicus" sowie Bedienste- te einfacherer Art zuständig. Es gab Hofgärtner, Kutscher, Küchen- und Kellermeister, Diener, Weingä rtner und W ächter, Vogelfänger und Lakaien, Waschfrauen und Mägde, Konfektmägdlein, Handwerker und Tagelöhner. Einige von ihnen blieben dauerhaft in G rötzingen, und für die Kinder einiger Hof- bediensteter übernahm Augusta Maria die Patenstelle. In ihrem 1722 verfassten Testament wurde neben ihren Verwandten auch ihre Dienerschaft bedacht. Der Hof- prediger, der Sekretarius, die Hofdamen und andere Bedienstete ihres Haushalts gehören zu den Erben - ein mehr als notwendiges "Almosen" in Zeiten , in denen es für diese Menschen noch keine Absicherung für ihr Alter oder im Fall einer Krankhe it gab. Es handelte sich dabei häufig nur um Kleinigkeiten, etwa, wenn den 13 Livreeträgern ihre mass iv silbernen Knöpfe als Andenken ge lassen werden sollten. Lediglich Sohn Karl Wilhelm ging leer aus: "in consideration deßen aber, daß der gütige Gott denselben zum Regen - ten derer gesambten baden- durl achischen Land und Leuthe gesetzet, kann ich wohl erachten , daß die Kleinigkeiten und bagate l- len meiner Verlassenschafft Sie sehr wenig oder gar nich t reflec- 2l tieren , dagegen aber damit sich vergnügen werden, wenn aus treu ergebenstem freund-mütterlichem Hertzen Seiner Durchlaucht eine fernere glückliche und gesegnete Regierung hiermit anwünsche, besonders Ihnen aber den verbind- li chsten Dank vor alles gute, so S ie mir in meinen Leben zufließen lassen, abstatte .. . " 31 Augusta Maria galt als wohltä- tig. Sie verte ilte Geld und Lebens- 22 mittel an die Armen. Auch als Dichterin soll sich die Markgräfin betätigt haben.J2 Ihre ständ ige Aufmerksamkeit galt kirchlichen Angelegenheiten. Der Grötzinger Pfarrer war zugleich Hofprediger in der Schlosskapelle, wo Augusta Maria eine neue Orgel, die sie aus Basel mitgebracht hatte, aufstellen ließ. In der Grötzinger Kirche hatte die Markgräfin einen "verglasten Fürstenstand".3J Ihre Biographen behaupten von ihr, sie habe "das heilige Wort Gottes als ein unschätzbares Kleinod ihrer Seele gar hoch gehalten" und sei "eine Christin voll guter Werke" gewesen. Immerhin war sie Initiatorin des ersten badischen Gesangbuches, in dem auch möglicherweise von ihr selbst verfasste Lieder stehen. Das Buch erschien 1697. Bearbei- tet hatte es aber nicht Augusta Maria, sondern Christian Nabus, Prediger der fürstlich markgräfli- chen baden-durlachischen Hof- gemeinde in Basel. Gewidmet war das Buch "dem Durchlauch- tigsten Fürsten, Herrn Friedrich Magno, ·Markgr. zu Baden und Hochberg. Meinem herzlich geliebten Gemahl wünsche von dem Segensbrunnen Christo Jesu aller zur See I und Leib er- sprießliche und gedeyl iche Wol- wesen samt allem, was denselben so geist- und leiblich erfreuen und vergnügen mag". Der "Vater im Himmel" möge, so gab die Fürstin ihrer Hoffnung Ausdruck, "uns die Gnade zu gönnen, unser verstörtes Durlachische Zion mit seiner Hülffe also wieder auffrichten". J4 Der langsame Niedergang In ihren Grötzinger Jahren hatte Augusta Maria ihr Schloss immer wieder auf eigene Kosten erweitern und ausbauen lassen. J5 Baufällig waren die Gebäude schon zu ihren Lebzeiten: Bereits 1712 mussten die Stallungen repariert werden. Der Unterhalt eines solchen Schlossgebäudes war teuer, so dass die Markgräfin immer wieder Schulden machte. Beim bereits erwähnten Grötzinger Bürger Johann Nikolaus von Nidda, Oeconomieverwalter ihres Sohnes, des Markgrafen Karl Wilhelm, lieh sie sich 5.000 Gulden, auf deren Rückzahlung Nidda jedoch vergeblich wartete. Erst seine Erben erhielten das Geld von den Nachlassverwaltern Augusta Marias zurück.J6 Nach dem Tod der Markgräfin wurde die "herrschaftli- che Hofhaltung" aufgelöst, und die höfische Herrlichkeit zerfiel rasch. Die Augustenburg lag schon um 1750 mehr oder weniger verlassen da. Schloss und Weingut wurden der Verwaltung des Kammerguts Gottesaue unterstellt, doch schon nach wenigen Jahren wurde das Schloss von der Dorfbevölkerung als eine Art Abstellkammer benutzt. Nur die markgräflichen Schäfer und "Wingertmeister" hatten dort noch ihren Wohnsitz.J7 Das Gebäude verfiel zusehends, und 1749 wollte man es erstmals verkaufen. Doch es fanden sich zunächst keine Interessenten; led iglich das Kutschenhaus und das Lusthaus mussten wegen Baufällig- keit abgerissen werden. JB Als man im Jahr 1759 in Grötzingen die Dorfstraßen pflasterte, ließ man die Straße vor dem Schloss, die der Landesherrschaft gehörte, aus. Die Grötzinger weigerten sich, diese zu pflastern.J9 "Das Verschwinden des Hofes wird gleichsam zum Bild des langsamen wirtschaftlichen und kulturellen Abstieges des Dorfes im 18. Jahrhundert."40 Zeit der Kriege - Unterkunft für Soldaten Während der vielen Kriege des 18. und des beginnenden 19. Jahrhun- derts, die Tausende von Soldaten aus allen Ländern Europas auch in die Grötzinger Gegend führten, wurde die Augustenburg immer wieder als Quartier und Lazarett für militärische Zwecke genutzt. Auch nach der Regierungszeit Friedrich Magnus' und nach Augusta Marias Tod herrschte kein Friede in Baden-Durlach: Spani- scher (1701-1714), Polnischer 0733-1735) und Österreichischer Erbfolgekrieg 0740-1748) brach- ten neues Elend. Wieder musste die Bevölkerung während der Kriege Fouragen, Schanzfronen und Kontributionen leisten und Plünderungen ertragen. Während des Polnischen Erbfolgekrieges in den 1730er Jahren sollen viele Grötzinger ihre Habe im Schloss versteckt haben, wo jedoch eine '''d iebische Rotte'" a lles gestohlen habe. 41 Von Mai bis August und im Oktober 1734 war eine französi- sche "Sauvegarde" [= Schutztrup- pe] in der Augustenburg unterge- bracht. Als im Winter 1735 bis zu 15.000 Mann der russischen Armee in der Nähe des Dorfes lagerten , wohnten deren Offiziere und Soldaten auch im SchlossY Im April 1792 hatte die französ i- sche Nationalversammlung den revolutionären Krieg gegen die Koalition erklärt, und im Jahr 1793 nutzte man die Augustenburg wieder als Lazarett für kranke und verle tzte Soidaten.4J Als wenige Jahre später, im Juli 1796, franzö- sische Truppen fas t die gesamte Markgrafschaft besetzt hielten , kamen sie auch nach Grötzingen. Ein Separatfrieden, den Baden mit Frankreich schloss, brachte der Bevölkerung wenig Entlastung, weil Frankreichs G egner nun eben auch Badens Kriegsgegner waren und weil das infolge des langen Kriegs ökonomisch geschwächte Frankreich sich neben G eld auch Pferde, Ochsen, tausende Zentner Getreide und Heu und 25 .000 Paar Schuhe aus Baden liefern ließ.44 N achdem allerdings das nach- revolutionäre Frankreich zur vor- herrschenden Macht in Eu ropa geworden war, konnten auch die badischen Markgrafen davon pro- fitieren: Aus Baden wurde 1806 das G roßherzogtum mit einem fas t um das Vierfache vergrößerten Territorium. Grötzingen freilich hatte eher Verluste zu verzeichnen: Das Dorf musste se ine Erblehens- mühle an einen Blankenlocher Wirt verkaufen, um die hohen Kriegsschulden bezahlen zu können.45 1805/06 verbrachten noch einmal 15.000 gefangene Russen und Österreicher sowie französische Soldaten den Winter in und um die Augustenburg, die nun wieder als Lazarett benutzt und anschließend für sechs G ulden gereinigt werden musste.46 Im Grötzinger Schloss sollen damals während der vielen Plünderungen 200 Fensterscheiben zerschlagen worden se inY Modernisierung in Gewerbe und Landwirtschaft - Das Krapphaus Interessenten für das A nwesen wurden trotz Verwendung als Soldatenunterkunft we iterhin gesucht. Die zur Augustenburg gehörende Landwirtschaft auf dem hinter dem Schloss liegenden Augustenberg brachte wenig ein , wie auch das Kammergut Gottes- aue, zu dem sie gehörte, kein sehr erfolgreiches Unternehmen war.48 Außerdem belastete der Unterhalt des maroden Schlossgebäudes die herrschaftliche Kasse immer mehr. 1806 wollte der Durlacher Kunstschreiner Johannes Kraft in der Augustenburg se ine Werkstatt unterbringen, und Pulvermacher Lichtenfels aus Pforzheim beab- sichtigte, im Nebengebäude "Salpeter zu graben". Man hatte Pläne, das Schloss abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen oder es in mehrere G rundstücke aufzuteilen. Der Verkaufswert auf Abbruch sollte 5.380 G ulden betragen, und die Bes itzer der Krappmühle, die Firma Seligmann und Co. (s. u.), so ll 3.300 G ulden dafür geboten haben.49 Für das ehemalige Stallgebäude des Schlosses war bereits 1778 eine neue Nutzung gefunden worden : Man hatte es zu r Krappmühle um- 23 gebaut und es hieß bis zu se inem Abriss 1962 "Krapphaus" . 50 Man hatte in Baden-Durlach se it der Mitte des 18. Jahrhunderts ver- sucht, den Anbau von Krappwur- zeln, die bis zur Entwicklung chemischer Farbstoffe am Ende des 19. Jahrhunderts zur Rotfärbung von Textilien benutzt wurden, populär zu machen und damit einen neuen Wirtschaftszweig zu etablieren . Der Gärtner des Markgrafen Karl Wilhelm h atte die Krapp-Pflanze 1732 auf einer Afri kareise kennengelernt, und weil der Markgraf den Krappanbau für ein fortschrittliches Projekt hielt , ließ se in N achfolger 1751 in Durlach eine Krapp- und Kattun- fabrik einrichten. Die Durlacher Fabrik war eine privilegierte Gesellschaft, die für e ine befristete Zeit von allen A bgaben befreit war, um die im Lande angebauten Pflanzen zu verarbe iten . Doch dazu musste man erst einmal deren Anbau im Land voran bringen, was nich t ohne Zwang auf die traditio- nell denkende Landbevölkerung vonstatten ging. Die Bauern lehnten den Krappanbau ab. Die Pflanze beanspruch te ihrer Ansicht nach den Boden zu sehr, und so ging, trotz herrschaftlicher Förde- rung, das Projekt nicht recht voran. 51 Die Markgrafen Friedrich und Ludwig (1763 -1 830, Groß- herzog 18 18- 1830 ) kaufte n die Durlacher Fabrik und verlegten sie nach Grötzingen, wo sie 1778 den ehemaligen Stall der A ugustenburg zur Krappmühle umbauen ließen. Die Durlacher Räume wurden daraufhin nur noch als Magaz in ve rwendet. 24 14 Die Grötzinger Anlage stand längs der Staig bis zur heutigen Kampmannstraße bei der Brücke. Es gab eine Scheuer, ein Magazin, einen Keller, zwei Krappdarren und eine Wachstube. Auch der Speicher der großen Kelter und der Speicher der Kirche wurden gepachtet. 52 Trotzdem reichte der Platz schon nach wenigen Jahren nicht mehr aus, und man musste - auch des fehlenden Wassers wegen - umziehen. 1789 wurde die Krappfabrik an die Pfinz, an die Gemarkungsgrenze nach Berghau- sen, ins Gewann Wiesenäcker verlegt. Kurz nach se iner Verle- gung verkauften die Besitzer das "Krappetablissement" 1798 für 9.000 Gulden an das Handels- haus Seligmann und CO. 53 1817 verlegte Seligmann, inzwischen zum Freiherm von Eichtal geadelt, der seit 1840 in Ettlingen in den Räumen der Papierfabrik eine Zuckerfabrikation betrieb, diese nach Grötzingen in die Krapp- fabrik an der Pfinz, weil er in Ettlingen keine neuen Räume bekommen konnte. Statt des ungeliebten Krapps baute man in Grötzingen jetzt Zuckerrüben an, doch die Karriere der Firma als Zuckerfabrik dauerte nur kurz. Bereits 1879 wurde das Werk, das 1850 für 21.200 Gulden, für weniger als die Hälfte des letzten Kaufpreises, an die Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation nach Waghäuse l verkauft worden war, geschlossen. 54 Die alten Krappfabrikgebäude an der Staigstraße verkaufte Löwenwirt Johann Heinz, dem sie inzwischen gehörten , 1868 teilweise zum Abbruch . Bierbrauer C hristian Hofmann wollte auf einem Teil des G eländes einen Bierkeller bauen und ließ die Darranlage abreißen. Daraufhin blieb nur noch das alte, nunmehr leerstehende Krapphaus übrig, das 1869 an Kalksteinbrenner Jakob Volz verkauft und 1962 zum Bau zweier zweistöckiger Wohnhäuser abgerissen wurde.55 14 Friedrich Kallmorgen: An der Staig in Grötzingen 19 17 (rechts das Krapphaus). 15 Die heute an der Stelle des alten Krapphauses stehenden Wohnhäuser. Die Knopffabrik Wirtschaftliche Modernisierung infolge eines aufgeklärten Absolu- tismus gab es , wie das Beispie l Krappfabrik zeigt, bere its se it der Mitte des 18. Jahrhunderts - auch in Grötzingen. 1783 veranlass te Markgraf Karl Friedrich (1728- 1811) in Baden die Abschaffung der Leibeigenschaft. Man orientier- te sich zunehmend in Richtung eines "marktwirtschaftlichen Liberalismus"56, aber auch die Förderung der Landwirtschaft stand auf dem Programm (s. u.). Diese wirtschaftliche Dynamisie- rung brachte für viele Menschen zunächst meist eher eine Erschwer- nis ihrer Existenz. Es gab häufig Widerstand gegen die Aufhebung alter feudaler Abgaben , die se it dem Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend durch Geld abgelöst werden muss ten . Die Verschuldung ganzer G emeinden führte dazu, dass man - so auch in Grötzingen - lieber bei den alten Natural- abgaben ble iben wollte. 57 Immer noch war das Wirt- schaftssystem feudal, doch die Initiative Einzelner begann Früchte zu tragen. In den Jahren nach 1803 versuchten viele Unternehmer, häufig in säkula- risierten Klöstern , oder wie in Grötzingen im alten Schlösschen, kleine Fabrikbetriebe zu insta lli e- 15 ren . 1808/09 gab es in Baden laut Statistik des Finanzministeriums 163 Fabriken, d . h . Betriebe, die "so ins G roße" gingen, "daß einzelne Arbeiter nur e inzelne Teile eines Gewerbes verrichten, deren von den G ewerbsherrn gele itete Zusammenstimmung dann das G anze vo llendet"58, mit insgesamt 6.848 Arbeitern. Pforzheim, von wo Unternehmer G ehres herkam, der die Augusten- burg 1807 kaufte, war e iner der ersten größeren Industriestandorte für Schmuck und Uhren im Land. Da das Schloss in Grä tzingen zu Anfang des 19. Jahrhunderts im- mer noch ständig Reparaturkosten verursachte - man sprach in e inem Hofratsprotoko ll vom 6. Septem- ber 1804 von "se iner üblen Lage und inneren Beschaffenheit, da es mit jedem Jahr mehr ze rfalle" - 25 bat man darum, dass Serenissimus, der "durchlauchtigste G roßherzog", e ine "Entschließung" über die "künftige Bestimmung" des Ge- bäudes treffen solle. 59 Der U nter- halt der vielen kleinen Schlösser im Lande kam auf Dauer zu teuer. Knopffabrikant Kar! Ernst Gehres aus Pforzheim erhie lt daher 1807 für die ge ringe Summe von nur 3.000 G ulden die Augus- tenburg, um deren günstige "eigen- thümliche" Ü berlassung "um einen billigen Anschlagspreis" er "unter- thänigst [ .. . ] zur weiteren Ausdeh- nung se iner Fabrikation" gebeten hatte. Das durch den günstigen Kauf erworbene Schlösschen mitsamt dem zugehörigen Garten- grundstück benötigte er zur "Be- sorgung se iner häufigen auswär- tigen Bestellungen", für die sein a ltes Fabrikgebäude zu kle in 26 16 geworden war. "Immerhin" so Gehres in einem Schreiben an den G roßherzog, würde durch die "Fabrikanlagen in gedachtem Schlößlein der ohnehin armen Gemeinde Grötzingen ein neuer Nahrungszweig" entstehen.60 In der Metallknopffabrik des Pforzheimer Fabrikanten waren zwölf Arbeiter beschäftigt. Ä rger gab es mit dem im Schloss verbliebenen U ntermieter: Nachdem "se ine königliche Ho- heit" den Verkauf des Schlosses an Karl Ernst Gehres "mit alleiniger Ausnahme des vom herrschaftli- chen Wingertmeister Jahn und seinem Taglöhner bewohnten Seitengebäudes [ ... ] gnädigst genehmigt" hatte, musste sich die Durlach er Domänenverwaltung mit der Beschwerde de Wingert- meisters befassen, der bei se iner Einstellung unentgeltliche Woh- nung im Schloss erhalten hatte und den der neue Bes itzer, Knopf- fabrikant Gehres, nun von dort vertreiben wollte. Der Streit, der sich bis ins Jahr 18 14 zog, ging darum, wer den ungeliebten U ntermieter zu entschädigen hatte, da die Wohnung ein Teil seiner Vergütung war.61 Da wegen der hohen Auslands- zölle das G eschäft des Knopffabri- kanten recht bald schon immer schlechter ging, erhielt Gehres im Jahr 1828, nach anfänglicher Ablehnung, für se inen Sohn die Erlaubnis, im zweiten Stock des Südflü geis der A ugustenburg eine Wirtschaft einzurichten. Die Gemeinde war von so lchen Gesuchen nicht begeistert. Man wollte der Dorfbevölkerung nicht noch mehr Gelegenheiten zur Ausschweifung geben, und auch d ie Kirche wollte keine Brauerei in ihrer Nach barschaft . Doch Gehres erhielt auf Lebenszeit das Recht, 16 Tafel an der Umfassungsmauer mit der Inschrift: "Markgraf earl II . erbaute mich 1576, Markgraf Wilhelm reparirte mich 1827 - Renoviert durch das Staat!. Hochbauamt 1978". 17 Landwirtschaftsschule Augustenberg mit Versuchsanstalt. Postkarte um 1930. 18 Landwirtschaftsschule Augustenberg 1998 . unbeschränkt selbstgebrautes Bier, das im ehemaligen Bediensteten- haus südlich des Torbogens an der Kirchstraße gebraut wurde, auszu- schenken . Später bekam er auch noch die Erlaubnis, "an einzelne Honoratioren auf Verlangen" Wein ausz ugeben.62 Bier, bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts noch kein sehr verbreitetes Getränk im Südwesten Deutschlands, wo man Wein oder Most bevorzugte, wurde ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts populär. Damals stiegen die Preise für N ahrungs- mitte l und Wein, und das billigere Bier verkaufte sich jetzt besser. Daher wurde Bierbrauen zu einem neuen Erwerbszweig. Es entstanden immer mehr Brauereien, und das Anpflanzen von Hopfen wurde systematisch betrieben .63 Aber reich wurde man in der Familie Gehres mit diese r neuen Unter- nehmung nicht, denn 1833 ließ man Schloss Augusten burg versteigern, und die Militärwit- wenkasse erwarb das Anwesen für 4.500 G ulden . Doch bereits drei Jahre später kauften Ernst G ehres' 17 Erben das Schloss zum se lben Preis zurück. Das Brauereigebäude wurde zu Wohnungen umgebaut, und die Wirtschaft im Schloss, die im 2. Stock des Südflügels der Augusten- burg untergebracht war, noch bis 1873 weiterbetrieben .64 1876 verkaufte Familie Gehres das Anwesen dann noch einmal für 14.500 Mark auf Abbruch an Schwanenwirt Jordan . Reichard Jordan war vor allem an einer Erweiterung se ines Biergartens auf das Augustenburggrundstück interessiert, doch die Abbruchkos- ten für den gesamten Bau waren zu hoch . Daher blieb das Schloss bis auf e inen kleinen Teil des Nord- flügels, den der Schwanenwirt abbrechen ließ, erhalten und konnte 1891 für 36.000 Mark an Tiermaler Otto Fikentscher (s. u.) verkauft werden.65 18 Der Augustenberg Nicht nur das Schlossgebäude se lbst , sondern auch die ursprüng- lich dazugehörenden Ländereien waren in den Modernisierungspro- zess des 18. und 19. Jahrhunderts 27 einbezogen . Auf dem ehemaligen Büchelberg, dem Augustenberg, der wie die A ugustenburg nach Markgräfin A ugusta Maria se inen Namen hatte , lagen die 26 Morgen Weingärten der Markgräfin. Nach dem Lagerbuch von 1762 besaß die 28 19 20 Landesherrschaft in Grä tzingen neben Schloss Augustenburg den Weingarten , die Kelter auf dem Rebgelände, das an den Schlossgar- ten angrenzte und in der zeitwe ise die markgräfliehe Meierei unter- gebracht war, sowie Gärten (Küchen-, Baum- und Grasgärten), die Kirche mit Pfarrhaus, Hof, Scheuer mit Gärten , die große Zehntscheuer mit Kelter, e ine Kelter am Marktplatz, je e ine im 19 Brunnen aus der Zeit des Markgrafen Wilhelm auf dem Gelände des ehemaligen Musterguts Augustenberg. 20 Versuchsanstalt Augustenberg. 2 1 Versuchsanstalt Augustenberg. Im Hintergrund Neubauten. Kirchenvierte l und im Oberviertel und einen Schäfereihof mit Hof, Scheuer und Garten im Untervier- tel beim Marktplatz. 66 Die herr- schaftliche Melkerei hatte nach Augusta Marias Tod im Jahr 1728 noch bis 1739 weiterbestanden. Doch die Weingärten , Wiesen und Äcker des Gu ts, mit einem Schätzwert in Höhe von 1.443 Gulden, verfielen zusehends. S ie waren nie besonders ertragreich gewesen: Die Augustenburge r Landwirtschaft hatte in der e rsten Hälfte des 18. Jahrhunderts keinen nennenswerten Gewinn erbrach t. 67 Erst Markgraf Kar! Friedrich ließ in den Jahren 1780-1795 die Kasta- nienbäume am nördlichen Abhang des Büchelbergs und die Reben neu anlegen . Das ste igerte de n Ertrag des G utes zwar auf mehr als 8.000 Gulden jährlich, doch es blieb unrentabel. Daher entschloss man sich 1807 , als das Schlossge- bäude an Fabrikant Gehres ging, auch zu m Verkauf der Ländereien . Für 18.000 G ulden erwarb Hof- faktor Elkan Reutlinger von der Rentkammer den We ingarten und erhielt die Erlaubnis, daraus e in "Ackerfeld" zu machen. Doch auch ihm war kein Glück mit diesem Besitz beschieden: Seine Wi twe 21 ließ das Gelände 1827 zur Ver- steigerung ausschreiben. 68 Käufer waren die Markgrafen Wilhelm und Max von Baden, die 8.800 Gulden dafür bezahlten. Markgraf Wilhelm (1792-1859 ) übernahm das Gut schließlich allein, stellte den alten Rebmeister wieder zur Arbeit im Weingarten ein und intensivierte den Anbau. Er ließ di e Mauer zur Berghausener Straße ausbessern, wo noch heute das Schild "Markgraf earl 11. erbaute mich 1576, Markgraf Wilhelm reparirte mich 1827" den Betrachter daran erinnert. Auf dem noch vorhandenen Unterge- schoss des ehemaligen Lusthauses, das Markgraf Karlll. 1567 hatte erbauen lassen und das schon 1749 wegen Baufälligkeit abgerissen worden war, ließ er einen Neubau errichten. Am 31. Mai 1827 war G rundsteinlegung, und am 5. Oktober 1827 gab es dort anläss- lieh der Weinlese das erste Fest. Wilhelm ließ auf dem Gelände ein Mustergut zur Verbesserung der Landwirtschaft anlegen, e ines von mehreren im Land. Er kaufte Vieh und ließ Obstbäume pflanzen und die "Oekonomiegebäude" erwei- tem.69 Es war se in Anliegen, die Landwirtschaft zu reformieren - 29 erste Ansätze dazu hatte es bereits im 18. Jahrhundert "im Rahmen der landesherrlichen Wirtschafts- förderung" gegeben . Man entwi- ckelte neue Anbaumethoden und verbesserte die Viehhaltung, um höhere Erträge zu erzielen.70 Dass dies nicht immer auf Gegenliebe stieß, ze igte bereits das Beispiel des Krappanbaus (s.o.). Die Bauern, gerade auch in G rötz ingen, verweigerten sich der modem en Landwirtschaft häufig; schon Ende des 18. Jahrhunderts hat te der damalige Grötzinger Pfarrer Johann Gottfried Tulla ihre sture Haltung beklagt, die zu m Teil an 30 22 der Armut der Bevölkerung mit schuld se i. Sie befürchteten - nicht immer ganz zu unrecht - d ie Verlierer solcher Modernisierun- gen zu se in. 7l 1838 lud Markgraf Wilhe1m 200 Landwirte nach Karlsruhe und auf se in G ut Augustenberg, um die Fortschri tte der badischen Land- wirtschaft zu demonstrieren, um die er sich als Präsident des landwirtschaftli chen Vereins in Baden bemühte. Im Jahr 1849 verlor das G ut einen Teil seines Viehbestands an die badische Re- volution: Die Tiere wurden in die Festung Rastatt abtransportiert.72 1892 kaufte der badische Staat den Bes itz Augustenberg. Das Mustergut war inzwischen auf 120 Morgen angewachsen, und man verlegte die 1864 in Karlsruhe gegründete "Großherzogliche Obst- und Gartenbauschule" und die "Landwirtschaftliche Winter- schule" dorthin. A b 1896 wurden auf dem Augustenberg Bauern der U mgebung für ihren Beruf unter- richtet. Ein neues Schulgebäude war 1893 fe rtiggestellt worden. Seit 1939/40 hatte die Landwirt- schaftsschule auch eine Mädchen- abte ilung, die Haush altungsschule, die 1955 ein neues Schulhaus erhielt. Inzwischen ist aus der ehemaligen Landwirtschaftsschule die "Landwirtschaftliche U ntersu- chungs- und Forschungsanstalt" (LUFA) geworden.7) 1901 wurde im neuen Lustbau die "Staatliche Landwirtschaftliche Versuchsanstalt" untergebracht, für die 1902 ein neuer Sandsteinbau entstand. Sie geht zurück auf Dr. Julius Neßlers 1859 in Karlsruhe gegründetes landwirtschaftlich- chemisches Labor, das der Staat 1869 übernommen hatte. 192 1 wurde eine auf Initia tive des Markgrafen Wilhe1m zurückgehen- de, am Turmberg ge legene, Rebve r- edelungsanstalt der "Landwirt- schaftlichen Versuchsanstalt Augustenberg" unterstellt, die seit einem Geländetausch 1922 zu Karlsruhe gehörte. Weinbau war - zumindest für Durlach - eine Zeit lang ein wichtiger Wirtschaftszweig gewesen, bevor die Schäden durch Reblausbefall und die Umwand- lung in Ackerland ihn im 19. Jahrhundert immer mehr zurück- drängten. Heute wird immer noch Wein am Turmberg angebaut. Zur Staatlichen Weinbauversuchsan- stalt gehören außerdem auch neun Hektar Anbaufläche am G rötzin- ger Rodberg. Sie sollte vor einigen Jahren geschlossen werden, konnte aber dank des Engagements einiger Durlacherinnen und Durlacher sowie des Karlsruher O berbürger- meisters und dank des finanziellen Engagements der L-Bank erhalten bleiben .74 22 Die Grätzinger Malerkolonie: Paul Rein: Der Rosenbogen, 1929. 23 Leben im Schloss: Jenny Fikentscher: Augustenburg, Unser Turmfenster, 1898. Der Schwanenwirt - Die Augustenburg als "Studentenkneipe" Die inzwischen mit Wohnungen versehene Augustenburg wurde 1876 für 14.500 Mark an Schwa- nenwirt Reichard Jordan zum Abbruch verkauft. Er wollte den Schwanengarten nach Süden erweitern. Da jedoch der Abriss des gesamten Gebäudes zu teuer war, ließ er zunächst nur e inen Teil des Nordflüge is der Augustenburg abbrechen; der Rest des Schlosses blieb stehen.75 Reichard Jordan, der Sohn des Jonas Jordan, war 1862 Schwanen- wirt geworden. Er war Ratsschrei- ber und später, von 1890 bis 1897, Bürgermeister in Grä tzingen. Der Schwanen, urkundlich erstmals in der Zeit zwischen 1707 und 1728 erwähnt, stand ursprünglich unmittelbar neben der alten Melkerei närdlich von Schloss Augustenburg. 1749 wurde das Gebäude wegen Baufälligkeit abgerissen und die "Schildgerech- tigkeit" um drei Grundstücke weiter Richtung Norden verlegt. Als 1875 der Verkehr ins Pfinztal von der Staig zur heutigen B 10 verlegt wurde und die Wirtschaft nun direkt an der neuen Straße lag, wurde der Schwanen baulich erweitert. Jordan erwarb durch Tausch einen Teil der Schloss- 23 wiesen, legte einen Biergarten an und ließ eine Kegelbahn errichten . Der Schwanen war gut besucht und gilt als G eburtsort der G rä tzinger Malerko lonie. Hier trafen sich se it 1888 Karlsruher Malerinnen und Maler, von denen sich einige in Grä tzingen niederlassen so llten (s. u.). Reichard Jordan wollte 1878 die Wirtschaft der Familie Gehres im Schloss wiedereräffnen , doch diesmal ge lang es der Ge- meinde, den Antrag abzulehnen. Neun Gastwirtschaften , drei Schankwirtschaften und drei Brauereien seien für Grä tzingen ausreichend , so argumentierte man. Als Ersatz für die verweigerte Einrichtung einer offiziellen Gast- wirtschaft vermietete Jordan die 31 Räume im Schloss an Polytechni- kumstudenten für ihre geheimen, we il ve rbotenen "Schlägerduelle". Die Vermietung der Augustenburg an die schlagenden Studenten galt als "Beihilfe zum Mordzweikampf" und wurde gerichtlich verfolgt. Jordan wurde deswegen verwarnt und überwacht. 76 1890 wohnte Jordan selbst im Mittelflügel des Schlosses, das bere its bei einer Volkszählung im Jahr 1885 als Wohnhaus geführt wurde.77 Otto Fikentscher und die Grötzinger Malerkolonie Die G rä tzinger Malerkolonie entstand aus einer Gruppe von 32 24 Karlsruher Künstlern, die sich in den 1880er Jahren um die Malerin Alwine Schroedter gebildet hatte. Die meisten von ihnen waren an der 1854 von Großherzog Friedrich 1. gegründe- ten großherzoglich-badischen Kunstschule tätig. Bei gese lligen Au flügen in die nähere Umge- bung Karlsruhes hatten die Künst- lerinnen und Künstler G rä tzLngen für sich "entdeckt". Man kam, um zu malen und um zu feiern; viele Motive aus Grä tzingen wurden in den Werken der Künstler festge- halten . Der O rt bekam schließlich, nachdem einige der Maler, die G rä tzingen für malerische Motive schätzen gelernt hatten , es auch zu 25 ihrem Wohnort machten, das Etikett "badisches Malerdorf'. Als erster baute Friedrich Kallmorgen 1888 eine Villa auf einem G rund- stück am Berghang hinter dem "Krapphaus". Im selben Jahr bezog Elisabeth Nottebohm mit ihrer Tochter Jenny als Mieterin den Südflügel der Augustenburg. Der Tiermaler O tto Fikentscher (1 862-1 945), lernte die Witwe Nottebohm und ihre Tochter in G rätzingen kennen und heiratete 1891 Tochter Jenny Nottebohm (1 871 -1959). Im selben Jahr kaufte Fikentscher, der 1888 als Meister- schüler des Tiermalers Baisch an die Karlsruher Kunstschule gekom- men war, das Schloss für 36.000 24 Die Augustenburg war immer wieder Motiv für Grötzinger Maler: Franz Hein: Spuk im Schloß Augustenburg in Grötzingen, 1892. 25 Leben im Schloss: Franz Hein: Frau lda Hein auf der Brücke im Schloß Augustenburg in Grötzingen, 1892. Mark von Bürgermeister Jordan. Er kam damit dem badischen Staat zuvor, der das G rundstück damals für einen Neubau der O bstbau- schule kaufen wollte. Die A ugus- tenburg, in der in den folgenden Jahren mehrere Maler, teilwe ise mit Familie, lebten, wurde nun Mittelpunkt der kleinen Künstler- 26 Vorderhaus des Schlosses mit dem nach 1902 gebauten neuen Atelierhaus . 27 Das A telierhaus heute. Blick von Norden auf das Dachfenster. Foto 1998. kolonie78. Bis zu se inem U mzug nach Durlach 1905 lebte G ustav Kampmann, Jenny Fikentschers Halbbruder, dort. Doch auch fü r weitere Künstler war Platz im Grötzinger Schloss. 1891 zog der Maler Franz Hein auf Einladung Fikentschers mit seiner Frau Ida in die Augustenburg und wohnte bis zu se iner Berufung nach Leipzig 1905 in G rötzingen. Er war seit 1890 Lehrer an der Akademie und Mitglied des Karlsruher Künstler- bunds. Karl Biese, der mit seiner Frau 1899 eine Wohnung in der Augustenburg bezog, blieb eben- falls für einige Jahre , und auch er gehörte dem Künstlerbund an. Ein weiterer Schlossbewohner war kurzzeit ig der Lithograph earl Langhein, und von 1912 bis 1917 lebten Oskar Hagemann und seine Frau Gertrud Stamm- Hagemann in der Augustenburg. Auch Hans und Else Winkler- Dentz bewohnten 1917 für kurze Zeit Räume im Südflüge l des Schlosses. Der gebürtige Mannhei- mer Paul Rein, der an der Karlsru- her Akademie studiert hatte und in den 20er Jahren kurz in der Augustenburg gewohnt hatte, blieb in G rötzingen. 79 O tto Fikentscher, "als Schloß- herr von Augustenburg und stimmberechtigter Gemeinde- 26 bürger"80, gehörte zusammen mit 27 33 -< 28 Mittelbau mit den beiden Tünnen . Foto um 1900. 29 Oberes Hoftor mit Südturm. Foto um 1900. Friedrich Kallmorgen zur "älteren Künstlergenerat ion" in G rötzingen. Er engagierte sich in der Zwischen- kriegsze it kommunalpoli t isch in der Freien Bürgervereinigung und war Mitglied des G rötzinger Bürgerausschusses. 8 1 Zusammen mit se iner Familie hatte Fikentscher sich zunächst eine Wohnung im Obergeschoss des Mittelbaus der Augustenburg eingerichtet. 1902 kaufte er das Kernsche Haus neben dem un teren Torbogen an der Kirchgasse , ließ es abreißen und an der Ste lle e in zweistöckiges Wohn- und Atelier- gebäude bauen, in dem das Ehe- paar Fikentscher sicherli ch kom- fortabler als im baufälligen Schloss lebte. O tta Fikentscher wohnte mit seiner Frau Jenny bis zu se inem Tod 1945 immer wieder in G röt- zingen . Jenny Fikentscher, eine Schülerin von Alwine Schroedter und von Franz Hein, malte, wie viele Malerinnen ihrer Zeit, vor allem Blumen und Pflanzen. Ihre interessantesten Arbeiten sind um 1900 entstandene Lithographien; danach hat sie ihre künstlerische T ätigkeit wohl weitgehend aufge- geben. Sie blieb nach dem Tod ihres Mannes noch eine Zeit Lang im Atelierhaus, bevor sie Ende 1957 zu ihrer Tochter nach Oberderdingen zog, die dort e inen Fabrikanten geheiratet hatte (s. u.). Jenny Fikentscher starb 29 1959. Das Atelierhaus ist heute in privater Hand. Die romantische Ruine - Denkmalschutz auf Gemeindekosten? In der Zeit nach der Jahrhundert- wende wurde d ie A ugustenburg zum Baudenkmal. Offenbar entdeckte man jetzt, nachdem das Gebäude bisher eher nach prakti - schen Gesichtspunkten beurte il t worden war, die romant ische Seite 35 • solcher Schlösschen. Der badische A rchitekten- und Ingenieurverein startete e ine Initiative zur "Förde- rung heimatlicher Kunst und Bauweise" und widmete sich neben der Entwicklung von Bauplänen für künftige Geme indebauten auch der Erhaltung von Kunst- und Baudenkmälern . Bürgermeister, Pfarrer und andere einflussreiche Persönlichkeiten der "Landorte" soll ten flächendeckend in diesem S inne instruiert werden . Die "Bauze itung für Württemberg, Baden , Hessen , Elsaß-Lothringen" 36 30 präsentierte preisgekrönte Ent- würfe für öffentliche Bauten und wollte damit Beispiele geben.82 Auch die Augustenburg wurde unter Denkmalschutz geste llt. Damit waren dem Besitzer die Hände gebunden. Er konnte nun nicht mehr, wie noch vor ihm Schwanenwirt Jordan, das Gebäu- de einfach abreißen lassen oder auf Abbruch verkaufen. Da die recht marode Augustenburg, die ja schon bald nach dem Umbau durch Markgräfin Augusta Maria reno- vierungsbedürftig gewesen war, zusehends Probleme verursachte, bedeutete dies auch eine finanziel- le Belastung. Familie Fikentscher wohnte im Ateliergebäude, das Schloss stand beinahe leer, bis auf eine Familie, die in den 30er Jahren noch dort lebte. Die Gemeinde Grötzingen und andere Institutionen wollten die Räume gerne nutzen. 1934 plante man, Schulungsräume für die national- sozialistische "Deutsche Arbeits- front" (DAF) oder für die "NS- Frauenschaft" darin unterzu- bringen. Doch die notwendigen Sanierungsarbeiten , die damals auf runde 15.000 Mark geschätzt wurden, und die Tatsache, dass der Besitzer sich nicht imstande sah, diese zu übernehmen, schreckten die Bewerber ab. Allerdings sah man auch in der Gemeinde Grötzingen Handlungsbedarf: "Bis jetzt" - so der Grötzinger Bürgermeister - "wurden immer nur Akten gewälzt, und das Schloß zerfällt". 83 Aus Mitteln der Denkmalpflege war wenig zu erwarten. Lediglich 1.800 RM stellten die Behörden zur Verfügung, mit denen 1935 der südliche Treppenturm renoviert wurde. Die Denkmalbehörden erwarteten ihrerseits e in größeres finanzielles Engagement der Gemeinde. Doch diese lehnte ab: Nur unter der Bedingung, dass dem Bes itzer das Verfügungsrecht über die schon jahrelang leerstehenden Räume des Südflügels entzogen und diese der Gemeinde kostenlos zur Verfügung gestellt würden, um dann darin die "Hitlerjugend" (HJ) und den "Bund Deutscher Mäde l" (BDM) unterzubringen, wäre man eventuell bereit - so hieß es - etwas zum Erhalt der Augusten- burg beizutragen - "andernfalls die Gemeindeverwaltung keinerle i Interesse an der Erhaltung des Schlosses mehr haben kann."84 Mit dieser Aussage war das Bezirksbauamt nicht zufrieden. Die NS-Organisationen hätten auf N achfrage kein ernsthaftes Inte- resse am Schloss geze igt und "auf die Dauer wird der jetzige Besitzer das Gebäude doch nicht halten können, so dass am Ende das Schloß doch noch von der Ge- meinde übernommen werden muß" - lautete dort das Resümee. 31 30 Der Hof der Augustenburg lag vor dem Umbau in den 1970er Jahren höher als heute. Zwischen Hof und Schloss lag ein Graben. Foto um 1900 . 31 Vorderhaus des Schlosses. An Stelle der daneben liegenden Gebäude steht heute das von Otto Fikentscher gebaute Ateliergebäude . Foto um 1900. "Wieso muß?" - war der mit Bleistift an den Rand des Schrei- bens gesetzte Kommentar der Gemeindeverwaltung G rötzingen . Dort war man auf Otto Fikentscher nicht gut zu sprechen, der se it Jahren mehrere Tausend Mark Steuerschulden zu zahlen versäumt hatte. Die Überlegung, das Schloss zur Deckung der Schulden zwangs- zuversteigern, schien nicht durch - führbar. Einmal war ein denkmal- geschütztes Gebäude schwer zu veräußern, zum zweiten würde Fikentscher sich wahrscheinlich erfolgre ich juristisch dagegen zur Wehr setzen. Die Gemeinde Grötzingen sah sich im Übrigen nicht dazu verpflichtet, die Häuser aller unterhaltsunfähigen Besitzer aufzukaufen - wenn man schon so viel Ge ld ausgebe, dann baue man lieber neue Wohnungen. Bs Trotzdem mussten die Gröt- zinger immer wieder mit Schloss- bes itzer Fikentscher verhandeln. Etwa im Jahr 1936, als man seine Genehmigung für den Bau eines Notauslasses an die bestehende örtliche Kanalisation zur Verhinde- rung von Überschwemmungen 37 benötigte. Dazu musste eine Leitung von der Brücke oberhalb der Kirchstraße durch Hof und Garten von Schloss Augustenburg zur Augustenbergwiese ge legt werden. Fikentscher erlaubte das Aufgraben seines Hofs und Gar- tens, doch die Gemeinde musste ihm dafür die noch ausstehenden 600 RM Kanalisationskosten für das Grundstück erlassen und ihm einen kostenlosen Wasseranschluss für eines seiner Grundstücke zu- sichern. B6 Auch als 1940 bei Sturm ein Stück der Hofmauer umgeworfen und ein Teil der Kosten aus Mitteln der Denkmalpflege bestritten wurde, konnte Eigentü- mer Fikentscher die Restkosten wiederum nicht übernehmen. 38 32 Landkreis und Gemeinde Grötzin- gen sollten einspringen, doch die Gemeinde lehnte ab, weil mit dem Eigentümer noch nie erfolgreiche Verhandlungen über Instandset- zungen geführt worden se ien. Die Kreisräte lehnten eine finanzielle Förderung der Bauarbeiten eben- falls ab, weil die Gemeinde nicht zahlen wollte. Und so zerfie l die Augustenburg zusehends, ohne dass jemand willens und im tande war, das Gebäude zu retten.87 Noch einmal Krieg und seine Folgen - Zwangsarbeiterinnen im Schloss Es war nicht bei der Knopf- und Krappfabrik geblieben in Grötzin- gen. Während des 19. Jahrhunderts hatte sich das Dorf zur Industrie- arbeitergemeinde entwickelt. Der wichtigste Betrieb war neben dem von Karl Fießler gegründeten Eisenwerk und der Tabak- und Le- derindu trie die Karlsruher "Deut- sche Waffen- und Munitionsfabrik" (DWM), die in Grötzingen eine Außenstelle hatte.88 1888 hatte Kommerzienrat Wilhelm Lorenz ein Grundstück im Grötzinger Gewann Speitel gekauft, um dort einen Schießplatz für seine Karlsruher Munitionsfa- brik einzurichten. Er verkaufte 1890 an Ludwig Löwe, der im selben Jahr in Grätzingen eine "Laborieranstalt" errichten durfte und in der ehemaligen Sandgrube der Gemeinde ein Depotpulver- magazin unterbringen ließ. Damit war die Rüstungsindustrie nach Grätzingen gekommen. Nachdem die "Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken Karlsruhe", wie sie nun hießen, 1894 auch noch 32 Die Deutsche Metallpatronenfabrik ("Patron"), die 1890 nach Grätzingen verlegt wurde. 33 Georg Scholz: Grätzingen mit dem Turmberg 1925 (im Vordergrund die "Patron"). Scholz, wohl der berühmteste Grätzinger Maler, lebte seit 19 I 6 in Karlsruhe. Er ist der einzige Grätzinger Künstler, der auch heute noch über- regional bekannt ist , gehärte jedoch nicht zur Grätzinger Künstlerkolonie. Seine Arbeiten wurden nach 1933 als soge- nannte "entarte te Kunst" gehandelt. die Zündhütchenfabrik auf der Durlacher Gemarkung übernom- men hatten, verlegte man diese 1897 trotz heftiger Proteste auf das Grötzinger Gelände. Die Arbeits- plätze waren für das Dorf attraktiv: 1907 waren 65 Arbeiter und Arbeiterinnen dort beschäftigt: Die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken wurden in den Jahren 1914-1918 ganz auf Rüs- tungsfabrikation (Munitionsher- stellung) umgestellt. Nach dem verlorenen Weltkrieg durfte zunächst keine Munition mehr hergestellt werden, doch nach der "Machtergreifung" der National- sozia listen wurde ab 1933 in Grätzingen wieder für die Rüstung produziert. Zur Arbeit in der Fabrik wurden seit Anfang der 40er Jahre auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeitererinnen aus Polen und der Ukraine eingesetzt, die teilweise im Schloss Augusten- burg wohnten. Im August 1944 befanden sich auf dem (heutigen) Karlsruher Stadtgebiet mehr als 6.000 Zwangsarbeiter - Männer und Frauen - im Einsatz.89 Insgesamt waren es während des gesamten Zweiten Weltkriegs ungefähr 17.000, im ganzen Reich im August 1944 mindestens 7 Millio- nen. Sie arbeiteten in Industriebe- trieben, aber auch in Handwerks- betrieben, im Handel und in städtischen Betrieben sowie häufig in der Landwirtschaft . Für die Organisation des Arbeitseinsatzes waren die Arbeitsämter zuständig. Untergebracht wurden die Zwangsarbeiter meist in Lagern, die sich im ganzen Stadtgebiet verteilt befanden. Einige Betriebe richteten ihre Barackensiedlungen auf dem Werksgelände ein, andere mieteten Räume. Häufig dienten auch Gasthäuser zur Unterbrin- gung und in Grätzingen auch das Schloss. Dort wohnten nach Angaben des Arbeitsamts Karls- 33 ruhe im August 1942 mehr als 200 polnische Frauen.9o Die ersten zehn Zwangsarbeiter waren bereits nach dem deutschen Überfall auf Polen im Juli 1940 nach G rä tzingen gekommen. Sie arbeiteten in der Land- und Forstwirtschaft. Ab Anfang Deze mber 1941 wurden sowjetische Kriegsgefangene und ab Januar 1942 Polinnen zur Zwangsarbeit herangezogen. 1944 schließ lich , als fast 20% aller Arbeitskräfte im Reich aus dem Ausland kamen, waren auch in der Grätz inger Rüstungs industrie mehrere Hundert Ausländerinnen und Ausländer beschäftigt. Die Deutschen Waffen- und Muniti- onsfabriken Karlsruhe hatten insgesamt den gräßten Anteil an den in der Stadt beschäftigten Zwangsarbeitern: von den 9.827 in den elf gräßten Betrieben Arbei- tenden waren allein 4.578 bei den 39 DWM beschäftigt und sie bean- spruchten auch in Grätzingen die meisten Zwangsarbeiterinnen und -arbe iter für sich .91 Außerdem setzte man in Grätzingen die ausländ ischen Arbeiter auch bei der Pfinzkorrektion und in den anderen I ndustriebetrieben ein, etwa im Eisenwerk oder bei der Firma Erich Herrmann & Co.92 Auch in der landwi rtschaftli- chen Versuchsanstalt Augusten- berg arbeiteten Zwangsarbeiter, was gelegentlich ZLI Konflikten führte, wenn diese "Landarbeiter" für Sondereinsätze abgezogen wurden. Als Großbetrieb brauche man sie auf dem Augustenberg zur "Erntesicherung".93 Die Behandlung der ausländi- schen Arbeitskräfte - ein Drittel der Zwangsarbeiter waren Frauen - war denkbar schlecht. Besonders schwierig war die Situation der 40 34 sogenannten Ostarbeiter, die man im rassistischen Denken zu min- derwertigen "U ntermenschen" definierte. Sie mussten ein Kenn- zeichen an der Kleidung tragen. Die Arbeiter und Arbeiterinnen erhielten , wenn sie keine Kriegsge- fangenen waren , zwar Geld für ihre Arbeit, insgesamt jedoch sehr wenig und umso weniger, je weiter unten sie auf der rassistischen Werteskala eingestuft wurden. In Flugblättern und Broschüren wurden die vermittelnden Behör- den, die Lagerle iter und die Bevölkerung über den "richtigen" Umgang mit den Zwangsarbeitern instruiert. Die Vorschriften waren deutlich: Private Kontakte waren verboten. "Es scheint an sich so gut wie ausgeschlossen" - so der für Grötzingen zuständige Landrat - "daß eine deutsche Frau oder ein deutsches Mädchen sich mit e inem Kriegsgefangenen irgendwie einläßt. Sollte dies aber doch vorkommen , so ist diese Person sofort zu verhaften und in das KZ e inzuliefern." Das Schicksal des Kriegsgefangenen in einem solchen Fall war der Tod.94 Ab Herbst 1941 war es verboten "Arbeiter polni- schen Volkstums" an den "Gottes- diensten der örtlichen Pfarrge- meinden" teilnehmen zu lassen.95 Eine Einzelunterbringung von Kriegsgefangenen war verboten. In der Praxis ließ sich dies nicht immer organisieren. Schulen mied man als Lager, weil sich die Lehrer über sittliche und gesundheitliche Gefährdung der Jugend (!) be- schwerten , und auch Gastwirt- schaften waren als Unterkünfte 34 Ansicht der Augustenburg von Süden um 1920. 1m Vordergrund die Brücke an der S caigs traße . 35 Blick durch den Brückenbogen an der Scaigstraße auf die Augustenburg. Foto 1960. unerwünscht, wurden jedoch aus Raumnot häufig genutzt. In Grötzingen waren die Quartier- probleme immer drängender geworden : Die Bevölkerung fürchtete sich vor dem Ausbruch ansteckender Krankheiten, und man verlangte daher die Beach- tung hygienischer Mindeststan- dards bei der Unterbringung.96 Da die Vereinsheime und Gast- wirtschaften für den großen Arbeitskräftebedarf der DWM nicht ausreichten, wohnten seit Januar 1942 Polinnen, Slowaken und Russen in der Augustenburg.97 Schlossbesitzer Fikentscher musste im Februar 1942 die Zustimmung zum U mbau der Augustenburg in ein Zwangsarbeiterlager geben .98 Otto und Jenny Fikentscher verzichteten auf die Nutzung des Hauptgebäudes, mit Ausnahme des Nordostturmkellers, sowie auf die beiden Gärten hinter der Mittelfront. Das zweistöckige Wohn- und Ateliergebäude an der Kirchstraße sowie der Haus- garten blieben der Familie Fikentscher und sollten durch einen zwei Meter hohen sicht- versperrenden Bretterzaun vom Lager abgegrenzt werden. Wegen der Miete sollten sich die Bes itzer mit den DWM einigen; im Falle der Nichteinigung würde der Landrat die Mietsumme bestim- men . Fikentschers erhielten schließlich 750 Mark monatliche Miete für das gesamte Objekt. Die Instandsetzungs- und Unterhalts- kosten übernahmen die DWM .99 Das Gebäude, als Ruine eigentlich schon fast unbewohnbar und se it dem Ersten Weltkrieg unter Denkmalschutz stehend , wurde nun, trotz großen Aufwands, für se ine neue Verwendung instand- gesetzt. Der 193 1 vom Sturm zerstörte Torbogen und das Dach des Südturms wurden repariert. Der Hof wurde vom oberen Tor bis zur Treppe gepflas tert. Die Umbauarbeiten mussten wegen des Denkmalschutzes in Absprache mit dem Bezirksbauamt durchge- führt werden. In den Innenräumen wurden zwei große W C-Anlagen 35 installiert, außerdem Bade- und Waschräume und elektrisches Licht. N ach dem Krieg machten die DWM dafür gegenüber den Eigentümern eine Wertsteigerung von 30.000 Mark geltend , die man abzüglich der noch aus- stehenden Mietrückstände zurück- bezahlt haben wollte. 100 Auch der Anschluss der neuen Sanitäranla- gen an die O rtskanalisation, für den man eine Kläranlage beim Schloss hatte bauen lassen, führte bis in die 50er Jahre wegen der angeblich fehlenden wasserrecht- lichen Genehmigung für diese Anlage zu Auseinandersetzu ngen zwischen Behörden, Gemeinde und der DWM-Nachfolgerfirma IWKA, die nach dem Krieg am G ebäude "nicht mehr interessiert" wa r. lOI Das Schloss als Zuflucht - Flüchtlinge in Grötzingen 41 N achdem seit Frühj ahr 1944 die alliierten Bombenangriffe den Raum Karlsruhe erreicht hatten, wurden immer mehr Produktions- stätten ausgelage rt. Auch ein Teil der G rötzinger "Patron" wurde unterirdisch verlagert. Bei den Luftangriffen auf das Grötzinger Werk starben zwölf Polinnen und zwei russ ische Kriegsgefangene. Heute erinnert eine Tafel am G rötzinger Rathaus an sie. Ihre G räber auf dem G rötzinger Fried- hof werden von der O rtsverwal- tung gepflegt. 102 Die Augustenburg entging, wieder einmal, knapp der Zerstö- rung: A ls am 5. April 1945 die Front sozusagen vor der Haustür 42 36 37 stand und das Militär die Staig- brücke hinter der Kirche sprengen wollte, konnten Grötzinger Bürger, unter ihnen Pfarrer Fuchs, diese Aktion, die das Schloss und die Kirche gefährdet hätte, im letzten Moment verhindern. lo3 Danach übernahmen am 6. April 1945 die französischen Besatzungstruppen das Dorf kampflos, und am 7. Juli beschlagnahmten die Amerikaner bei ihrem Einzug in Grötzingen das Gut Augustenberg. Die Augusten- burg wurde zur Flüchtlingsunter- kunft, nachdem die Zwangsarbei- terinnen und Zwangsarbeiter, aus denen nun unerwünschte "displa- ced persons" geworden waren, das Schloss verlassen hatten. Obwohl die Umbauten, die die DWM für das Zwangsarbeiterinnenlager vorgenommen hatten, zu weiteren Schäden an der bereits vorher baufälligen Augustenburg geführt 36 Augustenburg aus der Luft betrachtet. Foto 1968. 37 Nach dem Umbau: ein Flug über die Augustenburg. hatten, obwohl Türen, Fenster und Öfen aus dem Gebäude verschwunden waren, fanden 30 Flüchtlingsfamilien in den Räumen des Grötzinger Schlosses eine neue Heimat. lo4 Schon im Sommer waren die ersten Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei, aus Ungarn und Jugoslawien ins Dorf gekom- men, wo sie - wie überall, wo sie hinkamen - keineswegs mit offenen Armen empfangen wur- den. "Geliebt hat man uns nicht" - erinnerte sich eine Flüchtlingsfrau 45 Jahre spä ter. Kontakte zur Dorfbevölkerung gab es wenig. Wer nicht in kleinere Privat- unterkünfte kommen konnte, fand Aufnahme in der Augustenburg, in der nach dem Krieg auch schon Grötzinger Familien lebten, da ein Viertel des Dorfs durch Bombenan- griffe zerstört worden war. Einige der Neubürger lebten mehr als zehn Jahre im Schloss, bis endlich genug Wohnungen für alle vorhan- den waren. Diejenigen, die in der Augustenburg wohnten, berichten von guten Erfahrungen: Wer im Schloss lebte, empfand die Ableh- nung der Alteingesessenen nicht so extrem - "wir haben ja mit den Leuten nicht zusammenleben brauchen" - und manche berich- ten auch von freundlicher Hilfe: Einige Grötzinger halfen den Neu- ankömmlingen. Ein Grötzinger Maler etwa hatte ihnen Farbe und Material gegeben, damit sie in der Augustenburg renovieren konnten. Viele der im Schloss lebenden Flüchtlinge stammten aus einem Ort, was die Umgewöhnung an die neue Umgebung leichter machte. Gestritten habe man sich damals kaum, und die Zeit im Schloss wird als "die schönste" erinnert. Man war zwar arm in der Augustenburg, aber frei. Beim Nordflügel war ein Garten angelegt, wo man Ställe für Hasen und Hühner gebaut hatte. Doch dieser Garten, den nach dem Wunsch der Eigentümer allein das Verwalterehepaar bewirtschaften sollte, war ständiger Konflikt- punkt. Die Gemeinde bestand darauf, dass er den Mietern zur Verfügung stand, während sich das Gesundheitsamt noch in den 50er Jahren über die Hasen- und Hühnerställe beschwerte, die zu unhygienischen Verhältnissen und Geruchsbelästigung führten. l05 Ein wenig enttäuscht waren die Flüchtlinge vom Zustand des Hauses - "es (das Schloss) war ja furchtbar heruntergekommen". Ein Teil des Südflügels musste bald wegen des baufälligen Dachs wieder geräumt werden. 1957 siedelten die dort wohnenden Familien in den dritten Häuser- block auf der Schwanenwiese um. Anfang der 60er Jahre bewohnten immer noch 15 Familien die Au- gustenburg. Waren in den ersten Jahren zwei Fami lien in einem Raum untergebracht und hatten sich drei bis vier Familien eine Küche, d. h. einen kleinen Raum, in dem ein Herd stand, teilen müssen, so waren die Verhält- nisse später nicht mehr so beengt. Wer im Schloss blieb, hatte jetzt zwei Zimmer pro Familie zur Ver- fügung. Die Besitzer waren über die Entwicklung der Dinge nicht glücklich. Das Wohnungsamt wies ihnen die Mieter zu und hatte ein Mitspracherecht bei den Mietver- trägen, insbesondere bei der Höhe der Miete. Die Schlossbesitzer sollten sich um die Instandhaltung des Gebäudes kümmern. Gerda Fikentscher, eine Tochter des Malerehepaares, beschwerte sich im Februar 1946, als die damalige Vertreterin der Erbengemeinschaft des 1945 verstorbenen Otto Fikentscher, bei der Gemeinde Grötzingen: sie bemängelte vor allem den Luftschutzbunker auf dem Hofgrundstück, den die Gemeinde auffüllen lassen so lle, und die Mietpreisminderungen für ihre Mieter. Diese seien von ihr schon recht großzügig behandelt worden und hätten wegen der mangelhaften Sanitäranlagen bereits wenig Miete bezahlt. 106 Außerdem wünschte Frau Fikent- scher mehr Mitspracherechte bei der Auswahl der Mieter - "meistens Insassen des abgebrann- ten Armenhauses der Gemeinde". Sie habe kein Recht, "asoziale und übel beleumundete Elemente" abzu lehnen und beklagte die fehlende "Ordnung, Gesundheit und Sicherheit der Habe" im Haus. Ihr Wunsch, se lbst ein "voll bewirtschaftetes Flüchtlingsheim" zu führen, war abgelehnt worden. Spätestens mit dem Ende der Wohnungsnot - so wünschte 43 Gerda Fikentscher, solle die Gemeinde ihr "Armenhaus" wieder anderswo einrichten und darüber nachdenken, zu welchem "einheit- lichen Zweck" das Schloss dann eingerichtet werden solle. Wenn man das Gebäude verkommen lasse, könne man es auch ganz abreißen. Der drohende Abriss - Das Land wird Besitzer107 Die Erben Otto Fikentschers wollten das teure Schloss nicht erhalten. Daher beantragten sie 1962, vertreten durch Schwieger- sohn Kar! Fischer aus Oberderdin- gen, die Aufhebung des seit dem Ersten Weltkrieg bestehenden Denkmalschutzes. Fabrikant Fischer selbst hatte kein Interesse daran, die Augustenburg in eigener Regie für eine andere Nutzung restaurieren zu lassen und wollte das Gebäude an eine Wohnungs- baugesellschaft zum Abriss ver- kaufen. l08 Doch der Reihe nach: Der Zustand der Augustenburg war weiterh in desolat. Bereits 1949 hatte das Landesdenkmalamt dies feststellen müssen. Durch die schadhaften Dächer und Dachrin- nen drang Feuchtigkeit ins Innere. Die DWM hatten das alte schmie- deeiserne Geländer, das jetzt langsam in einer Ecke vor sich hinrostete, durch ein Stahlrohr- gitter ersetzt. 109 Die Erbengemein- schaft Fikentscher gab an, kein Geld für eine Instandsetzung zu haben. Nur 1.000 der voraussicht- lich benötigten 15.000 DM glaubte man aufbringen zu können. -< 38 Schloss Auguscenburg vor dem Umbau: Der Torbogen an der Kirchscraße mussce abgescüczc werden. Fow 1972 . 39 Schloss Auguscenburg vor dem Umbau: Ersces 00 und Dachscuhl im Südjlügel. Fow 1972. Die Denkmalbehörden und der Landkreis waren schon im Herbst 1949 beunruhigt: Anges ichts der zerstörten Schlösser in Karlsruhe und Bruchsa l erschien die Augus- tenburg wichtig. Man wollte hier einen der wenigen nicht zerstörten "historischen Kulturwerte" erhal- ten. A ußerdem lebten immerhin - trotz schlechter Wohnbed ingungen - 150 Menschen im Schloss. Doch die vorhandenen Mitte l, d ie zudem noch mit anderen Sanierungsob- jekten im Landkreis geteilt werden mussten , waren nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein: der Verfall des Gebäudes schritt weiter voran. Vor allem die Südse ite zerfiel zusehends. Man schätzte die Kosten für die notwendigen Baumaßnahmen bald schon auf runde 30.000 DM, da in einem der Gänge das ganze Gewölbe einge- stürzt war. Die Gemeinde verzich- tete bereits auf G rundsteuerzah- lungen. Man beschloss, mit Hilfe von Mitteln, die der Kreisrat bewilligt hatte, 1955 zunächst einmal das Dach des Südflügeis ins ta nd zu setzen. Aber auch fünf Jahre später, 1960, war das Gebäude , das sich nach wie vor im Privatbes itz der Erbengemeinschaft Fikentscher befand , noch gefährdet. U m es vor 39 der Zerstörung zu retten, wurde wieder der Landkreis aktiv - der G rötz inger Bürgermeister A rheit war Mitglied des Kreisrats. Die Augustenburg, so argument ierte man, se i neben dem gedrehten Kirchturm der G rötzinger Kirche, der ebenfalls eine architektonisch e Seltenheit darste lle, als ehemaliges Domizil der G rötz inger Malerko- lonie eines der Wahrze ichen des O rtes. Beunruhigend klangen da die Forderungen der Erbengemein- schaft , die inzwischen eine Eingabe an das Landesdenkmalamt gestellt hatte, um das Schloss abreißen zu dürfen. Eine Wohnungsbaufirma wollte drei Wohnblöcke mit Sozialwohnungen auf dem Gelände 45 erste llen. Die Erben waren der Ansicht, der Staat sei für die Schäden am Gebäude, di e man inzwischen auf ca. 100.000 DM schätzte, verantwortlich und solle nun für deren Behebung aufkom- men oder aber den Abriss ermögli- chen. Die Zwangsbeschlagnah- mung während des Kriegs sowie die Zwangse inweisung wohnungsloser Famil ien - "nicht immer die besten" - nach dem Krieg, hätten das Schloss ruiniert. Einen Ver- zicht auf das Privileg, Eigentümer der Augustenburg zu se in , erwog man nicht. Der Landrat, der die Notwendigkeit des Erhalts des G rötzinger Schlosses anerkannte, wurde damals zu e inem der enga- giertesten Verfechter der Sache 46 40 "Augustenburg". Landrat Groß bat das Denkmalamt, den Antrag der Erben zurückzustellen und einer "Entlassung aus dem Denkmal- . schutz" nicht zuzustimmen. ll o Man überlegte die Gründung einer Stiftung "Augustenburg", da der Staat wahrscheinlich nicht in ein Gebäude im Privatbesitz investie- ren wolle. 111 Landrat Groß beauf- tragte nun seinerseits das Staatliche Hochbauamt, einen Kostenvoran- schlag zur Renovierung zu machen und man überlegte, ein Studenten- wohnheim im Schloss einzurichten. Da außerdem die Erbengemein- schaft Fikentscher im November 1960 Verkaufs bereitschaft signa- 40 Schloss Augustenburg vor dem Umbau: Turm mit Nordflügel. Foto 1972 . 41 Schloss Augustenburg vor dem Umbau: Mittelbau mit Südturm und Südflügel. Foto 1972 . lisierte, schien eine Lösung näher gerückt. Der Kostenvoranschlag des Staatlichen Hochbauamts lag Ende Januar 1961 vor. Er belief sich auf die Summe von 280.000 DM, wovon allein 180.000 DM für den stark zerstörten Südflügel aufzubringen gewesen wären. Trotzdem schien das Land, ver- treten durch das Regierungspräsi- dium Nordbaden, den Landkreis und die Gemeinde Grötzingen, an der Erhaltung interessiert. Der Landrat lud im Februar 1961 zur Besprechung nach Grötzingen, wo man der Erbengemeinschaft für ihre Bereitschaft, das Gebäude über Jahre hinweg zu erhalten, Anerkennung aussprach. Den- noch, den von Fischer verlangten Preis von 150.000 DM hielt man für zu hoch. Allerhöchstens 80.000 - 90.000 DM, etwa die Abrisskos- ten, seien vorstellbar. Die Verkäu- fer, gemeint war Fabrikant Fischer, seien finanziell gut gestellt, und die Öffentlichkeit würde nicht verste- hen, wenn ihnen aus öffentlichen Mitteln eine solche Summe bezahlt würde. Ein weiteres Problem war die Unterbringung der derzeit im Schloss lebenden Familien, für die sozialer Wohn- raum geschaffen werden musste - auch das kostete Geld. Bürgermeis- ter Arheit betonte das Interesse 41 der G emeinde, wollte jedoch se i- nerse its kein Geld zur Verfügung stellen. Man bemühe sich aber um Baugelände für die Unterbringung der betroffenen Familien. Landrat G roß übernahm es, nochmals mi t den Eigentümern zu verhandeln. Die Unive rsität zeigte Interesse an der Augustenburg als Platz für ein "Vorstudienkolleg für ausländi- sche Studienbewerber". Nach dem Tod se iner Frau Anfang 1962 willigte Fabrikant Fischer schließ- lich in den Verkauf an das Land Baden-Württemberg ein - die Tatsache, dass man den geforder- ten Kaufpreis von 120.000 DM inzwischen für vertretbar hielt, erleichterte sicher seinen Ent- schluss. Doch nun verzögerte das Kultusministerium den Kauf: Man hielt das Gebäude zwar gee ignet für den gedachten Zwec k, den Umbau aber für zu teuer. Landrat G roß unternahm eine weitere Anstrengung und mobilisierte den 47 zuständigen Landtagsabgeordneten G anter, der auf die drängenden Bitten schließlich reagierte und Anfang Juli e inen "Antrag auf Rückkauf des Schlosses" im Land- tag einbrachte. Neben dem Ett- linger Schloss se i es das einzige im Landkreis erhaltene Fürsten- schloss .11 2 Verkäufer Fischer hatte es jetzt e ilig: er wollte sein G eld bekommen, gleichgültig von wem, und kündigte erneut e inen Antrag auf Aufhebung des Denkmalschut- 48 zes an, um an die Wohnungsbau- gesellschaft verkaufen zu können. "Wird Schloß Augustenburg gerettet?"I13 - "Schloß Augusten- burg muß erhalten bleiben!" titelten die Zeitungen und auch in der Gemeinde Grötzingen wurden in dieser Situation nochmals Stimmen laut: Die "Allgemeine Zeitung" berichtete über die große Anteilnahme der Grötzinger Bevölkerung an einer Gemeinde- ratssitzung zum Thema Augusten- burg: "Bis auf den letzten Platz besetzt" sei der Bürgersaal des Grötzinger Rathauses gewesen. 1 14 Dennoch: "Bagger bedrohen die Augustenburg" , hieß es in den "Badischen Neuesten Nachrich- ten" noch Anfang Juli, kurz bevor am 20. Juli 1962 der Landtag den Antrag Ganter annahm. 115 Bereits wenige Tage später erläuterte Architekt Bucerius im Grötzinger Rathaus seine Pläne zum Umbau des Schlosses. Doch die Euphorie war verfrüht: Der Antrag des Landtagsabgeordneten hatte lediglich um Prüfung des Kaufs gebeten, und es verging daher noch einmal fast ein Jahr, bis am 14. Mai 1963 der Kaufvertrag beim Bezirksnotariat Knittlingen beurkundet wurde: Seit dem 1. Juli 1963 gehörte Schloss Augusten- burg dem Land Baden-Württem- berg. Die noch im Schloss verblie- benen Mieter konnten ein Jahr später in neuerbauten Wohnungen in Grötzingen untergebracht werden. 11 6 Sinnvolle Nutzung gesucht Mit dem Kauf jedoch war das dringend renovierungsbedürftige Grötzinger Schloss noch nicht in Sicherheit. Es sollte noch Jahre dauern, bis aus der langsam vor sich hin zerfallenden "Schloss- ruine" das moderne Altersheim entstehen konnte, das sich heute darin befindet. Und es bedurfte - wie schon in den Jahren 1949 bis 1963 mit Landrat Groß - engagier- ter Förderer des Projekts Augus- tenburg. Allen voran setzte sich der Grötzinger Bürgermeister und spätere Ortsvorsteher Herbert Schweizer für die Renovierung ein. Die unterschiedlichsten Nut- zungskonzepte zerschlugen sich zunächst jedoch in den Jahren nach dem Kauf. "Was wird aus Schloß Augustenburg?" fragte im November 1963 die "Badische Volksze itung", nachdem nun das Land Besitzer des Schlosses war. Zwei Jahre später genehmigte das Staatsministerium in seinem Halbjahresbericht den Bau eines Studienkollegs im Schloss - wenn das "Bauvorhaben" in den "Staats- haushaltsplan" aufgenommen werde. Doch offenbar gelangte es dort so schnell nicht hin. 1966 meldete die "Stuttgarter Zeitung" fälsch licherweise, dass das ganze Gebäude bis auf die beiden Rund- türme abgerissen und im alten Stil für die Landwirtschaftsschule Augustenberg neu aufgebaut werde. 117 Im selben Jahr wandte sich der neue Grötzinger Bürger- meister Herbert Schweizer an Landrat Groß und an den Land- tagspräsidenten und forderte, endlich die angekündigten, zur Erhaltung nötigen Bauarbeiten in Angriff zu nehmen, da inzwischen, seit Anfang 1965 , bekannt war, dass kein Studienkolleg in der Augustenburg untergebracht werden würde. 118 Die Suche nach einer Nutzungs- möglichkeit für das Grötzinger Schloss war daher vorherrschendes Thema der folgenden Jahre. Aussichtsreichstes Projekt schien die Einrichtung einer geplanten Richterakademie im Grötzinger Schloss: "Retten Richter das Grötzinger Schloss?" - fragten die "Badischen Neuesten Nachrich- ten" im August 1969. 119 Bürgermeister Schweizer schrieb sofort begeistert an den damaligen Bundesjustizminister Ehmke, der die Nähe zu Karlsruhe als Sitz von Bundesgerichtshof und Bundesver- fassungsgericht passend für eine solche Einrichtung fand. 120 Auch der Stuttgarter Justizminister Schieler versprach - von Landrat Groß noch einmal um Unterstüt- zung gebeten - zu prüfen, ob der Bau für die Akademie geeignet wäre. Das benachbarte Karlsruhe indessen verfolgte eigene Interes- sen: Während eines Wahlkampf- besuchs in Karlsruhe machte man Minister Ehmke auf die Gottesauer Schlossru ine aufmerksam, die man gerne für eine Richterakademie wiederaufbauen wollte. 121 Doch für Karlsruhe und für Grötzingen kam im Januar 1970 das Aus: Die Justizministerkonferenz hatte sich für ein Objekt in Trier entschie- den und damit war die Zukunft der Augustenburg wieder offen. 122 Also versuchte man in Grötzingen 42 42 Während des Umbaus: Die beiden Kopfbauten sollten ursprünglich erhalten bleiben. Sie waren jedoch in einem sehr schlechten Zustand und mussten abge- brochen werden. Foto 1973. aufs Neue, bei der baden-württem- bergischen Landesregierung eine Entscheidung herbeizuführen. Dabe i verwiesen die Grötzinger auch auf die bevorstehende "Badenabstimmung" des Jahres 1970: Stünde das Schloss im Raum Stuttgart, so wurde ge legentlich argumentiert , dann se i es längst in Ordnung gebracht. Trotzdem passierte weiterhin nichts, und die Kostenspirale drehte sich weiter. 1971 ging man bereits von 3,5 Millionen Mark Renovierungs- kosten aus. Die zur "Substanz- sicherung" in Aussicht gestellten 400.000 DM aus Mitteln der Denkmalpflege reichten nicht einmal für die notwendigsten Arbeiten au . Ohne eine sinnvo lle Nutzung für das Gebäude, soviel war sicher, konnte keine Lösung gefunden werden. Daher ve rsuchte Bürgermeister Schweizer weitere Kreise für die Augustenburg zu interess ieren. Er hatte bereits ein 49 Architekturbüro gefunden, das den Umbau übernehmen wollte. Der 197 1 neugegründete "Arbeits- kreis Augustenburg" machte erstmals den Vorschlag, die Augustenburg gewerblich zu nutzen. Dazu so llte das Land günstige Konditionen für einen eventuellen Interessenten bieten. Und dieser Käufer wurde auch gefunden: die Vereinigte Firmen- pensionskasse Mannheim, die sich bereits als Bauherrin in Grätzingen engagierte (Hochhäuser Durlacher Straße), konnte für die Sanierung der Augustenburg interessiert werden. t2) 50 43 "Staub aus Jahrhunderten von Augustenburg geblasen" lz4 Recht schnell kam es nun bereits im Dezember 1972 zum Kaufve r- trag zwischen dem Land Baden- Württemberg und der Aktienge- sellschaft für Bau, Finanzierung und Verwaltung, Karlsruhe-Dur- lach, de r Bauträgerin der Firmen- pensionskasse .1Z5 Das Land ver- kaufte die G rundstücke Augusten - burg zur Errichtung eines Alten- wohnheims zum früheren Einkaufs- preis von nur 120.000 DM. Die Käuferin musste die Renovie- rungskosten aufbringen, an denen sich das Land Baden - Württemberg mit 400.000 Mark für Bausubstanzerhaltungsmaß- nahmen beteiligen wollte. Außerdem war die G emeinde G rötzingen an der Verwaltung des Altenheims zu bete iligen und konnte Wohnbewerber vorschla- gen. Der Käufer durfte das G e- bäude nicht abreißen, sondern nur - in A bsprache mit den entsprechenden Behörden - sanieren . Die G emeinde hatte für den Fall e ines geplanten Verkaufs ein Vorkaufsrecht zum Verkaufspreis von 120.000 Mark. Sie war nicht verpflichtet, dem Käufer die Renovierungskosten zu rü ckzuers ta tten. Zu den nö tigen Abrissarbe iten hatte das Landesdenkmalamt schon im September se ine Zustim- mung gegeben . Die "Sicherungs- maßnahmen" übernahm das Architekturbü ro Colling + Schnei- der. Im Südflügel - so war geplant - so llten die baufälligen Te ile abge rissen werden, im Mi ttelte il 44 43 Während des Umbaus, nur die Zwiebeltürme und der Mine/bau blieben stehen. Foto 1973 . 44 Ein Modell der neuen Augustenburg. Foto 197 1. wollte man den Dachstuhl erneu- ern. Außerdem sollten die Ho lzbal- kendecken und die Fachwerkwän- de im Obergeschoss des Mittelte ils saniert werden. Auch im Nordflü- gel lagen umfangreiche Dachin- standsetzungsarbeiten an , und die Umfassungswände mussten vor weiterem Verfall geschützt werden. Nutzen wollte man das reno- vierte Gebäude in erster Linie für Senioreneigentumswohnungen. Außerdem waren Atelierwohnun- gen für Künstler, ein Restaurant im Kellergewölbe, Studentenapparte- ments, e ine Arztprax is, ein Aus- stellungs- bzw. Veransta ltungs- raum, eine Pächterwohnung sowie Speisesaal und Bibliothek als Gemeinschaftsräume für das Altenheim geplant. Man ging optimistisch ans Werk. "Südflüge l der Augusten- burg je tzt 4.500 Kubikmeter Schutt", berichteten die "Badi- schen N euesten N achrichten" vom Beginn der Abbrucharbeiten .126 Am 22. Juni 1973 war Lokaltermin auf der Baustelle. Die Architekten Prosper Collin und Ernst Schne i- der informierten über den Fortgang der Arbeiten, die allerdings 51 entgegen den ursprünglichen Plänen zunehmend schwieriger wurden . Die anfängliche A bsicht, nur den kaputten Südflügel abzureißen und den Rest der Anlage zu renovieren, konnte nicht durchgehalten werden: Zu groß waren inzwischen die Schä- den, ve rursacht vor allem durch das Schwitzwasse r der neuen, im Zweiten Weltkrieg ange legten Wasserleitungen. "Seitenflüge l müssen abgerissen werden" , schrieb d ie "Turmberg-Rundschau" Ende Juni. Nord- und Südflügel müssten wegen ihres schlechten Zustands völlig abgerissen werden - so die Architekten. Die Seitenflügel so llten jedoch originalgetreu wiederaufgebaut werden, womit -c: 45 Die Augustenburg im neuen Glanz: Blick von Süden auf den Mittelbau . 46 Die Augustenburg im neuen Glanz: Blick durch das neue Südwr. man schließlich im Juni 1974 beginnen konnte, als sich auch die ersten Kaufinteressenten für A lten- bzw. Atel ierwohnungen meldeten .128 Eine we itere Schwierigkeit be i den Bauarbe iten waren die unbe- hauenen Felsblöcke , auf denen das Schloss an der Hangse ite steht. Die Pläne mussten teilweise neu gefertigt werden, und es entstan- den aus d iesen Komplikationen Mehrkosten. 129 Bürge rmeister Schweizer übernahm kurzerhand mit e inigen Gemeindearbe itern die Initiative und half mit, den Schlosshof mit Press lufthämmern freizulegen. uo "Schloss Augustenburg - Juwel im Pfinzgau" UI "Wir wollen Leben in die Burg bringen!", so kündigte der ehe- malige Bürgermeister und jetzige O rtsvorstehe r Herbert Schweizer im N ovember 1978 an .132 Vier Jahre , bis zum November 1978, hatte es gedauert , bis Schweizer den Prospekt zum neu renovierten Schloss Augustenburg an Oberbür- germeister Dullenkopf - Grötz in- gen war inzwischen nach Karlsruhe eingemeindet worden - und an Ministerpräs ident Filbinge r 46 schicken konnte. Der erste Bau- abschnitt mit 40 Zweizimmerwoh- nungen fü r Senioren , einer Bäder- und Massageabteilung, e iner Arzt- praxis und kulturellen Einrichtun- gen war fertig. Für Besucher stand e in Hote ltrakt zur Verfügung. Nun galt es, das Unternehmen auch zu e inem gesch äftlichen Erfo lg zu machen - di e nächste Schwierig- keit, mit der sich die Fö rderer des Projekts Augustenburg ause inan - dersetzen mussten. 53 Die Badischen Neuesten Nach- richten sprachen es als erste aus: "Firmenpensionskasse Mannhe im h at Sorgen". 133 Der Umbau war durch die verschiedenen Kompli - kationen teurer gekommen als e rwartet. Die acht Millionen Mark Umbaukosten, von denen bere its im Januar 1978 die Rede war, mussten nun, nach der Fertig- ste llung, wieder erwirtschaftet werden, und O rtsvorstehe r Schweizer bemühte sich um 54 ~ 47 Die neue Augusten- burg im Schnee . Das Gitter, während des Zweiten Weltkriegs entfernt , wurde beim Umbau wieder ange- bracht. Foto 1982. 48 Der neue Siidfliigel hat ein Stockwerk mehr als friiher. 49 Der neue Siidfliigel. 48 finanzielle Unterstützung für die Bauherrin. 134 Keine der 40 Wohnungen war belegt . Die Preise für die Apparte- ments waren offenbar zu hoch . Verlangte man im Januar 1979 je nach Art der Wohnung neben den 36.000 DM Einkaufsdarlehen für eine Person pro Monat mehr als 2.000 DM für Wohnung, Essen, Putzen und le ichte Pflege, so war man im Juni schon gezwungen , die Wohnungen deutlich billiger anzubieten . u; Das Interesse blieb 49 trotzdem gering, nicht zuletzt auch wegen der fehlenden Aufzüge, die für älte re Menschen, denen das Treppenste igen schwer fi e l, zum Prob lem wurden. Immerhin eröffne ten das Gesundheitszentrum mit Sauna und das Hote l-Restau- rant im Sch loss Augustenburg im Sommer 1979 ihren Betrieb. Doch nicht e inmal drei Jahre später wurde "im Schloß Augus- tenburg [ ... ] d ie Küche kalt". J36 Die Pensionskasse dachte an Verkauf des unrentab len Objekts 55 und hatte daher das Vorkaufsrecht der Gemeinde aus dem G rundbuch streichen lassen. Der Grötzinger O rtschaftsrat war e inverstanden und hatte auf Vorkaufs - und Mitspracherechte verzichtet, und bere its im Herbst 1980 bo t die Vereinigte Firmenpensionskasse Mannheim die Anlage für 13,5 Millionen Mark zum Verkauf. 1J7 Doch die Forderung des Bundes- aufsichtsamts für Versicherungswe- sen , das schon se it Jahren drängte, die G rundstücke in G rötzingen 56 F'ERIE.Nf\RBEIT 50 unverzüglich und "ohne Verlust" zu veräußern, ließ sich nicht - und schon gar nicht so schnell - erfüllen. 138 Der neue Schlossherr - oder: Wie mit der Augustenburg doch noch Geld zu verdienen war Herbert Hillebrand, in der Presse als der "Mann, der die schönsten Schlösser sammelt"139 oder als "Schlossherr mit Sozialgefühl" j .\: ~ J . 1: J: \ ... bezeichnet,140 wurde der nächste Besitzer der Augustenburg. Orts- vorsteher Schweizer informierte den Grötzinger Ortschaftsrat am 25. Oktober 1987 darüber, dass Hillebrand für eine "streng gehei- me Summe" das Anwesen gekauft habe und es nun nochmals zum Seniorenheim umbauen lasse. Käufer Hillebrand wolle eine weitere Million Mark in den Bau investieren. 141 Ungefähr 3.000 DM pro Person und Monat musste man auch nach diesem weiteren Umbau 50 Eine "Ferienarbeit" der großherzog- lichen Baugewerkeschule Karlsruhe um 1900 von]. Geissler: Der Ziehbrunnen . der lange Zeit im Hof der Augustenburg stand. 51 Bis zur "Rettungsaktion" von Bürger- meister Schweizer stand der Ziehbrunnen , der ursprünglich aus einem Haus in der Grätzinger Kirchstraße stammt. im Schlosshof. Im Hintergrund ist das während des Zweiten Weltkriegs ange- brachte Treppengeländer zu sehen. 52 Heute hat der Ziehbrunnen seinen Platz vor dem Grätzinger Rathaus. bezahlen können, um in den Genuss der noch einmal neu gestalteten Wohnungen zu kom- men. Hillebrand kam am 28. Oktober 1987 persönlich nach Grötzingen, wo die Renovierungs- arbeiten bereits in Gang waren. Bei einem Gespräch mit der Polizeibehörde erklärte der neue Schlossbesitzer, das er vor allem Selbstzahler aufnehmen wolle. Er beabsichtigte, den Restaurantbe- trieb, nicht aber den Hote lbetrieb wieder aufzunehmen. 142 Doch bevor sich nun für die Augustenburg alles zum Guten wandte, gab es noch manche Schrecksekunde durchzustehen: Käufer Hillebrand verkaufte die frisch restaurierte Augustenburg bereits ein Jahr später, 1988, für mehr als 12 Millionen Mark an zwei schwed ische Privatleute; er machte dabe i einen Gewinn von mehreren Millionen Mark.143 Die neuen Besitzer schlossen einen über 20 Jahre laufenden Pacht- 51 vertrag mit der "GSD - Gese ll - schaft für Soziale Dienstle istun- gen", die se ither ein Altersheim in der Augustenburg betreibt. Trotz der Mahnung der Stad t, es gebe genügend A ltersheimplätze, scheint "Schloß Augustenburg - Das besondere Senioren-Wohn- und Pflegeheim" 144 bis jetzt ein Erfo lg - so di e Zwischenbilanz nach zehn Jahren. 100 alte Men- schen leben in der Augustenburg und im ehemaligen Remisengebäu- de in einem gediegenen Ambiente 52 und werden von Heimleiter Hans Georg Pompe sowie mehr a ls 50 Angestellten be treut. 145 Bürger- meister und O rtsvorsteher a. D. Herbert Schwe izer engagiert sich regelmäßig ehrenamtlich in "se iner" Augustenburg. 146 Das Restaurant "Ritterschänke" steht der Allgemeinheit offen , und in den be iden Sch losstürmen so llen künftig wieder Künstler ihre Werke präsentieren - in Erinnerung an die Zeit als Sitz der G rötzinger Malerkolonie. 57 D er Zieh brunnen Der Ziehbrunnen , der vor dem Umbau 1973-1979 im Schlosshof stand, stammte ursprünglich aus dem Dorf, aus dem Hof in der Kirchstraße 1. Sein erster "Retter" war 1902 der Maler O tto Fikent- scher gewesen , der ve rhindert hatte, dass man den Brunnen beim Umbau des Hauses zerstörte. Er ließ den Zieh brunnen in den Schlosshof der Augustenburg setzen. 58 Am Hauptgesims kann man noch heute die Namen der Erbau- er, "H. J. W. B. G. habens gebaut im Jar 1616", lesen. Auf dem Wap- pen, das den Schlussste in ziert , sind Rebmesser und Pflugschar zu sehen, und man kann den Namen eines markgräflichen Weinbergauf- sehers, Hans Jacob Wagner, lesen. Er hatte zusammen mit einem nicht weiter identifizierbaren B. G. den Brunnen hergestellt. Wagner wurde nach dem Kirchenbuch 1646 von einem durchkommenden Soldaten im Weinberg des Mark- grafen erschossen. ' 47 Bürgermeister Schweizer hatte die Idee, den Ziehbrunnen, der wie das Schloss zusehends verfiel, allen Bürgern zugänglich zu machen. Doch er war 1963, wie die Augus- tenburg, in deren Hof er stand, Landese igentum geworden. Als Schweizer beantragte, den Brun- nen bei der Grünanlage O beraus- brücke aufstellen zu dürfen, lehnte das Staatliche Hochbauamt ab: Man wollte ihn in die allgemeine Instandsetzung des Schlosses einbeziehen. Daraufhin wandte sich der G rätzinger Bürgermeister an das Staa tliche Amt für Denk- malpflege in Karlsruhe und ver- suchte, von dort die Genehmigung zur Versetzung zu erhalten : Der alte Ziehbrunnen so llte nun vor der Grünanlage Niddaplatz, wo sich auch die wiederaufgerichtete Torbogenanlage des ehemaligen "Gasthauses zur Kanne" befindet, aufgestellt werden. Das Denkmal- amt war zwar mit der Versetzung einverstanden, da der Brunnen ja ursprünglich nicht zum Schloss gehä rt hatte, doch die Oberfinanz- 53 direktion lehnte nun das Ansinnen des Bürgermeisters wiederum ab. Bürgermeister Schweizer erinnert sich, dass er schließlich zur Selbst- hilfe griff und den Brunnen, zusammen mit einem Steinmetz, der Transport und Wiederaufbau fachmännisch leitete, ohne Genehmigung aus dem Schlosshof holte und ihn vor dem Rathaus aufstellte. Als das Objekt nach vier Wochen endlich vermisst wurde, erh ielt die Gemeinde nach eini- gem Hin und Her die Erlaubnis, den Ziehbrunnen an se inem neuen Platz stehen zu lassen. Den Vor- schlag, den vor das Rathaus 53 Im Schlosshof steht heute an der Stelle des Ziehbrunnens ein vom ehemaligen Bürgermeister Herbere Schweizer ges tiftetes Bildstäckchen. platzierten Brunnen nach dem Umbau der Augustenburg wieder in den Schlosshof zu ste llen, lehnte nun O rtsvorsteher Herbert Schweizer entschieden ab. Er stifte te privat e inen Ersatz für den Schlosshof: An der Ste lle, wo früher der Brunnen seinen Platz hatte , steht e in Bildstäckchen mit dem Motiv des heiligen Florian, gestaltet von der Künstlerin Hermine Rothmund. Anmerkungen 1 Vgl. Lacroix , Emil und iester, He inrich: Kunstwanderungen in Baden, Stuttgart 1959, S. 25 1. Vgl. auch Handbuch der histo rischen Stä tten Deutsch lands. Baden-Württe mberg. Hg. von Max Miller und Ge rhard Taddey, 2. verb. und erw. A ufl age, Stuttgart 1980. 2 StadtAK 5/Grötz ingen A 1240. Darin: Schre iben des Bez irksamts Durlac h vom 18. O ktober 19 12: "Die Förderung heimatlicher Kunst- und Baudenweise be tr.". 3 Bader, Josef: Fahrten und Wanderungen im Heimatlande, Fre iburg i. Br. 1856. Zu "Gretzin- gen" vgl. S. 14-37, S. 14. 4 Pfründe waren Abgaben (in Ge ld oder Natu- ra lien), die die Dorfbewo hner an ihre G rund - herren oder an die Kirche zu le isten hatten. 5 Zur Geschichte des Dorfes vg l. Asche, Susan- ne: Eintausend Jahre G rö tzingen. Die Ge- schich te e ines Dorfes, Karlsruhe 1991 (= Ver- öffentlichungen des Karlsruher Stadrarchivs Band 13), Dietrich, Heinrich: G rötzingen. Ein Beitrag zur Heimatgeschi chte, Grötzingen 1923, und Möss inger, Wilhelm : Grötzingen, das badische Ma lerclorf, Grötz ingen 1965. 6 Zu den Anfängen der späteren A ugustenburg vgl. Asche (wie Anm. 5), S. 45f., Möss inger, Wilhe1m: Schloß Augustenburg. Sonderdruck aus der kulturgeschichtlichen Beilage des Durlacher Tagblatts "So we it der Turmberg grüßt" , o. 0., o. J., Mössinger, G rötz ingen (wie Anm. 5), S. 30ff., und Dietrich (wie Anm. 5), S. 18ff. 7 Möss inger, Grötzingen (wie A nm. 5), S. 30. S Ebenda. Im G rötz inger Lagerbuch von 1532 steht: "S t. Barbara Pfründhaus mit Hofrai te und Garten, im A ltkircher Viertel, gege nüber der Kirche, zwischen der Straße und dem Frühmeßhaus" - das Lagerbuch von 1699 sc hre ib t: "welches nach dessen Vergrößerung vor Jahren das hohe Haus genannt wo rden" . Zitiert nach Bader (wie Anm. 3), S. 22 f. 9 Hupp, Georg: A ugusta Mari a, die Erbauer in des Grötzinger Schlosses, in: Badische Heimat 45/1965, S. 207-2 10, S. 207, und Möss inger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6) , S. 15. 10 Zit iert nach Möss inge r, Schloß Augusten- burg (wie Anm. 6), S. 15 . " Ebencla, S. 15. " Vgl. Wiese, Wolfgang: Schloß Go ttesaue. Baugeschichte, Architektu r und Inneneinrich- tung, in: Peter Rückert (Hg. ): Gottesaue - Kloster und Schloß, Karlsruhe 1995 , S. 56-65, S.64. IJ Vgl. Asche (wie Anm. 5), S. 49ff. Vgl. auch Hug, Wolfgang: Geschichte Badens, Stu ttgart 1992 , S. 148ff. 14 Vgl. Ge nera ll andesarchi v Karlsruhe (GLA) 229 (Orrsa kten) 35 711 "Donation - Des Ho- hen Hauses und darzugehörigen zwantzig sechs Morgen Winga rten zu Grötzingen - welche - Der Durchlauchtigste Fürst, H err Friedrich Magnus, Marggrav zu Baden lind Hochberg der hochge liebten Frall G emahlin schenckt und uebergeben. Ao 1678". 15 Zum Pfälzischen Erbfolgekrieg vg l. Asche (wie Anm. 5) , S. 53 ff. 16 Zu N idda vgl. ebenda, S. 58ff. 17 Vgl. Hochstrasser, O li via: Von der Staufer- gründung zur Res idenz, in Asche, Susanne und Hochstrasser, O li via: Durlach - Staufergrün - dung, Fürstenres idenz , Bürgerstaclt, Karlsruhe 1996 (= Veröffentl ichungen des Karlsruh er Stadtarchi vs Band 17), S. 15- 146, S. 139. Vgl. auch Ron , Hans: Kunst und Künstl er am Ba- den-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsru - hes , Karl sruhe 19 17, S. 147. 18 Mössinger, Schloß A ugusten burg (wie Anm. 6), S. 15ff ("nach Akten aus Durlach"). 19 Zitiert nach Hupp (wie A nm. 9), S. 208. 10 Vgl. Bader (wie Anm. 3), S. 25. 21 Vgl. GLA 229 (Orrsakten) 357 12. Vgl. auch G LA 229/3 5713, 229/357 14 und 379/6222. II Dietrich (w ie Anm. 5), S. 34. 59 1l Zitiert nach: Mössinger, Schloß Augusten- burg (wie Anm. 6), S. 18f. 14 Mössinger, Grötzingen (wie Anm. 5), S. 30f. 15 Mössinger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6) , S. 19f. 26 Vgl. ebenda, S. 22. 27 Ebenda. 28 Vgl. Hupp (wie A nm. 9), S. 207, und Mös- singer, Grötzingen (wie Anm. 5), S. 30f. 29 Zu r Person Augusta Maria vgl. Gothein, Eberhard: Zwei Episoden badischer Fürstenge- schichte. 11. Eine tapfe re Fürstin (Markgräfin A ugusta Mari a von Baclen-Durlac h ), in : Ze it- schrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO) NF 27, 191 2, S. 543-561. Vgl. auch Hupp (wie A nm. 9). Zu den Quellen vgl. GLA Großherzogliches Haus- und Staatsarchi v I Personalia Band 5 - Baden-Durlach - 9. Fried- ri ch Magnus - 13. Christoph; Vere inigte Mark- grafschaft und G roßherzog Baden. Q uellen zu Markgräfin Augusta Maria, S. 100- 1 14 (Testa- mente, Korrespondenz etc.) . 3D Vgl. G LA 39 1/6233, 392/6234, 402/6245 und 403/6246. 31 Hu pp (wie A nm. 9) S. 2 10. Zitat aus GLA 400/6242 Testament Augusta Marias aus dem Jahr 1727 . J1 Vg l. Möss inger, Sch loß Augustenburg (wie Anm. 6), S. 25. ff. 3l Laut Kirchenbuch der ev. Gemeinde Gröt- zingen wurde 1725 Jo. Laurent Maurer der christlichen Gemeinde G rö tzingen "vorge- stellt". Er war zuvor bereits Hofprediger in Au- gustenburg und der "Sereniss imae Viduae, A u- gustae Mari ae Confessionarius" gewesen, in: Stadtarchiv Karlsruhe (StadtAK) 5/Grötzin- gen Schloß Augustenburg - 7 (Kopie). Vg l. auch Möss inge r, Grötzingen (wie Anm. 5), S . 36, und Hupp (wie Anm. 9), S. 209. 14 Hupp, Georg: Das e rste badische evange- lische KirchengesangblIch der Markgräfin 60 Augusta Mari a, in: Badi sche Heimat 32/1 952 , .5 1-54,S.53. 35 Hupp (wie Anm. 9 ), S. 208, und G LA 229 (O rtsakren) 35614. 36 Vgl. G LA 406/6249, 412/6255, 41 5/6258 und 421 /6264. Zu N idda vg l. Asche, G rö tzin - gen (wie Anm . 5), S.60f. J7 Mössinger, G rötzingen (wie Anm. 5), S. 36. J8 Vgl. Möss inger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6) , S. 29. 39 Vgl. Dietrich (wie Anm. 5), S. 37 . 40 Asche, G rötzingen (wie Anm. 5) , S.64. " Vgl. Mö si nger, G rötzingen (wie Anm. 5), S. 18 1. 41 Vgl. StadtAK 5/Durlach A 1634, 1645 u. 1647. 4l Vgl. Mössinger, G rötzingen (wie Anm . 5), S. 36ff. H Fied ler, Siegfri ed: Das Militä rwesen Badens in der Zeit Napoleons, in: Baden und Würt- temberg im Ze italter Napoleons. Ausstellungs- katalog zur gleichnamigen Landesausstellung. Hg. vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart , Stuttgart 1987, S. 255-273, S. 256. 4S Vgl. Asche, G rötzingen (wie A nm. 5), S. 9 1. 46 Vgl. G LA 229 (Ortsakten) und Möss inger, Schloß A ugustenburg (wie Anm. 6), S. 29ff. 47 Vgl. Fecht, Karl Gustav: Geschichte der Stadt Durlach, Heidelberg 1869, S. 192, zitiert nach Asche, G rötzingen (wie A nm. 5) , S. 9 1. 48 Zu Gottesaue vgl. Salaba, Marie: Das Mark- gräfliche Kammergut - ein geschei tertes Unter- nehmen, in: Rückert (wie Anm. 12), S. 84-92, und Hansmartin Schwarzmaier: Die Anfänge des Klosters Gottesaue, in ebenda, S. 8- 15. ' 9 Vgl. Mössinger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6 ), S. 29ff. 50 G LA 229 (O rtsakten) 35622 , Umbau eines alten Stallgebäudes zu einer Krappfabrik . 51 Vgl. Asche, G rötzingen (wie Anm. 5), S.8 1f. 51 Vgl. Möss inger, G rötzingen (wie Anm. 5 ), S. 325. 53 Vgl. G LA 229 (O rtsakten) 35618. \4 Vgl. Asche, Grötzingen (wie Anm. 5), S. 79f. 15 Vgl. Artikel Badische Neueste Nachrichten (BNN ) vom 18. Juni 1962 über das alte G röt- zingen Krapphaus, die "erste Grötzinger Fabrik". 16 Boe lcke, WiI\ i A.: Reformen, Konjunkturen , Krisen . Frühe Anfänge der modernen Wirt- schaftsgesellschaft , in : Baden und Württem- berg im Ze italter Napoleons (wie Anm. 44) , S. 175- 192, S. 175. 17 Vgl. Asche, G rötzingen (wie Anm. 5), S. 93ff. 58 VI. badisches Konstitution ed ikt, zitiert nach Boelcke (wie Anm. 56), S. 189. 59 G LA 229 (Ortsakte n) 35 705. 60 Ebenda. 6 1 Vgl. G LA 229 (Ortsakren) 356 19 und 35 705 61 Möss inger, G rötzingen (wie Anm. 5) , S. 323. 63 Vgl. G uttmann, Barbara: Hopfen & Malz. Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe, Karlsruhe 1998 (= Veröffentlichungen des Karlsruher S tadtarchi vs Bd. 19). 64 Möss inger, Grötzingen (wie Anm. 5), S. 323 , und Artikel BNN vom 29. August 1980. 6\ Vgl. Möss inger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6 ), S. 34. 66 Vgl. StadtA K 5/Grötzingen B 7 und Asche, G rötzingen (wie Anm. 5), S. 70f. 67 Bader (wie Anm. 3 ), S. 25 f. 68 Vgl. Möss inger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 5) , S. 39ff. , und Fecht (wie Anm. 47), S. 173ff. 69 Bader (wie Anm. 3 ), S. 3 1. 70 Vgl. Asche, Susanne: Die Bürgerstadt , in: Asche/Hochstrasser (wie Anm. 17) , S. 147- 444, S. 199. 11 Vgl. Asche, Grötzingen (wie Anm . 5), S. 94ff., und G LA 229/35679. Tulla wa r von 1776-1786 Pfarrer in Grötzingen. 11 Vgl. Bader, (wie Anm. 3), S. 3 1, und Mös- singer, Schloß Augustenburg (wie A nm. 5)' S. 39. 1l Vgl. Festschrift Staatliche Landwirtschafts- schule Augustenberg 1864-1894-1964. 14 Vgl. Asche, Bürgerstadt (wie Anm. 70), S. 199. 15 Vgl. Möss inger, G rötzingen (wie Anm . 5) , S. 36. 16 Vgl. ebenda, S. 323. 17 Vgl. Be iträge zu r Statistik des Großherzog- tums Baden. H g. v. Statistischen Bureau. Neue Fo lge , Erstes Heft. Zugle ich der ganzen Reihe 47 . Heft. Die Vo lkszählung vom 1. Dezember 1885. 1. Theil , Karlsruhe 1888, zit iert nac h Asche, G rötzingen (wie A nm. 5)' S. 145. 18 Zur Künstlerkolonie vg l. : Baumsta rk , Brigit- te: G rötzingen - das "Badi sche Malerdorf" in: Asche, G rötzingen (wie A nm. 5), S. 3 13-335, Mössinger, G rötzingen (wie Anm. 5), S. 3 16, und Dietrich (wie Anm. 5 ), S. 11 8. 19 Er wa r von 1932- 1937 Kunstwart de r NSDAP, vgl. Baumstark (wie Anm. 78), S. 328. 80 Die trich (wie Anm. 5 ), S. 127. BI Vgl. Möss inger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6)' S. 33 ff. 81 Vgl. StadtAK 5/Grötzingen A 1240 . 83 Ebenda . 84 Ebenda. " Vgl. ebenda. 86 Vg l. ebenda. 81 Vgl. StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv O rd - ner Augustenburg N r. 1 88 Zur Geschichte der DWM und zu r Industrie in Grö tzingen, vgl. Asche, G rötzingen (wie Anm . 5), S. 138ff., und Mössinger, G rö tzingen (wie Anm. 5 ), S. 333ff. 89 Vgl. Schuh laden-Krämer, jürgen: Zwangs- arbeit in Karlsruhe 1939- 1945. Ein un bekann- tes Kapitel Stadtgeschichte, Karlsruhe 1997 (= Forschungen und Q uellen zur Stadtge- schichte. Schriftenreihe des Stad tarchi vs Karlsruhe Band 3), vor all em S. 1-25. Vg l. außerdem Asche, G rö tzingen (wie Anm. 5), S. 259ff. , sowie Stad tAK 5/Grö tzingen A 1357, 5/Grötzingen A 676 und 5/Grö tzinge n A 1355. 90 Vgl. Schuh laden-Krämer (wie Anm. 89), S. 150ff. , Tabelle 14. 91 Vgl. ebenda, S. 140, Tabe lle 11, ohne Reichsbahn Karlsruhe. 91 Vgl. StadtA K 5/Grötzingen A 1357. 93 Vgl. ebenda. 9, Über die Gründe, warum am 6. Juni 1944 auf dem Gelände der DWM G rötzinge n zwe i Polen (J an Szkarcryk und Edward Jezierski) erhängt wurden , ist nichts Ge naues bekannt. Vgl. Asche, G rö tzingen (wie Anm. 5), S. 260, und StadtAK 5/Grö tzingen A 135 7. 9\ Vgl. StadtA K 5/Grö tzingen A 1357. 96 Ebenda. Vgl. auch Stad tAK 5/G rö tzingen A 676. 97 Vgl. Stad tAK 5/G rötzingen A l357. Vg l. auch Schuh lade n-Krämer (w ie Anm. 89), S. 152, Tabe lle 15: "Übersicht der A usländer- lager Stand Oktober 1942". 9S StadtA K 5/Grötzingen A 1326. 99 Vgl. StadtA K 5/GrQlf'ingen A l357. 100 StadtA K 5/Grötzingen Bildarchiv O rdner Augustenburg Nr. I . 101 StadtA K 5/Grötzingen A 1326. 102 Vg l. S tadtA K 5/Grötz ingen A 1355. Vgl. auch Schuhlade n-Krämer (wie Anm. 89), S. 158, Tabelle 22: Aufli stu ng der auf Karl sru - her Friedhöfen nach 1945 in Ehrengrabfeldern bestatteten ausländischen Kri egsopfer. IOJ Vgl. Asche, Grötzinge n (wie A nm. 5)' S . 266 ff., und Mössinger, Grötz ingen (wie Anm. 5), S. 215. 104 Vgl. zu den Flüchtlingen Asche, Grötz ingen (wie A nm. 5). S. 274ff. Zitate aus: Asche, Susann e: Intervi ews mi t Grötzinger Bürgern zum Thema Flüchtlinge in Grötzinge n , Ab- schrift 1990. 105 Vg l. StadtAK 5/G rötzingen Bildarchi v O rd- ner Augustenburg Nr. I . 106 Vgl. ebenda. 107 Vgl. Asche, G rötzingen (w ie A nm. 5), S. 303ff., Mössinger, Grötzingen (wie A nm . 5),. S. 36ff., und StadtAK 5/Grötz inge n Bild- archi v O rdn er Augustenburg N r. 1-8 . lOS Vgl. "Festschrift für Karl Fischer", Inhaber der Firma EGO - Elektroge räte Blanc und Fi - scher in Oberderdingen, in: StadtAK 5/G röt- zi ngen Bildarchiv O rd ner Augustenburg N r. 3. 109 Vgl. Stad tAK 5/Grötzingen Bildarchiv O rd - ner Augustenburg Nr. I. Das Land nahm das alte Geländer nach dem Aufkauf der Augus- tenburg in Verwahrung. Heute befindet es sich wieder an se inem Platz. 11 0 Vgl. zum Folgenden S tadtA K 5/Grötzingen Bildarchiv O rdner Augustenburg Nr. I . 111 Vgl. StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv Ord- ner Augustenburg Nr. I , vg l. auch Artike l BNN vom 9. August 1960 über den schlechten Zustand und den drohenden Abriss des Sch lasses. 11 2 Vgl. zum Folgenden StadtAK 5/Grötzingen, Bi ldarchi v O rdner Augustenburg Nr. I. " ' Badische Volksze itung vom 23. Mai 1962. 114 Allgemeine Zeitung vom 30.6/ \.7.1 962. Vgl. auch Badische Vo lkszeitung vom 2. juli 1962. 115 Vg l. BNN vom 4. juli 1962 und StadtAK 5/ G rötzi nge n Bildarchi v O rdner Augusten burg Nr. 1. 116 Vg l. Asche, G rö tzingen (wie A nm. 5), S.304. 117 Vgl. S tuttgarter Zeitung vom 22. juni 1966. 118 Vgl. Stad tAK 5/Grötz ingen Bildarchiv Ord- ner A ugustenburg N r. I. 1]9 Vgl. BNN vom 2. A ugust 1969 und vom 4. August 1969. 110 Vgl. StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v O rd- ner A ugustenburg Nr. I. '" Vg l. StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv Ord- ner Augustenbu rg Nr. I. Vgl. auch BNN vo m 24. September 1969, vom 8. Oktober 1969, vom 17. O ktober 1969 und vom 23. Oktober 1969. '" Vgl. zum Fo lgenden StadtAK 5/Grötzingen, Bildarch iv Ordner A ugusten burg N r. 2 12l Vgl. Stad tAK 5/Grötzingen Bildarch iv O rd - ner A ugustenburg Nr. 2, Interview Ute Grau mit Herbe rr Schweizer Mai 1998 und Presse- konferenz Rathaus Grötzingen 14.1 2. 1972. IH Vg l. BNN vom 25. juni 1973. 115 Vg l. zum Fo lgend en StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv O rdner Augustenburg N r. 2. 126 BNN vom 7. Februar 1973. 127 Turmberg Rundschau vom 28. juni 197 3. 12S Vgl. StadtA K 5/Grötzingen Bildarchi v O rd- ner Augustenburg N r. 2. '" Vg l. BNN vom 26. November 1974. 110 Vgl. Interview Ute G rau mit Herberr Schweize r Mai 1998 . '" Vg l. BNN vom 10 . März 1979. lJl BNN vom 6. Nove mber 19 78. III BNN vom 12. März 1979. IH Vg l. BNN vom 18. j anuar 1978 und StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v Ordner Au- gustenburg Nr. 3. Il5 Vg l. StadtA K 5/Grötzingen Bildarchiv Ord- ner Augustenburg Nr. 6. 116 Vg l. ßNN vom 29. j anuar 1982. 117 j ewei ls A uszug aus der N iede rschri ft übe r die nichtöffentli chen O rrschaftsratssitzungen am 5. Dezember 1979 und am 19. März 1980, in : StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v O rdn er 61 A uguste nburg N r. 2. Vgl. außerdem Anzeige Frankfurter A llgemeine Ze itung vom 5. Sep- tember 1980. ])8 StadtA K 5/Grötzingen ßildarchi v O rdner Augustenburg Nr. 7. 139 Vg l. zu H illebrand, der in Ost- und West- deutschland Schlösser kauft und damit gute Gesc häfte mac ht, Zeitschrift "Fernse hwoche" vom 14 .-20. Mai 1988 und STERN vom 18. Mai 1995 . 140 BNN vom 4. Februa r 1988. 141 Vg l. Stad tAK 5/Grötzinge n Bi ldarchiv O rd- ner Augustenburg N r. 4 . Nach mündlicher Aussage Herbert Schweizers vom Mai 1998 hat H illebrand die A ugustenburg wohl für e ine ge- ringe Summe (ca. 5 Mi llionen ) von der Fir- menpensionskasse gekauft. 141 Vg l. Aktennot iz in StadtA K 5/Grötz ingen Bildarchiv Ordner A ugustenburg N r. 4. IH Vg l. Anzeige in BNN vom 23. Apri l 1988. La ut Kaufvertrag vom O ktober 1988 für 12.255 .000 Mark, in : Stad tA K 5/Grötz ingen ßi ldarchi v O rd ner Augustenburg Nr. 7. 144 S tadtAK 5/Grötzinge n ßildarchi v O rdner Augusten burg Nr. 7. 145 Vgl. Ze itschrift "Scharz - Schloß Augusten- burg Ze itung" - Nr. 3, 1995, Nr. 4,1997, in: StadtAK 5/Grötzingen ßildarchiv O rdner Au- gustenburg N r. 7. 146 Vg l. StadtAK 5/Grötzingen Bi ldarchiv O rd- ner A ugustenburg Nr. 7. 147 Möss inger, Schloß Augustenburg (wie Anm. 6), S. 22. 62 Literaturverzeichnis Asche, Susanne: Eintausend Jahre G rötzingen. Die Geschichte e ines Dorfes, Karlsruhe 1991 (= Veröffentlichungen des Karlsruher S tadt- archivs Band 13). Bader, Josef: Fahrten und Wanderungen im Heima tl ande, Freiburg i. Br. 1856. Baumstark, Brigitte: G rötzingen - das "Bad i- sche Malerdorf' in: Asche, Susanne: Eintau- send Jahre Grötz ingen. Die Geschichte eines Dorfes, Karlsruhe 1991 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 13)' S. 313- 335. Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Ba- den. Hrsg. v. Stat istischen Bureau. Neue Fo lge, Erstes Heft. Zugle ich der ganzen Reihe 47. Heft. Die Volkszählung vom 1. Dezember 1885. I. Theil , Karlsruhe 1888. Boelcke, Willi A .: Reformen, Konjunkturen, Krisen. Frühe Anfänge der mode rnen Wirt- schaftsgese llschaft, in: Baden und Wümem- berg im Ze italter Napoleons. A usste llungska- talog zur gle ichnamigen Landesa usstellung. Hrsg. vom Württembergischen Landesmuseum Stuttga rt , Stuttgart 1987, S. 175-192. Dietrich, Hei nrich: Grötzingen. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte, Grötzingen 1923. Fecht, Karl Gustav: Geschichte der Stad t Dur- lach, He idelberg 1869. Festschrift Staatliche Landwirtschaftsschule A ugusten berg 1864-1894-1964. Fiedler, Siegfried: Das Mi li tärwesen Badens in der Zeit Napoleons, in: Baden und Württem- berg im Ze ita lter Napoleons. Ausste llungs- katalog zur gle ichnamigen Landesausstellung. Hrsg. vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, Stuttgart 1987, S. 255-273 . Gothein, Eberhard: Zwei Episoden badischer Fürstengeschichte. 11. 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Lacro ix , Emd und Niester, Heinrich : Kunst- wanderungen in Baden , S tuttgart 1959. Mössinger, Wi lhelm: Schloß Augustenburg. Sonderdruck aus der kulturgeschichtlichen Beilage des Du rlacher Tagblatts "So weit de r Turmberg grüßt", o . 0 ., o. J. Mössinger, Wilhelm: Grötzingen, das badische Malerdorf, Grötz ingen 1965. Rott, Hans: Kunst und Künstler am Baden- Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes, Karlsruhe 1917. Salaba, Marie: Das Markgräfli che Kammergut - e in gescheitertes Unternehmen, in: Rückert , Peter (Hrsg.): Gottesaue - Kloster und Schloß, Karlsruhe 1995, S. 84-92. Schuhladen -Krämer, Jürgen: Zwangsarbei t in Karlsruhe 1939-1945. Ein unbekanntes Kap ite l S tadtgeschichte, Karlsruhe 1997 (= Forschun- gen und Q uellen zur Stadtgeschichte. Schrif- tenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe, Bd. 3). Schwarzmaier Hansmartin Die A nfänge des Klosters Gottesaue, in: Rückert, Peter (Hrsg.): Gottesaue - Kloster und Schloß, Karlsruhe 1995, S. 8- 15. Wiese , Wolfgang: Schloß Gottesa ue. Bauge- schichte, A rchitektur und Inneneinrichtung, in : Peter Rückert (Hrsg.): Gottesaue - Kloster und Schloß, Karlsruhe 1995. Bildnachweis Titelbild: Stadtarch iv Karlsruhe (Stadt AK) 5/ Grötzingen Bildarchiv (Foto: W. Jordan) I Aus: Julius Naeher: Die Umgebung der Res idenz-S tadt Karlsruhe, Karlsruhe 1884 2 StadtAK 5/G rö tzingen Bildarchi v 3 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Herbert Schweizer) 4 Generallandesarchiv Karlsruhe (G LA) 46/ 3743 Bd. 1695 fo l. 92 5 Stad tAK 8/PBS 01 6 6 StadtAK 8/pBS I 267 7 Privat (Foto: Ute Grau) 8 StadtAK 8/PBS Xilla 120 9GLA I/Aa:A I8 10 GLA I/Aa: F60 II StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Herbert Schweizer) 12 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Ouo Fikentscher) 13 StadtA K 5/Grötzingen Bildarchi v 14 Privatbes itz (Foto: Hans Knab) 15 Privat (Foto: Ute Grau) 16 Privat (Foto: Manfred Müller) 17 StadtAK 8/PBS 0 Xilla 389 18 Privat (Foto: Ute Grau) 19 Privat (Foto: Ute Grau) 20 Privat (Foto: Edwin Hambsch) 21 Priva t (Foto: Ute Grau) 22 Priva tbes itz Hans Knab 23 Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach 24 Staa tliche Kunsthalle Karlsruhe 25 Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach 26 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv 27 Privat (Fo to: Edwin Hambsc h) 28 StadtAK 5/G rötzingen Bildarchi v (Foto: O tto Fikentscher) 29 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Otto Fikentscher) 30 StadtAK 5/Grötz ingen Bildarchi v (Foto: O tto Fikentscher) 31 StacltAK 5/Grötzingen Bilda rchi v (Foto: O tto Fikentscher) 32 StacltA K 5/Grötzingen Bil darchiv 33 Staatl iche Kunsthalle Karlsruhe 34 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: O tto Fikentscher) 35 StadtA K 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: W. Jordan) 36 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Herbert Schweizer) 37 Stad tAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Herbert Schweize r) 38 Stad tA K 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: He lfer) 39 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Helfer) 40 Stad tAK 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: Helfer) 41 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: He lfer) 42 StadtAK 5/Grör;,ingen Bildarchiv (Foto: He rbert Schweizer) 43 S tadtAK 5/G rötz ingen Bildarchiv (Foto: Herbert Schweizer) 44 Stad tA K 5/G rötzingen Bildarchiv (Foto: Walter Schnebe le) 45 Stad tAK 5/Grötz ingen Bilclarchiv (Foto: Herbert Schweizer) 46 SmdtA K 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: Herbert Schweizer) 47 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: Herbert Schweizer) 48 StacltAK 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: Herbert Schweizer) 49 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Herbert Schweizer) 50 StadtA K 8/PBS VIII 494 51 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: Herbert Schweizer) 52 StacltAK 5/G rötz inge n Bildarchi v (Foto: Herbert Schweizer) 53 StadtAK 5/Grötzingen Bildarchi v (Foto: Herbert Schweizer) 54 StadtA K 5/Grötzingen Bildarchiv (Foto: Herben Schwe izer) 63 54 Blick von Norden auf den >- Mittelbau und die beiden Türme der Augustenburg. Vor dem Umbau.
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpldnX9wmmLX/Schlo%C3%9F%20Augustenburg.pdf
Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 3 Herausgegeben von der Stadt Karlsruhe Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhc 1976 Inhalt Dr. Ludwin Langenfeld : Geschichte des Pfinzgaumuseums . 7 Dr. Helga Walter-Dressler: Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser 19 Prof. Dr. Ernst Petrasch: Durlacher Fayencen 1723-1840 . 30 Dr. Walther Franzius: Zu r Technik der Fayeneeherstellung . 40 Dr. Ludwin Langenfeld: D ie Straßburg-Durlacher Bibel von 1529/30 und ih re Drueker Wo lf Köpfl und Velt in Kobian . 42 Dr. Eva Zimmerman n: Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen 69 Ernst Schneider: Du rlach im Wandel der Jahrhunderte . 77 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibl iothek Das Pfinzgaumuseum in Ka rl sruhe-Durlach - Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhe: C. F. Mü ller, 1976 ISBN 3-7880-9565-2 Redaktion: Archivdirektor Dr. Ludwin Langenfe ld Umschlagbild (Pfinzgaumuseum): Manfred Schaeffer, Karlsruhe Gesamtherstellung : C. F. Müller, Großd ruekerei und Verlag GmbH, Karlsruhe 5 Zugleich mit dem Erscheinen dieser Dokumentation öffnet das Pnnzgaumuseum im Prinzessinnen- bau des Durlacher Schlosses nach langw ieriger Restaurierung und Neugesta ltung wieder seine engen und doch so weit gewordenen Pforten. Eng, weil die al tehrwürdige Wendeltreppe wenig- stens zum Teil in den Zugang zu den einzelnen Stockwerken miteinbezogen bleibt. Weit, weil die Neugestaltung, indem sie große Akzente setz t, nämlich die Durlacher Fayencen, die Bi lder des Durlacher Malers Karl Weysser, die a lten Durlacher Buchdruckerzeugnisse und sd,ließlich die um die Schlacht bei Durlach kreisenden Revolu tionsdokumente von 1848/49, ei ne schöpferische und vita le Vielfalt offenbart, die der Mutterstadt Karlsruhes zur Ehre gereicht und der überörtliche Bedeutung und Ausstrahlung zukommt. Die Stadt Karlsruhe freut sich, das so erneuerte Museum, das der Initiative eines ei nzeln en seine Entstehung verdankt, der Offentlichkeit als Zeichen ihrer kulturellen Bemühungen übergeben zu können. Mögen alle sich mitverantwortlich fü hlen für die Erhaltung und Pflege der unersetzlichen Werte, die hier zusammengetragen wurden. E ine künfl:ige Restaurierung des gesamten Schloßkomplexes wi rd dem Museum weitere Räume ersch li eßen. Dann werden - über die heute gesetzten Akzente hinaus - all die vielfältigen Zeugnisse der Heimat- liebe gezeigt werden können, die den ei nzelnen Bürger mit der Gesamtheit der Gemeinde ver- binden . Ostern 1976 Otto Dullenkopf Oberbürgermeister Ludwin Langenfeld Geschichte des Pfinzgaumuseums Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach verdankt seine Gründung und sei nen Aufbau der Privatinitiative einer einzigen Persönlichkeit, nämlich dem am 29. Juli 1877 in Durlach geborenen Friedrich Eberle. Er war das jüngste Kind der a lten Durlacher Bürgerfamilie des Werkmeisters Eustachius Eberle. Der Vater Eberle war, wie später sein Sohn, ein begabter Mann, Erfinder einer für seine Firma sehr brauchbaren Zündholz maschine. Schon als Kind interessierte sich der Sohn Fried rich für die Geschichte seiner Heimatstadt. 1909 fing er an, a lte heimatliche Gegen- stände zu sammeln . Inzwischen war er in den Dienst der damaligen Reichspost getreten, bei der er eine einundfünfzigjährige Dienstzeit (Postinspektor) verbrachte. Der Sechsunddreißigjährige trat im Jahre 1913 mit dem Anerbieten an den Durlacher Gemeinderat heran, daß er Altertümer sammeln und ein Museum entstehen lassen wo ll e. Am 16. September 1913 übertrug ihm dcr Gemeinderat Durlach das Ehrenamt ci nes "Städtisdlcn Konservators". Friedrich Eberle hat die- ses Datum mit Recht späterhin immer als den Gründungstag des Pfinzgaumuseums bezeichnet. Bereits am 24. September 1913 erschien der erste einer langen Reihe seiner Artikel und Aufrufe im "Durlacher Wochenblatt (Tageblatt)", in dem es heißt: "Einem langen und vielsei tigen Wunsch entsprechend, hat nun unsere Stadtverwaltung der Anlegung einer städtischen Sammlun g zuge- stimmt und für die Sammlungsobjekte einen Raum im Rathaus zu r Verfügung gestellt. Es ist jetzt Gelegenheit, Gaben, wie Durlacher Fayence, Zinnsachen, a lte Schlösser und Beschläge, Urkunden, Durlacher Abbi ldungen und Bücher, Du rlacher Produkte der letzten Jahrzehnte u.s.w., die da und dort noch herumliegen, an den richtigen Ort zu bringen und damit se inen Namen zu verewigen. Möge jedes dazu beitragen, daß alte, interessante Gegenstände nicht mehr zu Durlach hinauswandern. Es tut ei nem ordentlich wehe, wen n man fremde Sammlungen durch- geht und sieht, daß Durlacher Sachen, vielfach als Geschenk, dort aufgestellt sind ." Der Auf- ruf war .. Durlacher Altertümersammlung" überschrieben. Bereits fü nf Wochen später, am 30. Oktober 1913, konnte Eberle im "Durlacher Wochenbla!!" melden, daß der Sammlung in- zw ischen gegen dreihundert Objekte, darunter 27 Durlacher Fayencen, zugefüh rt worden seien. Zum gleichen Zeitpunkt zog die Sammlung in ei nen großen Kellerraum der Gewerbeschule um. In der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 5. Jun i 1914 taucht zum ersten Male der Name "Pfinzgaumuseum" fü r die .. Durlacher Altertümersammlung" auf. Diese Benennung ist eine glückliche Erfindung Friedrich Eberles, der damit schon damals - unter Beibehaltung der Zentralfunktion Durlachs - seine Sammelkonzeption auf die umgebende Landschaft, insbeson- dere den östlich angrenzenden Pfinzgau ausdehnte. Bereits in der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 25. Juli 1914 erscheint nur noch die Benennung "Pfinzgaumuseum", die wohl 7 auch durch die zu gleicher Zeit laufenden Landtagsverhandlungen initiiert wurde, in denen zur Sprame kam, die einzelnen Bezirke mödlten ihre Altertümer sammeln und der Staat solle ihnen hierbei mit Rat und Tat zu r Seite stehen. Einige Tage später unterbrach der Ausbruch des Welt- krieges die heimatpflegerischen Bemühungen. Die Sammlung wurde in ein großes Zimmer des Gymnasiums verbracht. Hier wäre sie, schreibt Eberle in seinen Aufzeichnungen, den Krieg über verblieben, .. wenn nicht ein so vergeßlicher Professor im StOckwerk obenan den Wasserhahnen Wappen tafel des Durlacher Schlosses von 1565 hätte offen stehen lassen, wod urch die Nacht das Wasser durch die Decke in das Sammelzimmer drang und die Gegenstände durchnäßte und beschmutzte". Nun wurde die Sammlung in ein Zim- mer im 3. Stock werk verlagert und kam von hier aus 1918 zunächst in die Privatwohnung Eberles. Im Juli 1922 gelang es Eberle, die 1905-1907 durch den Landeskonservator der Offentlichen Baudenkmale instandgesetz ten Räume des sogenannten Prinzessi nnen baues, der südwestlichen 8 Ecke des Durlacher Markgrafenschlosses, zu erhal ten. Die Sammlung war inzwischen bedeutend angewachsen, nicht zuletzt durch den Ankauf der umfangreichen Fayencensammlung der Familie Walz durch die Stadt Durlach (ein Ankauf, der 1963 eine Parallele durch den Ankauf eines 15teiligen Services durch die Stadt Karlsruhe fand) und durch weitere Spenden aus der Bevölke- rung. Hier muß insbesondere des Freiherrn Schilling von Canstatt zu Hohenwettersbach als eines hochherzigen Förderers des Museums gedacht werden. Anfang März 1924 wurde das Museum eröffnet. In einem Schreiben vom 6. März 1924 sprach der Oberbürgermeister der Stadt Durlach, Zöller, Friedrich Eberle den Dank des Stadtrates "fü r das Gelingen des großen Werkes" aus. Einige Tage später besichtigte der Stadtrat das Museum und in der Stadtratssitzung vom 19. März 1924 wurde Eberle nochmals der Dank der Stadtverwaltung ausgesprochen. Vom April bis Oktober 1924 war das Museum nunmehr den Besuchern sonntags von 11 - 13 Uhr zugänglich, die überwachung und das Kassieren des Eintrittsgeldes (30 Pfg.) waren Ehrensache des Konser- vators und seiner Frau. (übrigens wurde erst ab 1. April 1955 der Museumsbesuch entgeltfrei ge- macht.) Während des Winters blieb das Museum geschlossen, da es nur unzulänglich beleuchtet war und vor allem über keinerlei Beheizung verfügte (die Luftfeuchtigkeit betrug bis zum Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972 im Mittel70 Ofo). Diese winterliche Schließung des Museums ist seither alljährlich durchgeführt worden, erst mit der völligen architektonischen und museums- technischen Neugestaltung des Museums, zu dessen Eröffnung im Frühjahr 1976 die vorliegende Dokumentation erscheint, wird - dank der modernen Heizungs- und Beleuchtungsanlagen - eine ganzjährige Offnung möglich. Da wir einen historischen Abriß schreiben, wollen wir um der Wahrheit wi llen nicht verschwei- gen, daß es 1925 zu einer Kontroverse zwischen dem Durlacher Oberbürgermeister und Konser- vator Eberle kam, in deren Verlauf Eberle sein Amt niederlegte. Der Stadtrat Resch wurde zum- ehrenamtlichen Verwalter des Museums bestellt ("Du rlacher Tageblatt" vom 19. 3. 1925; Proto- koll der Stadtratssitzung vom 18. 3. 1925; persönl. Aufzeichnungen Eberles). Im Anzeigenteil des "Durlacher Tageblatts" vom 21. 3. 1925 veröffentlichte Eberle eine persönliche "Erklärung", die zeigt, wie sehr er sich getroffen fühlte. Allzu lange scheint jedoch dieser Interimszustand nicht gewährt zu haben. Spätestens 1929 hat Eberle wohl seine Tätigkeit wieder aufgenommen, wie sein Artikel "Unser Pfinzgaumuseum" zeigt, den er in der Jubiläumsausgabe zum 100jährigen Bestehen des "Durlacher Tageblatts" am 1. 7. 1929 veröffentlichte. Aber schon im April 1934 kam es wieder zu Spannungen und einem Rücktritt Eherles von seinem Amt, weil das Museum wertvolle Durlacher Stücke an das Armee-Museum in Rastatt abgeben soll te. Die Verwaltung des Museums ging in die Hände der Durlacher Lehrerschaft über. Als im März 193 7 der damalige Rektor Edel infolge Arbeitsüberhäufung um Enthebung von seinem Amt als Konservator bat, erklärte sich Eberle zum zweiten Male bereit, das Amt mit Wirkung vom 1. 3. 1937 wieder zu übernehmen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Museum geschlossen, die wertvollsten Stücke (insbesondere Fayencen) wurden zur Aufbewahrung an Durlacher Bürger verteilt. Um die übrige Sammlung bei einem eventuellen Luftangriff zu schützen, schlief Friedrich Eberle wäh- 9 rend der Dauer von sechs Monaten nachts im Museum. Im Mai 1945 wurde das Museum von den Friedrich Eberle Franzosen, im Juli von den Amerikanern als "Off limits") als unbetretbar für die Alliierten, erklärt. Die meisten Waffen der Sammlu ng (Geweh re, Pistolen, Säbel, Munition ) mußten den französischen Behörden abgeliefert werden, ein Verlust, den das Museum wohl am leichtesten ver- schmerzen konnte. Friedrich Eberle konnte die zweite Nachkriegszeit sein es Museums, das im Juni 1948 wiedereröffnet wurde, nicht mehr erleben. Im April 1948 zwang ihn sein Gesu ndheitszu- stand, sein Ehrenamt endgiiltig abzugeben . Am 16.6 . 1948 fan d im Amtszimmer des Leite rs des Stadtamtes Durlach durch Oberbürgermeister Töpper, Karls ruhe (die Stadt Ka rlsruhe war seit der 1938 erfolgten Eingemei ndung Durlachs rechtmäßiger Hausherr des Museums) , ein e Ehrun g Fricdrich Eberles statt, anschließend wurde das Museum besichtigt. Am 30. 11. 194 8 verstirbt Friedrich Eberle und wi rd am 2. 12. auf dem Durlacher Bergfriedhof beigesetzt . Am 7. 6. 1948 war der damalige Stadtoberrechnungsrat H ein rich Li ede vom Karlsruher Oberbürgermeister mit der ehrenamtlichen Betreuung des Museums beauftragt worden. Die Lehrerin Mathilde Sauder un d der Lehrer Hans Wolf aus Durlach erkl ärten sich zur Unterstützung Liedes bereit. Mit H einrich Liede war eine Persönlichkeit gefunden, die mit dersel ben Hingabe wie sei n Vorgänger Eberle die angesammelten Schätze rund 25 Jahre, bis z um Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972, betreute. Seine Aufgabe war naturgemäß weniger das Sammel n als das Bewahren und Betreuen. Sein steti- ger Kampf galt der Verbesseru ng der Unzulänglichkeit der Räume, vo r a llem der (leider von ihm nicht mehr erreichten) Hinzugew innung wei terer Räume (vo r all em des erst mit der jetzigen Neueröffnung in Benutzung genommenen Raum es der frü heren Wanderherberge). Auch H einri ch Li edes Lei stung kann nicht hoch gen ug eingeschätzt werden. Unter seiner Leitun g haben von 194 8 bis 1972 rund 35000 Besucher das Museum besichtigt. W ie sein großer Vorgä nger war H einrich Liede Sonntag für Sonntag an der Spitze seiner ehrenamtlichen Aufsichtskräfhe im Museum anwesend, deren Namen hi er dankbar genannt werden soll en: neben der unermüd- lichen Witwe Fried rich Eberles, Fra u Walburga Eberle, di e am 29 . 3. 1960 versta rb, und der sdlOn genannten Lehrerin Mathilde Sauder waren dies die Damen: Gabrie le Stürzenacker und Em ma Mayer, die H erren: Heinz H entschel, Werner Krieger, Max Lenzi nger, OttO Meyer, Karl Pfatteicher, Siegfried Riemann, Wolfgang Rösch , Friedrich Schaaf, Helmut Voss und Max Zeiss. Zusammenfassend ist es unsere Pflicht, der Persönlidtkeit Eberl es gerecht zu werden. Dies ist ebenso leicht wie schwer. Leicht: den n seine Verdienste liegen klar zu Tage. E r hat aus tiefer Heimatliebe und echtem Heimatstol z heraus d ie An fänge des Museums gelegt und die Sa mmlun- gen fünfunddreißi g Jahre hindurch angereichert und betreut. Seine A ufgabe wa r mit Fug un d Recht das Sammeln, nicht das Sichten . Erst mußte ein Grundstock gescha ffen werden, der es uns H euti gen ermöglicht, auszuwähl en un d Akzente zu setzen. Für diese Sammlun g hat Eberl e auch seinen persönlichen Besitz und seine persö nlichen Mittel rückhaltlos hingegeben, unter- stützt von seiner dieser Aufgabe ebenso tief verbundenen Gattin. Gefördert wurde diese Gene- rosi tät Eberles durch seine menschliche Kommunikationsfreudi gkeit (er wa r Mi tg lied all er mög- lichen Vereine) und durch den feinen, still en Humor, der ihm zu eigen war und der sich an 11 Geburtstagen der Freunde in sinnigen Geburtstagsgedichten äußerte. Schwer: denn über den wahrhaft polyhistorischen Charakter seines Geistes wissen heute nur noch die wenigsten Bescheid. Eberle wa r ein exzellenter Kenner der Geschichte seiner Vaterstadt Durlach und des Pfinzgaus. In ungezählten Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften hat er sein Wissen ausge- breitet, in vielen Vorträgen seine Zuhörer belehrt, als Orga nisator vieler Festzüge die Zuschauer begeistert. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen, darunter zahlreiche Manuskripte, bebilderte Mappenwerke (u. a.: "Die Pfinz von der Quelle bis Zl\r Mündung", "Der Turmberg") füll en ganze Regale. Eine einzigartige Schlagwort-Kartothek über die Geschichte Durlachs enttäuscht den Sud,enden selten . Eberle war aber auch ein gewandter Zeichner und Aquarellist. Mit fein em Strich hielt er jeden geschichtlich oder künstlerisch bedeutenden Gegenstand an Durlachs Gebäuden (Wappen , Türstürze, Fensterumrahmungen) fest. Die Flora des Turmbergs hat er in Einzeldarstellungen aquarelliert. Nic!1t zul etzt ließ er seine H eimatliebe in vielen Gedichten ausströmen. Eberles größte und nachwirkendste Tat aber war die In itiative, den sogenannten Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses als Museumsgebäude einzu richten. D enn wenn auch die zwa r schöne, aber auch enge und - besonders für ältere Besucher - unbequeme ehrwürdige Wendeltreppe mit ih ren neun verschiedenen Steinmetzzeichen, die im Prinzessi nnenhau die drei Stockwerke miteinander verbindet, einer Museumsplanung nicht gerade günstig war, so han- delte es sich hier doch, abgesehen von der Ruine des Gottesauer Schlosses, um die ä lteste und eine der schönsten Raumanlagen in Karlsruhe überhaupt. Das Karlsruher Schloß ist immerhin 150 Jahre jünger. Di e "Altertümersammlungen" konnten nirgendwo adäquater untergebracht sein als in diesen historischen Räumen VOn wahrhaft: einmali gem Wert. Bei all diesen Verdien- sten Eberles war es eine Ehrenpflicht für den Karlsruher Gemei nderat, 1960 eine Straße in Durlach nach ihm zu benennen. Der Prinzessinnenbau, in dessen volkstümlirnem Namen sich die Erinnerung an die Prinzes- si nnen des baden-durlachischen Hauses erhalten hat, ist - neben zwei Treppentürmen im Bereich des Baden-Werkes und einem Balkonstück im H ofdes sog. Wasserwerkes - der einzige erha ltene Bestandtteil der alten Karlsburg, die Markgraf Karl H. (Regentschaft 1553-1577) bei der Ver- legung seiner Residenz von Pforzheim nach Durlach 1563/65 erbauen ließ . Ober die Grü nde der plötzlichen E ntsch ließung des Markgrafen, sei ne Residenz von Pforzheim nach Durlach zu ver- legen, ist (ebenso wie über die G ründe des Markgrafen Karl Wi lhelm, seine Residenz 1715 von Durlach nach dem dadurch neu gegründeten Ka rlsruhe zu verlegen) wenig Greifbares beka nnt. Die Vermutungen reichen von der Behauptung des markgräflich baden-durlachischen Hi storikers Johann Christian Sachs (1770), es seien im Falle Pforzhei m Unstimmigkeiten zw ischen den Bürgern Pforzheims und dem Markgrafen bestimmend gewesen bis zu der, im Falle Karlsruhe, von modernen Historikern konstruierten geopolitischen Bewußtheit eines Markgrafen, der aus der topog raphischen E nge der durch die sumpfige Kinzig-Murg-Niederung gehemmten Residenz Durlach in das sandige Gebiet der Niederterrasse (und damit zum Rhein hin!) hinausstrebte. Ober das Durlacher Schloß schreibt Johann Christ ian Sachs: "Es wurde mit großen Kosten in kurzer Zeit zu Stande gebracht und erhielt nach dem durchlauchtigsten Erbauer den Namen Karlsburg. E r selbst hatte den Riß dazu entworfen und das ga nze Bauwesen ging unter sei ner 12 besonderen Aufsicht vor sich; er zahlte auch die Arbeitsleute mit eigener Hand aus und bekam daher den Namen : Karl mit der Tasche." Mag es sich hinsichtlich der Funktion der Tasche auch um eine liebenswürdige Fabel handeln (sie enthielt wohl eher das Schreibzeug des Fürsten), so hat dieses Anhängsel dem Markgrafen doch seinen volkstümlichen Namen eingetragen. Die eben zur Residenz erhobene dankbare Stadt Durlach ließ 1567 ihrem Markgrafen ein lebensgroßes Standbild aus gelbem weichem Sandstein errichten. Sein Schöpfer war der Tübinger Bildhauer Leonhart Baumhauer. Es war von 1567 bis 1862 a ls Krone des Durlacher Marktbrunnens vor dem Durlacher Rathaus aufgestellt, wurde 1862 auf den Schloßplatz, an die vordere Ecke des Platzes vor der Karlsburg, versetzt und mußte dort 1911 dem zunehmend en Verkehr weichen. Die starke Verwitterungserscheinungen aufweisende Statue wurde anschließend von dem Karlsruher Bild- hauer Heinrich Bauser zur ferneren Aufbewahrung in einern nicht den Wetterunbilden aus- gesetzten Raume restauriert. Zugleich fertigte Bauser eine naturgetreue Kopie des Standbildes, die seither den Balkon des Durlacher Rathauses schmückt. Die Originalstatue wurde erst ins Rathaus, dann in die Torhalle des Prinzessinnenbaues verbracht, wo sie jahrzehntelang der Jugend als willkommene Zielscheibe diente. Im Zuge der Neugestaltung des Museums wurde sie auf Veranlassung des Schreibers dieser Zeilen 1974 in den Steinsaal des Pfinzgaumuseums gebracht und in aufwendiger Arbeit durch den Karlsruher Restaurator Anton Rommel zum zweiten Male restauriert. Der Kunsthistoriker Hans Rott hatte zwar 191 7 in seinem bekannten Werk über "Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur G ründung Karlsruhes" noch die Ansicht vertreten : "Die Statue hat in Zuk unft, gleich einer wurmzerfressenen Altartafel etwa, als Museumsstück zu gelten, an der als einer monumentalen historischen Urkunde keine Restauration oder Erneuerung vorgenommen werden darf", aber die der Statue mutwillig und geda nkenlos zugefügten Schäden rechtfertigten die vorgenommene Restaurierung. Heute bildet sie, im zeitgenössischen Steinsaal des Museums aufgestellt, für die Besucher das treffendste Eingangssymbol. Im sei ben Steinsaal ist der Sockeltorso der Statue mit der Jahreszahl 1567 und ein künstlerisch wertvoller Grabstein (Frau in kniender Gebetshaltung) aus der Mitte des 16. Jahrhundert aufgestellt. Besondere Achtung verdient der hier ebenfalls aufgestellte Grab- stein des Baumeisters Demetrius Dangel von Zwiefalten (gestorben 1570), des Erbauers der Karls- burg (Bauperiode von 1563-65). Das von den Nachfolgern Karls 11. (den Markgrafen Ernst Friedrich - 15 77/ 1604 -, Georg Friedrich - 1604/ 1622 -, Friedrich V. - 1622/ 1659 -, Friedrich VI. - 1659/ 1677 - und Friedrich Magnus - 1677/ 1709, von letzterem zeigt das Museum Originaldokumente) erwei- terte Schloß wurde am 16. 8. 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Franzosen nieder- brannt. Reste der Ruinen standen mindestens noch bis zum Jahre 1834 , wie ein kleinesOlgemälde von L. Steinbach zeigt, das im Museum aufbewah rt wird und den Zustand nach der Natur festgehalten hat. Nach der Zerstörung begannen 1698 der Auf- und Neubau, der 1702 durch den inzwischen ausgebrochenen Spanischen Erbfolgek rieg, der alle Einkünfte auf Jahre hinaus wegnahm, wieder zum Erliegen kam. Dieser kurzen Bauperiode verdanken wir das heute an 13 den Prinzessinnenbau anschließende neue Schloß (Westwand des Haupthofes) mit barocker Fassade von Domenico Egidio Rossi. In der Torhalle des Prin zessinnenbaus, deren südliche Aus- fahrt jetzt zugemauert ist (bausthützeristhe Überlegungen zwangen dazu; in der Südmauer sind noth die Gleitri nnen des ehemaligen Fallgatters sichtbar, womit der Durthgang versth lossen werden kon nte), ist seit 1905/07 in die west lithe Wand die große Wappentafel von 1565 aus grauem Sandstein eingelassen, die einst über dem Portal der a lten Karlsburg prangte und die wohl das künstleristh wertvollste und ehrwü rdigste Monument des alten Durlath darstellt. Sie ist in drei Felder ein getei lt, bekrönt von einem Schmuck fries, umrahmt von Pilastern und Säul- chen mit reichem Renaissanceornament. Im mittleren Feld trägt sie das Wappen Karls 11., auf der linken Seite das Wappen seiner ersten Gemahlin Kunigunda, geborene Markgräfin zu Brandenburg, auf der rethten Seite das Wappen seiner zweiten Gemahl in Anna, geborene Pfalz- gräfin zu Veldenz . Besonders charakteristisch ist die Figur eines liegenden, die Geige spielenden Mannes, die der Meister der Tafel im Segmentbogen feld über dem Gesims, umrahmt von Engel- figürthe n angebratht hat. Reste der typisthen Bemal ung des Kreuzrippengewö lbes sind in der Torhalle noth sithtbar, mit ähnlithen Gewölben waren in der Karlsburg sämtlithe Räume des Erd- und des ersten Obergeschosses ei ngedeckt. Im ersten Obergesthoß des Museums geben die beiden Südzimmer mit ihrem dicken Mauerwerk, den tiefen Fensternischen und den ni edrigen Tü ren mit profiliertem Gewände noch einen Begriff von der Pracht der Räume der alten Karls- burg. Thre Bemalung wurde 1905/07 naturgetreu erneuert und 1975 verständnisvoll au fge- frischt. Der erste, kleinere Raum ist von einem Kreuzrippengewölbe überdeckt, der zweite von einem Netzgewölbe, dessen Rippen auf Konsolen in halber Wandhöhe ansetzen. Sie waren unverständlitherweise durth eine später angebrachte häßl ithe hölzerne Wandverkleidung ver- deckt, di e den Raumeindruck verdarb. Diese wurde bei der Restaurierung 1974 wieder ent- fern t, so daß der Raum jetzt wieder sein e ursprüngliche kompositorische Feinheit ausstrahlt , di e wir auch bew ußt durth ei n Minimum an Einrithtungsgegenständen (Vi tr inen, Möbel) erhal- ten wollten. So kann man diese beiden ältesten auch als die schönsten Räume in Karlsruhe bezeichnen. Der Fußboden bei der Räume wurde mit Bodenfliesen ausgelegt, die eigens nach dem Muster auf dem Turmberg gefundener Bodenfliesen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts von der Karls ruher Majolika gegossen wurden. Tn den bei den "Karl-Weysser-Sälen" und dem dazugehörigen Flu r des ersten Obergesthosses wurden 1974 die Flathdecken entfernt, so daß die ursprünglithen gewölbten Decken des Baumeisters Domenico Egi dio Rossi wieder zur Geltung kommen. Im zwei ten Obergesthoß wu rden die Gewölbe des großen Saales bei der Erneuerung 1905/07 d urth eine Stuckdecke ersetzt, di e 1974 in lithten Tönen bemalt wu rde. D ie hier an der Nord(Balkon)-Seite unter der Decke vorhandenen, mit Renaissanceornamenten verzierten Konsolen trugen das Gesims der al ten Süd wand des Sthlosses. Alle diese Maßnah- men wurden von dem Architekten Rolf Siemons in Durlath mit hohem stil ististhem Feingefühl getroffen. Wenn wir nun über die Nachkriegszeit des Pfinzgaumuseums zu berichten haben, so tun wi r dies, unserer Chronistenpflicht entsprechend, mit der gebotenen Genauigkeit. Wir können aber einleitend nicht verschweigen, daß diese Jahre (von der Wiedereröffnung 1948) bis zum Beginn 14 der Restaurierungs- und museumtechnischen Neueinrichtungsarbeitcn (1972) elOcn 1m Hin- blick auf das Museum selbst (beileibe nicht in Hinblick auf die aufopfernde Betreuung durch seinen ehrenamtlichen Leiter, Heinrich Liede, und sei ne schon genannten Mitarbeiter) unfrucht- ba ren Zeitraum darstellen, weil man in dieser Zeit weder in der Hinzugewinnung zusätz licher Räume noch (folgeri chtig) in der - immer wieder erkannten und geforde rten - Sichtung und Lichtung der Bestände weiterkam. Bis zum Ableben der verdienten Gattin Friedrich Eberles, Frau Walburga Eberle, im Frühjahr 1960, bestand allseits die pi etätvoll e Meinung, daß zu Lebzeiten der Witwe des Begrü nders des Museums an den Beständen und deren A ufstellung nichts geändert werden sollte. Späterhin scheiterte das Vorhaben immer wieder am Fehlen der benötigten Magazin- bzw. Abstellräume. SdlOl1 sei t 1956 hatten sich in PresseveröfFentlichungen immer mehr kritische Stimmen erhoben, die eine Neugestaltung des Museums forderten. Der Verfasser dieses Überblicks hat versucht, durch ei ne 1965 eingerichtete Ausstellung der Werke Karl Weyssers (Olbilder, Studien, Zeich nungen) im Rathaus-Saal in Durlad, und durch eine 1973 ebendort eingerichtete Ausstellung "Die Badische Revolution 1848-1849", welch letztere sich zum größten Teil auf die (i nzwischen im letzten Augenblick vor der endgültigen Zerstö- rung durch Nässe und Fäulnis restauriert,en) Bestände des Pfinzgaumuseums stützte, die Auf- merksamkeit einer größeren OfFentlichkeit auf die Gesamtrestaurierung des Phnzgaumuseums hinzulenken. In diesem Zusammenhang verdient festgehal ten zu werden, daß die durd1 die Restauration bedingte Schließung des Museums noch einen erfre ulichen NebenefFekt hatte. Das Badische Landesmuseum im Karl sruher Schl oß veranstaltete im Sommer und Herbst 1975 eine Ausstellung "Durlacher Fayencen - 1723-1847", die für al le Zukun ft vorbi ldlich und einmalig bleiben wi rd. Eine umfangreiche Katalog-Dokumentation aus diesem Anlaß wird als nidu mehr wegzudenk endes Standardwerk über diesen Gegenstand bestehen bleiben. Da das Phllzgaumuseum neben dem Badischen Landesmuseum die zweitgrößte Sammlung Durlacher Fayencen überhaupt besitzt, kam uns das Ane rbi eten des Badisd1en Landesmuseums, aus Anlaß der Ausstellung den gesamten Bestand des Phnzgaumuseurns wissenschaftlich zu bearbeiten und die fünfz ig schönsten Stücke daraus in der Ausstellung im Schloß zu zeigen, überaus gelegen. Für die so erstmals erfolgte, überaus ergebnisreiche und in vielen Details interessante wissen- schaft liche Bearbeitung der Bestände des Pfin zgaumuseums sind wi r dem Direktor des Badischen Landesmuseums, Prof. Dr. Ernst Petrasch, insbesondere dem w issenschaft lichen Sachbearbeiter Dr. Walther Franzius zu bleibendem Dank verpflichtet . Anfang der fünfz iger J ahre setzte sich verstärkt die Einsicht d urch, daß im Aufbau des Museums der tragende Gedanke, gewissermaßen der rote Faden, der den Besucher sinnvoll durch di e Aus- stellung geleiten könne, fehl e. Imm er dri ngender wurde ein e Umgestaltung gefordert. In einem Artikel der "Badischen Volkszeitung" vom 24 . 8. 1956 hieß es: Die Räumlichkeiten seien weder ausreichend noch zweck mäßig. In einem kleinen Raum seien wertvolle Antiquitäten unter- gebracht, die jedoch nicht zur vollen Geltun g kämen, weil sie wie in einem Trödlerladen angehäuft seien . Kostbare Urkunden und Drucke seien in vorsi ntflutlichen Vitrin en gelagert. 15 Ein kritischer Leserbrief mit der für sich sp rechenden Überschrift "Pfinzgau-Museum : Ein Besuch im Reich der Spinnen", erschien am 26. 5. 1959 in den "Badischen Neuesten Nachrichten". Unter dem 3. 10. 1959 berichtete das "Durlacher Tagblatt" unter der überschrift "Bestände des Pfinz- gau-Museums sollen gesichtet werden", daß der städtische Kulturauschuß eine Kommission zur Sichtung der Bestände gebildet habe, so daß nur das Wesentliche, für die eigentliche Durlacher Geschichte Wertvolle übrigbleibe und entsprechend besser zur Schau gestellt werden könne. In einem Expose legte am 12. 4. 1960 ein Kommissionsmitglied dar, die Bezeichnung Pfinzgau- Musum sei nicht der richtige Name, denn es gleiche eher einem Depot oder Magazin. Dies liege hauptsächlich an der Unterbringung. Die Sammlungen müßten zu einer chronologisch geordneten Schau zusammengestellt, die Spreu vom Weizen getrennt werden. In einem großen Artikel der "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 10. 5. 1961 wird unter dem Titel "Das Pfinzgau-Museum braucht einen neuen Stil" festgestellt, daß die genannte Kommission "nur allgemeine Urteile zum Problem der Auslichtung dieses Urwaldes historischer Gewächse abgab, aber nicht für jedes einzelne der weit über 1000 Stücke eine endgültige Entscheidung fällte . Nur das hätte weiterhelfen können." Auch in diesem Artikel wird wieder festgestellt, daß diejenigen Stücke, deren Qualität den Wert des Museums ausmachen, durch die Masse zweitrangiger oder den Pfinzgau nicht betreffender Gegenstände erdrückt würden. Man dürfe sich daher nicht scheuen, einiges gänzlich zu beseitigen. Bei dieser "Herkules-Arbeit" gehe es nicht so sehr primär um eine Erweiterung des Museums, sondern um eine zeitgemäße Form. Ein Museum sei heute näm- lich nur wirksam, wenn es nicht auf Vollständigkeit Wert lege, sondern auf sorgfältig ausge- wählte wenige Beispiele. Da die Kommission über allgemeine Erwägungen nicht hinaus gekom- men war, wurde nun das Stadtarchiv mit einer Durchsicht der Bestände beauftragt. Der damalige Archivdirektor teilte aber zum Jahresende 1960 mit, daß mit einer Aussortierung nidtt begonnen werden könne, da die Museumsräume nicht beheizbar seien und keine ausreichenden Magazin- räume zur Verfügung stünden . In einem Artikel vom 23 . 9. 1961 berichtete das "Durlacher Tagblatt" von einer erneuten Sitzung des Kulturausschusses . Man sei sich darüber einig gewesen, daß das Museum durch unnötigen und wesensfremden Ballast beeinträchtigt sei. Die weniger guten Bestände müßten ausgeschieden werden; eine gründliche Durchsicht durch Fachleute sei nicht zu umgehen. Diese Forderung wurde wiederum in einer Sitzung des Gemeinderates vom 31. 12. 1961 aufgestellt. Am 24 . 3. 1962 berichtet das "Durlacher Tagblatt" über die bekannten Unzulänglichkeiten. Der Artikel räumt ein, daß das Museum einmal von einem Kunstkenner "der größte Ramschladen in Karlsruhe und Umgebung" genannt worden sei. Immer wieder wird auch in allen Veröffentlichungen auf die Feuchtigkeit der Räume und die Problematik der engen Wendeltreppe, insbesondere für ältere Besucher, hingewiesen . Inzwischen hatte die Stadt in ihrer Gemeinderatssitzung vom 12. 5. 1964 einen Vertrag zwischen Stadt und Land Baden- Württemberg gebilligt, der die überlassung der Karlsburg an die Stadt zum Preis von 1,6 Mil- lionen Deutsche Mark vorsah. Am 4. 1. 1965 machen die "Badischen Neuesten Nachrichten" wieder auf die unzulänglichen Zustände im Museum aufmerksam. Am 27 . 7. 1971 berichtet dieselbe Zeitung von einem Einbruch ins Pflnzgaumuseum, wobei insgesamt 21 Pistolen gestohlen wurden. 16 Inzwischen waren die Überlegungen hi nsichtlich einer Gesamtrestauration des Prinzessinnen- baues endgültig in Gang gekommen. In ei ner Sitzung von Vertretern der Durlacher Bürger- gemeinschaft, der Stadtverwaltung und des Staatlichen Denkmalamtes vom 8. 12. 1971 wurde der einzuschlagende Weg in Form ei nes Stufenplanes festge legt. Von der Idee der Restauration der jetz igen Museumsräume kam man bald zur größeren Idee des Ausbaus des gesamten Schloß- komp lexes als Kulturzentrum. Dies war fü r das Pfinzgaumuseum insofern schon von Bedeutung, als man a ls erste Etappe die Bereitstellung f reier Räum e im angrenzenden Sdlloßflügel für die Auslagerung der Museumsbestände beschloß. Das widltigste Ergebnis betraf die E ntlastun g der so vielfach kri tisierten alten Wendeltreppe. Durdl eine Verwendung des direkt an den alten Teil des Prinzessinnenbaues angrenzenden Treppenhauses im neueren Teil des Rossiflügels konnte, wie die Architekten nun feststellten, ein normaler Treppenzugang zum ersten und - auf dem ßesuchcrrückweg - vom zweiten zum ersten Stockwerk geschaffen werden ; der Zugang zum dritten Stockwerk würde allerdings immer über die Wendeltreppe erfolgen müssen. Immerhi n ergab diese Treppenkombination eine wesen tliche Verbesserung der Zugänglichkeit. Die Artikel in den "Badischen Neuesten Nach richten" vom 15 . 11., 19. 11. und 30. 11. 1971 berichteten über die erwähnten Aktivitäten der Bürgergel1Jeinschaft Durlach und A ue bzw. des Freundesk reises Pfinzgau-Museum innerhalb dieser Bürgergemeinschaft im Hinbl ick auf die Bestrebungen, das Museum unbedingt im Prinzessinn enbau zu belassen. Unter dem letzterwähnten Datum hielt der A rchitekt Dipl.-In g. Prosper Collin g in Form eines altertüml ichen Briefes an den Erbauer des Prinzessinnenbaues Demetrius Dangel ein Plädoyer für das Pfinzgaumuscum und ein im Sch loßflü gel zu erstellendes Durlaeher Kulturzentrum. Es fol gte am 15. 12. 1971 eine Gesamt- vorstandssitzung der Bürgergemeinschalt Durlach und Aue mit dem als Vertreter der Stadt ent- sandten Kulturreferenten; am 4. 2. 1972 eine Sitzung des Bezirksbeirats Durlaeh im Sitzu ngs- saa l des Durlacher Rathauses; am 8. 5. 1972 eine Sitzung bei dem Baudezernenten; am 23. 6. 1972 ei ne Ku lturausschußsitzung im Karlsruher Rathaus und am 29 . 3. 1973 ei ne weitere Sitzun g des Bezirksbeirats Durlach im Sitzu ngssaal des Durlacher Rathauses, die sich sämtlich eingehend auch mit den Maßnahmen für das Pfinzgaumuseum befaßten. Gleichzeitig eröffnete die Bürger- gemeinschaft Durlach und Aue unter ihrem Vorsitzenden Dr. Karl-Wilhelm Maurer ein e Bürger- spendenaktion für das P finzgaumuseu m, die überaus erfreulichen Anklang bei der Bevölkerung fa nd . Im Spätsommer 1972 wurden die Bestände des Museums in die angrenzenden Räume des Schloßflügeis ausgelagert und die bauliche Restaurierung konnte beginnen . Dazu erschien im August 1973 eine reich bebilderte Dokumentation über den Prinzessin nenbau (Mitteilungen des Baudezernates, N r. 20). Das neu erstandene Museum öffnet seine Pforten zu Ostern 1976. Seine Akzente liegen - neben der Sicherstellun g der erwähnten Steindokumente - bei der Repräsentation der Durlacher Fayencen, der Werke des in Du rl adl geborenen Malers Karl Weysser, der Dokumente der Revo- "ltion 1848/49 (in der Durlach d urch die Schlacht bei Durlach am 25. Juni 1849 eine besondere Rolle spielte) und der alten Durlacher Druckerzeugnisse (in ihrem Mittelpunkt die sogenannte 17 Durladler Bibel von 1529). Eine künftige Erwei terung der Raumverhältnisse im Zuge der Restaurierungsarbeiten am gesamten Schloß flügel birgt die Möglichkeiten, dieses Grundsatzpro- gramm durch die Vielfalt heimatkundlicher Exponate zu erwei tern. Bei unseren Akzentsetzungen gingen wir von der Wichtigkeit und dem Wert der zusammenhängenden Bestände aus; im Sin ne der Thesen, die der Geschäftsführer des Verbandes der Rheinischen Heimatmuseen, Professor Dr. Rudolf Stampfuß 1968 für die Heimatmuseen von heute aufgestellt hat und in denen es heißt: "Wi r wollen keine romantischen Heimatstuben mehr, wir wollen den Dingen den Moder nehmen. Das Museum ist eine Halle, in der man diskutieren darf; die Zeit der Filzpantoffel ist vorbei. Ei n Museum soll auch keine Schauerkammer sein . Die Heimatmuseen sind echte For- schungsstätten, die das Material für die Zukunft erhalten müssen." Möge sid1 das nun erneuerte Pfinzgau-Museum schon in seiner jetzigen Gestalt würd ig in den Kreis der baden-württembergischen Heimatmuseen einordnen. Möge die Bewahrung seiner alt- ehrwürdigen Räume und die Pflege seiner wertvollen Bestände ein Anliegen aller Bürger sein! 18 Helga Walter-Dressler Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser Karl Weysser wurde am 7. September 1833 in Durlach geboren '. Er war das zehnte und letzte Kind des damaligen Durlacher Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Weysser und seiner Frau Karoline geb. Musculus . Der französische H ei ratskontrakt der Eltern aus dem Jah re 1815 in kunstvoll verschnörkel ter Kanzleischrift ist noch vorhanden. Aus ihm geht hervor, daß die elsässische Braut, eine Apothekerstochter aus Sulz am Wald, 5068 Franken, der Bräutigam 8571 Franken mit in die Ehe brachten. Offensichtlich stammten beide aus wohlhabenden Ver- hältnissen . Karl Weyssers Vater war ursprünglich Kaufmann. Mi t den Jahren hatte er auch im öffent- lichen Leben Erfol g. Er wurde Stadtrat und Mitglied des evangel ischen Kirchengemeinderats, sch ließlich von 1830 bis 1836 Bürgermeister von Durlach. Von 1832 bis 1838 wa r er außerdem Mi tglied der von der Bevölkerung gewählten 2. Kammer der badischen Landstände ' . Die Familie wohnte bis 1860 am Durlacher Marktplatz im Eckhaus Hauptstraßel Kronenstraße (heute Pfinztalstraße 56). Von Kar! Weyssers zahlreichen Geschwistern lebten bei seiner Geburt nur noch zwei Brüder und eine Schwester " ein bei der damaligen hohen Säuglin gssterblichkeit leider übliches Familienschicksal. Die Schulzeit absolvierte Weysser an der Durlacher Höheren Bürgerschule, dem sog. "Pädagogium", wo er 184 1 eintrat ' . Dann schickte ihn der praktisch denkende Vater, der vom fin anziell unsicheren Künstlerberuf offenbar nicht viel wissen wollte, auf das Polytechnikum nach Karlsruhe, die spätere Technische H ochschule und heutigen Uni- versität . Dort hat sich in dem noch erhaltenen "Einschreibbuch für die Eleven" für das Studien- jahr 1852/ 53 Karl Weysser eigenhändig eingetragen. Vorher hatte er schon den ,, 1. In genieur- cours" besucht und wollte nun in die "Mechanisch-technische Schule" überwechseln, mit dem Berufsziel "Leh rfach" '. Die über Karlsruhe hinaus berühmte Po lytechnische Schule bestand damals aus drei allgemeinen mathematischen Klassen und darauf aufbauend sieben "Fachschul en". In den dreijähri gen mathematischen Grundkursen wurden neben den Kenntnissen für die technischen Fächer auch Sprachen, Religion und Geschichte sowie Freihandzeichnen, Kalligraphie und Modellieren geleh rt. Die Spezialisierung fand dann in den Fachschulen statt, zu denen die obengenannte Ingeni eur- schule und die Mechanisch-technische Schule gehörten ' . Obwohl Kar! Weyssers eigentliche Neigung dem Nebenfach Zeichnen gal t, scheint er sei n Mathe- matik- und Maschinenbaustudium 7 mit Ernst und Interesse betrieben zu haben. Denn viele Jahrzehnte später schreibt er: "Während ich mich aber noch heute meinen li ebsten, nun längst verstorbenen Lehrern der rei nen und an gewandten Mathematik: Karl Buzengeiger, Guido 19 Schreiber, Wilhelm Eiseniohr, Jakob Ferdinand Redtenbacher, Peter Gustav Lejeune-Dirichlet, Jakob Steiner und Johann Franz Encke und auch dem Geographen Karl Ritter zu großem Dank verpflichtet fühle, war ich leider im Bezug auf meine ästhetische Bildung meist nur auf eigene Erfahrungen angewiesen 8 ," Es ist zu verm uten, daß unter Weyssers obengenannten Lehrern, von denen die meisten noch heute als Kapazitäten ihres Fachs in der Literatur bekannt si nd, vor allem Redtenbacher einen prägenden Einfluß auf den jungen Studenten ausübte. Redtenbacher leitete damals die Mecha- nisch-technische Schule und wurde später Direktor des Pol ytechnikums. Er verstand nicht nur sein Fach, den Maschinenbau, außerordentlich lebendig und mit umfassender Kenntnis darzu- stell en, sondern er hatte auch darüber hinausgehende Interessen, die sich mit denen seines Schülers Weyssers unmittelbar berührten: .Seine liebste Mußebeschäftigung war das Skizzieren in der Landschaft und das Aquarellieren, das er in späteren Jahren durch das Malen in 01 ablöste'." Wie lan ge Weysser am Karlsruher Polytechnikum studiert hat, ließ sich bis jetzt nicht feststellen, ehensowenig wann er an die Berliner Bauakademie gegangen und wie lange er dort gebliehen ist 10. Inzwischen war in Karlsruhe im Juli 1854 die Großherzogliche Kunstschule gegründet und als Direktor der Düsseldorfer Landschaftsmaler Johann Wilhelm Schirmer berufen worden. Im ersten Schuljahr war Karl Weysser noch nicht dort, aber im zweiten Schuljahr 1855/56 finden wir ihn eingeschrieben 11, Die Ausbildung dauerte damals insgesamt 7 Jahre. Großer Wert wurde auf die Schulung des Formensinns durch Zeichnen gelegt. Einem Spezialgebiet (Historien-, Porträt-, Landschafts- und Genremalerei) durfte sich erst zuwenden, wer den "Antikensaal" durchgemacht hatte, wo nach Gipsabgüssen antiker und moderner Statuen gezeichnet wurde. Für die Landschaftsmaler, die in Karlsruhe als Schüler Schirmers die größte und bedeutendste Gruppe bildeten, folgte dann der Besuch der vorbereitenden Landschaftsklasse. Dort kopierten sie vor allem Naturstudien ihres Lehrers in 0 1 und lernten nach der Natur zeichnen und kleinformatige Bilder malen. In die Künstlerklasse schließl ich wurde nur aufgenommen, wer in der Vorbereitungsklasse genügend Talent gezeigt hatte. "Schi rmer regierte in Karlsruhe ganz im Sinne der Akademiedirektoren des 19. Jahrhunderts als unumschränkte Autoritätsperson. Seinen Anweisungen hatten die Schüler Gehorsam zu leisten ... Auch außerhalb der offiziellen Unterrichtsstunden sollten die Schüler im Geiste ihres Lehrers erzogen werden " ." Zu Weyssers Studienkollegen in der Landschafts- klasse gehörten u. a. earl Ludwig Fahrbach, Emil Lugo, Gusta v Osterrot und ab 1859/60 auch Hans Thoma. Nach vierjährigem Studium verließ Weysser die Karlsruher Kunstschule und siedelte im Herbst 1860 zur weiteren Ausbildung nach München über, wo er bis zum Juni 1861 blieb ". Ob er dort an der Akademie ein geschrieben war oder, was naheliegender erscheint, dem Kreis der Maler um Eduard Schleich d. 1\. und Kar! Spitzweg angehörte, ließ sich bis jetzt noch nicht feststellen. Für den Wechsel des Studienortes zu diesem Zeitpunkt sind verschiedene Gründe denkbar: 1859 wa r Weyssers Vater gestorben und 1860 das Elternhaus am Durlacher Marktplatz von den vier Geschwistern verkauft worden 14. Möglicherweise hat der Maler seine günstige Finanz- 20 lage benutzt, um einen Studienaufenthalt in München zu fi nanzieren . Vielleicht gehörte Weysser auch zu denjenigen Kunstschülern, die in den Jahren 1859-61 aus Protest die Karlsruher Schule verließen, weil sie sich durch ungerechtfert igte bürokratische Eingriffe der Obrigkeit in ihrer Ausbildung behindert fühlten ". Nicht zuletzt mag der Wunsch, ein intensiveres Studium der Architekturmalerei zu absolv ieren, für einen Wechsel nach München bestimmend gewesen sein. Im Schuljahr 1861 /62 kehrte Karl Weysser wieder an die Karlsruher Akademie zurück ". Nach dem Tod seines Lehrers Schirmer im September 1863 ging er im November 1863 ei n zweites Mal nach München und blieb dort bis zum März 1864 ". Offenbar hat er dann noch das restl iche Studienjahr bis zum Sommer 1864 in Karlsruhe verbracht 18. Damit war seine Ausbildung abgesch lossen. Schon während der Studienzeit war Weysser in den Sommerferien zeichnend und malend in Süddeutschland unterwegs. So hat er, wie man den datierten Zeichnungen im Karlsruher Denk- malamt und den Olskizzen der Städtischen Kunstsammlungen entn ehmen kann , im Jahre 1862 den Bodensee bereist. Im Sommer 1863 war er u. a. am Hochrhei n in Laufenburg, Säckingen und Basel, 1864 am Neckar, in Schwäbisch-Gmünd und Marburg an der Lahn . Wo Weysser nach dem Verkauf des elterlichen Hauses 1860 wohnte, ist unbekannt. Jedenfalls war er von 1865 bis 1869/ 70 in Karlsruhe ansässig ". In diesen Jahren reiste er u. a. ins Tauber- tal, in den Schwarzwald und an die Mosel. 1869 unternahm er eine Fahrt nad, Südtirol, was durch Zeichnungen und O lskizzen aus Klausen und Brixen belegt wird. Für die Zeit zwischen 1870 und 1881 fehlt jeg licher Hinweis fü r einen festen Wohnort. Weysser war offenbar ein unruhiger Geist, den es nie lang am seI ben Pla tz hielt. So ist überliefert, daß er am liebsten einen Zigeunerwagen besessen hätte, um damit unabhängig in der Gegend herum- zukutschieren 20 Vielleicht hat er also in den 70e r Jahren, der Zeit seiner größten Produktivität, überhaupt keinen festen Wohnsitz gehabt und immer nur ein paar Wochen an ei nem O rt zuge- bracht. 1872 war der Künstler offensichtlich längere Zeit im Elsaß (das seit 187 1 zum deutschen Reichsgebiet gehörte), denn über 100 Zeichnungen elsässischer Denkmäler und Bauten von seiner Hand aus diesem Jahr befinden sich im Straßburger Denkmalarchiv ". Seine Tätigkeit dort beschränkte sich jedoch nicht nur aufs Zeichnen, sondern bezog auch das Malen mit ein, denn im Oktober 1875 waren Bilder aus dem Elsaß von Karl Weysser im "Kunstverein der Groß- herzoglichen Kunsthalle" in Karlsruhe ausgestellt". 1880 zeichnete Weysser viel am Mannheimer Hafen, 1881-1884 wohnte er in Heidelberg". In Heidelberg gab er 1883 unter dem Pseudonym "K. W. H eisster" (Karl Weysser heißt er) auch seine erste kleine Veröffentlichung heraus. Si e trug den Titel "An di e Mitglieder des Kunst- vereins in Hutzelwaldberg" und richtete sich in sati rischer Form gegen Vorstand und Jury des Heidelberger Kunstvereins. Von 1885 bis 1888 lebte Karl Weysser in Baden-Baden " . Auch hier hat er sich publ izistisch betätigt und im Jahre 1887 ein satirisches Bän dchen unter dem Titel "Durch Dick und Dünn - Asthetische und auch andere Betrachtungen" herausgebracht. Von 1890 bis 1894 wohnte er noch- 21 mals in Karlsruhe ", von 1895 bis zu seinem Tod am 28 . 3. 1904 war er wieder in Heidclberg ansässig ~t1 . Dort erschien 1898 sei ne dritte und letzte Veröffentlichung .,Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spiegel einer möglichst richtigen Weltanschauung". Seinem unsteten Leben nach zu schließen, hätte man an nehmen können, daß Kar! Weysser nie verheiratet war. Mit ann ähernd 52 Jahren hat er aber doch noch geheiratet, und zwa r am 7. Februar 1885 in Baden-Baden ". Seine Frau, Auguste Luise Sickinger, stammte aus Durlach und war 21 J ah re jünger als er " . Viell eicht faßt e der Künstler den Entschluß zur Ehe unter dem E indruck seiner drohenden E rblindung. Das früheste bekannte Gemälde Karl Weyssers ist ei n Brustbild seines Vaters. Es ist weder datiert noch vom K ünstl er signiert; aber auf der Rücksei te w urde vermerkt, daß es den Bürger- meister Weysser 1840 darstelle, von seinem Sohn Karl gemalt und von Frau Weysser 1936 erworben worden sei ". 1840 kann nicht das J ahr sein, in dem das Bild gemalt wurde, der Künstler wäre damals erst ein Kind von 7 Jahren gewesen. Vielleicht soll es ,, 1849" heißen, da wurde nämlich der Vater 60 Jahre alt . Es wäre denkbar, daß ihn der dann immerhin 16jährige angehende Maler aus diesem Anlaß porträtiert hat. Als Zeichen der Verehrung und auch als Beweis für sein Talent. Mit liebevoll beobachtendem Blick hat sich der junge Mann in die Gesichtszüge des Vaters vertieft. Daß er den 60jährigen - abgesehen vom grauen H aar - etwas zu jugendlich ideal isiert da rgestell t hat, wäre von sei nem eigenen Alter her durchaus begreiflich. D ie feine fa rbliche Differenzierung verrät aber dod, schon eine gewisse Schulung. Vielleicht hat er das Bildnis auch in seiner Karlsruher Akademiezeit noch einmal übermalt 30. Manche von Weyssers landschaftlichen Olskizzen aus den frühen 60er Jahren zeigen noch deut- lich den Einfl uß der Schirmerschen Olskizzen. E r bevorzugt eine dunkle, au f tiefgrünen und rostroten Tönen basierende Palette, die Einzelheiten w ie z . B. Blätter und Aste sind sehr genau mit spitzem Pinsel hingetupft. Der Maler kämpft gelegentlich noch mit Komposit ionsschwierig- keiten wie z . B. auf dem Blatt von Schwäbisch-Gmünd, wo er zur Belebung des Vordergrundes ein kleines Mädchen zu absichts voll in die Mitte plaziert. Ahnlich genau durchgearbeitet sind auch Weyssers Zeichnungen aus den frühen 60er Jahren, die vor a llem Stadtansichten am Bodensee und Hochrhein darstellen. Eine ganze Reihe dieser Zeichnungen wurde fünfundzwanzig Jahre später (1887) im 1. Band der "Kunstdenk mäler des Großherzogturns Baden - Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz" veröffentlicht. Der Künstl er ha t damals sei ne Motive bis in die Einzelheiten mit der Feder durchgezeichnet. Beson- deren Wert legt er auf die Beleuchtung und schaflt so Atmosphäre. E r kontrastiert geschickt helle, weiß gelassene Partien mit beschatteten, die er mit einem dichtmaschigen Netz von Schraffuren überzieht. Dabei fällt auf, daß auch komplizierte perspektivische Verkürzungen ihm sichtlid, keinerlei Mühe machen, ja, daß er sie sogar sucht. Figü rliche Darstellungen si nd dagegen nur Neben- sache und selten überzeugend in den Gesamtzusam menhang eingebu nden. Sie wi rk en oft im Maßstab falsch und in der anatomischen Durchbildung unsicher. Ei ne Erk lärung fü r di esen Unterschied der zeichnerischen Fähigkeiten gibt Weysser sel bst in einer seiner Schriften. Er meint dort, daß . der Maler, je nach dem Gebiet, das er sich erwähl t, eine gründl ichere Kennt- 22 Marktplatz in Dur!ach. Gemälde von Kar! Weysser I1lS In manchen Hülfswissenschaften, z . B. der Landschafter in der Anatomie, gar nicht not- wend ig hat ... " 31. In den Zeichnungen der 70er Jahre verzichtet Weysser meist auf eingehende Schilderung der Einzelheiten und hebt von einem ganzen Komplex - Ortsansicht oder Straßenbild - nur besonders markante Partien wie geschnitzte oder bildhauerisch gestaltete Erker, Brunnen, Kirch- türme, Tore usw. durch genaue Zeichnung hervor, während er das übrige mit raschen Strichen a ndeutet. Die Technik ist raffinierter, er verwendet jetzt neben Lavierungen auch Weiß- höhungen als Beleuchtungseffekte und zeichnet gelegentlich auf farbigem, meist grau-blauem Papier. In diesem J ahrzeh nt zwischen 1870 und 1880 entstehen seine freiesten und ei ndrucks- vollsten Zeichnungen . Mit sparsamen, gezielt eingesetzten Mitteln zeichnet er Blätter vol ler Atmosphä re. Eine entspredlende E ntwicklung zur Großzügigkeit zeigt sich auch in den Olstudien der 70er Jahre. Die Pinselschrift ist jetzt freier und verzettelt sich nicht mehr in allzu genauer Schilderung der Einzelheiten. Dort, wo der Maler auf jede effektvolle Komposition verzichtet, nah an sein Motiv herangeht und sich ganz in das nuancenreiche Spiel der Farben vertieft, sind sie am über- zeugendsten. Mit Vorl iebe sieht er in verwinkelte Gassen, a lte Höfe, zerfallene Schuppen und Hintereingänge, schl ichte Motive ohne jeden "höheren" Anspruch. Diese Bildehen sind auch eine Augenschule für den Betrachter, der zuerst v ielleicht achtlos an ihnen vorübergega ngen ist. Beim näheren Hinsehen erkennt er den Reichtum der verschiedenen Grau-Braun-Grün- und Ockertöne und ihr fein abgestuftes Zusammenspiel. Darüber hinaus versteht Weysser es meisterhaft, die unterschiedliche Stofflichkeit von Holz, Ziegel, Sandstein, Verputz usw. zu charakterisieren. Immer wieder sind es Struktur und Farbe von sonnen beschienenem altem Gemäuer, meist in Verbindung mit Pflanzen, die ihn zum Malen locken. So hat er z. B. den Hof der alten Zehntscheuer in Durlach aus den verschiedensten Blickwinkeln festgehalte~ . Karl Weyssers Einstellun g zu solchen schlichten Motiven kommt in seinen "Ästhetischen Betrach- tungen" von 1887 deutlich zum Ausdruck: " ... überlassen wir das unschönste lind nüchternste Bauwerk sich selbst und damit allen Einflüssen und Zufällen der Witterung und pflanzlichen Entwickelung, so wird es endlich, und wenn auch erst als Ruine mit Moos und Epheu, Gesträuch und Bäumen bewachsen, ein e Schönheit erreichen, die wenig zu wünschen übrig läßt. Dieser in ästhetischer Beziehung wohltäti ge Einfluß der Natur und nicht immer die a ltertümlidle Bauart ist es auch, welche den Architekturmaler veranlaßt, vorzugsweise in alten Ortschaften Studien zu machen 3:! . " In der freien Natur wird Karl Weysser besonders vom Wasser angezogen. Am Bodensee, am Neckar, am Rhein, an der Pflnz, der Murg und der Mosel ist er den verschiedensten Stimmun- gen nachgegangen, hat das stille dunkle Gewässer um die Hungersteine am Necka r, die wind- gekräuselte Oberfläche des Bodensees und den zwischen Steinen dahinplätsdlernden Sd,warz- waldbach in nuancierten Farben festgehalten. Seine Liebe gil t der "unverfä lschten Gottesnatur" . Allem Menschenwerk steht er skeptisch gegen über, das äußert er immer wieder: "Während z. B. jede natürliche Felspartie zu ihrer ebenso natürlichen U mgebung in allen Jahreszeiten gleich gut 24 stimmt, steht z. B. bei Bauwerken der rote S:lndstein im Sommcr nicht seltcn grcll in dcr Land- schaft, während er mit dem Schnee wieder besser harmoniert. Umgekehrt wirkt ein gelb licher Stein neben dem Schnee leicht süßl ich, während seine Farbe im Sommer nichts zu wünschen übrig läßt. Aus diesen Beispielen erkennen wir aber auch wieder die ästhetischen Vo rzüge, welche die reine Natur allen menschlidlen Werken voraus hat :3:3." Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre zeichnet Kar! Weysser kaum noch mit der Feder, sondern meistens mit dem P insel. Dabei fällt a uf, daß die bisher außerordentlich sichere Art der Erfassung und Darstellung deutlid, nachläßt. Außer mit dem zuneh menden Alter - er ist jetzt Ende SO - hängt das wohl mit seiner Augenkrankheit zusammen. Bei den farbigen Studien macht sich diese Schwäche weniger bemerkbar. Hier hilft vielleicht die langjährige Erfah rung im Umgang mit Farben, die verminderte Fähigkeit zu genauer Beobachtung zu überbrücken. Ge rade die etwas diffuse, mehr a uf den zartfarbigen Zusammenklang als das deutliche Detail cingehcnde Malweisc verleiht den Bildern dieser Zeit einen besonderen Zauber. Möglicherweise hat sich Weyssers Sehkraft aud, durch eine Operation noch ein mal vorüber- gehend gebessert. Eine Stelle in seiner Schrift über den Darwinismus und die moderne Malerei von 1898 scheint von persönlicher Erfa hrung diktiert. Es heißt dort: "Nun werden al lerdings in unserer Zeit sehr bedeutende Operationen zur Heilung krankhafter oder verletzter Organe gemacht. Wenn es aber der Arzt mit seinem Wissen und Können auch fcrt igbringt, einen ver- schlimmerten Zustand des Auges, z . B. die Blindheit wieder a ufzu heben oder zu mildern, so ist dcch die An näherun g an den gcsu ndcn und normalen Zustand nod1 lange nid1t mit einer dem normalen Zustand vorausgehenden Selbsterfindung oder Selbstbildung des Auges zu ver- gleichen 34." Man hat Karl Weysser oft den "badisd1en Spitz weg" genannt und dabei wohl vor a llem a n ver- gleimbare Stadtansichten mit winkligen alten Gassen gedacht. Die Münchener Schule um Schleich d. Ä. und Spitzweg mit ihrer Vorliebe für die intime Darstellung im kleinen Format scheint tatsächlich nachhaltiger auf ihn gewirkt zu haben als Schirmers Karlsruher Sd1Ule, der in seinen offiziellen Gemälden die heroische großformatige Landschaft pflegte. Trotzdem trifft die Bezeichnung "badischer Spitz weg" auf Weysser nicht zu. Denn bei Spitzweg ist die Archi- tektur Bühnenkulisse für seine psychologisierenden Bildererzählungen, für Weysser dagegen sind Architektur und Landschaft in ihrer natürlid1Cn Erschein ung das Hauptthema und das F igür- liche nur malerisches Beiwerk. Obwohl Weysser soviel herumgereist ist, waren es immer wieder ä hnliche Winkel und Ecken, die ihn interessierten. Es ist also nicht das cha rakterist isch andere einer besti mm ten Gegend, was ihn anzieht, sondern er sucht und fi nd et das ihm Gemäße, eng Umgrenzte, Schlichte, Bescheidene. Das aber verzaubert er mit der Subti lität se iner Malerei . In klarer Einsrnätzung seiner Begabung hat Weysser damit glückl ich verm ieden, was er an anderen Malerkollegen auszusetzen fand: " ... mand1es Talent, das bei einer richtigen Erkcnntni s seiner Leistungsfähigkeit als Bäch lein fri sch und klar hätte dahin fließen können, wurdc nun, wei l es sidl nach allen Seiten ausbreiten wollte, zu einem stehenden Sumpf, a n dem höd1stens die 25 Kritiker als quakende Frösd,e ihre besondere Freude hatten "." Daß es sich bei Weyssers tllskizzen nicht nur um künstlerische Nebenprodukte gehandel t hat, scheint mir sowohl durch die ziemlich konsequente Signierung wie vor all em durch seine sch rift- lichen Außerungen bekräftigt zu werden. In seiner schlichten, unprätcntiäsen Schilderung von Natur und A rchitektur war Weysscr durch- aus fortschrittlich im Sinne der zuerst von den Mündmcr Malern Leibl und Lier vertretenen Auffassung, daß nicht wie bisher ein effekvolles Motiv die H auptsache sei, sondern die male- rische Verklärung eines anspruchslosen Stücks Natur. Der Anstoß zu dieser Auffassung, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der deutschen Landschaftsmalerei immer mehr durch- zusetzen begann, war von Frank reich ausgegangen. Dort hatten schon in den 1850er Jahren die Münchner Maler Spitz weg und Schleich d. i'i.., vor a ll em aber ein Jahrzehnt später Li er die Werke der Maler von Barbizon - einem D orf südöstlich von Paris - kennen- und schätzen gelernt. "übera ll wo ich ging und stand , gingen mir die Meisterwerke der großen Land- schaftsma ler D upre, Daubigny, Corot und Rousseau nach ... es wurde mir klar, daß die wi rkl iche Poesie der Landschaftsmalerei in der einfachen, schönen Natur selber liegt und nie durch künstliche Mittel herbeigezaubert werden kann " ." Dieses Bekenntnis Liers könnte auch sein 7 Jahre jüngerer Generationsgenosse Karl Weysser abgelegt haben. An der Karlsruher Kunstakademie verfolgte die jüngere Generation, die unter dem bei Lier geschulten Schön leber die Landschaft um ih rer selbst will en zu malen begann, ähnliche Ziele. Es war ein kü nstlerische Bewegung, die Wcyssers zurückhaltend-versponnenem Naturell, dem alles Pathos zuw ider war, wohl im Inn ersten entsprodlen hat. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß Weysser in den 1880er Jahren auch andere Bilder gemal t hat - offensichtlich im Atelier komponiert-, die im absichtsvollen Arrangement verschiedener Archi tektur- und Landschaftselemente einen altertümlicheren Eind ruck machen. Wie weit dies etwa mit Rücksicht auf Auftraggeber geschah oder ob man darin nicht doch eine gewisse Zweigleisigkeit seiner künstlerischen Außenll1gen sehen muß, bedarf noch der Klärung. Die Käufer von Karl Weyssers kleinformatigcn, unprätentiösen Bildern waren und sind wohl heute noch vor a llem Privatleute. Museen scheinen sich zu Weyssers Lebzeiten kaum für seine dem Repräsentativen abholde Kunst interessiert zu haben. Das heißt aber nicht, daß er im offiziellen Kunstbetrieb ein völlig Unbekannter wa r. So erwa rb z. B. der "Ku nstverein für das Großherzogtum Baden" 1863 neben Bildern anderer bad ischer Maler Weyssers "Der al te Marktbrunnen in Durlach" und stellte, wie schon erwähnt, 1875 mehrere Wochen lang seine Bilder aus dem Elsaß in der Karlsruher Kunstha ll e aus. Die dok umentarische Bedeutung von Weyssers Architekturzeichnungen, in denen sich sach liche Genau igkeit mit künstlerischer Qualität verband, wu rde dagegen schon damals von den für die nAl tertumssammlungen" zuständigen Stellen erkannt. So erwarb beispielsweise die "Großher- zogliche Badische Altertumshalle" eine ganze Reihe sein er badischen Stadtansichten. Wie eben- fa lls schon erwähnt, erschi enen sie ab 1887 zum Teil als Illustrationen in den Kunstinventar- bänden . Die über 100 Zeichnungen elsässischer Motive, die sich im Straßburger Denkmalamt befinden, werden vermutlich auch wäh rend Weyssers Aufenthalt dort angekauft worden sein . 26 Die im Pfinzgau-Museum ausgestellten Bilder lind Zeichnungen Karl Weyssers sind zu m Teil als Geschenke an das Museum gekommen. Der weitaus überwiegende Teil stammt aus dem Nachlaß des Malers in Pforzheimer Privatbes :tz, von dem die Stadt Karlsruhe 1942 zahlreiche Stücke erwerben konnte. Auch für Durlach haben Weyssers Bilder und Zeichnungen neben der künstlerischen eine histo- rische Bedeutung. Denn zum Teil zeigen sie Ansichten, die heute in dieser Form gar nicht meh r ex istieren. So gibt zum Beispiel das schöne Bild des Durlacher Marktbrunnens 37 eine Ansicht wieder, die schon zu Weyssers Lebzeiten histo:-isch geworden war : Der Brunnen ist hi er noch mit der bekrönenden Figur des "Karle mit der Tasch" dargestellt. Sie wurde 1862 entfernt und auf den Durlacher Schloßplatz versetzt 38 . Dasselbe gilt für den Gebäudekomplex mit der alten Zehntscheuer, den Karl Weysser in den 1870er Jahren verschiedentlid, gema lt hat. A ls man das Gelände für den Bau der Friedrichschule zw ischen Lamm- und Zehntstraße benötigte, wurde der ganze Komplex vor 1878 abgerissen. Es ist anzunehmen, daß der Durlacher Maler und Zeich ner Karl Weysser ni e ernsthafte finanzielle Sorgen hatte, denn er lebte immer in Wohn - gegenden , in denen wohlhabende Bürger ansässig waren. Sicher hing das auch mit seinem Eltern- haus und den sich daraus ergebenden per~önlichen Beziehun gen zu einer entspred1enden Käufer- schicht zusammen. Trotzdem darf man sich den Lebensweg des Künstlers nicht sorgenfrei vor- stellen. Denn ein Augenleiden hat ihn in den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens stark beeinträchtigt. Und was könnte einem Maler, der vor allem :1uf seine Augen angewiesen ist, Sd,lim meres widerfahren. Anmerkungen 1 Taufbuch der Durlacher Evangelischen Kirchengemeinde 1828-1838, S. 242. 2 Nachruf v. 29. Mai 1859 im Durlacher Tagblatt und Durlacher Stadtrechnungen (Stadt- a rd,iv Karlsruhe). 3 Friedrich Ludwig (geb. 1822), Emil Ludwi g (geb. 1826) und Marie (geb. 1828) . Nach Taufbüchern der Ev. Kirchengemeinde Durlach. 4 Stadtarchiv Karlsruhe, Bestand Durlach 2824. 5 Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 448 / 2606. 6 Anzeige der Vorlesungen an der Großherzoglich Badischen Polyted111ischell Schule zu Carls- ruhe für das Jahr 1853/ 54. Carlsruhe o. J. 7 In Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 irr tümlich "Stud. zuerst Archi - tektur . .. " 8 K. Weysser, Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spi egel ei ner mögl ichst richtigen Weltanschauung. Heidelberg 1898, S. 5. 9 O . Kraemer, Ferdinand Redtenbacher. In: Die Tech ni sche Hochschule Fridericiana Karl s- ruhe. Festschrift zur 125-Jahr-Feier 1950. Karlsruhe 1950, S. 81. 10 Leider sind keinerlei Archi valien über Weysser bei in Frage kommenden Berliner Nachfolge- 27 behö rden der Bauakademie vorhanden (brief!. Mitt. von Dipl.-Ing. Ute Büchs, Plansamm- lung Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, v. 6.10.1975) . 11 R. Theil mann, Johann Wilhelm Schirmers Karlsruher Schule. Diss. Heidelberg 1971, S. 371 . 12 ders. a. a. O . S. 127. 13 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 14.10. 1975 über einen Eintrag im poli zei lid1en Fremdenkartenregister (Serie 6, N r. 26135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 15 . 11. 1860 bis 10. 6. 1861 zur Ausbildung in München war, am Sendlinger-Tor-Platz 1/ 2 wohnte und am 10. 6. 1861 wieder nach Durlach abreiste. 14 Grundbuch Bd. 17, S. 52. 15 Die Ei ngriffe betrafen die Aktmodelle. Da die Behörden Aktmodellstehen als sittenwidriges Verhalten ansahen, wurden mehrmals weibliche Modelle von der Sittenpolizei gewaltsam abgeführt. Erst eine Verordnung des Innenministeriums von 1860 stellte klar, daß Studien "a uch nach dem Nackten zur Ausbildu ng der Kunstschüler nothwendig und durd, nichts anderes zu ersetzen sind", verpflichtete aber die Direktion, darüber zu wachen, daß dabei "nichts vorgeht, was die Zwecke der Kunstanstalt irgend wie überschreitct'j (Theil mann a. a. 0 ., S. 84 ff. ). 16 Theilmann a. a. 0 ., S. 374 . 17 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 4. 10.1975 über ei nen Eintrag im polizei lichen Frem- denkartenregister (Serie 6, Nr. 26 135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 23.11. 1863 bis 1864 zu r Ausbildung in München war und in ·der Schwanthalerstraße 2311 wohnte. Be- merkung vom 15 . 3. 1864: "z. Z. im Irrenhaus, am 26. 3.1864 abgereist nach Hause." 181m Schuljahr 1863/64 ist Weysser noch ei nmal an der Karlsruher Kunstschule eingeschrie- ben (Theilmann a. a. 0., S. 375). 19 Er woh nte in der Kriegsstr. 11 , damals ein e Wohngegend wohlhabender Bürger, H aus- besitzer war der Architekt und Bauinspektor Serger, außer Weysser wohnten dort der Maler G leichauf, der Hofmusikus Braun und der Zeichner Gladbach. Nach Weyssers Wegzug über- nahm der Maler Anton von Werner die Wohpung (nach Karlsruher Adreßkalender 1865- 1870). 20 G. Kird1er, Der Maler Karl Weysser, ein Nachfah r der Romantik: In: Das Bild. Karls- ruhe, Jg. 6 (1936), S. 83. 21 Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 und brief]. Mitt. der Di rection Regio- nale des Affaires C ultllrelles, Strasbourg v. 4. 11. 1975. 22 Karlsruher Nachrichten v. 31. Oktober 1875, S. 1022. 23 Brief]. Mitt. des Heidelberger Stadtarchivs v. 29. 10. 1975. 24 Brief]. M itt. der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Baden-Baden v. 7. 10. 1975, daß Weysser 1885 im Haus Scheibenstr. 4 wohnte (außer ihm noch ein Maler August Schott, Prof. Eduard Eisen und der Musiker-Maler Vitus Staudacher). 1888 woh nte er im Haus Rettigstr. 4. 25 ]n einem neu erbauten Haus in der Lcopoldstr. 7. Mi tbewoh ner waren Lieutenant Frh. v. Beaulieu-Marconnay, Prof. Ludwig Levy, Architekt, und Johan n Schroth, Architekt. Das Haus gehörte dem Major a. D. Hoffmann (nach Karlsruher Adreßkalender 1890-1894). 28 29 26 Briefl. Mitt. des Stadtarchi vs Heidelberg v. 29.10.1975. 27 Standesamt N r. 8/1885 (bri efl. Mitt. des Standesamtes Baden-Baden v. 16. 12 . 1975). 28 Sie starb am 23 . Januar 1912 in Heidelber;; im Alter von 58 Jahren. Ih r Vater war der Postschaffn er Wilhelm Sickinger und sta mmte aus Spöck . Ihre Mutter hieß Magdalene geb. Beck und lebte zuletzt in Waghäusel (briefl. Mitt. des Stadtarchi vs H ei delberg v. 29. 10. 1975). 29 Frau Anna Weysser war ei ne angeheiratete N ichte des Malers, wahrschcinlid1 di e Frau seines 1855 geborenen Neffen ea rl Fri ed rich Weysser. Sie lebte später in Mün chen und hat dem Pfin zgaumuseum u. a. den H eiratskontrakt der Eltern Weysser geschenkt. Sie starb 1965 fast 99jährig in München. 30 Auf diese Möglichkeit hat mich der Restaurator der StaatI. Kunsthalle Karl sruh e, Herr Brammer, hingewiesen. 3 1 Weysser, Darwinismus, 5 . 54. 32 Weysser, Durch Dick und Dünn. Baden-Baden 1887, 5.35. 33 Weysscr, D arwinismus, S. 86. 34 ders., a. a. 0., S. 7. 35 ders., a. a. 0., S. 9 1 f. 36 Zi ti ert nach Theilmann, Die Grötzinger Ma lerkolonie, Ausstellu ngskatalog der Staa tI . Kunst- halle Karlsruhe. Karlsruhe 1975, S. 11 . 37 Das Bild (Inv. Nr. 60/1690, siehe Abb.) ist n icht identisch mit dem oben erwähnten Gemäld e aus den 1860er Jahren, da es weder datiert noch signiert ist und auch di e Schlußiiberm alun g fehlt. Auch sti listisch läßt es sich nicht mit Weyssers Früh werken vereinbaren. Offensichtlich handelt es sich um die in einem Briefwechsel erwähnte Kopie, di e er Ende 1903 in Arbeit hatte, aber nicht mehr vollenden konnte, wei l er nach längerer Krankheit im März 1904 starb . Das Bild war ein Geschenk des Kü nstlers a n seine Vaterstadt Durlach, die zuvo r verschiedene Skizzen des Brunnens angekauft hatte, da man an die Wiederaufstellung der Brunnenfigu r dadlte (nach Akten im Stadtarchiv Karls ruhe, Bestand Durlach A 3156). Die Skizzen si nd vielleicht identisch mit denjenigen, die sich heu te unter der In v.-Nr. W 98-100 im Karlsruher Denkmalamt befinden. 38 s. S. 13. Ernst Pet rasch Durlacher Fayencen 1723-1840 Auf die Frage, welche unter den deutschen Fayence-Fabriken die älteste ist, gi bt uns der "Badensche gemeinnützige Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786" die Auskunft, "daß wahrscheinlich die zu Durlach" allen anderen deutschen Manufakturen "ebenso an Alter wie an Güte und Schönheit der Waare vorgehe". Dieses zweifellos lokalpatriotisch gefärbte Urteil der ältesten gedruckten Chronik über die Durlacher Fayence-Manufaktur läßt sich heute - soweit es die Entstehungszeit betriffi - freilich nicht mehr aufrecht erhalten. Denn bekanntlich wurden die ersten deutschen Fayence-Fabriken bereits um di e Mitte des 17. Jahrhunderts in Hanau, Frankfurt und Berlin gegründet. In künstlerischer Hinsicht jedoch erweisen sich vor allem die nod, vor 1800 in Durlach ent- standenen Fayencen den Erzeugnissen anderer führender Fabrikationsstätten mindestens eben- bürtig und haben ihren hervorragenden Rang in der deutschen Fayencekunst bis heute behalten. Auf eindrucksvolle Weise hat dies die große, 1975 vom Badischen Landesmuseum im Karls- ruher Schloß veranstaltete Ausstellung bestätigt, die zum ersten Male einen umfassenden über- blick über die Gesamtproduktion der berühmtesten badischen Fayence-Fabrik vermittelte und ihre künstlerische Leistung in einem gänzlich neuen Licht erscheinen ließ . Die noch vor wenigen Jahrzehnten geäußerte Meinung läßt sich heute jedenfalls nicht mehr aufrechterhalten, daß nämlich "Durlach in dem gewaltigen deutschen Fayence-Orchester nur ein bescheidenes Instru- ment gespielt hat" . Gewiß nicht die Sologeige - so dürfen wir dieses gleichnishafte, aber unzureichende Urteil jetzt mit gutem Grund zurechtrücken - aber ein dominierendes Instru- ment von durchaus eigenem und beglückendem Wohlklang unter den rund hundert Fayence- Manufakturen, die im 18. Jahrhundert in Deutschland existierten. In der heiteren Anmut ihrer manni gfaltigen Dekore, mit ihrer meist strahlend weißen Glasur von porzellanartiger Brillanz und in ihrer oftmals delikaten Farbgebung lassen Durlacher Erzeugnisse einen Wesenszug erkennen, der bei deutschen Fayencen im allgemeinen nicht allzu häufig in Erscheinung tritt. Mit ihren Geburtswehen, ihrem mehrmaligen Besitzerwechsel, den durchzustehenden Konkur- renzkämpfen und ständigen Geldnöten unterscheidet sich die Durladler Manufaktur jedoch kaum von der C hronik äh nl icher Betriebe jener Zei t. 1723 - acht Jahre nach der Grü ndun g von Karlsruhe - erteilte Markgraf Kar! Wi lhelm von Baden-Durlach "Johann Heinrich Wachenfeldt dem Porcellain-Fabrikanten, von Wolfshaagen auß dem Hessen Casselischen gebürtig" das Privil eg, "allda eine Porcellain und Tabac Pfeifenfabrique aufzurichten" . Wie wir aus dem Privileg vom 3. März 1723 weiter erfahren, überließ der Markgraf Wachenfeld zu diesem Zweck "Unsern bißhero eigenthümlidl zuständig geweßten Bauhof-Platz zur Durladl in der Vorstatt außer dem Pfinzthor, sambt denen darauf stehenden Gebäudten und Hofraithung . .. 30 neben dem Roßschwemme weg liegendt, vornen auf die Landstraß und hinten auf die Pfinz- bach stoßend .. . um Ein Tausend Gulden Reichswährung . .. " . Die Gründung der Fabrik entsprach durchaus der merkantilistischen Wirtschaftspolitik im Zeit- alter des Absolutismus, der badische Regent folgte als Protektor einer "Porcellainfabrique" dem Beispiel manch anderer Landesfürsten. Denn mit den neueingeführten exotischen Getränken Tee, Kaffee und Schokolade hatte auch das aus Ostasien importi erte Porzellan sei nen Sieges- zug durch ganz Europa angetreten, das für jene mod ischen Tafelgenüsse wie gesdlaffen war. Als dann 1709 dem Alchimisten Friedrich Böttger in Meißen die Nacherfindung des China- porzellans gelungen war, da wollte bald selbst der kleinste unter den rund dreihundert deut- schen Duodezfürsten seine eigene Porzellanfabrik. Freilich war das, was die meisten dieser Betriebe zu produzieren imstande waren, bestenfalls Fayence, die dem Porzellan nur äußerlich ähnlich ist. Man nahm es abcr mit dcr Bezeichnung nicht so genau und verlieh auch der weniger kostspieligen Fayence den Namen Porzellan, das damals von aller Welt begehrt war. Aber nichts wäre falscher, als die Fayence deshalb geri nger einzuschätzen. Ist doch die Tonmasse, die zu ihrer Herstellung verwendet wird, gleichermaßen plastisch gut bildsam, und ihre glänzend weiße, undurchsichtige Glasur bietet denselben idea len Malgrund für jederlei bunte Ausstattung. SdlOn im alten Babyion und Agypten bekannt, war die Fayence auf ihrem weltweiten Weg über die Perser, Araber und Mauren im Mittelalter nach Spanien gelangt. Mallorca (Majorca), von wo aus dieses farbenprächtige Irdengut nach Italien exportiert wurde, gab der hier bald selbst crzeugten Majolika den Namen . Faenza hinwiederum, das widltigstc Zentrum der italienischen Kunsttöpferei im 16. Jahrhundert, wurde zur Lehrmeisterin und Namensgeberin für die Fayencekunst nördlich der Alpen. Ober Frankreich und die Niederlande, wo Delft sich bald eine führende Rolle eroberte, wurde die Fayence schließlich auch in Deutschland bekannt. Doch kam es wegen des Dreißigjährigen Krieges hier erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts zur fabrikmäßigen Produktion von Fayence. Die meisten deutschen Fayence-Manufakturen wuchsen jedodl erst seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden. Um diese Zeit wurdc - wie bereits erwähnt - auch die Durlacher nPorccllain-Fabrique" gegründet. Hinter dem vielversprechenden Firmentitel verbarg sich allerdings auch hier nichts anderes als eine Fayence-Manufaktur. Johann H einrich Wachenfeld, ihr Grü nder, hatte erst wenige Jahre zuvor gemeinsam mit Karl Franz Hannong die nachmals berühmte Straßburger Fayence-Fabrik ins Leben gerufen . Ungeachtet mancherlei wirtschaftlicher und technischer Schwierigkeiten ist es Wachen feld auch in Durlach gelungen, die Produktion bald in Gang zu bringcn. Fabrikation und Warenverkauf erfreuten sidl anscheinend gerade ihres erstcn Auf- schwungs, als Wachen feld - kaum 32 Jahre alt - 1726 plötzlich starb. Obgleidl seine Frau Anna Maria, eine Tochter des Durlacher Hufschmieds Peter Geibel, das Geschäft unverzagt weiterführte, wollte sich der anfängliche Erfolg nicht wieder einstellen . Auch dann nicht, als sie 1728 den "Porzellaner" Johann Ludwig Wagner geheiratet hatte, wohl aud, in der Hoffnung, 31 dem Betrieb damit wieder zu einem sachverständigen Prinzipal zu verhelfen. Die Schulden- last der Manufaktur, die damals kaum mehr als zehn Arbeiter beschäftigt haben dürfte, wurde von Tag zu Tag drückender, während der Absatz immer mehr zurückging. Als 1733 der Polnische Erbfolgekrieg auch Durlach in Mitleidenschaft zog, scheint die Fabrik überhaupt stillgelegt worden zu sein. 1739 übernahm Joseph Vincent das Unternehmen, ver- strickte sich jedoch bald in immer größere Schulden und entfloh 1744 "bei Nacht und Nebel" kurzerhand wieder nach Frankreich. 1749 ersteigerte der Herrenalber Klosterwirt und Handelsmann Johann Adam Benckiser das verwaiste Fabrikgebäude und richtete darin mit seinem Schwager) dem Durlacher Posthalter Georg Adam Herzog, eine .. Cotton- und Fayencen-Fabriqucn CompagnieU ein. Dieser Neu- beginn hat nach jahrelang stagnierender Produktion zugleich jene Blütezeit der Manufaktur eingeleitet, die den eigentlichen Ruhm der Durlacher Fayencen begründete. Ein wesentlicher Anteil an diesem schwunghaften Auftrieb ist zweifellos Dominikus Cuny zuzuschreiben, dem neubestellten technischen Direktor des Unternehmens. Cuny oder "König aus Nancy in Lothringen gebürtig" - wie der erfahrene Fachmann in Durlach benannt wurde -, sammelte bald einen ständig wachsenden Stab geschickter Formdreher, tüchtiger Maler und erfahrener Brenner um sich. 1750 heiratete er Christina Frankin, eine Tochter des Durlacher Scharfrichters, übersiedelte aber einige Jahre später nach Hollitsch in Mähren, um die dortige Fayence-Manu- faktur zu übernehmen. In den ersten Jahrzehnten nach dem Neubeginn erreichte die Fabrik mit nahezu hundert Arbeitern ihren wirtschaftlichen und künstlerischen Höhepunkt. Durlacher Fayencen müssen schon damals weithin bekannt und beliebt gewesen sein . Schenken wir zeitgenössischen Berichten Glauben, so muß sich der rege Absatz zu jener Zeit nicht nur nach Schwaben, Bayern und Tirol erstreckt haben, sondern auch die Schweiz und Holland wurden beliefert. Abnehmer der Ware waren zunächst bürgerliche Kreise, ebenso der Adel und die markgräfliche Hofhaltung, wie uns aus mehreren Akten bekannt ist. In späterer Zeit fanden die Erzeugnisse der Manufaktur vor- wiegend unter den "kleinen Leuten" ihre Käufer, bei Handwerkern und bei der ländlichen Bevölkerung. Die Konkurrenz neuentstandener Unternehmen in den Nachbarländern, die bislang zum festen Durlacher Absatzgebiet gehörten, begann sich bald nachteilig auszuwirken. Es waren dies vor allem die 1771 errichtete Porzellanfabrik Baden-Baden und die im gleichen Jahr gegründete kurpfälzische Fayence-Manufaktur in Mosbach. Inzwischen hatten Christian Friedrich Benckiser und Georg Friedrich Gerhard Herzog, die Söhne der Gründer, die Leitung des Unternehmens übernommen. Nach wie vor waren in der Fabrik - wie es noch 1768 heißt - "Jahraus, Jahr- ein, gegen 60 Personen, worunter 20 Maler, 12 Dreher und Poussirer, 6 Brenner ete." tätig. Obgleich der Betrieb weiterhin florierte, machte sich gegen Ende des Jahrhunderts ein gewisser künstlerischer Rückgang bemerkbar. Die Geschichte der Manufaktur ist rasch zu Ende erzählt. 1806 war Johann Adam Benckiser, ein Enkel des Gründers, neuer Fabrikinhaber geworden. Unter dem allgemeinen Einfluß der neuen 33 gesellschaftlichen Verhältnisse und der zunehmenden Industrialisierung ging man jetzt auch in Durladl dazu über, zur H ebun g der Rentabilität anspruchslosere Massenware zu produzieren. So wurde 1813 mit der Fabrikation von Stein gut begonnen, jenem billigeren und widerstands- fähigen keramischen Produkt, das seit dem Ende des 18. Jahrhunderts von England aus Fayence und Porzellan mehr und mehr vom Markt verdrängte. Aber wie andernorts, ließ sich auch in Durl ach der weitere Verfall der Produktion nicht mehr aufhalten; die Tage der Manufaktur waren gezählt. H eißt es doch in ei nem Bericht des Durlacher Oberamts von 1831: "Kaum und mühselig erhält sich die Porcellain-Fab rik, die ein en Waaren Vorrath von 20 000 Gulden hat und nicht verkaufen kann. " Nachdem sie im gleichen J ahr noch- mals den Besi tzer gewechselt hatte, wurde die Manufaktur ein Jahrzehnt später von den Lahrer Kaufleuten Friedrich Lichtenberger und Friedrich Engler im Zeichen des fortsch reitenden lndu- striezeital ters in eine "Cichorien-Caffee und Kartoffel-Mehl-Fabrik" umgewandelt und ihre Brennöfen wurden für immer gelöscht. So fand schließlich auch die einz ige und erfolgreid1Ste von allen a lten Fabriken der ehemaligen Residen zstadt Durlach, die sich ins 19. Jahrhundert hinüberretten konnten, ihr Ende. Einige der brotlos gewordenen Arbeiter haben dann nod, etliche Jahre in dem benachbarten "Kutsd,er Schenkelschen Hause" Birnkrüge und an~eres Geschirr nach alter Manier in eigener Regie bemalt und gebrannt. Vom einstigen Fabrikgebäude, dessen Ansicht uns eine beschei dene Tuschzeichnung von 1795 überliefert, ist im Geviert der jetzigen Pfinz-, Hub- und Kleinbachstraße nur noch ein un an- sehn lid,er Rest stehengeblieben. * Im Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses - nur wenige hundert Meter von der einstigen Manu fa ktur entfernt - hat man zwischen den beiden Weltkriegen neben vielen anderen Kunstwerken, Dokumenten und Erinnerungsstücken zur Stadtgeschichte auch eine ansehnliche Sammlung von Durlacher Fayencen zusammengtragen; nach jahrelanger Magazinierung ist sie nun im gänzlich neugestalteten Pfinzgaumuseum der Offentlichkeit w ieder zugänglich. Mit ihren über 200 Einzelstücken bildet sie nicht nur ein e der wichtigsten Abteilungen des jetzigen Museums, sondern sie ist nach Art und Umfang di e zweitgrößte Sammlung neben den nodl wesentlich umfangreicheren Beständen im Bad isdlen Landesmuseum . Rund 50 Fayencen dieser Kollektion haben die 1975 im Karlsruher Schloß präsentierte A usstellung a ls wichtige Leih- gaben bereichert und sind im Ausstellungskatalog ausführlich beschrieben und abgebildet. Wenn- gleich in der Sammlung des Pfinzgau museums die Blütezeit der Manufaktur (1749-1800) mit einer Reihe seltener und interessanter Stücke vertreten ist, so übcrwie~en der Zahl nadl die Erzeugnisse der Spätzeit nad, 1800. Aus der Frühzeit der Durlacher Fabrik (1723-49) hingegen, deren Produktion bis vor wen igen Jahren noch gänzlich unbekannt war, haben sich überhaupt nur einige Beispiele im Sd,Ioß Favorite bei Rastatt erhal ten. Ihre kürzliche Entdeckung und Darbietung a ls Durladler Fabrikate wa r eine der ü berraschungen der Karlsruher A usstellung. Es handelt sid, dabei um 35 etliche T ell er, Platten, Schalen, Krüge und Wandleuchter, die mit ein em kräftigen Randborten- dekor in Blaumalerei ("Style rayonnant") geschmückt sind und außer dem Wappen von Baden- Durlach noch das Spiegelmonogramm des Mark grafen Karl Wilhelm zeigen. Wahrscheinlich haben w ir es dabei mit Resten eines Services zu tun, das die Manufaktur in den ersten Jahren ihres Bestehens als wohlgelungene Probe ihres Könnens für die markgräfliche H of tafel gelie- fert hat. Was in den wirtschaft lich und künstler isch ergiebigsten Jahrzehnten des Unternehmens nach 1750 erzeugt wurde, gehört zu den besten Leistungen Durlachs und bildet zugleich den Fundus, aus dem alle fo lgenden Maler- und Formergenerationen bis zur Schließung der Manufaktur immer wieder Anregungen geschöpft haben. Merkwürdigerweise scheint man beim Neubeginn 1749 zunächst auf Formen und D ekore der Frühzeit zu rückgegriffen zu haben. Jedenfa lls zeigen die um 1750 entstandenen Stücke in modifizierter Form jenen charakteristischen blauen Behang- dekor, der das vorhin erwähnte Service im Schloß Fa vo rite ziert. Dem gewandelten Zeit- geschmack entsprechend, sind die Formen der Teller, Platten und Terrinen jetzt aber vielfach geschweift und fassoniert, der zarte Randdekor ist in feines Blatt- und Bandelwerk aufge- lockert. Bald aber kam eine Fülle neuer Formen und Dekore hinzu. Allein im "Preis-Courant" von 1786 sind an die zweihundert der verschiedenartigsten Geschirrformen verzeichnet, die einzeln aufz uzählen hier zu weit führen wü rde. Begnügten sich d ie Maler zunächst mit Kobaltblau - der keramischen Kardinalfarbe schlecht- hin, die mit dem chinesischen Porzellan nach Europa gelangt war - so fand en alsbald weitere Malfa rben reichliche Verwendung: Gelb, G rün und Manganviolett, später dann noch Eisenrot. Mi tunter wurden die Dekore auch nur in einer Fa rbe gemalt, dem sogenannten "cn cama'ieu", und damit äußerst delikate Wirkungen erzielt. Verwendet wurden in den Durlacher Malerstuben aussch ließlich Scharffeuerfa rben. Daneben blieben viele Stücke auch unbemalt, um sie bi ll iger in den H andel bringen zu können; außer den obligaten weißglasierten Fayencen - die in mehre- ren Exemplaren im Pfinzgaumuseum vorhanden sind - haben sich auch einige Gesdli rre mit lindgrüner und kaffeebrauner G lasur erhalten. Der Modelaun e der Zeit entsprechend, fo lgten dem vorhin erwähnten Behangdekor die "india- nischen" Blumen, w ie man die stilisierende Blumenmalerei nach ostasiat ischen Vorbildern da- mals nan nte. Diese großflächig und flott gemalten Blumensträuße mit eigenartig aufbrechenden Blütendolden und "geknickten" G räsern finden sich auf zahlreichen Geschi rren . Zunächst nur in Blau gemalt, kamen dann bald noch Gelb und Grün dazu; in Verbindung mit der schwarzen Um- ri ßzeichnung erbrachten sie jenen harmonischen und wa rmen Farbd rei klang, der für diese Periode Durladls besonders charakteristisch ist. Wohl angeregt von anderen Manufak turen treten um 1760 auch in Durlach die ersten . deutschen" Blumen auf den P lan. Anfangs noch mit ostasiatischen Motiven gemischt und als bescheidene Nebenmotive verwendet, füllen die aus Nelken, großen Tulpen und Rosen locker gebildeten bunten Sträuße bald die Schauseiten der Gefäße und sind bis ans Ende der Produktion der bevor- zugte Dekor geblieben. Solch ein Rosenzweig in gestufter Blaumalerei schmückt auch eine um 1770 entstandene Kachel in der Sammlung des Pfi nzgaumuseums, der ein besonderer Seltenheits- 36 wert zukommt: Als einziges bisher bekanntes Exemplar dieser Gattung liefert uns dieses quadra- tische Pl ättchen den sichtbaren Beweis für die aktenkundige ü berlieferung, daß in der Durlacher Manufaktur auch Kachelöfen und Fliesen hergestellt wurden. Im Gefolge der Chinamode in der europäischen Kunst des 18. Jahrhunderts erscheinen um 1765 auch auf Durlacher Erzeugnissen figürliche Chinoiserien. Diese bezaubernden Darstellungen gehören nicht nur zum besten, was Durlach an malerischer Ausstattung geschaffen hat, sondern dürfen überhaupt zu den reizvoll sten Schöpfungen der gesamten deutschen Fayencemalerei ge- zählt werden. Inmitten exotisch anmutender Gärten oder bizarrer A rchitekturen, einzeln oder in Gruppen placiert und in phantasievol le Kostüme gekleidet, agieren di ese mu nteren Chin esen- fi gü rchen in verschiedenen Beschäftigungen und a llerl ei Vergnügungen. Meist von fli egenden Vögeln und überlebensgroßen Insekten umschwirrt, bevölkern diese europäisierten Miniatur- Ch inesen nun die Durlacher Platten, Teller, Tee- und Wärmegeschirre, Leuchter und Schreibzeuge. Zun ächst nur ein farbi g in Blau, Schwarz oder in modi schem Seladon grün gehalten, werden die C hinoiserien später auch mehrfarb ig gemalt. Wie der Verfasser kürzlich an anderer Stelle nach- weisen konnte, dienten den Durlacher Malern für ihre Chinoiserien vornehmlich Stiche von El ias Baeck a ls graphische Vorlagen, die ein Augsburger Verlag bereits um 1724 herausgegeben hatte. Reizvollen Exemplaren dieser Durlacher Ch inesendekore begegnet der Besucher des Pfi nzgau- museums außer auf einigen Kaffee- und Milchkännchen vor allem in dem großen Tablett mi t durchbrochenem Rocaille-Rand, auf dem ein Angler inmitten einer üppigen Flußlandschaft w ieder- gegeben ist. Auch das Zeitalter der Romantik hat auf Durlacher Erzeugnissen seinen Niederschlag gefunden, als man um 1780 dazu überging, die Gesch irre mit zum Tei l miniaturartig kleinen "romanti- schen" See- und Ruinen landschaften zu schmücken, wobei jetzt als neueingeführte Farbe ein leuch- tendes Eisenrot vorherrscht. Ein mehrtei liges Service, bestehend aus einem rechteck igen Tablett, mehreren Kannen und Tassen, das 1963 von der Stadtverwaltung für das Pfinzgaumuseum er- worben werden konnte, sei hier a ls besonders geglücktes Beispiel dieser in li ebevoller Klein arbeit gema lten Landschaftsdekore hervorgehoben. Diese Landschaftsmalerei ist bekanntlich in Mosbach so getreulich nachgeahmt worden, daß die Erzeugnisse der bei den Ma nufak turen oft kaum zu unterscheiden si nd, wenn sie nicht - w ie dies bei Mosbacher Fayencen häufig der Fa ll ist - mit einer Marke versehen sin d. Durlach hingegen hat niemals ein Fab rikzeichen geführt. (Nur das sei t 1813 fabrizie rte Steingut mu ßte auf amtliche Ano rdnung ab 1818 den mit Blindstempel eingepreßten H erstellungsort "Durlach" aufweisen.) Aktenstücke wurden gelegentlich mit einem Petschaft gesiegelt, dessen Buchstaben FFD (Fayence Fabrik Durlach) auch auf ei ner sei denen Jubiläumsfah ne von 1828 wiederkehren, die jetzt im Pfinzgaumuseum verwahrt wird. Ledi glich ein er größeren Zahl von Malermarken begegnen wi r auf zahlreichen Durlacher Stücken; gelegentlich haben einige der etwa fünfzig in den Fabrik- akten aufgeführten Maler ihre A rbeiten auch mit vo llem Namen signiert. Es gibt indessen ein E rzeugnis der Manufaktur, das nachhaltiger als jede Marke ihren Namen 37 weithin so vertraut gemacht hat, daß es heute gewissermaßen als das eigentliche Wahrzeichen .. der Fabrik angesehen w ird. Es sind jene schmucken Birnkrüge, die vorwiegend zu Gesmenk- zwecken auf Bestellun g in verschiedenen G rößen einzeln angeferti gt wurden. Neben figürlichen Szenen un d Zu nftem blemen - die meist von ei ner Rocaille-Kartusche und Blumenzweigen um- rahmt sind -, überliefern sie uns in ihren Aufsch riften oftmals auch den Namen, Beruf und Wohnort des Auftraggebers sow ie das H erstellu ngsjahr. Da sie nachweislich von 1754 bis zum endgült igen Verlösd,en der Brennöfen - also fast ein J ahrhundert hindurch - prod uziert wurden, hat ihre weite Verbreitun g freilich andererseits die übri gen Du rl acher Erzeugnisse etwas überschattet. Zugleich läßt sid, an diesen buntbemalten und meist recht volkstümlichen Birnkrügen - gleichsam wie in ein er Musterkoll ektion - di e gesamte künstlerische Entwicklung der Manu- faktur ablesen, wie dies beisp ielsweise auch an den fund fü nfzig Birnkrügen des Pnnzgaumuseums möglich ist, deren ältester 1757 entstanden und deren spätester 1843 datiert ist. Verwendu ng fa nden sie vorwiegend als Schenkkrü ge, mit welchen der H austrunk aus dem Keller geho lt und bei Tisdl kreden zt wurde. H andelt es sich aud, nicht um Werke "hoher Kunst", so si nd diese schlichten , in der Spätzeit zuweilen mit unbeholfenem Pinsel bemalten Wein krüge vor a llem für di e Familienforschung und H eimatgeschichte, fü r die Kostüm- und Volkskunde ei ne wahre Fundgrube. Diese nach Hund erten zählenden und in vielen Sammlungen verwah rten Birn- krüge bilden mit ihren mannigfalt igen Darstellungen einen bunten Bilderreigen, gleichsam einen ein zigarti gen Kultur- un d Zei tsp iegel vom täglichen Leben in Stadt und Land, der uns von der hei teren Welt des graziösen Rokoko über die Drangs"ale und Kriegsnöte der napoleon ischen Ara bis an die Schwe lle unseres Industri ezeitalters führt. Als weitere Du rl acher Spez iali tät seien hier noch jene reizvollen Anbietplatten in Kleeblattform genannt, di e sonst keine deutsche Manufaktur auf den Markt gebracht hat. Besonderer Beliebheit dürften sidl auch di e zierlichen Schreibzeuge erfreut haben, die in Nieren- und Herzform aus- geformt, oder aud, geschweiften Rokoko-Kommoden en mi ni ature nachgebildet und origi nalge- treu bemalt wurden. Ein namentlich in D urlach gepflegtes Formstück wa ren auch jene kegel- stumpfförmi gen Warmhaltegefäße mit abnehmbarem Napf, sogenan nte Rechauds, die zugleich als Nachtl icht gerne Verwendung gefu nden haben. Al s bescheidene Besonderheit seien noch die kleinen runden Schälchen erwähnt, die aufs Spinnrad aufgestülpt werden konnten und zum Benetzen der Finger dienten. Figü rl iche Plastik hingegen, wie sie bei anderen Manufakturen zu finden ist, wurde in Durlach so gut wie überhaupt nicht hergestellt. Belege fü r beschei dene Versuche auf diesem Gebiet liefern uns unter anderem einige Gipsformen für kleine Fa yencetiere sowie ein liegendes Löwenfigü rchen aus Du rladler Stein gut, die zu den Raritäten der Sammlung des Pfinzgaumuseums zählen, jedoch eher als interessant denn als künstlerisch bedeutsam bezeichnet werden können. Alles in allem spricht es für die Gediegenheit der in Durlach entwickelten Formtypen und für ih re Beliebtheit bei den Käufern, daß so ma nd,es Modell der Blütezeit in nur geringfügiger Abwandlung selbst noch in der Spätperiode der Manufaktur ausgefo rmt wurde. Das wichtigste Schmuckelement in der Produktion nach 1800 bi lden neben figürlichen Darstellun- gen die verschiedensten Blumenmoti ve, die jetzt frei lich !lidlt mehr die künstlerische Feinheit der 38 39 Blütezeit aufweisen, sondern meist summarisch mit flüchtigem Pinsel hingesetzt sind . An die Stelle der lockeren Rokokosträuße treten in zunehmendem Maße nun didltgeflodltene G irlanden und Kränzchen, bei welchen vor allem zu r Zeit des Biedermeier das modische Vergißmeinnicht und das Stiefmütterchen die Hauptrolle übernehmen. Auf vielen Geschirren, vor allem auf Platten und Tellern, nehmen außer den verschiedenen Blumendekoren jetzt kurze und längere Inschrif- tcn,Widmungen und Sprüche den beherrschenden Platz ein. Obgleich sie niemals über den Rang sogenan nter Gelegenheitsdichtung hinausgeh en, spricht aus diesen meist unbeholfenen, zuwcilcn aber humorvoll gewürzten Versen stets der nai ve Ton urwüchsigen Volksempfindens. Sie künden von den Freuden und Leiden eines bestimmten Berufsstandes, preisen die Liebe, Treue und Freundschaft und huldigen emphatisch - wie könnte es im Weinland Baden anders sein - dem edlen Rebensaft. Proben dieser schlichten "Dichtkunst" findet der lesefreudige Bctradlter auch auf zahlreichen Stücken im Pfinzgaumuseum. Kommen wir abschließend noch auf eine besondere Gruppe d1arakteristisd1er Formstücke und Dekore zu sprechen, die in Durlach von etwa 1825 bis ans Ende der Produktion gebräud1 1ich waren. In auffälliger Weise gleichen diese Stücke bis ins unscheinbarste Detail hinein manchen Erzeugnissen einiger Schweizer Manufaktllren, namentl ich jenen der Zürcher Fabrik im Schooren und der in Matzendorf im Kanton Solothurn. Schon seit einiger Zeit beschäftigt die Keramik- fo rschung dieses Problem, ohne daß es bisher gelungen ist, eine schlüssige Begründung für diese merkwürdige Duplizität zu finden . Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum, in der erstmals ges icherte Schweizer mit DurIacher Fabrikaten direkt konfronti ert wurden, konnte zur weiteren Klärung dieser umstrittenen Frage wesentl iche Argumente beisteuern . Dabei hat sich unter ande- rem herausgestellt, daß so manches bislang Durlach zugesch riebene Stück jetzt eindeutig als Schweizer Erzeugnis anerkannt werden muß; neben etlichen Terrinen, Kannen, Tassen und Tellern, die als vermeintliche Durlacher Fabrikate ins Pfinzgaumuseum gelangt si nd , triffi dies beispielsweise auch für das hübsche Barbierbecken von Johannes Brunner zu, das erst 1849 - a lso fast ein J ahrzehnt nach Stillegung der Durlacher Manufaktur - entstanden ist. Walther Franzius Zur Technik der Fayenceherstellung Für die Fayenceproduktion bedient man sich ei nes gut bildsamen und möglichst kalkhaltigen Tones. Die Vasen, Kannen und sonstigen Ge fäße werden vorwiegend auf der Töpferscheibe gedreht. Beim Abschneiden des Gegenstandes von der Scheibe mit Hilfe einer Drahtschlinge ent- stehen auf dem Boden bogenförmige Parallel rillen. Sie sind für die Böden von Durlacher Birn- krügen cha rakteristisch und verschwinden erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, als man zur Glättung der Böden übergeht. Die von der Scheibe abgenommenen Objekte läßt man zunächst an der Luft etwa lederhart trock- nen . D an n werden die meist in besonderen Formen hergestellten Henkel und Ausgußtüllen "an- garn iert". Mi t Tonbrei werden sie an genau festgelegten Stell en auf die Gefäße gek lebt. Da der trockene Ton von Henkel bzw. Ausgußtülle und Gefäß der Kittmasse die Feuchtigkeit entzieht, entsteht eine feste Verbindung. Darauf kommen die Stücke in den Ofen zum sogenannten "Schrühbrand" mit Temperaturen von etwa 8000 Celsi us. Durch die Hitze wird ihnen weitere Feuchtigkeit entzogen und damit eine größere Festigkeit verliehen. In einem neuen Arbeitsgang werden sie glasiert, d. h. mit einer besonderen Schicht überzogen. Grundbestandteil der Glasur ist Quarzsand, dem vor allem Zinnoxyd zugefügt wird. Das Gemenge wi rd fein gemahlen und mit Wasser zu ein em verhältnismäßig dünnflüssigen Brei angerührt. In diesen weißgrauen Glasur- brei werden die gesch rühten Stücke nur kurz eingetaucht. Die Glasurmasse sch lägt sich als mehli- ger überzug auf der Oberfläche des Gefä ßes nieder, weil der poröse Ton die in ihr enthaltene Feuchtigkeit rasch aufsaugt. Ein zweiter Brand bei etwa 10000 Celsius bringt den überzug zum Schmelzen, so daß er mit dem Scherben ei ne feste Verbindung eingeht. Die gebrannte Glasur ist wasserundurchlässig und hat eine glasartige Konsistenz. Ihr porzellanähnl iches Weiß ist für die Durlacher Fayencen besonders charakteristisch. Neben der "Weißware" wurde auch ein- oder mehrfarbig bemalte Fayence hergestellt. Für die Dekoration bediente man sich in Durlach ausschließlich der sogenannten Scharffeuerfarben. D iese werden in vorwiegend grauer Lösung auf die noch ungebrannte Glasur aufgetragen. Erst im "scharfen Feuer", a lso im Glasurbrand bei etwa 1 0000 Celsius, erha lten sie die Leuchtkraft ihrer Farben. Sie sink en in die schmelzende Glasur ein und ergeben besonders zarte, manchmal leicht verschwommene Umrißlinien. N ur weni ge der aus Metalloxyden bestehenden Farben halten die hohC' Temperatur des Glasu rbrandes aus, ohne zu verbrennen : Blau, Gelb, Grün , Manganviolett und Schwarz. Erst um 1780 kam in Durlach auch das Eisenrot a ls Scharffeuerfarbe auf. Man verzichtete bewußt au f die reichere Farbskala der sogenannten "Muffelfarben" , die bei geringerer Temperatur in einem dritten Brand auf die bereits fertige Glasur aufgeschmolzen 40 41 werden . Mit den Scharffeuerfarben hatte man einen unempfindlichen, homogen mit der Glasur verschmolzenen Dekor. Die nur auf der Oberfläche der Glasur haftenden Mulfelfarben dagegen waren viel eher Beschädigungen ausgesetzt. N ur das Scharffeuer-Schwarz, das man in Durlach gewöhnlich in ausgezeichneter Qualität herstellte, ist gelegentl ich ausgebrochen und hat dann ei ne spürbare Vertiefung in der Glasur hinterlassen . Der Scherben - so nennt man die gebrannte Tonmasse - ist bei den Du rlacher Erzeugnissen meist geblich, doch kommt er bisweilen auch in rötlicher Tönung vor. Das wegen seiner Porzellan- ähnlichkei t bekannte glänzende Weiß der Glasur ist sahniger und nicht so kalt wie bei der Por- zell anglasur. Außerdem hat die Du rlacher G lasur, besonders an dünn aufgetragenen Stell en, häufig einen rötl ichen Schimmer. Ludwin Langenfeld Die Straßburg-Durlacher Bibel von 1529-30 und ihre Drucker Wolf Köpfl und Veltin Kobian Ober das im fo lgenden kurz "Durlacher Bibel" genannte Druckerzeugnis von 1529/30 ist in der Populärlitcratur soviel Ungereimtes zusammengeschrieben worden, daß wir uns hier eingehen- der damit beschäftigen wo ll en. Dieser Bibeldruck und sein Durlacher Buchdrucker haben den Namen Durlachs seit jetzt 445 Jahren anfangs in die religiöse, dann in die wissenschaftlich inter- essierte Welt hinausgetragen. Johann Daniel Schöpflin, übrigens Schüler des markgräflichen Gymnasi ums zu Durladl, hat in seiner "Historia Zaringo Badensis" 1764 den Vermerk: "A. 1529 & 30. D urlac i imp rcssa est Gcrma ni ca versio parti s Bib liorum Lutheri 1, " D er mark gräflieh Baden-Durlachische wirkliche Kirchenrat und Rektor des Gymnasi ums JIlustre, Johann Christian Sachs, berichtet 1769 in seiner Geschichte der Markgrafschaft Baden " daß "im Jahr 1529 und 30 ein Teil der Heiligen Schrift, wie sie von DoktOr Luthcrn in die deutsche Sprache übersetzt worden, gedruckt wurde". Julius Lampadius (d. i. Julius Leichtlen) berichtet 181 1 in seinem Büchlein "Bei- träge zur Vaterlandsgeschichte", daß der Markgraf (er gibt irrtümlich M. Ernst statt M. Phi lipp an) die Bibel 1529/30 Zl1 Durladl drucken ließ. Siegmund Friedrich Gehres berichtet in seiner Kleinen Chronik von Durladl 1824 ebenfa lls, daß 1529/30 ein Teil der Bibel, wie sie von Doktor Luther ehemals ins Deutsche übersetzt ward, in der "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei" in Durlach im Druck erschien '. Schließlich berichtet auch Kar! Gustav Fecht in sei ner Geschichte der Stadt Dur!ach 1869 über den Dur!acher Bibeldruck und fügt kursorisch hinzu: "Anfang und Schluß erschienen aber in Straßburg, auch ist nicht Alles nach Luther's Obersetzung, weldlc erst einige Jahre später fertig wurde '." Mit Fechts Feststellu ng sind di e bei den widltigsten Themenkreise angeschlagen, die wir nachfolgend präzisieren wollen. Die »Durlacher Bibel" eine sog. »kombinierte" Bibel Luthers gesamte Bibelübersetzung wurde erst 1534 abgeschlossen, die erste Wittenberger Voll bibel ersdlien im September 1534. Seither beherrschte Wittenberg im ganzen weiteren 16. Jahrhundert hinsichtlidl des Druckes von Voll-Bibeln das Feld. Aber schon vorher wu rde Luthers Bibel-über- setzu ng durch den Nad1druck der schon fertiggestellten Teil e weit verbreitet. Hi er standen seit 1523 in Norddeutschland Erfurt, in Süddeutschland Augsburg, Straßburg und Nürnberg und bis 1527 aud, Basel im Vordergrund. Man stellte dabei seit 1529 sogenannte kombinierte Voll-Bibeln in der Weise her, daß man die von anderer Hand bereits übersetzten Propheten (der Züricher "Prädikanten" oder der Wormser Wiedertäufer Hetzer und Denck) und die Apokryphen (des Zü rid,er Theologen Leo Jud) dem Luthertext hinzufügte. So erschienen 1527/ 29 und 1530 in Zü rich bei C hristoph F roschauer 2 kombinierte Bibeln, 1529 die sogenan nte "Wiedertäuferbibel " bei Peter Schöffer in Worms, ei ne 1534 in Frankfurt bei Ch ristian Egenolph , ei ne 1534 in Augs- 42 bu rg bei H einrich Stay ner und eben unsere Straßburg-Duriacher Bibel bei Wolf Köpfl und Veltin Kobian 1529/30 (Nachdruck bei Wolf Köpfl, Straßburg 1530/32). Sie benutzt neben der Luther- übersetzun g für die Apokryphen Juds übersetzun g, fü r die Propheten (außer den bereits von Luther übersetzten Jesaja, Jona, H abakuk und Sacharia) Hetzer-Dencks Wormser Prophetenver- deutschung ' . Die "Durlacher Bibel" teils in Straßburg, teils in Durlach gedruckt Das zweite Kennzeichen des uns beschäftigenden Bibcldrucks ist, daß er zum Teil in Durlach, zum Teil in Straßburg gedruckt ist. Dabei ist von vorn herein festzuhalten, daß die Arbeitsteil ung zwi- schen Straßburg und Durlach nicht identisch is t mit der eben geschilderten Auftei lung zwisd,en Texten Luthers und Texten anderer übersetzer. Wir wissen nicht) wie diese Arbeitsauftcilung zustande kam. In Durlach wurden ged ruckt: der Dritte Teil des Alten Testamentes, di e "Lehr- bücher": Das Buch Hiob, Der Psal ter, Die Sprüche Salomos, Der Prediger Salomo, Das H ohelied Salomos, ferner sämtliche Propheten. Der in Durlach gedruckte Teil nimmt a lso, wie Fecht richtig bemerkt, den Mittelteil der Bibel ein. Auf dem Titelb latt zum "Dritten Teil des Alten Testamen- tes " ist Durlach angegeben (1529) und - wie wir noch zeigen werden - das Kennzeidlen , um nicht zu sagen di e Druckermarke Veltin Kobians angebracht. Die links davon befindlid,e Seite (Schluß des "anderen", Zweiten Teils des Alten Testamentes) schli eßt mit der markanten Drucker- marke Wolf Köpfls Zl1 Straßburg ab (Abb. I ). Das Titelblatt der Propheten, ein großartiger Renaissanceentwurf, trägt zwa r den Vermerk: "Straßbu rg bey Wolff Köpfl " (1530) (Abb. Ir), aber am Ende der Propheten steht - wie übrigens auch am Ende des Dritten Teils des Alten Testamentes (vgl. Abb. III, linke Seite) der Vermerk: "Gedruckt zu Durladl durch Vel tin Kobian / auß verlegung Wolff Köpffels / burgcrs zu Straßburg I" (Abb. IV). Das Renaissance- titelblatt zu den Propheten ist also unzweifelhaft in Straßburg ged ruckt, wohl weil Vel tin Kobian ei nen so aufwend igen und teuren Druckstock in Durlach nicht zur Verfügu ng ha tte. (Übri gens soll nach einer Mitteilung Engelbert Strobels' der Stuttga rter Wasserzeichenforsdler Gerhart Piccard festgestellt haben, daß auch der in Durlach herausgebrachte Teil der Bibel auf Straßburger Papier gedruckt ist.) Und Veltin Kobian in Durlach hat "auß verl egung Wolff Köpffcls, burgers zu Straßburg" gedruckt, d. h. im Auftrag Wolff Köpffels. Damit kommen wi r zu der Frage nach den bei den Druckern und ihrem gegenseiti gen Arbeits verhältnis. Die Drucker Wo lf Köp{l in Straßburg und Veltin Kobian in Hagenau' Als Luther sich 1519 öffentlich vom Papsttum lossagte, stellte er die Geister sei ner Zeit vor die offene Entscheidung. Das Elsaß, insbesondere Straßburg, empfing die Reformation mit offenen Armen. Seit 1519 wurden die Schriften Luthers in Straßburg gedruckt. Durdl den Reformator Martin Butzer erhiel t die Reform einen spezifisch straßburgischen Charakter. 1524 hatte sie schon die Mehrheit der Bevölkerung erfaßt. Zum großen Teil ist dies dem Einfl uß der Buchdrucker zuzusdlrei ben. Neben den D ruckereien von Crato, Myl ius und Wendel in Rihel gehörte Wolf Köpfl (in der "Durlacher Bibel" stehen die beid en Schreibweisen Wollff Köpffl und Wolff Köphl 43 nebeneinander; auch nannte er sich Wolfius Cephalus; in der Sekundärliteratur heißt er Wolfgang - Köpfel) zu den drei großen Druckern in Straßburg zur Reformationszeit. Wolf Köpfl wa r der Neffe des berühmten Reformators Wolfgang Capiton (einer latinisierten Form des Familien- namens Köpfel ). O hne Zweifel ha t nicht nur der Ei nfluß, sondern auch die finan ziell e Unter- stützung seines Onkels Wolf Köpfl zur Verbreitung der reformatorischen Schriften angeregt. Sie stell en mehr als die H älfte seiner Produktion dar. Er druckt die Schriften Luthers (35 Ofo seiner Druckerproduktion), die Capitons und der anderen straßburgischen Reformatoren Matthias Zell und Martin Butzer. Se in erster Mitarbeiter ist Petcr Braubach (aus Braubach am Rhein), der in der Folgezei t dann eine Druckerei in H agenau gründete (wo 1532 auch Veltin Kobian auftaucht!). 1522 ersdleint das erste Druckwerk KöpfIs, ein Brief Luthers an Hartrnut von Kronberg. Der Druckvermerk weiSt aus: "gedruckt zum Steinbruck". Steinbruck, auch Roßmarktbruck, gelegen am Roßmarkt, heute Place Broglie, wa r wahrscheinlich die Steinbrücke, die über den Graben der Lohgerber fü hrte, wenn man von der Domstraße kam, denn die anderen vier Brücken in der Nähe wa ren aus Holz. Köpfl kümmerte sich nicht um das Edikt von Worms von 152 1, das verbot, häretische Schriften zu d rucken . Der Bischof selbSt intervenierte beim MagiStrat gegen KöpfIs Geschäftigkeit. 1524 erließ der MagiStrat bindende Vorschriften für die Buchdrucker: sie mußten ihre Werke vorh er der Zensur vorlegen, mußten ihren Namen auf ihre Publikationen drucken und durften nichts anonym drucken. Im a llgemeinen wurden die Vorschriften beachtet, um 1525 trugen 80 % a ller in Straßburg veröffentlichten Werke den Druckernamen. Trotzdem veröffent- lichte Köpfl 1526 anonym ein Colloquium, das der. Reformato r Oeco lampade (H ausschein), Mittler zw ischen Luther und Zwingli , gegen sei ne katholi schen Gegner gehal ten hatte. Köpfl wu rde ins Gefängnis gesteckt, aber als sei ne Frau ein Kind erwartete, wu rde er kurze Zeit später gegen ein e Buße von 5 Florins wieder f re igelassen. Köpfl wa r stolz darauf, seinen Namen auf die Titelblätter seiner Bücher zu seezen, stolz darauf, durrn sein Engagement die neuen Ideen zu pro- klamieren. Er druckte aus reformatorischer überzeugung, erst in zweiter Linie als Kaufmann. 1524 veröffentlicht er die erste Ausgabe einer deutschen Messe, im seI ben Jahr wurde die erste Messe in DeutSch in der Kapelle St. Johannes der Kathedra le gehalten. Köpfl hat außerdem lateinische und besonders griechische Werke ged ruckt, auch eine griechische Bibel 1526, er selbst konnte Griechisch. Um sein e dreibändige Bibelausgabe von Luther, 1524125, zu ill ust rieren, wandte er sich an den großen Illustrator Joha nn Weiditz (den Alteren). Von ihm bezog Köpfl auch ornamentale Umrahmungen ("encadrementS"), die in der Mitte Platz für den Titel frei- ließen und nicht weni ger a ls 15 verschiedene Druckermarken. Im Neuen Testament a llerdings begnügte sich Weiditz damit, die Apokalypse mit Kopien nach H olbein (1523) zu schmücken ' . Auch Hans Baldu ng Grien (1476-1545) hat für Wolf Köpfl gearbeitet. Köpfl hatte neben der Druckerei auch eine der blühendsten Papiermühlen in Deutschland. 154 7 verhei ratete sich Köpfl zum zweiten Mal mit Margrethe Einhart, Witwe von Ulrich Würtemberger, Pastor von Schiltig- heim. Köpfl starb 1554. Aus der ersten Ehe hatte er zwei Söhne: Paul und Philipp, die erst das väterl iche U nternehmen fo rtführten, dann, 15 57, nach Worms übersiedelten, wo sie bis 1563 druckten. Das Bürgerbuch erwähnt eine Tochter Köpfls, die sich 1551 mit Danicl Günter aus Worms verheiratete. 44 Die Druckerzeichen Köpfls sind fast ausschließlich charakterisiert durd1 einen Eckstein, der in den verschiedensten Variationen auftaucht. Nur einige Marken reduzieren sidt auf Engel- oder Tierköpfe, in Schilder oder in Bordüren plaziert und machen Anspielungen auf den Namen des Druckers. Das Sinnbild des Ecksteins ist aus der Heiligen Schrift genommen: "Christus ist der Eckstein / Und ein Schildt der Wahrheit / Wer auff disen steyn feilt der wirt zurschellen" heißt cs auf der wohl schönsten Druckermarke (1525), die Köpfl verwandt hat (Abb. V). Dieser Eckstein wird tei ls durch Engel gehalten, teils von zwei Schlangen umschlungen (wie in dcr "Durlacher Bibel"), die, umgeben von einer Strahlenkrone, eine Taube übersteigt (vg l. Abb. I). Von diesem Eckstein-Schlangen-Signet gibt es noch eine einfachere Variante (in der "Durlacher Bibel " als Abschluß des 1. Teils des Alten Testaments). Wir zeigen sie in Abb. VI (allerdings mit dem in der DB nicht ausgedruckten Namenshinweis Ce-phal = Cephalus) '. Nach Straßburg nimmt Hagenau den zweiten Platz in der Geschichte des elsässischen Buchdrucks cin ". Gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts rivalisieren zwei große Drucker in Hagenau, Heinrich Gran und Thomas Anshelm, mit Straßburg. Von 1523 bis 1532 führt Johann Setzer, dann, bis 1536, dessen Schwiegersohn Peter Braubach. Von 1532 bis 1542 machte Veltin (Valentin) Kobian ihm Konkurrenz, der -:- wie Köpfl in Straßburg - der eifrigstc Propagan- dist der Reformation in Hagenau war. Er druckte vorwiegend Wiedertäufer-Sd1rifttum . Kobian stammte, nach Angabe Ritters 11, aus Durlach. Bevor er eine eigene Druckerei hatte, arbeitete er während mehrerer Jahre (mindestens seit 1520) in Hagenau als Druckereigeselle. Hier heißt er 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" oder" Veltin Kobie buchtrucker" . Zwischen 1525 und 1530 ist man ohne Nachrichten von ihm. 1529/ 30 lindet man ihn als selbständigen Drucker zu Durlach. Aber schon 1530 siedelt er nach Ettlingen über, wo er, unter dem Impressum "Ettelingae apud Va- lentinum Kobian" fünf Drucke erscheinen läßt. Warum Kobian von Durlach nach Ettlingen über- siedelte, ist unbekannt, man nimmt an, daß ihn die um die Mitte des 15. Jahrhunderts dort errich- tete erste Papiermühle Badens dazu verlockte ". Im September 1532 gründete er seine Druckerei in Hagenau, in der er, anschließend an seine Durlacher und Ettlinger Publikationstendenz, drei weitere medizinische Werke veröffentlichte. Der Erfolg dieser medizinischen Abhandlungen beim Publikum scheint nicht sehr groß gewesen zu sein. Kobian verzichtet auf dieses Genre und ver- öffentlicht ab 1534 vorzüglich religiöse Werke der sektiererischen Wiedertäufer-Richtung (Mel- chior Hofmann, Johann Eisenburg, Kaspar Beck, Michel Wächter). Der Hagenauer Magistrat überwachte - wie in Straßburg - seine Produktion (etwa 30 Werke), indessen scheinen die Stadtväter der katholischen Stadt doch ziemlich tolerant gewesen zu sein, weil sie 1536 eine Verdeutschung einer Kampfschrift gegen den kirchlichen Zölibat des Venezianers Franziskus Barbarus durchgehen ließen. 1537 wird er a ls "Feltin in der Rosengasse" genannt. Am 16. August 1543 (nach Ritter, a. a. 0., Anm. 7) oder nach einer anderen Quelle am 17. August 1542 (nach Heitz-Barack, a. a. 0., Anm. 9) stirbt Kobian im Hospital, dem er die bescheidene Summe von 10 Batzen hinterläßt. Wennig vor 1550 verschwindet die Kobian-Druckerei in Hagenau. Ober die Hagenauer Druckermarken Kobians besteht offensichtlich Ungewißheit. Er besaß wohl 45 in Hagenau keine eigene Druckermarke, sondern nur ornamentale Titeleinfassungen. Das schöne - Signet mit dem sein Gefieder spreizenden Pfau, der einen Fuß auf e inen H ahn, den anderen auf einen Löwen setz t, wobei der Pfau, dem österreichisd1en Wappen entlehnt, a ls Anspielung auf die kaiserliche Stadt H agenau zu gelten hätte, schreibt Hanauer dem persönlichen Wappen Jerome Gebweilers zu, des Direktors der Lateinschule in Hagenau, der bei verschiedenen Druckern drucken ließ ". Auch die Druckermarke Kobians mit zwei Schilden, deren eines die Rose von H agenau, das andere ein Hufeisen mit zwei Sternen und einem Kreuz zeigt 14, ordnet Hanauer dem Hagenauer Hufsd1mied und Verleger Hans Griesbach zu. Tatsächlich tri tt in den übrigen H agcnaucr Druckermarken kein Hufeisen au f, nur die der Stadt zugeord nete Rose. Die srnriA:- künstl erische Qualität eines Hagenauer Kobian-Druckes von 1536 möge unsere Abb. VII zeigen. Die Druckertätigkeit Veltin Kobians in Dur/ach 1529130 Vel tin Kobian hat in den woh l knapp zwei Jahren sei ner Durlacher Tätigkeit außer sei nem Bibeldruek "auß verlegung Wolff Köpffls, burge rs zu Straßburg", noch drei kleinere Schriften gedruckt. Bleiben wi r zu nächst bei der uns zen tral interessierenden Bibel: Wir w issen nicht, w ie di e Geschäftsverbindung mit Köpfl in Straßburg zustande kam, können nur vermuten, daß die Sdla ltstation dieser Verbindung Hagenau war. Weder das städtische noch das staatliche Archiv in Straßburg besitzen Unterlagen, die sich auf die Verbindung Köpfl - Kobian beziehen ". Selt- samerweise erwähnen auch weder Ri tter noch Hanauer (vgl. Anm. 7) das gemeinsame Bibel- U nternehmen zwischen Köpfl und Kobian . Auch feh ren uns verbindliche Fakten darüber, wie Velti n Kobian aus Hagenau nach Durlach kam, wenn man hier nicht seine von Ritter 16 behaup- tete Durlacher H erkunft a ls ausschlaggebend werten wi ll. 17 Jahre vor Kobians Durlacher Bibel- druck hatte a ll erdings Du rlach (auch Turrclaci, Thurrelacum) bereits eine kl eine Druckerei zu verzeich nen, der man bisher drei Drucke zuschreiben konnte 17. Als Drucker bezeichnet sich der Durlacher Pfarrer N ikol aus Keibs, Mitglied des Johanniterordens. Er stand offenbar in näheren Beziehungen zu dem bekannten Künstler Hans Schäuffelin, da drei H olzschnitte desselben a ls Einblattdrucke den Keibschen Druckvermerk tragen . Keibs bedeutendster Druck wa r di e "Passio C hristi" von Ulrich Vannius, 1512, dessen Titelblatt wir zeigen (Abb. VIII) . Vermutlich kam Veltin Kobian nach Durlach (oder nach Durlach zurück), weil die damals schon sich in Durlach bei Hof und Bevölkerung zeigenden lutherischen Neigungen sein em Bibelunternehmen günstiß waren . Zwar wurde die Reformation in Durlach, wie überhaupt in der ganzen Markgrafschaft Baden-D urlad1 erst 1556 durch Markgraf Kar! II. (eben unseren "Karl mit der Tasche", Regie- rungszeit 1553 - 1577) offi zie ll eingeführt. Der Rcformationsbefehl gin g am 1. Juni 1556 ins Land hinaus >s. Aber schon der Vo rgänger Karls 11. , Markgraf Ernst (Regierungszeit 1527 bis 1553), nahm zwar keine offizielle Reformation in seinen Landen vor, bekannte sich auch nicht öffentlich zur "Augsburgischen Konfession" (1530), der maßgeblichen Bekenntnisschrift der luthe- rischen Kird1e, arbeitete aber auf den Reichstagen an der Vereinigung der Gemüter, nahm sich der Evangelisd1en zu Kenzingen und Waldshut an und hi elt sich selbst einen evangelischen H ofpredi- ger. D ie Durlacher Bibel war noch unter Markgraf Philipp (t 1533) gedruckt worden und Vier- ordt behauptet, wohl in Anlehnung an Leichtlen (vgl. Anm. 3), der Markgraf selbst habe Auftrag 46 gegeben, sie zu drucken ". Adolf Wolfhard drückt den Sad1Verhalt so aus: "Die Markgrafen hatten cvangelisd1c Neigungen, wollten es aber doch mit dem Kaiser nicht verderben ." Wolf- hard weist auch auf die Tatsache hi n, daß der aus Du rl ach stammende Jakob Si mmler Luthers ständiger Begleiter während dessen H ei delberger Aufenthalts im Frühjahr 1518, a lso ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, war . "Er dürfte also der erste Durlacher gewesen sein, der mit Luther in persönl iche, freundsrnafHiche Beziehungen trat :!O ." Vor dem Hintergrund dieser günstigen geistesgesch ichtlichen Posi tionen muß man Veltin Kobians Durlacher Bibeldruck-Unternehmen sehen, von dem man annehmen kan n, daß es woh lwollende Förderung durch den Markgrafen Phil ipp erfuhr. überhaupt waren ja die Markgrafen in religiö- sen Fragen stark engagiert, w ie auch das sogenannte "Stafforter Buch" beweist, das der Nach- folge r Karls 11. , Markgraf Ernst Friedrich (Reg ierungszei t 1577 - 1604), der sich seit 1599 öffentl id, zu r Leh re Ca lvi ns bekannte, auf Anraten sei ner Berater Georg Hanfeid, Johann Pisto- ri us und Joha nn von Münster im Jah re 1599 in dem Fürstlid1en Schlosse zu Staffort drucken ließ. Dieses Bud1 ist ei ne Abhandlung über die Grü nde, die den Markgrafen veranlaßten, zur Calvi- nischen Glaubenslehre überzutreten . Das Buch rief heftige Gegenschriften württembergischer und säd1sischer Theo logen hervor, ein Exempl~r dieses sehr seltenen D ruckes befi ndet sich im Pfinz- gaumuseum " . Schließlich sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß die Gemahlin von Friedrich Magnus, Markgräfin Augusta Maria, während ihres durch die französischen Kriege (1689 völlige Zerstörung Durlachs) erzwungenen zehnjährigen Aufenthalts im BaseIer Domizil, ein e vierbändige Bibelausgabe veranstaltete, d ie vor allem für die vielen markg räflichen Pfarrer bestimmt war, deren Bücher in dem unseli gen Kri ege verbrannt wa ren . Es ist ein sorgfältiger, von Augusta Maria seit 1696 begonnener, stets überwachter und 1698 zu Ende gebrachter Druck des Basler Druckers Joh. Jak . Battier ". Veltin Kobia n druckte, wie bereits erwähnt, außer der Bibel in Du rlach noch drei k leinere Sch ri f- ten, und zwar 1529 eine fünfzehnseitige naiv-medizin ische Abha ndlu ng "Eyn Regiment Wie man sich vor der Neüwen P lage / Der Englische Schweis gena nt / bewaren . Unnd so man da mit ergrif- fen wi rt / darinn halten soll / Durch Euricium Lord um / Der Artzney Doctorem und Professo- rem zu Margpurg". Das Büchlein ist im Pfinzgaumuseum vorhanden (Abb. IX). Auf dem letz ten Blatt steht der Drllckervermerk: "Gedruckt zu Durlach durch Velt in Kobian / Anno 1529", aber auch die Zierleiste auf dem Titelblatt weist das Büchlein, wie wir noch zeigen werden, als Kobian-Druck aus. - Der zweite Druck von 1530 ist eine Art Gesch ichtskalender von Christi Geburt bis 1529 auf achtundzwanzig Seiten unter dem Titel: "Annotatio seu Breviarium Rcrum Memorabilium ac magis insign ium a nato Ch risto usq ue ad nostra tempora gesta rum . Ex pro batissimis historiographis Industrie se lectar." Der D ruckervermerk steht auf dem Titelbl att : "Turrelaci per Valentinum Kobian, An : 1530." Auf der letzten Seite ist nur noch" Turrelacum" genan nt (Abb. X). Die Zierleiste ist dieselbe, aber auch das typische Druckerzeid1en Kobians (wie wi r noch zeigen werden) t ritt auf dem Titelblatt auf. - Der dritte DlIriacher Druck hat den Titel: "Xpovos sive Cronichon ins in gn iorum gestarum 1530" und hat uns nid1t vorgelegen. Er 47 ist lateinisch gehalten ". Die buchtechnisch-künstlerische Gestalt der "Durlacher Bibel" Neben un vollständigen beziehungsweise aus erstem und zweitem Druck zusammengesetzten wenigen sogenannten nMischexemplaren" und w enigen "Tei lexemplaren" der "Durlacher Bibel" gibt es - neben dem Exemplar des Pfinzgaumuseums - nur noch drei vollständige Exemplare der ganzen Bibel. Wir hatten das Glück, zwei davon mit dem Durlacher Exemplar durch Augen- schein vergleichen zu können " . Wolf Köpfl hat seine Bibel mit reichem Buchschmuck ausgestattet, der zu einem erheblichen Teil gewiß besonders für sie hergestellt worden is t. Wen n wi r Ritter glauben können " , ist der Illustrator H einrich Vogtherr, 1490 in Dillingcn (Donau) geboren, 1556 in Wi en gestorben. Textbilder finden sich an 332 Stellen der Bibel, doch ist dasselbe Bild oft zwei mal und mehrmal gebraucht, so daß die Zahl der vorhandenen verschiedenen Bilder erheb- lich nied ri ger ist " . Köpfl selbst gibt auf dem Eingangs- bzw. Gesamttitelblatt an: ,, !tem auch mitt zweyhundert Figuren mehr dann vo r hien nie / im Truck auß gangen seind ." Die Charakteri- stik der Personen auf den Tex tbildern ist gut. Die Bilder sind sämtl ich durch Zierleisten an der einen Seite auf di e Breite des D rucksatzes gebracht und des öfteren auch durch soldlC oben oder un- ten, bzw. oben und unten höher gemacht. Besonders schön ist das schon erwähnte Renaissance-Titel- bl att der Propheten, im Mittelpunkt unten eine weibliche H albfigur, deren Körper in zwei Schlan- genleiber ausgeht, ein Motiv, das in ähnlichen Varianten im 16. Jahrhundert immerwieder auftaucht (Abb . ll) ". Das Ein gangs- bzw. Gesamtti telbl att selbst is t in der Einfassung ident isch mit dem Teiltitelblatt zum "Ander they l des Alten Testaments", wie wi r durch Vergleichung mit dem Wolfenbüt teler Exemplar feststellen konnten. Da das Gesamtti telblatt im Exempl ar des P fin z- gaumuseums und im Stu ttga rter Exempl ar fehl t , im Wolfenbütteler Exempl ar im Druck ver- schmi ert ist, zeigen wi r statt dessen ein en guten Abdruck des, wie gesagt, identischen Teiltitel- blatts des "andern Teils des Alten Testaments" (Abb. X I). Das Blatt zeigt den Kampf Josuas mit den Amalekitern . In der Mitte unten das Druckerzeichen Köpfls in einer gegenüber den Abbil- dungen I und VI va riierten, reicheren Form. A uf der linken Seite ist auf einem Fahnentuch die Jahreszahl 1528 sichtba r (die auch einmal auf einem Textbild im "Buch der Richter" auftaucht). Der Bildersd,mllck des Neuen Testaments ist unabhängig von dem des Alten Testaments, künst- lerisch wen iger wertvoll und, wie es scheint, in den Anfängen steckengeblieben. D as Titelblat t zum Neuen Testament zeigt in sei ner Einfassung Gegenstände der Rüstung und Ausrüstung eines Kriegers. Unter den vier Bildern der Evange listen, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, taucht dasjenige des Johannes zweima l auf, mit einem Gesicht von mädchenhafter Weichheit. Es fo lgen fünf Apostelbilder von immer demselben H olzstock, dem auf besonderem H olzstock jedesmal das Attribut mit der haltenden H and zugefü gt is t. Sie trägt bei Pau lus (oft wiederholt) das Schwert, bei Petrus den Schlüssel, bei Joha nnes den Kelch mit der Schlange, bei Jakobus d ie TlId1 wa lkerstange, bei Judas die Keul e ". Zum T ext der Offenbarung find en wir die 21 H olbein- schen Bilder in schl echten Abdrücken (in allen verglichenen Bibelexemplaren), d ie eine starke Abnutzung der Stöcke erkennen lassen. Zierleisten sind in den in Straßburg ged ruckten Teilen durchgehend verwendet, um den zu schmalen Bildern die Breite der Kolumne zu geben; zuwei- 48 len ist außerdem oben oder unten oder aum an beiden Stellen eine Zierleiste an das Bild ange- fügt. Die Initialen sind von verschiedener Größe und Gestalt (teils Pflanzen-, tei ls Körperorna- mentik), künstlerisch besonders herausragend sind zwei N- und I-Initialen (42/3 x 42/3 mm) im zweiten Teil des Alten Testamentes (Straßburger Teil) und zwei schöne Zierbuchstaben (E und D), die mit den besten europäischen Leistungen der Zeit konkurrieren :!II. Der in Durlach gedruckte Teil weist - neben z. T. schönen Initialen - kaum Bildschmuck auf. Kobian ver- fügte in Durlach offensichtl ich nicht über die entsprechenden Druckstöcke (was wir sd10n beim Titelblatt zu den Propheten feststellten). So bleibt aud, das in Durlach gedruckte Titelblatt zum Dritten Teil des Alten Testaments ohne Zierrahmen (Abb. I). Lediglich bei den Propheten finden wir links von der kleineren Initiale zwei verschiedene leistenartige Bilder (insgesamt 16mal) mit einem bärtigen Mann mit Spruchband neben einer tragenden Säu le, einmal von vorn, einmal von der Seite dargestellt. Besondere Erwähnung verdienen aber im Durlacher Teil (Dritter Tei l des Alten Testaments) zu Beginn des Buchs Hiob und des Psalters zwei große bildliche Darstellungen Hiobs und Davids (letzterer von der B-Initiale eingefaßt; 11,5 x 7,2 cm und 10 x 8 cm, s. Abb. XII u. XIII) . Kobians Bemühen um die Schönheit des Satzbildes soll Abb. XIV demonstr ieren. Das Druckerzeichen Köpfls findet sid1, wie scho n erwähnt, öfters (vgl. Abb. I, I V, X I). Auf den von Kobian in Durlach gedruckten Teilen fehlt das Druckerzeichen, es sei denn, man macht sid, unsere folgende Theorie zu eigen : Kobian verwendet, gewissermaßen als Ersatz für ein eigenes Druckerzeichen (das er, weil er im Auftrag Köpfls druckte, nicht bringen konnte) 30 ei ne ihm spez ifisch eigene Zierleiste. Es handelt sich um ein e vertikal angelegte, aber stets horizontal gedruckte Komposition mit Schild- und Körperornamentik, insbesondere mit einem spitzbärtigen nackten Mann und einer nackten Frauengestalt. Diese .,Zwei Körper-Leiste" taucht in dem in Durlach gedruckte Teil (Kobian) insgesamt sieben mal auf, insbesondere auch auf dem absolut sicher in Durlach ged ruckten Titel zum Dritten Teil des Alten Testaments (Abb. J), aber auch z. B. unter dem benannten König-David-Bild (Abb. XIII). Diese Zierleiste hat Kobian aber auch bei seinen dem Durlacher Bibeldruck vorangehenden kleinen Durlacher Drucken verwandt (Abb. IX u. X) . Sie scheint also wirklich eine Art Ersatz-Druckermarke zu sein ' 1. Der kleine, sozusagen verspielte Zierschnörkel aus einer herz- oder blattförmigen Figur mit versch nörkeltem Stiel (Abb . I) taucht außer auf dem Durlacher Titelblatt am Ende des Buches Hiob (ebenfa lls Durlacher Teil) noch einmal auf. Das Zeichen ist auf einem der Bibel vorangehenden Durlacher Druck eindrucksvoll variiert (Abb. X) und ist auch auf einem Hagenauer Druck Kobians aus dem Jahre 1536 zu sehen (Abb. VII) . Obwohl dieser Zierschnörkel in mannigfach variierter Form von vielen deutschen und europäischen Druckern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhu nderts benutzt wird 3:!, scheint Kobian eine besondere Vorliebe für seine dekorative Verwendung gehabt zu haben. Die spezifische Gestalt des Bibelexemplars im Pfinzgaumusettm Der Vergleich unseres Bibelexemplars mit den Exempl aren von Stuttgart und Wolfenbüttel 49 ermöglicht erstmals eine genaue Zustandsschi lderu ng des Exemplars im Pfinzgaumuseurn. Sein - Zustand ist im allgemeinen als gut zu bezeichnen. Gebunden ist es in einen einfachen Kalbs- ledereinband aus den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts. Es fehlen insgesamt 85 Seiten, die sich wie folgt au fteilen: Gesamttitelblatt und Rückseite (" Register der gantzen Bibel ") Vorrede D. Martin Luthers und leere Rückseite Das erste Buch Mose Der in Durlach gedruckte "Dritte Teil des Alten Testamentes" ist voll- ständig vorhanden . 2 Seiten 9 Seiten Seite 62 Seiten (Renaissance)-Titelblatt der Propheten (Abb. 11 ) 1 Seite und Rückseite (erste Seite der Vorrede) Seite Im Durlacher Exemplar statt dessen ein leeres Blatt (2 leere Seiten); der Druckstock für das Titelblatt der Propheten befand sich augenscheinlich in Straßbu rg; sonst ist auch dieser in Durlach gedruckte Teil vollständig vo rhanden. Titelb latt: "Dye bücher dye bey den alten ... " (Abb. IV) Seite (nach "End des Propheten Maleachi") und Rückseite ("G nad und frid dem Chris tlichen Leser") Seite Rückseite von "Bel. cvij", vor Titelblatt "das gantz New Testament" Seite (enthält Köpfls Druckermarke und den Text: "Getruckt zu Straßburg by Wolff Köpphel uff den neünden tag des H erbstmons im ja r M.D.XXIX." D ie Seite ist im Durlacher Exemplar unlösbar überklebt. Offenbarung 4 Seiten (zwischen - rechts unten - "Das xvi . Capi tel" und - rechts mitte - "Das xx. Capitel") Vorletzte Seite: .. Hie volgt das Register . .. " und Rückseite (letzte Seite): "Errata" Seite Seite 85 Seiten Handschriftliche Ei ntragungen aus der Zei t zeuge n von frühem eifrigem Studium der Bibel, augen- schein lich durch einen Theologen. Das in Durlach ged ruckte Titelblatt zum D ritten Teil des Alten Testaments weist in roter Tinte die Jahreszahl 1533 aus. Besonders der "Psalter" ist mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen, an seinem Schluß finden wir einen Sdmörkel mit der Jahreszahl 1540. übri gens zeigt ein Schriftvergleich der Eintragungen im Durlacher und Straßburger Bibelteil (um 1533/40), daß beide Teile sd10n von Anfang an zusammengebunden waren . Am Schluß des Buches "Esther" find et sid, ein Eintrag: "Anno 1667 hab ich die Bibell ... kauft kost Ein Reichsdaler ... " Das statt des Renaissance-Titelblatts der Propheten gesetzte leere Blatt ist vor- und rückseitig mit einer der üblichen fam il iä ren Eintragun gen (Tauf-Vermerk 1670) und Hinweisen auf Bibelstel len beschrieben. 50 Wie wir sahen, stellt uns dieser gemeinsame Straßburg-Durlacher Bibeldruck noch vor manche ungelöste Probleme. Als Zeugnis der religiösen Entwicklungen, der frühen drucktechnischen Mög- lichkeiten wie als Dokument der hei matlichen Geschichte ist er uns gleicherweise wichtig und ehrwürdig. Anmerkungen 1 Johann Daniel Schöpflin, Hi storia Zaringo Badensis. Carlsruhe 1763-1766, Bd. I!, 1764, 5.333. 2 Johann Christian Sachs, Ei nlei tung in die Geschichte der Marggravschafl und des marggräv- lichen altfürstlichen H auses Baden. Carlsruh e. II! . Teil, 1769, S. 190; IX. Teil, 1770, S. 58. 3 Julius Lampadius (d . i. Julius Leichtlen), Beiträge zur Vaterlandsgeschichte. Heidelberg 1811 , 5.50. - Siegmund Friedrich Gehres, Kleine Chronik von Durlach. Ein Beitrag zur Kunde deutscher Städte und Sitten. Karlsruhe 1824, I. Teil, S. 70 . - Woher Gehres die Bezeichnung "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei " hat, ist uns unbekannt. 4 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach. Heidelberg 1869. S. 243. 5 Vgl. M. Luther, Die gantze Heilige Schriffi Deudsch. Wittenberg 1545 . Nad1druck Mün- chen (Rogner & Bernhard) 1972, I. Bd., S. 77. Weitere Nachd rucke bei Köpfl 1535/ 36 und 1537/38. Letzterer bringt schon ganz Luthers übersetzung. 6 Engelbert Strobel, Ein Streifzug durch die Geschichte von Alt-Durl ach. Tei l 11. In : Badische Neueste Nachrichten . Karlsruhe. Vom 3. 11. 1961. 7 Sämtliche Inhalte dieses Abschnitts verdanke ich der grundlegenden Arbeit von Fran,ois Ritter, Histoire de )'imprimerie alsacienne aux XVc er XVIc siecles. Strasbourg-Paris 1955 (eingehend besprochen von Jean Rott, Note sur I' imprimerie Alsacienne aux XVc et XVIc siecl es. In: Revue d'Alsace. Bd. 95 (1956), S. 63 ff .) und der Arbeit von A. H anauer, Les imprimeurs de Hagenau. Straßburg 1904. - Die Arbeit von Ca rl Schmidt, Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, Straßburg 1882 (unver- änderter Nachdruck Graz 1971 ) ist für unsere Untersuchung unergiebig, da sie mit dem Jahre 1520, das "den übergang aus dem Mittelalter und dem elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Reformation" bezeichnet, absch ließt. 8 Seltsamerweise erwähnt die grundlegende Arbeit von Ritter - Anm. 7 - KöpfIs Gesamt- bibelausagbe von 1530 nur am Rande, nämlich an läßlich ihres Illustrators Heinrich Vogtherr (a. a. 0., S. 283 ). D iese Erwähnung geschieht ohne jeden Bezug auf Kobian. 9 Vgl. Pau l Heitz und K. A. Barack, Elsässische Büchermarken . Straßburg 1892, S. XIX, XV I-XX. (Ein Exem plar im Lesesaal der Württembergischen Landesbibliothck Stuttgart.) 10 Ritter - Anm . 7 - hat augenschein lich Hanauers Forschungen mitverarheitet. In unseren Darlegungen sind die Ergebnisse beider Forscher zusammengefaßt. 11 Ritter, a. a. 0., S. 402: "Valentin Kobian etait originaire dc Durlach." Woher Ritter (der sich auch hier auf Hanauer stützt) dies wissen will , ist unbekannt. Wahrscheinlich schließt er dies 51 aus Kobians H agenauer Druckervermerk von 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" . Sicher ist • nur, daß Kobian als selbständiger Drucker zum ersten Mal in Durlach auftaucht. Die Durla- cher Kirchenbücher, die allein Auskunft geben könnten, si nd 1689 sämtlich verbrannt. 12 Vgl. Karl Springer, Ettlinger Wasserzeichen. Ein Beitrag zur Geschichte der Papiermacherei . In: Badische H eimat, 15 Jg. (1928), S. 232 ff . Ferner: Strobel - s. Anm. 6 - und den Artikel "Medizinbücher aus Ettl ingcr Druckereien" in: Badisme Neuestc Naduichten, Karlsruhe, vom 7. 9. 1968. Die Ettlinger Drucke sollen danach auf Ettlinger Papier ged ruckt sein; Strobel behauptet dies teilweise auch für den im nächsten Kapitel näher behandelten Durlacher Druck "Annotatio" von 1530. Die Ettlinger Drucke waren: Jak. Schenk, Gerichtsordnung, 1530; Kaspar Gretter, Drey schön Psalmen .. . 23 . 8.1531; Joh. Virdung, Novus medicinae metho- dus, 1532 ; Joh. Brenz, Tractatus casuum ... matrimonialium, 1532 ; Avicenna, Quarta fen, primi de universali ratione medendi, 1531. (Quel le: Josef Benzing, Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1952, S. 50).- Das Albgaumuseum in Ettlingen war im Besitz einiger Ettl inger Kobian-Drucke, sie sind, wie der Leiter des Museums mitteilt, vor einigen Jah ren entwendet worden . 13 Vgl. Heitz - Barack, a. a. 0., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. I, und Ritter, a. a. 0., Anm. S. 407. 14 Vgl. H eitz - Barack, a. a. 0 ., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. 2, und ei ne Notiz S. XXXII. Es scheint so zu sein, daß di e Komposition mit zwei Schilden, von denen eines obl igatori sch die Hagenauer Rose trug, das andere das jeweilige Drucker- (oder Verleger) zeid1en, die übliche Form der Hagenauer Signete darstellt . So finden wir diese Komposition z. B. auf ei ner Titel- einfassung aus Heinrich Grans Druckerei um 1510, wo das rechte Schild ein X-förmiges Zeichen, darüber das Monogramm H. G. trägt (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher-Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 74). Siehe ferner Anm. 30. 15 An dieser Stelle sei dem Direktor des Städtisd1en Ard,ivs in Straßburg, Monsieur F. J. Fuchs, und dem Direktor des Archives Departementales in Straßburg, Monsieur F. J. Himl y, für freund liche Auskünfte gedankt. 16 VgI.Anm.11. 17 Vgl. Josef Rest, Die Entwicklung des Buchd rucks in Baden. In: Klimschs Druckerei-Anzeiger, Frankfurt a. M., 57 Jg. N r. 26 v. 1. 4. 1930 und Engelbert Strobel, Von alten Durlacher Druckern. In: Soweit der Turmberg grüßt, Karlsruhe, 2. Jg. Nr. 5 v. 1. 7. 1950. - Der im folgenden erwähnte Druck "Passio Christi " war 1924 im Buchhandel angeboten . 18 Sachs, a. a. O. - Anm. 2 -, IV Teil, Carlsruhe 1770, S. 95 ff. - In diesem Zusammen- hang ist interessant, was Sachs über die Beziehungen der badischen Markgrafen zu Straßburg berichtet: "Die Freundschaft, welche die Herren Markgrafen zu Baden seit langen Jahren gegen die Stadt Straßburg gezeigt hatten, veru rsachte, daß Markgraf Karl an demjenigen Anteil nahm, was zwischen derselben und ihrem Bischof vorgi ng. Der Stadtrat hatte Anno 1529 das Meßwesen in den Hauptkirchen eingestellt." Sachs berichtet dann von den jahre- langen Verhandlungen der Stadt Straßburg mit dem katholischen Bischof E rasmus und fährt fort: "Bei diesem ganzen Geschäfte wurde von den Straßburgern nichts ohne unsers Mark- grafen Rat und Gutbefi nden vorgenommen." (Sachs, a. a. 0., S. 132 f.) 52 19 a. a. O. - Anm. 18 -, S. 10,17,22 f., 56. Ferner: J. Chr. Sachs, Auszug aus der Geschichte der Markgrafschaft und des markg räflichen altfürstlichen H auses Baden, Carlsruhe 1776, S. 85. - Durlach kam erst nach dem Ableben Markgraf Philipps (Baden-Badische Linie) 1533 zur Pforzheimischen oder Durlachischen Linie. - Vgl. Karl Fried rich Vierordt, Ge- schichte der evangelischen Kirche in dem Groß herzogturn Baden, Karlsruhe 1847, Bd. I, S. 243. 20 Adolf Wolfhard, Aus Durlachs Vergangenheit. In: Evangelischer Bundesbote. Karlsruhe, Jg. 1928, Nr. 8/9, S. 4. - Den Gesamtzusammenhang der badischen Reformationsgeschichte beleuchtet Ernst Walter Zeeden, Klein e Rcformationsgeschichte von Baden-Durlach und Kur- pfalz. Karlsruhe 1956 (hier insbesondere S. 20 ff.). 2 1 Titel: "Christi ichs Bedencken und erheb liche wolfund irte Moti ven deß Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn / Herrn Ernst Friderichen Markgraven zu Baden und Hochberg / ... Welche ihre Fürst. Gn. biß dahero von der Subscription der Formulae Con- cordiae abgehalten / auch nachmaln / dieselbige zu underschreiben / bedencken haben. Samt ihre F. G. Confession und Bekandrnuß über etliche von den Evangelischen Theologen erweckte strittige Artickel. An den Durchleuchtigen Hochgebornen Fü rsten und Herrn / Sei ner F. G. geliebten Herrn Brödern und Gevattern / Herrn Georg Friderichen / Markgrafen zu Baden und Hochberg / . .. Ausser den / in Ihrer F. G. vorhero gesetzem schreiben / oder Epistel / an statt der Pracfation / ei ngewendten Ursachen / getreuer Brüderlicher wohlmeinung / selbsten verfast / und in Truck verfertigt. Getruckt in Ihrer F. G. Schloß Staffort Durch Bernhardt Albin M.D.XCIX." - Im selben Jahr erschien in Staffort ei ne kleinere Ausgabe dieses Buches zum Gebrauch in der Schullehre, deren Satz, abgesehen vom Titel, vorangestelltem Edikt und Paginierung sich buchstäblich mit S. 359-555 der größeren Ausgabe deckt (vgl. Lautenschla- ger, Bibliographie der badischen Geschichte. Bd. H , 1, Karlsruhe 1933, S. 37, Nr. 9572 . Und: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 18. Bd., Leipzig 1906, S. 744 f.). - Der Markgraf hatte den Speyerer Drucker Bernhardt Albin, Calvinist und bedeutendster Speyerer Drucker im 16. Jahrhundert, eigens nach Staffort kommen lassen. - Staffort liegt nörd lich von Karlsruhe, gehört jetzt zur Großgemeinde Stutenscc. Das Schloß wurde 1689 völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Markgraf Ernst Friedridl weilte häufig zu länge- rem oder kürzerem Aufenha lt dort. - Literatur: Sachs, a. a. 0., Anm. 18, S. 252 ff.; Sachs, Auszug, a. a. 0., Anm. 19, S. 99; Gehres, a. a. 0 ., Anm. 3, 2. Teil, S. 95; Karl Friedrich Vierordt, a. a. 0., Anm. 19, Tr. Bd. Karlsruhe 1856, S. 32 ff.; Fecht, a. a. 0., Anm. 4, S. 251 (Titel des "Stafforter Buches" ist fa lsch wiedergegeben); Die Kunstdenkmäler Badens, IX. Bd., 5. Abteil.: Karlsruhe Land (bearb. v. Lacroix, Hirschfeld, Paeseler), Karlsruhe 1937, S. 197. Emi l Strauß hat den Widerstand der Pforzheimer Bürger gegen das kalvinistische Engage- ment Ernst Friedrichs in seinem 1912 erschienenen Roman "Der nackte Mann" behandelt. 22 Titel: "Bi blia ... Teutsch Doct. Mart. Luther. Auff gnädigste Vero rdnung und Vorschub der durchlauchtigsten Fürstin Frauen Augustae Mariae Marggräfin zu Baden und Hochberg. Basel 1698 bei Joh. Jak. Battier." Literatur: Hans Rott, Kunst und Künstler am Baden-Durlacher 53 Hof bis zur Gründung Karlsruhes. Karlsruhe 1917, S. 141. F 23 Der Druck soll in der Vatikan-Bibliothek in Rom vorhanden sem. Vgl. Benzing, a. a. 0 ., Anm. 12, S. 43 u. 5 . 7. - Der zweitgenan nte Druck .,Annotatio" stand uns in einem seltenen Exempla r der Stadtbibliothek Trier zur Verfügung, wofür wir H errn Bibliotheksdirektor Dr. Laufner, Trier, zu Dank verpflidltct sind. (Ein Exemplar war 1927 im Antiquariat an- geboten.) - In dieser Geschichtschronik heißt es unter der Jahreszahl 1222: "Conradus Fridcrici primi Cesaris frater occisus in Du rlach oppidu lo, prope Lueshardum si luam, ob adu lterium, dum proficiscitur contra Zeringeses." Unter 1230: "Rudolphus Habspurgen . Alsatiae dominus Durlachum, Mulbergum ac Baden cepit, turrim Durlacensem destruxit." Unter 1519 : "Pestis admodum sevit, ur a Pasce festo uscß Martini in Durlarn mille ceorum, & apud Ettlingen Sesquimille emigrarent." Der Verfasser (oder Kobian) hat also in weltge- schichtlichem Zusammenhang der Druckerstadt Durlach gebührende Reverenz erwiesen. Unter 1524 vermerkt er auch die von uns schon berichtete Intervention des Markgrafen Ernst zugu nsten der Kenzingcr Lutheraner. - Im ganzen handelt es sich um ein Kompositum aus weltgeschichtlichen und provinziellen Daten. 24 Die "Durlacher Bibel" ist in Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek), Wolfenbüttel (Herzog-August-B ibliothek) und Wernigerode als Gesamtexemplar vorhanden . Die Bayerische Staatsbibliothek München hat ihr Exemplar durch Kriegseinwirkung verloren, die Schloß- bibliothek Maihingen (FürstI. Bibliothek Harburg) hat ihr Exemplar 1934 verkauft. Für die freu ndl iche Vermittlun g in die Einsichtnahme des Stuttgarter und Wolfenbütteler Exemplars sowie des in Stuttgart vorhandenen Nachdrucks von 1530/32, sind wir dem Leiter der Badi- schen Landesbibliothek Karlsruhe, Bibliotheksdirektor Dr. Elmar Mittler, zu Dank verbun- den . 25 Ritter, a. a. 0., Anm. 7, S. 283. 26 Diese wie die folgenden Angaben sind - nach Überprüfung - folgender maßgeblichen Quelle entnommen: P. Pietsch, Bibliographie der deutschen Bibel Luthers. Nr. 146. In: M. Luther, Deutsche Bibel. Bd. 2, 1909, S. 472 u. S.490/500. Wir ergänzen diese Angaben später durch spezielle Hinweise auf die Druckermarken Kobians und auf das Bibelexemplar des Pfinzgaumuseums. 27 Erinnert sei auch an die bei den Schlangenleiber in der Druckermarke Wolf KöpfIs. 28 Derselbe Druckstock ist auf einem Corvinus-Druck KöpfIs aus dem Jahre 1540 für Sankt Andreas wiederverwendet, das Attribut ist hier das Kreuz mit schräggestelltem Balken (vgl. Ritter, a. a. 0 ., Anm. 7, S. 241). 29 z. B. mit den Arbeiten von Geoffroy Tory in Paris um 1536 (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher- Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 97). 30 Es war üblich, daß ein Drucker, der im Auftrag ("auß Verlegung") druckte, keine eigene J!1ruekermarke benutzte, sondern dem betreffenden Werk das Signet des Auftraggebers mit- g~b. So zeigte z. B. der Straßburger Drucker Matthias Schürer, der für die Brüder Atlantsee in Wien druckte, in diesen Büchern nur das schöne Atlantsee-Wappen) nicht das Schürersmc Wappen mit der Garbe (vgl. auch Anm. 14). 54 55 31 Im ganzen in Straßburg ged ruckten Bibelteil taucht diese Zierleiste nur dreimal auf (Neues Testament, Episteln St. Pauli u. St. Johannis). Es ist zu vermuten, daß dieser Teil auch in Durlach ged ruckt wurde. Unsere These wi rd gestützt durch die Einsicht in den Straßburger Nachdruck von 1530/ 32, der ohne Kobians Mitwirkung bei Wolf Köpfl erschien. In dieser Neuauflage, die im übrigen im ganzen nicht mehr so reich illustriert ist wie die Erstausgabe (es fehlen Holbeins Holzschnitte zur Offenbarung; dafür ist als Titelblatt für das Neue Testa- ment die Renaissance-Umrahmung der Erstausgabe - Abb. II - übernommen) taucht weder di e spezielle Zierleiste noch der besagte Zierschnörkel auch nur einmal auf. 32 z. B. bei dem Straßburger Drucker Christian Egenolph, dem Mainzer Peter Schöffer oder dem Franzosen Jean de Tournes. - Das Exemplar des Pfinzgaumuseums wurde wohl beim späte- ren Einband beschnitten, ebenso wie die Exemplare in Stuttgart und Wolfenbüttel. Einer Seiten höhe von 25,5 cm (Exempla r Pfinzgaumuseum) steht eine Seitenhöhe von 28 cm (Exemplar Stuttgart der Neuauflage 1530/32) gegenüber. Dagegen erwähnt Schöpflin 1764 (a. a. 0., Anm. 1) ein Durlacher Exempla r in Quartformat aus der nach Basel geretteten Baden-Durlachischen Bibliothek. ... .' : , , ; ... I . ' .. ; : ". J)lop~(tdl ~lUc groß 6nb fkitt. J.Ja~u Urcr~tQ Gar fU! <tnitrdil. ~ ~IOi~lr blr I})!Op~tltn. f<) ' "'f (JI(aia Jncmla 11111 • LJr~totitl ~anlll f<)it IlI>öltf flrplI/n I})lop~tlCn f. J.Jorta. ~il. O1~~um. ij. Jo~d. \)iij J)abafuf iJj. :2Ionoe. ir. @<vI/ania 'ili; .o6.1bia. r. J)aßoai. ]"olla. rj. 6rdlaiia rolidia. ril. ~aladii. , .. -)./ # .', ' 1"'".1. 1 ' '., I • • ' .,', . ,,' jJ '" l( il 'I,t 'O lpll(il l!J..U'~J U 9 "JJ °tlU O C ·'I'OOttcr 'J ' t I ~ "!1J1IiJd>e 'J, .... ,1.'; Jnl"q.C ( I". 'p~oC . _ ~ . _ 'wngotcl '1.1' " ')0 (( 'I 1~ ;C1I'~ W I,qclo'({, ",uam M I!"" 1)(3' ;t~ \ : ?'W " , ~ P)J"9 '(1 '1111 lI'" """,uC .).j'C J ... . '" "'''ljdo:\t> 1lQ 1l~)O'lG liO 'IlJIJ'PIX tUl ,.0 # l''')n nv.Ci 'U Pij ~U9 ~O.l!3 lJl).cs !P"AdOt{f ,p)I<I,"O ) IJlQ ung ~l"" UIllI~lj UlQ "9 0 IJU l)"!)) 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U Ju.ttQ lInflpfi!.l U (\JJlaI Q uu"'iJ.ug ... ~W'lI'lpjH'J U U Q lInr 1'"11 U~""u ""'" '"'9 ';' lUrQ: .lPuo,"nQJ'~ tJvlj w :ogJG P lll J10/!l1 UJF.,p6.1IQ Utu 'UII/p~>j u'u ~Q""9 l,09,61p'Q U IIQ 'U 'U !'Q rQ lip)Q /PI ~UlOltl9 q),IJ *9 9~~ --- IV v VI ~:E~5iia·~·~~ i 1 ~mounefre"ottbtee( f~uuerain feigtteur / mOttfCI,gtteUr ~(tttb~tne f<)ucbe ~alab:elbc f.~r:attte/etbe ~anc. ~ ~ oy cflant bc ~ofIre n~bJ(sra(e/ttcr.l/uffte ec·fouucrai" feigne~r /ecbtmon Jculn( parfalre/ccquepartic p"te (uybe auoirparacbeut I ctffaffalloi: bc monlabeur; ettJ;iguc& lucllb:ation& ~ou&faire palticipant/oÖt ayJebefbic a ~offre !}onlltur ct ~enom cternel; cc cn uoyt antc: l)"1IQlllt gracc; ce petit opufcul bll broit tfa,pt que fuy& cfIc par pricre& bamy& contrailKt/publicr / 611ppliant ttcs!}umblcmcnt "rebictc fouuctainc graet le "oulloit sraticufcmet ~cc(puoir let bc "re Ctcfbllmble fubsect/ct petit ftruitcur btnignemcnt a mallicrc accou~ ffumee acccrtcr / 2tyant fouucnance becdluyqllilibtta~ lemct par "rebiete gracc a cffeltetenu a "rc noblcfcruice 2tuqud tdlcmtnt JI tfptrc foy maintcnir/ a "reprolfict que auecla src bu (Clcat~lIr Jl y aura, bonn(\ft~ ~t quc cy apreslc tlolllb*,~l"rl oy~r/ttqu.1 VOlJ6 plalra luy 0:; bOltncr '" feraloyaulmet fon acq~iff/iDc 6pirc c,c pcnlll: Joul:bc Juillct ~anbc graccnrcfctsnCllr; ,"11c'"'1(cn& trentc fiJ;. VII • p2166JO Ab'Vb41t'l mcc(~ 4:Q,1t'}S'l1 co 'Vannfo nie ArAtA t·. VIII tepn ~egimett( ~ie tlt(tn fic(j ~~ Dfr \neUt1'ln W(age/ ~" ~ngfifcf1c ~t1'd& aenant/6tt1'artn. C:Unnb f~ man Da tnit "griffen~irtl Dannn ~a("n foUl ~urdi~uriw um~o~ euml ~"arl1Rtt1 tf)Otff, rfm "nb (})~fell'omn . ,1\ Wlafgpuf6. t I I' a, . " IX • • • • 7 ilnnorario (eu BREVIARlV-M RERVM MEMO~ " b11iumac magis "inngruuma nato CHRISTO ufqucad noltra cemporagcijarum.Expro batiffimis hillorioe graphit Indu ,.;.. . • ,.Qo ftrie(c ,,Plffn /~,"t~ !!:..t"'~'''f ./ .P, I~. ~u~ ---~ OpIculum ftotrum, er antefaat, DIlftt in lucem ~tum. LI" J2-.j,iA g Q 0 ':01"11 " cS'rpa -,..4tJJ ~ ~l; ,j"::' '3 t c;~.~ ü " • 1C)' - J. ~ TurreIacl per Vafflltinum - Kobian, An: • r JO. x ~aG ~)eiiifter ii6erbie~"~ d2er\)ifcG t~ep(6. . rI 1 JJorua• • I[ .!Die IXidittr. 1Il \XUf~. '" J III[ L""dlf: E3amud • .{ja$lV J"'" 11.!Dit ,UniBi VI ~~!oni'a. Vll <&f~tr. Vlll .Erra$ vIi \1lt~tmj41 M. D. XXX, • XI .. ~a6~n~g;icb. _ ii . rnadill fldi DtemOlgme fra aufT~.l OvfT« It b.dOovffcrtnadi i~!a(ftr ;.'/~tii.f,Jio~ Q) gtOadilt/ m,ine fÖnt m~dilfllge("nDietl! 1In0 Dfn~mn gt('Ontt ~abtn inl~ltm ~q: qen.~Wo I~rt J)iob aUt taßt • .E~6eßa&fldi a6er anfT t~nCtag/Da Dt~ finDe r Q!Otlt, tamm MnD für Dm RERRf!! I",um/tam D,r6atd and) ~nDerflt.~q: HERRa&cr (p'adi.u Dem 6alan/ll'0 tüp~ bu ~cr'6atan anltl>OllU Dem HERREN bR fp,at!ilJdi ~ab im fanO bm6~er .ogrn ~R 6~n ~erDlIrlf1 jogrnn. ~er HERR (p"'di;~ 6atan/.f,Jafr Ou nidit adil 9~61 auff llIti nm fnedit .f,Jio&, ~rnn reifr ('in gftidie nidil im fanD'/(dif'dir ~nDrcdif/90ttf~'di tiß ~nD m,tDu Oaß 60(e. 6arall anrWOlfte Dem HERREN ~nnD (pI4di/ ro?t~nfr Du Daß .f,Jio6 bm6 fUnfr <!loft (o'ditrt' .f,Jafr 01. bodi i~n/ fein flallv~nnD affte wae ,r ~al/ rin9hm6~"~ml>art/ ou ~fr Dem ",erd fein.fl ~rnOt9'f'9nef/\,"Dfrin 06r ~.I ndi aa~!tVfltl im fanO,/<lI&crml"brin, ~dO auv ~nnb rafr' an olfe~ wae er ~afl "'a5 gifbfO/rr wirt bidi ine ongrfldil fe9f·~,r HERRE f",odi!IA 6at.n/ 6i~e/ allt&wae -.! tr ~.f/f'v in Deintr ~,lbf/ on aUevn an ;~II ftfbe fege Oein, ~,lbt nidit.~a 9irnO 6!V lan auv \'on btln HERREN. . ~ae raoeea6cr Da ftint (ont ~nD radi' malTen ~nnD rrunden Ivrill in i~,e6 &:Ö' . Dr.re~au(t btHlflfl farn tvn 601r;1i J,Jio6 man lm ~IID fp,adil ~it rinDrrp/l'ugtftn NIIID Die fanOt<:lOIJ.Dtr&i,& tfdvnnen oi,"gtnne6mi~n an berwIV> . ,. gOUfoUig .~I/ Dalldrn bit auv ffidi 21r06io ~mvnl \,"nb namtll flt ~nnD fdifügtfl Diefna6tll mir.DII fdicrpfTt Dte fdin'erDIP/\'nb id! bIll 'amldl f'Önfrbil alftvn tnrrunen/bae icf) Dite anfagtt/~4 Dtrnv.di rtDtf/fam tvn anDcrbnnb fp:adjt al? baeftf\!! ~rtte fit! bom ~piitd/MnDwf' . b:.nDI (diaff~nbfna6m ~nD wrltlet fltt madi .~nD icf)6vlI affr~n tnlrUnntnl bae idj biro auff allfa9tl .. ~a Du nodi "betl fam rvnirl1~ .!D .N ..... "· '" jpladil ~(c .!:~afDttrrnadilmC:tp Wi~fJ r,~;~~~i~~i!~i~t;;::!~:~ ~b G6ufitfm bi,'amttl~nb fdjfltgtn Oie 'na6en mil ber fclitrpfli Dff fdi"'trDe lbtl~ 1>4 ijfi5vn ,,"tPII II\tfIInnmlbae idi birean(q <lI~'; .. .{ XII i :](rum6 t06m bit .(Jtvbtn / bnb :]( g bie ledu rc~f(o btrge6lidi. ~ie g(d)id). tünige i", IdOl II~ntn fidi duff/ 4.b \)110 biera~tQmn ratQ(dilagm mil IVtlallDer t<;llliOer o,n.(J ~\X \X 01 \)110 (<inm o,(ollictm. ÜPI bns ItlrtifTcn t~" 60nO<l MIIO \lon bnne 11>""'10 tQ!t rlvl'. :<I6tr Dir im QuollI 1I>0nlt lI>irt ;~!laditnl bnnO Ocr J)~\X\X lI>irN ;Ql!pomn. ~a f.!) "'irN er mit iQ" rcOlO in (tint'" lomlMO nlit rein,,,, grvtu roirOt er fi t (di:rcfcn. ~6er icfl 1/06' mlillen rwnig 'v"~,(e~ C/ auff\l1einen Ilcvlig," 6crg;;l ton. Jd) lI>il \lonOC\l1 ßfat! p"Oi9,"/~"SOer .(J~\X<;)( ~,b". ;u \I1irgcfaot Qat/ ~16 iflm'illfoll l [!rntll •. b~ ~g6 iW DicfWitÜQet • . J)ev/fcf1' IJon mirl ~ fo !uill ilt)bir b" J) evom ;um erDe ge6wI ~!.,td;' \)110 Der "'c((t cnOqtim tligtlulj ll mo • .€lu (olt fie mit b,m eife," i'pt., j('(d/laoml wie eVll6 topffm ocf'('\ foftu fie jii(dim'i(' ("'. S o fdll1" fl ngil/! fun ' \i e/ \lnblagl eucf) ; tiO)II9W ill! ricf)ter il\l lallO" .€lit' CD fftn. 1IC1 bellt J) o!:\XOX'V ' mil fo: cf)I/MI fmu't b~ . , . ~. rlld} mir 5iucrn· .iüffcn btttllt' b4& (r tln,19' ( . "icf)t lür.c l\li! j1i! brn II>tg\llrlirret. ~C!i (beln bcr ItIC~t fcin jO:1I ",irt 6al0 an6!rnnrn/a6t1wol al' r.tQ btrGou' fm bie aufft~ trawCll. tritt a"ff bm ~ iii I"ccf) fir.1 ~ GoI '" . ~ b Oill'ootl'rr/iqm ec~. ~",pn').'!l" m ",-,a~" I o,r ~'IIIfLuu.SCji\!b~.b:~ tlodi für (rinen (on ;:Y6(,tl011 • ~~fcinau.ß'l'~ 1119 »llb natfi' 11.{:l HERR/tIlicifl meiner f"mbt ro :]( ~I\lItDlrtillll>i"vn 6aum g'pt!ant,1 \lid / \lnO f,~rn fi di (0 .itlll>iOtr ~f~r 6ccfitnn I ~I reine fulll" ._ mief). <:Vi!1 fa gm ~on m,illrr 2!. r. . 1ll;tI1l / (Ul1I\b (Iint 6lttt.o" ftll/ -ir ~.I f,v"e Quljf, b~v G~tI, 6da. ~'~n~ "!"'rn "I~trmdcf!lll\l~ waHr fdiafft ~r ~u HERR 6i~ ~ fdi llt fur midi I bil'er • .r,. ~',~m glhnO"'. ~6tr (0 II>trOf6 ~'" midi IUIQIC f"!tI\l!i mciE f},ti614ufliidil. • i>: Iieren Illdit oeQtn/ec.n~'rt1 wir Ocr Jdi lI>illmit /II,intr flvm btn HERRN an' ~"' DitOrrl~lI\or Utr/lrIUtl. ~arum6 tllff,n /So noirt rrmief) trf}a:t" bo (,i "tm ... ~n ~It GoUlo(tn Im gtrid/lnidil fit' ~tVlig," ['erg,.SlIa. Jdi "'gM fdilielfl .. "illlitn/nodibif {RnOn in OtrgtlllfP' uii 6in ,rwatlil/~il~HER.R /l1I!}1I1 mief1. c .E.{. iiit .. ' XIII . f~U ~5~i~~f;::~~i!: IW'Mig/l,n tag Cfe /ftlßlfftrn mona"/~as .EntlIDIrrobildjbtr'tinig ~on <;!lo&rr I (.11 /or .'6rr tDnig warbl ba6 ~aupl JOi •• tim bt6 "ni96 in JUbiI rr~ti6 /.nnb (tU' !Xrilf 4ulfbtm trQblltpn, n,unqisor" granafaffet! I~n au§b,r 9'fdncfnti6 au§ fi" ~nn~ rlb" im fl',untlidj ;tl/~nnb r.q, (,in'R • 1~lon ~6,r oll, 1~16n~rr 'IV nig,n bi'6,pim/a <;!la6rlftlar'n/I>nb rr ~,rdnbrrt im bit '('V~~ g'fdncfnti6b.l trn~6 alllltgfrtnlt6,n lan9 ~I im b.l (tin vfrilO """biIllC<l91i<fl ~on ot fünlg aUf <;!la6t! ge 6~rtallt lag (0 M tr btOolfft ftin Itbt 'al1g. !Cltltbc beG Pl(\P~Cf tcn~ct'c mia. tl il • • XIV Eva Zinunermann Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen Im Gegensatz zu den immer noch reichen Beständen des Breisgaus an spätgotischer Plast ik haben sich in unserer Gegend nur wen ige Skulpturen aus dieser Zeit erhalten. Um so größer wa r die Überraschung, als an läßlich der Neuein ridltung des Pfinzgaumuseums zwei aus Wössingen stam- mende Figuren dieser Epoche, eine Madonna und ein männlicher Heiliger, ans Licht kamen, die mit besonderer Sorgfalt geschnitzt sind '. Leider tragen die Bildwerke schwere Schäden: beiden si nd die Hände sowie die Nase bzw. Nasenspitze abgeschlagen; mit den Händen hat der Heilige seine Attribute, hat die Maria ihr Kind verloren. Dies si nd typische Wunden, w ie sie ein Bi lder- stürmer den ihm verhaßten Idol en zuzufügen pflegte. Fragen wir, wann das geschah, stellt sich ganz a llgemein die Frage nach der Geschichte der Bildwerke. Ehe sie im April 1893 in die dama- lige Großherzogliche Sammlung vaterländischer Altertümer kamen, befanden sich die Figuren im Rathaus von Wössingen. Ein hl. Sebastian und eine weibliche Heilige, die heute verschollen si nd, gehörten noch dazu:!. Es hieß damals, daß die vier Bildwerke aus einer der zwei früheren Kirchen von Wöss ingen sta mmten 3. Diese Angabe läßt sich heute genauer fassen: die Figuren müssen vom Hochaltarsch rein der Kirche zu Unterwössingen herrühren, für den sie am Ausgang des 15. Jahrhunderts, also noch vor der Reformation, geschaffen wurden. Der Ort, der ursprüng- lich in Unter- und Oberwössingen getrennt war, gehörte zur Markgrafschaft Baden; nach den im 16. Jahrhundert erfolgten Erbteil ungen kam er zur Linie Baden-Durlach. Das bedeutet, daß spätestens mit der Kirchenordnung von 1556 U nter- und Oberwössingen evangelisch geworden si nd . Welche Patrozinien die Kirchen in den beiden Ortsteilen zur katholischen Zeit besaßen, ist nicht bekannt; doch wissen wi r, daß zu Unterwössingen eine Kaplanei St. Katharina und eine Kapla nei St. Wendelin gehörten '. Wendel in ist nun auch die Benennung, die w ir aufgr und der ikonographischen Untersuchung unserer männlichen Figur geben müssen. Trotz der Verstümmelung lassen sich die Attribute dieses Heiligen erkennen : der jetzt kopflose Schäferhund, der auf der rechten Seite des Man- nes hockt, vo rne am Sockel der Ansatzpunkt der Hirtenkeule, die der Heilige in der Linken gehalten hat, und schließlich auf der linken Seite ein ebenfalls als Attribut gedachtes, min iatur- haft klein es Felsengebi rge mit buschigen Bäumen und zwei kopflosen Tieren, die wohl Schaf und Schwein darstellten. Wendel in war ei n iroschottischer Königssoh n, der auf den Thron verzichtet hatte und nach einer Rom-Wallfahrt bei Trier ein Einsiedlerleben führte. Er hütete die Tiere eines Edelmannes und pflegte die Herde zu einem weit entfernten Berg, dem heutigen St. Wendel, zu treiben, wo er betete. Darüber geriet der Edelmann in Zorn, weil er glaubte, daß die Tiere nicht mehr rechtzeitig heimkehren würden, was aber wunderbarerweise doch geschah. Wendclin wurde 69 später Abt des Klosters Tholey. Sein Grab fand er auf jenem Berg, zu dem er so oft zum Beten .. HI. Wendelin aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. gezogen war. Vielleicht soll das kleine Felsmassiv zu Füßen unserer Figur eben diesen Berg andeu- ten. Die besondere Kleidung des Heiligen: über violettem Gewand trägt er eine rote Pelerine mit Kapuze und einen breitkrempigen roten Hut (kann sowohl Pilger- wie Hirtentracht sein); nur wenn sich auf der jetzt abgeschlagenen vorderen Hutkrempe eine Muschel, das typische mittel- alterliche Pilgerabzeichen, befand, war eindeutig das Pilgergewand gemeint. Als Schutzpatron des Viehs war Wendelin im späten Mittelalter ei n viel verehrter, volkstümlicher Heiliger, der in der spätgotischen Kunst oft dargestellt wurde, so z. B. nicht weit von Wössingen in dem 1523 datierten Beiertheimer Altar 5. Dadurch, daß glücklicherweise St. Wendelin als Patron der einen Kaplanei in Unterwössingen überliefert ist, läßt sich die Kirche dieses Ortsteiles als ursprünglicher Standort unserer Figuren bestimmen. Die Größe der Bildwerke - die Muttergottes ist immerhin 114,5 cm hoch - legt es nahe, in ihnen die Reste des Hochaltarretabels zu sehen. Wenn die beiden verschollenen Figuren, Sebastian und eine weibliche Heilige, auch dazu gehörten - wofür die übereinstimmenden Maße sprechen -, müßten wir aus Gründen der Symmetrie sogar einen stattlichen, mit fü nf Bildwerken gefüllten Altarschrein annehmen: ZU Seiten der Madonna standen dann je zwei Figuren. Die Ver- stümmelung der Skulpturen geht wahrscheinlich auf die Reformationszeit zurück. Danach mögen die Figuren auf dem Kirchenspeicher verschwunden sein . Vielleicht hat man sie erst wiederent- deckt, a ls nach dem Neubau einer Kirche für ganz Wössingen, die 1821-1822 nach dem Entwurf Weinbrenners entstand, die beiden alten Gotteshäuser abgerissen wurden. Reste einer steingrauen Bemalung, die über den jetzt freigelegten Spuren original er Fassung lag, sprechen dafür, daß man die Figuren im 19. Jahrhundert "aufgefrischt" hat. Trotz aller Beschädigungen, trotz des weitgehenden Verlustes der ursprünglichen Fassung, die den Bildwerken etwas Leuchtendes gegeben hatte - während wir heute den stumpfen dunklen Holzton sehen -, ist noch so viel künstlerische Substanz vorhanden, daß wir die Leistung des Schnitzers zu erkennen vermögen. Beide Skulpturen stehen auf hohen mitgeschnitzten Architektursockeln, wobei derjenige der Maria durch reichere Profilierung ausgezeichnet ist. Auch die Körperhaltung entspricht sich hi er und dort : mit leichtem Tritt ist das unbelastete rechte Bein, das "Spiel"bein, vorgeste ll t, auf der Gegenseite schwingt die Hüfte aus, die Schulter folgt dieser Schrägstellung, d. h. die rechte Schulter hängt herab, doch der Kopf ist wieder aufgerichtet, beim Wendelin sogar der erhöhten Schulter zugeneigt. Dadurch ergibt sich ein Aufbau in schwingender gotischer S-Linie, der alle gewichtigen ruhenden Horizontalen meidet. Bei der Madonna als der Hauptfigur ist die Schwin- gung stärker ausgeprägt; durch die Neigung des Oberkörpers nach rückwärts - a ls Gegenbewe- gung zu dem ehemals vorne auf dem link en Arm sitzenden Kind - gew innt sie auch noch an räumlicher Tiefe. Das ruhige Antlitz der Maria mit dem nur eben angedeuteten Lächeln in den Mundwinkeln war ursprünglich wohl als stilles Gegenbild zum Christkind gedacht, das die Spätgotik quirlig-bewegt - wie ein richtiges Kind - darzustellen pflegte. Der H eilige dagegen zeigt die Vorliebe der Zeit 71 für ed le Charakterköpfe von schmerzlich-bewegtem Ausdruck . Scheinbar bildnisgetreu in der • Madonna aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. genauen Wiedergabe der Einzelheiten, jeder Runzel, jeder Locke, ordnen sich die Formen doch nach dem Gesetz künstlerischer Ebenmäßigkeit ; auch der Ausdruck bleibt verhalten im Sinne spätmi ttelalterlicher Frömmigkeit. Die Gewänder sind auffallend knittrig. Dies gilt wieder für die Marienfigur in besonderem Maße: nach dem weitgehenden Verlust der Fassung mit ihren sondernden Farben ist es oft schwer zu unterscheiden, was Kleid, was Kopftueh, was Mantelfutter, was Außenseite des Mantels ist . Der Blick schräg von der Seite zeigt, wie auch hier die Gewandgebung nicht abgerundet, sondern die Tiefe räumlich zu staffeln versucht. Maria trägt ein eng tailliertes blaues Kleid mit Pelzbesatz am Hals, wie es zu Ende des 15. Jahrhunderts Mode war, darüber einen goldenen, rotgefütter- ten Mantel, d. h. eigentlich ei n loses Tuch, das unter den Ellenbogen hochgenommen ist und dessen ei ne Bahn quer über den Leib gezogen ist, so daß sie vorn e den Unterkörper deckt. Offen herabfallendes Haar, Schleier und Kronreif kennzeichnen die Gestalt a ls die jungfräuliche Him- melskönigin; der Mond zu ihren Füßen ist das Attribut des apokalyptischen Weibes (Offenba- rung 12, 1), das von der mittelalterlichen Theologie seit dem 12. Jahrhundert oft mit Maria gleichgesetzt wurde. Gerade bei diesen Motiven zeigt sich die Lust des Künstlers an ein er kompli- zierten Verknüpfung der Formen: der Schleier deckt nicht nur das Haupt der Mutter, sondern diente mit sei nem Ende auch als Unterlage für das - sicher nackt dargestellte - Kind; und die Mond- sichel muß sich gleich in zwei Kleidungsstücken - Rocksaum und Mantelsaum - verfangen. Auch der Schäferhund des Wendel in ist halb vom Mantel des Heiligen verdeckt. Beide Figuren tragen spitze Schuhe, wie sie nach dem Jahr 1500 nidn mehr Mode waren. Die nächstverwandten Skulpturen - auch sie heute Eigentum des Badischen Landesmuseums - stammen aus der Kirche von Knielingen, ebenfalls einem altbadischen Ort, welcher zum Gebiet der protestantischen Durlacher Linie zählte ' . Die ursprüngliche Aufstellung der Knielinger Figu- ren läßt sid, nicht mehr mit Sicherheit bestimmen. Vielleicht stand das große Vesperbi ld in der Mitte des Hochaltarschreins und die Anna Selbdritt ebenda als Seitenfigur, während die kniende Maria Magdalena zur Kreuzigung im Gesprenge gehörte. Oder es handelte sich um einen Kreuzaltar mit der Kreuzigungsgruppe im Schrein; in diesem Fall wäre zumindest das Vesper- bild a ls isoliert aufgestelltes Andachtsbild zu denken . Obwohl durch den Holzwurm hier viel von der Oberfläche zerstört wurde, lassen sich Gemeinsamkeiten mit den Wöss inger Figuren er- kennen: die Gesichter mit den tiefliegenden Augäpfeln, den scharf umrissenen, schweren Ober- lidern, die Bildung des Halses bei der Wössinger Madonna und der Maria des Vesperbildes, die fei ne knittrige Behandlung der Binnenfalten, überhaupt die genaue Ausarbeitung der Einzel- fo rmen, und schl ießlich die Bändigung dieser kleinteiligen Unruhe durch den geschlossenen Umriß . Wir sehen uns hier der Spätform eines Stiles gegenüber, der den großen, oft versch lun genen, aber immer räumlich aufgelockerten Faltenwurf schätzte, der Gestalt und Gewand gerne vonein- ander zu lösen versuchte, um dadurch ein reiches Gegenspiel ihrer Formen zu erzeugen (Da ngols- heimer Maria im Museum Berlin-Dahlem, Hochaltar der Nördlinger Georgskirche). Doch jetzt sind aus der ehemals großzügigen Faltenfülle kleine scharfkantige Splitterformen, aus den 73 Raumtiefen zwischen Mantel lind Körper schmale Schluchten geworden. Neu ist, daß nun der Kopf des hl. Wendclin Vesperbild aus Knielingen, vermutlich Straßburger Werkstatt, um 1500 • Umriß die räumliche Bewegung zusammen faßt, wodurch die bildhaft-flächige Ansicht der Skulp- tur betont wird. Bei den Knielinger Figuren - vor allem bei der Anna Se1bdritt - ist darüber hinaus auch ein Flacherwerden der einzelnen Motive festzustellen . Sie dürften deshalb etwas später als die Wössinger - schon um die Jahrhundertwende - entstanden sein. Doch sonst ist vom Neuen der Renaissance-Zeit noch nichts zu spüren. Seinem Ursprung nach ist dieser Stil straßburgisch. Das spricht dafür, daß die Wössinger und Knielinger Bildwerke aus einer bisher nicht mit Meisternamen belegbaren Straßburger Werkstatt stammen; auch andernorts in der Markgrafsdtaft, in Baden-Baden, Oos und Beiertheirn, hat man sich damals Altäre in diesem Hauptort spätgotischer Schnitzerkunst bestellt. Anmerkungen 1 Bei diesen Figuren handelt es sich um Dauerleihgaben des Badischen Landesmuseums, die sich seit 1924 im Pfinzgaumuseum befinden . - Maria, Höhe mit Sockel 114,5 em, Inv.-Nr. C 6704; hl. Wendelin, Höhe mit Sockel 104,5 em, Inv.-Nr. C 6706; beide aus Lindenholz, dreiviertelrund, rückseitig ausgehöhlt. Herr Restaurator Anton Rommel hat die Figuren im Sommer 1975 von übermalungen befreit und gereinigt. 2 Hl. Sebastian, Höhe 110 em, Inv.-Nr. C 6703; weibliche Heilige, Höhe 111 em, Inv.-Nr. C 6705 . 3 Die Kunstdenkmäler des Großherzogturns Baden, -Bd. IX, 1, Kreis Karlsruhe, Amtsbezirk Bretten, Tübingen 1913, S. 162 ff. erwähnt die Figuren nicht. Für Auskünfte und Hi lfe bin ich Herrn OttO Bickel, Herrn Dr. Hans Huth, Herrn Dr. Hermann Rückleben, Herrn und Frau Pfarrer Hans-Ulrich Schulz und Herrn Dr. Hans Martin Schwarzmaier zu Dank ver- pflichtet. 4 Wössingen im Wandel der Zeit, 1971, S. 69. 5 Ausstellungskatalog Spätgotik am Oberrhein, Meisterwerke der Plastik und des Kunsthand- werks 1450-1530, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 1970, Nr. 147-152, Abb. 130. 6 Alle drei Figuren aus Lindenholz, Fassung abgelaugt. Vesperbi ld Höhe 106,5 em, untere Breite 53 em, Inv.-Nr. C 1993; Anna Selbdritt, Höhe 112 em, Inv.-Nr. C 1996; Maria Mag- dalena, Höhe 70,5 em, Inv.-Nr. C 1992. Nähere Angaben bei A. v. Schneider, Die plastischen Bi ldwerke, Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 1938, Nr. 90-92, Taf. 44-46, und bei Spätgotik am Oberrhein (Anm. 5), Nr. 112-113, Abb. 104. Aus Knie- lingen stammten außerdem die heute verschollenen Figuren: Christus am Olberg, Holz, Höhe 68 em, Inv.-Nr. C 1994, und ein Holzrelief mit männlicher Figur, Höhe 70 em, Inv.-Nr. C 1995; der Zusammenhang dieser bei den mit den drei hier behandelten Figuren ist unklar. Laut Inschrift am Westturm wurde der spät gotische Bau der Knielinger Kirche 1480 begonnen (siehe: Die Kunstdenkmäler Badens, Bd. IX, 5, Karlsruhe-Land. Karlsruhe 1937, S. 157). 76 Ernst Schneider Durlach im Wandel der Jahrhunderte Im Uf- und Pfinzgau lassen sich sei t der Mitte des 12. Jahrhu nd ertS die Sta ufer nachweisen. Sie konnten in diesem Raum vor allem als Inhaber der Vogtei über klösterlichen Besitz, in erster Li nie des Klosters Weißenburg, Fuß fassen. Im Pfinzgau kam dem heutigen Turmberg bei Du rl ach eine wichtige Stellung der staufischen Macht zu. Zwischen 1187 und 1196 sind di e Staufer in den Besitz der Burg Grötzingen (auf dem Tu rmberg) gelangt, haben die G rafschaft im Pfinzgau und die weißenburgischen Lehen an sich gezogen. Als ihr bedeutendstes Werk im Pfinzgau gilt die Gründung der Stadt Du rlach, die in den Jahren 1191/92 wohl gleichzeitig mit Etdingen durch Kaiser H ein rich VI. erfolgt sein dürfte. D ieser Kaiser hielt sich vom Dezember 11 91 bis Mai 1192 - eine ungewöhnlich lange Zeit - in Weißenburg, H agenau und Speyer auf. Im Jahre 11 96 weilte H einrich VI. in Durlach und hat hier zwei Urkunden ausgestellt. Und aus dem Jahre 11 96 stammt die erste urkundliche Erwähnung von Du rlach als "oppidum" . Diese Fak ten bewei- sen, daß Du rlach im Jahre 11 96 als Stadt bestanden hat. Vorher ist der Name nicht nachzuweisen. Wie andere frühe Stauferstädte liegt Du rl ach an der Grenze zwischen Altsiedel- und Rodun gs- land , zwischen Ebene und Hügelland. Von Bedeutung ist auch die Lage an der alten Straße von Frankfurt nach Basel. Die Stauferstad t Durlach, woh l a ls Festungsstadt gedacht und im Bereich der Gemarkung Grötz ingen angelegt, wurde durch ein 5traßenkreuz bestimmt, dem sich im Laufe der Jahrhunderte vier Stadttore anschlossen. Vo n dieser Stauferstadt ist nichts mehr erhalten. Durlach zählt aber auch zu den Städten, die durch Anlehnung an ei ne berei ts vorhandene Burg entstanden sind. Diese Burg erhob sich auf dem heutigen Turmberg und ist, entgegen Angaben im Durlacher Schrifttum, ä lter a ls die Stadt. Zu Ende des 11 . Jahrhunderts haben auf diesem Berg die Grafen von Hohenberg ihre Burg err ichtet. Das Gebiet gehörte seit dem 8. Jahrhundert dem Kloster Weißenburg, die Burg stand vo r der Gründ ung von Durlach auf Grötzi nger Ge- markung und heißt deshalb auch "castrum Grecingen". Von hi er aus kolonisierten die H ohen- berger den H ardtwa ld und gründeten das Kloster Gottesaue. Im 12. Jahrhundert war diese Burg Sitz der G rafen von Grötzingcn, die in engen Beziehungen zu den Staufern standen. Auch die Grabungsergebnisse lassen den Sch luß zu, daß diese Burganlage vor 1100 entsta nden ist. Nu r weni ge Jahre verblieb Du rlach in staufischem Besitz. Markgraf H ermann V. von Baden (11 90-1243) hatte sich mit Irmingard, der Tochter des welfischen Pfal zgrafen Heinrich des Jüngeren, verheiratet. Dadurch wa r er in den Besi tz der Stadt Pforzheim und ei nes Teils der braunschweigischen Güter gelangt. Im Jahre 1219 tauschte H ermann V. von Kaiser Friedrich 11. die Reichs- und Stauferstädte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als P fa ndschaften, Etdingen als Lehen und Du rlach a ls Eigentum gegen die bra unschweigischen Güter. In einer späteren U rkunde vom November 1234 wurde dieser Tausch durch Kaiser Fried rich II . nochmals bestäti gt . Mit Durlach war sicher die Burg Grötzingen an die badischen Markgrafen gekommen, auch die Vogtei über das Kloster Gottesaue, aber nicht der gesamte Stauferbesitz. Für die markgräfliche Städtepolitik bedeutete diese Erwerbung, daß dad urch eine Verbindung vom oberrhei nischen Gebiet zu den a lten markgräflichen Besitzungen am mittleren Neckar geschaffen werden konnte. Die Markgrafen förderten die Stadt und bauten sie aus. Die überlieferung ist zu dürftig, um den Ausbau Durlachs vom 13. bis 15. J ahrhundert genauer verfolgen zu können. Selbst über ein so hervorstechendes Merkmal der mittelalterlichen Stadt, nämlich die Stadtummauerung mit den Stadttoren und -türmen, lassen sich zur Entstehung keine genauen Angaben mad1en. Die Stadtmauer erscheint urkundli ch als Lagebenennung seit dem 14. J ahrhundert und umschloß ursprünglich das von der (heutigen) Bienleinstor-, Zunft-, Amt- haus- und Kclterstraße gebi ldete Oval. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadtmauer nach Nord- osten hinausgerückt, 1468 wurde das Blumentor errichtet. Früh belegt si nd die Kirche (ecclesia Durlach 1255) und die mittela lterl iche Ticfburg, auf deren Stelle die spätere Karlsburg mit dem heutigen Prinzessinnen bau errichtet wurde. Für den Rang Durlachs als Stadt ist auch die Verleihung des Marktrechts von Bedeutung. Am 10. August 1418 verlieh König Sigismund der Stadt das Recht, jährlich zwei Jahrmärkte, auf St.-Jakobs- und St.-Gallen-Tag, abzuhalten. Dies ist die friiheste Nachricht über die Abhaltung von Jahrmärkten in Durlach. Das Marktwesen wurde .wie überhaupt das öffentlid,e Leben durch Ord nungen geregelt, die 1536 im Durlacher Rechtsbuch zusammengefaßt wurden, aber sicherlich schon lange vo rher bestanden. Sowohl die Königsurkunde von 1418 als auch das Rechtsbud1 von 1536 befinden sich im Stadtarchiv Karlsruhe. Als im Jahre 15 35 die Markgrafen Ernst und Bernhard den Vertrag über die Teilung der Mark- grafsd1aft schlossen, erhi elt Ernst neben seinen bisherigen Besitzungen u. a. die Städte, Schlösser, Amter pforzheim, Durlach, Mühlburg. Er wählte Pforzheim als Residenz, die sein Nachfolger, Markgraf Karl 11. , im Jahre 1565 nach Durlach verlegte. Durlach - Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach. Dies wirkte sich zunächst im Stadt- bild aus. Im Vordergrund stand der Bau des Residenzschlosses, der Karlsburg, aber auch Stadt- mauer und Stadttore wurden erneuert, Straßen und Plätze wurden gepflastert. Die Durlad1cr wurden von manchen Abgaben befreit. Das Verhältnis des Landesherrn zu den Einwohnern sciner Residenz wird in besonderer Weise durch den Inhalt einer am 17. Mai 1567 ausgestellten Urkunde gekennzeichnet. Karl I I. sprach in dieser Urkunde die Befreiung der "E inwohner und gantzen Gemeindt unser Statt Durlach" von der Leibeigensd1aft gegen Bezahlung einer bestimmten Summe aus. In diesem "Servitut" sah der Landesherr ein großes Hindernis für die Entwick lung seiner Residenzstadt. Auch diese Urkunde wird im Stadtarchiv Karlsruhe verwahrt. Als selbstbew ußter Landesherr hat Karl TI. die Errichtung einer Münzstätte ins Auge gefaßt (Ende 1571). Von 1572 bis 1575 wurden unter Karl 11. Münzen geprägt : Taler, Halbbatzen, Dreier und Pfennige. Die Talerprägungen von 1575 waren nur von kurzer Dauer und gehören heute zu den Seltenheiten. Unter Karls Sohn, Markgraf Ernst Friedrich, wurd e 1586 das Dur- 78 lacher Gymnasium vollendet und eingeweiht. Zahlreiche bedeutende Gelehrte haben an diesem Gymnasium gewirkt. Diese Entwicklung der Residenzstadt auf den verschiedensten Gebieten fiihrte im 17. Jahrhundert zu schweren Rückschlägen. Der 30jährige Krieg lastete schwer auf den Oberrheinlanden, aud, auf Durlach und sei ner Bevölkerung. Nur langsam gelan g es, normale Verhältnisse zu schaffen, als das Land vom Pfälzischen Erbfolgek ri eg heimgesucht wurde. Schicksalstag für die Stadt und ihre Bewohner wurde der 16. August 1689 : an diesem Tag ging Durlad1 in Flammen auf. Das Schloß brannte bis auf den Prinzessinnenbau ab. Nur wenige Häuser blieben verschont. Unter den zahl reichen Maßnahmen, die nach diesen schw eren Kriegsjahren zur Förderung der Stadt ergriffen wurden, ist der von Markgraf Fried rid1 Magnus seiner Residenzstadt am 3. April 1699 erteilte "Freiheitsbrief" zu nen nen . Die bisherigen Privilegien blicben bestehen, also auch die Befreiung von der Leibeigenschaft. Wer ein modellmäßiges Haus baute, war 20 Jahre lang von gewöhnlichen und außergewöhnl ichen Abgaben und Lasten befreit, auch von Frondiensten. Die Sorge um das Wohl der E inwoh ner geht aus folge nder Stelle dieser Urku nde hervor: "Uns wi rd auch übrigens immerfort gelegen sein, die jetzige sowohl als künftige Bürger und Inwohner dieser unser lieben Statt Durlach nicht all~in bey guter auskömm licher Nahrung zu conserviren und zu schützen, sondern auch darin von Tag zu Tag nach Möglichkeit zu verbessern ... " Auch dieser "Freiheitsbricf" zähl t zum Bestand des Karlsruher Stadtarchivs. Mitten in den nur langsam vorankommenden Wiederaufbau der zerStörten Stadt trat ein Ereig- nis, durch das die weitere Entwicklung von Durlach einen empfindlichen Stoß erlitt: 1715 ver- legte Markgraf Karl Wilhelm seine Residenz von Durlach nach Karlsruhe. Man darf diesen Vor- gang nicht isoliert, nur auf Durlach bezogen sehen. Durlach zählt zu der Städtcgruppe an der Bergstraße und am Gebirgsrand, die als planmäßige Gründung ebenso wie andere Randstädte längere Zeit landesherrliche Residenz war und im 18. Jahrhundert diese Funktion an die Neu- gründungen in der Ebene abtreten mußte. Die Stadt DurIach war sich der Folgen, di e sich aus diesem Verlu st ergaben, durchaus bewußt. Wohl versuchten die Markgrafen Ka rl Wilhe1m und vor allem Karl Friedrich, die Wirtschafts- kraft der Stadt zu fördern. Es entstanden im 18. Jahrhundert Fabriken oder Manufakturen, die auf landesherrliches Privileg hin gegründet und mit zahlreichen, immer wieder erneuerten Frei- heiten von Abgaben, Steuern und Zöllen ausgestattet wurden. Diese industriellen Versuche sind als Ausdruck des merkantilistischen Wirtschaftssystems zu sehen. Sie haben sich für die Stadt öfters nachteilig ausgewirkt: wiederholt waren ihre Besitzer unter Hinterlassung von Schulden "echap- piert". N ur eine dieser Gründungen hat das 18. Jahrhundert überdauert: die Fayencefabrik . Im Jahre 1779 befaßte sich der Durlacher Rat mit der Frage über die Errichtung einer Univer- sität. Aus zwei Gründen sei dieses Vorhaben genannt: zum einen zeigt es das Bemühen der städti- schen Organe um Mittel und Wege für die Entwicklung der Stadt, zum andern aber gibt dieses Vorhaben Aufschluß über allgemeine Durlacher Verhältnisse des 18 . Jahrhunderts. Wegen des Universitätsprojektes hat sich der Durlacher Rat am 30. April 1779 in einer ausführlichen Bitt- schrift an den Landesherrn gewandt. Darin wird die wirtschaftliche Lage, die Armut und der • Zerfa ll der Stadt in bewegten Worten geschildert. "Hätte Durlach das unschätzbare Gl ück eines solchen Instituts, so würden die Brandstätten und Lücken der Stad t, welche bisher traurige Zeugen der Un vermögenheit der Inwohner sind, bald in modellmäßige Gebäude verwandelt seyn, schlechte Lotterfall en niedergerissen, zu tauglichen Häusern gemacht, an dere um ei n Stockwerk erhöhet und die ganze Stadt nach und nach verschönert werden.« Nach diesem Zeugnis hatte Durlach im ausgehenden 18. Jahrhundert die Folgen langer Kriegs- jahre noch nicht überwunden. Erst die im 19 . Jahrhundert eingetretenen territorialen, politischen und wirtschaft lichen Veränderungen schufen auch für Durlach ein en Wandel. Vor a llem war es die zunehmende Industrialisierun g, die nicht nur neue StädtetypeIl SdlUf, sondern auch die älteren Städte veränderte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist in D urlach ein wi rtschaftlicher Auf- schwung zu verzeichnen. Als im Jahre 1903 die Durlacher Gewerbe- und Indust rie-Ausstellu ng veranstaltet wurde, befanden sich unter den 230 Ausstellern 132 Durlacher Firmen. Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung bildete der Ausbau der Verkehrsverbindun- gen, vo r a ll em der Bahnbau (Lini en H ei delberg - Karlsruhe, Durlach - Mühl acker, Kraichgau- bahn). Aber auch städtische Einrichtun gen wurden geschaffen wie das Gaswerk (1861) und das Wasserwerk (1896/97). Um die Jah rhundertwende wuchs die Stadt weit in das Umland hinein . Eine wesentliche Strukuränderung brachte der aufs trebenden Stadt das Jahr 1938, in dem sie in die Großstadt Karlsruh e eingegliedert wurde . . Die Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner is t Spiegelbild der Landes- und Reichsgesch ichte. Durlach, von den Staufern gegründet, seit dem 13. Jahrhu ndert Markgrafenstadt, 150 Jahre lang Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach, ha t in dieser jahrhundertelangen territoria- len Zugehöri gkeit Zeiten friedliche r Entwicklung und Entfaltung, aber auch schwere, von K rieg, Not und Armut geprägte Jahre erlebt. Alle diese Schicksalssch läge hat die Durlacher Bevölke- rung gemeistert. Der Gegenwa rt obliegt die verpfli chtende Aufgabe, sich dieser Tradition bewußt zu sein und das überlieferte Kultu rgut zu bewah ren. Dieser Aufgabe dient auch das neugestaltete Pfin zgaumuseum . Hinsichtlich der Revolutionsdokumente 1848/49 des Pfinzgaumuseums verweisen wir auf "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" Band 2 Die Badische Revolution 1848/49 im Pfinzgaumuseum erhältlich (DM 2,-) Vorankündigung: Als Band 4 der "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" wird erscheinen: Ernst Schneider Durlacher Volksleben 1500 - 1800 Volkskundliches aus archivalischen Quellen
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZbwlSRBoIy/Pfinzgaumuseum.pdf
Mühlburg - Streifzüge durch die Ortsgeschichte MÜHLBURG Streifzüge durch die Ortsgeschichte INFO Verlag · Mühlburg . Streifzüge durch die Ortsgeschichte MÜHLBURG Streifzüge durch die Ortsgeschichte 750 Jahre Müh lburg 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Müh lburg 100 Jahre Bürgerverein Mühlburg 100 Jahre Radsportverein Karlsruhe 100 Jahre Bayernverein Weißblau Almfrieden Hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Duo Bräunehe in Verbindung mit dem Bürgerverein Miihlburg, dem Bayernverein Weißblau Almfrieden, dem Radsportverein Karlsruhe und der Freiwilligen Feuerwehr Miihlburg •• INFO VERLAG KARLSRUHE Herausgeber Stadt Karlsruhe - Stadtarchiv Ernst Otto Bräunche Produktion INFO Verlagsgesellschaft Karlsruhe Käppelestraße 6 . 0-76131 Karlsruhe Postfach 3367 . 0-76019 Karlsruhe Telefon (0721) 61 78 88 . Fax (0721) 62 12 38 ISDN (0721) 96 13 850 . info-verlag-karlsru he @t-on line.de Gesamtgestaltung Thomas Lindemann Satz Christoph Morlok Michael Neurohr Mitarbeit Constanze Jung Bernd Vi llhauer Titelbild Blick auf die 1942 abgebrochene alte Mühle am Lameyplatz . Foto 1926 Repros Li thostudio 75 Vorho lzstraße 25a . 76137 Karlsruhe Druck rufdruck GmbH Im Husarenlager 13 . 76187 Karlsruhe Ged ru ckt auf 1000/0 chlorfrei gebleichtem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Mühlburg : Streifzüge durch die Ortsgeschichte ; 750 Jahre Mühlburg ; 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Mühlburg ; 100 Jahre Bürgerverein Mühlburg ; 100 Jahre Radsportverein Karlsruhe ; 100 Jahre Bayernverein Weißblau Almfrieden I hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunehe in Verbindung mit dem Bürgerverein Mühlburg ... - Karlsruhe : INFO Verl., 1998 ISBN 3-88190-227-9 Alle Rechte vo rbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Genehmigung des Verlages nicht gestattet. ISBN 3-8B190-227-9 OBERBÜRGERMEISTER PROF. DR. GER HARD SE ILER ERNST OITO BRÄUNCHE HARALD RINGLER ANGELI KA SAUER DANIELA BLANCK THOMAS MEYER ERNST OITO BRÄUNCHE ULRIKE DEISTUNG KURT ERNST ERNST OITO BRÄUNCHE HAGEN BLUCK . EUGEN SINGER . HORST WEBER KURT ERNST KARIN REITZ BARBARA HUBER· EMIL REITZ . AUGUST VOGEL FRANZ KLEINWÄCHTER . RICHARD DOLDE ANGELIKA SAUER ERNST OITO BRÄUNCHE KATJA L1NDER Inhalt Geleitwort ....................................... ................................................................... 7 Grußworte .......................................................................................................... 8 I. 750 Jahre Mühlburg - Stre ifzüge durch die Ortsgeschichte Die Eingemeindung .. ..... ...... ............................................................................. 1 2 Mühlburg im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ......................... 1 7 Revolution 1848/ 49 ...... ............... .......................... .......................................... 26 Karl Friedrich Benz (J 844-1929) ................................................................ 31 Mühlburg als Stadtteil .................... ............................................................... 37 Mühlburg im Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik ........... 37 Mühlburg im Dritten Reich ........................................................................... 42 Die städtebauliche Neuordnung in den 50er Jahren ........................ 56 Nachkriegszeit ................................................................................................... 76 Die Kirchen .. .......................................................................................... .............. 90 Die Schulen ... ...... .............................................. ...... .......................................... 100 Die Brauerei Seideneck .................... ...... ...................................................... 108 Die Maschinenfabrik Seneca .......... ........................................... ............... 114 Der Rheinhafen ...................... ...... ......... ........................................ ................. 120 Häuser und Straßen .................................................................................... 126 11. Fotodokumentation : Mühlburg gestern und heute ...................................................... 160 111. Mühlburger Vereinsgeschichte : Ein Überblick .............. 184 IV. 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Mühlburg .................... 198 100 Jahre Bürgerverein Mühlburg .......................................... 230 Mei liewes Mühlburg .................................... ............................................... 244 100 Jahre Radsportgemeinschaft Karlsruhe ................... 250 100 Jahre Bayernverein Weißblau Almfrieden ............. 268 V. Mühlburger Vereine ............................................................................ 277 Literatur ............................................................................................................ 284 Ortsindex .......................................................................................................... 286 Personenindex ................................................................................................ 290 Bildnachweis ................................ ..................... .............................................. 295 Aktuelles Luftbild von Mühlburg. Foto : Horst Pompei. f:\ 1. Januar 1886 wurden Karlsruhe und Mühlburg vereinigt, nachdem die beiden Städte in den Jahren zuvor bereits zügig aufeinander zu gewachsen waren . Mühlburg profi- tierte dabei auch vom Wachstum der aufstreben- den badischen Haupt- und Residenzstadt. Zum ei- nen waren die Gasthäuser der Stadt traditionell ein beliebtes Ausflugsziel der Residenzstädter, zum anderen fanden auch viele Mühlburger in der auf- strebenden Karlsruher Industrie Arbeit. Diese Vereinigung war für beide Partner von Vorteil. Die Mühlburger mußten nun weniger Ab- gaben zah len, Gas- und Wasserpreise fielen, der Wert der Liegenschaften stieg. Karlsruhe hatte im Gegenzug in den folgenden Jahren den nötigen Raum für eine weitere Ausdehnung. Heute ist Mühlburg ein voll in das städtische Le- ben integrierter Stadtteil, mit dem Karlsruhe gerne dieses besondere Jubiläumsjahr 1998 fe iert. Mühl- burg kann auf eine mindestens 750jährige Ge- schichte zurückblicken, die Freiwillige Feuerwehr wird 150 Jahre alt, und gleich drei Vereine - der Geleitwort Bürgerverein, die Radsportgemeinschaft Karlsru he und der Bayernverein Weißblau Almfrieden - feiern ihr 100jähriges Bestehen. Ich freue mich, daß im Rahmen des attraktiven und vielseitigen Festpro- gramms auch dieser Bildband erscheinen kann, der zug leich Geschichtsbuch und Vereinschronik ist. Das ehrenamtliche Engagement in den Vereinen und bei der Freiwilligen Feuerwehr für diese Fest- schrift, die große Bereitschaft der Mühlburger und Mühlburgerinnen, dem Stadtarchiv Bilder zur Ver- fügung zu stel len, sowie die professionelle Betreu- ung durch Stadtarchiv und INFO Verlag haben ein Buch zustande gebracht, das über das Jubiläums- jahr hinaus auf das Interesse der Alt- und Neu- mühlburger und der ganzen Stadtbevölkerung stoßen wird. PROFESSOR DR . GERHARD SEILER Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe o Im vorigen Jahrhundert, genau am 10. März 1848, schlossen sich einige beherzte Männer aus verschiedenen Bevöl keru ngssch ichten zusam- men, um einen geordneten Brandschutz zu organi- sieren. Dieses Jubiläum ist ein Anlaß, all den Män- nern zu gedenken, die vor 150 Jahren diese Freiwil- lige Feuerwehr Mühlburg gegründet und im weite- ren Verlauf geformt haben. All denjenigen Kameradinnen und Kameraden sei hier heute mein ganz besonderer Dank ausge- sprochen, ebenso den Abteilu ngskommandanten. Sie alle haben mit ihrem besonderen Einsatz und ihrer Kameradschaft es ermög licht, daß wir heute auf 150 Jahre Feuerwehrgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg zurücksehen können . Herzlichen Dank auch unseren Familienangehö- rigen für ihre Unterstützung und ihr großes Ver- ständnis, das sie uns für die Erfüllung unserer nicht immer sehr leichten Aufgaben entgegenbringen. Gerade diese Aufgaben haben sich natürlich im Laufe der Jahre sehr verändert. War es zur damali- gen Zeit nur die Brandbekämpfung, die im Vorder- grund stand, so liegt heute ein sehr großer Anteil o Grußwort im Umweltbereich sowie in der technischen Hilfe- leistung. Eine solide Ausrüstung und die Bereitschaft, sich ständig aus- und weiterzubilden, war und ist uns heute noch eine Notwendigkeit, um den techni- schen und fachlichen Aufgaben gerecht zu werden. Diesen heutigen Stand unserer Wehr haben wir durch das Verständnis und das entgegengebrachte Interesse der Stadtverwaltung erreicht. Ihr gebührt unser besonderer Dank. Möge der gute Geist, der die Wehrleute beseelt, erhalten bleiben, damit die Wehr auch in Zukunft die anfallenden Aufgaben und Herausforderungen erfüllen kann, getreu dem Wahlspruch der Feuer- wehr: "Gott zur Ehr - dem Nächsten zur Wehr". Allen, die in irgendeiner Form zum Gelingen des Jubiläumsfestes beitragen, möchte ich im Namen der Wehr meinen Dank aussprechen. JÜ RGEN REiTlE Abt. Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Karlsruhe-Mühlburg Guten Morgen, guten Tag, guten Abend, gute Nacht, Ha llo, Servus, Grüß Dich, Bonjour, Salü, Grüezi ... Grußworte, die wir täglich an unsere Mitmenschen senden. Herzlich mit einer freundschaftlichen Miene, einem Lächeln auf den Lippen, gedankenlos, ernst und sach lich oder lei- dend mit heruntergezogenen Lippen. Grußworte - Grüß Dich Mühlburg, Du Sieben- hundertfünfzigjährling, so alt bist Du und doch so jung. Hallo, Du Bürgerverein Müh lburg, Du Einhun- dertjährling, ich grüße Dich und Deine Vorstands- damen und -herren, vor al lem aber Deine Mitglie- der und alle Mühlburgerinnen und Mühlburger, die in Deinen Mauern leben, lieben, arbeiten, feiern, traurig sind oder erschöpft. Guten Morgen allen Kranken, auf daß der Mor- gen Hoffnung bringt und Linderung der Leiden. Grußworte auch diesem Buch, grüß Dich liebes Mühlburg, erzähl mir aus Deiner Vergangenheit, sprich zu mir, ohne N, laß Deiner Phantasie freien Lauf und schenk mir gute Gedanken. Grußwort Grußworte - laßt es nicht die letzten sein, laßt uns Grüße senden an unsere Mitmenschen, laßt es nicht die letzten sein. Guten Morgen liebes Mühlburg! KURT ERNST Erster Vorsitzender des Bürgerverei ns Mühlburg 1898 e.v. Mit Freude und Stolz dürfen wir in diesem Jahr 199B unseren 100. Geburtstag fei-ern. Geselligkeit und Freude am Radfah- ren standen Pate bei der Gründung des Vereins vor 100 Jahren. Die kulturelle Arbeit, von den Grün- dungsmitgliedern begonnen, wurde von wackeren und einsatzbereiten Männern gemäß unserem Wahlspruch "In Sturmesbraus ziehn wir hinaus" in Kameradschaft weitergetragen. Ihnen allen gilt unser Dank. Möge dieser Jubiläumsbildband mit dazu beitra- gen, Interesse und Freude am Radfahren bei Jung und Alt zu wecken, ob für den Leistungssport oder im Breitensport, zur Wahrung der Tradition und zur Sicherung der Zukunft unseres Vereins. Bei allen Mitgliedern, Freunden und Gönnern möchte ich mich recht herzlich für Ihre Treue und Unterstüt- zung bedanken. Unserem Verein wünsche ich für die Zukunft alles Gute und eine positive Weiterentwicklung, sowie allen Gästen und Festbesuchern ein paar schöne erlebnisreiche Stunden bei der Radsport- gemeinschaft Karlsruhe "RSG" und Ihren Jubilä- umsveranstaltungen. RÜDIGER ORTNER Erster Vorsitzender der Radsportgemeinschaft Karlsruhe Grußwort zu unserem 100jährigen Jubiläum sagen wir allen Lesern dieser Jubiläumsschrift ein herz-liches "Grüß Gott". 100 Jahre Vereinsleben, das heißt schon etwas, denn gerade die heutige, von der Hektik, dem ma- teriellen Denken und den Massenmedien geprägte Zeit, braucht Menschen, die Idealismus und Liebe zum althergebrachten Brauchtum mitbringen und dieses pflegen. In der wechselvollen Geschichte unseres Vereins waren wir stets bemüht, die alten Traditionen zu erhalten, und auch Frohsinn und Humor kamen nicht zu kurz. Mit unserem Wahlspruch "Sitt und Tracht der Alten wollen wir erhalten" wünschen wir allen Lesern dieser Jubiläumsschrift eine anregende Lektüre. KURT URBAN Erster Vorstand der Bayern- und Trachtenvereinigung Weißblau Almfri eden e. V. Immer wenn in den letzten Jahren ein Kar lsruher Stadtteil ein Jubiläum feiern konnte, hat sich das Stadtarchiv als das Zentrum städtischer Ge- schichtsarbeit durch eine Publikation daran betei- ligt. Sowohl historische Jahrestage als auch Ge- denktage gehören zu den festen Bestandteilen der historischen Bildungsarbeit. Mühlburg kann in diesem Jahr nun sogar fünf Jubiläen feiern, was das Stadtarchiv veranlaßte, mit der Konzeption des Bildbandes "Müh lburg. Streif- züge durch die Ortsgeschichte" neue Wege zu ge- hen. So ist ein Band entstanden, in dem der Schwerpunkt auf dem Bild liegt. Neben Bildern aus den Beständen des Stadtarchivs, die oft von profes- sionel len Photographen wie z. B. Wilhe lm Kratt oder Horst Schlesiger stammen, enthält das Buch auch etliche Amateuraufnahmen, die von Privat- personen nach einem Aufruf über die Presse zur Verfügung gestellt worden sind. Ulrike Deistung hat diese archivisch bearbeitet, so daß nun auch die Bilder, die aus Platzgründen keine Aufnahme fin- den konnten, den an der Ortsgeschichte Mühlburgs Interessierten im Stadtarchiv zur Verfügung stehen. Die Bilder des Buches werden natürlich in den historischen Kontext eingebettet entweder als Be- standteil der Textbeiträge oder durch entsprechen- de Erläuterungen. Hier haben professionelle Histo- Vorwort riker und Historikerinnen Hand in Hand mit den Ju- bi läumsvereinen und der Freiwilligen Feuerwehr gearbeitet, die von Mitgliedern geschriebene Text- beiträge zur Verfügung stellten. So ist dieser Band ein gutes Beispiel für Kooperation und Synergieef- fekte zwischen dem Stadtarchiv und den Vereinen. Al len an der Produktion dieses Buches Beteilig- ten möchte ich für die gute Kooperation danken. Die Autoren und Autorinnen haben auch in der hei- ßen Endphase der Buchproduktion schnell und zu- verlässig ihre Beiträge und die Korrekturen abgelie- fert. Kat ja Linder hat das Personenregister erstellt. Der INFO Verlag Karlsruhe und die Druckerei ruf- druck haben unter denkbar knappen Zeitvorgaben die Buchgestaltung und den Druck bewältigt, so daß diese "Streifzüge durch die Mühlburger Orts- geschichte" pünktlich zum Mühlburger Festtag er- scheinen. DR. ERNST OITO BRÄUNCHE Leiter des Stadtarchivs Karlsruhe Als diese Aufnahme van Nordwesten gemacht wurde, war Mühlburg noch keine 25 Jahre Stadtteil der badischen Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe. Deutlich zu erkennen sind (van links nach rechts) die Gebäude der Moschinen- fabrik Seneca, die Türme der St.-Peter-und-Paul-Kirche, die Malzfobrik Wimpfheimer und die Karl-Friedrich-Gedächtnis- kirche, die nach ihren alten Turm hat. ERNST ono BRÄUNCHE Die Eingemeindung Als Mühlburg zum Jahreswechsel 1885/86 mit der benachbarten Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe vereinigt wurde, so ll zu mitternächtlicher Stunde ein Festzug mit Fackeln und Musik von Mühlburg nach Karlsruhe geplant gewesen sein. Auf eine diesbezügliche Zeitungsmeldung hin hatten sich auch zah lreiche Karlsruher und Karlsruherinnen an der Grenze zwischen Karlsruhe und Mühlburg ver- sammelt, um sich dieses Schauspiel "einer romanti- schen Stadtvermählung" nicht entgehen zu lassen. Sie mußten all erdings unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen, da sie offens ichtlich einer Zei- tungsente aufgesessen waren. Dennoch wurde die Eingemeindung auch in Mühlburg, und zwar am 11 . Januar 1886, mit einem Festm ahl im Gasthaus Zum Hirschen gebührend gefeiert. 1 Die Eingemeindung war seit längerem vorberei- tet worden. Ein Ortsbereisungsbericht des Bezirks- amts Karl sruhe sprach sich schon 1883 für eine Vereinigung aus, als Karlsruhe mit Mühlburg we- gen Gemarkungsabtretungen verhandelte. Der Mühlburger Stadtrat lehnte dies am 19. März 1885 zwar ab, schlug aber Verhandlungen über eine Ver- einigung bei der Städte vor. 2 Am 1. Mai 1885 beriet der Bürgerausschuß Karlsruhe über die Eingemein- Streifzug durch die Mühlburger Geschichte bis Kriegsende 1945 dung, die von der Stadtverwaltung mit einer aus- führ li chen Begründung vorbereitet worden war : "Die Stadtgem ei nde Karlsruhe hat im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl (über 53.000) eine sehr klei - ne Gemarkung (784 ha 74 a) . Fast nach allen Rich - tungen reichen die Bauquartiere bis zur Grenze und würden sie vielfach überschreiten, wenn es nicht in Auf diesem Plan aus dem Jahr 1885 ist die Mühlburger Gemarkung zum Zeitpunkt der Eingemeindung eingezeichnet. Im Sommerstrich im Osten der Gemarkung, um die sich die Stodt Karlsruhe schon vor der Eingemeindung bemüht hotte, sind einzelne Brauereigebäude zu erkennen, ebenso der Verlauf der Maxou-Bahn im Süden, an die Mühlburg seit 1862 angeschlossen war. Ja. aß. BlUdtt.G tuatt. 1886. ~ef~nntm~d)unß. ~emli ,1I)kb 6donnl eClllo~t, boi ble no4Pt'eribm l5ltoien btf e tGblleill Illn~16Ut8 lolgmbe Slcnntn'.llmbeqlnaen ItfO~ttll: -, , 1 le 61t~ttlae -~n~IPto&e ~it' l<it IiIlmk'IIPtofie, , "- ,, ' • tlbrerntal!e.. l!olllt~fltafie, S. • IIbraquctnrilfie • • lUdne, elt4fie, " ". '. e410jPtaie • • 8U6Ptaee, ~ • ltollerntafie.. ~btPrafie, "6. • 'Wrlebrl4'Pta&e.. 'lllotrtProi .. "1. • ,e4Ulerflnfie.. \!5ebonPtoie, 8. ber • 1lla:rt~lo~ , •• l!lnbenl>r~. er er~Art ble ,il,urla4er l!oabPtol!e, 10lOdt fle GIIf ltatl.~tr (itlllarfunB liegt , lur beuUI4eren Unterl4dbune bon ber Ut~er Ilat.. ," ' ie llonbPtait 1~lr4en bCIII Illn~16UtBttI~t&ain~of uab ber ral~. ltlt4e In Illn~16Utg ~att ben Slamtn ltGller,Vlae .. ltCltr'ru~e, ben,29. 3anuGr 1886. IZtllbtfllt. ", eltne;lt'. Bekanntmachung der Straßenumbenennungen anlößlich der Eingemeindung, den letzten Jahren gelungen wäre, verschiedene Gemarkungserweiterungen herbeizuführen," 3 Da- mit war die erste Eingemeindung nach Karlsruhe einge leitet, sieht man einmal von Klein-Karlsruhe ab, das 1812 mit der Stadt vereinigt wurde. In den ersten 150 Jahren se it der Stadtgründung war die- se f lächenmäßig durch Gemarkungserweiterungen vor allem auf Kosten des herrschaftlichen Grundbe- sitzes noch nicht einma l auf das Doppelte ange- wachsen, obwohl die Bevölkerung seit 1718 auf mehr als das 15fache angestiegen war. Neben der unzureichenden Gemarkungsfläche führte man eine Reihe von Argumenten für diese Eingemeindung ins Feld: "Die Bewohner von Stadt- quartieren auf fremder Gemarkung genießen fast all e Vorteile der Stadt: sie schicken ihre Kinder in die städtischen Schulen, sie benützen die städt i- schen Straßen und Plätze, in ihren Diensten stehen Angehörige der arbeitenden Klassen, die hier wohnen und im Falle der Erwerbsunfähigkeit die öffentliche Hilfe hier in Anspruch nehmen; sie haben ferner teil an den hiesigen Einrichtungen für Feuerschutz, öffentliche Sicherheit, Gesundheit und Rei nli chke it; sie betreiben vielfach hier ihre Geschäfte, haben hier ihre Kundschaft und sind überhaupt in ihrer wirtschaftlichen Existenz auf die Stadt angewiesen, wogegen aber ihre Steuer- kapita li en anderwärts umlagepflichtig sind." 4 Dar- über hinaus sah man vor allem die Gefahr, daß die Großindustrie aus der zu engen Stadtgemarkung herausdränge, Desha lb hatte Karlsruhe versucht, Müh lburg zur Abtretung der östl ich des Schwimmschulwegs, der heutigen Yorckstraße, gelegenen Gemarkungsteile zu bewegen. Dies hät- te für Mühlburg den Verlust der Steuereinnahmen der dort angesiedelten Union-Brauerei, der chemi- schen Fabrik Dr. Schmittborn und der Fabrik elek- trischer Apparate Schwert in Höhe von 6.000 Mark bedeutet. 5 Da auch die Karlsruher Stadtverwaltung zugeben mußte, daß eine Veräußerung der ins Auge gefaßten Gebiete die "vitalsten Interessen" Mühl- burgs schwer schädigen würde, das ja ebenfalls nur über eine sehr kleine Gemarkung verfügte, be- schritt man im Jahr 1885 gern den von Mühlburg selbst ins Gespräch gebrachten Weg einer Ein- gemeindung, die zum 1. Januar 1886 vollzogen wurde. Diese war nach der badischen Gemeindeordnung von 1831 bzw. der Städteordnung von 1874 mög- lich durch die Auflösung einer Gemeinde per Landesgesetz, das nach der Zustimmung der beteiligten Gemeinden auch problemlos am 12. Dezember 1885 erlassen wurde. Die Karlsruher Gemarkung wuchs damit am 1. Januar 1886 um 212 ha, von denen der Großteil, nämlich 181 ha Acker- und Wiesen waren. Die Einwohnerzahl stieg um 4.106 auf 61.078. Von diesen Einwohnern wur- den 1885 nur 32, also weniger als 1 % der Bevölke- rung als "Arme" durch die Gemeinde unterstützt. 6 Nuitsstraße (heute Marktstraße) und aus dem Marktplatz der Lindenplatz. Die Mühlburger Land- straße wurde in Kaiserallee umbenannt. 7 Zwei Mit- glieder des Mühlburger Gemeinderats, die dieser in seiner letzten Sitzung am 22. Dezember 1885 be- stimmte, bekamen einen Sitz im Karlsruher Stadt- rat, 9 Mitglieder des Bürgerausschusses wurden Karlsruher Stadtverordnete. Bürgermeister Wilhelm Wörner übernahm die Aufgaben eines städtischen Ratsschreibers für Mühlburg. Gemeinderechner Bi- schoff wurde in den Ruhestand versetzt. Diese Vereinigung brachte für beide Partner Vor- teile : in Mühlburg konnte die Gemeindeumlage um mehr als die Hälfte gesenkt werden. Das bis dahin übliche Pflastergeld wurde abgeschafft, die Preise für Gas und Wasser fielen, das Schulgeld wurde er- mäßigt, und die Liegenschaftspreise stiegen. Außer- dem erhielten die Mühlburger die Zusage, daß Ih- nen das sogenannte Gnadenholz, das an die 200 äl- testen Bürger verteilt wurde, weiterhin gewährt werde. Auch die zwei Wochenmärkte durften wei- terhin stattfinden. Die Freiwillige Feuerwehr konn- te ihr Vermögen behalten und über ihre Sterbe- kasse verfügen . Die Stadt verpflichtete sich zudem, die im Hardtwald gelegene Düngerlagerstätte zu In Mühlburg mußten nach der Ver- einigung etliche Straßen umbenannt werden : aus der Bahnhofstraße wurde die Eisenbahnstraße (heute Nuitsstra- ßel. aus der Schloßstraße die Albstraße (heute Teil der Lameystraße), aus der Adlerquerstraße die Kleine Straße (heute Sternstraße), aus der Kaiserstra- ße die Hardtstraße, aus der Friedrich- straße die Marktstraße (heute Sedan- straße), aus der Schillerstraße die ";~-~" ... .." '~"I verlegen, da diese die westlichen Stadt- teile und auch Mühlburg bei West- oder Nordwestwind erheblich mit Geruch be- lästigte. Außerdem wollte sich die Stadt Karlsruhe bei der Karlsruhe-Mühlburger und Durlacher Pferde- und Dampfbahn- gesellschaft für eine Ermäßigung der Sonntagsfahrkarte von 15 auf 10 Pfennig einsetzen. 8 , ' :~ \., \ Der letzte Bürgermeister von Mühlburg, Wilhe/m Wörner. Zwar mußte nun die Karlsruher Ge- meindeumlage geringfügig erhöht wer- Die Pferdebahn fuhr seit September 1877. Mühlburger Marktszene in der Marktstraße. den, dafür war nun - zumindest vorerst - der nöti- ge Raum für die weitere Ausdehnung der Stadt vorhanden. Die bereits durch die Maxaubahn 1862 näher zusammengerückten Städte, zwischen denen seit 1877 auch eine Pferdebahn verkehrte, wuchsen in den folgenden Jahren rasch zusammen. Mühlburg im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Mit Mühlburg war ein Ort eingemeindet worden, der heute auf eine viel längere Geschichte als die Stadt Karlsruhe selbst zurückb licken kann, nämlich auf mindestens 750 Jahre, wenn man die Erster- wähnung in einer Urkunde der Markgrafen von Ba- den aus dem Jahr 1248 als Maßstab nimmt. Mit dieser in "Mulenberc" ausgestellten Urkunde über- trugen die Markgrafen Hermann und Rudolf ihr Lehen in Eichstett bei Emmendingen an Hesso von Üsenberg .9 Wie bei nahezu allen mittelalterlichen Erster- wähnungen ist aber davon auszugehen, daß der Ort oder in diesem Fall die Burg älter ist. Das Gebiet um Mühlburg war schon in der Römerzeit besiedelt, wie Funde aus dieser Zeit belegen. In einer Urkunde aus dem Jahr 1258 wird die Burg Mulenberc aus- drücklich als "castrum mulenberc" erwähnt. Es han- delte sich um ein sogenanntes Weiherhaus, ein turmähnliches Gebäude mit einem doppelten Was- sergraben. 10 Die Vermutung liegt nahe, daß zu diesem Zeitpunkt bereits eine Mühle vorhanden war, die dem Ort den Namen gab. Die Mühle an der Alb war Bannmühle für die benachbarten Dörfer Beiertheim, Bulach, Hagsfeld , Knielingen, Neureut und Rintheim, d. h. diese Dörfer durften aus- schließlich in der Mühlburger Mühle mahlen lassen. Die Mühlburg war aber ursprünglich königlicher Besitz, dessen sich die badischen Markgrafen in der Zeit des Interregnums, als die Königsmacht darnie- derlag, bemächtigt hatten. Nach dem Ende der staufischen Regierung mit dem Tod des letzten Stauferkaisers Konrads IV. im Jahr 1254 hatten vie- le kleinere Territorialherren dies genutzt, um sich Königsgut anzueignen, darunter auch die badi- schen Markgrafen. 1265 wird Markgraf Rudolf von Baden als Besitzer der Burg erwähnt. Als im Jahr 1273 das Interregnum mit der Wahl Rudolfs von Habsburg beendet war, machte sich dieser sogleich an die Rückgewinnung des verlorenen Königsguts und "eroberte, von dem Kriegsg lück begünstigt, die sehr festen Schlösser und Städte Mulenberc, Cre- zingen und Durlach und ganz Schwabenland jen- seits des Rheines, welches dem Markgrafen gehör- te." 11 Mühlburg wurde kurzfristig wieder Reichs- burg, welche die Nichte König Rudolfs, die einen der Söhne Markgraf Rudolfs heiratete, als Wittum bekam. 12 1330 erhielt Markgraf Rudolf IV. nach dem Tode seines Vetters Rudolf Hesso Mühlburg als Reichsle- hen. 13 1372 bekam Markgraf Rudolf VI. die Rhein- zö ll e zu Selz und Mühlberg. 14 Ende des 14. Jahr- hunderts ist ein Hans Cunzmann Amtmann in Mühlburg. 15 Diese recht fragmentarischen Infor- mationen belegen, daß die Quellen zur Mühlburger Geschichte im Mittelalter sehr spärlich sind. Daran änderte sich auch in den folgenden Jahrzehnten nichts wesentliches. Erst 1424, als Mühlburg wo- chen lang von feindlichen Truppen der oberrheini - schen Städte Basel, Freiburg, Straßburg u. a. bela- gert wurde und allen Angriffen widerstand, rückte die offensichtlich stark befestigte Burg wieder in den Mittelpunkt. Die Auseinandersetzung des --- Die "1 o teste Ansicht von Mühlburg und Umgebung. Plan der oberen und unteren Hordt um 1560. Markgrafen mit den Städten wurde mit der soge- nannten Mühlburger Richtung beigelegt. 1430 wi- derstand die Festung erneut heftigen Angriffen, diesmal des Erzbischofs Raban von Speyer. 16 Seit dem 15. Jah rhundert war Mühlburg auch Sitz des gleichnamigen Amtes, obwohl es nach wie vor kein Dorf, geschweige denn eine Stadt war. "Es lebte hier niemand, der nicht in einer Beziehung zur Festung stand, die zugleich Sitz des Amtmannes war, der die Rechte des Markgrafen in den umlie- genden Dörfern wahrnahm." 17 Näheres erfahren wir aus einem Zinsbuch, das auf das Jahr 1468 datiert wird. Ihm ist zu entneh- men, daß es zu diesem Zeitpunkt zwei Mühlen gab, eine als "neu errichtet" gekennzeichnete Ölmühle und eine ältere herrschaftseigene Mühl e, von der Mühlburg wohl den Namen hatte. 18 Außerdem gab es noch eine Gastwirtschaft, die ein Jost Klump von Durlach betrieb. Es wird mit einiger Berechtigung vermutet, daß diese Wirtschaft den Hande lsleuten als Herberge diente, die an dieser Stelle ihren Zoll - eine vom Reich verliehene Einnahmequelle des Markgrafen - entrichten mußten. Zur Gastwirt- schaft gehörten 110 Morgen Acker- und Wiesfeld. 19 1516 vergab Markgraf Philipp I. die Mühle an Bal - this Gymsel von Schwäbisch Hall als Erblehen. 1534 wird Zimbrecht von Hefen-Ebertstein als Beständer genannt. 1561 kauft Markgraf Karl die Mühle für 600 Gulden zurück. Zu diesem Zeitpunkt gab es vermutlich noch eine zwe ite Mühle, denn 1552 wurde eine Ordnung über Holzabgaben nach der Erbauung einer Holzmühle erlassen.2o Außerdem wird in den Quellen immer wieder eine "Dubadurn" genannt, offensichtlich ein Tau- benturm, der die Schloßküche mit Eiern und Jung- vögeln versorgte. Ausgrabungen vor dem Ersten Ausschnitt aus dem nebenstehenden Plan mit Schloß Mühlburg. Zu erkennen sind auch die Mühle und der Taubenturm. Weltkrieg stützen die Vermutung, daß er im Bereich der heutigen Lameystraße stand. 21 Eine, wenn auch kleine Rolle sp ielte Mühlburg im Bauernkrieg : 1525 ließ Markgraf Philipp aufständische Bauern in der Burg einsperren. 22 Bei der badischen Landesteilung von 1535 kam Mühlburg zur Linie Baden-Pforzheim, später Ba- den-Durlach. Um diese Zeit soll Markgraf Philipp I. das "alte Wasserhaus" zu einem Schloß ausgebaut haben. 23 1542 siegten die kaiserlichen Truppen in der Schlacht bei Mühlburg über die protestanti- schen Fürsten. 24 Unter Markgraf Philipp (1527-1533) begann der Ausbau der Burg zu einem Schloß. Markgraf Karl (1553-1577) nutzte Mühlburg als Sommerresidenz, Markgraf Ernst Friedrich (1577-1604) soll sie um 1600 prächtig eingerichtet haben. 25 Nach wie vor war der Ort aber eine von einigen wenigen Gebäuden umgebene Burg, ein kleiner Burgflecken. Während des 30jährigen Krieges sam- melte sich bei Mühlburg zunächst die markgräfli - -=..:::... ~- --~~-:-: .. _ ... oben: Rekonstruktion des Mühlburger Schlosses von Dtto Linde aus dem Jahr 1917. Linde arbeitete alle damals verfügbaren Unterlagen ein, darunter auch eine unvollendete Ansicht von Hans Schmalkalder. Taubenturm, Ausschnitt. IJ I.,,, ".'NM'/ h",.. """"""",,,. IIUI"f"N J.,fIW/ll_,..""",,,,,,, .. 1' /'~J.~"t,,--/"'-7'" /-J,._r/'Y"~ Das Schloß Mühlburg vor der Zerstörung 1689. r1 . .... che Artillerie, die von hier aus in die Schlacht bei Wimpfen zog und dort Tillys Truppen unterlag. Die Sieger brandschatzten und plünderten daraufhin die Markgrafschaft, darunter auch Mühlburg. 1632 hielt Martin Zeiller in seinem "Teutschen Reyss- buch" fest, daß Mühlburg nach der markgräflichen Niederlage "ganz verderbt und verbränt worden". 26 Mühle und Gastwirtschaft waren zerstört. 1667 erhielt jedoch ein Franz Strauß eine Wirt- schaft, die nun die "Strauß-Wirtschaft" 27 hieß. In 11*,"",.",1" -/'--?'*'-n-- ?HI' ,."..,. r#/ 1..,""",..,. diesem Jahr wandten sich die Mühlburger Bürger an den Landesherren mit der Bitte, ein eigenes Sie- gel führen zu dürfen. Sie erhielten aber nicht das ursprünglich vorgeschlagene Wappen, das in ge- spaltenem Schild vorne den badischen Schrägbal- ken und hinten ein halbes Mühlrad vorgesehen hatte, sondern das bis zur Eingemeindung gültige Wappen. Der Markgraf persönlich hatte den Ent- wurf geändert, ohne daß der Hintergrund dieser Entscheidung bekannt ist. Im Polnischen Erbfolgekrieg (1733- 1735) befand sich hier das französische Hauptquartier. Markgraf Friedrich VI. ließ das zerstörte Sch loß wieder aufbau- en und zwar "viel herrlicher, als es je ge- wesen", wie es bei dem Hofprediger Jo- hann Fecht heißt. 28 Architekt war der 1667 nach Durlach berufene Augsburger Architek- turtheoretiker Georg Andreas Böckler, der beim Wiederaufbau die noch erha ltenen Teile des Sch los- ses integrierte. "Der breit ge lagerte Wohnba u des Schlosses bestand damals aus einem Mitteltrakt, zu dessen kleinerem zweiten Obergeschoß umlaufende Pultdächer den Übergang bildeten, einem der östli- chen Hofseite zu vorgesetzten Mittelturm und zwei seitlich in der Längsachse angebauten, sch lichten Flügeln. Dem Mitteltrakt war auf der westl. Rück- seite eine auf drei Bogen ruhende Terrasse vorgela- gert. Seitlich vom Schloß lagen die Wirtschaftsge- bäude, gegenüber ein Torbau mit Turm" 29, be- schreibt ein Zeitgenosse das Sch loß. Am 20. April 1670 verlieh der Markgraf Mühl- burg Stadtrechte und er ließ die entsprechenden Stadtprivil eg ien, die Mühlburg zur Handels- und Gewerbestadt werden lassen sollten. 30 Der Frei- heitsbrief wurde ged ruckt und in der Markgraf- schaft sowie in den umliegenden Ländern verbrei - tet. Mühlburg wird als "nächst dem Schloß daselb- sten mit etlich wenig anderen Gebäuden besetzt gewesener Ort" bezeichnet, in dem künftig "aller- hand Manufacturen und Gewerbe nutzbarlich getrieben werden könnten". 31 Einfluß auf diese markgräfliche Entscheidung dürfte auch die ver- kehrsgünstige Lage Mühlburgs gehabt haben : hier kreuzten sich die Straße von Basel nach Mannheim und die Ost-West-Verbindung Pforzheim-Durlach- Das Mühlburger Wappen : In gespaltenem Schild vorne in Gold ein roter Schräg balken, hinten in Grün ein silbern er Hirschkopf. Knielingen, hier befand sich die Zoll- station zw ischen Baden-Baden und Ba- den-Durlach. Besonders erfo lgreich war der Aufruf wohl nicht. 1678 wohnten gerade einma l zwölf Bürger und vier Hintersassen in Mühlburg. Diese beantrag- ten am 15. April 1678 die Befreiung von allen Kriegslasten. 32 Mühlburgs Aufwärtsentwicklung wurde auch schon bald wieder durch kriegerische Ereignisse unterbrochen: Als französische Truppen während des Pfälzischen Erbfolgekrieges die Dörfer und Städte am Oberrhein plünderten und in Brand steckten, wurde Mühlburg erneut in Schutt und Asche gelegt. Die 60 Mann Besatzung unter Leut- nant Haas waren nach Durlach abgezogen worden, dessen Zerstörung sie allerdings nicht verhindern konnten. 33 "Das Schloß zu Mühlburg mit allen desselben Gebäuwen und Behausungen sambt dem langen Stall, so zwischen beeden Gräben ge- standen, item das Wäschhaus und anders ist in anno 1689, den 26ten Aug. durch den feindlichen frantzösischen Einfall sambt den Bevestungen völlig eingeäschert, übern Haufen geworfen und folglich totaliter ruiniret worden" 34 berichtet ein Zeitgenosse. Mit dem Wiederaufbau der Stadt, nicht aber des Sch losses, wurde begonnen. Die Steine des Sch los- ses fande n 171 5 beim Bau des Karlsruher Schlosses Verwendung. Auch die 1689 zerstörte Mühle wur- de nicht wieder aufgebaut. Erst Ende des 18. Jahr- hunderts entstand wieder eine Mühle, die bis 1877 in Betrieb war und erst 1942 abgebro- chen wurde. 1699 erneuerte Markgraf Friedrich Magnus auch die Stadtpriv il e- gien, mit denen er Ansiedlungswilligen, die ein modellmäßiges Haus bauten, u. a. 20 Jahre Abgabefreiheit versprach. Diese Zusicherungen zogen nun offensichtlich eine Reihe neuer Anwohner an. Zu- nächst kamen fünf jüdische Familien, aber auch ein katholischer Biersieder Prinz Wilhe/m Ludwig von Boden (1732-1788). Die Gründung der neuen Residenz Karls- ruhe warf die Stadt Mühlburg natürlich zurück. Ein Teil der Einwohner zog um, neue Bürger ließen sich kaum noch nie- der. Immerhin bestanden 1732 sechs Wirtschaften, 1741 waren es schon 41 bei 685 Einwohnern, was für den klei- nen Ort ein ähnliches Überangebot an Wirtshäusern bedeutete wie für das be- und etli che Waldenser wurden genannt. Schon zu dieser Zeit gab es eine Reihe von Wirtschaften . In den Einwohnerverzeichnissen von 1688 bis 1719 werden ein Hirsch-, Strauß-, Löwen-, Schwanen-, Blumen- und ein Ochsenwirt genannt. Daß es nicht immer ordnungsgemäß in diesen Wirtschaften zugegangen sein mag, belegt die Notwendig- keit, daß wegen der "Nichteinhaltung der Feier- abendstunde" die Ortspolizei des öfteren eingreifen mußte, was "die zeitweise Schließung von Wirt- schaften zur Folge gehabt und so lches vorbildliche Wirkung" gezeigt habe. 35 1709 waren in Mühlburg 44 Bürger, 10 Hintersassen und 17 Juden ansässig. 36 Kurz vor der Gründung von Karlsruhe hatte Mühl- burg 521 Einwohner, von denen nahezu zwei Drit- tel Protestanten waren - zum Vergleich: in Du rlach lebten 1709 2.826 Einwohner. 37 Zu diesen 52 1 nachbarte Karlsruhe. 39 Im Jahr 1815 be- richtete der erste Karlsruher Stadtchronist Theodor Hartleben, daß die Bewohner der Residenz am Wo- chenende "fleißig" die "gut eingerichteten Gasthö- fe" der Nachbarstadt besuchten. 40 Von ein iger Bedeutung für Mühlburg war der Entschluß des badischen Prinzen Wilhelm Ludwig, auf Mühlburger Gelände für seine bürgerliche Ehe- frau ein Freigut zu erwerben, das die Vorausset- zung dafür war, daß sie zur Freifrau von Seideneck geadelt werden konnte. 1769 entstand eine Krapp- fabrik, ein Jahr später eine Brauerei, die bald den Kundenstamm der ehema ligen Brauerei Gottesaue übernahm.41 Die Seidenecks kauften in den folgen- den Jahren einen Großteil der Mühlburger Gemar- kung und wurden zum größten Grundbesitzer. Be- reits 1765 war von einem Straßburger Kaufmann eine Segeltuchfabrik gegründet worden. Besser zäh lten 200 Eheleute, 7 Witwer, 19 Wit- wen, 17 Knechte, 7 Lehrjungen, 44 Mägde, 64 Schulkinder und 76 kleinere Kinder. Bürgermeister war zu dieser Zeit Philipp Ludwig Hetz. Zu den Bürgern gehörten u. a. Hans Georg Dhollt, Hans Bernet Ermel, Hans Jakob Nagel, Stefan Nill, Hans Jerg Schlotterbeck, Ludwig Sutter und Johann Werner.38 Christine schortmonn, Freifrau von Seiden eck. ging es der Stadt allerdings erst zu Be- ginn des 19. Jahrhunderts, als die wachsende Residenz Karlsruhe auch für Mühlburg einen Aufschwung brachte. Viele der Mühlburger Handwerker und Taglöhner fanden dort Arbeit. 1814 zäh lte Mühlburg 714 Einwohner, besaß eine Schule, seit 1719 eine Kirche und 96 Wohn - und 43 Nebengebäude.42 Dieser Plan zeigt Mühlburg und Umgebung um das Jahr 1700. Postkarte mit dem Seldeneck'schen Schlößchen, einem der öltesten Mühlburger Ge- böude, dos 1965 abgerissen wurde. Blick auf Mühlburg um 1830, Lithographie van Velten. Eine Mühlburger Biertischgesell- schaft im Gast- haus "Zum Hirschen", 1856. Die Berufe verteilten sich folgendermaßen: je 1 Bierwirt, Brauer, Brauereibesitzer, Chirurg, Kaffee- fabrikant, Dreher, Wagner, Kaminfeger, Müller, Hut- macher, Seifensieder, Färber, Strumpfstricker, je 2 Zimmerleute, Hufschmiede, Schlosser, je 3 Nagel - schmiede, Seiler, Schreiner, je 4 Krämer, Maurer, Bäcker, je 5 Metzger, Schneider, 7 Schuhmacher, 8 Schildwirte, 18 Leinen- und Bildweber. 43 Zu den Wirten gehörte auch jener, der den russi- schen Zaren veranlaßt haben soll, seine Reise von Rastatt nach Karlsruhe im November 1818 kurz zu unterbrechen. Der Mühlburger Wirt hatte sein Haus festlich geschmückt und mit der Aufschrift verse- hen "Es lebe Zar Alexander! Er ist unser bester Ver- wandter!" Der darüber amüsierte Zar ließ anhalten und dankte seinem Verehrer, der ihm auf diese Wei- se seine Anerkennung dafür aussprechen wollte, daß er sich für das noch junge Großherzogtum Ba- den eingesetzt hatte. 44 Um 1800 bauten die Karlsruher Kaufleute Griesbach - der spätere erste Karlsruher Ober- bürgermeister - und Reuther eine Tabakmühle an der Mühlburger Brücke. Im Laufe des 19. Jahrhun- derts folgten weitere gewerbliche und industrielle GrÜndungen. 45 1843 zählt "das kleine, aber freundliche Städt- chen Mühlburg ... in seinen 160 Häusern 1500 Ein- wohner", wie Eugen Huhn in dem Stadtführer "Karlsruhe und seine Umgebungen" festhält. 46 Huhn schreibt weiter, daß Mühlburg nicht zu den vermögenden Gemeinden gehört: "Seine Bewohner sind auf wenige Gewerbe und Ackerbau be- schränkt; der Nähe von Karlsruhe wegen, von wo man durch stets bereitstehende Fiaker zu jeder Zeit um wenige Kreuzer hierher fahren kann, gibt es hier aber mehrere viel besuchte Wirtshäuser. Mühl- burg hat eine Krappfabrik und eine Fischbeinfabrik, von welchen die letztere erst in jüngster Zeit ange- legt wurde, ebenso eine Mühle und ein Schlößchen, das den Freiherren von Seideneck gehört, die hier sehr begütert sind." 47 Revolution 1848/49 Über die Ereignisse in Mühlburg während der Revo- lution 1848/49 ist bislang nur sehr wenig bekannt. Am 21 . März 1848 beriet eine Gemeindeversamm- lung zwar über die Einrichtung einer Bürgerwehr, beschloß aber mit der Gründung zu warten, bis das entsprechende Gesetz erlassen sei .48 Knapp vier Monate später, am 12. Juli beriet man über die An- schaffung von Gewehren, was auf die Existenz ei- ner Bürgerwehr schließen läßt. 49 Unter der Leitung des Pfarrers Dr. Konrad Friedrich Emil Otto bestand auch ein Volksverein. Dieser Pfarrer Otto war ganz offensichtlich auch die Ga llionsfigur der Revoluti - on in Mühlburg. Ein amtlicher Bericht bezeichnet ihn deshalb als "Wühler". Im eigentlichen Revoluti - onsjahr 1849 wird er als Obmann und Präsident des Deutschen Vereins und als Verfasser eines Flugblat- tes an die Wähler vom 28. Mai aufgeführt, das zur Unterstützung der Revolution aufforderte. Ob er auch für den folgenden Beschluß des Gemeinderats verantwortlich war, kann aber nur vermutet wer- den. Im Protokoll heißt es: "Geschehen Mühlburg, den 24. Februar 1849 vor dem Gemeinderath. Die Neuzeit als Feindin alles alten Zopfwesens erforderte es dringend, daß aller Unterschied der politischen Gemeindemitglieder aufhört. Der zeiti- ge Gemeinderath verzichtet deshalb auf die bisher in der Kirche gehabten Plätze und überläßt solche den Mitgliedern des Kirchengemeinderaths zur be- Pfälzische Revalutianstruppen, hier beim Übergang über den Rhein bei Knie/ingen, ziehen auf ihrem Weg in die Stadt Karlsruhe auch durch Mühlburg. liebigen Verfügung . Nachricht hiervon dem Vor- stande des Kirchengemeinderaths dahier." Wenig später, am 8. März 1849 ist festgehalten: "Die Er- richtung einer Bürgerwehr betreffend und Schrei- ben des Vorstandes des Deutschen Vereins an den Gemeinderath in obigem Betreff. 1. Solle in Mühlburg eine Bürgerwehr errichtet werden oder nicht? Antwort : Sämtlich einverstanden, und zwar auf dem Grund des Bürgerwehrgesetzes. 2. Solle eine Commission, wie sie die Eingabe des Vorstandes des Deutschen Vereins vorschlägt, er- richtet werden? Antwort : Ja, und zwar 3 Mitglieder vom Deut- schen Verein und 2 Mitglieder von der Feuerwehr, welche beide nur berathende Stimmen haben und den Sitzungen des Gemeinderaths in Bürgerwehr- angelegenheiten beizuwohnen haben. 3. Anerbieten des Deutschen Vereins die An- schaffung der Gewehre betreffend, so wie die Auf- bringung der nöthigen Geldmittel hierzu. Antwort: Das Anerbieten wird mit Dank ange- Die älteste Ansicht des Mühlburger Rathauses aus dem Jahr 1864, Aquarell van B. Pfeifer. nommen und ist der Stadt seiner Zeit, soweit es diese betrifft, Vortrag zu erstatten. Beschluß: Vorstehende Vorschläge werden vom Gemeinderath genehmigt und sind unverzüglich Anstalten zu treffen, um die gewählte Commission sog leich zur Berathung zu veranlassen." Es bestand also ein Deutscher Verein, eine Feuer- wehr und eine Bürgerwehr in Mühlburg während der Revolution. Pfarrer Otto wird auch mehrfach in Untersuchungsakten anderer Mühlburger Revolu- tionäre z. B. von Christian Bauer, Thomas Lahr und Karl Maag genannt, wo vermerkt ist, daß diese von dem revolutionären Pfarrer eine Flinte bekommen hätten. Otto mußte für seine Überzeugung und sein Eintreten für die Demokratie büßen. Am 4. Juli 1849 wurde er verhaftet und wegen seiner Beteili- gung an der Revolution "mit einem gedruckten Aufruf, Majestätsbeleidigung, Aufforderung zur Beteiligung am Aufruhr und eifrigen Förderung der Bewaffnung der Volkswehr" 50 angeklagt. Als er sich weigerte, auszuwandern, verurteilte man ihn am 27. Mai 1850 zu zwei Monaten peinlicher und sechs Wochen bürgerlicher Gefängnisstrafe. Die Strafe hat er offensichtlich nicht abbüßen müssen, da er im Berufungsverfahren "klagfrei" gestellt wurde, d.h., daß er außer den bereits abgegoltenen Strafen keine weiteren mehr aufer legt bekam. 1851 fo lgte seine Entlassung aus dem Kirchendienst. 51 Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt, 1857 befand er sich nicht mehr im Landamtsbezirk Karlsruhe. Der zweite Mühlburger Revolutionär, der noch lange unter den Folgen seines mutigen Engage- ments für demokratische Rechte zu leiden hatte, war der Fabrikant August Friedrich Deimling, der ebenfa lls zum Vorstand des Deutschen Vereins ge- hörte. Da er mehrere Männer zum Ausrücken an die Knielinger Rheinbrücke und zum Bau von Schanzen veranlaßt haben so llte, wurde sein Vermögen beschlagnahmt. Nach Aberkennung des Staats- bürgerrechts wurde er zusätzlich am 12. August 1850 noch zu vier Jahren Zuchthaus in Abwesen- heit verurtei lt. Offensichtlich war es ihm gelungen, zunächst ins Elsaß, dann in die Schweiz zu fliehen. Nach seiner Begnadigung im Jahr 1857 führte sein Weg nicht nach Mühlburg zurück. Möglicherweise ist er aber identisch mit dem Rentier August Deim- ling, der 1859 erstma ls im Karlsruher Adreßbuch in der Stefanienstraße genannt ist. Dem Vorstand des Deutschen Vereins gehörten auch die Gemeinderäte Gottlieb Ankhelen, Kauf- mann, der Hutmacher Johann Kohler, der Haupt- lehrer Christian Stolz und Karl Zimmermann an, die 1849 alle suspendiert wurden. Da zudem der Arzt des Ortes Dr. Theodor Wagner als Schriftführer des Deutschen Vereins fungierte und als Mitglied der Wahlversammlung zur Vorbereitung der Wahl zur Verfassunggebenden Badischen Versammlung auf- trat, kann man sch li eßen, daß ein nennenswerter Teil der Mühlburger Führungsschicht im Sinne der Revolution tätig war. Insgesamt 39 in Mühlburg wohn hafte Personen fielen den Behörden wegen revolutionärer Aktivitäten auf. Darunter waren zwar einige Personen nur dadurch auffällig gewor- den, daß sie Abonnenten des "Volksführers" waren wie der Lehrer Weber oder der Hirschwirt Schmit, es befanden sich aber auch Mitglieder der deutsch- polnischen Legion wie der Maurer Daniel Schmidt oder der ungarischen Legion wie der Bäcker Johann Dörrfuß darunter. Nach der Niederschlagung der Revolution durch preußische und Bundestruppen mußten die Mühl- burger wie alle anderen badischen Gemeinden zur Bestreitung der Kriegskosten und zur Versorgung der Besatzungstruppen beitragen. Doch befand sich das Mühlburger "Arrestlokal" in einem schlechten baulichen Zustand, so daß drei "liederliche Weibs- bilder", die der Mühlburger Polizeidiener Deck im August verhaftet und in Arrest gebracht hatte, flie- hen konnten. Die Stadt sollte deshalb bessere Ar- restlokale in dem ehemaligen Brauereigebäude der Ritterwirtschaft bauen, das sie kurz zuvor gekauft hatte. Am 20. August 1849 teilte man dem Land- amt mit, daß das alte Arrestlokal wiederhergestellt sei: "Es wird seit dem 26. v. M. durch die preußische Einquartierung benutzt, in dem immerwährend 3 und 4 Arrestanten sich darin befinden. Die Herstel- lung zweier Arrestlokale in dem neuen Schulhause würde einen Aufwand von wenigsten 50 fl [Gul- den] verursachen, und wir sind in dieser bedräng- ten Zeit und durch die starke Einquartierung so wie von Lieferungen von Lebensmitteln & Fourage in eine Schuldenlast von fl ca. 1500 gerathen. Wir sind daher außerstande der Landamtl. Aufforde- rung zu genügen." Der Bau der Arrestlokale blieb Mühlburg zwar erspart, dennoch war man am 6. Oktober 1849 gezwungen, eine Kriegskostenumla- ge zu erheben. Zu diesem Zeitpunkt war das neue Rathaus be- reits erbaut, das bis 1886 als Sitz der Mühlburger Gemeindeverwaltung diente. In einer Festschrift, die an läßlich der 34. Versammlung deutscher Na- turforscher und Ärzte in Karlsruhe im Jahr 1858 er- schien, pries dessen Verfasser Mühlburg als "offe- Progromm zur Feier des Sieges und Friedensfestes am 11. März 1871. Das Kriegerdenkmal auf dem Lindenplatz kurz nach der Errichtung im Jahr 1887. nes, freundliches Städtchen" mit rund 280 meist evangelischen Familien, "einer Pfarrkirche, einem Schlößchen nebst großer Brauerei der Herren von Seideneck, einer bedeutenden Stärkefabrik und mehreren guten Wirtshäusern mit Gärten." 52 Als nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/ 71 das Deutsche Reich gegründet wurde, stieß dies auch in Mühlburg auf eine lebhafte positive Reso- nanz. Am 11. März 1871 fand wie in den meisten deutschen Orten eine Feier des Sieges und ein Frie- densfest statt. Ein Kriegerdenkma l für die 1870/71 gefallenen Mühlburger entstand erst mehr als 15 Jahre später auf dem Lindenplatz vor der Karl- Friedrich-Gedächtniskirche. Es war noch von der Stadt Mühlburg geplant worden, wurde aber erst nach der Eingemeindung am 18. September 1887 feierlich eingeweiht. Im Gegensatz zu den Gebäu- den am Lind enplatz erlitt es 1944 keine größeren Schäden. Wegen Umgestaltungen des Lindenplat- zes mußte es zweima l versetzt werden. Heute ge- denkt es "UNSEREN GEFALLENEN AUS BEI DEN WELTKRIEGEN". In den folgenden Jahren wuchs Mühlburg im Zuge der beginnenden Industrialisierung kontinu- ierlich. Die Bevölkerung fand nun in der benach- barten Residenz in den dort entstehenden Indu- striebetr ieben Arbeit. Seit 1870 bezog man auch aus Karlsruhe vom dortigen Gaswerk das Gas. An Fabriken gab es in Mühlburg selbst zur Zeit der Eingemeindung außer der Seldeneck'schen Braue- rei nur die Badische Kartoffelmehlfabrik Wahl & eie in der Fabrikstraße, die Malzfabrik Leopold Eypper in der Falterstraße, heute Stösserstraße und die Glacelederfabrik Mühlburg vorm. R. Ellstätter in der Hardtstraße. Seit 1862 war Mühlburg auch an den Eisenbahnverkehr angeschlossen. Die Max- aubahn hielt an dem Bahnhof beim Fliederplatz, der heute als Jugendtreffpunkt dient. In dessen un- mittelbarer Nachbarschaft siedelte sich kurz nach der Eingemeindung auch die Eisengießerei Seneca an. Noch kurz vor dem Verlust ihrer Selbständigkeit ehrte die Stadt mit dem Medizinalrat Theodor Wagner einen verdienten Bürger mit einem Ehren- pokal, der 50 Jahre als Arzt in Mühlburg praktiziert hatte. Der 1812 geborene Wagner ließ sich nach erfolgreichem Studium an den Universitäten Frei - burg und Heidelberg mit 22 Jahren in Mühlburg Ehrenpokal der Stadt Mühlburg für Medizinalrat Wagner, 1885. nieder, wo er bald zu den Honoratioren des Ortes gehörte. Wagner gründete zahlreiche land- wirtschaftliche Vereine in Karlsruhe und Umge- bung, den Geflügelzuchtverein sowie den ärztlichen Verein und zählte zu den Mitbegründern des Karls- ruher Tiergartens. Für seine Verdienste ehrte ihn Ein anderer großer Sohn Mühlburgs, von dem man sagt, er gehöre zu den Personen, welche die Welt auf Räder gestellt haben, hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Heimatort bereits lange verlassen. Karl Friedrich Benz (1844 - 1929) Karl Friedrich Benz wurde am 25. November 1844 in Mühlburg geboren, wobei nicht zu ermitte ln ist, in welchem Haus. Vermutet wird, daß es sich in der Hardtstraße befand. Die Vorfahren von Karl Benz waren Dorfschmiede in Pfaffenrot. Sein Vater ver- lies das Dorf und wurde Mechaniker bzw. Werkfüh- rer in einer Zuckerfabrik in Grötzingen, wechselte aber schon bald als Lokomotivführer zur ersten ba- dischen Eisenbahn. Nach dem Willen seiner Mutter, die nach dem frühen Tod des Vaters den Lebensunterhalt der Familie verdienen mußte, so ll te Karl Benz Beamter werden und besuchte deshalb das Karlsruher Gymnasium. Dort waren Physik und Chemie seine Lieblingsfächer. Darüber hinaus bewies er handwerkliches Geschick und eignete sich mecha- nische Kenntnisse an, dank derer er u. a. Uhren re- parieren konnte. Mit 17 Jahren besuchte er das Po- lytechnikum in Kar lsruhe mit dem Ziel, Ingenieur zu werden; der Schü ler von Ferdinand Redtenbacher und Franz Grashof verriet über die wissenschaftliche Arbeit hinaus auch eine große Neigung zur prakti- schen Arbeit, die ihn oft an die Werk- bank führte. nicht nur seine Heimatstadt, sondern auch der Großherzog durch die Verlei - hung des Titels Medizinalrat und des Ritterkreuzes I. Klasse des Zähringer Lö- wen . Als er im Februar 1894 verstarb, fand die Beisetzung unter starker An- teilnahme der Mühlburger Bevölkerung und mit Beteiligung von Delegationen mehrerer Vereine und der Freiwilligen Feuerwehr statt. 53 Medizinalrat Th eodor Wagn er (1 812- 1894). Bei der traditionsreichen Maschinen- baugesellschaft Karlsruhe in der Süd- weststadt, die 1904 nicht weit von sei- nem Geburtsort ihren Standort im Ge- ~nt\ 1 ca. -nu.t i~~ gute ~d.,Sttt' Karl Benz mit seinem Dreirodwagen aus dem Jahr 1886. wann Oberfeld finden sollte, fand er nach dem Stu- dium die erste Anstellung. In diesem Werk hat Benz nach Beendigung seines Studiums 1864 bis 1867 "als Arbeiter an Schraubstock und Drehbank ge- standen", um noch einmal "ganz unten bei den Grundlagen anzufangen." Später erinnerte er sich : "Der Dienst war hart, Sommer wie Winter von mor- gens 6 bis abends 7 Uhr, nur mit einer Stunde Mit- tagspause. Hier lernte ich, wenn ich zwölf Stunden lang im Halbdunkel der damals noch mangelhaft beleuchteten Fabrikräume gebohrt und gefeilt hat- te, das Wort 'Lehrjahre sind keine Herrenjahre' von seiner strengsten Seite kennen." Mit dem Ende se i- ner Tätigkeit bei der Karlsruher Maschinenbauge- sellschaft verließ Benz Karlsruhe. 1871 gründete er mit dem Mechaniker August Ritter die erste eigene mechanische Werkstätte "Karl Benz und August Ritter" in Mannheim, die er im folgenden Jahr allein übernahm. Drei Jahre spä- ter begann er mit der Arbeit an einem Zwei- taktmotor, 1884 arbeitete er auch an Viertakt- motoren . Mit dem Benz- Patent von 1886, einem Dreiradwagen, gelang ihm die Konstruktion, die ihn zu den bahnbrechenden Erfindern der Automobil - technik gehören läßt. Am 4. April 1929 verstarb Karl Benz, nachdem er noch kurz zuvor seinen 84. Geburtstag begehen konnte. Karl Benz gelangen seine Erfindungen zwar nicht mehr in Mühlburg oder Karlsruh e. Sein Name bleibt aber mit der Stadt verbunden, in der er ge- boren wurde. Im Stadtteil Mühlburg brachte der dortige Bürgerverein am 17. April 1933 am ehema- ligen Rath aus eine Gedenktafel an, am 23. Juni 1935 wurde ei n Denkmal an der Kriegsstraße er- richtet, dessen Oberteil im Zweiten Weltkrieg ein- geschmolzen wurde. Erst am 26. April 1958 baute man das Denkmal mit einer neuen Büste von dem Bildhauer Carl Egler wieder auf. Im Zuge des Um- baus der Kriegsstraße 1963 wurde es schließlich an seinen heutigen Standort an die Beiertheimer Allee verlegt. Heute erinnert auch die am 10. Juli 1971 eingeweihte Carl-Benz- Halle an diesen bedeuten- den Mühlburger. Karl Benz (1844- 1929). BERUFSBEVÖLKERUNG IM STADTBEZIRK MÜHLBURG 1895 54 Berufsabteilung Gesamtzahl der berufausübenden Personen Männer Frauen zusammen A. Landwirtschaft, Gärtnerei, Tier- zucht, Forstwirtschaft und Fischerei ......................................... 118 ..................... 102 ................ 220 ........ 4,6% B. Bergbau und Hüttenwesen, Industrie und Bauwesen .................................................................................. 972 ..................... 215 .............. 1187 ...... 70,1 0/0 C. Handel und Verkehr .................................................................. 136 ..................... 106 ................ 242 ...... 11,40/0 D. Häusliche Dienste (einschI. persönl. Bedienung, auch Lohnarbeit wechs. Art) ............................... .. ... 8 ........................ 16 .................. 24 ........ 1,4% E. Militär-, Hof-, bürgerlicher und kirchlicher Dienst, freie Berufsarten ........................................... 56 ........................ 19 .................. 75 ........ 4,0% F. Ohne Beruf und Berufsangabe ............................................... .. 42 .................. ...... 98 ................ 140 ........ 8,5% Summe ............................................................................................ 1332 ................... .. 556 ............. 1888 ...... 100% BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG IN MÜHLBURG 1714 BIS 1998 Jahr Bevölkerung Jahr Bevölkerung Jahr Bevölkerung 1714 .......................... 521 1895 ...................... 4.486 1946 .................... 14.134 1741 .......................... 685 1900 ................... ... 5.103 1950 ................. ... 16.194 1814 ............ .. .... .. ...... 714 1905 ...................... 7.214 1956 .................... 24.748 1843 .................. .. .. 1.500 1910 .................... 11 .304 1960 .................... 28.183 1871 ...................... 2.605 1916 .... ................ 15.508 1970 ....... .. ........... 19.256 1875 ...................... 2.882 1919 ................ .. .. 13.826 1980 .................... 16.363 1880 ...................... 3.520 1925 .................... 15.806 1990 .................... 16.395 1885 ...................... 4 .110 1933 .................... 15.905 1997 .................... 15.713 1890 ...................... 4.127 1939 .................... 15.248 Mühlburger Hochzeitsgesellschoft, Foto 1897. Mühlburg als Stadtteil Zum Zeitpunkt der Eingemeindung war die Bevöl - kerung Mühlburgs seit 1843 um mehr als das zwei- einha lbfache angewachsen und betrug nun 4.110 (siehe Tabelle "Bevölkerungsentwicklung") . Nach der Vereinigung mit der Stadt Karlsruhe wuchs de- ren neuer Stadtteil Mühlburg kontinuierlich weiter und erreichte im Ersten Weltkrieg 1916 den vorläu- figen Höhepunkt mit 15.508 Einwohnern. Die be- reits vor der Eingemeindung begonnene Entwick- lung zu einem Industrievorort wurde fortgesetzt. Deshalb überrascht es nicht, daß 1895 in der Mühl- burger Bevölkerung die in der Industr ie tätigen Ar- beiter eine deutliche Mehrheit hatten, wie die obe- re Tabelle auf S. 34 zeigt. Einige der Arbeiter hatten eine Nebenerwerbs- landwirtschaft. Daneben gab es auch noch haupt- berufliche Landwirte, deren Anteil bei immerhin noch 4,6 % lag. Die Dominanz der Arbeiterschaft spiegelt sich auch bei den Ergebnissen der Reichstagswahlen wi- der. 1890, nach dem Fall des Sozialistengesetzes, war Mühlburg nur knapp nach der Oststadt der stimmstärkste Bezirk der SPD. Die SPD erhielt 51,6 %, die Nationalliberale Partei 28,3 % und die links- liberale Freisinnige Partei 20,1 % der Stimmen. Das Zentrum trat bei dieser Wahl nicht an, da ei ne Kan- Am 18. Oktober 1899 wurde das Waisenhaus in der Stösserstraße 17 durch Großherzogin Luise eingeweiht. In ihm konnten 100 Kinder aufgenommen werden. Heute befindet sich die Firma Kondima in dem Haus. Bahnbedienstete vor dem Bahnhafsgebäude am Fliederplatz. Mühlburg war seit 1862 Station an der Maxaubahn, heute ist dort ein Jugendtreff. Foto um 1900. Eröffnung der Autobuslinie Mühlburg-Daxlanden am 30. Dezember 1911, Blick auf die Ecke Hardt-/Rheinstroße. didatur in dem bis dahin nationalliberal dominier- ten Karlsruhe wenig Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Mühlburg zählte im Kaiserreich und in der Weimarer Republik zu den Karlsruher SPD-Hoch- burgen. Mühlburg wuchs kontinuierlich weiter und er- hielt auch weitere Verbesserungen seiner Infra- struktur. So wurde es 1898 an die Karlsruher Kana- lisation angeschlossen. 55 Im Jahr 1903 weihte die Großherzogin persönlich das neue Waisenhaus an der Stösserstraße ein, 1908/09 baute die Stadt nach Plänen von Wilhelm Strieder das neue Schulhaus an der Hardtstraße. In den Jahren 1901 bis 1904 entstanden auf dem Mühlburger Gewann Oberfeld, das die Stadt zunächst von den Seidenecks erwerben mußte, die neuen Fabrikgebäude der Maschinenbaugesell- schaft, die 1841 noch als Maschinenfabrik Keßler und Martiensen die erste badische Lokomotive "Ba- denia" produziert hatte. Mit der renommierten Fir- ma zog einer der großen Karlsruher Arbeitgeber von seinem ursprünglichen Standort südlich der Kriegsstraße an der Beiertheimer Allee gegenüber dem Stadtgarten nach Mühlburg um. Mit dem Nachbarort Daxlanden wurde Mühlburg am 30. Dezember 1911 durch eine neue Autobusli- nie verbunden . Mühlburg im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik Als am 1. August 1914 mit dem deutschen Mobil - machungsbefehl der Erste Weltkrieg begann, wur- de dies auch in Mühlburg begeistert begrüßt. Über vier Jahre später hatte der Krieg, an dessen Aus- bruch das Wilhelminische Deutsche Reich ganz ent- scheidenden Anteil besaß, letztlich 5.510 Karlsru- hern das Leben gekostet, davon 37 freiwillige Kran- kenpfleger und -pflegerinnen, die an der Front ge- storben waren, und 149 Fliegeropfer, die Luftan- griffen auf Karlsruhe zum Opfer gefallen waren. 56 Rasch mußte sich die Bevölkerung auf die Kriegsverhältnisse einstellen. Frauen übernahmen bald Arbeiten, die zuvor den Männern vorbehalten waren, da diese nun zum Militär eingezogen waren, z. B. als Straßenbahnschaffnerinnen und -fahrerin- nen, aber auch in der Kriegsgüter produzierenden Industrie. Bald traten auch Versorgungsprobleme auf. Die Stadtverwaltung versuchte, diese durch re- gulierende Eingriffe zu steuern und übernahm die Lebensm ittelvertei I ung über Lebensm ittel ma rken. In Mühlburg wurde die Turnhalle der Hardtschule für die Kriegsspeisung genutzt. Lebensmittel kamen mit von Pferden gezogenen Transportwagen oder mit Güterwagen auf den Straßenbahnschienen in den Stadtteil. An der Maxaubahn entlang wurden Kartoffelmieten angelegt, beim Bahnhof fand re- gelmäßig der Verkauf von Gemüse statt. Vor allem der "Kohlrüben winter" 1916/17, als die Lebensmit- telknappheit katastrophale Ausmaße annahm, traf die Bevölkerung hart. Karlsruhe war als grenznahe Stadt bereits in die- sem Krieg das Ziel feindlicher Luftangriffe. Vor al- lem der erste große Angriff zwei Tage vor dem 200. Jahrestag der Stadtgründung am 15. Juni 1915, der 29 Todesopfer und 58 Verletzte forderte und der noch folgenschwerere am Fronleichnamstag 1916, als 120 Menschen, darunter 71 Kinder, ums Leben kamen und 169 verletzt wurden, blieben den Men- schen nachhaltig in Erinnerung . Mühlburg wurde trotz der Nähe des Rheinhafens allerdings weitge- hend verschont. Am 31. Mai 1918 ging ein abge- Krautverkauf am alten Bahnhaf in Mühlburg im Oktaber 1915. Kinder stehen Schlange bei der Kriegsspeisung in der Mühlburger Turnhalle. Milchtranspart während des Ersten Weltkriegs. Die Milchkannen kamen mit Güterwagen auf den Straßenbahnschienen in die einzelnen Stadtteile. Im Hintergrund eine Straßenbahn der Linie 2 und die Rheinapatheke, Foto 1915. Der Kriegsspeisewagen bringt im dritten Kriegsjahr 1916 Lebensmittel zur Mühlburger Turnhalle. Kartoffelmieten an der Maxaubahn, im Hintergrund Häuser der heutigen Ludwig-Marum-Straße. Ausflug einer Mühlburger Schulklasse während des Ersten Weltkrieges, wahrscheinlich im Lutherisch Wälde/e. Alte Mühlburgerin mit ihrem Pferdefuhrwerk vor einem der Mühlburger Bauernhäuser. schossenes feindliches Flugzeug in der Nähe des Süd beckens des Rheinhafens nieder. Ob es von den zwei auf dem Rennbuckel stationierten oder den vier Grünwinkler Flakgeschützen abgeschossen wurde, ist nicht bekannt. Bei einem der letzten An- griffe am 20. September 1918 fielen acht Bomben beim Mittelbecken des Rheinhafens in der Werft- straße und drei im Bereich der Brahms- und Bach- straßeY Der Krieg hatte damit eine neue Dimensi- on erreicht. Nun war die Zivilbevölkerung feind- lichen Angriffen ausgesetzt, ohne daß das Kriegs- geschehen zu Lande bereits den eigenen Wohnort erreicht hatte. So waren die Mühlburger erleichtert, als der Er- ste Weltkrieg beendet war. Die Revolution von 1918/19 und die Weimarer Demokratie stieß sicher bei einer großen Mehrheit der Mühlburger auf Zu- stimmung, wie die Wahlergebnisse in der Weimarer Republik beweisen. Mühlburg war und blieb bis 1933 eine der SPD-Hochburgen in Karlsruhe, ob- woh l den Nationalsozialisten in der Weltwirt- schaftskrise seit 1929 auch hier starke Einbrüche gelangen. Im Ersten Weltkrieg war die Mühlburger Bevöl- kerungszahl erstmals zurückgegangen und blieb auch noch in den ersten Nachkriegsjahren unter dieser Höchstmarke. Erst seit 1925 war wieder ein leichtes Wachstum über diese Marke hinaus festzu- stellen. Mühlburg war im erweiterten Stadtkern der Stadtteil mit der geringsten Bevölkerungsdichte (18 Einwohner pro ha) und wurde nur von den am Stadtrand gelegenen Stadtteilen Daxlanden, Rint- heim und Rüppurr unterboten. 58 In den 20er Jahren, die von einer starken Woh- nungsnot geprägt waren, entstanden in Mühlburg auch etliche neue Häuser. So wurde die Moltkestra- ße zwischen der heutigen Stösserstraße und der Hardtstraße mit weiteren viergeschossigen Häusern bebaut. Mühlburg als ein Arbeiterstadtteil war natürlich auch von der Arbeitslosigkeit in der Weimarer Re- publik in besonderem Maße betroffen. Vor al lem die metallverarbeitende Industrie hatte in zuneh- menden Maße unter der wirtschaftlichen Krisensi- tuation zu leiden, die sich nach dem Höhepunkt im Inflationsjahr 1923 auch nur vorübergehend bes- serte. Sym ptomatisch ist das Ende der traditionsrei- chen Maschinenbaugesellschaft. Deren Beschäftig- tenzahl war von der Höchstmarke mit ca. 1.400 Be- schäftigten im Jahr 1917 in der Nachkriegszeit auf rund 300 gesunken. Schon das Geschäftsjahr 1924 war für die Firma außerordentlich schlecht verlau- fen, im Dezember 1923 und Januar 1924 hatte die Produktion völlig stillgestanden. Die Lage besserte sich auch in den folgenden Jahren nicht entschei- dend, da die Aufträge von der Reichsbahn weit- gehend ausblieben. 1927 bestellte die Reichsbahn zwar noch einmal elf Lokomotiven, doch im folgen- den Jahr geriet der deutsche Lokomotivenbau er- neut in eine Krise. 59 Die Maschinenbaugesellschaft nahm deshalb mit der Stadt wegen eines Kredits in Höhe von 500.000 RM Verhandlungen auf, den der Stadtrat am 25. Oktober 1929 ablehnte. Als sich auch Ka ufinteres- senten aus Berlin, die den Niedergang noch hätten aufha lten können, zurückzogen, mußte die Firma, die 1936 ihr 100jähriges Jubiläum hätte feiern kön- nen, am 11. Januar 1930 mitteilen, daß der Konkurs unabwendbar war. Die Versuche der Stadt, neue Industriebetriebe auch in Mühlburg auf dem noch nicht durch die Maschinenbaugesellschaft bebauten Oberfeld an- zusiedeln, waren wegen der grenznahen Lage Karls- ruhes mehrfach gescheitert. Nur im Falle der Firma Michelin gelang es im Jahr 1930 noch, den Zu- schlag zu erhalten. Die französische Firma erwarb einen Teil des Oberfeldes, das bereits 1921 als Indu- striege lände ausgewiesen worden war. Der Reifen- hersteller bekam das Gelände zu einem sehr niedri- gen Preis, verpflichtete sich aber, soweit möglich, seinen Personalbedarf aus der Stadt Karlsruhe und hier spezie ll aus dem Kreis der Fürsorgeempfänger Luftbild der Maschinenbaugesellschaft um 1930. zu decken. Die Ansiedlung war also ein Versuch der Stadt, auf diese Weise die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Man setzte sich hier u. a. gegen die Konkurrenz der Nachbarstadt Durlach durch. 60 Mit der Weltwirtschaftskrise stieg in Mühlburg die Bereitschaft, Parteien zu wählen, welche die Weimarer Demokratie bekämpften. Bei der Reichs- tagswahl am 31. Juli 1932, bei der die NSDAP in Karlsruhe ihr bestes Ergebnis bei regulären Wahlen erzielte, war diese Partei auch in Mühlburg der ein- deutige Wahlsieger. Bei einer Wahlbeteiligung von fast 80 % erhielt sie 34,4 % der Stimmen. Die SPD erzielte in ihrer alten Hochburg noch 22,2 0/0. Die Spaltung der Arbeiterbewegung, die im Ersten Weltkrieg begonnen und in der Weimarer Republik mit dem Auftreten der KPD abgeschlossen worden war, führte auch in Mühlburg dazu, daß mit der NSDAP eine antidemokratische Partei zur stärksten Partei wurde. Hätte die SPD die Stimmen der KPD bekommen, die 16,4 % erreichte, wäre dies noch verhindert worden. Das katholische Zentrum, das in dem eher protestantischen, von einer Arbeiterbe- völkerung dominierten, Mühlburg immer eine un- tergeordnete Rolle gespielt hatte, erreichte immer- hin noch 13,8% der Stimmen. 61 Bei der folgenden Reichstagswahl im November 1932 verlor die NSDAP wie im Reich wieder an Stimmen. Man kann deshalb davon ausgehen, daß sie ohne die Ernen- nung Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 kaum an die Macht gekommen wäre. Mühlburg im Dritten Reich Das Jahr 1933 begann in Mühlburg, ohne daß et- was darauf hindeutete, daß in diesem Jahr die Wei- marer Demokratie durch die nationalsozialistische Terrorherrschaft abgelöst werden so llte. Die NSDAP hatte das Jahr 1933 zwar mit dem Motto "Der Gau Baden mit seinen 40.000 Mitgliedern greift an" be- gonnen, doch ohne die verheerende Entwicklung auf Reichsebene wären die Vorgänge, die sich auch in Karlsruhe im Zuge der "Machtergreifung" und "Gleichschaltung" abspielten, nicht denkbar gewe- sen. In Ansätzen begann sich bereits eine Besserung der wirtschaftlichen Situation abzuzeichnen, als konservative Kräfte um den ehemaligen Reichs- kanzler von Papen Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar erwirkten, die auch von den Karlsruher NSDAP-Anhängern mit einem Fackelzug durch die Innenstadt gefeiert wurde. Die Einschätzung dieser konservativen Kreise, daß man Hitler und die NSDAP in eine deutsch na- tional bestimmte Regierung einbinden und dome- stizieren könne, erwies sich bald als Trugschluß. Die Verfolgung der politischen Gegner der NSDAP und die Diskriminierung von Teilen der Bevölkerung aus rasseideologischen Gründen machte schon bald deutlich, wie sich das "Dritte Reich" entwickeln sollte. Nach der systematischen Ausschaltung der Gegner und der Gleichschaltung all er staatlichen und kommuna len Behörden und Parlamente sowie der Vereine und anderer wichtiger gesellschaftli - cher Gruppierungen begann der Aufbau der "Volks- gemeinschaft" unter Führung Adolf Hitlers. Zu den vermeintlichen Erfolgen Adolf Hitlers zählte auch der Abbau der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Übersehen wird dabei, daß derartige Maßnahmen bereits in der Weimarer Republik häufig angewandt wurden und die neuen Machthaber nur daran anzuknüpfen brauchten. In Mühlburg gehörte z. B. die Kanalisie- rung und der Umbau der Honsellstraße von 1936 Die alte Mühle am Lameyplatz mit Fahnenschmuck anlößlich einer der zahlreichen nationalsozialistischen Feiertage. bis 1938 mit dem Anschluß an den Lameyplatz dazu. Nach einer konsequent betriebenen- Kriegsvor- bereitung, die angesichts der ohne Zweifel einset- zenden wirtschaftlichen Besserung viele nicht er- kennen wollten und konnten, führten Adolf Hitl er und die ihn unterstützenden Personen und Grup- pierungen Deutschland schließlich in einen Krieg , der zur weitgehenden Zerstörung der deutschen Städte und zum Tode vieler Millionen Menschen führen sol lte. Massenmord und Vernichtung der europäischen Juden ließen den Krieg in bis dahin ungeahnte Dimensionen des Terrors und des Ver- brechens eskalieren. Am Ende des Zweiten Welt- kriegs hatte auch Deutschland, das am 1. Septem- ber 1939 mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg begonnen hatte, schwerste Verluste an Menschenleben und Bausubstanz zu beklagen. Noch vor den reichsweiten Deportationen in die Vernichtungslager im Osten wurden am 22. Okto- ber 1940 6.504 Juden aus Baden und der Pfalz, darunter 945 aus Karlsruhe, in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Von den Karls- ruher Juden wohnten zum Zeitpunkt der Deporta- tion 39 in Mühlburg. Das für 15.000 Menschen aus- gelegte Camp de Gurs, etwa 40 km nördlich der spanischen Grenze und 60 km von der Atlantikkü- ste entfernt, am Fuße der Pyrenäen in sumpfigem Gelände gelegen, war im Frühjahr 1939 zur Inter- nierung der aus Spanien geflohenen Soldaten der Republikanischen Armee errichtet worden und be- fand sich unter Verwaltung der Vichy-Regierung . Das Lager war ringsum von Stacheldraht einge- zä unt und wurde streng bewacht. Es bestand aus 300 primitiven rund 25 qm großen Baracken, in denen jeweils bis zu 60 Personen untergebracht Kanalbau beim Umbau der HanselIstraße 1936- 1938, 81ick auf den Lameyplatz von Süden, Fata vom 2. August 1936. Anschluß der neuen Hanse11- straße an den Lameyplatz, Blick auf den "Goldenen Anker", Fata vom 29. November 1937. HonselIstraße, Blick noch Westen mit dem neuen Bohnhofsgebäude, Foto vom 12. Moi 1938. HonselIstraße, Blick zum Lomeyplatz, links die alte Mühle, Foto vom 12. Mai 1938. Amerikanisches Senkrechtluftbild vam 14. März 1945. Das Bild zeigt den Zerstärungszustand Mühlburgs am Ende des Krieges. Am unteren Bildrand sind die Rheinstraße mit der zerstörten St.-Peter-und-Paul-Kirche. am linken Bildrand der Lameyplatz als Orientierungspunkt zu erkennen. waren. Das Essen war spärlich, es fehlte an sanitä- ren Anlagen.62 210 der Deportierten und Internierten starben an Entkräftung, Epidemien oder Mangel an Medi- kamenten in Frankreich, darunter all ein 136 in Gurs selbst. Nur wenigen gelang noch die Flucht. Etwa ein Drittel der nach Gurs deportierten Juden wurde zwischen 1942 und 1944 in die Vernichtungslager im Osten gebracht und dort ermordet, darunter nachweislich 15, die aus Mühlburg verschleppt worden waren. Mühlburg im Luftkrieg In dem vom nationalsozialistischen Deutschland durch den Überfall auf Polen am 1. September 1939 begonnenen Zweiten Weltkrieg wurde auch Mühlburg schon relativ früh das Ziel von Luftan- griffen. Seit 1941 griffen englische Flugzeuge ver- stärkt Karlsruhe aus der Luft an, so daß es in diesem Jahr schon eine größere Zahl von Toten gab. Da in Karlsruhe keine schweren Flakgeschütze stationiert waren, trafen die in der Nacht vom 5. auf den 6. August anfliegenden eng lischen Bomber auf eine relativ schwache Luftabwehr. 23 Menschen starben direkt, elf an den Folgen ihrer bei dem Angriff er- littenen Verletzungen . Betroffen waren vor allem die Stadtteile Daxlanden, Grünwinkel und Mühl - burg im Westen, Hagsfeld und Durlach im Osten sowie die Bahnhofsgegend. 63 Bereits bei diesem er- sten schweren Angriff auf Kar lsruhe wurde Mühl- burg in Mitleidenschaft gezogen, da ein Schwer- punkt dieses Angriffs dem Hafengebiet und den benachbarten Stadtteilen Daxlanden, Knielingen, Mühlburg sowie der Alb- und Nordsternsiedlung galt. An der Nordsternsiedlung hatte die Freiwillige Die Bachstraße während des Krieges. Die Häuser Nr. 13, 15 und 17 wurden schon bei Luftangriffen im August 1941 durch Bombeneinsch/äge in den Hintergärten der Hände/straße stark beschädigt und mußten geräumt werden. Feuerwehr Mühlburg 1938 anläßlich des Kreis- feuerwehrtages eine Übung veranstaltet, ohne zu ahnen, daß aus der Übung bald der Ernstfall wer- den so llte. Der Zeitzeuge Friedrich Rahäuser berich- tet über die Schäden nach den Luftangriffen in der Nacht vom 5./6. und 6./7. August 1941 : "Der Fliegerangriff auf Karlsruhe in der Nacht vom 5. auf den 6. August d. J. war der erste plan- mäßige feindliche Luftangriff ... Bereits um 0 Uhr 30 erschienen die ersten Flieger, die mit kurzen Pausen bis 3 Uhr über der Stadt kreisten und dabei eine Anzahl Bomben abwarfen; wir haben im Keller Zerstörte Höuser in der Sonnenstraße. Die Nordsternsiedlung wor einer der Schwerpunkte des Angriffes im August 1941. ungefähr 60 Bombeneinschläge gezählt, es waren wahrscheinlich mehr, weil die in größerer Entfer- nung einschlagenden Bomben infolge des Abwehr- feuers kaum hörbar waren. Das Abwehrfeuer war etwas schwach; die schwere Flak fehlte gänzlich . ... die von mir persönlich besichtigten getroffenen Objekte weisen zum Teil ganz erhebliche Beschädi- gungen auf ... " Zu den von Rahäuser aufgeführten Schäden ge- hörten: " ... 7) Händelstraße: 4 Häuser dieser Straße wur- den fast völlig demoliert und sind unbewohnbar; 1 Blindgänger bei der Klinik des Dr. Ihm krepierte erst gegen Morgen und verursachte weitere Beschädi- gungen, so daß die Patienten der Klinik z. T. um- quartiert werden mußten. 8) Häuser Bachstraße 13, 15 und 17: Durch Bombeneinschläge in den Hintergärten der Händel- straße wurden diese Häuser sehr stark beschädigt und mußten wegen Baufälligkeit ganz geräumt werden; sie dürften unbewohnbar sein. 9) Eckhaus Brahms- und Händelstraße: Dieses Haus wurde sehr stark beschädigt; der Straßenzu- gang war, wohl wegen Blindgängers, abgesperrt. 10) In der Maxaubahnstraße, östlich und west- lich der Tannhäuserstraße, waren sehr viele Fenster- scheiben zertrümmert durch die Wirkung eines Bombenvolltreffers in der 11) Tannhäuserstraße. Hier wurde ein 3-stöcki- ges Wohnhaus getroffen und bis in den Keller durchschlagen. Das Haus stürzte in sich zusammen, die Bewohner sollen dabei 4 Tote im Keller gehabt haben. Dieses Haus ist völlig zertrümmert und muß abgerissen werden . 12) Ecke Moltke- und Ludendorffstraße: Dieses Eckhaus, das zu den Kasernengebäuden gehört und ein Kasino enthielt, wurde durch rückwärtigen Bombeneinschlag stark zerstört und in Brand ge- setzt. Es ist unbewohnbar geworden. 13) Nordsternsiedlung: In der Steubenstraße schlug eine sehr schwere Bombe von rückwärts in die Häuser, riß die Rückfronten bis unters Dach her- ab und schlug die Vorderfront parterre und zweiten Stock ebenfalls hinaus. In einem Keller gab es 4 Tote, 4 Häuser sind unbewohnbar geworden. Hier dürfte der Sachschaden sehr bedeutend sein, zumal die Wohnungseinrichtungen von zwei Häusern völ- lig demoliert wurden. 14) Der Lameyplatz in Mühlburg war abgesperrt, da dort Blindgänger liegen; sonst ist dort kein we- sentlicher Schaden entstanden." 64 Im Jahr 1942 wurde Karlsruhe nach den Städten Lübeck, Rostock und Köln eines der ersten Ziele der Flächenangriffe, auf die die englische Luftflotte nach dem Scheitern der gezielten Einzelangriffe übergegangen war. In Karlsruhe markierten erst- mals Leuchtbomben, im Volksmund "Christbäume" genannt, die Ziele. Der Angriff in der Nacht vom 2. auf den 3. September 1942 traf die Stadt, darunter auch den Stadtteil Mühlburg, schwer. Eine Zeitzeu- gin berichtet: "Mühlburg: die Rheinstraße ist von der Philippstraße ab bis zu ihrem Ende stark be- schädigt. Besonders von den 3 Linden ab nehmen die Zerstörungen zu, sehr viele Häuser sind völlig zertrümmert, darunter die Wirtschaft Westendhal- le. Beim Lameyplatz sind sämtliche Häuser der Rheinstraße völlig ausgebrannt. Ebenso sind sehr viele Häuser stark beschädigt und zum Teil restlos ausgebrannt in den Seitenstraßen : Philippstraße, Bachstraße, Nuitsstraße und Gluckstraße. Am La- meyplatz ist die große Wirtschaft zum Anker ganz ausgebrannt, ebenso die Anlagen auf dem Sport- platz des VfB Mühlburg . Die Häuser der nördlichen Seite der Lameystraße sind größtenteils völlig zer- stört; die Häuser auf der gegenüberliegenden Seite und in der Sternstraße meist beschädigt. Die Hardt- straße ist von Anfang bis Ende beschädigt; der nördliche Teil nicht besonders schwer, dort ist die Nahrungsmittelfabrik Brenner z. T. ausgebrannt. Südlich der Rheinstraße sind die Schäden in der Hardtstraße wesentlich größer; das Schulhaus bei der ehemaligen Maschinenbaugesellschaft und alle gegenüber liegenden Wohnhäuser sind völlig aus- gebrannt ... Weingärtensiedlung und Flugplatzgelände: Malzfabrik an der Hardtstraße ganz ausgebrannt. Die Nordsternsiedlung westlich der Hardtstraße brannte diesmal völlig aus, nachdem sie schon im vorigen Jahr beim ersten Angriff schwer gelitten hatte. Heimgartenweg: Schwere Dach- und Fen- sterschäden. Feierabendweg : Hinter Haus 34 schlug eine Sprengbombe ein, durch die 3 Häuser zum Einsturz gebracht wurden; durch die Fernwirkung erlitten alle Häuser des Feierabendwegs erhebliche Dach-, Fenster-, Rolläden- und Türschäden. (Das Gleiche gilt für Haus Nr. 7, Liesel Beer). Das Haus Beim Angriff am 3. September 1942 wurden sehr viele Häuser der Philipp-und der Bachstraße getraffen und brannten zum Teil restlos aus. Im Vordergrund der vom Luftdruck umgerissene Schorns tein der Bäckerei Müller. Das Nordsterngebäude in der Feldstraße nach dem Angriff am 3. September 1942. Die Nordsternsiedlung brannte vä llig aus. En tsetzt schauen die Menschen au f die noch brennenden Häuser der Lameystraße Nr. 28/30. Die Häuser der närd- lichen Seite wurden beim Fliegerangriff om 3. September 1942 gräßtenteils vällig zerstärt, die Häuser der gegen- überliegenden Seite meist beschädigt. Blick auf das schwer beschädigte Gasthaus "Zu den drei Linden ", in dessen Luftschutzkeller am 4. Dezember 1944 mindestens 100 Menschen umkamen. Nr. 2 ist vollständig abgebrannt infolge Übergrei- fens des Großfeuers von Markstahier & Barth, Möbelfabrik, die völlig abbrannte. Laubenweg: Ebenfalls schwere Dach- und Glasschäden als Ne- benwirkung der Bombe im Feierabendweg. Luden- dorffstraße: Auch hier Dach- und Glasschäden an mehreren Häusern." Im Jahr 1943 blieb Karlsruhe trotz zahlreicher Luftalarme weitgehend vor Luftangriffen ver- schont. Dafür so llten im Jahr 1944 aber die alliier- ten Luftangriffe die Stadt und in besonderem Maße auch den Stadtteil Mühlburg mit voller Wucht tref- fen. Ein erster, von 600 Bombern durchgeführter Angriff am 25. April, der eigentlich der Kernstadt galt, wurde durch einen aufkommenden Gewit- tersturm vor all em nach den Vororten Rintheim und Grötzingen abgedrängt, wo insgesamt 118 Menschen zu Tode kamen. 5 schwere Tagesangriffe, die dem Hauptbahnhof und den Eisenbahnanlagen ga lten, forderten bis Anfang September weitere 925 Todesopfer. Die Angriffe, die das Stadtbi ld weitaus nachhaltiger verändern sol lten, standen aber erst bevor. Neben dem Angriff am 27. Septem- ber, als 237 Bomber fast eine halbe Million Brand- bomben abwarfen, die die Stadt in ein Flammen- meer verwandelten, traf der Großangriff vom 4. Dezember die bereits stark zerstörte Stadt ein wei- teres Mal entscheidend. Die St. Peter-und-Paul-Kirche in Mühlburg brannte aus, im Pfarrhaus kamen alle Insassen des Luftschutzraumes um. Die Evangelische Gemeinde verlor ihren Gemeindesaal in den "Drei Linden"; die Karl-Friedrich-Gedächtniskirche ging in Flammen auf. Über den Angriff hält der Tagebucheintrag von Heinrich Eil fest: "Als ich durch die Nuitsstraße auf die Rheinstraße kam, sah ich, wie der große mehr- stöckige Bau der "Drei Linden" in hellen Flammen stand. Vor dem westlichen Eingang sah ich einen riesigen Bombentrichter, um den herum Verwunde- te und tote Menschen lagen. Mit meiner Taschen- lampe konnte ich in den Keller vordringen, der als öffent licher Luftschutzkeller für 200 Personen - wie man mir sagte - eingerichtet war, meist für Frauen und Kinder der Umgebung. Aber auch die zur Arbeit verpflichteten Ausländer, die im Saal der "Drei Linden" einquartiert waren, hatten in dem Keller Schutz gesucht. Der Keller war durch Zwi- schenmauern abgeteilt. Die Bombe hatte anschei- nend den Eingang getroffen und hatte durch den ungeheuren Luftdruck diese Mauern umgedrückt und ihre Teile auf die dahinter sitzenden Menschen geworfen. [ ... ] Als wir in den nächsten Kellerraum eindrangen, bot sich unter dem dürftigen Schein der Taschenlampe erhöhtes Grauen und Schrecken. Auch hier war eine Zwischenmauer eingedrückt und hatte dahinter die Menschen erschlagen und begraben. Diesem Anblick sich hinzugeben und ge- müthaft zu reagieren, dazu war jedoch keine Zeit. [ ... ] Nach stundenlanger Arbeit gingen unsere Kräf- te jedoch zu Ende; wir mußten auch an die eigene Sicherheit denken. Denn über uns brannte der mehrstöckige Bau der "Drei Linden" weiter herun- ter. Fenstergewänder und Mauerteile stürzten her- ab, auch vor dem Kellereingang. Ich ging also nach oben und die Rheinstraße vor bis zur Peter-und- Paul-Kirche, die mit ihren schönen Wandgemälden ebenfalls ausbrannte. Neben der Kirche war das Pfarrhaus durch eine schwere Bombe völlig zerstört worden und alle Menschen im Luftschutzkeller er- sch lagen worden . Wie ich von den weinend umher- stehenden Schwestern des nahen Schwesternhau- ses erfuhr, waren alle Geistlichen der Kirche und ei- nige Nachbarn, insgesamt neun Personen, ums Le- ben gekommen. In den folgenden Tagen wurden Trümmer des Pfarrhauses weggeräumt, um die To- ten im Keller zu bergen. [ ... ]" 65 Als französische Truppen am 4. April einrückten - Knielingen und Neureut waren bereits am Vortag besetzt worden - war Mühlburg zu einem großen Teil zerstört. Neben den Todesopfern unter der Zivilbevölkerung hatten 5.802 Soldaten aus Karlsruhe ihr Leben verloren, 3.554 weitere wurden vermißt. 66 Der von Deutsch- land provozierte und ausgelöste Krieg hatte also insgesamt mehr als 12.000 Menschen aus Karlsruhe das Leben gekostet, darunter auch viele Mühlbur- ger. Die Befreiung durch die französischen Truppen, die damals noch nicht alle als Befreiung sehen wollten oder konnten, erlebten nur noch rund 60.000 Menschen in der zerstörten Stadt. Anmerkungen 1. Vgl. Chronik der Haupt- und Residenzstadt Kar lsruhe für das Jahr 1886, Karlsruhe 1887, S. 5. 2. Vgl. Stadtarchiv Karlsruhe (StadtAK) 5/Müh lburg B 14. 3. Bürgerausschußvorlage vom 1. Mai 1885, StadtAK 3/B 21, S. 285-326. 4. Ebenda, S. 4 5. Vgl.: Aus der Karlsruher Stadtgeschichte. Vor 80 Jahren wur- de Mühlburg eingemeindet, in : Die Nordweststadt Nr. 1, 7. Jg., März 1966. 6. Vgl. StadtAK l/AEST 176. 7. Vgl. Chronik 1885, S. 18, Karlsruher Tagblatt vom 6. Februar 1886 und StadtAK 5/Mühlburg B 14. 8. Vgl. StadtAK 3/B 21, S. 357f .. 9. Vgl. Johann Daniel Schoepflin: Historia Zaringo-Badensis, 7 Bde, Karlsruhe 1764-1773, Bd. 5, S. 213. 10. Vgl. Heinz Schmitt: Karlsruher Stadttei le, Mühlburg, Karls- ruhe 1982, Begleitheft zur Ausstellung im Prinz-Max-Palais, S.10. 11 . Perz, Mon. Germ Hist. XV11.124, zitiert nach Karl Gustav Fecht: Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe. Im Auftrag der Städtischen Archivkommission bearbeitet. Mit IlIu- strationen und einem Situationsplan der Gegend, Karlsruhe 1887 (Nachdruck Karlsruhe 1976), S. 64. Vgl. auch Hansmartin Schwarzmaier: Hand buch der baden-württembergischen Geschichte 2. Die Territorien im Alten Reich, Stuttgart 1995, S. 184. 12. Vgl. Schwarzmaier (wie Anm. 11), S. 185. 13. Vgl. Friedrich von Weech: Badische Geschichte, Karlsruhe 1890, S. 32. 14. Vgl. Weech, Badische Geschichte (wie Anm. 13), S. 39. 15. Vgl. Berthold Sütterlin: Geschichte Badens. Bd. I: Frühzeit und Mittelalter, Karlsruhe 1965, S. 283. 16. Vgl. Weech, Badische Geschichte (wie Anm. 13), S. 58. 17. Paul Waibel: Mühlburg vor 500 Jahren, in : Soweit der Turmberg grüßt 16, 1964, S. 41-72, S. 48. 18. Vgl. Ebenda, S. 52. Vgl. dort, S. 55 und S. 57, auch zum Folg enden. 19. Albrecht Thoma: Geschichte von MühlbLirg, Karlsruhe 1903, S. 9. Vgl. dort, S. 8, auch zum Folgenden. 20. Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA) 229/6904. 21. Vgl. Schmitt (wie Anm. 10), S. 13. 22. Vgl. Weech, Badische Geschichte (wie Anm. 13), S. 127. 23. Vgl. Schmitt (wie Anm. 10), S. 5. 24. Vgl. Weech, Badische Geschichte (wie Anm. 13), S. 280. 25. Vgl. Emil Lacroix, Peter Hirschfe ld, Wilhelm Pauseier: Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Karlsruhe Land. Kreis Karls- ruhe, Karlsruhe 1937, S. 168 und Schmitt (wie Anm. 10), S. 7. 26. Bernhard Weiß: Schloß und Stadt Mühlburg. Date ihrer Geschichte, 1961, S. 4. 27. Vgl. Thoma (wie Anm. 21), S. 9. 28. Zitiert nach Bernhard Weiß (wie Anm. 29), S. 4. 29. Lacroix (wie Anm. 28), S. 168. 30. Vgl. Wolfgang Leiser: Das Karlsruher Stadtrecht 171 5- 1752. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO) 114 (1966), S. 207-239, S. 208. 31. Zitiert nach eben da, S. 226. 32. Vgl. GLA 229/69032. 33. Vgl. Thoma (wie Anm. 13), S. 15. 34. Zitiert nach Lacroix (wie Anm . 28), S. 168. 35. Zitiert nach Weiß (wie Anm. 29), S. 76. 36. Vgl. Herman Jakob : Einwohnerbuch der Markgrafschaft Baden-Durlach im Jahr 1709, Schopfheim 1935, S. 34. 37. Vgl. Schmitt (wie Anm. 10), S. 8, und Susanne Asche: Die Bürgerstadt, in : Dies./Olivia Hochstrasser. Durlach . Staufer- gründung, Fürstenresidenz, Bürgerstadt, Karlsruhe 1996, S. 147-444, S. 154 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadt- archivs Bd. 17). 38. Vgl. Jacob (wie Anm. 36), S. 34. 39. Vgl. Eugen Singer, Festschrift 110 Jahre Freiwillige Feuer- wehr Karlsruhe Abteilung Mühlburg, S. 51. 40. Theodor Hartleben: Statistisches Gemälde der Residenz- stadt Karlsruhe und ihrer Umgebungen, Karlsruhe 1815, S. 420. 41. Vgl. Rainer Beck/Winfried Flammann : Die Seldeneck'sche Brauerei in Mühlburg, in: Industriearchitektur in Karlsruhe, Karlsruhe 1987, S. 32-50 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 6). 42. Vgl. Johann Baptist Kolb: Historisch-sta tistisch-topogra- phisches Lexikon von dem Großherzogthum Baden, 2. Band, Karlsruhe 1814, S. 288. 43. Vgl. ebenda, S. 289. 44. Vgl. StadtAK 8/ZGS 93a. 45. Vgl. GLA 236/6626. 46. Eugen Huhn : Kar lsruhe und se ine Umgebung. Geschichte und Beschreibung. Mit einem Plan der Stadt und einer Karte der Umgegend, Karlsruhe 1843, S. 256. 47. Ebenda, S. 256. 48. Vgl. StadtAK 5/Mühlburg B 15. 49. Vgl. StadtAK 5/Müh lburg B 11 , S. 48 Rs. 50. Heinrich Raab : Revolutionäre in Baden 1848/49. Biographi- sches Inventar für die Quellen im Generallandesarchiv KarIs- ruhe und im Staatsarchiv Freiburg, bearbeitet von Alexander Mohr, Karlsruhe 1998, Eintrag Otto, Konrad Friedrich Emi l, Dr. Vgl. in der Raab-Datei auch zum Folgenden. 51. Vgl. hierzu und zum Folgenden Raab (wie Anm. 50) 52. Josef Bader: Die Residenzstadt Kar lsruhe, ihre Geschichte und Beschreibung. Festgabe der Stadt zur 34. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Karlsruhe 1858, S. 279. 53. Vgl. Badische Presse vom 25. Februar 1894. 54. Ergebnisse der Berufszä hlung vom 14. Juni 1895, Karlsruhe 1899, S. 66f. (= Beiträge zur Statistik der Stadt Karlsruhe Nr. 8). 55. Vgl. StadtAK 3/B 29, S. 213ff. 56. Vgl. Ehrenbuch der Stadt Karlsruhe 1914-1918, Karlsruhe 1930, S. XXX. 57. Vgl. StadtAK 8/PBS XVI 1219 BI. 5 und 12. 58. Vgl. Generalbebauungsplan der Landeshauptstadt Karls- ruhe, Karlsruhe 1926, S. 48 59. StadtAK l/H-Reg 2284, dort jeweils Geschäftsbericht der Maschinenbau-Gese llschaft, vgl. dort auch zum Folgenden. 60. Vgl. StadtAK 3/B 44, S. 241f, Verwaltungsbericht der Lan- deshauptstadt Karlsruhe für das Wirtschaftsjahr 1932 (1 . April 1932 - 31. März 1933), Karlsruhe 1933, S. 113 und Asche (wie Anm. 37), S. 366f. 61. Zu den Wahlergebnissen vgl. Karlsruher Tagblatt vom 1. August 1932. 62. Zu Gurs vgl. Gurs. Ein Internierungslager in Südfrankreich 1939-1943. Zeichnungen. Aquarelle. Fotografien. Samm lung Eisbeth Keser, Viborg 1990 und Michael Philipp (Hrsg .): Gurs - Ein In ternierungslager in Südfrankreich 1939-1943. Literari - sche Zeugnisse. Briefe. Berichte, Ham burg 1991. 63. Vgl. Erich Lacker: Zielort Karlsruhe. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg, Karlsruhe 1996, S. 30ff. und S. 168 (= Ver- öffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 18). 64. StadtAK ZGS 1/8.8 65. StadtAK 8/StS 17/107 66. Vgl. Josef Werner : Karlsruhe 1945. Unter Hakenkreuz, Tri- kolore und Sternenbanner, Karlsruhe 1985, S. 98. Entenfang um 1956 Plan van earl Pflästerer von 1942 mit großem Kreisverkehrsplatz. HARALD RINGLER Mühlburg in den 50er Jahren Ein Vergleich der Einwohnerzahlen von 1950 und 1996 zeigt für diesen Stadtteil eine ähn liche Grö- ßenordnung (16.200 und 15.700). Die Wohnver- hältnisse haben sich aber in dieser Zeit stark verän- dert. Die Sanierung der Rheinstraße und die Neu- bautätigkeiten an der Lameystraße, eine neue Wohnsiedlung auf dem Mühlburger Feld, die Be- bauung des Seldeneck'schen Feldes und die Schlie- ßung von Baulücken erhöhten das quantitative und qualitative Wohnungsangebot. Weniger Menschen wohnen jetzt in mehr Wohnungen. Die meisten dieser Projekte wurden in den 50er Jahren verwirk- licht. Damit ste llt der Stadtumbau und die Erweite- rung Mühlburgs, realisiert innerhalb von 10 Jahren, die größte städtebau li che Nachkriegsleistung in Karlsruhe dar. Verkehrsplanung als Sanierungsanlaß "Wer von der Innenstadt aus zum Rheinhafen oder in die Pfalz gelangen will, muß seinen Wagen am Entenfang nach rechts in einen Straßenschlauch hineinsteuern, der den Kraftfahrern ebenso wie den Straßenbahnführern und den Fußgängern täglich mehr Kummer bereitet. Wenn eine typische Klein- Die städtebauliche Neuordnung Mühlburgs in den 50er Jahren stadt plötzlich einem nie gekannten Großstadtver- kehr preisgegeben wäre, so könnten die Verhältnis- se nicht schlimmer sein als in dem manchmal fast unentwirrbaren Verkehrstumult, der sich auf die- sem Straßenstück bis zum Lameyplatz abspielt. Während Karlsruhe sowohl nach Norden und Osten als auch nach Süden halbwegs gute Ausfallstraßen besitzt, muß sich der Verkehr nach Westen, also zum Rheinhafen und in die Pfalz, durch diese schmale Gasse Alt-Mühlburgs zwängen. Was ist da zu tun? "fragte 1952 ein Karlsruher Journalist.1 Eine Antwort enthielt bereits der Entwurf zum Generalbebauungsplan 1926. Er enthielt eine Neu- ordnung des Verkehrs mit einer Fortsetzung der Rheinstraße im Zuge der heutigen Vogesenbrücke, der Weinbrennerstraße und Lameystraße als Haupt- verkehrsstraßen und des Ausbaues des Verkehrs- knotens Entenfang. Während des "Dritten Reichs" gab es Planungsüberlegungen zum Ausbau einer Ost-West-Achse nach dem Muster der für viele Städte geplanten Monumentalachsen als bauliche Manifestation der totalitären Ideo logie.2 Eine der zwischen 1938 und 1942 von earl Pflästerer ent- worfenen Varianten sah eine geradlinige Fort- setzung der Kaiserallee westlich der Drei-Linden- Apotheke bis zu einem riesigen Kreisverkehrsplatz im Bereich des Lameyplatzes vor (siehe Abbildung Mühlburg 1945. S. 56 unten).J Dort wäre auch ein gewaltiger bauli- cher Abschluß der vom Durlacher Tor beginnenden Ost-Westachse bzw. ein westlicher Stadteingang vorgesehen gewesen. Von diesem Verkehrsplatz in Form eines riesigen umbauten Rondells sollten die Straßen sternförmig nach allen Himmelsrichtungen angelegt werden. Eine südliche Umfahrung hätte die Ausfal lstraßen nochmals halbkreisförmig ver- bunden. Dafür wäre der Abbruch von 140, zum Teil bereits durch Bombenangriffe beschädigten oder zerstörten, Gebäuden notwendig gewesen. Erste Kalkulationen führten zu einem Entschädigungs- wert von 6,5 Mio Reichsmark. Bereits 1945 war der Traum von der Realisierung dieser Planungen end- gültig ausgeträumt (siehe Abbildung oben). 1952 legte das Stadtp lanungsamt einen Bericht "zur Neuordnung der Verkehrsführung in den west- lichen Stadttei len und zur Aufstel lung der neuen Bebauungspläne für Mühlburg" vor.4 Die damalige Einbindung Mühlburgs in das städtische Verkehrs- netz wurde kritisch beleuchtet: schlechter An- schluß der B 36 von Süden über die Durmersheimer Straße (Bahnübergang), schlechte Führung und un- genügende Breite der B 10 (Rheinstraßel. unklare VERKEHRSFÜHQUNG iM WESTEN BUND€S5T R.10 !CNltiL.!NCOIN . PfAl"l BUNDESS1"Q. .?b NliUREUTH -' M"NM1Ei M HEUTi~ER ZUSTAND z MJNOESS"R . ~6 DOA./'1ER3HEiM - RAST"H HAUPT VERI<EHR.SSTl2ASSf;N U8RiC.~ ST RASSENNEH STRMSENBAHH Verkehrs führung im Westen vor der Neuordnung. Verbindung der Kriegsstraße mit Mühlburg über die Bannwaldallee und die Hardtstraße, schwierige Kreuzungen Hardtstraße-Rheinstraße, Hardtstraße- Lameystraße, Honsellstraße-Rhein- und Hardtstra- ße, Rheinstraße-Entenfang und fehlende Umge- hungsstraßen (siehe Abbildung S. 59). Die Verbesse- rung dieser Verhältnisse stand als vordringliches Zie l an, vor allem die Verbindung nach Westen mit der Verbreiterung der Rheinstraße und die Entla- stung des Ortskerns von Mühlburg. Diese Möglich- keit bestand in der Neuanlage der Lameystraße, de- ren Ausbau zum Abbruch von Gebäuden auf der Südseite führte (siehe Abbildungen S. 60 und S. 61) . Die östliche Rheinstraße erhielt als Fortführung der Kaiserallee die Verlängerung nach Süden in die Vo- gesenstraße über eine zu bauende Straßen brücke. Für die Straßenbahn linie nach Daxlanden über den Entenfang (siehe Abbildung im Beitrag Ernst S. 162) bestand bereits seit 1928 eine Überführung über die Bahnanlagen. Die Straßenverbindung nach Daxlanden verlief in der Hardtstraße an der Voge- senschu le vorbei über einen Bahnübergang in die Vogesenstraße. Heute befindet sich dort eine Fuß- gängerunterführung unter der Südtangente und Hardtstraße und Lameystraße vor der Neuordnung. den Bahngleisen. Die Straßenbahnlinie nach Knie- lingen bzw. zum Rheinhafen wurde aus der engen westlichen Rheinstraße in die neue Lameystraße verlegt. Die Planung enthielt auch noch die seit den 20er Jahren geplante direkte Führung der Bundesstraße 36 aus Neureut nach Rastatt (Abbil- dung S. 63). Die Verlängerung der Weinbrennerstraße zum Entenfang und die Weiterführung in die Lameystra- ße war schon seit Anfang des Jahrhunderts als Ver- Bebauung an der Westseite der alten Lamevstraße. bindung der Kriegsstraße mit dem Westen der Stadt gedacht. Ihr kam nach der Planung von 1952 als "natür liche Ver längerung der Kriegsstraße" eine größere Bedeutung für den Autoverkehr zu als der Rheinstraße, was schon damals berechtigter- weise starke Kritik hervorrief.5 Vor dem Baubeginn auf dem Mühlburger Feld, worüber später noch zu berichten ist, wurde der Stadtverwaltung ver- deutlicht, daß diese neue Wohnsiedlung durch eine Hauptverkehrsstraße durchschnitten und der süd- Am Entenfang 1954. Iiche Teil damit zwischen dieser Straße und der ebenfa lls vorgesehenen Ebertstraße eingezwängt wäre. Die Gegner der städtischen Planung verwie- sen auf die Ebertstraße, die als südliche Umge- hungsstraße ausreichen würde. Dieser Planungs- fehler wurde erst Jahrzehnte später durch verkehrs- beruhigende Maßnahmen gemildert. Die anbau- freie Ebertstraße sollte die Verbindung in Richtung Bahnhof herstellen und hätte nach Westen die Fortsetzung mit der umzubauenden Lameystraße gefunden. Damit war der "Vorläufer" der späteren Südtangente im Westen konzipiert. Dem Enten- fang - die obige Abbildung zeigt den Zustand um 1954 - für den über Jahrzehnte hinweg auch die Anlage ei nes Kreisverkehrsplatzes überlegt worden war, kam dadurch eine ungeheure Bedeutung als Verkehrsknoten zu. Dies beeinträchtigt die städte- bauliche Eingangssituation und läßt trotz der vor- handenen Läden, der Post und der Straßenbahn- und Busstation wenig Atmosphäre für ein Stadt- teilzentrum aufkommen. Die Abbildung S. 63 ver- deutlicht die Gesamtplanung für die Neuordnung des Verkehrs im Westen Karlsruhes. Letztendlich beruhte diese auf dem Entwurf des Generalbebau- ) .J VERKEHRSFÜHRUN~ iM WESTEN .\lNoe"l ..... OUIt" •• 'H.l" ~ lt"lr ... n &Z == HAtlPTVERKEHRKr""""N = ,n::v-.,.SlH 1·0tt0HUNq = G81t!<.ca OT",,_n% - .- &TRAioSEHe... ... N 1952 geplante Verkehrsführung im Westen der Stadt. ungsplans 1926. Der Leiter des Stadtplanungsamtes nach dem Krieg, earl Pflästerer, war auch an diesem bedeutenden Planwerk aus der Zwischenkriegszeit maßgeblich beteiligt. Interessant sind die Ergebnisse der für die Unter- suchung angestellten Verkehrszählungen und Pro- gnosen der Verkehrsbelastung. Eine Querschnitts- zäh lung im Februar 1951 wies in der Rheinstraße vor dem Entenfang eine Belastung in beide Rich - tungen von 4.300 Kraftfahrzeugen innerhalb von 14 Stunden auf. Weitere Belastungswerte waren: Bannwaldallee und Honse llstraße je 2.600, Rhein- NEUPLANUNG brückenstraße über 3.100, Neureuter Straße 900 und westliche Kriegsstraße 3.800. In Karlsruhe gab es 1952 ein Motorisierungsverhältnis von 62 Kraft- fahrzeugen (Kfz) auf 1.000 Einwohner (EW). Der Prognose lag ein Wert von 125 Kfz auf 1.000 EW zugrunde. (Ende 1996: 585 Kfz je 1.000 EW). Für die Zukunft wurde das 3,5-fache der damaligen Belastungen angenommen. Für die Rheinstraße hätte das einen Wert von 14.800 Kfz in 14 Stunden bedeutet (Ende der 70er Jahre waren es dort über 20.000 Kraftfahrzeuge). Die tatsächliche Zunahme der Motorisierung und damit des Verkehrsge- Die ehemalige Ebertstraße. schehens war Anfang der 50er Jahre nicht ab- sehbar. Die meisten Maßnahmen waren Ende der 50er Jahre abgesch lossen. Der Entenfang mit der teil- weise ausgebauten Lameystraße konnte bereits ab 1954 in der alten Rheinstraße eine Einbahnführung ermöglichen und damit die Verkehrsproblematik entschärfen. Die Eröffnung der Vogesenbrücke folgte 1962. Die bedeutendste Wirkung für eine Verkehrsentlastung erfo lgte durch die 1963 begon- nene und 1988 fertiggestellte Südtangente. Die Ebertstraße zwischen Kühler Krug und Entenfang - . ' die Abbildungen S. 64 und 65 zeigen den früheren und den heutigen Zustand - wurde im Zuge der Fertigstellung der Südtangente rückgebaut und dem Albgrün "zurückgegeben". Die neue Rheinstraße Wer früher vom Mühlburger Tor in Richtung We- sten fuhr, erlebte auch die Abfolge unterschied- licher Straßenräume. Die Weite von 48 m zwischen den 1887 festgelegten Baufluchten der Kaiserallee6 endete bei der Händelstraße. Die damals bereits Der Grünzug auf der Trasse der ehemaligen Ebertstraße. teilweise bestehende Bebauung in Richtung Phil - ippstraße ließ im Anschluß daran nur noch eine Breite zwischen den Gebäuden von 38 m zu. Östlich der Philippstraße endet die Kaiserallee. Es beginnt die Rheinstraße, deren Verlauf heute ei- genartig erscheint. Die frühere Hauptverkehrslinie folgte der Rheinstraße, die vor dem heutigen En- tenfang einen leichten Knick nach Nordwesten macht. Ein Vergleich der Abbildungen S. 66 und 67 macht die Veränderungen an dieser Stelle deutlich. Die ersten drei Gebäude wurden abgerissen. An de- ren Stelle befinden sich heute Verkehrsfl äche und ein sechsgeschossiges Gebäude. Die nun so selbst- verständliche Hauptverkehrsrichtung über den erst seit den 50er Jahren bestehenden Verkehrsknoten Entenfang gab es früher nicht. Die Kreuzung Rheinstraße-Hardtstraße war der Hauptverkehrs- knoten Mühlburgs. Hier kreuzten sich die Landstra- ße Mannheim- Rastatt mit der Verbindung Karlsru- he-Rheinhafen- Pfalz. Nach der St.-Peter-und- Paulkirche verengte sich der Straßenraum weiter um einige Meter, bis er vor der Nuitsstraße auf ungefähr 17 m geschrumpft war. Die nördliche Häuserreihe verlief ab hier bis über die Gellert- Beginn der westlichen Rheinstraße vor der Neuordnung. straße an den heutigen Straßenbahngleisen (siehe Abbildung S. 68). Die Enge der weiteren Rheinstra- ße wurde oben bereits deutlich geschildert. Die Planung für Mühlburg enthielt auch die Ver- breiterung der östlichen Rheinstraße auf 38 m für Geh- und Radwege, Fahrbahnen und Straßenbahn- trasse. Die zah lreichen Kriegszerstörungen in der Rheinstraße, vor allem des Angriffs am 4. Dezember 1944 (siehe Abbildung S. 46), hinterließen Ruinen, deren Wiederaufbau an der sei ben Stelle nicht der geplanten Neuordnung entsprochen hätte. Schon einige Jahre vorher hatte die Stadt eine Bausperre an der Rheinstraße und Lameystraße erlassen, um unerwünschte bauliche Entwicklungen zu verhin- dern. Der 1954 verbindlich gewordene Bebauungs- plan Mühlburg- Ost regelte nicht nur die schon 1953 begonnene Bebauung des Mühlburger Feldes, sondern auch die Verbreiterung der Rheinstraße und den damit verbundenen Wiederaufbau bzw. Neubau in der Rheinstraße. Auf der Südseite er- Beginn der westlichen Rheinstraße nach der Neuordnung. (~ .... >" , ". ~~. • ~. g . der Rheinstraße. e Baufluchten In Alte und neu _______ ---==:-_ ß um 1955. Die östliche Rheinstra e ~ J .. :r l "., , c ! :: -: .. = !l , ... --... .. l' ..!i ... ....>,....: r- l00~ 100 I ? t---'~! --'--_ Zustand der Rheinstraße um 1955 mit teilweise bereits zurück versetzter Bauflucht. Blick nach Westen in die heutige Rheinstraße. Das alte Mühlburger Feld von der Alb aus gesehen. folgte zwischen der Kirche und der Nuitsstraße eine viergeschossige Bebauung an der zurückversetzten Bauflucht mit Ausnahme des dreigeschossigen Eck- hauses Rheinstraße 25, das noch als Bestand erhal- ten blieb (siehe Abbildung S. 68). Die anschließen- de Häuserzeile zwischen Nuitsstraße und Entenfang behielt die alte Bauflucht und läßt auch noch auf die Vorkriegsbebauung schließen. Vier Gebäude, drei davon nur zweigeschossig, stammen noch aus der Vorkriegszeit. Die Nordseite erhielt eine durch- gehende neue Bebauung mit fünfgeschossigen Wohn-und Geschäftsgebäuden an der zurückver- setzten Bauflucht. Der Architekturstil ist typisch für eine innerstädtische Bebauung der 50er Jahre. Die ersten neuen Gebäude westlich der Philippstraße standen schon, während im Anschluß daran die al- ten Häuser noch auf ihren Abbruch warteten (siehe Abbi ldung S. 69). Damit startete in Karlsruhe noch vor der Altstadtsanierung das erste Sanierungspro- jekt. Straßendurchbrüche oder -verbreiterungen waren bis dahin in vielen Städten schon immer die Auslöser von Sanierungsprojekten gewesen. Die notwendige Bodenordnung erfolgte unter freiwilli- ger Mitwirkung der privaten Eigentümer unter Ein- scha ltung der "Gemeinnützigen Wohnungsgesell - schaft Sozialwerk". 7 460 Wohnungen, über 20 La - dengeschäfte und einige Bankfilialen entstanden bis Anfang der 60er Jahre. Das Mühlburger Ein- kaufszentrum hat sich damit von Westen nach Osten entwickelt. Die "Atmosphäre" der neuen Rheinstraße leidet unter ihrer Breite, der Funktion als Durchgangsstraße und einem fehlenden attrak- tiven zentralen Bereich. Die potentiellen Örtlichkei- ten dafür, der Platz vor der St.-Peter-und-Paulkir- che im Osten und der Entenfang im Westen, liegen zwar am Rande der Geschäftszone, sollten aber dennoch weiterentwickelt werden. Das Mühlburger Feld Der zweite Teil der 1952 vorgelegten Planungsstu- die befaßte sich mit der Bebauung des Mühlburger Feldes. Das ca. 19 ha große Gelände zwischen der Alb im Süden und der heutigen Sophienstraße im Norden (Abbildung S. 70) befand sich zur Hälfte im Eigentum der Stadt und war als Kleingartengelän- de genutzt. Überlegungen zur baulichen Nutzung gab es schon seit Anfang dieses Jahrhunderts. Die Wohnungsnot Anfang der 50er Jahre führte zur verstärkteri Erschließung von neuem Baugelände. Den kleineren Siedlungsprojekten an der südlichen Erzbergerstraße und in der Nordweststadt wie die Siemens-, Binsenschlauch- und Rennbuckel-Sied- lung folgte ab 1953 die Bebauung des Mühlburger Feldes. In der 1952 vorgelegten Studie war ein Be- bauungskonzept des Stadtplanungsamtes entha l- ten (Abbildung rechts), das für den Wohnungsbau einen konsequenten Nord-Süd orientierten Zeilen- bau vorsah. Am Entenfang waren bereits in diesem Entwurf drei Punkthäuser vorgesehen. Die Hoch- hausgruppe war als "architektonischer Akzent" und "Auftakt für das neue Wohngebiet" gedacht. Hier entstand dann auch 1954 das erste Hochhaus in Karlsruhe (Entwurf Architektengemeinschaft Back- Vorschlag des Stadtplanungsamtes 1952 für die Bebauung des Mühlburger Feldes. haus und Brosinsky, Lauer, Schloms), die nächsten folgten 1955 und 1969. Die beiden ersten zeigen mit ihren Attikageschossen und den auskragenden Flachdächern einen typischen Abschluß, wie es der Architektursprache dieser Zeit entsprach. Im Ver- gleich dazu kann das Ende der 60er Jahre gebaute Hochhaus nur wenig Qualität nach außen zeigen. Architektur der 50er Jahre am Entenfang: Kiask, Pastamt und Hachhaus. Rheinstraße und Mühlburger Feld mit den beiden Hochhäusern om Entenfong um 1955. 4.000 bis 5.000 Menschen sollte diese Siedlung be- herbergen. Bemerkenswert ist der später nicht rea- lisierte Vorschlag, zwischen Weinbrenner- und So- phienstraße ein gemischtes Baugebiet für Kleinbe- triebe vorzusehen. Die wesentlichen Merkmale die- ser Gesamtplanung wurden, trotz Auslobung eines Wettbewerbes, in die Realität umgesetzt. Das Be- bauungsplankonzept enthielt bereits die wichtig- sten planerischen Vorgaben und Ziele, welche die heute so selbstverständlich wirkende Erscheinung dieser Nachkriegssiedlung prägen: die bereits er- wähnte offene drei- bis fünfgeschossige Zeilenbau- weise mit überwiegender Nord-Süd-Ausrichtung und die dazwischen liegenden 30 m tiefen Grünflä- chen. Ein öffentlicher Grünzug von der St.-Peter- und Paulkirche nach Süden zur neuen Grundschule bildet die Siedlungsmitte. Im Januar 1953 beschloß der Gemeinderat die Bebauung des "Mühlburger Feldes". Von den 32 Teilnehmern des im März desselben Jahres abge- "ÜAUUlllöl'LAN M HLBURG - OST AU' • AU' L ... " .111000 iilI~ =-cc __ !'~---- ~~ ~T'",,- -""" Der Bebauungsplan Mühlburg-Ost 1953/54. Luftbild mit Blick van Westen Ende der 50er Jahre. schlossenen Architektenwettbewerbs errang Alfred Gärtner den ersten Preis, Martin und Johanna Mef- fert, die späteren Architekten der Friedrich-Ebert- Schule erh ielten den zweiten Preis und Erich Ross- mann und von Norden die beiden dritten Preise. Nach dem Einspruch des Bundes Deutscher Archi- tekten mußten die eigentlichen ersten Preisträger Hans W. Jung und Ralph W. Becker als nichtteilnah- meberechtigt ausgeschlossen werden. Vor der endgültigen Rechtskraft des überar- beiteten Bebauungsplans Mühlburg-Ost (Abbil- dung S. 72) Ende 1954 waren die meisten Gebäude bereits errichtet. Innerhalb von zweieinhalb Mona- ten wurden 42 Wohnhäuser im Rohbau fertig ge- steilt. Die stadteigene "Volkswohnung" baute ins- gesamt über 1.300 Wohnungen, davon über 900 Wohnungen in fünfgeschossigen, bis zu 80 m lan- gen Zeilen. 97 % des Wohnungsbestandes sind Zwei- bzw. Drei-Zimmerwohnungen. Gegen Ende des Projekts regten sich auch kriti- sche Stimmen. So wurde wie bereits in der Pla - nungsphase 1952 die Lage eines Großteils der Sied- lung zwischen zwei Hauptverkehrsstraßen beklagt. Der Volkswohnung wurde vorgeworfen, keinen der preisgekrönten Entwürfe übernommen, die Ge- schoßzahl durchwegs auf fünf erhöht und die be- auftragten Architekten nach der ersten Bauphase ausgeschaltet zu haben.8 So sei hier die Chance für eine Mustersiedlung nicht genutzt worden. Von allen neuen Siedlungen nach dem Krieg be- saß das Mühlburger Feld von Anfang an die gün- stigste Versorgungssitu ation durch die in die Sied- lung integrierten Grundschule und Kindergärten sowie die kurze Entfernung zur Rheinstraße mit ih- rem reichen Einzelhandels- und Dienstleistungsan- gebot und den Straßenbahnhaltestellen. War die Sied lung 1952 noch für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, so leben heute in den zwischen 1987 bis 1992 modernisierten Wohnungen und Altenein- richtungen etwa 2.700 Menschen. Die Situation des Wohnumfeldes hat sich nach dem Rückbau der Ebertstraße und nach verkehrsberuhigenden Maß- nahmen in der Weinbrennerstraße wesentlich ver- bessert. Anmerkungen 1. Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 20. September 1952. Großräumige Verkehrsplanung für Mühlburg. 2. Stadtarchiv Karlsruhe (StadtAK) 7/NL Pflästerer 176. 3. StadtAK 7/NL Pflästerer 90. 4. Karlsruhe-Mühlburg Planung und Aufbau, Oktober 1952. 5. BNN vom 21. März 1953, "Mühlburger Feld im Zwielicht". 6. Baufluchtenplan der Kaiserallee vom 25. Januar 1887. 7. Die Sanierung in Mühlburg. Karlsruher Wirtschaftsspiegel 1/1958. 8. BNN vom 13. Oktober 1956 und 3. November 1956. Anläßlich der legendären Bambi- Verleihungen kamen auch schan einmal die Filmgrößen der Zeit nach Mühlburg, hier Saphia Loren beim Verlassen einer Tank- stelle. Foto vom 31. August 1958 ANGELIKA SAUER Die folgenden Bilder wollen einen zwanglo-sen Spaziergang durch das Mühlburg der Nachkriegszeit unternehmen und einen Ein- druck vom Leben in dem wiedererwachenden Stadtteil nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in der "Wir sind wieder wer"-Zeit in den 50er Jahren vermitteln. Die meisten Bilder stammen aus dem fotograph ischen Nachlaß des Karlsruher Fotojour- nalisten Horst Schlesiger, der von 1950 an für die Badischen Neuesten Nachrichten fotografierte. Badebetrieb im Plantschbecken des Kinderspielplatzes im Mühlburger Feld. Foto: Horst Schlesiger, 19. Juli 1955. Mühlburg in der Nachkriegszeit Weihe der neuen Glocken für die Kirche St. Peter und Paul. Foto: Harst Schlesiger vom 21. Oktober 1957. Das neue Pos t- gebäude am Entenfang fand nicht nur Zu- stimmung. Ein Zeitungsartikel vom 25. Septem- ber 1956 bemän- gelt, daß dem Gebäude die in ihm unterge- brachten tech- nischen Anlagen anzusehen seien. Zu dem Sgraffito- Bild an der Stirn- seite bemerkte der Journalist, daß "die Mühl- burger gern wüßten, was es bedeutet': Foto: Horst Schlesiger Die beim Luft- angriff vam 4. Dezember 1944 zerstörte Kirche St. Peter und Paul var Beginn der Wiederaufbau- arbeiten. Fata: Harst Schlesiger vam 25. Februar 7954. Abbruch eines der öltesten Mühl- burger Höuser im Zusammenhang mit baulichen und verkehrs- technischen Verönderungen zwischen Enten- fang und Lamey- platz. Foto: Horst Schlesiger vom 22. September 7954. ------- Großbaustelle "Mühlburger Feld" im Rahmen des Wohnungsbau- programms 7953. Foto: Harst Schlesiger vom 20. Juni 7953. Abbrucharbeiten in der Rheinstraße. Im Hintergrund das Kino "Gloria': Fata 7959. Blick in die Hardtstraße, Fata um 1950. Lameystraße Anfang der sechziger Jahre mit landwirt- schaftlichem Pferdewagen und Autoverkehr. Luftaufnahme vom Lomeyplatz mit dem Sportplotz der Turnerschoft Mühlburg. der bis zur Inbetriebnahme des Wildporkstodions im Jahr 1955 Sportstadion des KSC war. Foto 1955. Blick in die Rhein- straße vom Haus Nr. 21 aus in Richtung Entenfang. Die Straßen- einmündungen in der Bildmitte bilden die Nuitsstraße. Foto 1958. Abbrucharbeiten in der Rheinstraße im Zusammenhang mit der Verlegung der Bauflucht. Bis zur Kirche St. Peter und Paul ist die Straßen- verbreiterung bereits ab- geschlossen. Im Vordergrund die Nuitsstraße. "s'Leyerles Häus/e", Mühlburgs damals ältestes Haus in der Lameystraße 63, in der Mitte Wilhe/m Leyerle, der letzte Besitzer des Hauses, Fata: Horst Schlesiger vom 25. September 1954. Einer der ältesten Bauernhäfe Mühl- burgs in der Sternstraße 8, den der letzte Besitzer Friedrich Halstein im Sommer 1969 verließ und auf einen Aussiedlerhof zog. Foto: Horst Schle- siger vom 13. Juni 1969. Die Malzfabrik Wimpfheimer gehörte zu den traditions- reichen Mühlburger Industriebetrieben. Foto um 1960. Abriß der Gebäude der Malzfabrik Wimpfheimer an der Hardtstraße. Foto: Harst Schlesiger vom 5. Oktaber 1983. " Zu den traditionsreichen Mühlburger Gasthäusern gehärte der "Adler", Lameystraße 13, dessen Tage 1976 gezählt waren. Foto: Horst Schlesiger vom 21. Juli 1976 . .. ., Nach 36 Jahren schließt der "Tante-Emma-Laden" von Karl Scheerer in der Rheinstraße 85. Fata: Horst Schlesiger vom 13. September 1986. Die Karl-Friedrich- Gedächtniskirche um 1900, mit einem Stern ist Freiherr von Sel- deneck, mit zwei Sternen Dekan Ebert gekenn- zeichnet. DANIELA BLANCK Die Karl-Friedrich-Gedächtniskirche Die am Lindenplatz gelegene evangelische Pfarrkir- che hat eine lange Geschichte. Seit 1488 gab es im Mühlburger Schloß eine Kaplanei, 1556 wurde die Reformation eingeführt und bis zum Dreißigjähri- gen Krieg waren alle Einwohner Mühlburgs evan- gelisch-lutherischer Religion. Der Ort war zunächst eine Filiale von Knielingen, und alle 14 Tage hielt der dortige Pfarrer einen Gottesdienst im Mühlbur- ger Schloß. Nach der Zerstörung des Schlosses mußten die Mühlburger in die Mutterkirche nach Knielingen gehen. 1713 begann Pfarrer Wechsler mit einer Sammlung für den Bau einer Kirche, wei- che er bei der damals in der Nähe von Mühlburg liegenden Reichsarmee durchführte und an der sich etliche deutsche Fürsten beteiligten. Außerdem zo- gen zwei Abgesandte durch die protestantischen Gebiete und sammelten ebenfalls für ihre Kirche. 1719 konnte man ein Kirchenhaus errichten, in dem gleichzeitig auch das Schul -und das Rathaus untergebracht waren. Obwohl die Kosten von An- gehörigen aller Konfessionen getragen werden mußten, wurden bei der Versteigerung der Kirchen- stühle die Lutheraner gegenüber den Katholiken bevorzugt. Mit dem Kirchenhaus erhielt Mühlburg nun seine eigene Pfarrei. 1729 konnte dann auch Die Kirchen aus Spenden ein Pfarrhaus gebaut werden. Doch schon 1786 befand sich das Kirchenhaus in einem "elenden und baufälligen" Zustand, die Schwellen waren verrottet, und der Turm begann sich gefähr- lich zu neigen. Der damalige Regent, Markgraf Karl Friedrich, ließ sich von seinem Bruder, Prinz Wil - helm Ludwig - einem eifrigen Kirchgänger-, dazu bewegen, das alte Gebäude niederzureißen und eine neue Kirche in einfachem Barockstil nach Plä- nen Johann Friedrich Weyhings zu bauen. Zudem schenkte er der Gemeinde die Orgel aus der Karls- ruher Schloßkirche, die allerdings schon 1810 er- setzt werden mußte. 1903 wurde die Kirche renoviert, erweitert, und der Blick ins Innere der Karl-Friedrich-Gedächtniskirche vor der Umgestaltung im Jahr 1903. Blick auf Lindenplatz und Karl-Friedrich-Gedächtniskirche nach dem Umbau, Foto nach 1903. Jugendgottesdienst in der Karl-Friedrich-Gedöchtniskirche in den 20er Jahren. Turm bekam ein neu barockes Obergeschoß mit La - terne. Die Glocken goß man zu einem vo ll eren Klang um. In Erinnerung an ihren Gründer erhielt die Kirche den Namen Karl-Friedrich-Gedächtnis- Kirche. Beim Bombenangriff am 4. Dezember 1944 wurde sie fast vollständig zerstört, nur Reste des Turmes blieben stehen. In den Jahren 1945 bis 1951 mußte der Gottesdienst im Saal des Gemeindehau- ses abgehalten werden. 1949/50 dann ermöglich- ten Spenden den Wiederaufbau nach Plänen des Professors Gisbert von Teuffel, wobei Mauersteine aus der Ruine des völlig zerstörten Gasthofes "Zu den drei Linden" verwendetet wurden. 1951 konnte die wiederaufgebaute Kirche, allerdings mit verän- dertem Innenraum, feierlich eingeweiht werden. Da die Baumaterialien der Nachkriegszeit von sehr schlechter Qualität waren, mußte die Kirche 1978 erneut renoviert werden. Im Zweiten Welt- krieg wurde die Karl-Friedrich- Gedächtnis- kirche sch wer beschädig t. Fata noch 1945. Gottesdienst in der zerstörten Karl-Friedrich- Gedächtniskirche. Die Karl-Friedrich- Gedächtniskirche nach dem Wiederaufbau. Die St.-Peter-und Paul Kirche kurz nach der Ein- weihung 7886. Fato: Wilhe/m Kratt. rechts : Die St.-Peter-und Paul Kirche wurde im Zweiten Welt- krieg schwer beschädigt. St. Peter und Paul Die Katholiken waren lange eine Minderheit in Mühlburg. 1714 betrug ihr Bevölkerungsanteil im- merhin schon rund ein Viertel, doch der Bau einer eigenen Kirche blieb ihnen noch lange verwehrt. Alle Kinder mußten die evangelische Schule besu- chen, und Trauungen, Taufen und Begräbnisse wur- den von evangelischen Geistlichen vorgenommen. 1805 beauftragte das Großherzog liehe Geheime Ratskollegium den katholischen Stadtpfarrer Huber in Karlsruhe mit der seelsorgerischen Betreuung der Mühlburger Katholiken. 1814 wurde sie dem j ewe i- ligen Pfarrer von Daxlanden übertragen, allerdings immer noch mit der Auflage, daß katholische Tau- fen und Beerdigungen vom jeweiligen evangeli- schen Pfarrer in Mühlburg vorgenommen werden mußten. 1847 schließ lich erhielt Daxlanden die ge- samte katholische Pastoration, und die katholi- schen Kinder Mühlburgs besuchten die katholische Schule in Grünwinkel. 1867 richtete man einen ka- t holischen Kirchenbaufond ein. Der Kulturkampf der siebziger Jahre verzögerte aber den Bau einer katholischen Kirche in Mühl- burg, mit dem 1884 begonnen wurde. Baurat Adolf Williard leitete den Bau der neuen St.-Peter-und- Blick ins Innere der St.-Peter-und-Paul Kirche kurz nach der Ein weihung 1886. Foto: Wilh elm Kratt. Fronleichnamsaltar am Pfarrhaus Paulkirche. Im August 1885 richtete ein Wirbel- sturm erhebliche Schäden an dem noch unvollen- deten Bauwerk an und verzögerte seine Fertig- stellung um Monate. Mit Vollendung der Kirche 1886 kam es zur Gründung der Kuratie Mühlburg mit dem Filialort Grünwinkel und den Diaspora- orten Knielingen, Maxau, Welsch neu reut, Teutsch- neureut, Eggenstein und Leopoldshafen; sie umfaß- te 2545 Mitglieder. 1896 wurde Mühlburg eigene Pfarrei mit dem seit Fronleichnamsprazession 1897. 1893 in Mühlburg wirkenden Pfarrkurator Friedrich Isemann als erstem Pfarrer. I n den zwa nziger Ja h ren sch uf AI bert Ha ueisen eindrucksvolle Kreuzwegbilder, die aber leider nicht erhalten sind. Das Gemeindeleben entwickelte sich, und einige karitative und kulturelle Einrichtungen wurden geschaffen. Nach 1933 bekam man auch hier die Auswirkungen des Kirchenkampfes zu spüren, so wurde der Pfarrvikar Ferdinand Maurath 1941 wegen verschiedener Delikte angezeigt und ohne Gerichtsurteil bis Kriegsende in das Kon- zentrationslager Dachau gebracht. Beim Bomben- angriff wurde die Kirche bis auf die Doppelturm - fassade zerstört. Wegen der finanziellen Notsitu- ation nach dem Kriege konnte mit dem Wieder- aufbau erst zehn Jahre später begonnen werden. 1994 erhie lt die Kirche einen neuen Kreuzweg, ge- sta ltet von einem peruanisehen Künstler. Heute sind die 6327 in Mühlburg lebenden Katholiken eine Mehrheit. Zeugnisbüchlein der Volksschule Mühlburg 1883. DANIELA BLANCK Die ersten Informationen über eine Schule in Mühlburg stammen aus der Zeit nach des-sen Stadterhebung . Alle Kinder des Ortes wurden von einem evangelischen Schulmeister un- terrichtet, der aber auch noch einen handwerkli- chen Beruf ausübte. Ab 1719 waren die Schulräu- me sowie die Wohnung des Lehrers im neu einge- weihten Kirchenhaus untergebracht. Wo vorher der Unterricht stattgefunden hatte, ist nicht bekannt. 1786 wurde das baufällige Kirchenhaus abgerissen und an seinem Platz die Karl-Friedrich-Gedächtnis- kirche erbaut. Der Unterricht fand daraufhin in ei- ner Schulstube statt, die aber bald nicht mehr aus- reichte. Das Landamt Karlsruhe forderte die Ge- meinde Mühlburg auf, durch den Bau eines neuen Schulhauses für mehr Unterrichtsraum zu sorgen. Dies mußte der Gemeinderat jedoch am 1. August 1831 mit folgender Begründung ablehnen: "Wegen Unvermögenheit der hiesigen Stadtkasse ist die Er- bauung eines neuen Schulhauses nicht möglich. Die Schulstube seye bis zum künftigen Frühjahr zu ver- größern, sodeshalb in diesem Sinne Bericht ans Landamt zu erstatten." So kam es erst 1848 zum Bau eines Schul- und Rathauses. Die katholischen Kinder gingen seit 1847 in die Schule nach Grün- winkel, ab 1857 gab es dann auch in Mühlburg eine private katholische, die bis 1874 bestand. Die evan- Die Mühlburger Schulen gelische Gemeinde richtete 1867 eine Kleinkinder- schu le ein, die zunächst im früheren Spritzen- und Dielenhäuschen untergebracht war und später in das 1901 gebaute Gemeindehaus umzog. 1874 führte man hier die Simultanschule ein, und ein neues Schulhaus wurde gebaut, in dem die heutige Hardtschu le untergebracht ist. Nach der Eingemeindung 1886 erweiterte die Stadt das Ge- bäude. 1908/09 entstand in direkter Nachbarschaft die Mühlburger Schule, die spätere Hardtschule, welche auch eine eigene Turnhalle bekam. Die neue Schu le sollte etwa 1300 Kinder aufnehmen, das Ge- bäude war in Mädchen- und Knabenflügel unter- teilt. In der Zeit von 1935/36 bis 1945/46 hieß die Die Hardtschule, heute Vogesenschule, während des Baus 1908/09. Die Hardtschule, heute Vogesenschule, kurz nach ihrer Fertigstellung 1909. Gruppenbild einer Klasse der Evangelischen Kinderschule in der Geibeistraße. Die Schule wurde 1867 gegründet und war vor dem Bau des evange/isch~n Gemeindehauses 7907 im früheren Die/en- und Spritzenhäuschen untergebracht, Foto 1904. Wasserbrunnen in der Hardtschu /e, Fata 1909. Schule Herbert-Norkus-Schule nach ei nem Hitler- jungen, der bei Straßenkämpfen ums Leben gekom- men war. Als nach einem Bombenangriff am 9. Au- gust wegen Blindgängern ein ige Gebäude in Dax- landen zeitwei lig geräumt werden mußten, wurden die Bewohner in der Herbert-Norkus-Schu le unter- gebracht. Bei einem britischen Fliegerangriff am 3. September 1942 brannte die Schule völlig aus, der Unterricht blieb lange Zeit beeinträchtigt. Nach dem Wiederaufbau reichte der Platz in der Schule bald nicht mehr aus, und es kam 1952/53 Brunnen auf dem Schulhof der Draisschu/e. die Draisschule dazu. Di e Stadt hatte das Grund- stück bereits am 13. Oktober 1928 von Hans Frei- herrn von Seideneck erworben, da man schon zu diesem Zeitpunkt damit rechnete, daß über kurz oder lang ein weiteres Schulgebäude erforderlich werde. Die Hardtschu le mußte zu Beginn der neun- ziger Jahre der Erweiterung der Südtangente wei- chen, wurde aber nicht abgerissen, sondern nur teilweise abgetragen und versetzt wieder aufge- baut. Heute sind in dem Gebäude die Kimmel- mannschule und die Vogesenschule untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Herbert-Norkus-Schule stork beschädigt. Blick auf die Herbert-Norkus-Schule nach der Zerstörung. Blick auf d· le neue Draisschule. Luftbild der Draisschule kurz nach der Erbauung 1952/53. Die rristanstraße ist nach kaum bebaut. Die Seldeneck'sche Brauerei im Johr der Eingemeindung von Mühlburg, Lithographie von CH. Kiefer 1886. THOMAS MEYER Ä s die Mühlburger Brauerei im Jahre 1920 von der Sinner AG in Grünwinkel übernom- men wurde, bedeutete dies das Ende eines 150 Jahre alten Betriebes, der vor dem Ersten Welt- krieg zum Kreis der Karlsruher Großbrauereien ge- hörte. Sitz des Unternehmens, von dem wichtige Gebäude noch erha lten sind, war das ehemalige Seldeneck'sche Freigut an der Hardtstraße, das in der Mitte des 18. Jahrhunderts von Prinz Wilhelm Ludwig von Baden, einem Bruder des Großherzogs Karl Friedrich, durch den Kauf zahlreicher Grund- stücke gegründet wurde. Im Jahre 1770 errichtete er dort eine Biersiederei, die zunächst für die eige- nen Bediensteten braute, schon bald aber auch die Mühlburger Kundschaft der um diese Zeit aufgege- benen Brauerei des Kammergutes Gottesau über- nommen haben dürfte. Während die Selden- eck'sche Brauerei die Zeit der· Koalitionskriege durch die geschickte Führung der Witwe Wilhelm Ludwigs gut überstand, kam der Betrieb an der Wende zum 19. Jahrhundert vorübergehend zum Erliegen. In den folgenden Jahrzehnten nahm die Brauerei jedoch einen stetigen Aufschwung, der sich in einer umfangreichen Bautätigkeit nieder- sch lug. Die Lithographie von C. H. Kiefer aus dem Jahre 1886 zeigt deutlich die schloßartige Anlage, deren Vorderfront von der Fabrikantenvilla domi- Die Brauerei Se Iden eck niert wird, während die eigentlichen Produktions- gebäude im Hintergrund bleiben. Als bedeutende Schritte auf dem Weg vom handwerklichen zum in- dustriellen Brauen ist die Aufstellung der ersten Dampfmaschine in einer badischen Brauerei 1864 und die Installation von Eis- und Kühlmaschinen des Systems Linde 1890 zu nennen. In dieser Zeit wurden die meisten der zahlreichen Neubauten im Stil des Historismus errichtet, die auch heute noch das Erscheinungsbild des ehemaligen Brauereikom- plexes prägen. Im Jahre 1900 wurde die Freiherr von Seldeneck 'sche Brauerei in die Mühlburger Brauerei AG umgewandelt, die mit 72 Beschäftig- ten 1912 an der fünften Stelle der Karlsruher Brauereien stand. Absatzverluste, Rohstoffmangel Werbekarte der Brauerei aus dem Jahr 1904. Postkarte mit dem Seldeneck'schen Schlößchen um 1900. Briefkopf der Brauerei Seideneck aus dem Jahr 1898. Rückansicht des Seldeneck'schen Schlößchens, Fata 1965. und die wirtschaftliche Krise nach dem Ende des Ersten Weltkrieges führten dazu, daß das Unter- nehmen 1920 von der Sinner AG übernommen und der Betrieb eingestellt wurde. Die Gebäude wurden fortan für verschiedene Zwecke genutzt. Da das Seldeneck'sche Sch lößchen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts im Jahre 1965 trotz seines an- geblich guten Zustands abgerissen wurde, sind heute nur noch Gebäude aus der Zeit zwischen 1863 und 1909 erha lten, von denen insbesondere die beiden Sudhäuser und der alte Eiskeller einen Eindruck vom Aussehen der Anlage um die Jahr- hundertwende vermitteln. Seit 1985 steht das Hauptgebäude der Seldeneck'schen Brauerei unter Denkmalschutz. Quellen: Rainer Beck, Winfried Flamman, Die Seldeneck'sche Brauerei in Mühlburg, in: Industriearchitektur in Karlsruhe. Beiträge zur Industrie- und Baugeschichte in der ehema ligen Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrie- ges, Karlsruhe 1987, S. 32-50 (= Veröffentlichungen des Karls- ruher Stadtarchivs Bd. 6) Barbara Guttmann, Hopfen und Malz. Karlsruher Braukunst seit 1715, Kapitel 2, Brauerei Seideneck, Karlsruhe 1998. Albrecht Thoma, Geschichte von Mühlburg, Karlsruhe 1903. Ehemaliger Bier- und Eiskeller, Nordfossade, Westteil, Foto 1986. Blick in den Gewölbekeller der Seldeneck'schen Brauerei, Foto 22. Juni 1995. Das alte Sudhaus I, Ostfassade zum Haf. Arbeiter der Firma Seneco. THOMAS MEYER Die Eisengießerei Seneca ging ursprünglich aus der 1856 gegründeten "Galvanop lasti-schen Anstalt G. L. von Kress & Co." hervor, die ihren Sitz im sogenannten Promenadenhaus vor der Stadt an der Kriegsstraße hatte. Da der erhoffte unternehmerische Erfolg ausblieb, wurde der Be- trieb bereits im Jahre 1859 an den Kaufmann Au- gust Nerlinger und den damals erst 22jährigen In- genieur Ferdinand Seneca verkauft. Diese wandel- ten den Betrieb in eine Eisengießerei um, da die aufstrebende Technik und Industrie einem eisen- verarbeitenden Unternehmen gute Entwicklungs- möglichkeiten versprachen. N1lchdem Nerlinger ausgeschieden war, wurde die Firma 1864 in "Eisen- und Metaligießerei F. Seneca" umbenannt. Zu den Erzeugnissen jener Zeit gehörten Kleingußprodukte wie Maschinenkleinteile, Grabkreuze oder Hänge- gewichte für die Schwarzwälder Uhrenindustrie ebenso wie Zier- und Bauguß, Nähmaschinenge- ste lle, gußeiserne Kandelaber, Zierbrunnen und Ge- länder. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ermöglichte die Errich- tung einer Werkstätte für Eisenbau die Beteiligung an größeren öffent li chen Projekten. Außerdem belieferte man die Badische Staatsbahn mit kleineren Brücken und Bahnsteigüberdachungen. Die Eisengießerei F. Seneca Auch die Fertigung von Kanalisations- und Han- deisguß wurde aufgenommen. Bereits in dieser Zeit wurde das Gelände an der Kriegsstraße zu klein, da die rasche Erweiterung der Stadt und die umliegende Bebauung keine Vergrö- ßerung eines derartigen Betriebes mehr zuließen. Entsprechend errichtete man 1886 bis 1888 weit außerha lb der Stadt, nahe des damaligen Bahnhofs Mühlburg an der heutigen Kärcherstraße 6/7, eine moderne Fabrik mit Gleisanschluß an die Maxau- bahn und weitete die Produktion aus. Einen Höhe- punkt ste llte die 1890/91 in mehreren Abschnitten erbaute Hirschbrücke in der Südweststadt dar, de- ren Konstruktionsgewicht 352 Tonnen betrug. 1908 starb Ferdinand Seneca im Alter von 71 Jahren, worauf sein ältester Sohn Ferdinand die Lei- tung übernahm. Dieser starb jedoch bereits 1915, weshalb sich die Familie auch angesichts der Krise nach dem Ersten Weltkrieg 1919 entsch loß, das Un- ternehmen zu verkaufen. Der nun folgende ständi- ge Wechsel in den Gesellschafterver- hältnissen führte zu einer Stagnation des Betriebes und einer immer schwie- Ferdinand Seneca (1837-1908). Seneca gehörte zu den Hanoratioren der Stadt, er war u. a. Mit- glied der Handelskammer und des Bürgeraus- schusses. o Büro- und Pförtnerhaus um 1895. rigeren finanziellen Lage, da auch die inzwischen veralteten technischen Anlagen die Konkurrenzfä- higkeit einschränkten. Anfang der 20er Jahre wurde der Dampfantrieb durch elektrische Antriebe ersetzt, der Eisenbau aufgegeben und die Produktion um Bremsklötze und Roststäbe für die Reichsbahn erweitert. Den- noch bewirkte erst die Errichtung einer Maschinen- bauabteilung im Jahre 1932 allmählich eine Stabi- lisierung der Verhältnisse, da nun die Spezia lisie- rung auf Fleischereimaschinen der Marke "SEMA" (Seneca Maschinenbau) Schwankungen im Bereich des Kundengusses ausgleichen konnte. 1936 über- nahm der betriebstechnische Leiter Franz Meese als geschäftsführender Gesellschafter die Führung des nun in eine Kommanditgesellschaft umgewandel - ten Unternehmens. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Werk stark be- schädigt und büßte durch Demontage die Maschi- nenbauabtei lung ein, konnte aber durch die Kon- Blick in die Gußputzerei um 1910. junktur der Aufbaujahre in der Nachkriegszeit er- neut expandieren und beschäftigte 1956, im Jahr des 100jährigen Bestehens 280 Mitarbeiter. Da nun abermals das Werksgelände von Wohngebieten umschlossen war, häuften sich seit Mitte der 50er Jahre Klagen wegen der unvermeidlichen Emissio- nen des Betriebes, die eine Verlegung notwendig erscheinen ließen. Aus Altersgründen kam dies jedoch für die damaligen Besitzer nicht mehr in Frage, weshalb der Gießereibetrieb 1967 eingestellt werden mußte. Der Maschinenbau wurde mit stark reduzierter Belegschaft noch bis zur Einstellung des Betriebes im Jahre 1975 fortgeführt. Danach wurde das Gelände an der Kärcherstraße verkauft, die Fabrikationsgebäude wichen moderner Wohnbe- bauung. Quelle: Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Eisengi eßerei F. Se- neca, Karl sruh e 1956. Blick auf die Firma Seneca in den 1960er Jahren. Arbeiter der Firma Seneca. Dieser Nutz- brunnen an der Ecke Amalien- und Hirschstraße wurde van der Firma Seneca angefertigt. Im Stadtgebiet standen über 50 weitere Brunnen dieses Typs. Fata um 1875. Luftbild des Rheinhafens vom 10. Mai 1926. ERNST ono BRÄUNCHE Ä s der Karlsruher Rheinhafen, der heute zum Stadtteil Mühlburg gehört, am 1. Mai 1901 in Betrieb ging, entstand er nicht auf Mühlburger, sondern auf Bulacher und Daxlander Gemarkung. Die feierliche Einweihung fand im fol- genden Jahr 1902 statt und zwar anläßlich des 50jährigen Regierungsjubiläums Großherzog Fried- richs I. Karlsruhe hatte auf einem langen Weg zum Rhein sein Ziel erreicht. Bereits im 18. Jahrhundert hatte man erste Überlegungen angestellt, wie man Karlsruhe mit einem Rheinhafen an die Schiffahrt ansch ließen könne. Doch erst im Zuge der beginnenden Indu- strialisierung, als das expandierende Mannheim, das seit 1828 einen Rheinhafen hatte, zum Vorbild wurde, fand man eine erste Lösung in dem kleinen Hafen des Dörfchen Schröck. Der 1833 an läßlich der Hafeneröffnung zu Ehren des regierenden Großherzogs in Leopoldshafen umbenannte Ort war aber nur unzureichend ausgestattet, die Waren mußten auch noch nach der Einführung des Eisen- bahnverkehrs mit Pferdefuhrwerken transportiert werden. 1862 versprach die Ausbaggerung des kleinen Hafens Maxau end lich Abhilfe, der immerhin schon mit einer Bahnlinie, der über Mühlburg verlaufen- den Maxaubahn, direkt mit Karlsruhe verbunden Der Rheinhafen war. Trotz unzureichender Infrastruktur stieg der Güterumschlag so rasch an, daß der Hafen 1899 mit über 200.000 Tonnen an seiner Kapazitäts- grenze ange langt war. Zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel al lerdings schon gefallen. 1896 hatten die Stadt und der badische Staat beschlossen, "ei- nen mit der Eisenbahn und der Wasserstraße des Rheins in unmittelbarer Verbindung stehenden, der Großschiffahrt dienenden Hafen in der Niederung westlich von Mühlburg" zu bauen. Nach nur zwei- einha lbjähr iger Bauzeit unter der Leitung des Inge- nieurs Max Honsell, von dem auch die Idee stamm- te, wurde der Hafen am 1. Mai 1901 eröffnet. Im Rheinhafen entstanden schon im zeitlichen Umfeld der Hafeneröffnung einige der heute noch charakteristischen Bauten: die Werfthallen, das Getreidelagerhaus und das Wohnhaus des Hafen- vorstands prägen das Erscheinungsbild des Rhein - hafens. Sie gehören zu den herausragenden Bei- spie len Karlsruher Industriearchitektur. Ausgelegt war der Hafen auf zunächst 300.000 Tonnen jährlich, die bereits im dritten Betriebsjahr erreicht waren, 1913 war mit knapp 1,5 Millionen Tonnen die vorläufige Höchstmarke erreicht. Di e Zahl der angekommenen Schiffe verzehnfachte sich innerhalb von 10 Jahren nahezu, so daß Erwei- terungen bald erforderlich waren. 1916, mitten im Am 27. Mai 1902 eröffnete das Graßherzogspaar feierlich den Karlsruher Rheinhafen. Der Rheinhafen, der heute zum Stadtteil Mühlburg gehört, wurde auf Bulacher und Daxlander Gemarkung errichtet. Ersten Weltkrieg ging ein weiteres Becken, das Nordbecken, in Betrieb. Der Umschlag erreichte im Ersten Weltkrieg all erd ings nicht mehr den Vor- kriegshöchststand und sank nach der Ka- pitulation rapide ab. Im Jahr 1922 er- holte sich der Umsatz zwar wieder, um 1923 dann aber wegen der Ruhrkrise und der Besetzung des Karlsruher Rheinhafens durch französische Trup- pen erneut stark zurückzugehen. Am 3. März 1923 besetzten französische Truppen für rund 18 Monate den Hafen, der damit zu einem Politikum zwischen Frankreich und Deutschland wurde. Durch zahlreiche restrikti- ve Verordnungen ging der Umsatz wiederum deut- lich zurück. Erst 1924 setzte ein erneuter Aufschwung ei n, der gegen Ende des Zweiten Weltkrieges abrupt unterbro- chen wurde. Selbst in den Weltwirt- schaftskrisenjahren 1929 bis 1932 blieb der Aufwärtstrend erha lten, was Das Wohnhaus des Hafenamtsvorstands wurde 1899-1901 gebaut. Die Werfthal/e I war 1901 fertiggestellt. nicht zuletzt an der 1930 abgeschlossenen Rheinregulierung der Strecke Mannheim-Sondern- heim lag. 1928 war Karlsruhe nach Duisburg, Mannheim, Ludwigshafen und Köln der fünftgröß- te deutsche Rheinhafen. Die Expansion war in er- ster Linie zu Lasten des Mannheimer Rheinhafens erfolgt, der 1904 noch fast drei Viertel des Schiff- verkehrs auf dem Oberrhein abwickelte. Der im Vergleich mit der Gesamtentwicklung des Rheinschiffahrtsverkehrs relativ stabile Um- schlag im Karlsruher Rheinhafen nahm dafür in den Jahren 1933 bis 1936 nur unwesentlich zu, während der Rheinschiffahrtsverkehr insgesamt wieder stärker anstieg. Die Eröffnung des Hafens in Heilbronn im Jahr 1935 und die Angliederung des Saarlandes, das nun verstärkt den südwestdeut- schen Raum mit Kohle versorgte, dämpfte den Auf- wä rtstrend zusätzl ich. In den 30er Jahren erhielt der Rheinhafen - sieht man einmal von dem Ölhafen ab - auch seine heu- tige Größe, 1934 konnte das Süd becken eingeweiht und die Verbreiterung des Stichkanals zum Rhein abgeschlossen werden, 1935 folgte die Erweiterung des Öl beckens. Obwohl das Rheinhafengebiet im Das Getreidelagerhaus stand 1903 zur Verfügung. Zweiten Weltkrieg immer wieder das Angriffsziel al liierter Bombenangriffe war und auch erhebliche Schäden davontrug, wurde bereits 1948 beim Güterumschlag wieder die Millionengrenze er- reicht. Zehn Jahre später waren die Vorkriegser- gebnisse mit mehr als drei Millionen Tonnen übertroffen. 1990 wurde gar ein neuer Rekord mit nahezu 12 Millionen Tonnen aufgestellt. Heute ge- hört der Rheinhafen trotz eines durch die Zusam- menlegung der beiden großen Raffinerien Esso und Oberrhei nische Mi nera lölwerke zu r Mi nera löl raffi - nerie Oberrhein (Miro) verursachten rückläufigen Umschlags nach wie vor zu den größten europäi - schen Binnenhäfen. Blick in den Hafen 1936. Im Hintergrund sind die Werfthalle I und das Getreidelagerhaus zu erkennen. Ecke Kaiserallee/Yarckstraße, "eafe Müller': Die Straße führte zur Militärschwimmschule und hieß deshalb Schwimmschul- straße. Heute befindet sich an dieser Stelle eine "Wien er- wald-Gaststätte': Rheinstraße mit der Gaststätte "Zum Rheinkanal': Mühlburg war bekannt für seine Lakale und schon vor der Eingemein- dung ein beliebtes Ausflugziel der benachbarten Residenz- städter. Um 1900. Noch bis in unser Jahrhundert verkehrten Pferdefuhrwerke auf der Rheinstraße. ULR IKE DEISTUNG M it den folgenden Bi ldern so ll ein kleiner Spaziergang durch das alte Müh lburg unternommen werden - ein Spaziergang durch die historischen Straßen hin zu historischen Das alte Mühlburg - Häuser und Straßen Gebäuden. Die Fotografien und Abbildungen wur- den dem Karlsruher Stadtarch iv zu einem großen Tei l von der Müh lburger Bevölkerung zur Verfü- gung gestel lt. Blick in die Rheinstraße. Die Mühle im Hintergrund wurde 1942 abgebrochen. Vermutlich das älteste Luftbild von Mühlburg vor dem Ersten Weltkrieg mit Blick auf die Rheinstraße und die St.-Peter-und Paul-Kirche. Die Gaststätte "Z R . Daneben ha um heInkanal" wurde bi Bild von tte Karl Scheuerpflug ein K I s . 1943 betrieben. 1916. 0 anwlwarengeschäft. So kennen sicher einige Mühlburger noch die Rheinstraße mit der Goststätte "Drei Linden", die im Krieg zerstärt wurde. Blick in die Rheinstraße. Foto um 1935. In den 20er und 30er Jahren gab es auch eine Autoreparaturwerkstatt in der Rh eins traße. Hermann Witze- mann hatte in der Rheinstraße 34a eine Fahrradhand- lung. Hier ist Frau Witzemann mit Enkelkind gerade auf der Treppe vor der Ladentür zu sehen. Das Gebäude nach der Bombardierung des Nebengebäudes im Zweiten Weltkrieg. 1958 wurde das Haus abgerissen. Bis 1921 befand sich die hier abgebildete Bäckerei und Konditorei "Karl Reinmuth" in der Rheinstraße 53, später die Bäckerei van Eugen Häberle. Blick in die Backstube der Bäckerei Reinmuth. Hier durfte der Meister auch It. Urkunde von 1900 Lehrlinge "anleiten': In der Nuitsstraße 2 betrieb Friedrich Kohler ein Baumaterialiengeschäft. Hardtstraße/Ecke Rheinstraße. Fuhr- werke beherrsch- ten um die Jahr- hundertewende nach das Straßenbild. Ein Blick in die Hardtstraße. als noch 1 PS genügte. Auf dieser Post- karte aus dem Jahr 1902 ist das Gasthaus "Zum Lamm" in der Hardtstraße abgebildet, das bis in die SOer Jahre existierte. Dieses Haus in der Hardtstraße wurde bereits Mitte der 30er Jahre abgerissen. ~ l- und cliankll"illscliafl zum goldenen J .;Jmm /JO II. F. JUilJlllw1'le. QJ)rnij lll15 211ü[11bllrg Hardtstrde GruB aus Karlsruhe-Mühlburg ~ Evang. Kirche Blick in die Hardtstraße bis zur Hardtschule und in die andere Richtung zur Evangelischen Kirche auf dem Lindenplatz. Im Hof des Fahrradgeschäfts Hottner bereiten die beiden Töchter das familien- eigene Automobil für ein Blumenkorso vor. Foto vor 1930. Vor dem Fahrradhaus von Xaver Hottner in der Hardtstraße Nr. 27 stand die erste Mühlburger Tankstelle. Hier läßt der Michelin-Mann grüßen. Die Firma Michelin baute 1930 auf Mühl- burger Gemar- kung im Gewann Oberfeld eine deutsche Zweig- niederlassung. Das Gasthaus "Goldener Hirsch" in der Hardtstraße 34. Außenansich t und Blick in den Gastraum. An der Mo/tkestraße zwischen der heutigen Stösserstraße und der Hardtstraße am nördlichen Gemarkungsrand von Müh/burg wurde das erste Haus mit der Nr. 137 von dem Blechnermeister Batschauer errichtet. Spöter war dart eine Böckerei. In der Lamevstraße standen die ältesten Häuser Mühlburgs, teilweise auf den Grundmauern des alten Wasserschlosses, das 1689 zerstärt wurde. Seit 7908 gab es den "Galdenen Anker" in der Lameystraße. Heute stehen in der Nachbarschaft des "Galdenen Anker" zahlreiche Wahnhäuser. Ansicht des Gasthauses "Zum Adler" in der Lameystraße. In der Mühlstraße 1 hatte das Zigarren- haus Eder ein Geschäft. Davor nahm eine Klasse der Hardtschule Aufstellung. Foto 1926. Auf dieser Postkarte aus der Zeit um 1900 sind beliebte Mühlburger Mative am Lindenplatz wiedergegeben: das Seldenecksche Schlößchen, das Kriegerdenkmal und die evangelische Karl- Friedrich-Gedächtniskirche. Fliederplatz, Ecke Glümer-/Geibeistraße um 1900. links: Das Haus Lindenplatz Nr. 10 mit seinen Bewohnern. Fliederplatz und Linden- platz um 1900. Marktstraße um 1900, Alt-Mühlburger Wohnhaus mit seinen Bewohnern. GD In der Murktstraße. Fa tu um 1900. Alt-Mühlburger Hinterhöfe Wohnhaus in der Sternstroße. Es gehörte zu dem öltesten Bauern- gehöft Mühl- burgs und mußte 1969 dem Bou der Carl-Benz- Halle weichen. Die im Volksmund so genannte "Villa Dörrfuß ", Sedonstraße 9, steht heute nicht mehr Auch auf diesem Bild um 1907 mit einem Haus in der Sternstraße wird deutlich, daß in Mühlburg zu dieser Zeit nach Stallungen und Hinterhöfe üblich waren. Um 1960 am Müh lburger Bahnhof Das von Maurermeister Pfeifer erbaute Haus im Uferweg um 1930. - -- So wie hier im Uferweg soh es vie lerorts in Mühlburg nach dem Krieg aus. GD Heuernte in Mühlburg. An der Alb. Im Hintergrund sieht man die Militärschwimm- schule beim Kühlen Krug, die 1944 zerstärt wurde. Die Mühlburger Bleiche an der Alb. Blick auf Mühlburg aus dem Flugzeug am 1. August 1930, im Vordergrund die Hardtschule und der Entenfang. rechts: Blick auf Mühlburg 1997, im Vardergrund Vogesenbrücke und Entenfang. Fotodoku mentation KURT ERNST Mühlburg gestern und heute Die folgenden Bilder sind eine kleine Auswahl Stadtteilbild, die vor al lem durch den Zweiten aus der in den Mühlburger Banken im Jubi- Weltkrieg hervorgerufen wuden. Sie zeigen aber läumsjahr zeitweise geze igten Fotodoku- auch Vertrautes, das den Krieg unbeschadet über- mentation. Sie belegen die Veränderungen im standen hat oder wiederaufgebaut wurde. Mühlburg nach dem Zweiten Weltkrieg, Blick von dem Hochhaus om Entenfong auf die Ecke RheinstraßejEntenfong. Blick auf die Ecke Rheinstraße/Entenfang April 7998. Das al te Mühlburger Rathaus wurde zeitweise als Polizeirevier genutzt. Foto 1959. Seit 1987 befindet sich in dem ehemaligen Rathaus das Feuerwehrgerätehaus. Blick vom Bohnübergang Hardtstraße auf den Mühlburger Bahnhof vor 1914. Heute wird der alte Bahnhof ols Kinder- und Jugendtreff genutzt. Blick auf den alten Bahnhof vom Fliederplatz aus, Fata vor 1914. Kinder- und Jugendtreff Mühlburg, Foto Oktober 1997. Die Firma K. H. Wimpfheimer, Malz- und Kaffeefabrik wenige Jahre var dem Abriß, Fato 7976. Heute stehen on der Stelle der Molzfobrik moderne Wohnhäuser. Blick auf die Maschinenfabrik Seneca, die van 1886/88 bis 1975 auf dem Seldeneck'schen Feld nahe beim Mühlburger Bahnhof produzierte. Heute befinden sich am Platz der Eisengießerei Seneca Wohnhäuser. Das erste Kriegerdenkmal zum Gedenken an die Gefallenen des deutsch-französischen Krieges 1870/71 vor der Karl- Friedrich-Gedächtniskirche wurde bereits kurz nach Kriegs- ende errichtet. rechts davan eine Festdekoration mit temporärem Denkmal, Fato vor 1886. Heute steht auf dem Platz vor der Karl-Friedrich- Gedächtnis-Kirche das 1886/87 errichtete neue Kriegerdenkmal. Foto 1998. Blick über den Lindenplatz auf das Gasthaus "Zum Stern ': Lindenplatz mit Blick auf den "Sternen': Foto April 1998 Bis 1942 stand am Lameyplatz die alte Mühle, Foto kurz vor dem Abbruch. Heute steht om Lomeyplatz ein Hochhaus, Fato 1998. Ursprüngliche Bebauung der Lameystraße, die Häuser wurden in den 60er Jahren abgerissen. o Lamevstraße 1998. Blick auf das alte Gasthaus "Stadt Karlsruhe ': Heute steht dort das Kaufhaus Waolworth, Foto 1998. 50jähriges Stiftungsfest des Casina-Liederkranzes Mühlburg 1887. 75jähriges Stiftungsfest des Casino-Liederkranzes Mühlburg 1912. ERNST OITO BRÄUNCHE M üh lburg verfügte schon zum Zeitpunkt der Vereinigung mit der badischen Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe über etliche Vereine aus unterschiedlichen Bereichen, wie ein Blick in das Adreßbuch von 1888 zeigt: Evangelischer Kirchenchor, Gesangsverein Frohsinn, Casino Liederkranz, Katholischer Kirchenchor, Män- nerverein, Ortsversicherungsverein, Spar- und Vor- schußverein e.V. und Turnverein Mühlburg. Neben den konfessionellen Vereinen gab es also vor allem Gesangvereine und Sportvereine. Der äl- teste dieser Vereine war das Kasino Liederkranz, das 1844 aus dem Zusammenschluß des Gesangvereins Liederkranz und der im Jahr 1834 von einigen Mühlburger Honoratioren gegründeten Casinoge- sellschaft entstanden war. Diese erste Gründung reicht also bis in den Vormärz zurück, als auch an anderen Orten Gesangvereine entstanden. Eine Le- segesellschaft wie in Karlsruhe oder Durlach scheint es in Mühlburg dagegen nicht gegeben zu haben. Zweitältester Verein war der Turnverein, die heu- tige Turnerschaft 1861. Der Verein entstand in einer Zeit, in der sich wieder eine Liberalisierung des öf- fentlichen Lebens ankündigte. Nach der gescheiter- ten Revolution 1848/49 waren alle Sport- und Ge- sangvereine, die revolutionärer Umtriebe verdäch- tig waren, verboten worden. In dieser Zeit wurde Mühlburger Vereinsgeschichte: Ein Uberblick auch der Gesangverein Frohsinn im Jahr 1862 ge- gründet. Die Vereinslandschaft entwickelte sich im Karls- ruher Stadtteil Mühlburg wie in der ganzen Stadt kontinuierlich weiter. Gegen Ende der Weimarer Republik waren vor allem weitere Sportvereine und der Arbeiterbewegung angehörende Vereine ent- standen, wie ein Blick in das Adreßbuch von 1931 beweist: Angelsportverei n ig ung Ka rlsru he-Müh I bu rg e.v. 1921, Arbeitergesangsverein Maschinenbauer "Sängerkranz", Athleten-Club "Einigkeit" Karls- ruhe-Mühlburg, Bayernverein Weißblau Karlsruhe Bürgerverein Karlsruhe-Mühlburg, Cäcilien-Verein St. Peter und Paul, Casino Liederkranz Mühlburg, Evangelisch-kirchlicher Krankenpflegeverein, Evan- gelischer Mädchenbund Mühlburg, Evangelischer Männer- und Jünglingsverein, Evangelischer Kran- kenverein Mühlburg, Evangelischer Jungfrauenver- ein Mühlburg, Evangelischer Kirchenchor Mühl- burg, Frauen-Vinzentius-Verein, Freiwillige Sani - tätskolonne vom Roten Kreuz Mühlburg, Fußba ll- club "Viktoria" Mühlburg, Fußballclub Mühlburg eV, Gemischter Chor Bruderbund Karlsruhe-Mühl - burg, Gesangsverein "Frohsinn" Mühlburg, Ge- sangsverein "Eintracht" Karlsruhe-Mühlburg, Ju- gendbund Mühlburg, Kaninchen- und Geflügel - zuchtverein Karlsruhe-Mühlburg, Karlsruher Fuß- Ausflug des Sängervereins Mühlburg Mai 1897. Sängerverein Mühlburg um 1900. Vereinshaus des Fe Phoenix Mühlburg. Postkarte, um 1910. ballverein e. V., Katholischer Fürsorgeverein - Mäd- chen- und Zufluchtheim, Katholischer Jungmän- nerbund Mühlburg, Katholischer Jugendverein Mühlburg, Katholischer Männerverein Badenia, Kirchlich-positive Vereinigung Ortsgruppe Mühl- burg, Militärverein Mühlburg, Naturfreunde, Orts- verband der deutschen Gewerkvereine H. D. Mühl- burg, Radfahrerverein Sturm, Turngemeinde Mühl- burg 1927 e. V., Turnverein Mühlburg 1861, Volks- chor Karlsruhe West e. V. Mühlburg, Wanderverein Mühlburg eV, Zitherclub Mühlburg. In dieser Liste ist auch der 1895 gegründete Fußballclub Mühlburg eV vertreten, der 1933 in dem VfB Mühlburg aufging, der wiederum 1953 mit dem FC Phoenix zum Karlsruher Sportclub, dem KSC, fusionieren sollte. Dieser Vereinsvielfalt wurde durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten in vielen Fällen ein gewaltsames Ende gesetzt. Zu den ersten Zielen der nationalsozialistischen Gleichschaltung gehörten neben den Arbeiter- sportvereinen und den Naturfreundevereinen Karlsruhe und Mühlburg die Arbeitersängerbünde, die aufgelöst und deren Vermögen beschlagnahmt wurde. In Karlsruhe waren von den 1932 bestehen- den insgesamt 74 Gesang- und Kirchenchorver- einen einschließlich des Deutschen Arbeitersänger- bundes Gau Baden, der seine Geschäftsstelle in der Weltzienstraße hatte, 19 Vereine betroffen. Ein Blick ins Adreßbuch von 1934/35 belegt, daß auch Mühlburg in besonderem Maße betroffen war, da viele Vereinsnamen fehlen. Die verbliebenen waren im Sinne der NS-Ideolo- 9 ie 9 lei chgescha Itet wo rden: Angelsportverei n i- gung Mühlburg, Bürgerverein Karlsruhe-Mühlburg, Cäcilienverein St. Peter und Paul, Casino Lieder- kranz, Evangelischer Krankenverein, Evangelischer Kirchenchor, Gesangsverein "Frohsinn", Gesangs- verein "Eintracht", Hausgehilfinnenverein Mühl- burg, Katholischer Jungmännerverein Mühlburg, Kathol ischer Mä nnervere i n Baden ia, Mi I itä rverei n Mühlburg, Radfahrerverein Sturm, Sanitätskolonne Mühlburg, Turngemeinde Mühlburg, Turnverein Mühlburg, Verein für evangel ische Gemeindepfle- ge, Zither-Club Mühlburg. Das Vereinssterben war damit noch nicht zu Ende. 1943/44 werden gerade einmal noch die fol- genden 12 Vereine genannt: Cäcilienverein St. Pe- ter und Paul, Casino Liederkranz, Evangelischer Kir- chenchor, Gesangsverein "Frohsinn", Kleinkaliber- Schützenverein "St. Hubertus", Kriegerkamerad- schaft Mühlburg, Männer-Vinzentius-Verein, Peter und Paul-Konferenz, Radfahrerverein Sturm, Schachklub Mühlburg, VfB Mühlheim, Zither-Club Mühlburg, Turnerschaft Mühlburg. In der Nachkriegszeit wurden nach und nach ei- nige der aufgelösten Vereine wiedergegründet, an- dere entstanden neu, so daß die im letzten Kapitel dieses Buches dokumentierte heutige Vereinsviel- falt wieder erreicht werden konnte. Die folgenden Bilder können diese Vielfalt nicht in ihrer vollen Breite dokumentieren, da nur für ei- nige Vereine historische Aufnahmen vorhanden sind. 58jähriges Stiftungsfest des 1V Mühlburg im Jahr 1919. Sieger des 1V Mühlburg beim Gauturnfest in Durlach am 25. Juli 1920. A ., Gesangsverein Frohsinn im Jahr 1896. Ausflug des Gesangsvereins Frohsinn nach Mau/bronn im Jahr 1928. Athletenclub Einigkeit Mühlburg am 7. Mai 1922. Turnfest 1930. Turnfest 1930. Umzug durch die Rheinstraße. Turnfest 1930. Im Hintergrund die Malzfabrik Wimpfheimer. Die süddeutsche Meistermannschaft des FC Mühlburg im Jahr 1911. Mannschaftsfoto noch dem Spiel des FC Mühlburg gegen TSV 1860 München im Jahr 1919. Mannschaft des FC Mühlburg im Jahr 1926. Mannschaft des FC Mühlburg im Jahr 1929. .I\L"fN~I\Usq.j~E b[L VEiss ~ ~i\~i Lif:H-V[~fiH KI\KLSf\UHE:-f'\ÜHLßU~~ t\ f\ i 1903. Cöcilienverein Mai 1903. Der Zitherclub Mühlburg um 1900. Ausflug des Männervereins Badenia, 1910 links: Eine Festabordnung des Turnvereins Mühlburg, heute Turnerschaft. Theateraufführung mit Mitgliedern des Kirchenchars St. Peter und Paul "Versprechen hinter dem Herd", um 1900. .. ~t,"uttn . u:JHiblburgtr I tUtrtutbr. "on hm Ilh.~'oro(\t "'S.~.'o, ~.j SlS •• r.IUs' {>ilr, in Wot~ tUtl> tfil~r, )trontln. ~ti .erQnQ.f~afl1, flttt ~IIiSt !8ir9tT~~f~r i~, ~t ~~ in ,iengtr Wtmthl'tot QUf. b-n !titlt \'rr !8u'gtrr~ft tin $nrin QtbUtd I tDd~r ff~ Nt 3ldtuJtg N' 1:0111 ijcutr '&t~ro~ttn iji9tnt~umt UMI> &:bfnf aUf ~uf· g.b. ~.Ul. l>itf'l' tltuill ~Qt 'rtn ~Qmtn: mlO~I&lIrger 8'cutr- "'l' •• s •• omlll'., .... ~~ r't&~ foIS ..... e.~ .. 9 .. cel •• tuttn) gcse&trL, tDel~t tin ie~f' IDlit9lit~ tlllc6 $ftäfhn GUr- rod/I jll ,,~.It'" ~~ ",~~i~I.,. §. I. tlie ~tUtt"'t9r btptlt auf 4 ~&I9tUunBell, iUtb: .",~n: I~ Tli. e~ri~ •• m.nnr~.rt. i TlI, lIr&.il.m.nn~'fI. 3 !Di, Md ... S ...... f~.fI. 4 !Di. !lI3.~ .... nfdJ.fI. §. i. 1)ie o$'ti~tttlnQllllf~Qft leitd un'tl &d>!tllt bit e~ri~. .n" " ... n e<Vlö.~. u.'o &.rorSI .... ßul"sen .... nÖI\is.. !lI3.~"."r.I\.. ei, I><p.\1 "'\" ... 15 ~ 10 11 ". rü9Tun unb (h~ti9Un, 1)um~nn \lab euttuaha.. S ,,,. !I. 'Im e.it, ~'il 'on "p. .ri ..... rip ....... nömli4 epri\\tltlnl1nn f~Qft. 'tlltit'lllilnnf4Ilfl uno Shllung'" m.n'f~'~' • "Pi~ld, fog(,," I.b. %''',,'''* 111 "fo$~",n, ~i i{;o.JVUlQnltfdJllft ~esiM ~. O~lIt bOl'~t1'9t~t:nbt $nfg:ml\'" ta,n9 11lr ~Nn'c!lätt., \B1l am ~rf~tilltn btf_lnbnt Ip, tat i1tlln~fb U ®htUMIt ftint ilttfE9ulMguns \ll'ün e b,' {thnm Obmalu, 'fLI ub Ing,n. S. JO- el 1'11: f t Il nn~ in ~t\' WtllrfiOt~r trin' luhiflla, o.u§n :.-"' ..... 'C<tr ~hrllHif UII~ tott WUjr~lItpupg:. ~ut !8t1'\l'ti.ß rr~ .... -" .... I~t1rtn ro",o~r 't'tr ~Quph1Jqllnl Illf au~ ~it .obm,lnnn füt bit i~ntl. Ilnt('rgtbrntll. ':Dir Ithl ;.f~'ieGtln!l fllnll nur 1111<$9'- f~r!,)~tn ItItrbtn, 1\1(1111 ~"'ti 'DrHtt~eltt 't-rl' rotttsl1i'cn ~t 6t. flilfiepen, QU~ i~ t' rem ~u4Sef,~forrtntlt lIi~t mf~r se~alttt, 'l'ie "u,~ei4IluJl9 '(Itl' Seun"',.r 3u h'Ag,n. §. Jt. t6tr bei 't'm UebuPSCIt t''Dt1- ki Qu",,~tlbrl&l ..!8rllnbt o.nt srnügtnbt ntf~tl'i9111l9 \lu.hl(i~t, OHr ~ct, fOll:jtclI 1.l1t. lIungd'Q.Iil'rlg belrQllt, Nn triift 't'it elrllfe l:tt $tliMiftf. !Dit't'tf~olt ~dt ofltr 'c-il~ untnlr~ull:'lstt "ll.bfdben o'rn' 'N~ otronung,.,i'nigt $dtLlSfn ,intl$ mitSti~~tG, ot'tr trlaubt et ~~ riut oritnt m.Hbuft~(iWhit glgtll 'ttie tll)ratft,ttlt, fl) fann feine ~u"i~HcÖllng nfl1l1nt w"r'o(II, §. 12. ~r( 'tCII lhbulIgtll f~\nlo~t, 01. ~ci '6rollbfoU~n trl1gt 't'it !RQrtnfd:oft 'oie '!Iitll~flthung, btpe~ftlt- au. tintr Stau .. frintnt. 30dt, 9fti~tll oftn, tlntm ~"llrA unb 'Ol~ 8'· ""i"I(tI (»Drld unb rinn; rntf~r~tn'ttll O\)fot'otdUng. '!liefe .!t(ri'tlung fd<affl ~~ ein ich. 'Wg1ieb auf cistne !Rt~nuns fdb,l an, nur 'otn ürtft !IIit haI th1.lil nol918tl1 etil o'cer ~ei" unb ~eit n9&U er Oll' ~er tlmin"llfft. §. 13 . .!lebtf !lHt9rit~ nhl~t ~~ Aur !8fJll~ttlnt:l rint. lnonill. li~tn 'lkitrllg' bell f e~. Str t u ~ t l' n 'Ocr(iln'o1i4 I .,tfl\lt in rl~~19~:rb~~~~~~ ~~r" ~~b j:~t ~:!~ti!~:9 t~:tl!i\l;:t~~4:!: j_trl, ""(~,, ... '0 .. (jj.r.Urdj.~ S ... dj!t .. i~. ~,,~:~~" 'l!bl1!.f"i.it r~'n el.a.",,,, .. , ~" 1I1!~It, e~ri~"" §. 3. 'l;!ic "r&til.tlIIQ;nl\ f~llft {\cf~\r9t 'Cit truflltUung btr bwtrlriletu, 10 \l)Jt ra. lIöl~i.s IUtr"t'eIl"t'C ~illrrigtlt unt> ~&s br~en \)on Ansrgrilftltfn ob" hbro_ten ~4ufi~tfittn. §. 4 • Tli. M~llun~I".unr~.~1 i.1 ~i, uflt_", <I. bt. 'or(\~kn ~tnr~fnttb(n unb %1l9rt1Jlft auf 'ctl\ breuntut-trt ~'brr~ .• an~optn'DtI1 QJtbl1\1r.tn ~(fIlUG 311 Irll:sell , bitftlbt- Oll ~~rh. ~t\l)ll~rIUl8'Qrle au bu&til1gtll un'O 'Oft !ID1l~utllnnr.~aft AU\' ~~aum~ti9un9 a" übergfOtll, ' §. Ö. 1)tr ~Qu~tutl'lnn, fo U)ie feilt 6teO\!ntrtttr ItIn'o n !.Ion rJou.llfi"m !Hitg1it't'trlt> gnt,lJ~U, Nsrgtn 11.111911 lebt lflbl9ti, lURg i'rm OOIttIlIUI unb btlftll !!teU'nftntn für ~~ arfrin~ I8ti ttl! WQ'ltn mUfftn 116cr \l)tni~pen. Awtl 'Drillt9dle M 6ttnlftnbtn 1ltitglit~rr IlIIU'tfcn'o ftm. S. 6. 'Dtt t)llupl*altll, ober "'tffen eteUbtrtrtftr, fiH;l'Itid rtu Ueba:~:r :::elll°lt:I~!t~t~~It'otn $8fllllbt orblnl « im $mflle; nlit Nm ~iir9mllti~tr bi. Aur l'htfut:lO ~tt .o6n'bl.1mtm ober btlfell t,U'Ontrder '01'1' !Röt~iSt on un'o ptnt p~ f1.l'c-IlIUl 'olm lt~ttt'tt iur tlnfüsung. §. 14 . • ur",~b1'f.its in 'oi. il' ••• "",~r in . j.b" ~i'~8~ ~in. .o,nn. 'tot" roo. ~~Qnai8Itt ~t&tn.ja~r tnti~t 94t un'O rin'" ullber~ohnt" Biufte glnitit. 'I>lt JHurna9tn'SfrU~t ~nb 41t 'otn .oQu~hnonlt au pcUtn, ~tU tintnttnbt 9Rtts(it'ttr 1O"~rn bon be.nl ~Qu~hnl1n" un'O hn O&m~nn"1t AU 'Mrjtlligrn lb· ~~~1~tlnt ,ti~~~t.~t: ;: ~~f~: i:':O!~~~:f~~t~:b ~:(i~; 't'ltftr !6qthnnmng o~nt ~'htrf'ot ~u fÜsfJt. §. I~ . '!Irr ~Qu~hnQnlt mit fQ.tIItnt1i~en p&nlännnn un'D tiner \l)titcrn (S:ommif11I)n ~Qn ~e&tn '!ll1.itgtitb~nt, bie bl)n r(imml~ . ti~cn !llitSlitbt1'lt AU Ilht9hn ~n'D, bf!'otn mit 3U~'if~UIIg: bH i81ritistu !.8ih9uulei~U' rinr" lRl1tij CStUmllt9 , ~d~tr über 'oie l!(tf8dtgtn~titltf ttt f;ßtft:Uf~QP au buat In un'O iU l.r~lI'i'" ~.I. .' 16. ~Q;tI, 3:::ei ~~~; bi~in;::ti!~~~rf(~itn:~t~~~t~l1:ri~~ru::;~~~t~ 1Inb, ~on btm tRt~lIer itbc.r t.it .Qkmrll'Duug 'ttt G)d'ett Wod.)" ",dfullg Sfl4t~fn wirb, and> nöl~i8fnroUd ~ie IStatuten bn· anbrtl obn nsän~t 1l'nbtn rolltn. . §. 11. Tll! nit~<s" ß'f~S"'t9f"'fl .. , .11 il'!U"li>ri~t. e~{äu~t. 'filUf I ~ulttn, ~tittTn unb SeUtr~Qdflt wtt'l'rll .on Mr G)tmrin'et 9t~tlfl unb n~1telt. S. t8. 13« .... 1(1<11. W.91 .. ~n' •• f jlO" 3*' Siltis • !IJ!'~lburs, 3'"u" lBö !. ~, :tlofffo.1I IIfr rotüJ,16u'6tr \lflIe""J". r ..... ,.,.· Die ersten Statuten der Mühlburger Feuerwehr vom Jonuar 1851. HAGEN BLUCK . EUGEN SINGER . HORST WEBER Erst Anfang des vorigen Jahrhunderts setzte sich allmäh lich die Erkenntnis von der Bedeu-tung freiwi lliger Feuerwehren übera ll durch. Nun wurde ihre vornehme Pflicht anerkannt, in Not und Gefahr das Hab und Gut des einzelnen wie das der Gesamtheit zu erha lten, vor Schäden zu schüt- zen und vor Ver lust zu bewahren. Vom Feuerwehr- mann wird eine gewisse Entsagung, eine große Hin- gabe an seinen freiwi lligen Dienst, ja sogar Aufop- ferung verlangt, wenn Menschen leben zu retten sind. Daraus erg ibt sich auch die besondere Stei- lung der Freiwil ligen Feuerwehr Karlsruhe-Müh l- burg und ihr Recht, ja ihre Pflicht, das 150-jährige Bestehen zu feiern . Das Hundertste fiel in die Nach- kriegszeit, als die Menschen mit den Alltagsprob le- men, vor allem der Lebensmittelversorgung und dem Wiederaufbau der zerstörten Stadt, beschäf- tigt waren . Im Gründungsjahr der Residenzstadt Kar lsruhe wurde für Baden-Durlach eine "Al lgemeine Landes- feuerordnung" erlassen, die u. a. von den Städten die Anschaffung einer Feuerspritze ver langte. In Karlsruhe stieß dies zunächst auf wenig Gegenlie- be, da die Bürger der Meinung waren, daß eine solche Feuerspritze von der Landesherrschaft zu bezahlen sei . Der Stadtgründer Markgraf Karl-Wil- helm setzte sich aber ba ld durch und erließ 1727 Die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Karlsruhe- Mühlburg 1 eine eigene Feuerordnung für die Stadt und den Vorort Klein-Karlsruhe. Die Müh lburger dagegen waren einsichtiger. Im Jahre 1754 bekam die Stadt Mühlburg ihre erste Feuerwehrleiter, die aus den Umlagen bezahlt wer- den konnte und 1806 die erste Feuerspritze, für de- ren Beschaffung die von Seldeneckschen Erben 400 Gulden und die Regierung 280 Gulden bewilligt hatten. Zur Bekämpfung größerer Stadt- und Waldbrände hatte schon im Jahre 1802 der Karlsru- her Stadtbaumeister Friedrich Weinbrenner die Bil- dung eines Feuerwehrkorps in Stärke von 400 bis 600 Mann empfohlen, das einem sachverständigen Kommando unterstellt werden sol lte. Obwohl diese Vorschläge in der Feuerlöschordnung von 1809 Aufnahme fanden, wurden sie doch lange nicht durchgeführt. Bei kleineren Bränden behalf man sich so gut es ging mit Feuereimern, gewöhnlichen Leitern, Wasserpumpen und Spritzen, die von der Nachbarschaft des Brandherdes und einigen frei- willigen Helfern bedient wurden . Die männliche Bürgerschaft hielt sich aber mit ihrem Einsatz durchaus zurück, obwohl bei jedem Brand Alarm zum Löschen geblasen und mit der Feuerg locke ge- läutet wurde. Nach wie vor bestand keine ausgebil - dete Feuerwehr. Eine Änderung dieser Zustände ging erst von dem schon seit ei niger Zeit an zwei Feuer- spritzen geübt hatte, sch loß sich so- Brand des großherzoglichen Hof- theaters am 28. Februar 1847 aus. Wenige Jahre zuvor hatte der Hei- delberger Spritzenfabrikant Karl "lIeHllin U"IU~' fort an. l{a\'lsruQt·mii~(bur9· Am 17. März 1847 war ein Korps - ....... -Metz 1843 eine Feuerlöschspritze '------...:..::....-------' auf den Markt gebracht, die von geübten, aufein- ander abgestimmt agierenden Männern bedient werden mußte. Ende Juli 1846 gründete in Durlach der Gewerbelehrer Christian Hengst ein Pompier- Korps, dem sich zahlreiche Mitglieder des ebenfalls gerade ins Leben gerufenen Durlacher Turnvereins anschlossen. Diese bedienten nun die moderne Stadtspritze der Firma Metz und gaben sich ein strenges Reglement. Als am 28. Februar 1847 durch eine unvorsichtig gezündete Gaslampe während einer Vorstellung eine Draperie im Großherzog lichen Hoftheater in Brand geriet und das Haus in Flammen setzte, fan- den 65 Menschen bei dieser Katastrophe den Tod. Zu dieser Zeit bestand in Karlsruhe schon eine Verpflichtung aller waffenfähigen Männer zum Feuerlöschen. Eingeteilt waren sie in acht Spritzenabteilurrgen, zu denen jeweils ein Vorste- her, zwei Ersatz- und 20 Obmänner, 46 Mann zum Pumpen, 24 zum Buttentragen und vier für die Handspritzen gehörten. Sie wa ren aber nicht so gut ausgebildet und geübt wie das Durlacher Pompier- korps. Dessen Eingreifen verhinderte das Übergrei- fen des Feuers auf die benachbarte Orangerie und führte den Karlsruhern vor Augen, wie notwendig auch in ihrer Stadt eine solche Einrichtung war. von 362 Männern entstanden. Die Mannschaft trug eine einfache gelbe Blechhaube, einen grünen Rock, in Schritt und Form wie die Bürgerwehr, mit grünen Epauletten, aber ohne Troddeln, und dunkelgraue Hosen mit grüner Biese. Gemahnt durch diese Brandkatastrophe, die hauptsächlich durch das Fehlen ausgebildeter Feu- erwehrleute und ausreichender Mittel zur Brandbe- kämpfung ein so ungeheures Ausmaß hatte errei- chen können, gründeten die Mühlburger ein Jahr später am 10. März 1848 die "Freiwillige Feuerwehr Mühlburg" unter der Leitung eines Ver- waltungsrates, in welchem der Kommandant die Führung hatte. Einberufer und Leiter der ersten Zu- sammenkunft und dann der Kommandant der zukünftigen freiwilligen Feuerwehr war der Mau- rermeister Si mon Pfeifer. Am 29. Dezember 1850 wandte sich eine aus zwölf Mitgliedern bestehende Kommission der "Feuerwehrgesellschaft in Mühlburg" an das groß- herzogliche Landamt mit der Bitte, die von ihnen ausgearbe iteten Statuten zu bewilligen. Die Gesell- schaft sei der Meinung, "obgleich sie aus lauter freiwilligen Mitgliedern besteht, ihre von der gan- zen Gesellschaft gemeinschaftlich berathene und entworfene Statuten, würden viel nachhaltiger Na- tur se in, wenn solche von einem großherzoglichen Freiwillige Feuerwehr Noch vor der Beerdigung der Brandopfer ergriffen mehrere Karls- ruher Bürger die Initiative, um ein freiwilliges Pompiers-Korps zu grün- den. Der Karlsruher Turnverein, der Karloruhe-MUhlburg Landamt sanktioniert wären, und bitten deshalb ein großherzogliches Landamt um hochgefällige Genehmi- gung der anliegenden Statuten." Das Landamt genehmigte die Statuten mit der Anmerkung, daß noch die Bestimmung aufgenommen werden müsse, daß in einem Brandfalle bis Freiwillige Feuerwehr ben, wenn sie Boules spielen: jetzt mach ich auch nicht mehr mit. Um diesem Übelstand aber vorzubeu - zum Eintreffen des großherzoglichen Oberbeamten der Feuerwehrhaupt- Karlsruha· MOhlburg. gen und abzuhelfen und um dieses mann gemeinsam mit dem Bürgermeister den Oberbefehl habe. Das Bürgermeisteramt Mühlburg erhielt die Genehmigung mit der Bemerkung zu- rück, "daß man aus dieser Vorlage mit Verg nügen die segensreiche Thätigkeit des Bürgermeisters Sut- ter ersehen habe und diese hiermit lobend anerken- ne." Im Januar 1851 wurde die Satzung als "Statu- ten der Mühlburger Feuerwehr" gedruckt und ver- öffentl icht. Wenig später wandte sich Bürgermeister Sutter an Markgraf Wilhelm mit der Bitte um finanzielle Unterstützung der Feuerwehr und betonte in seinem Schreiben den Einsatz seiner Leute : "Schon in den letzten 3 Jahren [bei] theils hier, theils in der Umgegend ausgebrochenen Feuersbrünsten hat unsere Feuerwehr ihren Muth und ihre unermüdli- che Thätigkeit bewiesen, daß ohne ihre Hilfe das Feuer viel weiter um sich gegriffen und einen viel größeren Schaden angerichtet hätte." Bitten dieser Art hatten durchaus Erfolg; Bürgermeister Sutter hatte wiederholt Gelegenheit, sich für Spenden zu bedanken. Knapp drei Jahre später, Ende Dezember 1853, schrieb Bürgermeister Sutter wieder an das Land- amt: "Schon seit einiger Zeit ist bei der hiesigen Feuerwehr eine gewisse Lauheit eingetreten und Wohlthätigkeitsinstitut nicht fal len lassen zu müssen, so hat der Gemeinderat und - ausschuß in seiner heutigen Sitzung zu der Verord- nung der hohen Kreisregierung vom 30. April 47 im Verordnungsblatt Nr. 10 seine Zuflucht genommen und darauf nachstehenden Beschluß gefaßt: 1. daß jeder hiesige Bürgersohn, welcher das Bürgerrecht anzutreten wünscht, oder ein Fremder, welcher hier als Bürger angenommen sein will, in- sofern er würdig und tauglich ist, ohne Entschuldi- gung nach obenerwähnter Verordnung in die Feu- erwehr einzutreten verpflichtet ist. 2. Will er solches nicht thun, oder er ist nicht tauglich oder nicht würdig unter dieses Corps auf- genommen zu werden, so hat derselbe 2 Kreuzer in die Feuerwehrkasse zu zah len und hat sich unter die Reservekorps einreihen zu lassen, welche nur im Ernstfall bei einem ausbrechenden Brande ver- wandt werden. 3. Um einen Fonds zu gründen, im Fall einer von der Feuerwehr bei einem ausgebrochenen Brand verunglücken sollte, eine Unterstützung verabrei- chen zu können, so soll jeder Bürger und Hausbe- sitzer angehalten werden, eine jährliche Leistung von 24 Kreuzer in die Feuerwehrkasse zu bezahlen. Zu diesem von uns gefaßten Entschluß bitten wir großherzogliches Landamt die Genehmigung ge- zwar darum, daß wenn das Bürger- meisteramt mit einem oder dem an- ,------------, fälligst erteilen zu wollen." Diese deren im Dienstwege nicht gerade nach seinem Willen verfügen kann, so machen es solche als wie die Bu- Freiwillige Feuerwehr Karlsruhe-MDhlburg Genehmigung erteilte das Landamt am 20. Juli 1854, und die Mühl - burger Feuerwehr war weiterhin ge- '--_________ --' sichert. Mühlburger Feuerwehrspritze aus dem Jahr 1855. Freiwillige Feuerwehr Mühlburg mit Uniformen aus dem Jahr 1855. In das Jahr 1860 fällt die Beschaffung und Ein- weihung der Fahne der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg. Am 26. August fand die feierliche Fah- nenweihe mit einem Festprogramm statt. Der Tag begann um 5 Uhr mit einem "Tagwachsigna l von der Musik der Feuerwehr" und endete mit einem Spaziergang an den Rhein. Das Fahnentuch aus weißer Atlasseide trägt auf der Vorderseite das alte Mühlburger Stadtwappen mit dem Wahlspruch der Feuerwehr: "Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr". Die Fahne wurde von den Frauen und Jungfrauen Mühlburgs angefertigt und gestiftet. Zwei Jubiläums- und Freundschaftsbän- der und ein goldener Lorbeerkranz schmücken die Fahne. Nachdem Mühlburg im Januar 1886 mit der Stadt Karlsruhe vereinigt worden war, führte die Feuerwehr den Namen Freiwillige Feuerwehr Karls- ruhe Abteilung Mühlburg. Kommandant war zu dieser Zeit der Maurermei- ster Friedrich Pfeifer. Der Wille zur Hilfsbereitschaft auch für die Angehörigen der Feuerwehr und der Ausdruck des Dankes all en Mitgliedern gegenüber ist aus der Tätigkeit der am 14. Dezember 1861 er- richteten Begräbniskasse der Feuerwehr Mühlburg zu erkennen. Es war ein vom Staate anerkannter Verein auf Gegenseitigkeit mit allen Rechten und Pflichten. Dem damaligen Vorstand Friedrich Pfei- fer und Wilhelm Weiß, Kassier Georg Kugel und dem Schriftführer August Müller ist es zu verdan- ken, daß die Kasse sich über alle sch lechten Zeiten, auch über die Kriegszeit 1870/71, wieder in bessere Tage hinüberretten konnte. Im Jahr 1876 hatte die Feuerwehr Mühlburg 178 Mitglieder, die zwei Fahrspritzen und eine Hand- spritze bedienten. Die Eingemeindung nach Karls- MÜHLBURG Jlufna~m.s }Mtuni}, r" ~c):. \ d~~-\t:~\.~\'e\ . ~ .. td".fc,\,;. ' _l'..&.n .Ln • .& t:.. .. t.:, ... -ULoW,r .. .f> J~, "\' .... _rt .... *'~ .. I" ... 1. !u._rr.j • -",,"w.G, •• <W.~".'" _ . .). ~) H"l~f~u~ k,,::1 el1Hif- Ism, Aufnahmeurkunde für den Goldarbeiter Friedrich Kahler vom 29. April 1870. ruhe hatte für die Feuerwehr über die Namensän- derung hinaus kaum Auswirkungen. Das Bezirksamt Karlsruhe teilte am 12. Februar 1886 dem Stadtrat Karlsruhe in lakonischer Kürze mit, "daß die Mühl - burger Feuerwehr wohl der Organisation der Karls- ruher Feuerwehr in geeigneter Weise wird einzufü- gen se in". Der Eingemeindungsvertrag hatte unter § 12 festgeste llt, daß es zweckmäßig sei, daß die Feuerwehren miteinander in ein durch eine Satzung geregeltes Verhältnis treten würden, wie dies schon mit den Feuerwehren der Maschinenbaugesell- schaft und der Eisenbahn geschehen sei . "Schwie- rigkeiten werden einer solchen Vereinigung in kei- Spie/korps der Freiwilligen Feuerwehr, Foto um 1900. ner Weise entgegenstehen. Die Stadtgemeinde wird dann der Mühlburger Feuerwehr-Abteilung diesel- ben Vergünstigungen zukommen lassen wie der hiesigen Feuerwehr." Die neue Satzung der "Freiwi l- ligen Feuerwehr Karlsruhe (Stadtteil Mühlburg)", die zu diesem Zeitpunkt 176 Mitglieder hatte, wur- de im Januar 1886 verabschiedet und in Mühlburg von der Druckerei Dannheimer & Mech ler gedruckt. In der Präambel heißt es: pflicht ist, hat sich in Mühlburg schon im Jahre 1848 ein Verein von gleichgesinnten Männern ge- bildet, welcher sich die Rettung des vom Feuer be- drohten Lebens und Eigentums ihrer Mitmenschen zur Aufgabe stel lt. Dieser schöne Entsch luß möge nie erka lten und die späteren Nachkommen zum regen Eifer entflammen. Es möge jedem Feuer- wehrmann stets zur größten Ehre gereichen, die- Freiwillige Feuerwehr "Von den Gedanken durchdrun- gen, daß gegenseitige Hilfe in Not und Gefahr, insbesondere bei Brandfäll en, eine heilige Bürger- Karlsruhe-Mühlburg sem wohltätigen, schönen Verein anzugehören und jeder sei stets be- müht, dem Wahlspruch unserer Fahne: 'Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr', wo es auch immer sei, Geltung zu verschaffen. Dieser Wahlspruch möge jeden aufm untern, die übernommene Pflicht jeder- zeit treu und standhaft zu erfüllen und die sich selbst gegebenen Gesetze pünktlich zu befolgen und aufrecht zu erhalten, was jeder mit Namensun- terschrift gelobet." Kommandant in dieser für Mühlburg sehr bewegten Zeit war der am 28. Juli 1848, also im Gründungsjahr der Mühlburger Feu- erwehr, geborene Friedrich Pfeifer. Der Maurermei- ster Pfeifer wurde in der Stadtratssitzung am 19. April 1906 wegen seiner 25jährigen Tätigkeit als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg beglückwünscht und ihm der Dank "für seine unei- gennützige Wirksamkeit" ausgesprochen. Zum Festbankett am 5. Mai in dem Gasthaus "Drei Lin- den" wurden die Stadträte Gabser, Roth und SchIe- bach gesch ickt. Pfeifer legte sein Amt Ende am 10. Januar 1913 aus gesundheitlichen Gründen nieder. Mit 31 Dienstjahren war er bis heute der Kommandant mit der längsten Dienstzeit. Er hatte seinen Einsatz für die Allgemeinheit gründlich unter Beweis gestellt. Der Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr war ihm zur zweiten Natur geworden. Können, Geradheit und Mut, drei große Tugenden, wiesen ihm bei der Führung der Mühl- burger Feuerwehr stets den richtigen Weg. Von al- len Seiten brachte man ihm eine aufrichtige Zunei- gung und großes Vertrauen entgegen. Er wurde deshalb auch beim Ausscheiden zum Ehrenkom- mandanten ernan nt. Kameradschaft stand bei ihm in hohen Ehren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Feuerwehr Mühl- burg ihr 50jähriges Bestehen bereits lange hinter sich. In den Tagen des 11. bis 13. Juni 1898 beging die Feuerwehr Mühlburg ihre 50-Jahrfeier. Beim Sebastian Rüssel als Tambour der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg, Foto um 1900. 'OIJ~Jmm " . "uln der Freiwilli~<m Feuerwehr K~r1sruhe 5 t a d tt h eil M ü h I bur g. Sl\lUstng, den 11. Juni 1898: Abend. 1/,9 Uhr: Zapfenstreich. Sonntng, den 12. Juni 1898: Morgens 6 Uhr : W eckruf mit Böllerschiessen. '/,8- 1/,n Uhr: Empfang der auswärtigen Gäste. '/,9 Uhr : Antreten in der Marktstrasse zum Festgottesdienst in den beiden Stadtkirchen. 9 Uhr: Festgottesdienst. '/, 11 Uhr: Antreten dcr hiesigen Feuerwehr beim Commandanten ; Abholung der Fahne und Abmarsch auf deli Festplatz. BcgrUssung der Gliste durch den Commandanten dnseibst. Hierauf Uebergabe der von Sr. K. H. dem Grossherzog und der Stadtgemeinde gestifteten Ehren?eichen und Medaillen an die Jubilare und Ueberreichutl{l der von Frauen und Jungfl·auen ge.tifteten Fahnenschleife. Mittag. '/,12 Uhr : Probe der hiesigen Feuerwehr am Steighause. " 1 Uhr: Festessen in elen verschiedenen Gasthäusern. NaChmittag. ß Uhr: Aufstellung sämmtlicher Feuerwehren zum Festzug vor dem ehe- maligen Rathhaus nach alphabetischer Ordnung. Festzug durch die Lnmeystrasse, Rhei nstrasse, Hardtstrasse, Markt- strasse, Rheinstrasse, Kaiser·Allee ulld zu rUck durch die Rheinstra. .. e und Sedan.trasse auf den Festplatz. - Festrede daselbst. Hierauf gesell ige Unterhaltung. Abend. 9 Uhr: Festball im "Gasthaus zum Hirsch". Montng, (len 13. Juni 1898: Morgens 11 Uhr: FrUhschoppen·Concert in der" We.. tendhalle". NaChmittags ß Uhr: Gesellige Ullterhahung auf dem Festplatz. Festakt vertrat Oberbürgermeister Karl Schnetzler (1892-1906) die Stadt Karlsruhe, die zur Deckung der Ausgaben einen ansehnlichen Betrag zur Verfü- gung stellte. Gefeiert wurde auf dem Lindenplatz. Samstag abends 20.30 Uhr Zapfenstreich. Sonntag, 12. Juni, um 6 Uhr war Wecken mit Böllerschüssen. Von 7.30 bis 8.30 Uhr Empfang der auswärtigen Gäste, hernach Festgottesd ienst in den beiden Stadtkirchen, Abholung der Fahne und Abmarsch auf den Festplatz, Begrüßung der Gäste durch den Kommandanten und Übergabe der von der Regie- rung und der Stadtgemeinde gestifteten Ehrenzei- chen und Medaillen an die Jubilare, Überreichung der von den Frauen und Jungfrauen Mühlburgs ge- schenkten Fahnenschleife. Anschließend fand eine Feuerwehrübung am Steighaus statt. Um 13.00 Uhr begann das Festessen in den verschiedenen Wirt- schaften. Der Festzug zog um 15.00 Uhr vom alten Rathaus durch die Straßen Mühlburgs auf den Fest- platz. Im Gasthaus zum Hirsch fand abends der Festball statt. Auch das 60jährige Bestehen der Feuerwehr wurde am 16. Mai 1908 gefeiert, wiederum mit fi- nanzieller Hilfe der Stadt Karlsruhe. Das Festban- kett war im Saal der Drei Linden, verbunden mit ei- ner Theateraufführung "Eine gefährliche Feuer- wehranzeige", bei der Fräulein Maria Schwab, Luise Bitterwolf, Friedrich Doldt, Karl Scheuerpflug, Her- mann Doldt, Bernhard Müller und Friedrich Joos m itwi rkten. Kurz nachdem Friedrich Pfeifer in der ordentli- chen Generalversa mmlung vom 9. Oktober 1910 zum Kommandanten und Wilhelm Weiß zu seinem Stellvertreter gewählt worden waren, berieten die Stadträte von Karlsruhe wieder über die Freiwilli- gen Feuerwehren. Sie beschlossen am 23. Februar Jl<Elt dem fe\lervre~rTfI3nn 2,5 j_thri!\l' vicnl't[cil'lunn "'" frelwdhgen feuerwe~r Ehrenurkunde für 25jährige Dienstleistung als Feuerwehrmann. 1910, daß die freiwilligen Feuerwehren der Alt- stadt, der Stadtteile Beiertheim, Daxlanden, Grün- winkel, Rintheim, Rüppurr und Mühlburg sowie der Maschinenfab rik und des Hauptbahnhofs zur Erzie- lung eines einheitlichen Vorgehens in Brandfällen und hauptsächlich im Interesse einer planmäßigen, sach- und fachgemäßen Ausbildung unter Wah- rung ihrer bisherigen Selbständigkeit in Verwaltung und inneren Angelegenheiten sowie der Stellung ihrer Kommandanten dem Karlsruher Feuerwehr- korps gegenüber als weitere Kompagnien sich an- zuschließen hatten. Mühlburg erhielt die Bezeich- Das SOjährige Jubiläum der Mühlburger Feuerwehr 1898 nung 5. Kompagnie. Oberkommandant war der Kommandant der Altstadtkompagnie. Nachfolger von Pfeifer wurde der bisherige Stellvertretende Kommandant Zimmermeister Wil - helm Weiß. Maurermeister Ferdinand Doldt wurde neuer Zweiter Kommandant. Die Feuerwehrleute setzten sich aus allen Schichten der Einwohner- schaft zusammen. Das Übungshaus (Steighaus) stand in der Hardtstraße, gegenüber der Firma Wimpfheimer, auf der früheren "Kohlplatte" (Zin- ken). Es mußte bei der Erschließung neuen Bauge- ländes als Hindernis weichen. Die Feuerwehrübun- gen fanden jeweils samstags in den frühen Abend- stunden statt. Die Bevölkerung Mühlburgs nahm regen Anteil daran, denn die Übungen waren ein Ereignis für jung und alt. Es gab zwischendurch auch große Generalübungen, die recht volkstümlich waren. Besonders für die Jugend schienen sie eine nie versiegende Quelle von Vergnügen, wenn ihr zuliebe ein Wasserstrahl aus den Rohren daneben ging und die Zuschauer "getauft" wurden oder wenn die Mannschaft nach Verbringung der Geräte ins Spritzenhaus, sauber ausgerichtet und im Marschtempo in einem der Wirtshäuser ver- iireiwUUge iieuerwel)r j\atlsru~e=!Dlü~lbutg Übungslllan 3u ber nm Sal1l5tag, ben 16. !lIlal 1914, alienbs '/, 8 U~t am <BeMube bes <Baltgaules 3 .• 'llb[er" in ber i!ameqltraae !Jlr. 3 ltatt~nbenben I. ßauptübung. 'D" bi"la~rlg,n lfr1lbla~T5prob. 1I.gl bio :lb •• au 0TUnb., bob In bem binteren Wnbau b .. 0all~aul's lum • 'llbl,,' , in wol<l).m Im 2. Stodt .in, !!!ß~n. aufg.I<I)lag.n war, lf.u" an.g.brod).n Iit unb In !folg. b.. l)errf<l).nb.n lIark.n SUbw'ltwlnb .. 10 raf<l) Um lid) grln, baß bis lum IElnt"n.n ber 1f.u"w.~r, ber ~Int." :t.1I In !flamm.n flanb. IE. 111 oo~" mit all.n ""IUgOO"n Jlrö~.n babin IU roirk.n, bab bit "orberen 0.böub. lowobl, alo aud) bit In b'T IDlnbrld)tung Ii.g.nb.n 0.böuli<l)k.lt.n bot 'llad)barld)aft g.I<I)Ubt w"b.n. ('!ler Soal war t.llw.il' mit 0ölt.n b.l'bt.) 'Der 'lIngriff erfolgt luer\t lugw.II., rool<l).m .In 0'lamtangriff fid) anl<l)II,&1. '110<1) b.m Signal ,'Das 0ana' - Soll" finbe! .In 'llunbgang iur !!I'II<I)lIgung ber .Ingcnomm.n,n St.llung.n unb Ib" IDirkung.n \tatt, IU ro.I<I).m bio lEing.lab.n. n fid) b.m llommanbo anld)li'b,n rooll.n. - 3'" !!Ierfolgung b.s 'lIngrlffs bitt,n mir 2luflt.llung g.g,nßber b,m Qlall~aus ium . 'lIbler' !U n,~m,n . ~as .ftommanbo :I. ~. 3'erb. 'DO[bt - 'DIent a[s <fln[abung - 'lI. mUlIer. schwand, um dort nach ihrer Meinung weitere Lö- schübungen durchzufahren . Da li efen die Buben nebenher, und manches Scherzwort f iel dabei zwi- schen Vater und Sohn. In schönster Harmonie ver- liefen die Familienunterhaltungen, Weihnachtsfei- ern und die stets überfüllten Feuerwehrbä ll e. Die "go ldene Zeit" der Feuerwehr Karlsruhe-Mühlburg dauerte bis August 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Manche Männer mußten Heim, Herd, Fa- milie und den Arbeitsplatz verlassen. Wo all es in Bewegung war, gab es auch in der Besetzung des Kommandos eine Änderung. Am 14. Januar 1915 rogramm ~ 60-Jdhrlgen Stlitungsieler ~ de. ~Tetwlfltgen ~euerwehr Karlsruhe·mOhlburg am I &. mal 1908. t. m".ÖI. t . [lied 1 .. mQltllRod\t" (e:GSIDo.Wec!erttMnz). s. Beart~Wl9 dllldl KomtnonÖGIlt Sen Fr ltdrldt Pfeiler • •. mldllt. S. Prolos. gelprodll:n POn Hem K CI n n 6. tdtel l .. moleutog" (~rQnguertln Froltllnn). 1. Tbea' ...... lHIkr ..... : "Etne ge!~hrltdie feuerwehr·Bnzelge" lIelh:r der auffllhrung : Kameraden Fronz ,GgeT und !louis mtluer. mllwlrlltnftl 'mltll! 111 111. S4l 1ll. " ,,-.. au .... D. I. 1. M Inlu Ill lluIII.IL .. llu.'lItl IIU Uu . II_ 'M trl",'d! O. UL _ fll t lhl<ll 'n .. s. muhll. 9. (1I1d I " tief 111 die milhle ptrli:tlnelt" (Gelangverein eintred\l). 10. Turll,rlkb, BunUbrulIg, eusge/ahrt lIon ßWglledern dH T\lrn\lerelns rnQhlburg. 11, muDII. I!. bllMl: .. Bergmanns Bulfohlt" (e:nslnOoWedetiretlz). IS. muDir, 14. bild I Q, .. Dos ptrloßeAe mOgdlflo". b. Die Ver[a[[ent" (li3eloll.Qocrein rrobAnn). IS. muDir. 16. laltd : .. Die Weil 111 10 fonn.la. lo wunderiMn" (3ektIl,jUClCIn elnh'adll). trat der bisherige Kommandant, Zimmermeister Wilhelm Weiß, zurück und Maurermeister Ferdi- nand Doldt wurde in der ordentli chen Generalver- sammlung vom 10. Januar 1915 zu seinem Nach- folger gewäh lt. In diesem Amt bl ieb er bis zum 2 April 1919. Die Generalversammlung vom 16. März 1919 bestimmte Architekt Friedrich Pfeifer zum Kommandanten und Bl echnermeister Friedrich Golling zum Stellvertretenden Kommandanten. Durch den Krieg 1914/18 und se ine Nachwir- kungen schien das In te resse für die Feuerwehr nachzulassen . Doch die Mühlburger Feuerwehr- KARLSRUHE.MüHLBURG, 25. April 1923. Unter höfl Bezugnahme auf das 8ngeschlossene Programm beehren wir uns. Sie tu unserer tim StlmstDg, den 2 und Sonntag. den 3. Juni stattfindenden Feier des 75 jl1hrigen Bestehens ergebenst emzuladen, Von grösseren festlichkeiten muss. dem Erost der Zelt entsprechend, Abstand genommen werden Wir werden aber dennoch bemUht sein. dem bedeutungsvollen Ereigniss In wllrdlger Weise Ausdruck tu verlelh6n Beiliegender Fragebogen wolle bis längstens 15. Mei en uns zurl.ick. gesandt werden Wir wUrden es uns zur Ehre rechnen, Sie bei unserem Jubelfeste begrOssen tu dOrfen und zeichnen mit kameredschaftllchem Grussl Das Kommando: Fr, Pfe ifer W Keul männer wollten lieber sein als scheinen. Der alte Geist der Mühlburger, zäh und ausdauernd, über- wand alle Hindernisse. Nach Besserung der wirt- schaftlichen Verhältnisse und der politischen Zu- stände wurde wieder unermüdlich und mit Erfolg in und an der Feuerwehr gearbeitet, so daß am 2./ 3. Juni 1923 das 75-jährige Bestehen gefeiert wer- den konnte. Im Festsaal der "Drei Linden " fand das große Bankett mit Ehrung verdienter Kameraden statt. Am Sonntagmorgen um 6 Uhr war großes Wecken, nach Empfang der auswärtigen Gäste um 8.30 Uhr Gottesdienst für beide Konfessionen und um 11 Uhr eine große Angriffsübung auf die "Alte Mühle". Nachmittags 15 Uhr begaben sich die Feu- erwehren und mit ihnen fast die ganze Mühlburger PROGRAMM SAMSTAG, DEN 2. JUNI Abends 8 Uhr: Banketi mit Ehrung verdienter Kameraden im Fest· saele "Zu den · 3 Linden", MUhlburg (Besonderes Programm). SO NNTAG, DE N 3. JUNI Morgens e Uhr: Weckruf. Von B Uhr ab: Empfang der auswärtigen Kameraden. Vorm, '~g Uhr: Gottesdienst beider Konfessionen. Vorm. 11 Uhr: AngriffsObung an der alten MOhle. Nachm. '~ 3 Uhr: Aufstellung vor den "Drei Linden". Abmarsch nach dem Friedhof zur Gedenkstein -EnthOltung for die gefallenen Kameraden. AnschlieBend Festzug durch MOhlburg. Endziel "Drei Linden". (6emot· liches Beisammenseinr- - -. Abends 8 Uhr: Fest·Ball im Festsaal der "Drei Linden", ·:::::E!iiiiiiii?1:::::· Einwohnerschaft auf den Mühlburger Friedhof zur Denkmalenthüllung für die gefallenen Kameraden . Anschließend bewegte sich unter einem wahren Blumenregen und unter herzlichen Zurufen und Winken ein stattlicher Festzug durch Mühlburg. Ihm schloß sich ein gemütliches Beisammensein der beteiligten Wehren an. Am Abend vereinigte alles ein glänzender Festball. Wie sich die Wehr in Not und Gefahr überall und stets uneigennützig ein- setzte und sich in jeder Hinsicht bewährte, so ver- stand sie sich durch gesellige Unterhaltung beliebt zu machen. Sie erfreute sich großen Ansehens und hatte viele Freunde unter der Bevölkerung. Die au- ßerordentliche Generalversammlung vom 12. Ju li 1924 bestimmte Schreinermeister Adolf Doldt zum Kommandanten, Mechanikermeister Karl Pfeifer zum Stellvertreter und als Gerätewart Fritz Gram- bacher. Daß die Mühlburger Feuerwehr zu feieren verstand, bewies sie auch 1928, als die Stadt Karls- ruhe zur Feier des 80jährigen Bestehens wieder ei - nen Beitrag zur Deckung der Unkosten stiftete. Abends fanden sich Wehr und Freunde im Saal der "Drei Linden" zu einem Bankett mit auserlesenem Programm zusammen. Im Jahr 1929 kam es zu einer gewissen Unruhe in der Mannschaft, als in der Presse darüber speku- liert wurde, daß die Altersgrenze für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren herabgesetzt und die Mannschaftsstärken auf 50 begrenzt werden soll - ten. Der zuständige Bürgermeister Hermann Schneider konnte diese Bedenken allerdings aus- räumen. Die Vertreter der Mühlburger Feuerwehr nutzten aber die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß ihre Wehr "noch Pferdebespannung habe, was heute etwas vorsintflutlich anmute." Auch hier ver- sprach Schneider Abhilfe und stellte die Beschaf- fung von zwei "Schnelllastwagen" in Aussicht. Tat- sächlich erhielt man auch einen solchen Lastwagen, den man aber ein Jahr später für nicht ausreichend hielt und um Beschaffung eines weiteren bat. An- laß waren Differenzen zwischen der inzwischen ge- gründeten Karlsruher Berufsfeuerwehr über den Einsatz von Geräten und der Art der Übungen, die aber rasch ausgeräumt werden konnten . "Einträch- tige Zusammenarbeit zwischen Freiwilliger Feuer- wehr und Berufsfeuerwehr soll vornehmste Aufga- be sein" lautete das Ergebnis. Als der Kommandant Adolf Doldt Ende 1931 starb, gab es am 31. Januar 1932 einen Führungs- wechsel. Nun wurden Karl Pfeifer zum Komman- danten und Malermeister Gustav Doldt zu seinem Freiwillige Feuerwehr Karlsruhe - Mühlburg 1848' ._._ ••.. _ ..... l .B..Q .. I 1928 Fest-Programm z u d ~ m ttm SamS l tlv. dt n 18. AUa U&f 1928. a bt nd s B Uh r. Im Pu l &lI al e ZIJ den . Drel L i nd en" MUhlburg, sf flllfi nd t nd en fESTBANKETT zur Feier des 80 jl:ihrigen Bestehens M ITWIR KE ND E : T urnverein MlihlhUl'V (1861), OUlInllvenln Prohsinn MUhlburv : eint Ableilunll der KlIrlaruhtr PeutfWt.hrlu'ptlit 1. roulmorsd\ .,. ... ßdltr i. Quvtrlurr :r:urOpcr . Martka" , .. .... ..... rtolOw lI. M8nntrdlor: .. Weiht des OtNng.- . . . .. Mourl .... Bqrill)unll dllrm den I. KommalMionlcn &. Polpoun"l aus .PlmmlOua" . . , . • SImilI> 6. Prolog, Fr! UeN Ooldl 7. Ehrunv dtr Jllltl illre. 0) RtlJltruolf. b) S, ... d' a. I iandtlUbunrtn der ManlM!rri~ ; LeUun, 0. DoId 9. Sirentnuuber, Wal",r . . . Waldltukl 10. MUnotrdlor : . Waldmaonahel'" .... ß.IroulMn" 11. RtlVtn der Tumerlnncn: leITung PrlO e rb 11. huermeno .....•...• . . Slork I&. Dackrumtn dtr 'rLlmtr ; LtUunt H. Drdklufl , ... T.nll't~ .. Mr TurntrlnMn; LAhunw rrlt erb ,I. Schlu&mllrsdl . . . . . . . . . Rhode FESTBALL Pmvrllmme om Sanlelllg'anlJl PTowremm-Aendt:runwen vo, bthallen l Stellvertreter gewählt. Pfeifer hatte im Vorfeld an- gekündigt, daß er ein besonderes Augenmerk auf die Wartung der Geräte legen werde, zu denen auch eine Motorspritze gehörte. Die Freiwillige Feuerwehr Mühlburg verfügte als einzige freiwilli- ge Wehr über eine solche Motorspritze vor Ort. Der erste Kommandant, der am 25. Oktober 1934 auf- grund der veränderten Machtverhältnisse im "Drit- ten Reich" nun von Staatswegen, dem Ministerium des Innern, in sein verantwortliches Amt eingeführt wurde, war Wagnermeister Alfred Wenner (senior), der langjährige Korpssprecher, unter dessen rühri- ger und verdienstvoller Leitung die Wehr sich wie- der festigte und weiter ausgebaut wurde. Sein Ver- treter war der Gärtnermeister Hans Trede. Anläßlich crreiwillige CfeuefIDehr CJ(tJrlsruhe-CJ)ur/tJm e. CU. fM8 9/ht./lung CJ(DrI.,uh.- ']rlühlhurg f938 ~_.poo1!1.I~' t () • • ')~Jn NJI '.IV 9(.,"""'.J..'5. fj.N'o.:M 5tablD(lrlooliung 22.1U1.19l8 Rorlnuh. 9(ameradschajis- und 9(relslre/fon _ ~n!" J.4 gtJ-JlINt".. '&.sIrhMu 11M ~M"Iu", 9f1JT1MU/J.-'.JtWJ6." Dm 1J, und 14. ~ugtJJl f9Jd /11 CXn,IJTulN~9r1t1hlhUfg. 'lJf# rr,.,.,/I/I,. q;,u.~!Jr 9(4,tu.J»..Cb,,,ktJ, I. cu. t;I!' ''futlf '>h1H!11f1l HvbI 4IJr 1J. Im' 14. t;fllfuj/ J.8. all q"" J~ 90 jdhrl~ ~fhl-II. ~ .naIIM IUU. 9b,., l1~h cw,br", a.H_ CXttlMMflddftm.ff'" ""I/I/4dt., Hf nltb.m 1111. l"ofW ~11_1II' IItNPftb" .mJ. _11" .Ik 9(_"41,,, i'#'J 8nl.,.g, W", _M". ~/lf aN Cffjlfol,. wt./f .tr H.toIIlJ", brn /l1It! A/If'1f unJ th" MI/Hllftltkn rr,~ Ah .JPd1N1,M .3O.8ull J. 8 . .,,,_rifM. ~I .o,d, UM 1"-. mIII "n, 'J(_,MIm H"."jtm t# dir,",. WH 1:_~/khM Q"'jJl ?frflC)IIIJ,d 91/fr~ CZ1h'/ll~r !l(..:::::;::.. .. NB ..u,. .... ~~"H~a..-...-- .... --- .,..,. t}J.6r.. fttr ... ,-AtIIti. t:'*"-t .w ........... oa.... -....",. des 90jährigen Jubiläums wurden in Anbetracht ih- rer Verdienste um die Wehr, Kommandant Alfred Wenner, zum Ehrenkommandanten mit Beibehal- tung der Führung der Wehr und sein Stellvertreter Hans Trede auf allgemeinen Vorschlag zum Ehren- mitglied der Feuerwehr ernannt. Von ihrer Anlage her war die Wehr politisch neu- tral. Dennoch mußte sie nunmehr unter den gege- benen Verhältnissen und durch die ständigen Ein- griffe des Staates im Laufe der Zeit eine Wandlung in ihrer Organisationstruktur erfahren. Im Jahre 1937 wurde auf höhere Anordnung die noch ver- bliebene Selbständigkeit der einzelnen Wehren auf- 9(ameradschaf!s- und 9(relstreffen d,.., $itnJ# d" fXJ-j4/Jrl/IfM ~«-.J rJ., 5f!/IrlIrm, 9(tHl"'II"'~ 9If11h1/Ju" rkr rrrrllJlI/f,." Cf",,,,,,,,,,, 'XtrfMUN-ttJurlMD •• 'lJ. <,m 1J. und 14. 91ugllJI 19Jd In 9(afIMuh". g;"'hlhufg Cfesfordnung: 7"'14" d", 12. ~/I/{U4I 19Jd IIIHttrh I/.g ClJh, ,. ~nflfhnlM j.I"/1J,, 7/~ht&Wlli J..,u.". tiM 1.1 ~ 1;.1c7 Htnrh 'li g ClJIH "" 7H1&M/ rJ" .• J ~". 91bHrr,"./4 14 CfesfbtJnkeff C)t11/ID/rk.nrN , ÖJ/ffIJ~/I'PI'/" ~I/ ?lall", JI, 9rl1hI6u,.,., (}NrutplnI"", crllrn"Mhojl. _" a.., <ft'Ofllpt/vfkotp,t du t;if,HII'rf~ltIHnl, 35. ?ftHUrub. tim" 8«111116 _ CM-1I4Ik-"'tr 'X/f.JlJbdt 11M J,.. ~"""d/iR J" t;l},htlluIfI 9tliJb/iJM'i a.-t'f"rtIDIIl1fl"tq,." .. IN. ÖotflfllJg. IhM 14. ~/lgwJ 19.Jd '1.1 q}b" 9ro~ '7/),d,n, ~ _ ~IlfJr 7t~""'7 ___ -' V,.,mri~ ., SlrlIH.,.,.,..,.. !Irr. 3J. __ ...... ~ ",.q" .... ..,_~ClI. s.".J.. " ClJIH, fAll,""" _ am~ ~/I' r;t/tJlI-&,.. '1.9 CU"" ''''''Ift_bn''tf auf _ 'T'MJIIo/ '1,10 CU"" 9(m.Hotlllfi '" "*' qu..,,.,.JbtJ/I. '/.11 CU"', ~",,,ItnJ,, ~fIIllI' 'l}h,lllfl_ fJ,rA!th4114, ?it!,J/~f,. 11 CUh" (;I'Oß, &Dn/llhlllli DIll I'/JtJ1I},/ott 9(,,,,J,,fllfn (ÖOIIII"' · Cfi/J- /IIltI - ÖI'lIhnMUljIt. 9t/tI.Nrlt ... ~, ~ .... 'DwW, 7Mritf-t,W "'- ~~~ ~~,C)"""'~-',.,t~"'Sf"""'" ~.--.~ ~ Jtr'1}htmf~.JI! dir "" Jrrq}AIuw ltif,,~ CWt'-r. ~ 5ilu/lhllungd" ~ m a.r~lInlHldt"/HIIIfIr q)orhttl.NMh. 3 ClJhr , 96"""Jd1 d" qzJ,MII '"' t;lu/,lffw/IfI tJIif rkm rrlhd"pln!- %chh" 'QJd1f~lI" $f6",lfmiJ Jgr "IJ)J,,,,n 11/ J" ot,,J,ttJ""1f 801r1l1# Ium ,,,,,1f11tfJ.n '!JtI<Nflllltl,nlJlfrr. '/,9 CUb" (;l'OjJn ?'III~II /}f "' .. 3 BI"thn ... ~q'~"9rIJ/~%Jj gehoben und diese zu einem Korps "Freiwillige Feu- erwehr Karlsruhe-Durlach" zusammengesch lossen. Innerhalb dieser Feuerwehr konnte von einer Selb- ständigkeit nur insoweit gesprochen werden, als die einzelnen Abteilungen ihre Verwaltung ohne staat- liche finanzielle Hilfe durchführen konnten bzw. mußten. Allmählich wurde die Wehr zu einer Poli- zeiexekutive besonderer Art. Alle diese Erscheinun- gen in der staatspolitischen Führung stellten auch den Wehrbetrieb zwangsweise um. So wurden z. B. die Wehrmänner zu Luftschutzübungen herangezo- gen und überhaupt dem Luftschutzdienst zugeteilt. Führung und Wehrmänner hielten aber fest an der Jubiläum 1938, Vorbeimarsch der Mühlburger Feuerwehrleute on dem Kreis feuerwehrführer. alten Tradition, so daß im Jahre 1938 in größerem Rahmen das 90jährige Jubiläum gefeiert werden konnte. Eine groß angelegte Übung am "Nord- stern"-Wohnblock vereinigte die Mühlburger Feu- erwehr mit denen von Grünwinkel, Daxlanden, In- nenstadt, Durlach, der Wehr der Sinner AG und der Berufsfeuerwehr. Eine Abteilung der Baden-Bade- ner Wehr führte die damals neu aufgekommenen Lanningerrohre vor, die auch auf die Zuschauer ei- nen großen Eindruck machten. Das Ganze aber bot nicht nur ein prächtiges Bild, sondern war zugleich eine Leistungsprobe jeder der beteiligten Wehren, die allerseits volle Anerkennung fanden und reiches Lob ernteten. Lange Zeit danach wurde noch davon gesprochen. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs leisteten die Männer der Feuerwehr ihren Dienst bei der Wehrmacht sowie beim Sicherheits- und Hilfs- dienst. Viele von ihnen sahen ihre Angehörigen und die Heimat nicht wieder. Der eigentliche Feuer- wehrbetrieb lag fast völlig darnieder. Durch den Tod des allgemein beliebten Kommandanten Alfred Wenner (senior) durch eine Rauch- und Phosphor- vergiftung bei den Löscharbeiten im Rheinhafen und infolge Ausscheidens des Stellvertretenden Kommandanten Hans Trede aus dem aktiven Dienst Löschübung am Nordstern, Fata aus "Der Führer" vom 15. August 1938. Aus der Übung wird der Ernstfall. Löscharbeiten noch einem Luftangriff in der Rheinstraße, vermutlich noch dem Angriff vom 4. Dezember 1944. wegen Überschreitung der Altersgrenze war Ende des Krieges die Wehr ohne Führung, da der damit beauftragte Alfred Wenner, der Sohn des verstorbe- nen Kommandanten, eingezogen war. Im Herbst 1945 beauftragte die Stadtverwaltung den kommissarischen Leiter der Berufsfeuerwehr, Hauptbrandmeister Julius Seiler, die Feuerwehren der Vororte wieder neu aufzubauen. Im Benehmen mit dem Leiter der Bezirksstelle Mühlburg wurde Georg Merz mit dieser Aufgabe betraut. In uner- müdlicher, gemeinsamer Arbeit mit Kamerad Seiler, der seit dem Jahre 1948 das arbeitsreiche Amt des Schriftführers versah, gelang das Werk trotz aller schwierigen Verhältnisse. Die alten Kameraden hat- ten, was verständlich ist, kein In teresse mehr daran, als aktive Feuerwehrmänner mitzumachen. Viele von ihnen hatten auch die Altersgrenze erreicht. So mußte in mühevoller Werbung und Kleinarbeit um jeden Mann gerungen werden, um ihn für die Feu- erwehr zu gewinnen. Kamerad Merz, der keine Mühe scheute, hatte es durch sein gefälliges Wesen verstanden, sich einen willigen Mitarbeiterstab her- anzubilden. Dazu gehörte viel Mut und volles Ver- trauen, um so mehr, da die elementaren politischen Ereignisse die Kulturarbeit der Freiwilligen Feuer- wehr zu ersticken drohten. Das seit 1848 verfolgte Ziel war jedoch nicht aus dem Auge verloren. Aller- dings hatte die rührige Stadtverwaltung das Ihrige getan, war den freiwilligen Wehren zur Seite ge- standen und hatte ihnen geholfen, soweit es in ih- rer Befugnis und auch in ihren Mitteln stand. Das soll hier nicht vergessen werden. Zu nennen wären als treue Mitarbeiter von damals die Kameraden AI- fred Wenner, Karl Eiseie, Marcel Friedmann und Fritz Grombacher senior (t 2. Januar 1958). Im Lau- fe von drei Jahren stand die Feuerwehr Mühlburg wieder auf festen Beinen, so daß im Jahre 1948 das 100-jährige Jubiläum gefeiert werden konnte, al- lerdings sehr bescheiden, da die Folgen des letzten Krieges noch täglich zu spüren waren. In folge hohen Alters mußte in diesem Jahre Kommandant Georg Merz sein Amt einer jüngeren Kraft abgeben. In Würdigung seiner Verdienste wurde er in einer außerordentli chen Generalver- sammlung am 2. August 1948 zum Ehrenkomman- danten ernannt. Sein Nachfolger wurde der schon seit über 20 Jahren dem engeren Verwaltungsrat als Schriftführer angehörende Alfred Wenner, stellver- tretender Kommandant Emil Pertzborn, Schriftfüh- rer Julius Seiler und Rechner Marcel Friedmann. Die Zeit verging in rastloser Tätigkeit. Veranlaßt durch berufliche Inanspruchnahme schied der stellvertre- tende Kommandant Emil Pertzborn aus. Seinen Platz nahm Richard Rastetter ein. Das 105-jährige Bestehen wurde wiederum in ganz schlichtem Rah- men abgehalten. Als Übungsobjekt diente die alte Brauerei Seideneck. Es nahmen teil die Wehren Grünwinkel, Daxlanden, Knielingen und die Berufs- feuerwehr. Wieder bewiesen die Wehren ihr großes Können. Dank der Unterstützung der Stadtverwal- tung konnte der Geräte- und Fahrzeugpark weiter ausgebaut werden, so daß nach Abschluß des Be- richtsjahres die Wehr über folgende stadteigene Fahrzeuge verfügte : 1 LF 25, 1 fahrbare Lafetten- spritze (neueres Modell) TS 8, VW und 1 Drehleiter mit 20 m Steighöhe. Richard Rastetter trat im Laufe des Jahres 1956 von seinem Amt als Stellvertretender Kommandant zurück. An seine Stelle trat der bisherige Rechner, Marcel Friedmann. Das 110-jährige Jubiläum wurde in großem Rah- men gefeiert. Die reichliche Vorarbeit, die durch Feuerwehrübung anläßlich des 100jährigen Bestehens 1948 bei der Malzfabrik Wimpfheimer. Feuerwehrleute und Zuschauer in der Hardtstraße auf der Höhe des Gasthauses "Jägerhaus" Kommandant Wenner, Schriftführer Seiler und den stellvertretender Abteilungs-Kommandanten Fried- mann in Zusammenarbeit mit Herrn Eugen Singer geleistet wurde, ermöglichte es, eine Festschrift herauszubringen, die über die Grenzen von Karlsru- he hinaus Interesse und Anklang gefunden hat. Der erste Festtag (Freitagabend) galt der Ehrung unse- rer in den letzten Kriegen und in der Zwischenzeit verstorbenen Kameraden. Um 20.30 Uhr versammelten sich die Kameraden der Wehr und der eingeladenen Wehren, Gäste und Abordnungen der Mühlburger Vereine sowie zahl- reiche Zuschauer beim geschmückten Ehrenmal auf dem Mühlburger Friedhof. Als Vertreter der Stadt war Bürgermeister Dr. Franz Gurk erschienen. Die Feier wurde umrahmt von der Harmonie-Kapelle und der Sängervereinigung Mühlburg. Pfarrer Schuchmann hielt die Gedenkrede. Kommandant Wenner gab den toten Kameraden in einem Nachruf das Versprechen, ihr Wirken stets in ehrender Erinnerung zu halten. Unter den Klän- gen des "Guten Kameraden" wurde zum Abschluß ein Kranz am Ehrenmal niedergelegt. Dem Eggen- steiner Spielmannszug folgend, marschierten die Teilnehmer zum großen Zapfenstreich auf den Flie- derplatz. Dies sollte ein Ausdruck, ein Höhepunkt, der Ehrung der gefallenen Kameraden sein. Bürgermeister Dr. Hermann Otto Ball und Brand- direktor Farrenkopf, Stadträte und Major Spiel- mann, gaben durch ihre Anwesenheit der Feier eine besondere Note. Für den, der dabei war, wurde es zum unvergeßlichen Erlebnis, zumal es der erste große Zapfenstreich war, der hier in Karlsruhe nach dem Kriege durchgeführt wurde. Am 5. Juli trafen sich die Gäste und ein großer Teil der Bevölkerung auf dem Fabrikgelände der Firma Metz zu einer Ernstfall-Einsatzübung. Im Zu- sammenwirken mit der Berufsfeuerwehr Karlsruhe und den freiwilligen Feuerwehren von Grünwinkel und Daxlanden sowie dem Roten Kreuz Daxlanden wurde unter der Gesamtleitung von Branddirektor Farrenkopf diese Einsatzübung durchgeführt. Mit Sachkunde verfolgten Bürgermeister Dr. Ball, Re- gierungsrat Hein vom Regierungspräsidium und die Kreisbrandmeister von Karlsruhe-Land und Wein- heim diese Übung. Bei der anschließenden Kritik war man sich einig, daß die Übung durchaus gelun- gen war. Der Abend verlief angenehm bei einem harmonischen Beisammensein mit den Mühlburger Vereinen. So brach der Sonntag an. Um 8 Uhr war gemein- samer Kirchgang beider Konfessionen. Danach be- gann um 10.30 Uhr der große Festakt im Rhein- gold-Filmtheater, da ein anderer Saal nicht zur Ver- fügung stand. Der Raum war dem Charakter des Festes entsprechend mit Blumen und Lorbeerbäu- men ausgeschmückt worden. Nach Begrüßung der Gäste durch den Kommandanten Alfred Wenner war schnell der Kontakt mit allen Teilnehmern an der Feierstunde hergestellt. Die musikalische Um- rahmung wurde von der Harmonie-Kapelle unter Leitung ihres Dirigenten Pfortner und der Sänger- vereinigung Mühlburg unter der Leitung von Rek- tor Feil gestaltet. Altstadtrat Müller, der Vorsitzen- de des Badischen Sportbundes, hielt die Festrede. Er sprach darin den Dank an all diejenigen aus, die sich in uneigennütziger Weise als Idealisten zum Wohle ihrer Mitmenschen in die Reihen der Freiwil- ligen Feuerwehr gestellt haben. Bürgermeister Dr. Ball übermittelte als Dezer- nent der Feuerwehr die Grüße des Oberbürgermei- sters und der Stadtverwaltung sowie des Gemein- Alte Kameraden : von links Reitze (Abt. Kommandant), Wein eich, Böttcher (Stellvertr. Kommandont], Klausmann, Eder. Schötzle, Kaufmann derats mit dem Wunsche, daß das hohe Idea l des Dienstes am Nächsten auch in Zukunft Leitspruch für die Freiwillige Feuerwehr Mühlburg sein möge. Anschließend zeichnete Dr. Ball im Auftrag des Innenm inisters Renner die Kameraden Hermann Klausmann und Fritz Grombacher für 25jährige Ak- tivität mit dem si lbernen Feuerwehr- Ehrenzeichen aus. Für seine Verdienste wurde dem Kommandan- ten der Mühlburger Wehr, Alfred Wenner vom Prä- sidenten des Nordbadischen Feuerwehrverba ndes, Debatin, das Feuerwehr-Ehrenkreuz verliehen. Der leider zu früh verstorbene Kamerad, Haupt- brandmeister und Schriftführer Julius Seiler, und der ste llvertretende Abteilungs- Kommandant Mar- ce l Friedmann wurden mit der goldenen Ehrennadel der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg geehrt. Mit der Überreichung von Ehrentellern und Ehrenpla- ketten wurden sodann al l jene ausgezeichnet, die sich um die Mühlburger Wehr verdient gemacht haben. Damit sollte der Festakt zum Beweis der Ka- meradschaft, gegenseitiger Achtung und dankbarer Anerkennung werden. Was gemeinsame Pl anung und Zusammenarbeit zuwege bringen, so llte sich bei dem am Sonntag- nachmittag durchgeführten Festzug zeigen, der zur Krönung der Festlichkeiten wurde. Erstmals wurde eine improvisierte Jugendfeuerwehr hinter der Fah- ne als Zukunftsgedanke mitgeführt, aus dem ja be- kanntlich inzwischen Wirklichkeit geworden ist. Unterstützt durch die Spielmannszüge der befreun- deten Wehren, der Harmonie-Kapelle, der Musikka- pelle von Daxlanden und der Schülerkapelle, be- wegte sich der Umzug durch Mühlburg. Der Abend wurde gesellig mit den Bürgern Mühlburgs ver- bracht. Für die musikalische Unterhaltung sorgte dabei der Musikverein Daxlanden. Am Montag klang das Fest mit Musik, Sport und Gesang aus. Denkwürdige Tage. Tage der Freude, der Kameradschaft und der Zusammengehörig keit, aber auch Tage der Besinnung. Der Ausbau der Wehr ab 1958 Die Wehr wurde unter der Leitung von Komman- dant Wenner weiter ausgebaut. Ab dem Jahre 1961 wurde Kamerad Moser zur Unterstützung des Ka- meraden Seiler als Zweiter Schriftführer eingesetzt, während Kamerad Dieter Schandeiwein die Feuer- wehrkasse als Rechner übernahm. Die folgenden Jahre waren ausgefü llt mit Diensten, Theaterwa- chen, den jährlichen Abschlußübungen und den traditionellen Feuerwehrbällen im "Küh len Krug". Im Jahre 1965 übernahm der bisherige Zweite Schriftführer Gerhard Moser das Amt des Ersten Schriftführers. Kamerad Julius Seiler, der der Wehr weiterhin beratend zur Verfügung stand, wurde in Anbetracht seiner großen Verdienste um die Wehr mit dem goldenen Ehrenring ausgezeichnet. Eine Ehrung, die dadurch an Bedeutung gewinnt, daß dieser Ring nur von jeweils einem einzigen Aktiven getragen werden kann und in seiner Gestaltung einmalig ist. Am 2. März 1968 wurde die Wehr von Alfred Wenner in die Hände des bisherigen Stellvertretenden Kommandanten Marcel Fried- mann übergeben und Schriftführer Moser das Amt des Stellvertretenden Abteilungs-Kommandanten übertragen. Damit schied Alfred Wenner aus dem aktiven Dienst, der schon über 40 Jahre - davon jeweils 20 Jahre als Schriftführer und Kommandant - der Wehr gedient hatte. Für die unzählbaren Verdien- ste, die Alfred Wenner sich in der Mühlburger Wehr erworben hat, erfolgte in der Generalversammlung einstimmig seine Ernennung zum Ehren- kommandanten. Doch bereits im April 1968 mußte unser allseits geschätzter Ehrenkommandant Alfred Wenner zu seiner letzten Ruhestätte getragen wer- den. Sein Wirken in der Wehr wird in dankbarer Er- innerung bleiben. Anfang September. 1968 begann der langer- sehnte und in vielen Besprechungen vorgeplante Um- und Erweiterungsbau unseres Feuerwehrhau- ses, das am 3. Mai 1969 in einer würdigen Einwei- hungsfeier seiner Bestimmung durch den Dezer- nenten Bürgermeister Jahn übergeben werden konnte. Die Verwirklichung dieses Vorhabens ist den Bemühungen von Stadtrat Ludwig Iig zu ver- danken, der sich mit Nachdruck für dieses Bauvor- haben eingesetzt hatte. Ein denkwürdiger Abschnitt der Mühlburger Wehr war die Gründung der Jugendfeuerwehr im Jahre 1969, die mit Unterstützung der Schulleitun- gen von Drais- und Hardtschule zum vollen Erfolg wurde. So erhöhte sich im Laufe des Jahres 1970 die Zahl der Feuerwehrjugend auf 25 Jugendliche. Als Jugendgruppenwart wurde Kamerad Rainer Freiwillige Feuerwehr Mühlburg, Einsatz beim Brand des Städtischen Klinikums. Fata vom 5. Februar 1973. Musahl am 5. Januar 1970 eingesetzt. Begeisterung und die erstaunliche Auffassungsgabe der Jugend bilden das solide Fundament unserer Zukunft. Ab 14. Februar 1970 übergab der Stellvertreten- de Abteilungs-Kommandant Gerhard Moser, der zusätzlich noch das Amt des Schriftführers beklei- det hatte, das Amt des Ersten Schriftführers in die Hände von Kamerad Udo Kohm. Kamerad Dieter Schandeiwein gab sein Amt als Kassierer im Jahre 1971 aus beruflichen Gründen ab. Er hatte dieses Amt seit 1961 vorbildlich geführt. Kamerad Günter Louis übernahm das Rechneramt und hat sich gut eingearbeitet. Am 8. Januar 1972 fand der Feuerwehrball erst- mals in der neu erbauten Car l-Benz-Halle statt. Bei gut besuchtem Haus durften wir neben Branddirek- tor Farrenkopf die Stadträte Toni Menzinger (MdL), Günter Rüssel, Rudi Voigt, Gerhard Stein, Johann Volm und H. Schneider begrüßen. Ein ausgesuchtes Programm mit musikalischer Umrahmung ließen diesen Abend zu einem Erfolg werden. Nach längerer Vorbereitungszeit konnte das 125-jährige Jubiläumsfest vom 1. bis 3. Juni 1973 stattfinden. Es stand unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Otto Dullenkopf. Vorausge- gangen war am 26. Mai 1973 eine Katastrophen- einsatzübung im Zusammenwirken mit der Berufs- feuerwehr, den freiwilligen Feuerwehren des Stadt- kreises Karlsruhe sowie dem Roten Kreuz. Einsatz- ste il e war der Silospeicher und die Werfthalle 2 am Mittelbecken des Karlsruher Rheinhafens. Bei der Manöverkritik bezeichnete Oberbranddirekter Far- ren kopf die Übung als ein Lehrstück für die spätere Zusammenarbeit der einzelnen Mannschaften. Am Samstag, den 27. Mai 1973 fand ein gemeinsamer Kirchgang statt. Freitag, den 1. Juni folgte eine Totenehrung auf dem Mühlburger Friedhof mit anschließendem gro- ßen Zapfenstreich am Lindenplatz vor der evange- lischen Kirche. Zu den Mitwirkenden gehörten auch die Feuerwehrkapelle Malsch und der Spielmanns- zug der Freiwilligen Feuerwehr Durlach 1846 unter der Leitung von Brandmeister Willi Haug. Erfreulich war auch die zahlreiche Beteiligung der Mühlbur- ger Bürger und Bürgerinnen. Am Samstagabend fand ein großer, bunter Abend mit Tanz in der Carl- Benz-Halle mit bekannten Künstlern aus Funk und Fernsehen statt. Sonntag, den 3. Juni 1973 wurde der Festakt mit Ehrungen im geschmückten Jung-Stilling-Saal in der Sed anstraße abgehalten. Die Festrede hielt Oberbürgermeister Otto Dullenkopf. Als Beauftrag- ter des Deutschen Feuerwehrverbandes ehrte Kom- mandant Heinz Sattler Abteilungs-Kommandant Macel Friedmann mit dem "Deutschen Feuerwehr- Ehrenkreuz" in Silber für besondere Verdienste im Brandschutz. Der Dezernent für das Feuerlöschwesen der Stadt Karlsruhe, Bürgermeister Paul Hugo Jahn, verlieh für 40jährige Zugehörigkeit bei der Mühl- burger Wehr den Kameraden Hermann Klausmann und Fritz Grambacher das Feuerwehr- Ehrenkreuz in Gold des Landes Baden-Württemberg. Die musika- lische Umrahmung übernahm die Sängervereini- gung Mühlburg und die Kapelle Pfortner. Um 14 Uhr zog der Festzug mit 28 Wehren und sechs Mühlburger Vereinen von der Oberen Bach- straße durch die Straßen Mühlburgs zur bis auf den letzten Platz besetzten Carl-Benz-Halle. Spiel- manns- und Fanfarenzüge der Gastwehren sowie der Bläserchor St. Peter und Paul spielten zur Unterhaltung der Gäste auf. Zum Festausklang am Freiwillige Feuer- wehr Mühlburg, Einsatz beim Brand des Städtischen Klinikums. Fata vom 5. Februar 1973. Abend gab die Tanzkapelle "Minados" ihr Bestes. In den folgenden Jahren wurde an der Aus- und Weiterbildung der Floriansjünger gearbeitet. Den neuen Richtlini en entsprechend mußte jeder Aktive einen Erste-Hilfe-Kurs und einen Grundlehrgang abso lvieren. Nach entsprechender gesundheitlicher Untersuchung wurden geeignete Kameraden zu Atemschutzträgern ausgebildet. Ein neues Alarm- system alarmierte nun die Feuerwehrkameraden über Funk. Hierfür erhielt man die ersten FunkmeI- deempfänger. So konnte unsere Wehr bei den Großbränden im Städtischen Krankenhaus, bei der Firma Ritter in Durlach, beim Th eaterbrand, dem Brand bei Firma Heine und bei den Hochwassern in Rüppurr und zweima l im Hafengebiet ihre Schlag- kraft unter Beweis ste llen. Die Jahresha uptversamm lung im Jahre 1978 wählte ein neues Kommando, da seit geraumer Zeit der Gesundheitszustand des Kommandanten Fried- mann nicht zufriedenste ll end war. Aus diesem Grund übergab er nun die Führung in jüngere Hän- de. Die neue Leitung bestand nun aus dem Abtei- lungs-Kommandanten Gerhard Moser, dem Stell- vertretenden Abteilungs-Kommandanten Udo Kahm, dem Schriftführer Peter Schmerbeck sowie dem Rechner Günter Louis. Auf Antrag der Wehr wurde Kamerad Marcel Friedmann von der Stadt zum Ehren-Abteilungs- Kommandanten ernannt. Es war eine Verpflichtung für ihn nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, in dem er für die Wehr lange Jahre tätig war, einen Ehrenabend zu gestalten. Als Geschenk überreichte Kommandant Moser eine Tischuhr. Kamerad Friedmann stand uns weiter mit Rat und Tat zur Seite, doch lange konnten wir dies nicht in Anspruch nehmen, denn er verstarb plötz- lich und unerwartet im April 1983. Er war uns stets ein treuer Kamerad und vielen ein väterlicher Freund. Nach vielen Jahren des Hoffens konnte im Früh- jahr mit dem Aus- und Umbau des Gerätehauses, des ehema li gen Mühlburger Rathauses, begonnen werden. Zum ersten Mal in der Geschichte der Mühlburger Wehr (d. h. seit 1848) konnten wir ei- nen richtigen Aufenthalts- und Unterrichtsraum nutzen. Nach Absprache mit der Branddirektion und dem Hochbauamt wurde die Wehr verpflichtet, in Eigenleistung se lbst am Umbau mitzuwirken. Dem haben wir in vielen hundert Stunden in nicht immer einfacher Arbeit entsprochen. Durch den de- solaten Bauzustand traten immer wieder Schwie- rigkeiten (auch finanzieller Art) auf. Die Einfahrt- store für die Fahrzeuge, die in den Schulhof der Vo- gesenschule/Hardtschule führten, mußten auf die Sternstraße verlegt werden. Nach einem kräftigen Endspurt fand die Einweihung am 26. Oktober 1987 statt. Für die Finanzierung, Beantragung und Unter- stützung bei dem gesamten Vorhaben, danken wir vor all em Ltd . Branddirektor Wiechmann, der Stadt Karlsruhe mit ihrem Dezernenten Herrn Bürgermei- ster Ulrich Eidenmüller, dem Hochbauamt der Stadt Karlsruhe, den Stadträten Rüssel, Buchenau, Vogel und König sowie dem Architekten Biro für die ge- lungene Harmon ie von alter Substanz und neuen Ideen. Die größte Anerkennung jedoch gebührt dem Kommandanten Gerhard Moser, der von Anfang an bis zum letzten Pinselstrich se lbst mit Hand ange- legt hat und uns all en in selbstloser, aufopfernder Weise ein Vorbild war. Doch leider wurde ihm dies nicht von all en Seiten gedankt. Freiwillige Feuerwehr Mühlburg, Feuerwehrjugend. Kommandowechsel 1988 Abteilungs-Kommandant: Udo Kohm, Stellvertre- tender Abteilungs-Kommandant: Jürgen Reitze, Schriftführer: Luigi Verdone, Rechner: Michael Kury. Das 140-jährige Jubiläum wurde im kleinen Rahmen, mit einer Totenehrung vor dem Ehrenmal der Wehr und einem 2-tägigen Sommerfest im Ge- rätehaus gestaltet. Feierlich eingeweiht wurde im Oktober 1990 auf dem Mühlburger Friedhof das neue Ehrenmal für die gefallenen Wehrleute. Eine Restaurierung des durch Umwelteinflüsse stark beschädigten ur- sprünglichen Ehrenmals war nicht mehr möglich gewesen. Die Feier wurde gestaltet von den Pfar- rern Hoffmann und Barth sowie Kurt Ernst vom Bürgerverein Mühlburg. Die musikalische Umrah- mung übernahm der Spielmannszug der FFW Dur- lach. Die Finanzierung erfolgte ausschließlich aus Spenden der Stadt Karlsruhe, des Bürgervereins Mühlburg, der beiden Kirchengemeinden, der Mühlburger und Kar lsruher Geschäftsleute und in eigener Sache der Alterskameraden sowie passiv unterstützender und aktiver Mitgliedern. 25 Jahre Jugendfeuerwehr Um den Nachwuchs der Feuerwehren zu sichern, überlegte man Mitte der sechziger Jahre, Jugend- feuerwehren zu schaffen. Unter Mitwirkung des damaligen Abteilungs-Kommandanten Marcel Friedmann, der Hardt- und der Draisschule, des Ju - gendwartes Rainer Musahl sowie der Ausbilder Udo Kohm und Günter Louis wurde im Spätjahr 1969 die Jugendfeuerwehr Mühlburg gegründet. Die Ju- gendarbeit ist sehr vielfältig. Neben der feuerwehr- technischen Ausbildung werden durch Sport, Spiel, Jugendfreizeiten, Zeltlager, Schwimmwettbewerbe, Pokalwettkämpfe, Jugendfeuerwehrspielen etc. die Kameradschaft und das Zusammengehörigkeitsge- fühl gefördert. Anteil am Gelingen der nicht immer leichten Aufgaben, die viel Freizeit und Idealismus erfordern, hatten Rainer Musahl, Peter Schmerbeck, Jürgen Braun, Torsten Herrmann und Gerhard Lamm. So konnte man - auch mit etwas Stolz - im Oktober 1994 das 25-jährige Jubiläum feiern. Stell- vertretend für den Bürgermeister hielt Stadtrat Heinz Vogel die Festrede. Anschließend sprach der Stadtjugendfeuerwehrwart Michael Wiedemann in Anwesenheit fast aller ehema ligen Jugendfeuer- wehrmitglieder. Aus gesundheitlichen Gründen hatte Abtei- lungs-Kommandant Udo Kohm die Führung der Wehr an seinen Stellvertreter Jürgen Reitze über- geben. So war bei der nächsten Jahreshauptver- sammlung eine Neuwahl des Kommandos erforder- lich. Die neue Führung 1994 setzte sich fo lgendma- ßen zusammen: Abteilungs-Kommandant Jürgen Reitze, Stellvertretender Abteilungs-Kommandant Frank Kohm, Schriftführer Luigi Verdone, Rechner Dietrich Bergmann. Frank Kohm legte nach kurzer Zeit sein Amt nie- der. So war wiederum die Wahl des Stellvertreters notwendig. Bei der Generalversammlung wurde Rene Kaufmann 1995 zum Stellvertretenden Abtei- lungs-Kommandanten gewählt. Von einer schweren Krankheit heimgesucht ver- starb im März 1995 unser ehema liger Kommandant Gerhard Moser. Wir begleiteten ihn mit einem Eh- renzug auf seinem letzten Weg. Durch den wachsenden technischen Fortschritt wurden die Aufgaben der Feuerwehr immer kom- plexer. War man früher auf die Rettung von Mensch und Tier aus Feuer und Wassernot einge- ste llt, so kamen immer mehr technische Hilfelei- stungen hinzu, wie z. B. bei Unfällen, Gasunfällen, Wasserrohrbrüchen (man denke nur an den großen Wasserrohrbruch in der Lameystraße), Ölunfällen und diversen anderen kleinen oder größeren Kata- strophen. So mußte die Ausbildung in theoretischer und praktischer Hinsicht intensiviert werden. Ehrungen in den letzten 25 Jahren Für 40-jährige pflichttreue, aktive Dienstleistung wurden mit dem "Feuerwehrehrenzeichen in Gold" des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet: Heinz Reize t, Karl Daubmann t, Heinz Weineich, Gerhard Wenner, Alfred Eder, Horst Weber, Günter Louis und Rolf Schätzle. Für besondere Verdienste in der Feuerwehrsache wurde Günter Louis im Jahre 1989 das "Silberne Feuerwehr-Ehrenkreuz" des Bundes verliehen. Die goldene Ehrennadel der Mühlburger Wehr erh ielten: Gerhard Moser, Udo Kohm, Günter Louis, Horst Weber. Ein einmaliges Jubiläum in der Geschichte unserer Festausschuß, von links: Abt. Kommandant Reitze, Beier. Weber. Schwaninger. Bluck, Kaufmann, Bergmann, Weber H., Lauis. Wehr so llte hier an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Unser "Alters- und Ehrenkamerad" Her- mann Klausmann konnte am 1. Mai 1997 auf die 65-jährige Mitgliedschaft bei der Mühlburger Wehr zurückblicken. Weit über 40 Jahre hat er sich für die Mühlburger Wehr aktiv engagiert und ist uns noch heute in seinem hohen Alter in kamerad- schaftlicher Weise sehr verbunden . In der Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg muß aber auch der Kameraden gedacht werden, die als Schriftführer, Korpsrechner, Ob- männer, Zug- und Gruppenführer oder als Beisitzer im Verwaltungsrat mitgewirkt haben, und nicht nur in guten Tagen, sondern auch in den Zeiten der Not und Bedrängnis der Wehr die Treue hielten. Wir ge- denken in größter Dankbarkeit all jener Kameraden, die durch ihre uneigennützige Hingabe im Dienste der Feuerwehr die Idea le der Wehr zur Wirklichkeit werden ließen. Sie waren es, die ermöglichten, daß der Wahlspruch "Einer für Alle - Alle für Einen ; Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr" Sinn hatte und hochgehalten werden konnte. Dank gebührt auch all denen, die es als passive und fördernde Mitglieder durch ihre Unterstützung möglich machten, daß auch das gesellschaftliche und kameradschaftl iche Zusam mengehörig keitsge- fühl gepflegt und gefördert werden konnte. Nicht zuletzt sei auch der Stadtverwaltung und dem Stadtrat herzlich gedankt für alle Mühe, Hilfe und Förderung der Freiwilligen Feuerwehr. Eine weit- und umsichtige Stadtverwaltung wie die Karlsruhes wird auf die gemeinnützige Einrichtung der Freiwilligen Feuerwehr niemals verzichten. Möge die Bevölkerung, aber auch - und insbeson- dere - unsere Jugend, sich zu den Id ea len der Grün- der der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburgs beken- nen und sich dieser Organisation der Nächstenhilfe zuwenden . Es wäre dies das schönste Jubiläumsge- schenk, das wir uns wünschten . Wir alle hoffen, daß es unserer Feuerwehr gelingen möge, auf dem bis- her begangenen Wege weiter zu schreiten, mit glücklichem Erfolg und mit neuem Wetteifer. Die Jubelfeier wolle aber auch dahin wirken, daß die Wehren, die sich in diesen Tagen in Mühlburgs gastlichen Mauern zusammenfinden, und all e an- deren in Einigkeit und Freundschaft eina nder näher treten und zusammenha lten. In diesem Geiste einer echten Kameradschaft wollen wir die uns gestellten Aufgaben erfüllen, aber auch gleichzeitig um das Vertrauen der Stadt Karlsruhe bitten, sowie um die Bereitwilligkeit aller Bevölkerungskreise, ihr Interesse an der Freiwilligen Feuerwehr durch Beitritt als aktive oder fördernde Mitglieder zu bestätigen. Die Kommandanten der Wehr seit ihrer Gründung 1. Pfeifer, Si mon vom 10.03.1848 bis 21.03 .1852 2. Sutter, Karl vom 21.03.1852 bis 11.01.1857 3. Ludwig, A. vom 11.01.1857 bis 09.01.1859 4. Kiefer, Christian vom 09.01.1859 bis 03.01.1869 5. Lattner, Franz vom 03.01 .1869 bis 26.03.1881 6. Pfeifer, Friedrich vom 01 .05.1881 bis 12.12.1912 7. Weiß, Wilhelm vom 05.01.1913 bis 15.05.1914 8. Doldt, Ferdinand vom 10.01 .1915 bis 16.03.1919 9. Pfeifer, Friedrich vom 16.03.1919 bis 03.03.1924 10. Doldt, Adolf vom 12.07.1924 bis 27.12.1931 11 . Pfeifer, Ka rl vom 31.01.1932 bis 01.02.1934 12. Wenner Alfred sr. vom 01.02.1934 bis 14.11 .1944 13. Wenner Alfred jr. vom 15.11.1944 bis 07.05.1945 (mit Führung beauftragt) 14. Merz, Georg vom 17.10.1945 bis 27.08.1948 15. Wenner, Alfred vom 27.08.1948 bis 02.03 .1968 16. Friedmann, Marcel vom 02.03 .1968 bis 23.01.1978 17. Moser, Gerhard vom 23 .01 .1978 bis 25.01.1988 18. Kohm, Udo vom 25.01.1988 bis 25.04.1994 19. Reitze, Jürgen se it 25.04.1994 Einteilung der Wehr 1997 Kommando: Jürgen Reitze, Abteilungs-Kommandant, Rene Kaufmann, Stellvertretender Abteilungs-Komman- dant, Luigi Verdone, Schriftführer, Dietrich Berg- mann, Rechner/Kassierer Festausschuß: Jürgen Reitze, Abteilungs-Kommandant, Rene Kaufmann, Stellvertretender Abteilungs-Komman- dant, Gerhard Weber, Feuerwehrmann, Gerhard Lamm, Jugendwart, Luigi Verdone, Schriftführer, Hagen Bluck, Stellvertretender Schriftführer, Heiko Beier, Gerätewart, Uwe Schwaninger, Oberfeuer- wehrmann, Günter Louis, Zugführer, Horst Weber, Vertreter der Alterskameraden, Dietrich Bergmann, Kassierer Ehrenkommandanten: Friedrich Wenner t; Alfred Wenner sen. t; Georg Merz t; Alfred Wenner jun. t Aktive Mitglieder: Beier, Heiko; Berg, Oliver; Bergmann, Dietrich; Bitterwolf, Horst; Bluck, Hagen; Böttger, Udo; Dannenmaier, Nicole; Dietrich, Albert; Doninger, Jürgen; Eder, Alfred; Enzinger, Pascale; Friton, Rainer; Herbig, Alexander; Hollingshaus, Robert; Johe, Thomas; Kaufmann, Rene; Kiefer, Udo; Kohm, Udo; Kümmerle, Markus; Lamm, Gerhard; Lamm, Thomas; Louis, Günter; Potschka, Manfred; Reitze, Jürgen; Reuss, Tobias; Ruder, Franz; Sattler, Joachim; Schätzle, Rainer; Schwaninger, Uwe; Stöhr, Uwe; Verdone, Luigi; Vitrano, Micheie; Weber, Gerhard; Weber, Horst; Weber, Marc; Wein- eich, Markus; Weinlein, Frank; Wenner, Gerhard; Winter, Ralf; Zizza, Cosimo; Zorn, Michael; Altersabteilung: Böttcher, Eberhard; Klausmann, Hermann; Roth, Roland; Schätzle, Rolf; Weineich, Heinz Die Jugendfeuerwehr im Jubiläumsjahr 1998: Contini, Dennis; Da Silva, Raphael; Eschbach, Pa- trick ; Essig, Mathias; Kaufmann, Andreas; Kauf- mann, Sven; Lazoo, Kai ; Nagel, Torben; Schlind- wein, Annette; Westphal, Julius; Williamson, Jür- gen; Winter, Sven Anmerkung: 1. Der Artikel basiert auf der "Geschichte der Freiwilligen Feu- erwehr Karlsruhe-Mühlburg" von Eugen Singer in der Fest- schrift 110 Jahre Freiwillige Feuerwehr Karlsruhe Abteilung Mühlburg, Karlsruhe 1958, der überarbeitet und bis in die Ge- genwart aktualisiert wurde. Obere Reihe von links: Lamm. N., Dietrich, Hollingshous, Beier, Lamm rh., Reuss, Eschboch, Weber M., Friton, Kahm, Bitterwolf. Mittlere Reihe von links: Lamm G., Vitrono, Zorn, Verdone, Schwaninger, Herrmann, Kaufmann A., Bluck, Weber G., Wenner, Kümmerle, Schätzle. Untere Reihe von links: Zizza, Klausmann, Weineich, Sattler, Kaufmann R., Reitze, Louis, Bergmann, Weber H., Eder, Bättcher. Zeitungsbericht über die Wiedergründung des Bürgervereins om 23. November 1925. KURT ERNST Einhundert Jahre zu begreifen, zu erfassen, in welcher Zeitspanne geschichtliche Ereignisse an uns Menschen vorübergehen, zwingt uns schon einmal nachzudenken, wenn man ein solches Jubiläum begeht. In unserer schnel len Hightechzeit die vergangenen hundert Jahre mit viel Akribie aufzuschreiben und sie dann auch noch zu lesen, wäre ein sinnloses, mühseliges Verlangen. In zehn Dekaden jedoch einige Impressionen zu setzen, bringt uns einen bescheidenen Überblick über zehn Eckpfeiler des Geschehens: 1898: Grossherzog Friedrich I. vollendet am 9. September sein siebzigstes Lebensjahr. Deutschland beginnt mit dem planmäßigen Ausbau seiner Flot- te, die im Sinne einer deutschen Weltmachtpolitik eingesetzt werden soll. 1908: Alfred Graf von Schlieffen erarbeitet den nach ihm benannten Schlieffenplan, die Grundlage zum deutschen Überfall auf Belgien und die Nie- derlande im Jahr 1914. 1918: Der Erste Weltkrieg endet mit der deut- schen Niederlage. Nach der Novemberrevolution wird das Deutsche Reich Republik. 1928 : Die Faschisten in Italien ergreifen die Macht unter ihrem Führer Mussolini. In Deutsch- land geht aus der Reichstagswahl eine große Koa- 100 Jahre Bürgerverein Mühlburg 1898 e. V. litionsregierung hervor, deren Scheitern 1930 den Niedergang der Weimarer Demokratie einleitet. 1938: Auf dem Wiener Heldenplatz verkündet Adolf Hitler am 14. März 1938 unter begeistertem Jubel der Bevö lkerung den "Eintritt seiner Heimat in das Deutsche Reich". 1948: Mit dem 20. Juni 1948 endete die erste Nachkriegszeit in Westdeutschland mit der Währungsreform! 1958: In der DDR wird die Rationierung von Fleisch, Zucker und Fett aufgehoben. Nach den So- wjets haben jetzt auch die Amerikaner einen Sateli- ten im All, den "Explorer". Die Arbeitsämter in Westdeutschland melden den niedrigsten Arbeits- losenstand, nämlich 300.000 Arbeitslose. 1968: In den USA wird der Bürgerrechtler Mar- tin Luther King durch Schüsse tödlich verletzt. In Deutschland bedeutet die Studentenrevolte den Beginn eines innenpolitischen Wandels, der 1969 zur sozialliberalen Koalition führt. 1978: Im Volkswagenwerk Emden wird der letz- te "Käfer" in der Bundesrepublik produziert. Insge- samt waren es 20,6 Millionen. Hans Filbinger, Mini- sterpräsident von Baden-Würtemberg tritt von sei- nem Amt zurück. Reinhold Messner bezwingt den höchsten Berg der Welt, den 8848m hohen Mount Everest, ohne Sauerstoffgerät. Prominenten-Draisinenrennen "Kerwe" mit dem späteren OB Seiler. Ökumenischer Gottesdienst auf der "Kerwe': 1988: Im Rhein-Main Gebiet und entlang der Donau kommt es zum folgenschwersten Hochwas- ser seit vielen Jahren. Dämme brechen, ganze Dör- fer müssen evakuiert werden. Im oberbayrischen Dorfen erschießt ein Waffennarr drei Polizeibe- amte. Auch der Mordschütze kommt ums Leben. 1998: Der ICE "Wilhelm Conrad Röntgen" ent- gleist nach dem Bruch eines Radreifens und zer- schellt an einer Brücke in der Nähe von Eschede. Bei dem schwersten Zugunglück in der Geschichte der Bundesrepublik sterben einhundert Zuginsas- sen. Eschede steht nicht nur für Schrecken und Tod, sondern auch für gelebte Menschlichkeit und spon- tane Solidarität. Nach dem Unglück sind viele Men- schen aus dem Ort über sich hinausgewachsen. Eindrücke aus 100 Jahren, gelebt, erlebt, pas- siert, geschehen, die den folgenden Beitrag über einhundert Jahre Bürgerverein relativieren und ein- ordnen so llen. Ein seltenes Jubiläum für einen Bürgerverein, ein sto lzes Jubiläum, wenn man bedenkt, daß vor 100 Jahren Männer die Idee und den Mut hatten, für ihre Mitbürger bei ihren Obrigen etwas zu errei- chen, Mittler zu sein und Dinge zu bewegen, die festgefahren sind, Unmögliches zu diskutieren um machbare Lösungen anzustreben, Finanzlösungen zu erarbeiten und auf den Weg zu bringen. Dazu mußte man die Mitbürger motivieren, als Mitglie- der dieses Vereins zu zeichnen, um ihn auf eine ge- sunde finanzielle Basis zu stellen. Das in einer Zeit, die, vergleicht man sie mit der Gegenwart, gewiß nicht als einfach bezeichnet werden kann. Sie hat- ten den Mut und heute, 1998, feiert dieser Verein mit einer Mitgliederstärke von 812 seinen hundert- sten Geburtstag! Was war vor 100 Jahren? Mühlburg war gerade mal zwölf Jahre mit Karlsru - he vereinigt. Zwei Jahre zuvor hatte der populäre und bei den Karlsruhern sehr beliebte Großherzog Friedrich I. am 9. September 1896 se in siebzigstes Lebensjahr vollendet. Ein kurzes Stimmungsbild der damaligen Zeit: Im Mittelpunkt der Geburtstagsfei- erlichkeiten stand ein Festzug, der über vierzig Prachtwagen zählte und an dem viertausend Men- schen beteiligt waren. Der Zug bestand aus den zwölf Abteilungen Schule, Erziehung, Wissenschaft, Kunst, Gewerbe, Handel und Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Feuerwehr, Turner und Schützen, das deutsche Lied, Huldigung für den Fürsten und das Haus der Zähringer und als Schluß das Volk in Waffen. Zwei Jahre später, 1898, wurde die Dragonerka- serne an der Kaiserallee fertiggestellt. Prof. Engelbert Arnold gründete das elektro- technische Institut an der TH Karlsruhe, und am Montag, den 21. November 1898, ein denkwürdiges Datum für Mühlburg, traf sich im Gasthaus zum Storchen in der Rheinstraße eine kleine Anzahl von Grundstücksbesitzern und beschloß einem zu grün- denden Bürgerverein für den Stadtteil Mühlburg als ordentliche Mitglieder beizutreten und die durch die Vorarbeiten anfallenden Kosten zu glei- chen Teilen zu tragen. Mit der Prüfung aller ein- schlägigen Fragen wurden Färbermeister Julius Zink und ihm zur Seite die Bürger Fritz Kohler, Wilhelm Hauk, August Wörner, Ernst Oberle und August Stückle beauftragt. Zu der von diesen Herren dann am 28. November einberufenen öffentlichen Ver- sammlung kamen etwa 100 Interessenten, von de- nen 80 sofort die Mitgliedschaft des neuen Vereins des Hafens. Eine Selbstverständlichkeit war es auch, daß der Vorstand zu Feiern der Geburtstage und Regierungsjubilä- en des allseits geliebten Landesfürsten eingeladen wurde. Allerdings machte sich nach der Erle- digung der Schadensersatzansprüche erwarben. An sich hatte seit den poli- tisch bewegten Jahren des Vormärz in Mühlburg das Vereinsleben immer recht erfreulich geblüht: Dem Casino-Lieder- kranz und dem Sängerkranz der Ma- schinenbauer von 1837, den Freiwilli- gen Feuerwehrmännern von 1848 wa- ren 1861 die Turner, 1862 der Frohsinn Ferdinand Daldt unverkennbar eine ziemliche Interesse- losigkeit bemerkbar. Nicht einmal die in jeder zwei-Mühlburg gefolgt, die selbst unter widrigen Zeit- verhältnissen ihr liberales Bewußtsein und Ihre frei- heitlichen Ideen behauptet hatten. Nun, im nicht weniger aufgeregten Jahre 1898, nach den alle politischen Leidenschaften aufwüh- lenden Reichstagswahlen, ging es in unserem Mühlburg um interne, lokale Angelegenheiten, um die Neufeststellung der Baufluchten, die Verbreite- rung der Fahrstraßen und Gehwege, vor allen Din- gen aber um die Wahrung zahlreicher Einsprüche angesichts der durch die Kanalisation in der Rhein- straße eingetretenen Nachteile und Schäden. Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß die von Ein- zelpersonen vorgetragenen Beschwerden bedauer- licherweise nicht zu befriedigenden Ergebnissen geführt hatten. Der Vorstand des Bürgervereins nahm sich sogleich jedes einzelnen Falles an und scheute sich nicht, den damaligen Ober- bürgermeister Karl Schnetzler selbst zu Ortsbesich- tigungen zu bitten. Im übrigen zeigte ten oder dritten Vorstandssitzung vorgebrachte, an "Clochemerle" gemahnende Forderung, nun endlich in Mühlburg eine Bedürfnisanstalt zu bauen, konn- te die Gemüter ernsthaft bewegen. Danach trat eine relative Stille um den Bürgerverein ein; bis ins Jahr 1925 sind keinerlei Informationen vorhanden. Als der Schriftführer des im Jahre 1925 neu be- lebten Bürgervereins das Protokoll buch übernahm, mußte er feststellen, daß in diesem ein Teil fehlte. Wahrscheinlich muß aus einer Zeit jahrelanger Sta- gnation nicht viel Positives zu berichten gewesen sein . Es handelte sich um ganze sechzehn Seiten. Der Schriftführer war es auch, der sich im Proto- kollbuch diese fehlenden Seiten bescheinigen ließ. Mit der am 23. Dezember 1925 in der "Westend- halle" vollzogenen Wiedergründung kam frischer Wind in die Segel des Vereinsschiffchens. Maurer- meister Ferdinand Doldt, der neu gewählte Erste Vorsitzende, durfte in den folgenden man durchaus Verständnis für die Pläne und den großartigen Unternehmungs- geist der Stadtverwaltung. Als man je- doch bei der Rheinhafeneinweihung keine Möglichkeit sah, dem Großherzog bei dieser Gelegenheit zu huldigen, er- zwang der Bürgerverein eine Änderung des Anfahrtsweges zum Mittelbecken Albert Schneider Jahren ein stetiges Wachsen der Mitgliederzahlen registrieren. Viele der nach Honsells Rheinregulierung entlang der Hafenkais neu angesiedelten Industriefirmen traten dem Bürgerver- ein als Mitglieder bei und halfen bei der Durchsetzung so mancher Verbesse- rungsvorschläge wacker mit. Der 1927 In der Westendhalle, Rheinstraße 30, wurde am 23. Navember 7925 der Bürgerverein neugegründet. neu gewählte Vorsitzende Albert Schneider setzte die ausgezeichneten Beziehungen zu r Stadtverwal- tung fort, deren Generalbebauungsplan dem Stadt- teil Mühlburg direkte Verbindungen zum Haupt- bahnhof und zur Reichsstraße Hamburg - Basel in Aussicht stellte. Auf dem Seidenecksehen Feld wur- de mit der Bebauung begonnen; die Verbreiterung des Stichkanals sowie der Bau eines Öl beckens wa- ren in die Planung mit einbezogen. Dann kamen leider die Jahre, in denen man an der Ecke von Rhein- und Hardtstraße die Arbeitslo- sen in großen Rotten herumstehen sah. Die Welt- wirtschaftskrise mit all den Folgeerscheinungen für Politik und Staatsführung lähmten die Vereins- arbeit mehr und mehr. Der Bürgerverein konnte am 17. April 1933 noch zur Enthüllung der von ihm gestifteten Carl-Benz- Ehrentafel einladen. Im Jahre darauf, also 1934, mußte sich der Verein aus eigenem Entschluß "bis auf weiteres stillegen", was angesichts der damali- gen Zwangslage im "Dritten Reich" wohl die klüg- ste Lösung war. Bis hierher mag die romantische Stimmung einer Beschreibung von Eugen Singer über Mühlburg Tour de Fronce durch die Rheinstroße. Fliederfest ouf dem Fliederplotz. noch in etwa stimmen: Wer offenen Auges und freudigen Herzens die Alt- stadt von Mühlburg durchschreitet, be- sonders in einer schönen Nacht, wenn das Mondlicht auf den Straßen und Gassen liegt, findet so manches heime- lige und trauliche Bild, daß ihn an- spricht und von früheren Zeiten erzählt. 't '" ", '" " "" "&. ....• ~ .. ' .. ,TI . " . .' '1,. "'" _. :r~ sitzender Aug ust Erhard; Schriftführer Karl Gröber; Kassier Kurt Weisser; Bei- sitzer Albert Schneider, Otto Karcher, Eugen Häberle, Anton Klumpp, Arthur Henninger. Der damalige Oberbürgermeister Gün- ther Klotz übersandte zur Neugründung Carl Brehmer Glückwünsche mit den Worten "Auf zur Tat!". Der Wiederaufbau der Werfthallen, die Pla-Alte schöne Häuser mit abgeschrägtem Sattel- dach, spitzen Giebeln und runden Torbogen, Fach- werkbauten und altersgraue Häuschen, unter deren weißer Tünche die rissigen und verbogenen Balken- züge hervortreten, stehen still und verträumt am Wege. Heute regt in Mühlburg nicht mehr viel zum Träumen an. Die Romantik der Vorkriegszeit ist endgültig verschwunden. Von dem wenigen, was die schweren Bombenangriffe des Zweiten Welt- krieges an alten Bauten übriggelassen haben, ist manches noch der modernen Stadtplanung gewi- chen. Mühlburg ist heute ein durch und durch großstädtischer Bezirk im Westen von Karlsruhe. Albert Schneider war es vorbehalten, im Jahre 1953 den Bürgerverein wieder zu erneuter Aktivität aufzurufen und Carl Brehmer als seinen Nachfolger ins Amt des Ersten Vorsitzenden vorzuschlagen. Etwa 90 alte und neue Mitglieder waren Zeugen der am 9. März 1954 vor sich gegange- nen abermaligen Neugründung des Bürgervereins Mühlburg, die gerade im richtigen Zeitpunkt angesichts der für den Stadtteil Mühlburg bevorstehenden bedeutsamen Entfaltung erfolgte. Fol- gende Herrn wurden in den Vorstand gewählt: nungen für das Mühlburger Feld und für den im- mer stärker frequentierten Verkehrsknotenpunkt Entenfang, insbesondere aber die Rheinstraßensa- nierung, brachten Mühlburg ein ganz außerordent- liches Bevölkerungswachstum. Bei den unter der Leitung von OB Klotz häufig stattfindenden Bür- geraussprachen war unser Stadtteil mehr denn je Mittelpunkt der Erörterungen. Es gelang nun auch, die Grundlagen für eine po- sitive Zusammenarbeit der in ihrer Zahl ständig wachsenden Vereine herzustellen. Der damalige Er- ste Vorsitzende der Turnerschaft Mühlburg, Josef Allgayer, sowie der Vorstand der Mühlburger Sän- gervereinigung, Friedrich Kohler, heute Ehrenmit- glied des Bürgervereins, traten an die Spitze der nunmehr zu einer Arbeitsgemeinschaft zusam- mengeschlossenen Mühlburger Vereine, wobei Stadtrat Gustav Betz die Verbindung zu den städti- schen Ämtern aufrechterhielt. Er war es 1. Vorsitzender Carl Brehmer; 2. Vor- Dtto Kareher auch, der sich um die nun beginnende erste Planung einer Mehrzweckhalle beim Hochbauamt kümmerte. Die trau- rige Tatsache, daß gerade in Mühlburg die großen Gesellschaftsräume und Kul- turzentren während des Zweiten Welt- krieges durch verheerende Bombenein- wirkung weitgehend zerstört waren, galt es immer wieder der Stadtverwal- tung vor Augen zu führen, bis man sich dann beim Hochbauamt unter Leitung von Baudirektor Stefan entschloß, mit der Planung einer modernen Kultur- und Sporthalle zu beginnen. Andenken der in den Kampf gegen Frankreich in den Jahren 1870 - 11 ge- zogenen Mühfburger". Auf der unteren Sockelseite befanden sich etwa 75 Na- men, die man bei der Umfunktionierung zum Gefallenendenkmal des Ersten Der Volkstrauertag, der heute immer noch auf dem Mühlburger Friedhof be- Hermann Pfeifer Weltkrieges entfernte! Dafür fügte man auf Betreiben des Mühlburger Militär- vereins eine Inschrift im Jahr 1931 hinzu, die von gangen wird, hatte im Jahre 1961 eine besondere Bewandtnis. Die Gräber der Kriegsopfer waren inzwischen umgebettet worden und fanden einen besonders geeigneten, würdigen Platz am Fried- hofseingang. Für diese letzte Ruhestätte schuf der in unserem Stadtteil lebende bekannte Bildhauer Professor earl Egler ein wohlgelungenes Mahnmal "Die Flehende", das im Beisein vieler Vereine, die Kränze zum Gedenken niederlegten, enthüllt wurde. Am 2. Oktober 1962 wurde auch die neue Voge- sen brücke durch den damaligen Bundesverkehrsmi- nister Seebohm unter reger Beteiligung der Mühl- burger Bevölkerung dem allgemeinen Verkehr übergeben. Durch diese neue Ausfallstraße nach Süden wurde wieder ein großer Fortschritt für den Verkehr erzielt. Genau auf dem Platz der alten Mühle am Lameyplatz entstand wie zum Symbol des aufstrebenden Stadtteils das 19stöckige Wohn- haus der Volkswohnung, das bis heute einem ins Unmenschliche gesteigerten Nationalis- mus zeugt, wie ihn in dieser Krassheit kein anderes Kriegerdenkmal in Karlsruhe vertritt : "Das Totenmal spricht: Dienst an Deutschland ist Pflicht. Arbeit fürs Volk ist Gewinn. Braucht dein Volk dein Leben, so gib es hin." Als 1965 der Platz umgestaltet wurde, versetzte man das Kriegerdenkmal wenige Meter und fand dabei im Innern des Sockels eine Blechkassette, die neben mehreren Exemplaren der lokalen Tagespres- se vom August 1870 auch die Stiftungsurkunde des Komitees enthielt. Dekan Heinz Schuchmann, der mit Vorständen des Bürgervereins die Kassette öff- nete, gab in geordnetem Zustand die Urkunden und Zeitungsausschnitte in die Kassette zurück und ergänzte die Inhalte mit Schicksalszahlen des Zwei- ten Weltkrieges, von 5802 gefallenen Soldaten aus unserer Stadt, 1754 Zivilpersonen, welche bei Luftangriffen getötet wurden und das höchste Wohnhaus der Stadt ge- blieben ist. Vor der Gründung des ersten Bürger- vereins 1898, nämlich 1886, war in Mühlburg auf dem Lindenplatz ein Kriegerdenkmal für die gefallenen Mühlburger von 70/71 errichtet wor- den. Die erste Inschrift lautete: "Dem .~, .,:;;,' ,~.~ " , ~ .... . :-j 3554 Vermißte. Die Urkunde wurde mit den Unterschriften sämtlicher Vor- standsmitglieder und Pfarrer Schuch- manns Unterschrift wieder ins Denkmal versenkt. Else Dissinger Dem in der Generalversammlung am 8. Februar 1965 gewählten neuen Vor- sitzenden Otto Karcher, welcher unseren altverdienten Carl Brehmer ablöste, stellten sich zunehmend neue Aufga- ben. Am wichtigsten erschien dem un- ternehmungsfreudigen Weinkaufmann die seit Jahren erwogene und geplante, aber seitens der Stadtverwaltung immer wieder zurückgestel lte Sport- und Kul- es hingewiesen und bei jeder sich bie- tenden Gelegenheit die Initiative ergrif- fen. Schließlich erkannte auch das Schuldezernat, an der Spitze Schuldi- rektor Egon Funk, die Dringlichkeit die- ses Bauwerkes für den Turn- und Sport- betrieb der vielen Klassen der Hardt- turha ll e für den während des Zweiten Ludwig IIg und der Sonderschule. Auch die Klagen Weltkrieges zerbombten Stadtteil, der nunmehr der Elternbeiräte über den mangelhaften Schul- langsam in Großstadtverhältnisse hineinwuchs. sport wurden immer lauter. Folgende Mitglieder wurden in den Vorstand ge- Endlich im Frühjahr 1968 hieß es dann "Grünes wäh lt: 1. Vorsitzender Otto Karcher; 2. Vorsitzender Karl Becker; Schriftführer Ferdinand Ensberger; Kassier Hermann Pfeifer; Beisitzer Friedrich Kohler, Albert Doldt, Otto Fetzer, Irene Arker, Heinrich Engel, Ferdinand Ruf. Mit Unterstützung der Herren Friedrich Kohler, Josef Allgayer und ganz besonders des damaligen Stadtrats Ludwig Iig wurde in zah ll osen Bespre- chungen immer wieder auf die Dringlichkeit des Mühlburger Vorhabens hingewiesen. Ludwig Iig sorgte auch dafür, daß die Gelder im städtischen Etat hierfür vorgesehen wurden. Die Turner hatten zwischenzeitlich dank des großen Arbeitseinsatzes ihrer Mitglieder ihr neues Heim geschaffen, wäh- rend die Mehrzahl der übrigen Vereine auf die Lo- kale angewiesen war. Die neuen Pfarrzentren, z. B. der schöne Jung-Stilling-Saal, waren mehr oder weniger für eigene kirch li che Bedürfnisse vorgese- hen. Gleichwohl hatten die Pfarreien immer ein of- fenes Ohr für Veranstaltungswünsche mancher Mühlburger Vereine. Fünfzehn Jahre lang - wenn man so will - hat der Bürgerverein und die Arbeitsgemeinschaft der Mühlburger Vereine die Stadtverwa ltung bzw. das Hochbauamt auf die Notwendigkeit des Hallenbau- Licht für die Kulturhalle", zu welchem Zeitpunkt alsdann auch die Planung fortgesetzt wurde. Be- sichtigungen von Mehrzweckhallen, sowoh l in der benachbarten Umgebung als auch in Tauberbi- schofsheim und Essen, wurden durch die Ver- antwortlichen mit dem Ergebnis durchgeführt, daß die Baugesellschaft "Mero" beauftragt wurde, eine 42 x 27 Meter große teilbare Halle zu erste ll en . Stadtrat Rüssel war es dann auch, der die notwen- dige Teilunterkellerung im Bauausschuß durchset- zen konnte. Wir wissen, daß während der Bauzeit viele Ab- und Umänderungen nötig waren, die Baudirektor Stefan und seinem Mitarbeiterstab manches Kopfzerbrechen machten. Trotzdem ist es bedauerlich, daß man den Vorschlägen von Stadt- rat Ii g nicht folgen konnte, wonach die Tribüne et- was größer gestaltet werden so ll te, um wenigstens Tische und Stühle auf Saa lebene zu haben und so Zeit und Kosten zu sparen. Am 3. November konnte der erste Spatenstich stattfinden für die Halle, die nach einem Vorstandsbeschluß den Namen Carl- Benz-Halle bekommen sol lte, nach dem großen Sohn Mühlburgs, der mit seiner Erfindung, dem Automobil, die Welt verändert hat. So wurde der 10.7.1971 zu einem Freudentag für ganz Mühlburg. Fliederfest auf dem Fliederplatz. Die leitenden Persönlichkeiten der Stadt und der Schulen, sowie die Mehrzahl der Stadträte waren in der neuen Carl-Benz-Halle versammelt, als OB Dul- lenkopf die Festrede hielt. Auch er brachte seine Freude über das wohlgelungene Bauwerk, ein 2,5- Millionen-Projekt, zum Ausdruck. So gipfelte seine Festrede in der Feststellung: "Die neue Halle steht in Mührburg. Nach einem Mühlburger wurde sie benannt. Von einem Mühlburger wird sie einge- weiht." In seiner Dankesrede erwähnte dann der Vorsitzende des Bürgervereins alle diejenigen, weI- che durch ihren persönlichen Einsatz am Gelingen des großen Bauwerkes beteiligt waren. Besondere Dankesworte fand er für die Stadtverwaltung, daß nunmehr ein langgehegter Wunschtraum doch noch in Erfüllung ging. Die von Prof. Carl Egler - seit langem Mitglied unseres Vereins - geschaffene Büste im Foyer der Halle zeugt von dem Traditi- onsbewußtsein einer früheren, keineswegs homo- gen, mit der Zeit jedoch zusammengewachsenen Bevölkerung. Die letzte Hauptversammlung vor dem Jubilä- umsjahr wurde am 26. April 1972 im Gasthaus "Zum Lamm" abgehalten und dabei dem Ge- samtvorstand wie folgt, das Vertrauen ausgespro- chen : 1. Vorsitzender Otto Karcher; 2. Vorsitzender Gerhard Häberle; Schriftführer Wolfgang Kistner; Kassier Hermann Pfeifer; Beisitzer Friedrich Kohler, Ludwig Ilg, Albert Doldt, Heinrich Engel, Otto Fet- zer, Ferdinand Ruf. Hermann Pfeifer wurde auf- grund seiner Verdienste für den Bürgerverein in dieser Versammlung zum Ehrenmitglied ernannt. Herr Schendzielorz führte in dankenswerter Weise das Amt des Kassiers weiter. Im Januar 1973 konnte der Erste Vorsitzende Otto Karcher eine vollbesetzte Carl-Benz-Halle zum 75jährigen Bestehen des Bürgervereins Mühlburg begrüßen. Ein reichhaltiges Programm Mühlburger Vereine mit anschließendem Tanz bis in die frühen Morgenstunden zu den Klängen der Kapelle "Ernst" gaben diesem Jubiläum das Gepränge. Am 18. April 1975 fand eine denkwürdige Jah- reshauptversammlung im Gasthaus zum Lamm statt. Im Geschäftsbericht konnte der Erste Vorsit- zende Otto Karcher den anwesenden Mitgliedern und Gästen mitteilen, daß für die Neugestaltung des Fliederplatzes von der Stadt Karlsruhe 200.000 DM bewilligt wurden. Die Anregung einer Weihnachtsbeleuchtung fand keine Gegenliebe bei der Mühlburger Ge- schäftswelt, und so mußte "Mühlburg auch zur kommenden Weihnachtszeit im Dunkeln bleiben." Der Erste Vorsitzende Otto Karcher hatte eine Wiederwahl aus Altersgründen abgelehnt, so daß eine Neuwahl des Ersten Vorsitzenden erfolgen mußte. Vorgeschlagen wurde der bisherige Zweite Vorsitzende Ludwig Ilg, der wie seine Stellvertreter Werner Jung und Heinz Vogel von den anwesenden Mitgliedern einstimmig per Akklamation gewählt wurde. Als Beisitzer wurden in geheimer Wahl Al - bert Doldt, Heinrich Engel, Otto Fetzer, Gerhard Moser, Ferdinand Ruf, Friedrich Kohler, Gerhard Hä- berle gewählt. Der neu gewählte Vorstand ernann- te den bisherigen Ersten Vorsitzenden, Herrn Otto Karcher, zum Ehrenvorsitzenden des Mühlburger Bürgervereins mit Sitz und Stimmrecht auf Lebens- zeit. Nach langem Bemühen der Vorstandschaft ist es schließlich in Zusammenarbeit mit der Stadtver- waltung und der Geschäftswelt gelungen, die erste Weihnachtsbeleuchtung in Mühlburg zu installie- ren. Wir schreiben Weihnachten 1976! Die Kosten, Der Vorstond des Bürgervereins 1973: Oben von links: Otto Fetzer, Ernst Schendzie/orz, Ferdinond Ruf. Ludwig IIg, Albert Doldt, Friedrich Kohler, Wolfgong Kistner sitzend: Heinrich Engel, Gerhord Häberle, Otto Korcher, Hermann Pfeifer. die zum größten Teil von der Mühlburger Ge- schäftswelt aufgebracht wurden, beliefen sich auf DM 46.000,-. Die beiden Vorsitzenden Ludwig Iig und Heinz Vogel lobten das gute Zusammenwirken der Stadt mit dem Bürgerverein. Am 31. März 1977 begann die Ära Heinz Vogel, die über 12 Jahre andauern sollte. In den Beginn seiner Vorstandschaft kam die Neuorganisation der Mühl- burger Kerwe "neuer Zeitrechnung". Die Zusam- menarbeit mit dem Marktamt der Stadt Karlsruhe, den Festwirten Horst Geppert und Horst Siebentritt, dem Schaustellerverband, den Kirchen st. Peter und Paul und Karl-Friedrich-Gedächtnis-Kirche, deren Pfarrer Lerchenmüller und P. G. Lassahn hat der Bürgerverein Mühlburg mit den Mühlburger Bür- gern gerne angenommen. Von Freitag bis Dienstag wurde den Besuchern ein reichhaltiges Programm geboten, das für wahrhaft jeden etwas zu bieten hatte. Daß dabei Besinnung in Form eines ökume- nischen Gottesdienstes im Zelt ihren Platz fand, war für das Atemholen inmitten der Mammut- veranstaltung ein neuer Aspekt, den die beiden Pfarrer mitgetragen haben, in dem sie den zahlrei- chen Gottesdienstbesuchern eine würdige Besin- nung schenkten. Wenn dann am Dienstagabend nach einem bis auf den letzten Platz besetzten Seniorennachmit- tag (500 bis 600 Besucher) die bunten Raketen in Mühlburgs Nachthimmel stiegen, hatten viele Bür- ger und Gäste Frohsinn, Gastlichkeit, Kommunika- tion im Rahmen der Mühlburger Kirchweih genos- sen und erlebt. Sie ist aus Mühlburg trotz gesell- schaftlicher Veränderung auch nach über 20 Jahren nicht mehr wegzudenken. Auch oder gerade im Ju- biläumsjahr hoffen wir wieder auf viele zufriedene Besucher. Lassen Sie den Chronisten bei den jährlichen Veranstaltungen bleiben. So wurde in jener Zeit 1977 aus der Veranstaltung "Ein Platz an der Son- ne" die Idee des Fliederfestes geboren. Ein mutiges Unterfangen, ist doch das Fest in der zweiten Mai- woche im Freien auf dem Fliederplatz angesiedelt. Diese Herausforderung an "Petrus" gingen die Mühlburger Vereine nicht aus dem Weg und veran- stalteten am 20./21. Mai auf dem im März neu fer- tiggestellten Fliederplatz ihr erstes Fest! Das Fliederfest so llte, so damals der Erste Vorsit- zende des Mühlburger Bürgervereins Heinz Vogel, als fester Bestandteil alljährlich abgehalten werden. Das Fliederfestgremium, allen voran Peter Klemm und Klaus Brenner sowie die Vereine, hat sich bis heute über zwanzig Jahre daran gehalten und vie- len Mühlburgern und Mühlburgerinnen sowie zahl- reichen Gästen die erste Frühlingsfestfreude bei meist gutem Frühlingswetter gebracht. Nur einma l in zwanzig Jahren mußte das Fliederfest am Sams- tag morgen wegen strömenden Regens kurzfristig abgesagt werden. Das heutige Fliederfestgremium wird von dem Präsidenten der Mühlburger Karne- valsgesellschaft Hans Wiedemann und Frau Cramer von der RsG geleitet. Chronisten pflicht. An Ideen war die Vorstandschaft des Mühlburger Bürgervereins noch nie arm, und 50 hatte das Vor- standsmitg li ed Jürgen Wiedemer eine brillante Idee, die er in Zusammenarbeit mit dem Vorstand und deren Partnern hatte, ja Partnern und Ehefrau- en, dies sei hier auch einmal ausgesprochen. Ohne sie wäre so ein Ehrenamt nie und nimmer auszufül- len, dafür se i ein herzliches Dankeschön gesagt. 1983 setzte der Vorstand also die Id ee von Jü rgen Wiedemer in die Tat um. Man suchte Hobbyisten, die zu r Freude der Besucher ihr Hobby im Entste- hen vorführten. Eine akt ive Ausstellung also, die Ideen und Tips zur Freizeitgestaltung direkt an die Interessierten weitergibt. Die Carl-Benz-Halle wurde gemietet, in einer gemeinsamen Aktion umgestaltet und mit genü- gend Werktischflächen versehen, - ein herzliches Dankeschön an die Karl-Friedrich-Gemeinde für die zur Verfügung gestellten zusätzlichen Tische. Zwi- schenwände wurden angeschafft und montiert. Mit über 60 Ausstellern war die Halle bestückt, als am zweiten Novemberwochenende Punkt 14 Uhr der Vorsitzende Heinz Vogel die Ausstellung eröffnete, nicht ohne dem Ideengeber Jürgen Wiedemer und seinem Team aus dem Vorstand große Bewunde- rung und Dank auszusprechen! Mit großem Fleiß und Akribie demonstrierten zwei Tage lang ein- drucksvoll die Bastler ihren verwunderten Besu- chern, welche Betätigungen sie an den vor Ihnen liegenden Winterabenden faszinieren könnten. Bis zum heutigen Tag hat diese Ausstellung Akteuren und Besuchern - bis zu 2.000 an zwei Tagen - Freu- de gebracht. Freude über die Hobbys, aber auch Mei liewes Mühlburg Du hasch en runde Geburtsdag dies Jahr; wersch 750 Jahr alt! E bissie dusch ja mogle. Du wörsch aigent- lieh scho e paar Jährle älter. Ja doch, des kannsch net abstreite. Mer hat uff deim Bode Funde aus de Rämerzeit gmacht. Also, 0 scho zu sellere Zeit isch kain Weg an der vorbeigange. Awwer was soll's, seit 750 Jahr haisch Mühlburg - oder wenigschtens so ähnlich - un somit welle mer's debei lasse. Hasch de im Prinzip gut ghalte; siehsch immer noch ganz passabel aus. Es sin ja ainige Stürme iw- wer de weggange in derre lange Zeit. Da bleibt e manche Narb zrick un d'Falte komme wie von se/- wer. Awwer mach der nix draus. Des geht jedem so, wenn er in die Jahre kommt - guck mich 0, es geht mer 0 net annerscht. Kannsch de iwwerhaupt noch dra erinnere -mei liewes Mühlburg- an damals, vor 60 Jahr, wo ich uff d'Welt komme bin? Da warsch du grad 690 Jahr alt, des mischt'sch aigentlich noch wisse. Es hat näm- lich mit mir e hunnertprazentiges Mühlburgerle des Licht der Welt erblickt. Denn scho mei Vadder un mei Mudder sin echte Mühlburger Kinner gewese; hawwe in deiner Hardtschul d'Schulbank gedrickt; sin - gerecht vertailt - in deine zwai Kirche zur Kommunion un zur Konfirmation gange. Net jeder Mühlburger kann des so von sich behaupte un ich bin da scho e bissie stolz druff. A ich bin in dei Hardtschul gonge, hab sogar in deine Mauere mei Lehrzeit gmacht. Un dann hab e der halt doch de Rücke zugekehrt. Fir iwwer dreißig Jahr hob e de verlasse. Da derfsch mer awwer net bees sei. Waisch, wenn aim d'Liebe packt, da lasst mer alles ligge un stehe un geht mit seim Liebschte iwwer alle Berg. Un ganz stimmt's ja 0 net, des mit dem Rücke zukehre. So oft wie's gange isch bin e uff Bsuch haimkomme. Un kannsch mer's sicher glawe - VON KARIN REITZ mei liewes Mühlburg - wenn e gsagt hab "dehaim", dann warsch immer du demit gmaint, nie der Ort wo e grad gwohnt hab. Ja un wo e dann haimkomme bin fir immer, da hawwe mir zwai uns erseht widder anenanner gwehne misse. Dein Entefang hat mer gar net gfal- le. Da isch mer's viel zu laut un zu truwelich zugan- ge. Frieher - waisch des noch? - da hawwe glei beim Entefang scheene, lauschige Wegle agfange. Heit gibt's die alle nemmeh. Wo gehn denn heit die junge Pärle na, wenn se e bissie al/ai sei wel/e? Awwer des kann mer ja grad egal sei, ich brauch se nemmeh, die Wegle. E paar scheene Fleckle hasch der scho erhalte. Dei Lindeplätzle un dei Fliederplätzle, des muss e sage, sin fascht noch scheener worre. Ach - un waisch, wo e gar zu gern nageh? Derfsch me awwer net aus- lache. Ich geh so gern uff dein Friedhof. Ich hab mol nachgezählt, wieviel Leitle von meiner Familie in deiner Erd ihr letschte Ruh gfunne hawwe. Uff zwanzig bin e komme un sicher hab e noch e paar vergesse. Wenn e da bin, uff deim Friedhof, da waiß mei Mann, dass e so schnell net haimkomm. Net bloß weil e so lang Zwiesprach halt mit de Verstor- ~~~n~m~~~~~~~~h~ mit de quicklebendige Bekannte, die mer uff deim Friedhof bständich immer un immer widder iwwer de Weg laafe. Mei liewes Mühlburg, ich kennt der noch viel meh verzähle, awwer fir heit muss e zum Schluss komme. Fir die nächschte 750 Jahr wünsch e dir un alle dei- ne Mensche, die sich unner deine Fittiche geborge fühle, von ganzem Herze viel, viel Glück un Gottes Sege. Un dass 0 an deim 1500ste Geburtsdag, im- mer noch jemand zu der sage kann : MEI LlEWES MÜHLBURG! Freude über die Kommunikation mit den Mitmen- schen. Genau hier sieht der Bürgerverein auch sei- ne Aufgabe, Menschen im Gespräch zusammenzu- bringen. Nachdem J. Wiedemer krankheitshalber aufhö- ren mußte, übernahm Vorstandmitglied und Kassier Klaus Schippereit diese Aufgabe, bis sie vor nun vier Jahren von unserer Kassiererin Frau Barquet übernommen wurde. 1989 kam es zu einem Führungswechsel beim Bürgerverein Mühlburg, die "Ära Heinz Vogel " war zu Ende. "Nach zwölf Jahren Vorsitz an Horst Weis- ser übergeben." So kündeten die Badischen Neue- sten Nachrichten den Wechsel an der Spitze des Bürgervereins Mühlburg an. Wir schreiben den April 1989 und Dr. Karl Heinz Hugenschmidt als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Bürgervereine (AKB) betonte in seiner Würdigung: "Die Ära Vogel hat Mühlburg sehr viele neue Impul- se gegeben." Heinz Vogel hat trotz seiner Tätigkeit als CDU-Stadtrat stets und immer in seiner Aufga- be als Bürgervereinsvorsitzender eine absolute Bürgerball 1985 mit !reen Sheer. Neutralität gelebt. Oberstes Gebot war für ihn , die Mühlburger Bürgerin nen und Bürger, ganz gleich welcher Cou- leur, zu hören und ihnen mit Rat und Tat zu helfen. Heinz Vogel hat Zeichen gesetzt, und es ist gut, daß er den Bür- gern noch als Stadtrat erhalten blieb und bleibt. Der Vorstand des Bü rgerver- Heinz Vogel ris Lorenz, Sopran, Badisches Staats- theater; Sängervereinigung Mühlburg; Horst Ru ether, Bariton , Badisches Staatstheater; Tanzkapelle Webrados. Heute Nostalgie, damals vom Feinsten. In festlicher Robe, elegantem Cut, ließ sich Mühlburg im Kühlen Krug sehen, wie gesagt 1966! Machen wir einen eins hat Hei nz Vogel aufgru nd seiner Verdienste und Dankbarkeit zum Ehrenvorsitzenden ernannt und zwar einstimmig. Horst Weisser, der neugewählte Erste Vorsitzen- de des Bürgervereins Mühlburg, machte in sei ner "Regierungserklärung" deutlich, daß der ansonsten komplett wiedergewählte Vorstand den gemeinsa- men mit Heinz Vogel eingeschlagenen Weg weiter- gehen werde. Eine Maxime von H. Weisser lautete : "Ich trage als Vorsitzender keine Entscheidung mit, die ich vorher nicht kenne." Seine Forderung war : "Die Bürgerveine müssen stärker in die Entschei- dungen der Stadt ei ngebunden werden." Horst Weisser setzt die Bürgervereinsarbeit mit dem be- währten Führungsteam fort. Ein gesellschaftlich hochrangiges Ereignis in Mühlburg war schon lange Jahre ein Ball, einst bis etwa 1966 "Winterball" genannt, später von Heinz Vogel in Bürgerball umgetauft. Ausschnitt aus dem Programm "Die Vorstandschaft des Bürgervereins Mühlburg freut sich, Sie zu ihrem einz igen Fest des Jahres, dem Winterball , welcher am Samstag, dem 15. Ja- nuar 1966 im Saa le des Kühlen Kruges stattfindet, höflichst einzuladen." Die Mitwirkenden waren: Werner Horn, Kapel lmeister des Staatstheaters; 00- Zeitsprung ins Jahr 1979, im mer noch Programm mit meist eigenen Kräften und doch siehe da , 1980 taucht schon ein Künstler vom Funk auf, Walter Schultheis vom SDR Stuttgart, ebenso die WeItmei- sterin auf dem Akkordeon Christa Behnke mit dem Tanzorchester Fred Rabbold. Ein weiterer Schritt nach vorne zeigt sich dann 1982 mit der Verpfli ch- tung des Medium Terzetts. Im Jahre 1985 folgte eine Sternstunde mit Ireen Sheer, einer Künstlerin der Sonderklasse. Unvergeßlich bleibt ihr Uniso lo mitten auf der Tanzfläche ohne Mikrophon, dem das vollbesetzte Haus stürmischen Applaus zo ll t. 1986 boten Jürg en Marcus und Wolfgang Sa uer ei- nen weiteren Leckerbissen, dem 1988 Cyndi und Bert folgten. Die Bemühungen der Organisatoren des Bürgervereins, dem Publikum etwas Besonders zu bieten, waren nicht nur die Verpflichtung von Gaststars, sondern auch aus der Carl-Benz-Hal le ein Ballhaus zu zaubern, das inklusive der Bühne ein to lles Flair ausstrahlte. Hier haben sich unter der Ideenvielfa lt von Jürgen Wiedemer die ganze Vor- standschaft mit ihren Freunden und Helfern un- endli che Mühe gegeben. Aber die Flut von Bäll en hat sich von Jahr zu Jahr auch bei uns auf di e Be- sucherzah l negativ ausgewirkt und das trotz her- vorragender Tanzorchester und Stars, die natürlich auf der Kostenseite zu Buche schlug en und schließ- lich nicht mehr zu verantworten waren. Der letzte Versuch war ein Gemeinschaftsball mit der K. G. Fidelio, die ihrerseits bei den Bällen ebenfalls unter einer deutlich nachlassenden Resonanz zu leiden hat- ten. Dennoch kamen wieder nur 228 Besucher, die alle ausnahmslos von die- sem Ballabend begeistert waren und teller bei Horst Weisser für die geleiste- te Arbeit als Stellvertretender Vorsit- zender und vier Jahre als Erster Vorsit- zender, ebenso bei Manfred Kudert für insgesamt zehn Jahre ehrenamtlicher Arbeit. unser gemeinsames Bemühen hono- Kurt Ernst Der momentane Gesamtvorstand des Bürgervereins Mühlburg 1898 e.v. re- rierten, gegen den stetig um sich greifenden Zeit- trend Ballmüdigkeit anzukämpfen. Der Bürgerball wurde laut Vorstandsbeschluß, bei einer Stimmenthaltung, bis auf weiteres ausge- sultiert aus der Wahl der Hauptversammlung am 17. April 1997. Erster Vorsitzender: Kurt Ernst, Stellvertreter: Peter Klemm und Klaus Brenner, Schriftführerin: Gertrud setzt, da auch hier wieder die Kosten bei weitem Schäfer, Kassiererin: Lintgard Barquet, Beisitzer: nicht gedeckt werden konnten. Daß diese Entschei- Marianne Ernst, Andreas Kumeth, Frank Heck, dung weh tat, ist selbstverständlich, war doch der Bernd Antonowitsch, Andreas Machauer, Ehrenvor- Bürgerball Dank des Organisators J. Wiedemer in sitzender: Heinz Vogel. den vielen Jahren auf ein hohes Niveau gekommen. Am 25. März 1993 zeichnete sich bei der Jahres- 100 Jahre Mühlburger Bürgerverein e.V. 1898. hauptversammlung wieder eine Wachablösung ab. Der Erste Vorsitzende Horst Weisser, ebenso sein Stellvertreter Manfred Kudert, kandidierten nicht mehr. Einziger Kandidat war Kurt Ernst, der ein- stimmig von der Versammlung gewählt wurde. Pe- ter Klemm und Jürgen Link wurden zu seinen Stell- vertretern gewählt. Schriftführer Jürgen Bickel und die Seniorenbeauftragte Marianne Ernst wurden im Amt bestätigt, Kirchen und Schulen: Ellen Fenrich, Mitgliederpflege: Andy Kumeth, Schatzmeister: Klaus Schippereit, Vereine: Klaus Brenner, z.bV. und Technik: Frank Heck. Der neu geWählte Erste Vorsitzende Kurt Ernst berichtete über sein hartes Ringen, ob er überhaupt für ein solch verantwortungsvolles Amt kandidieren sollte, nachdem so zwei bedeutende Leute, nämlich Heinz Vogel und Horst Weisser diese Position einge- nommen hatten. Er bedankte sich mit einem Ehren- Nicht nur das Thema Kultur, in ihm eingebunden die immer wiederkehrenden Veranstaltungen, be- stimmen die Aktivitäten des Bürgervereins unter dem Jahr, sondern unser Bestreben, Mittler zu sein zwischen dem Bürger und der Stadtverwaltung in den Bereichen Verkehrswesen, Polizei, Umweltthe- men, Wirtschaft, Jugend, Senioren, Schulen, Kir- chen und Vereine. Der Bürgerverein wird von der Stadtverwaltung informiert bei Bauvorhaben, z. B. über die Umge- staltung von Straßen oder öffentlichen Plätzen, öf- fentlichen Anlagen usw. Der Bürgerverein kann vor Ort Gespräche mit Vertretern der Stadt organisie- ren. Der Bürger kann sich über seinen Bürgerverein mit seinen Wünschen besser durchsetzen. Politisch ist der Bürgerverein neutral geführt, pflegt jedoch Kontakte zu allen Parteien. Eine lieb gewordene Einrichtung ist das Sprach- rohr des Bürgervereins und der Mühlburger Verei- ne, das "Mühlburger Leben". Über 35 Jahre infor- miert sechsmal im Jahr das Blatt über das Leben in unserem Stadtteil. Zusammengestellt von unserem Ehrenmitglied, Herrn Ferdinand Ruf, erreicht dieses "Mühlburger Leben" einen Großteil unserer Bürger mit den Inseraten der Mühlburger Geschäftswelt, ohne die eine kostenlose Verteilung nicht möglich wäre. Zu Pfingsten 1959 erschien das Mühlburger Le- ben als erstes Organ nur für den Bürgerverein. Erst nach und nach bedienten sich die Vereine, Schulen und Kirchen der Mitteilungsmöglichkeit. 100 Jahre Mühlburger Bürgerverein, dem Chro- nisten war es sicher nur möglich, Impressionen über die Aktivitäten unseres Vereins zu schildern, dessen Mitglieder zur Zeit über 800 Bürgerinnen und Bürger zählen und der von zehn Vorständen geleitet wird, Vorstände, Damen und Herren, die ihre Zeit, ihr Engagement ehrenamtlich zur Verfü- gung gestellt haben und weiterhin stellen für unse- re Bürgerinnen und Bürger. 100 Jahre si nd gefüllt mit Leben, Ereignissen, Krieg, Frieden, Freiheit, Lebensstufen eines jeden Einzelnen von uns. Daran soll das abschließende Gedicht von Hermann Hesse erinnern: Lebensstufen Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend. Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern In andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an einer Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegensenden, Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ... Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! Aus: Hermann Hesse, Gesammelte Werke. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Verlages. Ausflug mit dem Rad durch zwei Jahrhunderte. BARBARA HUBER, EMIL REITZ, AUGUST VOGEL f\f eine stolze Entwicklung kann die Rad-sportgemei nschaft Ka rlsru he zu rückb lieken, die aus dem Zusammenschluß der Rad- sportvereine "Sturm Mühlburg" und "Freiherr von Drais" hervorgegangen ist. Der neue Verein setzt die Tradition fort, die der Radsportverein "Sturm Müh l- burg", vor 100 Jahren einge leitet hat. Entsprechend umfangreich ist auch das Sportan- gebot. Rennsport, Kunstradfahren, Radball, BMX- Free/Style oder Rad-Tourenfahren sind vertreten . Auch eine historische Gruppe besteht, die vom Laufrad über Hoch- und Sessel räder bis zur zeitge- nössischen Kleidung komplett ausgerüstet ist. Die Gründung des Radfahrvereins Sturm 1898 Mühlburg und seine Entwicklung bis 1958 Im Dezember des Jahres 1 B97 faßten einige Stammgäste des Gasthauses zum Lamm in Mühl- burg den Entschluß, einen Radfahrerverein zu gründen, um sich an freien Tagen auf dem Fahrrad von der Arbeit Mühe zu erholen, für ein paar Stun- den die Sorgen zu vergessen, der Hetze im täg- lichen Leben zu entfliehen, Freundschaft und Ge- se ll igke it zu pflegen und vor all em die Jugend für den Radsport zu gewinnen. Die unverdrossene und unermüdliche Werbung von Radsportgemeinschaft Karlsruhe e.V. 1898 100jähriges Vereins-Jubiläum 1 Mitgliedern für diesen gesunden und schönen Sport ermög lichte es, daß am 13. Oktober 1898 eine Generalversammlung einberufen und die Gründung des Radfahrervereins Sturm in Mühlburg vollzogen werden konnte. Unter der Leitung des tüchtigen Vorstandes Heinrich Noll konnte der Ver- ein in der Einwohnerschaft Müh lburgs festen Fuß fassen. Von tatkräftigen Sportkameraden unter- stützt, war schon nach zwei Jahren seit Bestehen des Vereins die Mitgliederzahl derart angewachsen, daß an die Anschaffung eines Banners gedacht werden konnte. Am 14. Juni 1903 fand die Banner- weihe statt, verbunden mit einem Preiskorso. Dem jungen, aufstrebenden Vereine ging es also ernst- lich darum, se inem Bestehen auch nach außen hin Ge ltung zu verschaffen. In schönen wie in sturmbe- wegten Zeiten hielt das Banner die Mitglieder in Treue zusammen. Getreu auch seiner Parole : "In Sturmesbraus - zieh'n wir hinaus" setzte sich der Verein trotz aller inneren und äußeren Schwierig- keiten des Vereinslebens durch. Der Mitg liederstand bewegte sich damals zwischen 80 bis 100, manch- ma l darüber. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 warf unseren Sport zurück. Im Laufe des Jah- res 1919 aber fanden sich einige ehema lige Sport- kameraden zusammen, um den Verein wieder auf- zurichten und es gelang dem energischen Zweiten Radlerousflug vor der Gründung des Radfahrervereins Sturm Mühlburg im Jahr 1895. Vorsitzenden, unserm Kameraden Albert Dafferner, die Mitglieder des Vereins zusammenzuhalten, bis der Erste Vorsitzende, Franz Berg, aus der Kriegsge- fangenschaft zurückkehrte. Bei seiner Rückkehr in die Heimat im Jahre 1920 wurde ihm ein begeister- ter und würdiger Empfang bereitet. Neues Leben erwachte in den Reihen der Ver- einsmitglieder, und in kurzer Zeit war der alte Mit- gliederstand wieder erreicht. Bis zur Jahreswende 1921/1922 war die Mitgliederzahl auf über 100 an- gestiegen. Im Jahre 1924 wurde der Verein Mitglied im Bund Deutscher Radfahrer. Mit einer einheitli - chen Sportkleidung trat der Verein nun bei öffent- lichen Veranstaltungen erfolgreich auf. Durch Kunst- und Reigenfahren wurde ein weiteres Sportgebiet geschaffen und mit großem Erfolg be- trieben. Bei historischen Festzügen mit der Gruppe "Die Entst~hung und Entwicklung des Fahrrades", vom Draisrad bis zum vollendeten Kunstrad, konn- te der Verein viele erste Preise erringen. Auch im Vor dem Gasthaus "Zum Lamm " im Jahr 1957. Rennsport wurden schöne Erfolge erzielt, desglei- chen im Radwandern . Unsere historische Gruppe war im Bundesgebiet einma lig und wurde deshalb bei allen besonderen Anlässen angefordert. So be- teiligte sie sich unter anderm auch am Olympia- festzug in Hamburg im Jahre 1936 mit unseren Fahrern und erntete reichen Beifall. Schmerzlich traf uns deshalb der Verlust von 18 Rädern dieser Gruppe. Bei einem Fliegerangriff im Dezember 1944 wurden sie im Gasthaus zum Lamm, wo sie aufbewahrt waren , vernichtet. Nur ein Hochrad, das Draisrad und ein Kunstrad, die bei Mitgliedern untergebracht waren, blieben erhalten . Beim Ausbruch des Krieges im Jahre 1939 hatte der Verein seine beachtlichste Höhe erreicht. Auch während des Krieges wurde das Radwandern immer weiter gepflegt, und es wurden bis zum Jahre 1944 schöne Ausfahrten unternommen. Die in der Hei- mat verbliebenen Mitglieder kamen auch weiterhin zusammen und hielten steten Kontakt mit den zur Auf dem Hochrad durch die Stadt. Wehrmacht einberufenen und im Felde stehenden Kameraden. Beim Einmarsch der Franzosen in Karlsruhe, im April 1945, retteten die beherzten Vereinsmitglie- der H. Ortner, A. Bastian, Frau Bastian und Emil Bür- ger das noch vorhandene Inventar und die Vereins- preise vor Plünderung und Vernichtung, indem die- se Kameraden unter Lebensgefahr die für den Ver- ein sehr wertvollen Gegenstände bargen und bei Kamerad Ortner unterstellten. Darunter befand sich auch das Banner mit den Bannerschleifen. Nachdem die Besatzungsbehörden die Wiederbe- gründung und Fortführung von Sportvereinen zu- gelassen hatten, versammelten sich am 9. April 1948 im Gasthaus zum Lamm 22 frühere Mitglieder des alten Vereins und beschlossen seine Wieder- gründung bzw. seine Fortführung laut Satzung. Diese Versammlung wurde von August Bastian, H. Ortner, A. Vogel, Frau K. Bastian und E. Reitz einbe- rufen. Am 24. Oktober 1948 wurde dann in engem Rahmen das 50jährige Jubiläum des Vereins gefei- ert. Immerh in konnte wieder ein wohlgelungenes Vereinsrennen durchgeführt und ein Festbankett mit Ehrungen im "Lamm" abgehalten werden. Von nun an ging es unter der verdienstvollen Leitung von August Vogel als Ersten Vorsitzenden stetig aufwärts. Bereits im Jahre 1949 wurde vom Verein die Badische Straßenmeisterschaft über eine Strek- ke von 150 km durchgeführt. Es war ein voller Er- folg für den Verein. Im Jahre 1951 wurde im Garten des Gasthauses "Zum Engel" ein Gartenfest abge- halten und gleichzeitig der "Große Straßenpreis von Mühlburg" durchgeführt. Auch diese Veran- staltung verlief reibungslos und brachte uns wieder weitere Mitglieder. Gleichzeitig wurde das Kunst- und Reigenfahren, sowie das Radballspiel in die sportliche Tätigkeit aufgenommen, nachdem zuvor die erforderlichen Kunsträder beschafft worden waren. Im gleichen Jahre beteiligten wir uns mit der historischen Gruppe am Bundesfest in Mann- heim und erhielten im Preiskorso den I. Preis. Wie- derum im nächsten Jahr errangen wir beim Bun- desfest in Speyer mit derselben Gruppe den I. Preis. Im Jahre 1952 wurde erstmals die Gesamt-Badische Meisterschaft im Vierer-Vereinsmannschaftsfahren über 100 km durchgeführt. Zum Gedenken unseres verstorbenen Mitglieds und eifrigen Rennfahrers Emil Bürger wurde von nun an fast jedes Jahr das "Emil - Bürger-Gedächtnisrennen" in Mühlburg durchgeführt, das Tradition wurde und sich allge- meiner Beliebtheit erfreute. Am 31. Oktober 1953, an läßlich unseres 55. Stif- tungsfestes, nahmen wir nach Renovierung unseres Banners die zweite Bannerweihe vor, die gleichzei- tig das 50. Bannerjubiläum war. Die Weihe vollzog der Erste Vorsitzende des Badischen Sportbundes, Franz Müller, der in herzlichen Worten die Verdien- ste des Vereins würdigte. Unter der umsichtigen und stets bewährten Le itung aller Vorsitzenden machte der Verein große Fortschritte, so daß er in den 50er Jahren mit zu den rührigsten Bundesver- einen zäh lte. Unzählige erste Preise sowohl im Lan- desverband als auch im Kreis und Bund Deutscher Radfahrer wurden errungen, ebenso im Kunst- und Reigenfahren und im Radballspiel. Unsere Rennfah- rer waren nicht weniger erfolgreich, so daß das Ziel, die "Breitenarbeit", die im Vordergrund des Vereins steht, voll und ganz zum Ausdruck kommt und in vollem Ausmaß als erreicht gelten konnte. Aber auch in der Förderung der Jugendarbeit wurde nichts unversucht gelassen, um den nötigen Nach- wuchs zu erziehen und heranzubilden. In der Geschichte des Radsports in Mühlburg muß aber noch ein Ereignis besonders hervorgeho- ben werden. Eines der größten Verdienste des Mühlburger Vereins war, daß die Bundeshauptver- sammlung Deutscher Radfahrer in Karlsruhe abge- halten wurde. Der Anlaß war der 100. Todestag des Erfinders des Fahrrades. Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, Badischer Forstmeister (geb. 1785, gest. 1851), dessen Denk- mal in der Kriegsstraße in Karlsruhe oft Anlaß zu Feierstunden mit Kranzniederlegungen und Ge- denkreden war. Bei al len Groß-Veranstaltungen im Radsport, die in Karlsruhe zur Durchführung kamen, beteiligten sich "Stürmler" bei den Vorbereitungen und Aus- richtungen. Olympia -Ausstellungen, Internationa le Radball-Turniere und Hallenradsport-Meisterschaf- ten des Bezirkes und des Verbandes waren immer Höhepunkte der Vereinsarbeit. Selbst die Groß- Veranstaltungen "Quer durch den Sport" des KSC, mit den Spitzenkönnern im Kunstradfahren und Radball, waren durch Vermittlung und Betreuung Der Vorstand im Jahr 1958. Oben von links: Kurt Zinsmeier, Heinz Vogel, Fritz Kiefer, Manfred Reitz, Werner Ortner, Korl Weiß, Kar! Armbruster. Unten von links: Emi/ Reitz, Frau Köppel, August Vogel, Karl Köppel, Hermann Ortner. Mino Printz, 1958 Ehrenmitglied, ers te und älteste deutsche Kunstradfahrerin. der mehrfachen Deutschen Meisterinnen und Mei- ster, ja, der doppelten Weltmeister, für unseren Ver- ein ehrenvolle und dankbare Aufgaben . Als zufriedenstellende Bilanz muß auch der Er- folg in der Schaffung von Radfahrwegen in der weiten Umgebung Karlsruhes bezeichnet werden, denn auch auf diesem Gebiete sind Stürmler maß- gebend aufgetreten. Neben all diesen aufgezeigten, gemeinsamen und großen Leistungen auf allen In- Der Vorstand im Jahr 1998. Oben von links: Beisitzer J. Huber, Fachwart Radlager M. Wagner, Jugendleiterin H. Lang, Fachwartin Halle M. Ortner, Fachwart RTF A. Kitt!, Beisitzer KI. Reitz. Unten von links: Ehrenvorsitzender H. Vogel, Zweiter Vorsitzender und Kassenführerin K. Lange, Geschäftsstelle B. Hub er, Erster Vorsitzender R. Ortner. teressengebieten des Radsportes, wurde aber auch innerhalb des Vereins alles getan, um zunächst den Aktiven all es das zu beschaffen, was sie zu sportli - chen Leistungen und Erfolgen führt und ihre Kräfte sichert, um Meisterschaften in allen Disziplinen für den Verein zu erringen. Daß aber auch die Gesellig- keit und Kameradschaft im Verein eine große Rolle spielten, ist wohl am besten daraus zu ersehen, daß man an Ostern und an Weihnachten die große Ver- Reinhard Degen, Gründungsmitglied des Vereins im 75. Jubiläums- jahr 1958. RSG , J. Huber und M. Wagner. RSG 11 M. Weber und R. Haug. RSG "' ehr. Ganz und T. Rauprich. einsfamilie ebenso reich versammelt sah, wie sie sich beim alljährlichen Familienausflug eingefun- den hat. An den Fastnachtsumzügen des Verkehrsvereins in Karlsruhe beteiligte sich der Verein mit wir- kungsvollen humoristischen Gruppen, die allgemein Anklang fanden . Anläßlich der "350-Jahrfeier der Stadt Mannheim" wurde dort ebenfalls ein großer Fastnachtsumzug durchgeführt. Der an den Verein ergangenen Einladung leisteten wir mit der histori- schen Gruppe gerne Folge und ernteten reichen Beifall und Anerkennung. An der Einweihung des Ersten Deutschen Zwei- rad-Museums in Neckarsulm 1956 in Verbindung mit einer "Großen Internationalen Veteranen- Rallye" beteiligten wir uns mit unserer gesamten "Historischen Gruppe" in Originalkostumen. Dabei konnten wir neben den 17 Einzelpreisen für unsere Teilnehmer jeweils die goldene Erinnerungs-Plaket- te für volle Erfüllung der gestellten Bedingungen und ferner im "Internationalen Mannschafts-Wett- bewerb" den ersten Preis erringen. Als im Jahre 1957 in Mühlburg die Arbeitsge- meinschaft der Mühlburger Vereine ins Leben geru- fen wurde, waren auch die Radsportier dabei. Der gemeinsam errungene Erfolg war der Ansporn, auch in Zukunft Veranstaltungen innerhalb dieser Arbeitsgemeinschaft durchzuführen. Im Jubiläumsjahr 1958 wurde dem Verein vom Bu nd Deutscher Radfahrer zu dem vorgesehenen "Großen Straßenpreis von Mühlburg" gleichzeitig als Würdigung seiner Pionierarbeiten das Auswahl- rennen zur Bildung der Deutschen National-Mann- schaft angetragen. Diese große Ehre wußte der Ver- ein zu schätzen, und es war diese Veranstaltung, die mit der 110. Jahrfeier der Freiwilligen Feuerwehr Mühlburg und gemeinsam mit dem Volksfest der Mühlburger Vereine durchgeführt wurde, die der Feier zu einem vollen Erfolg verhalf. Die wichtigsten Ereignisse aus der Vereinsgeschichte 1958-1998 1958 1961 1963 1967 1971 1972 4.- 7. Juni, 60jähriges Jubiläum an der Honsellstraße gemeinsam mit der Frei- willigen Feuerwehr. Ausrichtung der Ba- dischen Straßen meisterschaft. Sieger: Kuntz, Linkenheim, früher Mühlburg. Treffen der Bundesehrengilde des BOR anläßlich des 110. Todestages der Frei- herrn von Drais (Ausrichter: RV Sturm Mühlburg). Großer Straßenpreis "Um den Gritzner- Preis" über 156 km Weltmeisterschafts- vorbereitungen. Zweiter der C-Klasse: Schön laub, Sturm Mühlburg. 30. Juni : Städtevergleichskampf Karls- ruhe-Nancy (Sieger Karlsruhe). Dieses Treffen wurde jährlich vom Sturm Mühl- burg durchgeführt mit entsprechendem Gegenbesuch in Nancy. Teilnahme an der Draisinen-Rallye Straßburg-Karlsruhe aus Anlaß der Bun- desgartenschau. Neugründung der Abteilung Kunstfahren. Gesa mtbadische Ha lien radsportmeister- schaften in der Carl-Benz-Halle erstmals um den August-Vogel-Gedächtnis-Wan- derpoka I. Erstma Is Sch ü lermeisterschaft für die Schuljugend. Pokalstifter: Günter Rüssel. RSG-Junioren B. Stolz und FI. Huber. 1974/75 Fusion der beiden Vereine "Sturm Mühl- burg" und "Freiherr von Drais" zur Rad- sportgemeinschaft Karlsruhe. Nach zweijähriger Verhandlung, damals noch mit Rot-Gold Karlsruhe, wird dieser Schritt von Heinz Vogel und Günter Schneider vollzogen. 1975 Annette Vogel und Daniela Ortner wer- den erstmals Badische Meisterinnen im 2er Kunstfahren. Diese Erfolge setzten sich bis 1982 fort. 1977/78 Wagner/Schäfer Badische Jugendmeister im Radball. Rodbollnachwuchs mit den Trainern T. Rauprich und KI. Reitz. 1978 1979 Vogel/Ortner erstmals Teilnehmer an den Deutschen Meisterschaften im 2er Kunstfahren. Günter Kobek gewinnt bei den Junioren- weltmeisterschaften im Radrennen in Buenos Aires/Argentinien die Bronze- medaille. 1982/83 Günter Kobek: Militärweltmeister im 4000m Einer Verfolgungsfahren. 1983 Günter Kobek: Deutscher Meister in 1985 100 km 2er Mannschaftsfahren, zweifa- cher Sechs-Tage-Sieger. Großveranstaltungen in Karlsruhe zum 1986 200. Geburtstag des Erfinders des lenk- baren Laufrades, Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn (Badischer Forstmeister): Draisfestival bei der Europahalle mit Rennen für Junioren, dabei sind auch Gäste aus Nottingham. Rad ba Iitu rn ier/B MX-Da rbietu ngen/ Hoch rad ren nen/ Veteranenra llye. Ausstellung im Prinz-Max-Pa lais. Bundeshauptversammlung des BOR in Karlsruhe, Ausrichter: Radsportgemein- schaft Ka rlsruhe. Rainer Schadowski wird Deutscher Mei- ster BMX Größenklasse und Vize welt- meister Helmke Ortner/Marita Jäkel erst- mals bei der Deutschen Meisterschaft im 2er Kunstfahren in Berlin. 1987 Juni : Tei lnahme der Histor ischen Gruppe bei den Weltmeisterschaften in Holland. Rüdiger Ortner Weltmeister im 800m Draisinenfahren. 1987 3. Juli : Start der 3. Etappe der Tour de France von Karlsruhe nach Stuttgart. 1988 Juli: Teilnahme der Historischen Gruppe als Abordnung des Landes Baden-Würt- temberg bei der 750-Jahrfeier in Berlin. 1988 Jubiläumsjahr Badische Meisterschaften Kunstfahren der Schüler. Volksradfahren durch den Hardtwald. Radrennen um den Binding-Preis. 1988 6. Radtouristikfahrt. Badische Meister- schaften Radball der Oberliga. Radkriterium um die Draisschule. Jubilä- umsveranstaltung im Gemeindezentrum Peter und Paul. Radballsuperturnier. Die sportliche Bilanz der Radballer der RSG Karlsru- he der vergangenen zehn Jahre dokumentiert das hohe Leistungsniveau unserer Mannschaften nicht nur auf Landesverbandsebene in Nordbaden, son- dern im gesamten badischen Raum. In den letzten neun Jahren sicherten sich die Mannschaften der RSG Karlsruhe in der höchsten Spielklasse des Lan- desverbandes Nordbaden den Meistertitel der Oberliga. Weiterhin gelang es in manchen Jahren sogar, noch eine weitere Mannschaft in die Medail- lenränge zu bringen. Der Gesamtbadische Meister- titel der Oberliga konnte seit 1989 dreimal errun- gen werden und viermal stellte die RSG den Vize- Meister. Ein ähnliches Bild zeichnete sich im Nachwuchsbe- reich ab, wobei hier die Kontinuität der Erfolge un- ter der rückläufigen Entwicklung im Bereich der Neuzugänge zu leiden hatte. Abteilung Kunstrad. Treffen der Draisinenfahrer vor dem Rathaus. Im überregionalen Vergleich waren die Mannschaf- ten der RSG immer für spannende Spiele gut, jedoch mußte immer wieder die leidvolle Erfahrung gemacht werden, daß die Hochburgen des deut- schen Radball in anderen Landesverbänden an- gesiedelt sind. So wurde bisher das gesteckte Ziel, eine Amateur-Mannschaft in die 2. Bundesliga zu bringen, noch nicht erreicht. Zwar wurden in den Jahren 1989, 1990, 1993 und 1996 mit dem Er- reichen des Finales der Aufstiegsrunde große Hoff- nungen geweckt, die aber aufgrund des vorhan- denen Leistungsunterschiedes zwischen den einzel- nen Landesverbänden nicht erfüllt werden konn- ten. Im Jahr 1995 machte eine Schü lermannschaft der RSG auf sich aufmerksam. Mit dem über- raschenden Einzug in das Viertelfinale der Deut- schen Meisterschaften wurden die Vereinsfarben bei einem überregionalen Großereignis würdig vertreten. Viele freundschaftliche Beziehungen zu anderen Vereinen wurden in der Vergangenheit gepflegt. Dies äußert sich auch durch regelmäßige und gegenseitige Einladungen zu Pokalturnieren. Hier sind es die Kontakte u. a. nach Öflingen!Wehr, Im Draisjahr 7985 stand das Fahrrad im Mittelpunkt, hier var dem Draisdenkmal an der Beiertheimer Allee. Sindelfingen, ReichenbachjFils, Robertsau (Frank- reich), IsmaningjMünchen, Leimen, Mainz-Hechts- heim und zum RMSC Karlsruhe, bei denen nicht nur das sportli che Kräftemessen, sondern auch der Erfahrungsaustausch und das Miteinander vor und nach den Wettkämpfen im Vordergrund stehen. Zwei BMX Karrieren in der RSG Die BMX Abteilung wurde 1982 gegründet. Bedingt durch viele US-amerikanische Boys, die schon ein BMX Bike hatten, kamen auch in Karlsruhe ver- stärkt 12-16jährige auf den Geschmack und trai- nierten mit Rainer Schadowski auf seinem eigenen Trainingsgelände am Maxauer Hafen. Sein Vater Dieter Schadowski organisierte als Fachwart al le Teilnahmen an Deutschen, Europa- und Weltmei- sterschaften. Di e BMX Rennfahrer im Verein wuch- sen auf über zehn Fahrer an, und es kam eine Renn- strecke in Grötzingen dazu. In 14 Jahren aktivem Leistungssport holte Rainer über 140 Siegerpokale nach Hause, dazu gehörte auch 1986 der Vize-WM- Titel in England, die Deutsche Meisterschaft 1984, Radakrobaten im Fest- zug beim 60jährigen Jubiläum des Rad- fahrervereins "Sturm" im Jahr 1958. Fata: Harst Schlesiger. 1986,1991 und 1993. Seiner Vorliebe für amerika- nische Sportarten ist er treu geblieben, 1995 stieg er auf Autos um. Albert Retey, geboren 1970 in der Schweiz, kam erstmals 1985 mit BMX in Kontakt. Er probierte mit seinem Bike auf Parkplätzen die schwier igsten Tricks, während sich auch diese Art BMX als "Flat- land Freestyle" in den USA und Europa zum Sport entwickelte. Erst 1987 nahm Albert erstmalig an ei- nem Wettbewerb in Köln t eil. Ab 1989 gab es in Deutschland keinen besseren Flatland Freestyler als Albert Retey. Den Titel des Deutschen Meisters errang Albert ohne Unterbrechung von 1989 bis 1995. Auch bei den Weltmeisterschaften, die ab 1990 ausgetragen wurden, konnte er sich behaup- ten und errang 1993 den WM -Titel in Limoges (F), in den folgenden Jahren landete er auf Platz 2 oder 3. Seine sportliche Laufbahn beendete Albert Retey 1996, im gleichen Jahr, in dem er auch sein Physik- Studium abschloß. Die Rad-Tourengruppe mit ihren vier aktiven Punktesammlern hat sich mit der AOK zusammen die Aufgabe gestel lt, Ausfahrten für mehr oder minder geübte Radfahrer zu organisieren. Jeden Mittwoch um 18 Uhr wird gestartet, das heißt, wenn der Wettergott gut will, denn wenn es in Strömen regnet, wird die Gesundheit nicht geför- dert. Zwischen 8 und 14 Personen sind auf dem Sattel. All e Altersklassen sind dabei, da auch mit der Geschwindigkeit nicht übertrieben wird. Mit Pausen in verschiedenen Garten- und Sportheimen werden pro Abend 30 bis 35 km gefahren, so daß jeder seine Freude zum Wiederkommen am näch- sten Mittwoch hat. Zu einem festen Bestandteil der Aktivitäten der historischen Gruppe sind die Umzüge zu den Jah- resfeiern geworden. 12 bis 16 historische Fahrräder sind in Maxstadt und in Wissembourg im Elsaß so- wie anläßlich 500 Jahre Neudorf und 750 Jahre Wiesental im Badischen unterwegs. Bei Landesgar- tenschauen, z.B. in Stuttgart oder Mosbach, aber auch in Nordrhein-Westfalen, in Grevenbroich, ist die Gruppe gefragt, um die Entwicklung des Fahr- rades vorzustellen. Zum 800jährigen Stadt jubiläum Durlachs starteten in Karlsruhe am Rathaus 17 Draisinenfahrer, darunter vier von der RSG. Zum 210. Geburtstag des Fahrraderfinders Frei- herr von Drais wurde in Karlsruhe die Bundes- hauptversammlung des Bundes Deutscher Radfah- rer abgeha lten. Bei der Kranzniederlegung am Drais-Denkmal zeigte die historische Gruppe ihre Räder. Zur Präsentation für die Stadt Karlsruhe und die KKA stellt die Gruppe ihre Räder vor. Für den Ver- kehrsverein werden in Zusammenarbeit mit dem Bogenschützenclub Seminare durchgeführt. Erfolge unserer Kunstradsportier 1993 Fidelitas Pokal 1er Schüler B 1995 Kreismeisterschaft 2er Schüler A Platz 1 Brigitte Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1993 Fidelitas Pokal 1 er Schüler A 1995 Kreismeisterschaft 1er Schüler C Platz 1 Karin Pietruska Platz 2 Nina Bacarella 1993 Fidelitas Pokal 2er Schüler A 1995 Fidelitas Pokal 2er Schüler A Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1993 Deutsche Meisterschaft 1 er Schüler A 1995 Rhein-Neckar-Pokal (2) 2er Schüler A Platz 22 Karin Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1994 Kreismeistersch aft 1 er Schüler B 1995 Rhein - Neckar-Pokal (2) 1 er Schüler C Platz 1 Brigitte Pietruska Platz 2 Nina Bacarella 1994 Kreismeisterschaft 1 er Schüler A 1995 Na chwuchswettbewerb 1 er Schüler C Platz 1 Karin Pietruska Platz 1 Julia Schlager 1994 Kreismeisterschaft 1 er Schüler B 1995 Badische Meisterschaft 2er Schüler A Platz 2 Denise Feix Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1994 Fidelitas Pokal 1 er Schüler B 1995 Deutsche Meisterschaft 2er Schüler A Platz 3 Denise Feix Platz 10 Karin und Brigitte Pietruska 1994 Fidelitas Pokal 1er Schüler B 1995 Mitglied im D-Kader Baden-Württemberg Platz 1 Brigitte Pietruska Karin und Brigitte Pietruska 1994 Fidelitas Pokal 1 er Schü ler A 1996 Kreismeiste rschaft 2erJugend Platz 1 Karin Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1994 Rhein-Neckar- Pokal (2) 1 er Schüler B 1996 Kreismeiste rschaft 1 er Schüler C Platz 2 Brigitte Pietruska Platz 1 Nina Bacarella 1994 Rhein-Neckar-Pokal (2) 1 er Schü ler A 1996 Fidelitas Pokal 2erJugend Platz 1 Karin Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1994 Badische Meisterschaft 1 er Schüler B 1996 Fidelitas Pokal 1 er Schüler C Platz 2 Brigitte Pietruska Platz 1 Nina Bacarella 1994 Badische Meisterschaft 1 er Schüler A 1996 Rhein-Neckar-Pokal (2) 2erJugend Pl atz 1 Karin Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1994 Badische Meisterschaft 1er Schüler B 1996 Rhein-Neckar-Pokal (2) 1er Schüler C Platz 11 Denise Feix Platz 1 Nina Bacarella 1994 Deutsche Meisterschaft 1 er Schüler 1996 Badische Meisterschaft 2erJugend Platz 1 Karin Pietruska Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1995 Kreismeisterschaft 1er Schüler A 1996 LBS-Cup Bad.-Württemb. (3) 2erJugend Platz 1 Karin Pietruska Platz 3 Karin und Brigitte Pietruska CD 1996 Deutsche Meisterschaft 2er Jugend Platz 3 Karin und Brigitte Pietruska 1996 Mitglied im D-Kader Baden-Württemberg Karin und Brigitte Pietruska 1997 Kreismeisterschaft 2er Jugend Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1997 Kreismeisterschaft 1 er Sch üler B Platz 2 Nina Bacarella 1997 Kreismeistersch aft 1 er Schüler A Platz 4 Miriam Fritz 1997 Fidelitas Pokal 2er Jugend Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1997 Rhein-Neckar-Pokal (2) 2er Jugend Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1997 Rhein-Neckar-Pokal (2) 1er Schüler B Platz 3 1997 Rhein-Neckar-Pokal (2) Nina Bacarella 1 er Schüler A Platz 5 Miriam Fritz 1997 Badische Meisterschaft 2er Jugend Platz 1 Karin und Brigitte Pietruska 1997 Badische Meisterschaft 1 er Sch üler B Platz 6 Nina Bacarella 1997 LBS-Cup Bad.-Württemb. (3) 2er Jugend Platz 2 Karin und Brigitte Pietruska 1997 Deutsche Meisterschaft 2er Jugend Platz 4 Karin und Brigitte Pietruska 1997 C-Kader-Sichtungen 2er Jugend Platz Karin und Brigitte Pietruska und somit C-Kader-Mitglied ab 1998 1997 Mitglied im D-Kader Baden-Württemberg Karin und Brigitte Pietruska 1997 Rhein-Neckar-Nachwuchs 1 er Sch üler B Platz 3 Judith Botta 1997 Schnupperwettbewerb 1er Schüler C Platz 1 Gina Wintermantel Gesamtvorstand im Jubiläumsjahr 1998 Erster Vorsitzender Zweiter Vorsitzender Geschäftsführerin Kassiererin Jugend leiterin Fachwart Halle Radball BMX Tourenfahren Historische Gruppe Beisitzer Kassenprüfer Presse Rüdiger Ortner Karin Lange Barbara Huber Karin Lange He/mke Lang Maria Ortner Michael Wagner Dieter Schadowski Anton Kitt! Barbara Huber Jörg Huber Klaus Reitz Edeltraud Leyer Rainer Haug Jörg Huber 1. Der Artikel basiert auf "60 Jahre Radsport in Mühlburg" in der Festschrift "60 Jahre Radfahrerverein 'Sturm' 1898 Müh l- burg", Karlsruhe 1958, von Emil Reitz und August Vogel, der überarbeitet und bis in die Gegenwart aktualisiert wurde. Fahnenweihe 1929. FRANZ KLEINWÄCHTER UND RICHARD DOLDE Die Fächerstadt Kar lsruhe wurde 1715 ge-gründet und hat woh l dank ihrer schönen architektonischen Bauweise und herr lichen Lage zwischen Rhein und Schwarzwa ld seit jeher reichen Zuzug aus anderen deutschen Gauen. So hatte sich woh l be reits um die Jahrhundertwende eine statt liche Anza hl unserer bayerischen Lands- leute innerhalb der Tore der Stadt Kar lsruhe ange- siedelt (wir vermuten, daß wir Ihnen woh l zuschrei- ben können, daß heute in Karlsruhe ein so ausge- zeichnetes Bier zum Ausschank kommt). Doch noch mehr dürfen wir diesen Landsleuten dafür danken, daß sie sich bereits im Jahre 1898 zusammengefun- den haben, im Gasthaus zum Tiroler in der Hirsch- straße unter der Fahne Weiß-Blau, die gestiftet wurde vom Prinzregent Luipold von Bayern. Der Name des Vereins war "Bayernverein Weißblau Karlsruhe", und er erfreute sich großer Beliebtheit bei den hier ansässigen Bayern und Einwohnern unserer Stadt. Groß ist die Anzahl der stattgefun- denen Veranstaltungen in der damaligen Festhalle und im Stadtgarten, noch reicher waren die Besu- che und Gegenbesuche auswärtiger Vereine zu Trachtenfesten und Fahnenweihen. Nach dem Ersten We ltkrieg, der große Lücken in die Reihen unserer Vereinsmitg lieder riß, fand sich der Verein doch bald wieder zusammen und strebte Bayern- und Trachtenvereinigung Weißblau Almfrieden Karlsruhe e.V. mehr alsje zuvor danach, die Sitten und Gebräuche unserer Heimat zu pflegen und zu erhalten. Im Jah- re 1924 wurde in Karlsruhe ein weiterer Bayern- und Trachtenverein gegründet unter dem Namen "Almfrieden". In enger landsmännischer Zusammen- arbeit mit dem bereits bestehenden Verein Weiß- blau wurde manche Veransta ltung bestritten und zum vo ll en Erfolg geführt. Vom 8. bis 10. Juni 1929 war der Bayernverein Almfrieden dank seiner intensiven Vereinsarbeit und Opferbereitschaft aller Vereinsmitglieder und einiger Gönner des Vereins in der Lage, ebenfalls eine Fahnenweihe, verbunden mit einem großen Trachtenfest. in der Karlsruher Festha lle abzuhal- ten. Freudigen Herzens begleitete der Verein unter Teilnahme des Patenvereins Almrausch Pirmasens und vieler auswärtiger Trachtenvereine vom Rhein - Main-Gau und aus der bayerischen Heimat die Fah- ne zur kirchlichen Weihe in die Liebfrauenkirche. Stolz verließ die große Trachtenschar die Kirche, voran die neue Fahne, gefolgt von den Fahnen der Gastvereine, und sie alle zogen in einem einmaligen Festzug durch die Straßen unserer Stadt zur Fest- hal le. Groß waren die Opfer des Bayernvereins Alm- frieden, um in der schweren Zeit der beginnenden Weltwirtschaftskrise ein solches Fest abha lten zu Aktive Mitglieder 1932/33. können, und es gebührt heute noch besonderer Dank dem damaligen Vereinsvorstand und späteren Ehrenvorstand Josef Lehmeier und seinen engsten Mitarbeitern. Nun war den Anhängern des Bayern- vereins Almfrieden das Symbol gegeben, dessen ein Verein bedarf, der fern der Heimat se in Wirken entfaltet. Durch die politischen Wirren hindurch ging der Bayernverein seinen Weg, getreu seinem Wahlspruch "Sitt und Tracht der Alten wollen wir erha lten". Ein weiterer Bayernverein "Bavaria" wurde im Jahre 1931 gegründet. Dank der guten Zusammenarbeit wurde im Jah- re 1933 die Zusammenfassung der drei Karlsruher Bayernvereine Weißblau, Bavaria und Almfrieden beschlossen, und mit Fug und Recht wurde das Gründungsjahr 1898 anerkannt, da viele Mitglieder aus dem 1898 gegründeten Bayernverein Weißblau stammten. Der Name des so gebildeten Vereins lau - tete nun : "Bayern- und Trachtenvereinigung Weiß- blau Almfrieden Karlsruhe". Die kommenden Jahre galten vor all em dem Aufbau der Trachtensache, dem Einüben von Tänzen und Liedern. Der Erfolg zeigte sich auch bald bei der Teilnahme an Trach- Im Stadtgarten 1951. tenfesten und Trachtenschauen, von denen unser Verein immer wertvolle Preise mit nach Hause brachte. Doch da nn brach der Zweite Weltkrieg aus, und unsere Burschen mußten die Lederhose mit der feldgrauen Uniform und den Trachtenhut mit dem Stahlhelm tauschen . Unsere beiden Fahnen wurden oft mit dem Trauerflor verhangen, wenn wieder ei- ner unserer Besten von uns gegangen war, bis dann in jener unglücklichen Nacht vom 3. auf 4. Septem- ber 1942 im Klapphorn se lbst unsere beiden Fah- nen samt dem gesamten Vereinsinventar mit wert- vollen Preisen und Pokalen den Bomben zum Opfer fielen. Es schien so, als ob damit das Schicksal un- seres Vereins endgültig besiegelt sei . Doch das jah- relange Hoffen und Warten auf ein Wiedersehen in der Heimat führte die Menschen schnel ler als er- wartet zusammen. Bereits im August 1946 kramten die ersten Heimkehrer ihre treu gehüteten Trachten wieder aus den Kellern und veranstalteten von da ab wieder regelmäßig Vereinsabende im Philister. So wie der Wiederaufbau in unserer stark zerstör- ten Stadt nach der Währungsreform vorangetrie- ben wurde, so gestaltete sich auch der Aufbau in Ein Vereinsmitglied war der Zitherfranzl. Fahnenweihe am 10. Mai 1953. unserem Verein. Neue Mitglieder wurden aufge- nommen, Trachten angeschafft oder verlorenge- gangene Teile ergänzt. In der Silvesternacht 1951 auf 1952, genau um Mitternacht, wurde der "Grundstein" zu einer neu- en Fahne gelegt. Zwei Riesenbrezeln von Fritz und Friedl Ruland wurden aufgeteilt und zum Verkauf dargeboten. Der seit dem 3. Oktober 1951 a mtie- rende Erste Vorstand Franz Kleinwächter übergab mit den besten Wünschen die beiden Brezeln ihrer Bestimmung und gab der Hoffnung Ausdruck, in den kommenden Jahren wieder eine Fahne unser eigen nennen zu dürfen. Bereits in dieser Nacht spendeten unsere Mitglieder 41 DM. Das nun kommende Jahr stand vollständig im Zeichen unserer zukünftigen Fahne. In zahlreichen Veranstaltungen und mit den Spenden unserer Mit- glieder gab man sein Bestes, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Im September 1952 wurde dann un- sere Fahne in der Taubstummenanstalt Kloster Ho- henwart bei Ingolstadt bestellt und bis April 1953 fertiggestellt. Vereinsmitglieder beim Gruppenfoto. Eine Jugendgruppe. Ein e Jugendgruppe. Am 9. und 10. Mai 1953 wurde sch ließlich in der Ausstellungshalle die Fahnenweihe mit einem gro- ßen Trachtenfest gefeiert. Groß war die Anzahl der Vereine mit dem Patenverein Almrausch an der Spitze, die zum Gelingen des Festes beitrugen, und stark war das Interesse der Karlsruher Bevölkerung an der zweitägigen Veranstaltung in der Ausstel- lungshal le am Festplatz und dem schönen Festzug durch die Innenstadt. Besonders erwähnenswert bei der Fahnenweihe in der Liebfrauenkirche ist, daß damals wohl zum ersten Male in einer Karlsruher Kirche bayerische Schrammelmusik erklang, welche unsere Sängergruppe zur Bauernmesse von A. Th o- ma begleiteten. Ein weiterer Markstein in der Vereinsgeschichte ist auch das 60jährige Stiftungsfest, das am 21./22. Juni 1958 unter der Schirmherrschaft von Ober- bürgermeister Günter Klotz in der Schwarzwald hal- le veranstaltet wurde. Gebirgs- und Volkstrachten, Musikkapellen, Jodlerinnen aus der Schweiz, Tirol, Bayern und dem Rhein-Main-Gau sowie unser Ver- ein sorgten für schöne Programme an beiden Tagen und einen herrlichen Festzug durch die Stadt. 1966 wurden al le das Vereinslokal betreffenden Proble- Heimatabend. me auf längere Sicht aus der Welt geschafft. Zu- sammen mit dem Gartenverein Oberer See wurde ein Vereinsheim erstellt. Unsere Mitglieder haben hierzu weit über 2.000 Arbeitsstunden geleistet und Materialwerte von 1.400 DM beigesteuert. Heute sind wir froh, daß wir im "Oberen See" ein Vereinslokal haben, in dem wir regelmäßig unsere Vereinsabende abha lten können - wie wir immer wieder von anderen Vereinen hören, ist dies nicht selbstverstä nd I ich . Leider bleibt auch der Bayernverein von der Ver- einsmüdigkeit vieler Mitbürger und Mitbürgerin- nen, vor al lem auch der jungen, zunehmend nicht verschont. Während wir unser 85- und 90-jähriges Vereinsjubiläum noch aus eigener Kraft mit einem großen Heimatabend feiern konnten, so müssen wir in den letzten Jahren - auch aufgrund des enormen wirtschaftlichen Risikos - kleinere Brötchen bak- ken. Für größere Auftritte ist zur Zeit unser Stamm an Aktiven zu klein. Nichtsdestotrotz hat der Verein nach wie vor ein lebendiges Vereinsleben. Die nach wie vor über 60 Mitglieder freuen sich, 1998 das Hundertjährige feiern zu können . ANGE LI KA SAUER VEREIN GRÜN- GRÜNDUNGS- DUNG MITGLIEDER Berufsvereinigungen ......................... . . . ......... ........... . . ..... . ..... Interessengemeinschaft 1979 Erb, Rudi Attraktives Mühlburg e.v. Gemeinnützige Vereine .... . ..... . . ................ . . . . . . . . . . . ..... .. ..... . ......... Freiwillige Feuerwehr 1848 Nagel Mühlburg Arbeiterwoh Ifah rt ; 1947 Kistner, Albert; Stadtbezirk Karlsruhe- Reger, Frieda; Mühlburg Reichert, Karl VdK Ortsverband; 1947 Bernius; Daubmann; Ka rlsru he- M ühl bu rg Dupper; Kurz, Margarete; Mehl, Karl; Merz, Daniel; Metzger, Mar ia; Müh lebach, Werner; Prescher, Kurt; Wagner, Paul; Walz, Hi lde ard; 9 Die Mühlburger Vereine im Jahr 1998 1 ZIELE UND ZWECK BESONDERE EREIGNISSE UND PUBLIKATIONEN . ... . .... . ..... . ............... . ......... . ................... Gemeinschaftliche Seit 1996 Veranstaltung Werbung für den eines Weihnachtsmarktes Stadtteil Mühlburg in Mühlburg; Durchfüh- rung verkaufsoffener Sonntage . . . ......... .. .... .. ........... ...... .......... . . . . ....... . .. Brandschutz, Katastro- Siehe Beitrag phenschutz, technische "Die Geschichte der Hilfele istung Freiwilligen Feuerwehr Ka rlsru he-M ü hlbu rg" Unterstützung von Bedürftigen und sozial schwachen Familien während der Nachkriegs- jahre; Initiierung und Durchführung sozia ler Hilfe leistungen; Beratu ngstätig keit Einsatz für die sozialen Rechte der Kriegshinter- bliebenen und Kriegsbe- schädigten; Einsatz für Versorgungs- und Rentengesetze; Einsatz für die Interessen von Behinderten, chronisch Kranken und älteren Menschen Bürgerverein Bürgerverein Mühlburg 1898 e.v. Karnevalsvereine Karn eva Isgesellschaft Fidelio e.V. Karlsruhe Mühlburger Carnevalsgesel lschaft e.V. 1898 1955 Bamberger, Helmut; Bastian, Karl; Benna, Herbert; Kopia k, Günter; Laible, Ella; Leimenstoll, Dieter; Leppert, Kurt; Mayer, Günter; Meppiel, Edgar; Gustav, Heinz und Horst; Nufer, Irmgard; Ruf, Dieter; Steiner, Heinrich; Zöller, Rolf 1969 Gun ia, Anneliese und Marita; Ilg, Ludwig; Schilling, Else und Hans; Weidemann, Hans; Wolf, Gloria und Lothar F. Pflege eines guten Verhältnisses zwischen Behörden und Bürger- schaft; Vertretung von Belangen und Interessen der Bürgerschaft Mühlburgs gegenüber der Stadtverwaltung Karlsruhe Pflege des fastnacht- lichen Brauchtums Pflege des karnevalisti- schen Brauchtums siehe Beitrag "100 Jahre Bürgerverein Mühlburg 1898 e.v." 1 965: Gründung der "Residenzgarde" der KG Fidelio; Verei nsnachrichten "Eulenspiegel", Jährliche Begleitschrift zur Fastnachtssaison 1978 bis 1997: Verleihung von 24 Deutschen Meistertiteln an die Tanzgarden; Fernsehauftritte in ARD, ZDF und regiona len Fernsehsendern; Gewinn des ZDF-Fern- sehgartenpoka ls durch die "Grünschnäbel"; Vereinseigenes Mittei- lungsheft "die Narreschell" Kl eingarte nvereine .... .. ... ......... ..... ... .. ... ...... ... ..... .. ..... . . .. . .... ..... . ... ...... .. ... .. .... . ... . .. ..... . ..... .. . ... . .......... Kleingartenverein 191 9 Förderung des Kl ein- 1974: Eröffn ung des Ver- Exerzierplatz e.v. gartenwesens; der Verein einsheims "Gärtner Hütt" ; erstrebt den Zusammen- 1982: Stromverlegung im schluß der Siedler und gesamten Gelände; Fest- Kle ingärtner in Karlsruhe schrift "60 Jahre Kleingar- und Umgebung tenverein Exerzierplatz Karlsruhe e.v. 1919 - 1979"; Festschrift "75 Jahre Klein - gartenverein Exerzierplatz e.v. Karlsruhe 1919 - 1994" Kleingartenverein 1919 Förderung des Klein- Städtisches Sonnenbad gartenwesens; Verwirk- e'v. Karlsruhe-Mühlburg li chung von Erholungs- und Freizeitfunktion der Kleingärten Kleingartenverein "Hinter 1919 Büh ler, Hans; Förderung des Kleingar- 1981 : Err ingen der der Hansa" HeB, Anton; tenwesens; Förd erung und Goldmedaille im Bundes- Wi ehl, atto Schaffung von öffentl i- wettbewerb "Gärten im chem, der Allgemeinheit Städt~bau"; Festschrift zugäng lichem Grüngelän- "75 Jahre Kleingartenver- de im Interesse der Ge- ein 'Hinter der Hansa' sunderhaltung der 1919 - 1994" Bevö lkerung Kulturelle Vereine . . . .. . .. . . ... . . ..... . .... . . . ....... .. . . ... . . . .... . .. ......... . .... .. .... ... .. . . . . ..... .... . . .. . . .. .. . ... . . .... ....... . . ... Bayern - und Trachten- 1898 Pflege und Erhalt von siehe Beitrag "Bayern- und vereinigung Weißblau Sitten und Gebräuchen Trachtenvereinigung Weiß- Almfrieden Kar lsruhe e.V. der bayrischen Heimat blau Almfri eden Karls- ruhe e.v." ; Vereins-Ch ronik Kulturverein Tempel e.v. 1984 Erhaltung, Restaurierung Jährliche Durchfüh ru ng u. Pfl ege des Kulturdenk- des Tempelfestes mals ehema lige Selden- eck'sche Brauerei und Be- re itstellung von Räumen für Musiker, Künstler, Ju- gendgruppen u. Vereine zu günstigen Bedingun- gen; Förderung der Kom- munikation der Mieter untereinander und mit der Öffentlichkeit durch Veransta ltungen Musik- und Gesangvereine ........................... . .. .......... .......................... ....... .. ....... . .. . ............ Männerchor Karlsruhe- 1837 West 1837 e.v. Zither-Orchester 1894 Pflege der Volksmusik und zeitgenössischer Zithermusik Bläserchor St. Peter- und - 1947 Degler, Carl; Mitgestaltung von kirch- Paul Mühlburg e.v. Heidelberger, Th.; lichen und weltlichen Kraut, G.; Veranstaltungen und Krotil, V.; Festen; Ausbildung und Kuhn, A.; Schulung von Musik- Müller, E.; freunden, insbesondere Penz, R.; Jugendlichen Schach, H.; Scheerer, K.; Werling, K. Harmonika 1986 Pflege und Erhal- Seni oren-Orchester tung der Volksmusik; Ka rlsru he-M ü hlbu rg Musizieren in Alten- und Pflegeheimen ........ . ..... . .......... . ........ 1837: Fusion der Gesellschaft "Casino" und des Gesangver- eins "Liederkranz" zum Männerchor "Casino- Liederkranz" ; 1837 - 1924: In Mühlburg entstehen die Gesangvereine "Maschinen- bauer-Sängerkranz (1837)", "Gesangverein Frohsinn- Mühlburg (1862)", "Volkschor West (1919)" und "Eintracht Mühlburg 1924", von denen einige 1946 in der "Sängerve einigung Mühlburg" aufgehe 1946: Gründung der "Sänger r- n· vereinigung Mühlburg"; 1976 Fusion der "Sängervereinigun 9 Mühlburg" und des 1905 gegründeten "Silcherbunds Karlsruhe" zum "Männerchor Karlsruhe-West e.v." 1974: das Jugendquintett St. Ingbert belegt beim Ju- gendwettbewerb des Deut- schen Zitherbundes den ersten Platz 13.-20. Sept. 1989: Konzertreise nach Malta auf Einladung der maltesischen Regierung aus Anlaß der 25. Wiederkehr des Unabhängig- keitstages; Festschrift "25 Jahre Bläserchor Mühlburg 1947- 1972" ; Festschrift "50 Jahre Blasmusik 1947- 1997" Festschrift "10 Jahre Har- monika - Senioren Karlsruhe- Mühlburg 1986- 1996" Sportvereine .... . .......... . .... .. ... ........ . .. . . . ................... . ............... . .... . ......... . ... . ... . .. . . . .. .... .... . ...... . . Turnerschaft 1861 Bischoff, Ch.; Ausübung des Turnsports 1968: Einweihung des neuen Mühlburg 1861 eV Dobmann, H.; sowie der Sportarten Vereinsheims auf dem Ge- Morlock, H.; Handball, Ski, Leichtath- lände hinter dem Mühlburger Scheuerpflug, A.; letik, Tennis, Tischtennis, Bahnhof; 1986: Verleihung Schübelin, G.; Volleyball und Wandern der Sportplakette des Bun- Stemmermann, H. despräsidenten; Jubiläums- festschriften 1951, 1961, 1986 Karlsruher 1891 Bensemann, W.; Ausübung des Fußball- 1910: Deutscher Meister; Fu ßballverein e.V. Drach, R.; Just, G.; sports sowie der Sport- seit 1963 Kontakte der KFV- Helbing, H.; arten Tennis, Gymnastik Jugend zu Vereinen in USA Langer, E.; Roth, C.; und Bowling; Ausrich- und Kanada; 1990: Vier- Stutz, W.; tung von Turnieren und Städte-Turnier zwischen Wagner, R.; Gedächtn isspielen Karlsruhe und den Partner- Zimmer, A. städten Nancy, Halle und Nottingham; "90 Jahre Karls- ruher Fußballverein 1891 - 1981 "; "100 Jahre Karlsruher Fußballverein 1891 - 1991" Radsportgemei nschaft 1898 Ausübung der Sportarten siehe Beitrag "100 Jahre Karlsruhe e.v. 1898 Rennsport, Kunstradfah- Radsportgemei nschaft ren, Radball, BMX-Free/ Karlsruhe" Style und Rad-Touren- fahren DJK Blau-Weiß 1922 Büchel, Werner; Ausübung der Sportarten 1926: in den Meisterschafts- Mühlburg Fitz, Hans Albert; Fußball, Damengymna- spielen der DJK-Vereine wird Förderer, Anton; stik und Freizeitsport der DJK Blau -Weiß Mühlburg Groß, Bernd; (Fußball-AH, Volleyball, süddeutscher Meister; 1933: König, Alfons; Boccia) Vereinsverbot; 1965: Neu- König, Bernhard; gründung des Vereins; 1978: Maier, Joachim; Einweihung des Sportplatzes Maisch, Werner; am Mühlburger Bahnhof und Makschin, Joachim; des Vereinsheims; Festschrift Reinach, Heinrich; zur Einweihung; Festschrift Scheerer, Ka rl; "25 Jahre DJK Blau-Weiß Scherer, Walter; Mühlburg 1965 - 1990" Schneider, Karl; Wasner, Bruno; Weber, Ludwig; Werling, Kurt; Wild, Willi Sportverein Schwarz- 1952 Hartmann, Her- Förderung und Durch- 1976: Baufertigstellung Weiß Mühlburg 1952 e.v. mann; führung aller Sportarten, des Clubhauses in JODS, Günther; insbesondere des Eigenarbeit; 1994: Strack, Josef Fußballsports und der Wiedereinführung der Damengymnastik Jugendarbeit Schützen-Club 1957 Dammert, Herbert Pflege und Ausübung 1961: Inbetriebnahme des Mühlburg e.v. und Hildegard; des Schießsports; Schützenhauses in der Fränkel, Albert; Durchführung von Honselistraße; 1968: Häusser, Ruth; Schießsport- und Aufnahme des Schieß- Lorenz, Dieter; geselligen Veran- betriebs an der neuen Ruf, Horst; sta ltungen Schießsportanlage mit Schaber, Helmut Vereinsheim; 1973: Grün- und Heinz; dung einer Bogensport- Schneider, Herbert abteilung; 1982: Ein- und Sieglinde; weihung der Vereinsfahne; Schulte, Siegfried; Erfolgreiche Teilnahme an Stubenrauch, Kreis-, Landes- und Magda und deutschen Meisterschaften Wilhelm; Walch, Rolf; Weimar, Gerhard Tierzuchtvereine ........................ .... .. ... .... . ....................... . ..... . ...... . ... . ...... .... ... .... ... ..... ..... ... ...... ... . Brieftaubenverein Züchten von Brieftauben Mühlburg 1. Poli ze ihundesportver- Durchführung und ein Karlsruhe-Mühlburg Teilnahme an Zucht- schauen 1 Zusammengestellt aufg rund der Angaben der Vereine Vorstandschaft des Medizinalvereins von 1900. Der Verein besteht heute nicht mehr. literaturauswahl Susanne Asche: Die Bürgerstadt, in: Dies./Olivia Hochstrasser, Durlach : Staufergründung, Fürstenre- sidenz, Bürgerstadt, Karlsruhe 1996, S. 147-444. [Josef Bader]: Die Residenzstadt Karlsruhe, ihre Ge- schichte und Beschreibung. Festgabe der Stadt zur 34. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärz- te, Karlsruhe 1858. Adolf Bayer: Die neue Stadt Mühlburg nach der Planung von Georg Andreas Böckler ab 1688, Karls- ruhe 1981. Rainer Beck/Winfried Flammann: Die Selden- eck'sche Brauerei in Mühlburg, in : Industriearchi- tektur in Karlsruhe, Karlsruhe 1987, S. 32-50 (Ver- öffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 6). Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe für das Jahr 1886, Karlsruhe 1987. Karl Gustav Fecht: Geschichte der Haupt- und Resi - denzstadt Karlsruhe. Im Auftrag der Städtischen Archivkommission bearbeitet. Mit Illustrationen und einem Situationsplan der Gegend, Karlsruhe 1887 (Nachdruck Karlsruhe 1976). Generalbebauungsplan der Landeshauptstadt Karls- ruhe, Karlsruhe 1926. Theodor Hartleben: Statistisches Gemälde der Resi- denzstadt Karlsruhe und ihrer Umgebungen, Karls- ruhe 1815. Eugen Huhn : Karlsruhe und seine Umgebung. Ge- schichte und Beschreibung. Mit einem Plan der Stadt und einer Karte der Umgegend, Karlsruhe 1843. Herman Jakob: Einwohnerbuch der Markgrafschaft Baden-Durlach im Jahr 1709, Schopfheim 1935. Johann Baptist Kolb : Historisch-statistisch-topo- graphisches Lexikon von dem Großherzogthum Ba- den, 2. Band, Karlsruhe 1814. Emil Lacroix, Peter Hirschfeld, Wilhelm Pauseier, Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Karlsruhe, Karls- ruhe 1937. 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Ortsindex bearbeitet von Ernst atto Bräunehe A Adlerquerstraße 15 Alb 71 Albgrün 64 Albstraße 15 Altstadt, Karlsruhe 207 Arrestloka l 29 Ausste ll ungshalle, Karlsruhe 275 Autobuslinie Mühlburg-Daxlanden 36 Autoreparaturwerkstatt 131 B Bachstraße 13, 15, 17, 40, 47-50, 221 Baden-Baden 22, 199, 213 Baden-Württemberg 221 Bahnhof 30, 36-38, 45, 62, 155, 166-168, 172, 281, 282 Bahnhofstraße 15 Bannwaldallee 59 Base l 17, 22, 235 Bauernhof 40, 85, 152 Bayern 275 Beiertheim 17, 207 Beiertheimer Allee 33, 37 Berlin 261 Binsenschlauchsied lung 71 Brahmsstraße 40, 48 Brauereien 15, 23, 30, 108-113, 172, 215, 280 Brauerei Gottesau 23 Se ldeneck'sche Brauerei 108-113, 172,215 Union-Brauerei 15 Bulach 17, 121, 122 c Carl-Benz-Halle 33, 152, 221, 239, 241, 243, 247, 259, 282 D Dachau 99 Daxlanden 36, 37, 41, 47, 59, 97,103,121,122,207,213, 215,217,219 Dragonerkaserne 233 Drais-Denkmal 265 Duisburg 123 Durlach 17, 19,22,23,42,47, 185,188,199,200,212,213, 221, 223, 224, 265 Durmersheimer Straße 58 E Ebertstraße 62, 64, 65, 75 Eggenstein 217 Ehrenmal 217, 224 Eichstett 17 Eisenbahnstraße 15 Elsaß 28, 265 Emmendingen 17 Entenfang 57, 59, 61-65, 70-73, 78, 79, 83, 160, 162, 163, 237 Erzbergerstraße 71 Essen 239 F Fabrikstraße 30 Firmen und Geschäfte Badische Kartoffelmeh lfabr ik Wah l & Cie 30 Bäckerei Eugen Häberle 134 Bäckerei Müller 50 Bäckerei und Konditorei Karl Reinmuth 134 Ba u materia liengeschäft Friedrich Kohler 135 Brauereien siehe dort Drei-linden-Apotheke 57 Fabrik Dr. Schmittborn 15 Fahrradhaus Witzemann 132, 133 Fischbeinfabrik 26 Glacelederfabrik Mühlburg vorm. R. ElIstätter 30 Kartoffel meh Ifa bri k Wahl & Cie 30 Kaufhaus Woolworth 183 Ko lonia Iwarengeschäft Karl Scheuerpflug 129 Kondima 36 Krappfabrik 23, 26 Ma lzfabrik Leopold Eypper 30 Ma lzfabrik Wimpfheimer 12, 30, 49,86,87,171, 191,208,216 Masch i nen ba ugesellschaft, vorma ls Maschinenfabrik Keßler und Martiensen 37,41, 49, 203, 207 Maschinenfabrik Seneca 12, 30,114-119,172 Michelin 41 Möbelfabrik Markstahier & Barth 53 Nahrungsmittelfabrik Brenner 49 Rheinapotheke 38 Zigarrenhaus Eder 145 Fa Iterstraße 30 Feierabendweg 49, 53 Festhalle, Karlsruhe 269 Festplatz, Karlsruhe 207, 275 Feuerwehrgerätehaus 165, 224 Fliederplatz 30, 36, 147, 168, 217, 236, 240, 243 Flugplatz 49 Frankreich 47 Freiburg 17,30 Friedhof 210,217,221,224,238 Friedrichstraße 15 G Gasthäuser 13, 19, 21, 23, 25, 26, 30,49,52,88,137,141,144,176, 182, 205, 207, 208, 216, 233, 241, 248, 251, 253-255, 269 Adler 88 Anker 49 Blume 23 Cafe Müller 126 Goldener Anker 44, 144 Goldener Hirsch 141 Jägerha us 216 Kühler Krug 64,158,219 Löwen 23 Ochsen 23 Ritter 29 Schwanen 23 Stadt Karlsruhe 182 Sternen 176, 177 Strauß 21, 23 Westendhalle 49, 234, 235 Zu den drei Linden 20, 49, 52,53,93,130,207,210,211 Zum Adler 144 Zum Engel 255 Zum Hirschen 13, 23, 25, 207 Zum Lamm 137, 253 Zum Rheinkanal 126, 129 Zum Storchen 233 Zum Tiroler 269 Gaswerk, Karlsruhe 30 Geibeistraße 102, 147 GelIertstraße 65 Gemeindehaus, ev. 93, 102 Gemeindezentrum Peter und Paul 261 Getreidelagerhaus 121, 124, 125 Gluckstraße 49 Glümerstraße 147 Gottesa u 109 Grevenbroich 265 Großherzog lichen Hoftheater, Karlsruhe 200 Grötzingen 17, 31, 53, 263 Grünwinkel 40, 47, 97,98,101, 109,207,213,215,217 Gurs 43, 47 Gymnasium, Karlsruhe 31 H Hafen, Maxau Hagsfeld 17, 47 Hamburg 235 Händelstraße 47, 48, 64 Hardt 18 Hardtstraße 15, 30, 31, 37, 41, 49, 59,60,65,81,87, 109,136-139, 141,142,166,208,216,235 Hardtwald 261 Hauptbahnhof 207, 235 Hauptfriedhof, Leichenhalle 48 Heidelberg 30, 200 Heilbronn 123 Heimgartenweg 49 Hirschstraße 23, 269 Holland 261 Holzmühle 19 Honselistraße 42, 44, 45, 59, 63, 259, 283 Ismaning/München 263 J Jung-Stilling-Saal 221, 239 K Kaiserallee 15, 59, 65 Kaiserstraße 15 Kärcherstraße 11 5 Kasino 49 Kinder- und Jugendtreff Mühlburg 30, 36, 167,169 Kirchen 12, 23, 26, 46, 53, 66, 78, 79, 83, 91, 93, 96-99, 128, 138, 175, 221, 242, 244, 248, 249, 269, 275 Ka rl-Fried rich-Gedächtn iski rche 12,53,90-96,101,174 Liebfrauenkirche, Karlsruhe 275 St.-Peter-und-Paul-Kirche 12, 46, 53, 65, 71, 73, 78, 79, 83, 96- 99,128, 185, 242 Kleine Straße 15 Knielingen 17, 22, 27, 47, 54, 61, 91,98,215 Kohlplatte 208 Köln 49, 123, 265 Kriegerdenkmal 30, 145, 174, 175, 238 Kriegsstraße 33, 37, 59, 61, 63, 11 5, 255 L Lameyplatz 43-46, 49, 57, 79, 82, 178, 179, 238 Lameystraße 15, 19,49,51,57, 59-62, 64, 66, 81, 84, 143, 144, 180, 181,225 Laubenweg 53 Leimen 263 Leopoldshafen 98, 121 Leyerles Häusle 84 Limoges 265 Lindenplatz 15,30,91,138,145, 147, 176, 177. 207, 221, 238 Linkenheim 259 Lübeck 49 Ludendorffstraße 49, 53 Ludwig-Marum-Straße 39 Ludwigshafen 123 Luftsch utzra u m 53 Lutherisch Wäldele 39 M Mahnmal 238 Mainz-Hechtsheim 263 Malsch 221 Mannheim 22, 33, 65, 123, 259 Marktplatz 15 Marktstraße 15, 16, 148,149 Maulbronn 189 Maxau 98 Maxaubahn 13, 17, 30, 36, 37, 39, 115, 121 Maxaubahnstraße 49 Maxstadt 265 Militärschwimmschule 126, 158 Moltkestraße 41, 49, 142 Mosbach 265 Mühlburger Brücke 26 Mühlburger Feld 57, 61, 70, 71, 73, 75, 77, 80, 237 Mühlburger Landstraße 15 Mühle 17, 19, 21, 22, 26, 43, 45, 127, 178, 210, 238 Mühlstraße 145 N Neckarsulm 259 Neudorf 265 Neureut 17, 61 Neureuter Straße 63 Nordrhein-Westfalen 265 Nordsternsiedlung 47-50, 65, 70,213,114 Nordweststadt 71 Nottingham 261 Nuitsstraße 15, 49, 53, 65, 66, 70, 131 .. .. o Oberer See 276 Oberfeld 33, 37, 41 Öflingen/Wehr 262 p Pfaffenrot 31 Pfalz 43, 57 Pforzheim 22 Phillippstraße 50, 64 Pirmasens 269 Polen 43 Polytechnikum, Karlsruhe 31 Post 62, 72, 78 , Prinz-Max- Palais, Karlsruhe 261 Promenaden haus, Karlsruhe 115 Pyrenäen 43 R Rastatt 61, 65 Rathaus 28, 29, 33, 91, 101 , 164, 165,207, 223, 262, 265 Rathaus, Karlsruhe 262 Reichenbach/Fils 263 Reichsstraße 235 Rennbuckel 40 Rennbuckelsiedlung 71 Rhein 17,27,59,121,123,203, 235, 266, 267, 269, 275 Rheinbrücke 28 Rhein - Main - Gau 275 Rheinbrückenstraße 63 Rheingold-Filmtheater 217 Rheinhafen 40, 47, 57, 61 , 65, 120- 124,213,221 Rheinstraße 36, 46, 49, 53, 57-59,61,63-71,73,75,80,83, 89 , 126-128,130-134, 136, 162, 163,191,214,233- 236 Rintheim 17, 53, 207 Robertsau 263 Rostock 49 Rüppurr 207, 223 5 Schloß 19-22, 91, 200, 210 Schloßkirche, Karlsruhe 91 Schloßstraße 15 Schräck 121 Schu len 14, 23, 37, 49, 75, 97, 100,105, 233, 241, 248, 249 Draisschule 103, 106, 107, 219, 225, 261 Hardtschule 37, 101 - 103, 138,145,160,219,223 Herbert Norkus- Schule 103- 105 Vogesenschule 59,101-103,223 Schwarzwald 269 Schwarzwaldhalle, Karlsruh e 275 Schweiz 28, 275 Schwimmschulstraße 14, 126 Sedanstraße 15, 153, 221 Seldeneck'sches Feld 57, 235 Seldeneck'sches Freigut 109 Seldeneck'sches Sch läßchen 24, 26, 30, 11 0, 111, 145 Selz 17 Siemenssiedlung 71 Silospeicher 221 Sindelfingen 263 Sondern heim 123 Sonnenstraße 48 Sophienstraße 71, 73 Spanien 43 Speyer 19 Sportplatz der Turnerschaft Mühlburg 82 Sportplatz des VfB Mühlburg 49 Städtisches Klinikum 220, 223 Stadtgarten, Karlsruhe 37, 269, 271 Stefanienstraße, Karlsruhe 28 Steighaus 207, 208 Sternstraße 15, 49, 85, 152, 154, 223 Steubenstraße 49 Stösserstraße 30, 36, 41, 142 Straßburg 17, 23 Stuttgart 261, 265 Südtangente 59, 62, 64, 103 T Tabakmühle 26 Tankstelle 139 Tannhäuserstraße 49 Taubenturm 19, 20 Tauberbischofsheim 239 Teutschneureut 98 Technische Hochschule (TH), Karlsruhe 233 Telegraphenkaserne (Ludendorffstraße) 49 Tiral 275 Turnhalle 37, 38 u Uferweg 155 USA 265 v Vereinshaus des Fe Phoenix Müh lburg 187 Vogesenbrücke 160, 238 Vogesenstraße 59 w Waisenhaus 36 Wassersch loß 143 Weinbrennerstraße 57, 61, 73 Weingärtensied lung 49 Weinheim 217 Welschneu reut 98 Werfthallen 121, 123,221,237 Werftstraße 40 Wiesental 265 Wimpfen 21 Wissembourg 265 Wohnhaus des Hafenamtsvorstands 121, 122 y Yorckstraße 14 z Zinken 208 Personen index Bearbeitet von Kat ja Linder A Alexander, Kaiser von Rußland 26 Allgayer, Josef 237, 239 Ankhelen, Gottlieb 28 Antonowitsch, Bernd 248 Arker, Irene 239 Armbruster, Karl 256 Arnold, Prof. Engelbert 233 B Bacare ll a, Nina 266, 267 Backhaus 71 Baden, von Friedrich 1., Großherzog 121,233 Hermann, Markgraf 17 Karl Friedrich, Markgrafl Großherzog 91, 109 Luise, Großherzogin 36, 37 Philipp 1., Markgraf 19 Rudolf Hesso 17 Rudo lf IV., Markgraf 17 Rudo lf VI., Markgraf 17 Wi lhelm, Markgraf 201 Baden-Durlach, von Ernst Friedrich, Markgraf 19 Fried rich VI., Ma rkg raf 22 Friedrich Magnus, Markgraf 23 Karl, Markgraf 19 Karl Wilhelm, Markgraf 199 Wilhelm Ludwig, Prinz 23, 91, 109 Ba ll , Dr. Hermann Otto 217, 218 Bamberger, Helmut 278 Barquet, Lintgard 245, 248 Barth, Jürgen 224 Bastian, August 254 Bastian, K. (Frau) 254 Bastian, Ka rl 278 Batschauer 142 Bauer, Christian 28 Bayern, Luipold, Prinzregent 269 Becker, Karl 239 Becker, Ralph W. 75 Bee r, Li ese I 49 Behnke, Christa 247 Beier, Heiko 226, 228, 229 Benna, Herbert 278 Bensemann, Walter 281 Benz, Kar l Friedrich 31-33 Berg, Franz 252 Berg, Oliver 228 Bergmann, Dietrich 225, 226, 228, 229 Bernius 277 Betz, Gustav 237 Bickel, Jürgen 248 Biro, Laszlo 223 Bischoff, Ch. 281 Bischoff, Gemeinderechner 15 Bitterwolf, Horst 228, 229 Bitterwolf, Luise 207 Bluck, Hagen 226, 228, 229 Böckler, Georg Andreas 22 Botta, Judith 267 Böttcher, Eberhard 218, 228, 229 Böttger, Udo 228 Braun, Jürgen 225 Brehmer, Carl 237, 239 Brenner, Klaus 243, 248 Brosinsky 71 Büchel, Werner 282 Buchenau (Stadtrat) 223 Bühler, Hans 279 Bürger, Emi l 254, 255 c Contini, Dennis 228 Cramer, (Frau) 243 Cunzmann, Hans 17 D Da Silva, Raphael 228 Dafferner, Albert 252 Dammert, Herbert 283 Dammert, Hi ldegard 283 Dannenmaier, Nicole 228 Daubmann 277 Daubmann, Karl 225 Debatin 218 Deck 29 Degler, Carl 281 Deimling, August Friedrich 28 Dhollt, Hans Georg 23 Dietrich, Albert 228, 229 Dissinger, Else 238 Dobmann, H. 281 Doldt, Ado lf 210, 211, 227 Doldt, Albert 239, 241, 242 Do ldt, Ferdinand 208, 209, 227, 234 Doldt, Friedrich 207 Do ldt, Gustav 211 Doldt, Hermann 207 Doninger, Jürgen 228 Dörrfuß, Johann 29 Drach, R. 281 Drais von Sauerbronn, Karl Friedrich Freiherr 255, 259, 261, 265 Dullenkopf, Otto 221, 241 Dupper 277 E Ebert, Richard 90 Eder, Alfred 218, 225, 228, 229 Egler, Prof. Carl 33, 238, 241 Eidenmüller, Ulrich 223 Eiseie, Karl 215 Engel, Heinrich 239, 241, 242 Ensberger, Ferdinand 239 Enzinger, Pascale 228 Erb, Rudi 277 Erhard, August 237 Ermel, Hans Bernet 23 Ernst, Kurt 224, 248 Ernst, Marianne 248 Eschbach, Patrick 228, 229 Essig, Mathias 228 Eypper, Leopold 30 F Farrenkopf, Helmut 217, 221 Fecht, Johan n 22 Feil 217 Feix, Denis 266 Fenrich, Ellen 248 Fetzer, Otto 239, 241, 242 Fitz, Hans Albert 282 Förderer, Anton 282 Fränkel, Albert 283 Friedmann, Marcel 215, 217-219, 221,223,225,227 Friton, Rainer 228, 229 Fritz, Miriam 267 Funk, Egon 239 G Gabser, Stadtrat 205 Ganz, Chr. 258 Gärtner, Alfred 75 Geppert, Horst 242 Golling, Friedrich 209 Grashof, Franz 31 Griesbach, Wilhelm Christian 26 Gröber, Karl 237 Grombacher, Fritz 221, 215, 218, 221 GroB, Bernd 282 Gunia, Anneliese 278 Gunia, Marita 278 Gurk, Dr. Franz 217 Gymsel, Balthis 19 H Haas 22 Häberle, Eugen 134, 237 Häberle, Gerhard 241, 242 Habsburg, Rudolf von 17 Hartleben, Theodor 23 Hartmann, Hermann 283 Haueisen, Albert 99 Haug, Rainer 258, 267 Haug, Willi 221 Hauk, Wilhelm 233 Häusser, Ruth 283 Heck, Frank 248 Hefen-Eberstein, Zimbrecht von 19 Heidelberger, Th. 281 Helbing, H. 281 Hengst, Christian 200 Henninger, Arthur 237 Herbig, Alexander 228 Herrmann, Torsten 225, 229 HeB, Anton 279 Hesse, Herman n 249 Hetz, Philipp Ludwig 23 Hitler, Adolf 42 Hoffmann (Pfarrer) 224 Hollingshaus, Robert 228, 229 Holstein, Friedrich 85 Honsell, Max 121 Horn, Werner 247 Hottner, Xaver 139 Huber 97 Huber, Barbara 257, 267 Huber, FI. 260 Huber, Jörg 257, 258, 267 Hugenschmidt, Dr. Karl Heinz 245 Huhn, Eugen 26 Ih m, Dr. Eduard 48 IIg, Ludwig 219, 239, 241, 242, 278 Isemann, Friedrich 99 J Jahn, Paul Hugo 219, 221 Jäke l, Marita 261 Johe, Thomas 228 Joos, Friedrich 207 Joos, Günther 283 Jung, Hans W. 75 Jung, Werner 241 Just, G. 281 K Karcher, Otto 237-239, 241, 242 Kaufmann 218, 226 Kaufmann, Andreas 228, 229 Kaufmann, Rene 228, 229 Kaufmann, Sven 228 Kiefer, Christian 227 Kiefer, Fritz 256 Kiefer, Udo 228 Kistner, Albert 277 Kistner, Wolfgang 241, 242 Kittl, Anton 257, 267 Klausmann, Hermann 218, 221, 226, 228,229 Kleinwächter, Franz 273 Klemm, Peter 243, 248 Klotz, Günther 237, 275 Klump, Jost 19 Klu mpp, Anton 237 Kobek, Günter 260 Kohler, Friedrich 135, 203, 233, 237, 239, 241, 242 Kohler, Johann 28 Lorenz, Doris 247 Nerlinger, August 115 Kohm, Frank 225 Louis, Günter 221, 223, 225, 226, Nill, Stefan 23 Kohm, Udo 221, 223-225, 227-229 228, 229 NolI, Heinrich 251 König, Alfons 282 Ludwig, A. 227 Nufer, Irmgard 278 König, Bernhard 282 König, Siegfried 223 M 0 Konrad IV., Kaiser 17 Kopiak, Günter 278 Maag, Karl 28 Oberle, Ernst 233 Köppel, (Frau) 256 Köppel, Karl 256 Machauer, Andreas 248 Ortner, Daniela 260 Kraut, G. 281 Maier, Joachim 282 Ortner, Helmke 261 Krotil, V. 281 Maisch, Werner 282 Ortner, Hermann 254, 256 Kudert, Manfred 248 Makschin, Joachim 282 Ortner, Maria 257, 267 Kugel, Georg 203 Marcus, Jürgen 247 Ortner, Rüdiger 257, 261, 267 Kuhn, A. 281 Maurath, Ferdinand 99 Ortner, Werner 256 Kumeth, Andreas 248 Mayer, Günter 278 Otto, Dr. Konrad Friedrich Emil 26, Kümmerle, Markus 228, 229 Meese, Franz 116 28 Kuntz 259 Meffert, Johanna 75 Kury, Michael 224 Meffert, Martin 75 p Kurz, Margarete 277 Mehl, Karl 277 Menzinger, Toni 221 Papen, Franz von 42 L Meppiel, Edgar, 278 Meppiel, Gustav 278 Penz, R. 281 Meppiel, Heinz 278 Pertzborn, Emil 215 Lahr, Thomas 28 Meppiel, Horst 278 Pfeifer, Bernhard 155 Laible, Ella 278 Merz, Daniel 277 Pfeifer, Friedrich 203, 205, 207-209, Lamm, Gerhard 225, 228, 229 Merz, Georg 215, 227, 228 227 Lamm, N. 229 Metz, Karl 200 Pfeifer, Hermann 238, 239, 241, 242 Lamm, Thomas 228, 229 Metzger, Maria 277 Pfeifer, Karl 211, 227 Lang, Helmke 257, 267 Morlock, H. 281 Pfeifer, Simon 200, 227 Lange, Karin 257, 267 Moser, Gerhard 219, 221, 223, 225, Pflästerer, earl 57, 63 Langer, E. 281 227, 241 Pfortner 217, 221 Lassahn, P. G. 242 Mühlebach, Werner 277 Pietruska, Brigitte 266, 267 Lattner, Franz 227 Müller (Stadtrat) 217 Pietruska, Karin 266, 267 Lauer, Architekt 71 Müller, August 203 Potschka, Manfred 228 Lazoo, Kai 228 Müller, Bernhard 207 Prescher, Kurt 277 Leh meier, Josef 270 Müller, E. 281 Leimenstoll, Dieter 278 Müller, Franz 255 R Leppert, Kurt 278 Musahl, Rainer 221,225 Lerchenmüller, (Pfarrer) 242 Leyer, Edeltraud 267 N Raban, Erzbischof von Speyer 19 Leyerle, Wilhelm 84 Rabbold, Fred 247 Linde, Otto 20 Rahäuser, Friedrich 47 Link, Jürgen 248 Nagel 277 Rastetter, Richard 215 Loren, Sophia 76 Nagel, Hans Jakob 23 Rauprich, T. 258, 260 Lorenz, Diete r 283 Nagel, Torben 228 Redtenbacher, Ferdinand 31 Reger, Frieda 277 Reichert, Karl 277 Rei nach, Hei nrich 282 Reinmuth, Karl 134 Reitz, Emil 254, 256 Reitz, Klaus 257, 260, 267 Reitz, Manfred 256 Reitze, Jürgen 218, 224-228, 229 Reize, Heinz 225 Retey, Albert 265 Reuss, Tobias 228, 229 Ritter, August 33 Rossmann, Erich 75 Roth, C. 281 Roth, Roland 228 Roth, Kar l 205 Ruder, Franz 228 Ruether, Horst 247 Ruf, Dieter 278 Ruf, Ferdinand 239, 241, 242, 249 Ruf, Horst 283 Ruland, Friedl 273 Ruland, Fritz 273 Rüssel, Günter 221, 223, 239, 259 Rüssel, Sebastian 205 s Sattler, Joachim 228, 229 Sauer, Wolfgang 247 Schaber, Heinz 283 Schaber, Helmut 283 Schach, H. 281 Schadowski, Dieter 263, 267 Schadowski, Rai ner 261, 263 Schäfer 260 Schäfer, Gertrud 248 Schandeiwein, Dieter 219,221 Schätzle, Rainer 228 Schätzle, Rolf 218, 225, 228, 229 Scheerer, Karl 89, 281, 282 Schendzielorz, Ernst 241, 242 Scherer, Walter 282 Scheuerpflug, A. 281 Scheuerpflug, Karl 129, 207 Schilling, Else 278 Schilling, Hans 278 Schippereit, Klaus 248 Schlager, Julia 266 Schiebach, Wilhelm 205 Sch lesiger, Horst 77 Sch lindwein, Anette 228 Schloms 71 Schlotterbeck, Hans Jerg 23 Schmalkalder, Hans 20 Schmerbeck, Peter 223, 225 Schmidt, Daniel 29 Schmit 29 Schneider, Albert 234, 235, 237 Schneider, Günter 260 Schneider, Herbert 283 Schneider, Hermann 211, 221 Schneider, Karl 282 Schneider, Sieg linde 283 Schnetzler, Karl 207, 234 Schübelin, G. 281 Schuchmann, Heinz 217, 238 Schulte, Siegfried 283 Schultheis, Walter 247 Schwab, Maria 207 Schwaninger, Uwe 226, 228, 229 Seebohm, Hans-Christoph 238 Seiler, Prof. Dr. Gerhard 232 Seiler, Julius 215, 217-219 Se ideneck, Christine Freifrau von 23 Seideneck, Hans Freiherr von 26, 30, 90,103 Seneca, Ferdinand jr. 115 Seneca, Ferdinand sr. 115 Sheer, Ireen 246, 247 Siebentritt, Horst 242 Singer, Eugen 217 Spielmann, Major 217 Stein, Gerhard 221 Steiner, Heinrich 278 Stemmermann, H. 281 Stephan, Helmut 238, 239 Stöhr, Uwe 228 Stolz, B. 260 Sto lz, Christian 28 Strack, Josef 283 Strauß, Franz 21 Strieder, Wilhelm 37 Stubenrauch, Magda 283 Stubenrauch, Wilhelm 283 Stückle, August 233 Stutz, W. 281 Sutter, Karl 201, 227 Sutter, Ludwig 23 T Teuffel, Prof. Gisbert von 93 Thoma, A. 275 Tilly, Johann Graf von 21 Trede, Hans 211-213 u Üsenberg, Hesso von 17 v Verdone, Luigi 224, 225, 228, 229 Vitrano, Micheie 228, 229 Vogel, Annette 260 Vogel, August 254-256, 259 Vogel, Heinz 223, 225, 241-243, 245, 247, 248, 256, 257, 260 Voigt, Rudi 221 Volm, Johann 221 w Wagner, Dr. Theodor 28 Wagner, Michael 257, 258, 260, 267 Wagner, Paul 277 Wagner, R. 281 Wagner, Theodor 30, 31 Walch, Rolf 283 Walz, Hildegard 277 Wasner, Bruno 282 Weber 29 Wenner Alfred jr. 227, 228, 229 Wintermantel, Gina 267 Weber, Gerhard 226, 228, 229 Wenner, Friedrich 228 Witzema nn, Frau 132 Weber, Horst 225, 226, 228, 229 Wenner, Gerhard 225, 228 Wolf, Gloria 278 Weber, Ludwig 282 Werling, Kurt 281, 282 Wolf, Lothar F. 278 Weber, Marc 258, 228, 229 Werner, Johann 23 Wörner, August 233 Wechsler 91 Westphal, Julius 228 Wörner, Wilhelm 15 Weidemann, Hans 278 Weyhing, Johann Friedrich 91 Weimar, Gerhard 283 Wiechmann, Bernd 223 Z Weinbrenner, Friedrich 199 Weineich, Heinz 218, 225, 228, 229 Wiedemann, Hans 243 Weineich, Markus 228 Wiedemer, Jürgen 243, 245, 247, Zeiller, Martin 21 Weinlein, Frank 228 248 Zimmer, A. 281 Weiß, Karl 256 Wiehl, Otto 279 Zimmermann, Karl 28 Weiß, Wilhelm 203, 207-209, 227 Wild, Willi 282 Zink, Julius 233 Weisser, Horst 245, 247, 248 Williamson, Jürgen 228 Zinsmeier, Kurt 256 Weisser, Kurt 237 Williard, Adolf 97 Zizza , Cosimo 228, 229 Wenner, Alfred sr. 211-213, 215, Winter, Ralf 228 Zöller, Rolf 278 217-219,227,228 Winter, Sven 228 Zorn, Michae l 228, 229 Abbildungsnachweis 12 StadtAK 8/PBS Xilla 91 56. u. StadtAK 5/NI Pfästerer 90 94 u. StadtAK 8/Alben 174,42 13 StadtAK 3/B 21 58 StadtAK 8/Alben 174, 188 95 StadtAK 8/PBS oXIVc 49 14 StadtAK 8/Zeitungen 70 StadtAK 8/PBS oXllla, 181 96 StadtAK 7/NL Willi ard 88 15 StadtAK 8/Alben 174, 11 74 u. StadtAK 8/Alben 3 Bd. 4, 97 StadtAK 8/Alben 174,185 16 u. StadtAK 8/Alben 174, 80 XV,3 98 o. StadtAK 7/NL Williard 89 18, 19 StadtAK 8/PBS XVI 2 77 StadtAK 8/BA Schlesiger 98 u. StadtAK 8/Alben 174,47 20 StadtAK 8/PBS XVI 1040 A3 121/6/1 5 A 99 StadtAK 8/Alben 174,179 21 StadtAK 8/PBS XVI 1035 78 o. StadtAK 8/BA Schlesiger 100 StadtAK 8/PBS XIVd 59 22 Die Wappen in Karlsruhe, A4 22/7/32A 101 o. StadtAK 8/PBS XIVd 61 Karlsruhe 1986 78 u. StadtAK 8/BA Schlesiger 103 I. StadtAK 8/Alben 42,196 23 o. StadtAK 8/Alben 174/1 A4 5916/22 103 r. StadtAK 8/BA 23 u. StadtAK 8/Alben 174, 5 79 o. StadtAK 8/BA Schlesiger Verkehrsverein 3383 24 o. StadtAK 8/PBS XVI, 8 A313/1/23A 104 StadtAK 8/Alben 6, 22 25 u. StadtAK 8/PBS IV 152 79 u. StadtAK 8/BA Schlesiger 105 StadtAK 8/BA 27 StadtAK 8/PBS VI, 5 A3 34/5/26 A Verkeh rsverein 2025 28 StadtAK 8/PBS XIVa 629 80 o. StadtAK 8/BA Schlesiger 106 StadtAK 8/BA 30 StadtAK 8/PBS oXIVb 138 A2 70/3/1 Verkehrsverein 3584 31 u. StadtAK 8/PBS III 1263 80 u. StadtAK 8/BA 107 StadtAK 8/BA 32 StadtAK 8/Alben 174,8 Verkehrsverein 3570 Verkehrsverein 1854 33 StadtAK 8/Alben 174, 7 81 o. StadtAK 8/Alben 174, 59 109 StadtAK 8/PBS oXIVf 122. 36 o. I. StadtAK 8/PBS XIVa 517 81 u. StadtAK 8/Alben 174, 77 110 o. StadtAK 8/PBS oXIVe 818 36 o. r. StadtAK 8/Alben 174, 11 2 82 StadtAK 8/Alben 3 Bd. XV, 112 o. StadtAK 8/PBS oXIVf 219 36 u. StadtAK 8/PBS XI 111 10 112 u. StadtAK 8/BA Schlesiger 38 o. I. StadtAK 8/PBS oVI 206 83 o. StadtAK 8/Alben 174, 86 A49153/1/14 38 o. r. StadtAK 8/PBS oVI 258 83 u. StadtAK 8/Alben 174,88 114 StadtAK 8/Alben 174, 237 38 u. StadtAK 8/PBS oVI 346 84 StadtAK 8/BA Schlesiger 115-117 Festschrift zum 39 o. I. StadtAK 8/PBS VI 206 A3 36/5/38 100jährigen Bestehen 39 o. r. StadtAK 8/PBS oVI 185 85 StadtAK 8/BA Schlesiger der Eisengießerei F. Seneca, 39 u. StadtAK 8/PBS oVI 273 A17 143/5/22 Karlsruhe 1956. 41 StadtAK 8/Alben 3, Bd. 4, 87 StadtAK 8/BA Schlesiger 118 o. StadtAK 8/PBS XIVf 55 XVl A46119/2/14 118 u. StadtAK 8/Alben 174, 238 44, 45 StadtAK 8/Alben 2 88 StadtAK 8/BA Schlesiger 119 StadtAK 8/PBS oXIVb 32 46 StadtAK 8/PBS oVI 322-9 A32 17/7/17 120 StadtAK 8/PBS oXIVa 839 47 StadtAK 8/Alben 174, 53 89 StadtAK 8/BA Schlesiger 122 o. StadtAK 8/PBS oXIVa 836 48 StadtAK 8/Alben 6, 61 A52 13/2/36A 122 u. StadtAK 8/PBS oXIVa 837 50 o. StadtAK 8/Alben 6, 3 90 StadtAK 8/Alben 174,1 37 123 StadtAK 8/PBS oXIVa 888 50. u. StadtAK 8/Alben 174,93 91 StadtAK 8/Alben 174,143 124 StadtAK 8/PBS oXIVa 881 51 StadtAK 8/Alben 6, 39 93 StadtAK 8/Alben 174,41 125 StadtAK 8/PBS oXIVa 1889 52 StadtAK 8/Alben 174, 225 94 o. StadtAK 8/Alben 174,151 127 StadtAK 8/Alben 174, 271 128 StadtAK 8/Alben 3, Bd . 4, 198 StadtAK l/H-Reg 2260 Freiwillige Feuerwehr Karlsruhe, XVl 200- 201 StadtAK l/H-Reg 2260 Abteilung Mühlburg : 136 o. StadtAK 8/Alben 174, 60 und 6/BZA 227 202, 208, 21~ 218, 22~ 136 u. StadtAK 8/Alben 174, 266 202 o. StadtAK 8/PBS Vllc 20 222, 224, 226, 229 143 StadtAK 8/Alben 174, 272 206 StadtAK l/H-Reg 2260 147 o. StadtAK 8/Alben 174, 56 207 StadtAK 8/PBS Vllc 19 Landesbildstelle Baden, Karlsruhe : 150 StadtAK 8/Alben 174,197 209- 212 StadtAK l/H-Reg 2260 170,214 u. 151 StadtAK 8/Alben 174, 198 213 StadtAK 8/Alben 174, 40 152 StadtAK 8/Alben 174, 275 214 o. StadtAK l/H- Reg 2260 Horst Pampel: 6 158 StadtAK 8/Alben 174, 104 230 StadtAK 8/Zeitungen 159 StadtAK 8/Alben 174, 101 234 Jubiläums-Chronik Privat 160 StadtAK 8/PBS Xilla 251 75 Jahre Bürgerverein (Repros im Stadtarchiv vorhanden): (Copyright Foto Strähle) Mühlburg 1898 e.v. 16 o. 1., 16 o. r., 24 u., 25. 0., 27, 31 162 StadtAK 8/Alben 174, 94 237-239 Jubiläums-Chronik 0.,33,40,43,76,86,92, 100, 101 164 StadtAK 8/PBS oXIVa 612 75 Jahre Bürgerverein u., 102 u., 108, 110 u., 111, 113, 126 166 StadtAK 8/PBS oXIVa 610 Mühlburg 1898 e.V. 0. 1.,126 o. r., 126 u., 128, 130-135, 168 StadtAK 8/PBS oXIV a 609 264 StadtAK 8/BA Schlesiger 137-142,144-146,147 u., 148, 172 StadtAK 8/Alben 174, 236 A5 91/4/47 149,153- 157, 176,184,188-191, 174 StadtAK 8/Alben 174, 123 178 StadtAK 8/PBS oXIVa 1597 Bayern- und Trachtenvereinigung 195, 204, 205, 235, 242, 247, 283 186 o. StadtAK 8/Alben 174, 35 Weißblau Almfrieden Karlsruhe e.V.: Radsportgemei nschaft 186 u. StadtAK 8/Alben 174, 19 268, 270-276 187 StadtAK 8/PBS olV 209 Karlsruhe e.v. 1898: 192 o. StadtAK 8/PBS olV 182 Bildste lle der Stadt Karlsruhe : 250, 252-254, 256-258, 260, 263 192 u. StadtAK 8/PBS olV 183 56 0., 62, 64, 66, 68 u., 69 0., 73 193 o. StadtAK 8/PBS oVI 184 Harald Ringler: 194 StadtAK 8/Alben 174, 29 Kurt Ernst: 65, 67, 68 0., 69 u., 72 196 StadtAK 8/Alben 174, 23 161 ,163, 165, 167,169,171,173, 197 o. StadtAK 8/Alben 174, 31 185,187,189,191,193,232,236, Stadtplanungsamt: 197 u. StadtAK 8/Alben 174, 28 240, 245, 246, 248, 59-61, 63, 71, 74 o. Geschichte· Volkskunde· Literatur· Kunst· Kultur Weitere Titel aus unserem vielseitigen Verlagsprogramm Revolution im Südwesten. Stätten der Demokratiebe- wegung 1848/49 in Baden-Württemberg. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Archivare im Städ- tetag Baden-Württemberg. 2. Auflage, 784 Seiten, ge- bunden, 33 1 s/w-Abbildung en. Gerhard Söllner . Für Badens Ehre· Die Geschichte der badischen Armee. Formation, Feldzüge, Uniformen, Waffen, Ausrüstung von 1604 bis 1832. Großformat, ge- bunden, vierfarbig, mit über 100 Farbtafeln, 304 Seiten, Kunstdruckpapier, mit Schutzumschlag. Hierzuland . Badisches und anderes von Rhein, Neckar und Main. Zeitschrift des Arbeitskreises Heimatpflege Nordbaden, Regierungsbezirk Karlsruhe. 100 Seiten, mit aktue llen Infos, Museumsberichten, Fachbeiträgen zu Land und Leuten, Kunst, Kultur und Geschichte. Friedrich Georg Hoepfner' Die Hochburg der Braukunst. 200 Jahre Brauerei Hoepfner. 120 Seiten, 219 Farb- und 73 s/w-Abbildungen, Großformat, gebunden. Titelbild von Tomi Ungerer. Hansjörg Frommer · Die Perle der Krone. Die Staufer und ihr Herzogtum Schwaben. 144 Seiten, 20 s/w- Fotos, Karten und Stammtafeln, Paperback. Hansjörg Frommer ' Spindel, Kreuz und Krone. Herr- seherinnen des Mittelalters: Adelheid, Th eophanu, Gise- la, Agnes, Richenza und Konstanze. 280 Seiten, illu- striert, Paperback. Eberhard Raetz . Kaspartheater. Eine Reise von Karlsru- he ins Frankenland. Ein Kaspar-Hauser-Roman. 240 Sei- ten, leinengebunden, mit Schutzumschlag. Gernot G. Lorsong . Ladenburg . Von den Steinzeitjä- gern bis heute. Streifzug durch die Geschichte einer al- ten Stadt. 260 Seiten, za hlreiche historische Fotos, Kar- ten, Zeittafeln, Paperback. Toni-Peter Kleinhans . Sylvia - das Tulpenmädchen. Ro- man aus der Gründerzeit der Residenzstadt Karlsruhe. 176 Seiten, Paperback. Gerhard Lanzenberger · Isaak und Ismael. Juden und Araber sind Brüder. Ein Beitrag zum Frieden in Nahost. Geleitwort von Prof. Dr. Schalom Ben-Chorin. 160 Sei- ten, bebildert, Paperback. Klaus E.R. Lindemann (Hrsg.) . Martin Rickelt . Vom Kur- fürstendamm zur Lindenstraße. 108 Seiten. 105 s/w- und 50 Farbfotos, gebunden. Mit einem Geleitwort von Hans W. Geißendörfer. Leopo ld ine Weizmann . Zum Bericht über eine Genera- tion . Jugenderinnerungen in Deutschland. Vorworte : Jürgen Habermas, Alain Touraine. 448 Seiten, gebunden. Ferd inand Kusterer . In den Händen der Zeit. Von Sta- lingrad nach Amerika. Erinnerungen und Gedanken im Spiegel der deutschen Geschichte. 350 Seiten, mit zahl- reichen Abbildungen, Paperback, 2. Auflage. Helmut Oeß . Dazwischen steht die Polizei. Polizeiten- sprünge auf Versfüßen. Alte Stiche, neu belichtet. 176 Seiten, über 100 Abbildungen, Großformat, 2. Auflage. Helmut Oeß . Das entbäffnete Pfäffchen. 146 Limericks aus der Pfarre. Mit Illustrationen von Prof. W. Weiß- brodt. 180 Seiten, Paperback, Großformat, 2. Auflage. Luise Gunter-Kornagel . Weltbild in Siegfried Wagners Opern. 640 Seiten, 130 Farbtafeln, über 20 s/w-Abbil - dungen, gebunden, mit Schutzumschlag. Picasso Live · Fotografien von Edward Quinn. Herausge- geben in Zusammenarbeit mit der Städtischen Galerie Karlsruhe. Mit einem Vorwort von Andreas Franzke. Kunstband, Großformat, 80 Fotos, 176 Seiten. Die Bauhaus-Künstlerin Margaret Leiteritz . Gemalte Diagramme. Textbeiträge: Klaus E.R. Lindemann, Hans Fischli, Dr. Peter Hahn, Toni Peter Kleinhans, Dr. H.P. Mühlmann. 120 Seiten, 40 Farbmotive, gebunden. Gert Boegner . Kraichgau . Streifzüge durch Land und Geschichte. Textbeiträge : Karl Banghard, Dieter Freiherr von Ravensburg, Ravan Freiherr Göler von Ravensburg, Hansjörg Maus, Prof. Dr. Otto Roller und Prof. Dr. Günter Stein. 144 Seiten, 80 Farbmotive, gebunden. 2. Auflage. Gert Boegner . Gardasee . Tor zum Süden. Fotobildband, 180 Seiten, 144 Farbmotive, Großformat, gebunden, mit kaschiertem Schutzumschlag. Gert Boegner . Der alte Rhein' Im Stromverlauf von Ba- den und Pfalz. 3., überarbeitete und aktualisierte Aufla- ge. 156 Seiten, "7 Farbmotive, Großformat, gebunden, mit Schutzumschlag. Und ewig ticken die Wälder ' Uhren aus Schwarzwald- stuben. Herausgegeben von Dr. Wolfram Metzger. Vor- wort von Prof. Dr. Hara ld Sieben morgen. 232 Seiten, 234 Farbtafeln, 32 s/w-Abbi ldungen, Paperback. Traumwelten der 50er Jahre' Puppenwelt und Wirk- lichkeit. Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstel- lung der Volkskundlichen Abteilung des Badischen Lan- desmuseums im Sch loß Bruchsa l. Herausgegeben von Dr. Wolfram Metzger und Dr. Jutta Tremmel - Endres. Vor- wort von Prof. Dr. Hara ld Sieben morgen. Textbeiträge von Dr. Wolfg ang Bickel, Wolfgang Knobloch, Gisela Bik- kel, Ingeborg Michno. 192 Seiten, 180 Farbtafe ln, 32 sw-Abbi ldungen. Paperback. Bäume leuchtend, Bäume blendend. Historischer Christbaumschmuck. Begleitpublikation zur gleichnami- gen Ausstellung der Volkskund lichen Abteilung des Ba- dischen Landesmuseums im Karlsruher Schloß. Heraus- gegeben von Dr. Wolfram Metzger und Dr. Jutta Trem- mel- Endres. Vorwort Prof. Dr. Hara ld Siebenmorgen. 208 Seiten, 178 Farbtafe ln, 76 s/w -Abbi ldungen, Paperback. Wenn bei Capri die rote Sonne · Die Ita liensehnsucht der Deutschen im 20. Jahrhundert. Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung des Badischen Landes- museums im Schloß Karlsruhe, in Kiel und Detmold. Herausgegeben von Prof. Dr. Hara ld Siebenmorgen. Be- arbeitet von Dr. Gabriele Kindler. Wissenschaftliche Mitarbeit Dr. Regine Lippka. 224 Seiten, 223 Farb- und 95 s/w-Abbi ldungen, Paperback. Neues Bauen der 20er Jahre· Gropius, Haesler, Schwit- ters und die Dammerstock-Sied lung in Karlsruhe. Be- gleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung des Ba - dischen Landesmuseums im Museum am Markt. Vorwort von Prof. Dr. Hara ld Siebenmorgen. 256 Seiten. 40 Farb- und 400 s/w-Abbildungen, Paperback. .t1~ INFO VERLAGSGESELLSCHAFT Postfach 33 67 . D - 76019 Karlsruhe Telefon (0721) 617888 . Fax (0721) 62 1238 info-verlag -ka rlsru he@t-online.de 75 Jahre Destillerie Kammer-Kirsch Ehemalige Lehr- und Versuchsbrennerei des Landes Baden I m Jahre t 923 wurde Kammer-Kirsch als AG gegründet und t 96 t in eine GmbH umgewandelt. Der Firmen- sitz war Oppenau mit dem heutigen Zweigbetrieb in Karlsruhe-Mühlburg. Experten überprüften und überwach- ten ständig die erzeugten Destillate, so daß bald der Qualitätsmarkenbegriff "Kammer-Kirsch " entstand und bis heute weiterentwickelt wurde. Die Zielsetzung des Unternehmens, nur "Wässer und Geiste" von allerhöchster Naturreinheit und Erlesenheit herzu- stellen , hat bis heute Bestand. Die außergewöhnliche Qualität der Kam- mer-Kirsch-Edelspirituosen wird durch die Verwendung ausgesuchter Früchte und durch schonendes zweimaliges Destillieren erreicht. Eine lange Lage- rung verleiht den Kammer-Kirsch-Pro- dulden ein mildfeines, einzigartiges Bouquet. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.00- 12.00 Uhr und 14.00- 16.00 Uhr . Freitag 9.00- 12.00 Uhr Jeden letzten Samstag im Monat 10.00- 13.00 Uhr Kammer-Kirsch GmbH · Hardtstraße 35-37 . 76185 Karlsruhe Telefon (07 21) 9 55 51 -0 . Telefax (07 21) 55 06 88 Besuchen Sie uns im Internet: www.kammer-kirsch.de 1998 ist ein besonderes Jubiläumsjahr für Mühlburg mit gleich fünf Jubiläen. Der Burgflecken "Mulenberc" wurde vor 750 Jahren zum ersten Mal urkundlich erwähnt, die Freiwillige Feuerwehr Mühlburg entstand im Revolutionsjahr 1848, und zwölf Jahre nach der Eingemeindung in die benachbarte badische Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe konnten 1898 gleich drei Vereine ihre Gründung bekanntgeben. Der vom Stadtarchiv Karlsruhe in Verbindung mit den Jubiläums- vereinen herausgegebene Bildband "Mühlburg. Streifzüge durch die Ortsgeschichte" verbindet aus diesem Anlaß anschaulich Orts- und Vereinsgeschichte mit zahlreichen, bislang nicht veröffent- lichten Bildern aus den Beständen des Stadtarchivs, aber auch aus Privatbesitz, die für diesen Band zur Verf~gung gestellt wurden. INFO VERLAG · ISBN 3-88190-227-9
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmplbnO0zo9UD/M%C3%BChlburg_Streifz%C3%BCge.pdf
Karlsruher Beiträge Nr. 2 r sru er eiträ e Nr.2 Juni 1984 Herausgeber i[ Stadtverwaltung Karlsruhe , Karlsruher Beiträge Fachtagung: "Stadtemeuerung zwischen Flächensanierung und Objekterhaltung" am 19. und 20. November 1981 in Karlsruhe Auf Wunsch einer großen Zahl von Seminarteilnehmem wurden die Beiträge der Referenten in dieser Broschüre zusammengefaßt. Die Veröffentlichung ist aus Mitteln des Innenministeriums Baden-Württemberg und der Stadt Karlsruhe fmanziert. Stadtbibliothek Karlsruhe Land ~~u"d\iche Abtei lung CL C, !da ' . 'Cu .... ,. ähe Herausgeber: Stadt Kar1srohe Umschlag und Layou t : Q. Then, Karlsruhc Aufna hmen: Luftbilder: Albrecht ß rugger, Stuttgart, fre igegeben vorn Reg. Pr:isidium Stuttgart Nt 2/53 364. 2/46324 C, 2/53292 Gesamtherstel lung : Druckerei Widrnann GmbH, Durlach Cl 1984 Stadt Karlsruhc ISBN 3-923314-03-5 Inhalt Bürgenneister Sack, Karlsruhe: Oberbürgenneister Dr. Vetter, Ettlingen: Begrüßung und Einführung Stadterneuerung und kommunale in die Thematik 5 Selbstdarstellung 85 Prof. Dr. Albers, München: Prof. Einseie, Karlsruhe: Flächensanierung oder Objektsanierung - Möglichkeiten und Grenzen erhaltender echte oder falsche Alternative? Erneuerung 89 Thesen aus dem Blickwinkel der Stadtplanung 9 D.ipl.-Verw. Wirt (FH) Lenz, Karlsruhe: Uber die wirtschaftlichen Aspekte Dipl.-Ing. Englert, Stuttgart: unterschiedlicher Sanierungsansätze 95 Flächensanierung oder Objektsanierung - echte oder falsche Alternative? Prof. Dr. Spiegel, Hamburg: Thesen aus dem Blickwinkel Über die sozialen Aspekte des Wohnungsbaues unterschiedlicher Sanierungsansätze 107 und der Wohnungspolitik 19 Prof. Dr. van Embden, Delft: Landeskonservator Prof. Dr. Gebeßler, Zum Verhältnis von Bewahrung und Stuttgart: Veränderung - Beispiel Holland 121 Flächensanierung oder Objektsanierung - echte oder falsche Alternative? Stadtbaurat Adrian, Hannover: Thesen aus dem Blickwinkel Zum Verhältnis von Bewahrung und der Denkmalpflege 29 Veränderung - Beispiel Hannover 133 Prof. Dr. Martin, Karlsruhe: Vorstellung der Fallstudien - Karlsruhe . 37 Bau-Direktor Welker, Ettlingen: , , Vorstellung der Fallstudien - Ettlingen 73 .. !; ~, ( .... . -:~ /: . "l . ~ ~ .. 3 Begrüßung und Einführung in die Thematik Bürgenneister Sack, Karlsruhe Ich begrüße Sie im Namen der Stadt Karlsruhe im Bürgersaal unseres Rathauses. Ich begrüße Sie mit besonderer Freude, denn schließlich ist es keine Alltäg- lichkeit, daß das Institut rür Städtebau und Wolmwlgs- wesen der Deutschen Akademie rür Städtebau und Landesplanung zu einer Tagung außerhalb Münchens einlädt. Nach vieljährigen Anstrengungen um ihre Sanierung wurden die benachbarten Städte Ettlingen und Karlsruhe anschauliche Beispiele für das von Ihnen gewählte Tagungsthema: "Stadtemeuerung zwischen Flächensanierung und Objekterhaltung". Beide Städte erfüllt es mit Stolz - ich weiß mich hier mit meinem Amtskollegen von Ettlingen, Herrn Ober- bürgenneister Dr. Vetter, einig - vom Europarat als Bei- spielstädte der europäischen Kampagne zur Stadter- neuerung auserwählt worden zu sein. Ihre Tagung erhält vor diesem Hintergrund besondere Bedeutung. Das Institut rür Städtebau und Wohnwlgswesen hat Sie zu dieser Fachtagung eingeladen mit folgendem Hinweis: Die Themenwalll geht von der Einsicht aus, daß die ZieivorstellWlgen im Städtebau in den letzten Jahrzehnten starken Scllwankungen unterworfen waren. Es wird ferner auf die Pflicht langfristiger Planungs- üb,erlegungen aufmerksam gemacht und darauf, sich auch mit dem zu beschäftigen, was jeweils nicht aktuell ist, da es im Pendelschwung der Auffassungen in den Hintergrund gedrängt ist. Für den Politiker sind das Bemerkungen mit sehr weitreichender Bedeutung, ich meine, die erwähnten Schwankungen der Auffassungen. Vor dem Hinter- grund der Sanierung des Karlsruher "Dörfle" weiß ich, wie solclle Schwankungen belasten. Ich spreche diese Probleme an, um die Verantwor- tung der Planer gegenüber der Öffentlichkeit, gegen- über den Politikem und der Bevölkerung ins Gedächt- nis zu rufen: Planer bilden Meinung und bereiten clie Entscheidungen parlamentarischer Gremien ganz wesentlich vor. Um Ihnen diese Verantwortung, die Sie haben, zu verdeutlichen, darf ich aus einem Brief, geschrieben Ende der 60er Jahre, eines anerkannten Architekten und Planers an die Stadt Karlsruhe zitieren: "Daß noch kein Vorbild a la Karlsruhe zu finden ist, liegt daran, daß die hierfür erforderlichen Voraussetzun- gen nirgendwo so angeboten werden können. Hierin liegt aber gerade der einzigartige Glücksfall Ihres Pro- jektes einer mustergültigen Stadtsanierung und die Ver- wirklichung dieses ersten bedeutenden Beispiels in E uropa kann die Stadt Karlsruhe mit besonderem Stolz erfüllen; seine hoffentlich alsbalclige Präsentation wird Ihrer Stadt städtebaulich wieder einen besonderen Rang einbringen, wie schon mal bei ihrer Gründung" . Die Großartigkeit der Argumentation entspracll den großartigen und gewalttätigen BauvorstellWlgen, die dal11als diskutiert wurden. Ich bin sicher, daß Sie in einem der hier anstehenden Vorträge die seinerzeitige Planung zu Gesicht bekommen werden und ich darf Sie bitten, sich dann an die soeben zitierten großen Worte zu erinnem. Wir können uns glücklich schätzen über den Tatbe- stand, daß damals verantwortungsvolle Bürger - Fach- leute auch der Unversität - in dieser Stadt bei Bekannt- werden der großartigen Pläne Alarm geschlagen haben. Über die Motivation dafür wollen wir hier nicht reden. Oberbürgenneister Günther Klotz jedenfalls hat darauf- hin keine regionale Lösung gesucht, sondem die Aus- lobung eines internationalen Wettbewerbes veranlaßt. Das Ergebnis des nachfolgenden Ringens um die dieser Stadt angemessene Lösung ist zolt. in Fertigstel- lung begriffen. Sie werden es im Verlauf dieser Tagung besichtigen können. Inzwischen ist die von mir in Erinnerung gerufene Großartigkeit kein Gegenstand der Diskussion mehr. Auch die Fachleute haben sich abgewandt, wobei sie aber nicht verzichten, ihre heutigen Überlegungen auch wieder sehr vehement zu verkaufen. Dabei stelle ich die Notwendigkeit, aus Überzeugung zu handeln, nicht in Abrede. Große städtebauliche Leistungen sind Über- zeugungstaten: Nehmen Sie Männer wie Weinbrenner, Schuhmacher, May und viele andere. 5 Ihre Diskussion befaßt sich mit dem dialektischen Verhältnis von Flächensanierung und Objekterhaltung. Es sind keine Gegensätze, sondern fruchtbare Ergän- zungen, wie wir hier in Karlsruhe und Ettlingen sehen. Zum besseren Verständnis dessen, was hier in Karls- ruhe vor sich geht, möchte ich Ihnen einige historische Begebenheiten darlegen : Die Stadt Karlsruhe ist eine junge Stadt. Sie wurde im Jahre 1715 im barocken Selbstverständnis eines Markgrafen gegründet. Diejeni- gen, die beim Aufbau dieser neuen Stadt wesentlich mithalfen, wohnten in einer Handwerkersiedlung außerhalb der Stadt "Klein-Karlsruhe" - bei den Einhei- mischen das "Dörfle" genannt. Im Jahre 1812 erfolgte die Eingemeindung nach Karlsruhe. Die Stadt nahm das "Dörfle" widerwillig auf. In der zeitgenössischen Literatur ist über das "Dörfle" zu lesen: ,.An Karlsruhe schließt sich ein D örfchen an, welches "Klein-Karls- ruhe" heißt. Dieses Nest dient zu nichts, als den Plan der Stad t ganz zu verunstalten. Es ist unregelmäßig gebaut und hat lauter kleine schlechte Häuschen, die nicht den Namen von Häusem, nur den von Baracken verdienen". Es waren Hütten. D as meiste war zusammengeschu- stert. Von Wohnhygiene keine Rede. Licht und Luft hatten es schwer durchzukommen. Natürlich war es ein Teil unserer Stadtgeschichte! Aber Geschichte bedeutet nicht Stillstand, sondem auch Fortschreibung. Aufgrund der sehr mißlichen Situation stellte die Stadt Karlsruhe schon in den 20iger Jahren erste Sanie- rungsüberlegungen an . Sie scheiterten jedoch an den damaligen finanziellen Gegebenheiten. 10 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges griff die Stadt den Gedan- ken der Emeuerung des "D örfle" erneut auf. Der noch vor dem Kriege begonnene Grunderwerb wurde nun verstärkt vorangetrieben. Die Stadt hat dafür in den fol- genden Jahren Millionenbeträge aufgewendet. Stadterneuerung wurde ja in erster Linie als Neubau und Siedlungsplanung verstanden. Idl meine, daß Wlsere Karlsruher Sanierung ganz en tscheidend dazu beigetragen hat, diese Inhalte zu 6 hinterfragen. Sie werden mir abnehmen, daß ich mich gan z entschieden gegen all die N eunmalklugen zur Wehr setze, die so tun, als hätten sie um die Probleme schon immer gewußt. Denn erst nach Freilegen unserer großen Flächen erkannte alle Welt Wert und Unwert derartiger Maßnahmen, um dann in dieser Erkenntnis ausschließlich Unwerte zu diagnostizieren! Es wäre für Sie und uns sicher nicht uninteressant, die Beurteilung aller Vorgänge im Zusammenhang mit dieser Sanie- rungsmaßnahme aus der Sicht nachfolgender Genera- tionen zu keru1en. Ich habe vorhin auf die finanziellen Aspekte der Stadtemeuerung hingewiesen. In Anbetracht der derzei- tigen finanziellen Verhä ltnisse in Bund und Land haben wir Verständnis fü r den allenthalben vorgetrage- nen Willen zum Sparen. Auch wir sparen. Darum trifft es uns hart, wenn wir zur Kenntnis nehmen müssen, daß die für diese Stadt- sanierung in Aussidlt gestellten Mittel des Bundes und des Landes um zwei Drittel gekürzt werden. Die Tat- sache aber, daß eine LÖSWlg auch nur der dringenden städtebaulichen Probleme in unserem Land 700 Milliar- den DM kosten, macht klar, daß die öffentlichen Hände weit überfordert sind. Es wird notwendig wer- den, daß die Erwartungshaltung aller Beteiligten sich den ökonomischen Gegebenheiten unterordnet. Die genannte Zahl von 700 Milliarden DM weist heute ganz besonders auf die Verantwortung aller an der Stadterneuerung Beteiligten hin. Wir müssen auch in diesem Bereich abrücken von der verbreiteten Vorstel- lung, die öffentliche H and sei die nimmemlüde, von allen zu melkende Kuh. Die politisch Agierenden müs- sen aber auch davon Abstand nehmen, Anspruchsden- ken zu wecken und dem Bürger einzureden, die öffent- liche H and müsse für alles und alle finanziell eintreten. Die Erneuerungstätigkeit in den Städten und Gemeinden muß sich den beschriebenen Umständen anpassen. Suchen Sie auch nach kleinen Schritten und vielleicht schmalen Wegen mit, wie Stadterneuerung betrieben werden kann. Die Städte und Gemeinden aber müssen zum Bürger hin, ihn gewinnen und über- zeugen, ihm das Wissen zur Verfugung stellen, ihm raten, ilm beraten. Die Stadtemeuerung bleibt Zu- kunftsaufgabe, um die Städte lebensfahig zu erhalten. Ich danke Ihnen fur Ihre Aufmerksamkeit. 7 Flächensanierung oder Objektsanierung - echte oder falsche Alternative? Die beiden Themenbegriffe sind als Schlagworte in der Diskussion jedermann geläufig, sollten aber doch wohl kurz definiert werden. Unter Flächensanierung ist ein vollständiger oder weitgehender Abbruch der alten Bausubstanz zu verstehen. Der Antrieb dazu kann einerseits aus der mangelnden QIalität der Substanz, andererseits aus strukturellen Mängeln in der Anord- nung und Erschließung dieser Bebauung erwachsen; häufig kommen beide Anlässe zusammen. In bei den Fällen ist das Ziel einer anschließenden Neubebauung impliziert mit einer Nutzung, die der bisherigen in den Grundzügen entspricht, wenn auch häufig unter bestimmten, aus der Situation sich ergebenden Verände- rungen. Von Flächen-"Sanierung" sollte man dann nicht mehr reden, wenn das Gelände zugunsten einer ande- ren Nutzung - etwa einer Verkehrstraße oder einer Fabrikerweiterung - abgeräumt wird; hier wäre eher der Begriff des "Stadtumbaues" am Platze. Objektsanierung heißt demgegenüber das Bemühen um das Einzelgebäude mit dem allgemeinen Ziel seiner Erhaltung; sie schließt auch Abbruch und Ersatz durch Neubau ein, aber nicht als Normalfall - und nicht unter grundsätzlicher Veränderung des alten Bau- und Straßengeft.iges. Eine solche Vorgehensweise fuhrt im städtebaulichen Maßstab zu dem, was man "erhaltende Emeuerung" zu nennen pflegt; ftir unsere Diskussion sind die beiden Begriffe weitgehend austauschbar. Offenkundig geht es bei diesen beiden Ansätzen um unterschiedliche Wege, wie man ein Stadtgefüge sich wandelnden Bedürfilissen anpassen kann, und in der Geschichte der Stadtplanung gibt es Beispiele für beide Ansätze, wenn auch seit den bekannten Sanierungs- maßnahmen in Paris um die Mitte des vorigen Jahr- hunderts die Flächensanierung quantitativ im Vorder- grund gestanden hat. Sie schien auch in den sechziger Jahren unseres Jahr- hunderts der geeignete Weg, überalterte Gebäude und Stadtstrukturen zu ersetzen. Um diese Zeit regte sich die erste Kritik an einem solchen Vorgehen, und in den siebziger Jahren setzte sich das Konzept der erhalten- Thesen aus dem Blickwinkel der Stadtplanung Prof Dr. Albers, München den Emeuerung als offenbar allgemein anerkannte Stra- tegie der Stadterneuerung durch. Der Pendelschwung ging soweit, daß bereits der Begriff der "Flächensanie- rung" heute mit einem negativen Inhalt aufgeladen ist und nur unter deutlichen Anzeichen des Abscheus in den Mund genommen zu werden pflegt. Solche Einseitigkeiten hat es im Städtebau häufiger gegeben - Konzepte, die auf bestimmte Situationen geboren und auf bestimmte Probleme zugeschnitten sind, gewinnen plötzlich Allgemeingültigkeit, werden zu einer Art Dogma. Spätestens nach wenigen Jalu- zehnten, manchmal schon nach ein paar Jahren, verlie- ren sie ihren Glanz und gelten günstigstenfalls noch als eine Möglichkeit unter anderen. Wer schon einige Jahr- zehnte im städtebaulichen Geschäft ist, hat mehrere Beispiele dieser Art erlebt: die Nachbarschaftseinheit, die Verdichtung und Verflechtung, die Erfassung der Stadt im Computermodell. Wer wie ich der Meinung ist, daß ein gewisses Maß von Kontinuität im Städte- bau einen Wert bedeutet, kann vernünftigerweise gar nichts anderes tun, als den jeweils in Mode befindli- chen Tendenzen kritisch gegenüberzutreten, um damit eben jene Einseitigkeiten abzubauen. Unter dieser Prä- misse soll hier also die Polarität von Flächensanierung und Objektsanierung behandelt werden. Zum Verständnis der heutigen Situation im Städte- bau und insbesondere in der Stadterneuerung scheint mir ein Rückblick auf die Entwicklung dieses spezifi- schen Aufgabengebietes innerhalb der Stadtentwick- lung unerläßlich. Jahrhundertelang hatte sich Stadter- neuerung mehr oder minder selbsttätig vollzogen - als Ersatz von Einzelbauten oder auch als mehr oder min- der großflächiger Neubau nach Kriegs- und Brandzer- störungen, in EinzeJf:jJlen auch als Maßnahme der Repräsentation, wie etwa der Bau der Uffizien in Flo- renz. Im 19. Jahrhundert, mit dem großen Stadtwachs- tum im Zuge der Industrialisierung, wurde Stadterneue- rung zum Gegenstand der Planung - am spektakulär- sten bei der Umgestaltung von Paris durch Haussmann unter Napoleon III. Die "Assanierung" - wie sie 9 zunäd1st in Anlehnung an den französisrnen Begriff hieß (und in Österreirn noch heute heißt) - bezog sich auf die Beseitigung vorindustrieller Bausubstanz, die um so dringlicher erschien, je prekärer die hygieni- sd1en Zustände wurden. In Deutsmland ist wohl eines der bekanntesten Beispiele dieser Art die Sanierung der sogenannten "Gängeviertel" im Hamburger Stadtkern, deren Notwendigkeit durch eine Cholera-Epidemie um die Jahrhundertwende ins Rampenlicht gerückt wurde. Während in den drei Städtebaulehrbüchern des 19. Jahrhunderts, die in deutscher Sprache ersd1ienen sind, - Baumeister 1876, Sitte 1889, Stübben 1890 - noch keine ausdrücklirnen Hinweise auf die Sanierung von Baugebieten enthalten sind, nahm sich Stübben in der 2. Auflage seines Buches (1907) - vielleimt mit unter dem Eindruck der verstärkten Diskussion um dieses Problem - des Themas an: "Es gibt auch zah lreime Baulichkeiten, Winkelgassen und Ortsteile, gesund- heitswidrig und verkehrswidrig, welche nicht bloß keine Schonung verdienen, sondern dem alsbaldigen Abbrud1 zu überweisen sind, um Luft, Licht und Ver- kehr auf Grund neuer Straßen- und Blockpläne den Bewohnern zuzuführen;' Bei diesen Sätzen haben dem Verfasser zweifellos Situationen vorgeschwebt, die in Altstädten durd1 vor- industrielle Bausubstanz geprägt waren; um die gleiche Zeit indessen begegnen wir einem wachsenden Inter- esse an der Erhaltung solcher vorindustrieller Bebauung und einer zunehmenden Kritik an der Gründerzeitstadt. Das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ist durd1 ein deutlid1es Umdenken gekennzeidmet - damit dem achten Jahrzehnt, das gerade hinter uns liegt, nicht unähnlich : Was in den letzten 20 bis 30 Jahren gebaut worden war, erscheint plötzlich sowohl unter dem Blickwinkel der städtebaulid1en Ordnung - "Geometer- städtebau" - als auch unter dem der architektonisrnen Ausprägung - "unschöpferisrner Stilwirrwan" - als ver- fehlt und verwerfljch. Die Großstadtkritik erlebt einen Höhepunkt - übrigens auch in der Dichtung und der Bildenden Kunst - , der Glaube an eine der Stadtent- 10 wicklung innewohnende Tendenz zum Fortschritt wird erschüttert. Dementsprechend ändem sid1 die Prioritäten der Sanierung: Nun erscheinen die - inzwisrnen natürlich auch se ltener gewordenen - Gebäude aus der vorindu- striellen Zeit schützenswert, während die nach 1850 ent- standene Bebauung zur Zielscheibe der Kritik wird und im Grunde als abbruchwürdig gi lt, aurn wefU1 die Dis- kussionen darüber noch Theorie bleiben. Während sich in Hamburg die letzten Abbrüche der Gängeviertel vollziehen und Platz schaffen für Bürohäuser wie das Chilehaus und das Ballinhaus, aber auch für neue Arbeiterwohnungen in der sogenafU1ten Neustadt, lau- fen Bemühungen um "Altstadtgesundung" - etwa in Frankfurt am Main und Kassel - an, bei denen es um Teilabbrüche und Blockauskernungen unter Erhaltung der wertvollen historischen Bauten (nicht nur der Bau- denkmäler) geht. Die Zeitsd1Iift "Der Städtebau", inzwischen infolge der Wirtschaftskrise zu einer Beilage zu Wasmuths Monatsheften für Baukunst gesrnrumpft, hat in den späten dreißiger Jahren zwei typische Schwerpunkte: einerseits den verordneten NS-Repräsen- tationsstädtebau, andererseits sarnlirne und unideolo- gische Diskussionen um die Sanjerungsnotwendigkei- ten. Auch dje Akten des Münchner Hod1bauamtes ver- zeidmen aus dem Jahre 1939 die ersten Untersud1Un- gen über zwei sanierungs bedürftige Innenstadtgebiete. Die erste ausschJießlirn der Stadterneuerung gewid- mete Buchveröffentlichung - Scrullings "Innere Stadter- weiterung" von 1921 - beschreibt bereits das Phänomen der Konzentration von Büronutzungen im Stadtkern ("City-Bildung") mit den daraus folgenden Verdrän- gungserscheinungen; 1925 veröffentlicht eine Gruppe amerikanischer Wissenschaftler - Park, Burgess und McKenzie, Exponenten der "Chicago School of Socio- logy" - ein Buch unter dem Titel "The City", in dem die Gesetzmäßigkeiten sold1er Verdrängungsprozesse mit den daraus resultierenden wirtschaftlid1en Anreizen zur Slum-Bildung durrn Vemachlässigung der Gebäude dargestellt werden. 1942 veröffentlicht der Schweizer Architekt Hans Bemoulli, der in den dreißiger Jahren auch in Berlin gebaut hatte, eine Schrift, "Die orga- nische Emeuerung unserer Städte", in der er die Uber- nahme des städtischen Bodens in öffentliches Eigen- tum und die Ausgabe von Erbbaurechten vorschlägt, in dem Sinne, daß die Erbbaurechte für ein bestimmtes Quartier jeweils gleidlZeitig auslaufen, um damit die Möglichkeit zu einer vollständigen Neustrukturienmg zu geben - ein Rezept für Flächensanierung par excel- lence. Ihm liegt der Gedanke zugrunde, daß nach Ablauf einer soldlen Erbbauperiode - es wird von 80 Jahren gesprochen - Bausubstanz und Stadtstruktur so veraltet seien, daß beide einer umfassenden Neukon- zeption bedürften. Nach dem Kriege werden zunädlst alle solche Über- legungen unter dem Druck der Wohnungsnot zurück- gedrängt; nodl 1955 schreibt Eggeling - damals in Hannover - Sanierung werde erst eine Aufgabe der nächsten Generation sein können. Indessen beginnen schon ab 1960 Sanierungs überlegungen Gestalt anzu- nehmen; in einzelnen Städten werden auch solche Maßnahmen mit kommunalen Mitteln durchgeführt. Die Zielvorstellungen solcher Sanierungsmaßnah- men entsprechen dem Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt; Beispiele großflächigen Struktur- wandels in kriegszerstörten Gebieten - vom Construc- ta-Block in Hannover über die Holtenauerstraße in Kiel bis zum Hansaviertel in Berlin gelten als Vorbilder für die künftige Umgestaltung der gründerzeitlich bebau- ten Gebiete. Die gleiche Tendenz ist in England zu erkermen - so beim Neuaufbau des Stadtteils Lansbury, der beim "Festival of Britain" 1951 als Musterbeispiel gezeigt wird. Eine spezifische Entwicklung vollzieht sich in den Vereinigten Staaten, wo großflächige Slum-Sanierungen weitgehend durdl kommunalwirtschaftliche Überlegun- gen zur Erhöhung der lokalen Steuerkraft ausgelöst werden; die dadurch ausgelöste Verdrängung der Bewohner, für deren Unterbringung kaum Vorsorge getroffen wird, führt zu hefiger Kritik unter sozialen Gesichtspunkten (Schlagwort "Urban Renewal - Negro Removal"). Weite Verbreitung findet solche Kritik auch unter allgemein städtebau lichen Gesichtspunkten durch das Buch von Jane Jacobs (Tod und Leben großer ame- rikanischer Städte, 1961), in dem das vollständige Abräumen von Sanierungsgebieten als sozial und wirt- schaftlich nicht vertretbar angeprangert wird. Jane Jacobs legt überzeugend dar, welche Rolle alte Gebäude gerade für die Aufrechterhaltung des Wirtschaftsgefuges spielen und welche sozialen Härten ihr Abbruch mit sidl bringen kann. In der Bundesrepublik begann kurz nach Verabsdlie- dung des Bundesbaugesetzes das Nadldenken über gesetzliche Regelungen für jene Gebiete, clie - in der Tenninologie des BBauG - städtebauliche Mißstände aufWiesen. Der erste Ansatz zur Gesetzgebung unter Bundesminister Lücke scheiterte am Bundesfinanzmini- ster, der keine Mittel für die Abdeckung der unrentierli- ehen Kosten bereitstellen zu können meinte; erst im vierten Anlauf wurde das Gesetz 1971 vom Bundestag verabschiedet. Das Städtebauforderungsgesetz ist noch bestimmt vom Grundgedanken der sechziger Jahre (in denen es ja auch konzipiert wurde): nach Lösung des quantitativen Problems kommt jetzt die Verbesserung der Wolmqua- lität an die Reihe; die menschenunwürdige Gründer- zeitstadt wird zügig ersetzt durch Neubauten, was zu- gleich der Auslastung der Kapazität der Bauindustrie und der Bauträger entgegenkommt. Ein typisches Bei- spiel für diese Denkweise stellen die 1963 von den deutschen Städtebaulehrstühlen angestellten Überle- gungen zur Sanierung des Wedding in Berlin dar, bei der nur ganz wenige an einen schrittweisen Übergang, an Kontinuität, Fortschreibbarkeit und Interpretierbar- keit des Konzeptes gedacht hatten; fur die meisten stellte der zu berücksichtigende Bestand keinen Anknüpfungspunkt, sondem lediglich einen Störfaktor dar. Viele andere Sanierungsüberlegungen gingen in genau die gleiche Richtung. So wie man das zerstörte Hansaviertel durch eine völlig neue Struktur ersetzt 11 hatte, so würde man es auch künftig bei Sanierungs- maßnahmen halten. Eine erste Ausnahme stammt aller- dings auch aus Berlin: Wem er Marchs und Ilse Balgs Überlegw1gen zur Sanierung einiger Blöcke in Kreuz- berg zielen auf erhaltende Erneuerung, zwar mit Abbruch der Hinterhäuser, aber unter weitgehender Bestandssicherung einschließlich der im Blockinneren ansässigen Betriebe: unter den gegebenen Verhältnissen zweifellos eine überzeugende Lösung. Der Kritik an der Flächensanierung boten sich meh- rere Ansatzpunkte, wobei der soziale zunächst wohl im Vordergrund stand: Es werden billige Wohnungen ver- nichtet, um teuren Platz zu machen - der quantitative Ausgleich kalm nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier der Teilmarkt der preisgünstigen Wohnungen ein- geengt, der der teuren erweitert wird. Erst dann kam ein ästhetisches Argument hinzu: Die neuen Anlagen seien steril, langweilig, wenn nicht gar unmenschlich, während die Gründerzeitbebauung noch Charakter, Individualität, ästhetischen Reiz besäße - Posener spricht von Winkeln, in denen sich Leben einnisten könne. Nicht nur die Architektur der Modeme, sondem auch die städtebaulichen Ordnungsprinzipien kamen in Verruf; die einst geschmähte Korridorstraße wurde wie- der entdeckt, erschien nun viel besser als das unver- bindliche Herumstehen von mehr oder minder geschickt konzipierten freip lastischen Baukörpern. So ging die Wiederentdeckung von Gestaltungsprinzipien des 19. Jahrhunderts Hand in Hand mit einer neuen Würdigung der Architektur, die dann auch dazu führte, daß die Denkmalpflege sich der sonst nur partiell betriebenen UnterschutzsteIlung des späten 19. Jahr- hunderts anzunehmen begarm. So war es im wesentlichen eine Neubewertung des historischen Bestandes unter sozialen und ästhetischen Gesichtspunkten, welche die Flächensanierung in Vier- teln des 19. Jahrhunderts, wie sie in den Großstädten die wesentlichen Problemgebiete darstellten, als LösW1gsweg zweifelhaft machte. Mehr und mehr 12 gewann man den Eindruck, daß der Erfolg nicht inuner dem AufWand entspräche - und auch dies im doppel- ten Sinne. Einerseits ging es um die Kosten für die Ordnungsmaßnahmen; wurde in der Mitte der sechzi- ger Jahre - bei der Auswertung der erwähnten Vor- schläge für den Wedding - schlicht davon ausgegangen, daß eine Instandsetzung, die mehr als 70 % des N eu- baupreises koste, sich nicht lohne, so wurde in den sieb- ziger Jahren wesentlich differenzierter argumentiert. Zu- gleich traten ästhetische ErwägW1gen neben die wirt- schaftlichen : in der öffentlichen Meinung war der Kurs der modemen Architektur und ihres Fonnenschatzes so tief gesunken, daß man nicht mehr erwartete, eine neue Bebauung werde gestalterisch der alten vorzuziehen sein. Kennzeichnend für diesen Gesinnungswandel ist ein Denkmalschutzplakat, das eine Reihe freundlicher, aber durchaus belangloser Gründerzeitfassaden darstellt, von denen eine offensichtlich vom Abbruch bedroht ist - was zelm Jahre zuvor niemand bedauert hätte. Wie steht es also heute - nach diesem Überblick über die Entwicklung - um Sanierungsprobleme und Sanierungsziele ? Bei dem Versuch einer Antwort emp- fiehlt es sich zu unterscheiden zwischen der Großstadt einerseits, der Klein- und Mittelstadt andererseits. Städ- tebauliche Mißstände und damit Sanienmgsbedürftig- keit liegen für diese beiden Stadtkategorien auf ver- schiedenen Gebieten und erfordern unterschiedliche Strategien. Die Großstadt weist in der Regel kaum noch vor- industrielle Bausubstanz auf, und wenn diese nur eini- gennaßen wertvoll ist, steht sie unter Denkmalschutz; sie konstituiert nur in Ausnahmefallen - Regensburg, Lübeck - ein Sanierungsproblem. Die Hauptsorgen der Großstadt liegen vielmehr bei den Gründerzeitvierteln mit ihren Gemengelagen und ihrem hohen Über- bauungsgrad. Auch die WiederaufWertung der lange verpönten Blockstruktur führt nicht an der Tatsache vorbei, daß sie unübersehbare Nachteile hat - von der Wohnungsorientierung über die Stellplatzprobleme bis zum Freiflächenmangel. Sie kann in einigen Fällen durch Objektsanierung deutlich verbessert werden - wie es etwa Hämer im Block 118 in Berlin-Charlotten- burg gezeigt hat. Aber hier boten der geräumige Grund- stückszuschnitt und die großbürgerlichen Wohnungen der Jahrhundertwende besonders günstige Vorausset- zungen für erhaltende Emeuerung; in den älteren und engeren Kleinwohnungsblöcken sieht es viel schlechter aus. Derartige Altbaugebiete, die meist eng den Stadt- kem umgeben, sind heute zugleich Entleerungsgebiete mit dem Resultat einer bedenklichen sozialen Segrega- tion. Wie weit das Ziel, sie durch erhaltende Emeue- rung wirklich wieder attraktiv zu machen, erreichbar ist, läßt sich nur im Einzelfalle beurteilen; ich sehe keinen rechten Anlaß, diese Frage überwiegend und langfristig positiv zu beurteilen. Noch eine Gebietskategorie sollte für die Großstädte ins Blickfeld kommen - die weiter außen gelegenen, meist niedrig bebauten Erweiterungsgebiete der Jahr- hundertwende im "Gartenstadttypus", wenn man diese Bauweise vereinfachend so nennen darf. Auch diese Bauten nähern sich schon einem ehrwürdigen Alter, und auch hier scheint es mir keineswegs sicher, daß man am Ende ihres ökonomischen Lebens die gleiche Grundstruktur des Siedlungsgefüges wird beibehalten wollen. Vielfach sind deutlid1e Tendenzen zur Verdich- tung erkennbar, die eines ordnenden Konzeptes bedür- fen. In Klein- und Mittelstädten sind die städtebaulichen Mißstände meist von anderer Art. Sie treten nonnaler- weise in den Stadtkernen auf und ergeben sich aus der Kollision von historischer Struktur und vorindustrieller Bausubstanz mit den Verkehrs- und N utzungsansprü- chen der Gegenwart. Nun erfreuen sich die Gebäude aus vorindustrieller Zeit schon seit längerem einer höheren Wertschätzung als die des 19. Jahrhunderts, und auch der gestalterische Rahmen historischer Stadt- keme galt schon lange als erhaltenswert. Noch stärker schlug die Tatsache zu Buch, daß in Klein- und Mittel- städten Mißstände solcher Art in der Regel eher punk- tuell gestreut als flächenhaft konzentriert auftreten, so daß das Werkzeug des Städtebaufcirderungsgesetzes, das ja auf eine Heraushebung bestimmter Gebiete aus dem übrigen Stadtbereich und die Einsetzung einer räum- lich und zeitlich begrenzten Sonderregelung gerichtet ist, hier nur sehr bedingt anwend bar ist. Wer je in einer Klein- oder Mittelstadt Sanierung betrieben hat, weiß, daß es dort weitgehend um individuelle und punktuelle Maßnahmen geht, wenn ein Mißstand beseitigt oder Erneuerung in Gang gebracht werden soll . Das bedeutet, daß man in der Klein- und Mittelstadt in aller Regel dem Grundgedanken folgen kann, Sanie- rungsmaßnahmen als Auslöser für einen Prozeß der schrittweisen Selbstemeuerung einzusetzen. Es ist heute ja ein weithin akzeptiertes Ziel von Sanierungsmaßnah- men, ein Gebiet in den Stand zu setzen, sich künftig selbst zu emeuem - durch Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen der Eigentümer, ohne daß es dazu öffentlicher Initiative und öffentlid1er Unterstüt- zung bedürfe. Es soll also gleichsam ein Nachholbedarf befriedigt werden, der dann dem Sanierungsgebiet die gleichen Startchancen gibt wie einem "gesunden" Stadt- gebiet. Das ist sicher ein überzeugender Gedanke - dort nämlich, wo man die Grundstruktur eines Gebietes als langfristig tragfähig für die erwünschte Entwicklung beurteilt und deshalb keine Veränderung ins Auge fas- sen will. Diese Ausgangslage scheint mir aber keines- wegs immer gegeben zu sein - vor allem nicht unter großstädtischen Verhältnissen. Das rührt uns zum Problem des strukturellen Ent- wicklungskonzepts für die Stadt und zu se iner zentra- len Bedeutung für die Erneuerungsplanung. Blicken wir noch einmal auf die Hauptkategorien der Sanierungsaufgaben nach dem Städtebauförde- rungsgesetz, so haben wir es einerseits mit dem Zurück- bleiben hinter den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu tun, anderer- seits mit der Nichterfüllung von Aufgaben, die einem Gebiet nach seiner Lage und Funktion obliegen. Es ist klar, daß diese beiden Sachverhalte in sehr unterschied- 13 li chem Maße objektivierbar sind; während die Qyalität der Wohn- und Arbeitsverhältnisse leicht erkennbar und an bestimmten Kriterien und Indikatoren ablesbar ist, hängt die Art der zu errüllenden Aufgaben entschei- dend von der Planungskonzeption ab, ist damit deut- lich auch unterschiedlicher Interpretation oder alternati- ver Willensbildung zugänglich. Geht man diesen beiden Kriterien und ihrer Verein- barkeit noch etwas genauer nach, so stellt sich heraus, daß sie kausal wenig miteinander zu tun haben: auch bei einwandfreien Wohn verhältnissen kann ein Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt sein, die ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen - dann nämlich, wenn sich seit seiner Entstehung das Strukturgefüge der Stadt - Größe, Nutzungsverteilung, Verkehrsnetz - so wesentlich verändert hat, daß ein so l- ches Gebiet beispielsweise zentrale Funktionen über- nehmen müßte. Allerdings wird heutzutage die Pla-" nung in aller Regel versudIen, die stadtstmkturelle Ent- wicklung anders zu lenken, um den politischen Schwie- rigkeiten einer solchen Umwandlung aus dem Wege zu gehen, aber ignorieren kann sie solche Ansprüche sicher nicht. Das würde in diesem Falle bedeuten, daß die Aufgaben, die man dem betreffenden Gebiet im Stadtgefüge hätte zuweisen wollen, dann an anderer Stelle erfüllt werden müssen, wenn die Gesamtentwick- lung der Stadt keinen Schaden leiden soll. Analog dazu kann ein Gebiet schlechte Wohn- und Arbeitsverhältnisse aufweisen, ohne im übrigen Funk- tionsschwädlen zu zeigen; ja, man könnte sich sogar Situationen vorstellen, in denen man nur sehr ungem eine SanierwIg einleitet, weil die fast unvemleidlichen Verdrängungsprozesse zu Rückwirkungen auf andere Stadtteile und damit zu stadtstrukturellen Folgen füh- ren, deren Nachteile den Vorzügen der Sanierung zumindest die Waage halten könnten. Das bedeutet, daß man in der Praxis die Aspekte der Stadtstruktur und der gebietsspezifischen Wolm- und Arbeitsverhältnisse nicht trennen kann, sondem im Zusammenhang sehen muß. Es bedeutet zugleidI, daß 14 man sich in1 Grunde bei allen baulichen und N ut- zungsänderungen - mögen sie auf private Initiative zurückgehen oder durch Sanierungsplanung ausgelöst sein - über die stadtstrukturellen Konsequenzen Rechenschaft geben muß. Denn die Ziele der Stadter- neuerung erschöpfen sich ja nicht in der Beseitigung von Schwächen und Mißständen, sondem sie verlangen vielmehr nach einer positiven Aussage; diese Aussage aber muß in ein Gesamtkonzept der Stadtentwicklung eingebunden sein. Eingebunden: das heißt nidIt etwa deduktiv allein aus einem solchen Konzept abgeleitet, sondem natürlich auch auf eine sehr gründ Li dIe Aus- einandersetzung mit dem Potential dieses Gebietes, mit seiner Leistungsfahigkeit im Rahmen der Gesamtstadt gestützt. Es ist klar, daß es dabei zu erheblichen Konflikten korrunen kann, die nicht nur zwisdIen den speziellen Emeuerungs- oder Umbauwünschen des Investors und den von der Stadt vertretenen öffentlichen Belangen entstehen können, sondem auch zwischen den ver- schiedenen von der Stadt se lbst zu verrolgenden Zielen. Diese Ziele lassen sich in der Regel in drei Kategorien gliedem: - die Verbesserung der Lebensverhältnisse für die in diesem Gebiet wohnenden und arbeitenden Men- schen, - die Verbesserung von wirtschaftlichen Funktionen und alltäglichen Lebensabläufen, - und die Erhaltung von baulicher Substanz und städtebaulicher Struktur im Interesse von Kontinui- tät und Identität. Mit den ersten bei den Kategorien sind wir wieder bei den bei den Sanierungstatbeständen gemäß Städtebau- fö rderungsgesetz, die dritte umreißt ein Anliegen, das von der Denkmalpflege, aber auch von einer geschichtsbewußten Stadtplanung verrolgt zu werden pflegt. In früheren Jahrzehnten hat man offenbar versdlie- dentlich gehofft, Stadtemeuerung könne allen diesen Anliegen gleichzeitig gerecht werden : dem sozialen Ziel verbesserter Lebensqualität, dem fur die Stadtwirtschaft wid1tigen Ziel der Funktionsverbesserung, dem kultu- rellen Ziel der Bewahrung von Substanz und Struktur. Die neueren Entwicklungen haben indessen gezeigt, daß diese Ziele keineswegs immer miteinander verein- bar sind: in einem historism en Wohngebäude mag eine Wolmnutzung heute entweder nid1t mehr zumutbar sein - wegen mangelnder Belichtung und Besonnung - oder, wie vielleicht in einem gotischen Patrizierhaus nam Art des Runtingerhauses in Regensburg, nimt mehr zu bezahlen sein; eine funktionell dringend not- wendig erscheinende Neuordnung der Verkehrsersmlie- ßung mag den strukturellen Zusamm enhang wertvo ller alter Gebäudegruppen unterbrechen; der Wunsch nach Erhaltung der Bevölkerung am gleichen Standort und damit nach Simerung niedriger Mieten mag dringend wünschenswerte funktionelle Verbesserungen ausschlie- ßen. Wenn nun in jedem Falle eines dieser Ziele die ein- deutige Priorität hätte, dann ließe sich wohl ein rationa- ler Weg des Handelns festlegen. Liegt das maßgebende Ziel in der Erhaltung bedeutender historisd1er Sub- stanz und können die Bewohner in diesen Gebäuden nid1t zu angemessenen Bedingungen untergebracht werden, so wird man meist die gesamte N utzung ändem, zumindest aber die Bewohnerschicht austau- schen müssen. Geht es dagegen eindeutig um die Ver- bessenll1g der Lebensverhältnisse, dann sind alle Ein- griffe in die Substanz und in das funktionale Gefuge aussd11ießlich unter diesem Gesimtswinkel zu sehen und durch ihn gered1tfertigt. Aber so einfam liegen die Dinge in der Wirklimkeit meist nich t; man wird es vielmehr häufig mit einer Kombination aller drei Ziele zu tun haben, und man wird abwägen müssen, welmes Gewicht man jedem von ilmen zuerkennt. Liegt die Priorität bei der Verbesserung der Lebensverhältnisse, so kommt ein besonderes Problem hinzu: aud1 wenn keine Kollision mit anderen Zielen eintritt, sd11agen sich in der Rege l die Kosten von Verbesserungsmaßnah- men in Mieterhöhungen nieder, die zur Verdrängung der Bewohner fuhren und damit dem ursprünglichen Zweck zuwider laufen können. Dieser Überblick läßt erkennen, daß es Situationen geben kann, in denen das Verfahren der O bjektsanie- rung - der erhaltenden Erneuerung - den anstehenden Problemen nicht gerecht zu werden veffi1ag, weil eine gründlid1ere Neuordnung unerläßlich ist. Ein Blick auf das heutige Planungsklima ze igt, daß das Überwiegen von Bewahrungstendenzen im Städte- bau die Stadtplanung und die D enkmalpflege zu Ver- bündeten macht, - oder vielleicht besser zu Koalitions- partnern, deren Interessen zwar weitgehend parallel lau- fen, deren Auftrag, insgesamt gesehen, aber deutli che Unterschiede aufweist. Erhaltung von historischer Sub- stanz und Struktur ist fur die Denkmalpflege der Daseinsgrund, für den Städtebau eines von vielen Zie- len, die es gegeneinander abzuwägen gil t. D ie optimisti- smere, dem N euen zugewandte Haltung der fun fziger und sechziger Jahre erscheint unter heutigen Wertmaß- stäben als von einer Rücksichtslosigkeit gegenüber die- ser Bewahrungsaufgabe geprägt; dieses Ziel hat also heute unter den achtzehn im § 1 (6) BBauG aufgefu hr- ten Teilzielen einen recht hohen Stellenwert. Indessen muß man sich wohl darüber klar se in, daß die heutige Situation mit ihrer extremen Hinwendung zur Vergan- genheit atypisch ist - eine Reaktion auf eine Phase, in der allzu viele und allzu sd1nelle Veränderungen der Umwelt vor sich gingen und so viel Vertrautes zerstör- ten, da ß die Aussimt auf die Fortsetzung dieser Ent- wicklung vielen unheimlich schien. Auch wenn man die sichtbare Kontinuität der städtisd1en Entwick lung fur einen Wert hält, muß man diese extreme Scheu vor dem Neuen nicht teilen; bei dem Wettbewerb "Stadtge- stalt und Denkmalsmutz im Städtebau" im Jahre 1978 waren die Gutamter - auch die Denkmalpfleger unter ihnen - einhellig der Meinung, daß es zumindest in der Gestaltung von Neubauten an Mut zum Bekenntnis zur heutigen Zeit und ihren Aufgaben gefehlt habe. Blickt man auf die Entwicklung des Städtebaus in den letzten hundert Jahren und auf die Fülle der Pendel- 15 schwünge und Veränderungen, die nicht nur die For- men, sondem auch die ihnen zugrunde liegenden Wert- haltungen geprägt haben, so spricht wenig dafür, daß das gegenwärtige Planungsklima langfristig anhalten könnte. Schon jetzt gibt es ja Stimmen, die den Abbruch der Bauten aus den sechziger Jahren für ein humanes Anliegen halten, genauso wie Wlsere Väter die Gründerzeitstadt möglichst spurlos beseitigen wollten. Wer weiß - vielleicht sind es dann eines Tages die Denkmalpfleger, die entgegen den Absichten sozial engagierter Stadtplaner die Erhaltung des Märkischen Viertels in Berlin als Zeitdokument der goldenen sech- ziger Jahre fordern? Aber Scherz beiseite : wenn es überhaupt eine Zukunft fur unsere Städte und unsere Kultur gibt - manchmal ist man dessen nicht ganz sicher - , dann werden diese Städte weiter einem Veränderungsdruck ausgesetzt sein, der mehr oder rninder starke Anpas~ sung des baulichen Gefüges verlangt. Es ist nicht zu erwarten, daß alle solche Anpassungen sich auf der Grundlage heutiger Infrastruktur, heutiger Grundstücks- parLellierung und heutiger Gebäudefornlen vollziehen kÖrulen . Gewiß werden bei einer geschickten stadtstruk- turellen Gesamtplanung die Veränderungstendenzen in manchen Stadtteilen so gezügelt werden können, daß man mit erhaltender Erneuerung und Objektsanierung auskommt; ich möchte sehr wünschen, daß eine solche Stadtstrukturpolitik überall mit dem Blick auf die histo- risch besonders wertvollen Stadtteile betrieben wird und Erfolg hat. Derngegenüber werden wesentlichere Veränderungen unausweichlich auch auf die Neuord- nung größerer Bereiche dringen und einen teilweisen bis vollständigen Ersatz von Gebäuden und Infrastruk- tur, insbesondere eine Neuordnung des Erschließungs- lInd Versorgungssysterns, mit Nachdruck fordern. Daraus ist abzuleiten, daß die Werkzeuge einer auf die Erhaltung von Struktur und wertvollem Bestand gerich- teten Objektsanierung lind einer die Neuordnung grö- ßerer Bereiche erfordernden Flächensanierung im Grundsatz gleichberechtigt nebeneinander stehen und 16 den jeweiligen Erfordemissen entsprechend von Fall zu Fall sinngemäß eingesetzt werden sollten. Flächensanierung oder Objektsanierung - echte oder fa lsche Alternative? Mein Beitrag gliedert sich in Defmition - Vergleiche - Motive, Erfahrungen - Beurteilungen, Hinweise - Empfehlungen. Verfolgt man zur Zeit in der Presse die Auseinander- setzungen und Diskussionen über die Internationale BauausteIlung Berlin, so ist es erstaunlich, daß wir uns überhaupt mit dem Thema Flächensanierung oder Objektsanierung ensthaft auseinandersetzen wollen und Sie mir obendrein als einem Repräsentanten der Wohnungswirtschaft Gelegenheit geben, über unsere Erfahnmgen zu berichten. Es wü rde mich nicht überraschen, wenn Sie mich am Beginn meiner Ausfiihrungen - ich zitiere eine große Wochenzeitung - "mit jenen Wohnungsbaugesellschaf- ten gleichsetzen, die die alten Kahlschlag-Manieren lie- ben, die von den Städten zu möglichst großen Ankäu- fen verführt wurden, um die Wolmungen dann ei ligst zu entmieten, jedoch Reparaturen unterlassen, den Ver- fa ll provozieren, die Häuser schließlich abreißen, um ergiebigere zu bauen, ohne eine Ahnung, geschweige denn ein Gefuhl zu haben flir das Terrain, auf dem sie . " sarueren. Man könnte den Eindruck gewinnen, daß die Gegner der Flächensanierung selbst daran glauben, daß eine Flächensanierung nur deshalb durchgefuhrt wird, weil eine wohnungspolitische Lobby diese Sanierung der Allgemeinheit aufdrängt. Dies ist sicher - wie das Beispiel Karlsruhe und auch andere zeigen - nicht nur eine oberflächliche Beurtei- lung, sondern auch eine fa lsche. Die heißesten Plätze in der Hölle sind flir diejenigen reserviert, die in Zeiten großer moralischer Krisen neu- tral bleiben. - Und weil idl in den Himmel kommen will, werde ich dies nidlt tun. Ein Wohnungsbauunternehmen lebt in der Welt der Wirklichkeit. Irgendwo muß seine Einschätzung dieser Welt die unabänderliche Realität widerspiegeln. Sein Manövrierraum ist begrenzt. Wir müssen woh l gemein- sam festste llen, daß unsere Fähigkeit, Strukturwandel zu verkraften, erheblich nachgelassen hat. Thesen aus dem Blickwinkel des Wohnungsbaues und der Wohnungspolitik Dipl.-Ing. Englert, Stuttgart Vor hundert Jahren erlebten wir eine Mutation, ein Aufbrechen in eine Zeit technischer Euphorie, wissen- schaftlicher Machbarkeit. Es fand in der Tat eine tief- greifende Strukturveränderung statt, nicht wie bisher in einem getragenen Reifeprozeß über Jahrhunderte, son- dern in eruptiv revolutionärer Sdmelligkeit. Seine nega- tiven sozialen und quantitativen Erscheinungsfoffilen fmden ihren N iederschlag in den sogenannten QJartie- ren der Gründerjahre oder im zweiten Cityring. In Wuppertal - der Stadt Friedrich Engels - kam es 1885 zu folgenden Zuständen - ich zitiere : "Nach den Erhebungen sch leppt der Fluß täglich etwa 150 Pfund Unrat jeglidler Art fort. Wochen lang, bei trockener Jahreszeit monatelang, sammeln sich die Sclm1Utzwasser im Wupper-Bette und verbreiten zeit- weise wahrhaft schauderhafte Miasmen;' Oder - ich zitiere Zola "Der Totschläger": "Der Hof war in den vergangenen dreizehn Jahren derselbe geb lieben. Die kahlen Wände waren noch so schwarz und rissig wie damals. Noch immer stieg von den bleiernen Gossen, die der Rost zerfraß, übler Gestank empor;' Und so kam es bereits im 19. Jahrhundert zu erheb- lichen Sanierungen, die man heute sdllicht und ergrei- fend als Flächensanierung bezeichnen muß. Eines der bekanntesten Beispiele ist der Durchbruch der Mönkebergstraße 1892 in Hamburg. Bei diesem Durcllbruch wurde auf grund der in der Neustadt-Süd gemacllten ungünstigen Erfahrungen darauf verzidltet, an sich noch brauchbare Gebäude zu erhalten. Viel- mehr wurden die gesamten Baulichkeiten abgebrochen. Das zweite anzufuhrende Beispiel ist der mittelalter- liche Kern von Paris. Praktisch überzieht HaussmaJm den alten Stadtkörper mit einem neuen Netz breiter und gerader Straßen. Er vernleidet es, die wiclltigsten Baudenkmäler zu zerstören, er löst sie aus ihrer unmit- telbaren Umgebung heraus und verwendet sie als Fluchtpunkte für die neuen Straßenperspektiven. In den Gründerjahren gab es - wie auch heute - fur den Bau der Stadt schlechthin keinen Auftraggeber. Bereits damals waren die Städtebau-Nomlen de facto 19 Wohnungsbau-Nonnen. Während an den gegenwärtigen Entwicklungen schon wieder fach bezogen gezweifelt und kritisiert wird, ist die vorausgegangene Entwicklung gerade von breiten Schichten begriffen und akzeptiert worden. Es ist ein Karussellspiel: Man kann ein ganzes Register von etikettierenden Wor- ten auffuhren, die in der Entwicklung der letzten drei- ßig Jahre im Schwange waren : Gliederung durch Grün, Egali tät durch Zeilenbauweise, Nachbarschaft, Parkwohnanlage, Gesellschaft durch Dichte, Blockbebauung, Brutalismus und Urbanität, Terrassenbauweise, Kommunikationszonen, Gruppen- wohnung und Servicehaus, das Stadthaus, verkehrsberu- higte Zonen, Instandbesetzung, Einliegerwohnung, Stadtumbau, Randwanderung, Wohnumfeld und - zurück zur Stadt. In der Altstadtsanierung Karlsruhe werden parallel laufende Stadtemeuerungsmaßnalmlen ablesbar: - Teilbereich M 2 - Teilbereich M 1 - Teilbereich B: Modemisierung. Mir ist keine exakte Definition über den Begriff Flä- chensanierung und Objektsanierung geläufig. Dabei ist mir noch nicht einmal klar, ob eine Flächensanierung nur dann stattfindet, wenn ich alles abreiße, oder ob es auch eine vertikale Flächensanierung gibt, indem ich potemkinsche Räume baue, das heißt nur Fassaden im "disneyschen" Raumgefuge stehenlasse. Im Gebiet M 2 haben wir es jedoch zweifellos mit einer Größenordnung zu tun, die im wahrsten Sinne des Wortes eine Flächensanierung darstellt. Schaut man sich in deutschen Landen um, so wird man feststellen, daß Stadterneuerung sowohl mit Flä- chensanierung als auch mit der substanz-erhaltenden Objektsanierung durchgefuhrt wird. Dabei weiß man seit Jahren, daß es vor allen Dingen für den sogenann- ten Massenwohnungsbau der Gründerzeit bis heute noch keine Gesundungsstrategie gibt. Um meine Meinung zu untennauem, möchte ich 20 stichwortartig auf fo lgende Beispiele hinweisen: Sanierung der Stadt Hameln - Flächensanierung fur den ruhenden Verkehr bei Aufrechterhaltung histori- scher Stad träume. Osnabrück - In einer klaren Zielfonnulierung wer- den historische Punkte fußläufig miteinander ver- knüpft. Der fließende und ruhende Verkehr wird gewis- sennaßen von hinten herangebracht. Straubing - Hier wurde aufgrund des schlechten Bauzustandes abgerissen und ein neues Entwicklungs- konzept hervorragend durchgefuhrt. Lübeck-Alsheide - Itzehoe-Neustadt - Schlüchtem - Straßenrandbebauung Stuttgart-Bohnenviertel - Stadtkern Ettlingen aus Anlaß der Kaufhaus-Erneue- rung. Sie merken wohl, daß es dabei eben auf das Wie und nicht auf das Was ankommt. Veränderungsmotive sind in der Regel Nutzung - Verunstaltung - Wirtschaftlichkeit (fehlende Rendite) - technischer Zustand - sozialhygienische Verhältnisse - Änderung des Lagewertes - Entwicklungsdruck. Aus unseren Erfahrungen ist zu erkennen, daß es keine Gruppen-Präferenzen fur Erhaltung oder Ver- änderung gibt. Die Motiv-Analyse erfolgt jeweils fall be- zogen und mittelfristig. Dabei ist nicht auszuschließen, daß es zu einem Interessen-Konflikt zwischen Bewoh- ner und Besucher kommt. Das heißt, je schwächer ein Gebiet im sozialen Bereich ist, um so mehr ist aus der Sicht seiner Bewohner die Entscheidung: Erhalt oder Abriß? aus dem Blickwinkel wirtschaftlicher Auswir- kungen abzuleiten. Die städtebaulich gestalterische Struktur wird faktisch als sekundär bewertet. In besse- ren Wohngebieten hingegen ergibt sich häufiger eine umgekehrte Motivierung. Für deren Bewohner spielen - ähnlich wie bei den Besuchern - Standort und Gestaltung eine nicht unwesentliche Rolle. Im sogenannten Teilbereich M 2 wurden Maßstäbe für den gesamten Wiederaufbau des Gebiets gesetzt. Die Stadt Karlsruhe hatte trotz Rechtsverbindlichkeit der Bebauungspläne 1974 und 1976 erhebliche Mühe, Investoren für den Wiederaufbau-Bereich und auch für die Privat-Modemisierung zu finden. Von einer Vomlerkliste für Bewerber blieb keiner übrig. Erst nach Fertigstellung der ersten Neubauten wuchs wieder das private Interesse. Wie gleichen sich die Zeiten! Die NEUE HEIMAT bemühte sich, mit dem Bau des Teilbereichs M 2 eine Signalwirkung für weitere Bauträger zu erreichen. Und nun lassen Sie mich etwas über unsere Erfah- rungen plaudern: Die Organisationsfol111 und die Verzahnung des Dreigestims Stadt - Investor - Architekten und Inge- nieure stand über einem Zeitraum von JO Jahren unter einem besonders günstigen Stern. Über die Institutiona- lisierung hinaus fanden sich Personen, die mit Wissen und Charakter auf den verschiedensten Gebieten wirk- ten und somit eine feste Klammer von Verantwortung und Kompetenz darstellten. Die Identifizierung mit den vorgegebenen Zie len wurde nie in Frage gestellt, und trotzdem war es möglich, sich im Prozeß der Ent- wicklung neuen Erkerultnissen und Realitäten anzupas- sen. Das Dörfle läßt heute ein Baugebiet erkennen, das unserer Meinung nach hohen Ansprüchen gerecht wird. Dies trifft nicht zuletzt auf den Wohnwert der Woh- nungen zu, die eben nicht einer modischen Architektur geopfert wurden, sondern deren Inhalt im Verhältnis zur GestalthüUe funktionstüchtig blieb. Wenn man heute davon spricht, daß alt gewissel111aßen ein Syno- nym für scllön ist, so behaupte ich, daß mit diesem Baukomplex das Modeme zur Schönheit zurückgefun- den hat. Dabei ist zu beachten, daß die Gebäude- Abbrüche im Karlsruher Dörfle bereits in den 60er Jah- ren erfolgten. Herr Professor Hieber - anerkannter Fachmann für Stadterneuerung - warnte unlängst diejenigen, die ihre Kritik über eine städtebau liche Entscheidung der 60er Jahre mit den - geläuterten - Vorstellungen der 80er Jahre begründen. Oft sind es dieselben, die im opportu- nistiscllen Spiel unserer materiellen Welt bereits in absehbarer Zeit erneut ihr Urteil korrigieren. Die Mode hat eben die Witterung für das Aktuelle, aber während das bloß Modische altmodisch wird, behält eben das Modeme einen Geheimbezug zum Bleibenden. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir hier insgesamt 313 Wohnungen als öffentlich geförderte und Eigentums-Wohnungen sowie 36 gewerbliche Objekte errichtet. Das Gerüst bildet in der Regel die 2- bis 3- Zimmer-Wohnung, wobei die Tendenz in der gegenwär- tigen Phase eher zum Kleinwohnungsbau neigt. Investitions-Volumen der NH 1. und 2. Bauabschnitt 47 Millionen von insgesamt 130 Millionen im Hoch- bau. Grundrisse und Wohngemenge unterscheiden sich zwischen Eigentumswohnungen und Mietwohnungen nur unwesentlich. Die Gebäude sind preiswert und zeiclmen sich durch sehr gute puritanische Architektur aus. Dies ist unter anderem durch eine sehr große Gebäudetiefe und durch die konseq uente Ausnutzung der Bauordnung erklärlich. Die sogenannten halb- öffentlichen Zonen (Treppenhaus, Eingangsflur etc.) sind großzügig angeordnet, die Außenanlagen bis zum gestalteten Zaun hin konsequent durchgehalten und durch Anordnung von Wintergärten der sogenannte passive Läl111schutz am Haus in eine höhere Q!Jalität gehoben. Zur Investition haben wir uns unter folgenden Gesichtspunkten entschlossen: - Wir waren überzeugt, daß die Standortqualität zunImmt, - wir hatten volles Vertrauen zur qualitätssicllemden Vorarbeit und Weiterarbeit durch die Stadt, - wir waren überzeugt, daß wir uns auch im Rahmen einer Flächensanierung an einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung beteiligten. Oder ganz einfach: W ir leisteten einen Beitrag zum Wiederaufbau. Im Karlsruher Dörfle wurden bis heute 1.800 Ein- wohner neu angesiedelt. Keine andere Stadt vergleich- 21 barer Größe kann einen ähnlich hohen Einwohnerzu- wachs in ihrer Innenstadt aufWeisen. leh möchte nun hieraus einige Konsequenzen zie- hen: Obgleich sich aus dem Nebeneinander von Flächen- sanierung und erhaltender Altbauemeuerung in Karls- ruhe ein wertender Vergleich bei der Strategien anzubie- ten scheint, ist die Frage nach der besseren Strategie oder gar nach einer grundsätzlichen Strategie in cityna- hen Problemgebieten weder grundsätzlich noch aus den Karlsruher Erfahrungen heraus eindeutig zu beantwor- ten. Sogenalmte Experimente sind schwer vergleichbar, werden kaum einheitlich ausgewertet und - bezogen auf Kosten und Preise, Planung und Durchfuhrung, kurzfristige Entscheidung und langfristige Auswirkung - oft manipuliert. Und dennoch werden im bautechnischen, im künst- lerischen, im soziologischen Bereich, im Bereich der ·all- gemeinen Infrastruktur Gegebenheiten zwischen den Städten erkennbar, die meiner Meinung nach bereits übereinstimmende Rückschlüsse zulassen sollten. Es ist unstreitig, daß in den Emeuerungsgebieten hierbei das Vorhalten von Liegenschaften und Hausbes itz durch die Gemeinden eine tragende Säule darstellt, auf die man nicht verLichten kann. Ein natürlicher Wider- spruch zur freien Marktwirtschaft wird sichtbar. Dies ist nicht zuf:·illig. Im umfassenden Städtebau bilden markt- wirtsdlaftliche Methoden nur punktuelle Lösungsan- sätze. Eins ist jedoch völlig ausgeschlossen, nämlich daß die Gemeinden mit der Bodenpolitik frei-markt- wirtschaftliche Positionen beziehen, nur weil es kon- junkturell opportun erscheint. Aus der Abschöpfung von eventuellen Verdichtungs- effekten ist nicht zuletzt die unselige, falsch verstan- dene Urbanitätswelle der ersten Hälfte der 70er Jahre entstanden und nicht etwa nur durch Modellklötzchen- Spielereien aus der Vogelperspektive alerter Städte- bauarchitektur oder gigantische Beton-Agglomerationen "Neuer Heimaten". Je problematischer sich eine Erneuerungsmaßnahme 22 darstellt, um so großzügiger sollte die Förderung auf- gebaut sein und dazu fuhren, daß bei Eigennutzung eventuelle Einkonunensgrenzen nach oben wegfallen. Nur so kann neben der sozial-politisdlen Aufgabe die struktur-politische Aufgabe der Stadterneuerung zum Erfolg geführt werden. Die Bodenpreise wurden im Dörfle gestaffelt: Öffentlich geförderte Wohnungen 108,- Eigentumswohnungen je nach Jahr 235,- bis 300,-, Läden anfangs 400,- bis 500,- Mark. Der Mittelstand ist im Stadtemeuerungsgebiet zu halten. Nicht die Zahl der Bewolmer ist das alleinige Kriterium der Stadt von morgen, sondem deren Struk- tur und Verhaltensweisen. Die Standortfrage hat heute ein wesentlich größeres Gewicht fur den Investor als zum Beispiel die Woh- nungssubstanz selbst. Wir wollen in diesen Gebieten die Umweltqualität so verbessern, daß sie sich derjeni- gen in neueren Baugebieten am Stadtrand wenigstens annähert. So ist es notwendig, daß die Miete wieder als Preis empfunden wird und nicht als eine Gebühr - unabhängig von Einkommensennvicklung und Geld- wert. Ich bin der Meinung, daß öffentliche Mittel umzu- schichten sind. Nicht benötigte Infrastrukturen sind abzubauen. Man muß nicht erst warten, bis weitere leerstehende Fabriken oder ausblutende Grundschulen besetzt, genutzt, zerstört, verbraucht, gemieden werden. Diese Ansicht ist nicht neu, sie ist von mir bereits 1979 in der Stadt, die heute unter den größten woh- nungspolitischen Ausschreitungen zu leiden hat, vor- getragen worden. Selbstverständlich werden Selbstheilungskräfte nur dort wirksam werden, wo Vertauen und Sicherheit vor- handen sind oder wo ein gezielter materieller Anreiz unmittelbar zur Aktion verleitet. Aus privanvirtschaftli- cher Sicht ist Planung, verbindliche Planung, ebenso wünschenswert und notwendig, wie von seiten der öffentlichen Hand. Danadl müssen die politischen Entscheidungen der Stadt konsequent und für den möglichen Bauherm erkennbar sein. Wir sollten uns gemeinsam energisch gegen kurzfri- stiges Taktieren stemmen. Das Nicht-Zeit-haben, das Verwerfen von Ideen, die Zeit brauchen, das Machen des gerade Machbaren ist eine der ~ellen einer bauli- chen Misere, die so offen zutage liegt, daß das Bedauem darüber heute fast den einzigen Konsensus darstellt. Sich nach der Decke strecken, ist eine Sache politischen Wirklichkeitssinns. Seine eigene Problem- lage sehen, ist keine Sache von utopischer Realitäts- feme, sondem von gedanklichem Wollen. Im Stadtemeuerungsbereich spielt die Öffentlichkeit als eine Funktion der Information eine wesentliche Rolle. Dabei sind die Infom1ationsträger in der Regel nicht die Betroffenen, auch nicht die betroffenen und autorisierten Gremien der Gemeinden, sondem Medienträger: Rundfunk - Femsehen - Presse. Ihre Argumente bleiben oft im Täglichen, Kurzfristi- gen und Aktuellen hängen. Trends werden verstärkt, Kreativität entf:l11t in der Regel. Dabei ist die Einschaltung der Betroffenen, die nicht selten nur einen Teil der Bürgerbeteiligung dar- stellen, von großer Bedeutung. Dies sollte so früh wie möglich, aber erst dann erfolgen, weru1 interdisziplinäre Expertenplanungen vorliegen mit zeitlichen, rechtli- chen, räumlichen und finanziellen Konsequenzen fur den einzelnen. Somit kann der Entscheidungsspielraum der politischen Entscheidungsträger erweitert werden, falls man nicht ewig in Grundsatzdiskussionen verharrt. Ich möchte hier noch einige Gedanken zur Bautech- nik und den leidigen Baukosten einfügen, denn dies trifft nicht nur auf Neubauten im RalU11en einer Flä- chensanierung zu, sondem im zunehmenden und ver- stärkten Maße auch fur alle Modemisierungsmaßnah- men. Hatten wir zwischen 1960 und 1976 insgesamt jähr- liche Sprünge fur Gebäudekosten von 48 Mark je qm Wohnfläche zu verkraften, so haben sich diese Zahlen zwischen 1976 und 1980 auf 140 Mark je qm Wohn- fläche erhöht. Nach den Unterlagen des Statistischen Landesamters Baden-Württemberg werden heute 135.000 DM Zuschüsse je Wohnung im öffentlich geforderten Wohnungsbau gezahlt. Nach unseren eige- nen Berechnungen scheint es so zu sein, daß unter einer Bezuschussung von 100.000 DM pro Wohnung nichts mehr geht. Die Bemühungen der 60er Jahre, den Massenwoh- nungsbau zu rationalisieren, gelten heute mehr denn je. Die Gründe hierfür sind im wesentlichen die gleichen geblieben : Handwerkliche Arbeit ist verhältsn1äßig teuer, hand- werkliche Arbeit am Bau ist in seiner erforderlichen ~alität kaum zu gewährleisten, ein ausreichender Anreiz fur den Nachwuchs im Baugewerbe ist aus ver- schiedenen Gründen nicht gegeben. Es ist fur uns nicht neu, daß die Schaffung weiterer Abhängigkeiten unter den tangierenden Fach bereichen und die Zunahme neuer Vorschriften einschließlich ver- schärften Rechtssprechungen gegenüber dem Bauerstel- ler eine Investitionsbereitschaft und eine Kostendämp- fung nicht zur Folge haben werden. Lassen Sie mich konkret sagen, wo es uns vielleicht gelingt, über die Bautechnik lunaus städtebauliche ~alität zu erbringen, zum Beispiel: Ein 8-Familien-Haus mit 4 Geschossen kostet ohne Grundstücks- und Nebenkosten ungefahr eine Million. Spart man hier bereits 5 % ein, das wären 50.000 Mark, karu1 man dafür so viele hochstämmige Bäume pflan- zen, daß der Grund und Boden lucht ausreicht. Mit anderen Worten: Bei einem Durchschreiten unseres Gebietes, fur das wir sowohl als Maßnahmeträger als auch als Investor ver- antwortlich zeichnen, wird erkelmbar werden, daß es oft wichtiger ist, gute Zwischenräume zwischen den Wohungsbauten zu schaffen, als Wohnungsbau-Arc1u- tektur selbst. Dabei kommt es darauf an, dies im Bereich des menschlichen Auges - im Sitzen und im Stehen - deutlich zu machen. Im Gegensatz zur üblichen Produktherstellung erfor- dert ein bauliches Experiment - sozusagen als Null- 23 Serie - einen erheblichen Kostenaufwa nd und über- dauert als bau liche Gegebenheit auch im negativen Fall Jahrzehnte. Das Schöne am Erfinderischsein ist, daß man nicht fortwä hrend Neues entwickeln muß. Wich- tig ist, daß man seine Augen fur neue Eindrücke immer offen hält und nich ts voreilig abtut. Überall um uns herum gibt es D inge und Deta ils, die nur darauf war- ten, im anderen Zusammenhang und nicht weniger angemessen verwendet zu werden. Um die negativen Aspekte sogenannter Neubausied- lungen zu vemleiden, darf selbstverstä ndlich eine Flä- chensanierung nicht dazu fu hren, daß die Standards im Städte- und Wohnungsbau so weit gesenkt werden, daß wir schließlich wieder bei einem gestalterischen Nivea u landen, dessen sich Generatio nen zu schämen haben. Die Gefahr ist groß! Hier wird oft beckmesserisch die Meßlatte angesetzt. Vereinfacht bedeutet eine Flächensanierung, mit Aus- nahme der Abhängigkeiten vom Tiefbau und von der umliegenden Bebauung, im Prinzip nichts anderes als die Bebauung eines jungfräuLichen Geländes auf der grünen Wiese. Was heißt das? Es ist von Vorteil, wenn man auf dem Vorwege den fur die Aufgabe geeignetsten Partner als Bauherm, Bauträ- ger, Architekten und sonstigen Entscheidungsträger fin- det, um alle organisatorischen, bauwirtschafli chen, gestalterischen und sozio logischen Vorteile auszunut- zen, die eine Flächensanierung einfach anbietet. Wie an anderer Stelle bereits ausgefuhrt, bedeu tet dies nicht den Verlust stadträ umlicher Identiät. Inzwischen wünschen Bewohner anderer Stadtteile von Karlsruhe die Qualität des fl ächensanierten Dörfl es. Die verantwortl ich Beteiligten wissen, daß es nicht nur auf eine Insti tutionalisierung der Organisation sdllechthin ankommt, sondern daß eine glückliche Per- sonenkonstellation erheblich zum Gesamterfo lg beige- tragen hat. Jede Investition ist nur so viel wert, wie sie über die ersten Architektu rfotos hinaus an Bedeutung im weite- 24 sten Sinne hinzugewinnt. Hierzu gehört auch eine gute Installierung und Bewirtschaftung öffentlicher Flächen durch die Stadt. Dies ist unter anderem die Basis fu r langfristig angelegtes Instandhaltungs- und Erhaltungs- Verhalten der Bürger oder privater Besitzer. Für mich ist das Gebiet M 1 Entkemung, Teilabriß, Teilmodemisierung etc. pp., unser interessantester Bei- trag und sowohl im technisch-äkonomischen als auch im sozialen Bereich als beispielhaft zu bezeichnen. Die groben Voruntersuchungen im Hinbl ick auf die Zielvorstellungen ergaben die grundsätzliche Modemi- sierungsfahigkeit der relativ gut erhal tenen Vorderhäu- ser entlang der Kaiserstraße sowie an der Adlerstraße und an der Kronenstraße. Eine Objektsanierung zu vertretbaren Kosten mußte für die nodl erhaltenen Gebäude in der Zähringerstraße verneint werden, da die mögliche Wohnwertsteigerung auch bei höherem KostenaufWand aufgrund der klein- teiligen Grundstückszuschnitte, der vorhandenen Raumgrößen und Geschoßhöhen begrenzt bleiben würde. Hinzu kann die relativ starke Verflechtwlg mit Hin- tergebäuden, di e ohnehin ausgekernt werden sollten. Die einzige Ausnahme bildete das Gebäude Zähringer- straße 76, weil das sogenannte Weinbretmer-Modell- Haus zusammen mit dem Eckhaus N r. 78 die Maßstä- blichkeit dieses Teils der Zähringerstraße bewahren sollte. Außerdem soll te das Eckgebäude Zähringerstraße 60 Al B - das sogenannte Hohenzollemhaus - trotz des sch lechten Zustandes als originelle städtebauliche und handwerkliche Ecklösung aus dem Jahre 1890 unter allen Umständen erhalten werden - gewissel111aßen von Weinbrenner zu den Ho henzollem. Altbestand :l07 Wohn ungen mi t 11.748 qm Nutzfl äche, neu: 95 Wohnungen mit 10.863 qm Nutzfl äche, Modemisierungszeitra um: 1975 bis 1981. Der Abriß der Altsubstanz Zähringerstraße bildet sozusagen überhaupt die Voraussetzung des sichtbaren Erfolges der Entkernung dieses Gebietes. Ich bin jedoch nicht sicher, ob eine gleiche Entscheidung heute durchzusetzen wäre. Die vom Sanierungs träger empfohlene und über- nommene einheitliche Planung und kontinuierliche Bauausfuhrung wurde durchgesetzt und damit die Viel- falt der QtJartiersverflechtung und eine auf Verbleib der Bevölkerung gerichtete Sozialplandurchführung durch ein Taktverfahren sichergestellt. Der Vollzug dieses Sozialplanes ist fur andere Maß- nahmen zu empfehlen. Hierzu folgende Thesen: 1. Die Mieter sind in kleinen Gruppen nur noch block- oder hausweise zu informieren und mit den konkre- ten Maßnahmen zu konfrontieren, die sie kurzfristig erwarten. 2. Es ist weitgehend auf schematisierte Entschädigungs- und Härteausgleichs-Regelungen zu verzichten. 3. Um das Problem der Ersatzwohnung fur den von der Modemisierung betroffenen Mieter lösen zu können, sind leerstehende Wohnungen im Altstadt- gebiet nicht wieder zu belegen, sondem fur Sanie- rungsbetroffene vorzuhalten. Ich möchte in diesem Zusammenhang in aller Deutlichkeit darauf hinwei- sen, daß durch dieses Sozialverhalten von Kommu- nen und Städten ein Anreiz für Hausbesetzungen geschaffen wird. Es ist unerläßlich, daß eine umfang- reiche Manövriem1asse vorgehalten wird zum Errei- chen gemeinsamer, vor allen Dingen auch sozialpoli- tischer Ziele, leider ist es uns nicht möglich, analog zum englischen Mietrecht kurzfristige Zwischenlö- sungen fur Übergänge zu schaffen, das heißt: Miet- verträge auf Zeit. 4. Die Mietsteigerungen, die unzweifelhaft in den modernisierten Häusern auftreten, sollten nicht nach relativen Bezugspunkten, sondem nach absoluter Miethöhe gemessen werden, wobei das Wohngeld und ähnliches auf den Mieter individuell zugeschnit- ten werden sollte. Es macht uns immer wieder kopfscheu, wenn wir hören, daß die ursprüngliche Miete sich auf das Dreifache erhöht hat, vielleicht bei eingefrorenen Mieten im Altbesitz, die unter Umständen bis dato nur zwischen 1,00 und 1,50 DM je qm Wohnfläche betrugen. Man sollte hier Wege finden, eventuell einen wohn- geld unschädlichen, zeitlich begrenzten Mietrabatt zu gewähren. 5. Die Zuordnung der Kosten so Ute man nur bei Ein- zelmaßnahmen vergleichen, sonst sind Verzerrungen durch den Zeitfaktor der Baumaßnahme, die Stand- ortgewährung, die Größe, den Bodenwert usw., mög- lich. 6. Versuche mit zweimaligem Umzug, das heißt zunick in die alte, nun modernisierte Wohnung, wurden angestellt, verliefen jedoch unbefriedigend, sie blei- ben die Ausnahn1e; hingegen ganze Hausgemein- schaften als Beitrag zur Erhaltung sozialer Bindun- gen umzusetzen, ist in Ansätzen gel ungen. 7. Die Sozialplanung erfolgte im Sanierungsbüro "vor Ort". Neben der Anwendung eines humanen, nahezu laut- losen, zwischen den Entscheidungsträgem wohlabge- stimmten und verstandenen Sozialplans haben wir folgende, fur die Allgemeinheit vielleicht interes- sante, wichtige Erkenntnisse gesammelt und können sie als Empfehlung weitergeben: Die Verbesserung der Umweltqualität steigert außer- ordentlich die Akzeptanz für Vollfamilien und für aktive Kräfte. Aus einem sogenannten voll umschlossenen Grün- derzeitblock öffnend Zähne zu schlagen, kann unter Umständen mit rationellen Methoden zur schnelleren Gesundung eines Areals fuhren. Neben dem fließenden und ruhenden Verkehr sind Lärm und Dreck über Jahre hinaus für die Betroffenen eine nicht zu unterschätzende Komponente. Eine Fläche abzuräumen, muß nicht gleich bedeu- ten, wieder etwas hinzubauen. Nur wenn ich zum Bei- spiel gewissermaßen von hinten großzügig herankom- men kann, ist es möglich, beruhigte Zonen rnit entspre- 25 chender Wolmsubstanz zu erhalten. Einem Schachbrett vergleichbar könnte ich mir gut vorstellen, daß einige Felder frei bleiben, das heißt abgeräumt werden und hier ein zentrales, unterirdisches Parken mit großzügiger, oberirdischer Begrünung vor- gesehen wird. Einerseits ist damit die Gewähr gegeben, daß eine zu große Q!Jantität von Blockstrukturen die nötige Durchlüftung erhält, andererseits wird es für die anliegenden Blockbesitzer eine AufWertung bedeuten und Privatinvestitionen ankurbeln. Solche "grünen Oasen" können nur mit öffentli- chem Engagement und straffer Koordination geschaf- fen werden. Ich bin sicher, das sind Aufgaben von Maßnahme- oder Bauträgern spätestens ab 1990. Großzügige Verlagerungen von störenden Gewerbe- betrieben bei ausgewählten Sanierungsgebieten sind oft eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Rückgewin- nung aktiver Bevölkerungsgruppen. Dabei wird in Zukunft der Definition, was unter "störend" zu verste- hen sei, größere Bedeutung beigemessen werden müS- sen als bisher, da unter Umständen andere Lärm- oder Verunreinigungs-Q!Jellen negativere Folgen haben : Autoverkehr, zeitlicher Lärmpegel durch Kinder und Jugendliche etc. Und nun erlauben Sie mir noch einige Arunerkun- gen zum Gebiet B Modemisierung: Das grundsätzliche Problem bei der Modernisierung von Einzelobjekten wurde in Karlsruhe von vornherein durc.h die Festlegung eines großen Teils der EinzeIob- jekte in Ensembles als Kulturdenkmäler im Sinne des § 2 des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg relativiert. Waren 1961 2 Objekte durch Denkmalschutz festgeschrieben, so waren es 1973 92. Dieses ausschließlich bewahrende Konzept wird zunelunend mehr als Belastung des Sanierungsverfah- rens empfwlden. Städtebauliche Verbesserungen, die wlter Umständen auch privat finanziert würden, schei- tem an den Auflagen des Denkmalpflegegesetzes. So kalm der Effekt eintreten, der zum Teil schon in dem 26 Gebiet abI es bar ist, daß die Vorkehrungen, die eigent- lich den Erhalt beziehungsweise die Wiederherstellung der historischen Substanz zum Gegenstand haben, fak- tisch zu einer Verwahrlosung und letzten Endes zum Abriß der historisch wertvollen Substanz fLihren kön- nen. Die Kosten lagen fast durchweg über dem Limit von 70 %, zum Teil über 100 % vergleichbarer Neubauko- sten. Diese Kostenansätze können zwar bei Minimie- rung des Modemisierungswnfangs reduziert werden, die Erfahrung aus vorausgegangenen Maßnahmen hat jedoch gezeigt, daß langfristig nur eine durchgreifende Modemisierung sinnvoll ist; es ist dabei nicht unwich- tig, daß modernisierte Gebäude keine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren aufWeisen! Auf den Kostenindex von 1978 bezogen, belaufen sic.h die niedrigsten Modemisie- rungskosten auf zirka 1000 DM pro qm Nutzfläche und steigen an bis zu 2350 DM pro qm Nutzfläche. Im Vergleich hierzu: 1600 DM Fritz-Erler-Straße 1981. Das sind selbstverständlich Kosten ohne Grund- stücksanteil und ohne Nebenkosten. In diesem Zusammenhang weise ich auf folgendes hin: Es ist ein Unterschied, ob Menschen bereit sind, fLir eine gewisse Zeit verhältnismäßig einfach zu wohnen, um nach zwei, drei Jahren diese Behausung wieder zu verlassen, oder ob es sich um Mieter oder gar besit- zende Eigennutzer handelt, die hier seßhaft werden wollen. Dies schließt ausländische Familien voll ein. Bei allen Hausbesetzer-Debatten wird diese Komponente unterschlagen. Es ist außerordentlich schwierig, vor der Investitions- entsc.heidung das Kostenrisiko zu limitieren, Sie wer- den es selbst verstehen, wenn Sie sich gewissenhaft im Gebiet umsehen. Noch in der Gründerzeit - der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg - entwickelte sich Kommunikation in der Gruppe und in der Gemeinschaft, weil die technischen Voraussetzungen der Wohnung des nom1alen Bürgers so schlecht waren, daß man lieber im Winter seine kalte Wohnung verließ, um in der wannen Kneipe an der Ecke mit der Frau Nachbarin ein Bier zu trinken. Wie hatte doch Tucholski in den 20er Jahren gesagt: "Verbrannte Milch und Langeweile". Der äußere Rahmen unseres Lebensbereiches - und dies ist außerdem heute nur noch bedingt statisch - hat heute anonym zu funktionieren, einem Kühlschrank vergleichbar, bei dem sich kein Käufer fur das physika- lisch-technische System im Innem des Behälters interes- siert. Sondern man geht davon aus, daß es ganz einfach klappt. Um einen Gesamteindruck von der Unterstüt- zung, die die Betroffenen durch die geplante Sanie- rungsmaßnahme genießen, zu erhalten, wurde direkt die Frage gestellt, ob der Befragte eine Sanierung fur erforderlich halte. Während die Neuordnung des Gebiets allgemein befürwortet wurde, lehnte man die Sanierung des eigenen Gebäudes überwiegend ab. Die Sanierung wurde am meisten von denen befürwortet, die einen Wolmungswechsel beabsichtigten, insbeson- dere Personen im Alter von 35 bis 45 Jahren. Bei den mobilen Gruppen, beziehungsweise denjenigen, die erst kurze Zeit dort wohnten, fand die Sanierung am wenig- sten Unterstützung. Wir müssen uns dessen gewiß bleiben, daß fehlende private Investitionen nicht nur wesentlich zum Nieder- gang städtischer Problemgebiete beitragen, sondem auch allen Versuchen von Bund, Ländern und Gemein- den, die Stadtemeuerung zu beschleunigen, harte Gren- zen setzen. Dies verstärkt sich, wenn steuerliche Abschreibungen fur Altbauten aufgehoben oder dra- stisch reduziert werden. Dies sind Tatbestände, die auch anderenorts bei großflächigen historisch anerkannter- maßen wertvolleren Innenstadtbereichen zu einer zur Zeit kaum lösbaren Problematik fuhren. Ich denke hier an Bamberg, Lübeck, Regensburg. Die Aufgabe der Denkmalpflege könnte dahinge- hend modifiziert werden, daß strukturelle, das heißt auch den Neubau einschließende Leitlinien der denk- malpflegerischen Behandlung eines Erneuerungsgebie- tes vorzugeben sind, um damit weniger bewahrend als initiativ verstanden zu werden, um den Anforderungen nicht nur der Stadterhaltung, sondern auch der Stadt- entwicklung gerecht werden zu können. Wenn Sie mich abschließend fragen: Wie soll es wei- tergehen? Guter Rat ist auch unter Propheten teuer. Was bekannt ist, ist noch lange nicht erkatmt. Die ständige Polemik des subjektiven Sollens versagt, wenn die Institutionen nicht intakt bleiben. Die Kon- vergenz von Vernunft und Wirklichkeit ist unser aller Grundlage, und wer die Geschichte nicht begreift, ist verdammt, sie zu wiederholen, weil er sie nicht gelernt hat. Verschärft sich der Konflikt zwischen einseitiger Rationalität und dem ihr folgenden Irrationalismus, gehen wir sehr schweren Zeiten entgegen. Insoweit bekenne ich mich zum Ausgleich, zu Synthese. Dies setzt mir - und somit auch unserem Untemehmen - immer wieder die neue Aufgabe, nach der Mitte zu suchen : engagiert, kreativ und mit kompromißbereiter Phantasie. 27 Flächensanierung oder Objektsanierung - echte oder falsche Alternative? Mit dem Tagungsthema wird den an der Stadter- neuerung verantwortlich Beteiligten und damit auch der Denkmalpflege die Frage gestellt, ob neben der sog. Objektsanierung künftig auch wieder Chancen für die sog. Flächensanierung, alias für eine" umfassendere Ver- änderungspolitik" gesehen werden. Dazu zweierlei vorweg: Erstens dürfte es nicht überraschen, wenn zumindest von seiten der Denkmalpflege gegenüber einer Art Flä- chensanierung nach inzwischen üblichem Sprachge- brauch zunädlst ganz genereLl jene kritischen Vor- behalte aufrecht erhalten werden, die von sehr konkre- ten Erfahrungen der letzten bei den Jahrzehnte geprägt sind. Flächensanierung in diesem Sinn ist m. E. nicht in ,,verruf geraten", so wie eine an sich gute Sache irgend- wie und nur durch unglückliche Umstände eben auch einmal in schlechtes Licht geraten kann. Die Erfahrungen, die unter dem Begriff Flächensa- nierung subsumiert werden mußten, haben in histo- risch bedeutsamen Baustrukturen bekanntlich zu Bestandsverlusten in einem Ausmaß gefuhrt, das von der bautechnischen Erhaltungsfahigkeit dieser Struktu- ren und von den potenziellen Nutzungsmöglichkeiten her ganz einfach nicht zwingend gewesen wäre. Aller- dings sind es gerade auch wieder diese Verluste gewe- sen, die dann bei all jenen ein Bewußtsein fur histo- risdle Wertigkeiten mitbewirkt haben, die am Prozeß Stadterneuerung beteiligt sind. Deutlich ist hier übri- gens anzumerken, daß dieser Lemprozeß auch fur die Denkmalpflege konstatiert werden muß. Andrerseits und zum zweiten: In meinem Zuständig- keitsbereich - und sicher genauso in den anderen Bun- desländern - werden heute zusammen mit der Denk- malpflege u.a. auch Sanierungsmaßnahmen betrieben, die man vom Umfang der Fläche her und vom Aus- maß der vorgesehenen Abbrüche (einschließlich Denk- malsubstanz!) zunächst auch unter einen Begriff "Flä- chensanierung" subsumieren könnte. ALlerdings sind hierbei kleinere Maßnahmen gemeint, die eingebettet Thesen aus dem Blickwinkel der Denkmalpflege Prof. Dr. Gebeßler, Stuttgart sind in ein Konzept der Stadtentwicklung, das sich vor- rangig auch an den denkmalpflegerischen Erhaltungs- zielen orientiert. Mit diesen Bemerkungen sollte allerdings nur klarge- steLlt werden, daß die zitierten Vorbehalte gegen den Begriff "Flächensanierung" weder pauschaler noch prin- zipieller Art sind. Die Vorbehalte sollten auch nicht mit den respektablen Ergebnissen der erhaltenden Erneue- rung, die zum wesentlichen Teil auf Objektsanierung beruht, gestützt werden. Beide Sanierungsmethoden können vielmehr inuner nur auf die vorgegebene Situation bezogen werden. Diese Situation ist zu analysieren, zu bewerten und in ihren Bezügen zur Gesamtstadt zu betrachten. Diese Vorgabe gilt entsprechend auch für die Stadt- denkmalpflege. Für deren Wirkungsmöglichkeiten und Erhaltungsziele ist übrigens kaum etwas nachteiliger als eine Praxis, die sich in der Wahl ihrer Methoden, ihrer Arbeitsansätze und Instrumente zuerst orientiert am Gütezeichen des methodisch einmal Bewährten (lang- fristig aber möglicherweise Verfehlten), anstatt immer zuerst nach den speziellen Erfordernissen des vorhande- nen Denkmalbestandes zu fragen. Stadterneuerung ist (auch von den denkmalpflegeri- schen Gesichtspunkten her) ein Prozeß, der auf unter- schiedliche Gegebenheiten mit ebenso unterschiedlich differenzierten Maßnahmen zu reagieren hat. D abei mag es dann im Bereich der städtebaulichen Zielvor- stellungen die - im Einführungstext zu dieser Tagung zitierten - Schwankungen und modischen Trends geben. In der Behandlung historischer Stadtbereiche ist der sog. Trend, wenn man so will, von der Flächensanie- rung zur Objektsanierung allerdings nichts anderes als ein Weg - nämlich eine verstärkte, öffentlich getragene Orientierung an dem, seit Bestehen der institutionalisierten Denkmalpflege, stets gleichen Ziel einer Erhaltung des Schutzgutes in dem Rahmen, in dem man seine historische Bedeutung zu erkennen ver- mag. Diese "historisdle Bedeutung" ist natürlich insoweit 29 zeitgeb:mden, als im Laufe der Entwicklung eine Erweiterung vom herausragenden Einzeldenkmal hin zur Erhaltung historisch bedeutsamer Baustrukturen - und darin auch des einfacheren Hausbestandes - statt- gefunden hat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß zukünftig neue, heute noch nicht erkennbare Objekte als Kulturdenkmale einzustufen sind. In diesem Zusammenhang ist es nicht nur das Ver- dienst einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit, son- dem gerade auch verantwortungsbewußter Planer gewe- sen, dieses Erhaltungsziel nicht nur mitgetragen, son- dem vehement auch gefordert zu haben. Maßgebend hierfür waren allerdings nicht nur (und vielleicht nicht einmal) denkmalpflegerische Gesichts- punkte (eben Stadtgeschichte, gesehen unter wirtschaft- lichen und gesellschaftlichen Entwicklungen), sondern vor allem doch auch städtebauliche Gründe (z.B. Stadt- bildpflege, Erhaltung sozialer Struktuem, usw.). Die Erhaltung historischer Strukturen ist, um dies hier ganz deutlich in den Raum zu stellen, eine Teilauf- gabe von Stadtentwicklung, und damit von Stadter- neuerung, die sich in jeweils unterschiedlichem Umfang und in differenzierter Wertigkeit ergibt. Die Gesamtentwicklung einer Stadt muß die histori- schen Bereiche aber immer so einbeziehen, daß ihre Funktionen nicht nur der Gesamtentwicklung dienen, sondem vorrangig auch der Erhaltung der historisch bedeutsamen Strukturen. Hierrnit ist nicht das Schlagwort "museale Konservie- rung" gemeint, das - fehlinterpretiert - häufig im Zusammenhang mit Emeuerungsproblemen gebraucht wird. Es geht vielmehr um Erhaltung und (wenn auch in eingeschränktem Rahmen) um notwendige Fort- schreibung und Veränderung. Dies ergibt sich schon allein aus der banalen Notwendigkeit, daß auch histo- rische Bereiche heutigen Nutzungsanforderungen, d.h., heutigen sozialen und wirtschaftlichen Erfordernissen, gerecht werden müssen. Der bekannte Konflikt wn Veränderung, um Ein- griff, um Erhaltung usw. entzündet sich allerdings nicht 30 so sehr an der Tatsache solcher Erfordernisse, sondern vielmehr an ihrer Definition. Denn erfahrungsgemäß lassen sich für die Rolle des Sanierungs bereiches innerhalb der Gesamtstadt - sofem man eine aktive Erhaltungspolitik treiben will - in der Regel verträgliche und vielfaltige Nutzungen finden, die den Bestand langfristig sichem. Die Chancen einer Sanierungsmethode hängen - nach dem bisher Gesagten - auch von ihrer Tauglich- keit für die denkmalpflegerischen Erhaltungsziele ab. Letztere wiederum orientieren sich an den denkmalpfle- gerischen Belangen in der Stadterneuerung. Beide sind am Auftrag eines heutigen Denkmalverständnisses aus- gerichtet und können wohl als bekannt vorausgesetzt werden. Ich bringe sie deshalb nur in Stichworten in Erinnerung: Erstens: Der Grundwert historischer und erhaltungs- würdiger Gebäude liegt nicht vorrangig in ihrem Kunst- oder Gestaltwert, sondem in der Tatsache, daß sie (kurz gesagt) Erfahrung aus der Geschichte vemut- teln. Erhaltung daher auch der einfacheren, ja anony- men Hauslandschaft, soweit sie einzeln oder vor allem als Bestandteil eines Kontextes Geschichte veranschau- lichen, Stadtgeschichte, Sozialgeschichte, usw .. Zweitens : Entspredlendes gilt insgesanlt für die Tat- sache, daß in diesem Sinn audl historische Stadtstruk- turen, der Stadtgrundriß, das Parzellengefüge usw., soweit sie eben Geschichte anschaulich madlen, als erhaltenswert gelten können. Hieraus folgt die banale Selbstverständlichkeit, daß die Denkmalerhaltung vorrangig auf möglichst weitge- hende Bewahrung der historischen Substanz abzielt. Dabei sollte man für die Sanierungspraxis zweierlei zusätzlich in Erinnerung rufen. Zum einen stellt sich die Dringlichkeit einer optimalen Substanzerhaltung nicht nur bei den baukünstlerischen Prinzipalstücken, sondem ebenso, und vor allem, bei der anonymen Hauslandschaft. Die Erfahrung, d.h., das Ergebnis jeder Althausmo- demisierung und -instandsetzung, lehrt, daß auch der einfachere und baukünstlerisch eben nur wenig oder gar nicht markierte Hausbestand für den Nachweis sei- ner Geschichtlichkeit und seiner geschichtlichen Bedeu- tung angewiesen ist auf die Sprache und auf die Alters- spuren seiner originalen, historischen Substanz. Nun heißt Instandsetzung von jeher immer auch Erneuerung. D.h., daß man auch in der Denkmalpflege den Pelz nicht wasdlen kann, ohne ihn naß zu machen. Aber für das praktische Ergebnis bleibt eben doch die eine Frage von grundsätzlichem Gewicht, nämlich : orientiert sidl die Instandsetzung an den heutzutage üblichen Möglidlkeiten einer perfekten Renovierung und eines vorbeugend gründlichen und zugleich stilgerechten Substanzaustausches, - oder eben an dem Wissen, daß jeder emeuemde Eingriff, und sei es auch nur der Eingriff in die "Haut" eines Baudenk- mals, stets eine spürbare, ja empfindliche Einbuße im gesdlidltlich geprägten Charakter bedeutet. Dasselbe gilt zum anderen für den Umgang mit dem Bestand historisdler Sanierungsquartiere als Ganzes. Was uns hier beschäftigt und täglich belastet, ist jene Auffassung, die - kurz gesagt - die Grundqualitäten, d.h. das Humane inl Erlebniswert altstädtischer Bereiche, noch immer zuerst im sog. Gestaltwert, im Maßstäblichen, in der Fonnenvielfalt des Details, - kurzum : in der Stadtbildleistung sieht. Die AufFassUflg also, wonadl das Baudenkmal "notfalls" immer auch substanziell austausdlbar und bei einigem Stilgefühl inl Ersatzbau eben wiederherzustellen ist. Dieses "notfalls" und die Abwägung, ob erhalten oder abgerissen Ufld umgebaut werden soll, verkürzt sich erfahrungsgemäß immer rasdl dort, wo der moder- nisierte und instandgesetzte Altbau Wirtschaftlichkeit vennissen läßt bzw. dort, wo die Altbausubstanz jenen Nutzungen nidlt gerecht werden kann, die ihr zugewie- sen werden. Bei Untersuchungen über die Notwendigkeit eines Substanzaustausches sollte man aber eines stets beden- ken: Wer für den Abbrudl eines denkmalwerten Alt- baues entscheidet, bewahrt durdl die Erhaltung bzw. durch den Ersatz gestalterischer Werte zwar einen Teil seiner Erlebnisqualitäten, - diesen Teil aber auf Kosten des Ganzen. Daß im Einzelfall auch etwas anderes gelten kann, verdeutlicht ein weiterer Aspekt der denkmalpflegeri- schen Erhaltungsziele, der eingangs schon angeklungen ist. Er wird hier mit aller Vorsicht vor möglichen Miß- verständnissen und vor undifferenz ierten Erwartungs- haltungen noch einmal eingebracht: Die Erhaltung historisch bedeutsamer Bereiche kann auch Neubauten bedingen, und - unter speziellen Vora ussetzu ngen - den vorausgehenden Abbrudl von Denkmalsubstanz. Vorsorglich ist dabei aber sofort auch die Einschrän- kung zu machen, daß diese Bemerkung zum Neubau eben wirklidl nur zutrifft für den Fall, daß mit den zitierten Veränderungen nach begründeter Abwägung eine funktional langfristige Stützung des gesamten historischen Bereiches sichergestellt wird. D as Ausmaß der Eingriffe spielt eine entscheidende Rolle. Denn die unumgänglichen Ersatzbauten im Sanierungsgebiet werden in ihrer ZUflächst bloßen Gestaltbezogenheit auf das historische O.!Iartier um so eher und um so mehr erläutert Ufld glaubwürdig legiti- miert, als sie eingebunden bleiben in einen nachbarlich eben noch vorhandenen, autllentisch sprechenden Geschidltsbestand. Das heißt im Hinblick auf das hier gefragte Thema der Flächensanierung noch einmal konkret: Wenn man des Schutzgutes nicht ganz oder nicht in unvertretba- rem Maß verlustig gehen will, dann müssen sich Flä- chensanierungen innerhalb historisch bedeutsamer Bereiche von vomeherein auf kleinere Teilgebiete beschränken; oder mit anderen Worten: sie haben sich einem insgesamt erhaltenden Erneuerungskonzept ein- zufügen. Beim Stichwort "Emeuerungskonzept" ist zumindest kurz auch auf jene zentrale MitleistUflg der Denkmal- pflege hinzuweisen, die in ihrer Praxis bedeutung leider weithin noch unterschätzt wird. 31 Erstens: Noch vor jeder festlegenden Abwägung möglicher Sanierungsschritte und -methoden Feststel- lungen zu den vorhandenen Denkmalqualitäten; dies nicht nur in stadtbi ldmäßiger Hinsicht, sondern in der Fonn der historischen Analyse von Substanz und Struktur. Zweitens: Bauforschung und Dokumentation an der Altbausubstanz, noch bevor sich Planungs- und N ut- zungsüberlegungen verfestigen. Daß solche Forderungen automatisch zu einer Frage an die personelle Leistungsfahigkeit der Denkmalpflege führen, ist selbstverständ lich. Worauf es hier aber ankommt, das sind die an der Sache orientierten Ziel- setzungen, und dabei auch die Erfahrung, daß jedes Umgehen mit Baudenkmalen bekanntlich eben immer nur so effektiv sein kann, wie es das Wissen um die Denkmale zuläßt. D.h.: nur auf der Basis sorgfaltiger Untersudlwlgen und Dokumentation ist es in der Pra- xis dann erlaubt, a) innerhalb des gesamten Denkmalbestandes Prioritä- ten zu setzen, b) einen Spielrawn für alternative Sanierungskonzepte zu eröffnen, c) zusätzliche Erkenntnisse über den tatsächlichen Umfang der Modemisierungs- und Instandsetzungs- maßnahmen zu gewinnen, bzw. zusätzliche Anhalts- punkte auch für das Einbringen verträglicher Nut- zungsarten. N ur so wird es möglich, die Planung W1d die Durch- führung der Maßnahme damit sorgfaltiger und nicht in Richtung Abenteuer vorzubereiten, und damit eine rea- listischere Basis zu gewinnen für den Problem bereich der Kosten von Modemisierungs- und Instandsetzungs- maßnahmen. Bekarmtlich müssen Kostenberechnungen oft genug während des Sanierungsvorganges eben durch Nadllässigkeiten in der Voruntersuchung umge- stoßen werden, - und dies eben meistens in Richtung Verteuerung. Der zu letzt genannte Gesichtspunkt der Modemisie- rungs- und Instandsetzungskosten hat in der Auseinan- 32 dersetzung wn die Objektsanierung seit langem und auch hier in der Diskussion seinen gesicherten Auftritt. Lassen Sie mich daher wenigstens eine knappe Anmer- kung dazu machen. Erstens ist es fa lsch, die Tatsache hoher und viel- leidlt auch unverhältnismäßig hoher Modemisierungs- und Instandsetzungskosten pauschal zu bestreiten. Zweitens ist es ebenso falsch, für derartige Kosten pauschal die Auflagen der Denkmalpflege namhaft zu machen. Und drittens : Die Erfahrungen auf diesem Sektor sind heute noch nicht umfassend, und vor allem noch nicht umfassend festgestellt, - gerade auch inl Hinblick darauf, daß beispielsweise nach den heute üblidlen Richtwerten Modemisierungs- und Instandsetzungs- maßnahmen dann als wirtschaftlich tragbar gelten, wenn 70% der Neubaukosten nicht überschritten wer- den. Unsere Erfilirung ist es, und sie kann an Beispielen belegt werden, daß dieser Ridltwert bei der Objektsa- nierung und bei entspredlend sorgsamer Vorbereitung eingehalten, und vielfach sogar nicht erreicht wird. Solche Erfahrungen stehen beispielsweise aus der Stadt Rottweil zur Verfügung, die bei verschieden gear- teten Nutzungen überwiegend Kosten ergeben, die ein- deutig unter vergleichbaren Neubaukosten liegen. Ein wesentlicher Faktor ist es dort allerdings, daß diese Stadt - egal aus weldlen personellen Umständen - seitens unseres Amtes besonders intensiv betreut wer- den konnte. D.h., wir sehen die Hauptursache fur überhohe Kosten vor allem in den mangelhaften Voruntersudlungen, dann auch in den verfehlten, für das konstruktive Hausgerüst nachteiligen Nutzungszuweisungen, ferner in der hier praxisfemen Schulung der Architekten, in der mangelhaften (Reparatur-) Ausbildung der Hand- werker, und nicht zuletzt in der wohl W1bestreitbaren Tatsache, daß eine in erster Linie als Reparaturaufgabe zu verstehende Modemisierung W1d Instandsetzung über- lagert wird durch die Mentalität der Neubauperfektion. Im übrigen befmden wir uns mit solchen Feststellun- gen in der guten Gesellschaft ähnlicher Erfahrungsaus- sagen beispielsweise einer Publikation des BMBau, die Professor Nebel erstell t hat.') Aus dem bisher Gesagten dürfte die Rolle der D enk- malpflege in der Stadterneuerung im Grundsätzlichen doch sichtbar geworden sein. Demnach ist es wohl ein Mißverständnis, wenn diese Rolle immer noch auf- gefaßt wird unter der simplen Aufgabentrennung von Erneuern und Erhalten, von Stadtplanung und Denk- malpflege. Ein Mißverständnis ist es auch, diese beiden Aufga benrichtungen als zwei Kreise zu sehen, die sich zwa~ überschneiden, aber nicht deckungsgleich sind. Ganz im Gegensatz dazu versteht sich die D enkmal- pflege als sektoral-konstruktiver Teil der Stadtplanung, und darin als Teil der Stadtentwicklungspolitik. D.h., sie geht von der im Tagesgeschäft möglicherweise nicht immer zutreffenden Unterstellung aus, daß auch die Stadtplanung (als Einrichtung), ebenso wie die fach- liche Denkmalpflege, bestrebt ist, den historisch rele- vanten Bestand im Sanierungsbereich, wo er gegeben ist, so weit, wie vernünftig erlaubt, zu erhalten. Stadterneuerung hat nach landläufiger Auffassung die funktionalen, die baulichen, die sozialen Schwä- chen eines Bereiches auch nut dem Ziel zu beseitigen, dem Bereich über solche Maßnahmen all jene benenn- baren Werte zu sichern oder wiederzugewinnen, die - kurz gesagt - zur humanen ~alität und zur Identität des ~artieres gehören. Der historische Bestand zählt dabei vielfach zu den substanziell gefahrdeten und vor allem zu den optisch verschütteten Werten, - aber er ist als Realität eine der fes ten Wertvorgaben. Nur dann, wenn das Denkmalpflegerische von der Stadtplanung als Teilaufgabe mitverstanden und mit- getragen wird, - nur dann, wenn beispielsweise das Ein- bringen notwendiger Neunutzungen zuerst geprüft wird auf seine Vereinbarkeit mit den Gegebenheiten des historischen Baubestandes, und nicht umgekehrt (!), - nur dann wird zusammen mit dem Erneuerungsziel auch das zunlindest verbal nie bestrittene Erhaltungs- ziel faktisch erreicht. Denkmalpflege also nicht nur verstanden als Bin- dung der Planer- und der Architektenpraxis, sondern eben durch ihre begründeten Vorgaben und Basisfakten verstanden als Markierung des Freiraumes, in dem die Auseinandersetzung mit Altbausubstanz eine echte Erweiterung des Arbeitsfeldes, der Erfahrung und auch der kreativen Selbstverwirklichung bedeutet. Wie weit kann nach dem bisher Gesagten die Dörf- le-Sanierung beispielhaft sein ftir die Fragestellung im Sinne unseres Themas, - nän1lich im Hinblick auf die Frage: Flächen- oder Objektsanierung? - Falsche oder echte Alternative? Insgesamt - und zu dieser Einschätzung kommt auch die Studie des Bundesministers ftir Raumordnung, Bauwesen und Städtebau über das "Dörfle" 2) hat die Dörfle-Sanierung bei einem breiten Spektrum spezifi- scher Bedingungen kaum den C harakter einer aus heu- tiger Sicht "typisierbaren" Sanierung. Dazu nur einige Aspekte aus der Auswertung der Studie als Erläuterung: 1. Nach beachtenswerten Ansätzen in den 20er Jahren begann die Maßnahme in den SOer und 60er Jahren als charakteristische Verkehrssanierung. 2. Die Pionierrolle, die nut dem frühen Beginn verbun- den war, brachte fehlerhafte Lösungsansätze, die aus der Sicht der 80er Jahre zu kritisieren uns wohl nicht ansteht. 3. Die planungsstrategischen Vorstellungen jener Zeit ftihrten zu einem Flächensanierungskonzept, das eine großflächige Freiräumung zur Folge hatte und spätere Modifikationen nur noch in Teilbereichen zuließ. Anmerkungen: 1) Sanieren und Modernisieren von Fachwerkbauten, in : Schriftenreihe des Bundesministers für Raumo rdnung, Bauwesen und Städtebau 04.06911981, S. 145 2) Modcllvorhaben Karlsruhe-Därflc, ebd., 02.022 33 4. Ein zu hohes Durchfuhrungsrisiko (Umfang der Maßnahme und Mittelbedarf) wurde zu spät erkannt; es verursachte eine lange Maßnahmedauer und einen fortschreitenden Abwertungsprozeß des Sanierungsgebietes. Als bezeichnend fur das Klima zu Beginn der Sanie- rung muß man rückschauend wohl auch bedenken, daß das Gebiet einer fortlaufenden sozialen Entwer- tung ausgesetzt war, auch durch Maßnalmlen der Stadt. "Keine feine Gegend", - das ist bis heute noch die Beurteilung dieses Stadtviertels, mit der auch nachträglich noch das "nicht erhaltenswert" des Althausbestandes im "Dörfle" begründet wird. Und dann auch die weiteren Fakten: Kriegszerstörungen, Erwartungshaltung an den Straßendurchbruch, mit dem "etwas Neues" dort in Gang gebracht werden sollte; fl ächenhafter Teilabbruch, usw .. Bis 1970 gab es keine Beteiligung der Denkmal- pflege, keine Untersuchung und Wertvermittlung des zweife llos als erhaltenswert und als erhaltungsfahig dort vorhandenen Teilbestandes, keine benennenswerte Aus- einandersetzung mit dem Stadtgrundriß. Dabei ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, daß der fl ächensanierte Teil Ades "Dörfle" (vorsichtig gesagt) seinerzeit sicher zunächst am Rande des denk- malpflegerischen Interesses gelegen haben dürfte. Erst mit und nach dem Wettbewerb wurden dann Anfang der 70er Jahre in dieser Hinsicht allseits ent- scheidende Einsichten gewonnen, - Wiederbekennen zum historischen Stadtgrundriß, und Objektsanierung als Altemative zur Flächensanierung. Die erhaltende Erneuerung bestimmt seither die Pra- xis fur den B-Bereich. Bemerkenswert dürfte zusätzlich sein, daß damals auch das Denkmalschutzgesetz des Landes verabschiedet wurde. Insgesamt wäre demnach festzustellen, daß an dieser Gesamtrnaßnahme vor allem eines beispielhaft ist: die h ier wohl in einmaliger Weise gegebene Anschaulich- keit der Entwicklungsschritte, (nicht der Trendmoden!), die sich dort in den Methoden der Stadterneuerung im 34 Verhältnis zum historischen Baubestand seit den frühen 60er Jahren vollzogen hat. Eine grundsätzliche und aktuelle Frage nach den Auswirkungen, die die Neubebauung an der Nahtstelle zum B-Bereich eben fur diesen Sanierungs bereich hat, kann hier nur in den Raum gestellt werden: nämlich, warum offenbar keine Vemuttlung zwischen der Mas- senentwicklung der Bebauung an der Fritz-Erler-Straße hier zur eigens geprägten Hauslandschaft des B-Berei- ches angestrebt wurde. Hier besteht ein Bruch, der bis hinein in die Architektursprache der neuen Großbauten wirksam ist. Wichtig ist schließlich die Erkenntnis (auch aus denkmal pflegerischer Sicht), daß derartig großflächige Maßnahmen neben einer fortlaufenden Entwertung des Sanierungsgebietes über u.U. längere Zeiträume auch außerhalb des Sanierungsgebietes zu städtebaulichen Folgen fuhren, d.h. zur durchfuhrungsbedingten Verdrängung von Teilen der Bevölkerung und von Nut- zungen, und damit letztlich zur stadträumlichen Verschiebung der Probleme. Das ist bekaru1tlich ein Phänomen, das auch zu beschleulugten Verfallserschei- nungen in betroffenen historischen Quartieren fuhren kann. Mit anderen Worten: Das Problem Flächensanierung Ist auch als ein Problem der gewählten Größenordnung zu sehen. Im Abschnitt B des "Dörfle" fuhrt die laufende Objektsanierung mittlerweile schrittweise zu hervorra- genden Einzelergebnissen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die vorzügliche Dokumentation des Bestandes von Hilmer und Sattler, die Untersuchungen zur Modemisierung und Instandsetzung sowie Kostenschätzungen ei n- schließt. Aufbauend auf diesem Material ist es möglich, zu besonderen Anforderungen an die äußere Gestal- tung baulicher Anjagen im Sinne der Landesbauord- nung zu gelangen, d.h. in diesem Fall, die Pflege des Stadtbildes zu betreiben. Was allerdings an den laufenden Maßnahmen zu- mindest nachdenklich stimmt, das ist das Ausmaß, in dem die Lösung vielfach nur noch in völliger Ausker- nung des Inneren und in der bloßen Fassadenerhaltung gesehen wi rd. Nun ist die Auskemung von jeher ein Prinzip vor allem dort, wo die Substanz keine andere Lösung mehr zuläßt. Es gibt fur diese Methode allerdings auch den kriti- schen Begriff der Fassadendenkmalpflege. Er taucht heute dort auf, wo der Denkmalwert des historischen Hauses gespalten wird in stadtbildwirksame, öffent- liche, und in soz. nicht öffentliche Bereiche. Er beruht auf jenem gefahrli chen Fehlschluß, wonach vor allem diejenigen Hausbereiche heute ein öffentliches Inter- esse im Sinne des Denkmalschutzes beanspruchen kön- nen, die zur Erbauungszeit fur die Öffentlichkeit, fur den Straßenra um bestimmt waren. Auskemung, d.h., der (häufige) Austausch soz. nicht öffentlicher Teile, bedeutet aber fur das Baudenkmal, daß ihm wichtige Züge seiner historischen Authentizi- tät, seines Erfahrungs- und Erlebniswertes genommen werden. Mit anderen Worten: Auskemung sollte nur als Notlösung verstanden werden und nicht als Regel des geringeren Widerstandes. D.h., daß die Sanierungspraxis auch von diesem Gesichtspunkt her wiederum eine Frage zunächst an das Denkmalverständnis ist. Aus ihm ergibt sich die Unterscheidung von Stadtbildpflege und Stadtdenk- malpflege. Beide Aufga ben können sich z.T. überlagern ; jede fur sich kann aber auch - je nach der vorhandenen Situation - Vorrang beanspruchen. Ettlingen schließlich wird auch nach unserem Erach- ten rechtens als Beispiel fur eine erhaltende Erneuerung vorgestellt. Die einzige großräumige Maßnahme, nämlich der flächenmäßige Austausch eines substantiell und funk- tional abgesunkenen Teilquartiers der Altstadt vor weni- gen Jahren, würde bei einzelnen der abgebrochenen Häuser möglicherweise heute von der Denkmalpflege ein zweites Mal hinterfragt nach den Chancen fur eine erhaltende Einzel-Sanierung. Generell aber ging es dort um das Ziel, im Rahmen des Stadtgrundrisses und des dort prägenden Architekturprinzips funktional auch mit dem Bau eines Kaufllauses wieder jene Sicherung einzubringen, die für ein intaktes N utzungsgefuge der Gesamtstadt offenbar unerläßl ich sein mußte. Man könnte bei dieser Maßnahme sicher von Flä- chensanierung reden im Sinne einer flächenmäßig über- schaubaren Stadtreparatur; von umfassenderer Verände- rungspolitik aber wohl nicht, - es sei denn im Sinne von umfassender Erhaltungspoli tik. Die Maßnahme war das Ergebnis umfassender Abwägungen im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik; - verankert in den klaren politischen Vorgaben für eine umfassende Erhaltungsstrategie der schrittweisen fun k- tionalen und baulichen Altstadtemeuerung. Und spätestens hier ist nun doch auch noch jener Entscheidungsbereich zu benennen, der auch für die weiteren Chancen einer Flächensanierung und ihr fur die Denkmalchancen letztendlich immer wieder maß- gebend ist: - nämlich die kommunal poli tische Verant- wortungsebene. Historische Stadtstrukturen und in ihr die Einzeldenkmale werden trotz D enkmalschutzge- setz, trotz aller Bekundungen und unabhängig auch von der Güte der Planungsmethoden letztendlich immer nur dort erhalten, wo man sie auch wirklich erhalten will. 35 Vorstellung der Fallstudien - Karlsruhe Prof. Dr. Martin, Karlsruhe Das Referat verfolgt drei Ziele: - Infonnationen über Entwicklung und Rahmenbe- dingungen der Dörfle-Sanierung Karlsruhe, da wir \Vissen, daß viele negative Diskussionsbeiträge in der Oftentlichkeit - vor allem in Fachkreisen - durch mangelnde Infonnationen beeinflußt sind. - Versuch einer Antwort auf die Frage: Ist die Sanierung Dörfle zum "Debakel" für die Innenstadt geworden oder zeigen sich Erfolge? - Kann man aus dem Ergebnis allgemeine Rück- schlüsse für zukünftige städtebauliche Strategien ziehen? 1. Rahmenbedingungen, Entwicklung, heutiger Sach- stand Unter Sanierung Dörfle versteht man eine 16 ha große Fläche in der östlichen Innenstadt : - Östlich des Marktplatzes - Nördliche Grenze ist die Hauptgeschäftsstraße und die Universität Unweit vom Mittelpunkt des Stadtgrundrisses, dem Schloß, von dem die Straßen strahlenfcinnig aus- gehen, die auch das Sanierungsgebiet berühren. Also nicht unmittelbare City, sondern Innenstadt- Randlage, aber noch von den Einflüssen des Zentrums, den verschiedenartigen Belastungen, abhängig. 37 Die Lage des Sanierungsgebietes Altstadtsanierung Karlsruhe Bild 1: Die Lage des Sanierungsgebietes in der Innenstadt 38 Bild 2: D.\5 "Dörflc" im Stadtgnllldri ß (1834) Zur Zeit der Stadtgründung ist das "Dörfle" eine Ansiedlung von Arbeitern und Handwerkern - außer- halb der Stadtgrenze, entstanden ohne Bauvorschriften (S ituationsbeschreibung im Referat von Herrn Bürger- meister Sack). Zu einem ausgesprochenen Elendsquartier wird das Dörfle nach dem Ersten Weltkrieg, als fast alle Häuser überbelegt werden, obwohl ihre sanitären Ausstattun- gen nur auf eine oder zwei Familien zugeschnitten sind. Noch etwas trägt zum zweifelhaften Ruf des Stadt- viertels ganz erheblich bei: Etwa seit den zwanziger Jahren machen sich hier Vergnügungsbetriebe breit, Pro- stituierte und deren Beschützer lassen sich im Dörfle nieder. Erste Sanierungsüberlegungen 1926, bewußt beschei- den. Ein Sanierungsplan 1930 greift schon stärker in die Substanz des Dörfle ein: Abbruch von 750 Wohnun- gen, daftir 300 Neubauwohnungen. Grunderwerb wird initiiert, dodl keine Realisierung der Planung. Für die ThemensteIlung des Seminars ist eine Aussage zur Sanierung 1930 in einer damals erschiene- nen Broschüre sehr interessant: ,,viel schwieriger ist die Entscheidung über Art und Maß der zu treffenden ört- lichen Sanierungsmaßnahmen in der Altstadt selbst, der Sanierung im engeren und landläufigen Sinne:' Also schon damals war man sich über das Gewicht einer der- artigen Entscheidung bewußt. Die Planer schlugen "vorsichtiges", wie in der Broschüre steht, "nur tastendes Vorgehen" vor. Außer Grunderwerb keine direkten Sanierungsmaß- nahmen im ersten Anlauf der Erneuerungsbemühun- gen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Dörfle von Zerstönillgen weitgehend verschont mit der Folge, daß sich die negative Entwicklung fortsetzte und noch mehr Menschen hierher strömten; trotz des Beige- schmacks : das verrufene Viertel. 39 40 ••••••••• •• • • •• -. -. .. ~ • B;ld 3- S -. amerung k S onzept 1926 Bdd 4- S -. anlerungsplan 1930 Bild 5: Altstad t Dörfle nach dem 2. Weltkrieg Gegen den Widerstand der hier lebenden Menschen wird die Prostitution seit den dreißiger Jahren von den städtischen Behörden bewußt in diesem Altstadtbereich konzentriert. So ist das Schicksal des Viertels absehbar: Baufallige Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert mit völlig unzulänglichen sanitären Anlagen, mit einer ein- seitig negativen sozialen Schichtung zwingen zu einer politischen Aktivität. Im Oberbürgermeister-Wahlkampf von 1952 propa- giert einer der Kandidaten neben einem großen Neu- bau-Wohngebiet die Altstadtsanierung. Er wird gewählt; er sucht sofort nach Verwirklichung seines Wahlverspre- chens. Doch er findet für die Sanierung zu einem Zeit- punkt des Wiederaufbaus keine andere Initialzündung als die Projektierung einer Straße mitten durch den Schwerpunkt der städtebaulichen Mißstände. --- - ---- ......... _ _1_,'-'11' ... 1&&CH .... t)~o r "'NO 1 • .II~ :z.u.&:2SroQr t:::I:I M'TrLS" 1;1 ßIO:$C ....... t:nGvo..lG I ~ $C. ... wßQ ßIiI9CHAOIGT vNO n :Il· ....... z.aRBTOI'lT Bild 6: Zerstörungszustand Ende des Krieges NORDEN t ST"'DTP~NUt..IGS"' '''' T K"'RLQQUI-4_ , M..a.. II9Se ßlj..R..t.r . 41 Somit beschränkt sich der erste Sanierungsplan nach 1945 auf eine Straßenbebauung. Doch die Bundesregie- rung, um Zuschüsse für die Sanierung gebeten, fordert ein Gesamtkonzept rur die Altstadt - 16,3 ha. Man beauftragt ein bekanntes Architekturbüro. Der vorgelegte Entwurf, mit der VelWaltung abgestimmt, heute als Klein-Manhattan bezeichnet, widersetzt sich allen städtebaulichen Gegebenheiten. 42 Bild 7: Sanierungsplan 1960 ,zr • .- - 'I "~ 1 Bild 8: Behauungskonzcpl Dörfle 1968 Bild 9, Das Modell zcigt die beabsichtiglc starkc Verdichtung 43 Diese r "großartige" Entwurf so llte im März 1968 vom Gemeinderat geb illigt werden. Doch dazu kommt es nicht - man entscheidet sich für einen Wettbewerb. Bis zum 15.12.1970 werden 216 Arbeiten von Teilneh- mem aus 20 Ländern abgegeben mit extremsten Aus- sagen: - Kritik am "großmannssüchtigen" Vorgehen der Stadt (Bild 10 und 11) - dem vorliegenden Entwurf ähnelnde Konzeptionen, vornehmlich von Architekten der östlichen Länder (B ild 12) 44 I "" , \ \ , \ , - Arbeiten, die besonders die Radialen der Innenstadt als wesentliche städtebauliche Prämisse aufnehmen, die vom vorhergehenden Plan nahezu aufgegeben waren (Bild 13) - Entwürfe, die sich für eine Blockrandbebauung entscheiden (man beachte das Jahr 1970) (Bild 14) - Vorstellungen über eine neue Struktur in der Fornl von wirtschaftlichem großflächigem Wohnungsbau in Doppelzeilen-Bauweise (Bild 15) 45 Bild ~6 ~. • I,· .. ~ I' J ::'J~j/,,", -rt\.' ,,,-A /' . ./. . " ~. '<I' .' < Bild 17 46 I I , . o I ':.? - Altemati ven, die sich auf Stru kturaussagen lllit lllini- lllalen städtebaul ichen Rahlllenvo rstell ungen be- schränken lllit delll Hinwe is, bei Sanierungen sollte die Flexibilität für di e schwierige Ausführungsphase maxilllai se in (B ild 16) Vor allelll erscheinen auch kl eingegli ederte, delll alten innerstädti schen Maßs tab entsprechende Ent- würfe (B ild 17) - Nicht zuletzt gibt es auch Beitr:ige, di e erhebliche Kritik an der FLiehensa nieru ng üben, auch an der F ri tz-E rl er-S tra ße. Dieses ulllfangreiche Spektrulll von Lösungslllög- lichkeiten wird durch ein Vorprüfertea lll von 53 Perso- nen bea rbeitet und in einer zweiwöchigen Preisri chter- sitzung gewissenhaft diskutiert. Dabei sp ielen sich viele Prozesse ab. U lllden k ungsprozesse, bei Venva ltung und Gellleinderat, aber auch Ause inande rse tzu ngen zwi- schen Preisgericht und vorbereitender Vorprüfi.lI1g. Trotz großem LemefTekt (oder vielleicht gerade des- wegen) herrsch t nach dem We ttbewerb bei Politikem und Verwaltung Ratlos igke it. Frage nach der Strategie, was so ll man jetzt tun ) Der Wettbewerb kostete 1,3 Mio DM, brachte 2 Jahre Verzögerung und noch immer keine Entscheidung - das Preisge ri cht hatte sich nicht für eine Arbeit entscheiden können. Außerdem beginnende Schelte über die Flöchensa- nierung auf breiter Fron t. Übe rörtli che Presse und Fach- zeitschriften, auch die Experten, sind sich hierin einig. Ursprüngli che Programllle fjllen in sich zusa llllllen, alles w,n überdimensioniert, vor all elll die Flächen "Einzelhandel". 15.09.1971 Rahmenvenrag mit der Neuen Heimat Baden-Württelllberg al s Treuh ii nder der Stadt Karlsruhe. Neuer Beginn eines nochmaligen Wettbewerbs : 5 pr:i- l11i erte Teilnehmer des ersten Wettbewerbs soll en ihre Entwürfe überarbe iten. In die Endd isku ss ion koml11en der sogenannte Berliner (Bild 18) und de r Münchener (Bild 19) Entwurf: Bild 18: "Berl iner'" Entwurf mi t der ZeiJenbebaull ng Bild 19: .. Münchener" Entwurf mit der Blockrandbebauung 47 Der Münchener Entwurf (Architekt Hilmer und Sattler) wählt das Prinzip, die Bebauung entlang von Straßen anzuordnen und schließt sie zu sog. "Block- randbebauungen". Hierbei wird auf das Karlsruher Fächerstraßennetz (Bild 20) Bezug genommen. 48 Bild 20: Städtebauliche Zwänge, die im Münchener Entwurf o ptimal berücksichtigt sind Bild 21 Dies sind auch die Grüi,de, weshalb sich der Gemeinderat am 19.12.1972, auf Vorschlag der Verwal- tung entgegen den Empfehlungen der städtebaulichen Berater, für den Entwurf Hilmerl Sattler entscheidet, vor allem der starken Berücksichtigung des Bestandes bzw. der städtebau lichen Vorgaben wegen. (Bild 21) Das Konzept für die bauliche Entwicklung liegt nun vor (1972), die meisten Grundstücke sind aufgekauft, die Gebäude abgerissen, eine Riesenbaulücke in der Innenstadt geschlagen, die Einwohnerzahl stark redu- ziert - und jetzt kein Interesse an einem Wiederaufbau durch Private! Der früher interessierte Kaufhauskon- zem sagt ab, Bauträger lehnen eine Beteiligung ab - beginnende Rezession. Bild 22: Senkrechtaufnahme 1970: Riesenbaulücken der östli chen Innenstadt 49 Einwohner davon Ausländer Ausländer davon Studenten Studenten davon Arbeiter Haushalte davon l-Pers.-HH HH-Größe Pers./H Betriebe davon Gaststätten Arbeitsplätze " geschätzt ':·':· 1963 Anzahl Anzahl % Anzahl % % Anzahl % Anzahl Anzahl Anzahl 1961 1972 6.542 252 3,9 300 4,6 28,7 2.709 42,3 2,4 408 67 1800"':· 3.159 672 21,3 406 12,9 31,7 1.989 69,1 1,6 187 65':· 790 Sanierungsmethoden Att3tadtsanlltfUng K'1I1S11.1he Bild 23 : Entwick lung der Einwohner- und Gewerbestruktur Bi ld 24: Sanierungsmethoden im Sanierungsgebiet 1. 'ieubau • 2. Neubau + A/tbatJ .. """'" In dieser Phase der Verzweiflung werden neue Strate- Damit wird auch ein Anfang möglich. gien entwickelt: - N ur die Bereiche, deren Bauten abgebrochen sind, bleiben in der Flächensanierung, d.h. Neubau, gelbe Farbe. - In Teil B (östlich der Waldhomstraße) wird nur Objektsanierung mit kleinteiliger Sanierung gewählt. - In Teilbereichen (orange angelegt) erfolgt Neubau und Erhalt der alten Bausubstanz. - Abkehr von den komplexen Großprojekten, z.B. wird die Überbauung der Fritz-Erler-Straße aufgege- ben. 50 Bild 25: Lu ftaufnahme 1981 Seit der Entscheidung rLir das Bebauungskonzept sind 9 Jahre vergangen. Was ist seither geschehen? 51 52 Eigentums-und Sozialwohnungen AltstadtsanIerung Katlsruhe Bauabschnitt M 2 3·Zimmer·Wohnung 77,3pqm 2-Zimmer-Wohnung 64,28 qm -~-= Bild 26 ; Perspektivische Darstellung des ncuC'n \Vohnungsb:lllS, eine Blockrandbebauung Bild 27 : Blick in den Innenhof Bild 28: Eigentums- und Sozialwohnungen Das erste Großprojekt, ein Wohnungsneubau, Block- bebauung der Neuen Heimat, Architekten Hilmer und Sattler. Bild 29: Ein Kindergarten ist in den Blockrand eingeftigt Bild 30: Qualität der Fassaden 53 Bi ld 3 1: Mode ll des sozialen \Vohnbaus der ",Volkswohnun( Auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft, die "Volkswohnung" , errichtet Wohnungen im sozialen Wohnungsbau. Architekt Grimm. 54 Bild 32: Ansicht des Wohnungsbaus der Volkswohnung Bild 33: Ans icht des Wohn-, Geschäfts- und Parkhauses von Prof. Kramer Daneben gibt es städtische Investitionen, z.B. fur ein Park- und Geschäftshaus (Prof. Kramer), ein mehrfach genutztes Gebäude - Parkhaus fur 720 Pkw-Abstellmöglidlkeiten, das mit anderen Nutzungen umschlossen wird: - Erd- und erstes Obergeschoß: im vorgeblendeten Gebäude Läden, darüber 3 GesdlOsse Gewerbe- schule - in den beiden obersten Geschossen Wohnungen - auf dem Dach des Parkhauses 26 zweieinhalb- geschossige Reihenhäuser, Wohnungen und Privat- gärten Das Ganze wird von der Stadt finanziert mit 28 Mio DM. 55 Bild 34: Schnitt des Gebäudes 56 Bild 35: Auf dem Dach des Pa rkhauses befinden sich Reihenhäuser im Grünen Gesamtgrundriß M 1 AItst~"9 Kar1lruhe Bild 36 : Da rstellung des Modcllvorhabens. Vorher und nachher Daneben gibt es das sogenannte Modellvorhaben MI: - Modemisierung mit Abbruch der Nebengebäude der vorhandenen Bebauung Kaiserstraße - Neubebauung an der Zähringerstraße - Tiefgarage im Blockinnern und großzügige Freifläche als gemeinsam genutzter lImenhof Bild 37: Neub:l.u neben Altbau 57 Bild 38 :Jugend- und Begegnungszenlrum Ein weiteres Projekt: J ugend- und Freizeitzentrum entlang der Fritz-Erler-Straße als südöstliche Raum- kante des Kronenplatzes (Planung Prof. Kramer). 58 Bild 39 : Ze ichnung zur Altstadtsanierung, Teil B Östlich der Waldhornstraße fuhrt die Stadt dominie- rend Objektsanierung durch. Pro Jahr sollten 10 -15 Häuser - meist Gründerzeithäuser - modernisiert wer- den. 51,8 Mio DM waren fur das 2. Modemisierung- sprogramm rur die Jahre 1978 -1980 veranschlagt. Damit wären etwa 2/3 der im Altstadtbereich sanierba- ren Häuser abgedeckt. Rund 60 % davon befinden sich im Besitz der Stadt oder gehören zum Treuhandvermö- gen, das von der Neuen Heimat verwaltet wird. Aus dem großzügigen Programm ist aber nur ein Teil reali- siert, doch die Sanierung geht weiter. Bild 40: Perspektivische Ansichten des Brunnenpbtzes mit Alt- und Neubauten 59 Bild 41 : Modemisierte Gebäude in Teil B Die ersten modernisierten Gebäude sind bereits bewohnt, eine Bäckerei in Betrieb. Das Servicehaus der Arbeiterwohlfahrt als südöstliche Abgrenzung des Fasa- nenplatzes ist aufgebaut. Wenig erfreulich muß regi- striert werden, daß bei den meisten alten Gebäuden nur die Fassaden, und dies nur zum Teil, Verwendung fin- den können, so daß auch hier gelegentlich die Frage nach der Rechtfertigung der Sanierungsstrategie gestellt wird. Soll die noch vorhandene Altbebauung insgesamt erhalten werden - trotz unterschiedlicher Q1lalität, oder können wir aud1 teilsanieren? Für und Wider! Verhal- ten wir uns richtig in unserem Bestreben, möglichst viel zu erhalten? Um welchen Wert geht es hier? Welche N utzung erhalten die Gebäude? Es sind die Fragen, auf die das Seminar antworten soll. Im Beispiel Karlsruher Dörfle sind sie beileibe noch nid1t alle abschließend beantwortet. In jedem Fall wird das Ziel verfolgt, den C harakter der alten Straßenzüge zu erhalten. O b wir jedoch jedes Gebäude retten kön- nen, museal erhalten müssen, steht bis heute noch Bild 42: Ist der Erhalt der Mauem gerechtfertigt? Mit zu den ersten Maßnahmen geh9rte auch die Verlagerung der Prostitution in die östliche Ecke des Gesamtsanierungsgebietes. Die Dirnen sind in der Brunnenstraße jetzt konzentriert w1tergebracht, von der Wohnbebauung durch eine Barriere getrermt. nicht fest. Auch die Kosten spielen bei der Entschei- Bild 43: Blick in die Brunnenslr.Jße. Hinle, den Schmnken iSI di e dungsfindung eine gewichtige Rolle. Pm stitulio n ko nzent,i ert 60 Nach diesem Bi lderbogen über die seitherige Ent- wicklung der Sanierung Dörfle noch einige Zusatzin- fonnationen. Noch nidlt erwähnt sind - Kosten sowie - Sozial plan und Ersatzwohnungsbau. Die Kosten werden in einem namfolgenden Referat behandelt, hier sei nur eine Tabelle mit den Kosten und Förderanträgen 1973 - 1978 beigefügt (in Mio DM). Zuschuß Darlehen Gesamt Bund 12,28 3,12 15,40 Land 6,14 1,56 7,70 Stadt 6,14 1,56 7,70 Gesamtförderungs- fihige Kosten 24,56 6,24 30,80 Gesamter Sanierungsaufwand 1961 ./. 1985 in Mio DM Summe abzüg!. unrentier!. Kosten Erlöse aus Sanierungs- Veräußerung aufwand 1961 - 1970 76,7 76,7 (einschl. F ritz- Erler-Str.) 1970 - 1977 68,2 3,5 64,7 1978 - 1985 86,8 38,3 48,5 Gesamt: 231,7 41,8 189,9 Soz i a lpl an und Ersa t zwo hnung s b a u lassen sim mit wenigen Worten beschreiben: Die ersten Häuser für die neue Straße wurden 1961 abgebrochen. Für die Bewohner dieser Häuser baute man in den Außenbezirken 1.000 Ersatzwohnungen. Hatte die Stadt ein Grundstück im Dörfle erworben, wurde den Mietem im allgemeinen mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt, eine Ersatzwohnung in den Neubaugebieten angeboten und eine Umzugsentschä- digung gewährt. Wer sich selbst auf dem fre ien Markt eine neue Wohnung besorgte, konnte bis zu 5.000 DM als Extravergütung erhalten; etwa 150 Familien mamten von dieser Möglimkeit Gebrauch. Für Dörfle-Bewohner, die in der Altstadt verbleiben wollten, wurde in einem Teil der Sanierung das Takt- Verfahren angewandt. Später hielt man im Altstadtge- biet durch Auszug freistehende städtische Wohnungen vorübergehend für Sanierungsbetroffene frei, um ihnen Ersatzwohnungen in der vertrauten Umgebung anbie- ten zu können. Das war nur deshalb möglidl, weil die Stadt durch die umfangreichen Grundstücksaufkäufe eine beadltliche Manövriermasse hatte. Es gab noch weitere Versuche - wie in anderen Städ- ten auch - mit gutem und weniger gutem Ergebnis. Bei einem Projekt in der Größenordnung der Sanierung Dörfle kann es ohne Komplikationen nicht gehen. D och diese blieben in Grenzen. 1961 lebten 6.546 Einwohner in 2.709 H aushalten in den 405 bewohnten H äusem. 1974 - am Ende der Planungsphase - war der Tief- stand der Bevölkerung in1 Dörfle mit nodl 2.200 Men- schen, aber 1980 sind es schon wieder 3.600 und heute 3.800 Einwohner. Mit dem Auszug vieler Dörfle-Bewolmer aus dem Sanierungsgebiet änderte sich auch die Haushaltsstruk- tur: Da die Stadt vor allem Familien mit Kindem aus dem Gebiet aussiedelte und die frei gewordenen Woh- nungen hauptsächlich Alleinstehenden zur Zwischen- nutzung überlassen wurden, sank die durchschnittliche H aushaltsgröße von 2,4 auf 1,6 Personen je Haushalt. Geblieben waren vor allem ältere Mensmen ohne Familie, die sich in ihrem Alter nicht mehr an eine neue Umgebung gewöhnen wollten. Auf einen Mann im Rentenalter kamen dabei mehr als drei Rentnerin- 61 Bild 44 : Modell der geplanten Werkbundhäuser nen. Überdurchselmittlich hoch kletterte auel1 die Zahl der Gastarbeiterfamilien, die - wie viele der Rentner - nur ein relativ geringes Einkommen hatten oder gezielt sparen und darum ebenfalls nicht gern das Dörfle mit seinen niedrigen Mieten verlassen wollten. Auch Stu- denten zog es ebenfalls in großer Zahl ins Dörfle. Typisch für die Dörfle-Entwicklung in diesen Jahren waren auch die Verhältnisse im Gewerbebereich: Anfang der sechziger Jahre gab es hier noch 408 gewer- bliche Betriebe mit 1.963 Beschäftigten, 16% davon waren Gaststätten-, Beherbergungs- und Vergnügungs be- triebe. Bis 1972 ging die Zahl der Betriebe auf etwa die Hälfte zurück; vornehmlich waren Handwerker wegge- zogen. Der Anteil des Gaststättengewerbes stieg dage- gen auf 35%. Der Stadtteil wurde damit nicht unbe- dingt attraktiver - jedenfalls nicht als Wohngebiet. 62 Bild 45: Innenhof der Werkbundhäuser Welche planerischen Schwerpunkte stehen jetzt noch zur Diskussion? Werkbundhäuser Im Bereich der Objektsanierung, also östlich der Waldhornstraße, werden als Modellversuel1 von 14 Werkbundmitgliedern insgesamt 12 Wohnhäuser erstellt. Es sind maßstäblich in das Stadtgefüge ein- gepaßte, individuell entworfene Wohnhäuser, Block- randbebauung, von privaten Bauherren einzeln finanziert; ein Versuch, eine Alternative zum Woh- nen im Grünen anzubieten. Damit gestaltet man neue modeme Einzelhäuser inmitten der alten Bau- substanz, auf kleinsten Grundstücken, im Gegensatz zu den großflächigen, von Bauträgem entwickelten Mehrgeschoßwohn ungsbau ten. Bild 46: Auseinandersetzung um den Str::tßenraulll Fritz-Erler-S tr. Bebauung Fritz-Erler-Straße Seit der Planung der Fritz-Erler-Straße, besonders in- tensiv nach dem Bau dieser Straßenachse, finden immer wieder Auseinandersetzungen um die Straße, um den Straßenraum statt. Wie bewältigt man die starke Zäsur im Stadtgrundriß? Schon sehr früh hatte man sich fur eine boulevard- ähnliche, mit Baumreihen bepflanzte Straßenachse entschieden. Heute gilt es, eine ansprechende, auf- einander abgestimmte Straßenbebauung zu finden. u Bild 47: Abwicklung der Straßenfassade 63 Bi ld 48: Perspektive des Brückenbauwerks Brücke Zähringer Straße 64 Der nod1 red1tskräftige Bebauungsplan sieht eine Überbauung der Fritz-Erler-Straße zwisd1en Kaiser- straße und Zähringerstraße vor. Doch dieses Projekt ersd1ien unrealistisch, so daß smon sehr früh die komplexe NutZW1g und die Straßenüberbauung mit den vielen Randproblemen aufgegeben wurde. Übriggeblieben ist nur noch die Fußgängerbrücke Zähringerstraße - eine Kuriosität. Inmitten der Straße ein Tunn, der Gastronomie aufnehmen soll; vom Tum1 Verbindungsstege zur Randbebauung, damit wird auch eine Verbindung zwismen Altstadt Ost und Alststadt West geschaffen. Mit diesem Bau- werk gelingt es, den Straßenraum positiv zu beein- flussen. Bild 49: Fert iggestellter Brückenlunn Bild 50: Gewerbeschule Altstadt, eine Planung von Prof. Mahl (Modell) Noch eine weitere wichtige Aufgabe stellt die Neuge- staltung des Mendelssohnplatzes dar: der südliche Ein- gang zur Altstadt. Er birgt noch eine Menge Planungs- arbeit. Erfreulich ist, daß wenigstens eine Raumkante planerisch bewältigt ist. Hier entsteht die Gewerbe- schule Heinrich Hübsch, ein Projekt, entworfen von Prof. Mohl, eine architektonisch hochkarätige Anlage, die der Bedeutung des städtebaulich wichtigen Knoten- punktes gerecht wird. 65 Bild 5 1: Luftbild mit dem !leuen Baubestand 2. Altstadtsanierung Dörfle - Debakel oder doch C hance fur eine positive innerstädtische Entwicklung? Niemand wird verschweigen, daß - neben der Beseitigung eines zum größten Teil abgän- gigen Baubestandes (unter dem heutigen BLickwin- kel) manch interessantes Gebäude, manch gute Raumsituation verschwand. 66 - Sicher ist auch, daß wir durch die begonnene Flä- chensanierung Bewohner in den Anfangen (nahezu alle Altbewohner) verlagem mußten. Sie haben aber (die Familien und Altbürger) neue Wohnungen in der Waldstadt und in Oberreut erhalten und wollen nicht mehr zurück. - Straßendurchbruch - la rue un grand malheur (Aussage eines Wettbewerbsteilnehmers) Bild 52: Wohnblock im Altstadtbereich - Auch sind nahezu alle Gewerbebetriebe (Kleinge- werbe, Handwerk) verlagert, viele haben dabei auf- gegeben, sicher ein Verlust! Geblieben sind die Gast- stätten, sie haben sich zahlenmäßig sogar erhöht. - Wir werden eine wesentlich andere Sozialstruktur nach Ablauf der Sanierung haben - doch dies war ein Ziel der Sanierung. - Ein weiterer gelegentlich formulierter Nachteil ist die teilweise Abkehr vom Kleinmaßstäblichen, obwohl gerade das Blockrand-Bebauungskonzept die großflä- chige Bauweise nicht voraussetzt - nur gab es zum Zeitpunkt des Beginns der Realisierung keine Inter- essenten ftir kleinere Projekte. - Einen letzten negativen Splitter sehe ich in den Aus- wirkungen auf die Randzonen, aber gerade wegen der Größe des Sanierungsgebietes. 67 Bild 53: Al t lind Neu ergänzen sich 68 Will man ein Gesamturteil wagen, muß man respektie- ren, daß - hier im Dörfle eine die innerstädtischen Funktionen belastende Nutzung vorhanden ist, die Prostitution. - Dies zusammen mit schlechtem Baubestand, kriti- schen Grundstücksverhältnissen ftihrte dazu, daß eine einmalig ungünstige Sozialstruktur vorhanden war, die es galt zu verbessern. Das war auch politi- sches Ziel! - Man sollte darüber hinaus respektieren, daß unsere Vorgänger in der Sanierung nach dem 2. Weltkrieg Vorreiter waren. Denn damals galt unter Sanierung ausschließlich Flächensanierung. Wir wissen aUe, daß das Städtebauforderungsgesetz vor dem Hintergrund der Flächensanierung entwickelt wurde. Unter Berücksichtigung dieser neutralisierenden Argumente sprechen wir in Karlsruhe von einem Erfolg bei unserer Sanierung. Warum? Wir haben mit der Flädlensanierung die C hance, auf einer relativ großen Fläche bedarfsgerecht, den heutigen Bedürfnissen entsprechende Nutzungen in einem Bereich höchster Konzentration unterzubringen. Wir schaffen eine neue Identität, Nutzungskonturen PUr das nächste Jahrhundert: Iru1enstadtbezogene Nutzungen und dominierend Wohnen in der Innenstadt. Bild 54: Detail eines Neubaus Dieser Erfolg hat aber verschiedene Voraussetzungen: - Nicht das alte Sanierungskonzept kam zur Realisie- rung. Über den Wettbewerb kam das Umdenken, neue Strategien wurden entwickelt. - Man entschied sich fur einen hochkarätigen Bebauungsplanentwurf, dessen Devise die Anpas- sung an den Bestand ist. - Abrücken von der ehemaligen komplexen Anord- nung einer Mehrfachnutzwlg mit der Überbauung der Fritz-Erler-Straße; dagegen realisierbare, übliche Nutzungen und Bebauungen. - Bereitschaft zur O!,Ialität inl Einzelprojekt von Stadt, Sanierungs- und Bauträger. - Erhaltenswerte Gebäude werden - so weit noch möglich - erhalten. - Das Prinzip der Blockrandbebauung, wie es die Pla- nungsgruppe Hilmer und Sattler im Wettbewerb konzipiert hatte, stellt sich in der Altstadt durch ein- deutig definierte Stadträume dar. Den Architekten ist es gelungen, eine neue, aber als altstadt-spezifisch zu erkennende Gestaltungssprache zu entwickeln. Der künstlerische überleiter, Herr Sattler, hat sich dabei große Verdienste erworben. Es zeigt sich, daß wir vor 9 Jahren mit der Festlegung des Planungskonzeptes, wie es heute realisiert ist, die richtige Wahl getroffen haben. Und das trotz harter Wide.rstände. 69 Bild 55: Das sogenannte Hohcl1 zoll eml13us 70 3. Allgemeine Schlußfolgerung Wenn man aus Erfahrungen allge meine Schlußfolge- rungen ziehen will, lassen sich diese in zwei Schwer- punkte zusammenfassen : 1. Viele Städte werden auch in Zukunft - wenn sie gewissenhaft planen und bauen - ohne Flächensa- nierung nicht auskommen. Es gibt immer und über- all abgängige N utzungen und Gebäude und vor allen Dingen auch sich ändemde Rahmenbedingun- gen, so daß die Stadt weiterhin kontinuierlich in einem Änderungsprozeß sein wird. 2. Doch wenn Flächensanierung - und dies gilt auch grundsätzlich rür O bjektsanierung - dan n nur klein- räumiger, in kleinerem Maßstab - aus finanziellen Gründen, aus Gründen der Gefahr zu großer struktureller Veränderungen und - wegen möglicher Auswirkungen auch auf die Randgebiete, die im Fall Karlsruhe relativ hoch sind. W ir würden uns fre uen, wenn Sie zu ähnlich posi- tivem Ergebnis bei Ihrer Beurteilung nadl unserem Rundgang durch das "Dörfle" kommen kÖrulten. Vorstellung der Fallstudien - Ettlingen Baudirektor Welker, Ettlingen Knapp 8 km südöstlich des Oberzentrums Karlsruhe liegt die große Kreisstadt Ettlingen; sie ist MitteIzen- trum im Netz der zentralen Orte des Landes Baden- Württemberg, jedoch mit einer eigenen, seit Jahrhun- derten gewachsenen Zentralität. Ettlingen kann auf eine weitaus ältere Tradition als ihre große Nachbarin Karlsruhe zurückblicken. Wäh- rend die Gründung der Stadt Karlsruhe knapp 250 Jahre zurückliegt, reichen die nachweislich überlieferten Siedlungstätigkeiten des ehemaligen Marktfleckens bis weit in die Keltenzeit zurück. Urkundlich ist der Han- deIsort Ettlingen erstmals um 788 als "Ediningom" erwähnt und war Lehen der Reichsabtei Weißenburg, dem heutigen Wissembourg im nördlichen Elsaß. Im Jahre 965 verlieh Kaiser Otto der Große dem Handelsort, der sich durch seine geographische und topographische Lage im Schnittpunkt seinerzeit bedeu- tender Ost-West- und Nord-Süd-Handelswege auszeich- nete, das Marktrecht. Weitere 200 Jahre später erhob Kaiser Friedrich Ir. Ettlingen zur Stadt. Kaum eine Stadt zwischen Basel und Heidelberg ist städtebaulich so reizvoll wie Ettlingen, obwohl dessen historischer Stadtkem Ende des Pfalzischen Erbfolge- krieges im Jahre 1689 durch Brandschatzung völlig zer- stört wurde. Trotzdem ist noch heute das innerstäd- tische Stadtbi ld von Ettlingen geprägt vom mittelalterli- chen Stadtkern, da er auf den seinerzeit niedergebrann- ten und geschliffenen Grundmauern in seiner alten Maßstäblichkeit wieder aufgebaut wurde. Man glaubt, die Zeit sei stillgestanden, wenn man durch die zahlreichen Gassen, Winkel und Plätze geht. Auf Schritt und Tritt spürt man den Hauch der Vergan- genheit, spürt man aber auch die streng planerische Ordnung, die dem alten Stadtkern zugrunde lag. Mit dem Ausbau der mittelalterlichen Papiemlacher- betriebe und der Neuansiedlung von Spinnerei- und Weberei betrieben in der Mitte des letzten Jahrhunderts wurde Ettlingen mit seinen rund 5.000 Einwolmem zum bedeutendsten und größten Industrieort Südwest- deutsch lands. Im Zuge der Gemeinderefoml wurden 1974 mehrere Ortschaften in die große Kreisstadt eingegliedert. Durch einen Einwohnerzugang von bisher 24.000 auf rd. 36.000 Personen und eine Zunahme der Gemarkungs- flächen von 3.037 ha auf 5.676 ha kamen eine Vielzahl zusätzlicher Aufgaben auf die neue Stadt zu. In seiner Eigenschaft als Mittelzentrum hat die Große Kreisstadt Ettlingen die Aufgabe, im Verbund der zentralen Orte des Landes Baden-Württemberg neben der eigenen Wolmbevölkerung auch den bereits vorhandenen historischen und durch die Refonn neu zugeordneten Einzugsbereidl "Albtal" mit seinen rund 80.000 Einwohnern mit den Gütern des täglichen und periodischen Bedarfs zu versorgen. Sanierungsursachen Obwohl die Stadt Ettlingen von Kriegszerstörungen weitgehend verschont blieb, so erkannte man dodl bereits schon zu Beginn der 60er Jahre, daß das Heil einer geordneten Stadtentwicklung nicht nur darin bestehen könne, im stadtnahen Umland Wolmungen und Arbeitsstätten anzusiedeln, sondern daß man zur Wiederherstellung der Funktionsfahigkeit eines lebendi- gen städtischen Gemeinwesens entsprechende Entwick- lungen ein leiten müsse. Ausgehend von der Tatsache, daß es dem Zentrum von Ettlingen auf allen relevanten Bereichen an Attrak- tivität mangelte, - Gebäude und Wohnungen entsprachen nidlt mehr zeitgemäßen Baunol111en, - unattraktive, unzureichende Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe konnten den Bedarf nicht mehr decken, - Plätze, Straßen, innerstädtische Erschließungswege, die für mittelalterliche Bedürfnisse zugesdlnitten waren, genügten nicht mehr den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs, mußten den daraus offenkundig resultierenden Nach- teilen, wie beispielsweise 73 - anhaltende Abwanderungen der einheimischen Bevölkerung aus dem Stadtkem, - Abfluß der Kaufkraft und der damit verbundenen Schwächung der Zentralität, - fehlendes Angebot für den Kfz-Verkehr, insbeson- dere den ruhenden Verkehr, durch nachhaltige und wirksame Maßnamen entgegen- gewirkt werden. Es galt somit, neben den erkennbaren baulichen Mißständen auch die durch strukturelle Änderungen verursachten städtebaulichen Mißstände zu beheben und die desolate Infrastruktur zu verbes- sem. Nächste und wichtigste Aufgabe der Verantwortli- chen war es, sich durch eine städtebauliche Bestands- aufnahme Klarheit über - Zustand der Gebäude und Wohnungsqualitäten, - Nutzung von bebauten und unbebauten Flächen nach Art, Maß und Zustand, - Grundbesitzverhältnisse, - Zugänglichkeit von Grundstücken, - Funktionsfahigkeit des Erschließungsnetzes, - Bevölkerungs- und Sozialstruktur und vieles andere zu verschaffen. Im Zuge der Stadtemeuerung Ettlingens wurden diese Aufgaben dadurch bewältigt, daß man bereits im Vorfeld der eigentlichen Sanierungsplanungen zur Klä- rung der Bestandssituation verschiedene Gutachten in Auftrag gab. Zur Beurteilung der einzelhandelsrelevanten Kauf- kraft, des daraus resultierenden Umsatzes und der Größe des Einzugsgebiets in bezug auf unser Sanie- rungsgebiet wurde von Prof. Bruno Tietz vom Handels- institut der Universität des Saarlandes eine Analyse der Entwicklung von 1950 bis 1980 unter dem Titel erarbei- tet: "Die Stadt Ettlingen als Einzelhandels-Standort" Ein weiteres flankierendes Gutachten zur Verkehrs- situation und deren voraussichtlichen Entwicklung 74 sollte unter anderem auch Aufschluß über die inner- städtische Erschließung geben und Aussagen zum Park- standangebot machen. Dieses Gutachten wurde erst- mals 1969 veröffentlicht und dann in überarbeiteter Fonn als Fortschreibung 1979 unter dem Titel: "Verkehrsuntersuchung Raum Karlsruhe/Süd - Stadt Ettlingen 1969" Verfasser: Prof. KH. Schaechterle und Reg. BR G. Holdschuer, Neu-Ulm Die Ergebnisse beider Gutachten fanden dann Ein- gang in das eigentliche Sanierungsgutachten, der städte- bauli chen Arbeit von Prof. A. Bayer und Dr. Heinrich SchooE, Universität Karlsruhe, unter dem Titel: "Die Altstadt als Sanierungsgebiet, das Beispiel Ettlin- gen" Hier wurden nun erstmals fundamentale Erhebun- gen zur tatsächlichen städtebaulichen Situation gemacht; Mißstände wurden dargestellt, analysiert und Mittel und Wege aufgezeichnet, wie diese Probleme zu lösen sind. Interessant ist die Arbeit der beiden Autoren Bayer/ Schoof insofem, als daß noch vor Inkrafttreten des Städtebauförderungsgesetzes in diesem Gutachten bereits grundsätzliche Aussagen zu Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahrnen gemacht wurden, die dann im Städtebauförderungsgesetz ihren Niederschlag gefunden haben; zum Beispiel die Verfahrensweise und Durchführung der Vorbereitenden Untersuchungen. Sämtliche Gutachten und Entwicklungskonzepte wurden nach Billigung durch die kommunalen Beschlußgremien der Rechtsaufsichtsbeörde zur Genehmigung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Antrag der Stadt Ettlingen zur Aufnahme in das Sanierungsprogramm des Bundes und der Länder (SE- Programm), vorgelegt. Diese Entwicklungs- und Ralunenkonzepte waren lange Zeit bis zu ihrer endgültigen Überarbeitung und Fortschreibung im Jahre 1975 planerische Grundlage für die Stadtsanierung und Stadtentwicklung von Ettlin- gen. Das Ergebnis kann wie fo lgt beschrieben werden: Nahezu 70 % aller Wohnungen innerhalb der Stadt- mauem waren in einem äußerst schlechten Zustand. Jahrelang wurde an der überkommenen und überalter- ten Bausubstanz wenig oder gar nichts getan, so daß die Wohnungen in keiner Weise mehr den Anforderun- gen heutiger Wohnhygiene oder modemem Wohnkom- fort entsprachen. Die unausbleibliche Folge war, daß die deutsche Bevölkerung stetig abnahm und Gastar- beitem Platz machte, die wiederum die Wohnungen in der Altstadt der niedrigen Mieten wegen ge me wählten. Von der einheimischen Bevölkerung blieben, ebenfalls der Mieten wegen, nur die sozial schwächeren Perso- nengruppen zurück. Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchungen war die Feststellung, daß ein pel11lanenter Mangel an Entwick- lungsmöglichkeiten des Einzelhandels und des privaten Dienstleistungsgewerbes eine nachhaltige Verbesserung der Infrastruktur verhinderten. Um ihrer Funktion als Mittelzentrum gerecht zu werden, aber aud1 um sich neben dem Oberzentrum Karlsruhe selbst lebensfarug zu halten, mußte die Stadt Ettlingen aud1 dem Einzeil1andel die Chance geben, zu expandieren und sid1 neu zu strukturieren. Im Bereid1 der Verkehrsinfrastruktur sah es nicht besser aus: die immer stärker zu Tage tretenden Kon- flikte zwischen dem fahrenden und ruhenden Verkehr einerseits und dem einkaufenden Fußgänger anderer- seits bedurften einer Lösung. D er ruhende Verkehr mußte neu geordnet werden, da der aus ganz anderen Bedürfnissen und Erfordemissen entstandene Stadtkern weder dazu geschaffen noch geeignet war, dem Auto den notwendigen Raum zu geben. All diese städtebaulichen Mängel und Mißstände, - erhebliche Mängel in der bauLichen Beschaffenheit von Gebäuden, Wolmungen und Arbeitsstätten, - Auswirkungen vorhandener Mischungen von Wohn- und Arbeitsplätzen, - mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten des Einzel- handels und des privaten Dienstleistungsgewerbes, - ungeordnete Verkehrsverhältnisse führten zu einem Sanierungskonzept mit folgenden Zielen: - Anpassung des Wohnungsstandards an zeitgemäße Norn1en, Schaffung zusätzlid1en Wohnraums, - Stärkung des Einzelhandels und privaten Dienstlei- stungsgewerbes unter Berücksichtigung der Versor- gungsfunktion der Stadt als Mittelzentrum, - Neuordnung der Verkehrsverhältnisse, - Erhaltung denkmalswerter Bausubstanz. Zur Verwirklichung der Ziele, also der städtebauli- chen Neuordnung, war ein Bebauungsplanverfal1ren nach den Vorschriften des Bundesbaugesetztes bzw. des Städtebauforderungsgesetzes insofern notwendig, wei l die Stadt Ettlingen 1972 in das SE-Programm des Bun- des und der Länder aufgenommen wurde. Städtebaulicher Ralunenplan Aufgrund der erkannten Sanierungsnotwendigkeiten wurde der Auftrag zur Erstellung eines städtebaulichen Rahmenplans zur Erneuerung der Altstadt von Ettlin- gen ertei lt. Seine erste Fassung war bezüglich der ver- kehrsmäßigen Erschließung vorwiegend auf die Benut- zung durch Kraftfahrzeuge zugeschnitten. So waren innerhalb der kleinteiligen Stadtstrukturen breite Ver- kehrsachsen in bisher verkehrsal11len Stadtquartieren mit dem Ziel konzipiert, Fahrverkehr in allen Bereid1en der Innenstadt zuzulassen und nahezu jedes Grund- stück anfal1rbar zu machen. Zwar sal1 dieses Konzept eine Entlastung der bisherigen Fahrbereiche zugunsten der einkaufenden Bevölkerung vor, doch eine Konzep- tion, wie sie heute im Jahre 1980 realisiert ist, nämlich die Altstadt weitgehend vom Fahrverkehr frei zu machen, war im Rahmenplan BayerlSchoof nicht vor- gesehen. 75 Zur Bewältigung des ruhenden Verkehrs sah dieser Plan neben einer Tiefgarage im Bereich des Marktplat- zes we itere drei Hochgaragen mit zusammen rund 2000 Parkständen vor. Doch von dieser Planungsvorstellung wurde abgewichen, da durch die Errichtung von Park- häusern im nur 14,4 ha großen Altstadtbereich das Ziel der Erhaltung denkmalswerter Bausubstanz und der Identität unserer Altstadt schlechthin verloren gegan- gen wäre. Weiterhin sah dieser Plan im zentralen Bereich der Altstadt, seinerzeit noch unter dem Aspekt der Stär- kung der kommunalen Verwaltungskraft, die auch noch heute - und nicht unzweckmäßig - dezentral unterge- bracht ist, die Erweiterung des Rathauses vor. Wenn auch diese Planung, in den Jahren 1968 bis 1970 erstellt, heute sdlOn überholt ist, so besitzen die damals formulierten grundsätzlichen Sanierungsziele auch heute noch weitgehend ihre Gültigkeit: - Verbesserung des Wohnungsstandards, - Neuordnung der Grundstücke, - Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, - Erhaltung denkmalswerter Bausubstanz. Nach diesen allgemeinen und teilweise auch spezi- fisch aufEttlingen bezogenen Aussagen zum Thema Sanierung soll nun zur Praxis übergeleitet werden. Zur Veransdlaulichung der nachfolgenden Erläuterungen zum Sanierungsablauf in Ettlingen soll vorab die zeit- liche Abfolge der Vorbereitung, Planung und Durch- ftihrung mit den wichtigsten Daten stichwortartig erläu- tert werden : 1968 Vorlage des städtebaulichen Sanierungsplanes, erstellt durch die Herren Prof. A. Bayer und Dr. H . Schoof. 1970 Antrag der Stadt Ettlingen zur Aufnahme in das Förderungsprogramm des Bundes und der Länder, dem sog. Sanierungs- und Entwick- lungsprogramm (SE-Programm). 1971- Städtebaulicher Ideenwettbewerb zur Erlangung 1972 von Bebauungs- und Gestaltungsvorschlägen eines Teilbereichs der Altstadt von Ettlingen. 76 1972 1972- 1974 1974 1974- 1975 1975 Preisträger: Dipl.-Ing. Jakubeit. Aufnahme der Stadt Ettlingen in das SE-Pro- gramm des Bundes und der Länder. Entspre- chend den Richtlinien dieses Programms wer- den alle fcirderungswürdigen Sanierungsmaß- nahmen jeweils zu einem Drittel von Bund, Land und Gemeinde bezuschußt. Überarbeitung des städtebaulichen Sanierungs- plans unter Einbeziehung der Wettbewerbser- gebnisse. Wegen der Überschaubarkeit und unter dem Aspekt einer möglichst zügigen Durchftihrung der Sanierung wurde das Wettbe- werbsgebiet von rd. 4 ha auf 2,16 ha redu ziert. Im Zuge der kommunalen Gebietsrefoml erfolgt der Wechsel an der kommuna len Verwal- tungsspitze. Der im Oktober neu gewählte Oberbürgermeister Dr. Vetter nimmt sich vor- rangig der Sanierung an. Er motiviert nicht nur die direkt Beteiligten, wie Eigentümer, Mieter, Investoren und Architekten, sondem auch Ver- waltung und Stadtrat. Durch zwei wesentlich entscheidende Gemeinderatsbeschlüsse konmlt nun die Stadtsanierung richtig in Gang: - Verzicht auf Supermärkte im Gemarkungs- bereich Ettl ingens. - Verzicht auf eine im Sanierungsplan vorgese- hene Rathauserweiterung. Damit wird ein Gebäude- und Grundstückstausdl zwischen der Stadt und den ortsansässigen Kaufhaus- herren, respektive ein Standortwechsel des Kaufhauses, möglich. Emeute Beauftragung der bei den Wettbewerbs- gewinner aus dem Wettbewerb 1972 zur Neuge- staltung des Rathausplatzes mit der Vorgabe, an Ste lle des Rathauses ein KauAlaus einzuplanen. Zur Ankurbelung der Wirtsdlaft gewährt die Bundesregierung für Investitionen, die bis Juni 1977 getätigt werden, Zuschüsse von 7,5 %. Diese einmalige Gelegenheit wird trotz Fehlens eines qualifizierten Bebauungsplans genutzt : - Von Januar 1975 bis Juni 1975 wird das Bebauungsplanverfahren mit allen Beteilig- ten einschließlich der Träger öffentlicher Belange unter Einbeziehung der Genehmi- gungsbehörde im "Offenen Verfahren" durchgeführt. Der so gemeinsam erarbeitete Bebauungsplan für das Sanierungsgebiet Alt- stadt 1/ 1 wurde vom Gemeinderat gebilligt, das weitere Genehmigungsverfahren jedoch ausgesetzt. - Dezember 1975 Baubeginn einer zweige- schossigen Tiefgarage im zentralen Bereich des Marktplatzes mit insgesamt 407 Park- ständen. Zwischenzeitlich war auch die Entscheidung der Eigentümer des Kaufhauses zum Standort- wechsel gefallen. 1976- Neubau, Umbau und Modemisierung des Alt- 1977 stadtquartiers 1/1 einschließlich aller erforderli- chen Erschließungsmaßnahmen. - Fertigstellung aller im zentralen Bereich des alten und neuen Markts geplanten baulichen Maßnahmen. - Als vorletzte Maßnahme wird das Kaufhaus nach knapp zweijähriger Bauzeit im Okto- ber 1977 eröffnet. 1978- Abschluß der Sanierungstätigkeiten im ersten 1980 Sanierungsabschnitt. Zwischenzeitlich wurden alle notwendigen Entscheidungen und Gemein- deratsbesdllüsse zur Weiterführung der Sanie- rung im Absdlnitt 1/2 gefallt. Planung, Durch- führung und EröffilUng des alten Kaufhaus- quartiers bei einem Kostenaufwand von rd. 12 Mio DM fa ll t in diese Zeit. Aus vorliegender Kurzfassung des Sanierungsablaufs ist ablesbar, daß Planung und Durchführung nahezu reibungslos abgewickelt werden konnten. Doch für den Außenstehenden bleiben viele Fragen offen : Warum konnte beispielsweise die Planung, bei der nicht nur in eigentumsrechtlidle Belange eingegriffen, sondern auch in relativ kurzer Zeit Entscheidungen über relativ hohe Investitionen getroffen werden muß- ten, in Ettlingen so rasch umgesetzt werden? Bekannt- lich erlaubt doch das Städtebaufcirderungsgesetz, nach dessen Vorschriften die Ettlinger Sanierung betrieben wird, jedem Beteiligten, vielfach mit Einsprüchen das Verfahren zu verzögem. Da im Ettlinger Beispiel jedoch kein rechtsk räftiger Bebauungsplan vorlag, gab es keine Einsprudlsmög- lichkc:iten und demzufolge auch keine zeitverzögem- den Anderungsverfahren. Die Vorgehensweise in einem solchen Verfahren und die Durchsetzung der beabsichtigten Planungen war nur deshalb möglich, weil bereits zu Beginn der Sanie- rungsplanung in freimütiger, offener Auseinanderset- zung mit allen Betroffenen verhandelt und diskutiert wurde. Sehr früh entstand eine Vertrauensbasis zwi- schen Bürgern, Investoren, Mietern, Architekten einer- seits und der Verwaltung und Aufsidltsbehörden ande- rerseits. Eine Basis, die bis heute noch geprägt ist von beiderseitiger Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Dieses Verfahren wird praktisch in Ettlingen seit 1975 prakti- ziert und wurde von niemandem wegen Fehlens rechtli- cher Grundlagen unterlaufen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch zu wissen, daß sämtliche kom- munalpolitischen Entscheidungen quer durdl alle Stadtratsfraktionen ohne parteipolitisches Gezänk ein- mütig gefaßt wurden. Sicherlich ist das "Ettlinger Modell" nidlt wiederhol- bar oder gar auf andere Sanierungen übertragbar. Jede Sanierung unterliegt ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Weshalb die Ettlinger Stadtsanierung audl olme rechtskräftigen Bebauungsplan in Gang gekommen ist und sich ausgezeichnet bewährt hat, lag gerade auch daran, daß das ortsansässige Kaufhaus seine Absicht, am bisherigen Standort einen Neubau zu erstellen, auf- gab. Dies war, rückschauend betrachtet, neben anderen unabdingbaren Entscheidungen, der eigentliche Ein- stieg in die Durchführungsphase der Ettlinger Sanie- rung. 77 Ende der 60er Jahre wurde von den Kaufhauseigen- tümem ein intemer Wettbewerb mit dem Ziel aus- geschrieben, auf dem vorhandenen Grundstück im Zentrum der Altstadt die alte Bausubstanz abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen. Als Preisrichter waren neben den wichtigsten Trägem öffentlicher Belange auch die Genehmigungsbehörde des Regie- rungspräsidiums und das Landesdenkmalamt tätig. Man versuchte zunächst, unter Beteiligung möglichst vieler kompetenter Planungsexperten, der städtebauli- chen Entwicklung und dem Sanierungskonzept Rech- nung zu tragen und den Abbruch der in diesem ~ar­ tier vorhandenen, historisch wertvollen Fachwerkge- bäude zu rechtfertigen. Auch der seinerzeitige Gemeinderat entschied sich mehrheitlich für das Neubauprojekt. Damit war nicht nur der Verlust eines ganzen Stadtquartiers in zentraler Lage, in unmittelbarer Nähe von stadtbildprägenderi Kulturdenkmalen, dem Ratllaus und der Martinskirche, sondern auch der Verlust eines Stückes Ettlinger Stadt- gesdlichte und städtischer Identität verbunden. Diese Entsdleidungen erzeugten einen massiven Bürgerprotest, der sich vor allem in der örtlichen Presse artikulierte. Das ausschlaggebende Moment für die Zurückstellung des Kaufl1ausneubaues war jedoch der Widerstand eines Grundstückseigentümers in diesem ~artier, der sich weigerte, sein seit Generationen ange- stammtes Grundstück zugunsten eines Kaufuausneu- baues zur Verfügung zu stellen. Die Kaufl1ausherren engagierten sich zunächst in Freiburg, Karlsruhe und Bretten und gaben der Stadt Ettlingen Gelegenheit, neue Uberlegungen zum Thema Kaufhausneubau, unter der Prämisse des Erhaltens der Fachwerkhäuser, anzustellen. Wettbewerbe zur Überarbeitung des Sanierungsplans "Bayer/Sdloof' wurden durchgefUhrt, um mit neuen Gestaltungsvorschlägen sowohl den Interessen der Kaufhauseigentümer als audl der Erhaltung des Stadt- kems RedUlung zu tragen. Durdl ständigen Kontakt mit den Sanierungsbetroffenen konnte der notwendige 78 Dialog aufrecht erhalten und die Wünsche der Verwal- tung, die Sanierungsplanungen alsbald in die Wirklich- keite umzusetzen, sogar verstärkt werden. Doch der eigentliche Durchbruch, die Sanierung in Gang zu setzen, erfolgt mit der Aufnahme der Stadt Ettlingen in das SE-Programm des Bundes und der Länder. Nun waren auch die Möglichkeiten finanzieller Hilfen für die Sanierungswilligen gegeben. Gleichzeitig wurden auch die Sanierungsziele, insbe- sondere im Hinblick auf die beabsidltigten Nutzungen, neu fonn uliert: - Aufgabe der im "Bayer/SdlOof-Plan" entwickelten Erschließungsachsen zugunsten der Erhaltung des historischen, mittelalterlichen Stadtgrundrisses. Erhaltung der Raum- und Straßenkanten ebenso wie der vorhandenen Plätze und Freiräume; - Wiederbelebung und Aktivierung der Wohn- und Arbeitsbereiche im alten Stadtkern; - Ansiedlung von Einzelliandelsgeschäften in den Erdgeschoßlagen, publikumsintensiver Dienstlei- stungsbetriebe in den Obergeschossen, verstärktes Wohnen in den darü berliegenden Geschossen; - verstärkter Ausbau der traditionellen Einkaufszonen sowie Addition neuer zentraler Bereidle; - verstärkter privater und öffentlicher Wohnungsbau im Anschluß an die zentralen Geschäftslagen; - Verzicht auf Hochgaragen zugunsten der Erhaltung des Stadtgrundrisses. Neubau von Tiefgaragen an peripherer Lage des Sanierungsgebietes. Mit der Gemeinderefonn 1974 und dem seinerzeiti- gen Wechsel in der kommunalen Verwaltungsspitze - Ettlingens I. Beigeordneter Dr. Vetter wurde Oberbür- genneister - war eine weitere positive Entscheidung zugunsten der Ettlinger Sanierung eingetreten. Er hatte erkannt, daß eine Verbesserung des desolaten Zustandes der innerstädtischen Infrastruktur nicht durdl den N eu- bau oder die Erweiterung eines Millionen verschlingen- den Railiauses erreicht werden konnte, sondem daß man die Stadt wieder mit Leben erfüllen müsse durch: - Modernisierung, Erneuerung und Wiederherstellung der Wohnquartiere, - Neustrukturierung des Einzelhandels und des Dienstleistungsgewerbes, - Verbesserung der Verkelusinfrastruktur. Eine weitere sehr wichtige Entscheidung war das Tauschangebot der Stadt Ettlingen an die Kaufhausher- ren, das alte Kaufhaus gegen die Fläche der ehemals geplanten Ratl1auserweiterung. Der Tausch kam zustande. Damit war bei den geholfen : Die Stadt Ettlingen war nun in Besitz des Kaufhaus- quartiers und der wertvolle, denkmalgeschützte Bestand der Fachwerkhäuser gerettet, den Kaufhausbesitzern waren viele Schwierigkeiten, die durch einen kostspieligen Um- und Neubau ent- standen wären, erspart geblieben. Die Stadt als Besitzerin des alten Kaufhauskomple- xes konnte nun ein Schlüsselquartier inmitten der Alt- stadt vor dem totalen Abbruch bewahren. Die dortigen Fachwerkgebäude und sonstigen stadtbild prägenden Gebäude, Straßenräume und Ensembles konnten erhal- ten und durch Erneuerungs- und Modernisierungsmaß- nal1men ihrem ursprünglichen Aussehen und ihrer Zweckbestimmung wieder zugefLihrt werden. In den Erdgeschossen entstanden wieder die alten Einzelhan- delsgeschäfte, in den Obergeschossen Dienstleistungs- betriebe und über 40 zeitgemäße Wohnungen. Doch wie liefen das Bebauungsplanverfahren und die baulichen Erneuerungen der Stadt weiter? Unter den vorgenalmten Vorgaben - Neuforn1Ulie- rung der Sanierungsziele und insbesondere des erfolg- ten Grundstückstausches - mußte der BebauungspIan- entwurf erneut unter den neuen Rahmenbedingungen überarbeitet werden : - VerLieht auf eine Rathauserweiterung. - Neugestaltung des Marktplatzes unter Einbeziehung eines Kaufhausneubaues. Noch im Dezember 1974 wurden die seinerzeitigen Wettbewerbsgewinner, die Herren Diplomingenieure und Architekten Joh. Jakubeit und R. Langenste iner, beauftragt, unter den neuen Bedingungen einen Bebauungsplan auszuarbeiten. Doch erneut wurde die Stadtsanierung sowohl in ihrer Planung als auch Durch- führung von äußeren Ereignissen beeinflußt: - Zur Ankurbelung der desolaten Wirtschaft beschloß der Deutsche Bundestag im Januar 1975, all jenen Investoren eine 7,5-%-Investitionshi lfe zu gewähren, die im ersten Halbjahr 1975 investieren oder die erforderlichen Voraussetzungen zu kurzfristigen Investitionen schaffen würden. Seitens der Verwaltung und der Sanierungswilligen wurde diese zusätzliche Chance erkannt und sofort zugegriffen. Doch fLir uns, die Stadtverwaltung, die wir zu diesem Zeitpunkt noch keine verbindlichen Plan- vorlagen hatten, galt es, sdmellstmöglich und unkom- pliziert alle planerisd1en Voraussetzungen zur Sanie- rung und ErfLillung der Investitionsauflagen zu schaf- fen. Das Wettbewerbsverfahren wurde vorLeitig entschie- den, der daraus zu entwickelnde Bebauungsplan war noch zu erstellen. Da für alle Investoren vom Gesetzge- ber der 30. 6. 1975 als Abgabetern1in fLir Bauvorlagen vorgegeben war, galt es, allen Bauwilligen die erforderli- chen Planungsvorgaben zu den einzelnen Sanierungs- vorhaben zu geben. Da ein Bebauungsplanverfahren nach BBauG zur Absicherung der Planungsabsichten mit seinem zeitli- chen Ablauf wie Bürgeranhörung, Beteiligung der Trä- ger öffentlicher Belange, Planoffenlage, notwendige kommunalpolitische Entscheidungen in dem nun vor- gegebenen Zeitraum - von Januar 1975 bis 30. Juni 1975 - nicht zu mad1en war, kamen wir in zeitlid1en Zugzwang. Im Einvernehmen mit der sehr aufgesd110ssenen Rechtsaufsichts- und Genehmigungsbehörde des Regie- rungspräsidiums Karlsruhe wurde ein Verfahren in Gang gebracht, das heute noch praktiziert wird, das sehr flexibel ist und der Stadt und allen Sanierungsbe- 79 troffenen im Ablauf der Planungs- und DurchfLihrungs- phase bisher nur Vorteile gebracht hat. In wöchentlichen Arbeitssitzungen wurde unter Zugrundelegung der beiden Wettbewerbsergebnisse der Bebauungsplan unter Beteiligung sämtlicher Träger und Betroffenen gemeinsam erarbeitet. Neben dem Regie- rungspräsidium mit allen einschlägigen Abteilungen waren noch beteiligt - das Landesdenkmalamt, - die Grundstückseigentümer, Mieter und Investo ren, - die planenden Ardlitekten und Fachingenieure, - die Stadtverwaltung. In der Endphase dieses Verfahrens legten dann die planenden Architekten ihre bereits schon im D etail aus- gearbeiteten Einzelprojekte vor. D adurch war es mög- lich, den in Arbeit befindlichen Bebauungsplan laufend zu korrigieren oder zu ergänzen. Zur Beurteilung und Einpassung der EinzeImaßnah- men in Ensembles oder Straßenräume bedienten wir uns eines Hilfsmittels, das sich ausgezeichnet bewährt hat und zur Nachahmung empfohlen wird: Für die räumliche Darstellung der Pläne, insbeson- dere jedoch zur Überprüfung der Einpassung des neuen Kaufhauses in den städtebaulich wertvollen Bereich der Altstadt, geprägt vom barocken Railiaus und den dorti- gen ensemblebildenden Gebäuden, bedienten wir uns eines Modells im Maßstab 1 : 100. Somit war es auch fLir einen Laien möglich, Massen und Proportionen optisdl in bezug auf se ine bestehende Umgebung zu erfassen und zu beurteilen. Im Verlaufe einer dreimonatigen Zusammenarbeit entstand so ein Bebauungsplan, der dann vom Gemein- derat gebi ll igt wurde. D as weitere Genehmigungsverfah- ren wurde ausgesetzt, um flexibel zu bleiben und mög- liche Änderungsverfahren zu venneiden. Mit diesem Bebauungsplan besaß die Stadt Ettlingen ein Planungs- instrumentarium, das in Anlehnung an die gesetzlichen Grundlagen des Städtebauforderungsgesetzes aLle Vor- aussetzungen beinhaltete und das problemlose Umset- zen der Planung in die Realität gestattete. Die Inhalte 80 des überarbeiteten Bebauungsp lanes wu rden aber noch so gehalten, daß eine flexible Handhabung des Plans jederzeit möglich war. Ein wesentlicher Vorteil bestand darin, daß man beim Einstieg in die D etailplanungen im Gestaltungs- spiel zwischen Einzelobjekt, Straßenraum oder Ensemble nodl ausreichende Freiheiten hatte, was ganz besonders von den planenden Architekten begrüßt wurde. Auch beim weiteren Fortgang der Sanierung haben wir dieses Verfahren, jedodl nicht in der aus- geprägten Fonn wie beschrieben, mit Erfolg betrieben. Zur KontroLle unserer eigenen Planungen wld auch der Detailplanungen der Architekten bedienten wir uns in einer Art Rückkoppelungsverfahren eines Sachver- ständigenausschusses. Es handelt sidl hier um einen empfehlenden Ausschuß, der aus sachkuncligen Bür- gem und Stadträten besetzt ist. Zur Wahrung der Neu- tralität und Kontinuität der bisherigen Arbeits- und Ver- fa hrensweise sind in diesem Ausschuß Architekten, Ingenieure, Historiker, ein Joumalist und ein Oberbau- direktor aD. der Aufs ichtsbehörde vertreten. Audl ein Vertreter des Landesdenkmalamtes und die Planer der Verwaltung sind mit von der Partie. In diesem Ausschuß werden sämtlidle baulidlen Vorhaben im Sanierungsgebiet, ob Neubau-, Umbau-, Modemisierungsmaßnahme, Fassadengestaltung, Farb- gebung oder das Anbringen von Werbeschildern zunächst vom planenden Architekten erläutert. Unter Beachtung aller Vorgaben des Bebauungsplanes wird dann entschieden, ob das Vorhaben in der vorgestellten Fonn madlbar ist. Werden wesentliche Korrekturen und Änderungen verlangt, so muß das O bjekt erneut diesen Planungsfilter passieren. Mit einer entspredlenden Empfehlung geht dann das Vorhaben zur Genehmi- gung an das Bauordnungsamt. Dieses Kontrollgremium hat sich außerdordentlidl gut bewährt. Letztendlidl ist audl die Frage nodl zu beantworten, weldler Verwaltungsapparat notwendig war, um eine so UI11fangreiche und gelungene Sanierung in so kurzer Zeit durchzuftihren. Mit der Gründung des Sanierungsträgers, der Stadt- bau Ettlingen G mbH, wu rde eine Gesellsd u ft ins Leben gerufe n, die trotz ihrer personellen Besetzung mit kommunalen Beamten und Angestellten als selb- ständiges Untemehmen handeln und entscheiden kann . In der O rdnungsphase konn ten eine Fülle von Ent- scheidungen, ohne den sonst im kommunalen Verwal- tungsbereid l unumgänglichen und zeitversdllingenden Weg über den Gemeinderat, sofort getroffen werden. So konnten beispielsweise die im Zuge der Sanie- rung notwendigen Umsetzungen von Mietern und die damit verbundenen Entschädigungen von Hausrat schnell, unkompliziert und unbürokratisch abgewicke lt werden. Die Verhandlungspartner der Trägergesellschaft vereinbarten in der Regel olme große Fomlalitäten einen Pauschalpre is, der durdl Handschlag bestätigt wurde. Diese Handlungsweise war unumgänglich, da man es in unserem Altstadtbereich sehr oft mit alten Menschen zu tun hatte, die jeglichen "Papierkram" ver- abscheuten und hin ter se itenlangen schriftlichen Ver- einbarungen bürokratische Fußangeln sahen. Neben der Stadtbau Ettlingen GmbH gehö rt zum inneren Organisationsapparat der Sanierung auch die Liegenschaftsverwa ltu ng, die mit der Trägergesellschaft den Grundstücksverkehr im f<i rmlidl festgelegten Sanierungsgebiet regelt. W idltigstes Bindeglied in diesem Team ist das städ- tisdle Planungsamt, das im Verbund mit den vor- genarulte n Abteilungen sämtliche Untersudlungen, Maßnah men und Planungen betreibt und abwickelt. Die technische Durdlfuhrung der Erschließungsmaß- nahmen, audl die Überwachung der kommunalen Hodlbaumaßnahmen, wird vom städtischen H och- und Tiefbauamt vorgenommen. Die Zusammenarbeit klappt hervorragend, da insbe- sondere die Trägergese llsdlaft, die Liegensdlaftsabtei- lung und das Planungsamt in Personalunion von zwei Leuten betreut werden. Der Leiter des Planungsamtes ist technischer Mitarbeiter und Berater der Stadtbau Ettlingen G mbH, der C hef der Liegenschaftsverwal- tung hingegen Geschäftsführer der Sanierungsgesell- schaft. Somit laufen bei bei den Amtsleitem sämtliche Fäden zusammen. So war es möglich, ohne aufWe ndi- gen Schreibverkehr anstehende Probleme, Engpässe und dergleichen mit wenig Zeitverlust zu erledigen. Durch die in Ettlingen vorhandene, räumlidle Zuord- nung dieser Abteilungen und Ämter ist eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung von Sanierungsange le- genheiten zusätzlidl begünstigt. Schließlidl soll noch kurz auf die Reprivatisierung und die Finanzierung von Sanierungsgrundstücken, O bjekten und Maßnahmen eingegangen werden. Eine Reprivatisierung von Sanierungsobjekten oder Grundstücken sieht der Gesetzgeber im Rahmen des Städtebauf<irderungsgesetzes erst nach oder im Zuge der Durchfuhrungsphase vor. Die Sanierungspraxis hat jedoch geze igt, daß eine Reprivatisierung von Grundstücken sdlon in der Ord- nungsphase zweckmäßiger ist, und zwar aus verschiede- nerlei Gründen: - Einmal werden, um die Sanierung in Gang zu hal- ten, Sanierungsgrundstücke mit Sanierungsauflagen und Rückauflassungsvormerkung bei Nid lteinhal- tung an Bauinteressenten verkauft. - Zum anderen werden ansonsten langfristig gebun- dene Mittel fur den weiteren Fortgang der Sanierung frei (Schneeballsystem). Auch wird im Zuge der Durchfuhrungsphase der Sanierung das Bebauen der Grundstücke möglidlst von Fremdunternehmen oder Fremdträgem durchgefuhrt. D amit bleiben für die Trägergesellschaft Kapaz itäten zur Betreibung des weiteren Fortganges der Sanierung frei. Darüber hinaus wird auch eine ulm ötige Aufblä- hung des Verwaltungsapparates vemlieden. Gleiches gilt auch fur die H odlbauplanungen. Audl hier werden soweit als möglidl ortsansässige Architek- ten und Ingenieurbüros mit der Planung und Durdl- fuhrung, insbesondere ko mmunaler O bjekte, betraut, 81 so daß auch die mittelständischen, freiberuflichen Untemehmen engagiert am Planungsprozeß als Partner teilnehmen. Schließlich soll noch kurz auf die Finanzierung, den Einsatz und die Auswirkungen der öffentlichen Mittel und den zeitlichen Ablauf eingegangen werden. Die Entscheidung eines Standortwechsels des Kauf- hauses und die zeitlichen Zwänge, hervorgerufen durch die von der Bundesregierung gewährten Investitionszu- lagen Anfang 1975, waren der eigentliche Start in die Bauphase der Sanierungsmaßnahmen in Ettlingen. Wenn auch die noch nicht fertiggestellten Detailpla- nungen fur die geplante Tiefgarage und der dazugehö- rigen H ochbaumaßnahmen den tatsächlichen Baube- ginn noch bis Ende 1975 verzögerten, so kann festge- stellt werden, daß bis Oktober 1977, also nach knapp zwei Jahren, der I. Sanierungsabschnitt mit rd. 2 ha durch Emeuenmgsmaßnahmen und Neubebauungen abgeschlossen war. Dabei wurden - eine zweigeschossige Tiefgarage mit 407 Parkstän- den, - ein drei~eschoss iger Kaufhausneubau mit rd. 7.200 m Bruttogeschoßfläche, - verschiedene Einzelhausneubauten, - mehrere Umbaumaßnahn1en und - Erschließungsmaßnahmen (Ver- und Entsorgungsan- lagen, Straßen- und Platzbeläge) rea lisiert. Für diese Maßnahmen wurden private und kommu- nale Investitionen in einer Höhe von rd. 80 Millionen DM getätigt. Durch die eingebrachten öffentlichen För- derungs mittel aus dem SE-Programm von etwa 8 Mil- lionen DM, die zu je einem Drittel von der Stadt Ett- lingen, dem Bund und dem Land Baden-Württemberg getragen wurden, wurde eine etwa 10fache private Inve- stition direkt initiiert. Ein Großteil dieser Investitions- mittel floß in Fom1 von Aufträgen in die Ettlinger Wirtschaft und fUhrte zu einer gesteigerten Liquidität 82 und zusätzlichen Investitionsbereitschaft aus diesem Bereich. Soweit konnte - und dies war eine sehr positive Aus- wirkung der Sanierung - eine schwierige wirtschaftliche Lage (Rezession) in Ettlingen gut übersta nden werden. Dies alles war jedoch nur möglich, weil die Verwaltung den Mut aufbrachte, unbürokratisch und teilweise gegen die Norm zu arbeiten. Abschließend sollen nochmals die wesentlichen Merkmale der Ettlinger Stadtsanierung zusammenge- faßt werden: - Bereitschaft aller Sanierungsbetroffenen und sonsti- ger Beteiligter zur Zusammenarbeit; - unbürokratisches Arbeiten der Verwaltung; - Durchfuhrung der Sanierungsmaßnahmen olme rechtskräftigen Bebauungsplan; - einstimmige kommunalpolitische Entscheidungen in Sachen Sanierung; - Toleranz und großes Vertrauen der Fach- und Auf- sichtsbehörden zum "Ettlinger Modell". Dies konnte in Ettlingen nur deshalb so problemlos geschehen, weil man zu Entscheidungen den Mut auf- brachte, deren rechtliche Konsequenzen im vorhinein nicht absehbar waren. Darüber hinaus war man auch bereit, die volle Verantwortung fur die hier praktizierte Handlungsweise zu tragen. Solche "Sanierungsbedingungen" sind nach meiner Auffassung nur in Gemeinden einer überschaubaren Größenordnung, also in KJein- und Mittelstädten, vor- handen, wobei es zur Durchsetzung der Sanierungspla- nungen sehr darauf ankommt, daß Sanierungsziele überzeugend und ehrlich von der kommunalen Verwal- tung und dem Gemeinderat ebenso mitgetragen werden wie von seiten der Bürgerschaft. Daß die Sanierung in Ettlingen bereits im ersten Anlauf, ohne auf Beispiele und Erfa hrungen anderer Städte zurückgreifen zu können, so überzeugend gelang, lag sicherlich auch dara n, daß es der derzeitige O berbürgenneister D r. Vetter verstand, seine Verwaltung und Bürger zum gemeinsamen H andeln zu motivieren und er sich selbst mit der Sanierung schlechthin identifizierte. So ist auch erklärbar, daß die gelungene Sanierung der Ettlinger Altstadt zu einer Sache all er im Gemeinderat vertretenen Parteien und niemals zum Gegenstand kommunalpolitischer Auseinandersetzun- gen wurde. 83 Stadtemeuerung und kommunale Selbstdarstellung O berbürgemleister Dr. Vetter, Ettlingen I. Die Diskussion um die Flächensanierung und Objektsanierung bringt uns nur dann weiter, werm sie uns vor dem Extrem in die eine oder andere Richtung bewahren hilft und vor einer sog. reinen Lehre schützt und zu r Erkenntnis führt, daß das "entweder - oder" so falsch ist wie das "nur". Nonnal gebildete und vemünf- tig denkende Menschen werden sich nie der Einsicht verschließen, daß ohne die zufälligen oder gewollten "Flächensanierungen" durch Krieg, Brand oder Abbruch kaum eine der großen städtebaulichen Leistungen der Menschheit in den Weltstädten des Abend- und Mor- genlandes hätte entstehen können, und daß ohne das liebevolle Festhalten an und das sorgfältige Weiterent- wickeln der Ergebnisse höchste Leistungen von Archi- tekten und Städtebauem manches Kulturerbe versun- ken wäre. Daß heute die Diskussion um Objekt- und Flächensanierung mit aller ideo logischen Härte geführt wird, daß sich daran Generationen zerfleischen, daß Junge den Alten bitterste Vorwürfe machen, liegt einer- seits an dem Grundfehler jeder menschli chen Diskus- sion, das Gestem mit den Maßstäben von Heute zu messen und andererseits mit dem Kult des Negativen, der die wortreichen Zerreder wichtiger nimmt als die stillen Konstruktiven. Ir. Entgegen dem tiefen Pessimismus der Zeit, der die städtebaulichen Leistungen von Gestem gedankenvoll verurteilt, darf nicht einfach der blauäugige Optimis- mus gesetzt werden. Wenn es ri chtig ist, daß die Pendel- schläge der Geschichte die Anschauungen häufiger und schneller ändem als je zuvor, dann sollten wir um so eher zu einer Gelassenheit finden, die erkennt, daß die Aufgabe, eine Stadt zu bauen, auch eine Aufgabe der geistigen Emeuerung ist, und daß Stadterneuerung in der Zeit erfolgt, um über die Zeit zu dauem. Diese Gelassenheit, diese Erkenntnis, daß Städtebau auch das Ansetzen von Jahresringen bedeutet, dieses ruhige Den- ken in Kreisen, die sich vervollkommnen und in Struk- turen, die aus dem Maß des Menschen entstehen, hat um so eher eine Chance, als die wirtschaftliche Lage unseres Staates eine Neubesinnung auf das Machbare, Mögliche und Wirtschaftliche dringend nahelegt. III. Die Stadt ist Mittelpunkt und wird Mittelpwlkt bleiben, eine aus dem Geist und Willen einer Bürger- schaft hervorgehenden baulichen und gesellschaftli chen Entwicklung. In der Stadt sind nicht nur die Investitionen der Zukunft konzentriert, sondem auch die Chancen angelegt, aus den Prinzipien der Selbstver- waltung, der Gewaltenteilung und der Dezentralisation den anonymen Großstrukturen, der Staatsbürokratie, eine auf Geist, Kultur und Menschlichkeit ausstrah- lende Stadtbürokratie entgegenzusetzen. Jene hat die Aufgabe, Menschen zu disziplinieren und zu verwalten, diese, die Menschen, zu bergen und zu entfalten. Bei- des zusammen brauchen wir. Wichtig ist aber die Erkenntnis, daß Bauen mit Menschlichkeit zusammen- hängt, daß die Riesenstadt so unmenschlich sein kann wie der Riesenplatz, daß die Stadt von ihren Teilräu- men lebt, daß der Bürger den Platz als großes Wolm- zimmer erleben will, daß die Bildung und Individuali- sierung von Stadtteilen und Stadtvierteln eine Kern- frage der Stadterneuerung ist. IV Städtebau ist mehr als der Bau von soundsoviel tausend Wohnungen zu einem bestimmten Kubikme- terpreis. Städtebau ist auch mehr als die Verwirklichung der individuellen Meinung von Soziologen wld Archi- tekten. Städtebau ist auch mehr als die Lückenfüllung im Rahmen einer Stadtsanierung. Es geht auch nicht nur um Kostennutzenoptimierung. Stadtsanierung ist auch nicht nur Fortentwicklung der städtischen Grund- strukturen, sondem auch inmler Neubau. Wie baue ich eine Stadt? Was denken die Menschen morgen? Wie schaffe ich die menschlichen Strukturen, die Leben aus der Vielfalt der Funktionen entstehen lassen? Bei den alten Schriftstellem, so etwa bei Vitruv, körmen wir Begeistemdes nachlesen, wie viele Faktoren beim Bau einer Stadt oder beim Bau eines H auses zu berücksichtigen sind, die heute oft verschüttet sind. 85 Während früher offensichtlich eine Stadt nur gebaut werden sollte an einem Ort, wo man eine Stadt bauen mußte, baut man heute die Stadt, wo man sie bauen kann. Jede Emeuerung ist zugleich Neubau der Stadt. Jede Emeuerung geschieht aus dem Geist der Zeit. Deswe- gen ist es nur zu natürlich, daß neu vor alt geht. Aber: Altes, Gewachsenes, menschenwürdig Erhaltbares muß erhalten werden. Also : Neubau und Erneuerung, Städtebau vor Lückenfüllung, aber auch: Wo ist der Weg der zeitgenössischen Architektur, die so Starkes hervorbringen könnte, daß man Altes ruhig opfern kalU1? Bei mir hat die Erhaltung oft deswegen Vorrang, weil der Altbau "modeme!" ist als das, was aus irgendei- ner modemen Schule errichtet werden soll. V. Das Furchtbare ist oft nicht die Flächensanienmg oder die Objektsanierung, sondern deren Übertreibun- gen. Der aus reiner Profitmaximierung angesetzte Bag- ger ist ebenso unmenschlich wie die Museumsruine, in der kein Mensch mehr wohnen will. Es muß eine ver- nünftige, maßvolle, mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbare Abwägung möglich sein. VI. Das "Unbürokratische", der Wurf sollte mehr mögli ch sein. Das was uns eine ideenreiche Stadter- neuerung oder einen kultivierten Neubau so sehr erschwert, das sind Normierung, Rasterung, Bürokratie, Vorschriften. Neben der Berufung der Zeit zum Städte- bau gibt es auch eine Berufung der Zeit zu Freiheit der Idee. Das hieße konkret: Geist statt Zwang, Handschlag statt Verwaltungsakte, Selbstdisziplin statt Kontrolle. Dies muß aber auch die Erkenntnis einschließen, daß jeder Plan imperfekt ist, und daß der Mut zum Unvoll- kommenen oft das Schöne erzeugt. Eine solche zu fordernde Gesinnung setzt aber auch Architekten vor- aus, die Baumeister sind, die dieser Freiheiten würdig sind, die Künstler und Handwerker zugleich sind, die dem Bauherren das Genie des Baumeisters entgegenzu- setzen in der Lage sind. 86 VII. Die Sanierung unserer Stadt Ettlingen ist nicht für Städtebauspezialisten, sondem für die und von den dort wohnenden Menschen gemacht. Ausgangspunkt war ein alter unzerstörter Stadtkem, in Barock wieder aufgebaut auf mittelalterlichen Grundstücksstreifen, aus dem die Einwohner mangels Wohnqualität wegzogen, der wad1sende Straßenverkehr in den schmalen Straßen und Gassen drängte den Rest, die wirtschaftliche Über- macht der neuen jungen Stadt Karlsruhe machte mut- los. Daraus erstand die Konsequenz, daß Stadtemeue- rung niemals nur in Kosmetik stehen bleiben darf, son- dem folgende Ziele unterstützen muß: 1. Verkehrsberuhigung 2. Mischfunktion (Wohnen, Einkaufen, Kultur) 3. Stärkung der Einkaufszentralität, Em1utigung des ortsansässigen feingegliederten Einzelhandels 4. den vermeintlichen Fluch der Altstadt umkehren in eine Chance neu neben alt, nicht nur an Kubikmeter und Qyadratmeter denken, sondern Atmosphäre bauen durch Erhaltung der gut gegliederten Stadt- räume, die in ihrer Abfolge wichtiger ist als die Ein- zelarchitektur. Das Ergebnis unserer Stadterneuerung in den letzten fünf/sechs Jahren, mit einem Investitionsvolumen von rd. 120 Mio. DM, wird von der Bevölkerung positiv gewertet, da vor allen Dingen keine Vertreibungssanie- rung stattfand, und eine Umkehrung der Stadtflud1t in die Stadt hinein bewirkt wurde. Das Ergebnis ist nicht zu übertragen auf andere Städte, soweit es aus den kon- kreten Gegebenheiten unserer Stadt abgeleitet ist. Die Durchführung der Sanienmg allerdings scheint bemer- kenswert : Architekten und sachkundige Bürger beraten, der Gemeinderat entscheidet, Ettlinger Architekten bauen. Die Planung wurde erstellt mit den Betroffenen und allen mitentscheidenden Behörden im Einvemeh- men. Für alle an der Sanierung Mitwirkenden war die Frage "alt oder neu" weniger wichtig als die Frage der Maßstäblichkeit und ihre Erhaltung. Und ein weiteres war wichtig: Die Altstadt darf kein Museum werden, Erneuerung ist ni cht bloß Kosmetik, das Ergebnis muß nicht nur den Fadlleuten, sondern den Bürgern gefal- len. Eine Sanierung ist gut, wenn nicht der Gemeinde- rat, der Oberbürge rnleister oder der Planer der große Sanierer ist, sondern wenn er in den Bürgern mögli chst viele "Mitbaumeister" hat. Zur "Metaphysik" der Sanierung gehört aber auch das dauernde Bürgergesprädl, das in der Kleinstadt natürlich leichter ist als in der großen Stadt, die inter- disziplinäre Zusammenarbeit, die Beratung der Inve- storen über zinsverbi lligte Darlehen und Zuschüsse und nicht zuletzt die Verantwortung der bauenden Architekten, die hier bei uns mit ihrem H erzblut bei der Sanierung sind. VIII. Über der Stadterneuerung, wie auch - wie ich meine - über jeder guten Politik steht das Prinzip der Ennutigung. Trotz Bürokratie und wirtsdlaftli cher Schwierigkeiten ist es unsere Aufga be, uns gegenseitig Mut zu madlen und H ori zonte zu zeigen. Die Stadt ist stark, in der die Stadterneuerung zwar von der Verwaltung initiiert und geplant, aber von den mitplanenden Bürgern selbst vollzogen wird. Die Stadt ist stark, die die Bürokra tie schwach und die Bürger ein- flußreich sein läßt. Mehr als bisher soll an die Stelle technogratischer Planspiele die Förderung der Bürgerini- tiative in der Stadterneuerung Vorrang haben. Alt oder neu? Das Geheimnis scheint, daß die Bürger in der Stadt oft besser wissen, was sie brauchen als die inter- pretierenden Ideologen. 87 Möglichkeiten und Grenzen erhaltender Erneuerung Prof. EinseIe, Karlsruhe I. Einsdlätzung und Bewertung der Möglichkeiten und Grenzen erhaltender Erneuerung sind stark zeitab- hängig. Der Aufbauphase der Nachkriegsjahre folgten Wellen, die man mit Begriffen charakterisieren könnte wie : Neubau auf der grünen Wiese, unter Vernachlässi- gung der Altsubstanzen, Funktions-{Total)-Sanierung, Erhaltung (fast) um jeden Preis. Dementsprechend wan- delten sich Leitkriterien und Bewertungsmaßstäbe. Wo stehen wir heute? Und warum stehen wir dort? Versuch einer Standortbestimmung. Die heutige Situa- tion ist gekennzeichnet durch Entwicklungen, die sich z. T. gegenseitig stützen und verstärken, z. T. aber auch widersprechen: Grenzen des Wachstums und ökono- mische Zwänge, Entdeckung der Werte historischer Substanz, auch des gewachsenen "Milieus" mit seinen sozialen und psychischen Q}Jalitäten, neue Wohnvor- stellungen, rücken erhaltende Erneuerung in den Mit- telpunkt des Interesses. Demgegenüber fordern die sich immer noch erhöhenden baulichen Standards (Fläche pro Person bzw. Arbeitsplatz, technische und hygie- nische Ausstattung) neue funktionale Erfordernisse in den historischen Stadtquartieren (mehr Freiraum und Grün, aber auch Parkplätze usw.), nicht zuletzt die auf- kommende sog. "neue Wohnungsnot", die Beseitigung von Altbauten, vor allem durch Entkernung, und ein erhöhtes Neubauvolumen. 2. Wo liegen damit, aus heutiger Sicht, die Möglich- keiten und vor allem die Grenzen der "erhaltenden Er- neuerw1g"? Id1 versud1e eine Darstellung nach wesent- lichen Kriterien, die jedod1 z. T. eng verknüpft sind : Hier werden vor allem materielle Aspekte behandelt - nicht so sehr Gesetzes-, Förderungs- und Organisa- tionsfragen, obwohl natürlich auch von daher mannig- faltige Chancen und Grenzen kommen. 2.1 Erhaltende Erneuerung bietet in h.istorischen innerörtlichen Kern- und Mischgebieten die Chance, das bestehende Gefüge sowohl der Nutzungen als auch ihrer Zuordnung und Größe (Dichte, ParzelLierung, "Körnigkeit") zu sichern. Wichtig ist, daß sich die Maßnahmen über größere, gleichartig oder ähnlich strukturierte Gebiete erstrecken. Damit bilden sie ein wichtiges status-quo-stabi lisieren- des Element. Die Grenzen dieser Möglichkeit liegen dort, wo ein notwendiger oder nicht venneidbarer Funktionswandel bzw. Funktionsausbau neue Maßstäbe und Dimensionen (Größen, Dichte) fordern. Ob in sol- chen Fällen die alte Struktur ausgehöhlt oder nur noch als "Verblendung" der neuen Nutzungen und Maßstäbe dienen soll, muß im Einzelfall entschieden werden. Ich stehe solchen "Lösungen" sehr kritisch gegenüber. Grenzen liegen auch dort, wo neue Erfordernisse sol- cher Nutzungen an das Freiraum- und Erschließungsge- füge (z.B. Parkplätze, Andienungswege und -höfe) grö- ßere Eingriffe unvel111eidbar machen. In solchen Fällen sollten die im Stadtgrundriß gegebenen Chancen geschickt ausgenutzt werden. Als Beispiel für starke Bindung an den Stadtgrund- riß benenne ich Lage und Zuordnung von - Kaufhäusern - Park-Häusern - Stadtkerntangenten, usw. 2.2 Erhaltende Erneuerung kann in älteren Wohnge- bieten die weitere Bewohnbarkeit für die ansässigen Mieter und Eigentümer sichern helfen, indem sie wei- tere Degeneration und schließlich Totalabriß und Neu- bau solcher - meist äl111erer - Gebiete verhindert. Auch hier ist wiederum der möglichst "flächendeckende" Charakter der Erneuerungsmaßnahmen wichtig. Ihre Grenzen liegen dort, wo die Standards, vor allem der Raurn- und Wohnungsgrößen, Raurnhöhen usw. allzu niedrig sind, oder wo der Bau- und Ausstattungszu- stand bereits allzusehr abgesunken ist, um eine Erneue- rung zu vertretbaren Kosten zu rechtfertigen. Grenzen liegen aber auch dort, wo eine Erneuerung mit dem Ziel sehr hohen Standards ("Luxusmodernisierung") die Miet-und Unterhaltungskosten derart in die Höhe treibt, daß die ursprünglichen Bewohner verdrängt wer- den. Dies gilt besonders für ältere Bausubstanz in attraktiven Lagen. 89 Sonderprobleme emeuerungsfeindlicher "Extremnut- zungen" mit "Extrem-Renditen" sind vor allem : - Vennietung an Ausländer (Beispiel Minden: 18 % Rendite) - Studenten - bestimmte Gewerbe (Beispiel Minden : Nachtbars usw.) Die Verbindung von Substandard mit maximaler ökonomischer Wertschöpfung ist im allgemeinen nur kurzlebig, trotzdem fLir manche Gebiete durch Häufung sehr problematisch (Einsatz der "Gebote" nach § 39 BBauG?) 2.3 Erhaltende Emeuerung kann, ganz allgemein, die Bau- und Gestaltstruktur und damit wesentliche Bestandteile des "Milieus" eines Stadtteils erhalten und sichem. Voraussetzung ist auch dafur in besonderem Maße eine großräumige, flächendeckende bzw. große Teile der Bausubstanz erfassende Strategie der erhalten- den Emeuerung. Grenzen liegen dort, wo der AufWand soweit getrieben wird, daß die schon erwähnte Verdrän- gung einsetzt und die Frage zu stellen ist, fur wen diese Milieu- und Spurensicherung eigentlich betrieben wird: eine Bewolmerschaft, fur die die Gestalt des Qyartiers wichtiges Element ihrer "kollektiven Erinnerung" dar- steLlt, oder einer Schicht neuer zahlungs kräftiger "Lieb- haber', die den ästhetischen Reiz der historischen Sub- stanz zur Aufbesserung von Image und intellektuellem Wohlbefinden nutzen. ("Pöselsdorf-Effekt") Als Beispiele benenne ich, olme weiter darauf einzu- gehen: - mittelalterlich geprägte Altstädte - Gründerzeitviertel - ältere Arbeitersiedlungen (s.o.) - Vorort-Dorflagen 3. Diese noch etwas allgemeine Darstellung soll im folgenden fUr drei verschiedene Teilaspekte erweitert und vertieft werden, wobei diese keinesfalls das ganze Problemfeld abdecken, sondern exemplarisch zu sehen 90 sind. Damit soll auch die besondere Aktualität des The- mas unterstrichen werden. 3.1 Ausdehnung des Begriffs "erhaltende Erneuerung" auf das Wohnumfeld : Die Erkenntnis, daß erhaltende Emeuerung nur im Sinne großräumiger struktureller und gestalterischer "StadtreparatuI" und Stabilisierung längerfristig und breitenwirksam werden kann, ist verhältnismäßig neu. Die Denkmalpflege, die ja weitgehend von solchen Maßnahmen abhängt, war noch bis vor kurzem auf den klassischen Objektschutz fixiert. Der Begriff des Modemisierungsschwerpwlkts wurde erst mit dem Wohnungsmodemisierungsgesetz (WoModG) einge- führt. Heute geht die Diskussion zunehmend dahin, die aktuelle Wohn umfeld verbesserung in älteren Baugebie- ten als notwendigen Bestandtei l der erhaltenden Emeuerung zu sehen und ähnliche Maßstäbe zu for- dem, wie sie oben für die Bausubstanz umrissen wur- den: großflächig, auf die besondere Charakteristik des Bestandes abgestimmt, nicht zu teuer, sondem von "mittlerer Intensität", kurz : erhaltende Emeuerung auch für das Wohn umfeld. Es gibt zahlreiche Beispiele fLir die verstärkende, ja zum Teil kompensatorische Wirkung erhaltender Emeuerung im Wohnumfeld: - Verkehrsberuhigung ersetzt passiven Lännschutz - Spielplätze und Straßen verbes sem Bewohnbarkeit, ersetzen zum Teil Balkone und Gärten - Straßengrün mildert bauliche Dichte und Enge usw. 3.2 Diskussion der Standardfrage: Auch in der Frage der räumlichen und baulich-tech- nischen Standards, vor allem im Bereich der Woh- nungsversorgung, galt bis vor kurzem der jeweils neu este "Stand von Wissenschaft und Technik" als Ziel- vorgabe. Nach ihm wurden Gesetze und Richtlinien definiert, er bestimmte das Angebot. Folgerichtig erga- ben sich daraus auch die Kriterien fur das, was laut Gesetz als "städtebaulicher Mißstand", als bau- und wolmungstechnisch sanierungs- bzw. modemisierungs- bedürftig zu erklären war. Damit wurden unsere Luxus- modemisierungen vorprogrammiert, andererseits manche Totalsanierungen legitimiert. Heute setzt sich - unter dem Druck der Kosten, aber auch aus neuen Prioritäten der Betroffenen - die Erkenntnis durch, daß die Standardfrage nicht so ein- deutig zu beantworten ist, daß hier ein breites Spek- trum von (alternativen und kompensatorischen) Mög- lichkeiten offen liegt. Während in einigen Bereichen (Freiraumbezug, Stell- plätze, Schall- und Wärmeschutz) die Anforderungen weiterhin steigen, gibt es andere, in denen zumindest im Geschoßwohnungsbau eine Trendwende spürbar wird (Flächenanspruch, AufWand fur Installation und Innenausstattung ... ). Auch im Bereich des öffentlichen Gemeinbedarfs kommt man inzwischen zu flexibleren Standard-Erwar- tWlgen: Nutzung alter Fabriken als Jugendhäuser, ja Bürgerhäuser, Umnutzung nicht mehr benötigter Kin- dergärten, Kirchen usw. Relativ neu in diesem Zusammenhang ist die Dis- kussion um die Möglichkeit der Mietermodernisierung und der Mieter-Selbsthilfe als wirksame und rechtlich abgesicherte Kostenentlastung, (bisher vom good will des Vennieters abhängig). Dieses Feld sollte nicht allein den "Instandbesetzern" überlassen bleiben. 3.3 Neue Ansätze zur "sozialen Frage" Wurden die sozialen Voraussetzungen und Konse- quenzen von "erhaltender Erneuerung" vor allem in Wohngebieten noch bis vor wenigen Jahren kaum gese- hen, so hat gerade hierzu jetzt eine heftige Diskussion eingesetzt. Allzu deutli ch hat die Öffnung der Altbau- modemisierung fur Steuererleichterungen nach § 7b EKSt vor einigen Jahren gezeigt, daß eine lediglich investitions- und konjunkturbezogene städtebauliche Strategie dem Problem nicht gerecht wird. Zwar wurde ein Großteil vorher degenerations- und sanierungs be- drohter älterer Bausubstanz nunmehr der erhaltenden Erneuerung zugeführt, gleichzeitig damit jedoch die schon erwähnten Verdrängungs- und sozialen Sortie- rungsprozesse begünstigt. Die "neue Wohnungsnot" ist z.T. auf den Mangel an kostengünstigen Altbauwoh- nungen zurückzufuhren: Die derzeit häufige mit dem Ziel "Luxus-Standard" betriebene Investition im Altbau verbessert zwar das Bauvolumen, aber vernlehrt es nicht (Wohnungsnot durch Stadterneuerung). Die allgemeine sozialpolitische Zielvorstellung, Bewohner nicht durch Modemisierunglerhaltende Erneuerung zu verdrängen Wld trotzdem die älteren Wohngebiete nicht absinken zu lassen, bedarf sehr gezielter Analysen, Strategien und Instrumente. Sie muß sich aber auch die Frage stellen, ob eine weitge- hende "Festschreibung" dieser Verhältnisse in jedem Fall richtig ist, ob nicht, in kleinen Sd,ritten, bewußt Ver- änderungen anzustreben wären. Dem kommt entgegen, daß - auch bei völliger Inaktivität der Planer - sid, die Bevölkerungsstruktur ständig verändert (Verschiebung der Altersgruppen, "Ausdünnung" durch Verkleinerung der Haushalte, Zu- und Wegzüge aus Gründen, die unabhängig sind von der Gebietsstruktur). Welche Veränderungen sind erforderlich? Sind sie planbar oder durch Planung beeinflußbar? Und wie sind sie im einzelnen zu realisieren? Welche Folgerun- gen haben sie fur die Bau- und Infrastrukur, fur das Wolmumfeld, das "Milieu" des Q}Jartiers? Solche Fra- gen signalisieren das Erkennen einer großen "sozialen Frage" hinter der vordergründig so übersdlaubaren technisch-gestalterischen Aufgabe der erhaltenden Erneuerung? Die lange verfolgte sogenannte Sickertheorie beruht leider auf einem fundamentalen Fehlschluß: nach Aus- zug der steuerbegÜllstigten Eigenheimbauer "sickern" kaum ärnlere Schichten "von unten" nadl, sondern die ansässige Mittelschicht okkupiert den freiwerdenden Wohnraum. 91 4. Ich hoffe, die Spannweite der Möglichkeiten und Grenzen ist deutlich geworden: Erhaltende Erneuerung "zwisdlen Scylla und C haribdis", zwischen Edelmoder- nisierung und Substandardpflege (oder gamichts machen), zwischen Funktionssicherung und Struktur- Konservierung. Die Lösung kann nur aus den Bedingungen des kon- kreten Falles entwickelt werden, wobei ich der sozialpo- litischen, Bewohner-Drientierten Sichtweise gegenüber der städtebaulich-gestalterischen den Vorrang geben würde. Aber die neuerdings öfter gehörte Forderung, zugunsten der Bewohner auf Modernisierung gänzlich zu verzichten, vemlag ich nicht zu akzeptieren. Jede Bausubstanz altert und wird verbraucht und bedarf . daher, fa lls sie nicht kurzfristig aufgegeben und total erneuert werden soU, der wiederholten "erhaltenden Erneuerung". Wer diese unterläßt, lebt auf Kosten der Zukunft. Die Frage ist allerdings, wie, auf welche Stan- dards, zu welchen Kosten, zu wessen Lasten erneuert wird. Auf der Ebene städtebaulidler Veränderung und Pla- nung gibt es allerd ings ein Modell, dern ich, neben sei- ner historisdlen Erprobung, auch große künftige C han- cen zuspredle: Die kontinuierliche gebäudeweise Erneuerung der Bausubstanz, also "erhaltende Erneue- rung" nicht mehr auf das Einzelbauwerk, sondem auf das ganze Q uartier, den Stadtteil, bezogen: dessen Grundstruktur (z.B. Stadtgrundriß, Funktion, Dichte, Grobstruktur der Bebauung) bleibt erhalten, während die Einzelbausteine dieses Gefuges laufend aus- getauscht werden. Die oben angefuhrten Ziele der Sta- bilisierung einerseits, der langsamen Veränderung und Entwicklung andererseits, können in einem fur die Bewohner verträglidlen Maßstab und Tempo verfolgt und gesteuert werden. Vielfaltige Bindungs- und Mischungsprozesse fu hren zu einern gewissen Aus- gleich im Hinblick auf - Sozialstruktur - Eigentums- und Eigentürnerstruktur - oft auch N utzungsstruktur 92 - und vor allem Investitions- und Ablaufmuster der Erneuerung: Gebiete bleiben bewohnbar, halten ihr "Milieu", Infrastrukturen bleiben gleichmäßig aus- gelastet usw. Leider eignen sich viele unserer neueren, in eUlem Zuge als "Großprojekt" und in großen Einzeleinheiten erstellten Quartiere kaum fu r einen solchen mensdlen- und strukturfreundlichen Erneuerungsprozeß. Dieser verläuft vielrnehr in Schüben oder "Sprüngen" mit all ihren spezifischen Nachteilen (Sozialstruktur, zeitweise Unbewohnbarkeit, Gestalt- und Mi lieuverände- rung . .. ). Deshalb muß erhaltende Erneuerung bereits beim "Neubau" eines Gebiets mit bedacht werden. Dort nämlich werden schon weitgehend Möglichkeiten und Grenzen der späteren "erhaltenden Emeuerung" nach 50 oder 100 Jahren mitgeprägt (das gilt übrigens auch fur die Baustruktur im engeren Sinne). "Essentials" aus rneiner Sicht wären : - Streuung des Eigentums; Parzellierung eher feinkör- Illg - Erstellung nidlt in einem Zuge - Keine "Zwangsbelegung a la Märkisches Viertel", sondem Öffnung und Angebote fur unterschiedliche Gruppen. Damit erweitere ich zum Schluß mein Thema zu einer grundsätzlidlen Frage an unsere Planung und Plaungsorganisation, auch an unsere städtische Boden- ordnung: werden unsere Kinder und Enkel das, was wir heute hinstellen, noch "erhaltend erneuern" köll1len (und wollen) oder werden sie von Strukturen umgeben seul, die einen solchen Prozeß nidlt mehr vertragen) An die sie lieber Sprengsatz lind Zündschnur legen? Wissen wir, welche soziale, ökonomisdle, aber auch gestalterische und allgemein "kulture lle" Hypothek wir ihnen im letzteren Falle aufbürden? Über die wirtschaftlichen Aspekte unterschiedlicher Sanierungsansätze Dipl.-Verw.-Wirt (FH) Lenz, Karlsruhe 1. Einleitung Die Bundesrepublik hatte Ende 1977 einen Woh- nungsbestand von ca. 23,1 MioWE. Davon hatten etwa 12,1 Mio. (52,4 %) eine gute oder sehr gute Ausstattung mit Bad, WC und Sammelheizung. Vorwiegend han- delte es sich hier um Wohnungen, die nach dem 2. Weltkrieg gebaut wurden, zum großen Teil auch öffent- lich geförderter Wohnraum. Ca. 11 MioWE (47,6 %) dieses Wohnungs bestandes entsprachen nach Ennittlungen des BMBau nicht mehr heutigen Wohnungsansprüchen. N ur schätzungsweise 7 Mio. (30,3 %) davon sind modemisierungsfahig, die restlichen 4 Mio. Wohnungen (17,3 %) könnten nur mit einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Aufwand erneuert und heutigen Bedürfnissen angepaßt werden. Daraus wird deutlidl, daß auch künftig der Neubau von Wohnungen eine wichtige Aufgabe bleibt. Bewertet man vereinfachend diesen Wohnungs be- stand mit 100.000,- DM pro Wohnungseinheit, so ergibt dies einen Gesamtwert des Wohnungsbestandes von 2.310 Mrd. Mark. Vor diesem Hintergrund werden die 800 Mrd. DM SanierungsaufWand verständlich, die gestern im Rahmen des Seminars als künftiger Sanie- rungsbedarf in der Bundesrepublik in den Raum gestellt wurden. 2. Kosten und Finanzierung "Dörfle" Die Sanierung Karlsruhe "Dörfle" wurde als "Stu- dien- und Modellvorhaben" des Bundes und des Lan- des Baden-Württemberg begonnen. Die Sanierungsakti- vitäten waren bis 1970 im wesentlichen darauf besdlfänkt, die Bedingungen für eine großflächige Neubebauung herzustellen. In der Zeit von 1961-1970 sind Gesamtkosten von ca. 65,5 Mio. DM entstanden, wovon der Löwenanteil der Kosten (59,3 Mio. DM ~ ca. 90 %) auf Grunderwerb (Boden- und Gebäudeko- sten) entfielen. Folge der damals durchgeführten F1ä- chensanierung. Trotz ursprünglicher Zusagen blieben die Kostenbe- teiligungen von Bund und Land weit hinter den Erwar- tungen der Stadt zurück. Zur Finanzierung dieser Kosten mußten vorwiegend städtische Haushaltsmittel und Fremddarlehen (ca. 80 % Darslehensaufnahme) herangezogen werden. Die Finanzierung der Sanierung stellte rür die Stadt eine starke Belastung des städti- schen Haushalts dar, nicht zuletzt auch durch die jährli- chen Zinslasten von ca. 3 Mio. DM. 3. Finanzierungssituation nach Inkrafttreten des STBauFG Erst mit Inkrafttreten des StBauFG wurden die Mit- tel zur Durchführung der Sanierung zu je 1/3 von Bund, Land und Stadt aufgebracht. 1971 ging auch der inemationale städtebauliche Ideenwettbewerb zu Ende, der zu einem veränderten Sanierungskonzept rührte (Stop der Flächensanierung, Priorität der Objektsanie- rung, vor allem im östlichen Sanierungsgebiet). Im Zeitraum von 1971-1980 fielen ca. 75,7 Mio. DM Sanierungskosten an. Davon nur nod, 9,5 Mio. DM (6,8 %) für Grunderwerb. In dieser Zahl wird die geän- derte Sanierungsstrategie deutlid1, die davon ausging, daß kein genereller Zwischenerwerb von Grundstücken mehr stattfinden soll (wegen erheblicher Bindung von Finanzierungsmitteln) und die Eigentümer in eigener Finanzverantwortung die Modemisierung ihres Grund- stücks durchführen sollten, wobei ihnen die öffentliche Hand zur Deckung der umentierlichen Kosten mit Zuschüssen hilft. Der Löwenanteil der Kosten dieser zweiten Finanzierungsphase entfiel auf Ordnungsrnaß- nahmen sowie die Modemisierung und Instandsetzung von Gebäuden (vgl. Tabelle). Für den Zeitraum 1981 bis zum Abschluß der Sanie- rung, die sich wegen der Verknappung der Fördermittel um mindestens 5 Jahre verzögern dürfte und jetzt nicht vor 1990 ZU erwarten ist, wird der SanierungsaufWand nach heutiger Kostenbasis auf weitere 34 Mio. DM (netto, d.h. nach Abzug von Veräußerungserlösen zwi- 95 schenelWorbener Grundstücke usw.) geschätzt. Neben diesen SanierungsaufWendungen steht der Wert privater Bauinvestitionen, z.B. im Neubausektor bzw. der Wert der privaten Eigentümerleistung bei der Modemisie- rung. 4. Problematik von Kostenvergleichen Ich möchte dies an folgendem Beispiel deutlich mad1en. Em1ittelt wurden 1961: ca. 25 Mio. DM SanierungsaufWand 1966: 103 Mio. DM unrentierlicher SanierungsaufWand 320,8 Mio DM Baurnaßnahmen It. Gutawten des Sachverständigen Dr. Grübnau, der unrentierlid1e Kosten von 87,93 % prognosti- zierte hochindiziert auf der Basis der Baukostenent- wicklung (Bauindex 1966 - 578,2 PunkteiIndex 1913 Bauindex 1981 - 1.355,4 PunkteiIndex 1913) ergibt sich aus dieser früheren Schätzung verein- facht ein SanierungsaufWand von 241 Mio. DM und ein AufWand für Baurnaßnahmen von ca. 750 Mio. DM heute. werden geschätzt: (1981) ca. 220 Mio. DM SanierungsaufWand brutto, nach Abzug der Erlöse verbleiben ca. 180 Mio. DM netto SanienmgsaufWand als unrentierlid1e Kosten ca. 500 Mio. DM für private oder nicht förde- rungsfahige öffentliche Bauinvestitionen Die Tendenz der unrentierlichen Kosten blieb, bezo- gen auf die Kostenswätzungen von 1966 und heute, nahezu gleich. Die Q!ote der unrentierlichen Kosten lag jeweils zwischen 75 und 85 % des Brutto-Sanie- rungsaufWandes. Die Problematik solcher Kostenvergleiche wird jedoch sofort deutlich, wenn man die Position Grund- 96 elWerb näher beleuchtet. Wie wollen Sie z.B. den Wert eines Grundstücks, das 1966 für 300.000,- DM elWor- ben wurde und in die Förderungsrechnung mit diesem AufWand einging, in der heutigen Kostenschätzung bzw. Wertsituation berücksichtigen. Ein älmliches Grundstück kann heute gut und gerne bereits I Mio. DM kosten. Ohne Wertfortschreibung alter Grund- stückskaufpreise und ohne Berücksichtigung des Zin- sendienstes für frühere Sanierungskosten wird das Kostenbild zwangsläufig verEilscht. Noch ein Wort zum Zinsendienst: Dieser belief sich für die erste Finanzierungsepoche (1961-1970) allein für die Stadt Karlsruhe auf ca. 12,8 Mio. DM, zuletzt jähr- lid1 zwischen 3 und 3,5 Mio. DM. Durch den interna- tionalen Ideenwettbewerb verzögerte sid1 der Wieder- aufbau im "Dörfle" It. gestriger Aussage von Herrn Dr. Martin um 2 Jahre, ich würde sagen um 4-5 Jahre (ursprünglid1 geplanter Neubaubeginn 1969, tatsächli- cher Baubeginn Mai 1975). Der Wettbewerb bzw. die dadurch bedingte Verzögerung hat - nur bezogen auf die städtischen Zinsleistungen auf den früheren Auf- wand - zwischen 10 und 15 Mio. DM gekostet. Daraus wird deutlid1, wie sich eine grundlegende Änderung des Sanierungskonzeptes finanzwirtsd1aftlid1 auswirkt. Klare ZielvorsteLlungen sollten deshalb möglichst früh vorliegen und während des Verfahrens nicht mehr grundlegend geändert werden, weil sonst Fehlinvestitio- nen unvenneidbar wären. Damit möchte id1 jedoch noch nichts gegen den städtebaulichen Ideenwettbe- werb an sich sagen, der eine Abkehr von der früheren überzogenen Hodiliausplanung brachte und städtebau- lich für Karlsruhe ein Segen war. 5. Zusätzliche kommunale Finanzbelastung Sanierungen sind Gemeinschaftsaufgaben von Bund, Ländem und Gemeinden. Die Gemeinde ist in der Regel nicht in der Lage, die finanziellen Lasten einer Sanierung allein zu tragen. Neben der Beteiligung am SanierungsaufWand, zur Zeit für die Stadt Karlsruhe 1/3 der Sanierungskosten, kommen vielf:'iltige finanzielle Belastungen auf eine Gemeinde zu. In Karlsruhe z.B. - die Finanzierung von Einrichtungen der öffentli- chen Infrastruktur, wie z.B. Kindertagesstätten, Jugend- und Begegnungszentrum, öffentliches Park- haus mit einem AufWand von ca. 48 Mio. DM - der Eigentümeranteil der Stadt bei der Modemisie- rung städtischer Häuser im Sanierungsgebiet, ca. 20 Mio.DM - die Finanzierung nid,t förderungsfahiger Ersdllie- ßungskosten (ca. 15 Mio. DM), z.B. Neuverlegung von Leitungen für Gas, Wasser, Strom, Kanal, Müll etc. Hinzu kommen in Karlsruhe gezielte Bodenpreiser- mäßigungen bei der Abgabe von Bauplätzen zur Ansiedlung besonders förderungswürdiger Nutzungen, wie z.B. Sozialer Wohungsbau, Studentenwohnungen, Altenpflegeheim, Kindergarten usw .. Unabhängig hiervon ist für das Gelingen einer Sanierung die Mitwirkung privater Investoren dringend notwendig. Dazu sind wirtschaftlime Anreize für die Privaten erforderlich. Der AufWand für Ordnungsmaß- nahmen muß bei Modemisierungsmaßnahmen in Sanierungsgebieten von den Privaten weggenommen werden, weil sonst - auch unter Ausnutzung steuerli- mer Vorteile - keine Wirtschaftlimkeit hergestellt wer- den kann. Tödlich für die Modemisierung wäre es, wenn der Bund - wie beabsichtigt - die Sonderab- smreibungen für Modemisierungsmaßnahmen oder Baudenkmäler abschaffen würde. 6. Aussagen zu 3 D etailproblemen 1m Rahmen eines solchen Referats ist es nicht mög- lich, auf alle Probleme näher einzugehen. Ich möchte deshalb nur 3 Probleme aus dem Bündel von Fragen herausgreifen. a) Kostenvergleich Flächensanierung-Objektsanierung Im Rahmen eines Forschungsauftrages für den BMBau hat die Freie Planergruppe Berlin anhand der Modellbereidle M 1 (erhaltende Erneuerung) und M 2 (Flächensanierung) einen Kostenvergleich angestellt, um den unterschiedlichen Bedarf an unrentierlichen Sanierungskosten aufzuzeigen. Wegen Einzelheiten darf ich auf den Forschungsbe- richt bzw. die Kurzbroschüre dazu Bezug nehmen (vgl. Tabelle in der Anlage) . Auch werul Vergleiche dieser Art nicht verallgemei- nert werden dürfen, ergeben sid, meines Erachtens daraus interessante Aspekte. Bezogen auf den qm Boden liegt der Wert für die Flächensanierung bei 433,- DM/ qm, für die Alt- bauerneuerung in M 1 bei 418,- DM pro qm. Praktisch besteht kein Unterschied. Aus diesen Wer- ten läßt sich keine Priorität für die untersdliedlime Sanierungsmethode ableiten. Eine erhebliche Kostenverschiebung zugunsten der Altbauemeuerung (Objektsanierung) ergibt sim, wenn die unrentierlichen Sanierungskosten auf den qm Nutzfläche bzw. den qm GesdlOßfläche bezo- gen werden. Bezogen auf die Nutzfläche ist die Flä- chensanierung etwa 1/3 teurer, bezogen auf die Geschoßfläche knapp doppelt so teuer. Dieses Bild ist meines Eradltens allerdings verfalscht, weil bei den unrentierlichen Kosten der Altbauer- neuerung nur vom Modemisierungs- und Instandset- zungsaufWand ausgegangen wird, die Kosten für den Boden und den Wert der weiterverwendeten Altbau- substanz nicht enthalten sind. Weiter ist zu beachten : Die Kosten stammen aus der Anfangsphase der Modemisierung (1975 bis 1977); seither sind die Baukosten im Modemisierungsbereich relativ stärker gestiegen als bei Neubauten. Häufig ist die technische Lebensdauer instandge- setzter oder modemisierter Gebäude deutlid, geringer als bei Neubauten. Sinkt die technische Lebensdauer oder die wirt- schaftliche Restnutzungsdauer (Vel111ietbarkeit eines Gebäudes) gar unter 30 Jahre, das ist noch nicht ein- 97 mal ganz die Laufzeit einer üblichen Annuitätenhy- pothek, so ist meiner Meinung nach eine Modemi- sierung nicht zu verantworten. Bevor die jetzt auf- gewendeten Kosten amortisiert sind, würde sich fLir den Eigentümer und auch die öffenliche Hand das Modemisierungs- und Instandsetzungsproblem erneut stellen. b) Private Investitionen 98 Die Notwendigkeit zur Mobilisierung privaten Kapi- tals, auf das sich eine Sanierungsmaßnahme insbe- sondere im gewerblichen Bereich stützen muß, wird am Beispiel der Sanierung "Dörfle" besonders deut- lich. Allein für 17 Neubaumaßnahmen im Teilbe- reich AM wurde ein Investitionsvolumen von rd. 305 Mio. DM erforderlich. Der W iederaufbau muß auch so zügig wie möglich abgewickelt werden. Sonst findet ein Ausbluten der gewerblichen Nutzung statt. Durch frühzeitige Frei- machung, für die andererseits damals triftige Gründe sprachen, trat eine vöLlige Entfunktionalisierung des flächensanierten Teiles ein. Die Wiederansiedlung von Gewerbebetrieben und Einzelhandel bereitete erhebliche Schwierigkeiten. Die Ursachen waren das lange Brachliegen der Flächen das fehlende Kaufhaus (kein Magnet) . Die Probleme verstärkten sich durch konjunkturelle Ei nflüsse, z.B. die erste Rezession in den Jahren 1975-1977. Auch die Größe des Gebietes und die städtebaulich erwünschte horizontale Nutzungsmi- schung (Läden im Erdgeschoß, Büroflächen im Obergeschoß, darüber Wohnen) erleichterten nicht gerade den Wiederaufbau. E ine gewisse Hilfe waren die Konjunkturförderungsprogramme des Bundes (1. und 2. Konjunkturprogramm - in Anspruch genommen bei einem Wohnbauvorhaben und dem Neubau des Parkhauses an der Fritz-Erler-Straße; Zukunfts investitionsprogramm - in Anspruch genommen bei einem Wohnbauvorhaben und dem Neubau des Parkhauses an der Fritz-Erler-Straße; Zukunftsinvestitionsprogramm, in Anspruch genom- men bei der Erneuerung des Lidellplatzes und eini- gen kleineren Modemisierungsprojekten). c) Zur Modemisierung Die Modemisierung geht von der Grundüberlegung aus, mit wesentlich geringeren Investitionen als bei Neubauten einen verhältnismäßig guten Effekt zu erzielen - städtebaulich durch Erhaltung und Verbesserung gewachsener Stadtquartiere, aud, unter dem Ge- sichtspunkt der Denkmalpflege - baulich durch Sicherung und Erhöhung des Wohn- wertes guter und erhaltungswürdiger Wohnungen - wirtschaftlich durch eine günstige Relation von Auf- wand und Nutzungsdauer, wobei der Gesichtspunkt des AufWandes (Investitionsumfanges) vorrangig ist - sozial durch die Erhaltung bzw. Verbesserung der Wohnverhältnisse einkommensschwacher M ieter zu tragbaren Bedingungen. Einzelwirtschaftlich gesehen muß für die Modemi- sierung als Baumaßnahme des privaten Eigentümers berücksichtigt werden, daß neben der Erreichung des Sanierungszwecks (Mängelbehebung) eine ausreichende Ertragslage auch nachhaltig gesichelt sein muß. Ferner müssen für die laufend notwendige Instandhaltung die erforderlichen Erträge zur Verfügung stehen. Auch wenn marktwirtschaftliche Gesetze anzuwen- den sind, dürfen sie mit Rücksid,t auf die sozialen Belange des Bewohners eines Sanierungsgebietes nur bedingt durchschlagen. Die Modemisierung kann des- halb in einem Sozialstaat nicht ausschließlich als priva- tes Problem gesehen werden. Zwischen Bauzustand, Ausführungsstandard und Finanzierung besteht eine starke Wechselwirkung bei der Modemisierung. Die Uberschreitung wirtsd,aftli- eher Schwellenwerte kann von Fall zu Fall durch Gesichtspunkte der Denkmalpflege erforderlich werden. Es darf jedoch keine Modemisierung um jeden Preis geben. Ein ständiges Abwägen zwischen den verschie- denen Sanierungsmethoden (Abriß mit anschließender Neubebauung einerseits - partielle Flächensanierung oder Modemisierung unter wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen andererseits) ist erforderlich. Bei der Modemisierung sollte der Standard des soz ia- len Wohnungsbaus Richtschnur sein, jedoch darf keine starre Einhaltung fonnalistischer Vorschriften stattfin- den. Konstruktive Mängel müssen meines Erachtens immer beseitigt werden, in Bezug auf Standard, Woh- nungszusdll1itt und Bebauungsplanaussagen (Baugren- zen etc) ist ein Abbau der zuletzt vohandenen Perfek- tion zu fordern . Wir wissen aus Vergleichsbeispielen, daß umfassende Grundrißänderungen einer Wohnung (Grundrißoptimierung: alle Schlafräume zur H ofseite, Tagräume zur Straßenseite) Kosten zwischen 600,- und 800,- DM pro qm Wohnfläche verursachen. Wenn bei der Errichtung des Hauses ein "gefangenes Zimmer" vorhanden war und viele Jahrzehnte seinen Dienst getan hat, sollte man dies auch künftig so lassen. Wie stark sich auf die Finanzierung einer Modemi- sierung die derzeitige Hochzinspolitik der Bundesbank belastend auswirkt, wird aus folgendem - sehr verein- fachten - Finanzierungsbeispiel deutlich: Altbauwohnung, 100 qm groß; Modemisierungsauf- wand 100.000,- DM finanziert mit 20 % Eigenkapital und 80 % Fremd- kapita l 80.000,- DM Bankkredit zu 6 % (Zinsniveau vor 2 Jah- ren) ergibt allein eine monatli che Belastung dieser Wolll1ung von 400,- DM. Erhöht sich - wie geschehen - der Zinssatz auf 12 %, so steigt die Zins belastung dieser modernisierten Woh- nung bereits auf 800,- DM monatlich (8,- DM/ qm Wohnfläche). Eine Kaltmiete von 8,- DM pro qm Wohnfläche ist in Karlsruhe bereits nicht mehr ortsüblich und erzielbar. Verdoppeln sidl die Modemisierungskosten dieser 100 qm großen Wohnung auf 200.000,- DM, das wären 2.000,- DM/ qm modemisierter Wohnfläche, so steigt die Belastung jeweils auf das Doppelte, d.h. bei 12%igem Zins und 80 % Fremdfinanzierung müssen monatlich 1.600,-- DM fur die Wohnung Zinsen auf- gebracht werden (16,- DM/qm Wohnfläche) . Hier wird das Grundproblem des heutigen Wohnungs- baus sichtbar, nämlich die fehlende Rendite fur einen Kapitalanleger. Die allgemein bestehenden Schwierig- keiten werden durch die gegenwärtige H odlzinspolitik der Bundesbank verstärkt, die jegli ches private Engage- ment im Mietwohnungsbau weiter drastisdl zurückge- hen läßt. Ohne Zuschüsse oder zinsverbilligte Darlehen zur Deckung der unrentierlichen Modemisierungsko- sten wird die große Aufgabe der Stadtemeuerung und Modemisierung des Altbaubestandes nicht zu lösen sem. 7. Schluß Lassen Sie mich aus der Erfahrung des Sanierungs- projektes "Dörfle" einige Thesen zur Sanierung von Altstädten fonnulieren: 1. Jede Sanierung ist anders gelagert; sie hat eigene Pro- bleme, aber auch eigene Chancen. Sanierungen sind Generationsaufgaben. Sie braudlen eine breite politische Basis. Sie fuhren, ega l ob Flä- chensanierung oder Objektsanierung, zwangsläufig zu Eingriffen in soziale, gewachsene Strukturen. 2. Klare Zielvorstellungen sind erforderlich, um Fehlin- vestitionen zu venneiden. Daraus ist zu folgem : städtebauliche Aussagen müssen möglidlst früh vor- liegen (mind. ein gebilligter Bebauungsplanentwurf) . Die totale Änderung eines Sanierungskonzeptes während des Verfahrens bringt erheblidle Verluste. 3. Die Lösung der Verkehrsprobleme ist eine wichtige Vorfrage fur das Sanierungskonzept. Die Belastun- gen der Bürger 'durch den Verkehr werden immer offensidltl icher und zunehmend zum Bewertungs- kriterium der Bürger fur innerstädtisches Wohnen. 99 4. Die Bedeutung innerstädtischer Wohngebiete steigt, ni cht zuletzt durch die Energiekrise und die damit verbundene Verteuerung des Individualverkehrs. Die städtebaulich wünschenswerte Rückwanderung in die Innenstädte wird sich verstärken. Der Druck auf die Ballungszentren wird zunehmen. 5. Die Zukunft der Städte wird in wachsendem Umfange abhängen von der künftigen Entwicklung der bestehenden älteren Wohn- und Arbeitsgebiete. Viele Innenstadtquartiere sind nicht mehr konkur- renzfahig, sie genügen nicht den gestiegenen Ansprüchen an die Wohn umwelt, z. B. bezüglich - Besonnung und Belichtung - Ruhezone (Wohnhöfe) - Ausstattung mit Infrastruktur (Spielflächen, Fuß- gängerzonen, Gemeinschaftseinrichtungen) - Flächen fur ruhenden Verkehr 6. Auch wenn zur Zeit der Trend bei Sanierungen stark zur erhaltenden Objektsanierung geht, haben kleinere Flädlensanierwlgen nach wie vor ihre Berechtigung; sie fuhren langfristig sogar zu besse- ren Ergebnissen und bieten ein Chance fur eine neue Identität des Stadtteils. 7. Die Objektsanierung eines einzelnen Eigentümers bewirkt noch keine AufWertung des gesamten Quartiers. Zusammenhängende Straßenabschnitte sind erforderlidl . Sie körmen eine Initialzündung fur das gesamte Gebiet sein und einem Abwenden der Eigentümer entgegenwirken. 8. Bei der Modemisierung sollte die zur Zeit vorhan- dene Perfektion abgebaut werden in bezug auf - engherzige Bebauungsplanfestlegungen - Standard - Wohnungszuschnitte (keine Grundrißoptimie- rung) Konstruktive Mängel müssen jedoch stets saniert werden. 9. Es darf keine Modemisierung um jeden Preis statt- finden. Eine Modemisierung erscheint dann vertret- bar, wenn in der Regel (ausgenommen Baudenkmä- 100 ler) höchstens 70 v.H. der Kosten eines vergleichba- ren Neubaus entstehen sowie die technische Lebensdauer und die wirtschaftliche Restnutzungs- dauer mindestens 50 Jahre betragen. 10. Die erhaltende Objektsanierung ist zeitraubender und arbeitsintensiver als der Neubau. In Karlsruhe sind von 6 Mitarbeitem des Sanierungsbüros 3,5 Personen in der Sozialplanung und Mieterbe- treuung tätig, nur 2,5 Personen anteilig im Projekt- management, der Finanzierung und städtebaulich- gestalterischen Oberleitung. 11. Eine zügige Durchfuhrung ist erforderlich, um Zwi- schenfmanzierungskosten und soziale Eingriffe so gering wie möglidl zu halten. Eine zu lange Sanie- rungsdauer fuhrt zu einem Ausbluten der gewerbli- chen Nutzung (Vgl. Statistische Daten zum Projekt Karlsruhe). 12. Freiwilligkeit sollte oberstes Gebot sein. Von allen Beteiligten ist viel guter Wille erforderlich. Die tech- nische Planung sollte - soweit möglich - durdl eine individuelle Sozialplanung vor Ort begleitet bzw. überlagert werden. Den betroffenen Mietem müs- sen rechtzeitig und ausreichend Ersatzräume und Ersatzwohnungen zu verkraftbaren Mietkonditio- nen angeboten werden. _ 13. Gute Beispiele spomen an; Sanierungsträger und Gemeinden sollten deshalb Pilotprojekte initiieren. 14. Um einer Wohnungsverdrängung über die Miete entgegenzuwirken, sollten, wenn das Wohngeld nicht ausreicht, personenbezogene Mietrabatte gewährt werden. 15. Kommunaler Grundbesitz oder Grundstücke im Treuhandvermögen sind fur die Mieterumsetzung als Manövriermasse erforderlich, auch wenn durdl vorübergehende Leerstände Ansatzpunkte fur H aus- besetzungen geboten werden. 16. Grundstückserwerbe binden erheb liche finanzielle Mittel bei der Sanierung. Sie sollten daher auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt bleiben (Erwerb nur, wenn nach Bebauungsplan erforderlich bzw. bei berechtigtem An kaufsverlangen - kein genereller Grunderwerb). 17. D ie Kosten für O rdnungs maßnahmen müssen von der öffentlichen H and getragen werden, weil der pri- vate Eigentümer bereits durch den AufWand der Baumaßnahme Modemisierung zusätzlich stark belastet wird. 18. Die bereits erfolgte Kürzung der Sanierungsf6rde- rungsmittel ftihrt zu einer starken Verlangsamung der Maßnahmen. 19. Die erhaltende Emeuerung (Modemisierung) wird durch die Kürzung der Fördel1lli ttel bereits hart betroffen. Sollte der Bund die Steuervorteile (Son- derabschreibungen) !Ur Modemisierungen beseiti- gen, käme die Privatinitiative bei der Modemisie- rung völlig zum Erliegen. O hne die Mitwirkung pri- vater Eigentümer und Investoren kann die Genera- tionsaufga be einer Sanierung aber nicht bewältigt werden. Ich appelliere deshalb an alle Verantwortl ichen in Bund, Ländern und Gemeinden, der Stadterneuerung - vor allem in den Ballungszentren - auch künftig Priori- tät einzuräwllen und di e daftir erforderlichen Mittel bereitzustell en bzw. die steuerlichen Abschreibungs- möglichkeiten beizubehalten. 101 Kostenübersid1t Stand 31.12.1980 Kostenart fOrderungsfahige % bisher angefallene Gesamtkosten Kosten in Tsd. DM in Tsd. DM I. Vorbereitende Untersuchungen 467 0,28 467 2. Weitere Vorberei tung der Sanierung 2.1 BürgerbeteiJigung, Öffentlichkeitsarbeit 21 7 0,13 178 2.2 Wettbewerbe, Gutachterverfahren, Bebauungspläne, Sanierungskonzepte 2.936 1,78 2.249 2.3 Sozialplan, Mieterentsdüdigung, H ärteausgleich 171 0,10 154 3. Erwerb von Grundstücken 11.356" 6,87 9.501 4. Ordnungsrnaßnahmen 4.1 Bodenordnung 55 1 0,33 208 4.2 Umzug von Bewohnern und Betrieben 3.740 2,26 2.328 4.3 Beseitigung baulicher Anlagen 11.263 6,82 4.601 4.4 Erschließung 13.772 8,34 5.873 4.5 Sonstige Ordnungsrnaßnahmen (z.B. Entsdüdigungen, Bausubstanzverlust, H ärteausgleim, Bewirtschaftungsverlust, Untergangswerte) 40.141 24,29 27.1 84 5. Baumaßnal1men 5.1 Neubau von Wohnungen, Bau von Ersatzwohnungen 5.2 Mod,m" ', ru", ""d I""~d,," ,,",, ) von Gebäuden, Ausbau von Wohnungen 53.288 32,25 16.337 5.3 Modemisierung und Instandsetzung gemeindeeigener Gebäude 5.4 Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen 3.1 59 1,91 1.083 5.5 Sonstige Baumaßnal1men (Parkierung) 8.985 5,44 6. Sonstige Sanierungsmaßnahmen 6.1 Anderweitige Unterbringung von Betrieben, Änderu ng baulicher Anlagen von Betrieben 3.499 2,12 1.757 6.2 Vor- und Zwischenfinanzierung von Maßnahmen anderer Finanzierungsträger 7. Vergütung fu r Sanierungsträger 11.680 7,08 3.826 165.225 100,00 75.746 102 Statistische Daten / Sanierun ,Dörfle" Karlsruhe Flächen des Sanierungsgebietes - insgesamt - Straßenflächen, Plätze (ohne Randstraßen) - Nettobau land Einwohner - ll1sgesam t - Personen über 65 Jahre - Ausländer - Studenten Wohnungen - msgesamt - Zahl der Haushalte - Ein-Personen-Haushalte - Mehr-Personen-Haushalte Gewerbebetriebe GaststättenNergn ügungsbetriebe Wohnen Dienstleistung Einzelhandel Offentl. Einrichtungen 1960/61 16,3 ha 4,8 ha 11,5 ha Wettbewerb (1970171) 206.300 qm 103.100 qm 20.600 qm 330.000 qm 1970/71 6.546 3.159 (1974: 2.225) 670 252 300 338 672 406 29,4 % 70,6 % Bebauungsplan (1973) 167.000 qm 71.000 qm 45.000 qm 37.000 qm 320.000 qm GFZ 1,96 Z ielvorstellung 5.500 (1977: 3.200) 1980: 3.500 max. 600 500-600 2.064 ca. 1.000 1800-1900 (1977: ca. 1.200) 2.709 1.146 1.563 432 70 1.989 1.375 614 151 49 ca. 150 (1977: 93) 1980: 110 (1977: 32) 1980: 28/ 14 Bars 103 Kostenübersicht der Sanierung Karlsruhe ab 1971 Stand: 1978 (in Mio. DM) Ausgaben 1971 - 1977 1978 - 1985 1971 - 1985 M A- B M A-B Gesamt Unrentierli che Sanierungskosten':") 12.7 55.5 17.3 69.5 155.0 Abzüglich Erlöse aus Wiederverkäufen 2.2 1.3 9.7 28.6 41.7 Förderungsfahige Sanierungskosten 10.5 54.2 7.6 41.0 113.3 ') HierLu zählen Vorbereitende Untersudmngen, Grunderwerb, Entsdüdigungen, Ordnungsmaßnahmen, Modemisierung, Vergütungen für Sanierunsträger. Die Gesamtkosten von verteilen sich auf Bund Land Baden-Württemberg Stadt Karlsruhe 113.3 Mio. DM 40.9 Mio. DM 36.2 Mio. DM 36.2 Mio. DM gesamter unrentierlicher SanierungsaufWand von 1961 bis 1985: ca. 180 Mio. DM Betrugen die unrentierlichen Sanierungskosten bis zum Zeitschnitt 1970 etwa 65 Mio. DM, so verblieben danach noch weitere ca. 115 Mio. DM aus öffentlichen Mitteln zu finanzierende Kosten. D amit hat die Sanie- rungs des "Dörfle" insgesamt etwa 180 Mio. DM geko- stet (darin sind private Investitionen nicht enthalten). • ) Zum Vergleich: 1960-1970 59,3 Mio. DM (ca. 90%) I) Anmerkungen: - ohne Bode nwert; - ohn e \Ver( eier wcitervCJWcnc!ctc n ßausubsta nz - hii\J(ig ge ringe re technische Lebe nsdauer als bei Neubauten 104 Anhand der Modellbereidle M 1 (erhaltende Emeue- rung) und M2 (Flächensanierung) wurde ein Kosten- vergieich angestellt, um den untersdliedlichen Bedarf an unrentierlichen Sanierungskosten aufzuzeigen. Dabei ergeben sich bei allen Vergleichseinheiten Vor- teile für die erhaltende Erneuerung . DM 500 ~ Flächensanierung 500 DM DM/ gm - Boden 433 Cl Altbausanierungt) 400 418 400 300 DM/gm - Nutzfläche 300 245 200 100 Vergleich der unrentierlichen Sanierungskosten je Flächeneinheit 175 DM/gm - Geschoßfläche 195 200 109 100 Private Investitionen Die Notwendigkeit zur Mobilisierung privaten Kapitals, auf das sich eine Sanierungsmaßnahme insbesondere im gewerblichen Bereich stützen muß, wird aus dem erforderlichen Investitionsvolumen allein fur die 17 Neubauvorhaben im Teilbereich AM von rund 305 Mio. DM deutlich. Das gesamte Quartier AM war als erster Durchftih- rungsabschnitt der Sanierung vorgesehen, dessen Wie- deraufbau so zügig wie möglich abgewickelt werden mußte. Für die im Zeit- und Maßnahlllenplan vorgese- hene kurzfristige Fertigstellung fast des gesamten Bau- programms sprachen triftige, den Sanierungserfog nach- haltig beeinflussende Gründe. 105 Über die sozialen Aspekte unterschiedlicher Sanierungsansätze Prof. D r. Spiegel, H am burg Meine Damen und Herren, nach dem Programm dieser Veranstaltung sollen sich die Referenten und Teilnehmer mit der Frage auseinander- setzen, "welche Rolle neben der heute fast ausschließ- lich befürworteten 'erhaltenden Stadtemeuerung' in Zu- kWlft einer umfassenderen Veränderungspolitik - heute als 'Flächensanierung' in Verruf geraten - zukommen dürfte." Mir selbst ist dabei die Aufga be zugefallen, "über die sozialen Aspekte unterschiedlicher Sanierung- sansätze" zu berichten. Es gilt also, Bilanz zu ziehen - soweit, wie der Historiker sagen würde, die QJellenlage es zuläßt. Diese "QJellenlage" ist zwar nicht allzu üp- pig. Größere Sanierungsvorhaben, die schon seit länge- rer Zeit abgeschlossen sind und über die daher Wir- kW1gsanalysen hätten durchgeführt werden können, gibt es noch nicht allzuviele. Außerdem sind Wirkungsana- lysen aufwe ndig und teuer - und vielleicht möchte man es manchmal auch lieber gar nicht so genau wissen. Über die vielfa ltigen Hindemisse, di e sich der Wirkungsfor- schung in den Weg stellen, ist inzwischen fast ebenso- viel geschrieben worden wie über diese selbst. Beides gi lt erst recht fur eine Auswertung von Modemisierung- sprogrammen, die in der Mehrzahl erst in den letzten Jahren angelaufe n sind und allenfalls in ihren ku rzfristi- gen Folgen untersucht werden konnten. Trotzdem ergibt das knappe Dutzend mehr oder minder umfangreicher Untersuchungen, die mir zur Verfugung standen, bei al- len örtlichen Untersdlieden ein ziemlich eindeutiges, beziehungsweise, um gleich ein Ergebnis vorwegzuneh- men, in seiner Zweideutigkeit eindeutiges Bild. ') Aber auch in anderer Hinsicht muß die Möglichkeit, Bilanz zu ziehen, vorsichtig beurteilt werden: Keine Auswertung der Ziele und Auswirkungen von Maßnah- men der Stadtemeuerung kann von den allgemeinen poLitischen, wirtschaftli chen und sozialen Rahmenbe- dingungen abstrahieren, innerhalb derer diese Maßnah- men entstanden und durdlgeführt worden sind. Gegen- überstellung und Vergleich haben also diese Rahmenbe- di ngungen inlmer mit einzubeziehen, und zwar dop- ') Vgl. Liter.lIu rl iste im Anhang pelt dann, wenn daraus Lehren fur die Zukunft gezo- gen werden sollen. Lehren fur die Zukunft zu ziehen, das bedeutet schließlich nodl, gewisse Hypothesen über die wirtsdlaftli che und soziale Entwicklung zumindest inlnächsten Jahrzehnt einfließen zu lassen, jedenfa lls soweit sie fur Maßnahmen der Stadtemeue- rung von Bedeutung werden dürften. Zunächst aber zu den Rahmenbedingungen, unter denen Flächensanierungen in der Vergangenheit konzi- piert und durchgefuhrt und später in ihrer Berechtigung und Zweckmäßigkeit in Frage gestell t worden sind. Dabei geht es hier weniger um die sattsam bekannte Tatsache, daß seit den ersten großen Flächensanierun- gen, die in ihrer Mehrzahl ja längst vor Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes geplant, wenn nicht beschlossen waren, die Baukosten erheblich gestiegen, die fur den öffentlich geförderten, insbesondere den sozialen Wohnungsbau verfugbaren Mittel aber gesun- ken und die Zahl der jährlidl fertiggestellten Sozial- wohnungen drastisch zurückgegangen sind. Auch der Wandel der städtebaulichen Leitbilder und die Wieder- entdeckung des Gesdlichtlichen sind, so sehr sie in vie- len Städten zum Umdenken beigetragen haben mögen, heute nicht mein Thema. Worum es mir geht, sind Änderungen in den gesellschaftlichen Traditionen, N or- men und Wertvorstellungen, aus denen heraus Abriß und Neubau begründet, der Standard, der dabei zugrundegelegt wurde, festgesetzt und soziale Härten, die sich im Verlauf von Sanierungsverfahren ergaben, fur unvenneidlidl und zumutbar angesehen worden sind. Derartige Änderungen betreffen - die Vorstellung, das "Wohl der Allgemeinheit" oder das "öffentliche Interesse" - unbestimmte Rechtsbe- griffe, die in der Bau- und PlanungsgesetzgebWlg eine große Rolle spielen - könne eindeutig definiert und über diese Definition soweit Konsens hergestellt werden, daß auch die jeweils negativ Betroffenen die N otwendigkeit von Opfem einsehen und diese wil- lig auf sich nehmen würden. Wie in allen Zeiten des Umbruchs stellen nicht nur Einze lne mit wachsen- 107 dem Selbstbewußtsein ihr Wohl und Wehe dem Wohl und Wehe einer Allgemeinheit, in der sie sich nid,t wiedererkennen, gegenüber. Wachsende Grup- pen, wenn nicht Teile einer ganzen Generation, schließen sich dem an . - die D efinition städtebaulidler Mißstände, wie sie etwa im Städtebauförderungsgesetz enthalten ist. Dabei geht es nicht nur um die sogenannte Funk- tionssanierung, deren Ziele schon sehr bald in Miß- kredit geraten und in vielen Städten durrn Zweck- entfremdungsverordnungen in Frage gestellt worden sind. Es geht auch um die Sanierung zur Herstellung "gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse" - gele- gentlidl despektiertlich als Licht-, Luft- und Lokus- ideologie bezeichnet - , deren Begriff von "Gesund- heit" sich nur nod, in Grenzbereichen als eindeutig definierbar erweist, im übrigen aber, und dies nicht nur in historischen Stadtkemen, einer Vielzahl sehr untersrnied li cher Interpretations- und Bewertungs- maßstäbe ausgesetzt wird. - die D efinition sozialer Mißstände, die zwar nicht im Gesetz enthalten ist, aber in einer Vielzahl program- matisdler Erk lärungen zutage tritt, die die Sanie- rungsbedürftigkeit begründen und die Sanierungs- ziele darlegen soll ten. Immer wurde dabei ein hoher Anteil von Alten, Alleinstehenden, Armen und Arbeitem als "srnledlte Sozialstruktur" bezeichnet und damit zum sozialen Mißstand erklärt. Entspre- chend wurde die "Verbesserung der Sozialstruktur" oder audl die "H erstellung einer gesunden (oder aus- gewogenen, wie es ebenfalls häufig heißt) Sozial- struktur" zum Ziel der Sanierung erklärt - ohne daß jemals deutlirn gemacht worden wäre, was denn eine "gute" oder "gesunde" Sozialstruktur sei und worin ihre besonderen ~alitäten für diejenigen, die sie bil- den so llten, bestünden. Stattdessen wurde auf den städtischen Durrnsdmitt zurückgegriffen und dieser damit implizit zu einer "guten Sozialstruktur" erklärt - so auch im Karlsruher D örfle, wo bei den allgemei- nen Grundsätzen für den Sozialplan der "Ausgleich 108 der als Mißstand definierten unausgeglichenen Bevölkerungsstruktur (soziale MisdlUng)" an erster Stelle steht. Auch wenn, sofem man genau hinsieht und hinhört, das Mißtrauen gegenüber Abweichungen der Bevöl- kerungs- und Sozialstruktur vom statistisdlen Durrnschnitt nach wie vor Planungen und Pro- gramme durchzieht - vor allem, wenn die Abwei- rnungen hinsirntlich des Alters nad, oben, hinsirnt- lich der Schirnt nach unten tendieren -, so ist doch bei Maßnahmen der Stadtemeuerung inzwisd,en das Ruder herumgeworfen und die "Erhaltung der Sozialstruktur" zum Ziel erk lärt worden. Die über- wiegende Mehrzahl der "G rundsätze fü r den Sozial- plan" beginnt heute mit dem Satz, daß niemand, der in einem Sanierungsgebiet wohnt und dort wohnen bleiben möchte, gegen seinen Willen gezwungen werden soll, das Gebiet zu verlassen. Die Zahl der Umsetzungen in andere Stadtteile ist damit in der Tat aud, erheblich reduziert worden. Ob und in wei- chem Ausmaß die Struktur wirklich erhalten und nid,t trotzdem - mehr oder weniger "freiwillig" - umgezogen wird, hängt weitge hend von den fman- ziellen Konditionen ab, zu denen der Bevölkerung ein Verbleiben im Gebiet emlöglirnt wird. - das Denken in Gebieten, Strukturen, Entwicklungs- zielen, überhaupt in aggregierten oder relativ abstrak- ten Größen, das der Plan ung lange Zeit zueigen war und das erst langsam durd, ein Denken in Indivi- duen, H aushalten und Betrieben ergänzt wird. Auch wer die gängige Altemative "Bevölkerung als Objekt oder Subjekt der Planung" für zu simpel hält, wird, wenn er sein Gedächtnis zu Rate zieht, kaum leug- nen können, daß "di e Bevölkerung" oder "die Allge- meinheit", in deren Namen und zu deren Wohl wir vor zelm oder funfzelm Jahren Gesetze entworfen oder Planungen in Angriff genommen haben, eine zwar narn statistischen Merkmalen korrekt defi- nierte, ansonsten aber ziemlirn immaterielle Größe war, die erst, als sie lauthals gegen die ihr zugedach- ten Wohltaten protestierte, an Fleisch und Blut gewann. Geht man den tieferen Un;achen nach, die diesen Änderungen der gesellschaftlichen Traditionen, Nor- men und Wertvon;tellungen zugrunde liegen, so stößt man sehr schnell auf Änderungen der sozialen und ökonomischen Strukturen, die mit diesen Traditionen, Normen und Wertvomell ungen verbunden sind. Das Städtebaufcirderungsgesetz, wie auch unsere Wohnungs- baugesetze, stehen in der ebenso alten wie ehrwürdigen Tradition der Wohnungsreformbewegung, deren Wur- zeln bis in die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts reichen und die sich die Beseitigung der elenden und unwürdigen Wohnverhältnisse zum Ziel gesetzt hatte, denen vor allem die neu entstehende Industriearbeiter- schaft unterworfen war. Dies war die "Zielgruppe", auf die hin sozial engagierte Architekten, Städtebauer und Wohnungsreformer ihre Grundrisse und Finanzierungs- modelle entwarfen. Später kamen die kleinen Beamten und Angestellten hinzu, und nach dem Zweiten Welt- krieg wurde alles dies, unter Hinzunahme von Teilen des unteren Mittelstandes, zu den "breiten Schichten der Bevölkerung" zusanunengefügt, für deren Woh- nungsvmorgung sich der Staat verantwortlich fühlte. Man muß sich darüber im klaren sein, daß diese "breiten Schichten" zwar trotz oder gerade wegen ihrer soziologischen Heterogenität durdlaus noch existieren, aber keineswegs mehr die Gruppen darstellen, die am dringlichsten staatlicher Hilfe bedürfen. Diese sind soziologisch noch weit heterogener, und zumindest in Teilen sind sie in ihren Wohnvon;tellungen, auch in dem, was sie für eine Wohnung auszugeben bereit und in der Lage sind, an ganz anderen Maßstäben orientiert, als es die "breiten Smichten" zuletzt waren und sind. Wer jemals die völlige Ven;tändnis-, wenn nicht gar Spramlosigkeit miterlebt hat, mit der sich gestandene und noch in der vollen Tradition der Wohnungsrefonn stehende Politiker oder Planer und jüngere, keineswegs nur junge, Leute begegnen, die in den jahrzehntelang gesdloltenen Mietskasernenvierteln der Gründerzeit ihre einzige Chance sehen, sidl eine Wolmung nach ihren Bedürfnissen, ihrem Geschnlack und ihren Mög- lichkeiten zusammenzubasteln; wer je (heimkehrwil- lige) Ausländer angesichts erhöhter Mieten hat sagen hören "Wenn wir darauf verzimten müssen, zu sparen, dann ist es eigentlich sinnlos, hier zu sein. Wir können es vor uns und unserer Familie nimt verantworten, nur für unseren Unterhalt zu arbeiten", dem wird der Bruch der Traditionen, den die Veränderung der "Zielgruppen" zur Folge gehabt hat, in seiner vollen Tragweite deut- lim. Ich glaube also nicht, daß der Übergang von der Flä- chensanierung zur erhaltenden Erneuerung oder zu grö- ßeren Anteilen von Objektsanierung, Modemisierung, auch Modemisierung besmeideneren Standards, ähn- lich wie die "gegliederte und aufgelockerte" oder die "urbane und verdichtete" Stadt, nur eine städtebauliche Mode ist. Ich glaube vielmehr, daß er sehr eng mit sehr tiefgreifenden Änderungen in den politischen, wirt- schaftlichen und sozialen Verhältnissen verbunden ist, in denen wir leben. Und ich glaube, daß diese Ände- rungen sim in den kommenden Ja1uen nicht abschwä- chen, sondern eher ven;tärken werden. Hierzu einige Gesichtspunkte: 1. Auch wenn sich das gegenwärtige Konjunkturtief mit seinen immer en;dueckenderen Arbeitslosenzah- len wieder auffüllen und einem besdleidenen Hoch Platz machen sollte, wird sich die Differenzierung der Arbeitmchaft in eine gesuchte, gut verdienende, gut abgesicherte Facharbeiten;chaft, die zunehmend eigene Häuser im Umfeld der Städte bewohnt, eine angelernte Arbeiten;chaft, deren finanzielle Situation und Sicherheit weitgehend von der Situation und Sicherheit der Betriebe, in denen sie besmäftigt ist, abhängt, und eine wesentlich weniger gut verdie- nende, vor allem aber mit einem hohen Arbeitsplatz- risiko belastete ungelernte Arbeitmchaft, die auf bil- lige Mieten im Geschoßwohnungsbau, sei es im Alt- bau oder im Sozialen Wohnungsbau der en;ten 109 Nachkriegszeit, angewiesen bleibt, fortsetzen. 2. Ob und inwieweit alle Jugendlichen, die in den nächsten Jahren ihre Ausbildung abschließen, einen Arbeitsp latz finden werden, ist offen. Daß die Jugendarbeitslosigkeit höher sein wird als in der Ver- gangenheit, ist kaum auszuschließen, wenn man in Reelmung ste llt, daß zur Aufnahme der geburtenstar- kenjahrgänge der Nachkriegszeit nicht nur alle vor- handenen Arbeitsplätze erhalten, sondern Millionen von neuen geschaffen werden müßten. Am 1.1.1980 standen rund 5,7 Millionen Deutschen im Alter von 55 bis 65 Jahren, von denen in den nächsten zehn Jahren Arbeitsplätze freigemacht werden, rund 9,5 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 20 Jallren gegenüber, die in der gleichen Zeit Arbeitsplätze suchen werden. Erst die heute unter 10 Jahre alten Kinder werden wieder bessere Chancen haben. Trotzdem werden auch diejenigen unter den 9,5 Mi llionen, die (noch) nicht dauerhaft in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden können, auf die Gründung eines eigenen Hausstandes nicht verzich- ten wollen, dafür aber nur sehr bescheidene Mittel zur Verfugung haben. 3. Es ist niellt anzunehmen, daß alle die, die keinen regulären Arbeitsplatz finden, sich mit längerdauern- der Arbeitslosigkeit zufrieden geben werden. Wir wissen aUe, und haben es am Beispiel der türkischen Flickschuster, Änderungsschneider u.ä. gesehen, daß es auch und gerade in hochindustrialisierten Staaten eine Nachfrage nach Arbeit gibt, die im Rahmen der gängigen Betriebs- und Tarifstrukturen nicht befrie- digt wird, wei l ihr Pre is zu hoch ist. Hierdurch sind Marktnischen entstanden, in die zunächst - und behindert durch eine Vielzahl von Vorschriften - Ausländer vorgestoßen sind. Inzwischen sind auch bei den Deutschen neue "Grauzonen des Erwerbs- verhaltens", wie es die Bundesanstalt für Arbeit nennt, entstanden, die zunächst von arbeits losen oder an "alternativen" Arbeitsfonnen interessierten HomsellUlabsolventen entdeckt, inzwischen aber 110 auch von anderen sogenannten ,J ungerwachsenen" praktiziert werden, ohne daß - mangels statistischer Kategorien und Erhebungen - ihre quantitative Bedeutung auch nur annäherungsweise abgeschätzt werden könnte. Man hat sich daran gewöhnt, sie unter dem Begriff der "Neuen Selbständigen" zusam- menzufassen, ob sie nun handwerklich, pädagogisch, künstlerisch oder händlerisch tätig sind. Hier sind sie deswegen interessant, weil sie häufig Wohnungen oder Gebäude nachfragen, in denen Wohnen und Arbeiten wieder miteinander zu verbinden sind, und weil sie, wenn sie gewerbliche Räume nachfragen, nur Mieten zahlen können, wie sie im gewerblichen Altbau die Regel sind ; seIl ließlieh wei l sie, wenn sie nicht aufs Land ziehen, in der Regel innerstädtiselle Standorte bevorzugen. Daß auch Teile des traditio- nellen Gewerbes auf Altbauten und Altbaumieten angewiesen bleiben, und zwar nicht nur aus laufende, sondern auch und gerade neu beginnende Betriebe, ist inzwischen so weit bekannt, daß es hier nur in Erinnerung gerufen zu werden braucht. 4. Es ist ungewiß, ob sich die Differenzierungsprozesse, die auell innerhalb der ausländischen Arbeitskräfte zu beobachten sind und die zu einer allmählichen Abwanderung der besser verdienenden, besser aus- gebildeten und kleineren Haushalte in deutsche Standards führen, fortsetzen werden. Die Arbeitslo- senquote UI1ter Ausländern steigt überdurchschnitt- lich und die Möglichkeiten, das niedrigere Indi- vidualeinkommen dureIl vemlehrte Erwerbstätigkeit anderer Familienmitglieder auszugleichen, dürften siel, verringern. Die Mehrzahl der Ausländer wird also auf den billigen Altbau angewiesen bleiben. 5. Gewiß ist, daß - von Ausnahmen abgesehen - die zweite Generation der Ausländer, vor allem die erst in den letzten Jaluen im Zuge der Familienzusam- menführung hinzugekommenen "Zusteiger", schlech- tere Startchancen haben werden als ihre Väter und Mütter. Das Heiraten wird ihnen ein zivi lisierter Staat trotzdem nicht verbieten können. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der rund 390.000 Ausländer, die heute (1980) zwischen 15 und 21 Jahre alt sind, wird also in den nächsten Jahren als Nachfrager billiger und billigster Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt erscheinen. 6. Wir wissen, daß in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit nicht nur auf den Arbeits-, sondern auch auf den Woh- nungsmarkt drängen werden, als Studenten, als "Azubis", als Berufsanfanger, als Einzelne, in legali- sierten oder nicht legalisierten Partnerschaften, in Wohngemeinschaften. Was sind, zunächst unabhän- gig von ihrer Etwerbssituation und ihrer Zahlungsfa- higkeit, ihre Wohnvorstellungen und ihre Wohni- deale? Im Sommer dieses Jahres wurde von der Öffentlichen Bausparkasse Hamburg eine Befragung von 4.075 jungen Hamburgem zwischen 16 und 25 Jahren durchgefuhrt. Dabei ergab sich, daß, bei mit zWlehmendem Alter und Eheschließung steigender Tendenz, insgesamt 56 % der Befragten gern im eige- nen Haus oder in einer Eigentumswohnung wohnen würden, darunter 47 % im Einfamilienhaus, und daß bei Wohnungsknappheit und solange sie ihre Wünsche nicht realisieren können, 58 % den renovie- rungsbedürftigen Altbau zum Selbstherrichten als Zwischenlösung vorziehen würden. Man mag solchen Ergebnissen, wie allen Wohn- wunschbefragungen, mit einiger Skepsis gegenüberste- hen. Man sollte jedoch die darin zutage tretenden Ten- denzen emster nehnlen, als man es vielfach bisher getan hat. Jahre-, wenn nidlt jahrzehntelang, haben wir den in allen solchen Befragungen geäußerten Wunsch nach dem Eigenheim damit abgetan, daß die Befragten, auf die Kosten hingewiesen, doch realistisch genug seien, mit der Gesdloßwohnung vorlieb zu nehmen. Inzwischen stehen wir vor der Situation, daß wer nur kann, die aufgetümlten Geschosse wieder verläßt und entweder unter größten Opfem doch das erträumte Eigenheim kauft oder baut oder sidl eine Wohnung im drei-, höchstens viergeschossigen Mietshaus sucht. Auch die jWlgen Hamburger wollen nur zu 7 % im "großen Mehrfamilienhaus", nur zu 2 % im Hochhaus wohnen. Meine Damen und H erren, ich glaube, daß kein Weg an der Erkenntnis vorbeifuhrt, daß die Nachfrage nach billigem Wohnraum nicht ab-, sondern zunehmen wird, ob er sich nun im Altbau befindet, im sozialen Wohnungsbau der ersten Nachkriegszeit oder ob Neu- bau- oder modernisierte Altbauwohnungen so weit her- untersubventioniert werden können, daß auch sie noch in diesem Sinne billig sind. Zu den drei alten Xs, die Katrin Zapf schon 1969 als typisch für den Altbau el111ittelte - Amle, Alte, Arbeiter - , ist nodl die große Zahl der Ausländer hinzugekommen, und neuerdings, als fLinftes A, die Altemativen, WOl1l11ter sich sidler auch ein guter Teil junger Leute befindet, die nur milde und vorübergehend alternativ leben wollen, sowie die Studenten, für die nicht genügend Wohnheim plätze zur Verfügung stehen. Auch wenn man die pessimisti- schen Prognosen mancher Ökonomen, daß sich bei uns in den achtziger Jahren ein neues Subproletariat entwickeln (oder ein latent bereits vorhandenes mani- fest werden) würde, erst einmal dahingestellt sein läßt: will man nicht nur für die Vergangenheit Bilanz, son- dem auch fur die Zukunft Schlüsse ziehen, so wird man von den heute schon sichtbaren demographischen, wirtschaftlichen und sozialen Zeichen der Zeit nicht abstrahieren können. - Flächensanierung oder erhaltende Erneuerung - was unterscheidet sie aus der Sicht und Interessenlage der Bewohner? - Flächensanierungen können, jedenfalls so wie sie in der Vergangenheit häufig praktiziert worden sind, die Umwelt bis zur völligen Unkenntlichkeit verändem. Niemand würde, nach zwanzigjähriger Abwesenheit nach Karlsruhe zurückgekehrt und mit verbW1denen Augen in die Markgrafenstraße geführt, diese wieder- erkennen, niemand den Pinnasberg in Hamburg III oder den Vinetaplatz in Berlin. Bei erhaltender Erneuerung wird zwar ebenfalls häufig entmischt und entkernt, die bauliche Grundstruktur bleibt aber erhalten. - Bei Flächensanierungen ist die Umsetzung in eine andere Wohnung unvenneidlich. Nicht unvenneid- lich ist die Umsetzung in ein anderes Quartier. Wo die andere Wohnung liegt, hängt weitgehend von den politischen Zielen der Gemeinde ab (,,verbesse- rung" oder "Erhaltung" der Sozialstruktur), vom vor- handenen Ersatzwohnungsbestand und vom Fort- gang der Sanierung, in deren späteren Phasen zuneh- mend Neubauwohnungen im Quartier zur Ver- fugung gestellt werden können. Bei erhaltender Erneuerung kann, je nach dem Ausmaß der Objekt- sanierungen und nach dem Grad und Standard der Modernisierung, häufiger die alte Wohnung beibe- halten oder im Quartier umgezogen werden. In die- ser Beziehung gleichen sich die Unterschiede aller- dings an. In Berlin ist in den letzten Jahren auch bei Flächensanierungen fast nur noch im gleichen Quar- tier umgesetzt worden. Auf der anderen Seite garan- tiert auch erhaltende Erneuerung nur theoretisch den Verbleib in der alten Umgebung. Entscheidend ist die Höhe der zusätz lichen Belastungen, die auf die Bewohner zukommen. - Flächensanierungen sind häufiger mit einer Umset- zung in Neubauwohnungen verbunden. Insofern sind auch die Differenzen zwischen der alten und der neuen Miete in der Regel größer als bei erhalten- der Erneuerung, bei der der Anteil der Modemisie- rungen höher ist und auch eher der Standard variiert und damit eine weitere Verringerung der Differenz bewirkt werden kann. - Flächensanienmgen sind in weit stärkerem Ausmaß als erhaltende Erneuerung mit rein verfahrensbeding- ten Mängeln verbunden, vor allem dann, wenn die Sanierungsgebiete groß und die Vorbereitungs- und Durchfuhrungszeiten entsprechend lang sind. Desin- vesti tionen, Verwahrlosung und Verfall, Einzug oder 112 Einweisung einer Übergangsbevölkerung, meist Aus- länder, Auszug oder Schließung der Geschäfte, deren Kundschaft Tag fur Tag weniger wird, lassen sich kaum vem1eiden. Daß es so etwas wie "Letztmieter" gibt, die am Ende nur noch mit undichten Dächern, Fenstern und Türen, frostzersprungenen Leitungen und Ungeziefer traurige Nachbarschaft pflegen, dürfte ebenfalls auf Flächensanierung beschränkt sein. Eine Modemisierungserwartungshaltung, die Investitionen verhindert und die Bewohner entspre- chend belastet, gibt es zwar auch - vor allem, wenn öffentliche Mittel fur die Modemisierung zu erwar- ten sind -, hier muß aber schon das Eigeninteresse des Besitzers darauf gerichtet sein, sein Haus nicht so weit verkommen zu lassen, daß zuviel an unrentierli- chen Kosten an ihm hängen bleibt. Wie und in welchem Ausmaß spiegeln sich diese Unterschiede auch in den vorliegenden Wirkungsanaly- sen wider? Wie sich schon beim Übergang von der "Verbesse- rung" zur "Erhaltung" der S'ozialstruktur zeigte, konzen- trierte sich die Kritik an der Sanierungspraxis zu Beginn vor allem auf die zwangsweise Umquartierung der in einem Sanierungsgebiet lebenden Bevölkerung in andere Stadtteile, oft an den Stadtrand. Diese Kritik konnte und kann sich aud1 heute noch darauf berufen, daß in der Tat der überwiegende Teil der Betroffenen, nach ihren Wünschen befragt, in ihrem Gebiet wohnen bleiben möchte. In der Regel sind es 70 - 90 %. Aus- nahmen ergeben sid1 vor allem dann, wenn das Gebiet bereits erheblich heruntergekommen oder, etwa durch den massiven Zuzug von Ausländem, den alten Bewohnem fremd geworden ist. Dies war zum Beispiel in Berlin-Kreuzberg (SO 36) der Fall, wo nur noch die Hälfte der befragten Deutschen im Gebiet wohnen bleiben wollte. Bei den Ausländern waren es schon zwei Drittel. Die starke Gebietsbindung ist weniger leicht zu erklären, als es zunächst den Anschein hat. Kontakte zu Verwandten, Freunden und Bekannten, die im gleichen Gebiet wohnen, spielen eine Rolle, werden aber auch nach einem Umzug in der Mehrzahl der Fälle aufrecht- erhalten, wenn auch häufig ein Fomlwandel vom "Kurz-mal-vorbeischauen" zu regelrechten Besuchen stattfindet. Stärker betroffen sind Nachbarschaftskon- takte, die nach einer Umsetzwlg jedenfalls in den ersten Jahren wesentl ich distanzierter sind als vorher. Erst nach vier bis funf Jahren scheint zumindest bei denen, die überhaupt zu Nachbarschaftskontakten disponiert sind, die Schwelle zu engeren, auch freund- schaftlichen Kontakten überschritten. Wenn nach den "schlimmsten Umsetzungsfolgen" gefragt wird, rangiert das distanziertere Nachbarschaftsverhältnis allerdings erst hinter den fi nanziellen Belastungen, dem Verlust der vertrauten Umgebung, der Ungewißheit vor der Umsetzung und der Mühsa l des Umzuges an flinfter Stelle. Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäu- schen, daß dort, wo die Nachbarschaftskontakte vor dem Umzug sehr eng waren, besonders bei alten Leu- ten, die oft seit ihrer Kind heit im Gebiet gewohnt haben, sie auch von ex istentieller Bedeutung sind, vor allem, wenn keine alternativen Kontaktmöglichkeiten in Fami lie, Beruf, Vereinen o.ä. vorhanden sind, und nicht ohne Hilfestellung entzogen werden dürfen. Bei der Mehrzahl der Bewohner beruht die Bindung an ein Gebiet jedoch in erster Linie auf einer allgemei- nen Vertrautheit, die sowohl das äußere Erscheinungs- bild als audl Ort und Art der gewohnten Verrichtungen (das "Gewußt wo") als auch die Kenntnis und das Ver- ständnis einer Vielzahl von Zeidlen und Symbolen umfaßt. Welcher Stell enwert dabei der Erhaltung des äußeren Erscheinungsb il des zukommt, hängt sehr von den jeweiligen Umständen ab. Jedenfalls war die Beur- teilung auch bei einer völligen Umgestaltung des Gebietes oder bei der Umsetzung in einen anderen Gebietstyp keineswegs nur negativ. Das Leitbild der "aufgelockerten" und "durchgrünten" Stadt hat offenbar so tiefe Wurzeln gesdl lagen, daß auch eine totale Auf- lösung der Blockbebauung, werm sie nur geringere Dichten, ein "besseres Aussehen" der Häuser und "mehr Grün" brachte, akzeptiert wurde. Kritik kommt vor allem auf, wenn die neue Bebauung monoton oder einformig wirkt. Dann wurde darauf hingewiesen, daß die alten Häuser mehr Individualität, eine "persönlidle Note", besessen hätten. Umsetzungen in andere Gebietstypen bringen allerdings dann zusätzliche und kaum mehr zu verarbeitende Härten mit sich, werm mit dem Wechsel der WOhnW1g und der Wohnumgebung auch ein Wechsel des gesamten Lebensstils erzwungen wird. Dies war zum Beispiel bei der Umsetzung aus Zechenkolonien in Geschoßwohn ungen der Fall, wo mit dem Verlust der Wohnung der Verlust von Garten, Werkstatt, Brieftauben, Kaninchen, des gesamten erwei- terten Lebensraumes, den das E in- oder Zweifamilien- haus bietet, verbunden war. Insgesamt erweisen sich auch starke Gebietsbindun- gen inzwischen deswegen als weniger problematisch, weil heute die Mehrzahl der Haushalte, die die Woh- nung wechseln müssen, auf ihren Wunsdl im Gebiet selbst umgesetzt werden, in Linden-N ord waren es 76 %, in Berlin (1977) 82 %, davon 49 % "ganz in der Nähe", 33 % im gleichen Stadtbezirk. Der totale Bevöl- kerungsaustausch, wie er in den ersten Jahren prakti- ziert und teils baulich, teils sozialpolitisdl begründet wurde, gehört der Vergangenheit an. Insofern bestehen auch kaum noch Unterschiede zwischen Sanierungs- und Modemisierungsgebieten - wohl aber zwischen öffentlich und privat durchgefuhrten Modemisierun- gen : in Hannover, im Spannhagengarten einer alten H andwerkersiedlung aus der Ze it vor dem ersten Welt- krieg, wo nach einem Eigentümerwechsel durchgreifend modernisiert und die Wohnungen anschließend an Ein- ze leigentümer verkauft, zum Teil von diesen fur DM 7.50/qm (wann) weitervemlietet wurden, waren am Ende nur noch 12 der 182 Altmieter vorhanden. An derartigen Beispielen erweisen sich die - bei aller Kritik im einzelnen - positiven Auswirkungen formlidl gere- gelter Verfahren. Wenn trotzdem die Kritik an der Sanierung nicht lei- 113 ser, sondern lauter geworden ist, so wegen gewachsener anderer Belastungen, insbesondere der inzwischen weit stärker ins Gewicht fallenden Erhöhung der Wohnko- sten, denen überdies ebenfalls ein Verdrängungseffekt zugeschrieben wird. Dabei wird die Verbesserung der Wohnverhältnisse von niemandem bestritten, auch nicht von den Betroffenen selbst. Ausstattung und Komfort der neuen oder modernisierten Wohnung wer- den hoch ge lobt, die Vorteile der sanitären Einrichtun- gen, der Einbauküche, der Doppelfenster, auch und gerade der Zentralheizung werden überschwenglich geschildert. Skepsis wird am ehesten dort laut, wo Bad und Küche schon vorher auf eigene Kosten eingebaut worden waren und die Vorteile einer Modemisierung von oben und außen daher weniger einsichtig sind. Daß die Ansprüche hoch sind, zeigt sich auch daran, daß "Pfusch" oder "Schlamperei" schnell bemerkt, etwa über Putz verlegte Leitungen, knarrende Dielen . entschieden moniert werden. Kritik gab es, wie bei der Nachuntersuchung in Linden-Süd festgestellt wurde, "eher bei denen, deren Wohnstandard sich wenig ver- bessert hat, auch wenn die Miete dann nicht so hoch war, als bei denen, die in beidem einen merklichen Sprung gemacht haben!' Man könnte auch sagen : werm schon der ganze Umstand, und wenn schon Mieterhöhungen, daru1 soll jedenfalls etwas dafür gebo- ten werden. Oder: Lieber in der alten Wohnung bleiben und sich diese nach eigenen Vorstellungen und Mög- lichkeiten herrichten als eine Modemisierung zweiter Klasse von Staats wegen. Generationsspezifische Unter- schiede deuten sich jedoch an : schon 1976 zeigte sich bei der Beratung in den Berliner Sanierungsverwal- tungsste Il en, daß vor allem jüngere Umsetzmieter sich stärker für große Altbauwohnungen mit Ofenheizung interessierten als für modernisierte Wohnungen. Wenn trotz der überwiegend positiven Beurteilung der neuen oder modernisierten Wohnung oft von der ,Janusköpfigkeit" der Sanierung gesprochen wird, wenn in einer der Berliner Folgeuntersuchungen eine Kapitel- überschrift lautet "Die Umsetzung zwischen Glück und 114 Tragödie", so ist es weitaus am häufigsten die Diskre- panz zwischen dem "Glück" der neuen, wam1en, kom- fortablen Wohnung und der "Tragödie" der finanziellen Mehrbelastungen, die damit gemeint ist. In fast allen untersuchten Gebieten oder Fällen haben die Mieten vor der Sanierung oder Modemisierung unter 200 DM gelegen, im Wedding zu 75 %, in Kreuzberg zu 70 %, bei den Berliner Umgesetzten zu 90 %, in Linden-Süd und in Elberfeld-Nord ebenfalls etwa zu 90 %. Mit ebensolcher Regelmäßigkeit steigen sie nach der Umset- zung in eine Neubau- oder modernisierte Altbauwoh- nung etwa auf das Doppelte, bei den unteren Preisklas- sen, bei den Altbaumieten von weniger als 100 DM, teilweise auf das Dreifache. Im Endeffekt zahlen im Wedding 60 % der umgesetzten Haushalte mehr als 250 DM, in Kreuzberg 73 % mehr als 200 DM, 50 % mehr als 300 DM, in Elberfeld-Nord 58 % mehr als 200 DM. Von den (deutschen) Berliner Umgesetzten hatten 42 % Mietsteigerungen von mehr als 150 DM zu tragen, dies alles noch ohne die im Zuge der degressiven Abschrei- bungen zu erwartenden Mieterhöhungen. Lediglich in Linden-Süd zahlten auch nach der Umsetzung nur 33 % der Mieter mehr als 200 DM. Hinzu kommen deut- lich erhöhte Nebenkosten, die im allgemeinen noch einmal etwa 25 % der Kaltmiete ausmachen und, im Gegensatz zur alten Ofenheizung, nicht beeinflußbar sind - auch wenn man sparen muß oder möchte. Obwohl se lten exakte Vergleiche zwischen den Wam1- mieten "vorher" und "hinterher" möglich sind, dürften die erhöhten Nebenkosten erheblich ins Gewicht fal- len. In Linden-Süd zum Beispiel stiegen beim Umzug in modernisierte Altbauwohnungen die Kaltmieten nur von durchschnittlich 165 DM auf durchsclmittlich 205 DM, die Wam1ffiieten aber von durchsclmittlich 185 DM auf durchschnittlich 270 DM. Im Vergleich zu den Unterschieden zwischen "vor- her" und "hinterher" scheinen, da es sich vor allem beim sozialen Wohnungsbau, aber auch bei mancl1en Modemisierungsprogrammen um "administrierte", d.h. poLiti sch gesetzte Mieten handelt, die Unterschiede zwi- schen den hinterher gezahlten Neubaumieten und den modemisien Altbaumieten auf den ersten Blick nicht allzugroß. Als in Berlin die Bewilligungsmiete im öffentlich geforderten sozialen Wohnungsbau DM 4.90/qm betrug, betmg die Miete bei im Zuge des Zukunftsinvestitionsprogramms modernisierten Woh- nungen in der Regel DM 3.80/qm, ohne Zentralhei- zung DM 3.30/ qm. Bei geringem Einkommen kann jedoch eine Mietdifferenz von 80 - 100 DM gerade die Grenze zum nicht mehr Zumutbaren überschreiten. Mindestens ebenso wichtig 'wie die absolute Höhe der Miete sind die Mietbelastungsquoten und die sub- jektive Beurteilung der neuen Mieten durch die Bewoh- ner. Dabei zeigt sich, daß bei den Berliner Untersu- chungen jeweils etwa 60 % der Befragten die neue Miete als angemessen, in wenigen Fällen auch als preis- günstig bezeichneten, etwa 40 % jedoch als zu teuer oder viel zu teuer. O bwohl dort andere Antwortkatego· rien gebildet wurden und die Wortwahl gerade bei Fra- gen der subjektiven Einschätzung von erheblicher Bedeutung sein kann, scheint es doch, daß die finan- ziellen Auswirkungen der Saniemng in Linden von den Bewohnem auch subjektiv günstiger beurteilt werden. Jedenfalls fanden dort nur 8 % der Befragten die neue Miete zu hoch, 18 % fanden sie nicht zu hoch, 73 % "gerade noch tragbar". Die Beurteilung der Mietbelastung steht in engem Zusammenhang nicht nur mit der absoluten Höhe der Miete, sondern auch mit der Mietbelastungsquote. Diese war in der Regel vor Beginn der Saniemng oder Modemisierung außerordentlich niedrig und lag, auf die Kaltmiete bezogen, häufig noch unter 10 %. Eine Verdoppel ung ist daher nichts U ngewölmliches. Leider geben, da die alte sozialpolitische N om1 von 20 - 25 % des Nettohaushaltseinkommens für die Wam1miete gilt und diese gern als O rientiemngswert herangezogen wird, die Untersuchungen, die überhaupt Mietbela- stungsquoten berechnen, diese meist nur für die Warm· miete an. So hatten die im Wedding Umgesetzten zu 35 % in der neuen Wohnung 25 - 30 % ihres Einkom· mens für die Wamm1iete aufzuwenden, 19 % mehr als 30 %. Die erhöhte Belastung wurde auch nur zum Teil durch Wohngeld aufgefangen : von den 85 Haushalten, die eine Quote von mehr als 25 % hatten, erhielten nur 41 Wohngeld. Auch bei der ZIP-Modemisiemng in Kreuzberg kamen 48 % der in eine modemisierte Woh- nung Umgezogenen auf eine Q uote von 25 - 30 %, 33 % sogar auf eine Quote von mehr als 30 %. Hier wurden die Mehrbelastunge n sogar noch zu einem geringeren Anteil durch Wohngeld aufgefangen. Auch wenn man davon ausgehen kann, daß nicht alle Wohn- geld berechtigten auch entsprechende Anträge stell en (dies sicherzustellen, wäre all erdings auch Aufga be der Sanierungs beratungs- und -betreuungsstellen), deuten sich hier Lücken im Wohngeldsystem an, denen genauer nachgegangen werden müßte. Zu der Mehrbelastung durch die Miete kommen Belastungen durch - Verlust der in die alte Wohnung investierten Eigen- rnittel - Umzugskosten - Ausgaben für Neuanschaffungen. Art und Höhe dieser Belastungen hängen in erhebli- chem Ausmaß von örtlichen Regelungen ab. In Berlin erwies sich als besonderes Ärgernis, daß Investi tionen in die alte Wohnung, die vor mehr als sieben Jahren getä- tigt worden waren, überhaupt nicht entschäd igt wu rden. Die Transportkosten für Möbel und H ausrat wurden zwar fast überall voll abgeglichen, schon die Erstattung der Kosten für den Einsatz von Packern - bei alten Leuten ohne hilfs bereiten Anhang fast unerläßlich - wurde aber sehr unterschiedlich gehandhabt. Aud1 Gar- dinen- und Topfgeld ~ird offenbar in sehr unterschied- licher Höhe bezahlt. Uberhaupt nicht erstattungsfahig ist die Anschaffung neuer Möbel, Teppiche u.ä .. Gerade diese wird durch den Umzug in die "schöne neue Woh- nung ', in der sich die alten Sachen, selbst wenn sie hin· einpassen, leicht schäbig ausmachen, in besonderem Ausmaß herausgefordert. In Abhängigkeit vom Alter, der Höhe des H aushaltseinkommens und der Tatsache, 115 ob es sich bei der neuen Wohnung um eine N eubau- oder eine modernisierte Wohnung handelt, wurden teil- weise beträchtliche Summen fur derartige N euanschaf- fungen ausgegeben, im Wedding zu 40 % über 10.000 DM. Fragt man, wie die erhöhten Kosten finanziert wur- den, so wurden fur die Anschaffungen in der Regel Ersparnisse herangezogen, Ratenkäufe und Kreditauf- nahme bei Banken kamen jeweils nur bei 10 - 15 % der Befragten vor; die höhere Mietbelastung führt am häu- figsten zu einer Verringerung der Sparquote und zn Einsparungen in anderen Bereichen (Urlaub, größere Anschaffungen). Mitarbeit der Frau oder Mehrarbeit des Hauptverdieners kamen jeweils in 5 - 10 % der Fälle vor. Daß der Arbeitsplatz gewechselt wurde, blieb eine Ausnahme. Inwieweit derartige Budgetkorrekturen auf D auer als so belastend empfunden werden, daß wieder in eine billigere Wohnung umgezogen wird, läßt sich zur Zeit noch nicht absehen, zumal weitere Korrektu- ren durch vorprogrammierte Mieterhöhungen erst noch bevorstehen. Insgesamt ist das Bild der fmanziellen Auswirkungen für vielfaltige Interpretationen offen. Man kann eben- sogut auf die große Zahl derer verweisen, fLir die sie keine oder nur vorübergehende Einschränkungen mit sich bringen, wie auf die kleinere Zahl derer, die exi- stentiell betroffen sind. Alle Quoten, Durchschnitts- werte, Indexbildungen, auch die Unterschiede zwischen Neubau- und modernisierten Altbauwohnungen, kön- nen nur Tendenzen andeuten, sagen hier besonders wenig über den individuellen Fall, der außerordentlich vielschichtig gelagert sein kann. Zusätzliche - und sicher in größerem Ausmaß ver- meidbare - Härten bringt das Sanierungs- und Moder- nisierungsverfahren mit sich. Dies kommt schon darin zum Ausdruck, daß oft die Umsetzung als solche nega- tiver beurteilt wi rd als das Umsetzungsergebnis, d.h. die neue Wohnung oder die neue Wohn umwelt. Dabei spielen eine Rolle - die lange Unsicherheit über den Umsetzungsterrnin, 11 6 der oft immer wieder verschoben wird, vom August auf den Dezember, vom D ezember auf den März, vom März auf den Mai; - das langsame Abbröckeln der Nachbarschaft, der Einzug einer Übergangsbevölkerung, die Verschlech- terung der Versorgung, das Sd1icksal als "Letztmie- ter"; - die Unfreiwilligkeit des Umzugs, der die negativen Begleitumstände weit schwerer ins Gewicht fallen läßt, als wenn freiwillig, nicht von Amts wegen, umgezogen wird; - das unzureichende Angebot an Ersatzwohnungen, bei denen manchmal ü berha u pt keine, manchmal nur eine Scheinauswahl vorhanden ist, erst in neue- rer Zeit auch einmal drei oder vier Wohnungen zur Disposition stehen; - der Umzug als solcher, der vor allem fur ältere Leute ohne hilfreiche Verwandtsd1aft eine physische und psychisd1e Strapaze darstellt, mit der sie in der Regel alleingelassen werden - wie auch mit den Schwierig- keiten der Eingewöhnung am neuen Ort. Bei den Auswirkungen des Verfahrens lassen sid1 auch eher deutliche Unterschiede zwisd1en Flächensa- nierungen und Objektsanierungen oder Modemisie- rungen feststellen. Bei letzteren sind die verfahrens be- dingten Unsicherheiten, erst red1t die psychische Belastung des Wohnens in einem langsam verfallenden, zum Abbruch bestimmten Gebiet, wesentlich geringer bzw. überhaupt nicht vorhanden. Auch die Größe der jeweils betroffenen Gebiete spiel t eine Rolle: je größer das Gebiet, desto länger die Unsicherheit und desto gravierender die Verfallserscheinungen. In dieser Hin- sicht spricht alles fur kleinere Gebiete und fur eine Organisation der Emeuerung, die sich möglichst naht- los an die nom1alen Alterungsprozesse an- bzw. in sie einfugt. Im übrigen gi lt - dies sei zum Abschluß noch ein- mal hervorgehoben - aber auch hier, daß eine generelle Beurteilung des Pro und Contra von Sanierung und Modemisierung insofe rn nicht zu leisten ist, als sich der Erfolg oder Mißerfolg inID1er am Einzelfall erweist, und daß dieser Einzelfall anhand sozialstatistischer Daten schwer prognostizierbar ist. Das heißt: es gibt zwar Risi- kofaktoren, die Probleme wahrscheinlicher werden las- sen, etwa hohes Alter, niedriges Einkommen, Verwit- wung oder Scheidung, auch die Flächensanierung gehört dazu; die Problemfa lle sind damit aber nicht ausreichend zu erklären. Es müssen offenbar immer mehrere Belastungen zusammenkommen, damit ein Fall zum Problemfall wird, wobei die Verbitterung über die zwangsweise Umquartierung und über die zögerliche oder unzureid1ende Erstattung der damit unmittelbar verbundenen Kosten dann besonders schwer ins Gewicht fa llt, wenn aud1 die neue Woh- nung, da 0lu1e Alternative zugewiesen, ebenfalls als Zwangs lösung betrachtet wird, etwaige Mängel daher doppelt stark empfunden werden. Was nur eine einzige Untersud1ung, die Berliner Umsetzungs studie, deutli- cher ins Gespräd1 bringt, sind Persönlichkeitsfaktoren, die die Verarbeitung der Belastungen erheblich erleich- tern oder erschweren können: das Ausmaß der Verände- rungsbereitschaft, des Anpassw1gsvel111ögens, Introvertiertl1eit oder Extrovertiertheit, die Fähigkeit, Probleme des Alltags zu lösen. Es hat oft den Anschein, als ob der "Modellfall" der Sanierung den veränderungsbereiten, anpassungsfahigen, extrovertier- ten, lebenstüd1tigen Modellmenschen voraussetzt - den es schon im nom1alen Leben kaum gibt. Man karm Rotraut Weeber, die ihre Erfahrungen mit Sozial- pianverfahren in süddeutschen Klein- und Mittelstäd- ten einmal in einem Bauwelt-Artikel zusammengefaßt hat, nur beipflichten, wenn sie sagt: "Alle schwerwie- genden Konflikte der Realisierung durch problema- tische Einzelfalle und ihre Lösungsmöglichkeiten wei- sen auf das Anfangsstadium der Sanierung zurück und machen deutlich, wie wesentlich es ist, im Stadium der Vorbereitung, der Ziel-und Maßnahmenbestimmung, die Weichen unter Berücksichtigw1g der Einzelfalle richtig zu stellen. Von zentraler Bedeutung ist nicht die Frage der "Notwendigkeit" und "Durchftihrbarkeit" einer Sanierung an sich, sondem die, ob bei konkret vorgestellten Maßnahmen die Abwägung der Interessen verantwortlich geschieht. Verantwortlich, d.h. sowohl in der Zusammenschau der Probleme und Einstellungen der Mehrheit der Betroffenen wie der Konflikte bei besonders problematischen Minderheiten. Dies geschieht nach W1serer Einsicht immer nod1 sehr unzu- reichend, trotz überwiegend phantastischer Broschüren und verarbeitetem Material." Dies gilt erst recht, wenn sich in Zukunft das Ver- hältnis zwischen "Mehrheit" und "Minderheit" ver- schieben sollte. In der Vergangenheit sind Sanierung und Modemisierung auf eine Bevölkerung gestoßen, die zum größeren Teil über finanzielle Reserven ver- fügte. Ob dies, wenn man die eingangs geschilderten Entwicklungen im Auge hat, auch in den ad1tziger Jah- ren so bleiben wird, ist zumindest offen. 117 Literaltir: Bastisch, Burkhard u.a.: WirkungsanalYse von Sanierungen. Aus1fJirkungen von städtebaulichen Sanierttngsmaßnahmen auf die Woh- nungs- und Bevölkerungsstruktur in Elherfeld-Nord und Hannover Linden-Süd, Dortmunder Beiträge zur Raum- planung, Band 21, Dortmund 1981 Becker, Heidede u. Jochen Schulz zur Wieseh (Hrsg..) Sanierungsfolgen. Eine WirkungsanalYse von Sanierungs- maßnahmen in Bertin, Stuttgart u.a. /982 (Schriften des Deutschen Institus für Urbanistik, Band 70) Dieser, Hartwig u. Anastasie Kouvetis: Die Betr!!ffinheit der Mieter durch die Z IP-Modernisie- rung in Kreuzberg SO 36, unveröffentL Manuskript, Ber- !in 1980 Freie Planungsgruppe Berlin: Modellvorhaben Karfsruhe-DörJle. Vergleichende Untersu- chung der Realisierung unterschiedlicher Emeuenmgsaujga- ben unter Anwendung des Städtebaufördenmgsgesetzes am Beispiel der A Itstadtsanienmg Karlsruhe-Dörfle, Schriften- reihe "Stadtent1fJicklun;j' des Bundesministers für Raum- ordnung, Bauwesen und Städtebau, Band 02.022, Bonn- Bad Godesberg 198/ Gesellschaft für Wohnungs- und Siedlungswesen (GEWOS): Modemisierung Hamburg-FinkemiJerder. Projektbegleitende Untersuchung, Schriftenreihe "Versuchs- und Vergleichsbau- tm und Demonstrativmaßnahmen" des Bundesministers für Raumordnung, Batl1iJesen und Städtebau, Band 01.064, Bann-Bad Godesberg 1979 Gerlach, Ulrich u. Klaus:ftirgen Holland: Saniert/ng Hannover Linden-Süd. Versuch, eine Zwi- schenbilanz zu zieben, Stadtbauwelt 52 vom 24.12.1976, S. /529 - 1537 Institut jiir Stadtforschung Berlin: UmsetzungsJOlgen - Umsetzungsverfabren, AnalYse der Umsetzung der Wobnbevölkerung und ihrer Ergebnisse s01iJie sozitllen AZfS1iJirkungen in ausgC1fJdhlten Sanie- rungsgebieten in Berlin (Wes(), ForschzmgspTOJekt BMBau RS 11 6 - 7041 02 - 78.32/1, unveröff Manuskript, 118 Berlin 1980 Sprengel, Udo: Zur sozialgeographischen Evtlkuierung von Sanierungs- maßnabmen in städtischen A ltbaugebteten tln Beispielen von Hannover (Linden-Nord und Spannbagengarten), Neues Archiv für Niedersachsen, Band 29, Heft 3, Sept. 1980, S. 301 - 311 Weeber, Rotraut: Samerung und Umsetzung, Bauwelt, Heft 8, 1977, S. 232 - 235 Weeber + Partner: Umsetzung von Mietem aus dem Sanierungsgebiet Han- nover Linden-Süd, unveröff Manllskrift, Stillt gart 1976 Tessin, Wulf: Sttldtemeuenmg und Umsetzung, Diss. GÖllingen 1977 Zum Verhältnis von Bewahrung und Veränderung - Beispiel Holland Prof. Dr. van Embden, Delft Die Volksviertel des 19. Jahrhunderts in den Niederlan- den und besonders in Rotterdam. Ihre Sanierung; Kahlschlag oder Objektemeuerung? Rückblick (bis auf die Jahre '60) Quantitativ stellen heute die großen Volksvierte l des 19. Jahrhunderts unzweifelbar das weitaus umfang- reichste Problem bei der Stadtemeuerung dar. Qualitätiv dagegen galt ihre restlose Beseitigung, wenigstens bis vor kurze m, als ziemlich problemlos. Ihre gleich anfangs allgemein erkannten Mängel waren diesen Gebilden geradezu als Geburtsfehler mit- gegeben. Unmittelbar verantwortlich für ihre misera- blen bau- und wohn technischen, und ebenso für ihre minderwertigen ardlitektonischen und besonders auch städtebaulichen Q!Ialitäten waren bekanntlich die skru- pellose Boden- und Bauspekulation gewesen. Und das war ihrer Erscheinung von Anfang an unmittelbar abzulesen. Angesichts des merkwürdigen rezenten Umschwungs in ihrer negativen Würdigung und des gleichzeitigen Aufkommens einer vehementen Kritik an den Wohn- bezirken der Nachkriegszeit ist es wohl interessant zu erwägen, daß diese alten Stadtteile bei ihrer Herstellung merkwürdigerweise eine ganze Reihe von Merkmalen miteingebaut bekommen haben, die heute wiederum verantwortlidl gemacht werden für die angeblich man- gelhaften Milieuqualitäten der jetzt so sehr ver- schrieenen, modemen, von dem industrialisierten Bau hergeste llten Wohn bezirke. Das ist wohl deshalb etwas unerwartet, weil, wenigstens in den Niederlanden, der Volkswohnungsbau im 19. Jahrhundert gewöhnlich von kleinen Untemehmem und mit meist handwerklidlen Methoden durchgeführt wurde. Was diese Merkmale anbetrifft: Da waren erstens die ausgedehnten Flädlen ununterbrochener "Monokultur" von Wohnungsbau. Da war auch die architektonische Monotonie der gleichfci fl1ligen, gleich breiten Fassaden (bestimmt von der handelsüblichen Länge der hölzer- nen Flurträger), da war besonders auch die geradlinige Phantasielosigkeit der Stadtplanung. Die Gleichfcinnigkeit der Architektur wurde damals sdlon von einem hohen Grad von (zwar nodl ziemlich primitiver) Massenvorfertigung bedingt: im Winter wurden in den Schreinerwerkstätten große Zahlen von einfcimligen Fenstem, Fensterrahmen, Türen, Türumfas- sungen, Schränken und Treppen auf Vorrat gemacht. D och gab es einen Unterschied: damals fühlte man sich noch verpflichtet, die gestalterisdle Konsequenz dieser Vorstufe der späteren industriellen Massenfabri- kation zu versmleiem, z.B. durch eine billige Nepp- dekoration aus Gips- oder Zementomamenten (eben- falls aus der "Fabrik") und durch einiges Blendwerk, besonders zur Vortäuschung von Dachschildem. Die strenge Kunstlehre der "funktionellen und kon- struktiven Ehrlichkeit" war damals noch völlig unbe- kannt, wenigstens in den Kreisen von Boden- und Bau- spekulanten (die sich darum übrigens sowieso nicht gekümmert hätten) . In den 60er Jahren, worauf ich noch zu sprechen komme, scheint aber auch in unseren Fachkreisen diese Lehre beiseite gelegt worden zu sein, und ist diese Art von Verschleierung plötzlich wieder salonfahig geworden. Bekanntlich kommen um die J ahrhundertwende als Reaktionen gegen die schrecklichen Verhältnisse in die- sen überbevölkerten Elendsvierteln die Gartenstadtbe- wegung und der soziale Wohnungsbau in Gang. Daraus wieder entsteht dann unser neuzeitlidler Städtebau, mit den noch immer musterhaften Leistun- gen seiner Pioniere. Diesen idealistischen Trägem dieser Bewegungen steht als letzter Akt und sozusagen als Krönung ihrer Initiativen die restlose Austilgung (als der radikale Kahlsdllag) der berüchtigten Schwindelbaubezirke vor Augen. An der begeisterten Zustinlmung der aus den Elendsvierteln zu befreienden Bevölkerung hatte damals niemand gezweifelt. Spätere Generationen von Stadtplanem haben oben- drein auch nicht gezweife lt an dem planerischen N ut- 121 zen des konsequenten Abbruchs dieser Zone: da war Raum zu schaffen fur die umfangreichen neuen zur City gehörigen Elemente, welche allzu großmaßstäblich waren, um in der Altstadt zugelassen zu werden. Heute aber wissen wir, wie sehr das alles doch wieder ganz anders gekommen ist. Die 60er Jahre Bei den tiefgreifenden Umwälzungen aller Art in allen Kreisen und auf allen Gebieten der 60er Jahre hing, wie immer, alles mit allem zusammen. D as Auf- bauen eines konsistenten Totalbildes sei aber künftigen Historikem überlassen . Hier sei nur erwähnt, daß es gerade an diesem selben Zeitpunkt war, da ß sich nicht nur die Möglichkeit, aber in vielen Fällen sogar auch die absolute N otwendigkeit meldete, um endlich zu der von den Pionieren zu lange erhofften radika len Sanierung der Elendsviertel vor- zuschre iten. H altung und Reaktionen von der Bewohnerschaft und etwas später auch von den Behörden und ihren Beratern waren aber bekanntlich gan z anders als erwa r- tet. Bei den Bewohnern stieß man auf Panik und hefti- gen, nicht selten gewaltsamen, Widerstand. Bei den Behörden (und bei der Intelligenz im allge- meinen, und natürlich besonders bei Architekten und Planem) wuchsen Zweifel, Unsicherheit und Wider- wille. Bei der Bevö lkerung spielten dabei mit: - vor allem, se lbstverständlich ganz einfach, die Aus- sid1t auf erheblid1e Wohnkostensteigerungen, - dazu eine starke Verstimmung wegen der vorange- gangenen jahrzehntelangen groben Vernachlässigung ihres Viertels seitens der Behörden, die dauemd mit der Verwirklidmng von immer neuen Stadterweite- rungen vollbeschäftigt gewesen waren und inzwi- sd1en kaum nod1 interessiert sein konnten an den offe nsichtlich längst sanierungsreifen Bezirken zwi- 122 schen Altstadt und neuer Wohnwelt, - dabei noch Empörung über die autori täre Auferle- gung so drastischer E ingriffe in ihr persönliches und kollektives Leben, ohne irgendeine vorangegangene Konsultation, gesd1weige von ihrer Zustimmung, - und endlich, direkt ansd1ließend: ein tief verwurzel- ter Widerstand gegen die bevorstehende Vernichtung ihrer im Laufe vieler Jahrzehnte gewad1senen fami- liären und sozialen Verbindungen und von dem, was sie als ihre sehr eigene, oft sehr lebendige "Subkul- tur" ihres Stadtteils empfanden. Die von der sprach bildenden Fraktion unter der Bewohnerschaft vorgebrachten W ünsd1e: - erstens, angehört werden und mitreden dürfen, - dann, im Viertel bleiben oder wenigstens zurückkeh- ren können, und zwar: - zusammen mit dem alten Familien- und Bekannten- kreis, - in einem anständigen H aus (am liebsten mit eige- nem Gärtchen), frei von Verkehrs lärn1 und Betriebs- belästigung (kurz, in einer Gartenstadtatrnosphäre), - und selbstvers tändlich all dies fur eine tragbare Miete. Dieser Wünschekatalog enthält fU r uns enttäuschend wenig architektonische oder städtebauliche Ele- mente. W ie übrigens schon längst bekannt, wirkt die Einbeziehung der rebellierenden Interessenten oft schließlich eher konsetvierend als revolutionierend. Über die Effekte in unseren eigenen Reihen will ich etwas ausfuhrlicher sein (ist das H emd doch näher als der Rock) . Zusammen mit der trendbewußten und trendbilden- den Vorhut von Intelligenz und Künstlerschaft hatten Architekten und Planer (besonders die jüngeren und Studenten) sich "mit dem Volke zu ve rbrüdern" und sich fur dieses einzusetzen versucht, eine gewiß aufrich- tig gemeinte, aber von diesem Volk dod1 gewöhnlich etwas argwöhnisch betrad1tete Geste. Eigentlich zeugten sie mit dieser Geste doch von einer ähnlichen sozialen Bewegtheit, die damals auch ihre Vorgänger beseelt hatte, wenn diese sich um die Jahrhundertwende nicht länger nur repräsentativen Bauaufgaben, sondern vielmehr dem sozialen Woh- nungsbau und dem Städtebau zugewandt hatten. Doch gab es dabei einen sehr wesentlichen Unter- schied : die damaligen Pioniere suchten durch ihre Werke vor allem das Volk zur Schönheit zu erziehen, bei der Revolte der 60er Jahre dagegen ging es nicht so sehr um die Schönheit als vielmehr um die soziale Gerechtigkeit (das Wort "Schönheit" war eigentlich ver- pönt) . Dazu kam noch, daß auch das patemalistische "Erziehen wollen" abgetan war. Und das ist in vielen Kreisen auch heutzutage noch so, sprach doch bei der Eröffnung des jüngsten IGSRP-Kongresses in Stock- holm die schwedische Frau Minister, redend von der Bevölk~rungsmitbeteiligung bei der Stadterneuerung, die denkwürdigen Worte: "Die Experten, das sind ja die Bewohner!". Und hier fangt das Drama an. Wenn schon nicht die Bewohner selbst, dann hat doch die mächtige öffent- liche Meinung längst ihr negatives Diktum über den gesamten Wohnungs- und Städtebau der ganzen Nach- kriegszeit ausgesprochen. Die Fachwelt stand - und steht noch immer - dieser Verurteilung mit grundsätzlicher Unsicherheit gegen- über. Mit einer Ungewißheit, die besonders deshalb so ernst zu nehmen ist, weil sie eigentlich nur eine Sonder- erscheinung von einer allgemeinen und allseitigen gei- stigen Erschütterung darstellt. Auf diese allgemeine Desorientierung kann ich, wie gesagt, hier nicht viel tiefer eingehen, nur möchte ich noch ein paar Worte hinzufLigen über ihre Auswirkung auf die Berufsgenossen, Stadtplaner und Architekten. Wenn wir auf dieses Thema zu sprechen kommen, sind wir einerseits geneigt, etwas nostalgisch zu verges- sen, wie wir uns, wenigstens in den letzten hundert Jah- ren, aber wahrscheinlich doch schon viel früher, unauf- haltsam heftig und oft erbittert - und sogar nicht immer mit fairen Mitteln - in den eigenen Reihen gestritten haben, und in welche ständige Verwirrung unsere Fachwelt dadurch öfters schon geraten ist. Andererseits aber sind wir wieder geneigt, zu überse- hen, daß wir bei all diesen endlosen Zwisten doch immer einen gemeinsamen Grund beibehalten haben. Erstens die unausgesprochene Überzeugung der grund- sätzlichen Wichtigkeit der Formgebung an sich, und zweitens die Legitimität des Gebots einer rationellen Funktions-, Konstruktions- und Materialgerechtheit die- ser Formgebung. Es ist wahr, daß es auch früher schon einige Male eine Auflehnung gegen diese Rationalität (nicht gegen die Legitimität einer Formgebung überhaupt!) gegeben hat: da waren z.B. der Jugendstil und die Amsterdamer Architekturschule, da waren auch einzelne Persönlich- keiten, wie Mendelssohn und S charoun. Aber das waren aUe doch Reaktionen im N amen der Schönheit, und gegen ein (vermeintliches?) Übermaß an Rationalität oder villeicht nur gegen eine dürre, trok- kene, uninspirierte Entartung der Rationalität. In den 60er Jahren hat man dann aufs neue revoltiert gegen den Rationalismus, und namentlich gegen einen ziemlich fanatisch durchgefLihrten Rationalismus, archi- tektonisch sich ausprägend in der G leichfcirmigkeit des weitgehend industrialisierten Wohnungsbaus, und pla- nerisch verkörpert in den Auswirkungen der Charta von Athen. Die bis dahin immer so kardinale Frage der Fomlge- bung an sich, als zentrales Forschungs- und Gesprächs- thema, wurde plötzlich fallen gelassen, übersehen oder gar wohibewußt zurückgewiesen ("I'Imagination au P . ") OUVOlf. .. . Anstatt Entwurfszeichnungen lieferten die Architek- tur- und Städtebaustudenten damals - am liebsten von Teams gemeinschaftlich entwickelte - sozialphiloso- phische, sozialpsychologische oder sozialpolitische Stu- dien und Aufsätze. 123 Einerseits griffen sie damit, ohne es zu wissen, wiederum zurück auf eine, rückschauend betrachtet, ziemLi ch primitive Praxis ihrer Vorgänger, der Pioniere, die gewöhnlich das Programm für ihre stadtplaneri- schen Aufgaben selbst entwickeln mußten (diese Pro- gramme waren bis tief in die 20er Jahre noch ziemlich einfach zu bewältigen). Andererseits aber griffen sie voraus auf spätere Ent- wicklungen, wo man erstreben würde, die Raumpla- nung in ein viel umfassenderes, auf alle Sektoren des Lebens sich erstreckendes, Planungssystem einzubetten. Die Folgen dieses Vorausgreifens für die Qualität der Fonngebung sind nicht ausgeblieben. Die Veranlagung für abstrakte soziologische Studien läßt sich in ein und derselben Persönlidlkeit nun einmal verhältnismäßig selten kombinieren mit gestalterischer Begabung. Das ambitiöse Sich-vertiefen in die Hintergründe ihres künftigen Berufes und dessen Existenzberechti' gung hat vielen Architekturstudenten den Weg zum eigentlichen Beruf, d.h. zu der Gestaltung als Hauptauf- gabe, blockiert (man könnte audl behaupten, sie hätten die fa lsche Studienrichtung gewählt). Die Gleichgültigkeit oder Unempfindlichkeit der FOlll1 gegenüber, kombiniert mit dem Gefühl, daß schließlich doch die Bewolmer die eigenlichen Exper- ten seien (ein Ausdruck ungefahr gleichbedeutend mit "the C ustomer is King") hat leider nicht wenige Fach- brüder zu der Ladeninhabersattitude des "was hätten Sie, bitte, gewünsmt" gebracht. Eine Haltung, unvereinbar mit dem für jede Q!ali- tätsarbeit doch unentbehrlichen Vertrauensverhältnis zwischen einerseits einem vollwertigen Auftraggeber und andererseits dessen ebenso vollwertigem Berater für die Gestaltung. Bekanntlich ist für eine gelungene Arbeit die Q!ali- tät des Auftraggebers ebenso entscheidend wie die des Gestalters. Nicht weniger entsmeidend aber sind aum sowohl ein gegenseitiger Respekt als auch das beidersei- tige sorgfa ltige Einhalten der angebrachten Rollenver- teilung. 124 Inzwischen war die ganze Fadldiskussion ins Stok- ken geraten (heute scheint sie hie und da gerade wieder angefangen zu haben, notwendigenveise natürlich wie- der vom Startpunkt N ull). Diese ganze Situation muß sich selbstverständlim in der Erscheinung der materiellen Arbeiten verraten. Namentlich die Wohnungsardlitektur liefert heute nicht selten Gebilde, die aussehen wie Pastiches der alten Spekulantenprodukte. In der Raumplanung, und mehr noch in1 eigentli- men Städtebau, ist es leider nidlt viel besser, und das, obwohl Planungsmethodologie und andere Hilfswissen- schaften sich inzwischen sehr verfeinert und weiter ent- wickelt haben. Aber weder W issenschaft nodl Meiliodologie bür- gen für wirklime gestalterische Q!alität. Zurück zur Stadterneuerung Bei allen negativen Erfahrungen der Behörden und Bewohnersdlaft bei ihren Versuchen, zu einem regelmä- ßigen und geordneten Gespräch zu geraten, ist immer zu bedenken, daß anfanglieh alle Beteiligten als N eu- linge dastanden (dabei bleibt es aber überhaupt noch fraglim, ob sidl unter Beibehaltung des demokrati- schen Systems von Delegierung der Entsdleidungsbe- fugnis an gewählte Vertreter wirklich konsistente Regeln für eine direkte Demokratie durch Partizipation aufstel- len lassen) . Immerhin hat bis jetzt in den meisten Fällen die Organisation eines direkten Dialogs zwischen Bevölke- rung und Magistratur weit mehr Zeit wld geistige Ener- gie in Anspruch genommen, als der eigentlichen städte- baulichen Gestaltung hätte gewidmet werden können. Obendrein bleibt es auch noch die Frage, ob unter dem Druck der Bevölkerungsanspriime überhaupt eine wirkliche Neugesta ltung erreichbar gewesen wäre. In meinem Lande werugstens hat die Mitbeteiligung der Bewohnerschaft oft dazu genötigt, wesentliche Teile der sehr schlechten vorhandenen Infrastruktur einfach beizubehalten oder nur sehr dürftig auszubessern (in den Wunschzetteln der Bewolmer ist, wie schon ange- deutet, von der Umweltqualität gewöhnlich kaum die Rede gewesen). Dies führt zur Frage des Zukunftswertes der erneuer- ten Viertel. In der Vergangenheit hat jede Generation zweifellos immer an erster Stelle wohl für sich selbst gebaut. War das Resultat anständige Q1alität, dann hat die Nach- kommenschaft sich darin gewöhnlich längere Zeit - sei es mit periodischen Modemisierungen - ziemlich wohl- fühlen kÖlmen. So waren z.B. die sozialen Wohnungs bauten der ersten Jahrhunderthälfte - und besonders die Leistun- gen der Wohnungsbaugenossenschaften - eine ziem- lich genaue Abspiegelung der damaligen Ideale und Möglichkeiten, sowohl wohn technisch als architekto- nisch als auch stadtplanerisch. Nachträgliche sinnige Modemisierw1gen dieser Arbeiten erweisen sich heute meistens als redlich gut durchführbar und lohnend. Dagegen lag die Q1alität der aus dem vorigen Jahr- hundert stammenden Zone zwischen diesen neueren Wohnvierteln und der Altstadt schon von Anfang an in jeder Hinsicht so rettungslos tief unter jeder Norm, daß, objektiv erwogen, der Sinn einer partiellen Moder- nisierung sehr fraglich ist. Selbstverständlich lassen sich die Wohnungen (sei es auch oft nur mit sehr großen Kosten) entweder stück- oder aber gruppenweise wohl mehr oder weniger befriedigend renovieren oder ersetzen. Wenn jedoch die alte Infrastruktur prinzipiell beibehalten werden muß, körmen z.B. die viel zu geringen Tiefenmaße der Bau- blöcke mit ihren engen 111I1I1enhöfen nicht wesentlich verbessert werden. Und so vererben die Geburtsfehler des Viertels sich wie eine ewige Krankheit fort. Demzufolge werden heute, mit einem ungeheuren Aufwand an Energie (besonders auch an intellektueller Energie) und Kosten, bei der "erhaltenden Stadtemeue- rung" neue Wohnmöglichkeiten geschaffen, die jedoch notwendigerweise qualitativ weit zurückbleiben müs- sen bei dem, was in den etwas mehr nach außen liegen- den neuen Vierteln schon längst zur Verfügung steht. Natürlich finden die 40 bis 60 Prozent der alten Bewolmerschaft, die nach der Operation zurückkom- men, ihr Wunsch programm wohl mehr oder weniger erfüllt : eine anständige Wohnung unweit der Altstadt und auch - hoffentlich - wenigstens einen Teil ihres alten Familien- und Bekanntenkreises. Sie vergleichen ihre neue Situation noch mit dem, was sie hinterlassen hatten. Aber was wird das Urteil der nächsten Generation sein? Meines Erachtens wäre das ganze Unternehmen weder rationell und wirtschaftlich noch planerisch zu verteidigen, wenn es, ganz objektiv betrachtet, psycho- logisch und politisch nicht einfach unumgänglich gewe- sen wäre. Ob aber diese Politik bei dem heutigen und bevor- stehenden weiteren wirtschaftlichen Niedergang noch unverändert weiterzuführen sein wird, und zu welchen politischen Folgen eine etwaige Kursänderung führen könnte, läßt sich vorläufig nur vermuten. Der Fall Rotterdam Bei dem Bombardement am 10. Mai 1940 wurde nicht nur die historische Innenstadt, das heißt das ganze Geschäfts- und Ladenzentrum, vemichtet, son- dern auch große Teile der angrenzenden dichtbevölker- ten Wohnviertel aus dem 19. Jahrhundert. In der ersten Nachkriegszeit mußte alle Energie kon- zentriert werden, erst auf den Wiederaufbau von Hafen und Innenstadt, wobei das Gelände der vernichteten Wohnbezirke für eine längst notwendige Erweiterung des Irmenstadtzentrums benutzt werden mußte. Anschließend hat dann die Aufmerksamkeit der Behör- den sich dem forcierten Massenwolmungsbau in den neuen Stadterweiterungen zuwenden müssen. Demzufolge war in Rotterdam die Vernach lässigung von den alten, völlig unzulänglichen Wohnquartieren 125 wahrscheinlich noch schlimmer als anderswo. In den frühen 60er Jahren kommt es dann zu den ersten Versuchen mit Flächensanierungen, die aber eine ungewöhnlich heftige negative Reaktion der Bevölke- rung auslösen, wobei es zu sehr kritischen Situationen kommt. Die Stadtpolitik gerät in eine unzweideutig äußerst gefahrliche Sackgasse, die Sanierungsversuche müssen aufgegeben werden. In den Jahren '73 - '74, nach dem Antreten eines neuen Magistratskollegiums, wird das Problem radikal von einer anderen Seite angefaßt. Man legt wohlerwo- gen das volle Schwergewicht auf die Verständigung mit den Bewohnern. Die bestehenden, spontan aufgekommenen, oft sehr militanten Aktionskomitees in den verschiedenen Vier- teln werden offiziell anerkannt als "Bewohnerorganisa- tionen". Zur sei ben Zeit wird eine neue "Stadterneuerungsver- ordnung" erlassen. Anfangs elf (später mehr) Viertel werden als "Stadterneuerungsgebiete" ausgewiesen. In jedem dieser Gebiete wird eine gemischte "Projekt- gruppe" gebildet. Es ist kennzeichnend, daß die Vertre- ter der Bevölkerung in diesen Gruppen mit einer Stimme die Mehrheit über die amtlichen Mitglieder haben. Mit Genehmigung der Gemeinde können solche Projektgruppen eigene private Sachverständige (Planer, Architekten) heranziehen. Diese werden dann von der Gemeinde honoriert, und ihre Vorschläge kölmen von der Gemeinde als offizielle Pläne übernommen werden. Zu gleicher Zeit bildet der Gemeinderat einen besonde- ren "Unterausschuß für die Stadtemeuerung", präsidiert von dem zuständigen Beigeordneten. Dieser Unteraus- schuß tagt zweiwöchentlich in öffentlicher Sitzung für Beratungen mit den genannten Projektgruppen. In jedem Viertel wird ein "Stadterneuerungsladen" eröffnet, ein kleines Planungsbüro, zugleich amtliche Auskunftsstelle für die Bewohner. Die Besatzung dieses Büros hat ziemlich weitgehende Entscheidungsbefug- I1Isse. 126 Zugleich mit all diesen organisatorischen Reformen wird eine sehr energische und großzügige Ankaufsope- ration von zu sanierenden, bzw. zu renovierenden Häu- sern durchgesetzt. Noch muß erwähnt werden, daß die für die ganze Aufgabe notwendige enge Zusammenarbeit nach eini- ger Zeit zu einer tief eingreifenden Reorganisation und namentlich zu einer Zentralisation der gesamten städti- schen Dienste und Betriebe geführt hat. Wie gesagt: damals hat die Rotterdamer Stadtregie- rung den Schwerpunkt ihrer Zielsetzungen radikal von der eigentlichen Raumplanung und Gestaltung nach der Gewinnung eines Vertrauensverhältnisses mit der Bewohnerschaft verlegt. Ein Ziel, das wohl zu einem erheblichen Maß erreicht wurde. Diese konsequente Schwerpunktverlagerung bedeu- tete aber notwendigerweise ein fast ausschließliches Optieren für eine systematische Objekterneuerung mit nur geringen Möglichkeiten für wesentliche stadtplane- rische Eingriffe in das bestehende Gefüge (ausgenom- men einige Fälle, wo größeres Industriegelände inmitten eines alten Wohnviertels mitenteignet werden konnte). Zusammenfassend ist festzustellen, daß die von der Bewohnerschaft erzwungene" wohnviertelzentrische" Stellungnahme zum Stadterneuerungsproblem dazu geführt hat, den Planem die Sicht auf die städtische Totalstruktur sowie auf den oft mangelhaften Zusam- menhang zwischen den einzelnen alten Stadtteilen zu verschleiern und Ausbesserungen davon unmöglich zu machen. Der von den Bewohnern ausgeübte Druck hat da- neben auch wesentliche Korrekturen der meistens mise- rablen Infrastruktur innerhalb der Viertel größtenteils verhindert. Dagegen sind für die innere Einteilung und Ausstat- tung der einzelnen neuen oder renovierten Wohnungen im Vergleich mit dem ursprünglichen Zustand bedeu- tende QIalitätsverbesserungen erzielt worden. Die äußere architektonische Gestaltung dieser Woh- nungen jedoch verrät leider allzuoft die Folgen des die heutige niederländische Architektenwelt verheerenden Horrors vacui. Heute ist es aber wohl so, daß nicht nur die Füh- rung, sondern auch viele gestalterisch tätige Stabsmit- glieder des Stadtplanungsamts sich dieser unbefriedi- genden Sachlage wohl bewußt sind, und daß auch bei den beteiligten Architekten hie und da kritische Stimmen laut werden. Das Urteil der zuständigen Politiker ist mir nicht bekannt. "OUDE WESTEN" ~ o .1 • .111 EU;D!UJr"SlIv."'IC" 11711~ ~ _ I\UJI'I 8CfiQVOC" \ \\\ ./&\ I';;-:·."':.:,: .. ' ;;"' •. "".;.,;;::.;,:";~~,,!,';"=",-"'=~~.,, ••. ~,~ : _'_._ CJ 127 ROTTE ROAM 128 129 -------- - 130 131 Zum Verhältnis von Bewahrung und Veränderung - Beispiel Hannover Stadtbaurat Adrian, Hannover I. Begriffe Wer über Stadtsanierung diskutiert, sieht sich einer vetwirrenden Vielfalt von Begriffen gegenübergestellt: Sanierung, Stadterneuerung, Stadtumbau, Rehabilita- tion, Revitalisierung. Die Worte bedeuten in verschiede- nen Sprachen Verschiedenes: Das englische "renewal" bedeutet keineswegs dasselbe wie Stadterneuerung. Rehabilitation, Rehabilitati6n, Rehabilitacion dagegen bedeuten so etwas ähnliches wie unser Begriff Stadter- neuerung. Sehr viele der Begriffe sind dem Medizini- schen entnonm1en. Sanierung, Gesundmachen, weist auf einen unge- heuer überheblichen und nicht einlös baren Anspruch der Stadtentwickler und Stadtplaner hin. Rehabilitation bedeutet nach Fischers Lexikon die Wiederherstellung der ursprünglid1en Lage, d.h. Rechtfertigung, Ehrenret- tung oder Rückführung von Kranken und Verletzten mit schweren Dauerschäden zu größtmöglicher Lei- stungsfjhigkeit und seelischem Wohlbefinden sowie ihre Wiedereingliederung in Beruf und Gesellschaft. Rehabilitation erfordert von seiten des Kranken einen starken Selbstbehauptungswillen, der durch aktivitäts- fordernde Beschäftigung (Basteln, Musizieren, Diskus- sionen, Ausflüge) unterstützt werden kann. Revitalisie- rung ist das Gegenteil der Devitalisierung, was die Zahnärzte machen, wenn sie einem einen Nerv im Zahn töten. Wortzusan1mensetzungen führen keineswegs zur Klarheit. Beispiele: Erhaltende Sanierung - als körme Sanierung etwas anderes zum Ziel haben. Flächensanie- rung, ein in sich sinnloser Begriff, der lediglich das Ziel hat, das Wort Sanierung negativ zu belegen. Die Vetwirrung der Begriffe deutet auf eine Vetwir- rung in der Sache hin. Das Schlimmste: Man trägt die Begriffe als Ideolo- gien wie Falmen und Waffen vor sich her, und man benutzt sie zur Diffan1ierung der anderen. Was immer Stadtumbau, Stadtemeuerung, Stadtsa- nierung, Rehabilitation bedeuten mag, es handelt sich weder um Ziele noch um Ideologien, sondern um Instrumente aus unserem Instrumentenkasten. Wer also über das Verhältnis zwischen Flächensanierung und Objekterhaltung oder über das Verhältnis von Bewah- rung und Veränderung zu sprechen hat, ist in der Lage dessen, der über das Verhältnis von Hammer und Beiß- zange nachdenkt. 2. Defmitionen Ich habe mir vorgenommen, Ilmen einige Beispiele aus Hannover vorzuführen. Dabei möchte ich Ihren Blick darauf lenken, daß es sich in1mer um breit ange- legte Strategien handelt mit dem Einsatz versd1ieden- ster Instrumte. Es hat immer Erfolge und Mißerfolge gegeben. Ent- scheidend ist, ob man darauf reagieren konnte. Um ein wenig Ordnung zu bekommen, möchte id1 versuchen, die beiden Eckbegriffe Stadterneuerung und Stadtumbau zu definieren, um alle anderen Maßnah- men zwischen diesen bei den Positionen ansiedeln zu können. 2.1 Stadterneuerung Sei hier die selbsttätige oder von der öffentl ichen Hand unterstützte oder getragene Erneuerung von Stadtteilen genarmt - ohne funktionelle Änderung, d.h., ohne qualitative oder quantitative N utzungs- änderung. Bei einer so definierten Stadterneuerung bleibt somit die Funktion des Stadtteils völlig unangetastet. Man verzichtet auf Umwandlungen in ertragre ichere oder höhetwertige Nutzungen. Wirtschaftskräfte, die durch Nutzungsänderung angelockt werden könnten, werden am Eingreifen gehindert. N orrnaletweise erfolgt Erneuerung selbsttätig, d.h. durch viele Einzelentscheidungen von Hauseigentü- mern, Mietern und Gewerbetreibenden ohne größere behördliche Einwirkung. Dieser Erneuerungsvorgang karm aus vielerlei Gründen unterbrochen sein, die jeweils stadtteilspezifisch sind. 133 Ziel einer geplanten Stadterneuerung sollte es stets sein, diese Fähigkeit zur selbsttätigen Erneuerung wie- derherzustellen, indem die Ursachen der Unterbre- chung erkarult und behoben werden. Die einfache Reparatur eines Stadtteils oder eine einmalige Aktion kann nicht viel bewirken. Ziel ist es, die ständige Erneuerung als Prozeß zu sta- bilisieren. 2.2 Definition Stadtumbau Als Stadtumbau sei hier die quantitative oder quali- tative Änderung der Bodennutzungen in bereits bebau- ten Bereichen bezeichnet, die vorhandene, vermutete oder prognostizierte Bedürfnisse befriedigen soll. Stadtumbauten waren und sind in den Städten in mehr oder weniger großen Zeitabständen erforderlich. Veränderungen der Stadtgröße, Veränderungen der öko- nomischen Struktur, der Wohnbedürfnisse, Veränderung der Militärtechnik oder auch Repräsentationsbedürf- nisse haben zu allen Zeiten Stadtumbauten nach sich gezogen. Es ist falsch, diesen Begriff von vornherein negativ zu belegen. Bei Stadtumbauten wird es stets Leidtragende geben, so daß nicht davon ausgegangen werden kaJUl, daß Stadtumbauten unstrittig durchgeführt werden können. Stadtumbauten erfolgen übrigens nicht nur dadurch, daß eine Planung erarbeitet und durchgesetzt wird, son- dern auch dad urch, daß nichts geschieht. So kann etwa die Ansiedlung von Verkaufseinrichtungen außerhalb des historischen Stadtkerns diesen völlig aushöhlen. Sogenannte Entlastungen historischer Stadtkerne kön- nen diese ohne jede gezielte bauliche Maßnahme vom wichtigsten Umschlageplatz für Güter, Waren und Ideen zum Disneyland machen. Beispiele für tiefgreifende und die Städte heute bestimmende Stadtumbauten sind das Durchbrechen der Achse von der Mainbrücke bis zum Dom durch Baliliasar Neumann in Würzburg oder das Durchbre- chen der großen Boulevards in Paris oder auch der Neuaufbau eines modemen Geschätts- und Dienstlei- 134 stungsbereiches in Frankfurt neben dem historischen Zentrum nach der Eingliederung Frankfurts nach Preu- ßen. Alle drei erwähnten Stadtumbauten haben das weitere Schicksal der Städte bestimmt. Sie sind stadtge- schichtsbestinunend. Wir empfinden sie heute in kei- ner Weise mehr als negativ. 2.3 Jede Maßnahme in den bebauten Gebieten einer Stadt eniliält Elemente des Stadtumbaues und der Stadterneuerung in verschiedener Quantität. Wenn man Beispiele untersucht, so ist es besonders wichtig, die einzelnen Teilmaßnahmen sehr eindeutig dem einen oder anderen Bereich zuzuordnen und damit dazu bei- zutragen, den Nebel, der sich um Veränderungsmaß- nahmen legt, ein wenig zu durchbrechen. 3. Grundsätze, Erfahrungen Aus den Erfahrungen der letzten 10 oder 20 Jahre mit Stadtsanierungsprojekten läßt sich vieles lernen, auch wenn die Resultate noch keineswegs gesichert sind. Ich werde versuchen, 6 Erfahrungssätze zu nen- nen: 1. Bei Stadterneuerungsmaßnahmen gibt es unauflös- bare Zielkonflikte. Es gibt keine bürgerfreundliche als Gegensatz zu bürgerfeindlicher Planung, sondern Veränderung nützt fast immer den einen und scha- det anderen. Diese Konflikte können nicht pauschal und generell entschieden werden, sondern nur von Fall zu Fall. Zu ihrer Entscheidung braucht es Gre- mien, deren Legitimation nicht bestritten ist. 2. Bei jeder Sanierung handelt es sich um Prozeßsteue- rung und nicht um eine einmalige Aufräumaktion. Dies bedeutet, daß Zwischenzustände das Nomlale sind, ohne daß dies ein Problem sein darf. Es bedeu- tet auch, daß in den Stadtteilen verschiedene Stan- dards dauerhaft nebeneinander bestehen bleiben können. 3. Die Eingriffe müssen so gering wie irgend möglich bleiben. Sehr häufig wurden inl Zuge von Sanie- rungsmaßnahmen Verhältnisse beseitigt, die von den Bewohnern keineswegs als mißlich empfunden wor- den waren. Nicht jede Veränderung, auch nicht jedes "Schönmachen" oder "Neurnachen" ist eine Verbesse- rung. Es gib Sanierungen, die Substanz und Milieu zerstört haben, ohne daß es dafür eine wirkliche Notwendigkeit gegeben hätte. 4. Die Sanierungsmaßnahmen müssen sich auf tatsäch- lich vorgefundene Mißstände konzentrieren. Wer glaubt, im Zuge einer Verkehrsberuhigungsmaß- nahme müßten zugleich auch die Innenhöfe ent- kernt und Bäder in die Wohnungen eingebaut wer- den, begibt sich leicht in die Rolle eines Arztes, der einem Durchfallkranken einen Zahn mitzieht. Für eine große Zahl von Berliner Häusern bestand keine echte Modemisierungsnotwendigkeit, vor allem nicht, solange ein übergroßes Potential von Baulük- ken in unmittelbarer Nachbarschaft Neubauten ennöglicht. 5. Sanierung muß in so kleinen Schritten vor sich gehen, daß Kurskorrekturen jederzeit möglich sind. Planungsänderungen sind nicht ehrenrührig. Sanierergrundsatz: Hier stehe ich, ich kann auch anders. 6. Sanierungsmaßnahmen sollten nicht mit Konjunk- tursteuerungsmaßnahm~ verbunden werden. Es darf nie in Frage stehen, daß Verbesserungen für die Bewohner das Ziel sind - und nichts anderes. Das Vernebeln der Motive hat erheblich zu den derzeiti- gen Konflikten beigetragen. Sanierung darf nicht aus der allgemeinen Stadtent- wicklungsplanung herausgelöst werden, sondern ist ein Teil der Gesamtplanung. Die Städte sind eher überin- strumentiert, als daß zusätzliche Instrumente erforder- lich wären. Die größte Schwierigkeit liegt darin, die vor- handenen Instrumente koordiniert einzusetzen. 0 ie Kompetenzzersplitterung in den städtischen Verwaltun- gen hat erheblich dazu beigetragen, daß nicht alle vor- handenen Instrumente, vor allem die gezielter Investi- tionen, vernünftig eingesetzt werden konnten. 4. Beispiele aus Hannover 4.1 Oststadt, Altstadt Linden 4.2 Versuch Partitur, darzustellen und zu illustrieren, ,,Auch Mißtöne" 4.3 Hinweis auf weniger gute Resultate macht mehr Spaß 135 RASCHPlATZ I .. - r !~ .. oe 10 .. -. ~ - ~. ~ ~ I I 136 Hannover-Linden 137 - -------------------------- Aufnahmen aus dem Seminar Sl'ldl im W:lIldl'l 138 84
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZgePLEaWhx/Karlsruher%20Beitr%C3%A4ge%20Nr2.pdf
Blick in die Geschichte 1998-2003 )g e w , e ~ ~ t e ~ K n ä b e I,t(n tft e' f ~€ hl Jj le " ln d h u re ze n tr u m s K ar ls ru h e in d er S y b el sl ra ß c O cr f cs la k l zu r E in w ei hu ng d es W ai se n h au - se s fa n d i n d e m i m z w e it e n S to ck w e rk g el e g e - n en A rb ei ts sa a l d es G cb ö u d es s ta ll . H ie r h at · le n di e K in d e r kü nf ti g d ie i n P ar ag ra f 5 d er .I -ra us - u n d 'T ag es o rd n u n g " lo rm u llc rt e n • s on st ig e n B es 'c h ä fH g u n g e n " .z u ve rr ic h te n . D ie · .s o ns fi g en B es ch ii ft ig un g en " b es ta n d en n e b e n F e ld · u n d G a rt e n a rb e it i n v e rs ch ie d e - n e n H .m d h rb _c it c n . r. ü r d ie K n a b e n h e d e .u le !c d !" "" S tr u rn p fs tr lc k c n . K o rb ll e c h to n u n d S tr o h - rI .... c h l . ... n . to r d lh N 't \d e h < :> n M b n f- o d e r F lI .c h !o - . p ln n .. n . S lr i" e k .. .. u n d N l\ h " n N n c h p .. r " ( I ~ .. 1 ::> 0 .. .. ,~ ~ ~ ~.: ~ : : ! ! . ~ : : ~ ~ : .. ~ :. :: .! ~~ '! ~ ~ A d ri an B in (1 83 0 - 19 02 ) 22 J a h re l e it e te e r a u f d e r vo m L a n d B a d e n zu b es et ze nd en S te ll e al s S en at sp rä si d en t d en 11 . Z Iv ils e n a t im R e ic h s g e ri c h t L e ip z ig u n d n a h m e n ts ch e id e n d e n A n te il a n d e r A u s le g u n g u n d F o rt en tw iC k lu n g d e s R h ei n is ch -F ra n z öS i- s c h e m R e c h ts . d o s I n 7 .l rk a 1 /6 d e s d a m < tU g c n e;; I:i '.! ~H~ ~!~ ~!! ' ~ ~!! ~'I r:~ ~:: ~\ :j ~~ :; ' : ~~ !f .~ ~P I~ ~ ... ... ... .. _ ... ... .... ... ... .. ... ~ .. .. ... ... .. 1 ... ... , . .. '1 '" ,.7 ... _ .. _ ... ... ... .. _ .. - .. ... -. .. - .... .. _ --_ ... ,. -.. ,,, .. , ,._ .. - .- ~ ~ == I ~ ~ ~ ~ ~ == .. -1Il .. ;. ~ .. 1Il @II!. l ~ ... ~ = .. ... 1Il ~ I:' ~ == ~ ... @II!. .. ==: !R. ~ = - f ptreg . 'ltPIlPS'~ '!P U! 'P!lg . ll',JOA 0lU! Blick in die Geschichte KARLSRUHER STADTHISTORISCHE BEITRÄGE Band 3 1998-2003 Stadt Karlsruhe Forum für Stadtgeschichte und Kultur Karlsruhe 2004 Info Verlag Im Inhaltsverzeichnis sind Nummer und Datum des .,Blick in der Geschichte" angeben, in dem der Beitrag erstmals veröfftlicht wurde H~rausg~b!r Stadt Karlsruhe Forum für Sradrgeschichte und Kultur R~dnktion Dr. Lconhard Müller (veranewordich) Or. Manfred Koch Tncurfimung Kat ja Schmalholz Digita'~ Bi/dbtarbtitung Uta Bolch Umsc"lagg~staltung Dietmar Kup Vrrlag Info Verlag GmbH Käppeiestraße 10·0-76131 Karlsruhe Telefon 0721/617888· Fax 072 1/62 1238 www.infoverlag.de Satz Oiana Sayegh (l nfo Verlag) Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über hnp:/Idnb.ddb.de abrufbar. © 2004 . Stadt Karlsruhe Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck. auch auszugsweise. ohne Genehmigung des Verlags nicht gestattet. Kommissionsverlag: Info Verlag GmbH ISB N 3-88190-353-4 Inhalt Geleitwort .................................................................................................................................. 17 Einleitung .......... .......................................................................................................... ...... ....... . 18 Aufsätze 41 18. Dezember 1998 Vor 80 Jahren - November 1918 ............................ ........ ........ .. ...... .. ............... 20 Zur Abdankung des lerzten badischen Großherzogs Lronhard Mülltr 41 18. Dezember 1998 Siedlungen der 60er Jahre in Karlsrnbe (Teil J) ...... ........................................ 23 Harald Ringkr 42 19. März 1999 Siedlungen der 60te Jahre in Karlsruhe (Teil 11) ............................................ 28 Harald Ringltr 42 19. März 1999 Die Städtische Galerie Karlsruhe .............................................. ..... ... .............. 32 Neuer Ort, neue Möglichkeiten Erika R;idigrr-Diru! 42 19. März 1999 Einblicke in die Karlsruher Baugeschichte ....... .............................................. 34 Ergebnisse der bauhiscocischen Analyse des .,Seilerhäuschens" Holga Rtimtrs 43 18. Juni 1999 Politische Polizei in Karlsruhe zwischen Demokratie und Diktatur ............. 38 Michatl Sto//t 43 18. Juni 1999 "Die Versammlung verlief entsprechend den stürmischen Zeitverhältnissen" ...................... ............... .......... .. ...................... 41 Angtlika Sautr 43 18. Juni 1999 Ein Blick in das verborgene Herz der Stadt ..... : .............................................. 44 Htinz Schmitt 44 17. September 1999 Jahrtausendwende und die Tücken des Kalenders .............. ........................... 47 Htinz Kunlt 44 17. September 1999 Zur Geschichte der Jahrhundenwenden ... ........... ... ...... .......... .. ...................... 50 Ausblick auf die Landesausstellung im Karlsruher Schloss Jutta Drtsch 44 17. September 1999 10 Jahre .,Arbeitsstelle Bertold Brecht" in Karlsruhe ..................................... 53 fan Knopf 45 17. Dezember 1999 Zahlenwende! Zeitenwende? ............................................... ........ .. , ....... ... ...... . 57 Ltonhard Mü//t r 5 45 17. Dezember 1999 Karlsruhe um 1900 - die kaisenrc:uc: Residenz .............................................. 57 P~ur Prttsch 45 17. Dezember 1999 Aufbrüche. Niederlagen und Erfolge .................... ....... ....... .... .... ..................... 62 Die Frauenbewegung in Karlsruhe Susanm Aseht 45 17. De-tember 1999 Häuser der Stadtgeschichte 1900-2000 ..... ....... " ..... ............ ... ..... .................. 65 Ernst Dtto Bräuncht 45 17. De-tember 1999 Landwirtschaft in und um Karlsruhe ................ " ........ ..... ...................... . " ..... , 70 ArnulfBug 45 17. Dezember 1999 Vom Sport an der Fridericiana ...... . _ .......... ... ......... .. ...................... .. " ........ .... . ,.73 Oliver Pottiez / Ltonhard Mü/kr 45 17. Dezember 1999 KarJsrube - Residenz des Rechts (Teil J) ...... ..... ...... ........ .............................. 77 Rrinu Hathling von Lanunauer 46 17. März 2000 KarJsrube - Residenz des Rechts (TeilII) ....................................................... 81 &ina Haehling von Lanunautr 46 17. März 2000 Von den schwierigen Anfangen der Schülermirverantwortung in Karlsruhe ...... ..................... .. .. .. ............... .. ...... .. 86 Das Beispiel Humboldtschule RaineT Gutjahr 47 16. Juni2000 Polytuhnicum. uchniJche Hochschuk. Universität IVzrlsrulu 175 Jahu Dw-Iach als Universitätsstadt .... ..... ........ ... ............................. ..... ..................... 90 Aufstiegspläne eines wirtschaftlich darniederliegenden Landstädtchens SwamI( Asche 47 16. Juni 2000 GeschichtsWissenschaft an einer Technischen Hochschule .......... ... ... ...... ..... . 93 KlnUJ-Peur Hotplu 47 16. Juni 2000 Geschichte des Instituts für Literaturwissenschaft an der Universität Karlsruhe ............ ...... ..................... 97 UWt Japp, Claudia Stoc!tingrr 47 16. Juni 2000 "Geschichtliches Wissen und ästhetische Bildung" ................ .. ............. ....... 100 Das Fach Kunstgeschichte an der Universität Karlsruhe Anntmarit Jatggi 47 16. Juni 2000 Studienkolleg der Universität Karlsruhe ... ....................... ...... ..................... .. 104 Zentrum der Vorbereitung junger Ausländer auf ihr Smdium Klaus Ditttr Justtn 47 16. Juni 2000 Karlsruher Straßenbahn - Bindeglied zwischen Stadt und Region .... ....... .......... ... ............ .......... ........... 106 Die Universität und die Entwicklung des Karlsruher Nahverkehrs Manfrtd Koch 6 48 15. September 2000 48 15. September 2000 49 15. Dezember 2000 49 15. Dezember 2000 50 16. März 2001 50 16. März 2001 50 16. März 2001 50 16. März 2001 51 15. Juni 2001 51 15. Juni 2001 52 21. September 200 I 52 21. September 2001 53 14. Dezember 2001 53 14. Dezember 2001 175 Jahrt Polyuchnikum - Ttchnhcht Hochschuü - Univtrsität Karlsruht Gymnasien und Hochschulen in Baden und anderswo .............. .. ............... 110 Zwischen Vorbehalten und Zusammenarbeit Ltonhard Müllu .. Nous sommes les beaux enfants de Camp de Gun ... " ....................... .. ..... 116 Angdika Saua KarlsruhtT Partnastiidtr Krasnodar - Geschenk einer Zarin ........... ..... ..... ..... .... .... ... ........................... 119 Frithjof Kmrl 100 Jahre Christuskirche Karlsruhe ................................. .... .... .... ...... ........... 125 Richard Koh/mann Die Universitätsbibliothek Karlsruhe ............................................................ 128 Ein wichtiger Knoten im dcmschen Bibliotheksnen Christoph-Hubrrt Schüttt 100 Jahre Stadtverwaltung im Wandel Rückblick auf das 20. Jahrhundert ....................................................... ..... ..... 134 Ermt Otto Bräunch~ Rappenwört - ein Projekt der Karlsruher Planungs- und Baupolitik der 1920er Jahre ................................................. 139 Harald Ringkr Landesbildstelle Baden ... .... ......... ................................ ................................... 146 Neues Gebäude - neue Aufgaben Günur Sugmaiu Entnazifizierung in Karlsruhe 1946 bis 1951 .... ........................................... 149 Angria Borpudt "Mit dem Gesicht nach Deutschland" ......................................... ................. 154 Das Schicksal der Karlsruher Familie Marum im Exil Manfr,d Koch Am Oberrhein: Alltag, Handwerk und Handel 1350-1525 .............. ......... 157 Brigittr Habach-Schmidt Die Karlsruher Majolika-Manufaktur .............................. ... ..... ... ...... ... ....... .. 162 Ein Rückblick auf die lenten 25 Jahre des IOD-jährigen Unternehmens Prur Schmitt Aw der Schankammer der Badischen Landesbibliothek ............... .. ............ 166 u" Obhol Auch die Vaterlandsliebe geht durch den Magen! ................ .... ...... .... ...... .... 170 Versorgung im Krieg: Fleisch, Milch, Eier und Butter für Baden und seine Residenz 1915-1918 Viktoria Adam, Svmia Diifrnbachrr, fan Ernnnann. Simina G~rman, Sabinr Groh, Hanna Kaisrr, David Kuhs, Asysa Schw~hn 7 54 15. März 2002 54 15. März 2002 54 15. März 2002 54 15. März 2002 55 21.Juni2002 55 21.Juni2002 56 20. September 2002 56 20. September 2002 57 13. Dezember2002 57 13. Dezember 2002 58 21. März2003 58 21. März 2003 58 21. März 2003 Wirtschaftliche Betätigung der Stadt Karlsruhe - ein Rückblick ................ 176 Gtrhard S(iler Lesegesellschaften in Karlsruhe 1784-1850 ................................................. 181 Der Beginn bürgerlicher Selbstorganisation Tonten Litugang Der Landeswohlfahrtsverband Baden ........................................................... 187 Hans-Otto Walttr Morin EUstätter (1827-1905) ....................................................... ....... ........ 191 Finanzminister im Großhenogtum Baden uonhard Mü/ur Spitzel am Oberrhein ..... ........ .... ....... ..... ........................................ .... _ .......... 196 Vom Denunziationswesen in Baden im 18. Jahrhundert Lronhard Müller Karlsruhe und Carl Benz ...................... ... ........... ..... ............... ................ ....... 200 Ermt Dtto Briiuncht Der Botanische Garten in Karlsruhe ..... ... ............................................. .... .... 204 Man/ud K/inkott Ein Historiker in der Landespolitik der Nachkriegszeit ............................... 208 Pranz Schnabel als Leiter der Kultus· und Unterrichtsabteilung Nordbadens Angt/a Borgsttdt Schule und NS-Diktatur ................................................................................ 212 Das Beispiel der Karlsruher Humboldt·Schule Sandra Jung und Manutl Witttk " ... damit unnätigen Sorgen und Mißerfolgen vorgebeugt werden kann im Interesse der Stadt und der menschlichen Gesellschaft ... " ......................................................... 217 Zum 75-jährigen Bestehen der Psychologischen Beratungsstelle Karlsruhe für Eltern. Kinder und Jugendliche Angt/ika Satur Stadtplanung in Karlsruhe im 19. Jahrhundert: Der Bauplan von 1857 ................................. ..... .......... ........... ........................ 222 Harald Ringur Eberhard Gothein 1853-1923 ...................................................................... 228 Ltonhard Mii/ur Der Schlacht· und Viehhof an der Durlacher Allee ...................................... 232 DirkSttgm 8 58 21. März 2003 59 20. juni 2003 59 20. juni 2003 60 19. September 2003 60 19. September 2003 47 16. juni 2000 50 16. März 2001 55 21.juni2002 58 21. März 2003 41 18. Dezember 1998 42 19. März 1999 43 18. juni 1999 44 17. Seprember 1999 Eisbärenhaltung im Karlsruher Zoo zwischen Tradition und Faszination .............................................................................. 236 Giula von H~gtl Das allmähliche Verschwinden eines "Dinosauriers" ................................... 239 Aus der kurzen Geschichte des Karlsruher Panoramas am alten Hauptbahnhof Konrad Dusu/ 10 Jahre Stadtbibliothek im Neuen Ständehaus ........................................... 244 Von Menschen und Medien Andrta Kri~g "Oberle ist ein aufgeweckter Knabe und war fleißig in der Schule" .......... ............................................................. 248 Zum 90·jährigen Bestehen des Kinder- und Jugendhilfezentrums Karlsruhe in der Sybelsrraße Angdika Saua 100 Jahre St.-Bernhardus-IGrche am Durlacher Tor .................................... 252 Htinrich Alois Schillingtr Zeitzeugen berichten Professor Dr. ing. Dr. h. c. Heinz Draheim ... : ............................................. . 258 Ltonhard Müller Hans Joachim Hoffner, Deutsch-amerikanischer Verbindungsoffizier 1953-1990 ....... ... ................ 261 Ltonhard Müller JosefWerner, Journalist und Publizist ........................................................... 263 Ltonhard Mülltr Kurt Gauly, Erster Bürgermeister a. D .......................................................... 266 Ltonhard Mülltr Biographien Fridolin Heurich 1878-1960 ............... .. ....... .... ......... ........ .. ...... .. ........ ... ....... 270 ManfrdKoch Heinrich WenIar 1868-1943 ................................................. ...... .. ......... ...... 271 Rtintr Hathling !Ion Lanunaua Luitgard Himmelheber 1874-1959 .............................................................. 273 Barbara Guttmann Gustav Trunk 1871-1936 ..... ......... ... ........ ... ....... .. ........................... ............. 274 Frank Rabtrg 9 45 17. Dezember 1999 Rahel Strau, 1880-1963 .. ......... .. .................................................................. 275 Barbara Guttmann 46 17. März 2000 Franz von Roggenbach 1825-1907 ............................................................... 277 L~onhard Müller 47 16. Juni 2000 Wilhe1m Ei,enlohr 1799-1872 ..................................................................... 278 L~onhard Müller 48 15. September 2000 Margarethe Hormuth-Kallmorgen 1857-1916 ............ ..... ........ ... ....... ......... 280 Brigitte Baumstark 49 15. Dezember 2000 Melirra Schöpf 1901-1989 ........ .... ....... ... .......... ...... .......... ..... .. ..................... 281 Barbara Guttmann 50 16. März 200 I Gustav Zimmermann 1888-1949 ........................ ................ ..... ................... 283 Frankllobtrg 51 15. Juni 2001 Johann Georg Schlosser 1739-1799 .................................... ......... .. ..... ......... 284 Ltonhard Müller 52 21. September 2001 Rahel Varnhagen 1771-1833 ........................................................................ 286 Susanne Asehr 53 14. Dezember 2001 Hilda von Baden 1864-1952 .. ...... ... ....... ... .......... ...... ............. ....... .. ............. 287 Ltonhard Müller 54 15. März 2002 Richard Horter 1868-1942 ........................................................................... 289 ManJred Koch 55 21. Juni 2002 CI ... Faisst 1872-1948 ................................................................................. 290 Martina Rtbmann 56 20. September 2002 A1oi, Kimmelmann 1886-1946 ...... .... ...... .... .......... .................. ... ..... ............ 291 }ürgm Spangu 57 13. Dezember 2002 Eduard Devrient 1801-1877 ................................... ................... ..... ........ ...... 293 Ltonhard Mülkr 58 21. März 2003 Ernst Fuch, 1859-1929 ......... ........................................................................ 294 DdUV Fischtr 59 20. Juni 2003 Joseph Melling 1724-1796 ...... .. ...... ..... ........ ... ........... .. ................................ 296 AlmutMaaß 60 19. September 2003 Adrian Bingner 1830-1902 ...... ... ...... ... ......... ..... .......... .... ............................. 297 Dttkv FiJcht r 10 41 18. Dezember 1998 42 19. März 1999 43 18. juni 1999 44 17. Seprember 1999 45 17. Dezember 1999 46 17. März 2000 47 16. juni 2000 48 15. Seprember 2000 49 15. Dezember 2000 50 16. März 2001 51 15. juni 2001 52 21. September 200 I 53 14. Dezember 2001 54 15. März 2002 55 21 . juni2002 Carlsmher Blickpunkte Rätsel um eine Figur im Durlacher Schlossgarten ....................................... 300 Gahard Kabiask~ Der Mensch im Rhythmus der Natur .. ... ...... .. .............................................. 301 Andr~aJ Gab~fmann Badespaß im Glaspalast ................................................................................. 303 U/rike Pla,. Bürgerliche Ganenkultur in Durlach ............................................................ 305 Der barocke Pavillon vor dem Basler Tor Gtrhard Kabiask( "Dem neuen Jahrhundert zum Gruß" ....................................... ... ..... ... ...... .. 307 Manfred Koch Funktionale Ästhetik am Rhein ......... ................ ................... ....... .................. 308 U/rik~ Plau Tor zum Campus: das Hauptgebäude der Universität ................................. 310 Gahard Kabi(r;k~ Pyramide oder Reiterstandbild? ....................... ," ........................................... . 312 lutta Dr(sch Südstern - Lebendige Geschichte zwischen Sturmlampe und Kastenschloss ..................................................................... 314 U/rieh Schmid(r Die Karlsruher Uhrmacherfamilie Schmidt-Staub ....................................... 316 Zur Eröffnung einer neuen Abteilung im Badischen Landesmuseum KriJtian~ Burckhardt Die Statuen von Erwin von Steinbach und Johannes Kepler ....................... 318 Ursula Mak(/ Wasser für die Residenz ................................................................................. 320 Friedrich Wein brenners Brunnenhaus in Durlach G~rhard Kabiask( Das Karlsruher Gefangnis .............................................................................. 321 Ein Neueenaissancebau von Josef Duem R~imr Ha~hling von Lanunaua Die Künscleräfen der Majolika Manufaktur Karlsruhe ... ....... ... ....... .... ........ 323 Eva Spind"r "Terra et mundus" von Hans Kindermann ................................................... 325 Ursula M(rkd 11 56 20. September 2002 57 13. Dezember 2002 58 21. Mäu 2003 59 20. Juni 2003 60 19. September 2003 41 18. Dezember 1998 41 18. Dezember 1998 41 18. Dezember 1998 41 18. Daember 1998 42 19. März 1999 43 18. Juni 1999 43 18.Juni 1999 43 18. Juni 1999 Das Durlachcr .. Markgrafendenkmal" ......... ............................. ............. ....... 327 Susamu Asche Kunst oder Schrott? ................... ........ .... ..................... ........ ........ .............. ...... 328 Das Hirschtor im Karlsruher Schlossgarten Gerhard Knbierske Der "Märchenwald" von HAP Grieshabec ................................ .... _ .............. 330 Brigitte Baumstark Sphinx ante portas ........... ........ .. ..................................................................... 332 Monika Bachmayer Neue Adresse der Denkmalpflege in Nordbaden .... ... ... ............. ................... 334 Die Grenadierkaserne in Karlsruhe Clemms Küs~r Bücher-Blick Barbar. Guttmann: Hopfen & Malz ...................................... ... ................... 338 Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe Michaa Stolle Ernst Otto Bräunebe (Hrsg.): Mühlburg ............................................. ......... 339 StreifZüge durch die Ortsgeschichte Mathias Tröndle Dieter Vestner: Badische Revolution vor 150 Jahren ................................... 339 Geschehnisse in Baden und Durlach 1848/49 Manjhd Koch Dieter Vestner: Die Karlsburg und der Fürstenhof 'Zu Durlach ................... 339 Manfred Koch Susanne Asche / Ernst OttO Bräunche / Manfred Koch / Hein'Z Schmitt / Christina Wagner: Karlsruhe. Die Stadtgesebiebte .... ....... ...... .......................... ............... ............ 340 HamFmsk~ Klaus Bindewald: Die Albtalbahn. Geschichte mit Zukunft ........... ....... ..... 342 Von der Schmalspurbahn 'Zur modernen Stadtbahn Manfrcd Koch Auf den Spuren der antiken Welt, eine Reise durch die AntikensammJung des Badischen Landesmuseums .... .......... ........................ 343 H~lmut Grimm Ute Grau I Ulrike PI.te: 1898-1998. Vom Versicherungspalast 'Zum Rathaus West .. ....... ............ ........ ........... ........ 344 Thomas Mryrr 12 44 17. September 1999 44 17. September 1999 45 17. Dezember 1999 45 17. Dezember 1999 46 17. Mätz 2000 46 17. März 2000 46 17. März 2000 47 16. Juni 2000 48 15. September 2000 48 15. September 2000 49 15. Dezembet 2000 49 15. Dezember 2000 Elisabeth Spitzbart: Karl Joseph Berckmüller 1800-1879 ............ ............. 345 Architekt und Zeichner Manfrrd Koch Eduard Koelle: Drei Tage der Karlsruher Bürgerwehr 1849 ...................... 346 Leonhard Mül/a Elga Roellecke: Vereine und Vereinigungen. Gasthäuser .............................. 346 Chronik Wolfartsweier Peter Prttsch Manfred Koeb - Jürgen Morlock (Hrsg.): Von Graspisten zum Baden~A.irport, Luftfahrt in Mitte1haden ................... 347 Leonhard Mü//a Wolfgang H. Collum: Hugenotten in Baden-Durlach .. ............................... 348 Die französischen Protestanten in der Markgrafenstadt Baden-DurIach, insbesondere in Friedrichstal und Welschneureur Ernst Dtto Brdunch( Horst Schlesiger, JosefWerner: Die 70er Jahre ........ .... .... ....................... ..... 349 Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern L(onhard Mül/a Birgit Bublies-Godau (Hrsg.): Henriette Obermüller-Venedey, Tagebücher und Lebenserinnerungen 1817-1871 ................................... ... 350 L(onhard Mül/a Harm-Hinrich Brandt: Deutsche Geschichte 1850-1860, Entscheidung über die Nation .. ..................................................................... 350 L(onhard Mül/(r Manfred Koch (Hrsg.): Unter Strom - Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Karlsruhe ............ .. ..... ............. 352 Mnthias Trönd/( Jürgen Schuhladen-Krämer: Akkreditiert in Paris, Wien, Berlin, Darmstadt ........................ .... .... ............ 354 Badische Gesandte zwischen 1771 und 1945 L(onhard Mül/a Heinz Kunle, Stefan Fuchs (Hrsg.): Die Technische Universität an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, ... .. ............................ ...... 354 Festschrift zum 175-jährigen Jubiläum der Universität Karlsruhe (TH) L(onhnrd Mü/la Barbara Guttmann: Den weiblichen Einfluss geltend machen Karlsruher Frauen in der Nachkriegszeit 1945-1955 ................................ 355 Christina Klausmann 13 50 16. März 2001 50 16. März 2001 51 15. Juni 200 I 51 15. Juni 2001 52 21. Seprember 2001 52 21. September 2001 53 14. Dezember 2001 54 15. März 2002 54 15. März 2002 54 15. März 2002 54 15. März 2002 54 15. März 2002 Horst Fischer: Landwirtschaft und Viehzucht in früherer und heutiger Zeit ........................ ..... ............. ... ... ....................... 356 Chronik Wolfartsweiec ArnulfBug Bernhard Wien: Politische Feste und Feiern in Baden 1815-1850, ........... 357 Tradition und Transformation: Interdependenzen liberaler und revolutionärer Festkultur L~onhard Mü/fa Ernst Dtto Bräunehe (Hrsg.): Rheinhafen Karlsruhe 1901-2001 .............. 358 Doroth~a Schmitt-Holfsttin Ute GraulBarbara Guttmann: Gegen Feuer und Flamme ........................... 359 Das Löschwesen in Karlsruhe und die Berufsfeuerwehr And,(o Aftmburg Michael Ruhland: Schulhausbauten im Großherzogtum Baden 1806-1918 .............................................................. 360 }ürgm Spanga Annette Borchacdt·Wenzd: Frauen am badischen Hof, Gefahrtinnen der Großherzöge zwischen Liebe, Pflicht und Intrige .......... 361 Lronhard Mülkr Ute Grau: Schloss Augustenburg Holger Reimers, Gerhard Kabierske, Georg Manka: Ein Karlsruher Modellhaus von 1723. Das Seilerhäuschen ......................... 362 U/rikr Pfau Sergej G. Fedorov: Wilhe1m von Traitteur .................................................... 364 Ein badischer Baumeister als Neuerer in der russischen Architektur 1814-1831 Jürgm Krügrr Hansmactin Schwarzmaier: Das Dorf in der Geschichte von Land und Landschaft . ........... .................... 365 Von den Anfangen bis zum Jahr 1800. Chronik Wolfahrtsweier Lronhard Müllrr Karl Zahn: Gräber, Grüfte, Trauerstätten .......................... ........ ................... 365 Der Karlsruher Hauptfriedhof Yps KfUluba Manfred KDch (Hrsg.): Im Mittelpunkt der Menseh. Parlamentsreden Karlsruher SPD-Abgeordneter ....................................... ... 367 CkmmsRrhm Michael Stolle: Die Geheime Staatspolizei in Baden .................. ...... ...... .... 368 Personal, Organisation. Wirkung und Nachwirken einer regionalen Verfolgungsbehörde im Dritten Reich Ernst Otto Bräunehr 14 55 21. Juni 2002 55 21. Juni 2002 56 20. Sep«mber 2002 56 20. Sep«mber 2002 57 13. Dezember 2002 57 13. Dezember 2002 58 21. März 2003 58 21. März 2003 59 20. Juni 2003 59 20. Juni 2003 60 19. September 2003 60 19. Sep«mber 2003 Angela Borgstedt: Entnazifizierung in Karlsruhe 1946 bis 1951. ..... .......... 369 Polirische Säuberungen im Spannungsfeld von Besarzungspolitik und lokalpolirischem Neuanfang Manfrtd Koth Alfred Hanser 1858- 1901. Ein badischer ArchiICkt ... ..... ............ ................ 370 Manfrtd Koch Paul Ludwig Weihnacht (Hrsg.): Die badischen Regionen am Rhein ........ 371 Ltonhard Mülür Gudeun Kling: Frauen im öffentlichen Dienst des Großherrogtums Baden. Von den Anfangen bis zum Ersten Weltkrieg ..... " ...................... ...... 372 5usanm kehr Keestin Luner: Der Badische Frauenverein 1859-1918. Rotes Kreuz, Fürsorge und Frauenfrage ........ ................. ............... ................ 373 SUJannt Asehr Jürgen Spanger: Aus der Schulstube ins Leben. Die K.rlsruher Volksschulen 1716-1952 ......... .. ..... .... ................................. 374 L~onhard Müller Die Orgelstadt Karlsruhe innerhalb der Orgellandschaft am Oberrhein . ....... .... .... ... .... ......... .. ...... .. ..... .... ............ 375 MaffhiaJ Mil/~r Manfred Koch (Hesg.): Stadtplätze in Karlsruhc .................................. ..... .. 376 joufWtrnt r Gottfried Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für KarIsruhe ............... .. 378 Teil II: Der Stadtausbau und die Stadterweirerungsplanungen 1801-1826 Manfrtd Koch 900 Jahre Rüppucr. Geschichte eines Stadtteils .. ........ .... ................... ......... .. 379 Ltonhard Mülltr Elga RoeUecke: Bildung auf dem Land, Lehren und Lernen in deI" Volksschule ............................................... ........ ... 379 Ltonhard Mülkr Monika Bachmayer - Roben Dreilduft: Jugendstil in Karlsrube. Formen - Vielfalt - Fantasien ...... ........................ . 380 Ltonhard Mülur 15 Geleitwort ~ r ein Auto sicher führen will, sollte öfters in den Rückspiegel blicken. Diese Feststellung gilt auch für die Entwicklung einer Stadt. Und so knüpfe ich gerne an die Tradition meines Amtsvorgängers an, stadtgeschichdiche Darstellungen mit ei- nem lebendigen Forum zu unterstützen. Der dritte Band "Blick in die Geschichte" gleicht in seiner Struktur vorangegangenen Ausgaben, erweitert aber das Themenfeld, zeigt neue Facetten dieser lebendigen Kom- munität und lädt ein zum Nachdenken über das Gestern und Heute. Die reiche Kultur- 17 pflege in Karlsruhe würde eine Dimension verlieren, wenn dem Erinnern kein Platz ein- geräumt wird. Ich begrüße die nun vorliegende Zusam- menfassung der letzten fünf Jahrgänge des "Blick in die Geschichte", der stadthistori- schen Beilage unserer "StadtZeitung" . Möge sie auch künftig interessierte Leser finden. Heinz Fenrich Oberbürgermeister Einleitung S eit 15 Jahren erscheinen die Karlsruher stadthistorischen Beiträge in der "Stadt- Zeitung" unter dem Titel "Blick in die Geschichte". So ist mittlerweile eine Tradition entstanden, und die Redaktion dankt der Stadtverwaltung, dass nun ein dritter Band fur die Ausgaben 1998 bis 2003 erscheinen kann. Damit werden wiederum die Aufsätze, Biographien, Interviews mit Zeitzeugen, Hin- weise auf spezifische "Blickpunkte" in der Stadtlandschaft sowie Buchbesprechungen zur stadrhistorischen Literatur in einem Buch zusammengefasst und damit bibliographisch erfass bar. Sie bieten sich also als Nachschla- gewerk an und dienen damit auch der For- schung, sieht man doch Beiträge aus dem "Blick" in manchen wissenschaftlichen Arbei- ten zitiert. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei Dank gezollt, die gegen einen geringen Spesenausgleich sich mit Beiträgen beteiligt und mit gediegenem Fachwissen dem "Blick" ein spezifisches Profil gegeben haben: wissen- schaftliche solide, aber nicht nur Fachleuten zugänglich. Hier werden Originalquellen ver- öffentlicht, Zeitgenossen sprechen über bisher nicht fIXierte Vorgänge, Behördenleiter berich- ten über ihre Institutionen, Fakten, die man sonst nicht kennenlernen würde. So ist in die- sen letzten 15 Jahren ein Netz von ca. 140 Spe- zialisten entstanden, die allgemeinverständlich über ihr Fachgebiet informieren. Besonders das Interesse einer breiten Leser- schaft soU gewonnen werden, in der Zahl nicht genau messbar. weil die "StadtZeitung" mit dem Anzeigenblatt "Kurier" kostenlos an die Haushalte verteilt wird. Aber Rückmeldungen und auch die Bereitschaft zur Mitarbeit zei- gen, dass diese Beilage zum Amtsblatt bekannt ist, von vielen regelmäßig gelesen wird. Die He- rausgabe dieses Buches und das weitere viertel- jährliche Erscheinen des "Blick" mögen als Zeichen gelten, dass die Stadtverwaltung die Vermittlung lokal- und regionalgeschicht- licher Einblicke als einen wichtigen Teil im kulturellen Mosaik unserer Gemeinde be- trachtet. Auch für diesen dritten Band hat Kat ja Schmalholz die Druckvorlage und das Regis- ter erstelIr. Ihr Geschick und ihr großer Ein- satz ermöglichten es, bei der Nutzung det EDV-Einrichtungen des Stadtarchivs die Kos- ten dieser Produktion niedrig zu halten. Ohne sie wäre dieses Buch nicht entstanden. Dank gebührt schließlich Rita Dahm für die gewis- senhafte Korrektur der Texte, Uta Bolch für die digitale Aufbereitung der Bildet, Ultike Deistung für Bildrecherchen und dem Team des Info Verlags fur die bewährt gute Koope- ration. Redaktion "Blick in die Geschichte" Dr. Leonhard MillIer (verantwortlich), Forum for Stadt geschichte und Kultur, Dr. Manfred Koch, ,tellv. Leiter Institut for Stadtgeschichte 18 Aufsätze .·· · 19 Vor 80 Jahren - November 1918 Zur Abdankung des letzten badischen Großherzogs Luisc:': Y. Baden und das Großherzogspaar währc= nd des Ersren Weltkriegs. Anton Geiß, sozialdemokratischer Vorsitzender der vorläufigen Regierung, berichtete von sei- nem Besuch am 13. November 1918 in Schloss Zwingenberg, den er zusammen mit dem bis- herigen Staatsminister Frhe. v. Bodman unter- nommen hatte, um den dorthin geflüchteten Großherwg Friedrich Il. zu einer Regierungs- verzichtserklärung zu bewegen: "Der Groß- herzog sagte: 1\1so adjeu, Herr Geiß, ich wün- sche Ihnen zu Ihrem Unternehmen und Ihrem 20 neuen Amt recht viel Glück im Interesse un- seres schönen Badener Landes'. Er hat mir nochmals die Hand gereicht und geschüttelt, war aber so ergriffen, dass er sich nicht mehr halten konnte. Er hat sich umgewendet und ging. Dann kam die Großherzogin Hilda auf mich zu, reichte mir die Hand und sprach mir gleichfalls ihre Glückwünsche aus, dass es ge- lingen möge, unsere Verhandlungen zum Ziele zu führen. Die Frau hat jämmerlich geweint. Sie war ganz aufgelöst. Sie hat vorher kein Wort gesprochen. stand nur daneben mit Tränen in den Augen. Sonst war niemand da als Exzel- lenz Bodman, der ebenfalls tief ergriffen war. Auch mich hat es erfasst. Ich habe den Ein- druck gehabt, wie wenn plötzlich ein großes Unglück in einer Familie eintritt, ohne jede Vorbereitung, ein Todesfall oder dergleichen. Ich ging fort. Im Hof musste ich warten bis Exzellenz Bodman kam. Nach 15 bis 20 Mi- nuten fuhren wir weg. Als wir beieinander im Wagen saßen, sagte ich zu Exzellenz: 'Das sind schwere Stunden, nicht wahr? ' Darauf sagte er: 'Herr Geiß, das war eine dreistündige Hin- richtung, anders kann ich es nicht nennen. Es war etwas Furchtbares, was ich ausgestanden habe, bis ich den Großherzog zu dem gebracht habe, was ich schriftlich in der Tasche habe". Friedrich konnte es nicht fassen, hatte er doch ein von seinem Volk geachtetes Leben geführt. Friedrich als Erb- und Großherzog 1857 als Sohn der preußischen Königstochter Luise geboren, absolvierte er nach einer eigens für Prinzen und ausgewählte Bürgersöhne ge- schaffenen gymnasialen "Friedrichschule" ein dreijähriges Studium Generale in Heidelberg, Bonn, Leipzig und Freiburg. In seiner militä- rischen Karriere stieg er als Thronfolger rasch auf. wobei er sich bei Stationierungen in Pots- dam deutlich vom nassforschen Gardeoffi- zierston fernhielt, den sein Vetter Wilhe1m, der spätere Kaiser, so tremich artikulierte. Neben solcher Skepsis stand Kritik an mancher Entwicklung, so z. B. am zunehmen- den Antisemitismus, den er für "ein bedau- ernswertes Resultat der Verherzung" hielt. Als der Posten des Kommandierenden Generals 1901 in Karlsruhe frei wurde und der bald 80- jährige Friedrich r. seinen Sohn in der Nähe wissen wollte, lehnte Wilhe1m II. die Ernen- nung ab, weil man nicht nur bei einem kriegs- bedingten Einfall der Franzosen in Baden von einem Thronfolger schwer zu vereinbarende Maßnahmen erwarten musste, sondern weil man in Berlin die süddeutschen Fürstenhöfe separatistischer Neigungen verdächtigte. Diese Haltung führte für einige Zeit zu einer deur- lichen Verstimmung des Großherzogs gegen- über dem kaiserlichen Neffen. Als Friedrich Ir. 1907 fünfzigjährig die Nachfolge antrat, führte er die Politik seines Vater in einem Staat fort, der sich nun vom Agrar- zu einem dynamischen Industrieland wandelte. Obwohl die Nationalliberalen ihre Vorherrschaft in der Ir. Kammer verloren hat- ten, stand die Politik unter liberalem Vorzei- chen. Während des Ersten Weltkriegs konnte der seit seiner Jugend durch Gelenkrheumatis- mus gezeichnete Fürst einen militärischen Auftrag nicht wahrnehmen und lediglich mit Besuchen bei badischen Truppen die Stim- mung seiner Landeskinder verbessern helfen. Nach der Begeisterung am Anfang über die ersten Siege verbreitete sich bald Resignation angesichts der hohen Verluste. Auch in der Heimat begann durch die Erstarrung der Fronten und die Verknappung vieler Materi- alien die Siegesgewissheit zu schwinden. 21 Revolution in Baden 1917 und anfangs 1918 begannen erste Streiks in Mannheim. Die Erhebung kam aber erst durch die Matrosen-Empörung im Norden. In Baden war man bemüht, einen möglichst reibungslosen Übergang zu finden. Staatsrni- nistet von Bodman meinte, es genüge die Be- kanntgabe eines neuen Regierungsprogramms, und der Großherzog berief am gleichen 9. No- vember, als sein Vetter, Reichskanzler Prinz von Baden, den Thronverzicht Wilhe1ms Ir. bekanntgab, den badischen Landtag auf den 15. November ein, um auf die politische Aus- nahmesituarion einzuwirken. Aber die Ereignisse überstürzten sich. In Karls- ruhe wollte man eine "Revolution von oben" versuchen, Stadt- und Landtagsabgeordnete sowie Gewerkschaftsfunkrionäre schlossen sich zusammen, um die Staatsaufgaben als Wohl- fahrtsausschuss zu übernehmen. Daneben bil- dete sich ein Soldatemac. Ohne Zustimmung des Großherzogs wurde eiligst eine Regierung gebildet, die allein schon durch diesen Vor- gang nicht der gültigen Verfassung entsprach. Mit der Unterstützung bürgerlicher Parteien und von Teilen der Sozialdemokraten gelang es von Bodman, Friedrich Ir. zu überzeugen, gegen die "durch die Zeitumstände geschaffe- ne Lage einen Widerspruch" nicht zu erheben und "Kenntnis von der Errichtung einer provi- sorischen Volksregierung" zu nehmen. Gleich- zeitig wurden die bisherigen Minister "in Gna- den« aus ihren Ämtern entlassen. Am 11. November führte von Bodman den neuen Innenminister Or. Haas im bishe- rigen Stil ein und informierte ihn über einen vorbereiteten Putsch gegen den Großherzog, der gebeten wurde, sich mit seiner Familie ins Schloss zurückzuziehen. Mit Mühe gelang es, 87 Soldaten zusammenzubringen, um die am Abend tagenden Ausschüsse im Rathaus und im Innenministerium zu schützen. Als man nach 22 Uhr Schüsse aus der Richtung des Schlosses hörte, fürchteten einige eine Gegen- revolution. Sirenen heulten und Flugabwehr- geschütze gaben Schüsse ab, bis man die wah- ren Vorgänge erkannt hatte. Es handelte sich um einen Putschversuch des Obermatrosen Klumpp, der im Zivilleben berufliche Schwierigkeiten hatte und sich nun zum Politiker berufen fühlte. Mit einem Trupp zog er zum Schloss und forderte den Oberhof- meister von Göler auf, der Großherzog solle herunterkommen. Das Personal war völlig verwirrt und hörte Rufe wie "Raus mit dem größten Lump in Baden, raus mit der Alten, der Luise." Eine Vielzahl von Schüssen schlu- gen in das Schloss ein, und Göler bedrängte nun Friedrich, seine Muner Luise, seine Gat- tin und seine zu Besuch weilende Schwester Viccoria, Königin von Schweden, das Schloss zu verlassen. "Sie machten sich reisefertig, gingen ei- lends durch die rückwärtigen Gemächer nach dem östlichen Flügel ... stiegen hier durch ein Fenster in den Fasanengarten, wo in einiger Entfernung die Kraftwagen' bereitstanden. Als sie Platz nahmen, tönte das erste Heulen der Sirenen durch die Nacht und füllte sie mit der Ungewissheit neuen Schreckens. Mit welchen Empfindungen die Herrschaften davonfuh- ren, mag jeder ermessen. Vor allem war es für die greise Großherzogin Luise, die des Reiches Aufgang und Hetrlichkeit und nun seinen jä- hen Zusammenbruch erlebt hatte, unendlich bitter, bei Nacht und Nebel aus der Residenz flüchten zu müssen '\ so ein Zeitzeuge. Die fürstliche Familie suchte zunächst im Schloss Zwingen berg bei Eberbach Zuflucht, wo sich die eingangs beschriebene Szene zwi- schen Geiß und von Bodman abspielte. Tags darauf erklärte die Volks regierung, dass Baden eine "freie Volksrepublik" sei. Friedrich fürch- tete, der bisherige Zufluchtsort liege zu nahe bei Mannheim mit seiner radikalen Arbeiter- 22 schaft und zog nach Schloss Langenstein im Hegau, Besitz des Verwandten Graf Douglas. Im Sonderzug begleiteten ihn vier der neuen Minister. Im Kreis der Volksregierung hielt man mittlerweile Friedrichs Regierungsverzichts- erklärung für nicht mehr ausreichend, da die Soldatenräte nur dann eine Unterstützung der Reichsregierung Ebert - Scheidemann leisten würden, wenn eine endgültige Einführung der Republik in Baden erfolgte. So wandte man sich wiederum an von Bodman, dessen Missi- on Friedrich als "neue Zumutung" anfangs tief bewegte und die er entrüstet zurückwies, hoff- te er doch, dass die künftige Landesversamm- lung sich letztlich für ihn entscheiden würde. Schließlich musste er dem Drängen nachge- ben. um Schlimmeres zu verhüten. Am 22. November, drei Monate nachdem Friedrich am 22. August noch eine Feier zum hundertjährigen Gedenken an die badische Verfassung von 1818 veranstaltet hane, verlas von Bodrnan vor der Regierung das Schreiben, in dem es heißt: "Nachdem mir nun bekannr geworden ist, dass viele Badener sich durch den Treueid, den sie als Beamte, Soldaten oder Staatsbürger geleistet haben, in ihrem Gewis- sen gehemmt fühlen, bei der Vorbereitung der Wahlen zur verfassungsgebenden Versamm- lung sich so zu betätigen. wie sie es nach den tatsächlichen Verhältnissen und insbesondere nach der Lage im Reich für geboten erachten, entbinde ich die Beamten, Soldaten und Staats- bürger ihres Treueids und verzichte auf den Thron. Mein und meiner Vorfahren Leitstern wat die Wohlfahrt des badischen Landes. Sie ist es auch bei diesem meinem letzten schwe- ren Schritt. Mein und der Meinigen Liebe zu meinem Volke höret nimmer auf! Gott schüt- ze mein liebes Badner Land!" Verschiedene Minister dankten dem Groß- herzog, dass durch seinen Schritt die Wahl für die Nationalversammlung nun erleichtert wur- de, weil es nicht mehr um das Pro und Conrra einer Monarchie ginge. In der Kundmachung der Volks regierung vom 22. November hieß es: "Das badische Volk anerkennt die Liebe zur badischen Heimat, die der Großherzog auch wieder in den Entschlüssen der letzten Tage bestätigt hat." "Nichts sei gegen die Person des Großherzogs gesagt", hatte es schon zuvor in der sozialdemokratischen "Mannheimer Volks- stimme" vom 15. November geheißen. "Er tat nichts, was ihn hätte verhaßt machen können; wo das politische Leben strömte, da strömte es an ihm vorbei; er war nie Mittelpunkt, nie auch war er der Träger der Geschichte: nicht im Bö- sen - das fällt zu seinen Gunsten; nicht im Gu- ten - das fällt zu Lasten der Institution ... Und darum fällt mit dem Monarchen kein Amt, sondern eine Würde; keine Leistung, sondern bloß eine Repräsentation; kein befruchtendes Leben, sondern nur ein Schatten, der herein- ragte aus den Zeiten ältester Vergangenheit; ein Fremdes in unsern Tagen, ein kaum mehr Verstehbares. " LEONHARD MüLLER Siedlungen der 60er Jahre in Karlsruhe (Teil I) Trotz über 27.500 neu errichteter Wohnungen in den 50er Jahren suchten 1960 immer noch 12.000 Familien eine geeignete Unterkunft. So blieb die Förderung des Wohnungsbaues auch im folgenden Jahrzehnt eine vordringli- che Aufgabe der Kommunalpolitik. Der vor- läufige Flächennutzungsplan von 1961 ent- hielt Darstellungen zahlreicher neuer Wohn- bauflächen. Flächen in städtischem Eigentum gewannen, unabhängig von den natürlichen Gegebenheiten, große Bedeutung. In den 50er Jahren begonnene Wohnquartiere in der heu- tigen Nordweststadt, in Rintheim und in der Waldstadt wuchsen weiter, neue Quartiere entstanden. Neben den hier ausgewählten fünf Siedlungen sind dabei zu nennen: die weitere Bebauung des nördlichen Seldeneck'schen Feldes und des Beiertheimer Feldes, Heiden- stücker-Nord, die Europa-Schule-Siedlung, das nördliche Knielingen (Sudetenstraße) und die Fortsetzung der Durlacher Hangbebau- ung. Erwähnenswert ist noch die "Richt- Wohnanlage" nördlich des Durlacher Güter- bahnhofs mit 400 Wohnungen, vorwiegend in vier Hochhäusern. Ein zweiter Bauabschnitt 23 mit Terrassenhäusern folgte 1968. Die Rhein- stadt als Wohnstandort in der Burgau blieb auf dem Reißbrett. Zwischen 1960 und 1969 wurden in Karlsruhe um die 25.400 Wohnun- gen gebaut, 3.400 Unterkünfte gingen durch Abbruchrnaßnahmen und Umnutzungen ver- loren. Für Ende 1969 weist die Statistik für die Gesamtstadt einen Bestand von ca. 95.700 Wohnungen auf; die Zahl der Einwohner nahm in dieser Zeit von ca. 239.000 auf ca. 258.000 zu. In den 50er Jahren schien dutch den Sied- lungsbau mit seinen oft fünfgeschossigen pa- rallelen Zeilen und den weiten dazwischen lie- genden Freiflächen die ,,Auflösung" der tradi- tionellen Stadt ang,sagt. Das folgende Zitat aus dem "Karlsruher Wirtschaftspiegel 1961" verdeutlicht die damaligen Ziele: "In den neu- en Wohngebieten wurden so die modernen Städtebauforderungen, wie Trennung von Fuß- und Fahrverkehr, Verkehrssicherheit, Einpla- nung von Grün- und Erholungsräumen mög- lichst in Verbindung zu stadrnahen Wald- und Erholungsflächen, richtige Einplanung von Kinderspielplätzen, Kindergärten und Schu- Siedlun gen und Wohnprojekre in den 60er Jahren . len mit der Anordnung gefahrloser und kurzer Fußwege. zweckmäßige ~ordnung kleinerer und größerer Einkaufszentren und stark auf- gelockerte Bauweise um Licht. Lufi: und Son- ne in die Wohnungen und dazwischen liegen- de Grünflächen hereinzulassen. in weitgehen- dem Maße verwirklicht." Im Laufe der 60er Jahre wurden in neuen Baugebieten ofi: unter- schiedliche Gebäudeformen wie Hochhaus. Scheibe und Reihenhaus kombiniert. Der Städtebau vieler Siedlungen der damaligen Zeit lässt uns aber heute deutliche Ordnungs- muster. Kompaktheit und Raumbildung ver- missen. Zwei der später beschriebenen Bauge- biete. die Baumgarten-Siedlung in Rüppurr und das Wohnquartier im Eichbäumle in der Waldstadt. erhalten auch heute noch die über- regionale Aufmerksamkeit als Muster für qua- litätvollen und flächensparenden Siedlungs- bau in der Stadt. 24 Bergwald-Siedlung Bereits 1954 sprach der damalige Oberbürger- meister Klotz mit Landrat Groß über eine Be- bauung des gesamten Hanggebietes oberhalb der Bundesstraße 3 von Durlach bis nach Ett- lingen. Das Gelände sollte für Einzelhäuser in Flachbauweise erschlossen werden. ohne aber Waldflächen in Anspruch zu nehmen. 1957 sprach sich der Stadtplanungsausschuss für eine Bebauung des Hanggebietes auf Karlsru- her Gemarkung aus. Später folgten auch die dafür notwendigen planungsrechtlichen Rege- lungen. Die Bebauung von Hängen ist aus landschaftsplanerischen und klimatischen Er- wägungen immer problematisch und verlangt deshalb anspruchsvolle Planungsarbeit. Die damaligen Planer und Politiker waren noch nicht sensibilisiert für diese Anforderungen. Die Abwägung beschränkte sich lediglich auf die Frage, ob Waldverlust vermeidbar sei. Der freien Landschaft mit Wiesen, Gehölz und Streuobstlagen schien man noch keinen Wert beigemessen zu haben. Ende 1959 gelangte erstmals der Bergwald in das Visier der städtischen Planer. Das Nicht- berücksichtigen des Gebietes in der 1960 er- stellten Landschaftsschutzkarte und die Aus- weisung im vorläufigen Flächennutzungsplan 1961 galt als kommunalpolitische Zustim- mung. 1962 konnte die Öffentlichkeit im Rahmen der Ausstellung "Karlsruhe plant und baut für seine Bürger" bereits zwei Bebauungs- varianten für das 29 ha große, sich im städti- schen Eigentum befindliche Hanggebiet be- sichtigen, eine für 1.500 Einwohner, die ande- re für 2.500. Die Stadtverwaltung holte ein Gutachten beim Lehrstuhlinhaber für Städte- bau an der Universität Karlsruhe, Professor Bayer, ein, um in der .kommunalpolitischen Auseinandersetzung eine Entscheidungshilfe zu erhalten. Denn es ging um die Frage "Hoch- häuser auf dem Bergwald?" . Insbesondere die "mittelbadischen Waldfreunde" und deren Vorsitzender Dr. Otto Figlestahler lehnten die Modellfow der ersten Planung für die Bcrgwald-Sicdlung. 25 Bebauungsvariante mit Flach- und Mittel- hochbau und drei 10-geschossigen Hochhäu- sern auf der Bergkuppe gegenüber der Varian- te mit ausschließlich Flachbau ab. Der Eingriff in den Wald schien keine besondere Rolle mehr zu spielen. Die eingeholte Expertise enthielt das Votum für die Hochbebauung, auch unter dem Gesichtspunkt der Infrastrukturkosten. Selbst die Siedlungsgröße von 2.500 Einwoh- nern liegt jedoch weit unter dem Orientie- rungswert einer Mantelbevölkerung für eine tragfähige Ausstattung mit öffentlichen und privaten Versorgungseinrichtungen. So begann 1963 die Erschließung, der Bau der ersten Häuser begann 1965, der Bebauungsplan mit seinen umfangreichen Bauvorschriften folgre 1966. Mit der baukünstlerischen Oberleitung wurden die Architekten Möckel und Schmidt beauftragt. Ein Vergleich mit der Hangbebau- ung der späteren Jahre oberhalb der Bundes- straße 3 - ein Beispiel für Behäbigkeit und "Neureichtum" - zeigt gestalterische Konse- quenz, die eine "Basisqualität" erreicht. Die Bebauung gliedert sich in die erwähnte Kup- penbebauung mit drei 10-geschossigen Schei- ben. in die Zone mit Mittelhochbau und Ver- sorgungseinrichtungen und in Bereiche mit Reihen- und Einzelhäusern. Ein Grünstreifen mit Treppenanlagen bildet die Siedlungsmitte. Die Verkehrs erschließung erfolgt über eine Ringstraße mit zwei Verbindungsspangen. Heute leben nur noch an die 1.300 Men- schen in der Siedlung. über die bereits 1973 in der Presse kritisch bilanziert wurde: Isolation. schlechte Versorgung. nicht gelungene Einbin- dung des oberen Teils der Siedlung in die Landschaft. Baumgarten-Siedlung Gemeinsamkeiten und dennoch große Unrer- schiede bestehen zwischen der Bergwald-Sied- lung und dem sich nun zu widmenden Bauge- biet. Gemeinsam ist ihnen der Baubeginn Mitte der 60er Jahre. der 10- und 4-geschos- sige Wohnungsbau. Reihenhäuser. Einzel- und Doppelhäuser. die Siedlungsgröße um 28 ha und die angestrebte Einwohnerzahl von 2.500. Wohnfolgeeinrichtungen. Ringerschlie- ßung. Als Unterschiede si~d zu nennen: das im Süden Rüppurrs situierte Areal ist keine ,.Insel" in der Hanglandschaft. sondern er- gänzt einen Stadtteil; er liegt im nahen Ein- zugsbereich der Stadtbahn und verfügt in sei- nem Kernbereich. der eigentlichen Baumgar- tensiedlung - auch "neue Gagfah" genannt- über ein Beispiel hochwertigen Siedlungsbau- es. Die "alte Gagfah". ab 1956 erbaut. liegt westlich der Herrenalber Straße. Das Mitglied der "Werkgemeinschaft freier Architekten Karlsruhe". Paul Schütz. enrwarf diese Anlage für die GAGFAH (Gemeinnürzi- ge Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heim- stätten). die 327 Eigentumswohnungen und 218 ein- und zweigeschossige Eigenheime bis 1971 errichtete. Das 1918 von der Vorgänge- rin der Bundesversicherungsanstalt für Ange- stellte. gegründete Unternehmen betrieb schon 26 in der Weimarer Republik innovative Wohn- bauprojekte mit Architekten wie Walter Gro- pius und Johannes GÖderitz. Später erfolgte eine Ergänzung auf Flächen. die nicht mehr für öffentliche Einrichtungen benötigt worden sind. Der Siedlungs teil mit dem verdichteten Flachbau zieht seit langem die Aufmerksam- keit der Fachwelt auf sich. So wurde die Ver- leihung des Hugo-Häring-Preises von 1970 wie folgt begründet: "Die Wohnsiedlung .. . zeigt eine starke Verdichtung. bei welcher neben städtebaulichen Vorzügen ein Maximum an privater Wohnatmosphäre erzielt wird. lo- benswert ist die werkgerechte Durchbildung aller Einzelheiten." 1976 folgte die Auszeich- nung mit der "Weinbrenner-Plakette" der Stadt Karlsruhe und 1980 die Prämierung beim Landeswettbewerb "Wohnen am Stadtrand". Der größte Teil der Flachbebauung steht in- zwischen unter Denkmalschurz. Nach den eigenen Aussagen von Paul Schütz. dem veranrwortlichen Architekten und späteren. leider schon 1985 verstorbenen Architekturlehrer an der Universität Karlsru- he. entstand das Konzept aus der Auseinander- setzung mit den damals herrschenden Bedin- gungen wie Wunsch nach Einfamilienhaus. Eigentum. Bevölkerungswachstum und der damit verbundenen "Landzerstörung". So bil- ModdlfolO dc=r ersten Planung für die Baumgartcn-Sicdl ung. Teil der Bebauung Mim Eichbäumle" vom zentralen Platz aus gesehen. den die Zeilen mit in der Regel 12 schmalen oder sechs breiteren Reihenhäusern Gruppen. die durch ein vetästeltes. mit kleinen Plätzen unterbrochenes Wegenetz erschlossen sind. Ein Spaziergang auf diesen Fußwegen vermit- telt dem Besucher die hohe Qualität des Wohn- quartiers. Die gärtnerischen Anlagen entwar- fen Hans Luz und Wolfgang Miller. Acht ver- schiedene Haustypen auf 150 bis 250 qm gro- ßen Grundstücken lassen eine Uniformität trotz des einheitlich weiß getünchten Mauer- werks vermeiden. Sichtgeschützte private Gar- tenhöfe erweitern die Wohnungen nach Sü- den ins Freie und bereichern mit ihrer Vegeta- tion das Erscheinungsbild. Die Parkierung erfolgt in sieben Garagenhöfen. die an den Heinrich-Heine-Ring und an einen daran angeschlossenen Bügel. die Reinhold-Schnei- der-Straße. angebunden sind. Der größte Teil der Gesarntanlage einschließlich des Laden- zenuurns. Kindergartens und der großen Spiel- platzanlage kann ohne Überquerung einer Suaße zu Fuß erschlossen werden. Der Süden Karlsruhes birgt mit der Baum- garten-Siedlung neben dem Dammerstock und der Gartenstadt ein drittes Ziel für die an der Wohnkultur und Siedlungsgeschichte In- teressierten. 27 Im Eichbäumle In der Waldstadt-Feldlage ist ein Ergebnis mit ähnlicher Zielsetzung wie die Baumgarten- Siedlung zu besichtigen. Eine Fläche von ca. 8.000 qm südlich des Otto-Hahn-Gymnasi- ums bietet Platz für 19 Einfamilienhäuser auf Grundstücksflächen zwischen 245 und 386 qm. Trotz der vier Haustypen. ein- oder zwei- geschossig. mit Wohnflächen zwischen 96 und 135 qm. bleibt die gestalterische Einheitlich- keit gewahrt. Die Grundlage dafür bilden die gleiche Formensprache durch die kubischen Elemente. die differenziert gestaffelten Bau- körper und gleiche Materialien wie Kalksand- stein-Sichtmauerwerk, Rahmen aus dunklem Holz und Mauerabdeckungen aus Sichtbeton. Dieser bemerkenswerte Mosaikstein im Siedlungsgefüge der Waldstadt war als Sonder- schau "H aus und Garten U im Rahmen der Bundesgartenschau 1967 der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Die Planung lag in den Händen von Dorothea Haupt. Petet Haupt. Ernst Jung und Wolfgang Siegmann (Gartenge- staltung) . Die Architekten suchten im Auftrag der Hausbau Wüstenrot GmbH als Bauherrin neue Möglichkeiten des verdichteten Flach- baues. die auf kleinen Grundstücken Wohn- qualitäten des freistehenden Einfamilienhauses aufWeisen. Intensiv nutzbare Wohngärten ohne die Einsehbarkeit durch die Nachbarn und Passanten sind dazu ein Beitrag. Die Dichte der Bebauung und Ausnutzung der Grundstü- cke ist aber geringer als im Flachbauquartier der Baumgarten-Siedlung. Ähnlich wie dort bleiben die Autos in Garagenhöfen an der Straße. Wohnwege führen auf einen kleinen Platz als Mitte der Bebauung. Da es sich bei diesem kleinen Wohnquartier um einen bei- spielhaften Beitrag zur Architektur der 60er Jahre handelt. steht es als Kulturdenkmal un- ter Schutz. HARALD RI NGLER Siedlungen der 6Üer Jahre in Karlsruhe (Teil II) Die folgenden Beispiele für den Wohnungs- bau der 60er Jahre sind sehr unterschiedlicher Natur. Die Anfänge der Rheinstrandsiedlung Daxlanden liegen in den 30er Jahren. Ende der 50er Jahre setzte sich die Bebauung fort. Baurnaßnahmen in der Kriegs- und Nach- kriegszeit unterbrachen diese bis zum Ende der 50er Jahre. Mit Oberreut, ebenfalls im Karlsruher Südwesten, war der Bau einer "Tra- bantenstadt" beabsichtigt. Ende der 60er Jahre entstand an der Kaiserallee Wohnungsbau auf einer ehemaligen Industriefläche. Damit serzte sich der innerstädtische Wohnungsbau in Form von Großwohnanlagen wieder fort, wie er vor dem Zweiten Weltkrieg häufig zu fin- den war (Gottesauer Block, Rüppurrer-/Stutt- garter Straße, Alkerblock in der Ebertstraße, Hermann-Billing-Straße, Meidinger Block in der Kriegsstraße). Mitte der 50er Jahre ent- standen an der Karlstraße das Wohnhochhaus Schmiederplarz und die vorgelagerte Ladenzo- ne mit dem Ringcafe. Wohnungsnot und stei- gendes Bevölkerungswachstum verlangten aber weitere Siedlungen. Rheinstrandsiedlung Der Mieter- und Bauverein, eine 1897 ge- gründete Karlsruher Genossenschaft mit heute über 6.500 Wohnungen, ist der Bauträger die- ser im Südwesten der Stadt liegenden Sied- lung. 1935 kaufte der Verein 24,7 ha Gelände und erhielt von der Stadt eine ehemalige Müll- grube geschenkt. Damit war die Auflage ver- bunden, dort eine Grünanlage anzulegen. Beabsichtigt war der Bau einer "Gemein- schaftssiedlung" der Reichsregierung für 500 Einfamilien- und Reihenhäuser mit dem Na- men ,.Adolf-Hitler-Siedlung". Da keine Ei- 28 genheime errichtet wurden, gab es keine Un- terstützung des Reiches und keine Genehmi- gung für die Namensgebung. Es war das erste Siedlungsprojekt des Vereins, der sich bisher nur im Geschosswohnungsbau engagiert hat- te. 1937 zogen die ersten Mieter ein, nachdem 1936 ein Wettbewerb zur Erlangung eines Siedlungs planes durchgeführt worden war. Die Siedlung sollte "im gesamten Aufbau ein richtungsgebendes Vorbild nationalsozialisti- schen Gedankengutes sein", damit auch ein der Dammerstock-Siedlung der "Systemzeit" ideologisch entgegengesetztes Beispiel. Der zweite Preisträger Prof. Heinrich Mertens aus Aachen wurde mit der weiteren Bearbeitung beauftragt, da er im Gegensatz zum strengen, an Dammersrock erinnernden Entwurf der ersten Preisträger Prof: Karl Wach und Hein- rich Roßkotten aus Düsseldorf durch ge- schwungene Straßen, Dorfplatzidylle (,.Am Anger") und Häuser mit steilem Satteldach dörfliche Atmosphäre suggerieren wollte. Großstadtfeindlichkeit und Verhertlichung der bäuerlichen Lebensweise waren die leitli- nien für den Wohnungs- und Siedlungsbau. Nachdem 288 Wohnungen erstellt worden waren, erzwang det Bausroffmangel 1940 die Einstellung der Bautätigkeit. Nach der Beendigung des Wiederaufbaues der teilweise zerstörten Siedlung im Jahre 1957 lebten dort über 1.200 Menschen. Ein Jahr später folgte der Weiterbau durch den Mieter- und Bauverein nach einem neuen Be- bauungsplan, der die Grundlage für einen Endausbau für 8.000 Einwohner auf einer ge- samten Siedlungsfläche von inzwischen 56 ha bildete. 1971 wohnten über 5.000 Einwohner in 1.250 Wohnungen. Reihenhäuser, Mittel- hochbau und achtgeschossige Punkthäuser Rhc= inst r:mdsic=dlung: Ladc=nzemrum . prägen diesen Stadtbereich mit seiner 60-jäh- rigen "historischen Mitte'\ die heute unter Denkmalschutz steht. Ladengeschäfte, eine Apotheke und ein Cafe sicherten damals die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen für den täglichen Bedarf. Ein evangelisches Gemeindezentrum mit Kindergarten, ein Ju- gendzentrum und die teilausgebaure Adam- Remmele-Schule ergänzen die Infrastruktur. Bis 1990 hatte der Miter- und Bauverein über 1.750 Wohnungen erstellt. Nördlich davon war bis dahin auch das Baugebiet "Daxlanden- Ost" entstanden. Oberreut-Waldlage Die Erweiterung der Stadt nach Süden war schon im Entwurf des Generalbebauungspla- nes 1926 angedacht. Die Planer sahen aber die Gleise der Pfalzbahn als Hindernis, auf deren Beseitigung die gesamte Plankonzeption be- ruhte. Ab 1959 verstärkte sich die Suche in- nerhalb der Stadtverwaltung nach möglichen Bauflächen. Erste Gedanken über eine weitere Waldstadt in Blankenloch regten sich in Karls- ruhe - so hatte doch schon die Inanspruch- nahme der staatlichen Waldflächen für die Waldsradt verhältnismäßig wenig Schwierig- keiten bereitet. Das Umland sah die drohende Eingemeindungsgefahr, was die Überlegung . im Sand verlaufen ließ. Waldflächen in städti- schem Eigentum waren aber noch interessan- ter für den Siedlungsbau. Der Wegfall einer komplizierten Bodenordnung und die fehlen- de Abhängigkeit vom Bauwillen privater Ei- gentümer ermöglichte eine schnelle Realisie- rung. So trieb die Stadtverwaltung die Planun- gen für den Bergwald und Oberreut, wo die- se Gegebenheiten vorlagen, voran. Die Bauar- beiten für Oberreut begannen 1963. 29 Luftfoto (1969) von Nordosten aus aufObcrrcm-Fcldlagc. Ende der 50er Jahre begann in der Bundes- republik Deutschland an den Rändern von Großstädten der Bau von Großsiedlungen. die oft als .. Satellitenstädte" oder .. Trabantenstäd- te" bezeichnet wurden. Köln-Chorweiler. Mün- chen-Fürstenried und Saarbrücken-Eschberg sind Beispiele dafür. Die Karlsruher Waldstadt zählt noch zum Städtebau der Phase zuvor. Oberreut war als Satellitenstadt. auf Karlsru- her Größenverhältnisse ausgerichtet. gedacht. . Auf einer ca. 100 ha großen Fläche zwi- schen Bulach und der Heidenstückersiedlung sollte nach ersten Vorstellungen eine Wohn- siedlung für 12.000 Menschen enrstehen. La- denzentren. Schulen. ein Kino und ein Hotel sah man als Infrastruktur vor. Ein wichtiges Ziel lag dem ersten Gesamtenrwurf von 1962 zu Grunde. nämlich preiswerte Wohnungen vor allem für kinderreiche Familien. Die kli- matisch günstige Lage im Südwesten der Stadt wurde als besonderer Vorteil betont. Städti- 30 sches Eigentum war nur als Waldfläche vor- handen. was den ersten Bauabschnitt als .. Ob- erreut-Waldlage" auf25 ha Fläche bestimmte. Meist Nord-Süd gerichtete Blöcke mit vier und acht Geschossen prägen die Bebauungs- struktur. Neben Reihenhäusern bringen drei winkelförmige Wohnzeilen erwas Abwechs- lung in den Städtebau. Der resdiche Waldbe- stand konnte zum Teil in die Gestaltung ein- bewgen werden. Gebaut wurde ohne Bebau- ungsplan. der erst 1967 Rechtskraft erlangte . Bis 1970. dem Jahr der Vollendung dieser Etappe. wuchs die Einwohnerzahl auf über 5.700 der Bestand an Wohnungen auf 1.160. Ober 600 Wohnungen davon realisierte die städtische "Volkswohnung" . Die weitläufige Meinung. die wegen der Altstadtsanierung um- gesetzten Menschen hätten in Oberreut eine neue Bleibe gefunden. stimmt nur teilweise. In dem 1961 festgelegten Ersatzwohnungspro- gramm. in den nächsten 1 0 Jahren eintausend Sozialwohnungen zu schaffen, waren auch an- dere Stadtteile einbezogen. Heute leben in der Waldlage etwa 3.500 Menschen. Es folgte Ende der 60er Jahre der Bauab- schnitt "Mittelreut", dessen Planung in den Händen von Erich Schelling lag. Gegenüber der Waldlage erhöhte sich die Bebauungsdich- te durch höhere Gebäude. Seit 1971 arbeitete das Stadtplanungsamt an einer neuen Planung für die Feldlage, ebenfalls mit dem Ziel einer höheren Verdichtung. Weitere Überarbeitun- gen folgten, deren Ergebnisse heute besichtigt werden können. Nach über 35 Jahren seit dem ersten Spatenstich geht Oberreut nun auf die bauliche Vollendung zu. Eigentumswohnungscenter Kaiserallee Neben dem Siedlungsbau auf der "grünen Wiese" trägt der innerstädtische Wohnungs- bau auf vormals gewerblich genutzten Flächen ebenfalls zur Deckung der Wohnungsnachfra- ge bei. Die Umnutzung von Gewerbebrachen wird heute als ein wichtiger Beitrag zur Res- sourcenschonung propagiert. Derartige "Kon- versionen" gibt es in Karlsruhe schon länger. Der 1968 begonnene Bau von über 500 Woh- nungen und Geschäften an der Kaiserallee, auf einer Fläche von 20.000 qm, ist nach der 1964 Eigemumswohnungsccßtcr Kaiserallee mit dem ehemaligen Promenadenhaus im Vordergrund. 31 begonnenen Richt-Wohnanlage mit 400 Woh- nungen ein weiteres Beispiel dafür. Ein ca. 3,6 ha großes Areal zwischen dem damaligen Gaswerkgelände und der Scheffel- straße war ab 1865 von der Brauerei Printz genutzt worden. Nach dem Bau von Eis- und Lagerkellern der in der Innenstadt gelegenen Brauerei vollzog sich ab 1875 die gesamte Bierproduktion auf diesem Standort. Durch die Fusion mit der Brauerei Schrempp ver- blieb in den 1920er Jahren nur noch die Mäl- zerei an der Kaiserallee. Die übrigen Gebäude wurden dann von anderen Firmen genutzt. Ende der 1960er Jahre ging mit den Abbruch- arbeiten diese Phase der Industrialisierung in der Weststadt dem Ende zu. Die Umnutzung des benachbarten Stadtwerke-Geländes folgte ungefähr ein Jahrzehnt später. Das von Architekt Gerhard Pfisterer be- treute Großprojekt wurde über Befreiungen von der damaligen . städtischen Bauordnung, d. h. ohne Bebauungsplan als planungsrecht- liche Grundlage realisiert, eine heute rechtlich und kommunalpolitisch nicht mehr mögliche Vorgehensweise. Die Wohnanlage besteht aus zwei 18-geschossigen langgestreckren Hoch- häusern, einem siebengeschossigen Büroge- bäude mit anschließendem fünfgeschossigen Laubenganghaus mit den der Kaiserallee abge- wandten Wohnungen. An der Nordwestecke des Geländes erinnern heute noch zwei Bau- ten an das ausgehende 19. Jahrhundert, das für die Witwe Printz 1893 errichtete Wohn- haus und das anschließende Eckgebäude Kai- serallee/Scheffelstraße von 1884. Die Scheffel- straße wird von einem Mittelhochbau mit ei- ner Ladenzone im Erdgeschoss begrenzt. Eine Kuriosität stellt das ehemalige 1814/ 15 errichtete Promenadenhaus von Friedrich Weinbrenner neben den über 150 Jahre später errichteteten Hochbauten dar. HARALD RINGLER Die Städtische Galerie Karlsruhe Neuer Ort, neue Möglichkeiten Im Mai 1997 bezog die Städtische Galetie ihr neues Domizil im Lichthof 10 des Hallenbaus A, und im Oktober des Jahres fand die glanz- volle Eröffnung des Hauses mit Zehntausen- den- von Besuchern und einem erheblichen Medienspektakel statt. Deurschlandweit WUt- de dieses Ereignis in Radio und Fernsehen aus- gestrahlt und auch die Städtische Galerie als bedeutender Nachbar des ZKM gefeiert. Vier Jahre der Vorarbeit - der ständige Dialog mit dem Team des Architekten, dem ZKM, det Kommunalbau GmbH sowie Fachberatern hinsichtlich Technik, Equipment etc. sowie intensive Überlegungen vor allem zur Konzep- tion der ständigen Schausammlung - diese konnte seit Ende det 80et Jahre im Prinz-Max- Palais aus Platzgtünden nicht mehr gezeigt werden - waren dem vor~ngegangen. Heute, knapp anderthalb Jahre nach dieser denkwür- digen Eröffnung, ist es an der Zeit, eine vor- läufige Bilanz zu ziehen. Dies umso mehr, als die Städtische Galerie im September 1998 mit der Präsentation ihrer ersten Sonderausstel- lung "Deutsche Künstlerkolonien 1890-1910" im neuen Hause an ihr Ausstellungsprogramm wieder anknüpfte, und das mit großem Erfolg. Mit der Verlegung det Städtischen Galerie aus dem Prinz-Max-Palais in den Hallenbau hatte sich ein Programmwechsel sowohl in der Geschichte der Galerie als auch in der Kultur- politik der Stadt vollzogen. Als direkter Nach- bar und unter einem Dach mit dem ZKM und dessen zwei Museen, sowie der Hoch- schule für Gestaltung und künftig auch dem Sammlermuseum ist die neue Städtische Ga- lerie im Hallenbau nunmehr Teil eines En- sembles von Institutionen geworden, die den 32 Bürgern und Bürgerinnen ein ungewöhnlich breites wie faszinierendes Spektrum an Kunst, Kultur und Medien bieten. Diese facettenrei- che Bündelung von hochkarätiger Kunst und Medien an einem Ort ist europaweit einmalig! So ist die neue Städtische Galerie nicht mehr das solitäre "Juwel im Herzen der Stadt", son- dern eine gewichtige Stimme im Chor der In- stitutionen im Hallenbau A, wobei sie mit ihren Sammlungen von badischer Kunst seit 1850, deutscher Kunst nach 1945 und der hochrangigen, im internationalen Leihverkehr äußerst begehrten Sammlung Garnatz den mehr traditionell orientierten Grundakkord bildet. Das eigene Profil der Städtischen Gale- rie wird umso deutlicher, je mehr in den be- nachbarten Lichthöfen des ZKM vorwiegend Medienkunst geboten wird. Insgesamt geht es darum, ein möglichst pluralistisches wie span- nungsreiches Angebot zu machen, sodass die Besucher, von Lichthof zu Lichthof wech- selnd, in die unterschiedlichsten Erfahrungs- welten moderner Ästhetik eintauchen können. Neues Umfeld Dieses fruchtbare Nebeneinander der Kunst- und Kultureinrichtungen im Hallenbau A mit seinen unterschiedlichen inhaltlichen Schwer- punkten nimmt der Besucher wahr, wobei für ihn die verschiedenen Trägerschaften irrele- vant sind. Mit dem Begriff ZKM ist zumeist der Hallenbau A als ganzer gemeint und nicht speziell das Zentrum für Kunst und Medien- technologie, das sich mit seinen Museen und Forschungs-Eintichtungen in den Lichthöfen 6 bis 9 zwischen Städtischer Galerie (Lichthof 10) und Hochschule für Gestaltung (Lichthö- fe 3 bis 5) befindet. Eine durchgängige Erleb- nisachse durch die Lichthöfe im I. OG wird künftig die Einheit noch unterstreichen. Die unmittelbare Nachbarschaft von Städ- tischer Galerie und ZKM-Museen hat sich bisher als außerordentlich positiv erwiesen. Auch nach dem naturgemäßen Abflauen der Besucherströme nach der Eröffnung 1997 wurden im Jahr 1998 rund 20.000 Eintritts- karten verkauft, die sowohl den Besuch der ZKM-Museen als auch den der Städtischen Galerie umfassten. In dieser Zahl sind jene 17.000 Besucher nicht enthalten, die bis zum Jahresende 1998 speziell wegen der Son- derausstellung "Deutsche Künstlerkolonien 1890 -1910" gekommen waren und sich bei dieser Gelegenheit oft auch die Schausamm- lung in den oberen Geschossen ansahen. Auf- grund des Ansturms im Januar 1999 konnten für diese Sonderausstellung schließlich über 25.000 Besucher verzeichnet werden. Mit dem restlosen Ausverkauf des Katalogs zur Ausstellung "Deutsche Künstlerkolonien" bei einer Auflage von 4.000 Exemplaren brach die Städtische Galerie sämtliche diesbezügliche Rekorde ihrer Geschichte. Insgesamt hat sich die Situation der Städ- tischen Galerie im Hallenbau A, Lichthof 10 grundlegend verbessert. So hat sich die Aus- steUungsfläche etwa verdreifacht, ist die Schau- sammlung dauerhaft präsent, sind auch Tech- nik-, Verwaltungs- und Depotbereiche groß- zügig bemessen und ausgestattet, steht eine eigene Fläche für Sonderausstellungen zur Verfügung. Als sinnvoll und äußerst nützlich erweist sich der Vorrragsraum (das so genannte Forum) im Erdgeschoss. In dem etwa 200 qm großen Raum können - wie schon des öfteren erfolgreich erprobt - Sonderveranstaltungen unterschiedlichster Art dutchgeführt werden. So fanden hier parallel und in Ergänzung zur Ausstellung "Deutsche Künstlerkolonien" 33 Vorträge, ein Literatur- und Konzertabend sowie ein abschließendes Symposion statt. Darüber hinaus diente er als angemessener Rahmen für außergewöhnliche Ereignisse wie die Übergabe des "Hanna-Nagel-Preises", der von den fünf Karlsruher Präsidentinnen gestif- tet wurde, oder die Feier aus Anlass des ersten Spatenstichs der Landeszentralbank Baden- Württemberg, deren Neubau in direkter Nach- barschaft zur Städtischen Galerie entsteht. Der sehr vielseitig zu nutzende Raum wird künftig auch Dritten auf Mietbasis mit Dienstleis- tungsangebot zur Verfügung gestellt werden können. Neue Planungen Um das Haus lebendig und arrraktiv zu hal- ten, sind erfahrungsgemäß immer wieder zu- sätzliche interessante Angebote und Ereignisse notwendig. Hierzu bietet die besondere Struk- tur der Lichrhof-I O-Architektur ausgezeichne- te Möglichkeiten, wobei die ausstellungsspezi- fische Gestaltung der offenen Fläche bei jeder neucn Präsentation eine immer wieder neu zu lösende Aufgabe darstellt. Für die kommen- den Jahre hat die Städtische Galerie ein spek- treneeiches Sonderausstellungsprogramm avi- siert, das von monographischen Präsentationen wie die Retrospektive zu Willi Müller-Huf- schmid über internationale zeitgenössische Kunst zum Thema "Herausforderung Tier - von Beuys bis Kabakov" (aus Anlass der Euro- päischen Kulturtage 2000) bis hin zu "Ernil Nolde" reicht. Darüber hinaus werden die zusätzlichen Kulturangebote, die bereits im Prinz-Max-Palais eine programmatische Rolle spielten, wie Konzerte, literarische Lesungen, Vorträge sowie Performances fortgesetzt und erweitert und neue, gut angenommene Aus- stellungs- bzw. Veranstaltungsreihen wie der "Bildwechsel" oder "Kunst - gesehen von Künstlern" weitergeführt. Dem Aufbau einer museumspädagogischen Abteilung gilt die verstärkte Aufmerksamkeit. Bei all diesen Pro- jekten kommt der bereits vielfach erprobten Kooperation immer wieder zentrale Bedeu- tung zu, so mit Museen in- und außerhalb Karlsruhes, der Musikhochschule, dem Badi- schen Konservatorium, der Universität, der Kunstakademie, der Jugendkunstschule, den Schulen, dem Badenwerk und nicht zuletzt natürlich auch mit dem ZKM. Mit letzterem ist geplant, mittels gemeinsamer Ausstellun- gen spezifische Themen in den unterschiedli- ehen Medien zu reflektieren. Als klein, aber erlesen und fein hat sich der vom Förderkreis der Städtischen Galerie eingerichtete Muse- umsshop erwiesen. Nach anderthalb Jahren Städtische Galerie im Lichthof 10 lässt sich bi- lanzieren, dass der neue Standort im Hallen- bau A mit seinen Möglichkeiten und Synergi- en ein Chancen potential beinhaltet, das es nach dem vielversprechenden Anfang weiter auszubauen gilt. ERIKA RODlGER· DlRUF Einblicke in die Karlsruher Baugeschichte Ergebnisse der bauhistorischen Analyse des "Seilerhäuschens " Im vergangenen Herbst konnte im Rahmen des Aufbaustudiengangs Altbauinstandsetzung an der Universität Karlsruhe mit der Untersu- chung des Seilerhäuschens in der Kaiserstraße 47 ein besonderer Einblick in die Karlsruher Stadtgeschichte gewonnen werden. Die Ana- lyse der Bausubstanz und ihrer geschichtlichen Entwicklung war außerordentlich aufschluss- reich, besonders zur bautechnischen Realisie- rung der Modellhausgrundrisse in der Grün- dungszeit der Stadt, aber auch zu den Ent- wicklungsstufen, die ein Handwerkerhaus im Laufe von 276 Jahren durchgemacht hat. Eine Bestimmung des Fälldatums der in dem Haus verwendeten Holzbalken (dendrochronologi- sehe Datierung) ermöglichte schon vor eini- gen Jahren die Festlegung der Bauzeit auf das Jahr 1723. Die stärksten Eingriffe in die his- torische Bausubstanz haben erst Mitte der 1990er Jahre stattgefunden, so dass jetzt einer- seits größere Teile der Ausstattungs- und Nut- zungsspuren der jüngeren Epochen zerstört sind, andererseits aber auch die (weitgehend 34 erhaltene) ursprüngliche Bausubstanz "wie ein offenes Buch" daliegt. Die Volkswohnung, die das Baudenkmal durch Kauf vor dem Ab- bruch rettete, ermöglichte den Studentinnen und Studenten mit der Erforschung eines der Häuser aus der Gründungszeit Karlsruhes eine besondere Erfahrung. Von den für die Erhaltung notwendigen Voruntersuchungen sind die ersten Schritte getan. Es gibt ein formgetreues Aufrnaß, das das Architekturbüro Crowell & Crowell aus Karlsruhe 1994/1995 angefertigt hat, und ei- ne Altersbestimmung des Bauholzes. Es gibt eine Schadenskartierung von 1996, bei der das Holzgerüst mit dem Bohrwiderstandsmessver- fahren vom Büro Rinn & Fischer aus Heidel- berg untersucht wurde. Von der Volkswoh- nung wurde in den ersten Monaten nach der Erwerbung das Bauaufrnaß der Flügelbauten erstellt und eine umfassende Fotodokumenta- tion mit dem notwendigen Orientierungs- system angefertigt. Darüber hinaus wurden gründliche Vorüberlegungen für die Einpas- sung einer denkmalverträglichen Nutzung im Sinne einer Fortschreibung der Geschichte des Baudenkmals entwickelt, deren Ansatz und Zielrichtung befürwortet werden können. Spuren lesen Ziel der Untersuchung der Bausubstanz war, durch das Spurenlesen vor Ort die Bauent- wicklung nachzuvollziehen. In Baualtersplä- nen wurde jedes Bauteil in der Folge seines Einbaus farbig gekennzeichnet. Durch die Auswertung stadthistorischer Literatur und alter Akten, Pläne und Ansichten wurde die Bedeutung des Objekts und sein Bezug zur Stadtentwicklung ermittelt und dargestellt. Die Funktionen der Räume in verschiedenen Nutzungsphasen anhand der sichtbaren Spu- ren wurden dargestellt, Konstruktion, Bauma- terial und Bautechnik beschrieben und den einzelnen Bauphasen zugeordnet. Anhand der Spuren wurde die Grundrissentwicklung, die Raumstruktur im Wandel der Zeit dargestellt. Auch die Beschreibung des Erhaltungszustan- des unter historischem Gesichtspunkt ist eine wichtige Voraussetzung für ein Instandset- zungskonzept. Beispielhaft wurde eine Erfas- sung der wichtigen historischen Fenster in Form eines "Fensterbuchs" erarbeitet. Bemer- kenswert war dabei die Anzahl verschiedener Fensterkonstruktionen, die im Laufe der Zei- ten bei diesem Gebäude immer dort eingebaut wurden, wo ein ganzer Bautei! auszutauschen oder wo ein Fenster schadhaft war. Neben ein- zelnen Fenstern aus dem 18. Jahrhundert, möglicherweise aus der Bauzeit von 1723, aber auch aus der zweiten Phase von 1750-1770, aus der Zeit um 1790 und einer ganzen Reihe von Fenstern, die auf grund ihrer Konstrukti- on arn ehesten auf um 1810-1820 datiert wer- den müssen, lassen ebenso wie die jüngeren Fenster und die Reparaturen an den histori- schen Fensteranlagen eine .Karlsruher Hand- 35 werksgeschichte des Fensterbaus" an einem Bauwerk nachvollziehbar werden. Zur Ban- und Umbaugeschichte Nach der Errichtung im Jahre 1723 gab es erst 1880 größere Veränderungen auf dem Grund- stück, die beim Ursprungsbau aber mit gerin- gen Eingriffen realisiert wurden. Bis heute ist dieser Ende des 19. Jahrhunderts geschaffene Zustand im Wesentlichen prägend geblieben. Die wichtigsten Stufen der Baugeschichte des Hauses sollen jetzt an Hand der vorhandenen Bausubstanz kurz dargestellt werden: Ein Bürgerhaus von 1723 Den schon vor einigen Jahren durchgeführten dendrochronologischen Untersuchungen des Bauholzes zufolge wurden die Stämme im Winter 1722 geschlagen, das Gebäude folglich im Sommer 1723 errichtet. Die wenigen im Sommer 1723 gefällten Hölzer stellen eine Ergänzung während des Bauprozesses dar. Das Bürgerhaus wurde eingeschossig mit einem Mansarddach errichtet, so dass das Oberge- schoss gegenüber dem Erdgeschoss nur unwe- sentlich eingeschränkte Räume bot. Die Nut- zungsspuren lassen eindeutig zwischen ver- schiedenen Raumgruppen unterscheiden. Ne- ben den Erschließungsbereichen und den Feu- erstellen, die gleichzeitig als Küche und Heiz- stelle für die Hinterladeröfen auf der Rückseite der Herdwände dienten, gibt es die geheizten Wohntäume (Stuben) und die ungeheizten Räume (Kammern), die generell eher als Schlaf- oder Lagerräume dienten. Die Fachwerkwände und das Dachwerk wurden aus Nadelholz gezimmert, die Ausfa- chungen mit einem Flechtwerk aus Staken und Ruten verschlossen und mit einem gro- ben Stroh·Lehrn-Gemisch ausgefüllt. Die De- cken erhielten eine Füllung aus Wellern, die in Stube im Obergeschoss mit Fachwerk und Lchmausfachun- gen von 1723. Vor der sch rägen Wa nd des ursprünglichen Mansarddaches wurde nach der neuen Bauvorschrift von 1752 eine Fachwerkwand auf dem unteren Riegel der äbe- ren Konstruktion aufgesetzt (Aufnahme November 1998). eine mittig eingeschlagene Nut eingeschoben wurden, nachdem sie mit Stroh und Lehm umwickelt worden waren. Nach dem Aus- trocknen des Lehms, wohl erst im Frühjahr 1724, wurden die Gefache bündig mit einem feinen Kalkputz überzogen, wobei in diesem Arbeitsgang auch die Schwundrisse zwischen Holz und Lehm ausgefüllt wurden. Fenster und Türen waren als Teil der hölzernen Aus- stattung schon im ersten Arbeitsgang eingebaut worden, was unter anderm daran zu beobachten ist, dass hinter den (bis auf wenige Ausnahmen jüngst verlo- renen) Türrahmungen keine Kalkspuren zu 36 beobachten sind. Nach dem Verputzen der Ausfachungen wurden die Wände flächig mir Kalkfarbe überstrichen, so dass einheitliche Flächen entstanden. Eine nene Fassade nach 1752 Die auffalligste Umgestaltung ist die Anpas- sung der ehemals eingeschossigen Fassade im Sinne der Bauvorschrift von 1752, nach der Bürgerhäuser zweigeschossig zu errichten sei- en. Bis erwa 1770 wurden auch Anpassungen älterer Fassaden an die neuen Modellvorschrif- ten bezuschusst, so dass der Zeitraum für diese Modernisierung mir 1752-1770 gut um- schrieben ist. Bautechnisch wurde die Maßnahme hier - wie auch bei WaIdstraße 5 - mit geringem AufWand realisiert: Statt der vier Gauben in der unteren. steileren Dach- fläche des Mansarddaches wurde auf der Brüs- tungshöhe der Fenster ein durchgehendes senk- rechtes Fachwerk aufgesetzt. Die Fenster konn- ten bleiben, die Gefache dazwischen wurden mit Flechrwerk und Lehm verschlossen. Neuausstattung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Die große Stube im Ergeschoss wurde voll- ständig neu ausgestattet. Sie erhielt einen or- namentierten Fußboden aus Eichenrahmen und Nadelholzfelderungen, eine umlaufende hohe Fußleiste mit einer erhabenen Haupt- fläche und einer profilierten oberen Abschluss- leiste, neue Füllungstüren mit profilierten Bekleidungen. Die bis dahin lediglich überstri- chenen Fachwerkwände wurden über Rohr- gewebe mit Kalkputz überputzt, die Decke wurde von einem profilierten Stuckgesims ge- rahmt. Fast unverändert ist dieser Raum bis heute erhalten. Nur als die Küche um 1880 verlegt wurde. versetzte man die Tür an die Stelle der alten OfensteIle. Veränderungen um 1880 Statt des in einem Bauantrag von 1880 vorge- sehenen dreigeschossigen Anbaus im Hof wurde ein zweigeschossiger errichtet. Im Hin- blick auf die Schiefstellung des Vorderhauses ist die Beobachtung besonders bemerkens- wen, dass die Serzung des Hauptgebäudes zu diesem Zeitpunkt offenbar schon abgeschlos- sen war: der Flügel von 1880 nimmt in der Konstruktion auf die Serzung des Vorderhau- ses von 1723 Bezug, der Zwickel zwischen Haupchaus und Flügel zeigt bis heute die glei- chen Backsteine und den gleichen Mönel wie die übtigen Wände des Flügelbaus. Im Vorder- haus wurde ein Laden mit einem großen Schaufenster eingebaut, die Küche in den al- ten Flur verlegt, die Treppe aus diesem Flur nach außen in den Hof umgesetzt, so dass man jerzt das Obergeschoss unabhängig vom Erdgeschoss benutzen konnte. Das Fenster von erwa 1800, das an der Stelle des Schau- fensters gesessen hatte, wurde nicht fongewor- fen, sondern in einem Anbau an den Flügel- bau wieder eingebaut. Hier konnten die Stu- denten das gut erhaltene Fenster in seinen Maßen und Proponionen mit den anderen Fenstern der Straßenfassade vergleichen. Durch die Bauanträge belegt ist für diesen Zeitraum auch die Errichtung der Seilerei in der südöstlichen Hofecke. Reste dieses bis in die 90er Jahre dieses Jahrhunderts weitgehend mit ursprünglicher Ausstattung erhaltenen Gebäudes wurden bei einer Neuverzimme- rung um 1995 wiederverwendet. Ein Dokument der Stadtgeschichte Für die Stadtgeschichte Karlsruhes stellt das Seilerhäuschen in der Kaiserstraße 47 ein ein- zigartiges Zeugnis der Bau- und Lebensfor- men der ersten Bürgergeneration dar. An der Einfahrtsstraße von Durlach zum Durlacher 37 Tor gelegen, kam dieser Häuserzeile eine gro- ße Bedeutung zu, wenn man Gästen des Herr- schaftshauses oder neuen Siedlern das Wach- sen der 1715 gegründeten Stadt anschaulich machen wollte. Neben dem unschätzbaren Wert als Originalquelle, die den Grundriss, die Nurzung, die Bautechnik und die Ausstattung aus der Gründungszeit der Stadt dokumen- tien und überliefen, stellt die Folge der Um- und Anbauten gleichermaßen eine Baubiogra- phie eines Handwerkerhauses über fast 300 Jahre dar. Der Chana von Venedig von 1964 folgend gehören auch die aus der Wandlung der Nurzung erwachsenen baulichen Eingrif- fe im Laufe der vergangenen Jahrhunderte zu den schü[zenswerten Geschichrsspuren. Die Feststellung, dass das Haus 47 in der Kaiserstraße ein einziganiges Dokument der Bau- und Lebensweisen der Bürger der Stadt zur Zeit der Gründung Karlsruhes darstellt, bedeutet darüberhi.naus selbsrverständlich nicht, dass es keine Anpassungen an moderne Bedürfnisse geben dürfte, sondern formulien vielmehr den Anspruch, dass das hochkaräti- ge Bauwerk entsprechend hochkarätig zu be- handeln sei. Sowohl was die Intensität der Voruntersuchungen angeht, als auch was die behutsame und respekrvolle Art aller Repara- turen, als auch die Qualität der Einfügung neuer Bauteile betrifft, hat die Volkswohnung mit ihren ersten Schritten gezeigt, dass sie bei der Instandserzung und Modernisierung höchs- te Ansprüche verfolgt. HOLGER REIMERS Politische Polizei in Karlsruhe zwischen Demokratie und Diktatur Wie die NS-Herrschaft in Baden begann? Am Tag, nachdem Roben Wagner von Reichs- innenminister Wilhelm Frick zum Reichs- kommissar ernannt und nach Baden entsandt worden war, belagerten SA- und SS-Einheiten in machtvoller Demonstration das Karlsruher Innenministerium am Schlossplatz. Annä- hernd 3.000 Männer waren zusammengezo- gen worden. Man schrieb den 9. März 1933: Die "Machtergreifung" in der Provinz war in vollem Gange. Neue "Führer", neue Aufgaben Da der Polizei im nationalsozialistischen Staat eine besondere Bedeutung zukommen sollte, wurden führende Positionen innerhalb der Polizei schon bald neu besetzt. Karl Pflaumer wurde in einer Art Sonderstellung als Perso- nalreferent der gesamten badischen Polizei vo- rangestellt. Gau SA-Führer Hanns Ludin wur- de zum kommissarischen Polizeipräsidenten Karlsruhes ernannt und löste dami t den bishe- rigen Amtsinhaber Paul Haußer ab. An die Stelle der Majors der Ordnungspolizei Erich Blankenhorn trat der Wagnerhörige Major Franz Vaterrodt, der seine Untergebenen wis- sen ließ, dass nur noch diejenigen einen Platz in der Polizei finden könnten, "die gewillt sind, am Wiederaufbau unseres Vaterlandes freudig mitzuarbeiten. " Ferner sollten der staatlichen Polizeiverwaltung SA- oder SS- Führer als Verbindungsleute zugeteilt werden, um gemeinsam mit der neu geschaffenen "Hilfspolizei" dafür zu sorgen, dass die NS- Herrschaft über kurz oder lang konsolidiert werden konnte. Und was geschah mit der Po- litischen Polizei? 38 Bislang wurde ihrem Schicksal zwischen März und Oktober 1933 nur wenig Aufmerk- samkeit zuteil. Das nimmt Wunder. War es doch gerade die Politische Polizei, die per Dienstbefehl in professioneller Opposition zur NS-Bewegung stehen musste. Als Staatsschutz- organ war sie einst eingesetzt worden, um die junge Republik gegen links- und rechtsextre- me Feinde zu verteidigen. Bis März 1933 hat- ten die Beamten des Karlsruher Landespolizei- amts, in das die Politische Polizei als Abteilung "N" integriert war, den Auftrag, die NS-Bewe- gung zu überwachen. Und nun? Nun harrten sie der Dinge, die da kom- men sollten. Am 9. März 1933 versammelte man sich in den Büroräumen der Karlsruher Dienststelle im Gebäude des Polizeipräsidiums am Marktplatz. Nur zwei Beamte waren nicht anwesend. Der offizielle Behördenleiter und Karlsruher Polizeipräsident Pau! Haußer war, wie erwähnt, nicht mehr im Amt; ein Kollege hatte sich krank gemeldet. Hermann Ramspe- ger, Abteilungsleiter des Erkennungsdienstes und zur Kooperation mit den neuen Macht- habern bereit, hielt als kommissarischer Be- hördenchef den Kontakt nach draußen. Eine von Reichskommissar Wagner instruierte De- legation war währenddessen auf dem Weg, um bei der Politischen Polizei nach dem "Rech- ten" zu sehen. Karl Sauer, langjähriges Partei- mitglied und ausgewiesener Nazispitzel, wur- de beauftragt, gemeinsam mit einem SA-Kol- legen dafür zu sorgen, dass keine Aktenstücke oder Karteimaterial vernichtet oder entfernt wurden. Er erinnerte sich später: "Bei unserem Eintreffen [ .. . ] versicherten die Beamten, die alle in einem Zimmer zusammen waren, daß keinerlei Akten vernichtet worden sind und daß auch keinerlei Absicht bestehe bzw. kei- nerlei Befehle vorliegen, Akten zu entfernen. Die Schränke wurden verschlossen und die Beamten aufgefordert, nach wie vor ihren Dienst weiter zu versehen. [ ... ] Diese Nacht verbrachte ich gemeinsam mit [einem SA- Kollegen] und zwei Beamten der Politischen Polizei, die sich ablösten, in den Büroräumen der Abt[eilungl N. Zu diesem Zwecke hatten wir vom Ministerium Pistolen erhalten," Nachdem die Politische Polizei in KarlStu- he auf solche ehet unspektakuläre Art über- nommen war, begann in den darauf folgenden Wochen eine Hetze gegen alle ehemals repub- likfreundlichen Beamten, so jedenfalls wollten es die Zeitgenossen erlebt haben. Die Natio- nalsozialisten drohten damit, ein umfängliches Personalrevirement in die Wege zu leiten. In den NS-Organen wie dem "Führer" wurden die "polemische Agitation" forciert und "Ein- schüchterungskampagnen" gezielt lanciert. Zieht man die in dieset Hinsicht allerdings unvollständigen Badischen Beamtenkalender vor und nach 1933 zum Vergleich heran, so fallt auf, dass nach der "Machtergreifung" eine wesentlich veränderte Namensliste für das Karlsruher Landespolizeiamt ausgewiesen wird. Wurde das Personal der Politischen Po- lizei Karlsruhes also tatsächlich in großem Stil ausgetauscht? Stimmt es, dass "nur drei Beam- te des mittleren Dienstes [ ... ] ihre Tätigkeit nach 1933 fortSetzen" konnten? Alte Stamm-Mannschaft Unter Berücksichtigung von Personalakten der einstigen Mitarbeiter det Politischen Poli- zei (und späteren Angehörigen der Gestapo) ergibt sich indessen ein etwas anderes Bild. Demnach hat die Mehrheit der Politischen Polizeibeamten Badens die nationalsozialisti- sche "Machtergreifung" und die ihr folgende, vermeintliche "Säuberung" in dienstlicher 39 Hinsicht nahezu unbeschadet überstanden. In Karlsruhe wurde kein einziger Mitarbeiter dauerhaft aus seinem Beschäftigungsverhältnis entlassen. Die meisten Beamten blieben an ihren Schreibtischen und wurden mit Grün- dung der badischen Geheimen Staatspolizei im Oktober 1933 in die vordergründig nur umbenannte Behörde übernommen. Die aus- schnitthaften Auflistungen der Badischen Be- amtenkalender suggerieren einen Bruch in der personellen Besetzung der Karlsruher Behör- de, den es in diesem Ausmaß gar nicht gege- ben hat. In der Karlstuher Zentrale der Politischen Polizei arbeiteten während der Weimarer Re- publik zehn Beamte: neben dem Leiter und dessen Stellvertreter noch zwei Verwalrungsbe- amte, ein Stenograph sowie fünf Ermittlungs- beamte, wovon wahrscheinlich zwei votnehm- lieh mit abwehrpolizeilichen Aufgaben betraut waren. Von diesen zehn Beamten wurde im Laufe des Jahres 1933 nur ein einziger versetzt, und zwar der Leiter August Schneider, dem bereits am 9. März verkündet wurde, dass er fortan von seinem Dienst suspendiert sei. Mochten die anderen das Schicksal ihres Chefs als bedrohliches Exempel empfinden oder von der Legitimität der "nationalen Erhe- bung" sogar überzeugt sein: Zwischen notge- drungenem Mitmachen und begeistertem Einschwenken wird man die Motive jener Beamten suchen müssen, die auch unter dem Nationalsozialismus zur treuen Dienstleistung bereit waren. Die alte Politische Polizei bildete den Per- sonalstamm der späteren Gestapo. Auf ihre Kenntnisse wollte man nicht verzichten. Ge- rade bei der Verfolgung der Kommunisten und Sozialisten, die unmittelbar nach der "Machtergreifung" begann, nahmen ihre be- tufserfahrene Beamten deshalb wichtige Posi- tionen ein. Nicht nur der Karlsruher Jacob Münch konnte auf eine mehrjährige Erfah- rung bei der Überwachung linksextremer Par- teien während der Weimarer Republik zurück- blicken. Der 1877 im rheinpfälzischen A1trip geborene Beamte gehörte seit Gründung dem Badischen Landespolizeiamt an und galt als einer der bewährtesten Mitarbeiter. Nach 1933 wurde ihm die Leitung der Abteilung "Poli- tische Überwachung" übertragen. ein Amt. das er mit reichlich Zynismus und Brutalität zu führen verstand. Auch sein Kollege Hein- rich Hörner. seit September 1919 bei der ba- dischen Fahndungspolizei. prahlte später mit seinen Vorkenntnissen und behauptete. der .. wichtigste Mann" der Karlsruher Gestapo zu sein. An die Seite von Münch. Hörner und den anderen altbewährten Beamten wurden aller- dings weitere Kräfte gestellt. so dass von Be- ginn an kein Zweifel an den Absichten der Na- rionalsozialisten aufkommen konnte. Für exe- kutive Aufgaben setzte man nun die vornehm- lich aus SA- und SS-Männem rekrutierte HilfS- polizei ein. die in Kooperation mit kriminal- oder ordnungspolizeilichen Kräften zwischen März und September 1933 tätig wurde. Ins- besondere die Hilfspolizei antizipierte dabei mit ihren brutalen Verfolgungsmethoden die Praxis der späteren Gestapo. umso mehr. als etliche Hilfspolizisten. wie zum Beispiel der spätere Mörder an Ludwig Marum. Karl Sau- er. später selbst in die Gestapo aufgenommen werden sollten. Der Keller des Polizeipräsidi- ums am Marktplatz diente 1933. nur drei Stockwerke unter der alten Politischen Polizei. als Folterkammer der Hilfspolizisten. Auf dem Weg zur Gestapo Unterdessen war die regionale NS-Führung. allen voran Reichskommissar Robert Wagner. darum bemüht. die badische Polizei neu zu ordnen. Auf der Grundlage der alten institu- tionellen Voraussetzungen sollte eine Polizei 40 geschaffen werden. die aus der bisherigen Ver- antwortung gegenüber staatlichen und staats- anwaltschaftlichen Institutionen herauszulö- sen war. Mit der Ausarbeitung der entspre- chenden Konzepte. die zum Teil kontrovers zwischen Innen- und Justizministerium debat- tiert wurden. beauftragte man einen ausgewie- senen Fachmann: August Schneider. Nach sei- ner. wie sich jetzt herausstellte. vorübergehen- den Dienstsuspendierung war man auf den Sachverstand des ehemaligen Leiters der Poli- tischen Polizei angewiesen. Seine frühere Be- tätigung spielte offenbar keine Rolle mehr. im Gegenteil. Schneider wurde gerade .. auf grund [sleiner mehrjährigen Beschäftigung mit kri- minalpolizeilichen Angelegenheiten" für die- se Aufgabe auserwählt. Das von Schneider am Ende erarbeitete Gesetz über die Landeskrimi- nalpolizei ( .. Landeskriminalpolizeigesetz") sah in seiner Zusatzverordnung auch die Schaf- fung des Geheimen Staatspolizeiamts vor. Damit schließt sich der Kreis: Aus der Po- litischen Polizei der Demokratie war die Ge- heime Staatspolizei der NS-Diktatur gewor- den. Die insgesamt große personelle wie insti- tutionelle Kontinuität innerhalb der Politi- schen Polizei erleichterte den Übergang. Bei der gesetzlichen Neugliederung der fortan Geheime Staatspolizei genannten Behörde konnte man auf die bestehenden institutionel- len Strukturen des Landespolizeiamts und das Fachwissen des einstigen Leiters der Politi- schen Polizei zurückgreifen. Und bei der Rek- rutierung des Gestapopersonals sollten die alten diensterfahrenen Beamten den ersten Grundstock bilden. MICHAEL STOLLE "Die Versammlung verlief entsprechend den stürmischen Zeitverhältnissen" Ein bisher unbekanntes Kapitel Karlsruher Stadtgeschichte wurde im Sommer 1998 durch eine Schenkung von Frau Ursula Büch- ner aus Karlsruhe an die Stadt aufgeschlagen. Es geht hierbei um den Bürgerstammtisch "Zeppelingemeinde", von dem das Stadtarchiv und das Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais nun Gegenständliches und schriftliche Unter- lagen erhielten. Beide Bereiche ergänzen ein- ander und geben einen anschaulichen Ein- blick in die internen Angelegenheiten und eine Vorstellung von den Zusammenkünften dieses Stammtischs, der in den zwanziger und dreißiger Jahren in der traditionsreichen Gast- stätte "Graf Zeppelin" tagte. Nahezu jeden Monat wurde hier eine "Bürgerversammlung" der Zeppelin gemeinde abgehalten, über deren Verlauf die handschriftlich gefuhrten Berich- te und Protokolle vom Dezember 1923 bis August 1936 Aufschluss geben. Ganz sicher kam bei diesen Versammlungen die unter ei- nem 20 cm hohen Baldachin hängende Ttsch- glocke zum Einsatz, die über eine Metallkette, befestigt an einer schlüsselförmigen Halte- rung, betätigt wurde. So möglicherweise bei der Sitzung am 31. Mai 1924, deren Verlauf laut Protokoll "ganz den stürmischen Zeirver- hältnissen" entsprach. Ein Blick in die "Badi- sche Presse" gibt Aufschluss über die damali- gen stürmischen Zeirverhältnisse. Nach den Reichstagswahlen vom 4. Mai 1924, die in Karlsruhe das Zentrum gewonnen hatte und aus denen die KPD und Nationalsozialisten gestärkt hervorgegangen waren, fanden in Ber- lin die Verhandlungen über die Regietungsbil- dung statt. Im Saarland verschärfte sich zu- nehmend die Wirtschaftskrise, und schwere Kämpfe waren nach Einschätzung der "Badi- 41 sehen Presse" unabänderlich. In Karlsruhe fand derweil eine Proresrversammlung der hie- sigen Beamrenschafr gegen die neuen Besol- dungspläne der badischen Regierung statt. Die Bürgerversammlung vom April 1924 war laut Protokoll "angeregt" verlaufen und von Bürgermeister Ludwig Klipfel zu vorge- rückter Stunde mit der Bitte beendet worden, sich künftig möglichst kurz zu fassen, damit auch für den gemütlichen Teil des Abends Zeit verbleibe. Der gemütliche Teil der Sitzung vom 29. März 1924 hatte fur 'die anwesenden Bürger eine überraschung gebracht, denn die Zeppelin-Wirtin Frau Lorenz hatte mit einem Nachtessen aufgewartet, für das ihr im Proto- koll nochmals ausdrücklich gedankt wurde. Bürgermeister und Gemeinderat, Bürger- versammlung, Gemeinderechner und Ge- meindediener - der Bürgerstammtisch "Zep- pelingemeinde" war gemeindemäßig organi- siert und verwaltet, und der Bürgermeister besaß eine Amtskette. Viele Jahre war der schon erwähnte Ludwig Klipfel, Blechner- " L~'r' und Installateurmeister aus der Körnetstraße 12. Bürgermeister der "Zeppelingemeinde". Sein Name mit Berufsangabe. Adresse und Te- lefonnummer bildet eines der Emailschilder. die auf dem sechseckigen Aschenbecher der "Zeppe!ingemeinde" angebracht sind. Auch der Mineralwasserfabrikant Anton Hanauer 42 aus der Goethestraße 26. der Damen- und Herrenfriseur Alex Frank aus der Sofienstraße 154. Kunst- und Bauschlosser Matthäus Teu- fe! aus der Goethestraße 17. Schreiner und Glasermeister Heinrich Engel aus der Yorck- straße 17 und Metzger Leopold Frank aus der Hirschstraße nahmen eine besondere Stellung in der "Zeppelingemeinde" ein. Ihre Namen. ebenfalls mit Beruf, Adresse und Telefonnum- mer. bilden die restlichen Emailtäfelchen des Aschenbechers. dessen Haltegriff ein Zeppe- lin-Luftschiff darstellt. Weltzien-. Yorck-. Sofien- und Körnerstra- ße. Gutenberg-. Goethe-. Draissttaße und Kaiserallee lauten die in der Weststadt gelege- nen Wohnadressen der Stammtischmitglieder. Zwei Personen wohnten in Mühlburg. in der Bach- bzw. Brahmsstraße und zwei Personen kamen aus der Südstadt. Dies geht aus dem Mitgliederverzeichnis der "Zeppelingemein- de" aus dem Jahr 1929 hervor. Es gibt außer- dem Aufschluss über die Altersstruktur der Stammtischmitglieder. Das Gros der damals 37 Mitglieder zählenden Gemeinde war 48 bis 58 Jahre alt. Jüngster war der 31-jährige Metz- germeister Leopold Frank. ältestes Mitglied war 1929 der 75-jährige Schreinermeister Gustav Maurer aus der Körnerstraße. Und was befand sich im "Geheimarchiv" der Zeppelingemeinde? Dies wird wohl ge- heim bleiben. Sichtbar ist auf jeden Fall das 80 cm hohe. 50 cm breite und 24 cm tiefe ab- schließbare Holzschränkchen mit zwei Innen- fächern. in dem das "Geheimarchiv" unterge- bracht war. Welche Funktion hatte das schwe- re. 10 cm hohe Holzkästchen mit Intarsien. eingelassener Vertiefung und dazugehörendem holzgriffartigem Verschluss? War es ein Brief- beschwerer oder eine Schnupftabakdose? Dass der Stammtisch schon vor dem Ers- ten Weltkrieg bestanden hat. geht aus der Sammlung von Feldpostkarten aus den Jahren 1914 bis 1918 hervor. die ebenfalls erhalten geblieben ist. Die Postkarten sind an den "Stammtisch zum Grafen Zeppelin" Ecke Yorck- und Sofienstraße adressiert und an die "liebe Gemeinde". die "werten Freunde" oder sogar an den "verehrlichen Stammtisch" ge- richtet. Auch in späteren Zeiren hielten die Gemeindemitglieder bei Abwesenheit den Kontakt zum Stammtisch aufrechr. Postkarten aus dem Urlaub. aus einer Kur oder von einem Familienausflug belegen dies. Die Adresse ist unverändert geblieben. die Postkarten sind nun aber häufig an die "lieben Bürger" gerich- tet und die Schreiber grüßen oftmals mit "Euer Bürger". Am 4. August 1937 sandte der damalige "Bürgermeister" August Fromm. aus "der schönsten Stadt Deutschlands" eine Post- karte vom Opernhaus in Dresden an die Zep- pelingemeinde. Er hatte seinen Besuch in Dres- den offensichtlich mit der Teilnahme am 12. deutschen Sängerbundesfest verbunden. Be- reits am 31. Juli 1937 hatte Bürgermeister Fromm vom Sängerbundesfest eine Postkarte von der Dominsel in Breslau an die ..lieben Bürger" gerichtet. Ratschreiber Stanislaus Heck entschuldigte sich sogar auf seiner Urlaubskar- te aus Rangendingen in Hohenzollern vom 25. August 1933. dass er wegen Urlaubsvorbe- reitungen das letze Versammlungsprotokoll nicht fertigstelIen konnte und "Bürger" Mayer wünschte den "lieben Mitbürgern" am 28. Mai 1937. wohl aus der Kur in Bad Dürkheim. eine "einträgliche" Sitzung zum 29. des Monats. Was hat es mit der "Einträglichkeit" der Treffen auf sich? Sie beruht darauf. dass bei den Bürgerversammlungen eine Verlosung vorgenommen wurde, zu der die Teilnehmen- den reihum etwas stifteten. Bei der Sitzung vom April 1936 waren sechs Flaschen Weiß- wein - drei davon vom damaligen Bürger- meister -. eine Flasche Rotwein. ein Paket Kaffee. ein Kuchen und eine Hartwurst ge- stiftet worden. und die Verlosung hatte 26 Reichsmark eingebracht. Sicher wurden aus 43 den Einnahmen der Verlosung die jährlich im Frühjahr stattfindenden Ausflüge der Stamm- tischgesellschaft mitfinanziert. Der Gemein- deausflug vom 24. Mai 1924 war ins Rench- tal unternommen worden und laut Protokoll "wirklich gelungen". "Die Beteiligung am Ausflug läßt deurlich erkennen. daß die Bür- ger treu zu ihrer Gemeinde halten und so soll es sein und dauernd bleiben". lautet das Fazit des Protokollanten und er fasst die Erlebnisse des Tages noch in einem Vierzeiler zusammen: "Einm Ausflug. der sehr wohl gelungen. bei dem marschiert wird. getanzt und gesungm. wo gut gegessm wird und auch noch geweint. den bringt nur in Stand die Zeppelingemeind': Nicht immer ging es freundschaftlich zu bei der Zeppelingemeinde. Bei Rückständig- keit der Monatsbeiträge erfolgte • .Ausschluß nach bewährtem Muster nach Paragraph 10". wie ihn Malermeister Theodor Uehlin aus der Brahmsstraße 1 gemäß seinem Schreiben vom 19. März 1933 an den eingangs erwähnten Kunst- und Bauschlosser Matthäus Teufel er- fahren hat. Da mit zunehmendem Alter das Interesse für Zwangszusammenkünfte mehr und mehr verloren gehe. sehe er dem Aus- schluss aus der Gemeinde mit Gelassenheit entgegen. schreibt Uehlin. Ganz leicht ist ihm der Abschied von der Stammtischgesellschaft wohl nicht gefallen. denn er bringt die Hoff- nung zum Ausdruck. dass ihm nach dem Aus- schluß aus der Gemeinde immer noch die Möglichkeit geboten sei. einmal einen schö- nen Ausflug mitzumachen. Der Wunsch des oben zitierten Protokol- lanten, dass es immer so bleiben möge wie beim Gemeindeausflug im Mai 1924. ist nicht in Erfüllung gegangen. Mit Bürgermeister August Fromms Postkarte vom August 1937 aus Dresden endet die Überlieferung der Stammtischgesellschaft "Zeppelingemeinde". ANGELIKA SAUER Ein Blick in das verborgene Herz der Stadt Viele Karlsruher und Besucher der Stadt sehen täglich die Pyramide auf dem Marktplatz. Sie stehen vor dem Grabmal des Stadtgründers. des Markgrafen Karl Wilhe1m von Baden- DurIach. das als Wahrzeichen Karlsruhes gilt. Als Karl Wilhe1m 1738 verstorben war. wurde er in einem einfachen Hoh'.,arg in einer Gruft unter der Konkordienkirche. der ersten luthe- rischen Stadtkirehe. beigesetzt. Die Kirche wurde im Zuge der Stadterweiterung und der Neugestaltung des Marktplatzes durch Fried- rich Wein brenner im Jahre 1808 abgebrochen. Die Totenruhe des verblichenen Markgrafen wurde aber dadurch nicht gestört. weil man die Gruft ungeöffnet ließ und über ihr eine hölzerne Pyramide als Notdach errichtete. Da man lange unentschlossen war, was man an dieser Stelle. nunmehr mitten auf dem wesent- lich vergrößerten Marktplatz. anfangen sollte. wurde die Holzpyramide 1818 noch einmal erneuert. Erst sieben Jahre später kam man zu der jetzt noch vorhandenen Lösung. Wein- brenner hatte Pläne für das Grabmal gezeich- net. die nach der Vorstellung des seinerzeit regierenden Großherzogs Ludwig. die Pyrami- denform in Stein umsetzen sollten. Dies war durchaus im Sinne Weinbrenners. der "diese Pyramide als eine der Vergänglichkeit am mehrsten entgegenstrebende Form« ansah. Die im Generallandesarchiv erhaltene Plan- zeichnung Weinbrenners vom 21. Februar 1825 zeigt die vertraute Ansicht und den Grundriss der Pyramide auf dem Marktplatz. Die Schnittzeichnung durch das Bauwerk lässt erkennen. dass die Seitenwände der Pyramide unter der Oberfläche weiter verlaufen und eine komplette Form bilden sollten. Drei un- terschiedlich große Kammern gliederten das Innere. Die oberste. kleine in der Spitze des 44 Bauwerkes dient der Lüftung und zeigt auf jeder Seite eine kreuzförmige Öffnung. Die mittlere. größte gewölbte Kammer ist durch einen Einstieg auf der Nordseite zugänglich. der durch eine bronzene Schrifttafel verschlos- sen ist. Einige Stufen führen in den Raum hi- nah, in dessen Mine, fast wie ein Altar, ein Sockel steht. auf dem eine geschwungen um- randete Marmorplatte liegt. Sie zeigt in sehr schöner Ausführung den Plan der Stadt. wie sie bis dahin gewachsen war. Der untere Raum. die Grablege des Mark- grafen. sollte nach Weinbrenner ein dem Mit- telraum entsprechendes Gewölbe sein. nur mit etwas geringerer Höhe. Dorthin sollte es kei- nen Zugang geben. Dass der Planung Wein- brenners nicht in allen Stücken gefolgt wurde. zeigte sich erst jetzt. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der ständigen Ausstellung des Stadtmuseums im Prinz-Max-Palais sollte ein Modell der Py- ramide hergestellt werden. das auch Einblick in das Innere des Bauwerkes gewähren sollte. Der Modellbauer und Stadtrat Heinz Vogel. dem bereits eine ganze Reihe historischer Mo- delle in den städtischen Museen zu verdanken sind. hatte diese Aufgabe übernommen. Aller- dings hegte er immer Zweifel daran. dass die Zeichnung Weinbrenners mit der Wirklich- keit übereinstimmte und wollte sich gerne an Ort und Stelle kundig machen. Der stille Traum vieler Kar/sruher. einmal in das Innere der Pyramide sehen zu können. war aber nicht so leicht zu erfüllen. Niemand hatte einen Schlüssel. Das markgräfliehe Haus sollte auch einverstanden sein. obwohl die Pyramide im Eigentum der Stadt steht. Am späten Abend des 17. September 1998. am Tag vor der Eröffnung des neuge- staltctcn Stadtmuseums, war es dann mir Hilfe von Oberbür- germeister Gerhard Seiler doch so weit. Außer ihm sollten nur Prinz Bernhard von Baden, Heinz Vogel und ich in die Py- ramide einsteigen. Hinzu kam noch der bereits gewählte neue Oberbürgermeister Heinz Fen- rich. Aber ohne die handwerk- lich tätigen Helfer wäre das na- türlich nicht gegangen. So war eine Schlosserfirma nötig und eine Firma, die ihre Erfahrun- gen in der Kontrolle unterirdi- scher Leitungen und ihr ent- Muschdkalkplatte aus der Pyramide mir Srad tplan 1825. sprechendes Gerät einsetzen konnte. Leute vom städtischen Hochbauamt mussten das Ganze koordinieren. Zwei Fotografen der Landesbildstelle waren gleichfalls hinzugebe- ten worden. Infolgedessen herrschte in dieser Nacht doch einiger Betrieb auf dem Markt- plarz, obwohl man jegliche Publizität vermie- den hatte. Allerdings war die Umgebung der Pyramide so geschickt abgeschirmt, dass Pas- santen nicht erkennen konnten, was dorr vor- ging. Im Inneren waren Arbeiter mit einer Kern- bohrung beschäftigt, die zum nicht zugängli- chen Gruftraum geführt wurde. Durch sie sollte Aufschluss über das Aussehen des unters- ten Raumes gewonnen werden. Etwa drei Stunden dauerte die Bohrung durch das rund 90 cm dicke Stein paket. Wie oft die Pyramide seit ihrer Erbauung geöffnet und betreten worden war, lässt sich nicht feststellen. 1889 war das wohl der Fall. Nach der Jahrhundertwende soll noch einmal ein Besuch des Großherzogs stattgefunden haben. Dem Hörensagen nach hätte auch Oberbürgermeister Günther Klorz einmal die Pyramide besucht. Seitdem waren also min- destens drei Jahrzehnte vergangen. 45 Als Prinz Bernhard eingetroffen war, stie- gen wir /Unf ,.Auserwählten" in die Pyramide ein. Dem Stadtgründer Karl Wilhe1m widme- ten wir zunächst ein stilles Gedenken, denn schließlich hatten wir.ja seine Grabstätte betre- rcn. Daraufhin sahen wir uns um. Eine Karlsruher Legende konnte nicht be- stätigt werden. Der angeblich von dem Hofrat Jakob Friedrich Hemberger 1889 in der Pyra- mide vergessene Schirm war nicht da. Im obe- ren Raum lag ein Tennisball, und in einer der Luftöffnungen steckte ein Besenstiel. Beides war durch eben diese Öffnungen hereinge- kommen. Der Raum, in dem wir uns befanden, ent- spricht in etwa der Weinbrennersehen Plan- zeichnung. Das gilt auch /Ur den darüberlie- genden Luftraum, der durch eine Öffnung einzusehen war. Es wurde fotografiert. Heinz Vogel nahm Messungen vor. Die Innenräume sind teils aus Bruchstein, reils aus Backstein gemauert und verpurzt. Nur ist der Verputz an vielen Stellen abgefal- len. Die Muschelkalkplatte mit dem schön ge- arbeiteten Stadtplan lag lose auf dem Sockel. Sie wies einen glatten Bruch auf, der sie ohne Verlust in zwei ungleiche Stücke teilte. Die Pyram iden besuch durch OberbürgermeiS[er Prof. Dr. G. Seiler, Bürgermeister H. Fenrich, Pr~nz Bernhard v. Baden , Dr. H. Sch min (Amtsleiter SAS) am 17. Dezember 1998. Einfärbung einzelner Stadtteile, die deren Ent- stehungszeit verdeutlichen sollte, war fast ganz verloren gegangen. Die Platte wurde vorsich- tig herausgenommen, um nach einer fach- männischen Restaurierung wieder an ihren Ort verbracht zu werden. Das Stadtmuseum soll eine Replik erhalten. Als zweifellos interessantester, weil noch nie geöffneter Teil der Pyramide erschien die Gruft des Markgrafen. Diese konnte nach Vollendung der Bohrung mittels einer hinab- gelassenen Videokamera erkundet werden. Die Erkundung ergab folgendes: Die Gruft stellt ein aus Bruchstein gemauertes Tonnen- gewölbe von schätzungsweise drei Metern Scheitelhöhe dar, das mit Ausnahme der West- seite grob verputzt ist. Das Gewölbe ist nicht in Nord-Süd-Richtung angelegt, wie es Wein- 46 brenners Zeichnung immer harre vermuten lassen, sondern in Ost-West-Richtung. Außer- dem ist das Gewölbe, ebenfalls entgegen bis- heriger Annahmen relativ schmal, so dass auf beiden Seiten des Sarges nur noch erwa 20 bis 30 cm Platz bleiben. Die wesdiche Stirnwand der Gruft ist sehr grob gemauert. Im mitderen Teil der Wand wurde allem Anschein nach ein Loch nach dem Einbringen des Sarges von außen verschlossen. Es ist eindeutig zu erkennen, dass die Gruft unter der ehemaligen Konkordienkirche beim Bau der Pyramide unverändert gelassen wur- de. Von Weinbrenners Planung wurden nur die oberirdisch sichtbaren Teile ausgeführt. Der Sarg des Stadtgründers ist sehr ein- fach, fast kistenartig. Gegen die Enden läuft er leicht konisch zu. Das dunkle Holz ist mit zwei, den Rändern parallel laufenden MetalI- bändern beschlagen. Grundwasser scheint nie eingedrungen zu sein, was wohl den guten Er- haltungszustand erklärt. Der Sargdeckel ist an einem Ende eingebrochen. Die Ursache dafür, ein heruntergefallener Stein brocken, könnte sich auch erst bei der Bohrung gelöst haben. Dadurch wurde der Sargdeckel etwas verscho- ben. Immerhin ist so ein, wenn auch sehr be- grenzter, Einblick in das Innere des Sarges möglich geworden. Außer einigen Knochen wurde guterhaltenes Brokatgewebe sichtbar. Die bei der Öffnung der Pyramide gewon- nenen Erkenntnisse ließ Heinz Vogel in das nunmehr veränderte Modell im Stadtmuseum einfließen. Ganz sicher lassen sich durch die genauere Auswertung des Videofilmes noch weitere interessante FescsteI!ungen machen. Der nächrliche Besuch der Pyramide er- schien den Beteiligten schon ein wenig aben- teuerlich. In gewissem Sinne war er einmalig, denn er erlaubte zum ersten Mal seit ihrer Er- bauung einen Einblick in die Gtabkammer des Gründers der Stadt Karlsruhe, des Matk- grafen Karl Wilhe1m von Baden-Durlach. HEINZ SCHMITT Jahrtausendwende und die Tücken des Kalenders DdS "Mannhdmer journal" (2.1.1900) machte sich iib" Wilh,lm 11. IlIStig, der durch- gesetzt hatu, dass das ntu' jahrhundert am 1.1.1900 stattzujinden habe. Die Karlsruher Pmst fand sanji", Töne, obwohl man auch hier for 1901 votieru. Der "Badische Btobachter" (30.12.1899) klärt( jedmfalls auf, ddSs Papst Leo XIII. das jahr 1900 deshalb zum Heiligen jahr "kläru, weil es das End, des 19. jahrhun- derts, nicht den Anfang des 20. jahrhunderts be- dtute. Also sollu man "nicht mehr von der jahr- hundtrtwendt reden, sondtrn nur von einer amtlich ang,ordneten jahrhundertfoier. " In den Ftuilletom gab es zahlreich, komplizieret Erläu- tmmgen, WdS ts mit dem Kalmderwtchsel auf sich habe. DdS Folgende jiir 2000 ist sicher kla- rer und einlmchtender. Leonhard Müller Wann beginnt das 3. Jahrtausend? Diese Frage wird zur Zeit häufig gestellt und manch- 47 mal richtig, on auch falsch beantwortet. Sie ist aber eindeutig zu beantworten: Unser Kalen- der, der auf dem Julianischen und Gregoriani- schen Kalender beruht, geht von einem be- stimmten Zeitpunkt für die Geburt Christi aus und zählt dann die Jahre "nach Christi Geburt", beginnend mit dem Jahr I n. Chr. Ein Jahr Null gab es also nicht. Somit endet das erste Jahr am 31. Dezember des Jahres I n. Chr. und entsprechend das 10. Jahr (also das I. Jahrzehnt) am 31.12.10 n. Chr., das 100. Jahr (das I. Jahrhundert) am 31.12.100 n. Chr., das 1000. Jahr (das I. Jahrtausend) am 31.12.1000 n. Chr., das 2000 Jahr (das 2. Jahrtausend) am 31.12. 2000 n. Chr. Das 3. Jahrtausend beginnt also korrekt am I. Janu- ar 2001. Dass trotzdem alle Welt die bevorstehende Jahrtausendwende zu Silvester 1999 erwartet und feiert, liegt wohl an der alles überstrahlen- den Faszination der .,2" vorne in der neuen Jahreszahl und sei niemandem verwehrt. Kein Anlass also zu Streit und Rechthaberei oder gar zu "Tätlichkeiten", wie sie das "Mannheimer Journal" schon vor 1 00 Jahren befürchtete! Aber vielleicht doch ein Anlass für einen nach- denklichen Blick auf allerlei Interessantes und Merkwürdiges, was unser gar nicht so einfa- cher und selbstverständlicher Kalender bei genauerem Hinsehen bietet. Dafür nur zwei Beispiele: Kalendervariationen Die Jahreszahl 2000 und damit die vielzitier- te Jahrtausendwende ist keineswegs ein natur- gegebenes, absolut gesetztes Datum, sondern hängt natürlich an unserer christlichen Kalen- derrechnung. Würde heute noch nach einem früheren, aus den alten Kulturkreisen stam- menden Kalender gerechnet, so fiele in unser Jahr 2000 der Beginn des Jahres 5761 nach dem jüdischen Kalender, 2752 nach dem a1t- römischen Kalender, 1421 nach dem moham- medanischen Kalender. Das liegt natürlich an den unterschiedli- chen Anfängen der jeweiligen Jahreszählung: jüdisch nach der Erschaffung der Welt (376 1 v. Chr.), a1trömisch nach Gründung der Stadt Rom (753 v. Chr.), mohammedanisch nach der Hedschra (Flucht Mohammeds 622 n. Chr.). Übrigens hätte auch nach unserem christ- lichen Kalender das kommende Jahr nicht die Nummer 2000, wenn sich der römische Abt und Kalendermacher Dionysius Exiguus (um 500) bei der Datierung von Christi Geburt nicht geirrt hätte. Man weiß heute zuverlässig aus historischen und astronomischen Quellen, dass dieses Datum mehrere Jahre früher anzu- setzen ist und - nach dem Wiener Astrono- men Ferrari d'Occhieppo - sehr wahrschein- lich in das Jahr 7 v. Chr. fallt. Hier noch eine andere simpel klingende Frage: Waren die lerzten Jahrtausende gleich 48 lang? Die Antwort: Nein! Das erste vorchrist- liche und das erste nachchrisdiche Jahrtausend hatten zwar jeweils 365.250 Tage, unser 2. J tsd. n. Chr. hat aber 13 Tage weniger, und die folgenden Jahrtausende werden abwechselnd 365.242 bzw. 365.243 Tage haben. Der Grund dafür ist in der Gregorianischen Kalen- derreform von 1582 zu suchen, die 10 Tage gestrichen und die Schaltregel geändert hat. Um solche und andere Fragen zu beant- worten, müssten wir uns eingehender mit der Kalenderrechnung beschäftigen. Wir wollen aber noch einen kurzen Blick auf den Juliani- schen und Gregorianischen Kalender und auf die grundlegenden Zeiteinheiten des Kalen- ders - Tag, Woche, Monat und Jahr - werfen. Zeiteinheiten des christlichen Kalenders Die "Ur-Einheit" ist der Tag, gemessen etwa von Mittag bis Mittag und bestimmt durch die Rotation der Erde um ihre Achse. Weil aber die Tageslänge übers Jahr um ± 15 Minu- ten schwankt, muss ein rechnerischer Mittel- wert, der "mittlere Sonnentag", benutzt wer- den. Auch ist inzwischen die Sekunde nicht mehr als der 86.400. Teil eines Tages, sondern genauer als nAtom-Sekunde "durch eine be- stimmte Anzahl von Caesium-Licht-Schwin- gungen festgelegt. Die W0ch, kam schon früh im Altertum aus dem Vorderen Orient zu uns; sie lehnt sich zwar in etwa an die Dauer eines Mondviertels an, behält aber unabhängig vom Monats- und Jahresverlauf ihren 7-Tage- Rhythmus bei. Der Monat war ursprünglich vom Mond- umlauf um die Erde in 29,5 Tagen abgeleitet. 12 Monate mit abwechselnd 29 und 30 Tagen ergaben dann das Mondjahr mit 354 Tagen, wie es sich am konsequentesten im moham- medanischen Kalender findet. Es hat allerdings den Nachteil, dass es jährlich um 11 Tage vom Sonnenlauf abweicht, so dass Neujahr und Monate alle 33 Jahre rückwärts durch die von der Sonne bestimmten Jahreszeiten wandern. Das Sonnenjahr, gemessen zwischen zwei Frühlingsanfangen, entspricht dem Erdumlauf um die Sonne und hat 365,2422 Tage. Eine gute Näherung sind also 365 \4 Tage, die schon den alten Ägyptern bekannt war und die sie auf 3 Normaljahre zu 365 Tagen und ein Schaltjahr zu 366 Tagen verteilten. Damit sind wir beim eigentlichen Kalenderproblem, nämlich der Entscheidung zwischen Mond- jahr, Sonnenjahr oder einer Kombination bei- der (Lunisolarjahr). Die alten Kulturen haben dafür ihre eigenen Entscheidungen getroffen. Der Julianische Kalender Im Julianischen Kalender regiert das Sonnen- jahr. Julius Caesar hat ihn im Jahr 46 v. Chr. eingeführt, als er vom Ägypten-Feldzug zu- rückkehrte und einen unbeschreiblichen Wirr- warr des altrömischen Kalenders vorfand. Sei- ne Reform bestand aus drei Schritten: • Es wurde das Sonnenjahr mit drei Normal- jahren und einem Schaltjahr eingeführt. • Um die entstandene Abweichung von 90 Tagen (!) vom Sonnenjahr zu beseitigen, er- hielt das laufende Jahr 46 drei zusätzliche Monate, insg. 15 Monate und 445 Tage. • Den 12 Monaten wurden, wie noch heute, 31, 30, 28 bzw. 29 Tage zugewiesen. Der Jahresbeginn wurde auf den l. Januar ge- legt. Ein großer Wurf! Der Julianische Ka- lender bestimmt im Grunde bis jetzt unse- ren Kalender • bis auf eine Ausnahme: Das Julianische Jahr war um 365,25 - 365,2422 = 0,0078 Tage = 11 Minuten zu lang. Diese geringe jähr- liche Differenz machte sich zwar erst im späten Mittelalter störend bemerkbar, dann aber immerhin mit rd. 10 überzähligen Ta- gen, so dass eine Korrektur nötig wurde. 49 Die Gregorianische Kalenderrefonn Die Reform von 1582 durch Papst Gregor XIII., an deren Vorarbeiten auch deutscheAs- tronomen maßgeblich beteiligt waren, besei- tigte die aufgetretenen Unstimmigkeiten: • Die 10 überzähligen Tage wurden gestri- chen; auf den 4. Oktober folgte unmittel- bar der 15. Oktober 1582. • Durch eine verbesserte Schaltregel wurde das Julianische Jahr im Durchschnitt ver- kürzt: Die Jahrhundert jahre sollten nur noch Schaltjahre sein, wenn sie durch 400 teilbar sind - eine sehr genaue Regelung, bei der erst nach 3.333 Jahren wieder ein überzähliger Tag auftritt! Der neue Kalender wurde rasch von den katholischen Ländern in Europa, auch von den katholischen Reichsständen in Deutsch- land eingeführt. Da Papst Gregor es leider ver- säumt hatte, die Reform verständlich zu ma- chen, kam es in den protestantischen Ländern zu Widerständen, in Deutschland gar zu offe- nem Streit und einem Nebeneinander des al- ten und des neuen Kalenders. Letzterer setzte sich erst um 1700 allgemein durch. 1752 folg- ten England und Schweden, 1918 Russland, 1923 Griechenland und 1949 schließlich auch China. Heute ist unser Kalender global ein- heitlich in Gebrauch: etwas anderes wäre in unserer ständig kleiner werdenden Welt auch nicht mehr vorstellbar. HEINZ KUNLE Zur Geschichte der Jahrhundertwenden Ausblick auf die Landesausstellung im Karlsruher Schloss Wenn in wenigen Wochen die Jahrhundert- wende, die gleichzeitig eine Jahrtausendwen- de ist, stattfindet, wird dies als globaler "Mega- Event" gefeiert werden, der nur durch den von einigen prophezeiten weltweiten Zusammen- bruch der Computersysteme gefährdet ist. Die Jahrtausendwende wird global gefeiert, ob- wohl der Wechsel zum Jahr 2000 nur nach der christlichen Zeitrechnung stattfindet. Weil aber die christlich geprägten westlichen Staa- ten Politik, Wirtschaft und Kultur der ganzen Welt dominieren, überlagert ihre Zeitrech- nung die anderen Kalender. Das "Wendebewusstsein" Die anstehende Jahrtausendwende ist der Hö- hepunkt einer Entwicklung, in der die Men- schen nur allmählich Kenntnis von diesen "runden Daten" erhalten haben. Die mittelal- terliche Gesellschaft zählte die Jahre nach den Regierungszeiten des Landesherrn oder des Papstes. Nur in den Klöstern gab es das Be- wusstsein für die Jahreszählung "nach Christi Geburt". Trotz des allgegenwärtigen Bewusst- seins vom bald bevorstehenden Jüngsten Ge- richtscheint 'deshalb der in der biblischen Apokalypse nach einem " 1 OOO-jährigen christ- lichen Reich" prophezeite Weltuntergang nur von wenigen Zeitgenossen konkret mit dem Jahr 1000 in Verbindung gebracht worden zu sein. Es ist ein Mythos des 19. Jahrhunderts, dass die auf das Jahr 1000 projizierte Welt- untergangsangst ein Massenphänomen gewe- sen set. Als Papst Bonifaz VIII. das Jahr 1300 zum Heiligen Jahr erklärte, in dem Rompilger den 50 großen Ablass ihrer Sündenstrafen erlangen konnten, gab er erstmals einer Jahrhundert- wende Bedeutung. Er bestimmte, dass ein sol- ches Jubeljahr alle hundert Jahre stattfinden sollte. Damit definierte die Kirche das Jahr- hundert als eine besondere Zeitspanne. Da man jedoch bereits 1350 wieder als Heiliges Jahr ausrief und dieses bald sogar im 25-jähri- gen Rhythmus stattfand, entwickelte sich die Jahrhundertwende nicht zu einem besonderen kirchlichen Datum. Die Pilgerströme der Ju- beljahre waren viel zu ertragreich für die Kas- sen Roms, als dass man sie nur alle hundert Jahre hätte begrüßen wollen. 1500 waren es noch immer nur wenige Intellektuelle, die sich der Jahrhundertwende bewusst waren. Zu ih- nen gehörten der Humanist Kontad Celtis und der Maler Albrecht Dürer. Doch im 16. Jahrhundert wurde schließlich der entschei- dende Schritt zur Bewusstwerdung der Jahr- hundertwende vollzogen: Zwischen 1559 und 1574 erschienen die "Magdeburger Zentu- rien" J eine protestantische Kirchengeschichte, die die Zeit seit Christi Geburt thematisierte und dabei erstmals die "Hundertschaft" der Jahre .als Ordnungsprinzip der Geschichts- schreibung einführte. Nun war das Jahrhun- dert und damit auch die Jahrhundertwende definiert. Die folgende Jahrhundertwende 1600 war ganz vom Glaubensstreit zwischen Katho- liken und Protestanten geprägt. Die Beach- tung der Jahrhundertwende entlud sich des- halb in polemischen Predigten protestanti- scher Geistlicher gegen die durch protestan- tische Länder ziehenden Katholiken, die im Heiligen Jahr 1600 des Ablasses wegen nach Rom pilgerten. .. Karlsruhc: in der Zukunft 2000" mit Bahnhof am Lautc:rbc:rg, Autorc:nnbahn und BalJonverkc:hr Karisruhc:~Nc:w York. Die Wende um 1700 1700 gab es dann erste wirkliche Würdigun- gen und auch Feierlichkeiten zur Jahrhundert- wende. In zahlreichen Ländern wurden zu die- sem Anlass Gedenkmedaillen geprägt. Die protestantischen Länder schlossen sich 1700 dem bereits 1582 eingeführten Gregoriani- schen Kalender an. Das vergangene Jahrhundert wurde nun erstmals rückblickend betrachtet. Für die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert lässt sich der Streit um den richtigen Termin der Jahrhundertwende dokumentieren, ein Beleg, dass die Jahrhundertwende jetzt von größeren Kreisen beachtet wurde. Die Argumente gli- chen schon damals weitgehend denjenigen, die auch jetzt im Hinblick auf das Jahr 2000 diskutiert werden. Als mathematisch korrekt galt, dass das Jahrhundert erst mit dem Über- gang zum Jahr 01 wendet. Doch hatre der 51 Wechsel von drei Ziffern in der Jahreszählung von 1699 auf 1700 schon in jenen Tagen eine so große emotionale Bedeutung, dass viele die Jahrhundertwende auf 1700 datierten. Die Wende zum 19. Jahrhundert wurde allerdings in den meisten Ländern, auch in Baden, auf das Jahr 1801 festgelegt. Die Aufklärung entwickelte eine ausge- prägte Sehnsucht nach einer friedvollen Welt und auch politische Perspektiven zu ihrer Gestaltung. Dazu gehörten: republikanische Verfassung, freier Föderalismus der Staaten u. a. Zeitlich parallel dazu versuchte das revo- lutionäre Frankreich jedoch, seine politischen Ideen auf dem europäischen Kontinent durch- zusetzen, was seit 1792 zu den beiden Koali- tionskriegen führte . Doch exakt zur Jahrhun- dertwende zeichnete sich Frieden ab, weshalb vielfach die Verbindung zwischen Jahrhun- dertwende und Friedenshoffnung formuliert wurde. Kaclsruhe um 1800 Die "Kar/sruher Zeitung" berichtete in ihrer Ausgabe vom 2. Januar 1801 auf der Titelseite von der Unterzeichnung des Waffenstillstands- abkommens zwischen dem siegreichen Frank- reich und Österreich, das dann am 9. Februar 1801 zum Frieden von Luneville führte. Die Zeitung zog das Fazit: "Dieses ist das wohl beste Geschenk, welches wir unseren geehrtes- ten Lesern am Anfang dieses neuen Jahrhun- derts geben können." Aus Anlass des Friedens von Luneville kon- zipierte der Karlsruher Mechanikus Friedrich Drechsler eine "Ballonerie", die er nach eigenen Angaben in Straßburg und Nancy veranstalte- te. Als England und Frankreich am 1.10.1801 Präliminarien unterzeichneten und damit der Weg frei war für den Kongress von Amiens, der am 27. März 1802 zu einem weiteren Frie- densschluss führte, wollte Drechsler die "Bal- lonerie" in Karlsruhe wiederholen. Noch im Oktober 1801 annoncierte er deshalb in der "Karlsruher Zeitung", dass er einen ca. 6 Me- ter hohen Heißlufi:ballon über dem Karlsruher Schloss steigen lassen wolle. Am Ballon sollten zwei Transparente befestigt sein, eine Allegorie des Friedens und "Deutschlands Genius mit der Harfe". Das Ptojekt musste jedoch vorfi- nanziert werden, weshalb Drechsler einen mehrfarbigen Kupferstich drucken ließ, auf dem das Karlsruher Schloss samt der "Ballone- rie" abgebildet ist. Die Bildunterschrifi: drückt in deutscher und in französischer Sprache noch einmal die Friedenshoffnung der Zeit um 1800 aus. Sie lauret: ,,Abbildung des von dem Me- chanicus Drechsler auf dem Schloss Platz zu Carlsruhe in die Hoehe gelassenen Denkmals des uns den Frieden bringenden Neunzehenten Seculi." Der Absatz der Kupferstiche scheint jedoch nicht ausreichend gewesen zu sein - womöglich deshalb, weil Drechsler nachgesagt wude, die "Ballonerien" in Straßburg und 52 Nancy wären misslungen. Jedenfalls ist von der Realisierung des Spektakels in Karlsruhe nichts überliefert. Der Termin für den Beginn des 20. Jahr- hunderts wurde in Deutschland an oberster Stelle festgelegt, nämlich von Kaiser Wilhe1m 11., höchstpersönlich. Am 4.12.1899 fragte Reichskanzler Hohenlohe-Schillingfürst mir einem Telegramm beim Kaiser an, wann der Beginn des neuen Jahrhunderts zu feiern sei. Eine Entscheidung war dringend erforderlich, denn der Termin musste noch mit den deut- schen Ländern koordiniert werden. Die Ant- wort, die der Kaiser unter das Telegramm schrieb, enthielt einen Schreibfehler, der zeigt, wie schwer dem Monarchen die neue Jahres- zahl von der Hand ging. Er schrieb: ,,Am I. Januar 1899. Wi[lhelm)". Fin de siecle oder Modeme um 19001 In Baden reagierte man unterschiedlich auf diese Anweisung. Der "Badische Beobachter" fürchtete den Spott der Franzosen über die deutsche Kaisertreue. Der "Volksfreund" ver- trat die Linie des Kaisers, zumal der frühe Ter- min der Jahrhundertwende dem Volksgeist entspräche. Offizielle Feierlichkeiten scheint es in Ba- den nicht gegeben zu haben. Wie die Groß- herzogliche Familie Silvester und den Neu- jahtstag verbrachte, ist in der Karlsruher Stadt- chronik für das Jahr 1900 ausführlich geschil- dert. Die Jahrhundertwende wird am Ende des Berichts nur beiläufig erwähnt. An der Jahrhundertwende 1900 kontras- tierten unterschiedlichste Stile, Stimmungen und Zukunfi:svorstellungen: Fin de siecle und Decadence gegen Jugendstil und Moderne. Das Elend des Proletariats in den großstädti- schen Hinterhofbauten war ebenso Realität wie die Vorstellungen von unbegrenztem tech- nischem Fortschritt, den Elektrizität, Automo- bil und Luftschifffahrt symbolisierten. Auch die politischen Vorstellungen divergierten ex- trem: Nationalismus und Weltmachtgedanke standen Sozialismus, Friedensbewegung und Frauenemanzipation gegenüber. Der Phantasie, wie die Zukunft aussehen könnte, war um 1900 keine Grenze gesetzt. Hier kam vor allem der Glaube an die umfas- senden Möglichkeiten der Technik zum Tra- gen und führte zu den kühnsten Vorstellun- gen. Für Karlsruhe wurde - wie auch für meh- rere andere Städte - eine Verkehrsutopie auf einer Postkarte dargestellt, die vor 1904 ent- stand. Unter dem Motto "Karlsruhe in der Zukunft" wurden über einer Ansicht des Marktplatzes mit Hilfe einer Photocollage künftige Verkehrsmittel dargestellt. Übei den Dächern erscheinen die Luftschiffe - eine Gondelbahn führt nach München, eine Bal- lonlinie verbindet die badische Residenz mit New York. Die Vorstellungen auf der Straße waren konkreter. Der dargestellte Autounfall, bei dem ein Fußgänger zu Schaden kommt, war um 1900 schon sehr realistisch, denn die schnellsten Automobile erreichten bereits über 100 km/ho Auch die dargestellte Straßenbahn wurde kurz nach der Jahrhundertwende Rea- lität. Die erste Linie in Karlsruhe verkehrte um 1910. "Rückkehr in die Zukunft" heißt darum zu Recht im Untertitel die kommende Landes- ausstellung "Jahrhunderrwenden 1000-2000", die im Karlsruher Schloss vom 11. Dezember 1999 bis 5. Mai 2000 stattfindet. JUTTA DRESCH 10 Jahre ,,Arbeitsstelle Bertolt Brecht" in Karlsruhe Die ,,Arbeitsstelle Bertolt Brecht" (ABB) wur- de im Februar 1989 eingerichtet und im Juni 1989 in Anwesenheit von Rektor und Kanzler der Universität Karlsruhe, Prof. Dr. Heinz Kunle und Dr. Gerhard Selmayr, des Kultur- referenten der Stadt Karlsruhe, Dr. Michael Heck, des Leiters des Suhrkamp Verlags, Dr. Siegfried Unseld, sowie Vertretern des Aufbau- Verlags, Berlin und Weimar, des Metzler Ver- lags, Stuttgart, und der Medien eröffnet. In die- sem Rahmen fand ein Festkolloquium statt, auf dem die Mitherausgeber der neuen Brecht- Ausgabe Prof. Dr. Werner Mittenzwei und Dr. h. C. Werner Hecht Vorträge zu Brechts Werk hielten und anschließend eine Podiumsdiskus- sion der Herausgeber stattfand. 53 Vor der "Wende" Die ABB hat sich bis 1998 vor allem der Edi- tion der Großen kommentierten Berliner und Frankfurter Ausgabe der Werke Brechts (GBA) in dreißig Bänden gewidmet und war an ihr mit der Erarbeitung von acht Bänden (fünf Bände Gedichte, drei Bände Prosa) maßgeb- lich beteiligt. Die Ausgabe wurde 1998 abge- schlossen und liegt - außer dem Registerband, der noch im Druck ist - in 33 Teilbänden mit über 20.000 Seiten vor. Die Ausgabe, die 1985 erstmals der Öf- fentlichkeit vorgestellt wurde, begann als ein Pilot-Projekt deutsch-deutscher Zusammenar- beit. Der Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., der die Rechte am Werk Brechts besitzt, und der Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar hatten beschlossen, eine textidentische Ausgabe der Werke Brechts gemeinsam zu veranstalten und dazu ein paritätisch besetztes Herausgebergre- mium zu berufen: Dr. Werner Hecht (Berlin) und Prof. Werner Mittenzwei (Berlin) aus der DDR sowie Prof. Dr. Klaus-Detlef Müller (Tübingen) und mich aus der Bundesrepublik. Diese Zusammenarbeit, die für das deutsch- deutsche Kulturabkommen (1986 eine we- sentliche und initiierende Rolle gespielt hat, wurde von den Medien in der Bundesrepublik und im Ausland als "Sensation" (FAZ) und als "Jahrhundertabkommen" (NZZ) sowie als "Editorische Wiedervereinigung eines unge- teilten Klassikers" (Bücherpick. Schweiz) be- wertet. In der DDR galt die Ausgabe als Prestige- Projekt, das von allen zuständigen staatlichen Institutionen - bis hin zum Ministerrat der DDR - unterstützt sowie mit großen finanzi- ellen Investitionen und durch die Abordnung von zahlreichen Mirarbeitern gefördert wurde. " ... es kommt wahrlich einer Sensation gleich, verdient Bewunderung und Respekt. Man übertreibt gewiss nicht, wenn man dieses Un- ternehmen das spektakulärste auf dem Feld der verlegerischen Zusammenarbeit zwischen bei den deutschen Staaten nennt", schrieb z. B. Franz Josef Görtz in der Frankfimer Allgemei- ne Zeitung am 18.9.1985. Da das Bertolt- Brecht-Archiv (BBA) in O stberlin angesiedelt war (jetzt Berlin Mitte), mussten mei~e Mit- arbeiterinnen/Mitarbeiter und ich - um jeden Text an den Orginalen zu überprüfen - uns häufig wochenlang in Berlin aufhalten. Für diese Aufenthalte erhielten wir eine Art Diplo- matenstatus, der es uns ermöglichte, zu DDR- Zeiten in ostberliner Hotels zu übernachten, so dass wir nicht täglich die Grenze wechseln mussten und in der Nähe unseres Arbeitsplat- zes waren. Für unsere Arbeiten erhielten wir 54 alle mögliche petsonelle und sonstige Unter- stützung (z. B. durften wir - was sonst in der DDR ausgeschlossen war - alle Dokumente des BBA, die wit benötigten, kopieren und nach Karlsruhe mitnehmen). Arbeitsfeld Karlsruhe Die Arbeit in Karlsruhe begann 1985 zunächst in den beschränkten und beengten Räumlich- keiten des Instituts für Literaturwissenschaft. Die Stadt Karlsruhe und ihr Kulturreferat ha- ben dann in einer großzügigen Hilfsaktion dafür gesorgt, dass das Arbeitsteam in Sachen Brecht über geeignete Arbeitsräume verfügen konnte. Für dreieinhalb Jahre bezog die ABB die neu hergerichteten, freundlichen Räume in der Kapellenstraße 22. Die Badische Beamtenbank Karlsruhe sorgte, auf Vermittlung des Rektors der Uni- versität, durch ihren Vorsitzenden, Prof. Dr. Egon Kremer, mit einer großzügig bemesse- nen Spende für die Neueinrichtung der Räu- me sowie für eine neue Computerausrüstung. die es ermöglichte, die in Karlsruhe entstehen- den Bände der neuen Ausgabe satzfertig einzu- richten sowie die umfangreichen Registerar- beiten zu erledigen. Die Universität Karlsruhe, die sich ihrer geisteswissenschaftlichen Fächer schon immer mit besonderer Verantwortung angenommen hat, finanzierte die laufenden Betriebskosten der ABB und stellte die Mittel für die wissen- schaftlichen Hilfskräfte bereit; eine halbe Stel- le für eine Hilfskraft mit Examen wurde von der DFG finanziert. Die BNN bezeichneten in ihrem Bericht zur Eröffnung der ABB die- ses "bislang einmalige Zusammenwirken von der Stadt, Universität und Wirtschaft" als "Karlsruher Musterbeispiel". Die Eröffnung der ABB fand ein breites überregionales Echo. Inzwischen residiert die ABB in der Kro- nenstraße 30 in zwei großen Räumen, da die Wohnung in der Kapellenstraße wegen Fehl- belegung geräumt werden musste. Die Uni- versität Karlsrube trägt nun alle Kosten. Für die Zeit vom 1.I .1994 bis zum 30.6.1997 haben das Land Baden-Württem- berg und die Universität der ABB zwei BAT- lIa-Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter- innen und Mitarbeiter zugewiesen, die von Bri- gitte Bergheim M. A. und Michael Duchardt M. A. wahrgenommen wurden. Um die ABB zu erhalten, haben wir uns bereits während der Abschlussarbeiten an der Brecht-Ausgabe um ein Folgeprojekt bemüht. Nachdem die DFG ein multimediales Pro- jekt zum Dreigroschenstoff, das mit dem ZKM realisiert werden sollte, abgelehnt hatte, haben wir die Fritz Thyssen Stiftung in Köln gewonnen, die "Neukonzeption und Neube- arbeitung des Brecht-Handbuchs" zu finanzie- ren. Dieses Handbuch, das sich am neuen Goethe-Handbuch beim Verlag]. B. Metzler orientiert, wird wie dieses vier Bände mit jeweils 600 Seiten umfassen und von mir he- rausgegeben. Als wissenschaftlicher Beirat wir- ken 16 Wissenschaftler aus den USA, aus Ir- land und aus Deutschland mit. Die Redakti- on übernimmt Brigitte Bergheim, die bewähr- te Mitarbeiterin der ABB. Das Unternehmen wurde begonnen mit einer Aurorenkonferenz in Katlsrube, die vom 14.-16. Mai 1999 statt- fand . Wenn dieses Projekt erfolgreich abge- schlossen wird, hat Brecht nach und neben Goethe den Status des zweiten großen deut- schen Autors inne. Arbeitsmittel und Ergebnisse Die ABB verfügt über eine private Spezial bi- bliothek zu Brecht, die ca. 1.200 Bände um- fasst. Darunter befinden sich die bisherigen Ausgaben Gesammelter Werke Brechts, einige, z. T. wertvolle Erstausgaben, die wesentliche Sekundärliteratur zu Brecht sowie viele Nach- 55 • ... 4 •• I,,,,,. oe ", "" . ..... . , .... ... "" • • "" .•• ~ • • U ft ... . ... • ,_. ~ • • • , .... 0"-" .. ... tot. 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Das weitaus meiste Ma- terial stammt aus dem Bertolt-Brecht-Archiv (BBA) in Berlin: Kopien der Textüberlieferun- gen (zum internen Gebrauch), die der ABB als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt worden sind. Hinzu kommen die Erstdrucke, meist in Kopien, die aus aller Welt zusammengesam- melt wurden, Zeitdokumente aus der ganzen Weltgeschichte, die für den Kommentar (Ent- stehungsgeschichte) notwendig waren, Quel- len und Vorlagen, die die bei Brecht verarbei- tete Weltliteratur betreffen, vom alten China und von der klassischen Antike über SheIley, Shakespeare bis zu Sindair oder Mao Tse-tung oder Johannes R. Becher, die ebenfalls für die Kommenrierung benötigt wurden. Diese Dokumenten-Sammlung zu Brechts Werk, die um weiteres Material aus Berlin zur Biographie, zu den Schriften sowie zu den diversen Journalen, die Brecht geführt hat, erweitert ist, beruht auf dem neuesten For- schungsstand und ist - sowohl, was ihren Um- fang angeht, als auch hinsichtlich ihrer Voll- ständigkeit - einzigartig. Erstellt wurden die Bände der Großen Aus- gabe - was heute nichts Besonderes mehr ist, 1985, aber, als wir mit der Arbeit begannen, Pilot-Funktion hatte - ausschließlich per Computer, das heißt, dass nicht nicht nur die Kommenrare, jeweils ca. 150-200 Seiten ei- nes Bandes, sondern auch die Texte Brechts geschrieben und für den Sarz eingerichtet wur- den. Das hatte den Vorteil, dass keine fremde Hand mehr in die Texte eingreifen konnre und folglich auch keine späteren Satzkorrekturen mehr anfielen: Die in der ABB geschriebenen und korrigierten Dateien stellten so bereits die letzte Stufe zum endgültigen Satz dar. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Texterfas- sung für die in Karlsruhe bearbeiteten Brecht- sehen Werke die Grundlage bilden kann für eine Auswertung bzw. Analyse der betreffen- den Texte durch modernste Datenverarbei- tungssysteme. So werden die fünf Karlsruher Lyrik-Bände zur Zeit an der Brighan Young University, Provo, Utah/USA, für eine Chro- nologie der Gedichte Brechts ausgewertet. Weiterhin wurden in einer gesonderten Datenbank alle "äußeren" Daten für jedes Gedicht einzeln abgespeichert: Textüberliefe- rungen, Erstdrucke, Drucknachweise in den bisherigen Ausgaben, Alternativtitel u. a.: ca. 4.600 Datensätze. Eine solche Datenbank wurde auch für die Prosa erstellt und umfasst 2.600 Datensätze. Sieht man von der notwendigen Einarbei- tungszeit ab, hat die Karlsruher ABB mit ihren 56 acht Bänden der Großen kommenrierten Ber- liner und Frankfurter Ausgabe durchschnitt- lich anderthalb Jahre pro Band Arbeitszeit benötigt. Dabei ist zu bedenken, dass der Karlsruher Herausgeber bis Ende 1992 mit nur zwei halben wissenschaftlichen und einer studentischen HilfskraftsteIle auskommen musste. Die Kommentare allein. die enger gedruckt sind und zwischen 150 und 200 Sei- ten umfassen, entsprechen je einer Buchpubli- kation. Da zudem die vier Herausgeber der Ausgabe für alle 33 verantwortlich zeichneten, mussten sie über schriftliche Gurachten und Herausgeberkonferenzen, die abwechselnd in Frankfurt und Berlin stattfanden, zu jedem Band einzeln Stellung beziehen, die Konzep- tion und den Inhalt verantworten sowie den jeweiligen Bearbeitern und Bearbeiterinnen beratend zur Seite stehen. Schließlich fielen noch umfangreichere Arbeiten für den Registerband an, der im Herbst 1999 erscheinen wird. Internationale Verbindungen Die ABB ist inzwischen international bekannt und wird von vielen Gästen aus den USA, China, Japan, Korea, Indien u. a. aufgesucht und auch, z. T. über längere Zeit, als Arbeits- stätte genutzt. Ich erhielt u. a. Einladungen nach Korea, China, Chile, Japan, in die Ukrai- ne, nach Italien, Griechenland und Däne- mark. Besonders eng sind die Beziehungen zur Brecht-Gesellschaft in Korea. Mit dieser Ge- sellschaft zusammen sind bereits mehrere Buch-Publikationen realisiert worden. Drei Symposien, von denen ich zwei geleitet habe, fanden zwischen 1991 und 1998 in Seou! statt. Überdies gibt es einen Partnerschaftsvertrag zwischen der Chosun University in Kwang-ju und der ABB. JAN KN O PF Zahlenwende! Zeitenwende? Unser Verstand sagt uns, dass 2001 das neue Jahrtausend anbrechen wird. Unsere Gefühle werden aber von der Magie der Zahl 2000 ge- bannt. Wir brauchen solche Einschnitte, auch in unserem privaten Leben, um bilanzieren zu können. Mit einem hegelianischen Fortschritts- optimismus tun wir uns heute trotz des Wohl- standes schwerer als viele Karlsruher vor 100 Jahren, da man das neue Maschinenzeitalter feierte. Computer und Internet werden zur Zeit die Prognosen für kommende Jahtzehn- te füllen, immer etwas unscharf, wie der Blick in die Zukunft es nun einmal bedingt. Aber ein Blick in die Geschichte der letzten 100 Jahre gewährt genauereAuskünfte. In die- ser Ausgabe dominiert der Blick zurück ohne Zorn. Über das Grausige, Menschenverach- tende in der ersten Jahrhunderthälfte haben wir schon vieles berichtet und werden es weiterhin tun, denn solche Erinnerungen können viel- leicht auch Grundlage für eine Zeitenwende sein und unsere Haltung bestärken: so nie wieder! Doch es gab auch anderes, und positi- ve Entwicklungen sollten wir darüber nicht vetgessen. Nicht zuletzt wird das Universitäts- jubiläum im kommenden Jahr eine weitere Brücke über die Epochen schlagen, wohl nicht im Zorn gebaut. LEONHARD MÜLLER Karlsruhe um 1900 - die kaisertreue Residenz An einen Jahrhundertwechsel werden immer viele Erwartungen und zugleich Ängste wie Hoffnungen geknüpft. Wie sah die Stim- mungslage in der Karlsruher Bevölkerung dazu hundert Jahre früher aus? Damals gab es zwar noch keine Meinungsumfragen, doch lassen einige Berichte von Zeitgenossen darauf schließen. Monarchismus "In treuer Gesinnung, in liebevoller herzlicher Verehrung blickt der Karlsruher zu dem ehr- würdigen Großherzog Friedrich, zu der edlen Großherzogin Luise empor .... Mit der innigs- ten Anhänglichkeit an die badische Heimat ver- bindet der Karlsruher die wärmste Hingebung 57 an das große deursche Vaterland", schreibt Stadthistoriker Friedrich von Weech 1904 und führt diese Charakterisierung noch zu einem Höhepunkt: ,,In nationaler Gesinnung wissen sich alle Einwohner dieser Stadt einig, mögen sie auch sonst durch Verschiedenheit der poli- tischen und kirchlichen Anschauungen und Grundsätze getrennt sein. Sie stehen fest und treu allzeit zu Kaiser und Reich". Der Boom an Paraden, Festumzügen und Denkmalserrichtungen zu Ehren der Reprä- sentanten der Monarchie in dieser Zeit, scheint diese Worte zu belegen. Dass sich die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten in der Verehrung des Kaisers wohl einig waren, wird an folgendem Beispiel deutlich. 1893 besuchte Kaiser Wilhelm 11. Karlsruhe. Um Srandbild der Clio im Sradrmuseum. ihn würdig zu empfangen, nahmen zahlreiche Vereine der großherzoglichen Residenz sowie die Schülerinnen und Schüler der in Karlsruhe vertretenen Bildungseimichrungen vom Bahn- hof bis zum Schloss Aufstellung. Ein damals im Druck herausgegebener Stellplan infor- miert uns nicht nur darüber, wo die einzelnen Vereine und Schulen Spalier zu stehen hatten, sondern gibt Aufschluss über die gesellschaft- liche Zusammensetzung der Jubelparade. So finden wir hier neben den vorwiegend aus bür- gerlichen Honoratioren bestehenden Gesang- vereinen auch Vertreter der Arbeitervereine, neben Krieger- und Militärvereinen, Schützen 58 und Turner, den Ruderclub neben dem Rad- fahrerbund und dem Athletenclub, höhere Töchter neben Gymnasiasten, Studenten neben Volksschülern usw. Sicher waren nicht alle der damals schon fast 200 in Karlsruhe vorhandenen Vereine vertreten, doch zumin- dest ein großer Querschnitt. Dass sogar eigentlich konträr laufende po- litische Überzeugungen in einfachen Kreisen durchaus mit dem Patriotismus für Kaiser und Reich einhergehen konnten, erfahren wir aus dem Bericht des evangelischen Arbeitervereins über die bescheidenen Wohnverhältnisse sol- cher Familien: "Der Wert des Mobiliars, wel- ches ein Arbeiter sein eigen nennt, schwankt zwischen 500 und 800 Mark. Vorhänge an den Fenstern und kleine Teppiche auf den Fußböden oder Decken auf den TIschen sind die Regel. Vielfach werden Blumen gepflegt, auch Vogelzucht betrieben. An Bildern sieht man die bekannten Öldruckbilder, irgendeine Landschaft darstelle~d. Außerdem findet man gewöhnlich das Bild des Mannes aus seiner Soldatenzeit, daneben oft Lassalle oder Marx, aber auch der erste deutsche Kaiser .... " Erinnerung an 1870/71 Gerne erinnerte man sich an die "heroischen Zeiten" des siegreichen Krieges gegen Frank- reich 1870/71. So war am Festplatz ein zelt- artiger Rundbau errichtet worden, das so- genanme Panoramagebäude, in dem Rundbil- der von damals namhaften Historienmalern gezeigt wurden, die zumeist Gefechte des deutsch-französischen Krieges, aber auch an- dere Schlachten darstellten. Der Eintritt in dieses Szenario kostete 50 Pfg., "für Militär und Kinder die Hälfte". Als nach der Jahrhun- dertwende mehrere Kinos in Karlsruhe eröff- net wurden, konnte diese Einrichtung dem Konkurrenzdruck des neuen Mediums aller- dings nicht lange standhalten. Natürlich war der allgemein verbreitete Patriotismus von der Obrigkeit gewollt und wurde nach Kräften unterstützt. So wurde z. B. die Errichtung des gewaltigen Kaiser-Wilhelm- Denkmals am Mühlburger Tor zur Gänze aus der Stadtkasse finanziert. 200 000 Mark waren hierfür von den Stadtverordneten bewilligt worden. Der vom Großherzog favorisierte Entwurf eines Reiterstandbildes von Bildhauer Adolf Heer wurde daraufhin in Bronze ausge- führt und das Denkmal am 18. Oktober 1897, dem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, eingeweiht. Oberbürgermeister Schnetzler hielt eine überschwengliche Rede auf die Ruhmes- taren Wilhelms 1., der nun "immerdar auf eine patriotische Bürgerschaft herniederschauen " könne, die bereit sei, lImit Gut und Blut für die Erhaltung des Vaterlandes einzustehen, das ihr der große Kaiser geschaffen hat". Der Ein- weihungsfeierlichkeit wohnten neben den Ver- tretern des Militärs, den Mitgliedern der groß- herzoglichen Familie und mehreren deutschen Fürsten auch wieder fast alle Vereine und Schulen bei. Die ikonographischen Details des Denkmals sind von Manfred Großkinsky und Meinhold Lutz ausführlich gewürdigt worden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Lutz meint, Kaiser Wilhe1m sei nicht nur als siegreicher Feldherr und Reichseiniger darge- stellt, sondern der Typus des Reiterstandbildes gehe auf 1849 zurück, als der damalige Prinz von Preußen an der Spitze einer Armee in die badische Residenz einritt, um die Revolution niederzuschlagen. Insofern war die Idee von 1998, zum 150-jährigenJubiläum der Revolu- tion in Baden das Denkmal mit fiktiven To- tenschädeln der hingerichteten oder ums Le- ben gekommenen Demokraten zu garnieren, gar nicht einmal so abwegig. Zur Zeit der Ein- weihung des Denkmals, dachte man aber nicht mehr an dieses Kapitel der badischen Geschichte. Dazu boten die damals am Fuße des Sockels angebrachten Allegorien auch kei- 59 nen Anlass. Dem Kaiser voran schritt Viktoria, die Göttin des Sieges, mit einem LorbeetzWeig in der Hand, hinter ihm saß Klio, die Muse der Geschichtsschreibung, die die Namen der Hauptstädte der eroberten "Reichslande El- sass-Lothringen" Straßburg und Metz in ihr Geschichtsbuch notierte. Die Wappen der ehemals französischen Territorien hatte Klio ebenfalls für sich vereinnahmt. Die Allegorien wurden im Zweiten Weltkrieg zusammen mit den seitlich des Sockels angebrachten Bronzen eines schwerthaltenden Löwen und eines badi- schen Greifen für Rüstungszwecke einge- schmolzen. Lediglich die beiden Seitenreliefs, die die Kaiserproklamation in Versailles und den Einmarsch badischer Truppen darstellen, sind heute noch am Sockel vorhanden. Ein Abguss des noch in Privatbesitz befindlichen Gipsmodells der Klio kann aber im Stadt- museum im Prinz-Max-Palais besichtigt wer- den. Dort befinden sich im Übrigen noch ande- re Exponate, die zur Darstellung des hier be- handelten Themas herangezogen werden kön- nen, etwa die Fahne des Karlsruher Militärver- eins, der wohl kutz nach den Kriegsereignissen von 1870/71 gegründet worden ist. In ihm hatten sich zumeist ehemalige Soldaten zu- sammengeschlossen, die am deutsch-französi- schen Krieg teilgenommen hatten und nun zu geeigneten Anlässen mit Festveranstaltungen und Paraden an glorreiche Zeiten erinnern wollten. So nahm der Militärverein 1877 auch an den Einweihungsfeierlichkeiten des von der Stadt Karlsruhe ebenfalls finanzierten Krieger- denkmals auf dem Alten Friedhof teil, mit dem der gefallenen deutschen Soldaten des 70/71er Krieges gedacht werden sollte. In der Folge sollten noch zahlreiche Kriegerdenkmä- ler an anderen Stellen im Stadtgebiet für badi- sche Truppenteile oder für die gefallenen Ein- wohner in den Stadtteilen errichtet werden, etwa 1887 in Mühlbutg ebenfalls unter Betei- ligung des dortigen Militärvereins. Sie sollten die Erinnerung an den siegreichen Feldzug und den "Kampf um Deutschlands Einheit" in der Bevölkerung stets wach halten. So steht auch das 1904 vor der damaligen Festhalle errichtete Bismarckdenkmal in dieser Traditi- on. das den "eisernen Kanzler" als Reichsgrün- der darstellt. der nach der Kaiserproklamation in Versailles bereits die Landkarte mit den neuen Grenzen des Deutschen Reiches in der Hand hält. Auch hier schmückte den Sockel ein geflügelter Genius mit den Palmen des Sieges. der 1940 der Metallspende zum Opfer fiel. nach dem Krieg versetzte man das Denk- mal an seine heutige Stelle vor das Bismarck- Gymnasium, so dass seine ehemals monumen- tale Wirkung völlig verloren ging. "Kolonialismus" In der Kaiserzeit konnte jedoch auch auf ei- nem anderen Feld der Reichspolitik der Patri- otismus angeheizt werden. nämlich mit der Erwerbung der deutschen Kolonien in Afrika. im Pazifik und in Asien. ·So feierte der Redak- teur der in Karlsruhe erscheinenden Badischen Landeszeitung am Vorabend des Jahres 1900 die inzwischen seiner Meinung nach eingetre- tene Großmachtstellung des Deutschen Rei- ches: .. Deutschland will nun nicht länger im Lande der Träume verweilen. da die Welt ge- teilt wird. Wir mUSSten unser Sinnen und Trachten auf die nationale Gestalrung be- schränken und uns das Weltbürgertum abge- wöhnen. aber nachdem wir durch die Kraft unseres Volkes und die Staatskunst Bismarcks den nationalen Boden gewonnen haben. führt uns der Kreislauf der Dinge wieder zu einer internationalen Betrachtung zurück. ... Nur im höchsten Wetteifer der Nationen. die ihre Besonderheit aufrecht erhalren wollen. wird der Menschheit höchstes Gut errungen. Wenn vor hundert Jahren der Rhein Deutschlands 60 Grenze. nicht Deutschlands Strom geworden war. wenn vor 50 Jahren die bescheidenen Anfänge deutscher Flotte von dem Engländer mit der Behandlung der Seeräuberschiffe be- droht wurden und schließlich unter den Ham- mer kamen. so dürfen doch heute auch die enthusiastischsten Anhänger der Flottenver- stärkung und Weltmachtpolitik Deutschlands sich ungeahnten Fortschritts erfreuen. da die Ausbeute der Handelsflotte die Eifersucht des reichsten Volkes wachruft und die deutsche Flagge über Kamerun und Samoa. den Karo- linen und Kiautschou weht." Noch deutlicher formulieren diese Ziele die goldenen "Kaiser- worte" Wilhe1ms 11.. die in das seit der Jahr- hunderrwende in mehreren Auflagen erschie- nene .. Badische Realienbuch " Eingang gefun- den haben. das füt den Unterricht natürlich auch an Karlsruher Schulen bestimmt war: .. Das mächtige deutsche Heer gewährt einen Rückhalt dem Frieden Europas. Weithin zieht unsere Sprache ihre Kreise auch über die Mee- re. weithin geht der Fluss unserer Wissenschafi und Forschung. Und das ist das Weltreich. das der germanische Geist anstrebt .... Wenn das deutsche Volk in sich gefestet und Gott ver- trauend in die Welt hinaustritt. dann wird es auch fähig sein. die großen Kulturaufgaben zu lösen. die ihm die Vorsehung in der Welt be- stimmt hat, nach innen geschlossen, nach außen entschlossen ... " Dass diese Propaganda zu Überheblichkeit und Selbstüberschätzung führen würde. Fak- toren. die beim Kriegsausbruch 1914 durch- aus eine Rolle gespielt haben. war den Zeitge- nossen sicherlich noch nicht bewusst. Auf der anderen Seite wurde mit geeigneten Maßnah- men das Heimatgefühl gestärkt. um den inne- ren Zusammenhalt der Bevölkerung zu för- dern. Dazu zählten die Heimat- und Trachten- feste. die in Karlsruhe gleich mehrfach vor- zugsweise zu Jubiläen der großherzoglichen Familie veranstaltet wurden. Trachten aller Art "Die Trachtenpflege der monarchistischen Epoche hatte ihre wichtigste Motivation aus der Verehrung für das Fürstenhaus bezogen", stellt Heinz Schmitt in seiner Untersuchung über "Die Volkstracht in Baden" fest. Die in dieser Hinsicht beeindruckendste Veranstal- tung fand bereits 1881 zur Silberhochzeit des Großherzogspaars und der Vermählung der badischen Prinzessin Viktoria mit dem Kron- prinzen Oskar Gustav Adolf von Schweden und Norwegen statt. Ein riesiger Festzug war zusammengestellt worden, der aus "Schülern sämtlicher Karlsruher Schulen", Vertretern der Gemeindebehörden, Staatsbeamten, dem Mi- litärverein, der Freiwilligen Feuerwehr, den Schützengesellschaften, Gesang- und Turnver- einen, dem Ruderklub u. a. bestand. Jede Ab- teilung führte eine Reitertruppe und eine Musikkapelle an. Höhepunkt des Fesrzugs war aber der Auftritt der Landestrachten, die sich aus ganz Baden eingefunden hatten. So wurde die Stadtbevölkerung mit der ländlichen Kultur vertraut gemacht. Diesem Trachtenauftritt folgten noch weitere, so erwa 1896 ein Umzug zum siebzigsten Geburtstag des Großherzogs. Die Förderung der Heimat- kultur führte dazu, dass man alsbald auch in Karlsruher Vereinen Trachten- und Bauernfes- te feierte, indem sich die Mitglieder dement- sprechend kostümierten. So organisierte bei- spielsweise der Gesangverein Liederkranz im Jahre 1900 ein "internationales Trachtenfest". 61 Der Verein bildender Künstler sollte seit 1901 seine sich in den folgenden Jahren öfter wie- derholende "Bauernkerwe" an Fasrnacht fei- ern. Wie sich noch am Vorabend des Ersten Weltkriegs Heimarverbundenheit und Welt- machtstreben zu einem eigentümlichen Patri- otismus verbinden konnten, dafür sei ein letz- tes Karlsruher Beispiel angefuhrt. Am 16. Februar 1914 veranstaltete die Frauenorrsgruppe Karlsruhe des Vereins für das Deutschtum im Ausland in den Räumen des Museumsgebäudes "auf der Plantage Ba- denia in Kamerun" einen "Deutschen Abend". Umrahmt vom "Marsch der Schutztruppen- kapelle "und vom Sklaventanz, der "von Frau Allegri in liebenswürdiger Weise einstudiert" worden war, begrüßte der Plantagenbesitzer und seine Gattin die als Afrikareisende kostü- mierten Gäste. Neben dem von Frau Mutter vorgeführten "Tanz einer Negersklavin "wur- de u. a. von Mitgliedern des Hoftheaters das Schäferspiel "Der Kuss" zur Auffuhrung ge- bracht, der Pfadfinderbund fur junge Mädchen veranstaltete einen "Flaggenreigen". Auch die Kostümierung von Gästen in "deutschen Trachten" war den Organisatorinnen will- kommen, die damit offensichtlich den Zielen des Vereins für das Deutschtum im Ausland Rechnung tragen wollten. Nur wenige Jahre später waren die Weltmachtträume zunächst einmal ausgeträumt und auch "die gute alte Zeit" endgültig vorbei. PETER PRETSCH Aufbrüche, Niederlagen und Erfolge Die Frauenbewegung in Karlsruhe Der 1. Januar des Jahres 1900 fiel auf einen Montag. Durch einen Beschluss des Bundes- rates galt dieser Tag als Beginn eines neuen Jahrhunderts. Ganz der Symbolik eines solchen Momentes entsprechend trat an diesem Tag das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft. Damit erhielt das deutsche Kaiserreich 29 Jah- re nach seiner Gründung ein reichseinheidi- ches Privatrecht. das seit 1809 geltende Badi- sche Landrecht verlor damit seine Gültigkeit. Bücgerliches Gesetzbucb 1900 Die Rückblicke auf das 19. Jahrhundert. wel- che in den Karlsruher Zeitungen am 30. oder 31. Dezember erschienen. klangen fast durch- weg hoffnungsfroh. Stolz blickte man auf das Erreichte zurück und nannte das verflossene Jahrhundert eines des wirtschaftlichen und sozialen FortschrittS. Das BGB. das schon 1896 beschlossen worden war. sollte das kom- mende Jahrhundert auch in diesem Sinne ein- läuten. Für die Frauen konnte das nur Anlass sein. sorgenvoll in die Zukunft zu blicken. denn dieses BGB war für die Frauenbewegung der damaligen Zeit eine Niederlage. Das nun geltende Ehe- und Familienrecht sprach der unverheirateten Frau ab 25 Jahren zwar die volle Rechtsfähigkeit zu. schrieb aber die Un- mündigkeit der Ehefrau. ihre rechtliche Unter- ordnung unter ihren Ehemann. fest. Nun wur- de endgültig deutlich. was es bedeutete. kein Wahlrecht zu haben und bei Gesetzgebungs- prozessen ausgeschlossen zu sein. Wie überall im Kaiserreich taten sich nun auch in Karlsru- he gebi ldete Frauen des Bürgertums zusam- men. um 1903 eine unentgeltliche Rechts- 62 auskunftsstelle für Frauen und Mädchen zu gründen. 1908 hatte die Karlsruher Einrich- tung 73 weibliche und 7 männliche Mitglie- der. Die Vorsitzende war Marie Rebmann. die Ehefrau des Oberschulrates und Vorsitzenden det Karlsruher Nationalliberalen Edmund Reb- mann. Die Karlsruher Rechtsauskunftsstelle kam in der Lindenschule. einer Mädchen- schule in der Kriegsstraße 44. unter. Sprech- stunde war jeden Dienstagabend von 19.00 bis 20.30 Uhr. Hier wurden Frauen über Ehe- verträge. Mündigkeits- und Vormundschafts- angelegenheiten sowie Fragen des Arbeits- rechts beraten. um nicht ganz ungeschützt der neuen Lage ausgesetzt zu sein. Kleidung, Sport, Frauenbildung Solche Eintichtungen entstanden überall in Deutschland. sie entwickelten sich zu Zentren der so genannten radikalen Frauenbewegung. welche die volle politische und gesellschaftli- che Gleichberechtigung forderte. Die Karlsru- herinnen arbeiteten eng mit dem schon seit 1897 bestehenden Verein Frauenbildung-Frau- enstudium und später mit dem 1906 gegrün- deten Verein für Frauenstimmrecht zusam- men. Gemeinsam organisierte man Vortrags- zyklen. An solchen Abenden gab es nach den Redebeiträgen häufig auch Vorführungen tur- nerischer Übungen und neuer Kleidermodel- le. Das diente nicht dem Amüsement. sondern war Ausdruck eines neuen Gesundheitsbe- wusstseins sowie des Bemühens, die Frauen aus dem gesundheitsschädlichen Korsett zu befreien und an das Turnen zur Muskelstär- kung zu gewöhnen. Dieses Anliegen fand in Emmy Schoch 1912. Karlsruhe auch von ärztlicher Seite Unterstüt- zung. 1901 war auf Betreiben des Frauenarz- tes Hermann Paull in Karlsruhe der Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung gegründet worden. Man trat ein für eine neue, gesünde- te Form, Hir das so genannte Reformkleid, das u. a. im Modeatelier von Emmy Schoch ent- worfen und gefertigt wurde. Diese Kleider waren erst in zweiter Linie Ausdruck eines besonderen Modebewusstseins, vor allem soll- ten Frauen dadurch eine körperliche Bewe- gungsfreiheit erreichen. Nach dem Ersten Weltkrieg befreiten sich die Frauen endgültig von der einschnürenden Kleidung; unbequeme, die Bewegungsfreiheit einschränkende Kleidungsstücke wurden seit- dem zunehmend nur noch zu einem Problem des jeweils persönlichen Geschmacks. Die Teilnahme der Frauen am sportlichen Leben ist seit langem eine Selbstverständlich- keit. Schon 1927 lief die Karlsruherin Lina Betschauer bei den deutschen Meisterschaften in Breslau den Weltrekord über 800 m, im gleichen Jahr fand in Berlin das 1. Internatio- nale Frauensportfest auf deutschem Boden 63 statt. Auch die politischen Ziele der Radika- len, die zu Beginn des Jahrhunderts formuliert und, in weiren Teilen von den Sozialdemo- krarinnen ebenfalls verfolgt wurden, sind in- zwischen erreicht, obwohl es bis 1977 dauern sollte, bis im BGB die Gleichberechtigung der Ehefrau festgeschrieben wurde. Auf anderen Gebieten konnten die Frauen früher Erfolge verzeichnen. So wurde ihnen ab 1900 in Baden das Immatrikulationsrecht für Universitäten zugestanden, reichsweit erst ab 1908. Auf die Einhaltung von Arbeitsschutz- bestimmungen für Frauen und auf eine Ver- besserung der Arbeitsbedingungen der Arbei- terinnen achtete seit 1900 eine Fabrikinspek- torin. 1902 übernahm mit Marie Baum eine Frau das Amt, die noch in die Schweiz nach Zürich hatte gehen müssen, um studieren zu können. Stimmrecht fiir Frauen Seit 1910 waren die badischen Kommunen gesetzlich verpflichtet, Frauen in bestimmte Gemeinderatsausschüsse mit Stimmrecht auf- zunehmen. Die Karlsruher Stadtverwaltung begann schon in den 1870er Jahren mit Ver- treterinnen des Frauenvereins im Bereich der Armenpflege zusammenzuarbeiten. Das waren erste Schritte zur politischen Gleichberechti- gung, die allerdings erst nach der November- revolution 1918 erreicht wurde. Noch im Sommer 1918 hatte sich in der Zweiten Kam- mer des Karlsruher Ständehauses keine Mehr- heit für das Frauenwahlrecht gefunden. Dass dies reichsweit wenige Monate später durchge- setzt wurde, war vor allem ein Verdienst der SPD, die als einzige Partei vor dem Ersten Weltkrieg die politische Gleichberechtigung der Frauen in ihr Programm aufgenommen hatte. Am 5. Januar 1919 durften Frauen erstmals in Baden an die Wahlurnen treten, um die badische Nationalversammlung zu Um 1900 wurde das Radfahren zum Ausdruck der Bewegungsfreiheit. Hier ein Karlsruher Radfahrvercin mir Radfahrerinnen um 1900. wählen. Zwei Karlsruherinnen - Clara Siebert und Kunigunde Fischer - zogen in die badi- sche Nationalversammlung im Karlsruher Ständehaus. Beide waren schon lange vor dem Ersten Weltkrieg in der Frauenbewegung ak- tiv. Fischer bei den Sozialdemokratinnen. Sie- bert im katholischen Frauenbund. Clara Sie- bert wurde gegen Ende der Weimarer Repub- lik für kurze Zeit Reichstagsabgeordnete. Ku- nigunde Fischer war auch unter den ersten drei Karlsruher Stadträtinnen. Diese Entwick- lung wurde 1933 von den Nationalsozialisten abrupt beendet. Der Neubeginn auf der poli- tischen Bühne nach 1945 gestaltete sich auch in Karlsruhe schwierig und ist in der Publika- tion des Karlsruher Stadtarchivs. "Karlsruher Frauen 1715-1945" sehr genau nachzulesen. 64 Heute. im Jahre 1999 sind unter den 48 Ge- meinderäten 17 Frauen. Neue Wege seit 1949 Eines jedoch zeigte das 20. Jahrhundert mit seinen Einbrüchen 1933 bis 1945 sehr deut- lich: Es bedurfte einer rechtlichen Festschrei- bung der vollen Gleichberechtigung der Frau- en. um sie auch auf Dauer zu gewährleisten. Das wurde 1949 mit dem Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes erreicht. Dass dies auch umge- setzt wurde, ist nicht zuletzt ein Verdienst des Bundesverfassungsgerichts. das seit 1951 in Karlsruhe residiert und seit einigen Jahren mit seiner Präsidentin Jutta Limbach eine Frau an der Spitze hat. Erst der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes ließ es zu. das BGB von 1900 so umzuschrei- ben. dass den Frauen die vollen Menschen- rechte auch in der Ehe zugestanden wurden. Dass sich die Politik veranlasst sah. die Gesetze dem Grundgesetzauftrag anzupassen, ist ganz wesentlich ein Erfolg der so genannten Zwei- ten Frauenbewegung. die seit den 1970er Jah- ren Themen wie das der Gewalt gegen Frauen aufgriff. die zur Jahrhundertwende noch eher als privat galten. Auch in Karlsruhe gibt es seit 1982 ein Frauenhaus. das vom Verein zum Schutz misshandelter Frauen und deren Kin- der getragen wird. Einer ähnlichen Aufgabe nimmt sich in Karlsruhe das Frauen- und Kin- derschutzhaus Sc. Antonius an. dessen Ge- schiehte 1908 zunächst als Zufluchtsheim für gefallene Mädchen. die damals gesellschaftlich geächtet waren. begann. Das alles sind nur einige Aspekte des langen Weges der Frauen in die zumindest gesetzliche Gleichberechtigung. dessen Ende am 1. Januar 1900 nicht abzuse- hen war. SUSANNE ASCHE Häuser der Stadtgeschichte 1900 - 2000 Als vor 100 Jahren in den Karlsruher Tageszei- tungen darüber debattiert wurde, ob nun am 1. Januar 1900 das neue Jahrhundert beginne oder erst ein Jahr später. gab es in Karlsruhe seit 15 Jahren ein Stadtarchiv. das diese Zei- tungen archivierte und sie bis heute der stadt- geschichtlieh interessierten Öffentlichkeit - inzwischen allerdings über Mikrofilm - zur Verfügung stellt. Das Stadtarchiv hatte seit seiner Gründung im Jahr 1885 eine positive n; -~: Im ehemal igen Wasserwerksgebäude, Ganenstraße 53 , war das Sradrarchiv von 18 96 bis 1923 untergebracht. 65 Entwicklung hinter sich. Am 10. Juli 1885 war das Orcsstatut über die Verwaltung des Städtischen Archivs erlassen und die Bildung einer sieben köpfigen Archivkommission be- schlossen worden. Ausgangspunkt dieser Gründung war die Erkenntnis, dass viele an- dere badische Städte .. Geschichtsschreiber ge- funden haben und die größeren und älteren unter ihnen wohlgeordnere Archive besitzen", Karlsruhe jedoch sich .. bis jetzt weder des ei- nen noch des anderen rühmen" könne, wie es im Orcsstatut heißt. Diese Gründung eines eigenen Stadtarchivs entsprach durchaus dem zeitgenössischen Selbstverständnis des Bürger- tums. das sich auch in seinem Städtebau durch den Historismus eine Geschichte zu geben trachtete. Die noch junge Geschichtswissen- schaft harre auch die Städte erreicht. Erstes eigenes Haus Seit Ende des Jahres 1896 verfügte das Stadt- arehiv. das bis dahin im Rathaus sehr beengt untergebracht war. sogar in dem ehemaligen für Archivzwecke umgebauten Wasserwerkge- bäude in der Ganenstraße über ein eigenes Archivgebäude, in dem es auch Räumlichkei- ten für kleine Ausstellungen gab. Don hatte das Stadtarchiv vom 21. November 1898 bis zum 23. Juli 1899 eine Ausstellung gezeigt, die man nicht so ohne weiteres in der nationalli- beral geprägten badischen Haupt- und Resi- denzstadt erwattet hätte. Obwohl die Natio- nalliberale Pattei in der Presse und auch im badischen Landtag im Ständehaus heftig ge- gen das Gedenken an die fünfzig Jahre ZUVOt gescheitene Revolution von 1848/49 agitier- te, präsemiene das Stadtarchiv Karlsruhe eine Ausstellung mit Bildern, Flugblättern, Akten- stücken und anderen Gedenkgegenständen aus den Revolutionsjahren 1848 und 1849. Erstaunlicherweise gab es darüber weder stadt- imern noch in der Presse eine Auseinanderset- zung. Es war also offensichtlich selbstverständ- lich, dass das Stadtarchiv eine solche Ausstel- lung aus seinen Beständen zeigte. Die Ausstel- lung wurde während 69 Öffnungstagen von 820 Personen besucht. Rechnet man diese Zahl auf die heutige Einwohnerschalt hoch, so wären dies rund 2.500 Besucher. Angesichts der nicht gerade zemralen Lage des Archivs, der sehr eingeschränkten Öffnungszeiten von zehn Wochenstunden und der geringen Wer- bemöglichkeiten war dies eine durchaus pas- sable Resonanz. Der "Badische Landesbote" hatte diese Ausstellung in einer Notiz ange- kündigt und hervotgehoben, dass viele von mehreren hundert "Ponräts, Schlachtenbil- dern, Plänen, Karikaturen, Flugblättern" und zwar gerade, die wertvollsten "ursprünglich in Privatbesitz waten und erst in den letzten Jah- ren durch die Liberalität der Eigemhümer in den Besitz der städtischen Sammlungen ge- kommen sind, wodurch sie erst der Allge- meinheit zugänglich gemacht und in vielen Fällen sicherlich auch vor dem gewissen Un- tergang bewahn geblieben sind." Der Journa- list nenm damit die auch heute noch in vollem 66 Umfang gültigen Argumente für eine Abliefe- rung historischer Unterlagen an öffentliche Archive. Die don verwahnen Archivalien sind allgemein zugänglich und werden dauernd und sicher aufbewahn. Wären nicht im Zwei- ten Weltkrieg etliche Verluste zu beklagen ge- wesen, so würde dies auch für zwei besonders interessante Stücke, zutreffen, die heute als verloren gelten müssen: zwei preußische Ka- nonenkugeln aus dem Jahr 1849. Eine dieser preußischen Kanonenkugeln hatte das Archiv im Jahr 1891 von dem Priva- tier Spitzmüller erhalten. "Auf der Kugel selber befindet sich von der Hand des Schenkgebers auf einem Zettel folgende Notiz: Diese Kugel ist am 25.6.1849 von Preußischer Artillerie vom Alleehaus, Durlacher Allee, nach Karlsru- he geschossen, beschädigte links Pappelbäu- me, bekam Richtung nach rechts durch[s] Durlachenhor, prallte an dem 4. Pfeiler des Zeughausgebäudes ab und rollte in langsamer Bewegung der Dragonerkaserne zu, und [ich] nahm sie in laufender Bewegung in Empfang. Spitzmüller 25.17.1849 Zeughaus-Rüstmeis- ter." Beide Kugeln befinden sich heute nicht mehr in städtischem Besitz, ohne dass über deren Verbleib Genaueres ermittelt werden könnte. Es bleibt nur die Vermutung, dass sie im Zuge der Auslagerung der stadtgeschicht- lichen Sammlungen nach Rastatt verloren ge- gangen sind, als auch etliche andere Objekte und Archivalien abhanden kamen. "Stadtgeschichte" um 1900 Dafür, dass die Stadtgeschichte um die Jahr- hundertwende Konjunktur hatte und nicht nur über Ausstellungen präsentiert wurde, spricht auch, dass zu dieser Zeit die dreibändi- ge Karlsruher Stadtgeschichte von Friedrich von Weech erschien und im Jahr 1900 der 16. Jahresband der Chronik der Haupt- und Re- sidenzstadt Karlsruhe vorlag. &ir 1924 residiert das Pfinz.gaumu~um in der Karlsburg. In der Begründung des Ortstatuts von 1885 war bereits angekündigt worden, dass man we- gen der Herausgabe einer neuen Gesamtstadt- geschichte "mit einer Persönlichkeit, von der eine gediegene Arbeit erwartet werden muß, bereits Vereinbarung getroffen" hatte. Man war sich auch sicher, dass die Publikation, die in mehreren Teilen veröffentlicht werden sollte, auf eine positive Resonanz stoßen werde, denn: "Das Interesse, welches einzelne von hiesigen Zeitungen und auch vom Adresskalender ver- öffentlichte Mittheilungen aus der Vergangen- heit Karlsruhes erweckt haben, berechtigt zur Hoffuung, dass auch eine zusammenhängende Geschichte der Stadt günstig aufgenommen wer- den wird." Der Direkror des badischen Gene- rallandesarchivs Friedrich von Weech erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen: Das Werk, das von 1895 bis 1904 in drei Bänden erschien, war "gediegen" und stieß auf das erhoffte Interesse. Stadtmuseum - Pfinzgaumuseum Zu dieser Zeit waren die "Stadtgeschichtlichen Sammlungen", die nach der Gründung des Stadtarchivs zunächst unter der Rubrik "Ge- denkgegenstände" geführt wurden, eine eige- 67 ne Abteilung des Stadtarchivs. Im Archivgebäude wurde 1911 auch das so genannte Bilder- zimmer eingerichtet, ein be~ scheidener erster Anfang einer stadtgeschichtlichen Daueraus- stellung. Die Verbindung von Stadtarchiv und Stadtgeschicht- lichen Sammlungen - heute das Stadtmuseum - hat in Karlsru- he also eine mehr als einhun- dertjährige Tradition . 1938 kam das von Friedrich Eberle gegründete pfinzgaumuseum mit der Eingemeindung von Durlach hinzu, das 1924 nach einer längeren Vorbereitungszeit im Prinzes- sinnenbau der Karlsburg eröffnet worden war. Die Bestände des Stadtarchivs und der Stadt- geschichtlichen Sammlungen beschränkten sich in erster Linie auf das Sammlungsgut, vor allem auf die umfangreichen Plan- und Bilder- bestände. Die stadtgeschichtlich bedeutsamen Unterlagen aus der Stadtverwaltung wie Ak- ten, Amtsbücher und Urkunden kamen erst später nach und nach ins Archiv und wurden lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt. Archiv als gesetzlicher Auftrag Dies hat sich inzwischen grundlegend geän- dert. Generell ist die Arbeit der öffentlichen Archive inzwischen als gesetzlicher Auftrag in den Landesarchivgesetzen vorgeschrieben und geregelt. Die als Satzung erlassene Archivord- nung der Stadr Karlsruhe verankert das Stadt- archiv darüber hinaus als die für die stadtge- schichtliche Arbeit zuständige Dienststelle. Außerdem regelt sie die Benutzung des Ar- chivs durch die Offentlichkeit. Über eine Dienstanweisung sind alle städtischen Dienst- stellen angewiesen, die nicht mehr benötigten Unterlagen dem Archiv zur Archivierung anzu- Seit 1990 ist die ehemalige Pfandleihe, Markgrafenstraße 29, das Domizil des Stadtarchivs. bieten. Diese gesetzlichen Rahmenbedingun- gen sichern die Arbeit des Archivs natürlich in einem weit höheren Maße als dies vor 100 Jah- ren das "Ortsstatut über die Verwaltung des Städtischen Archivs" allein konnte. Dennoch ist die Stellung eines Archivs immer auch von der Qualität der angebotenen Dienstleistun- gen für Verwaltung und Öffentlichkeit abhän- gig. Der heute erreichte Stand kurz vor der Jahrtausendwende ist eine gute Ausgangsbasis dafür, dass die Stadtgeschichte auch im neuen Jahrtausend weiterhin ihren Stellenwert behält. Stadtarchiv in der Pfandleihe Das Stadtarchiv verfügt über ein nach moder- nen Erkenntnissen umgebautes Gebäude, die ehemalige städtische Pfandleihe in der Mark- grafenstraße. Hier wird seit 1990 die Stadtge- schichte gesichert, erforscht und die Ergebnis- 68 se der Forschungsarbeit auf vielfalrige Weise vermittelt. Die inzwischen auf fast vier Regal- kilometer angewachsenen Bestände des Stadt- archivs umfassen nun auch schwerpunktmä- ßig das Schriftgut der Stadtverwaltung, das über ausführliche Findmittel zugänglich ist und im modernen Lesesaal des Stadtarchivs eingesehen werden kann. Beratung und Infor- mationsservice gehören zum selbstverständli- chen und vielgenutzten Angebot für stadtin- terne und externe Nutzer und Nutzerinnen. Den Wandel der archivischen Tätigkeit doku- mentieren auch moderne Hilfsmittel, an die vor 100 Jahren noch keiner dachte. Teilklima- tisierte Magazine mit Fahrregalanlagen, Ko- piergerät, Mikrofilmlesegerät und vor allem die pes erleichtern die Arbeit im Archiv. Dabei steht diese Technisierung der Archivar- beit erst am Beginn, da künftig in weit höhe- rem Maße als bisher maschinenlesbare Daten mit allen damit verbundenen Problemen der dauerhaften Archivierung von den Ämtern an das Archiv geliefert werden. Neben den nach wie vor vorhandenen Problemen bei der Kon- servierung und Restaurierung gefährdeter Ar- chivalien wird dies die Herausforderung der nächsten Jahre sein, der sich das Stadtarchiv wie alle anderen Archive stellen muss. Neue Medien So wie Archive mit neuen Medien bei der Übernahme der in den Verwaltungen produ- zierten Informationsträger konfrontiert wer- den und die anstehenden neuen Aufgaben bewältigen müssen, so müssen sie sich auch mit neuen Medien bei der Vermittlung von Stadtgeschichte befassen. Internet und Multi- media sind hier nur zwei Stichworte. Eine Multimediaanwendung hat das Stadtarchiv Karlsruhe bereits vor sechs Jahren in der "Er- innerungsstätte Ständehaus "erarbeitet, mit der die Geschichte des badischen Landtages Das Scadrmuseum öffnet im Sommer auch den Balkon des Prinz-Max-Palais. präsentiert wird. Im Internet ist das Stadtar- chiv derzeit mit Informationen über seine Dienstleistungen und Veröffentlichungen ver- treten. Angebote dieser Art, die zudem die gezielte Präsentation vor Archivalien und die Einbindung der Bestandsübersicht des Stadt- arehivs umfassen sollen, werden auch künftig gefragt sein und werden deshalb zu einem fes- ten Aufgabenfeld. Diese Stichworte stehen dafür, dass sich die stadtgeschichtliche Arbeit des Stadtarchivs insgesamt gewandelt hat und auch in weit höherem Maße als 100 Jahre zuvor fester Bestandteil des kulturellen Ange- bots ist, wie zahlreiche Ausstellungen, Publika- tionen, Vorträge und Führungen belegen. Neue "Stadtgeschichte" öffentlicht. Die Zahl der Publikationen in den beiden Reihen des Stadtarchivs "Veröffentli- chungen des KarIsruher Stadtarchivs" und "Forschungen und Quellen zur Stadtgeschich- te" ist inzwischen auf über 25 gewachsen. Selbstverständlich wurden auch Themen auf- gegriffen, über die sich Friedrich von Weech vor 100 Jahren möglicherweise gewundert hätte, die heute auf Grund anderer, moderner Fragestellungen an die Geschichte aber zum festen Repertoire stadtgeschichtlicher For- schung gehören. Damals hätte man wohl kaum ein Buch über die Industriearchitektur in KarIsruhe oder über die Fastnacht geschrie- ben oder herausgegeben. Auch die Geschich- te der Frauen hätte möglicherweise bei der damaligen ausschließlich männlichen Histori- kerzunft einige Verwunderung erregt, obwohl es bereits im 19. Jahrhundert erste Ansätze einer Frauengeschichtsschreibung gab. Viele dieser Buchprojekte waren mit Ausstellungen des Stadtmuseums im Prinz-Max-Palais ver- bunden. Seit dem 1. Dezember 1998 ist die vor 100 Jahren bestehende enge organisatori- sche Verbindung zwischen Stadtarchiv und den 'historischen Museen wieder hergestellt. Stadtarchiv - Pfinzgaumuseum - Stadtmuse- um nehmen den Aufgabenbereich Stadtge- schichte gemeinsam wahr, das Stadtarchiv seit 1990 in der Markgrafenstraße, das Pfinzgau- museum in der KarIsburg in DurIach mit ei- ner 1994 neu konzipierten ständigen Ausstel- lung über die Geschichte DurIachs und das Stadtmuseum seit 1981 im Prinz-Max-Palais in der KarIstraße 10, mit der 1998 auf einer stark vergrößerten Ausstellungsfläche präsen- tierten Dauerausstellung "Eine Vision und ihre Geschichte. In allen drei Häusern wird weiterhin die historische Überlieferung ge- sichert und die Geschichte der Stadt KarIsru- he und ihrer Stadtteile vermittelt und präsen- 1998 hat das Stadtarchiv eine moderne, knapp tiert. 800 Seiten starke, Gesamtstadtgeschichte ver- ERNST QTTQ BRÄUNCH E 69 Landwirtschaft in und um Karlsruhe Mit Generaldekret erklärte Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach 1783 die Bau- ern für leibesfrei. Bis zur endgülrigen Ablö- sung der Abgaben, die aus der Leibeigenschaft resulrierten, dauerte es jedoch: 1820 der so ge- nannten Herrenfrohn, 1833 der Zehnte, nach 1848 die letzten grundherrlichen Rechte. Die Weichen für die Entwicklung eines bodenver- bundenen und leistungsfähigen Bauerntums waren gestellt. Nur die Rahmenbedingungen in Baden und gleichermaßen im Karlsruher Raum waren denkbar ungünstig. Der bäuerliche Bildungs.tand Rund 70% der Bevölkerung gingen um 1850 einer landwirtschaftlichen Tätigkeit nach. Der Bildungsstand war jedoch höchst unbefriedi- gend. Nur langsam wurden die Lehren der sich entwickelnden Agrikultur umgesetzt (u. a. Albrecht Thaer 1752-1828, Humustheorie, Fruchtwechsel statt 3-Felderwirtschaft; Justus von Liebig, Theorie der Mineraldüngung) . Der gemeine Landwirt, der Bauer, blieb seiner altväterlichen Tradition verhaftet. Die schlech- te Versorgung der Bevölkerung mit Grund- nahrungsmitteln gipfelte in Missernten und in Hungersnöten um 181611817und 1846/1847 (Kraut- und Knollenseuche, sog. Kartoffel- seuche). Die Errichtung einer landwirtschaftlichen Gartenbauschule mit Angliederung einer pri- vaten landwirtschaftlichen Winterschule durch Freiherrn August von Babo brachte 1851 den entscheidenden Schritt zur besseren Berufs- ausbildung des Bauern im Karlsruher Raum. Die Schule wurde inmitten eines landwirt- schaftlichen Areals an der Rüppurrer Straße, etwa auf dem Gelände des früheren Arbeits- 70 amtes, erstellt. Am gleichen Ort wurden so- dann 1860 eine Obstbauschule und 1864 die großherzogliehe Winterschule eingerichtet. Wegen Flächenkonkurrenz zur Stadt wurde die Schule 1893/1894 auf den Augustenberg verlegt. Das Musrergur, den heurigen Obst- bau-, Lehr- und Versuchs betrieb, hatte unter- dessen der badische Staat erworben. Durch die Verbindung von Theorie und Praxis wirkte der Augustenberg außerordentlich positiv auf die Weiterentwicklung der Landwirtschaft im ge- samten nordbadischen Raum. Ab Mitre des 19. Jahrhunderts besserte sich die wirtschaft- liche Lage und damit auch die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Gerade im Karlsruher Raum brachte die aufstrebende Industrie Kaufkraft, Nachfrage und damit Absatz der durch neue Erkenntnisse produ- zierten größeren Mengen. Landschaftliche Gegebenheiten Die natürlichen Verhältnisse bieten dem land- wirt nicht nur gute Voraussetzungen, z. B. die nur kleinen Inseln der Dorfmarkungen der heutigen Bergdörfer (Waldhufen), die sump- figen, teilweise moorigen Gebiete des ehema- ligen Kinzig-Murgbettes entlang des Gebirgs- randes. Hier konnte erst nach großzügigen Entwässerungsprojekten, z. B. dem Malseher Landgraben, der pfinz-Saalbachkorrektion - Zeitgeist der 50er Jahre - eine geordnete land- wirtschaft betrieben werden. Die kargen Sand- böden auf der Hardr, z. B. in Rheinstetten, Neureut, Eggenstein, Leopoldshafen oder die vor der Rheinkorrektur durch Hochwasser srark gefährdere Rheinniederung, bilden eben- falls keine günstigen Voraussetzungen. Erst in jüngster Zeit wurden die uralten Formen der Almende, d. h. des Gemeinschafrslandes abge- löst, die das Risiko z. B. von Überschwem- mungen auf viele Schultern verteilen sollte. Die fruchtbaren Lössflächen etwa nördlich der Linie Langensteinbach-EttIingen im Kraich- gaugebiet seien andererseits ebenso wenig ver- kannt wie die hervorragenden, klimatischen Verhältnisse, die den Anbau einer Vielzahl von Acker- und Sonderkulturen zulassen. Zu Recht spricht man vom Obst- und Gemüsegarten Baden oder vom Frischgemüseanbaugebiet Durlach-Aue für Karlsruhe. K1einstbesitz und K1einstbetriebe Baden ist das Land des Kleinstbesitzes und der Zwerg- und Parzellenwirrschaften. Für den Raum Karlsruhe trifft dies, mit Ausnahme weniger Gutshöfe, ausgeprägt zu. Zersplitter- ter Besitz war über Jahrhunderte hinweg eine große Bürde für die Produktion. Ursache ist die Realteilung: Der landwirtschaftliche Besitz wurde über Generationen hinweg in der Erb- folge aufgeteilt, die Grundstücke wurden klei- ner und kleiner, die Flurstruktur unübersicht- lich, die Bewirtschaftung äußerst erschwert: 10 ar Durchschnittsgröße der Parzellen, in Neureut auf der Niederterrasse z. B. weniger als 8 ar als typisch lange .Handtücher". Dung. Saatgut und Ernte mussten getragen werden, sofern Wege oder Überfahrtsrechte nicht vor- handen. Wenige Feldbereinigungen im letzten Jahrhundert schafften vereinzelt Abhilfe. Nicht nur Felder, auch die Hofreiten wur- den geteilt. Die Lebens- und Arbeitsbedingun- gen in den nGemeinschaftshöfen .waren z. T. katastrophal: mehrere Ställe, Stroh und Heu an verschiedenen Plätzen, mit dem Wagen kaum Wende möglichkeiten, oftmals Srock- werkseigentum wie bei einer modernen Eigen- tumswohnung, die Dungstätte an der Straße. Mehr als 80 % der Betriebe bewirtschafte- ten weniger als 2 ha Fläche. Eine Untersu- 71 chung von 1904 ergibt, dass in 17 Landge- meinden bei Karlsruhe die durchschnittliche Betriebsgröße 67 ar beträgt. Zwischen 1882 und 1907 hat sich die Zahl der landwirtschaft- lichen Klein- und K1einstbetriebe bis 1 ha in Baden sogar um 30.000 erhöht. Ursache war das Wachstum der Kommunen, deren Flä- chenbedarf und der zunehmende Nebener- werb der Landwirte als Industriearbeiter. Die Nebenerwerbslandwirtschaft hatte Blütezeit: Die Männer gingen in die Industrie oder ver- richteten Lohnarbeiten wie z. B. Transporte. Frauen, Kinder und Alte bewirtschafteten mü- hevoll den Landbesitz, um den kargen Lohn aufzustocken. Die Kleinstbetriebe dominier- ten auch noch 1950 im alten Stadt- und land- kreis Karlsruhe: In rund 10.000 Betrieben mit Milchviehhaltung werden 15.000 Kühe ver- sorgt, d. h., im Durchschnitt 1,5 Milchkühe je Betrieb. 16.400 Schweinehalter hielten zur gleichen Zeit im Durchschnitt gar nur 1.43 Tiere. Landwirtschaftliche Produktion zur Selbstversorgung! Dieses Arbeiterbauerntum gab aber der Sozialstruktur ein stabiles Funda- ment, der weitgestreute Grundbesitz befindet sich ganz überwiegend in Bauernhand. Deshalb sind in unserem Raum auch nur wenige Hofgüter vorhanden, z. B. Hohenwet- tersbach, das 1706 auf der Markung des da- mals nicht mehr lebensfähigen Dorfes ent- stand. Ebenfalls im 18. Jahrhundert wurden der Batzenhof und der Lamprechtshof auf Ödgelände gegründet. Werabronn zwischen Durlach und Weingarten war eine alte Müh- le und Kurpfälzer Grenzstation. Der Thomas- hof ist aus einer privaten Rodung hervorge- gangen, Hofgut Scheibenhardt ist eine Klos- tergründung. Der Ritrnerthof. Stutensee und Maxau sind fürstliche Gründungen. Das Stadtgut Durlach im Bogen der Umgehungs- straße BIO entstand erst 1917 mit der Maßga- be, während des Krieges Milch für Kinder zu produzieren. Nachkriegszeit: Wandel der Betriebsstruktur Der Wandel der Betriebssrruktur nahm im Raum Karlsruhe eine nicht vorstellbare Ent- wicklung, einmalig im Deutschland der Nach- kriegszeit. Von den 1950 im alten Stadt- und Landkreis vorhandenen rd. 15.000 Betrieben über 0,5 ha existieren heute kaum noch 5 %. In der Stadt Karlsruhe mit seinen Ortsteilen ging diese Zahl von ca. 2.700 auf erwa 130 zurück. Dafür steigt die bewirtschaftete Fläche je Betrieb enorm; die Konkurrenz um das immer knapper werdende Land im Verdich- tungsraum Karlsruhe ist erheblich, der Bedarf der Stadt nach wie vor groß. In den engen, verbauten Hofreiten war der Betrieb einer modernen Landwirtschaft mit Großtierhal- tung praktisch unmöglich. Die Aussiedlung zahlreicher Betriebe, also die Verlegung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude in die Flur, war deshalb ein öffentliches Anliegen. Für Be- triebsleiter mit Mut und unternehmerischer Leistung bedeutete dies meist die einzige Chance, den Beruf als Landwirt oder Gärtner weiterzuführen. Allein 45 Betriebe beschritten diesen Weg seit 1952 auf Karlsruher Gemar- kung. Sie stellen heute den Kern der Bewirt- schafter dar. Durch die Aussiedlungstätigkeit profitier- ten auch die engen Ortslagen: landwirtschaft- licher Verkehr wurde in die Flur verlegt, Emis- sionen vermieden, und für den Gemeinbedarf konnte Platz geschaffen werden. Aber auch manche Aussiedlung blieb von dem wirt- schaftlichen Zwang, aufhören zu müssen, nicht verschont. In der Kernstadt und in je- dem zweiten Ortsteil sind heute keine haupt- beruflichen Landwirte mehr tätig. ' Nur wenige Betriebe halten noch Milch- vieh, in vielen Ortsteilen und Landgemeinden ist die Milchkuh nicht mehr vorhanden; ähn- lich war die Enrwicklung bei Schweinen und 72 Hühnern. Anders die Pferdehaltung: Hier wurde der Bestand der Nachkriegszeit - das Pferd war vor allem Arbeitstier - nach einem Tiefstand in den 60er Jahren wieder erreicht. Heute dient der Reitsport zur Freizeitgestal- tung! Mit dem Strukturwandel ging eine nie er- wartete Leistungssteigerung auf der Fläche und bei den Nutztieren einher. Gab eine Milchkuh um 1840 gerade 1.000 I Milch, um 1940 2.500 I, so liegt der Leistungsdurch- schnitt in guten Ställen heute bei 7.000 bis 8.000 I Milch je Milchkuh. Die Getreideerträ- ge lagen Mitte des letzten Jahrhunderts um 7 bis \0 dzlha, das 2- bis 3-fache der Aussaat. Um 1950 wurden 28 dz, heute rd. 70 dz, mit Spitzenwerten über 100 dz geerntet, und der biologischftechnische Fortschritt geht weiter. Ursache für den gewaltigen Strukturwan- del nach 1950 war vor allem die Preiskosten- situation und die gleichzeitige Chance, Ar- beitsplätze außerhalb der Landwirtschaft zu erhalten. Die K1einststruktur als Folge der Realteilung gab der Enrwicklung darüber hi- naus Vorschub. Nach recht guten Preisen in der Mangelwirtschaft der Nachkriegszeit kam es immer mehr zum Überangebot landwirt- schaftlicher Produkte. Die Marktordnungen der EU garantierten 1958 bis 1990 wohl Festpreise, aber zu nied- rig, um mit kleinen Einheiten existieren zu können. Mit der Reform der Agrarpolitik um 1990 wurden die Preise heruntergefahren, der Betrieb erhält zwar Ausgleichsleistungen, das Gesamteinkommen bleibt jedoch niedrig. Der Verbraucher hat dagegen von den niedrigen landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen in ho- hem Maße profitiert. Ein Ei kostet heute z. B. gerade so viel wie 1950, der Anteil der land- wirtschaft an einem Brötchen beträgt 2 bis 3 Pfennige. Ausblick Auch in unserem Raum wird sich der Srrukturwandel fort- setzen. Viele Betriebe haben keinen Hofnachfolger. die wirt- schaftliche Situation ist oft kri- tisch. die hohe Arbeitsbelastung bei einem Zuerwerb außerhalb der Landwirtschaft ist sozial kaum noch haltbar. Auch die viel gepriesene Direkrvermark- tung - Einkauf auf dem Bau- ernhof - bietet nur wenigen Betrieben eine Chance. Dem Verbraucher sei freilich emp- fohlen . kontrolliert erzeugte Panellierung der Flur als Folge der Reaheilung. Lebensmittel ftisch vom Bauernhof zu kaufen. Die Betriebe werden in der Fläche weiter wachsen und/oder den Gemüse- und Sonder- kulturanbau ausbauen. Die Tierhaltung geht weiter zurück. Das ausgeprägte Bewusstsein unserer Landwirte, umweltgerecht zu produ- zieren. wird dabei von der Bevölkerung zuneh- mend erkannt. Vor allem an der Erhaltung un- serer schönen Landschaft mit dem Wechsel zwischen Flur und Wald. der Vielfalt der Ackerkulturen und den prägenden Wiesen- landschaften bei einem hohen Freizeit und Er- holungswert. wird unsere Landwirtschaft wei- terhin maßgeblich beteiligt sein. ARNULF BEEG Vom Sport an der Fridericiana ,,2000 feiert die Fridericiana - so seit 1902 benannt- ihr 1 75-jähriges Bestehen. 1825 als Polytechnikum gegründet. wurde sie 1885 zur Technischen Hochschule erweitert. 1967 zur Universität deklariert. Naturwissenschaft und Technik standen von jeher im Mittelpunkt ihrer Entwicklung. In den folgenden Ausga- ben des "Blick in die Geschichte" sollen aber auch andere Fächer beleuchtet werden. nicht zuletzt der Sport. dem hier die Zusammenfas- sung einer aufschlussreichen Examensarbeit gewidmet ist." 73 "Für jeden Leiter eines großen industriel- len Unternehmens sind bei einem Manne er- höhte Garantien für weitgehende und beson- ders geartete Verwendbarkeit gegeben. Da ein solcher Mann. der neben dem Nachweis guter wissenschaftlicher und technischer Kenntnisse auch körperliche Frische und Gewandtheit aufweist, gelernt hat, seinen Körper sachge- mäß gesund zu erhalten. wird er nicht so leicht wie ein anderer unter der Last großer Anforde- rungen zusammenbrechen; er wird z. B. auch in Großbetrieben unvorhergesehenen Ereig- nissen gegenüber (Naturereignisse. Unfälle. Streiks usw.) leichter und besser seinen Mann stellen als die fleißige Nur-Arbeitsbiene und der unbeholfene Bücherwurm." Mit etwas an- deren Worten und unter Einbeziehung von Frauen könnte heute auch ein Trainee-Ausbil- der so formulieren. was der ehemalige Rektor Dr. Wilhelm Paulcke 1930 im Hochschulfüh- rer der TH Karlsruhe schrieb. Der Sport und die Sportwissenschaft an der Fridericiana muss- ten aber einen langen Weg zurücklegen. bis sie im heutigen Institut ihren Platz gefunden ha- ben. Die Anfänge Vor 1914 überließen es die Hochschulleitun- gen den Studenten. wie sie Sport treiben soll- ten. Immerhin veranstaltete man schon 1906 an der Universität Leipzig ein "deutsch-akade- mischesTurn- und Rasensportfest". Der 1911 gegründete • .Akademische Bund für Leibesü- bungen" sollte sich für den Bau von Übungs- stätten an deutschen Hochschulen einsetzen. Nach 1918 erhielt diese Entwicklung neue Impulse. denn neben die hygienische Zielset- zung trat eine nationale Komponente. Die körperliche Erziehung sollte eine Ersatzfunk- tion für die nach dem verlorenen Weltkrieg verbotene allgemeine Wehrpflicht überneh- men. Beim Ersten und Zweiten Studententag 1919/20 wurde die Einführung von pflichtge- mäßen Leibesübungen für alle Studenten be- schlossen. was freilich auf Widerstand stieß. An der TH Karlsruhe bestand schon 1890 ein T urnplarz im Fasanengarren, und das zustän- dige Ministerium erklärte sich 1900 einver- standen, .. dass der Turnunrerricht wie bisher so auch künftig .. . honorarfrei erteilt wird." 1913 wurde Professor Paulcke. einem Pionier des Skilaufs. erlaubt. an den "akademischen Ausschüssen für Leibesübungen" in Leipzig teilzunehmen. Seit 1919 Rektor. serzte er sich 74 intensiv für drei geplante Sportplätze und die Anstellung zweier Sportlehrer für einen regel- mäßigen Sportbetrieb ein. Die Ägide Twele Als Sportlehrer war ab 1921 August Twele tä- tig. geboren 1896. einer der ersten Absolven- ten der 1920 gegründeten Deutschen Hoch- schule für Leibesübungen in Berlin. mit dem Rektor Paulcke einen tatkräftigen Initiator fand. Wenn auch ein pflichtgemäßer Sport für alle Studenten nicht durchführbar war. ver- suchte man doch insofern einen moralischen Druck auszuüben. als man 1922 einen Erlass des Kultusministeriums erreichte, wonach in jedes Zeugnis ein Eintrag über Beteiligung oder Nichtbeteiligung an den Leibesübungen erfolgen müsse. Dieses "Karlsruher Modell" galt damals für viele Hochschulen als beispiel- haft. . Paulcke konnte bei der Finanznot am An- fang der Weimarer Republik erst 1927 ein Hochschulstadion realisieren nicht zuletzt mit Jubiläumsspenden zum hundertjährigen Be- stehen der TH 1925. Obwohl am Stadion noch vieles fehlte. wurde jetzt ein großes Leichtathletik-Sportfest samt Tennisturnier organisiert. 1930 wurden die baulichen Maß- nahmen. vor allem das freitragende Tribünen- dach. fertiggestellt. In diesen Jahren arbeitete Twele mit Unterstützung seines Rektors an der Errichtung eines "Instituts für Leibesübun- gen" (lfL). das schließlich im Mai 1931 eröff- net wurde und zu dessen Direktor man ihn ernannte. Während das IfL fachlich dem "Deutschen Akademischen Ausschuss für lei- besübungen" zugeordnet war, unterstand es dienstlich dem Rektor. Im Hochschulführer 1930/31 schrieb Twele über die Anlagen: "Den Kern bildet der Kampfplatz in den Aus- maßen von 100 x 65 m. umgeben von der 400 m langen und 7.50 m breiten Laufbahn. Der umgebende Wall bietet 8.000 Zuschauern Sichtmöglichkeiten ... Der Hauptbau im Sü- den (80 x 13 m) enthält eine Turn- und Gym- nastikhalle, Umkleideräume, Duschen und Plansch bad, Massage- und Boxraum, ferner Räume für die Verwaltung und die ärztliche Untersuchung. Dieser Bau ist gleichzeitig aus- gerüstet mit einer Zuschauertribüne mit 1.200 Sitzplätzen, überdeckt von einem 12m weit freitragenden stürzlosen Dach." Die NS-Zeit Nach der nationalsozialistischen Machtergrei- fung 1933 übernahmen die SA-Hochschul- ämter alle sportlichen Funktionen, wobei an vielen Hochschulen die reine wehrsportliehe Ausbildung dominierte. Nicht so in Karlsru- he, wo 1934 dem Institut seine urspüngliche Aufgabe wieder zurückgegeben wurde. Den- noch war die Einflußnahme des NS-Regimes erheblich, vor allem wurde das Stadiongelän- de für politische Großveranstaltungen genurzt. Ein riesiger Thingplarz war, vom Hochschul- stadion ausgehend, geplant, "der sich nach Norden öffnete, um in die gewaltige sich aus- dehnende Aufmarschbahn einbezogen zu wer- den", ein Unternehmen, das erfreulicherweise nicht zustande kam. Dazu erinnerte sich Au- gustTwele später: im Frühjahr 1935 habe ihm der badische Gauleiter Wagner eröffnet, dass das Institutsgelände vorläufig für den Bau ei- nes Zeltes mit 60.000 Sitzplätzen beschlag- nahmt sei. Hitler würde in Karlsruhe sprechen und ein anderes geeignetes Gebäude sei nicht vorhanden. Jeder Protest war selbstverständ- lich sinnlos. " ... Hitler saß also in meinem Arbeitszimmer und im Lorbeer geschmückten Schreibtischsessel. Ich hatte es abgelehnt, mich in eine SA- oder SS-Uniform stecken zu lassen und blieb in meinem Trainingsanzug als der mir gemäßen Uniform. Aber ich hatte Gele- genheit, dem "Führer" klarzumachen, dass die Gebäude schnellstens wieder für ihre eigentli- che Funktion hergerichtet werden müssen, da sofort die Vorbereitungsarbeiten für die Olym- pischen Spiele in Berlin in Trainingskursen aller Art beginnen müssen, für deren Durch- führung Karlsruhe bestimmt sei. Hitler rea- gierte auf das Zauberwort "Olympiade 1936", so dass bis 1937 das Stadion mit Großveran- staltungen verschont blieb und die Ausbildung als eine der wenigen Hochschulen den sportli- chen Schwerpunkt bis 1942 bewahren konnte. Neubeginn nach dem Kriegsende Bei Kriegsende war die Hochschule in vielen . Teilen ein Trümmerhaufen. Erst 1947 wurden die sportlichen Anlagen wieder genutzt, und 1948 übernahm der ehemalige Direktor Twele wieder die Leitung des Instituts, nachdem ihm bescheinigt worden war, "dass er ein entschie- dener Gegner des Wehrsportunterrichts" ge- wesen sei. Ab 1949 konnten Sportlehrer für Gymnasien ausgebildet werden, und der ame- rikanischen Besatzung wurde die Benutzung des Hochschulstadions unter der Versicherung abgerungen, dass Sportanlagen bei den Kaser- nen neu errichtet würden, ein Prozess, der sich bis 1953 hinzog. Nach Beseitigung der letzten Kriegsschä- den und Errichtung neuer Hallen erhöhte sich die Beteiligung der Studierenden an den Lei- besübungen sprunghaft. 1957/58 nahmen ca. 1.000 Studenten an Wettkämpfen teil, ein Erfolg für Twele, der 1962 nach 40-jähriger Tätigkeit vom neuen Institutsdirektor Dr. Bayer abgelöst wurde. Bayers Tätigkeit war zunächst durch ein fast fünfzehnjähriges Ringen um neue geeig- nete Sportanlagen gekennzeichnet. So erfreu- lich die Errichtung der Chemie-Türme für die Universität war, so forderte dies jedoch eine drastische Einschränkung für den Sport. Die alte Turnhalle im Tribünengebäude entsprach 75 Protc:stturncn dc:r Karlsruhc:r Sportstudentc:n am 11. Dc:zember 1971 in Srungarr. nicht mehr den Anforderungen. Schwimmen musste im Tulla-Bad stattfinden. die Sportge- räte litten unter unsachgemäßer Lagerung. die Bibliothek hatte keinen Leseraum. der Semi- narraum war ungeeignet. Rektor Rumpf dräng- te immer wieder das - finanziell - zögerliche Kultusministerium zum Handeln, zumal die Zahl der Sportstudierenden um 300 % gestie- gen und eine wissenschaftliche Forschung kaum möglich war. In einem Schreiben Juli 1968 hieß es: "Vier Jahre vor den Olympi- schen Spielen 1972 in München sieht sich das Instirut für Leibesübungen der Universität Karlsruhe einer Siruation gegenüber. die. be- dingt durch die völlige Zersplitterung der Sporteinrichtungen und Gebäude. einem funktionsgerechten Betrieb des Instituts ... auf die Dauer unmöglich macht. Eine so präkäre Situation ... kann für eine gewisse Übergangs- zeit ertragen und verkraftet werden. Auflänge- re Sicht gesehen. insbesondere im Hinblick 76 auf die in den letzten Semestern sprunghaft angestiegene Zahl der Sportstudenten und Stu- dentinnen ist dieser Zustand untragbar." 1971 demonstrierte die Studentenschaft in Karlsru- he und in Stuttgart. doch ohne beim Ministe- rium und Landtag eine Resonanz zu finden. Der Durchbruch erfolgte erst 1975 mit dem Richtfest eines neuen Instituts. das 1977 fertig sein sollte. Der Umzug aus dem denk- malgeschützten alten Tribünenbau. der erst in den 90er Jahren renoviert wurde, war nun möglich. Der neue Institutsleiter. Professor Dr. Kenntner, konnte allein schon auf eine Schwimmhalle hinweisen mit einem 12.5 x 25 m Becken. einem hydraulisch verstellbaren Hubboden. einer elektronischen Zeitnahme- vorrichtung für jede Bahn sowie zweier Sprung- bretter. Durch zwei Beobachtungsfenster un- ter der Wasserlinie können zu Lehr- und For- schungszwecken Video aufnahmen gemacht werden. Das Institut rur Sport und Sportwissenschaft Seit 1974 in die Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften aufgenommen, erfolgte 1975 die Umbenennung des IfL zum "Institut für Sport und Sportwissenschaft (lfSS)" das sich in die Sparten Hochschulsport, lehramts- ausbildung und Forschung gliedert. Mit der wachsenden Studentenzahl wuchs auch die Zahl der Teilnehmer am wöchentlichen Hoch- schulsport. In den 60er Jahren waren es noch ca. 2.000, jetzt 4.000 in ca. 40 Sportarten. Neben zahlreichen Erfolgen in Wettkämpfen wird auch der gesundheitsfördernde Aspekt unter dem Motto "Impulse bewegt studieren" gewichtet. Die Zahl der Studierenden rur das Lehramt an Gymnasien stieg in den letzten 50 Jahren von 7 auf 327 an, wozu auch noch die Magisterabschlüsse mit Sport und zwei Ne- benfächern zu zählen sind. Forschungsprojek- te am IfSS können sich u. a. auf diese Gebiete beziehen: Konstitutionstypologie (z. B. Talent- suche), Sportbiologie (z. B. Wachstumsproble- me beim Menschen, physische Leistungsfähig- keit Jugendlicher unter bestimmten Trainings- bedingungen), Sportökologie (z. B. Sport und Umwelt), Sportpsychologie und -pädagogik (z. B. Entwicklung eines psychologischen Trai- ningsprogramms im Spitzensport), Sport und Gesundheit (z. B. Schwerpunkte: Rückenpro- bleme, Herz- und Kreislaufprävention, Sport für ältere Menschen) sowie Sporrsoziologie (z. B. Sport in der Dritten Welt). Mit einem der Forschungsschwerpunkte der Professoren Dr. Bös und Dr. Steiner zur betrieblichen Ge- sundheitsfärderung, vom ergonomischen Ar- beitsplatz bis zu Bewegungsaufgaben, wird deutlich, welche praxisbezogene Wissenschaft heute in diesem Institut an Bedeutung gewinnt. OLIVER POTTLEZ I LEONHARD MÜLLER Karlsruhe - Residenz des Rechts (Teil I) "Den respektablen Beinamen empfing unsere Stadt erst nach dem Kriege, als zum Ausgleich für Zentralitätsverlust neue Bundesgerichte ihren Sitz nahmen. Heute aber darf man, auf die Residenz des Rechts blickend, die gesam- te hier wirkende Justiz ins Auge fassen mit al- len Gerichten, mit Bundes- und Staatsanwalt- schaft, mit den Notariaten, die Rechtsanwäl- te als Organ der Rechtspflege einbeziehend. Ein umfassendes Bild dieser Justizzweige kann aus Raumgründen nicht gezeichnet werden, statt dessen werden die ansässigen höchsten Gerichte des Bundes und des Landes vorge- stellt. " 77 Das Oberlandesgericht 1803-1871 Recht sprachen in der Markgrafschaft Baden noch zu Ende des 18. Jahrhunderts die Be- zirksämter und Oberämter. Über ihnen stand das Hofgericht, angelehnt an den Hofrat als den verlängerten Arm des Landesherrn. In bestimmten Fällen war es möglich, obendrein das Reichskammergericht in Wetzlar anzuru- fen. Zu Anfang des 19. Jahrhunderrs vergrö- ßerte sich Baden um beträchtliche Gebietstei- le, der Markgraf stieg zum Kurfürsten auf. Alsbald erließ er, um einheitliche Strukturen zu schaffen, dreizehn Organisationsedikte. Das 1. Edikt vom 4. Februar 1803 betraf die Justiz, es ordnete die Einrichtung eines Ober- hofgerichts an. In erster Instanz entschieden fortan die Bezirksämter - ab 1857 aus diesen ausgegliederte unabhängige Amtsgerichte -, in zweiter Instanz die drei, später vier Hofgerich- te. An deren Stelle traten ab 1862 funf Kreis- und Hofgerichte sowie sechs einfache Kreisge- richte. Und in letzter Instanz urteilte das Ob- erhofgericht, Vorläufet des späteren Oberlan- desgerichts. Eine Anrufung des Reichskam- mergerichts war von nun an als Folge des Reichsdeputationshauptschlusses weggefallen, das Appellationsprivileg stand jetzt allein dem Landesfürsten zu. Besetzt war das badische Obergericht mit Oberhofrichtern, Kanzler und Vizekanzler sowie fünf Räten; ihre Zahl wurde später auf zehn erhöht. Erster Oberhof- richter war Felix Rüdt von Collenberg, sein Nachfolger wurde Carl Drais von Sauerbronn, der Vater des berühmten Erfinders des Lauf- rads. Der Dienstsitz des Oberhofgerichts be- fand sich bis 1810 im Bruchsaler Schloss, so- dann bis 1879 in einem Teil des Schlosses von Mannheim. Man kann sich heute kaum vorstellen, mit welch bunt gewürfelten Rechtsquellen die Richter jener Zeit sich auseinandersetzen mussten: Da galten die Landrechte Baden- Badens von 1588 und Durlachs von 1654, da galt in neu hinzugekommenen Landesteilen kurpfälzisches, österreichisches, Solmser, speyerisches und württembergisches Recht, in einzelnen Städten und Herrschaften waren Statuten und Partikularrechte maßgeblich. Die dringend erforderliche Vereinheitlichung des Zivilrechts brachte die Einführung des Code Napoleon, der mit "hierländischer Lan- desart und Sitte" entsprechenden Zusätzen ab 1. Januar 1810 im Großherzogturn als badi- sches Landrecht in Kraft gesetzt wurde. Das Oberhofgericht hat in jahrzehntelanger Recht- sprechung das rezipierte französische Recht 78 fortgebildet. Der Code civil wirkte in Baden als volkstümliche Rechtsordnung bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900. Auf dem Strafrechtssektor war die Rechtssituation ebenfalls unübersicht- lich. Man urteilte in den beiden vereinigten Markgrafschaften noch nach der Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. von 1532, aller- dings in Verbindung mit den jeweils geltenden Malefiz- und Landesordnungen. In den später hinzugekommenen Gebieten Badens wurden teilweise andere Polizei- oder Stadtordnungen "über Frevel und Bußen" zu Grunde gelegt, bis 1845 ein selbstständiges Strafgesetzbuch füt das Großherzogturn erlassen und 1851 wirksam wurde, das späterhin durch das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 abgelöstwor- den ist. 1871-1933 Die Reichsgründung hatte eine einheitliche Gerichtsverfassung im Gefolge. Im Badischen trat im Jahre 1879 an die Stelle des Oberhof- gerichts ein Oberlandesgericht, zu dessen Be- zirk die Landgerichte Freiburg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Mosbach, Offenburg und Waldshut, ab 1899 zusätzlich Heidelberg, sowie 57 Amtsgerichte zählten. Aus justizgeo- graphischen Erwägungen hatte man als Sitz des neuen Obergerichts die zentral gelegene Landeshauptstadt gewählt. Die räumliche Unterbringung erfolgte im Justizgebäude in der Linkenheimer Straße 7 gemeinsam mit Land- und Amtsgericht. Dieser Bau war von 1874-78 nach Plänen des Oberbaurats Hein- rich Leonhard unrer Verwendung, von Ele- menten des Neorenaissancesrils fertiggestellt worden. Organisatorisch entstanden am Ober- landesgericht zwei Zivilsenate' und ein Strafse- nat, denen jeweils fünf Richter anzugehören hatten. Besetzt wurde das Gericht mit einem Präsidenten. zwei Senarspräsidenren und 18 Oberlandesgericht um 1900. Räten. Diese Richter rekrutierten sich mit ei- ner Ausnahme aus dem Oberhofgericht und aus verschiedenen Kreisgerichten. Am 1. Ok- tober 1879, Tag der feierlichen Eröffnung, übersandte der Karlsruher Stadtrat eine freu- dig gestimmte Adresse und begrüßte, " ... dass dieses Ereignis die weittragendste und glück- lichste Bedeutung für die Entwicklung unse- rer Stadt in sich schließt, insofern dieselbe nunmehr zu dem Mittelpunkte auch der Rechtsprechung des Landes geworden ist." Ein eigenes Gerichtsgebäude, errichtet nach Entwürfen des Oberbaudirektors JosefDurm, konnten die Richter im Jahre 1902 in der Hoffstraße 10 beziehen. In der Weimarer Zeit hat sich die Recht- sprechung auf dem Kriminalitätssektor den aufkommenden sozialen 5rraftheorien und dem mehr und mehr in die Praxis umgesetzten Resozialisierungsgedanken nicht verschlossen. 79 Die Zivilrechtsprechung jener Epoche trug li- berale Züge. Indessen war es nach Inflation und Weltwirtschaftkrise gegen Ende der zwan- ziger Jahre zu einer sprunghaften Zunahme des Geschäftsanfalls gekommen. Die bean- tragee Vermehrung der inzwischen 20 Richter- stellen wurde wegen der ungünstigen Haus- haltslage abgelehnt. Die Folge war eine verzö- gerliehe Erledigung namentlich von Zivil ver- fahren, was wiederum Protestaktionen der An- wälte auslöste. Überschattet wurde all dies bald durch die Machtergreifung des NS-Re- glmes. Schon im März 1933 begannen diskrimi- nierende Maßnahmen mit dem Ziel der Ent- fernung jüdischer Richter aus ihren Ämtern. Vier Richter des Oberlandesgerichts wutden vorläufig beurlaubt, drei von ihnen während der folgenden Monate in den Ruhestand ver- serzt oder entlassen. Das Prinzip richterlicher Unabhängigkeit war damit abgeschafft. Zeit- gleich begann eine massive Einflussnahme der Parteizentrale auf die Rechtsprechung. Sie reichte von Weisungen an die Richter bis zur Vereitelung von Vollstreckungsmaßnahmen gegen Günstlinge der NS-Partei, in Strafver- fahren bis hin zu willkürlicher "Schutzhaft" seitens der Gestapo und der Verschleppung Freigesprochener oder Strafentlassener in die Konzentrationslager. Von 1933 bis 1937 war das Oberlandesgericht Karlsruhe auch erscins- tanzliches Gericht für Hoch- und Landesver- ratsachen. Die gesamte Epoche ist sorgfältig und ausführlich dokumentiert in einer 1997 erschienenen Schrift von Chrisrof Schiller: "Das Oberlandesgericht Karlsruhe im Dritten Reich". Zu erwähnen bleibt, dass mit der so genannten " Verreichlichung" der Justiz im Jahre 1935 die Justizverwaltungsgeschäfte teils auf die Verwaltungsabteilung des Oberlandes- gerichtspräsidenten - sie befand sich in der Herrenstraße 1 - und teils auf die Dienststel- le des Generalstaatsanwalts übertragen worden waren. Angesichts der fortdauernden Luftan- griffe auf die Stadt und der herantückenden Kampfhandlungen im Elsass wurde das Ge- richt mitsamt einem Teil seiner Akten und seines Inventars im Dezember 1944 per Eisen- bahntransport nach Sinsheim verlegt, wo man im Amtsgerichtsgebäude ein Unterkommen fand. Im April 1945 wurde Sinsheim von alli- ierten Truppen besetzt, das Zwischenspiel war zu Ende. 1945 bis heute Mit dem Kriegsende war es zu einem Still- stand der Rechtspflege gekommen. Als im Laufe des Hetbstes 1945 die einzelnen Gerich- te wieder eröffnet wurden, hatte sich die Ge- bietsstruktur verändert: Der südliche Teil Ba- dens unterstand nunmehr der französischen Besatzungsverwaltung. 80 Diese bewirkte einen getrennten Aufbau der Justiz in ihrer Zone. Als Folge wurde in Freiburg ein eigenes Oberlandesgericht errich- tet, das zuständig war für die Landgerichts- bezirke Freiburg, Konstanz, Offenburg und Waldshuc sowie für den Baden-Badener Be- reich, der dann 1950 ein eigenes Landgericht erhielt. Nordbaden gehörte zur amerikani- schen Besatzungszone, wo bald das Land Wümemberg-Baden entstand. Im Zuge dieser Entwicklung wurde das bisherige Karlsruher Oberlandesgericht lediglich Nebensitz des Oberlandesgerichts in Stuttgart. Nach Bildung des Landes Baden-Württemberg hat man im Jahre 1953 das Oberlandesgericht Freiburg aufgelöst, Karlsruhe erneut zum selbstständi- gen Oberlandesgericht erhoben und die frühe- ren Bezirksgrenzen wieder hergestellt. In der Folgezeit ist es wegen der wirtschaft- lichen und demographischen Evolution auch beim Oberlandesgericht in Kaclsruhe zu einer starken Zunahme der Verfahren gekommen. Zeitgleich haben verfassungsrechtliche Postu- late, technischer Fortschritt und gesellschaftli- che Veränderungen eine ständige Weiterbil- dung der Rechtsprechung bewirkt. Diese Ent- wicklung wird sichtbar in der zunehmenden Spezialisierung der Spruchkörper. Heute ent- scheiden drei Strafsenate in allen anfallenden Strafverfahren, ein Teil der 13 Zivilsenate in Karlsruhe ist für Spezialgebiete wie Farnilien- , Kartell- oder Landwirtschaftssachen zustän- dig, daneben gibt es besondere Senate für Bau- land- oder Steuerberatersachen, ferner das (Rhein-)Schifffahrtsobergericht. Sieben der Spruchkörper für Zivilsachen sind als Außen- senate in Freiburg ansässig, ihnen sind Verfah- ren aus den südbadischen Gerichtsbezirken zugewiesen. Insgesamt sind am Oberlandesge- richt unter Einbeziehung der Freibucger Sena- te 88 Richtet - davon acht teilzeitbeschäftigt - und 120 weitere Mitarbeiter - davon 45 teil- zeitbeschäftigt - tätig (Stand 31.12.1998). Mn Silberstein Seit 1803 bis heute standen dem Gericht (ohne OLG Freiburg) insgesamt 25 Präsiden- ten vor. Eine herausragende Gestalt der Nach- kriegszeit war Dr. Max Silberstein. Er kam aus einer Kaufmannsfamilie in Mannheim; don war er am 3. März 1897 geboren worden. Nach dem Zweiten Staatsexamen trat er 1922 in den badischen Justizdienst. Im Jahre 1927 wurde er zum Staatsanwalt, anschließend zum Landgerichtsrat in Offenburg und danach in Mannheim ernannt. Nach der NS-Machter- greifung sah Dr. Silberstein sich wegen seiner jüdischen Abstammung zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Er musste sich als Vermö- gensverwalter durchschlagen. späterhin wurde er ins Konzentrationslager Buchenwald ver- schleppt. Im Jahre 1939 vermochte er nach Frankreich auszuwandern. Während des Zwei- ten Weltkrieges in Nizza von der Gestapo ver- hafret. gelang ihm die Flucht. Nach Kriegsen- de zurückgekehrt. wurde er Präsident des Landgerichts Mannheim. von 1955-63 am- tierte er als Oberlandesgerichtspräsident in Karlsruhe. Er war eine eindrucksvolle Persön- lichkeit. von hoher Geistesbildung und über- ragendem Rechtswissen, wegen seiner ver- ständnisvollen. aufgeschlossenen Wesensart von allen geschätzt und geachtet. Am 4. Sep- tember 1966 ist Dr. Silberstein in seiner Hei- matstadt Mannheim verstorben. REI NER HAEHLING VO N LANZENAUER Karlsruhe - Residenz des Rechts (Teil II) Der Bundesgerichtshof Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrie- ges suchte die ehemalige Landeshauptstadt den erlittenen Zenrralirärsverlusr auszuglei- chen. Bei Gründung der Bundesrepublik be- warb sie sich daher als Sitz für Eintichtungen des Bundes. namentlich eines Gerichtshofes. Das soeben beschlossene Grundgesetz harre nämlich in Art. 95 Abs. 1 unter anderem be- stimmt. dass für das Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit ein Bundesgerichtshof als oberstes Gericht zu errichten sei. Ein Dutzend Bewerber für den Dienstort harre sich einge- funden, aus ihrem Kreise favorisierte Bundes- kanzler Adenauer die Stadt Köln. Doch der Bundestagsausschuss für Rechtswesen und Verfassungsfragen entschied nach längeren Auseinandersetzungen zugunsren von Karlsru- 81 he. wo man das ehemalige Erbgroßherzogliehe Palais in der Herrenstraße als Dienstgebäude angeboten. zugleich Wohnungen für Richter und Justizbedienstete zugesagt harre. Am 8. Oktober 1950 fand die feierliche Eröffnung des Bundesgerichtshofs starr. Hier forderte Bundespräsident Theodor Heuß die Befreiung des Rechtsdenkens von propagandistischer Überspitztheit und politischer Machtzweck- mäßigkeit. BundesjustizministerThomas Deh- ler begrüßte in seiner Ansprache die Wahl des Standorts Karlsruhe. denn dadurch werde das Gefühl der inneren Verbundenheit zwischen dem Süden und dem Bund gestärkt. Historisch betrachtet steht der Bundesge- richrshofin der Nachfolge des 1495 gegründe- ten. zuletzt in Wetzlar wirkenden Reichskam- mergerichts. des 1869 in Leipzig errichteten Bundesoberhandelsgerichts - ab 1871 Reichs- oberhandelsgericht - und des 1879 eröffneten Reichsgerichts in Leipzig. Hauptaufgabe des Reichsgerichts war die Entscheidung über Revisionen in Zivil- und Strafsachen. später wurden der Staatsgerichtshof und das Reichs- arbeitsgericht eingegliedert. Die Rechtspre- chung des Reichsgerichts erlangte in Wissen- schaft und Praxis internationales Ansehen. bis nach 1933 parteiliche Ideologie eine Anzahl von Urteilen bestimmte. Der Bundesgerichtshof ist heute im we- sentlichen das oberste Instanzgericht in Zivil- und Strafsachen. ferner befindet er in einer Reihe von Beschwerdefällen. Sinn der Revisi- on ist in erster Linie die rechtliche, nicht auch die tatsächliche Überprüfung des konkreten Falles. weshalb in der Regel keine Beweise zu erheben sind. In der Nachkriegszeit gewann die Wahrung der Rechtseinheit angesichts der Zerteilung in Besatzungszonen steigende Be- deutung und mit der Wiedervereinigung ist sie erneut zur juristischen Herausforderung geworden. Schließlich obliegt dem Revisions- gericht wegen des steten Wandels der Lebens- verhältnisse eine begleitende Fortbildung des Rechts. Von all dem zeugt die amtliche Samm- lung der Entscheidungen des Bundesgerichts- hofs. die inzwischen für Zivilsachen auf 140 und für Strafsachen auf 44 Bände angewach- sen ist. Die Aufgaben der Rechtsprechung erfüllen im wesentlichen zwölf Zivilsenate mit jeweils zugeteilten Sachgebieren. weiterhin fünf Straf- senate und acht Senate. die spezialisiert sind auf Anwaltssachen. Patentanwaltssachen. No- tarsachen. Kartellsachen. Landwirtschaftssa- chen. Steuerberater- und Steuerbevollmäch- tigtensachen. Wirtschaftsprüfersachen und Dienstgericht des Bundes. Alle Senate sind grundsätzlich mit fünf Richtern besetzt. teilweise wirken in den Spezialsenaten ehren- amtliche Richter mit. Der 5. Strafsenat hat seit Juli 1997 seinen Sitz in Leipzig. Sollten ver- 82 schiedene Senate in einer Rechtsfrage einmal unterschiedliche Meinungen vertreten. dann entscheidet ein Großer Senat für Zivilsachen oder ein Großer Senat für Strafsachen. bei Kompetenz übergreifenden Streitfragen treten die Vereinigten Großen Senate zusammen. Am Bundesgerichtshof arbeiten gegenwär- tig 123 Richterinnen und Richter. insgesamt sind dort etwa 450 Bedienstete tätig. Die Bun- desrichter werden von einem Richterwahlaus- schuss. dem die Justizminister der Länder so- wie 16 weitere vom Bundestag zu wählende Mitglieder angehören. gewählt und berufen. sodann vom Bundespräsidenten ernannt. Ge- wählt werden können Deutsche. die 35 Jahre alt sind und die Befähigung zum Richteramt besitzen. Die anfallenden staatsanwaltschaft- lichen Angelegenheiten nimmt die Bundesan- waltschaft wahr. die kürzlich in der Brauer- straße ein modernes Dienstgebäude beziehen konnte. Sie führt auch das Bundeszentralregis- ter. das seinen Sitz fortan in Bonn hat. In Zi- vilsachen können vor dem Bundesgerichtshof nur eigens zugelassene Rechtsanwälte auftreten. Dr. Herm:mn Weinkauf. erster Präsident des ßGH (1950-1960). Das vorläufige Planungskonzcpl f'lir den BGH 1975. RechlS olxn das ehern . Großherzogliehe Palais. Auf dem bisherigen RoI-Kreuz-Gdände rcchls unlen an der Herrensnaßc das "Haus auf Sidzen" für den f't,in fgeschossigen Richler-Bau. links unlen der Bau flir die Bundesanwalrschafl. geplanl vom Karlsruher Archileklen Erich SchelJing. Einblick in die laufende Geschäftsbelas- tung mägen die im Jahre 1998 eingegangenen Revisionen geben: In Zivilsachen wurde dieses Rechtsmittel in 4.255 Fällen eingelegt, im Ver- laufe der letzten 20 Jahre hat sich somit diese Fallzahl mehr als verdoppelt. In Strafsachen wurde 3.443 Mal Revision eingelegt, die Zahl der Neueingänge hat sich mithin auf hohem Niveau stabilisiert. Eine Vielzahl von durch Beschlüsse oder auf andere Art erledigten Ver- fahren kommt hinzu. Die zukünftige Tätigkeit des Gerichts wird in immer stärkerem Maße geprägt sein von der geplanten Angleichung der europäischen Rechtssysteme. Damit wer- den nämlich neuartige Interpretarions- und Abgrenzungsprobleme auf die Senate zukom- men. Etschwerend wirkt sich aus, dass der 83 Bundesgerichtshof als letzte Instanz über die Auslegung von Gemeinschaftsrecht nicht selbst entscheiden darf. sondern die Rechtsfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg zur Entscheidung vorzulegen hat. Ein Beispiel, wie der europäische Eini- gungsprozess auch die Justiz erfasst. Erster Prä- sident des neu gegründeten Gerichtshofs war damals Hermann Weinkauff. Im Jahre 1894 in Trippstadt in der Pfalz geboren, besuchte er in Speyer das Gymnasium, srudierte sodann in München, Heidelberg, Würzburg und Paris. Nach den beiden juristischen Staatsexamen war er im bayerischen Jusrizdienst als Staatsan- walt und Richter tätig. Über das Justizminis- terium in München kam er 1926 zur Reichs- anwaltschaft, 1937 wurde er zum Reichsge- richtsrat ernannt. Der NS-Partei hat er nicht angehört. Nach Kriegsende wurde er zum Landgerichtspräsidenten in Bamberg. 1949 dort zum Oberlandesgerichtspräsidenten er- nannt. Im Oktober 1950 berief ihn Bundespräsi- dent Heuß auf die Karlsruher Chefs teile. Hier hat er nicht nur organisatorische Aufbauleis- tungen erbracht. sondern gleichermaßen in Wort und Schrift für allgemein verständliches Recht und Sicherung der richterlichen Unab- hängigkeit geworben. Im Jahre 1960 trat Weinkauff in den Ruhestand. 1981 ist er in Heidelberg verstorben. Das Bundesverfassungsgericht Die Errichtung des Bundesverfassungsgerichts war bereits im Grundgesetz festgelegt. die Ein- zelheiten sind erst im Jahre 1951 gesetzlich geregelt worden. Nach kurzem Wettstreit zwi- schen Berlin und Karlsruhe wurde die ehema- lige badische Landeshauptstadt zum Sitz be- stimmt. Für diese Wahl hatte sich namentlich Bundesjustizminister Dehler stark gemacht. Hierbei bedachte man. dass schon zu Zeiten der Weimarer Republik der damalige Staats- gerichtshof sich an demselben Orte wie das Reichsgericht befunden hatte. nämlich in leip- zig. Für die Wahl Karlsruhes war weiter aus- schlaggebend. dass ein Teil der Richter zu- gleich an anderen obersten Bundesgerichten. mithin auch am Bundesgerichtshof, amtieren würde. Ursprünglich ging man auch davon aus. dass die Verfassungsrichter auf die bereits vorhandene Bibliothek des Bundesgerichtsho- fes zurückgreifen könnten. Feierlich eröffnet wurde das Bundesverfassungsgericht am 28. September 1951 im Karlsruher Schauspielhaus. Hier erklärte Bundeskanzler Dr. Adenauer. nunmehr habe der organische Aufbau des deutschen Staatswesens seinen Abschluss er- reicht. Die Tätigkeit des neuen Gerichts be- 84 Nach Abriss des alten Staatstheaters Gespräch des ersten Präsidenten des BVG. Or. Müller, mit dem in Karlsruhe geborenen Architekten Prof. Baumgancn, Bcrlin. gann im Prinz-Max-Palais in der Karlstraße 10. Im Jahre 1969 k~nnten die zu eng gewor- denen Räumlichkeiten aufgegeben und ein moderner Neubau bezogen werden. der an Stelle des ehemaligen Staatstheaters auf dem Schlossplatz errichtet worden war. Laut Grundgesetz stellt das Bundesverfas- sungsgericht einen allen übrigen Verfassungs- organen gegenüber selbstständigen und un- abhängigen Gerichtshof dar. es ist zugleich oberstes Verfassungsorgan. Demnach ist es keinem Ministerium zugeordnet. sondern be- sitzt Selbstverwaltung. auch in haushaltsrecht- licher Hinsicht. Die gerichtlichen Aufgaben sind in § 13 des Gesetzes über das Bundesver- fassungsgericht katalogmäßig aufgezählt. We- sentlich gehören dazu die Kontrolle. ob die er- lassenen Gesetze mit dem Grundgesetz verein- bar sind. auch ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil von Bundesrecht ist. Zuständig- keit besteht namentlich für die Überprüfung. ob Gerichte und Behörden bei ihren Entschei- dungen das Grundgesetz beachten. für die Entscheidung von Verfassungssrreitigkeiten zwischen staatlichen Organen, für die Wahl- prüfung bei Bundestagswahlen, für die erwa- ige Verwirkung von Grundrechten, für das Parteiverbot sowie für verfassungsrechtliche Anklagen gegen den Bundespräsidenten oder gegen Richter. Inhaltlich spannt sich der Bo- gen vom ersten Urteil, das die Gültigkeit der Wahl zum Südweststaat überprüfte, bis hin zum Urteil vom November 1999 über die Re- gelung des Finanzausgleichs zwischen den Bun- desländern. Eine Sonderstellung nimmt die Verfassungsbeschwerde ein. Jedermann kann sich nämlich an das Gericht wenden mit der Behauptung, in seinen Grundrechten oder bestimmten grundrechtsähnlichen Rechten verletzt worden zu sein. Der Rechtsbehelf hat große praktische Bedeutung erlangt, zugleich zu beträchtlicher Belastung des Gerichts ge- führt. Seit 1993 stieg die Zahl der Verfassungs- beschwerden auf ungefähr 5.000 jährlich, über deren Annahme besondere Kammern befin- den, die aus drei Richtern bestehen. Mag nur ein geringer Teil dieser Verfahren für den Be- schwerdeführer erfolgreich verlaufen, so kön- Das Modell für den Neubau des Bundesverfassungsgerichts. 85 nen sie gleichwohl zu grundlegenden Ent- scheidungen führen wie erwa das Apotheken- urteil von 1958, das Beschränkungen der Nie- derlassungsfreiheit allgemein für nichtig er- klärte. Die nahezu allumfassende Letztent- scheidungskompetenz des Verfassungsgerichts, die weit in den politischen Raum hinein reicht, bleibt nicht vor gelegentlicher Kritik verschont. Zwei Spruchkörper sprechen Recht. Jedem det Senate gehören seit 1963 je acht Richter an. Die beiden Senate entscheiden eigenstän- dig. Lediglich in Fällen, wo ein Senat in einer Verfassungsfrage von der Entscheidung des anderen Senats abweichen will, muss sich das aus heiden Senaten bestehende Plenum verei- nigen und gemeinsam urteilen. Dies war seit Bestehen des Gericht erst zweimal der Fall. Alle Richterinnen und Richter werden ge- wählt, und zwar hälftig durch einen Wahlaus- schuss des Bundestages und hälftig durch den Bundesrat. Voraussetzung ist Erreichung des 40. Lebensjahres und Befähigung zum Rich- teramt. Drei der Mitglieder eines jeden Senats müssen zugleich einem der fünf obersten Ge- tichtshöfe des Bundes angehören, um entspre- chende richterliche Erfahrung einbringen zu können. Die Richteramtszeit beträgt zwölf Jahre, währt längstens bis zur Altersgrenze von 68 Lebensjahren, eine Wiederwahl ist ausge- schlossen. Aus Bundes- oder Landesdienst können wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeordnet werden, die bei der Vorbereitung von Entscheidungen mithel- fen sollen. REINER HAEHLING VON LANZENAUER Von den schwierigen Anfängen der Schülermitverantwortung in Karlsruhe Das Beispiel Humboldtschule Die Wochen und Monate nach dem Sturz der Monarchie im November 1918 wasen gekenn- zeichnet durch eine breite Diskussion über die Ausdehnung demokratischer Mitbestimmungs- rechte und -formen auf Gesellschaft und Wirt- schaft. Nicht alles, was hier an Vorstellungen geäußert wurde, konnte schließlich verwirk- licht werden. Anderes setzte sich durch und wurde nach einer Unterbrechung während der NS-Diktatur beim Neuaufbau nach 1945 wie- der aufgegriffen. Hierzu gehört auch die Schü- lermitverwaltung oder -mitverantwortung. Neugestaltung des Jugendlebens Die Schule als Teil der gesellschaftlichen Wirk- lichkeit, war selbstverständlich Gegenstand der Diskussion, die von Lehrern wie Schülern in der gegebenen Situation geführt wurde. So veröffentlichte der sozialdemokratische Karls- ruhee "Volksfeeund" vom 29. November 1918 "Die Forderungen der Lehrerschaft an den neuen Volksstaat". Die mit "R ... c" unter- zeichneten "Forderungen" verlangten, dass "der Gedanke der Selbstverwaltung in weitest- gehender Weise" verwirklicht werden müsse und daher der Schulverwalrung "beratende und beschließende Körperschaften" zur Seite zu stellen seien. Davon könnten alle "Maß- nahmen auf dem Gebiete des Schulwesens" in einem höheren Grad profitieren, "als dies je unter dem bürokratischen Absolutismus des Obrigkeitsstaates möglich gewesen wäre". Wenige Tage zuvor, am 23. November, hatte bereits Dr. Knud Ahlborn, Mitglied des 86 Karlsruher Volksrates, im Auftrag des "Rates geistiger Arbeiter" im Karlsruher Rathaussaal über die Gründung von Schulgemeinden an den Schulen referiert. Der Mediziner, der vor dem Ersten Welrkrieg zu den Führungsfiguren der deutschen Jugendbewegung gezählt hatte, entwickelte gemäß einem Bericht im "Volks- freund" vom 16. Dezember 1918 in seinem Vortrag den "Plan einer Neugestaltung des Jugendlebens an den höheren Schulen" und gab dabei "der Schülerschaft die Anregung, mit enrsprechenden Wünschen an das Unter- richtsministerium und die Leitung der Schu- len heranzutteten". Resolution der Humboldrschule Ahlborns Aufforderung blieb nicht ohne Wir- kung. Dies geht aus den Ausführungen hervor, die der damalige Direktor der Karlsruher Humboldtschule - Realgymnasium - Dr. Kasl Ott am 15. Januar 1919 vor seinem Kollegium machte. Seinen Worten zufolge war die Karls- ruher Schülerschaft im November 1918 durch einen von auswärts gekommenen Dr. Knud Ahlborn veranlasst worden, beim Ministetium Forderungen betr. Schülerselbstverwaltung einzureichen, und zwar in "drei, unter dem Einfluss Ahlborns immer schärfer werdenden Fassungen". Die Oberstufenschüler der Hum- boldtschule freilich hatten sich in dieser Situ- ation eher distanziert gezeigt. Sie vetfassten eine "Resolution", die ihrem Direktor Dr. Ott am 3. Dezember 1918 vorlag. Sie sei hier wie- dergegeben: .Resolution der Humboldtschule anläss- Iich der Gründung einer sog. 'Schülervereini- gung·. Die Flut neudeutscher Freiheitsbestre- bungen ist auch an der Humboldtschule nicht wirkungslos vorbeigegangen. Ein ganz dem neuen Zeitgeist entsprechender Wunsch nach freier. von vernünftigen Grundsätzen geleite- ter Ausgestaltung des Schülerlebens in körper- licher u. geistiger Hinsicht drängt zur Auswir- kung. Dieses an sich sehr natürliche u. begreif- liche Verlangen hat an anderen Karlsruher Lehranstalten zur Bildung einer sog. 'Schüler- vereinigung' oder .Schulgemeinde' geführt. Die Humboldtschule betont nichtsdesto- weniger. einer derartigen Einrichtung fremd gegenüber zu stehen. Wir wollen uns nicht zu lächerlichen Nachäffern eines Arbeiter- und Soldatenrats erniedrigen! Wir wollen auch nicht. wie es das Bestreben der Schülergemein- de zu sein scheint, mit mehr oder weniger Ge- walt die Durchsetzung unserer Wünsche er- zwingen. geschweige denn. durch die dumm- freche Anmaßung. bei einer erwaigen Neuge- staltung des Lehrplans mitzureden. unsere ei- Dr. Kar! On (1873-1952), Direktor dc=r Humboldtschule 19 12- 19 19, Direktor der Goetneschule 19 19- 1933 . leiter dc=s Pädagogisch!':n Seminars Karlsruhe 1928- 1933. Honorarprofessor an der TH Karlsruhe. 1947 Ministcrial- ::I ircktor im Unterrichuminisrerium des Landes Baden. 87 gene Unreife bekunden. Die Humboldtschu- le kann nicht scharf genug die Grenze ziehen. die sie von allen derartigen Bestrebungen trennt. Vielmehr sind wir fest entschlossen, unsere inneren Angelegenheiten selbst zu re- geln und dem neuen Geist Rechnung zu tra- gen auf dem Wege offener. vernünftiger Bera- tung mit unserer Lehrerschaft. der wir in allem unser vollstes Vertrauen entgegenbringen. Nur aus einem engen Zusammenschluss und ge- genseitigem Wohlwollen. nicht aus Unfrieden und Entfremdung kann für unsere Sache Nützliches ersprießen. Zu näheren Angaben erklären wir uns gerne bereit. Die 0 1 und U 1 der Humboldtschule." Sozialstruktur der Schüler Ein Blick in die Schülerlisten der Humboldt- schule mag helfen. die in der Resolution zuta- getretende Zurückhaltung gegenüber der revo- lutionären Umgesraltung Deutschlands samt ihrem Charakteristikum. den Arbeiter- und Soldatenräten. zu verstehen. Abgesehen erwa von einem Abkömmling der Karlsruher Fabri- kantendynastie Wolff - . Wolff & Sohn" -. stammten die Schüler der Unter- und Ober- prima des Schuljahres 1918/19 in ihrer über- wiegenden Mehrheit aus eher kleinbürger- lichen Verhälrnissen. sie waren Söhne von Handwerkern. Kaufleuten und Beamten wie Post- oder Eisenbahnsekretären. einige kamen aus Volksschullehrerfamilien. Akademische Be- rufe waren äußerst gering vertreten; so kom~ men unter den Vätern nur je ein Arzt. Apothe- ker und Diplom-Ingenieur vor. Zu den akade- misch gebildeten Vätern gehörten ferner ein Architekt der badischen Staatsbahn sowie der Physiker Otto Lehmann. Professor an der Tech- nischen Hochschule. schließlich der Rechts- anwalt und Zentrumspolitiker GustavTrunk. der in der seit dem 10. Oktober 1918 amtie- renden . Vorläufigen Volksregierung" das zeit- bedingt schwierige und undankbare Amt eines Ernährungsministers bekleidete und vom April 1919-29 als badischer Justizminister amtierte. Einige der Oberprimaner waren zum Schul- unterricht beurlaubte oder entlassene Kriegs- teilnehmer. Unter ihnen befand sich beispiels- weise auch ein Leutnant der Reserve, der nach einer schweren Verwundung an die Schule zurückgekehrt war, im Dezember 1918 ein vorgezogenes Abitur ablegte und mit dem Berufsziel "Offizier" von der Schule abging! Auch die von den anderen Abiturienten ge- nannten Berufs- und Studienwünsche zeigen das Bestreben, sich in die bestehende bürger- liche Ordnung einzufügen. Allzu viel Revolu- tion konnte da nur hinderlich sein. Stellungnahme der Lehrer Hatten die Primaner mit ihrer "Resolution" bereits ein Meinungsbild geliefert, so standen die Lehrer ihrer Schule im Januar 1919 vor der Notwendigkeit, sich ebenfalls zu äußern. In der oben erwähnten KOQferenz vom 15. Janu- ar stand ein Entwurf des Ministeriums unter dem Titel "Grundzüge eines Programms für Schülerselbsrverwaltung" zur Diskussion. Die dabei protokollierten Äußerungen lassen deut- liche Differenzen innerhalb des Kollegiums erkennen. Die Extreme werden einerseics mar- kiert durch die Aufforderung "die Frage der Schülerselbsrverwaltung im ganzen abzuleh- nen als dem Geist der Revolution entspre- chend und die Autorität des Lehrers untergra- bend", auch beruhe die Schule "auf dem Prin- zip der Arbeit und des Gehorsams". Die Schü- ler dürften schließlich "nicht zu Richtern über das Werk der Schule gesetzt werden". Einer der Diskuranten verwarf die Bestre- bungen zur Einführung der Schülerselbsrver- waltung als zur "Politik gehörend"; die Politik aber sei von der Schule fernzuhalten . An Argu- menten fur die Schülerselbsrverwaltung wur- 88 de angefuhrt, dass man "neuzeitlichen Verhält- nissen entsprechend" den Schülern ein "gewis- ses Mitbestimmungsrecht in den Schulverhält- nissen" nicht vorenthalten könne. Knud Ahl- born habe "die Karlsruher Schuljugend nur angespornt, das als Forderung auszusprechen, was schon längst in ihnen (!) vorhanden gewe- sen sei". Entschiedener noch klang ein weite- rer Diskussionsbeitrag: die Bewegung sei im Zusammenhang mit der Revolution entstan- den, "die überall den Geist der Autorität, der Unterordnung" beseitigt habe. Die Schule sei nicht mehr bestimmt durch die ,,Autorität des Beamten im Lehrer" - verankert in der Auto- rität der Obrigkeit -, sondern durch die ,,Au- torität der breiten Schichten des Volkes, des Parlaments". Eine völlige Parlamentarisierung der Schule sei freilich nicht erstrebenswert; die Einfuhrung der so genannten Schulgemeinde, eine periodisch tagende Schülerversammlung der oberen Klassen, entspreche nicht den deutschen Verhältnissen. Nur den gereifteren Schülern, den Prima- nern, seien einige Rechte der Selbsrverwaltung einzuräumen. Dr. Ott fasste die Diskussion dahin gehend zusammen, dass wohl überall ein neuer Geist wehe, der durch die Revoluti- on zur Äußerung gekommen sei, die Revolu- tion selbst stelle lediglich den Abschluss "einer schon lange vorher wirkenden historischen Entwicklung" dar. Deshalb könne man a11 das annehmen, was historisch und organisch ins Schulleben hineinwachse. Abzulehnen sei da- gegen alles, was von außen in die Schule hin- eingetragen werde, was z. B. den englischen Verhältnissen entlehnt sei oder "von der Poli- tik" stamme. Alle organisatorischen Änderun- gen fielen allein in die Zuständigkeit des leh- rerkollegiums oder der Stadtgemeinde. Die Schüler könnten innerhalb der Schule zur Organisation verschiedener Veranstaltungen herangezogen werden, wie etwa zu Turnspie- len, Festen und dergleichen. Klassen" galten. Der Beschluss sei an den anderen Schulen be- reits umgesetzt, weshalb er vor- schlage, auch an der Hum- boldtschule je zwei Vertreter der zwei oder drei oberen Klas- sen zu bestellen. Die:: "Bollt':nz.eitung" von 1913 zeigt karikierend das Verhältnis vom Schült':r zu seinen uhrern, das in dc=r Weimarer Republik andere Akzente erhalten 5011lc. Ein Teil des Kollegiums ver- suchte, auch diesen bescheide- nen Fortschritt mit dem forma- len Argument zu verhindern, dass eine Behandlung der An- gelegenheit auf der Tagesord- nung nicht vorgesehen gewesen sei. Überdies liege der Beschluss Die erste Schülervertretung Die Abstimmung brachte folgende Ergebnis- se: einstimmig abgelehnt wurde die Einfüh- rung der so genannten Schulgemeinde als Ein- richtung, "die bezweckt, das äußere und inne- re Schulleben unter die Kontrolle einer perio- disch tagenden Schülerversammlung der 'obe- ren Klassen zu bringen". Ebenso einstimmig der Ablehnung verfiel eine ständige, von den Oberklassen zu wählende Schülervertretung, die unter dem Vorsitz eines von den Schülern gewählten Lehrers "den Verkehr zwischen Schülern und Lehrern" vermitteln sollte. Mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt wurde eine dritte Variante, die eine Schülervertretung "ohne den gewählten Lehrer" vorsah. In ihrem ablehnenden Verhalten wurde die Lehrerschaft der Humboldtschule freilich bald von der Entwicklung überholt. Am 13. März 1919 eröffnete Direktor Dr. Ott seinem Kol- legium anlässlich einer Lehrerkonferenz einen Beschluss der Direktorenkonferenz, der vor- sah, dass in den drei oberen Klassen je zwei Vertreter zu wählen seien, die als "Sprecher der 89 vom 15. Januar vor, der die Einführung einer Schülerver- tretung an der Humboldtschule abgelehnt habe. Nach einer Diskussion, in der betont wurde, dass durch die Haltung der anderen Schulen eine neue Lage entstanden sei, fiel schließlich der Beschluss, dass in Obersekun- da [Klasse 11], Unter- und Oberprima [Klas- sen 12 und 13] je zwei Klassensprecher zu wählen seien. Damit wurde auch an der Humboldtschu- le dem Prinzip Schülerselbstverwaltung we- nigstens ein schmaler Pfad eröffnet. Im No- vember 1919 wurde der Pfad ein klein wenig verbreitert. Unter der Leitung des neuen Di- rektors Robert Burger beschloss die Lehrer- konferenz, dass künftig bereits ab Untertertia [Klasse 8] Klassensprecher zu wählen seien, während in den Klassenstufen darunter, die Sprecher vom Klassenlehrer zu ernennen wa- ren. "Die Befugnisse der Gewählten" sollten "nach einiger Zeit der Erfahrung streng um- grenzt werden." Anzumerken bliebe, dass die- ser Konferenzbeschluss lediglich einer entspre- chenden Verordnung des Kultusministeriums vorauseilte. RAINER GUTJAHR Polytechnicum, Technische Hochschule, Universität Karlsruhe 175 Jahre Durlach als Universitätsstadt Aufitiegspläne eines wirtschaftlich darniederliegenden Landstädtchens "Hat jemals eine Stadt über die Unbeständig- keit des wandelbaren Glücks seufzen müssen, liegen Exempel vor Augen, dass Inwohner, vormals glückliche lnwohner ihrem völligen Ruin entgegen andere Städte aber theils entste- hen rheils immer mehr beglücket und in blü- hendem Flor sehen müssen, hat aber auch jemals eine Stadt ein widriges Schicksal gegen ihr Verschulden betroffen, so ist es leyder! Die hiesige Stadt." Mit dieser Klage begannen der Durlacher Bürgermeister und die Herren von Gericht und Rat am 30. April 1779 eine Bittschrift an den "durchlauchtigsten Markgrafen", die we- nige Tage später mit einem befürwortenden Begleitschreiben des Durlacher Oberamtes und Spezialats an den Kirchenrat als die zu- ständige Regierungsbehörde weitergeleitet wurde. Zwei Mal hatte die Stadt in den zu- rückliegenden 90 Jahren unter der Unbestän- digkeit des Glücks seufzen müssen: Im August 1689 brannten die Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. die damalige Residenz- stadt Durlach bis auf die Grundmauern nie- der. Knapp 30 Jahre später verlegte Markgraf Karl Wilhelm seine Residenz von Durlach in die neu gegründete Stadt Karlsruhe. Ihm folg- ten alle Hofbediensteten und fast alle Beamte. Die Bevölkerungszahl sank zunächst von knapp 3.300 auf rund 2.800 Menschen, um erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lang- sa~ wieder zu steigen. Auch das 1586 eröffnete Gymnasium illus- trc, das zeitweise fast Universitätsniveau er- reicht hatte, wurde 1724 in die neue Stadt 90 verlegt. Mit der Schule verließen Schüler und Professoren die ehemalige Residenz. In Dur- lach blieb nur ein eher bescheidenes Pädago- glUm. Der wirtschaftliche Niedergang Die Durlacher erlebten einen wirtschaftlichen Niedergang, den sie in ihrer Bittschrift aus- führlich schilderten. Geschickt verwiesen sie auf die Folgen der Gründung Karlsruhes für ihre eigene wirtschaftliche und soziale Lage: "Der Hauptgrund dieses nicht genug zu be- schreibenden Zerfalls ruht also in dem nicht zu schätzenden und vielleicht ewig nimmer er- setzt werdenden Verlust der fürstlichen Resi- denz." Es folgen Beschreibungen des niederlie- genden Gewerbes, das durch die Konkurrenz der Karlsruher und auch Pforzheimer Han- delsleute leide, so dass die Durlacher gezwun- gen seien, vom Ertrag ihrer Äcker oder Gärten zu leben und auf die Weinlese zu hoffen. Dabei hatten nicht wenige nur "etliche Vier- tel Ackerland und einen Weinberg". Allein die große Allmende verhindere, dass viele an den Bettelstab gerieten. Zahlreiche Grundstücke in der Stadt waren unbebaut, übetall fanden sich noch Ruinen oder Ruinenreste von dem großen Btand von 1689 und einem Stadt- brand im Jahr 1743. Im Schlossbereich wur- den die Mauerreste erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgetragen. Der Magis- trat schrieb im April 1779 von "schlechten Lotterfallen" und Baulücken, "welche bisher traurige Zeugen der Unvermögenheit der In- wohner sind." Das wiederaufgebaute Durlach nach Verlegung der Residenz. Universitäts pläne Doch sollte es bei den allgemeinen Klagen nicht bleiben. Die Durlacher hatten eine Idee, wie ihrem darniederliegenden Wirtschafts- leben wieder aufgeholfen werden könnte. "Es möchte Ew. Durchlaucht gnädigst gefällig sein, in unserer Stadt eine Universität zu etablieren. « Der Zeitpunkt für eine solche Bitte schien günstig. Die nächstgelegene protestantische Universität lag in Tübingen, nachdem Straß- burg 1681 von den katholischen Franzosen übernommen worden war. Dass in der badi- schen Markgrafschaft ein Bedarf an einer evangelischen Landesuniversität bestand, zeig- te sich auch daran, dass gerade das Karlsruher Gymnasium so ausgebaut werden sollte, dass Theologiesrudenten dort fertig ausgebildet werden konnten. Zudem regierte mit Mark- 91 grafKarl Friedrich ein Vertreter des aufgeklär- ten Absolutismus das Land, der den allgemei- nen Wohlstand auch durch eine Verbesserung der Bildung heben wollte. Die Durlacher hatten zudem für eine Uni- versität einiges zu bieten. So wiesen sie auf die seit dem Tod von Markgräfin Magdalena Wil- helmina 1743 leerstehende Karlsburg hin, die sich als Universitätsgebäude gut eigne. Zudem könne der markgräfliehe Bauhofgarten in ei- nen medizinisch-botanischen Garten umge- wandelt werden. Vor allem aber war die Stadt bereit, sich mit 15.000 Gulden an den Kosten zu beteiligen. Hinzukommen sollten Beiträge von einzelnen Durlacher Bürgern und aus den umliegenden Oberamtsortschaften, so dass insgesamt ein Betrag von 25.000 Gulden zur Verfugung stünde. Auch wollte sich die Stadt an der Bezahlung der Lehrkräfte durch die Beisteuerung von Holz und die Überlassung von Wiesen-, Acker- und Gartenland beteili- gen. Die Vorteile für die Stadt und damit auch für das ganze Land sah man darin, dass aus den umliegenden Ländern Studenten und Lehrkräfte kämen. Da in Tübingen die einzi- ge protestantische Universität der weiteren Umgebung war, rechnete man mit jungen Männern aus den evangelischen Ländern dies- und jenseits des Rheins, aus Speyer, Worms und Frankfurt. Auch die evangelischen Elsäs- ser, Sttaßburget und Pfälzer sowie die Bewoh- ner der evangelischen Reichsstädte in Schwa- ben würden kommen, zumal ihnen in Dur- lach Klima, Speisen und Getränke vertraut seien. Vor allem versprach man sich von der Ansiedlung einer Universität ein Wiederaufle- ben der Bautätigkeit in der Stadt. Ablehnung trotz Bürger.penden Die Werbetätigkeit füt den Plan wutde bald begonnen, schnell hatten 52 Bürger und Be- amte beträchtliche Summen gezeichnet. Einen großen Bettag übernahm mit 300 Gulden Hofrat und Oberamtmann Posselt. Auf seine Initiative ging das Durlacher Votgehen wahr- scheinlich zurück. Natürlich zeichneten die Ratsherren und der Bürgermeister Waag. Auch auffallend viele Gastwirte spendeten jeweils 100 bis 150 Gulden. Sie versprachen sich von Studenten und Professoren natürlich große Gewinne. Das erhofften sicherlich auch die bei den Spender Buchbinder Korn und Apo- theker Bleidorn. Die Fayence-Fabrik, zu die- sem Zeitpunkt die bedeutendste Manufaktur in dem kleinen Landstädtchen, beteiligte sich ebenfalls. Monatelang mussten die Durlacher war- ten, bis der endgültige Ablehnungsbescheid kam "mit dem Bemerken, dass man ungeach- tet des wohlgemeinten Anerbietens der Stadt Durlach zu einem Beitrag dennoch dahier kei- 92 ne Mittel zu einem hinlänglichen Fond ausfin- dig machen könne, diesem nach die Sache ruhen lassen müsse." Im 19. Jahrhundert musste Durlach dann beobachten, wie sich aus dem 1825 in Karls- ruhe gegründeten Polytechnikum eine welt- weit hochangesehene Technische Hochschule entwickelte. Inzwischen hatte aber auch in dem kleinen Landstädtchen im Schatten der Residenz neu- er Wohlstand Einzug gehalten. Mit der indus- triellen Produktion vor allem der Firmen Se- bold und Gritzner entwickelte sich Durlach zu einem Industriesrandort. Die Bevölkerungszahl wuchs auf 14.000 kurz vor dem Ersten Weltkrieg. 1878 wurde das Pädagogium samt höheter Bürgerschule zu einem Pro- und Realgymnasium erhoben. Mit dem Umzug in den prächtigen Neubau 1907 wurde die Schule endlich wieder zu einem Vollgymnasium. Die als Universitätsgebäude vorgeschlage- ne Karlsburg erlebte gleichzeitig einen sozialen Abstieg, bis sie in den 1980er Jahren als Kul- turzenttum füt Museum, Bibliothek und Ver- eins leben wieder zu neuem Leben erweckt wurde. SUSANNE ASCHE Geschichtswissenschaft an einer Technischen Hochschule Wer vermutet schon das Fach Geschichte unter den vielen ingenieur- und naturwissenschaftli- chen Disziplinen? So unglaublich es klingt - als die Urform unserer Universität, als die Poly- technische Schule 1825 gegründet wurde, stand das Fach bereits im Lehrprogramm. Und es erschien nahezu ununterbrochen bis heute in allen Vorlesungsverzeichnissen. Warum Geschichtsunterricht? Es hatte einen schlichten Grund, dem Poly- technikum das Fach gleichsam in die Wiege zu legen: Zu den Bestandteilen, aus denen die Anstalt zusammengefügt,wurde, gehörten die beiden Oberklassen der Karlsruher Realschule. Neben der polytechnischen Fachausbildung musste folglich noch normaler Schulunter- richt fortgeführt werden. Mindestens die jün- geren unter den polytechnischen Eleven ka- men nicht darum herum, sich mit Deutsch, Geographie, Religion, mit Zoologie, einer modernen Fremdsprache und eben mit Ge- schichte plagen zu müssen. Offenbar erwies sich darüber hinaus auch das Schulwissen äl- terer Polytechniker als verbesserungsbedürftig. In solchen Fällen riet man dringend zur Teil- nahme an solcherart Fundamentalunterricht. Auf diesem Wege wuchsen die Fächer (deut- sche) Literatur und Geschichte langsam in den Rang von allgemeinbildenden "Ergänzungs- fächern" , deren Belegung man jedem Studen- ten nahelegte. Leider fehlt uns die Kenntnis, wovon die Geschichtsstunden im einzelnen handelten. Fest steht allein, dass der Unterricht nichts Geringeres als die ,,Allgemeine Weltgeschichte" zum Gegenstand hatte. Einsetzend im klas- 93 sischen Altertum und in der Gegenwart en- dend, besaß das einen Zeitumfang von gut 2.500 Jahren. Zwar sollte der Geschichtskurs über zwei Studienjahre gehen und vier Wo- chenstunden ausfüllen. Doch selbst wenn wir uns den Stoff vorwiegend auf die politische Geschichte Europas begrenzt denken, sind Zweifel am Nutzeffekt des Unternehmens an- gebracht. Es wurden seinerzeit denn auch Ein- wände gegen ein so hochgestecktes Vorhaben laut. Dem ersten Geschichtslehrer des Poly- technikums, Realschuldirektor Professor Küh- lenrhal, war unwohl zumute. Allerdings miss- fiel ihm nicht etwa der breite Zeitrahmen; ihm bereitete vielmehr die zu geringe Stundenzahl Sorgen. Neubewertung des Fachs An dem Konzept hielt man gleichwohl bis in die 1870er Jahre fest. Inzwischen hatte jedoch eine Neubewertung des Fachs eingesetzt. Es lös- te sich im Zeichen vielfältiger Verwissenschaft- lichungvon seiner bisherigen Funktion, Schul- wissen zu vermitteln oder zu erweitern und rückte auf zum gtundlegenden Element jegli- cher akademischer Bildung. Von den Universi- täten ausgehend, überschnitt sich die Neube- wertung mi t ähnlichen Veränderungen, die das Wesen und das Selbstverständnis der Polytech- nischen Schulen erfuhren: Solide Geschichts- kenntnis sollte unabdingbares Statusmerkmal des Technikers und Ingenieurs werden. Allein, die Errichtung und Besetzung eines Geschichtslehrstuhls erfolgte in Karlsruhe auf bemerkenswerte Art. Antreibend ins Spiel kam nämlich die badische hohe Politik, kam die maßgebende Einwirkung Großherzog Hermann Baumgam:n 1825- 1893 Im Herzogtum Braunschweig geboren. vmiene er nach dem Studium der Geschichte als Journalist entschieden für ein von Preußen g~ruhrtes liberales Kleindeutschland. Der Heiddberger Hismfiker G. G. Gefvinus. dem er als Assis- tent dieme, empfahl ihn , der weder promoviert noch habi- lidert war, fur die KariSfuher Professur. Mit seinem Aufsatz "Der Liberalismus - eine Sdbstl:'ritik" lenkte der politische Historiker 1866 auf Bismarcks Realpolitik ein und wurde zu einem wichtigen Weichensteller für die sich neu formie- renden Nationalliberalen, die für die folgenden Jahrzehnte mei nungsbildend sein soll ten. Dem Ruf an die Universität Straßburg folgte er gern, da er sich fragte: n Was hilft mir ein volles Auditorium, in dem nicht ein ei nziger Mensch sint, der mir fo lgr." Friedrichs Jc Nicht nur, weil er sich während seines Studiums insbesondere der Geschichts- disziplin gewidmet hatte, nicht bloß, weil er seither engste Beziehungen zu herausragenden deutschen Historikern pflegte. Friedrich legte Wert darauf, dass an den drei Landeshoch- schulen Historiker lehrten, die seine eigenen politischen Leitlinien mindestens nicht stör- ten: Den liberal sowie den kleindeutsch und propreußisch ausgerichteten Kurs. 1860 wur- de nun die Aufwertung des Geschichtsunter- 94 FranzSchnabelI 887- 1966 In Mannheim geboren, studierte er Geschichte in Heidel- berg. wo er sich als Schüler von Hermann Oncken verstand und bald als Gymnasiallehrer sehr erfolgreich wirkte, bis er mit 34 Jahren Ordinarius an der TH Karlsruhe wurde, 1945- 1947 war er als Leiter der Abteilung Kultus und Unterricht in der Landesbezi rksdirektion Karlsruhe maß· geblich Olm Wi~deraufbau des Bildungswesens beteiligt. richts am Polytechnikum spruchreif. Zur sel- ben Zeit erreichte die Frage der nationalen Einigung Deutschlands ein Stadium, das in absehbarer Nähe eine Lösung verhieß. Politische Akzente Vor diesem Hintergrund erhielt die Auswahl des Karlsruher Historikers ihre außergewöhn- liche Note. Der berufene Hermann Baumgar- ten, ein studierter Historiker, hatte sich als li- beraler Publizist einen Namen gemacht. Seine politischen Ansichten und Erwartungen dürf- ten denen Friedrichs mindestens geähnelt ha- ben. Persönliche Verbindungen zum liberalen Hoflager kamen empfehlend hinzu. Im Herbst 1861 trat Baumgarten die Karlsruher Profes- sur an. Hier entstand sein umfängliches Werk zur jüngsten Geschichte Spaniens. Vor allem aber bewährte er sich als akademischer Lehrer. Und er gewann den Eindruck, als hätten sei- ne dem exakte Messbaren zugewandten. zahl- reichen Hörer bei ihm gelernt. die unwägba- ren "Moralischen Mächte" wahrzunehmen, die am Gang der Weltgeschichte mitwirkten. 1872 verließ Baumgarten die Anstalt und ging an die Universität Straßburg. Erwähnens- wertes ist erst wieder für Adam Pfaff überlie- fert. der hier von 1878 bis 1885 lehrte. Er straffte den Lehrstoff in zweierlei Hinsicht. Seine Überblicke setzten erst im Mittelalter ein. und er konzentrierte sie auf deutsche Ge- schichte. pfaffs zahlreiche Veröffentlichungen erlauben allerdings anzunehmen. dass er spie- lend fähig gewesen wäre. ein ungleich breiter gefächertes Spektrum vorzustellen. Interesse verdient das politische Motiv. das bei Pfaffs Berufung abermals zu Tage tritt. Nach der 1848er Revolution war der Hesse in die Schweiz geflüchtet. wo er die besondere Wertschätzung der Liberalen gewann. Mitt- lerweile zog es ihn nach Deutschland zurück. Zu den positiven Seiten. die die Berufungs- kommission an Pfaff rühmte. gehörte auch. dass er .. auf politischem und religiösem Gebie- te einer durchaus freien Richrung huldigt". Seine Berufung belegt. dass die politische Grundierung einer Geschichtsprofessur für den Großherzog. unabhängig von der Reichs- gründung, immer noch gewichtig war. Weniger deutlich drückte dieser Zug sich auch gegenüber dem Pfaff-Nachfolger Arthur Boehdingk aus. Doch zunächst noch dies: Bis- her hatten die Geschichtsprofessoren zumeist 95 auch das Literaturfach inne. Da die Germanis- tik ebenfalls zu einer anspruchsvollen Wissen- schaft gereift war. wurde die Fächerverbin- dung von Geschichte und Literatur je länger desto mehr problematisch. Unter den Kandi- daten. die zur Wahl standen. gab es nurmehr einen. dem man die sachkundige Behandlung beider Gebiete zutraute - den Jenenser Extra- ordinarius Boehdingk. Trotz mancher Vorbe- halte. die der eine oder andere Gutachter ansonsten äußerte. gab ihm die Berufungs- kommission den 1. Listenplatz - aus Rücksicht auf die leidige Fächerkombination. Innerhalb der Historikerzunft brachte Bo- ehdingk es nie zu Ansehen; seine Beliebtheit bei den Studenten soll groß gewesen sein. Stär- ker als die Wissenschaft scheint ihm das Poli- tisieren gelegen zu haben - sei es. dass er dank seiner rhetorischen Begabung oft die patrioti- schen Feiern von Hochschule und Stadt zier- te. sei es dass er Badens Nationalliberale auf den Kriegspfad gegen Katholiken und Sozial- demokraten mitzureißen trachtete. Der Kon- trast zwischen seiner agitatorischen und seiner wissenschaftlichen Hingabe verstimmten den Großherzog. Seinem langwährenden Wunsch. Boehdingk durch einen würdigeren Fachver- treter ersetzt zu sehen, stand indes das Beam- tenrecht entgegen. Im Sommer 1914 klagte dann das Kultus- ministerium über verschiedene Mängel an Boehtlingks Darbietungen. Namentlich ver- misste es das Bemühen. den Srudierenden .. die notwendige Verbindung der Technik mit der Gesamtkultur unserer Zeit zu vermitteln". Der akademische Senat solle daher überlegen. ob nicht eine jüngere. anregendere Parallel- kraft gewonnen werden könne. Gern ging der Senat darauf ein. aber auf grund der eingetre- tenen Kriegsumstände kamen nur kurzlebige Historiker-Zwischenspiele zustande. Die Hoch- schule musste mit Boehtlingk bis zu dessen Emeritierung im Frühjahr 1919 auskommen. Die Ära Franz Schnabel Nun gelang es endlich, die überlebte Fächer- verbindung zu trennen, und auf das erste reine Geschichtsordinariat gelangte der Hei- delberger Extraordinarius Herrmann Wätjen. Er entnahm seine Vorlesungsthemen Gebie- ten, die angesichts der deutschen Kriegsnie- derlage eines hohen Interesses sicher sein mochten. Allemal dürfte dies für die Vorle- sung "Deutschlands Außenpolitik in den letz- ten Vorkriegsjahren und während des Welt- krieges" zutreffen. - Da Wätjens kurze Ver- weildauer absehbar war, hatte die Hochschu- le vorsorglich den Gymnasiallehrer Dr. Franz Schnabel habilitiert. Det ttat 1922 denn auch die unmittelbare Nachfolge an. Sein Vorle- sungsprogramm bewegte sich kaum einmal hinter das 19. Jahrhundert zurück. Dafür ten- dierte es in die 1914 angemahnte zeitgemäße Richtung: Schnabel kündigte erstmals auch sozial- und wirrschaftsgeschichtliche Themen an. Ob und in welchem Umfang Technikge- schichtliches einfloss, ist unbekannt. In Schnabel erkennen wir den Vertreter einer Forschungsrichtung, die den Haupt- und Staatsakrionen der Großen Politik weni- ger aufgeschlossen begegnete, als es in der aka- demischen Zunft üblich war. Das mochte wiederum einiges mit Schnabels politischem Standort zu tun haben: Der gebürtige Mann- heimer verhehlte nicht seine Loyalität gegen- über der Weimarer Verfassung und rechnete sich dem "liberalen" linken Flügel des politi- schen Katholizismus zu. In dieser geistigen Umgebung gehörten kritische Auseinanderset- zungen mit der Wirrschafts- und Sozialord- nung seit langem zu den auffälligsten Diskus- sionsstoffen. Dieselbe Problematik bewegte nachhaltig auch die Studentenjahrgänge im Weimarer Deutschland. Ihren Niederschlag fanden Schnabels poli- tische Maßstäbe nicht zum wenigsten in dem 96 großen Werk, das er in Angriff nahm - in der auf mehrere Bände angelegten "Deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert". Eines seiner Anliegen war es, endlich den rühmlichen An- teil zu beleuchten, den der Liberalismus neben dem vielbeschworenen Bismarckschen an der Reichseinigung hatte. Ferner legte er gewis- sermaßen die erste Schneise, auf der die Ge- schichtsmächtigkeit der technischen Entwick- lung sichtbar wurde. Von der nationalsozialistischen Machtü- bernahme hatten Leute in seiner Stellung und von seinem geistig-politischen Zuschnitt kaum Gutes zu gewärtigen. Schnabel lavierte, ent- ging der "Säuberungs"-Welle, die 1933/34 über die Hochschulen hinwegtobte, lavierte weiterhin. Bald bereute es die Führung, dass Gelehrte seines Schlages fürs erste ihrem Zu- griff entkommen waren. 1935 verschaffte sie sich die gesetzliche Handhabe, um missliebige personelle Altbestände los zu werden. Zu dieser Gruppe zählte an d~r Karlsruher Hochschule u. a. auch Schnabel. Ihn zu entfernen, mach- ten sich Rektor und Prorektor dem Ministeri- um auf unwürdige Art dienstbar, und Schna- bel wurde zum September 1936 zwangsweise emeritiert. In Karlsruhe war es ein offenes Ge- heimnis, dass er nicht einer angeblich erforder- lichen Fächerverlagerung, sondern einer politi- schen Flurbereinigung zum Opfer gef.illen war. Die Hochschulführung merkre schon bald, dass ohne entsprechende Geschichtsunterwei- sung die "weltanschauliche Festigung" der Studentenschaft schwerlich zu erzielen war. Trotz eifrigen Bemühens um eine nationalso- zialistisch bewährte Lehrkraft kamen nur ein paar flüchtige Aushilfen zustande. Das Fach hatte selbst dem Buchstaben nach im Grunde aufgehört zu existieren. Nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reichs" kehrte Schabel sogleich zu seiner Lehr- tätigkeit zurück. Im SS 1946 las er einstündig über "Ursachen und Folgen des Jahres 1933". Der Hochschule stand er allerdings nur einge- schränkt zur Verfügung, weil ihn die US-Mi- litärregierung als quasi "Kultusminisrcr" für Nordbaden eingesetzt hatte. 1947 gar nahm er einen Ruf an die Münchner Universität an. Erneut riss eine Lücke auf, und erst 1951 er- hielt die Hochschule wenigstens ein Extraor- dinariat bewilligt, in das der Heidelberger Ex- traordinarius Walther Peter Fuchs einrückte. Seine Betriebsamkeit verhalf dem Fach zu ansehnlicher Statur. Am augenfalligsten wur- de sein Wirken im Aufbau des Studium gene- rale. Seine Lehrveranstaltungen - Vorlesun- gen, Seminare und Kolloquien - umspannten einen weiten Zeitraum der politischen und der Geistesgeschichte. Schwerpunkte bildeten die Geschichte des Zweiten Weltkriegs, des "Drit- ten Reichs" und der Weimarer Republik, also Abschnitte, für die sich ein unabweisbarer In- formationsbedarf der studentischen Nach- kriegsjahrgänge aufgestaut hatte. Darüber hi- naus wirkte der aktuelle Ost-West-Konflikt auf die Veranstaltungen ein: Einerseits, indem Fuchs Seminare über Marx, Lenin oder den Marxismus sowie über das Berlin-Pro.blem abhielt, anderseits durch Vorlesungen des Ori- entalisten Klingmüller (über das arabische Szenarium) oder des deutsch-amerikanischen Historikers Felix Hirsch über die Abfolge der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen. Die zeitgeschichrlich-weltpolitischen Grat- wanderungen, die Fuchs aufgenommen hatte, setzte Thomas Nipperdey seit 1962 in gewis- sem Umfange fort. Fruchtbare Ansätze erga- ben sich sodann aus Seminaren, die er gemein- sam mit dem Kunsthistoriker Lankheit und dem Soziologen Linde bestritt. Mit Nipperdey endet die Reihe der Histo- riker, die an der alten Technischen Hochschule lehrten. 1967, als die Hochschule zur "Univer- sität Karlsruhe (TH)" wurde, nahm dieser vielversprechende junge Wissenschaftlicher ei- nen Ruf an das angesehene Historische Semi- nar der Freien Universität Berlin an. Unter sei- nen Nachfolgern Walter Bußmann und Ru- dolfLill gedieh der betagte Lehrstuhl zu einem Institut, das neben der Lehre auch der For- schung breiteren Raum verschaffte. KLAUS·PETER HOEPKE Geschichte des Instituts für Literaturwissenschaft an der Universität Karlsruhe Das heutige Institut für Literaturwissenschaft geht auf die Errichtung eines LehrstuhIs für Geschichte und Literatur im Jahr 1861 zu- rück, der eine - dem humanistischen Bil- dungsbegriff des 19. Jahrhunderts verpflichte- te - ergänzende geisteswissenschaftliche Aus- bildung für die Studierenden der technischen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer gewährleisten sollte. Charakteristisch für diese frühe Form der Literaturwissenschaft 97 an der Fridericiana war eine enge fachwissen- schaftliehe, didaktische und personale Ver- flechtung von Hochschule und oberen Gym- nasialklassen. In seiner weiteren Entwicklung emanzipiert sich das Institut für Literaturwis- senschaft von dieser rein supplementären Funktion, indem es - analog zur Geschichte des Fachs im 19. Jahrhundert insgesamt- eine eigenständige Disziplin allererst ausbildet, die- se institutionell etabliert und entsprechend der zunehmenden Komplexität des Gegenstands ausdifferenziert. Freilich geschieht auch dies in Karlsruhe nicht ohne Rücksicht auf den spe- zifischen Kontext, den Standort an einer Tech- nischen Hochschule. Vor der Installierung des genannten Lehr- stuhls im Jahr 1861 existierten die Fächer Ge- schichte und Literatur als reine Unterrichtsfä- cher, die jeweils beide Disziplinen berücksich- tigten. Zu erwähnen ist hier die Folge ein- schlägiger Professuren, beginnend mit Karl Christoph KühlenthaI, 1825-1854, der zu- dem Französisch, JosefBeck, 1850-1852, der zudem Philosophie, Wilhe1m Gersmer, 1852- 1858, der ebenfalls noch Französisch, und Theodor Löhlein, 1859-1865, der neben Deutsch und Literatur auch Geographie un- terrichtete. Den dann so genannten "Lehr- stuhl für Geschichte und Literatur" hatten die Professoren Hermann Baumgarten von 1861- 1872, David Müller von 1872-1877 und Adam Pfaff von 1878-1885 inne. Die allge- mein auf gymnasiale Abschlussklassen und ein zwar fachfremdes, aber iJ!.teressiertes akademi- sches Publikum bezogene Ausrichtung in For- Franz-Sch nabel-Haus. 98 schung und Lehre lässt sich an den Publikati- onsschwerpunkten dieser Jahre ablesen, für die Theodor Löhleins gemeinsam mit Karl Hol- dermann verfasstes Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte, mit besonderer Berücksichti- gung der Kunst- und Kulturgeschichte für die Oberklassen höherer Lehranstalten von 1887 ein repräsentatives Beispiel darstellt oder Da- vid Müllers Geschichte des deutschen Volkes, eine, wie es im Untertitel heißt, "kurzgefaßte übersichtliche Darstellung zum Gebrauch an höheren Unterrichtsanstalten und zur Selbst- belehrung" , die 1872 bereits in der vierten (verbesserten und bis 1871 vervollständigten) Auflage erschienen war. Von 1886 bis 1919 lehrte Prof. Dr. phi!. Arthur Boehtlingk am Institut für Geschichte und Literatur, das sein Augenmerk in dieser Zeit auch auf regionalge- schichtliche Themen von lokalpolitischer Re- levanz richtete - hier ist z. B. die 'kulturhisto- rische Studie' zu Carl Friedrich Nebenius. Der deutsche Zollverein, das Karlsruher Polytech- nikum und die erste Staatsbahn in Deutsch- land von 1899 zu erwähnen; einer breiteren fachwissenschaftlieh orientierten Öffentlich- keit ist Boehtlingk u. a. mit seinen Shakespe- are-Studien bekannt geworden. Im Jahr 1919 beginnt die neuere Geschich- te der Literaturwissenschaft an der Fridericia- na: Mit der Einrichtung eines Extraordinariats für Literaturwissenschaft kam es erstmals zu einer Trennung der Fächer 'Literatur und 'Geschichte'; 1922 folgte das Ordinariat für Geschichte. 1924 das Ordinariat für Literatur- wissenschaft. Diese neuere Geschichte ist zu- nächst mit dem Namen Karl Holls verbunden. Karl Holliehne das Fach Deutsche Literatur- geschichte insgesamt von 1917 bis 1936 an der Universität Karlsruhe; zunächst von 1917 bis 1919 als Lehrbeauftragter. dann 1919/20 als Privatdozent von 1920 bis 1924 als außer- ordentlicher Professor. von 1924 bis 1936 schließlich als ordentlicher Professor. Sein Hauptwerk ist die auch heute noch einschlä- gige Geschichte des deutschen Lustspiels. die 1923 erstmals erschienen ist und 1964 noch einmal (und zwar als Nachdruck) aufgelegt wurde. Andere Arbeiten beziehen sich aufLes- sing, Goeme. Schiller. Tolsroi und Hauptmann. 1936 wurde Holl-wie auch der Ordinarius für Geschichte. Franz Schnabel - zwangsemeri- tiert. Der Lehrstuhl für Literaturwissenschaft wurde aufgelöst und erst 1957 wieder einge- richtet. In der Zwischenzeit blieb die Litera- turwissenschaft in Karlsruhe damit ein Desi- derat. Erster Lehrstuhlinhaber wurde 1958 Prof. Dr. Rudolf Fahrner. der 1925 mit einer Arbeit über Hölderlins Begegnung mit Goe- me und Schiller in Marburg promoviert wor- den war und sich 1929 dort auch habilitiert hatte (Thema: Wortsinn und Wortschöpfung bei Meister Eckehart); Beiträge zur Romantik. zu Moritz. Hofmannsthal und Goeme folgren; darüber hinaus hat sich Fahrner mit Überset- zungen aus dem (A1t-)Griechischen und Mit- telhochdeutschen hervorgetan. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1970 wurde Prof. Dr. Ja- cob Steincr. Spezialist u. a. für Hofmannsmal 99 und Rilke sowie (zusammen mit Wolfdietrich Rasch) Herausgeber der Münstersehen Beiträ- ge zur deutschen Literaturwissenschaft. auf den Lehrstuhl für Literaturwissenschaft beru- fen (1972). Er lehrte bis 1992. Seit 1993 lei- tet Prof. Dr. Uwe Japp das Institut für Litera- turwissenschaft an der Universität Karlsruhe. Uwe Japp hat u. a. Bücher zur Hermeneutik. zur Literaturgeschichtsschreibung. zur Theo- rie der Ironie und zur Modernitätsforschung veröffentlicht. Erweiterung durch Mediävistik Die zunehmende Spezialisierung des Faches Germanistik und die Erfordernisse einer adä- quaten und umfassenden Gymnasiallehreraus- bildung machte 1969 die Einrichtung eines Lehrstuhis für Deutsche Literatur des Mittelal- ters notwendig. den Prof. Dr. Peter Wapnew- ski von 1969-1979 inne hatte. Forschungs- und Lehrschwerpunkte Peter Wapnewskis sind der Minnesang. u. a. perspektiviert auf die Fra- ge der Mittelalter-Rezeption. der Parzival Wolf- rams von Eschenbach und Hartmann von Aue. Beachtung finden auch seine die Grenzen der Fachwissenschaft zur Musikkritik hin über- schreitenden Studien zu Richard Wagoer. Heu- te wird die Mediävistik von Prof. Dr. Bernd Thum und Hochschuldozent Dr. Burkhardt Krause vertreten. Heutiges Lehrangebot Derzeit umfasst das Lehrangebot des Instituts die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (mit Linguistik. Geschichte und Theorie der Medien). einschließlich der Studienkompo- nenre Mediävistik (mit historischer Sprachwis- senschaft. Interkultureller Germanistik und Deutsch als Fremdsprache). Die Studiengän- ge gliedern sich in die B.A-. M.A.-Studien- gänge Germanistik und den Lehramtsstudien- gang Deutsch (Gymnasium). an die sich Pro- motionsstudiengänge in Germanistik und Mediävistik anschließen. Im Rahmen der seit WS 1999/2000 eingerichteten B.A-. M.A.- Studiengänge im Haupt- und Nebenfach kön- nen zudem die dem Institut in sowohl perso- naler als auch fachlicher Kooperation verbun- denen Nebenfächer Multimedia und Journa- lismus studiert werden. Das Institut für lite- raturwissenschaft unterhält mehrere internati- onale Partnerschaften und Austauschabkom- men. so mit den Universitäten Bergamo (Ita- lien). Kingston (Kanada) oder mit der Mo- nash University (Australien). Zur Zeit studie- ren am Institut für Literaturwissenschaft insgesamt 780 Studierende in den jeweiligen Studiengängen (Stand WS 1999/2000). Das Institut verfügt über eine Präsenzbibliothek mit derzeit 35.000 Bänden in den Schwer- punkten ältere und neuere deutsche Literatur und Literaturwissenschaft. allgemeine Litera- turwissenschaft und Literaturtheorie. Am In- stitut für Literaturwissenschaft wird die Ge- schichte der deutschen Literatur in ihrer gan- zen Breite gelehrt. das heißt vom frühen Mit- telalter bis zur Gegenwart. Weitere Schwer- punkte sind die Theorie der Literatur und der Literaturwissenschaft. die Geschichte der Ger- manistik. die Theorie und Geschichte des Dramas u. a. Eine spezielle und über die Gren- zen Karlsruhes bekannte Forschungseinrich- tung ist die Arbeitsstelle Bertolt Brecht. Das Institut für Literaturwissenschaft ist im Franz-Schnabel-Haus untergebracht. ei- nem 1850 als Fasanenmeisterhaus der groß- herzoglichen Domäne Staatliche Forsten er- richteten Gebäude. das die Universität 1920 erhielt. Nach einem 1925 erfolgten Umbau wurde sein Untergeschoss für die Bibliothek des Sportinstituts eingerichtet; im Oberge- schoss befand sich ein Fechtraum. 1934 wur- de das Haus zu einem Schulungsheim der NS- Studentenschaft umfunktioniert und diente- nach dem Wiederaufbau 1949 - von 1951 bis 1990 dem Engler-Bunte-Institut. Abteilung Petrochemie. Seit 1990 behetbergt es das Ins- titut für Geschichte (Untergeschoss) und das Institut für Literaturwissenschaft (Oberge- schoss). 1991 wurde. das Gebäude nach Franz Schnabel (1887-1966) benannt. der von 1919 bis zu seiner Vertreibung durch die National- sozialisten im Jahr 1937 an der Universität Karlsruhe Geschichte lehrte. UWE JAPI'. CLAUDIA STOCKINGER "Geschichtliches Wissen und ästhetische Bildung" Das Fach Kunstgeschichte an der Universität Karlsruhe Bereits 1967 stellte Reinhard Rürup fest: "Die Geschichte der Karlsruher Kunstgeschichte ist bisher nicht geschrieben worden." Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die folgenden Ausführungen stellen einen ersten Versuch dazu dar, indem sie sich auf das wenige, zum Thema vorliegende gedruckte Material stüt- zen. Ergänzend ist eine Sammlung von Ab- schriften aus den reichhaltigen Akten des Lehrstuhls für Kunstgeschichte (Badisches Generallandesarchiv) hinzugezogen worden. die Joachim Hotz 1965 zusammenstellte (Bi- bliothek des Instituts für Kunstgeschichte). Diese Dokumente verdeutlichen. dass die Kunstgeschichte an der Universität Karlsruhe - weit über die lokale Bedeutung hinaus - eine 100 tragende Rolle bei der Etablierung des Fachs an den deutschen Hochschulen spielte. Ihre Geschichte einer intensiven Erforschung zu umerziehen, stellt in der Tat ein Desiderat dar. Kunstgeschichte am Polytechnikum Auch wenn die Kunstgeschichte noch nicht als eigenständiges Fach existierte, so war sie doch von Anfang an fester Bestandteil der Architek- tenausbildung am 1825 gegründeten Karlsru- her Polytechnikum. Denn zur umfassenden Bildung eines Architekten gehörte nicht nur die Kenntnis der alten, insbesondere der anti- ken Baukunst, sondern auch die Geschichte der Bildenden Künste. Ihre Aneignung erfolg- te überwiegend durch zeichnerische Erfassung nach Vorlagenwerken oder Gipsabgüssen. Als allgemein bildendes Fach dienten einige Vor- lesungen auch den Eleven der angegliederten Realschule, darüber hinaus standen sie den angehenden Ingenieuren zur persönlichen Weiterbildung offen. Die Kunstgeschichte hatte also von Anfang an eine doppelte Aufga- be zu erfüllen. Etablierung an der Hochschule Mit der Erhebung des Karlsruher Polyrechni- kums in den Rang einer Hochschule im Jahr 1865 präzisierten die Statuten das Aufgaben- feld der Anstalt als "die wissenschaftliche Aus- bildung für diejenigen technischen Berufsfä- cher, welche Mathematik, die Naturwissen- schaft und die zeichnenden Künste zur Grund- lage haben". Aber auch die Fächer der aus der Realschule hervorgegangenen Allgemeinen Abteilung erfuhren im Zuge der Reorganisati- on eine beträchtliche Aufwertung: So erhielt 1860 bereits die Geschichte, 1863 die Natio- nalökonomie und 1868 die der Architektur zugeordnete Kunstgeschichte ein eigenes Or- dinariat. Hierbei handelte es sich übrigens um eine der ersten ordentlichen Professuren in Kunstgeschichte an einer deutschen techni- schen Hochschule und sie ging außerdem zeit- lich der Etablierung des Fachs an den badi- schen und württembergischen Universitäten Heidelberg (1894/96), Tübingen (1895) oder Freiburg (1909/10) weit voraus; nur in StUtt- gart (1865) war man in der Einrichtung eines Lehrstuhis für Kunstgeschichte erwas schneller. Ihrer Pionierrolle bewusst legte die Karls- . ruher Hochschule größten Wert auf die Beset- zung der Stelle mit einer maßgeblichen Per- sönlichkeit. Bereits 1865 knüpfte man Kon- takt mit dem in Basel Geschichte lehrenden Jacob Burckhardt sowie dem Göttinger Ordi- narius für klassische Archäologie Ernst Curtius und dem in Zürich als Professor für Ästhetik und Literaturgeschichte tätigen Friedrich Theo- dor Vischer. Als diese hoch angesehenen Her- ren absagten, änderte die Findungskommis- sion ihr Vorgehen und berief den erst 30 Jah- re alten Alfred Woltmann aus Berlin. Seine Karlsruher Erfolge in Lehre und Forschung sprachen sich in Fachkreisen schnell herum, sodass die ungleich besser ausgestattete Uni- versität Prag ihn schon 1873 mit einem verlo- ckenden Angebot abzuwerben vermochte. Auch Woltmanns Nachfolge gestaltete sich schwierig, da - wie er selbst in einem Gutach- ten zur Situation formulierte - "die Zahl tüch- tiger Kräfte im Fache der Kunstgeschichte nicht groß ist, weil viele Befähigte durch Man- gel einer Vertretung dieser Wissenschaft an den Universitäten an der consequenten wis- senschaftlichen Ausbildung gehindert, andere durch die unsicheren Aussichten für die Zu- kunft abgehalten worden sind, der streng wis- senschaftlichen Beschäftigung treu zu blei- ben." Auf Anraten Woltmanns entschied man sich für den 33-jährigen Bruno Meyer aus Berlin, auf dessen Wirken ein beträchtlicher Ausbau der Sammlung und die Einführung eines Bildprojektionsapparates (Skioptikon) 101 im Unterricht zurück gehen. Auf das eigen- händige Zeichnen an der Tafel oder die im Hörsaal nur bedingt zweckdienliche Vorlage von Reproduktionsgraphik konnte fortan ver- zichtet werden. Bis heute bildet das Glasbild (Diapositiv) das maßgebliche Arbeitsmittel im Unterricht. Auf Meyer folgte 1884 mit Wil- helm Lübke der erste große Kunsthistoriker auf das Karlsruher Ordinariat. Zürich und Stuttgart stellten die vorangegangenen Statio- nen seiner überaus fruchtbaren Tätigkeit als Professor der Kunstgeschichte dar, in denen er eine bemerkenswerte Anzahl handbuchartiger Überblickswerke verfasste. Einige seiner Bü- cher erschienen in hohen, nach seinem Tod 1893 mehrfach aktualisierten Auflagen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein. Hierzu zählt auch die gänzlich mit Holzschnitten il- lustrierte "Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart" von 1855, die unlängst als Reprint wieder aufge- legt wurde. Heute erinnert an der Ostseite des Archi tekturgebäudes ein 1894 durch den Bild- hauer Heinrich Weltring geschaffenes Denk- mal an Wilhelm Lübke. Ursprünglich füt sein Grab auf dem Karlsruher Hauptfriedhof be- stimmt, fand es 1895 in der Hoffstraße Auf- stellung und gelangte schließlich 1965 auf den Campus. Kunstgeschichte und Baugeschichte Nicht nur Lübke, sondern auch seine Karlsru- her Kollegen, die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Architekten Josef Durm und Carl Schäfer, traten als Verfasser maßgeb- licher Bücher zur Geschichte der Architektur hervor. Während Durm auch als Architekt sich der Antike und der Renaissance verschrieb, widmete sich Schäfer dagegen bevorzugt dem Mittelalter. Als historistische BaukünstIer bil- dete die Baugeschichte das Fundament ihres Selbsrverständnisses und sie war selbsrver- stäncllich integrativer Bestandteil ihres Unter- richts. Hier manifestiert sich noch zwischen Kunstgeschichte und Architekrur eine gemein- same, von einem positivistischen Geschichts- bild getragene Basis, die in der Abfolge und der Darstellung von Stilen und Epochen zwar Grundlegendes erarbeitete, sich darin aber auch erschöpfte. Um die Jahrhundertwende gehen in der Kunstgeschichte dann von den Universitäten neue Impulse aus, die zu einer Methodenbil- dung modernen Zuschnitts führen und auch die langsam vom Hiswcismus sich abwenden- den Architekten der Avantgarde in der Theo- riebildung beeinflussen werden. An den tech- nischen Hochschulen setzt sich dagegen die von Architekten getragene Baugeschichte als eine von Konstruktion, Material und techni- schen Bedingungen ausgehende Wissenschaft durch, die von der Archäologie über die Haus- forschung und die Denkmalpflege ein eigenes Profil ausbildet. Diese Divergenz manifestiert sich im Übergang von Lübke, dem vorerst letzten Kunsthistoriker auf dem Lehrstuhl, zum ausgebildeten Architekten Adolf Oechel- häuser, der das Ordinariat bis 1919 bekleide- te. Das Bestreben der Kommission lag darin, eine Persönlichkeit zu finden, die noch beide Richtungen vertrat, was sich ab der Weimarer Republik dann auch in der Bezeichnung )n- stitut für Kunst- und Baugeschichte" manifes- tierte. Zugunsten von Integration und Konti- nuität blieben die in den eingeholten Gutach- ten positiv bewerteten jungen Talente, wie z. B. Henry Thode oder Heinrich Wölffiin, daher unberücksichtigt. Nach 1945 Wie weit die Polarisierung zwischen Kunst- und Baugeschichte vorangeschritten war, be- legen die Vorgänge um die Nachfolge von Oe- chelhäuser. Auf den ersten Platz der Beru- 102 fungsliste setzte man den Architekten Karl Wulzinger. der dann auch den Lehrstuhl von 1921 bis 1949 bekleiden sollte. und vollzog damit die Wende. Auf Platz zwei stand Wil- helm Worringer, ein Kunsrhistoriker, der vor allem durch seine Promotionsschrift ,,Abstrak- tion und Einfühlung" über die Kunstgeschich- te hinaus die Architekten der Vorkriegs-Avant- garde, wie z. B. Peter Behrens, nachhaltig be- einflusste. Bereits im Vorfeld der Berufung stellte die Architektur-Abteilung 1919 fest, dass "der Nachweis kunstgeschichtlicher Kennt- nisse auf das wirklich notwendige Maß be- schränkt und dem Fach zugleich innerhalb des ganzen Unterrichtsplanes der ihm gebührende Platz zugewiesen" werden solle. Das Fach Kunstgeschichte wurde nun stellvertretend flir Denkmal für Wilhcl m Lübkc, originale Aufsfellung in der HoIYSlfaße. den Eklektizismus der historistischen Archi- tektur verantwortlich gemacht, da es durch Gelehrte und nicht durch bautechnisch ausge- bildete Fachleute unterrichtet werde. Obwohl die Architektur-Abteilung mit Wulzinger die von ihr gewünschte Orientierung zur Bauge- schichte hin bestimmte, trat sie zugleich den Lehrstuhl an die Allgemeine Abteilung ab - eine widersprüchliche Entscheidung, die nach 1945 revidiert werden sollte. In der Nachkriegszeit erfolgte nicht nur die Rückführung des Instituts für Kunst- und Baugeschichte an die Fakultät für Architektur, sondern auch die Trennung der beiden ganz eigenständige Merhoden und Ziele verfolgen- den Fächer in separate Institute. Aus der zuerst noch der Fakultät flir Naturwissenschaften zu- geordneten Allgemeinen Abteilung entwickel- te sich die Fakultät für Geistes- und Sozialwis- senschaften, der die Kunstgeschichte in der Form einer Zweitmitgliedschaft angehört. Nun eräffnete sich an der Universität Karlsruhe - erstmals seit dem mehr als hundertjährigen Bestehen des Lehrstuhls flir Kunstgeschichte - die dritte und ureigenste Aufgabe, nämlich Schüler des eigenen Faches auszubilden. Mit Klaus Lankheit, der dem Institut bis 1983 vorstehen sollte, fand man für Karlsruhe den sicher bedeutendsten Vertreter der Disziplin nach Lübke. Situation heute Unter den Bedingungen der modernen Mas- senuniversität einerseits und einem durch die Postmoderne ausgelösten starken Interesse an der Geschichte und Theorie der Architektur andererseits vollbringt das personell chronisch unterbesetzte Institut für Kunstgeschichte heute einen "Spagat": es unterrichtet sowohl die jährlich zwischen 180 und 200 zugelasse- nen Studenten der Architektur als auch die rund 250 Studierenden der Kunstgeschichte 103 im Haupt- und Nebenfach. Hinzu kommt das traditionsgemäß lebhafte Interesse der interes- sierten Öffentlichkeit. das sich in den Gasrhö- rerzahlen ausdrückt. Mit der Einführung des Bachelor-Studien- gangs ab Winrersemester 2000/2001 wird die Kunstgeschichte im Rahmen fächerübergrei- fender Module (MOD) ihre Lehrveranstal- tungen außerdem Studierenden anderer Fach- richruogen öffnen und damit einen zusätzli- chen Beitrag - sozusagen die vierte Aufgabe innerhalb der Universität - leisten. Von der ursprünglichen Mission eines Nebenfachs. das am Polytechnikum "geschichtliches Wissen und äs thetische Bildung" vermitteln sollte. zu einem zuerst tragenden, dann zunehmend ver- nachlässigten Bestandteil der Architektenaus- bildung hat sich das Karlsruher Institut heute zu einem eigenständigen, aber dennoch inte- gralen Fach zweier Fakultäten entwickelr. ANNEMARIE JAEGGI Studienkolleg der Universität Karlsruhe Zentrum der Vorbereitungjunger Amländer auf ihr Studium Die Universität Karlsruhe blickt auf eine lan- ge Tradition im Ausländerstudium zurück. Zur Zeit studieren an ihr 2.312 Ausländer. das sind 17.69 % aller Studierenden. Sie kom- men heute aus allen Teilen der Welt. besonders aus China. Afrika. aus den arabischen Län- dern. allen voran Marokko. und aus Osteuro- pa. Es waren schon bis zu 65 Nationen. da- runter sogar eine Studierende von den Oster- inseln. Studierende aus Nepal und Madagas- kar. vertreten. Auf die oft gestellte Frage. wa- rum sie ausgerechnet unsere Universität wähl- teo, verwiesen einige auf ihren guten Ruf, andere nannten Familienmitglieder als Absol- venten der Universität. Letztlich wollen alle gezielt in unserem Land studieren, in dem sie auf Grund seines hohen technischen Stan- darts eine gute und moderne Ausbildung er- wanen. Die jungen Menschen. vor allem aus den ferneren Ländern. treffen bei uns auf völlig an- dere und zum Teil gegensätzliche Lebensge- wohnheiten und sind hier ohne die gewohnte familiäre Sicherheit in einer fremden Welt auf sich selbst gestellt. Die deutsche Sprache ist für sie, zumindest am Anfang, eine zusätzliche Hürde. Durch die Einrichtung von Studienkollegs an Hochschulen ist es möglich. ausländischen Studierenden den schwierigen Übergang in das deutsche Universitäts-. aber auch Alltags- leben zu erleichtern. Das Studienkolleg ist eine zentrale Eintich- tung der Universität Karlsruhe. An ihm lernen oder verbessern die jungen Ausländer die deutsche Sprache. wobei ein Ziel die Wissen- schaftssprache ist. die ihnen das Studium er- leichtert. Besondere Schwerpunkte bilden zu- nächst landeskundliche Themen. die eine mög- lichst schnelle Eingliederung in unseren Alltag ermöglichen sollen. Aber auch Mathematik. Physik. Informatik und Chemie stehen für einen Teil von ihnen auf dem Stundenplan; Schwerpunkte dieser Fächer sind vor allem die Fachsprache und studienbezogene Lern- und Arbeitstechniken. die ihnen. geprägt durch ein 104 I ---/ ~ - -1--- Sprachlabor im Studienkolleg. G völlig anderes Schulsystem, sehr ofr fremd sind. In der Regel haben alle eine Hochschul- zugangsberechtigung, vergleichbar mit dem deutschen Abitur in ihrer Heimat erworben. Aber so unterschiedlich die Bildungssysteme sind, so verschieden sind die schulischen Vor- kenntnisse. Um den jungen Ausländern einen erfolgreichen Einstieg in das Studium zu er- möglichen, orientiert sich die StoffWahl in den genannten Sachfächern an den Erfordernissen eines ingenieurwissenschafdichen Grundstu- diums. Das Studienkolleg wurde 1963 eingerich- tet. 40 Studierende, überwiegend aus Iran, ei- nige aus verschiedenen arabischen Ländern und zwei Brasilianer. begannen in zwei Kursen ihr zweisemestriges Propädeutikum. Heute sind es über 300, die sich hier auf ihr Studium vorbereiten oder studien begleitend ihre Sprach- kenntnisse veniefen woHen. Ende der achtziger Jahre stieg die Studie- rendenzahl sprunghaft an. Zuerst studierten sehr viele junge Griechen am Studienkolleg, dann folgten nach Öffnung des "Reiches der Mitte" die Chinesen, nach der politischen Wende auch Studierende aus Osteuropa und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und inzwischen viele aus Marokko und Zentralaf- rika. Hieraus ist aber auf keine stetige Entwick- lung der Studierendenzahl nach oben zu schließen. Politische Entwicklungen und Kri- sen auf unserer Welt wirken sich immer wie- der auf die Zahl unserer Studierenden und die Zusammensetzung der Nationalitäten aus. So ist das Studienkolleg heute mehr denn je ein Zentrum, an dem sich Studierende aus aller Welt begegnen und sich auf ihr Fachstu- dium vorbereiten. KLAUS DIETER JUSTEN 105 Karlsruher Straßenbahn - Bindeglied zwischen Stadt und Region Die Universität und die Entwicklung des Karlsrtther Nahverkehrs Neben der Universität feiert dieses Jahr auch die Karlsruher »Elektrische" ein rundes Jubilä- um. Auch wenn es eher wenig bekannt ist, so hat doch dieTH/Uni für die Karlsruher Stra- ßenbahn und die Entwicklung des erfolgrei- chen Karlsruher ÖPNV eine nicht geringe Bedeutung. Wenn im Juli fast zeitgleich die Publikationen zu den Jubiläen erscheinen. werden die Verbindungen zwischen beiden Institutionen deutlicher hervortreten. Auf sie sei hier im Vorgriff in aller Kürze verwiesen. Einspruch und Zuspruch von der Hochschule Das Polytechnikum hatte schon seit 1877 di- rekten Anschluss an den öffentlichen Nahver- kehr. da die Pferdebahn unmittelbar vor ihrem H auptgebäude verkehrte. Man darf davon ausgehen. dass die kurz vor der Jahrhundert- wende etwa 1.100 Studenten diese und die Dampfbahn (seit 1881) ab dem nahen Durla- eher Tor nach Durlach sowohl zu ihrer Frei- zeitgestalcung nutzten, als auch um zu ihrem Studienplatz zu kommen. Beim Schritt des Nahverkehrsunternehmens in die Moderne. bei der Elektrifizierung im Jahre 1900. erga- ben sich jedoch aus der bisher problemlosen Nachbarschaft Konflikte. Neben ästhetischen Einwänden der Bürger und des großherzogli- chen Hauses gegen die Oberleitungen in der Stadt verhinderte die Furcht von Vertretern der Institute für Physik und Elektrotechnik vor Stärungen ihrer Versuchsanordnungen' durch die Stromstärke der Oberleitungen de- ren Bau. Aus diesem Grund musste die »Elek- trisehe" bis 1905 in der Kaiserstraße ohne Oberleitung mit zusätzlichen Akkumulatoren betrieben werden. Dies war zwar eine Form, aber nicht gerade eine fortschrittliche und ökonomische der Zweisystemtechnik. Sie hat- te denn auch nach fünf Jahren ausgedient. Aus einer anderen Disziplin der Hochschule erfuhr die Karlsruher Straßenbahn dagegen Unterstützung. Reinhard Baumeister. Profes- sor fur Wasser- und Straßenbau. plädierte 1898 in einem Gutachten für die Verlegung des Karlsruher Hauptbahnhofs von der Kriegs- straße nach Süden. Dieser verhindere mit sei- nen Gleisanlagen und den langen Schließun- gen der Bahnschranken die für ei ne zeitgemä- ße Stadtentwicklung notwendige Straßen- bahnverbindung der Südstadt mit der Stadt- mitte. Baumeister war kein geringerer als der Begründer der modernen Stadtplanung. der im ersten Lehrbuch der neuen Disziplin 1876 geschrieben hatte: »Zwei Aufgaben liegen bei einer Stadterweiterung vor: Neue Wohnungen zu schaffen und den Verkehr zu erleichtern." Städtische Nahverkehrspolitik bis 1914 Die Stadtverwaltung. der Baumeister über vie- le Jahre als Stadtverordneter mit seiner Fach- kompetenz diente. hatte die No twendigkeit der Mobilität für alle früh erkannt und den Ausbau der Landeshaupts tadt zum Eisenbahn- knoten energisch gefördert. indem sie zwei Strecken - die Maxaubahn zum Rhein und die Kraichgaubahn - selbst erbaute und dem Land zum Betrieb überließ. Damit waren Vorausset- zungen für den Industrialisierungs- und Urba- 106 Kaiserstraße Ecke Herrensrraße vor 1905 mit Akkumulatorenwagen. nisierungsprozess wie für Zentralitätsgewinne geschaffen. die seit der Reichsgründung bis 1901 die Bevölkerung der Stadt von 36.000 auf 100.000 ansteigen ließ. Die Oberbürger- meister förderten zudem den Bau von Vorort- bahnen durch private Unternehmer. so die Pferde- und Dampfstraßenbahn. die Durlach im Osten und Mühlburg im Westen mitten durch die Stadt miteinander verband. Sie trug seitdem zur Entwicklung der Kaiserstraße als Geschäftszentrum für Stadt und Region bei. Weitere von der Stadt geförderte Bahnen wa- ren die Lokalbahn. die seit 1890/91 zwischen Spöck im Norden und Durmersheim im Sü- den durch die Stadt verkehrte. und die Albtal- bahn. die seit 1897 ab dem Festplatz über Rüppurr und Etdingen in das Albtal fuhr. Zur Begründung dieser Nahverkehrspolitik führte Oberbürgermeister Karl SehnetzIer 1896 aus. sie ermögliche den in der Stadt beschäftigten Arbeitern einen gesünderen Weg zum Arbeits- platz und zugleich das preiswertere Leben auf dem Land. wahrend in der Stadt dadurch die Steigerungen der Bauland- und Mietpreise gering blieben. Außerdem kämen so landwirt- schaftliche Erzeugnisse leichter in die Stadt und die Städter am Wochenende leichter in die Naherholungsgebiete. 1903 übernahm die Stadt die Straßenbahn in eigene Regie und setzte sie nun im Sinne Baumeisters verstärkt als Mittel der Stadtent- wicklung ein. Das Netz wurde ausgebaut, mit der Verlegung des Hauptbahnhofs 1913 fielen zahlreiche Behinderungen durch die früheren Kreuzungen der Straßen- mit den Eisenbahn- gleisen. die sich wie ein Ring von der Kriegs- 107 straße über die Beienheimer Allee, Mathy-, Hans-Sachs-, Riefstahl- und heutige Erzber- gerstraße um die Stadt gelegt hatten. Die Dif- ferenzierung der Stadt in Vienel unterschied- licher sozialer Prägung sowie in Industriege- biete wie in gemischte Gewerbe- und Wohn- gebiete schritt dank der Vernetzung durch die Straßenbahn voran. Eine aus heutiger Sicht er- staunlich realistische Vision der nahverkehrs- politischen Entwicklung in die Region trug 1912/13 Oberbürgermeister Karl Siegrist vor. Er wollte die Straßen-, Lokal- und Albtalbahn in einer von der Stadt dominierten Gesellschaft vereinen und zugleich das Nahverkehrsnetz in die Region - in das Pfinztal, in die Pfalz, nach Rußheim - durch neue Strecken erweitern. Trotz des Scheiterns dieser Vision an der Mehr- heit der Stadtverordneten behielt auch in der Nachkriegszeit die Straßenbahn ihre Bedeu- tung als beherrschendes Massenverkehrsmit- tel, das 1929 durch den Ausbau der Strecken nach Daxlanden, Rappenwört und Knielin- gen seine bis dahin größte Ausdehnung erfuhr. TH I Uni-Professoren a1. Nahverkehr.planer Die Pläne Siegrists lebten fort in den noch weitergehenden Überlegungen (Vorortbahnen bis Bruchsal, Rastatt und Waghäusel) des Gene- ralbebauungsplans von 1926, der als Ziel des Ausbaus des Ortsstraßenbahnnetzes die Ver- bindung der Vororte mit dem Stadtinnern auf möglichst kurzem Wege formulierte. Neu an den Plan überlegungen ist die Prognose, dass der Straßenraum künftig für Straßenbahn und Auto nicht ausreichen werde. U-Bahnen, wie sie in den Metropolen bereits entstanden seien, kämen für Karlsruhe allerdings nicht in Frage. Damit war ein Thema angeschnitten, das die Stadt- und Nahverkehrsplanung bis heute in unterschiedlicher Intensität beschäftigt. Dabei korrunt nun auch die Hochschule, bzw. deren Vertreter einschlägiger Fächer wieder ins Blickfeld der Karlsruher Nahverkehrsentwick- lung. Unter den Beratern und Gutachtern der Stadtverwaltung in Verkehrsfragen sind min- destens drei Professoren der Hochschule zu nennen. Friedrich Raab, Wilhelm Leutzbach und Rolf Funck. Raab schlug in den frühen 1940er Jahren im Zusammenhang mit einer Neustrukturierung des Eisenbahnnetzes eine Erweiterung des Straßenbahnnerzes samt einer besseren Abstimmung beider Verkehrsträger im Regionalverkehr vor. Leutzbach gutachtete zur Frage der Wirtschaftlichkeit des Baus einer Nordbahn im Jahr 1970, wobei er eine abge- speckte Version ohne den östlichen Ast nach Friedrichstal empfahl und auch den Weiterbau ab Leopoldshafen von einer entsprechenden Bevölkerungsentwicklung in Linkenheim- Hochstetten abhängig machte. Rolf Funck, wie Baumeister zugleich langjähriges Gemein- deratsmitglied, war 1976 und 1980 an der Ausarbeitung zweier Gutachten beteiligt, die mittelfristig für den Ausbau des ebenerdigen Straßenbahn-I Bus-Systems plädierten, das in die Region auszuweiten sei. Langfristig sollte an den Bau unterirdischer Kompaktbahnen gedacht werden. Aufgrund eines ablehnenden Bürgerentscheids 1996 fährt die Straßenbahn immer noch überirdisch durch die Kaiserstra- ße, deren starke Belastung ein noch zu lösen- des Problem der Kommunalpolitik bleibt. Entscheidung rur die Straßenbahn in den 1950er Jahren Diese Gutachten stehen vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Entscheidung der Stadt Karlsruhe für die Straßenbahn. Als in anderen Städten nach jahtzehntelang ausgebliebenen Investitionen die heruntergewirrschafteten Be- triebe ganz oder große Streckenteile stilIgelegt wurden, verhielt sich die Stadt Karlsruhe an- tizyklisch und verfügte 1980 als eine von vier 108 deutschen Großstädten über ein längeres Streckennetz als 1929. In den 1950er Jahren traf sie' grundlegende Entscheidungen dafür: Die Albtalbahn wurde erworben, umgespurt und mit dem Straßenbahn netz verknüpft. 1%0 erhielt die im Hardtwald neu angelegte Waldstadt Stra- ßenbahnanschluss. In beiden Fällen fiel die Entscheidung be- wusst gegen den Einsatz von Bussen zur Bewältigung des Nahverkehrs. Dies hatte seinen Grund auch darin, dass die Zweisysu~m-Stadtbahnwagen auf der Kraichgaubahn kurz nach seiner Fahrt durch den BauerbacherTunnel im Juli 1997. Karlsruher Innenstadt mit der Hauptverkehrsader Kaiserstraße nicht für den autogerechten Ausbau geeignet war. Auch die Beschaffung neuer, moderner Großraumwa- gen seit 1954 belegt die Entscheidung für die Zukunft der Straßenbahn. Uni-Absolvent als VBK-Chef Die künftige Bedeutung der Straßenbahn er- schien seit den 1970er Jahren in neuem Licht. Die wachsende Zahl der Kfr und damit auch der Berufs- und Ausbildungspendler, die nun mit dem Auto in die Stadt kamen, führte immer häufiger zum Verkehrsinfarkt und zu erhöhten Umweltbelastungen. Um den Trend der sinkenden Fahrgastzahlen umzukehren, starteten die Verkehrsbetriebe eine langfristig angelegte und - wie die Fakten heute beweisen - äußerst erfolgreiche Offensive zur Attrakti- vitätssteigerung des ÖPNV. Das Streckennetz wurde weiter ausgebaur u. a.: Nordweststadt (1975), Neureut (1979), Oberreur (1986), in den Wagenpark investiert, ein Beschleuni- gungsprogramm durch Vorfahrtsberechtigung an den Ampeln seit 1987 realisiert und attrak- tive Tarifangebote, darunter auch eine "Studi- Karte", mit Erfolg entwickelt. Seit 1977 zeich- net dafür Dieter Ludwig verantwortlich. Wie eine ganze Reihe von Studenten der Friderici- ana hat er sich als Aushilfsschaffner und Fah- rer bei der Straßenbahn sein Bauingenieur- Studium mitfinanziert. Er initiierte auch die wegweisende Entwicklung der Zweisystem- technik, die in Zusammenarbeit mit der Uni- versität zwischen 1983 und 1989 entstand. Seine Fakultät verlieh ihm dafür 1998 ihren ersten Ehrendoktortitel. Ausgangspunkt der Überlegungen Ludwigs war die Erkenntnis, dass die auf das Auro umgestiegenen Pendler nur zurückzugewinnen seien, wenn sie aus der Region ohne umzusteigen direkt in die City gelangen könnten. Dazu mussten die Bundes- bahngleise für die Stadtbahn mitbenutzbar sein, was Fahrzeuge erforderte, die unterschiedliche Betriebsspannungen "verarbeiten" konnten. Erst damit war es möglich, in den 1990er Jah- ren äußerst rasch das Nahverkehrsnetz zu rea- lisieren, das Stadt- und Verkehrsplaner seit Jahrzehnten entworfen haben. Weit in das Um- land mit einer Streckenlänge von etwa 400 km ausgreifend, verbindet die Stadtbahn - zum Vorteil beider - Karlsruhe mit der Region. MANFRED KOCH 109 175 Jahre Polytechnikum - Technische Hochschule - Universität Karlsruhe Gymnasien und Hochschulen in Baden und anderswo Zwischen Vorbehalten und Zusammenarbeit 1862 beauftragte Großherzog Friedrich I. den Historiker an der Universität Heidelberg Ge- org Gottfried Gervinus, ein Gutachten für "die Neugestaltung des Gesamtunterrichtswe- sens im Großherzogtum Baden" zu erstellen. Unter anderem findet man dort die Klage, dass unter den Erstsemestern viele den Anfor- derungen der Hochschulen nicht genügen. Der Übergang von Gymnasien zur Universität sei in Deutschland "durchgehend ein ganz un- vermittelter; man geht von der Hauszucht zur Ungebundenheit, von der allgemein mensch- lichen Ausbildung zum besonderen Fachstudi- um in plötzlichen Sprüngen über, zur Wahl des Berufs meist durch zufällige Einflüsse ge- trieben, am wenigsten durch eigene Einsich- ten in die verschiedenen Berufs- und Wissens- zweige orientiert'f, wobei dem Gutachter Ger- vinus angelsächsische Strukturen in vielem vorbildlich erschienen. Darüber hinaus gäbe es Spannungen zwi- schen dem bürgerlichen Bildungsideal des Humanismus und den "Utilitaristen", die "dem technischen Fortschritt und finanziellen Gewinn anhingen". Darum müsse man mit einer realistischen Abteilung an Gymnasien "dem staunenswerten Aufschwung der Na- turwissenschaften" Rechnung tragen. Diese Denkschrift, fur Friedrichs Cabinetts-Chef ein "wahrer Hochgenuss", berührte demnach Pro- bleme, die über Jahrzehnte hinweg bis heute aktuell sind: mangelnde wissenschaftliche Vorbereitung der Abiturienten und unzurei- chender Umfang der Naturwissenschaften im Lehrplan. "Das ganze Land war schulkrank" Bei der badischen Schulreform der 60er Jahre im 19. Jahrhundert, für die man Pädagogen aus Preußen geworben hane, z. B. Gusrav Wendt als Schulleiter fur Karlsruhe, zog man gegen den "Philologismus" zu Felde, wie er vor allem an der Universität Heidelberg zelebriert wurde: für wissenschaftliche Forschung zwar nützlich, für das Klassenzimmer lähmend. "Pedantismus und Drängen nach prunkhaf- tem Vielwissen" (Gervinus) sei die Folge, und Wendt forderte als Mitglied des Oberschulrats "eine geistige Durchdringung" der Lektüre, eine "Einführung in das Geistesleben", wir würden sagen: fächerübergreifendes Verständ- nis fur Zusammenhänge. Und so wurden Stun- dentafeln und Lehrpläne entsprechend geän- dert. Vorher und nachher wurde das Schulwesen aber von den Klagen der Eltern begleitet, denn man überfordere die badischen Kinder, die "so viel lernen sollten, wie die preußischen Jun- gen", ja Mediziner lieferten schon früh Gut- achten zur Überforderung der Gymnasiasten, und die "Schulkrankheit" war Thema des ba- dischen Landtags. Wende um 1900 Noch hatte das humanistische Gymnasium das Monopol für den Hochschulzugang für staatstragende Berufe wie Verwaltung, Justiz, Bildungswesen. Aber Wirtschaft, Industrie, Handel fragten auch in Baden ungestümer nach einer dem Zeitgeist aufgeschlossenen 110 Bildung. Zusammen mit Professoren des Po- lytechnikums sah man diese in der Realschu- le, die, zur Oberrealschule mit Oberstufe auf- gestockt, die Naturwissenschaften neben mo- dernen Fremdsprachen besonders betonten. Da zollte freilich nicht jeder Beifall, z. B. Pro- fessor earl Engler, der das Latein bei seinen Studenten in Karlsruhe nicht missen wollte, wohl um gegenüber den alteingesessenen Uni- versitäten Heidelberg und Freiburg den Rang des Polytechnikums nicht gemindert zu sehen. So diente diesem Ziel das Reformrealgymna- sium mit Latein, z. B. die Karlsruher Goethe- Schule, und bereicherte den wachsenden Vari- antenreichtum der höheren Schulen. Den allgemeinen Zugang zur Hochschule dieser verschiedenen Bildungswege schuf die Reichsschulkonferenz 1900, auf der in ge- wohnt zackiger Manier Wilhe1m Ir. dröhnre, er wolle nicht junge Griechen und Römer er- zogen wissen, sondern junge Deutsche. Das Monopol des humanistischen Gym- nasiums war endgültig gebrochen. Wenn man Protokolle dieser Konferenz liest, in denen viele Universitätsprofessoren leidenschaftlich klagten, dass nicht nur der "aufbrechende Ma- terialismus" das humanistische Menschenbild verstümmeln werde, sondern auch die geisti- ge Zucht, den logischen Sinn, die Erkenntnis- bereitschaft und somit die formale Bildung künftiger Studenten zerbreche, findet man einen weiteren Beleg für die harsche Kritik der Universitäten an den höheren Schulen, in Baden wie anderswo. Der bedeutende Philolo- ge Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff for- mulierte: "Die Antike als Einheit und Ideal ist dahin, die Wissenschaft selbst hat diesen Glau- ben zerstört." Nun darf man daran erinnern: der Auf- bruch in Naturwissenschaft und Technik, die Glanzpunkte neuer wissenschaftlicher Er- kenntnisse in der Medizin im Deutschland des 19. Jahrhunderts - er wurde weitgehend von Forschern mit humanistischem Bildungsgang bei sparsamster Bestückung der nichtsprachli- chen Fächer im Lehrplan getragen. Aber der Zug der Zeit fuhr in eine neue Richtung. Während neun Gymnasial-Schul- jahre bis zum Abitur auch in der Weimarer Zeit unabdingbar erschienen - damals schon länger als im Ausland -, kürzte Hitler die "Oberschulen" um ein Jahr, um Platz für den Wehrdienst zu schaffen. Dem durfte nicht widersprochen werden, auch nicht von den Hochschulen, die Abiturienten mit ideologie- gesättigtem Lehrstoff aufzunehmen hatten, und sie "dem deutschen Geist" zuführen soll- ten, wie die Inschrift an der Neuen Universi- tät Heidelberg umfunktioniert wurde. Wenn je eine Studenrcngeneration von den Universitäten freudig begrüßt, ja später ideali- siert wurde, so war es die Kriegsgeneration nach 1945. Mit Abiturvermerk, langem Wehrdienst und Gefangenschaft, mit großen Bildungslü- cken und Unsicherheiten, aber mit außer- ordentlichem Wissensdurst und Ernst begeg- neten ihnen die z. T. frisch entnazifizierten Professoren, die sich nicht an Rechtschreibung und Zeichensetzung in Seminararbeiten stör- ten, sondern glücklich waren, nicht nur wie- der lehren zu dürfen, sondern gerade auf eine so aufgeschlossene Studentenschaft zu stoßen. Die immerwährende "Bildungskatastrophe" Doch in den 50er Jahren begann schon die erneute Kritik am Gymnasium, und in Baden- Württemberg wurde der Begriff "Bildungska- tastrophe" kreiert, der offenbar seitdem in der öffentlichen Diskussion zur allgemeinen Mün- ze wurde. So galt die Unzufriedenheit am bis- herigen Abitur des "multum non multi', des Vielerlei statt des Wesentlichen. Von immer mehr immer weniger wissen, bis man von al- lem nichts weiß. so ironisierte man die breiten 111 Stundentafeln. in die in der Tat. nicht zuletzt auf Drängen der Öffentlichkeit. immer neue Stoffe aufgenommen wurden. Ob Wirtschaft. Recht. Staat. ob Umwelt. Gesundheit. Sexua- lität und anders mehr. die Forderungen zielten auf neue Fächer. und in der ,,-kunden-Inflati- on" nimmt es nicht wunder. dass der Verband der Möbelindustrie eine "Wohnraumkunde" forderte. damit die Jugend in der Schule ler- nen solle, wie man sich später einzurichten habe. Mancher Einfall konnre abgewehrt oder in der Erlassflut versteckt werden. wie z. B. die Beachtung und Bewahrung von Ameisenhau- fen bei Schulausflügen. so auf Antrag aus dem Landtag. Das war das eine. der Geist durchgreifen- der Reformen das andere. die Auflehnung ge- gen den "Muff unter den Talaren". die Wahl von allem und jedem als Kriterium demokra- tischen Selbstverständnisses. So fragte man stringenr. wieso ein 18-jähriger Primaner als Soldat unrer Umständen sein Leben opfern dürfe. zwar den Bundestag. Landtag und Ge- meinderat wählen könne. ihm aber die Wahl zwischen Musik und Bildender Kunst im Stundenplan versagt bleibe. Die Oberstufenreform 1972 Die Oberstufenreform. die weitgehend Fä- cherwahlen ermöglichte. wurde nicht zuletzt auf Drängen der Universitäten ins Rollen ge- bracht. um den künftigen Studierenden an Wenigem das Grundsätzliche von Methodik. die "wissenschaftspropädeutische Kompetenz". so hieß die gängige Formel. zu vermitteln. Und da drang auch Ideologie durch. Im pro- fessoralen Schulausschuss der Westdeutschen Rektorenkonferenz. den gab es damals. erwog man sogar den Vetzicht auf eine zweite Fremd- sprache. um die "postfaschistiode Elitensttuk- tur des traditionellen Gymnasiums gegenüber Edukanden mit restringiertem Spracheode aus unterprivilegierten Sozialschichten nicht per- petuieren zu lassen". wie man so volksnah for- mulierte. Und die Gleichwertigkeit aller Fä- cher harre für die Schule genauso zu gelten wie an der Universität. Und "demokratisch" war auch. Mathematik in der 13. Jahrgangsstufe abwählen zu lassen. um die Zahl der Abituri- enrinnen zu steigern als Prinzip der Frauene- manzipation. Wer als Vertreter für Baden- Württemberg damals im Bildungsrat mit be- stimmten Hochschulvertretern zu diskutieren hatte. weiß ein Lied davon zu singen. Kaum war die Oberstufenreform realisiert. 1978 in unserem Land verspätet und mit strengen Auflagen versehen. erfolgte erneute Kritik. obwohl hier z. B. kein Baukastensys- tem wie in Norddeutschland bei Naturwissen- schaften eingerichtet wurde - ein "Semester" Physik. eines in Chemie. von jedem erwas und nichts Konsequentes. Die Fächerwahl war ein- geschränkt. so dass schon andere zu Beginn im Landtag und in der Presse an der südwestdeur- sehen Realisierung aufgrund unzureichender Fächerwahl heftige Kritik übten. Vor allem sollte auch das schriftliche Zentralabitur erhal- ten bleiben. keine einfache Sache. z. B. Musik und Bildende Kunst "abituriabel" zu machen. Neue Ziele Mit der neuen Oberstufenreform ab 2004 soll der Pflichtbereich verstärkr. die Wahlmöglich- keit eingeschränkt werden. Dies wird u. a. in vierstündigen Fächern Deutsch. Mathematik und Fremdsprache neben eingeschränkter Profilkurswahl geschehen. wobei auch die Na- turwissenschaften stärker als bisher berück- sichtigt werden, eine Reform. von den einen im Landtag als Gymnasium des 21. Jahrhun- derts gelobt. von anderen als "Rückschritt und Flickschusterei" gescholten. Wie werden sich die Hochschulen dazu verhalten? Wird man dem ehemaligen stärker spezialisierten Leis- 112 Der Präsident des Oberschulamts Karlsruhe Or. Hirsch und der Rektor der Fachhochschule Professor Fischer stellen im Frühjahr 2000 mit Mitarbeitern das gemeinsame Projekt ,,Anwcndungsorientiene Mathematik~ vor, mit dem in Schule und Hochschule komplexe Vorgänge anschaulich dargestellt werden können. tungskursschüler nachtrauern, ode.r wird man die breitere Allgemeinbildung schätzen? Eini- ge gymnasiale Fachverbände, gedeckt von den zuständigen Hochschulfakultäten, stimmen jetzt schon Jeremiaden an, wenn ihr Fach nicht mehr schriftlich abituriabel wäre, weil die Kernfachhierarchien wieder hergestellt sind und z. B. - bis aufwenige Gymnasien mit Musikzügen - der Schulmusiker sein Prestige allein als Schulabschlussmusikant festigen kann. Die Oberstufe 1972 hatte ja auch die Lehrersoziologie tangiert mit dem Grundsatz: alle Fächer haben gleichen Notenwert. Nun sind ca. 30 Jahre für die bisherige Oberstufenreform eine lange Zeit gewesen. Viele tüchtige Schülerinnen und Schüler haben auch hier ordentliche Leistungen erbracht und haben ein erfolgreiches Studium abgeschlossen. In weiteren 30 Jahren steht sicher die nächste Reform zur Diskussion, und die Hochschulen werden auch dann sicher neue Forderungen stellen. Der Wandel ist das Konstante. Soweit die Diskussion auf Spitzenebenen und im medialen Bereich. Im Einzelfall funk- tioniert die Zusammenarbeit von Hochschu- le und Gymnasium viel konstruktiver, als dies in dem üblichen Bildungskatastrophengerede spürbar ist. So sind sich die meisten Hoch- schullehrer bewusst, dass sie für Berufe und nicht nur für Habilitationen ausbilden. Au- ßerdem erkennen viele, dass eine stetig wach- sende Zahl einerseits von Abiturienten, an- dererseits von Diplominhabern seit den 60er Jahren unumkehrbar ist. Zwar will man im Gymnasium wie vorgesehen mit einem fächer- übergreifenden Lehrplan den Sinn für Zusam- menhänge über einzelnes Faktenwissen stärker fördern, die Technik des wissenschaftlichen Arbeitens in Seminarkursen besser einüben, wie einst in den Leistungskursen geplant, um einen neuen Brückenschlag zu erkunden; ge- rade im Seminarkurs sollen komplexe Themen- steIlungen selbstständiges Arbeiten samt schrift- . licher und mündlicher Präsentation praktiziert 113 werden, im Schula11tag nicht immer einfach zu vetwirklichen. Auch müsste Durchhaltevermö- gen, Kreativität, Memodenkompetenz, Aus- drucksvermögen und manche andere Studien- bedingung bei gleichzeitiger Anerkennung be- sonderer Lernleistungen neue Akzente erhal- ten. Doch es bleibt eben abzuwarten, auf wel- ches Echo nun diese Bemühungen bei den Hochschulen stoßen werden. Lehrerfortbildung - ein Dialog Es gibt aber noch andere Konstanten, auf die man bauen kann, und das ist die Lehrerfort- bildung, schon seit Gervinus' und Wendts Zeiten gefordert und damals partiell prakti- ziert. Lehrerfortbildung ist mehr als nur eine Einbahnstraße mit der Weitergabe von neues- tern Faktenwissen; sie ist ein Dialog zwischen Schule und Hochschule, bei dem auch letzte- re Empfangende sein kann. Zudem hat uni- versitäre Fortbildung der Lehrerschaft auch eine mentale Funktion. Man tritt z. B. lehre- rinnen und Lehrern der Mathematik und Na- turwissenschaften nicht zu nahe, wenn "das Gros seine fachliche Entwicklung nach Ab- schluss des Studiums beendet hat und selbst besonders Qualifizierte die Fachentwicklung eher unter didaktischen denn unter fachin- haltlichen Aspekten sehen", so sei einer ihrer Vertreter in leitender Position zitiert. Und man kann hinzufügen: Kein Wunder. wenn die Schule heute mehr denn je zur Reparatur- anstalt der Gesellschaft verurteilt wird. "Die Folge scheint mir", weiter im Zitat, "eine Er- starrung im Unterricht zu sein. Im Vorder- gtund steht das formale Lernen, das zum Ziel hat, Inhalte abzuarbeiten. Nicht im Vorder- grund steht dagegen ein lebendiges Lernen, das zum Ziel hat zu fragen, wozu eine Fach- methode eingeführt wird, Überblicke über Fachmemoden zu schaffen mit dem Ziel, die Fähigkeit bei Schülern zu entwickeln, für ein- zelne Problemstellungen geeignete Fachme- thoden zur Problemlösung auszuwählen, den Schüler zu veranlassen, über eine Fragestellung unterrichtsunabhängig nachzudenken und seine Fähigkeiten an den Problemen seiner Welt zu erproben, letztlich: eigenverantwort- lich weiterzudenken." Wer als Schulvetwaltungsbeamter mit sol- chen Forderungen werbend in lehrerkollegi- en spricht, stößt oft auf Skepsis, weil da "von oben" wieder einmal eine aparte bildungspo- litische Selbstverständlichkeit verbreitet wird. Anders bei einer Fortbildungsveranstal- tung, bei der z. B. der Dekan der Fakultät für Physik mit den Worten einleitet: "Wir möch- ten Ihnen, Ihren Schülerinnen und Schülern die Freude und Faszination vermitteln. die die Karlsruher Physiker an ihrem Fachgebiet ha- ben." Wissenschaft als Faszinosum, das schafft Gehör. Freilich sollte dies beiderseits gesche- hen. Denn wer als Kommissar in vielen Staars- examina tätig war und ist, muss fragen, ob das auch für Hochschullehrer immer gilt, nicht nur abprüfbares Wissen, formales Lernen, Pri- orität von hochspezialisierten Einzelaspekten in Prüfungen zu werten. Es sollte auch Pro- blembewusstsein und Kritikfähigkeit, Fähig- keit zum Überblick, auch fächerübergreifend, Mut zur Auseinandersetzung mit Kernfragen und anderes mehr erwartet werden, dass bei dem zunehmendem Tempo des Veraltens von Faktenwissen vor allem die intellektuelle Per- sönlichkeitsstruktur auf der Universität ge- prägt werden sollte und das spätere Alumni mit Dankbarkeit erfüllen kann. Derzeitige Diskussionen innerhalb der Hochschulen zei- gen, dass man hier wie im Schulwesen solche Fragen zu stellen vermag. Fortbildung in der Region Erörterungen allein helfen nicht weiter; wich- tig sind Aktionen, wie sie z. B. in der Region 114 des Oberschulamts Karlsruhe vollzogen wer- den, weil sie manche falsche Vorstellungen vom "computerscheuen fünfi.igjährigen Päd- agogengreis" korrigieren können. So finden seit fünf Jahren Forumsgespräche "Informa- tik" der Universität Karlsruhe mit Fachleitern und -beratern, Beamten der Schulverwaltung einschließlich des Kultusministeriums statt. Zu einer Vortragsreihe ,,Aktuelle Themen der Informatik für Informatiklehrer" wird zwei- mal im Jahr eingeladen, neben den didakti- schen Kolloquien, auf denen Professoren aus ganz Deutschland sprechen. Für 15 Lehrer wurde ein viersemesrriges Informatikstudium eingerichtet, um eine Ergänzungsprüfung ab- legen zu können. Zum "Pilotprojekt mobiles Klassenzimmer" konnte das Oberschulamt Lehrkräfte aus ganz Baden-Württemberg in die Universität Karlsruhe einladen, dem ca. 300 Teilnehmer folgten. Und auch an den Uni- versitäten Mannheim und Heidelberg finden entsprechende mamematische Kolloquien starr. Erfolgreich war der ArbeitSkreis ,,Anwen- dungsorientierte Mathematik - Simulation dynamischer Vorgänge", beginnend 1993. Mit der Publikation "Mathematische Begriffe visu- alisiert" nebst einer CD-Rom werden 39 Unter- richts- und Vorlesungsmemen dargestellt. Die elektronischen ArbeitSblätter liefern ein Medi- um, mit dessen Hilfe sowohl durch Schaubilder und dreidimensionale Darstellungen als auch durch Animationen in Form von kleinen Fil- men abstrakte mamematische Begriffe greifba- rer und damit begreifbarer gemacht werden, für Schule wie für Hochschule gleich geeignet. Unmittelbar an die Schülerschaft hat sich die Universität Karlstuhe in Wochenend- und Ferienkursen gewandt und ihnen 1998/99 er- möglicht, an den ersten beiden Semestern des Studiums "Praktische Informatik" teilzuneh- men, einschließlich eines später verwertbaren Scheins, falls die hierfür benötigten Klausuren mit Erfolg abgelegt werden. Ähnliche Aktivitäten finden auch in Mann- heim und Heidelberg statt, und eindrucksvoll ist die Zeitschrift "Future", die vom Ober- schulamt und der Universität Mannheim seit dem Frühjahr 2000 herausgegeben wird, z. Zt. von der Universität finanziert, bald wohl von Sponsoren gestützt und vielleicht von der Uni- versität Karlsruhe mitgetragen. Die ca. 5.000 Exemplare werden zu je 40 an die allgemein, und berufsbildenden Gymnasien, an motivier- te Mitglieder des Lehrerkollegiums und der Schülerschaft verteilt. "Wir wollen", so Kanz- ler Oe. Dieter Erdmann im Vorwort, "Ihnen die Faszination der Wissenschaft unmittelbar nahe bringen und Ihnen Ergebnisse direkt aus der Werkstatt präsentieren". Regierungsschul- direktor Wolfgang Buhmann fahrt fott: "Schrei- ben Sie uns ganz einfach: erste Kontakte zur Uni und den Autoren sind sehr erwünscht." Von dieser Form einer fruchtbaren Zusam- menarbeit liest und hört man in Berichten über Schule und Hochschule wenig, weil Missstände leichter zu kolportieren sind. Frei- lich darf man sich auch keine Illusionen ma- chen. Man wünschte sich, die Zahl der Träger und Teilnehmer der Veranstaltungen könnte größer und die Beteiligung engagierter sein. Dennoch verselbständigen sich schon jene Kontakrveranstaltungen, werden für viele zur regelmäßigen Fortbildungseinrichtung, ver- bessern zudem auch die Kontakte zwischen den Teilnehmern. Als hervorstechend kann der hohe Anteil von Empfehlungen für neue Lehrpläne und der Ansporn für die Fach- und Schulbuchliteratur gelten. Gleichzeitig wächst bei Universitätsdozenten das Interesse an di- daktischen Problemen und die Auseinander- setzung mit gymnasialen Lehrplänen. ,,Auch in den Wissenschaften kann man eigentlich nichts wissen, es will immer getan sein." Recht hat Goerne in seinen "Maximen". LEONHARD MÜLLER 115 "Nous sommes les beaux enfants de Camp de Gurs " Aus dem Nachlass der Landesforsorgerin beim Evangelischen Oberkirchenrat, Gertrud Ham- mann, im Stttdtarchiv Kttrlsruhe. "Wir haben ein wenig Französisch gelernt. Jetzt pass' einmal auf, was wir können: nous sommes les beaux enfants de Camp de Gurs. Wir können auch das Lied: En passant par la Lorraine ... In unserer Baracke haben wir kleine Fens- ter bekommen. Alle Tanten haben blaue Blu- sen bekommen. Hoffentlich bist Du noch ge- sund. Schreibe uns bald wieder. Viele, viele Grüße von allen aus der Baracke Sonnen- schein." "Liebes Fräulein Hammann! Viele, viele Grüße auch von mir. Wie Sie sehen, bin ich noch hier. Die Arbeit macht mir wohl Freude, aber es ist auch sehr viel Schweres dabei. Die IGnder denken und sprechen oft und viel von Ihnen - sie werden Sie sicherlich nicht verges- sen. Sonst ist hier alles beim Alten. In der IGn- derbaracke haben wir kleine Fenster bekom- men, so dass es nicht gar zu finster mehr ist. Leben Sie nun wohl-liebes Fräulein Ham- männchen und alles, alles Gute, Ihre Rita Chantoff." Konzentrationslager Gurs Dies sind Auszüge aus Briefen jüdischer IGn- der und ihrer Betreuerin vom 31. Januar 1941 im Deportationslager Gurs an Gertrud Ham- mann, die von Mai bis Dezember 1940 selbst in Gurs interniert gewesen war und deren Nachlass seit 1998 im Stadtarchiv Karlsruhe archiviert ist. In einem Gespräch mit IGrchenrat Hans Maaß und dem Autor Jörg Thierfelder erzähl- te Gertrud Hammann Ende der 80er Jahre von ihren Erlebnissen im Konzentrationslager Gurs. Mit Bewunderung sprach sie von den jüdischen Frauen, die in dem wenigen Ge- päck, das sie bei ihrer Deportation hatten mitnehmen dürfen, eine Sabbatkerze mit sich fuhrten, um auch in Gurs den Sabbat feiern zu können. Freitag abends empfand Gertrud Hammann als Christin jüdischer Herkunft unter den anderen Frauen riefe Einsamkeit. "Damals waren wir noch weit davon entfernt, gemeinsam Psalmen in deutscher Sprache zu beten. So war ich auch hier als evangelischer Christ nicht auf- und angenommen." Bedrängnisse einer Halbjüdin Gertrud Hammann wurde am 28. Februar 1910 als Tochter ei~er evangelischen Christin und eines aus streng orthodoxer Familie stam- menden Juden geboren. Die Bedrängnis ihres Vaters Hugo Friedmann durch die National- sozialisten kommt in dessen Briefen an seine Tochter deutlich zum Ausdruck. "Ich habe nach wie vor die größten Sorgen und weiß nicht, was die Zukunft für mich ist. Mein Geschäft ist erledigt", schreibt der Inha- ber einer Heizungs- und Installationsfirma in Mannheim am 19. März 1937 an seine Toch- ter. "Mein Geschäft weiter zu betreiben wird mir zur Unmöglichkeit gemacht und ich beab- sichtige entweder zu verkaufen oder auszu- wandern" , berichtet Hugo Friedmann in ei- nem Brief vom 26. Januar 1938 über seine be- rufliche Situation. Auch Gertrud Hammann war in dieser Zeit als Halbjüdin in großer Bedrängnis, und sie befasste sich ebenfalls mit Auswanderungs- plänen. Seit 1932 war die gelernte IGndergärt- nerin als Leiterin des Evangelischen IGnder- 116 gartens in Neumühl bei Kehl tätig. Von ,,5 Jahren ungetrübter Gemeindearbeit" spricht Gertrud Hammann in einem handschriftli- chen Bericht über ihre Entlassung aus dem Dienst der Gemeinde Neumühl, einer damit einhergehenden Vorladung bei der Gestapo und einem Hetzartikel der Zeitung "Stürmer", der gegen sie und die zu ihr haltenden Frauen des Neumühler Frauenvereins gerichtet war. "Ein sonderbarer Frauenverein" ist der in Form eines Leserbriefes verfasste Artikel des "Stürmer" aus dem Jahr 1937 überschrieben. In vetächtlichem Tonfall wird darin die Treue der Neumühler Frauen zu GerttUd Hammann angeprangert. Die Vereinsfrauen, meist Mütter von Gertrud Hammanns Kin- dergartenkindern, hatten GerttUd Hammann sechs Wochen nach ihrer Entlassung in Mann- heim besucht und zur Erinnerung ein Grup- penfoto aufgenommen. Mit der Untetschtift "Artvergessene deutsche Weiber besuchen eine Jüdin und lassen sich von ihr photographie- ren" ist dieses Foto im "Stürmer" abgebildet. Gertrud Hammann schreibt hierzu in ihrem handschriftlichen Bericht: "Ein gemeinsames Bild auf dem Heidelberger Schloss geknipst ... karn in die Hände - durch wen weiss ich nicht - in die Redaktion des 'Stürmer' u. wurde mit einem Text versehen veröffentlicht". Die gro- ße Beliebtheit Gertrud Hammanns in der Ge- meinde Neumühl kommt auch im Brief des Neumühler Bürgermeistets Jakob Gilg vom 7. Juli 1937 an Gertrud Hammann zum Aus- druck. "Die gesammte Einwohnerschaft be- dauert Ihren Wegzug recht schmerzlich. Ich möchte Ihnen nochmals vielen Dank sagen für das viele Gute u. die reiche Arbeit, die Sie zum Wohle unserer Gemeinde, und haupt- sächlich zur Erziehung unserer kleinen Jugend getan haben." Bald nach ihrer Entlassung aus Neumühl erfuht Gertrud Hammann erneut die mit dem nationalsozialistischen Menschenbild einher- Brief jüdischer Kinder aus dem Dcponationslager Gurs an G ertrud Hammanu. gehende Diskriminierung. In einem ärztlichen Gutachten des Staatlichen Gesundheitsamts Mannheim "zur evtl. Aufnahme in den Hessi- schen Diakonieverein e.V" Darmsradr" wird die Frage, ob die Untersuchte gesundheitlich zum Beruf der Schwester oder Fürsorgerin ge- eignet sei, so beantwortet: "gesundheitlich ja. doch sieht sie sehr jüdisch aus". Exil in Südfrankreich GerttUd Hammanns Jahre im Exil in Süd- frankreich sind in Briefen dokumentiert, die sie an ihre Pflegefamilie in Heidelberg ge- schrieben hat, in ihrem Schriftverkehr mit französischen Behörden und in Zeugnissen der Universität Monrpellier, wo sie neben ih- 117 Gertrud Hammann an ihrem Schreibtisch arbeitend. rerTätigkeit als Haushaltshilfe in einer franzö- sischen Familie Gesang, Literatur und Pädago- gik studierte. Eine Aufenthaltsgenehmigung für Frankreich hatte Gertrud Hammann nur durch den Nachweis erhalten, keiner bezahl- ten Arbeit, sondern Studien nachzugehen. An- lässlich des am 10. Mai 1940 beginnenden deutschen Frankreichfeldzuges wurden seitens der französischen Behörden die in Frankreich lebenden Deutschen, darunter viele emigrierte Juden, interniert. Gertrud Hammann kam zunächst in das Lager Lodeve und wurde von hier aus nach einigen Wochen in das Lager Gurs verlegt. Diese Epoche in Gertrud Ham- manns Leben ist in den eingangs zitierten Briefen jüdischer Kinder und ihrer Betreuerin Rita Chantoff an die ehemalige Mitgefangene dokumentiert. Im badischen Kirchendienst Im Jahre 1947 kehrte Gertrud Hammann nach Deutschland zurück. Vom 1. Mai 1948 bis zu ihrer Pensionierung am 30. September 1971 arbeitete sie im Dienst der Evangelischen Kirche Badens. Aus der frühesten Zeit dieser Berufsjahre ist ihr Ausweis erhalten, der sie als Flüchtlingsfürsorgerin des Hilfswerks der Evangelischen Kirche in Offenburg auszeich- net. Im Kirchenbezirk Lahr organisierte Ger- trud Hammann in dieser Funktion die Flücht- lingsfürsorge von Grund auf, erfasste und be- treute die eingewiesenen Flüchtlinge und leis- tere beim Empfang und der Weiterleitung der Heimatvertriebenen im Hauptdurchgangsla- ger in Offenburg wertvolle Dienste, wie in ihrem Zeugnis bestätigt wird. Im März 1949 wurde Gertrud H ammann Landesfürsorgerin beim Evangelischen Oberkirchenrat in der Blumenstraße 1 in Karlsruhe und war in die- ser Funktion beim Aufbau und in der Leitung der kirchlichen Sozialarbeit in den ländlichen Kirchenbezirken tätig. In Doris Eck's Nachruf "Was war das Besondere an Gertrud Ham- mann" wird berichtet, dass Gertrud Ha- mmann sich in dieser Zeit außerdem der Ju- gendarbeit an der Lutherkirche annahm. In diesem Zusammenhang organisierte und leite- te sie Sommer- und ·Winterfreizeiten für Kin- der und Jugendliche auf der Aschenhütte. Von 1955 bis 1971 war Gertrud H am- mann Geschäftsführerin des Frauenwerks der Evangelischen Kirche Badens. Aus dem Re- chenschaftsbericht ,,40 Jahre evangelische Frauenarbeit in Baden 1916-1956 "und aus Doris Eck's Erinnerungen werden ihre Leis- tungen in dieser Funktion deutlich. Unter ih- rer Leitung wurden das Müttergenesungsheim in Baden-Baden, das Marie-von-Marschall- Haus in Hinterzarten und das Müttergene- sungsheim "Haus Belchenblick" errichtet. Sie initiierte staatsbürgerliche Tagungen mit Für- sorgerinnen und Tagungen für weibliche Kir- chenälteste und führte Freizeiten für Berufstä- tige mit dem Schwerpunkt kunstgeschichtli- cher Freizeiten in Frankreich durch. Nach Doris Eck's Beschreibung prägte und gestaltete Gertrud Hammann in der Frauenar- beit vor allem die sozialen und gesellschaftsori- entierten Arbeitszweige. 118 Eine sehr persönliche Seite Gertrud Ham- manns kommt in der Trauerrede für sie von Oberkirchenrat Baschang zum Ausdruck: dass Gertrud Hammann groß und klein mit "Her- zele" anreden konnte, was ihr dann im Evan- gelischen Oberkirchenrat die Anrede "Tanre Herzele" eingebracht habe. Gertrud Ham- mann starb am 12. Juni 1990 in Karlsruhe. Sie wurde am 15. Juni 1990 auf dem Hauptfried- hof beigesetzt. Ihr Nachlass im Stadtarchiv Karlsruhe dokumentiert aus mehreren Blick- winkeln die Karlsruher Stadtgeschichte: das Schicksal der jüdischen Bevölkerung im Nati- onalsozialismus, Frauenerwerbstätigkeit und die Frauenarbeit der Evangelischen landeskir- che Badens. ANGELIKA SAUER Karlsruher Partnerstädte Krasnodar - Geschenk einer Zarin Gründung und Entwicklung Die Übereignung von Land zur Anlage von Befestigungen an besonders streitbare Fürsten, die Markgrafen, ist uns seit König Heinrich I. (919-936) im Osten Deutschlands überlie- fert. Auch die russische Zarin Jekaterina be- diente sich dieses Mittels zur Erweirerung und Sicherung ihres Machtbereichs. Diese aus dem deutschen Fürstenhaus Anhalt-Zerbst stam- mende, 1745 mit Zar Peter 111. vermählte Fürstin ist besser bekannt unter dem Namen Katharina die Große. Sie ließ 1762 ihren Mann, den Zaren, stürzen und ermorden und sich zur Kaiserin ausrufen. Wenige Jahre vor ihrem Tod 1796 schenkre sie im Herbst 1793 den Saporosher Kosaken am rechten Ufer des Kuban-Flusses unweit der Ausläufer des Kau- kasus zur Gründung eines Militärlagers bewal- detes Land. Zudem warb sie deutsche Bauern zur Besiedelung und Urbarmachung des lan- des an. Die Kosaken-Hetmane dankten ihrer Zarin, indem sie den neuen Ort "Jekateri- nodar", zu deutsch "Geschenk Katharinas" nannten. Dank der Tüchtigkeit der Schwarzrneerko- saken und der deutschen Bauern blühte der Ort bald auf und wurde zur "Perle Rußlands", wie es der russische Dichter Michail Lermon- tow ausdrückte. Was immer dies bedeutet ha- ben mag, die Wertschätzung der Stadt blieb bis heute erhalten. Ab 1860 galt die zur Stadt ausgebaute Festung als Verwaltungszentrum der Kosakenregion "Kuban" und erhielt 1867 den Status einer "zivilen Stadt". Nach dem Sieg der "Roten Armee" in der Oktoberrevo- lution erhielt sie 1920 den Namen "Krasno- dar", was "Rotes Geschenk" bedeutet. Bestre- bungen nach dem Ende des Sowjetsystems, der Stadt den alten Namen wiederzugeben, wurden am 24. November 1992 in einer Volksabstimmung abgelehnt. Im Zweiten Weltkrieg Trotz der engen Verbindungen Badens mit dem russischen Zarenreich, die durch die Ver- mählung der badischen Prinzessin Elisabeth mit dem Zaren Alexander I. seit 1793 bestand, dürfte der Name Krasnodar den Karlsruhern 119 Neubaukomplex an der .. ul iza krasnaya", in dem das Haus des Buches untergebrach t ist. Blick auf das R. .. thaus mit dem Vorplatz. Die .. uHu krasnaya" verl ~i u ft von links unten nach rechts oben. 120 wohl erstmals im Sommer 1942 begegnet sein, als die 17. Armee auf dem Vorstoß zu den kau- kasischen Ölfeldern am 8. August die Stadt besetzte. Auf ihrem Rückzug im darauffolgen- den Winter musste die 101. Jägerdivision mit ihren Karlsruher Soldaten ab dem 15. Januar 1943 die Kubanbrücke bei Krasnodar vertei- digen, bis diese am 11. Februar gesprengt wur- de. Den Rückzug der 101. Jägerdivision vom Kaukasus in den Kubanbrückenkopfhat einer der Teilnehmer, der zeitweise in Karlsruhe le- bende Autor Willi Heintich, in seinem Ro- man "Das geduldige Fleisch" in dichterischer Freiheit nachgezeichnet. Anfange der Beziehungen Es waren junge Karlsruher um Jan-Dirk Rausch, die den Weg zur Völkerverständigung bereiteten und die zugleich den Grundstein unserer Beziehungen zu Krasnodar legten. Der Stadtjugendausschuss Karlsruhe hatte sich für 1979 mit Erfolg für ein ,,14-Städte-Pro- gramm" beworben, das von der Bundesregie- rung für den deutsch-sowjetischen Jugendaus- tausch initiiert und gefördert wurde. So ver- brachten 30 junge Erwachsene aus der UdSSR im Februar 1979 zehn Tage in Karlsruhe. Sie kamen aus Krasnodar, was ein reiner Zufall war. Im September 1980 reiste dann im Zuge eines vom Stadtjugendausschuss entwickelten Bildungs- und Begegnungsprogramms eine Delegation von 30 Karlsruher Jugendgrup- penleitern zum Gegenbesuch nach Krasnodar. Es war nicht einfach, damals das Programm im so genannten "valutafreien Austausch" auf- recht zu erhalten, denn das bedeutete, dass die jeweils reisende Gruppe ihre Flugkosten und die Aufenthaltskosten ihrer Freunde beim Ge- genbesuch zu tragen hatte. Die Kürzung der öffentlichen Zuschüsse 1982 erschwerte die Kontakte. Zusätzliche organisatorische Proble- me bereiteten die Kommunikationsmöglich- 121 keiten ohne Faxgeräte und mit stundenlangem Warten auf telefonische Verbindungen. Den Karlsruhern, die nach Krasnodar im- mer über Moskau reisen mussten, fiel schnell der immense Unterschied zwischen den bei- den Städten auf. Während in Moskau kaum Plätze in Restaurants zu finden waren, ver- strömten die Eisdielen, die Cafes und Bars und die Parks in der Kubanmetropole südlän- disches Flair. Die Nähe zum Schwarzen Meer ließ alle Vorurteile, in Rußland sei es immer kalt und grau, schnell vergessen. In Karlsruhe versuchte man den jungen russischen Gästen im Gegenzug die badische Lebensart nahe zu bringen. Dazu lud man sie, wie es auch in Krasnodar geschehen war, für die Dauer des Aufenthalts in die eigene Familie ein. Dies war die Grundlage lang anhaltender Freundschaf- ten, in russisch "Druschba", und vielleicht das wichtigste Element des Austausches. Auf die- se Weise konnte auch. die anfängliche Scheu der Gäste vor dem Fremdartigen, dem sie zumeist ohne besondere Sprachkenntnisse be- gegneten, rasch überwunden werden. Entge- gen den anfänglichen Befürchtungen waren die Gäste aus Krasnodar keine "linientreuen Funktionäre", sondern zumeist unpolitische Menschen, mit großem Interesse an deutscher Kultur, Lebensweise und Architektur. Für manche war die Reise in den Westen auch Belohnung für gute Arbeit im Betrieb, im Ju- gendverband oder in der Gewerkschaft. Der Gedanke einer Städtepartnerschaft mit Krasnodar wurde erstmals öffentlich 1981 in den "Badischen Neuesten Nachrichten" er- örtert, worauf die Stadrverwaltung zunächst noch zurückhaltend reagierte. Mit der sich nach Westen öffnenden Politik Michail Gor- batschows gab es neue Möglichkeiten der Be- gegnung: Die badische Sport jugend organi- sierte ein Austauschprogramm, und zu Gast- spielen reisten das Sinfonieorchester an der Universität, das Kabarett "Herr Bär" und das Amateurtheater "Die Spur" nach Krasnodar. Dieser Ausdehnung der Aktivitäten folgte 1989 die Gründung des "deutsch-sowjeti- schen Freundeskreises", eines lockeren Zusam- menschlusses junger Leure, der den Gedanken der Städtepartnerschaft weiterverfolgte und den Gemeinderat zu interessieren versuchte. Für den Austausch ergab sich eine charakteris- tische Änderung durch den Zusammenbruch des Sowjetimperiums. Mussten bis dahin die Sowjetbürger bangen, ob sie eine Ausreisege- nehmigung erhalten würden, um "raus" zu kommen, so kontrolliert heute die Bundesrepu- blik, ob die eingeladenen Gäste "rein" dürfen. Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages Die staatlichen Veränderungen ermöglichten es zu Beginn der 90er Jahre auch, dringend benötigte Hilfe aus Karlsruhe für Krasnodar zu organisieren. Im Februar 1991 machten sich sieben junge Karlsruher auf den 3.240 km langen Landweg, um Medikamente, medizini- sche Geräte, Kleidung und Lebensmittel nach Krasnodar zu bringen. Im Gepäck hatten sie auch ein Schreiben verschiedener Mitglieder des Gemeinderats, das sie im Rathaus in Kras- nodar überreichten. Oberbürgermeister Valerij Samojlenko reagierte mit einer Einladung ei- ner Delegation des Karlsruher Gemeinderats für den Herbst 1991 nach Krasnodar. Dieser Einladung folgten im Oktober unter Leitung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Heintich Maul sechs Gemeinderatsmitglieder, ein Ver- treter des Hauptamtes der Stadt und ein Dol- metscher. In einem ausführlichen Gespräch mit OB Samojlenko wurden die Ziele des Be- suches erörtert. Es sollten Grundlagen für Be- ziehungen auf breiter Ebene geschaffen wer- den, vor allem sollten die Bürger und der Be- reich aller Bildungsinstitutionen und die Ver- eine einbezogen werden. Dieser Besuch be- wirkte auch im Karlsruher Rathaus eine Ände- rung der bisherigen Zurückhaltung gegenüber einer Städtefreundschaft. Im Dezember dank- te OB Gerhard Seiler seinem Kollegen Samo- jIenko für die gastfreundliche Aufnahme der Karlsruher Delegation und lud eine Delega- tion aus Krasnodar zum Gegenbesuch ein. Nach einigen Unstimmigkeiten wegen der Vi- saerteilung konnte die Delegation aus Krasno- dar im April 1992 Karlsruhe besuchen. Dabei stellte OB SamojIenko seine Stadt vor. Da- nach leben in Krasnodar auf einer Fläche von 840 Quadratkilometern erwa 780.000 Men- schen. Die Stadt ist umgeben von gtoßen landwirtschaftlichen Flächen, auf denen u. a. auch Reis und Tee angebaut werden, und sie beherbergt viele Versuchs- und Forschungsein- richtungen. Krasnodar ist in fünf Verwal- tungsbezirke eingeteilt und die "Duma" hat 200 Abgeordnete. Die Stadtverwaltung be- schäftigt einschließlich der Lehrer und Ärzte 20.000 Mitarbeiter. Samojlenko erinnerte auch an den Zweiten Weltkrieg, die Besetzung und teilweise Zerstörung der Stadt durch deutsche Truppen. Er führte weiter aus, dass durch den Zerfall der Sowjetunion viele wirtschaftliche Beziehungen abgebrochen und einst gesunde Betriebe zahlungsunfähig geworden seien. Deswegen erhoffe er sich von der Städte- freundschaft neben dem Informationsaus- tausch vor allem erfolgreiche wirtschaftliche Beziehungen. Es gelte nun, die von jungen Menschen beider Städte geschaffene Grund- lage für eine Städtefreundschaft zu nutzen. Mit dem Besuch paraphierten die Stadtober- häupter eine gemeinsame Erklärung zur Be- gründung der Städtefreundschaft. Aus den leidvollen Erfahrungen zweier Weltkriege und ihrer Folgen sowie in dem Streben nach dau- erhaftem Frieden in Europa wollten beide Städte den Erfahrungsaustausch und die kom- munale Zusammenarbeit besonders auf den Gebieten von Kunst und Wissenschaft, der 122 Die "ulim krasnaya" wird am Wochenende durch Sperrung für den Kfz-Verkehr zur Fußgängerzone. Stadtplanung, der Wirtschaft und Bildung sowie der Gesundheit und des Sports pflegen. Vor allem aber sollten ohne bürokratische Hemmnisse die Begegnungen von Bürgern und Bürgerinnen beider Städte insbesondere der Jugend gefördert werden. Nach einer Wirtschafts-Delegation im Mai besuchte Anfang August 1992 eine 3D-köpfi- ge städtische Delegation unter Leitung von OB Seiler die Stadt am Kuban und wurde mit überwältigender Gastfreundschaft aufgenom- men. Im Gedenken an den 8. August 1942 an dem die deutsche Wehrmacht gegen Krasno- dar vorrückte, bedauerte der Karlsruher Ober- bürgermeister, dass vor allem die Zivilbevölke- rung "als Ergebnis einer menschenverachten- den Ideologie hart getroffen wurde." Dabei ge- dachte er auch der vielen tausend deutschen Soldaten, die in Gefangenenlagern in und um Krasnodar gestorben waren. Die mit der Freundschaft und Partnerschaft zu Krasnodar angebahnten Beziehungen ermöglichten es den Veteranen des "Traditionsverbands Sozia- les Hilfswerk 1 0 1. Jägerdivision e. v. " im Som- mer 2000 im ehemaligen Kampfgebiet ein Mahnmal zur Erinnerung an diese schwere Zeit zu erstellen und ihrer 700 Toten zu ge- denken, die auf dem Friedhof der Stadt Cha- dyshensk beerdigt sind. Im Perwomaijskij- Park pflanzten die beiden Oberbürgermeister einen Freundschaftsbaum. Die .. Freundschaftsgesellschaft Karlsruhe-Krasnodar" Die Städtepartnerschafts-Iniriative Karlsruhe wurde zu dieser Zeit umgegründet in "Freund- schaftsgesellschafr Karlsruhe-Krasnodar e. v.". Sie ist bis heute die treibende und verbinden- de Kraft der zahlreichen Begegnungen zwi- 123 sehen Bürgern und Organisationen unserer beiden Städte. Dies ist auch dokumentiert in der 1997 erschienenen deutsch/russischen Pub- likation von Jan-Dirk Rausch und Swetlana Nikiforowa: ,,3.240 Kilometer sind keine Ent- fernung", im Buchhandel erhältlich. Die Ver- mittlung von Ferien- oder Praktikumsplätzen, von Folkloreauftritten, Ausstellungen, Schul- partnerschaften, die Durchführung von Bür- gerreisen oder die Organisation von Hilfs- transporten, nichts ist den Mitarbeitern der Freundschaftsgesellschaft fremd. Im Januar 1993 wirkte sie sogar mit bei der Organisati- on eines Fluges von 42 Tonnen HiIfsgütern nach Krasnodar mit einer .,Antonov" der rus- sischen Luftwaffe. Impressionen aus Krasnodar Als Dank der Stadt Krasnodar wurden einige Mitwirkende an dieser Aktion zur 200-Jahr- Feier der Stadt im Oktober 1993 eingeladen, um die Stadt noch besser kennen zu lernen. Krasnodar liegt wie Venedig auf dem 45. Brei- tengrad und ist eine auffallend grüne Stadt mit vielen Parks und Bäumen entlang der großen Straßen. Die Hauptstraße ist die "uliza krasna- ya", die "Rote Srraße'\ wobei "krasnyj" auch .. schön" bedeuret. Sie beginnt am Platz der Arbeit mit dem monumentalen Gebäude des ehemaligen Bezirkskomitees der KPdSU und ' endet nach etwa 2,5 km beim Hotel Intourist am Platz der Oktoberrevolution gegenüber dem Rathaus. Auf halber Strecke findet man das "Haus des Buchs", die Puschkin-Biblio- mek, das aufFallige Operettenmeater, die Phil- harmonie und das originelle Puppentheater sowie das Bezirksmuseum und einige Galeri- en. Abwechslung bieten auch die bunten Aus- lagen der Geschäfte und Kioske sowie der ,.Arbat" , der Kunsrmarkt, wo am Wochenen- de Gemälde und Kunstgegenstände unter frei- em Himmel angeboten werden. Zahlreiche Clubs, Cafes, Kinos und Parks sowie verschie- dene Sporthallen und eine Pferderennbahn vervollständigen das vielseitige Freizeitangebot der südlichsten Metropole Rußlands. An der .. uliza Starropolskaja" zieht das Gebäude der Kuban-Universirät mit seiner Hauptfassade aus Marmor und Mosaikbildern die Blicke an. Bei einem Spaziergang durch den Park auf der Kuban-Insellädt das Restautant .. Kuren" mit Motiven aus dem Alltagsleben der Kosaken zum Verweilen ein. Moderne Architektur mit zehnstöckigen Wohnblocks findet man an den Stadträndern, vor allem im jüngsten Stadtteil .. Jubilejnyi", aber auch im Wohngebiet .. Kom- somolsky", wo auf 240 ha etwa 70.000 Men- schen leben. Die Umgebung Krasnodars bie- tet mit den Vorbergen des Kaukasus, der Nähe zum Schwarzen und zum Asowschen Meer oder Ausflugsfahrten auf dem Kuban gute Naherholungsmöglichkeiten. Vom Freundschafts: zum Partnerschaftsvertrag Die Kontakte zwischen Krasnodar und Karls- ruhe gewannen zunehmend an Intensität und Qualität. Dabei sind die zahlreichen Transpor- te mit humanitären Gütern hervorzuheben und der große Einsatz beider Freundeskreise anzuerkennen. Diese Beurteilung führte nach einer fünfjährigen Beobachtungsphase dazu, dass OB Seiler dem Gemeinderat 1997 vor- schlug, den Freundschafts- in einen Partner- schaftsvertrag umzuwandeln. Dieser Anre- gung folgten die Gremien beider Städte. Ver- gessen war die Zeit des Zögerns. Unerwartet viele Austausche und Besuche von Schülern, Studenten, Lehrern, Dozenten, Vereinen und Bürgern hatten die anfänglichen Bedenken der Verwaltung zerstreut und die Städtepart- nerschaft "von unten" mit Leben erfüllt. FRITHJOF KESSEL 124 100 Jahre Christuskirche Karlsruhe In hervorragender städtebaulicher Situation am Mühlburger Tor in Karlsruhe erhebt sich seit genau einem Jahrhundert der eindrucks- volle Bau der evangelischen Christuskirche. Mit einem festlichen Gottesdienst, dem durch die Uraufführung des "Christushym- nus" von Oskar Gottlieb Blarr besonderer Glanz zuteil wurde, mit einem Festakt im Al- bert-Schweitzer Saal und einem abendlichen Bachkonzert gedachten die beiden Christusge- meinden am 15. Oktober 2000 des Tages der feierlichen Einweihung ihres Gotteshauses, die in Anwesenheit des Großherzogs am 14. Ok- tober 1900 stattfand. Der damalige Pfarrer der seinerzeit noch ungeteilten IIWestsradtgemeinde", Franz Rho- de - der "rote Rohde", wie er wegen seiner li- beralen Haltung und seines sozialen Engage- ments von vielen genannt wurde - hatte seine Festpredigt unter das Leitwort "Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewig- keit" (Hebräer 13,8) gestellt, und dieses Wort ist nun auch vom Landesbischof Dr. Ulrich Fischer zum Thema seiner Predigt im Jubilä- umsgottesdienst gewählt worden. Die Anfänge Die Geschichte der Gemeinde, die 1900 die Einweihung ihrer neuen Kirche feierte, be- gann jedoch nicht mit jenem Jahr. Ihre Ur- sprünge gehen vielmehr bis auf das Jahr 1857 zurück, als die evangelische Kirchengemeinde Karlsruhe in mehrere "Untergemeinden" auf- geteilt wurde, die sich allmählich verse!bsrstän- digten. Eine dieser Untergemeinden umfasste die Innenstadt westlich der WaIdstraße und nannte sich zunächst "Neustadtgemeinde" . Sie wurde zur Keimzelle der heutigen Christus ge- mein den. Ihr erster Gemeindepfarrer war der Literat und spätere Oberhofprediger Kaiser Wilhe1ms 1., Emil Fromme!. Schon vor der Jahrhundertwende war die heurige Reinhold-Frank-Straße hinaus ge- wachsen und schloss nun die Neubauviertel im Westen und Südwesten der Stadt mit ein. Bislang hatten die Gottesdienste der Gemein- de, die sich nun "Weststadrgemeinde" nannte, in den Kirchen der Innenstadt oder in Behelfs- räumen, wie z. B. im Saal des Pfründnerhauses am Mühlburger Tor, stattgefunden, aber nun war der Bau eines eigenen Gotteshauses un- umgänglich geworden. Erste Planungen für einen Neubau gab es bereirs im Jahre 1888. Die Frage eines geeigne- ten Grundstücks wurde durch eine großherzi- ge Spende des Großherzogs glücklich gelöst: Er stellte den Bauplacz aus seinem Domänen- besitz kostenlos zur Verfügung. Die Lage des Grundstücks war fast ideal zu nennen, nach- dem nun das Mühlburger Tor quasi ins Zen- trum des Gemeindegebiets gerückt war. Aller- dings wurde der Baugrund im Westen von der damaligen Bahnlinie nach Mannheim be- grenzt, die im Zuge der heutigen Riefstahlstra- ße verlief, so dass in den Anfangsjahren die Gottesdienste bisweilen durch das Rattern und Pfeifen der Züge gestört wurden. Neuer Plan - neuer Baustil Zur Gewinnung eines geeigneten Bauplans für das neue Gotteshaus wurde eigens ein Archi- tekten-Wettbewerb durchgeführt, und nach einer Überarbeitung wurde schließlich der Entwurf des damals sehr renommierten Büros 125 ChrislUskirche vor 1913. Links Riefsrahlstraßt mit Eisenbahnlinie nach Mannheim, im Hintergrund das Oberlandesgericht, rechts Westendmaße. heute Reinhold- Frank-Straße, im Vordergrund die: Kaiserallee. der Architekten Curjel und Moser. von denen pikanterweise der eine Jude und der andere Katholik war. zur Ausführung bestimmt. Der Bau wurde innerhalb von vier Jahren hochgezogen. Er entsprach in seiner Grund- idee dem so genannten "Wiesbadener Pro- gramm" für den evangelischen Kirchenbau. das danach strebte. dem "allgemeinen Priester- tum aller Gläubigen" zu dienen. Man wollte die Trennung in Hauptschiff. Seitenschiffe und Chor vermeiden und nicht nur den Altar. sondern auch die Kanzel als Ort der Predigt. die im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht. auch räumlich in eine zentrale Position brin- gen. Die Sitzreihen und Emporen wurden nach Art eines antiken Theaters auf Altar und Kanzel hin ausgerichtet. und folgerichtig wur- de auch die Orgel auf die Empore hinter dem Altar gestellt. so dass sich auch die Kirchen- musik im Angesicht der Gemeinde abspielen konnte. Der Grundriss des Baus ist der Form eines griechischen Kreuzes nachempfunden. der Hauptturm sitzt auf der zentralen Vierung. Es ist von vier Ecktürmen, die den vier Evangelisp ten zugeordnet sind. umgeben. Im Aufriss ist die Kirche. die in rotem Bundsandstein errich- tet wurde. neugotisch gestaltet. Allerdings macht sich der künstlerische Zeitgeist in vielen prachtvollen Jugenstil-Schmuckelementen in Stein. Holz und Schmiedeeisen bemerkbar. die sich harmonisch in das Gesamtbild einfü- gen und die Kirche zu einer architektonischen Besonderheit werde~ lassen. Auch die großen farbigen Fenster. die in gotischem Maßwerk Motive aus dem Alten und dem Neuen Testament darstellen. waren vom Jugendstil geprägt. Einige von ihnen wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. sie wurden teils restauriert. teils durch neue Ent- würfe einfühlsam ersetzt. Besonders ein- drucksvoll ist die große Rosette über dem Haupteingang. die Christus gewidmet ist. Auch sie musste nach dem Krieg neu erstellt werden. Kriegschäden Damit ist schon angedeutet. dass die Kirche die Zeitläufe nicht unbeschadet überstanden hat. Während sie im Ersten Weltkrieg nur ihre Glocken verlor. die sie für Kanonen hingeben musste. wurde sie im Zweiten Weltkrieg durch zwei Luftangriffe schwer in Mitleidenschaft gezogen. 126 Im September 1942 vernichtete ein durch Brandbomben verursachtes Feuer die Dächer und alle Turmhelme. Die Trümmer durchbra- chen die Gewölbe, so dass auch das Innere schwer geschädigt wurde. Der große Kron- leuchter zerschellte am Boden, und die Orgel war durch Ruß und Löschwasser unbespielbar geworden. Im Inneren, einigermaßen wieder hergestellt und mit Notdächern versehen, er- litt die Kirche im Dezember 1944 bei einem weiteren Großangriff auf Karlsruhe noch einmal erhebliche Schäden, diesmal durch Sprengbomben. Die Gewölbe rissen erneut, und die Fenster der Ost- und Südseite zerbars- ten im Druck der Luftminen. Wiederaufbau Nach dem Ende des Krieges machten sich die beiden Gemeinden - 1932 war die.Weststadt- gemeinde in die zwei heutigen Christus-Ge- meinden aufgeteilt worden - mit bewunde- rungswürdiger Tatkraft an den Wiederaufbau ihres Gotteshauses. Bereits 1948 konnte es feierlich wieder eröffnet werden. Dies machte es möglich, der ebenfalls "ausgebombten" ka- tholischen St. Stephanus-Pfarrei zeirweilig Gastrecht zu gewähren. Zum 50-jährigen Jubiläum der Christus- kirche war die Rosette in alter Farbenpracht wieder entstanden, 1953 konnten zum dtitten Mal neue Glocken geweiht werden, und 1966 war auch eine neue Orgel aus dem Hause Klais spielbereit. Mit der Installation eines neuen großen Kronleuchters im Jahre 1981 war der Innenausbau endlich wieder vollendet. Die Wiederherstellung des Äußeren nahm naturgemäß längere Zeit in Anspruch. Fast vierzig Jahre nach Kriegsende waren die Turm- stümpfe der Kirche immer noch durch Notdä- cher abgedeckt, und Verwitterungsschäden gaben immer mehr Anlass zu großer Sorge. Es musste bald erwas geschehen. Nun gab es aber Stimmen, die die Wieder- hetstellung der Tütme ablehnten und den der- zeitigen Zustand als "Mahnmal gegen den Krieg" erhalten wissen wollten. Die Ältesten- kreise der Christusgemeinden teilten in ihrer Mehrheit diese Meinung jedoch nicht. Es wutde sogar eigens ein "Turmbauvetein" ge- gründet, det sich den Wiederaufbau zum Ziel setzte und Gelder dafur sammelte. Mittel die- ses Vereins, der Kirchenbehörden und des Denkmalamtes trugen endlich dazu bei, die Finanzierung sicher zu stellen und den Wie- deraufbau in Gang zu setzen. Im September 1985 wurde in einer spektakulären Aktion untet großer Anteilnahme der Bevölkerung der am Boden zusammengesetzte Helm des Hauptturmes aufgesetzt, und dtei Jahte spätet wurden auch die Spitzen der vier Ecktürme wieder errichtet. Zum Erntedankfest 1988 konnten die bei- den Chrisrusgemeinden die Wiederherstel- lung auch des äußeren Bildes ihrer Kirche mit großer Dankbarkeit feiern. Seitdem erstrahlt die Christuskirche wieder im alten Glanz von 1900, zur Freude ihter Gläubigen und zur Zierde der ganzen Stadt. RICHARD KOHLMANN 127 Die Universitätsbibliothek Karlsruhe Ein wichtiger Knoten im deutschen Bibliotheksnetz Gegründet wurde die Universitätsbibliothek Karlsruhe im Jahre 1840 durch einen Erlass des Badischen Ministeriwns des Innem, in dem an- geordnet wurde: "alle der Anstalt gehörenden Bücher und Karten zu sammeln und einen Ka- talog dasüber zu fertigen, sowie dafür zu sorgen, dass Bücher künftighin nur gegen Empfangs- bescheinigung ausgeliehen werden, dass über- haupt die Bibliothek in Ordnung verbleibe". Was waren die Hintergründe für diese Anordnung und warum erst 15 Jahre nach Er- richtung des Polytechnikums? Der Universitätsarchivar Dr. Klaus-Peter Höpke ging 1990 in seinem Fesevorcrag zum ISO-jährigen Bestehen der Universitätsbiblio- thek "Streiflichter aus der Geschichte der Uni- versitätsbibliothek" dieser Frage nach. In den ersten 15 Jahren des Polytechnikums gab es durchaus einen "Bücherfundus", der jährlich erweitert wurde. Der "Bibliothekseut" erlaub- te jedoch keine großen Sprünge. Überwiegend floss er in die Abonnements von Zeitschriften und Forcsetzungswerken, was auch vernünftig war - nur kam die Beschaffung nicht minder wichtiger Monografien notgedrungen zu kurz. Geldmangel begleitete ja sowieso den Alltag des Polytechnikums, und ob die Professoren- schaft gerade in dem mageren Bücherfonds eine folgenschwere Unterlassung sah, ist frag- lich. Zwar setzten sogar geringfügige Anschaf- fungswünsche ein schwerfälliges, mehrscufiges Genehmigungsverfahren in Bewegung, was einige Professoren nicht hinderte, auf eigene Faust Bücher anzuschaffen. War das ordnungs- gemäß Bestellte dann geliefert, verschwand es häufig in der Verborgenheit irgendwelcher Professoren- und Schulzimmer. Diesem Miss- stand trat als erster Professor Philipp Stiefel 1840 entgegen. Unter Umgehung des Dienst- wegs schrieb er dem Innenministerium: Wohl besitze die Anstalt eigene Bücher, "aber keine der Benutzung ofTenstehende Bibliothek". Der Schuldirekcor war peinlich überrascht, als ihn das Ministerium unversehens um eine Stellungnahme ersuchte. Nach zweiwöchiger Bedenkzeit berichtete er, dass "nun aber das Bibliothekszimmer, welches bisher als Karzer gedient hacce, eingerichtet" sei. Mit Eile, schon zwei Wochen später, verfügte das Ministerium den oben zitierten Erlass, der als die "Geburts- urkunde" der Universitätsbibliothek gilt. Neben dem schwierigen Aufbau einer Bi- bliothek enthielt der Wissenschaftsbecrieb noch ein weiteres Manko: Den Schülern wa- ren die Bibliotheksbestände nur ausnahms- weise, d. h. aufgrund einer Genehmigung ih- rer Lehrer zugänglich. Dieser Missstand zähl- te bereits zu den Beschwerden, derentwegen während der 1848er Revolution 197 Poly- techniker die badische 11. Kammer angerufen hatten. Bis 1867 änderte sich jedoch kaum etw'as. Es kam sogar das Entstehen von "Spezial- bibliotheken der einzelnen Fachschulen" dazu, wodurch eine zentrale Handhabung des Bibli- othekswesens unterlaufen wurde. Erst Profes- sor Wilhelm Schell organisieree 1868 die Bi- bliothek neu und führte eine Bibliotheksord- nung ein. Diese Anfange einer Bibliothek sind nicht unrypisch. Wer das Universitätsleben kennt, weiß, dass es Parallelen und Auswir- kungen bis in die heurige Zeit gibt. Deshalb auch in diesem Rahmen die etwas ausführliche Darstellung der Anfange. In der Folgezeit nahm die Bibliothek eine den Zeidäufen angemessene, teilweise aber 128 auch stürmische Entwicklung. Als Wilhelm Schell 1901 sein Amt abgab. zählte der Be- stand schätzungsweise 60.000 Bände. Nach der Leitung durch einige Ordinarien. über- nahm im Jahre 1906 Karl Grothmann. Bibli- othekar der Königlichen Bibliothek Berlin. der nachmaligen Preußischen Staatsbiblio- thek. die Leitung der Bibliothek. Bis 1915 verdoppelte er den Bestand. den sein Nachfol- ger Karl-Theodor Schmidt bis zum Kriegsen- de 1918 auf200.000 Bände steigern konnte. Zwischenzeitlich waren wegen der Weltwirt- schaftskrise zahlreiche Zeitschriftenabonne- ments gekündigt worden. von 1.000 Abonne- ments waren Ende 1932 nur noch 336 übrig geblieben. Der Preismechanismus tat ein Üb- riges: Die wissenschaftlichen Verlage reagier- ten auf den Absatzrückgang mit Preissteige- rungen. die Schmidt als "rücksichtslos" quali- fizierte. Ein Vorgang. der uns auch im Jahr 2001 nicht fremd ist. Schwere Verluste erlitt die Bibliothek bei dem Bombenangriff im September 1944: Der für Lehre und For- schung unerlässliche wichtigste Teil der Bibli- othek. der nicht ausgelagert war. ging fast voll- ständig in Rauch auf. Die bescheidenen Res- te der Bibliothek wurden ausgelagert in die Westhochschule. Die wichtigste Aufgabe des neuen Direktors der Bibliothek Ruthard Oeh- me bestand darin. der Bibliothek ein neu es Domizil zu verschaffen. Es dauerte aber noch 20 Jahre. bis im Mai 1965 die Pforten des Bi- bliotheksturms. der noch heute die Bibliothek beherbergt. sich öffneten. Seit 1966 bemühte sich Dietrich Poggendorf und ab 1988 der Verfasser als sein Nachfolger. die räumlichen Verhältnisse der stark angewachsenen Hoch- schule anzupassen. Nach Einführung der automatisierten Aus- leihverbuchung im Jahre 1984 werden seit 1994 auch die wesentlichen Literaturbestände der Universitätsbibliothek nur noch über On- line Kataloge angeboten. Über 900.000 Bän- de wissenschaftlicher Literatur umfassen die Bestände der Universitätsbibliothek. vor allem aus den technisch-naturwissenschaftlichen Fachgebieten: Mathematik. Informatik. Na- turwissenschaften. Ingenieurwissenschaften und Architektur sowie Wirtschaftswissen- schaften. Auf den anderen Gebieten findet man Literatur zur ersten Information und Nachschlagewerke aus allen Wissenschaftsge- bieten. Die Universitätsbibliothek hält etwa 3.000 Abonnements wissenschaftlicher Zeit- schriften. Hervorzuheben ist die vollständige Sammlung der gültigen DIN-Normen und anderer technischer Vorschriften im Lesesaal der Universitätsbibliothek. Knapp 20 % der Bestände der Universitätsbibliothek sind frei- hand aufgestellt. so dass der Nutzer direkt zu- greifen kann. Über 80 % stehen im geschlos- senen Magazin. Aufgaben Die Hauptaufgabe der Universitätsbibliothek ist die Literatur- und Informationsversorgung der Universität. Sie ist daher eine wissenschaft- liche Universalbibliothek mit Schwerpunkten in den an der Universität gelehrten Fachgebie- ten sowie Ausleihbibliothek für 16.000 Stu- denten. Außerdem ist sie die Zentralbiblio- thek des Bibliothekssystems der Universität und deren Archivbibliothek. Sie steht als öf- fentlich zugängliche wissenschaftliche Ausleih- bibliothek nicht nur Universitätsangehörigen. sondern allen Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung. Für die Entlei- hung und die Nutzung von Internet-Arbeits- plätzen ist eine Anmeldung erforderlich. Die Benutzung der Literatur durch Ausleihe und in den Lesesälen ist kostenlos. Nur für Mah- nungen und Sonderleistungen werden Gebüh- ren erhoben (Fernleihe im deutschen und in- ternationalen Leihverkehr, OnlineLitcraturre- cherchen und Datenbanken). 129 Das Bibliothekssystem der Universität Das Bibliothekssystern der Universität Karls- ruhe besteht aus der zentralen Universitätsbi- bliothek mir Lehrbuchsammlung, Monogra- phien- und Zeitschriftenlesesaal sowie mit ih- ren beiden Fachlesesälen für Chemie im Insti- tutsgebäude Anorganische Chemie und für Physik im Physik-Flachbau. Ebenso gehören zu dem Bibliothekssystem die mehr oder we- niger großen oder kleinen 150 Fakultäts-, In- stituts- und Lehrstuhlbibliotheken. 109 dieser Bibliotheken haben weniger als 5.000 Bände, 19 5.000 bis 10.000 Bände, 18 10.000 bis 30.000 Bände und die vier Fakultätsbibliothe- ken zwischen 10.000 und 60.000 Bände. Der Literaturbestand umfasst ca. 1,7 Mio. Bände und ca. 7.000 laufend gehaltene Zeitschriften- titel. Etwa die Hälfte dieses Bestandes und der Zeitschriftenabonnements befinden sich im Bereich der Universitätsbibliothek mit ihren Fachlesesälen, die knappe andere Hälfte ist dezentral auf die weiteren Bibliotheken ver- teilt. Für die Fakultäten Architektur, Informa- tik, Mathematik und Wirtschaftswissenschaf- ten gibt es Fakultätsbibliotheken. In den übri- gen 6 Fakultäten wird bisher mangels zentra- ler Bibliotheken die Literatur von Instituts- bzw. Lehrstuhlbibliotheken erworben und dort aufgestellt. Die Institute dieser Fakultäten sind meist über den ganzen Universitätscam- pus verteilt oder befinden sich außerhalb auf dem Gelände des Forschungszenrrums Karls- ruhe in Leopoldshafen oder in der 7 km ent- fernten Westhochschule. EDV und Dnline-Katalog Auf der Grundlage einer engeren Kooperation mit der Fakultät für Informatik mit mehreren Firmen, sowie zahlreicher Projekte, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Land Baden-Wümemberg und der Universi- tät Karlsruhe gefördert wurden, hat die Uni- versitätsbibliothek ein umfangreiches Angebot an lokalen, nationalen und internationalen EDV-Inrernetdienstleistungen aufgebaut (http://www.ubka.uni-karlsruhe.de). Im Online-Katalog sind die Bücher und Zeitschriften der lerzten 40 Jahre recherchier- bar. Die Universitätsbibliothek führt aber auch den Online-Institutskatalog, der die in den übrigen Universitätseinrichmngen vorhande- nen Bücher und Zeitschriften nachweist. Karlsruher Gesamtkatalog Im Karlsruher Gesamtkatalog können mit ei- ner Such anfrage mehrere oder alle Bibliothe- ken der Region Karlsruhe durchsucht werden. Dazu gehören die Universitätsbibliothek, der Institutskatalog der Universität Karlsruhe, das Volltextarchiv der Universität Karlsruhe, die Badische Landesbibliothek, die Hochschulbi- bliothek (FH/PH), die Stadtbibliothek, das Forschungszenrrum Karlsruhe, der Bundesge- richtshof, die Landesbildstelle Baden, das Bundesverfassungsgericht und das Zentrum für Kunst- und Medientechnologie. Der erste Virtuelle Katalog, den die Universitätsbiblio- thek in Betrieb nahm, ist allerdings der KVK. Karlsruher VirtueUe Katalog (KVK). Mit dem Karlsruher Virtuellen Katalog nahm die Universitätsbibliothek Karlsruhe 1996 den weltweit ersten Virtuellen Katalog in Betrieb. Der KVK basiert darauf, dass er selbst keine Daten vorhält, sondern andere Datenbanken wie folgt nutzt: Die im KVK-Suchformular eingegebene Such anfrage wird über mehrere Zielkataloge formuliert, die Anfrage wird parallel an alle ausgewählten Kataloge geschickt, die einzel- nen Trefferlisten werden gesammelt und ana- lysiert. Zuletzt wird eine Gesamrrrefferliste in 130 einem einheitlichen Format erstellt. Der Be- nutzer des KVK hat den Vorteil, sich nicht mehr um die Technik der einzelnen Zielkata- loge kümmern zu müssen. Der Karlsruher Virtuelle Katalog enthält alle wichtigen deutschen Bibliothekskataloge und stellt somit einen virtuellen deutschen Gesamtkatalog dar. Darüber hinaus sind auch die wichtigsten Bibliotheken im deutschspra- chigen Ausland und die welrweit größten Bi- bliotheken British Library und Library of Congress enthalten sowie mehrere Buchhan- delsverzeichnisse. So weist der Karlsruher Vir- tuelle Katalog über 60 Mio. Bücher und Zeit- schriften titel nach. Der KVK ist ein kostenlo- ser Dienst der Universitätsbibliothek Karlsru- he für die wissenschaftliche Gemeinschaft und kann über das Internet von jedermann abgeru- fen werden. Die Nutzung ist sehr hoch, jähr- lich werden über 10 Mio. Anfragen im In- und Ausland vom KVK bearbeitet. Die KVK-Technik stellt eine ideale Mög- lichkeit dar, räumlich verteilte Bibliotheksbe- stände den Bibliotheksbenutzern in virtuellen Katalogen zu vereinigen. Die Universitätsbib- liothek hat bereits mehrere solcher Projekte im Auftrag realisiert: Der Online-Katalog der Konföderation der Oberrhein-Universitäten umfasst die Ka- taloge der Bibliotheken in Basel, Freiburg, Karlsruhe, Mulhouse und Straßburg. Im Vir- tuellen Katalog Rheinland-Pfalz sind mehr als 4 Mio. Bände aus rheinland-pfhlzischen Bibli- otheken nachgewiesen. Der Karlsruher Virtu- elle Volltextkatalog (KVVK) enthält den Nachweis von elektronischen Volltcxten ba- den-württembergischer und weiterer Univer- sitäten. Zu den fachlich orientierten Virtuel- len Katalogen gehört der Bereich "Vorderer Orient/Nordafrika" aus der Universitätsbibli- othek Tübingen sowie aus Halle/Merseburg und der Virtuelle Katalog "Kunstgeschichte", der die Bestände der am System der überregi- onalen Literarurversorgung teilnehmenden Kunstbibliotheken in Rom, Florenz und Köln enthält und von der Deutschen Forschungsge- meinschaft gefördert wird. Zeitschrifteninhaltsdient (ZIO) Der Zeitschrifteninhaltsdienst ZID ist eine Datenbank mit den kompletten Inhaltsanga- ben von ca. 14.000 wissenschaftlichen Zeit- schriften seit 1994 und aus lizenzrechtlichen Gründen nur innerhalb der Universität Karls- ruhe zugänglich. Inhalt der Datenbank ist multidisziplinär, d. h. man findet neben Na- turwissenschaft und Technik auch Zeitschrif- ten aus der Medizin, den Geistes- und Sozial- wissenschaften. Ober ZID kann man Stich- worte aus Artikeln zu einem bestimmten The- ma, einen Auror oder Zeitschrifrenartikel re- cherchieren und Inhalte der neuen Hefte an- schauen. Zu jeder Zeitschrift werden die Standorte der Universität Karlsruhe ausgege- ben. Zusätzlich können sich Benutzer persön- liche Listen der für sie relevanten Zeitschriften anlegen. Lokales, elektronisches Anfsatzliefersystem Mit dem Lokalen Elektronischen Aufsamief- ersystem (LEA) können Wissenschaftler der Universität Karlsruhe Artikel aus dem gesam- ten Zeitschriftenbestand der Universitätsbib- liothek bestellen. Die Lieferung ist kostenlos und erfolgt über Internet oder per Fax an den Arbeitsplatz. Mittels LEA erhält jeder der 2.000 Mitarbeiter der Universität von seinem Schreibtisch aus Zugriff auf die gesamten Zeit- schriftenbestände der Universitätsbibliothek. Die Bestellung und die Lieferung geschieht voll elektronisch, die bestellten AufSätze wer- den in der Universitätsbibliothek eingescannt und innerhalb maximal 72 Stunden ausgelie- 131 fert. Damit hat jeder Wissenschaftler von sei- nem pe aus Zugriff auf alle in der Universi- tätsbibliothek vorhandenen 3.000 Zeitschrif- ten. Grundlage für die Bestellung in LEA sind die bibliografischen Daten aus ZID und On- line-Katalog der UB. LEA liefert elektronische Dokumente als TIFF- und als GIF-Dateien. Die GIF-Dateien sind in Bildschirmauflösung und mit Hilfe des WWW-Browsers am Bild- schirm zu sehen. Wenn die Dokumente auf dem FTP-Server liegen, werden die Benutzer per E-Mail informiert. Nach einer Woche werden die Dateien gelöscht. Pro Tag werden 100 bis 150 LEA-Aufcräge erledigt. VoUtextarchiv und Subito Das Volltextarchiv {EVA} ist der elektronische Speicher von Publikationen aus der Universi- tät Karlsruhe. Hierzu zählen Dissertationen, Diplomarbeiten, Aufsätze und Forschungsbe- richte. Die Dokumente werden einheiclich und einfach präsentiert, die Inhalte sind um- fassend recherchierbar und werden langfristig archiviert. Der Zugriff auf die Dokumente erfolgt entweder vom Katalog aus, mit Recher- chemöglichkeiten nach Autor, Titelstichwor- ten usw. oder über den Volltextindex aller Dokumente. Neben der Suche im Katalog ist eine Recherche im Volltexe einzelner Doku- mente oder der Zugriff über einen hierarchi- schen Dateibau möglich. Das Volltextarchiv enthält über 1.000 Dokumente, darunter zahlreiche Dissertationen. Der Dienst SUBI- TO ist ein Dokumenclieferdienst von leis- tungsHihigen Bibliotheken in Deutschland. Die Universitätsbibliothek Karlsruhe liefere als eine von bisher ca. 20 SUBITO-Lieferbiblio- theken gegen Entgelt Zeitschrirrenaufsätze an registrierte Benutzer. Die interne Bestellver- waltung und die Dokumentbearbeitung er- folgen aus Wirtschafclichkeitsgründen über LEA. Automatisierte Fernleihe Über ein WWW-Formular können Benutzer Fernleihen aufgeben, dabei besteht die Mög- lichkeit, die bibliografischen Angaben aus ZID und KVK zu übernehmen. Die Fernleih- verwaltung ermöglicht die integrierte Bearbei- tung von Fernleihbestellungen und ersetzt die Bearbeitung des Leihscheins des Deutschen Leihverkehrs {als roter Fernleihschein be- kannt} sowohl für den Benutzer als auch in der Bibliothek. Sämdiche Funktionen des Ausleihsystems der Universitätsbibliothek Karlsruhe sind über WWWzugänglich, z.B.: Kontoauszug, eigene Vormerkungen, offene Bestellungen, Gesamt- überblick über das eigene Ausleihkonto, Pau- schalverlängerungen, Passwortändern, Post- wegändern {z. B. als E-Mail}. Der Bibliotheks- benutzer kann also viele Verwaltungsvorgänge im Ausleihsystem von seinem häuslichen pe aus erledigen, ohne dass er selbst in die Bibli- othek kommen muss. Sonstige Dienstleistungen Die Universitätsbibliothek unterhält zudem eine Informations- und Vermitdungsstelle für Online-Lirerarurrecherchen in in- und auslän- dischen Datenbanken. Sie stellt Internet-PCs und freizugängliche pes mit Möglichkeiten derTexeverarbeitung und auch Ausdruckmög- lichkeiten im Lesesaal zur Verfügung, ebenso Lese- und Rückvergrößerungsgeräte für Mik- roformen. Für Hilfe bei der Literatursuche und Literatucbeschaffung steht das Personal der Bibliothek von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr zur Verfügung. Regelmäßige Einführungen in die Benutzung der Universitätsbibliothek wer- den zu Semesterbeginn, sowie am ersten Diens- tag im Monat um 17.00 Uhr angeboten. Son- derführungen für Gruppen sind jederzeit nach Vereinbarung möglich. Einführung in die In- 132 ternetdienste der Universitätsbibliothek wer- den jeden ersten Montag im Monat um 16.00 Uhr bei vorheriger Anmeldung angeboten. Einführungskurse in die Online-Literarurre- cherche und weitere Veranstaltungen werden regelmäßig bekannt gegeben. Ausblick Die Universität Karlsruhe verbindet als eine der führenden technischen Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland mathema- tisch-theoretische Grundlagen mit praktischen Anwendungen. Dabei werden Forschung und Lehre zunehmend internationaler und weltof- fener. Die Universitätsbibliothek wird als zen- trale Serviceeinrichtung der Universität die- sem Anspruch gerecht und unterstützt diese Entwicklung auch mit ihrem Erweiterungs- bau. der in den nächsten Jahren entstehen wird. Mit einer 24-Stunden-Bibliothek ver- folgt die Universitätsbibliothek ein neues Nut- zungskonzept als Folge einer konsequenten Weiterentwicklung ihrer bereits in vielen Punkten verwirklichten virtuellen Internetbi- bliothek. Die Dienstleistungen werden dann auch vor Ort rund um die Uhr zur Verfügung stehen. In den geräumigen Lesesälen wird die gesamte neuere Literatur der einzelnen Fach- gebiete frei zugänglich aufgestellt sein. Studie- rende und Forscher können ohne hinderliche Beschränkungen von Öffnungszeiten jederzeit Der geplante Erwcitcrungsbau. auf die von ihnen gewünschte Literatur zu- greifen. Die neuen elektronischen Medien werden die herkömmlichen Printmedien nicht voll- ständig ersetzen. vielmehr werden die Aufga- ben der Bibliotheken weiter wachsen. weil sie den Anforderungen vieler Medientypen ge- recht werden müssen. Auch das E-Book wird das gedruckte Buch mittelfristig nicht erset- zen. Die Universitätsbibliothek hat mit ihrem sich permanent erweiternden elektronischen Dienstleistungsangebot und ihren neuen Nut- zungsmöglichkeiten vor Ort die richtigen Grundsteine für ihre Zukunft im Informati- onszeitalter gelegt. CHRISTOPH-HUBERT SCHÜTTE 133 100 Jahre Stadtverwaltung im Wandel Rückblick auf das 20. Jahrhundert "Hochgeehrtester Herr Oberbürgermeister! Am heutigen Tage sind 25 Jahre verflossen. seit Sie die segensreiche Arbeit im Dienste der Stadtverwaltung der Haupt- und Residenz- stadt Karlsruhe begonnen haben. Die städti- schen Beamten gestarren sich, an diesem Eh- rentage die aufrichtigsten Glückwünsche dar- zubringen und für das dauernde Wohlwollen hetzlieh und ehrerbietig zu danken ... " Diese Urkunde überreichte Stadtbaurat Friedrich Reichard. der Direktor der Gas- und Wasserwerke und dienstältester städtischer Beamter. seinem obersten Chef, Oberbürger- meister Karl Schnetzier. am 1. Juni 1900. Unterschrieben war sie von 262 Beamten. Die Stadt. die damals auf die 100.000-Einwohner- marke und damit auf den Großstadtstatus zu- strebte. beschäftigte natürlich nicht nur diese 262 Personen. sondern darüber hinaus noch knapp 700 Arbeiter. Neue Ämter - wachsende Verwaltung Wer nun aber angesichts der heutigen Be- schäftigtenzahl von knapp 6.000 im Kärnme- reibereich darin eine überproportionale Zu- nahme sieht. wird durch einen Blick in das • .Adreßbuch für die Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe" des Jahres 1900 aufgeklärt. dass es zur Jahrhundertwende natürlich wesentlich weniger Ämter und damit auch weniger Dienstleistungen für die Karlsruher und Karls- ruherinnen gab. Im Rathaus selbst waren ne- ben dem Bürgermeisteramt das Friedhofbu- reau. das Gewerbegericht. das Grundbuch- amt. das Hochbauamt. die ambulatorische Klinik. die Pfandleihkasse. die Sparkasse. das Standesamt und das liefbauamt ansässig. Die Schlacht- und Viehhofdirektion hatte ihren Sitz in der Durlacher Allee. die Gas- und Was- serwerke in der KaiseralJee 11. Es war also eine nicht eben beeindruckende Zahl von Ämtern. Der damalige Oberbürgermeister Karl Schnetzler wurde von den Bürgermeistern Jo- hann Krämer und Karl Siegrist unterstützt. Wenige Jahre später. am 6. Mätz 1909. bean- tragte der Stadtrat eine weitere Bürgermeister- steIle. Zur Begründung dieser Stellenvermeh- rung führte man die enorme Belastung des Oberbürgermeisters und der zwei Bürgermeis- ter an. Die Zahl der Beamten habe sich in- zwischen auf ca. 760 erhöht. die der Arbeiter auf 1.100. Wie in anderen deutschen Großstädten hatte in Karlsruhe der Urbanisierungsprozeß in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstärkt eingesetzt. Die wachsende Bevölke- rung führte zu einer deutlichen Zunahme der Verwaltungstätigkeiten. die im Ehrenamt nicht mehr zu bewältigen waren. Es bildete sich die so genannte Leistungsverwaltung heraus. die als Daseinsvorsorge in Bereichen wie der Wasserversorgung. der Bereitstellung von Energie. dem Verkehr oder der Entsor- gung tätig war. Mit dem Übergang zur Leis- tungsverwaltung einher ging eine Professiona- lisierung der Beamten und Bürgermeister. Auch in Karlsruhe dominierten bei der Beset- zung der Beamten- und Bürgermeisterstellen die Juristen. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entstanden mit der Verbesserung der städti- schen Infrastruktur einige neue Ämter wie das Maschinenbauamt. das Straßenbahnamt. die 134 Blick in ein Dienstzimm('r d('s Hochbauamrs um 1925. Gartendirektion. die Baukonrrolle. das Hafen- amt. die Badverwaltung und die Kranken- hausverwaltung. 1901 war der städtische Rheinhafen in Betrieb gegangen. 1903 hatte die Stadt die Straßenbahn gekauft. die seit 1900 als "Elektrische" fuhr. von 1903 bis 1907 wurde das Städtische Krankenhaus an der Moltkestraße gebaut. Erster Weltkrieg Einen Einschnitt in die Entwicklung der Stadt und damit auch der Stadtverwaltung brachte der Erste Weltkrieg. Fast die Hälfte der Beam- ten und über ein Drittel der städtischen Arbei- ter wurden zum Kriegsdienst eingezogen und mussten zunehmend durch weibliche Arbeits- kräfte ersetzt werden. Die Stadt beschäftigte Frauen zunächst außer mit Gartenarbeiten nur im Schreibdienst. Im Jahr 1915 stellte aber auch das Tiefbauamt bei der Straßenun- terhaltung 40 und bei der Straßenreinigung 20 Frauen ein. In den Straßenbahnen über- nahmen sei t Mai 1915 in verstärktem Umfang Frauen den Schaffnerdienst. Seit Ende 1915 durften sie auch als Wagenfuhrerinnen einge- serzt werden. bei allerdings niedrigerer Entloh- nung als ihre Kollegen. Außerdem kamen neue kriegsbedingte Aufgaben vor allem im Bereich der Lebensmit- telversorgung hinzu. Zu Beginn des Jahres 1915. als die großen Versorgungsengpässe bereits nicht mehr zu übersehen waren. be- schloss man den Beginn der Zwangswirtschaft im Deutschen Reich. deren Umsetzung die so genannten Kommunalverbände übernahmen. In Karlsruhe wurden die ersten Lebensmittel- marken für Brot und Mehl am 15. März 1915 135 ausgegeben. Ende des Jabres 1916 entstanden ein Nahrungsmittelamt und ein Milchamt. das die ausreichende Versorgung mit Milch organisieren sollte. Unmittelbar nach Kriegs- ende wurde am 11. November 1918 auch ein städtisches Wohnungsamt eingerichtet. Damit trug man der extremen Wohnungsnot Rech- nung, die u. a. durch die fasr völlige Einsrel- lung aller Wohnungsbauprojekte während des Krieges verursacht war. Die Versorgung mit ausreichendem Wohntaum blieb auch in der Weimarer Republik lange ein Problem. Erst im Jahr 1929 konnte das städtische Woh- nungsamt aufgelöst und nur noch als ein mit einem Beamten besetztes und der Stadtkanz- lei untergeordnetes "Wohnungsbüro" weiter- geführt werden. Herrschaft der NSDAP Zu diesem Zeitpunkt begann auch in Karlsru- he der Aufstieg der Nationalsozialisten. der zur so genannten Machtergreifung im Jabr 1933 führte. Die Gleichschaltung der Kommunen in den Wochen nach der letzten nur noch mit Einschränkungen demokratischen Reichstags- wabl am 5. März führte zu einem kompletten Wechsel in der Rathausspitze. Die demokra- tisch gewählten Bürgermeister und der Ober- bürgermeister ersetzten die neuen Machthaber durch Nationalsozialisten. Am 18. Mai wurden der neue Oberbürger- meister Jäger und Bürgermeister Hermann Fribolin - beide Nationalsozialisten - gewählt. Um Sparsamkeit zu demonstrieren, waren zu- nächst zwei BürgermeistersteIlen gestrichen worden. später kam allerdings wieder ein hauptamtlicher Stadtrat hinzu. Aus den bis- lang vier Hauptabteilungen und einer Neben- abteilung wurden zwei Hauptabteilungen mit 7 Nebenabteilungen der Verwaltung. Schon im ersten Jabr ihrer Herrschaft ent- ließen die Nationalsozialisten aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbe- amtenturns" insgesamt 23 Beamte. - zwölf Angestellte und 88 Arbeiter aus dem städti- schen Dienst - in der Regel wegen ihrer Zuge- hörigkeit zur SPD. aber auch zur KPD oder einer anderen linksgerichteten Organisation. Einen "nichtarischen" Beannen versetzte man in den Ruhesrand. Außerdem entzog man zwei Ruhestandsbeamten wegen "nationaler Unzu- verlässigkeit" und der ehemaligen Verwaltung- sassistentin Else Salomon wegen "nichtarischer Abstammung" das Ruhegehalt. Else Salarnon wurde 1940 nach Gurs deportiert. wo sich ihre Spur verliert. Drei Ärzte im Städtischen Krankenhaus. die jüdischer Abstammung wa- ren. beurlaubte man sofort und kündigte ih- nen zum nächstmöglichen Termin. Von den bis zum Oktober 1935 statt des- sen eingestellten 493 Personen gehörten rund 91 % der NSDAP oder einer ihrer Gliederun- gen an. Rigoros wurden schon 1933 "zur Frei- machung von Arbeitsplätzen für jüngere männliche Arbeitskräfte" 15 weibliche und 16 männliche Beamte in den Vorruhestand ge- schickt. Davon war auch Elisabeth Groß- wendt. Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei. betroffen. die bis da- hin einzige. seit 1920 für das Jugendamt zu- ständige. Karlsruher Amtsleiterin. Ansonsten blieben die Führungspositionen in der Verwal- tung unterhalb der Bürgermeisterebene weit- gehend unangetasret. Noch im Jabre 1933 traten fast 200 städti- sche Mitarbeiter in die NSDAP ein. Von den leitenden Beamten entzogen sich nur wenige wie Stadtbaudirekror Friedrich Beichel dem Druck und blieben der Partei fern. Insgesamt funktionierte die Stadtverwaltung im "Dritten Reich". die im letzten Vorkriegsjahr 1938 knapp 3.900 Personen beschäftigte. davon 1.949 Beamte und Angestellte. im Sinne der nationalsozialistischen Machthaber reibungs- los. 136 Nach dem Zweiten Weltkrieg Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Stadtverwaltung rasch wieder ihre Tätig- keit auf und wurde so zu einem wesentlichen Faktor bei der Bewältigung der drängenden Alltagsprobleme in der stark zerstörten Stadt. Ein Teil der aktiven Nationalsozialisten wurde gleich entlassen. Da man den Zusammen- bruch der deutschen Verwaltungen erwartete, ließen die Franzosen, die die Stadt zunächst besetzt hatten, aber etliche Fachleute trotz Mitgliedschaft in der NSDAP im Amt. Die Stadtverwaltung beschäftigte im April 1945 4.362 Mitarbeiter, davon mussten bis zum April 1946 1.390 (31,8%) entlassen werden. An der Spitze stand zunächst der noch von dem NS-Oberbürgermeister Hüssy vor seiner Flucht zum Nachfolger bestimmte JosefHein- rich. Nur wenige der führenden Verwaltungs- beamten der unmittelbaren Nachkriegszeit waren Regimegegner und somit »unbelastet", zu ihnen gehörten die späteren Oberbürger- meister Ftiedrich Töpper (SPD) und Bürger- meister Fridolin Heurich (CDU). Bereits am 9. April war eine neue, an die alte angelehnte, Organisationstruktur erarbei- tet worden, mit der 28 Ämter und Abteilun- gen auf das vorhandene Führungspersonal verteilt wurden. Als wesentliche Neuerung war die Stadt in 16 Bezitke mit jeweils einem Be- zirksverwaltungsamt eingeteilt. Das Petsonal dieser dezentralen Verwaltungseinheiten rek- rutierte sich im wesentlichen aus ehemaligen Hitlergegnern. Pro Bezirk gab es zunächst bis zu sechs, später bis zu zwanzig Mitarbeiter, aber nur wenige Mitarbeiterinnen. Zu den Aufgaben gehörten die von den Besatzungsmächten angeordneten Beschlag- nahrnungen von Wohnungen, Hausrat und Bekleidung. Im eigentlichen Verwaltungsbe- teich übernahmen die Bezirksverwaltungsäm- ter, die bis 1948 bestanden, die Ausgabe von Lebensmittelkarten und Bezugsscheinen, die Führung einer Bevölkerungsstatistik, die Be- treuung der Evakuierten, Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge sowie der KZ-Opfer, die Er- fassung ehemaliger Nazis und die Mitwirkung bei der Entnazifizierung. Organisatorisch ge- hörten die Bezirksverwaltungsämter zur Allge- meinen Verwaltung neben der weitere acht Referate bestanden, die Wirtschafts- und Ver- sorgungsverwaltung, die Arbeits- und Sozial- verwaltung, die Finanzverwaltung, das Hoch- bauamt, das Tiefbauamt, die Städtischen Be- triebe, die Städtischen Rheinhäfen und die Polizei. Der kommissarische Bürgermeister war für die Gesamtleitung und die Dienstaufsicht so- wie den Verkehr mit den Besarzungsbehörden zuständig. Diese Organisation blieb nicht ohne Widerspruch, so intervenierte der für die Stadtplanung zuständige Oberbaurat Pfläste- rer, dass "eine der unentbehrlichsten Abteilun- gen der Stadtverwaltungen 'Die Stadtplanung' nicht einmal angedeutet, viel weniger ihrer Bedeutung gemäß genannt wird." Diesem Einwand wurde insofern Rech- nung getragen, als die neue Organisations- struktur vom August 1945, die neben dem von der amerikanischen Besarzungsmacht ein- gesetzten Oberbürgermeister Hermann Veit zwei Bürgermeister, Fridolin Heurich und Berthold Riedinger, vorsah, die Stadtplanung als ein dem Ersten Bürgermeister Heurich nachgeordnetes Amt aufführte. Nach der ers- ten Stadtratswahl am 26. Mai 1946 ergänzte ab Oktober Dr. Hermann Ball von der DVP die Bürgermeisterbank, da nach einer Eini- gung zwischen allen Fraktionen jede der Par- teien einen Bürgermeister stellen sollte. Neue Profile in fiinf] ahrzehnten Eine Änderung trat 1951 ein, als Oberbürger- meister Friedrich Töpper "einen bereits beste- 137 henden Zustand organisatorisch und auch nach außen hin dadurch" regelte. dass "die Ar- beitsgebiete meines persönlichen Referenten, Herrn Oberrechrsrats Dr. Keidel. zusammen- gefasst und als Abteilung Ic - Schul- und Kul- turpflege. Arbeitsrecht - in den Geschäftsver- teilungsplan der Stadtverwaltung eingebaut wird." Dies war die Geburrsstunde des Kultur- referats. das zunächst noch als Abteilung Ic innerhalb der dem Oberbürgermeister unter- stehenden Hauptabteilung geführt wurde. Mit der Neubesetzung zweier Bürgermeis- terstellen Ende 1952 nach der Wahl des neu- en Oberbürgermeisters Günther Klotz. wurde dann die in den Grundzügen bis heute gülti- ge Organisationsstruktur geschaffen. Dem Dezernat I ordnete man drei Referate nach. außer dem Schul- und Kulturreferat. das Fi- nanz- und das Rechtsreferat. Die anderen drei Dezernate wurden von einem Bürgermeister und zwei Beigeordneten geleitet. Wer heute im Wegweiser durch Karlsruhe. der Beilage zum Adressbuch der Stadt. blät- tert. wird unter dem Stichwort Stadtverwal- rung neben dem aus sechs Dezernaten und drei Stabsstellen bestehenden Bürgermeister- amt 66 weitere Dienststellen finden. die für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dienst- leistungen erbringen. Der eingangs erwähnte Oberbürgermeister Schnetzler wäre von dieser rein zahlenmäßigen Entwicklung vielleicht gar nicht einmal so überrascht. da viele der Aufga- ben einer modernen als Dienstleistungsbetrieb organisierten Stadtverwaltung. wenn auch in geringerem Umfang. bereits um die Jahrhun- dertwende vorhanden waren. Überrascht könnte er darüber sein. dass etliche der in seiner Amtszeit vorhandenen bzw. gegründeten städtischen Unternehmen als GmbH geführt werden. Schwierigkeiten dürften er und die damals bei der Stadt Be- schäftigten aber sicher mit den technischen Neuerungen haben, die inzwischen in der Stadtverwaltung vorhanden sind. Zu seiner Zeit hatte z. B. die Schreibmaschine gerade erst ihren Triumphzug in die Stadtverwaltung begonnen. heute gehören Computer. E-Mail oder Internet fast zur Standardausstattung. Auch in den technischen Ämtern gibt es nun eine Vielzahl von Hilfsmitteln und Ar- beitsgeräten. an die vor 100 Jahren noch kei- ner dachte. Konzentrierte sich damals die Ver- waltung räumlich auf das Rathaus. gibt es heu- te neben dem Technischen Rathaus und der Rathauserweiterung an der Lammstraße viele weitere. auf die Stadt verteilte Dienststellen. darunter die sechs Orrsverwaltungen der in den 70er Jahren eingemeindeten heutigen Stadtteile. Natürlich haben sich auch Zahl. Ausbildung und Struktur der Beschäftigten geändert. Eine von allen Beamten und Beamtinnen der Stadt unterschriebene Gratulationsurkun- de ist ebenso schwierig wie ein gegen Null ten- dierender Frauenanteil unter den Beschäftig- ten undenkbar ist. Dass man darüber hinaus heute "im Kopf des Kunden denkt". über Bu- chungskreise einer neu einzuführenden Soft- ware diskutiert oder von der Stadt angebotene Ptodukte definiert und diese mit Kennzahlen versieht. hätte Schnetzler und seine Mitarbei- ter möglicherweise zunächst einmal bedenk- lich den Kopf wiegen lassen. Wenn man ihn dann aber über den Sinn dieser Aktionen aufgeklärt hätte. dann würde ihm vielleicht eingeleuchtet haben. dass es sich um einen Modernisierungsschub handelt. dem die Verwaltung auch vor 100 Jahren und im 20. Jahrhundert immer wieder einmal un- terworfen war. ERNST OTTO ßRÄUNCHE 138 Rappenwört - ein Projekt der Karlsruher Planungs- und Baupolitik der 1 920er Jahre Am 20. Juli 1929 fand die Eröffnung des Rheinstrandbades Rappenwört statt. Die Wür- digung dieser Einrichtung allein wäre unzurei- chend, denn sie ist nur ein Teil eines beach- tenswerten Gesamtprojektes. Bevor die Pla- nungs- und Baugeschichte näher erläutert wird, soll ein Blick auf die Stadtgeschichte im Eröff- nungsjahr die kommunalpolitischen Rahmen- bedingungen deutlich machen. Die Einwohnerzahl Karlsruhes lag 1929 bei ca. 152.000, die Fläche der Gemarkung betrug zum Jahresbeginn 4.532 ha; am 1. April kamen durch die Eingemeindung Bu- lachs 530 ha dazu; heute beträgt die Gesamt- fläche über 17.000 ha. Nach der Kommunal- wahl 1926 kamen die 84 Stadtverordneten aus folgenden politischen Lagern: KPD: 6, SPD: 24, Zentrum: 19, DDP (die Linksliberalen): 5,DVP (die Rechtsliberalen): 12, DNVP (ein Sammelbecken rechts der DVP): 9, Wirt- schaftliche Bürgervereinigung: 3, Reichspartei für Volksrecht und AufWertung: 5 und Unpo- litische Wirtschaftsgruppe: ein. Die von den Wählern direkt gewählten Stadtverordneten bildeten mit dem Stadtrat den Bürgeraus- schuss. Der Stadtrat, von den Stadtverordne- ten gewählt, bestand aus 24 Stadträten und vier Bürgermeistern. Das Quellenstudium ver- mittelt den Eindruck grundsätzlicher Einig- keit bei der Planungs- und Baupolitik zwi- schen OB Dr. Julius Finrer, Baubürgermeister Hermann Schneider und Stadtparlament. Ein solcher Konsens zwischen diesen Akteuren der Kommune ist eine Voraussetzung für eine er- folgreiche städtebauliche Entwicklung, die auch noch späteren Generationen zu Gute kommt. Vorarbeiten rur Rappenwört Bereits 1924 hatte Hermann Schneider dem TIefbauamt den Auftrag erteilt, einen Entwurf für ein Strandbad auf dem Rappenwört zu erstellen. Das Tiefbauamt war damals neben dem Straßen- und Kanalwesen auch für die Stadtplanung zuständig. Ab 1926 stand die- sem Amt Emil Bronner vor, ein der Stadtpla- nung kundiger Mann, unrer dessen Leitung der Entwurf des Generalbebauungsplans 1926 entstand. Stadtplanungsaufgaben wutden vom Stadterweiterungsbüro unrer Karl Pflästerer- er war dem Amtsleiter direkt unrerstellt, wahr- genommen, so auch die Planung für den ge- samten Rappenwört. Ende Januar 1925 lag die Grundkonzeption bereits vor, die wie folgt kommenriert wurde: ,,Anlage eines Strandba- des mit Erholungspark auf dem Rappenwört- Das Bedürfnis der Bevölkerung nach Badege- legenheit in freier Natur nimmt ständig zu, vor allem geht der Wunsch dahin, in unmittel- barer Nähe des Rheins eine großzügige Bade- anlage zu schaffen, die die Möglichkeit, im Wasser des Rheinstroms sich zu tummeln und zu schwimmen, mit Sonnen- und Luftbädern vereinigt. Diese Entwicklung der Anschauun- gen und Neigungen hat das so genannte 'wil- de Baden' im freien Rhein und in dem Alt- rhein außerordentlich begünstigt und dabei Mißstände hervorgerufen, deren Beseitigung aus den verschiedensten Gründen mit allen Mitteln angestrebt werden muß. Die Stadt be- absichtigt deshalb, an der Rheinseite der vom Altrhein umflossenen Insel Rappenwärt, die zu zwei Drittel ihr Eigentum ist, ein Strand- 139 bad zu errichten und die anschließenden Waldanlagen zu einem Erholungspark im gro- ßen Stile auszubauen. Der Hauptbestandteil der Anlage bildet ein 400 m langes, 98 m bzw. 120 m breites und in der Mitte 6,5 m tiefes Becken, das in das Gelände eingeschnitten und durch Rheinwasser gespeist wird." WIldes Baden arn Rhein Alle Begründungen /Ur das neue Freibad sind Hinweisen auf die Probleme des "wilden Ba- dens" zu entnehmen. Es gab zwar damals am Rhein und an der Alb bereits einige Freibäder wie zum Beispiel das 1915 errichtete Rheinha- fenbad, die Badeanstalt im Rhein bei Maxau, das Sonnen-, Luft- und Schwimmbad des Naturheilvereins am Dammersrock an der Alb und die ehemalige Militärschwimmschule beim "Kühlen Krug". 1928 war aber der Bade- betrieb am Rhein anscheinend so stark wie nie zuvor gewesen, dass für die letzte politische Entscheidung der Weg /Ur ein neues Bad geeb- net war. "Für Bilder jedenfalls, wie sie bisher beim wilden Baden am Rhein und an der Alb an der Tagesordnung sind, ist auf dem Rap- penwört kein Platz. Hier sollen Eltern ihre he- ranwachsenden Söhne und Töchter ruhigen Herzens hinführen dürfen, anstatt ihnen das Baden im Freien zu verbieten und doch be- fürchten zu müssen, dass heimlich erst recht geschieht, was durch das Verbot verhütet wer- den soll .. .. Ordnung an die Stelle von Unord- nung zu setzen, gegen das Unvollkommene das Vollkommene einzutauschen, das ist das große Ziel von Rappenwört," ein Zitat aus der städtischen Broschüre von 1927. Der erste Schritt zu einem Landschaftspark Der Enrwurf des Generalbebauungsplanes 1926 enthält die Konzeption für den gesam- ten Rappenwört, aber ornamental überzeich- net. Die von DaxIanden zu bauende Erschlie- ßungsstraße mit Straßenbahn wird in einem Rondell aufgefangen und in zwei Richtungs- fahrbahnen geteilt durch eine langgestreckte rechteckige Grünfläche. Dem Rondell gegen- über, im Westen liegen die Hochbauten für das Freibad. Die strenge Symmetrie des zen- tralen Baukörpers mit weiteren Flügelbauren- eine konsequente Einordnung in die ebenfalls symmetrisch ausgerichtete Gesamtanlage - ist eine formale Übertragung des Prinzips absolu- tistischer Stadtplanung und des damaligen Schloss baues französischer Herkunft. Dazu gehören vorgelagerte und rückwärtige, wiede- rum symmetrisch angelegte Parklandschaften. Hier ist es die so genannte "Eiswiese", gedacht als Eislauffiäche im Winter. Im Herbst 1927 veröffentlichte die Stadt- verwaltung die Broschüre "Die Grünpolitik im Karlsruher Generalbebauungsplan: Der Rheinpark Rappenwört", aus der das folgende Zitat stammt: "Die Rheininsel Rappenwört, im Westen vom Rhein, im Süden, Osten und Norden in Hufeisenform vom Altrhein be- spült, hat bei einem Flächenausmaß von rund 130 ha eine größte Ausdehnung von 1,6 km in der Osrwestrichtung und von Nord nach Süd eine solche von 1,0 km. Sie liegt mit ihrem Mittelpunkt rund 2 km südlich vom Rheinha- fen-Stichkanal und ebenso weit westlich von Daxlanden inmitten der herrlichsten Natur des Rheinwaldes, die Schönheiten der Rhein- landschaft in sich selbst aufs höchste steigernd '" alle nur denkbare Vorzüge einer schönen Natur finden sich hier zu einer seltenen Gele- genheit vereinigt, eine Volkserholungsstärre größten Ausmaßes und stärkster Wirkung zu schaffen, wie sie rhein auf, rheinab schöner und besser kaum mehr erdacht werden kön- " neo. Bürgermeister Hermann Schneider wollte den bis dahin teilweise unzugänglichen Teil 140 Rappcnwört im Entwurf des Generalbebauungsplanes 1926. der Rheinaue zum Zwecke der Erholung der Karlsruher erschließen ... Der Rappenwört soll nicht nur den vielen Tausenden, die heute an schönen Sommertagen von Neuburgweier bis Maxau das Rheinufer bevölkern, eine passen- dere und bessere Gelegenheit bieten, im flie- ßenden Rheinwasser zu baden und in frischer, sonniger Luft sich zu bewegen, ... ganz sicher ebenso viele werden überhaupt erst durch den Rappenwört sich in die Möglichkeiten versetzt sehen, die Wohltat eines nervenstärkenden Rhein-Bades in Verbindung mit heiterem Spiel auf grünem Rasen in froher Geselligkeit und unter der Wirkung der herrlichsten, von reinster Luft und Sonne durchtränkten land- schaft sich und ihren Kindern zukommen zu lassen. Tausende von Familien des verarmten Mittelstandes, der Arbeiter und kleinen Beam- ten, die das Geld zu einer noch so bescheide- nen Sommererholung in einem auswärtigen Kurort nicht aufzubringen vermögen, werden 141 auf dem Rappenwört ohne besondere Kosten alles haben, was von einer Gelegenheit zur Erfrischung der Gesundheit billigerweise er- wartet werden kann." Das Verlangen nach Luft und Sonne ist hier das wichtige Thema, wie es auch im Siedlungsbau durch die Umset- zung der Ziele,einer guten Belüftung und Be- lichtung im Nord-Süd ausgerichteten Zeilen- bau zum Ausdruck kam. Am 13.9.1927 bewilligte der Stadtrat das Projekt .. Rheinstrandbad", dessen Kosten mit 1 ,08 Mio Mark angegeben wurden, den Bau der Verlängerung der 1928 fertiggestellten Straßenbahnstrecke nach Daxlanden (Kosten von 293.000 M) und die Errichtung einer Vo- gelwarte in Höhe von 90.000 M. Am 28.9. debattierten die Mitglieder des Bürgeraus- schusses insbesondere das Strandbadprojekt. Die Fraktion der Kommunisten hatte die Ab- setzung des Tagesordnungspunktes und die Beauftragung des Stadtrates für die Erarbei- tung eines Projektes "Sanierung der Altstadt" beantragt. Die für das Gesamtprojekt Rappen- wört erforderlichen 1,5 Mio M sollten dafür eingesctzc werden. Zwei weitere Gruppen lehnten den Bau des Bades ebenfalls ab, da andere Projekte wie das fünfte Hafenbecken oder das Ettlinger Tor wichtiger seien; auch wurde da die Höhe der erwarteten Einnahmen bezweifelt. Die Mehrheit des Bürgerausschus- ses stimmte aber für Rappenwört. In der sel- ben Sitzung ging es noch um die Verlängerung der Straßenbahn nach Rappenwört und den Bau der Vogelwarte. Für den früher propagierten "Naturschutz- park" gab es keine eigene Vorlage. Ein Teil des finanziellen Aufwandes steuerte die Reichsre- gierung als Mittel der "wenschöpfenden Ar- beitslosenfürsorge", eine Form eines Arbeits- beschaffungsprogramms, bei. Dieser gesamte Entscheidungsvorgang mutet eigenartig an, wenn man bedenkt, dass die Vorarbeiten für das Projekt schon einige Zeit im Gange war. Ab Ende 1925 baute die Stadt mit Unterstüt- zung des Programmes für "Notstandsarbeiten " einen Fahrweg von Daiclanden bis Rappen- wört einschließlich der Brücke über den A1t- rhein. Diese wurde Anfang Februar 1927 dem Verkehr übergeben. Im November 1926 be- gannen die Arbeiten für den Aushub des künf- tigen Badebeckens. Ende März 1927 war die Hälfte der 27.000 cbm Erdrnassen ausgeho- ben. Alle diese Vorbereitungsarbeiten waren im Sinne der "Bekämpfung der Erwerbslosig- keit" von Stadtrat und Bürgerausschuss 1926 beschlossen worden. Wie wir wissen, gelang bis 1929 alles, wie von der Stadtverwaltung beabsichtigt: die Eröffnung des Rheinstrand- bades am 20.7 .• die in der örtlichen Presse gro- ße Aufmerksamkeit fand. der Straßenbahnver- bindung - es war wie heute die Linie 2 - und die Eröffnung der Vogelwarte am 12.10. Das ca. 16 ha große Badegelände sollte Platz für 15.000 Besuchern bieten. Die Kapa- zirär der so genannten ,,Auskleideräume" be- trug im Eröffnungsjahr bis 5.300 und wurde später erhöht. Schwimmen war im großen si· chelförmigen Becken wie auch im Rbein durch die Anlage von vier Schwimmstegen möglich. Die Ostseite des über 450 m langen Beckens gestaltete sich als flacher. über 500 m langer Badestrand (Böschungswinkel 1 : 18). die dem Rhein nähere Westseite bot Stufenreihen. auch als Zuschauertribüne für Wettkämpfe. Das Freigelände bot von Anfang an vielfältige Möglichkeiten für die Besucher: eine große Anzahl von Ringtennisplätzen - Schneider hatte diese Sportart nach einer Amerika-Reise in Karlsruhe eingeführt -. Turngeräte in den Turnhöfen. den Innenhöfen der Garderoben- bauten. einen Leichtathletik- und Rasenspiel- platz und eine Schießhalle. Einkaufsmöglich- keiten für Sportartikel, Fotoartikel. Wäsche- verleih. Herren- und Damenfriseur und das Strandrestaurant mit Tanzdiele boten den Be- suchern eine für die damalige Zeit geradezu luxuriöse Versorgung. Das Angebot von Trink- kuren. Diätfrühstück und vielfaltigen Milch- produkten weist auf die beabsichtigte Gesund- heitsförderung hin. Neben dem Mittelbau sollten Gymnastikhallen stehen, auf welche wahrscheinlich aus Geldmangel verzichtet worden ist. Als Erinnerung an die frühere Nutzung des Geländes als Dampfziegelei blieb ein Ziegelei- Brennofen mit dem 22 m hohen Kamin ste- hen. Der Kamin bot Fledermäusen eine Heim- stänc, die Spitze zierte ein StorchennesL Die Dampfziegelei war bereits 1917 stillgelegt und das Anwesen Anfang der 20er Jahre von der Stadt gekauft worden. Bei der Erwähnung die- ser Vorgeschichte muss auch an die 1915 be- schlossenen Absichten der Stadt erinnert wer- den, auf mehr als der Hälfte der Fläche des Rappenwört Kies zu gewinnen . Dabei wären jährlich 1.5 ha Wald abgeholzt worden. Diese Absichten sind wahrscheinlich wegen der ge- 142 Strandbad Rappenwärt 1929. ringen Bautätigkeit während des Ersten Welt- kriegs buchstäblich im Sand verlaufen. Noch heute fasziniert die Freiraumgestal- tung durch ihre Einfachheit, strenge Symme- trie, die aber nicht konstruiert wirkt. Die Pap- pelreihen umfassen das eigentliche Badegelän- de mit dem großen Becken wie schützende Arme. Zugleich öffnet sich der Freiraum zum Rhein hin. Im Gegensatz zu den sonstigen Freibadeanlagen bietet Rappenwört außerhalb der Freibadesaison einen wunderbar gestalteten I.andschafuteil innerhalb der Rheinaue. Eigent- lich ist es ohne Badebetrieb dort am schönsten. Das Restaurantgebäude Eine besondere Aufmerksamkeit verdient das Baderestaurant. Wer heute auf das etwas trau- rig wirkende Gebäude vom Parkplatz oder der Endstation der Straßenbahn zugeht, ahnt viel- leicht doch, dass hier ein besonderes Haus auf einem bewusst ausgewählten Standort steht und nach Erneuerung, besser gesagt nach Wie- derherstellung des ursprünglichen Zustandes ruft. Es ist ein zwiespältiges Produkt der Ar- chitektur, das sowohl die damalige Bautraditi- on als auch das "neue Bauen" am Ende der 30er Jahre widerspiegelt. Die symmetrische Ausrichtung der Baukörper steht noch für das ,,Alte", auch für Karlsruhes Rationalität in der Grundrissgestaltung in der Fortführung im 19. Jahrhundert. Das "Neue" wird durch die Ausformung des Gebäudes in der Sprache des "neuen Bauens" erzeugt: kubische Baureile- hier wie eine kleinere auf eine größere Schach- tel gesetzt -, Flachdach, horizontale Fenster- bänder, Auflösung der nach Westen orientier- ten Saalwände in Glas, weißer Anstrich auf Putz. Die Verzierungen an den Fenstern sind wiederum "Reste" der Tradition. Der Rohbau ist in Backsteinmauerwerk und Stahlbeton ausgeführt. Architekt war der städtische Ober- 143 baurat im Hochbauamt, Robert Amann. Es ist zu hoffen, dass bald die "Modernisierung" dieses Architekturdenkmals im Sinne des ur- sprünglichen Zustandes in Angriff genommen wird. Die ehemalige Vogelwarte Nicht weit von hier steht ein Gebäude, das in seiner architektonischen Gestaltung wesent- lich radikaler ist als die Hochbauten im Frei- bad. Die Vogelwarte ist ein Werk des Stadt- baurats im Hochbauamt Walter Merz. Er hat- te die Aufgabe, "Räume zur Unterbringung und Beobachtung von Vögeln wie auch zu Unterrichts- und Versuchzwecken zu schaffen und daneben für den Leiter der Warte und einen Gehilfen Wohnungen zu bauen." Ende 1925 gab es in der Stadtverwaltung Reaktio- nen auf einen am 10.9. im "Tagblatt" erschie- nenen Artikel zur Schnakenplage. Dabei rück- te der Schutz der Singvögel auf Rappenwört als natürliche Feinde der Stechmücken in den Blickpunkt. Die Bekämpfung der Schnaken auf Rappenwört war nicht unumstritten, wie die Meinung des damaligen Leiters der Lan- desnaturschurzstelle Prof. Auerbach zeigt. Er hatte sich dieses Gebiet als Naturschutzpark gedacht, "zu dessen besten Schutz gerade die Schnaken dienen sollten." Zu der damals bereits diskurierten Ausweisung eines Land- schaftsschutzgebietes kam es erst 1962. 1927 konkretisierte sich ein von Prof. Feh- ringer, dem Verantwortlichen für die "Staat- lich empfohlene VogelschurzsteIle für Baden" in Heidelberg, die Idee einer staatlichen Vogel- schurzsteIle in Karlsruhe-Rappenwört. Der Standort wurde wegen des Vogelschutzes und der Schnaken plage auf der Altrhein-Insel als sehr günstig angesehen. Eigentlich war es eine staatliche Aufgabe. Da die Angelegenheit zu versanden drohte, übernahm die Stadt Karls- ruhe die Realisierung. Der Auftrag sah den Vogelschutz, die Bekämpfung der Schnaken- plage auf biologischer Grundlage und die Er- gänzung des naturkundlichen Unterrichts vor. Leider war der Eintichtung kein Glück be- schieden. Das Verhältnis zwischen dem Leiter Prof. Fehringer und der Stadtverwaltung ent- wickelte sich spannungsreich. Anlässe wie die Anbringung von Blumenkästen, Erstattung von Auslagen, Klagen über Nachlässigkeiten usw. führten schließlich zur Niederlegung der Leitung Anfang 1931. Bereits anlässlieh dieses Vorfalles zeigte sich, dass die Vogelwarte im Bewusstsein der Karlsruher nicht verankert war. So ist einem Presseorgan am 19.2.1931 folgendes zu entnehmen: "Man hätte ruhig die Vogelwarte gleich aufheben können. In Karls- ruhe hätte ihr kein Mensch eine Träne nachge- weint und die Stadt könnte viel Geld sparen." Ein Kommentar, der auch heute noch traurig stimmt, denn damit wurde eine Besonderheit in dieser Stadt als Belastung und nicht als Be- reicherung gesehen.·Am 31.3.1934 endete die Existenz der Vogelschutzwarte durch deren Aufhebung aus finanziellen Erwägungen. 1996 erlebte dieses Haus eine verdiente Re- naissance als Narurschutzzentruffi. Der anfangs vorgesehene Standort lag näher zum Altrhein. Er rückte dann in die Hauptach- se des Strandbades, was durch die vorgesehene geradlinige Wegeverbindung zu einer guten Einbindung der Vogelwarte in das Planungs- konzept wegen der landschaftsplanerischen Qualität und der besseren Auffindbarkeit ge- führt hätte. Aber der junge Architekt Merz setzte sich anscheinend gegen den traditions- bewussten Stadtplaner Pflästerer durch. Sym- metrie, axial aufgebaute Strukturen in der Stadtlandschaft, Repräsentation und Blickbe- ziehungen waren nicht mehr gefragt und wur- den von der damaligen Avantgarde der Archi- rektur abgelehnt. So ist heute die gedachte Beziehung zum Freibad nicht mehr nachvoll- ziehbar, und wenn, nur mehr mit dem Lineal 144 auf dem Plan. Der Vergleich der Architektur des Baderestaurants mit der der Vogelwarte zeigt die unterschiedliche Auffassung der bei- den Architekten deutlich. Merz übernimmr konsequent die Formensprache, wie sie von der Kunstbewegung "De Stijl" in den Nieder- landen und von Walter Gropius in seinen Dessauer Bauten für das Bauhaus vorgegeben war: Asymmetrie bei der Anordnung der ku- bischen Baukörper und im Fassadenaufbau, Flachdach, in die Außenhülle eingeschnirtene Fenster unterschiedlicher Formate, weißer Anstrich, kein Fassadenschmuck. Die vier Funktionseinheiten der Einrichtung, nämlich die Wohnung des Leiters, die Unterrichts- und Versuchsräurne, das Vogelhaus und die Gehil- fenwohnung, sind in ihren Formen vonein- ander unterschieden. Die Geschossigkeit ist nach diesen Funktionsteilen unterschiedlich: eingeschossig die Gehilfenwohnung und der Vogeltrakt als Verbindung zum Haupthaus mit dem wiederum eingeschossigen Unter- richtstrakt und dem zweigeschossigen Wohnt- eil, der von einem Turm mit drittem Geschoss und Beobachtungsplartform gekrönt ist. Da- mit wird auch der gemeinsame Eingang mar- kiert. Die Gesamtanlage ist streng Ost-West orientiert, was bei einer axialen Beziehung zum Strandbad nicht möglich gewesen wäre. Merz erklärte das vorhin angesprochene Ab- weichen vom übergeordneten Konzept selbst: "Die Vereinigung zu einem einzigen symmet- rischen Baukörper, der etwa mit dem Strand- bad zusammen in eine Achsenbeziehung hät- te gebracht werden können, konnte nicht in Frage kommen: denn die Wahrheit als letztes Ziel alles Gestaltens läßt es nicht zu, daß ein differenzierter Organismus durch eine äußere Form verkleidet wird. die seinem inneren We- sen nicht entspricht." Dieser Bau zeigt zeitgleich mit dem Dammerstock den in Karlsruhe etwas verspä- tet aufgetretenen Bruch mit der Städtebau- und Architekturtradition. Ganz deutlich wird dies bei der Betrachtung der ersten Entwürfe des Hochbauamtes aus dem Jahre 1927, die nicht von Merz stammen. Nicht realisiert wurde übrigens eine von Anfang an konzipier- te Wasserfläche vor dem Anwesen. Die Veröffentlichung über Rappenwört, insbesondere über die Hochbauten in der "Bauzeitung" in Form zweier aufeinander fol- genden Sonderbeilagen mit der Überschrift "Das neue Karlsruhe", zeigt das damalige über- regionale Interesse. Die wöchentlich erschei- nende Fachzeitschrift stellt Ende der 30er Jah- re in unregelmäßiger Folge große Projekte des "Neuen Bauens" in Form von Sonderbeilagen für einzelne Städte. Mirte 1928 fand in Karls- ruhe eine Hinwendung zum so genannten "Neuen Bauen" statt, freilich nur für kurze Zeit und in Gang gesetzt von der Stadrverwaltung, besser gesagt von Bürgermeister Schneider. Die Akteure des Projektes Das "Unternehmen Rappenwört" wurde von Personen der Stadrverwaltung geprägt. Leider hat die Literatur diese Phase det Karlsruher Kommunalpolitik bisher unzureichend wahr- genommen. Bislang wurden nur Namen wie Ernst May, Stadtbaurat in Frankfurt/M., Gus- tav Oelsner, Bausenator in Altona, Frirz Schu- machet, Oberbaudirekror in Hamburg, und Martin Wagner, Stadtbaurat in Berlin, gewür- digt. Sie standen für einen neuen Typ von lei- tenden Kommunalbeamten. Fachliche Kom- petenz und die Suche nach neuen Wegen in der Verwaltung kennzeichneten diese Persön- lichkeiten. Hermann Schneider, der Karlsru- her Baubürgermeister, kann ohne Einschrän- kungen in die Reihe dieser Personen eingeord- net werden. Ein Grund für die nur regionale Bekanntheit von Schneider und für die unge- nügende Rezeption seiner Person und Tätig- keit kann seine berufliche Herkunft gewesen 145 sein: er war kein Architekt, sondern Bauinge- nieur und war mehr Initiator und Umsetzer als Planer. Auch seine politische Herkunft als Konservativer - er war Mitglied der Zen- trumspartei - und fehlende ptogrammatisch ausgerichtete Publikationen haben vielleicht dazu beigetragen. Karl Pflästerer, Urheber des Gesamtkon- zeptes für Rappenwört, ist ein Beispiel der Kontinuität in der Karlsruher Stadtplanung von der Zeit der Weimarer Republik, über die des Dritten Reiches bis hin zu den Anfängen der Bundesrepublik. Seine Persönlichkeit be- stimmte seit Mitte der 30er Jahre bis nach dem Zweiten Weltkrieg die fachliche Arbeit, beginnend von den gestalterischen Beiträgen im Enrwurf zum Generalbebauungsplan 1926, über die unzähligen Baufluchtenpläne, Enrwürfe zum Ausbau der Stadt Karlsruhe bis zur Wiederaufbau planung Ende der 50er Jahre. Mit dem 1919 erfolgten Eineritt in das städtische Hochbauamt beginnt seine bis 1954 dauernde Berufslaufbahn bei der Stadt- verwalrung Karlsruhe . . Ab 1924 nahm das Tiefbauamt seine Dienste für die Erarbeitung des Generalbebauungsplans in Anspruch, was dort zum systematischen Aufbau des "Stadter- weiterungsbüros" unter seiner Leitung führte. 1947 wurde ihm die Leitung des Stadtpla- nungsamtes übertragen. Walter Merz, Architekt der Vogelwarte, wurde Anfang 1928 beim städtischen Hoch- bauarnt in Karlsruhe eingestellt, um am Dam- merstock-Projekt mitzuarbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete er das Hochbauamt und von 1955 an bis zu seinem Ruhestand 1961 hatte er die neugeschaffene Position ei- nes dem Oberbürgermeister zugeordneten Referenten inne. Dabei unterstand ihm das Stadtplanungsamt, das Hochbauamt und das Bauordnungsamt. Über Robert Amann, den Architekten für die Hochbauten im Rheinstrandbad, ist wenig bekannt. Er trat 1911 ins städtische Hochbau- amt ein, wurde 1913 Stellvertreter des Amts- leiters Beichel, nach dessen Pensionierung 1938 er die Amtsleitung bis 1948 übernahm. Rappenwört wird in den nächsten Jahr- zehnten wahrscheinlich wieder in den Mittel- punkt der Planungspolitik der Stadt Karlsruhe rücken. Sollte wieder einmal eine Bundesgar- tenschau stattfinden, so kann der "Rheinpark Rappenwört" ein reizvoller, weiter entwickel- ter Bestandteil dieser Unternehmung werden. HARALD RI NGLER Landesbildstelle Baden Neues Gebäude - neue Aufgaben Die im Januar 2001 in ein Gebäude des ehe- maligen Grenadierkasernenblocks umgezoge- ne Landesbildstelle Baden gehört zu den ältes- ten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland. Schon 1918 waren Freiburg, Karlsruhe und Mannheim Mitglieder des in Stettin lokalisier- ten Bilderbühnenbundes. Das vorwiegend privatrechtlich organisierte Bildstellenwesen bekam 1934 im Zuge der Vereinheitlichung und Zentralisierung des Schulwesens unter dem Nationalsozialismus eine völlig neue und für das Deutsche Reich flächendeckend orga- 146 nisiene Struktur von Landesbildstellen und Stadt- bzw. Kreisbildstellen. Dieses Verbund- system prägt heute noch das Bildstellenwesen. Im Unterschied zu den anderen Bundes- ländern, die ihre Landesbildstellen in nachge- ordnete Ämter überfühnen, blieben in Baden und Württemberg die Rechtsformen der selbstständigen Körperschaft erhalten. Beide Landesbildstellen, die badische und die wün- tembergische, blieben auch nach der Grün- dung Baden-Württembergs jeweils für ihre angestammten Landesteile zuständig. 1957 erlässt der Landtag das "Gesetz über die Versorgung der Schulen mit Filmen, Licht- bildern und Tonträgern". Dieses Gesetz, sei- nem Inhalt entsprechend das erste Bildstellen- gesetz, weist den beiden Landesbildstellen Ver- sorgungsfunktionen zu. Erst die Gesetzesno- vellierung von 1991 berücksichtigt in ihrem Aufgabenkatalog pädagogische Dienstleistun- gen wie Fon- und Weiterbildung von Pädago- gen und außerschulischen Bildungsmultipli- katoren im Medienbereich, Aufgaben der Me- dienbegutachtung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und - was für die damalige Zeit weit vo- rausschauend war - Aufgaben der Erprobung und Innovation neuer Informations- und Kom- munikationstechnologien sowie deren Trans- fer an Schulen und Bildungseinrichtungen. Des weiteren wurden auch traditionelle Aufga- ben des Verleihs, der technischen Beratung von Schulen und Bildungseinrichtungen, Ko- pierdienste von schulrelevanten Fernseh- und Rundfunksendungen und schließlich fotogra- fische Dienste zur Führung von landeskund- lichen Bildarchiven wahrgenommen. Von 1934 bis 1974,40 Jahre lang, war die Landesbildstelle Baden in Karlsruhe im ehe- maligen Prinzessin-Wilhelm-Stift in der So- phienstraße 39/41 untergebracht, wo sie auch die Fliegerangriffe heil überstanden hat. Für den Verlust des Verwaltungsarchivs und des Landesbildslellc: Baden, Sophienslraße 39/4 1, 1955 Dienstgebäude der Landesbildstelle Baden. Rastatter Straße 25. 1978 Altbestands des Bildarchivs gibt es die Vermu- tung, dass diese Teile während des Krieges nach Straßburg gekommen seien, wo maß, wie die dortigen Aktennachrichten belegen, eine oberrheinische Landesbildstelle aufbauen wollte. Der Umzug 1974 nach Rüppurr in die Rastatter Straße 25, in die ehemalige Hem- den fabrik Stecher, wurde notwendig, weil die Aufgaben der Landesbildstelle kontinuierlich 147 Neues Gebäude der Landcsbildstelle Baden, Molrkcmaße 64 , März 2001 wuchsen und somit der Raumbedarf. Der Me- dienbestand vergrößerte sich und mit ihm der Zulauf von Benutzern. Vor allem die pädago- gischen Aufgaben, wie sie 1991 ins Gesetz auf- genommen wurden, entwickelten sich mit der Medien- und Kommunikationstechnik. Das war das Aufkommen der Ton- und Videokas- setten - später auch der Disketten und CD's. Seit 1991 wird zunehmend die Zulassung von außerschulischen Benutzern diskutiert. Heute ist die Landesbildstelle Baden längst eine öffentliche Einrichtung, die jedem offen steht, der einen gültigen Personalausweis von Baden-Württemberg vorweisen kann. Medien waren lange Zeit mehr oder weni- ger die Stiefkinder der Schulpädagogik. Dies änderte sich bei der Diskussion über die Ge- walt in Medien, die zum öffentlichen Thema wurde. Erstmals bekam die Arbeit der Bildstel- len eine politische Dimension. In diesem The- menfeld wurde die heute noch bestehende Kinder- und Jugendvideothek eingerichtet. Dieses Angebot mit pädagogisch ausgewählten Medien wurde bundesweit zum Modell. Mehr als 5.000 eingeschriebene Kinder und Jugend- liche benutzen die Videothek, die in Koopera- tion mit der Karlsruher Jugendbibliothek ge- führt wird. Damit zählt sie zu den größten in Deutschland. Der zweite Anstoß für die Fortentwicklung des Bildstellenwesens kam durch die neuen interaktiven Medien. Die digitale Revolution wurde zur Herausforderung für das gesamte Schulwesen. Mit Medienoffensiven der lan- desregierung soll Anschluss an die sich atem- beraubend entwickelnde Informations- und Kommunikationstechnologie gefunden wer- den. Die Landesbildstelle Baden hat schon seit 1996 sich dieser Entwicklung geöffnet und die Parrnerschaft mit dem Universitätsrechenzen- trum erreiche. Seitdem gehört die Karlsruher Medienanstalt zu den führenden in Deutsch- land. Ohne die traditionellen Aufgaben zu vernachlässigen, konnte in der Landesbildstel- le Baden ein "Bildungsdienst" aufgebaut wer- den, der Lehrer, Schüler und bildungsinteres- sierte Bürger in die Informationsflut des Inter- nets lehrplankonform und bildungsrelevanc einführe. Die Ausleihe und Distribution von Medi- en wird mehr und mehr zur Moderation von Information aus dem Internet. Diese Entwick- lung wird sich noch weiter verstärken. Die technischen Möglichkeiten der Infor- mationsbeschaffung sowie deren Strukturie- rung sind nur in Kooperation mit bildungs- verwandten Einrichtungen zu nutzen. Die ins Netz gestellten Bildungsinhalte sind letztlich enrscheidend - nicht allein die Technik. Koo- perarionsparrner sind Universitäten, Hoch- schulen, Bibliotheken, Museen und Theater. Bei dieser Entwicklung wurde auch das Haus in Rüppurr zu klein. Mit dem Umbau der Grenadierkaserne, Moltkestraße 64, wurde der bisherige Nutz- raum von 2.000 m' mehr als verdoppele. In fünf vernetzten Übungs räumen können dort Lehrerinnen und Lehrer mit neuester Kom- munikations- und Informationstechnik ver- traut gemacht werden. Weitere Übungsräume 148 und ein Internet-Raum, den jedermann be- nutzen kann, stehen neben den traditionellen Einrichtungen, wie Ausleihe und Medienma- gazine, Bildarchiv und Schulfunktechnik der Nutzung offen. Die Ausleihe wird durch ein elektronisch gesichertes Freihandmagazin er- leichtert. MiTtelpunkt des Hauses ist ein gro- ßer Veranstaltungssaal: ein Raum der Begeg- nung mit dem medialen Kulturwirken wie Musik, Malerei, Theater und Literatur. Auf der großen Bühne steht auch ein Konzertflü- gel. Seit Dezember 2000 ist die Landesbild- stelle Zentrum und Archiv der Jugend- und Schulkunst. Dort sollen künstlerische Produk- te aus dem Kunstunterricht und auch aus den außerschulischen Kunstschulen archiviert und für Ausstellungen bereitgehalten werden. Die neue Landesbildstelle versteht sich als ein Haus der Begegnung im Bildungs- und Kunstbereich im weiten Sinne. Durch den Anschluss im World-Wide-Web ist die Lan- desbildstelle ein Haus ohne Grenzen. GÜNTER STEGMAlER Entnazifizierung in Karlsruhe 1946 bis 1951 Ein Aktivist vor der Spruchkammer Am 19. Januar 1948 verhandelte die Karlsru- her Spruchkammer VI unter Vorsitz von Wirt- schaftsprüfer Heinrich Weill gegen einen 1903 geborenen arbeitslosen Hilfsarbeiter, NSDAP- Mitglied seit 1925 und 1934 Träger der "Blut- fahne" beim Nürnberger Parteitag. Der Be- troffene, so die Bezeichnung für all jene, die sich nach dem Gesetz zur Befreiung von Na- tionalsozialismus und Militarismus einem Spruchkammerverfahren stellen mussten, war also ein "alter Kämpfer". Sein Vorstrafenregis- ter, dazu etliche teils illustrierte Zeitungsbe- richte, schließlich die Zeugenaussagen seiner politischen Gegner wiesen ihn zudem als be- rüchtigten Schläger aus, der keinen Propagan- damarsch und kaum eine Saalschlacht ausließ. Dass er hierbei auch Prügel bezog, zeigte ein dem badischen NS-Organ "Der Führer" ent- nommenes Foto. Der Aktivist war hier mit Bandagen um Kopf und Arm sowie Blessuren im Gesicht zu sehen. 1933 hau e Gauleiter Robert Wagner den bislang beschäftigungslo- sen Schläger zum Hilfspolizisten ernannt. Von nun an war er an Verhaftungen jener beteiligt, mit denen er sich bisher Saalschlachten gelie- fert hatte, begleitete gar Visiten Wagners ins nahe Konzentrationslager Kislau. Nicht nur den politisch Verfolgten, sondern auch seinem privaten Umfeld gegenüber benahm sich der Betroffene fortan wie ein "kleiner Führer", terrorisierte die Nachbarschaft und machte hierbei selbst vor Parteigenossen nicht Halt. Damit wurde er selbst seinen Fördern in der Parteileitung untragbar. 1937 schloss ihn Wagner auf massive Intervention des Stadtrats Peter Riedner wegen schädigenden Verhaltens aus Partei und SA aus. Diesen Hinauswurf stellte der Betroffene nun im Spruchkammer- verfahren als Resultat seines Widerstands ge- gen die Parteihierarchie dar, eine Strategie, die beim Kammervorsitzenden Weill um so weni- ger verfing, als es dem öffentlichen Kläger ge- lungen war, immerhin zwölf Belastungszeugen aufZubieten. Enrsprechend eindeutig gesraltete 149 sich die Beweislage. Und so konnten Heintich Weill und seine vier Beisitzer den frühen NS- Aktivisten in die Gruppe 11 der Belasteten einstufen und eine fünfjährige Lagerhaftsrra- fe, den Einzug von 80 Prozent des Vermögens sowie ein Betätigungsverbor für die nächsten acht Jahre verhängen. Das mit Hilfe eines An- walts angestrengte Revisionsverfahren bestä- tigte diese Entscheidung, doch erreichte der Betroffene im Dezember 1949 seine Entlas- sung aus dem Ludwigsburger Lager auf dem Gnadenweg. Entnazifizierungspläne der Alliierten Der geschilderte Fall war in mehrfacher Hin- sicht ein Ausnahmefall. Weit seltener als 1946 konnte in der Spätphase der Entnazifizierung 1948 eine Einstufung als Belasteter oder gar H auptschuldiger durchgesetzt werden, die noch dazu nicht nur auf den ohnehin im Mel- debogen eingeräumten Belastungsmomenten beruhte. Dazu war dieses mündlich verhandel- te eines von insgesamt 263 Verfahren gegen Haup"äter, während di~ Masse der insgesamt über 54.000 Karlsruher Entnazifizierungspro- zesse schriftlich entschieden wurden. Doch was genau bedeutete Entnazifizierung? Welche "Nazis" galt es zu ent-nazi-fizieren und, dies die erste Konsequenz, aus ihren Ämtern zu entfernen? Wer entnazifizierte? Und wie voll- zog sich diese politische Säuberung im Span- nungsfeld von amerikaniseher Direktive, öf- fentlicher Meinung und lokalpolitischem Neubeginn? Schließlich: wie ist die Entnazifi- zierung rückblickend zu beurteilen - als mög- lichst schnell zu vergessender Fehlschlag oder doch wenigstens als Teilerfolg? Die Entnazifizierung, englisch denazifica- tion, war eines jener alliierten Kriegsziele, die sich neben Demilitarisierung, Dekartellisie- rung und Demokratisierung hinter der be- kannten Formel der ,,4 0" verbargen. A1ler- dings war dieser Minimalkonsens der Konfe- renz von Jalta (Februar 1945) wenig mehr als eine Absichtserklärung, denn eine konkrere, gar einheitliche Planung der Umsetzung soll- te daraus nicht entstehen. Entsprechend ent- nazifizierte vom Frühjahr 1945 jede Besat- zungsmacht nach ihren eigenen Interessen und Vorgaben: rigide und mit einem gewissen missionarischen Eifer die Amerikaner; bis zur Anpassung an deren Sysrem 1947 eher prag- matisch Franzosen und Briten, die angesichts der prekären Situation im eigenen Land auch andere Prioritäten setzten; schließlich im Sin- ne der politischen Umgestaltung ihrer Zone die sowjetische Besatzungsmacht. Sollte hier unter dem Deckmantel der Entnazifizierung ein Austausch der politischen wie der Funkri- onseliten vollzogen werden, so beabsichtigten die westlichen Alliierten die Ausschaltung füh- render Nationalsozialisten, hingegen die Wie- dereingliederung der weniger kompromittier- ten Mitläuferin die entstehende demokrati- sche Gesellschaft. Erste Säuberungen in Karlsruhe Karlsruhe wie insgesamt das nördliche Baden war vom 4. April bis 7. Juli 1945 Teil der fran- zösischen Besatzungszone und erlebte zunächst wenig systematische Entlassungen. Dies sollte sich mit dem Einzug der Amerika- ner grundlegend ändern. Ihre Position unter- strich die neue Besatzungsmacht mit einem allgemeinen Fraternisierungsverbot und einer weit konsequenteren Säuberungspolitik. Die- ser Kurs musste sogar noch verschärft werden, als die bisherige Praxis in der US-Presse in die Kritik geriet. Die in Reaktion auf diese Vor- würfe am 26. September 1945 beschlossene Direktive N r. 8 war dann jedoch zugleich der Wendepunkt in der amerikanischen Säube- rungspolitik. Ende November 1945 entschloss man sich, die erwachsene Bevölkerung insge- 150 Gautag der NSDAP in Karlsruhe 1937. Parade vor dem Stellvertreter des Führers, Rudolf Heß, in der Kaiserstraßc am Marktplatz. samt einem gesetzlich geregelten Verfahren zu unterwerfen, um sodann all jene gleich oder nach Ablauf einer Bewährungsfrist in ihre Ämter und Positionen zurückkehren zu lassen, die nicht gänzlich kompromittiert schienen. Politisch unbelastete Deutsche sollten an der Entnazifizierung mitwirken, zudem Anfang 1946 an der Formulierung eines eigenen Säu- berungsgesetzes. Badischer Vertreter in diesem Gremium des Länderrats war der von Landes- bezirkspräsident Heintich Köhler entsandte frühere Mannheimer Rechtsanwalt August Neuburger, der mit seinem Vorschlag der Ein- fuhrung einer Kategorie V ("Vom Gesetz nicht betroffen") wesentlich zur Verfahrensvereinfa- chung beitrug. Am 5. März 1946 unterzeich- neten die Ministerpräsidenten der Länder Bayern, Württemberg-Baden und Hessen so- 151 wie der amerikanische stellvertretende Militär- gouverneur Lucius D. Clay in München das in zähem Ringen erarbeitete Gesetz zur Befrei- ung von Nationalsozialismus und Militaris- mus. Der Aufbau der Spruchkammern War damit eine innerzonal einheitliche Rege- lung getroffen, so standen die Regierungen der Länder nun vor der Aufgabe, neben dem da- zugehörenden Apparat jene Laiengremien ein- zurichten. denen die Entnazifizierung nun oblag: die Spruchkammern. Von Mitte März an bereiste der genannte August Neuburger auf der Suche nach Personal, Räumlichkeiten und Büroausstattung jene insgesamr 16 Städ- te Nordbadens, in denen solche Kammern eingerichtet werden sollten. Die feierliche Ver- eidigung der künftigen Kammervorsitzenden. öffentlichen Kläger und Beisitzer konnte be- reits am 18. April im Karlsruher Konzerrhaus stattfinden. und dies obwohl die Anforderun- gen hinsichtlich der politischen Vergangenheit dieses Personals die Suche kaum leicht ge- macht hatten. Vorzugsweise sollten NS-Opfer und Angehörige des politischen Widerstands geworben werden. Tatsächlich leitete in Karls- ruhe ein 1933 nach Frankreich emigrierter und als Sozialdemokrat und Spanien kämpfer 1940 bis 1945 in Gurs und schließlich im KZ Dachau inhaftierter Anwalt die Lagerspruch- kammer. vier seiner Vorsitzendenkollegen so- wie ein öffentlicher Kläger galten der NS-Ras- sedoktrin nach als Juden. In der Praxis wurden jedoch in erster Linie die sehr viel zahlreiche- ren Personen verpflichtet. die als Nichtpartei- genossen für unbelastet galten. Die Kammer- votsitzenden und Kläger waren faktisch laien- richter oder -staatsanwälte. die jedoch über keine juristische Vorbildung verfügen muss- ten. August Neuburger war es allerdings ge- lungen. nahezu alle nordbadischen Kammern mit Juristen zu besetzen j wie dies laut Gesetz vom 5. März lediglich für die Berufungsin- stanz votgeschrieben war. Er fand diese unbe- lasteten Juristen im Kreise seiner einstigen Anwaltskollegen. der ihm bekannten Richter und Staatsanwälte. die sich aber nicht in je- dem Fall freiwillig verpflichten ließen. Im- merhin mussten sie ihre Anwaltskanzlei ver- nachlässigen oder die Doppelbelastung einer gleichzeitigen Tätigkeit im Justizdienst auf sich nehmen. Der Spruch der Kammer lautet ... Wie vollzog sich nun die Entnazifizierung in einer Stadt wie Karlsruhe? In der Osterwoche 1946 hatten zunächst sämtliche Erwachsenen einen 14 Fragepunkte umfassenden Meldebo- gen auszufüllen und in doppelter Fertigung bei Polizei oder Bürgermeisteramt abzugeben. Da künftig nur Lebensmittelkarten erhielt. wem die Einreichung des Meldebogens quit. tien worden war, konnte ein hoher Grad an Mitwirkung. nicht zwingend jedoch an Ehr- lichkeit vorausgesetzt werden. Immerhin wurden in der Folgezeit mehr als 3.000 Karlsruher wegen Meldebogenfäl- schung angezeigt. weil sie entweder unvoll- ständige oder unzutreffende Angaben gemacht hatten. Mitunter entging jedoch auch man- cher - selbst plumpe - Fälscher der Aufmerk- samkeit der Auswerter. Jeder eingereichte Mel- debogen. nicht zu verwechseln mit dem seit Ernst von Salomons gleichnamigen Roman weit bekannteren Fragebogen, wurde eigens gesichtet und überprüft. Die anfänglich nur vier Auswerter der Karlsruher Spruchkammer harten binnen weniger Monate immerhin fast 200.000 Formulare zu bearbeiten. Nach Abschluss der Prüfung erhielten knapp 'A. insgesamt 142.000 Personen einen Postkartenbescheid mit dem Vermerk: "Vom Gesetz nicht betroffen". der für sie die Entna- zifizierung beendete. Die übrigen gut 54.000 wurden. je nach formaler Belastung. in eine der folgenden Kategorien eingereiht: Haupt- schuldige (I). Belastete (11). Minderbelastete (111). Mitläufer (IV) und. dies allerdings erst nach Abschluss eines Verfahrens. Entlastete (V). Die in Gruppe I-III sortierten Betroffe- nen. Parteimitglieder lange vor dem 30. Januar 1933. Funktionsträger. Nutznießer. erst recht Verbrecher gegen die Menschlichkeit. wurden im mündlichen Verfahren verhandelt. die üb- rigen. per schriftlichem Sühnebescheid erle- digt. In Karlsruhe erhielten gut 30.000 eine entsprechende Mitteilung. faktisch eine Ver- fahrenseinstellung gegen eine zumeist geringe Geldbuße. die einem Wiedergutmachungs- fonds zufließen sollte. 24.000. etwa ein Ach- tel aller Meldepflichtigen und zu weit über 80 152 Die Vereidigung der nord badischen Spruchkammern "".pradll du LaDdMprllldnkD 0.. 11. Köhler _ MI.a!.k'lal •• l Nel,lbw!ler Ohn dia Du.chlQhl'Vll\l du DeDlIlllzlen.nlll.c..ulz« Was erwartet die Welt? V". ku,.~", hefnde" ,ich V.rtte ... .01" ;a' .... ".ti .... l... C ..... k ..... floba .. d.. In! .i... 1 .. , •• - .... i .. " ... i •• in De .. tu:bland. 0 .. !'ilbtu 01., 0 •• hul ..... du " ..... iI, ..... H 1I '" ...... ukUn. 1,,1 di • ..,,,, AII.ba. •• In .. oll. n.inl ...... D ... udolond. ....... i .... Io .. I.I;ul ...... Ei"a. ..... iI Cel" .. Im. ... I!. ' i.di ..... ch.criib" " I,. •• i d.. Je ';'.0; oie. Allll e ,.o ••• , •• Oe .. ,,«d •• ,j .. ldllllI Eil"" 01.101 .. , "'"' oIi. 'I'.h u .. ..... • rwl •• U ud "0.1'''111. D. I in cl •• -:1"" ;(011 B.iln. D ... u .. 1& ..... ,,'" eiu" . .. Fr •• ",., ,"" • •• ,wi .. I~ '" .n .. md ..... F,ied • • cl •• W.h. Di. W.1I ...... , • • d .... B.w~" .... Il ....... 101 .In S",,, fir Cu . ... li.k.i ...... in ~ ... I"..,ODd "I.f., • nt •• H" 101, •• ud .... olm \" oie. A~.r-.ik",,,1t cl .. C ... . e. u .... lrltl. Wi. ",ä.uu ~i. u.,u D.~"c:h . I .. d ,,:l .. I1' .... d~"." 8.,"'0.,Io"t ... ",lI •• hi«", C •• I ..... 'O .. r die W.h nUn u.d uu" ki" ..... . d •• na ... Volk mit dem N' •• i •• ~ ... Im" ..... a~ In hl. Nil •• i .. 8 •. lr.un".1o <I •• tiliu. 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Schließlich forderte die amerikani- sche Militärbehörde einen allwöchentlichen Erfolgsbericht, und der musste vor allem ein hohes Quantum erledigter Fälle aufWeisen. Die eigentlichen "Führer der Provinz": Kreis- leiter Willi Worch, Ministerpräsident Walter Köhler, Innenminister Kar! Pflaumer, post- hum sogar Gauleiter Robert Wagner, dazu hohe Beamte der badischen Ministerialbüro- kratie und der Justiz, sie alle blieben erst einmal aufgespart, um dann 1948 in einer vom beginnenden Kalten Krieg geprägten Schlussstrichstimmung von Verfahrensverein- fachungen zu profitieren. Zwar suchte man- cher Kammervorsitzende dieser Ungleichbe- handlung gegenzusteuern; auch quittierten nicht wenige Beisitzer aus Protest ihren Dienst. Eine Verwässerung der einst strengen Praxis konnten sie indes kaum verhindern. Nicht zuletzt aus diesem Grund war der ein- gangs geschilderte Fall eine bemerkenswerte Ausnahme. ANGELA BORGSTEDT 153 "Mit dem Gesicht nach Deutschland" Das Schicksal der Karlsruher Familie Marum im Exil Geboren 1914, 1928 Mitglied der SPD, 1932 Jurastudium, 1933 nach Frankreich emigriert, 1939 KPD-Mitglied, seit Kriegsausbruch u. a. in den Lagern Le Vernet und Les Milles inter- niert, 1942 Auswanderung nach Mexiko, 1947 Rückkehr nach Deutschland in die sowjetisch besetzte Zone, Arbeit als Journalist und Abtei- lungsleiter im DDR-Außenministerium. Sta- tionen einer Biographie, wie sie die Gewalt- herrschaft der Nazis in Deutschland vielfach zur Folge hatte. Nachlesen kann man sie im Biographischen Handbuch der deutschspra- chigen Emigration nach 1933, wo Tausende zerstörter Lebensplanungen und Zukunfts- hoffnungen versammelt sind. Die genannten Daten markieren das Leben eines in Karlsru- he geborenen Mannes: Hans Marum, ältester Sohnes von Ludwig Marum. Sie sagen aber wenig über das Leid aus,_ das ihm und der gan- zen Familie dieses von den Nazis 1934 in Kis- lau ermordeten vormaligen badischen Sozial- demokraten, Landtagsabgeordneten, Landes- ministers, Staatsrats und Mitglieds des Reichs- rags zugefügt wurde. Noch während der Haft- zeit Marums wurde der Familie durch unge- rechtfertigte Steuernachforderungen die Fort- führung ihres bürgerlichen Lebens unmöglich gemacht, es musste eine deudich kleinere Woh- nung bewgen und zahlreicher Hausrat verstei- gert werden. Die Suche nach einer neuen Un- terkunft erschwerte die Weigerung vieler Woh- nungseigentümer. an Juden zu vermieten. Nach der Ermordung Marums erhielt die Ehe- frau vom Staat eine Rechnung für Schutzhaft- kosten. Da sie sich weigerte zu bezahlen, ließ der Karlsruher Gestapochef die Auszahlung einer Lebensvetsicherung blockieren, so dass sie nachgeben musste. Da sich so für die Fami- lie die Sicherheit des täglichen Lebens auflös- te, blieb der Ehefrau Marums und ihren drei Kindern zur Bewahrung ihrer Selbstachtung vor weiteren Demütigungen durch das NS- System und als Juden zur Rettung ihres Le- bens nur der Weg aus Deutschland in ein un- gewisses Schicksal im Exil. Emigration mit dem Gesicht nach Deutschland Flucht und Vertreibung gehören unabdingbar zu den Begleiterscheinungen diktatorischer Regime und gewaltsamer Konfliktausrragung, so auch zum Nationalsozialismus. Annähernd eine halbe Million Menschen emigrierten aus Deutschland während des Dritten Reiches, darunter etwa 280.000 Juden. Alle antisemiti- schen Maßnahmen der Nazis zielten letztlich auf die Vertreibung der Juden. Aber der anti- jüdische Feldzug, der Kampf gegen den Kul- turbolschewismus, gegen "Pazifismus" und "Internationalismus" meinte zugleich alle Er- scheinungen der künstlerischen Avantgarde und der linken politischen Kultur. Da aber unter den Intellektuellen und Künstlern die Juden zahlreich vertreten waren, fielen bei ei- nem kleineren Teil der Emigranten rassische und politische Motive für die erzwungene Flucht aus der Heimat zusammen. Die Mit- glieder der Familie Ludwig Marums zählen gewiss ebenso zu den Emigranten aus rassi- schen wie zu den etwa 30.000 Emigranten aus politischen Gründen. Vor allem die politi- schen Emigranten lebten "Mit dem Gesicht nach Deutschland". So hat es Otto Wels aus- gedrückt, der Fraktionsvorsitzende der SPD, der 1933 im Reichstag in einer mutigen Rede 154 für die SPD als einziger Partei das Ermächri- gungsgesetz Hiclers abgelehnt hatte. Die Hoff- nung, wieder nach Deutschland zurückkehren zu können. erlosch zuletzt, auch wenn etwa Thomas Mann schon 1938 erkennen musste, "dass die Deutschen sich mit Hitler und Hit- ler sich mit Deutschland identifiziert hatten". Zahlreiche, vor allem politische Emigranten sahen sich denn auch nicht als Ausgestoßene und passive Opfer des NS-Regimes, sondern als aktive deutsche Hitlergegner, für die das Exil nicht nur ein persönliches Schicksal, son- dern auch eine polirische Aufgabe bedeutete. Den nach 1945 zurückgekehrten Emigranten vorzuwerfen. sie seien "vaterlandslose Gesellen", war daher ungerechtfertigt. Der genaue Blick auf Einzelschicksale und sinnlose menschliche Tragödien wie sie die Familienmitglieder Ma- rum trafen, erweisen den Vorwurf als scham- lose Verunglimpfung des politischen Gegners in der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Exil der Marums in Paris Nach dem Mord an Ludwig Marum fanden sich bis 1936 die Familienmitglieder in Paris ein, damals ein wichtiges Zentrum der poli- tisch-intellektuellen Emigration aus Deutsch- land. Hans war schon im April 1933 über Straßburg dorthin gegangen. Seine Mutter folgte ihm im April 1934 mit der noch nicht funf2ehnjährigen Schwester Brigitte, seine äl- tere Schwester Elisabeth kam nach Abschluss einer Ausbildung als Krankengymnastin in Berlin, wo sie im März 1933 noch ihr erstes juris tisches Staatsexamen abgelegt hatte, 1936 in die Stadt. Sie traf dort ihren Freund den Juristen Heinz Lunau wieder, den sie im Juli 1937 heiratete. H ans hatte kurz zuvor Sophie Gradenwitz, die Tochter eines Rabbiners und studierte Germanistin geheiratet, die Ende des Jahres einen Sohn zur Welt brachte. Brigitte hatte mit Peter Hollaender, ebenfalls ein Emi- grant aus Deutschland 1938 einen Freund ge- funden. Das weitere Umfeld der Verwandten umfasste insgesamt erwa 50 Personen: Juden und Nicht juden, Sozialisten, Kommunisten und Parteilose. Wenn man so will, ein Mikro- kosmos der deutschen Emigration in Frank- reich. . Die Situation der "Kernfamilie" Marum in Paris steUte sich vor Kriegsbeginn in wenigen Worten etwa so dar: Johanna lebte bescheiden von den Erträgen der ausbezahlten Lebensver- sicherung ihres Mannes mit ihrer Tochter Bri- gitte. Diese hatte Gelegenheitsarbeit als Sekre- tärin, ihr Freund Peter Hollaender arbeitete in einer Buchhandlung. Elisabeth verdiente den Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit als Krankengymnastin - den Emigtanten war das Arbeiten offiziell nicht erlaubt. Heinz setzte seine schriftstellerische Tätigkeit fort - 1936 war in Brüssel ein Buch über die Zerstörung der Rechtsstaatlichkeit durch die Nazis und 1939 eines über die Politik des Völkerbundes erschienen. Sophie arbeitete schwarz als H aus- angestellte, H ans hatte eine Anstellung beim Büro des Jüdischen Weltkongresses, der haupt- sächlich jüdische Flüchtlinge unterstützte. Beide beteiligten sich an den Aktivitäten der Exil-KPD. Internierungen im Zweiten Weltkrieg Der Kriegsausbruch am I. Seprember 1939 brachte für die Familien einschneidende Ver- änderungen. Es folgre zunächst die monate- lange Trennung der Ehepartner durch die in- ternierung der Männer in weit entfernten Or- ten. Hans blieb bis zu seiner Auswanderung 1942 in verschiedenen Lagern u. a. in Le Ver- net. Heinz und Peter erhielten Anfang 1940 den Status eines Prestatär, d. h. sie wurden in eine militärische Hilfstruppe eingereiht. So- phie zog Ende Dezember 1939 als Leiterin eines Schullandheims der Quäker nach Char- 155 Inhaftierte im Internierungslager Le Vernet 1940/41, mes-sur-Rhöne/Ardeche, wohin ihr ihre Mut- ter mit ihrem Sohn folgten. Elisabeth, die mit Heinz vom Kriegsausbruch in Saint-Tropez überrascht wurde, wo sie zum Urlaub bei Ver- wandten eingeladen waren, saß dort wegen des Reiseverbots für Ausländer fest. Als Heinz im März 1940 erstmals seit Oktober seine Frau wieder sehen konnte, telegraphiert er: .. Kom- me heute, Sonntag, auf Urlaub. Glückseligkeit. Marum". Mit dem AngriffHitlers auf Frankreich am 10. Mai 1940 und dessen Niederwerfung in sechs Wochen verschlechterte sich die Situation der Flüchtlinge weiter. Ab dem 12. Mai wur- den nun neben den Männern auch alle deut- schen Frauen interniert. Brigitte, Johanna und Elisabeth trafen sich im Juni in dem Lager Gurs am Fuß der Pyrenäen, das sie bereits im Juli wieder verlasssen konnten. Sophie blieb von der ,Internierung verschont, da sie ein Kleinkind zu versorgen hatte. Allerdings ver- lor sie nun ihre Stellung und musste ihren Sohn in ein Heim in Limoges geben. Elisabeth kehrte nach Saint-Tropez zurück, Brigitte ging nach Toulouse, wo Peter und Sophie in einem alten Pferdestall hausten. Heinz Lunau erleb- te eine turbulente Zeit und eine erneute lange Trennung von Elisabeth. Er kam im Mai/Juni als Prestatär in Le Mans zum Einsatz und musste über Bordeaux mit einem Schiff nach Casablanca fliehen. Dort wurde er wieder in- terniert und fand nach der Ausmusterung im Oktober Arbeit auf einem Bauernhof. Auswanderung nach Übersee und Tod im KZ Nach der Freilassung der Marum-Frauen aus Gurs richteten sich nun alle Bemühungen neben der alltäglichen Sorge um den lebens- unterhalt, um ein Dach über dem Kopf und um warme Kleidung für den Winter, darauf, die für die Flucht vor den Nazis nötigen Papie- re für die Ausreise zu bekommen. Auswande- rungsvorbereitungen, Schiffspassagen und rlie Angst, nicht mehr aus Europa wegzukommen, bestimmten nun den Lebensrhythmus. Um die Vorbereitungen zu beschleunigen, übersie- delten Johanna, Sophie und Brigitte im März 1941 nach Marseille, wohin Elisabeth ihnen folgte. Heinz betrieb seine Auswanderung von Casablanca aus, während Hans in das Lager Les Milles verlegr wurde. Einer Auswanderung standen aber hohe bürokratische Hürden entgegen. Man benötigte eine bezahlte SchifTs- passage, deren Erhalt an ein Einreisevisum für ein Aufnahmeland gebunden war. Dessen Dauer war begrenzt - für die USA vier Mona- te - wie auch das erforderliche französische Ausreisevisuffi. Benötigt wurden ferner: ärzt- liches Attest, Ausfuhrerlaubnis für das Reise- geld, bei Internierten zusätzlich Führungs- zeugnis und Entlassungsschein. Für all das musste man Dokumente besorgen, abschrei- ben und beglaubigen lassen. Das kostete Zeit und Geld und man benötigte Reisegenehmi- gungen. Ohne finanzielle und andere Unter- stützung von Hilfsorganisationen und Freun- den oder Verwandten in den Aufnahmelän- dern war das nicht zu schaffen. Für die Ma- rums waren von besonderer Hilfsbereitschaft Elisabeths Jugendfreunde aus Karlsruhe, Paul und Susie Schrag, die 1937 nach New York 156 ausgewandert waren. Elisabeth und ihre Mut- ter erreichten nach etwa einem Jahr Bangen im September 1941 auf der "Navemar" New York, Heinz ging nach teils zermürbendem Warten im Dezember 1941 dort an Land. So- phie und Hans waren erst im April 1942 mit Sohn und der wenige Monate vor der Abreise geborenen Tochter in Mexiko am Ziel. Im Gegensatz zu diesem bei allem Unglück guten Ende nahm die Geschichte für Brigitte und Peter ein tragisches Ende. Brigitte, die 1941 hochschwanger in Marseille zurückbleiben musste, gebar Ende Juli ihren Sohn Pierre. 1942 musste sie ihn, da sie keine Arbeit und kein Geld mehr hatte, in das Heim in Limoges geben. Versuche, in die Schweiz zu flüchten, misslangen. Im Januar 1943 wurde sie bei ei- ner Razzia in Marseille verhaftet und im März von Drancy bei Paris in das KZ Sobibor trans- portiert, wo sie unmittelbar nach der Ankunft vergast wurde. Ihr Freund Peter, der Vater des Kindes, von dem sie sich getrennt hatte, kehr- te Ende März 1941 wahrscheinlich auf Drän- gen der KPD nach Deutschland zurück, um im Untergrund tätig zu werden. Die Gestapo fasste ihn aber schon nach zehn Tagen. Er kam im April 1942 im KZ Sachsenhausen um. Das Baby der beiden überlebte glücklichetweise mit den Kindern von Limoges, die in die Schweiz gebracht werden konnten. Nach Kriegsende gelangte Pierre mit einem Kindertransport nach Palästina, wo ihn eine Familie adoptierte. Emigration als Teil des "anderen Deutschland" Das Beispiel der Familie Marum mag stellver- tretend den Selbstbehauptungswillen des "an- deren Deutschland" gegenüber dem Ungeist der Vernichrung belegen. Das Wissen um die Rückwanderung nach 1945 und deren Bedeu- tung für den Aufbau eines demokratischen Staates in Deutschland kann und sollte allerdings weder bei den Betroffenen noch bei den Nachgeborenen die vielen persönlichen Opfer und Tragödien der Emigration überla- gern. Denn die Vertreibung ganzer Volksgrup- pen aus ihrer angestammten Heimat, mit der Umschreibung "ethnische Säuberung" auf eine ebenso glatte wie menschenverachtende Formel gebracht, ist bis in unsere Tage vielfach geübte Praxis zur Konsolidierung der Macht innerhalb von Diktaruren oder bei der Okku- pation fremden Territoriums. MANFRED KOCH Am Oberrhein: Alltag, Handwerk und Handel 1350-1525 Vor etwas mehr als 30 Jahren fand im Schloss in Karlsruhe eine sehr erfolgreiche Ausstellung statt, an die sich viele Karlsruher heute noch gern erinnern. Sie hieß "Spätgotik am Ober- rhein" und breitete a11 die Schätze an kirchli- chem Silber, an Graphik, Bildhauerei, Glas- malerei und Textilien aus, die im nHerbst des Mittelalters" eine wohlhabend gewordene Be- völkerung zu Gottes und zur eigenen Ehre hat herstellen lassen. Inzwischen hat sich das Interesse der For- schung und der Museumsbesucher auch ande- ren Dingen zugewandt: Wie haben die Men- schen damals gelebt? Wie war ihr Alltag? Da- 157 neben ziehen Mittelalterfeste - von denen manche wenig mit der Realität des Lebens im Mittelalter zu tun haben - Tausende von Zu- schauern in ihren Bann. Fremd und vertraut, fern und anziehend zugleich ist vieles in der mittelalterlichen Stadt. Das beginnt mit einem ganz grundle- genden Aspekt des Zusammenlebens in einer mittelalterlichen Stadt: die Bürger verwalten ihre Stadt selbst. Sicher, nicht jeder Einwohner der Stadt ist Bürger, und das Gleichgewicht zwischen Patriziern und Bürgern ist überall erwas anders austariert. Aber die Bürger sind in Zünften organisiert und auf diese Weise bestimmend für oder doch aktiv eingebunden in das politische Geschehen. Wehrhafte Städte Politik: das kann ein Vertrag mit einer anderen Stadt über gegenseitige Zollerleichterungen bedeuten oder den Kampf um den Erhalt der Reichsunmittelbarkeit, d. h. der unmittelbaren Unterstellung unter den' Kaiser. Das kann der Beitritt zu einem Münzbund sein, der durch die Festsetzung eines bestimmten Silbergehalts und eines bestimmten Gewichts die jeweiligen Münzen vergleichbar macht und damit den Handel erleichtert; oder auch der Entschluss, einen Adligen anzugreifen, der die Stadt durch Überfälle auf die eigenen Kaufleute mit Gei- selnahme und Lösegelderpressung schädigte. Welche Bedeutung solche Auseinanderset- zungen für einzelne Städte hatten, lässt sich erwa am Beispiel der Stadt Hagenau ablesen, die von 1359 bis 1473 sechzehn länger dau- ernde Konflikte auszutragen hatte, meist mit Adligen, aber auch mit der Stadt und dem Bischof von Straßburg. 1m Einzelfall dauetten sie über 20 Jahre. In allen diesen Fällen und natürlich auch bei größeren Auseinandersetzungen, in die Städte am Oberrhein hineingezogen wurden, bedeutete das ganz persönlichen Einsatz und ganz persönliche Gefahr: die eigenen Bürger bildeten das Militär der Städte. In Straßburg ist der Aufbau dieser Organisation gut überlie- fert. Am Ende des 14. Jahrhunderts verfügte die Stadt über eine Truppe von erwa 1800 Mann, die im Bedarfsfall durch bezahlte Sol- daten aufgestockt werden konnte. Die Orga- nisation lief über die Zünfte und die ConstD- feln, in denen die patrizischen Bürger zusam- mengefasst waren. Diese bildeten die beritte- nen Verbände, während die Zunfthandwerker die Fußtruppe stellten. Für ihre Ausrüstung mussten sie alle selbst sorgen. Für einen Fuß- soldaten bedeutete das die Anschaffung eines Kopfschutzes (Beckenhaube oder Eisenhut), eines Kettenhemdes mit Manschettenkragen und einem Unterleibschutz aus Kettenge- flecht, dazu kamen Brustblech und Armschie- nen, Handschuhe und ein Beingewand. An Waffen hatte er entweder einen Spieß oder eine Mordaxt bereitzustellen, dazu ein Schwert. Musterung und allgemeine Überprüfung der Ausrüstung fanden mindestens jährlich statt. Aus Steuergeldern erwarb und verwahrten die Städte daneben weitere Waffenvorräte in Zeughäusern: ein Verzeichnis aus Basel von 14151istet unter anderem 250 Plattenharni- sche, 164 Panzerhemden, 324 Armbrüste mit über 6.000 Bolzen, dazu Schilde, Spieße und Feuerwaffen auf. Der regelmäßige Wachdienst auf der Mau- er, organisiert über die Zünfte, gehörte ebenso zu den Pflichten der durch ihren Eid (Bürger- eid) gebundenen Bürger wie die Mithilfe im Brandfall. Auch hier wurden die Aufgaben nach Zünften verteilt, die Zimmerleute z. B. mussten ihre Beile und Äxte zur Brandbe- kämpfung mitbringen. Und wehe, einer hätte die Rettung seines eigenen Hab und Gut für wichtiger angesehen! Empfindliche Strafen waren für solche Fälle vorgesehen. 158 Das bedeutendste Frachtschiff auf dem Rhein war der so genannte Oberländer. Er hatte keine Segel : am Mast wurden die Treidellcinen befestigt. Regulierung des städtischen Lebens In welchem Maß der Rat der Stadt jeweils das Leben innerhalb der Mauern organisierte und regulierte, lässt sich den städtischen Ordnun- gen enmehmen, die aus vielen Städten des spä- ten Mittelalters überliefert sind, so auch aus Srraßburg. Dort werden in der Zunft- und Po- lizeiordnung der Friedensbruch zwischen Bür- gern und Fremden oder auch zwischen zwei Bürgern geregelt, die Organisation des Spitals und des Leprosenhauses ("Gudeutehaus), Gewerbeordnungen der Bäcker, Metzger, Fi- seber u. a., das Betderwesen, Torhut und Müns- terwacht, Markt- und Mühlenordnungen und vieles andere mehr. Kein Wunder, dass es eine zunehmende Zahl von Ämtern in den Städten gibt: in Ba- sel wissen wir von der Kanzlei mit dem Stadt- schreiber, von dem Wachtmeister und dem Torhüter, vom Kaufhausschreiber für die städ- tische Güterverwaltung, dem Werkmeister für den städtischen Bauhof und dem Büchsen- meister für das Bauwesen. Andere städtische Ämter waren z. B. das des Waagmeisters, des Kornmessers, des Brotschauers. Manche klei- neren Aufgaben erlaubten auch Handwerkern, deren Einkommen nicht ausreichte, ein Zu- brot: Schneider und Pförmer, Seiler und Bote, Glöckner und Leinenweber sind Beispiele, die sich in Heidelberg nachweisen lassen. Bauen in der Stadt Mit den städtischen Ämtern entstehen auch städtische Bauten. Ob Rathaus mit Kanzlei 159 (Basel). ob Kaufhaus (Colmar) oder Zeughaus (SchIertstadt) oder Kornhaus (Thann). sie ver- treten im Grunde alle einen Bautypus. In der Regel war im Erdgeschoss eine große Halle. Das Obergeschoss wurde als Versammlungs- raum genutzt (z. B. auch als Tanzhaus) und hatte oft eine Stube abgeteilt für Sitzungen im kleineren Kreis. oder es diente als Lagerfläche ebenso wie das mehrstöckig unterteilte Dach; Ladeluken und Seilwinden ermöglichten den Waren transport. Dass in den engbebauten Städten des Mit- telalters überhaupt Platz für solche Gebäude gefunden wurde. "verdankte" man wohl der Pest. Als 1347-1351 der "Schwarze Tod". die erste große Pestwelle im Mittelalter durch Europa zog. starb etwa ein Drittel der Bevöl- kerung. Damit verödeten Grundstücke. gan- ze Stadtviertel fielen wüst. Dazu karnen als po- tentielle Bauplätze jüdische Synagogen. Nach der Vertreibung der Judengemeinden. nach- dem es in der Pestzeit zu schrecklichen Pogro- men gekommen war. bauten Freiburg (1424) und Speyer (1534) an diesen Stellen jeweils ihren Werkhof mit Z~ughaus. Schlenstadt nütze das Areal als Bauplatz fur ein Kaufhaus. Was fur die Großbauten gilt. trifft auch fur die Privathäuser zu: Sie konnten fur die unter- schiedlichsten Gewerbe genutzt werden. von Kaufleuten. Geistlichen. Handwerkern oder auch Gastwirten. In allen Häusern diente das Erdgeschoss dem Gewerbe des Bewohners. als Werksra[[J als Kontor, zur Repräsentation. Die beheizbare. holzgetäfelte Stube. die Kammer und - bei reichen Familien - der Saal lagen im Obergeschoss. ebenso die Küche. Bei dreige- schossigen Häusern war oft das zweite Ober- geschoss nicht mehr vollständig zum Wohnen ausgebaut. sondern diente partiell als Lagerflä- che. ebenso wie Keller und Dach. Nur in Aus- nahmefällen lassen Quellen erkennen. ob ein Anwesen von einer Familie bewohnt. oder teil- weise vermietet war, was wohl häufig vorkam. Die kleineren Handwerker oder gar Tagelöh- ner konnten sich kein eigenes Haus leisten. Die Anlage von Kellern hängt stark vom Un- tergrund ab. Bei nassem Boden. wie in Basel. gab es gar keinen Keller. in Freiburg wurde er - zum Teil zweistöckig - nachträglich abgetieft. Der Wandel in der Ausstattung ist schwe- rer zu fassen. als der ästhetisch-modisch be- dingte Wandel vom "Oberdeutschen" zum "Fränkischen" Fachwerk. Sicher ist. dass höl- zerne Wandverkleidungen. abgehängte Boh- lendecken sowie rauchfrei vom Gang aus be- heizte Kachelöfen in der Stube früh zum Stan- dard gehörten. Die gereihten Fensteröffnun- gen sind innen in einer breiten Fensteröffnung zusammengefasst. Hier macht sich nun der technische Fortschritt deutlich bemerkbar: die billigere Produktion von Fensterglas. beson- ders von runden, leicht zu transportierenden "Butzenscheiben" ermöglichte es. zunehmend mehr Fenster zu verglasen. die zuvor nur mit Leinwand oder Holzläden verschlossen waren. Im ländlichen Bereich muss man noch sehr viel länger mit so einfachen Fensterverschluss- Lösungen rechnen. z. B. auch bei der Stube ei- nes Weinbauernhauses aus Auggen bei Neuen- burg. die 1556/60 erbaut wurde und noch ganz mittelalterlichen Traditionen folgt. Sie wurde - da fur den Abriss bestimmt - in das Badische Landesmuseum überführt. Ernährung Weinbau war eine sehr wichtige Einkommens- quelle am Oberrhein. zu beiden Seiten des Flusses, wenn auch der elsässische Wein im- mer als der bessere galt. Den konnten sich aber die wenigsten leisten - dafur wurde er bis nach England und in den östlichen Hanseraum ex- portiert. Der Alltagswein hatte wohl wenig mie dem Getränk zu tun, das wir unter diesem Namen kennen. Und das Essen? An erster Stelle stand da der Brei. nicht umsonst enäh- 160 Das älteste erhaltene Kanenspiel aus der Zeit um 1430 stammt vom Oberrhein. Bald soll ten die gedruckten Kar- tenspiele ihren Siegeszug antreten. len die Märchen vom Hirsebrei. Getreidebrei braucht sehr viel weniger Enetgie zur Herstel- lung als Brot, war also billiger. Aber auch Mus (davon das Wort Ge-Müse) aus Linsen, Erb- sen oder Bohnen war ein wichtiger Nahrungs- bestandteil. Die Nonnen des Klosters Günters- tal zum Beispiel aßen abwechselnd grünes und gtaues Erbsenmus und einmal in der Woche Gerstenbrei. Brot und Wasser wurde immer- hin den Stadtarmen gereicht (Spitalordnung von Konstanz). Man muss sich Roggenbrot darunter vorstellen, das - doch den Zusam- menhang kannte man nicht - immer wieder durch Mutterkorn verunreinigt war und so Ergotismus verursachre. (Die damals ,,Antoni- 161 usfeuer" genannte Krankheit ließ die Glied- maßen bei lebendigem Leib abfaulen). Nur an besonderen Tagen oder bei entsprechendem Einkommen gab es helles Dinkelbrot. Weizen war selbst am Oberrhein noch sehr selten, da er viel anfälliger ist als andere Getreidesorten. Mit einem geschätzten Ertrag von 5 : 1 lag üb- rigens die Getreideernte am Oberrhein leicht über dem mitteleuropäischen Durchschnitt. Dennoch blieben auch hier Hungerjahre auf Grund von Missernten nicht aus. Eier gab es häufig, die wurden auch dem Gesinde vorgesetzt, Fleisch nur außerhalb der Fastenzeiten, dann aber nach Vermögen - und da waren die Unterschiede beträchtlich. Ein großer Teil der Bevölkerung lebte an oder sogar unter der Armutsgrenze. Auch darum waren die Zünfte fur die Handwerker so wich- tig: sie versuchten die Arbeit gleichmäßig zu verteilen, sie unterstützten in Not geratene Mitglieder bzw. deren Witwen und Waisen. Zugleich aber waren sie Qualitätsgaranten für die Arbeit ihrer Mitglieder. Nicht nur bei Goldschmieden, wo wir das heute noch ken- nen, auch bei anderen Schmieden, bei Webern und Färbern, kurz überall überprüften Ge- schworene des Handwerks die Einhaltung der vereinbarten Normen. Die Bußen waren sehr hoch, wenn etwas fehlerhaft war. Stoffe etwa, die nicht die vor- geschriebene Webdichte hatten, wurden zer- schnitten. Damit waren Material und Arbeits- zeit verloren, eventuell drohte eine zusätzliche Geldstrafe und als letzter Schritt bei schweren und wiederholten Verstößen der Ausschluss aus der Zunft. BRIGITTE HERRBACH-SCHMIDT Die Karlsruher Majolika-Manufaktur Ein Rückblick auf die letzten 25 Jahre des 100-jährigen Unternehmern Ein Staatsuntemehmen im Niedergang Die Absicht, ihren Geburtstag 1976 mit einer Ausstellung im Badischen Landesmuseum groß zu begehen, konnte nicht darüber hinwegtäu- schen, dass die Karlsruher Majolika-Manufak- tur, die in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen feiern sollte, nicht zu den Lieblingskindern des Finanzministers gehörte. Die Ertragslage des Unternehmens, das zuerst der Großherzogli- chen Zivilliste unterstanden hatte, dann dem Land Baden gehörte und schließlich seit der Gründung des Südweststaats 1952 im Besitz des Landes Baden-Württemberg war, bot ihm zu Srolz und Freude auch wenig Anlass. Was die Badischen Neuesten Nachrichten über das Geschäftsjahr 1973/74 berichtet hatten. bei dem ein Umsatz von über 3 Millionen DM erzielt worden war, galt im Prinzip auch noch zwei Jahre später: "Die Erlöse, die das Land Baden-Württemberg jährlich kassiert, sind nicht überwältigend. Es gab auch Defizite bei der Jahresbilanz, und einmal wurde ein Ge- winn von sage und schreibe 69 Pfennig regis- triert." Der anschließende Hinweis, dass "die finanzielle Seite, so wichtig sie sein mag, [ ... 1 nicht die alleinige Rolle" spiele, war letztlich nicht sehr trostreich. Denn auch auf künstlerischem Gebiet bot die Majolika-Manufaktur ein zwar vertrautes, aber nicht eben große Erwartungen wecken- des Bild. Ihre Produktion wurde von Kerami- kern und Keramikmalern bestimmt, die wie Karl Heinz Feisst, Dietmar Liedke, Fridegart Glatzle und KarlTIll schon lange, teilweise seit Jahrzehnten in ihren Diensten standen. Sie lie- ferten nach wie vor solide Arbeit und waren so wichtige Stützen des Unternehmens, warteten aber nicht gerade mit zukunftsweisenden Ideen auf und wurden wohl auch von der Un- ternehmensleitung kaum künstlerisch heraus- gefordert. Was die Karlsruher Majolika in die- sen Jahren an Neuheiten produzierte, waren in erster Linie Fliesen und Wandteller mit Blu- men und Landschaftsmotiven, die dem Ge- schmack eines breiten Publikums entgegen- kamen, künstlerisch aber nicht überzeugen konnten. Dass die Manufakmr immer noch ein in technischer Hinsicht leistungsfahiges Unter- nehmen war, belegen die zahlreichen Fremd- aufträge, die von Editionen für Buchgemein- schaften über Spezialkollektionen bis zu Jubi- läumsgeschenken und Werbeartikeln aller Art reichten und schließlich etwa 35 Prozent der Produktion ausmachten. Interessante Ergeb- nisse brachte zum Beispiel die Tätigkeit für die Büchergilde Gutenberg, die nicht nur Teller nach historischen Vorbildern bestellte, sondern auch mit Künstlern wie Franz Dewald zusam- menarbeitete, deren Plastiken und Wandteller den Mitgliedern exklusiv angeboten wurden. Der wichtigste Kunde war seit Ende der 60er Jahre die Karlsruher Firma Rettmer & Luy, die eine umfangreiche Kollektion dekorativer Lampen und Wohnaccessoires fertigen ließ. Außer unter dem Markennamen "lma-Leuch- ten" angebotene Tischlampen, Hängelampen und Wandappliken gehörten dazu Vasen, Schalen und Dosen verschiedener Größe. Dafür wurden in der Manufaktur spezielle Glasuren mit metallischem Glanz oder mar- morartiger Wirkung entwickelt. Die Kollekti- on bewies. dass unter Ausnützung der techni- schen Möglichkeiten der Majolika zeitgemäße Produktlinien zu verwirklichen waren. Auf das 162 eigene Programm der Manufaktur blieben solche Anregungen aber ohne Auswirkung. Partner gesucht - und gefunden Gegenüber der Blütezeit des "Wirtschaftswun- ders" hatte sich die Belegschaft des Unterneh- mens seit den späten 60er Jahren um die Hälf- te auf etwa hundert Mitarbeiter reduziert. Trotzdem verschlangen die Löhne den größ- ten Teil der Einnahmen. Die geringe Produk- tivität, die Ursache für das steigende Defizit war, machte Ende der 70er Jahre eine Moder- nisierung des Betriebs unabweisbar. Eine durchgreifende Sanierung hätte jedoch be- ttächtliche Investitionen erfordert, für die das Land Baden-Württemberg die Mittel nicht bereitstellte. "Um das Unternehmen zu erhal- ten und die ArbeitSplätze zu sichern" - so das Finanzministerium im Oktober 1977 - "habe sich das Land entschlossen, das Stammkapital in Höhe von 500.000 Mark an einen 'poten- ten Interessenten' zu übertragen." Diesen glaubte man in Prinzessin Theresa zu Fürsten- berg gefunden zu haben. Als die Verkaufsplä- ne bekannt wurden, formierte sich in der Karlsruher Öffentlichkeit Widerstand mit dem Hinweis, dass die Majolika-Manufaktur nicht nur ein Wirrschaftshetrieb, sondern eine mit der Stadt fest verbundene kulturelle Ein- richtung sei, die öffentliche Förderung bean- spruchen könne. Nachdem die SPD eine Pri- vatisierung rundweg abgelehnt hatte, wurde am 16. November 1977 mit den Stimmen von CDU und FDP im Gemeinderat eine Ent- schließung verabschiedet, die forderte: "Das ArbeitSplarzangebot der Manufaktur muss dauerhaft gesichert bleiben, die Zusammenar- beit der Manufaktur mit freien Künstlern muss gefördert werden. Landesregierung und Landtag müssen die vorgenannten Ziele mit einer nach Aktienrecht erforderlichen Beteili- gungshöhe sichern." Dieser Linie folgte auch der Landtag, der in seiner Sitzung vom 26. Januar 1978 den bereitS ausgehandelten Ver- kauf ablehnte. In der Gernsbacher Katz-Werke AG wurde im Lauf des Jahres 1978 schließlich ein Partner gefunden, der bereit war, 74,8 Pro- zent der Aktien zu erwerben, während das Land Baden-Württemberg eine Sperrminori- tät von 25,2 Prozent behielt. Die Vereinba- rung mit den neuen Haupteigentümern, die Investitionen in Millionenhöhe zugesagt hat- ten, sah vor, eine langfristige wirtschaftliche Sicherung des Betriebes unter Berücksichti- gung seiner künstlerischen Tradition zu ge- währleisten. Auf diese Tradition verwies mit Nachdruck die große Jubiläumsausstellung, die wegen der schwierigen Forschungslage erst mit einiger Verspätung 1979 im Badischen Landesmuse- um gezeigt werden konnte. Die Verschiebung kam in der neuen Situation durchaus gelegen, rückte die Manufaktur durch die historische Leistungsschau im Schloss doch verstärkt ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Der neue Vorstand ging auch zügig daran, das Unternehmen aus der Talsohle zu führen. Das Kapital wurde auf eine Million DM er- höht, vor allem aber bemühte man sich, zusätz- lich zu den bewährten Kräften, neue Künstler für das Unternehmen zu gewinnen. Dazu war vorgesehen, neben sieben 5rammateliers zwei Gastateliers einzurichten und Kontakte zur Kunstakademie zu knüpfen. Im Bereich der Serienproduktion setzte man zum einen auf anspruchsvolle, künstle- risch gestaltete Keramik, zum andern auf Ge- brauchs gerät in einem zeitgemäßen Design. Die erste Position wurde seit 1979 von Flori- an Merz vertreten, der mit einzelnen bemalten Vasen und Tellern der Manufaktur einen Weg wies, ihrem überkommenen Anspruch als kunstkeramische Werkstätte unter veränderten Bedingungen gerecht zu werden. Mit Hans Theo Baumann konnte einer der angesehens- 163 ten deutschen Designer für die Karlsruher Majolika gewonnen werden. Zwischen 1979 und 1981 schuf er eine rund hundert Model- le umfassende Kollektion von Schalen, Tellern, Vasen, Dosen und Leuchtern in klaren, wei- chen Formen, die durch das Farbenspiel ein- ander überlagernder Glasuren ihren besonde- ren Reiz erhielten . Enttäuschte Hoffnungen und ein bescheidener Neuanfang Obwohl mit der Verpflichtung von Metz und Baumann ein künstlerischer Neuanfang ver- sucht wurde und auch auf dem Gebiet der Baukeramik Verbindungen zu Bildhauern wie Jürgen Goertz und Mathias Ohndorf zustan- de gekommen waren, musste die Majolika Ende 1981 eingestehen, dass sie kein gutes Jahr hinter sich hatte. Einbrüche gab es ange- sichts starker Konkurrenz nicht nur bei den Ofenkacheln, deren noch wenig ausgereifte Produktion von der Geschäftsleitung forciert worden war, sondern auch bei den Geschenk- artikeln. Für Januar 1982 musste daher für etwa die Hälfte der rund hundert Beschäftig- ten Kurzarbeit beantragt werden, und im Frühjahr wurde der Personalstand auf80 Mit- arbeiter verkleinert. Um die Schwierigkeiten zu überwinden und in Erwartung einer weite- ren Kapitalzufuhr durch die Katz-Werke und das Land Baden-Württemberg, gewährte die Stadt Karlsruhe dem "künstlerisch bedeuten- den Betrieb, der für das Image unserer Stadt sehr wichtig ist", wie Oberbürgermeister Dul- lenkopf unterstrich, einen verlorenen Zu- schuss in Höhe von 300.000 DM. Angesichts der ungünstigen Konjunkturlage brachten die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen jedoch nicht den erwarteten Erfolg. Die Katz-Werke AG geriet durch die Verluste der Majolika- Manufaktur 1982 selbst in Schwierigkeiten und beschloss daher, mit Ablauf des Geschäfu- jahres 1982/83 aus dem ,,Abenteuer Majolika" auszusteigen. Mit Wirkung vom I.Juni 1983 wurde das Land Baden-Württemberg wieder alleiniger Besitzer der Staatlichen Majolika- Manufaktur Karlsruhe, entschloss sich jedoch, den Betrieb nur noch "als kleine, aber hoch- qualifizierte Kunsrwerkstätce "mit etwa 25 Mitarbeitern weiterzuführen. Diese Schrump- fung rettete die Manufaktur - zumindest vor- läufig - vor dem endgültigen Ruin, bedeutete aber den bis dahin schwersten Einschnitt in ihrer Geschichte. Zum Alleinvorstand wurde Helga Wit- kowski bestellt, die schon seit 1955 im Bereich Baukerarnik der Manufaktur tätig gewesen war. Ihr gelang es, das Unternehmen mit durch- schnittlich etwa 30 Mitarbeitern allmählich zu konsolidieren und die Erträge zu verbessern, wobei sie auf das bewährte Sortiment setzte und die Neuansätze der vergangenen Jahre nicht weiter verfolgte. Ein wichtiges Standbein blieb die BaukeramIk, auch gelang es immer wieder. Künstler von auswärts zu gewinnen, ihre Arbei ten mi t der Maj olika-Man ufaktur zu realisieren. Als Helga Witkowski Ende 1994 altershalber ausschied, war der Umsatz nach anfänglicher Besserung zwar wieder auf2 Mil- lionen DM zurückgegangen, durch weiteren Personalabbau und höhere Produktivität der verbliebenen 19 Mitarbeiter konnte trotzdem ein befriedigendes Ergebnis vorgelegt werden. Im Januar 1995 wurde Gernot Wallner, Baudirektor am Staatlichen Hochbauamt Frei- burg, zum Vorstand der Karlsruher Majolika- Manufaktur berufen. Zu seinen vordringlichs- ten Aufgaben zählte die seit Jahren ansrehende Sanierung des Fertigungsbaus, für die das Land, 5,7 Millionen DM bereitstellte. Diese Maßnahme war im Mai 1996 abgeschlossen. Neben einer Verbesserung der Produktionsab- läufe ermöglichte der Umbau die Einrichtung einer Reihe von Ateliers, die an interessierte Künstler vermietet wurden. Eine Verpflich- 164 tung zur Zusammenarbeit mit der Manufak- tur war mit der Vermietung nicht verbunden. Mit der "Cantina Majolika" zog auch ein gas- tronomischer Betrieb in das Gebäude ein. Sollte auf diese Weise das Majolika-Gelän- de zu einem für Besucher attraktiven Ort ge- macht werden, so bemühte sich WaHner gleichzeitig, durch die Zusammenarbeit mit Künstlern auch im Produktions programm neue Akzente zu setzen. Mit dieser Absicht rief er die "MajolikaAktionen" ins Leben, Editio- nen in limitierter Auflage, die zwischen 1995 und 1999 mit jährlich wechselnden Gruppie- rungen von Malern und Bildhauern durch ge- fuhrt wurden. Sie sollten der Manufaktur neue Aufgaben und einen neuen Markt erschließen, auf dem freilich nur langfristig Erfolge zu er- warten waren. Die Renovierungs- und Umbaumaßnah- men im Fertigungsbau führten zu Einschrän- kungen der Produktion, so dass in den Ge- schäftsjahren 1994/95 und 1995/96 ein Um- satzrückgang auf I ,8 Millionen bzw. 1,5 Milli- onen DM hingenommen werden musste. Von den Einnahmen entfielen durchschnitrlich rund 45 Prozent auf die "Kleinkunst", I 0 Pro- zent auf Gartenkerarnik, 25 Prozent auf Bau- keramik und 20 Prozent auf Fremdaufträge. Unter den Fittichen der Landesbank Während in Karlsruhe neben der Sanierung des Manufakturgebäudes eine allmähliche Neuorientierung des Sortiments angegangen wurde, entschloss sich die Landesregierung in Stuttgart zu einer Neuordnung des Landesver- mögens, von der auch die Staatliche Majolika- Manufaktur betroffen war. Im Zuge verschie- dener Transaktionen und Fusionen, aus denen am Ende die neue Landesbank Baden-Würt- temberg hervorging, wurde auch die Majolika- Manufaktur privatisiert und zunächst in das Eigentum der Landeskreditbank, dann der neu- Florian Merz, Schale mit Frauenkopf, Staadiche Majolika-Manufaktur Karlsruhe, 1980. en Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) überführt. Das traditionsreiche Unternehmen wurde von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH umgewandelt, deren Geschäftsführer der bisherige Alleinvorstand Gernot Wallner wurde. Seit Ende 1999 führt das Unterneh- men neben seinem offiziellen Namen Staatli- che Majolika-Manufaktur Karlsruhe GmbH die Bezeichnung "Majolika Karlsruhe Kera- mik Manufaktur". Als Gernot Wallner zum Jahresende 1999 aus dem Amt schied, stellte die neue Eigentü- merin zum I. Januar 2000 mit Anton Goll ei- nen Betriebswirt und ausgewiesenen Marke- tingfachmann als Geschäftsführer ein. Seine vordringliche Aufgabe bestand zunächst darin, die Karlsruher Majolika in der Öffentlichkeit wieder stärker ins Gespräch zu bringen. Einen spektakulären Schritt in dieser Richtung stellte der noch mit seinem Vorgänger gemeinsam vorbereitete "blaue Strahl" dar. Als begehbare Linie aus 1.645 blau glasierten Platten führt er, einem der ursprünglich strahlenförmig vom Mittelpunkt der barocken Stadtanlage ausge- henden Wege folgend, seit dem Stadtgeburts- tag am 17. Juni 2000 vom Turm des Karlsru- her Schlosses direkt zur Majolika-Manufaktur 165 Frid~gart GI :HZI~ . Ooppclf1i~s~, S[aadich~ Majolika-Manufaktur Karlsruhe. 1976. im Hardrwald. Dem Ziel, das Unternehmen wieder stärker an die Stadt und ihre Bewohner heranzuführen, dient auch die Neugestaltung des Betriebsareals mit einer vielseitig nutzba- ren Hofanlage und großzügigen Schau- und Verkaufsräumen, in denen sich die Manufak- tur mit ihrer rraditionellen Produktion, vor allem aber mit ihren Neuerungen wirkungs- voll präsentieren kann. Diese verdanken sich vor allem der Zusam- menarbeit mit einer Reihe freier Künstlerin- nen, deren Schöpfungen bei einem breiteren Kreis Kunstinteressierter Akzeptanz finden. Ähnliches gilt für die Gartenkeramik, für die sich neue Gestaltungsmöglichkeiten jenseits der traditionellen Gartenfiguren abzeichnen. Auch auf dem Gebiet der Baukeramik konn- te die Manufaktur in den letzten Jahren ihre führende Stellung behaupten, bei der Denk- malpflege könnten neue Aufgaben auf sie zu- kommen. Insgesamt gesehen, kann die Manu- faktur daher mit gewissem Optimismus ihren 100. Geburtstag begehen - jedenfalls solange die LBBW ihr ein schützendes Dach bietet. PETER SCHMITT Di~str Bdtrag bmiut auf ~in~m /iing~rm Aufiatz in: M Bachmay~rlP. Schmitt. Kttrlsruhtr Majolika 1901- 2001, 100 Jahu Kunstk~ramik du 20. JahrJJtlnd~rtJ. G. Braun Buchvulog. Karlsrulu 2001, 240 S~itm mit 400 Farbbildrrn. Aus der Schatzkammer der Badischen Landesbibliothek Auf Grund ihrer bedeutenden Handschriften- sammlung gehört die Badische Landesbiblio- thek in Karlsruhe zu den europäischen Spit- zenbibliotheken, die zu Recht mit Stolz auf ihre Altbestände blicken dürfen. Deutlich vor Augen geführt wurde das der Karlsruher Be- völkerung im Juni 2001, als bekannt wurde, dass die älteste Handschrift des Nibelungenlie- des, die insbesondere mit Mitteln der Landes- bank Baden-Wümemberg erworben wurde, 166 in Zukunft in der Badischen Landesbibliothek beheimatet sein wird. Es handelt sich bei die- sem Kodex um den bedeutendsren Einzelzu- gang seit der Säkularisation von 1803. Voraus- gegangen waren die Ankäufe werrvoller Be- stände aus der Fürstlich Fürstenbergischen Bib- liothek durch das Land Baden-Württemberg, nämlich Handschriften (1993), Inkunabeln (1994), Musikalien (1999) und schließlich wei- terer Druckwerke Donaueschinger Provenienz (1999-2001), vornehmlich aus der Bibliothek des frühen Germanisten Joseph von Laßberg. So fügt sich Laßbergs berühmtestes Sammler- stück, der Nibelungenlied-Kodex, ausgezeich- net ein in den bestehenden Sammlungszusam- menhang der Badischen Landesbibliothek. Zur badischen Bibliotheksgeschichte Die Büchersammlung der badischen Markgra- fen dürfte wenigstens auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zurückgehen. Sicher hat das markgräfliehe Haus Bücher besessen, die seit der Erfindung Gutenbergs mit beweglichen Lettern gedruckt wurden. Das älteste bekann- te Zeugnis markgräflichen Buchbesitzes ist jedoch eine Handschrift, das so genannte Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden (1453-1527). Wie für die Biblio- thek sind für das Stundenbuch keine exakten Entstehungsdaten überliefert. Auf Grund ko- dikologischer, paläographischer und kunsthis- torischer Kriterien geht man davon aus, dass die Handschrift in lateinischer Sprache mit einer abschließenden Reihe französischer Ge- bete im ausgehenden 15. Jahrhunderr in ei- nem Pariser Atelier für Christoph von Baden hergestellt wurde. Einen bedeutenden Hinweis auf die mark- gräfliche Bibliothek gibt im Jahre 1528 eine Dankadresse des Basler Reformators Johannes Öcolampadius an den Markgrafen Philipp I. (1479-1533). Der Theologe dankt für die Ausleihe einer Handschrift aus der Stifts- und Schloss kirche St. Michael in Pforzheim Zut Herausgabe seiner Cyrill-Ausgabe, die bei dem Basler Drucker Andreas Cratander erschien. Die Handschrift stammte ursprünglich aus der Bibliothek des Humanisten Johannes Reuch- lin. Reuchlins Vermächtnis zierte seit 1523 die markgräfliehe Büchersammlung in Pforzheim. 1535 wurde die Markgrafschaft zwischen den Brüdern Philipps 1., Ernst (1482-1553) und Bernhard (1474-1536), geteilt. In der Folge widerfuhren den Büchersammlungen der bei den Linien verschiedene Schicksale, bis sie 1771 wieder in der Karlsruher Hofbibli- othek vereinigt wurden. Markgraf Karl 11. (1529 -1577) verlegte im Jahre 1565 seine Re- sidenz von Pforzheim nach Durlach, seine Bi- Codex Donaueschingcn 63: N ibelungenlied, 13. Jahrhun- dert, aus der Bibliothek Joscphs von Laßberg (1770- 1855) 167 Codex Durlach I: Ältesres Zeugnis markgräflieh bad ischen Buchbesines, Stundenbuch Christophs L, um 1500, Verkündigung an Mafia bliomek fand dort in der Karlsburg ihre neue Bleibe. Die erneute Verlegung der Residenz und damit des Bücherstandortes ins Karlsru- her Schloss geschah im 18. Jahrhundert. Lange bevor Säkularisation und Mediati- sierung reiche Güter zu Beginn des 19. Jahr- hunderts in die Karlsruher Bibliothek brach- ten, befand sich ein verschwenderisch ausge- stattetes deutsches Gebetbuch des 16. Jahr- hunderts im frühen wertvollen Bestand der Hofbibliomek. Diese Handschrift darf dem Leser ein Beispiel für die Kostbarkeiten sein, für die die Badische Landesbibliomek auch in Zukunft Sorge zu tragen hat. Das Original wird anlässlieh seiner Faksimilierung im kom- menden Jahr im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das "Gebetbuch der Markgräfin von Brandenburg" Das im Jahre 1520 entstandene Werk des noch jungen Augsburger Malers Narziss Ren- ner ist sicher bereits im Jahrhundert seiner Entstehung in badischen Besitz gelangt. Das Gebetbuch wurde für Markgraf Kasimir von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach (1481- 1527) und insbesondere dessen jungvermählte Gattin Susanna 1520 hergestellt. Die glänzen- de Hochzeit Kasimirs mit Susanna von Bayern (1502-1543) war ein gesellschaftliches Ereig- nis ersten Ranges. Sie fand statt zur Zeit des Reichstages in Augsburg im Jahre 1518 und damit in Anwesenheit Kaiser Maximilians 1., dem Onkel der Braut. Die dritte Tochter des Paares, Kunigunde, heiratete am 10.3.1551 den badischen Markgrafen Karl II. Ober Ku- nigunde (1523 -15 58) ist das kostbare Stück in das badische Erbgut gelangt. Das Jahr 1520 brachte für Kunigundes Mutter Susanna aufreibende Zeiten. Zu Jah- resbeginn stellte die Markgräfin ihre erneute Schwangerschaft fest. Sicher wird sich das Paar nach der Geburt der Tochter Maria im Herbst zuvor einen Thronfolger gewünscht haben. Für die noch dreiköpfige Familie wurde nach Auskunft der Handschrift selbst im März 1520 die Herstellung des Gebetbuches in Angriff genommen. Laut dem Zeugnis der Familieneinträge in der Handschrift wurde fünf Monate später jedoch die zweite Tochter Kamarina am 30.8.1520 geboren. Der heiß ersehnte Sohn, Albrecht, kam erst im Jahre 1522 zur Welt. Von den Zeitgenossen wurde er wegen seiner Charaktereigenschaften früh nach dem Griechen Alkibiades benannt, den auch sein Lehrer Sokrates nicht zu zügeln vermochte. MarkgrafAibrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach hat als "fürstlicher Mordbrenner" ein besonders negatives Bild seiner Persönlichkeit in der Geschichte hinrer- 168 lassen. Er fand in seinen letzten Tagen als po- litisch völlig Gescheiterter eine Zufluchtsstätte bei seinem badischen Schwager Karl und sei- ner Schwester Kunigunde, wo er 1557 in Pforzheim verstarb. Der letzte familiengeschichrliche Eintrag im Karlsruher Gebetbuch hält den Tod des knapp 35-jährigen fest, der in der Pforzheimer Stifts- und Schlosskirche St. Michael begraben wurde. Die badische Verwandtschaft Albrechts muss sich noch bemüht haben, aus dem "Sau- lus" einen "Paulus" zu machen. So gilt er in Quellen des 18. Jahrhunderts sogar als Autor eines geistlichen Liedes "Was mein Gott will, das gescheh allzeit", welches er in seinen letz- ten Lebenstagen im Badischen verfasst haben soll. Das Gebetbuch Susannas von Branden- burg ist ein besonders intimes Dokument der markgräflichen Familie. Die Wünsche des jungen Paares, Susannas Hoffnungen und Ängste als Schwangere und junge Mutter, werden in Miniaturen und Texten greifbar. So enthält die Handschrift, wohl auf besonderen Wunsch Susannas hin, ein Gebet um Beistand für Schwangerschaft und Entbindung und um ein gesundes, wohlgestaltetes Kind. Stellvertretend wird Margaretha angerufen, die Patronin der Schwangeren. Dem Betrach- ter des Kodex begegnet auf vielen Pergament- blättern Kinderspiel, und zwar in Gestalt der sich auf den Randleisten tummelnden Putten. Sie tanzen beim Flötenspiel. streiten sich um ihren Brei, reiten auf dem Steckenpferd und ahmen in vielfältiger anderer Weise die Er- wachsenenwelr nach. Codex Durlach 2: "Gebetbuch der Markgräfin von Brandenburg". 1520. Jesus und die zu Boden gestürzten Soldaten. UTE OB HOF Codex Durlach 2: Punen löffeln Brei. 169 Auch die Vaterlandsliebe geht durch den Magen! Versorgung im Krieg: Fleisch, Milch, Eier und Butter fiir Baden und seine Residenz 1915-1918 Fleisch vom Rind nnd Schwein: tigung der wirtschaftlichen Verhältnisse und Stets teurer - doch die Ration bleibt klein der Bedürfnisse der Verbraucher verändert wurden. Kein Fleisch ohne Futter - nach diesem Motto war man während des Ersten Weltkrieges in Baden darauf bedacht, einerseits so viel Futter- mittel wie möglich zu sparen, indem man zum Beispiel die Weiden möglichst lang nutzte, andererseits alles mögliche, wie zum Beispiel Küchenabfälle, ja sogar Tierkadaver zur Ver- fürrerung zu nutzen - das war die Geburts- stunde des Tiermehls, das vor kurzer Zeir zur BSE-Krise führte. Dabei war zu berücksichti- gen, dass keine der ohnehin knappen Nah- rungsmirrel für Menschen an die Tiere verfüt- (ert wurden. Nach Kriegsbeginn kam es zu vielen SchIaehrungen, da das Heer versorgt werden musste. Außerdem hatten die Bauern weder genügend Futter noch ausreichend Arbeits- kräfte; deshalb gingen viele ihrer Tiere zum Schlachthof. So entstand 1914 ein Überange- bot an Schlachcvieh. Um die Viehbestände jedoch längerfristig zu sichern, wurden zahl- reiche Schlachcverordnungen erlassen. Trotz- dem ließ es sich nicht vermeiden, dass der Vieh bestand wegen des großen Mangels an Furrermitteln gegen Kriegsende immer mehr zurückging. Tierseuchen, die ebenfalls den Bestand bedrohten, konnten allerdings wirk- sam bekämpft werden. Beim Viehverkauf galten grundsätzlich Marktpreise, die sich aus Angebot und Nach- frage ergaben. Um zu vermeiden, dass Vieh- preise durch künstliche Verknappung in die Höhe getrieben wurden, setzte man Höchst- preise an, die immer wieder unter Berücksich- Von Anfang an gab es eine Konkurrenz zwischen Heer und Zivilbevölkerung um das Schlachcvieh. Deshalb wurde der Badische Viehhandelsverband ins Leben gerufen, der Ankauf, Absatz und Versand von Vieh, Kauf- preise und Aufschläge regelte. Die Badische Fleischversorgungsstelle, die zeitgleich einge- richtet wurde, hatte die Aufgabe, Bedarf und Export von Vieh zu regeln und genügend Vieh für Heer und Bevölkerung zu beschaffen. Ab 1916 übernahmen die Kommunalverbände letztere Aufgabe. Im Laufe des Krieges versuchte man, den Fleischkonsum der Bevölkerung in Restau- rants einzuschränken. Es gab auch generell fleischlose Tage und später wurden sogar fleischlose Wochen verordnet. Am 1. Mai 1916 wurde eine Fleischkarte eingeführt, die allein ein Anrecht auf eine genau festgesetzte Menge Fleisch sicherte, welche man natürlich selbst bezahlen musste; bis Kriegsende wurde diese Menge bis auf 200 Gramm pro Person und Woche gekürzt. Die Verkürzung der Schonzeiten und Er- höhung der Abschusszahlen sollte das Angebot an Wlid, bessere Fangmethoden auf dem Rhein das Angebot an Fisch erhöhen. Es blieben Tropfen auf den heißen Stein, zumal der Tro- ckenfisch den Karlsruhern nicht besonders mundete. Um speziell die Armen zu unterstützen, wurden vor allem vom Badischen Frauenver- ein Kriegsküchen eingerichtet. Hielt sich auch die Begeisterung der Bevölkerung wegen der 170 oft beklagten mangelnden Qualität des Essens in Grenzen, so wurde diese Wohlfahrtseinrich- tung doch immer mehr von den Bedürftigen in Anspruch genommen. Die Stadt Karlsruhe besaß einen eigenen Gutshof und versuchte durch einen Schweine- zucht- und Mastbetrieb in Rüppurr und am Schlachthof die Not der Menschen zu lindern. Der städtische Gutsbetrieb wurde immer wei- ter ausgebaut. Die Pachrverträge von Ackerflä- chen wurden gekündigt und selbst bewirt- schaftet, weiteres Vieh zur Zucht, Mast und Arbeit angeschafft. Ende 1917 bestellte die Stadt mit 141 Beschäftigten und allerlei Vieh 150 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 243 Hektar. Milch, Butter, Fett - dem Mangel den Krieg erklären Fast zeitgleich mit dem Kriegsausbruch im Juli des Jahres 1914 serzte eine den Krieg überdau- ernde Lebensmittelteuerung ein. Gerade unter der immensen Milchverteuerung hatte das Volk besonders zu leiden, denn konnre man auch ohne "Luxusgüter" wie Fleisch oder Fisch zurecht kommen, eine unzureichende Versor- gung mit Milchfetten bedeutete besondets füt Kinder, Alte und Kranke oft einen besonders bitteren Verzicht. Auch Baden blieb von Milchverteuerun- gen nicht verschont - doch gelang es den ba- dischen Bauern über 1915 hinweg die Verteu- erung im Rahmen des Erträglichen zu halten. Der Grund dafür war, dass man in Baden pro Kuh durchschnittlich 500 Liter über dem jährlichen Landesdurchschnitt lag -, so gab es also anfangs noch eine kleine Milchreserve. Die Bauern versuchten zudem die Preise durch Tierzukäufe zu drücken, allerdings mussten sie die so entstandenen Mehrkosten auf den Milchpreis umlegen: Die Rechnung ging nicht auf und der Krieg tat ein Übriges. 171 '. iJleifdJuetfofguug. . . ~, I. :me 5\opfm,nge an 31,qc~ unbllllurit beträgt lfir bie fommen'Oe Wnebe 200 Qr unbjtDQt ISQ gr jJleifef) unb 50 gr Wurft, lfir 5\inber j,,,,eils bie \jä1.!1e. . 2. mlarfen Tinb 'abaugeben: '\ 3fir 40 gr 3tll(~",urlt ein. 31'ilc~mar!, 3nr40 gr 6c~la<f)tDie~fI'ilc~ mit ,inB,,,,ac~l,n," .slnocl)en alPti (jleifcl)marfen . ~ 3U, 16 B' 6c~lac~tDie~fI<ilc~ D~n, 5\no(~,n, -.Gcl;linfen, :l)auermurft, 3ungc. unb .6pecf eine 3Ieil(~ma,!,: . 3m übrigen gelten bie !BeJtimmungen unieret ·~e . f~nntItlQcl)~ng oom>27.~prif 1911. 5\od.ru~"b,n24.'llugult 1917 !Jlo~t.ng.mttt.IQmt ber Stobt 5\Qrl.ru~ •• Bekanntmachung zur Fleisch versorgung aus dem • Volksfreund • vom 25. August 1 9 17 Bekanntmachung zur Fleischversorgung aus dem "Volksfreund" vom 25. August 1917. Die Regierung sah sich zum Handeln gezwun- gen: Höchstpreise mussten her. Um den Miss- ständen bei der Milchversorgung abzuhelfen, wurden auch im Jahte 1916 weitere Maßnah- men ergriffen. Ab der Mitte des Jahres konnte man an den Verkaufsstellen Milch nur noch gegen das Vorweisen eines "Milchheftes" erlangen, auf dessen Deckblatt angegeben war, wie viel Li- ter Milch der Inhaber zu beanspruchen hatte. Immer wieder mussten die Höchstpteise für Milch, Butter und andere Fette neu festgesetzt werden. Beim städtischen Nahrungsmittelamt Karlsruhe wurde zur Regelung der Butterver- sorgung eine "Butterverteilungsstelle" einge- richtet. Auch im Jahre 1917 mussten die täg- lichen Milchportionen pro Kopf immer weiter rationiert wetden und so kam es, dass ab der Mitte dieses Jahres ein gesunder Erwachsener keinen Anspruch mehr auf Vollmilch hatte. Die strikten Maßnahmen verschlechterten die Stimmung in der Bevölkerung. Deshalb mahn- te die SPD im "Volksfreund" die Regierung, alles zu tun, was die Situation der Menschen verbessere. Denn: ,,Auch die Vaterlandsliebe geht durch den Magen." Nachdem man sich mit den geringeren Fleischportionen inzwi- schen abgefunden hatte, empfand man den Mangel an Fett als äußerst ärgerlich. Man ver- suchte deshalb die Not zu erklären und hielt Ausschau nach Schuldigen. Dabei wurden nicht selten Gerüchte in die Welt gesetzt über Schlendrian und Misswirtschaft. Trotz aller Bemühungen, sah die Situation für die Bevöl- kerung im letzten Kriegsjahr 1918 hoffnungs- los aus. Lieferungen kamen nur noch spora- disch zustande. Es war fast unmöglich gewor- den, den Überblick über die Verteilung zu behalten . Die Stimmung in der Bevölkerung war daher überaus schlecht, was durch die schon absehbare Niederlage im Krieg nur ver- stärkt wurde. Es sollte selbst nach Kriegsende noch Monate dauern, bis die Versorgung wieder einigermaßen hergestellt war. Bis dahin musste die badische Bevölkerung weiter aus- harren - aber das war sie ja schon gewohnt. Kleinvieh macht auch' Mist Im Laufe des Krieges wuchs mit den Problemen bei der Versorgung mit Rind- und Schwei- nefleisch die Bedeutung des "Kleinviehs", also von Kaninchen, Schafen, Ziegen und Geflügel - abgesehen von den Hühnern, die als Eier- lieferanten schon immer eine MonopolsteI- lung hatten. Doch trotz seiner wichtigen Stel- lung wurde am Geflügel bald gespart. Eine strenge Ausführung des Prinzips: "zuerst die Menschen" führte dazu, dass den Geflügelhal- tern kaum noch Getreide als Futtermittel zur Verfügung stand, da man fast alles für die menschliche Ernährung beschlagnahmte. So war eine Reduzierung der Geflügelbestände unumgänglich. Da kaum noch Körnerfütterung zur Verfü- gung gestellt werden konnte, versuchten die ~lt Si< cilItn ~trfudj mit Dr. Jnarti's €i·Spar= Cablttt~ll: 5<1ja.~ftr I1IÜ 6 !!cbltften 15 'Pf9· 'iJn~rrtr ;1 in !amtr,~mQlen. j~~~ Anzeige aus dem .. Volksrreund". Behörden bald, eine körnerlose Fütterung als ebenso effektiv darzustellen, was bei den Züch- tern Empörung und Sorge hervorrief. Den- noch blieb schließlich keine andere Wahl, als immer mehr zu Ersatzfuttermitteln überzuge- hen. Um diese Entwicklung zu fordern, brach- ten die höheren Stellen Broschüren über die sinnvolle Zusammensetzung des Ersatzfutters heraus, gespickt mit wissenschaftlichen Bele- gen, dass Hühner sehr wohl auch körnerlos am Leben und sogar leisrungsfähig erhalten werden könnten . Von Klee über Küchenabfäl- le bis hin zu Stroh und Schilf schien nach sol- chen Broschüren fast alles eine gute Grundlage für die Fütterung zu bieten, wenn man es nur fein genug mahle. Doch abgesehen davon, dass der erfahrene Züchter nach wie vor nicht glaubte, seine Zucht ohne Körnerfutter erfolgreich betreiben 172 zu können. fehlte diesem Ersatzfutter unbe- dingt noch ein eiweißreiches Beifutter. das je- doch nur in Form von Tiermehl und Kno- chenleimfutter vorhanden war. Doch nur in Maßen. so dass sich hier sogleich wieder das Problem der gerechten Verteilung einstellte. Die Futterknappheit war also kaum in den Griff zu bekommen. Am meisten machte den Geflügelhaltern das Problem der Nachzucht zu schaffen. Denn die Küken waren mit dem für die Alttiere verwendeten Ersatzfutter kaum groß zu ziehen und gesund zu erhalten. Hilfe vom Staat kam in erster Linie in Form von Brurmaschinen. doch die ausgebrüteten Tiere mussten ja fressen. Gegen ihren Hunger hal- fen auch die von der Landwirtschaftskammer ausgesetzten Prämien (15 Reichsmark für 50 selbsterbrütete Küken) nichts. Im Zuge all dessen wurde auch die Versorgung mit Eiern immer schlechter. denn die Bestände nahmen ja ab und die Hühner waren weniger legekräf- tig. Die Hühnerhalter konnten die geforderte Menge oft nicht abliefern. so dass es zu großen Versorgungsengpässen kam. So war bereits 1916 das Färben von Eiern zu Ostern verbo- ten. zeirweise fiel auf drei Personen gerade einmal ein Ei in der Woche ab. Ein Problem war die Nichteinhaltung der Eierablieferungspflicht. Die vorgeschriebene Menge an Eiern wurde von den Überschuss- verbänden nur unzureichend an die Bedarfs- verbände abgeliefert. (Ende 1917. Anfang 1918 gerademall 0 % der Pflichrmenge) Um dieses Problem zu bewältigen. versuchten es die Behörden mit Zuckerbrot und Peitsche. Bei Nicht-Erfüllung der Pflicht drohten safti- ge Sanktionen. bei guter oder übermäßiger Er- füllung winkten materielle oder finanzielle Blick in die Kriegsküche des Badischen Fraucnvercins in der Feschallc Karlsruhc. 173 Im Kleinen Saal der Festhalle befand sich eine der Ausgabesrcllen fUf Lcbensmirrdkanen. Prämien. Der Schwarzmarkt boomte trotz- dem. Kein Wunder: es ließen sich hier doppelt so hohe Preise erzielen. Doch auch Städte. die die Eier vom Nest weg beschlagnahmten. konnten kaum genügend Eier aufbringen. Zu groß war die Futtermittelknappheit. Der Not- stand ist aber auch auf den Mangel an Koope- ration und Kommunikation zurückzuführen. In ländlichen Gebieten konnten teilweise sogar Überschüsse produziert werden. die in den schlechter versorgten Städten aber nur selten ankamen. Der Versuch der Selbsthilfe führte unter anderem dazu, dass in guten Eierzeiten Eier eingefroren oder per Post und Bahn verschickt wurden. So erhielt schließlich die "Eiersen- dung" eine eigene Verordnung. Der größer wetdende Mangel brachte auch immer mehr Ei-Ersatzmittel auf den Markt: Teilweise eine echte Alternative, teilweise auch reine Geld- mache mit der Not der Menschen. Andere "Lieferanten" für Frischeier waren Gänse und Enten. Allerdings blieben sie nur von geringerer Bedeutung. da die Legeleistung der Hühner wesendich größer ist. Der Handel mit lebenden Gänsen und Gänsefleisch war dagegen populärer und rückte gegen Ende des Krieges besonders ins Rampenlicht. weil oft- mals erheblicher Wucher betrieben wurde und Züchter gegen Futtervorschriften verstießen. Die Kaninchenzucht gewann besonders an Bedeutung. Die enorme Anspruchslosigkeit der Tiere prädestinierte sie für die private Haltung. Der Karlsruher Kaninchenzüchter- verein warb für die Zucht und gab hilfreiche Tipps in Zeitungsartikeln. Auch die Stadt 174 unterstützte die Eigeninitiative bei der Fleisch- versorgung, indem sie Häsinnen zur Verstär- kung der Zucht ausgab oder städtische Wiesen zur Grasnutzung anbot. Durch die Haltung von Ziegen und Scha- fen konnten Privatleute ebenfalls Initiativen ergreifen. was die Stadt durch Beschaffung von Futtermitteln honorierte. Außerdem wurden Maßnahmen zur Winterlammung bei Ziegen getroffen. um dadurch die Milchversorgung auch im Wintet zu sichern. Harnsterei und Tauschhandel Wer Geld hatte. konnte sich fast alles leisten. Wohlhabende legten sich durch Hamsterkäufe einen ausreichenden Vorrat an Nahrungsmit- tel an. Sie zahlten I Mark für ein Ei. 3 Mark für ein Pfund Butter und in einem Fall 1.000 Mark für drei Schinken. Ein solches Verhalten trieb die Preise in die Höhe. So gab es über die Kurgäste und "Rei- sende" heftige Beschwerden aus der Bevölke- rung. die die Presse aufgriff: "Sie sind eine Landplage." Kurgäste. die "hamsterten". wur- den ausgewiesen; den Fremdenverkehr schränk- te man aus wirtschaftlichen Gründen jedoch nicht ein. Er war zu wichtig für die zahlreichen Gaststätten und Hotels. Dass man den gewerbsmäßigen "Schleich- handel" bekämpfen musste. darüber war man sich in Baden einig. Schwieriger war die Frage. wie man mit den "Hamsterfahrten" der klei- nen Leute aus den Städten umgehen sollte. die in sonntäglichen Fahrten auf das Land Nah- rungsmittel im Tausch gegen Konsumartikel erstanden. wie z. B. Seife gegen Schinken oder Schuhe gegen Butter. Auch umgekehrt bezahl- ten viele Bauern in der Stadt mit Lebensmit- teln anstatt mit Geld. Der Tauschhandel flo- rierte. Man beschloss diesbezüglich. die "Hams- terfahrten " der armen Bevölkerung nicht zu behindern. da sie für die Versorgung der Städ- ter lebensnotwendig waren. Pläne der Regie- rung. die privaten Verbindungskanäle zwi- schen Stadt und Land zu verstopfen. wurde von einem Großteil der Bevölkerung abge- lehnt. Auch der KarIsruher Bürgermeister sprach sich dagegen aus. ebenso wie ein Pfar- rer. der gegenüber dem Generalkommando die "Hamsterfahrten " mit der Not der Men- schen verteidigte: "Wer keine anderen Quellen hat als die amtliche Versorgung mit Nahrungs- mitteln. lebt an der alleräußersten Grenze der Lebensmöglichkeit. " Der Mangel an Nahrungsmitteln wird von den Verfassern des ;.Badischen Kochbüchleins" als Chance gesehen. sich auf eine viel gesünde- re Ernährung umzustellen, da "der übermäßi- ge Fleischkonsum. die Reichlichkeit und Häu- figkeit der Mahlzeiten über das hinausgingen. was der Mensch braucht. um kräftig und ge- sund zu bleiben." Denjenigen. die Fleisch im- mer seltener und in immer geringerer Menge im Topfe hatten. mag es zynisch vorgekom- men sein, wenn man ihre Not zur Tugend er- klärte. Die Not zermürbte die Bevölkerung und machte sie kriegsmüde. Die Sehnsucht nach Frieden und dem Ende der Entbehrun- gen trieb sie aber dennoch nicht auf die Barri- kaden. VIKTORIA ADAM, SVENIA DIEFENBACHER, JAN ERNEMANN, SIMINA GERMAN , SABINE GROH, HANNA KAISER, DAVID KUHS , ASYSA SCHWEHN Da lJorJtrhmdr Britrag ist dir ZusammmfoJSlmg (ina 695titm umfassmdm Untasuchung von acht Schü/ainnm und Schülan drs Bismarckgymnasiums. Damit gtwann dir Projrktgruppt im Jahr 2001 b~im Schülaw~ttb~wab G~schichu um dm Prt is dts Bundts- prdsidmtm tinm mit 1.000 Euro dotiatm dritun Prtis. Dit komplttu Studit kann im Stadtarchiv ting~sthtn wtrdm. 175 Wirtschaftliche Betätigung der Stadt Karlsruhe - ein Rückblick Mutige Stadtväter als erfolgreiche Unternehmer Wolfgang Leiser, geborener Karlsruher und bekannter Rechtshistoriker, bezeichnete die Gemeinden des 19. Jahrhunderts als primär private Veranstaltungen, und zwar die Landge- meinden als Markungsgenossenschaften und die Stadtgemeinden als Gewerbsgenossen- schaften. Auch im Großherzogturn Baden stand das privat-wirtschaftliche Element deut- lich vor, später neben dem politisch-bürgerli- chen Element, bis das staatliche Element im 20. Jahrhundert die Oberhand gewann. In § 3 des badischen Gemeindegesetzes 1831 wurde das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden garantiert, das auch und gerade die wirtschaft- lichen Aktivitäten umfasste. Sobald die Finanzen'es nach den schweren Kriegsjahren zuließen, nahm die Haupt- und Residenzstadt des neugeschaffenen Großher- zogturns Baden die Entwicklung urbaner Strukturen in die eigene Hand, anfangs zöger- lich, dann immer selbstbewusster. Bereirs 1812 gründete sie zunächst aus fürsorgerischen, spä- ter auch aus ökonomischen Gründen eine Leibhaus- und Ersparnißkasse, die heutige SparktZSse Kflrlsmhe, die Teil der Stadtverwal- tung bis 1893 bzw. 1925 bzw. 1932 blieb. Später gründete und beuieb die Stadt 1871 - 1896 sogar eine Hypothekenbank für die nach- rangige Finanzierung, um angesichts des ex- plosiven Bevölkerungswachstums den Bau von Wohnungen zu beschleunigen, Neue Schlacht- hatlStr wurden 1819 und 1887 gebaut sowie 1824 eine Wasserleitung von Durlach zur Ver- sorgung der 74 Trinkbrunnen im Stadt- und Hofgebiet, die wegen einer erheblichen Über- schreitung der Kosten verärgerte. Die Pflaste- rung von Straßen erfolgte auf Kosten der Bür- ger. Im Jahr 1874 legte die Stadt einen neuen Friedhof an und baute eine Kaserne, um den lIUnannehmlichkeiren und Collisionen" von Einquartierungen zu entgehen. Für alle diese Bereiche wurden eigenständige Kassen ange- legt, also die Amortisationskasse, die Leih- haus- und Ersparnißkasse, die Pflasterkasse, die Gruftenkasse, die Einquartierungskasse oder die Wasserleitungs- und die Wasserlei- tungsamortisationskasse, denen weitere Kas- sen folgten, bis zu 28 an der Zahl. Diese stan- den untereinander und mit der Stadtkasse in "Conto-Current" und gewährten sich wech- selseitig Kredite. Einen Gesamtüberblick gab es nicht, bis die staatliche Rechnungsabhör im Jahr 1858 daraufhinwies, dass die zuvor hoch verschuldete Stadt nach außen hin überhaupt keine Schulden mehr hatte. Dann aber gab es für die Stadtväter keine Bedenken mehr, neue "Unternehmen" in Angriff zu nehmen. Den Grundstein der Stadtwerke legte das WtZSserwerk im Durlacher Wald 1871, das heu- te noch in Betrieb ist, sowie der Ausbau der WtZSserleitungen in die Häuser: die Frauen mussten nicht mehr das Wasser an den Brun- nen holen. Manche Aufgaben erfüllte man kommunal, manche privatisierte man. Als der Gestank bei der Abortgrubenentleerung in den Häusern mittels Eimern unerträglich wurde, übertrug man 1866 diese Aufgabe der Düngerabfilhrgesellschaft mit ihrer Dampf- pumpe, bis zum Anschluss der Schwemmka- nalisation 1915 an das Klärwerk. Sie besorgte einige Jahre auch die Abfuhr des Kehrrichts 176 und der Haushaltsabfälle. bis die Stadt 1889 die Haushaltsabfuhr in die eigenen Hände nahm. Die Gasproduktion fur die Beleuchtung begann 1845 durch die Firma Marlow & Man- by. dann durch andere Firmen. bis schließlich die Stadt dieses Gaswerk 1869 übernahm und 1886 ein neues Gaswerk im Osten baute. das erst beim Bezug von Erdgas 1972 aufgegeben wurde. Auch beim Schienenverkehr ergriffen Priva- te die Initiative, ermuntert und begleitet von der Stadt. Diese Infrastruktureinrichtung wur- de immer wichtiger, weil die Arbeiter in die Fabriken kommen mussten und Karlsruhe eine kräftige Industriestadt zu werden begann. Eine private Pferde- und Dampfsrraßenbahn fuhr von 1877-1900 vornehmlich auf der Strecke Durlach bis Mühlburg. 1900 begann die Elektrifizierung durch die AEG. aber es klappte nicht so. wie die Stadt es wollte. die dann den Betrieb 1903 übernahm und moder- nisierte. weil- so die Begründung von Ober- bürgermeister SchnetzIer - eine öffentliche Straßenbahn "dem Gemeinwohl verpflichtet sein sollte"; den Vorbetreibern wurde nämlich unterstellt, sie hätten zu Lasten von Verbesse- rungen zuviel aus dem Betrieb entnommen. Aber der Versuch. alle Schienenverkehre zu- sammenzuführen. gelang damals noch nicht. Das "Lobberle" von Durmersheim nach Spöck und die Albtalbahn vom Ettlinger Tor bis nach Etrlingen wollte der Bürgerausschuss trotz der wohlbegründeten Vorlage von Oberbürger- meister Karl Siegrist im Jahre 1913 nicht über- nehmen; sie blieben zunächst privat. Auch die Turmbergbahn DlIrlach wurde 1888 von einer privaten Aktiengesellschaft erbaut. sie fiel mit der Eingemeindung Durlachs 1937 an die Stadt und wurde dann in die Verkehrsbetrie- be Karlsruhe integriert. Einen ähnlichen Weg ging später das "Schlossgartenbähnle" von der privaten Gründung bis zur Eingliederung in die VBK. In der Entwicklung des Schienen- verkehrs gibt es im 20. Jahrhundert beachtens- werte Fortsetzungen. Ab dem Jahr 1870 wurden die Stadtväter sehr mutig. Sie bauten den Stadt garten und den anfänglich privaten Zoo zu einer großen, aber noch getrennten Anlage. sie bauten 1890 eine Radfohrbahn um den See neben dem Laurcrberg und sie errichteten eine Festhalfe, die bis zu ihrer Kriegszerstörung an der Stelle der heutigen Schwarzwaldhalle stand; ferner eine Ausstellungshalle (Stadthalle) sowie das Konzerthaus. die allerdings erst 1915 fertig ge- stellt werden konnten. Diese Gebäude legten den Grundstein fur ein Kongresszentrum am Festplarz. Ein neues Krankenhaus wurde 1907 an der Moltkestraße erbaur. und die Stadt un- terhielt zwei Krankenversicherungen. die 1893 in die neue Sozialversicherung integriert wur- den. Am Rande sei erwähnt. dass auch die Schulen Gebühren erhoben und "Miete" zah- len mussten. Die Stadtväter waren tatkräftige Unterneh- mer vor allem in einem Bereich, den man in Karlsruhe heute noch umfassend Stadtwerke nennt; gemeint sind neben Straßenbahn. Gas und Wasser auch die Stromerzeugllng und die Rheinhäftn. Beide wurden etwa zur gleicher Zeit 1901 und nahe beieinander erbaut. Sie sind heute noch Stürzen der städtischen Infra- struktur. Zum ersten Rheinhafen in Maxau (das noch nicht zu Karlsruhe gehörte) baute die Stadt die Rheinbahn. die später an den Staat verkauft wurde. Der Vollständigkeit hal- ber sei angemerkt. dass die Stadt in dieser Zeit auch die Kraichtalbahn nach Eppingen voran- trieb und für die Badische Staats eisenbahn vorfinanzierte. Bei allen diesen städtischen Aktivitäten wurde streng aufWirrschafrlichkeit geachtet. denn mit den knappen Steuermitteln konnte man solche Werke nicht subventionieren. Die Stadt verschuldete sich nicht zuletzt wegen ihrer Unternehmen sehr hoch. nämlich mit 52 177 Mio. Goldmark im Jahre 1913. Das Gesamt- budget betrug mit 25 Mio. nur knapp die Hälfte; dagegen beträgt die heutige Gesamt- verschuldung mit ca. 1.5 Mrd. DM weniger als die Hälfte der gesamtstädtischen Ausgaben in Höhe von weit über 3 Mrd. DM; auch nach Einwohnerzahl und Währungsrelation war die Verschuldung seinerzeit vergleichbar höher. Aber diese Verschuldung drückte nicht! Denn allein die Stadtwerke bedienten die Hälfte dieser Schulden mit Zins und TIlgung und konnten dazu noch einen Überschuss in etwa gleicher Höhe zur Finanzierung des all- gemeinen Etats beisteuern (je etwa 1.5 Mio. Goldmark). Strom. Gas und Wasser. aber auch die Straßenbahn erwirtschaftete Gewinne. und selbst das städtische Krankenhaus arbei- tete noch anfangs des letzten Jahrhunderts kostendeckend (notabene heute nach einer langen Durststrecke auch wieder). VergeseUschaftung und Privatisierung - .. Flucht aus dem Budget" Im 20. Jahrhundert w~rden die Gemeinden zunehmend Teil des Staates. Der Sozialstaats- gedanke ergriff auch die wirtschaftlichen Un- ternehmen. Ihr Wirken wurde als Teil der Da- seinsvorsorge angesehen, die am besren und sogar am günstigsten von der Stadt erfüllt werden sollte; der .. Municipalsozialismus" soll- te verhindern. dass Private die Bürger ausbeu- ten. Erst etwa ab den 1980er Jahren zeigte sich eine starke Tendenz. wirtschaftliche Aktivitä- ten aus dem Stadtverband herauszulösen und die Vorteile privaten Wirtschaftens zu nutzen. Aber geradlinig lief dieser Prozess nicht: ha- bent sua fata - auch die Unternehmen der Stadt haben ihre eigenen Schicksale. Die Stadtwerke als wichtigstes Beispiel waren Regiebetriebe. d. h. ihre Aktivitäten wa- ren im städtischen Haushalt veranschlagt. der Gemeinderat bestimmte bis ins Einzelne. Im Jahre 1935 wurde die Rechtsform des Eigenbe- triebs eröffnet und ständig weiterentwickelt. Die Stadtwerke blieben nur noch netto. d.h. mit ihrem wirtschaftlichen Ergebnis im Haus- halt. die Werkleitung erledigte die laufenden Geschäfte und der Werkausschuss des Ge- meinderats hatte übergeordnete Leitungsfunk- tionen. Die Festsetzung der Tarife oblag dem Gemeinderat. Mit der Fernwärmeversorgllng eröffneten die Stadtwerke 1961 einen neuen Betriebszweig. Aber es gab auch gegensätzliche Tendenzen: ein großer Ölhafen wurde 1963 in Betrieb genommen. und 1967 hat man den hafeneigenen Umschlagsbetrieb wegen hoher Verluste vollständig an die Privatwirtschaft (KALAG) abgegeben. Erst in den neunziger Jahren folgte die Stadt Karlsruhe dem allgemeinen Trend. die Werke in rechtlich selbständige Unternehmen auszugliedern. Das Kapital blieb zu 100 % bei der Stadt (Eigengesellschaft). mit Ausnahme der Versorgungsbetriebe. an denen sich das Baden- werk und die Ruhrgas mit zusammen 30 % des Kapitals bereiligten (Beteiligung). In einer Holding werden seit 1997 alle Zweige zusam- mengefasst. Die einzelnen Unternehmen ha- ben Tarifhoheit. Der Anlass für die allgemeine Ausgrün- dungsweIle war vor allem der bevorstehende Wettbewerbsdruck. der nach der wirtschaftli- chen Leitidee der Europäischen Union bald alle Zweige erfass t haben wird. neben der En- ergie auch den Verkehr und das Wasser. Privat- wirtSchaftIich geführte Unternehmen könnten sich rascher an die Marktlage anpassen und technische Verbesserungen schneller umset- zen. Die Städte müssen MonopolsteIlungen aufgeben. z. B. durch die Öffnung ihrer eige- nen oder durch die Duldung fremder Leitun- gen im städtischen Straßenraum. Die güns- tigste Versorgung der Einwohner soll durch ei- nen Wettbewerbsrahmen sichergestellt wer- den; z. B. im öffentlichen Nahverkehr durch 178 D~r Sf3dt. Rh~inhar~n (0.) und d~r Betriebshof d~r St3dt. V~rk~hrsb~tri~bc an d~r Tulla-Sualk vor d~m Erst~n W~hkrieg (u.). Vorgabe der Linienführung, des Zeittal<rs oder der Wagen ausstattung. Auch ökologische Rah- menbedingungen können vorgegeben und die Sorge wegen der Sozialisierung der Verluste soll durch den Wettbewerb vermindert wer- den. Das Unternehmen, das alle Forderungen erfüllt, soll bzw. muss den Zuschlag erhalten im Zweifel sogar vor den eigenen Betrieben (!), wenn es mit einem geringeren Zuschuss aus- kommt. Aber nicht nur die Stadtwerke haben sich von der Stadt entfernt. Auch das Klinikum wurde über einen Eigenbetrieb besonderer Art bereits im Jahre 1994 in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt. Die Begründung war ähnlich wie bei den Stadtwerken, und dazu befürchtete man unübersehbare Probleme aus der Entwicklung und der Finanzierung des Gesundheitssektors. Das erfordere, so die Be- gründung, eine hohe Beweglichkeit nach allen Seiten. Das Kongress- und Messewesen ging zu- nächst mit, dann neben der Stadt aber eigene Wege. Im Vorfeld der Bundesgartenschau 1967 wurde die Kongress- und Ausstellungs- geseIlschaft KKA GmbH (heute KMK) gegrün- det, für die die Ausstellungshallen am Festplatz erneuert und erweitert wurden. Den Ge- schäfuzweigAusstellungen will man zukünftig durch das Gemeinschaftsunternehmen Nette Messe zusammen mit der Region vor den To- ren der Stadt erheblich ausweiten. Die inter- 179 kommunale Zusammenarbeit ist allgemein ein starkes Motive für Ausgliederungen. Hinter den offen vorgetragenen Begrün- dungen für Ausgliederungen wird auch eine Kritik an den politischen Rahmenbedingun- gen kommunalen Handelns erkennbar. Die politischen Kräfte in den Rathäusern sind be- strebt, das kommunale Geschehen vor Ort auf dem Hintergrund ihrer eigenen Vorstellungen zu beeinflussen, eine verständliche und in ei- ner pluralistischen Gesellschaft auch legitime Verhaltensweise. Das aber erzeugt bisweilen irrational anmutende Prozesse. Andererseits gibt es einen Druck der Öffentlichkeit, die Vorteile rationalen und zugleich dezentralen Handelns zu nutzen. Das technokratische Ele- ment in der Verwaltung soll gestärkt werden, aber zugleich möchten Gemeinderat und Bür- germeisteramt Gestaltungsrechte behalten. Die neuen Steuenmgsmodelle (NSM) sind ein solcher Versuch, der noch nicht abgeschlossen ist, aber schon befriedigende Ergebnisse zei- tigt, z.B. bei der Enrwässerung, der Feuerwehr oder der Bäderverwaltung. Doch immer wieder entsteht die Tendenz zur Flucht aus dem Haushalt; so sollen z. B. die städtischen Bäder demnächst rechtlich selbständig und den Stadrwerken angeschlos- sen werden. Auch bei anderen sozialen oder technischen Einrichtungen gibt es Tendenzen zur Verselbständigung. Beispielsweise wurden 1995 die Altersheime in eine rechtlich selb- ständige kommunale Stiftung, die Heimstif tung, umgewandelt, mit gewissen kommuna- len Einflussmöglichkeiten. Vorbild war eine erfolgreiche ehemals private Pfründnerstiftung unter der Verwaltung der Stadt, die Karl-, Friedrich-, Leopold- und Sophienstiftung (KFLS) . Weitere Formen des kommunalen Handelns, vom Rathaus abgerückt, gibt es in der Form von Zweckverbänden, dem Zusam- menschluss von Gemeinden zu gemeinsamen Aufgabenlösung, z. B. im Bereich des Abwas- sers oder der Konversion des Flughafons Söllin- gro, der den ehemaligen Fluglandep/arz Forch- heim ablöst. Ein solcher Weg war auch für die Abfallentsorgung der Region denkbar. Im Er- gebnis kam aber eine eindeutige Privatisiert/ng der Abfollbeseitigung durch das Badenwerk (EnBW) zustande, die diese Verpflichtung durch eine technisch völlig neuartige Thermo- selectanlage erfüllen will . Die Tendenz zur Bewältigung von Auf- gaben im kommunalen Bereich durch privat- wirtschaftliche Lösungen in verschiedenen Abstufungen ist deutlich. Es hat den An- schein, als enrwickle sich Karlsruhe wie auch andere urbane Zentren von der Leistungs- zur Steuemngsstadt (van Laatz). Wie weit dieser Prozess schon vorangeschritten ist. zeigt die Zahl der Beteiligungen. Wenn man den Betei- ligungsbericht der Stadt Karlsruhe 2000 etwas modifiziert, dann ist die Stadt an 32 bedmtm- den rechtlich selbständigen Unternehmen, Stif- tungen und Zweckverbänden unmittelbar oder über ihre Unternehmen mittelbar beteiligt. Davon standen vor 30 Jahren bei den Beteili- gungen nut die Volkswohnung GmbH und die Albtalverkehrsgesellschaji, die aus privaten An- fängen hervorgingen, sowie die KKA und die Flughafengesellschaft KFG. Dieser Trend wird durch die Zahl der "ausgelagerten" Mitarbei- ter unterstrichen, die in diesen Rechtsformen tätig sind, nämlich über 10.000 Ende des Jah- res 2000, während in der Kernverwaltung heute "nur" noch knapp 5.000 Mitarbeiter- innen und Mitarbeiter geführt werden. Ob die Entwicklung so weitergeht oder ob das Pendel wieder einmal in die andere Rich- tung ausschlägt, nämlich von der "Flucht aus dem Budget" zur "Flucht ins Budget", das ist die Sphäre der politischen Zukunftsvision. Sie hat nichts mehr zu tun mit einem Rückblick, der sich so wohltuend auf Tatsachen stützen kann. GERHARD SEILER 180 Lesegesellschaften in Karlsruhe 1784 - 1850 Der Beginn bürgerlicher Selbstorganisation Im Zuge der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft entstanden am Ende des 18. Jahr- hunderts mit dem Vereinswesen die ersten Formen bürgerlicher Selbstorganisation. Lese- gesellschaften kam dabei eine Vorläuferfunk- tion zu. Einer der wichtigsten Impulse für de- ren Gründung im 18. Jahrhundert war ein ra- sches Anwachsen des Lesepublikums bei er- höhter Zeitungs- und Bücherproduktion. Das gestiegene Interesse an Information hatte ei- nen funktionalen Zweck: Bildung war ein Schlüsselfaktor im gesellschaftlichen AufWärts- streben des Bürgertums, und damit im bürger- lichen Selbstbewusstsein gegenüber dem vor- herrschenden Adel. Lesegesellschaften boten außerdem einen gesellschaftlichen Rahmen für gesellige Unterhaltung und kulturelle Ver- anstaltungen. Bedenkt man den historischen Kontext, gab es gleichzeitig auch ein staatliches Interesse an vermehrter Informarionsverbreitung. Die ehemals kleine Markgrafschaft Baden konnte im Zuge der politischen Neuordnung Mitte- leuropas bis 1806 das Staatsgebiet verfünffa- chen. Die Bevölkerungszahl stieg innerhalb der ersten Jahrhunderthälfte von 250.000 im Jahr 1802 auf 1,35 Millionen im Jahr 1846. Das neue Staatengebilde blieb besonders expo- niert gegenüber den politischen Impulsen aus den Nachbarstaaten Frankreich und der Schweiz. Die sozioökonomischen und politi- schen Bedingungen erforderten eine zentralis- tische und effektive Verwaltung zum Zwecke einer administrativen Integration der hinzuge- wonnenen Gebiete sowie der Schaffung eines neuen Staats bewusstseins. Der Wunsch nach einer Stärkung der staatlichen Handlungs- rnacht und einer Einbindung des Bürgertums 181 in die Regierungspolitik mag die staatliche Pro- tektion der ersten Lesegesellschaften erklären. Das "Museum" Die Vereinsgründung der ersten Lesegesell- schaft in Karlsruhe soll auf die Initiative des Hof- und Stadtvikars Christoph Friedrich Rinck zurückgegangen sein. Rinck wurde vom Markgraf 1783 auf eine Studienreise durch andere deutsche Staaten und die Schweiz ge- schickt, wo er in größeren Städten in lesege- sellschaften eingeführt wurde. Dies wurde Anlass für den Plan, eine solche auch in seiner Heimatstadt zu gründen. In der Residenzstadt Karlsruhe war dafür durchaus Bedarf Schließ- lich harten die Vergrößerung der Markgraf- schaft, der Ausbau der Verwaltung und die auswärtigen Delegationen eine stetige Zunah- me des gesellschaftlichen Verkehrs gerade der oberen Schichten mit sich gebracht. Im Dezember 1784 fand die Gründungs- versammlung der "Lesegesellschaft Karlsruhe" statt, ab 1808 "Museum" genannt. Der Mark- grafKarl Friedrich übernahm die Schirmherr- schaft, das "Protektorat" der Gesellschaft, was auf den staatstreuen Charakter der Museums- gesellschaft deutet. Im Obergeschoss der noch heute existierenden Wirtschaft "Pfannenstiel" in der Brunnenstraße mietete die Lesegesell- schalt zwei Zimmer, ein Unterhaltungs- und Lesezimmer, in dem die Präsenzbibliothek untergebracht war. Zweimal wöchentlich traf sich ein literarischer Zirkel, gelegentlich wur- den Vorträge zu wissenschaftlichen Themen gehalten. Innerhalb von fünfJahren wuchs die Zahl der Mitglieder auffast 200, das jährliche Bud- get der Gesellschafr war auf 2.000 Gulden angewachsen, von dem ein Viertel für den Aufbau der Bibliothek verwendet wurde. Die Gründung des Großherzogrums wirkte sich auch auf die Lesegesellschaft aus: durch die Zentralisierung der Verwaltung und den Aus- bau des Staatsapparates wuchs die Zahl der Beamten, Geistlichen und Offiziere in der Stadt und damit das Publikum des Vereins, so dass zweimal ein Umzug in größere Vereins- häuser erforderlich war. 1813 wurde nach den Entwürfen von Friedrich Weinbrenner das repräsentative Museumsgehäude errichtet, mit einem großen Ballsaal, mehreren Konversati- ons- und Spielzimmern sowie einer geräumi- gen Bibliothek - in der heutigen Kaiserstraßel Ecke Ritterstraße nunmehr das Haus der Deutschen Bank. In der Festrede anlässlich der Grundstein- legung führte der damalige Direktor Freiherr von Fahnenberg aus: "In allen Lagen der Zeit und Umstände den Glauben an die Unver- gänglichkeit des Weisen und Edeln und Schö- nen fest halten, um diese ersten und ewigen Interessen der Menschheit sich enge zusam- menschließen, und mit vereinten Kräften dem Geiste seine Rechte, dem Gemüthe seine gött- liche Natur, dem Leben seine schönsten Reize für die Gegenwart bewahren, auf die Zukunfr sichern ist hoher Sinn und edles Geschäft; er- hält die Menschheit bei ihrem innern Stille- ben. wenn es von Außen um sie drängt und wittert, und rcnct sie in bessere Zeiten wieder glücklich hinüber. Es ist ein hoher Gesichts- punkt, in welchem diese vom Staat geschätz- ten und beschützten Verbindungen, in ihrem stillen stetigen Kampfe mit dem unreinen Zeitgeiste oder dem mächtigen Zeitlaufe be- griffen, uns hier erscheinen." Diese Worte bedürfen einer Übersetzung: In der Sphäre des Museums, an der die Mit- glieder als Privatleute teilnehmen, sind die ver- schiedenen (politischen, ökonomischen, stan- des- und bildungsgebundenen) gesellschaft- lichen Widersprüche aufgehoben. Die Sphäre des Ästhetischen, der Kunst, Literatur und Musik und des öffentlichen Räsonnements bietet einen gesellschaftlichen Ruhepol ange- sichts der wechselhaften Zeitumstände. Die proklamierte Eintracht wurde mit- unter nachhaltig gestört: Der Polizeidirektor von Hainau, selber Mitglied des Museums, soll in mindestes zwei Fällen die Loyalität des Museums in Zweifel gezogen haben. In einem von Großherzogin Stephanie gebilligten Rund- schreiben der Museums-Kommission wurde die Einführung einer Nationaltracht für die im Museum verkehrenden Frauen vorgeschla- gen; allein schon die Verwendung des Wortes "national" soll für von Hainau Anlass gewesen sein, das Museum "einer gegen den Staat ge- richteten Tendenz" zu verdächtigen. Der zwei- te Anlass bildete eine vom Museum erworbe- ne Schrift "Die Centralverwaltung der Ver- bündeten unter Freiherrn vom Stein", die, nachdem ein Mitglied darin Angriffe gegen die badische Regierung entdeckt hatte, in den Giftschrank des Museums verbannt wurde. Als ein weiteres Mitglied ohne Wissen der bereits erfolgten vereinsinrernen Zensur die Anschaffung des Buches im so genannten "Wunschbuch" ersuchte, soll dieser Eintrag ein weiterer Anlass für die Klage staatsfeindli- cher Gesinnung durch den Polizeidirekror gewesen sein. Offensichtlich mit Erfolg ver- suchte die Museums-Kommission in einem ausführlichen Schreiben an den Großherzog, die erhobenen Vorwürf~ aus dem Weg zu räu- men und ihre Loyalität zu versichern. In den frühesten überlieferten Statuten des Museums heißt es: ,,§ 1. Der Zweck der Ver- bindung ist: schöne Bildung des Geistes und Geschmacks, auch den guten Ton geselliger Freude zu befördern, und beydes im Kreise solcher Gebildeten zu gemessen. § 2. Nur auf diesen Zweck, nicht auf Geburt, Stand und 182 Gemälde vo n Adolf Schrocdter: Mitglieder der Karlsruher Lesege5ellschaft; an der Wand ein Portrait des Großherzogs. Rang. nimmt die Gesellschaft bey der Wahl ihrer Mitglieder den nächsten Bedacht. Jede selbstständige Person. ohne Unterschied des Geschlechts. welche Bildung mit sich bringt und nach ihren übrigen Verhältnissen aufnah- mefähig ist. kann Mitglied der Gesellschaft werden." Die Vereinsstrukturen sind somit ge- prägt von dem Leitbild eines allgemeinen Ge- sellschaftsvertrages und der Souveränität des Gesamrwillens. Dessen Instanz ist die Mitglie- derversammlung. ordentliche Mitglieder ha- ben bei Wahlen die gleichen Rechte. Das Literaturangebot enthält laut Satzung .. politische und gelehrte Zeitungen mit den dazu erforderlichen Hilfsmitteln. als landkar- ten. Wörter- und H andbücher für Sprachen. für Länder- und Völkerkunde. Statistik. u.s.w.; sodann periodische Schriften aller Art. Reise- beschreibungen. Geschichte. und überhaupt alles. was ohne spezielle Rücksicht auf beson- dere Berufsfacher allgemein interessiert und für den Einzelnen zu kostspielig. oder vorü- bergehend ist. " Tatsächlich lässt die Auswer- tung des frühesten noch vorhandenen Biblio- meksverzeichnisses ein dezidiertes Interesse an deutscher Literatur der jüngsten Zeit erken- nen. wobei größere Aufmerksamkeit aber der Sachliteratur geschenkt wurde. Eine erste Mitgliederliste ist aus dem Jahr 1815 überliefert: Die Mehrzahl der Mitglie- der. neben dem Großherzog und drei weiteren Grafen. rekrutiert sich aus Offiziers- und hö- heren Beamtenkreisen. während Lehrer. Pfar- rer, Ärzte, Rechtsanwälte und Künstler in weit 183 geringerem Maße vertreten sind. Von 428 Mitgliedern sind ingesamt sieben Frauen, da- von 6 Witwen. Die soziale Herkunft der Mit- glieder hatte sich 1845 nicht wesentlich geän- dert: Überraschend ist nun der hohe Anteil weiblicher Mitglieder: 78 Frauen von insge- samt 744 Mitgliedern, also mehr als 10 Pro- zent, davon der überwiegende Teil Witwen. Das Karlsruher Museum war einer der weni- gen Vereine, die eine solche reguläre Mitglied- schaft gestatteten. Ansonsten waren Frauen von der literarischen und politischen Informa- tion und den Tätigkeiten der Vereine fast durchgehend ausgeschlossen. Die Lese-Gesellschaft Eine weitere Lese-Gesellschaft wurde 1815 gegründet. Das Publikum, zu dem auch der Oberbürgermeister Dollmetsch gehörte, der das Amt des Saal-Aufsehers verrichtete, ent- stammte vornehmlich dem Bürgertum. Folgt man einem anonymen Korrespondenzbericht aus dem Jahr 1818, so ist die Ursache für die Vereinsgründung im Koiltext der Befreiungs- kriege zu sehen, denn "der Menschen-Freund freuet sich nach den Stürmen des fürchterli- chen Kriegs einer wieder sanft anziehenden Verbindung", an der "Mitbürger, ohne Unter- schied des Standes und der Religion" teilneh- men können "zu welchem Tugend und Recht- schaffenheit allen den Weg bahnen können". 1818 hatte die Gesellschaft 117 Mitglieder. Von Interesse ist die Schilderung der Vereins- gründung: aus einem abendlichen Treffen von Bürgern und Beamten entwickelte sich eine . feste Abendgesellschaft, die gemeinschaftlich zuerst Zeitungen, dann auch Bücher anzu- schaffen begann. Die Zunahme von kulturel- len Veranstaltungen und weitere Eintritte machten eine Vereinsgründung erforderlich. Ein Umzug in ein größeres, täglich geöffnetes Vereinslokal wurde bald nötig. Schließlich wurde den Mitgliedern die Mitnahme von Büchetn und Zeitungen nach Hause gestattet, um auch Frauen und Kindern einen Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Schon 1818 ver- fügte die Gesellschaft über eine Bibliothek mit knapp 400 Bänden "worunter die Schriften: Schiller, Göthe, Wieland, Lafontaine, Schel- ling, de la Motte Fouque, Schreiber etc. Le- bens- und Reise-Beschreibungen, und 16 theils bildende politische Zeitschriften sich vorfin- den." "Uebrigens ist die Gesellschaft, wie sich leicht denken läßt, sehr gemischt. Doch ist die Mischung nicht von der Art, daß man sagen könnte, sie ist allzu gemischt, hat allzu ver- schiedene Bedürfnisse und es finde eine allzu grosse Entfernung der Stände unter den Mit- gliedern statt. Treffen am Abend vielerley Per- sonen zusammen, so entfernt sie weder Stand noch Rang, da sie sich weder als untergeord- net, noch von einander abhängend in ihren Berufs-Geschaffen begegnen." Hier wird deut- lich, wie eng der Raum des sozialen Austau- sches auch in bürgerlichen Kreisen weiterhin bleibt. Trotz der Betonung auf eine prinzipielle Offenheit und Aufhebung von Standesunter- schieden wird die Eingrenzung auf bestimm- te Schichten explizit unterstrichen. Dass die Lesegesellschaft sich keinesfalls der radikalen Opposition verpflichtet, davon zeugt eine Bekanntgabe der Kündigung des Abonnements der radikal-demokratischen Konstanzer Zeitung "Seeblätter", die "als un- würdig, in einer anständigen, ehrenhaften und gesetzliebenden Gesellschaft aufzuliegen", be- zeichnet werden. Verstanden wird dies im Sin- ne einer vom aufgeklärten Publikum betrie- benen Kontrolle der politischen Diskussion; schließlich sei "es zu erwarten, daß die Blätter vom See durch derartige Maßregeln bald ihr Lebensende erreicht haben werden. Das Volk wird künftig die Presse überwachen und die Preßfreiheit wahren!" 1843 hat die Lese-Ge- 184 Mitglieder der Karlsruher Muscumsgesdlschafc 1848 . sellschah . nicht mehr viele Mitglieder, meis- tens aus dem wohlhabenderen Mittelstande." Der Stadtchronist lobt zudem die Verdienste um die gesellige Unterhaltung des Vereins, "da man hier nicht die Steifheit findet, wie im Museum." In den vierziger Jahren residierte die Lese-Gesellschaft im ehemaligen Palais des Markgrafen Friedrich am Rondellplatz und damit in unmittelbarer Nähe des H auses des Bürgervereins Eintracht, der 1835 gegründet wurde. Der Biligerverein Eintracht Ein Komitee gab die Gründung dieses Vereins bekannt, der "nur Gutes und Nützliches für die Stadt und ihre Bewohner, besonders in gewerblicher, wissenschaftlicher und über- haupt bildender Beziehung" im Sinne habe. Zum Zeitpunkt der Gründung im Juli 1835 traten 155 Mitglieder bei, vorwiegend Kauf- leute, Beamte, Lehrer, selbstständige Hand- werker, darunter eine Lehrerin. Trotz anfang- lieher Widerstände wurde der Verein Eintracht in vier Abteilungen geordnet: eine für geselli- ge Unterhaltung, Lektüre und Tanzveranstal- rungen, die zweite rur Musikveransralrungen, drittens ein Diskussionsforum für technische und industrielle Fragen und schließlich vier- tens eine Abteilung für wissenschaftliche Wei- terbildung. 1839 hatte die Eintracht insgesamt 800 Mitglieder. Im Mittelpunkt des Interesses, folgt man den Mitgliederzahlen der einzelnen Sektionen, lagen dabei Unterhaltung und Lek- rüre sowie die industriell-technische Weiterbil- dung. Die Eintracht beschreibt sieh als "ein Ver- ein gebildeter Männer, der es sich nicht nur zur Aufgabe macht, durch den Genuß geselli- ger Freuden seine Mitglieder zu erheitern, son- dern der auch dahin strebt, Wissenschaften, Künste und Gewerbe zu fördern, gemeinnüt- 185 zige Unternehmungen wirksam unterstützen zu helfen. und zur Stiftung von Sammlungen Gelegenheit zu geben. die den Künstler und Freund der Wissenschaft anziehen und beleh- ren. Sie ist ein freier Verein. in welchem kei- nem Mitglied als solchem ein Vorzug vor dem andern zukomme." Lesegesellschaften und die Revolution 1848/49 In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatten die Lesegesellschaften in Karlsruhe ihre Blütezeit. Sie waren Ausdruck der gesellschaft- lichen Mobilisierung des Bürgertums in der Zeit des Vormärz. in denen eine direkte poli- tische Betätigung noch weitgehend unmöglich war. Über eine unmittelbare Beteiligung der Vereine an den Revolutionsereignissen 1848/ 49 liegen keine Zeugnisse vor. was auf die Ei- genschaften Karlsruhes als Residenzstadt zu- rückzuführen ist. Durch die Anbindung an den Hof war das politische Klima der Stadt deutlich konservativer als in anderen Städten Badens. Die Wahl zur zweiten Kammer 1819. die Liberalisierung der Presse im so genannten .. Pressefrühling" 1830-1832. die Politisierung det Literatur in den Jahren nach 1830 sowie die Nationalbewegungen in anderen europäi- schen Staaten hatten dort die Diskussionen innerhalb der Lesegesellschaften zu einer offe- nen Politisierung geführt. 1849 markiert eine Zäsur in der Geschich- te der Lesegesellschaften. denn auch sie fielen dem allgemeinen vorübergehenden Vereins- verbot zum Opfer. In den Jahren danach sind kaum Neugründungen zu verzeichnen. und die Restaurationzeit des Nachmärz mit dem Klima staatlicher Repression und Zensur be- einflusste die Entwicklung der Lesegesell- schaftsbewegung insgesamt. auch der Vereine. die nach 1848/49 nicht verboten wurden. Obwohl aufgrund der politischen Orientie- rung der Eintracht eine Nähe zu den revoluti- onären Ereignissen nicht vermutet werden kann. wirken sich auch hier die folgenden Jah- re der Restauration aus, wie bereits der Ver- einschronist Schwarz über die Eintracht no- tiert: .. In den Zeiten der Reaktion. die auf die politischen Ereignisse Ende der 1840er Jahre folgten. trat im Vereinsleben übethaupr eine gewisse Stagnation ein; wir finden aus den 1850er und 1860er Jahren keine Nachrichten von Veranstaltungen grösserer Art." Dasselbe gilt auch für das Karlsruher Museum. Dass 1850 der Bürgerverein Eintracht und die Le- segesellschaft sich vereinigten. deutet darauf hin. dass die Mitgliederzahlen der beiden Ver- eine gesunken waren. Die Verbotswelle nach 1849 war Ausdruck einer staatlichen Unfahigkeit. gegenüber der Vereinsbewegung und der bürgerlichen Öf- fentlichkeit anders als mit repressiven Mitteln zu reagieren. Ändern sollte sich dies erst im späten 19. Jahrhundert. als. bezogen aufLite- ratur und Journalistik. Kulturpolitik als Medi- um staatlicher Intervention entdeckt wurde: 1870 wurde die erste öffentliche Bibliothek in Mannheim gegründet. die. wie auch in ande- ren Städten. die Bestände der örtlichen Lese- gesellschaft später übernehmen sollte. Damit traten staatliche öffentliche Kulturinstitutio- nen das Erbe von Organisationen der bürger- lichen Öffentlichkeit an. Ausdruck einer zu- nehmenden Verschmelzung von Staat und bürgerlicher Gesellschaft. TORSTEN LIESEGANG 186 Der Landeswohlfahrtsverband Baden In unserem differenzierten Sozialstaat erfüllt der Landeswohlfahrtsverband Baden wichtige Auf- gaben im Bereich der Hilfen zur Eingliederung und Rehabilitation behinderter Menschen, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge. Zur Geschichte Am 1.1.1964 wurde der LandeswohlfahrtsVer- band Baden für die Regierungsbezirke Karls- ruhe und Freiburg und der Landeswohlfahrrs- verband Württemberg-Hohenzollern für die Regierungsbezirke Stuttgart und Tübingen geschaffen. Die Neuregelung der Trägerschaft der örtlichen und überörtlichen Sozialhilfe war eine Folge des am 1.6.1962 in Kraft getre- tenen Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Die- ses Gesetz, das nicht nur die Hilfe zum Le- bensunterhalt neu ordnete und die frühere "Fürsorge" durch "Sozialhilfe" ersetzte, erwei- terte den Kreis der Anspruchberechtigten um geistig und seelisch wesentlich behinderte Menschen mit Rechtsansprüchen auf Einglie- derungshilfe. Die Durchführung der Hilfen wurde örtlichen und überörtlichen Trägern übertragen, die durch Ausführungsgesetze der Bundesländer zu bestimmen waren. Der Landesgesetzgeber in Baden-Würt- temberg stand dabei vor der Frage, ob der überörtliche Träger der Sozialhilfe staatlich oder kommunal organisiert werden sollte. Nach- dem in Bayern, Hessen und Nordrhein-West- falen die überördiche Sozialhilfe bei kom- munalen Trägern angesiedelt war und es mit dem Landesfürsorgeverband Wümemberg auch in Baden-Wümemberg seit 1924 einen kommunalen Träger gab, entschied das Land Baden-Wümemberg sich dafür, die überört- liche Sozialhilfe zwei höheren Kommunalver- bänden, den Landeswohlfahrrsverbänden Ba- den und Württemberg-Hohenzollern zuzu- ordnen. Zuvor waren die Aufgaben des überördi- ehen Wohlfahrtswesens im badischen Lan- desteil bei den Regierungspräsidien Nordba- den und Südbaden als Landesfürsorgeverband angesiedelt. Ebenso die Landesjugendämter. Der neu gebildete Landeswohlfahrtsver- band Baden konstituierte sich in der 1. Sitzung seiner Verbandsversammlung am 23.10.1963 im Rathaus in Karlsruhe. In dieser Sitzung gab der damalige Vertreter der Stadt Karlsruhe, der spätere Oberbürgermeister Otto Dullenkopf, dem neuen Verband folgende Worte mit auf den Weg: "So wollen wir - nicht aufdrängend aber anbietend - etwas von der inneren Tem- peratur von Karlsruhe als Einstand mit auf den Weg geben, es ist das Bemühen, das Sach- liche mit dem Menschlichen zu verbinden, in diesem Falle zum Wohle unseres hilfesuchen- den Nachbarn, aber auch zum Wohle des Lan- deswohlfahrtsverbandes Baden, dem jüngsten Kind in dieser Stadt, zwar in Stuttgart gezeugt, aber in Karlsruhe geboren, und da es in Karls- ruhe aufwachsen wird, wird es ein badisches Kind werden, da es aber ein wohlerzogenes Kind sein wird. wird es seine Eltern ehren." Die Verbandsversarnmiung Mitglieder der Verbandsversammlung, dem obersten Organ, sind Vertreter der Verbands- mitglieder der Land- und Stadtkreise im badi- schen Landestei!. Nach jeder Kommunalwahl wählen die Kreistage bzw. Gemeinderäte pro 100.000 Einwohner einen Vertreter in die Verbandsversammlung. Die derzeitige hat 62 Mitglieder. Sie ist für grundsätzliche Entschei- 187 dungen zuständig, insbesondere für die Über- nahme neuer Aufgaben, die Wahl der leitenden Beamten und rur die Verabschiedung des Haus- halts mit der Festlegung des Hebesatzes rur die Landeswohlfahrtsumlage. Die Verbandsver- sammlung wählt aus ihrer Mitte einen Vorsit- zenden sowie 11 Mitglieder des Verbandsaus- schusses. Zum Vorsitzenden wurde in der er- wähnten konstituierenden Sitzung der damali- ge Karlsruher Landrat Josef Groß gewählt, dem die Landräte Dr. Burkard, Rastatt, Dr. Ger- hard Gamber, Offenburg folgten. Seit 1996 ist der Waldshuter Landrat Dr. Bernhard Wütz Vorsitzender. Leiter der Verwaltung ist der jeweils auf 8 Jahre gewählte Verbandsdirekror. Er ist obers- ter Dienstherr der rd. 600 Bediensteten des Verbandes und führt die Beschlüsse der Ver- bandsgremien durch. Erster Verbandsdirekror von 1964-1976 war Hans Schwörer. Ihm folgte der Verfasser von 1976-2001. Seit 2001 wird der Verband von Dr. Gerhard Vigener geleitet. Die alten und neuen Aufgaben Die verbands politisch bedeurendste Aufgabe ist die Eingliederungshilfe für geistig-, seelisch sowie mehrfachbehinderte Menschen, die der Verband als überörtlicher Träger der Sozialhilfe organisiert und finanziert (Landessozialamt). Seit der Gründung des Verbandes hat die Zahl der behinderten Menschen, die Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, permanent zu- genommen. Von etwa 4.000 im Jahr 1964 auf rd. 14.000 im Jahr 2001. 8.700 behinderte Menschen erhalten vollstationäre Eingliede- rungshilfe in einer Anstalt, einer Heimsonder- schule oder einem Wohnheim, weitere rd. 5.300 altenteilstationäre Hilfen, insbesondere in Werkstätten rur Behinderte. Für diese Hilfen, die überwiegend in Form von Pflegesätzen an die Eintichtungen ge- währt werden, sind im Verbandshaushalt des Jahres 2002 347 Mio. Euro. Das sind 70 % der gesamten Verbandsausgaben! Bei Gründung des Verbandes - wurden lediglich 20 Mio. DM für diese Hilfen ausgegeben. D. h. der Aufwand stieg in 37 Jahren um rd. 3.400%! 1964 war in den Regierungsbezirken Nordbaden und Südbaden gerade der organi- sierte Wiederaulbau der früheren Heil- und Pflegeanstalten auf der Grundlage von Vor- kriegskonzeprionen abgeschlossen. In den über- regionalen Einrichtungen standen insgesamt etwa 1.500 Heimplätze zur Verfügung. Die behinderten Menschen lebten dort in Statio- nen, in denen Schlafsäle mit 10-12 Personen keine Seltenheit waren. Daneben gab es die Kreispflegeanstalten, in die geistige oder kör- perliche Gebrechliche aufgenommen wurden. Die meisten Behinderten lebten allerdings in ihren Familien, und es bestand - aus der Er- fahrung des "Dritten Reiches" heraus - eine große Scheu, sie in die Obhut einer Anstalt zu geben. Geistig Behinderte galten als bildungs- unfähig und besuchten keine Schule. Es gab kaum Behindertenwerkstätten noch Frühbe- ratungen. Das BSHG machte die Eingliederung von behinderten Menschen in die Gesellschaft zu einer öffentlichen Aufgabe. Seitdem ist ein Ilä- chendeckendes Netz von Werkstätten und Wohnheimen für Behinderte errichtet wor- den. Dank der besseren Versorgung und des medizinischen Fortschritts steigt das Durch- schnittsalter der behinderten Menschen stän- dig an und gleicht dem Nichtbehinderter. 2001 wurden die Träger der Sozial- und Ju- gendhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträ- ger einbezogen. Dabei wurde die Bedürftig- keitsprüfung, ein Grundsatz der Sozialhilfe, in mehreren Bereichen eingeschränkt. So kann insbesondere auf Unterhaltsverpflichtete nur noch im Rahmen eines einheitlich festgelegten Pauschbetrages zurückgegriffen werden. 188 , ~;~r Bürogebäude des Badischen Landeswohlfahrrsverbandes an der GÜnlher-K1orz.-Anlage. Die Behindertenhilfe hat in der Geschichte des Verbandes eine Entwicklung genommen, die zu Beginn auch nicht annäherungsweise absehbar war. Die Rechtsansprüche und hohe Standards in der Behindertenhilfe dürfen allerdings nicht dazu führen, die Integration behinderter Menschen in Beruf und Gesell- schaft zu vernachlässigen. Der Landeswohl- fahrtsverband Baden hat auf die starke Zunah- me der Behinderten mit einer Reihe eigener konzeptioneller Vorstellungen reagiert. Er wird diese Bemühungen in den nächsten Jahren mit Innovationen verstärkt fortsetzen, um den großen finanziellen Herausforderungen erfolg- reich zu begegnen. Eine Hauptfürsorgestelle gibt es seit 1919. Sie ist 1964 in den neu gegründeten Verband integriert worden. Schwerpunkt der Arbeit der Hauprfürsorgestelle war die Betreuung der vom Krieg besonders betroffenen Menschen, ins- besondere derjenigen, die der besonderen 50n- derfürsorge bedurften. 55 Jahre nach Kriegs- ende ist die Zahl der 50nderfürsorgeberechtig- ten stark zurückgegangen. In den Mittelpunkt der Tätigkeit der Hauptfürsorgestelle ist nun der Personenkreis der schwerbehinderten Ar- beirnehmer gerückt, die Anspruch auf beglei- tende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben sowie auf besonderen Kündigungsschutz haben. An finanziellen Leistungen für Arbeitgeber und schwerbehinderte Arbeitnehmer werden aufgrund von rd. 1.500 Neuanrrägen pro Jahr etwa 25 Mio. DM bewilligt. Im Jahr 1999 wurden 1.500 Kündigungsschutzverfahren durchgeführt. Der Landeswohlfahrrsverband gewährt al- lein für etwa 5.200 Blinde Leistungen nach dem Gesetz über die Landesblindenhilfe. Die ohne Einkommens- und Vermögensprüfung bezahlten pauschalierten Beträge (mo na dich 189 409,03 Euro) dienen dem Ausgleich blind- heitsbedingter MehraufWendungen und Be- nachteiligungen. Die Fallzahlen im Verbands- gebiet sind seit Jahren annähernd unverändert. Der jährliche Zuschussbedarf beträgt rd. 20 Mio. Euro. Eine wesentliche Veränderung der Aufga- benschwerpunkte hat auch beim Landesju- gendamt stattgefunden. Bei Gründung des Verbandes war das Landesjugendamt insbe- sondere für die Gewährung der teueren statio- nären Jugendhilfemaßnahmen zuständig. Ge- setzliche Änderungen haben nicht nur die Formen stationärer Jugendhilfe verändert, sondern den gesamten Bereich dem örtlichen Träger der Jugendhilfe zugeordnet. Schwer- punkt der Tätigkeit des Landesjugendamtes ist heure neben der Aufsicht über Kindertages- stätten und Jugendheime die Entwicklung neuer Formen der Jugendhilfe. Fortbildung und Jugendpflege Ein umfangreiches Fortbildungsprogramm des Landeswohlfahrtsverbandes richtet sich in erster Linie· an Kindergärtnerinnen, Erzieher in Erziehungsheimen, Sozialarbeiter und Sozi- alpädagogen bei den Stadt- und Landkreisen, Verwaltungsfachkräfte in den Sozial- und Ju- gendämtern sowie Angehörige der verschiede- nen Beratungsstellen. Die Veranstaltungen werden schwerpunktmäßig im Bildungszen- trum des Landeswohlfahrtsverbandes Schloss Flehingen angeboten, denn mit der Gründung wurden dem Verband die bis dahin in der Trä- gerschaft des Landes stehenden Jugendheime Schloss Flehingen, Schloss Stutensee und Stift Sunnisheim übertragen. Schloss Flehingen, früher einmal die größ- te badische Fürsorgeerziehungsanstalt, wurde vom Landeswohlfahrtsverband von 1964- 1982 baulich saniert. Im Bildungszentrum, das hier 1984 seinen Beuieb aufnahm, befin- den sich u. a. eine Fachschule für Sozialpäda- gogik- FachrichtungJugend- und Heimerzie- hung - eine Fachschule für Heilpädagogik und eine Fachschule für Heilerziehungshilfe. In den Fachschulen werden Fachkräfte berufs- begleitend aus- und fortgebildet. Darüber hi- naus ist das Bildungszentrum mit den Aus- und Fortbildungsveranstaltungen des Landes- wohlfahrtsverbandes sehr gut ausgelastet. Auch das Landesjugendheim Schloss Stu- tensee wurde baulich saniert. Das Heim be- treut im Augenblick ca. 150 Kinder und J u- gendliehe, davon 34 in vollstationären Wohn- gruppen innerhalb und außerhalb des Heim- geländes und 106 Kinder und Jugendliche in Tagesgruppen im Heimgelände sowie in Karlsruhe, Bruchsal, Friedrichstal und Leo- poldshafen. 1983 wurde in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium Baden-Württemberg das Heinrich-Werzlar-Haus errichtet, ein Angebot an der Nahtstelle zwischen Jugendhilfe und Justiz zur Vermeidung von Untersuchungs- haft. Das Heinrich-Wetzlar-Haus wird zu 90 % von der Justiz in Baden-Württemberg in Anspruch genommen. Zur Zeit leben hier 10 Jugendliche. Das Landesjugendheim Stift Sunnisheim war und ist eine Einrichtung der Jugendhilfe mit dem Schwerpunkt handwerklicher BerufS- ausbildung. Die Palette der angebotenen Be- rufe reicht vom Bäcker und Konditor über Schlosser und Schreiner bis zum Maler und Lackierer. Finanzierung Die Aufgaben des Verbandes werden zu fast drei Viertel (73,5 %) über die von den Ver- bandsmitgliedern aufzubringenden Landes- wohlfahrtsumlage finanziert. Nur 18 % der Einnahmen erhält der Verband als Finanzzu- weisungen vom Land. Das Volumen des Ver- 190 bandshaushalts beträgt 582 Mio. Euro (1.138 Mio. DM) im Jahr 2002. Der erste H aushalts- plan 1964 hatte noch ein Volumen von 64 Mio. DM. Die wachsende Zahl der jährlich neu in die Kostenträgerschaft des Landeswohl- fahrtsverbandes aufZunehmenden Behinder- ten und die damit verbundenen Kosten stellen an den Finanzbedarf des Landeswohlfahrtsver- bandes und seine Mitglieder dann besonders hohe Anforderungen. wenn das Wachstum der Steuerkraft hinter dem Ausgabenanstieg zurückbleibt. Immer. wenn diese Schere aus- einandergeht. gerät der Verband in eine Zer- reißprobe. die bisher jedoch immer durch das Engagement und das Verständnis der Ver- bandsmitglieder für die Situation der Behin- derten überwunden werden konnte. Bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist daher ein enger Kontakt zwi- schen den Verantwortlichen des Landeswohl- fahrtsverbandes. seinen Mitgliedern und den Eintichtungen. die die Hilfe durchführen. unerlässlich . Solidarität mit Behinderten muss vor dem Hintergrund einer mehr und mehr betriebswirtschaftlieh denkenden Gesellschaft praktiziert werden und dies nicht in Aufsätzen. Erlassen. Reden und Verfügungen. sondern durch Gespräche mit den Veranrwortlichen in den Heimen und Werkstätten vor Ort. Dabei ist gerade das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder der Verbandsgremien in der Behin- dertenarbeit besonders wichtig, garantiert es doch das Verständnis für die Aufgaben des Landeswohlfahrtsverbandes und seine Ver- wurzelung in der Bevölkerung. Ein einziger Landeswohlfahrtsverband für ganz Baden- Württemberg. der von Zeit zu Zeit immer wieder in die politische Diskussion gebracht wird. kann wegen seiner Größe gerade diese spezielle Funktion nicht effektiv wahrnehmen. Die Erfahrungen des Landeswohlfuhrtsver- bandes Baden seit 1964 zeigen dagegen. dass den Land- und Stadtkreisen im badischen Landesteil eine kommunale Institution zur Verfügung steht. die soziale Aufgaben in ei- nem überschaubaren Bereich mit sozialem En- gagement und finanziellem Veranrwortungs- bewusstsein bürger nah wahrzunehmen. HANS·OTTO WALTER Moritz Ellstätter (1827-1905) Finanzminister im Großherzogtttm Baden Die Markgrafschaft Baden trat in das 19. Jahr- hundert ohne Schulden ein. Aber schon mit dem Erwerb neuer Territorien 1803 und 1806 mussten finanzielle Verpflichtungen von 10 Millionen Gulden (fl) übernommen werden. die nach der Teilnahme an den Napoleoni- schen Kriegen schließlich auf 27.5 Millionen wuchsen. Nach intensiver Sparpolitik waren es 1838 nur noch 14.5 Mio fl. 191 Doch die Revolution 1848/49 riss wieder ein großes Finanzloch auf. das 1849 mit 39 Mio berechnet wurde. Bis 1865 schaffte man einen Stand von 26.5 Mio; aber dann kam der Deutsche Krieg mit den allgemeinen Kriegs- kosten und 6 Mio fl Kriegsentschädigung an Preußen. so dass der Schuldenberg nun 36 Mio betrug und wiederum Anleihen aufge- nommen werden mussten wie 1850. Die wirtschaftliche Entwicklung verlief unterschiedlich: einerseits brachten Missern- ten den Bauern Hunger und Not und riefen nicht zuletzt Auswanderungswellen hervor, andererseits hatte die industrielle Entwicklung in Baden früh Fuß gefasst. Allein die Rheinre- gulierung ermöglichte bald einen Dampf- schifffahrtsverkehr, und das Eisenbahnnetz wuchs rasch um die Nord-Süd-Achse, so dass Industriewerke an vielen Orten entstanden. Dennoch war die Lage Badens nach dem ver- lorenen Krieg 1866 misslich, als Großherzog Friedrich l. einen "Kleindeutschen", Karl Mathy, der lange Jahre für die Einigung Deutschlands unrer preußischer Führung ge- kämpfr hatte, zum Staatsminister und zugleich zum Präsidenten des Finanzministeriums er- nannte. Mathy stellte zum I. August Moritz Ellstätter als Rechtsreferent ein, der zunächst in Berlin wegen der Staatsanleihen verhandeln sollte. EHsrätters Werdegang Ellstätter, am 11. März 1827 als Sohn eines Möbelhändlers israelitischen Glaubens in Karlsruhe geboren, hatte nach Lyceumsbesuch Jura studiert und den Rechtsanwaltsberuf er- strebt, in dem Juden seit 1838 hinlänglichen Zugang fanden. Mehrfache Anttäge auf Zulas- sung waren aber dennoch geschei tert. Zunächst im Finanzministerium angestellt, wandte er sich 1856 der Wirtschaft zu, und aufEmpfeh- lung bei dem bedeutenden Kaufmann und Politiker David Hansemann in Berlin wurde er schließlich Syndikus bei der Direktion der 1851 gegründeten Diskontogesellschaft. "Die- se Wandlung meines Lebenslaufes", heißt es in seinen biographischen Notizen, "war für mich nach allen Richtungen entscheidend. Nicht nur, dass mir meine neue Berufstätigkeit wert- volle Einblicke in die große Verkehrsbewe- gung gestattete, dass der Aufenthalt in Berlin dem Süddeutschen neue Gesichtspunkte er- öffnete, Vorurteile zerstreute, und ihm Macht und Bedeutung des preußischen Staates vor Augen treten ließ." In dieser Gesellschaft lern- te er auch Karl Mathy kennen, der ihm Kon- takte zu profilierten Persönlichkeiten vermit- telte. Auch wenn die Berliner Atmosphäre Ell- stätter zusagte, in der er sich später als Kunst- freund und Theaterliebhaber so wohl fühlen sollte, strebte er 1859 nach Durlach, wo er endlich eine Niederlassung als Rechtsanwalt genehmigt bekam, später dann in Karlsruhe, wobei dort seine kleine Praxis freilich nicht weiter wuchs. Drum nahm er die Chance wahr, in den Staatsdienst aufgenommen zu werden. erst als Assessor, 1864 als Kreisgerichtsrat in Mann- heim. Zwei Jahre später begann mit dem Sprung in Mathys Finanzministerium eine Karriere, die für einen Badener israelitischer Religion ungewöhnlich war. Seine und Ma- thys Kontakte zur Diskontogesellschaft er- leichterten alsbald den Anleiheabschluss mit norddeutschen Geldgebern. Neue Finanznöte Diese Darlehen von 5 Mio fl reichten jedoch nicht, da zudem die Einverleibung der badi- schen Armee in das preußische Heer als Ein- trittsvorbereitung in den Norddeutschen Bund den Staatshaushalt aufs neue belastete. Alle indirekten und direkten Abgaben mussten deshalb erhöht werden. Mitten in dieser Bewältigung großer Pro- bleme starb 1868 Karl Mathy. Der Großher- zog betraute den bisherigen Leiter des Innen- ministeriums Julius Jolly, ein kleindeutscher Liberaler wie Mathy, mit dem Staatsministeri- um. Zum Präsidenten des FinanzministeriuffiS ernannte er auf Wunsch Jollys, wohl auch des verstorbenen Mathy, den 41-jährigen Moritz EIlsrätter. "Diese Ernennung", schrieb dessen 192 Sohn Otto Ellstätter ... versetzte die gesamte Beamtenwelt in das größte Erstaunen. ja man kann sagen, in eine gewisse Bestürzung. teil- weise Entrüstung. Schon die Berufung eines Juristen zum Leiter des Finanzwesens wurde von der kameralistischen Beamtenschaft als schwere Kränkung empfunden. zumal der Be- rufene erst so kurz (1 \h Jahre) dem Finanzmi- nisrerium angehörte, also kaum in der Lage sein konnte, sich dabei besondere Kenntnisse im Finanzwesen zu erwerben. Er war der jüngste aller Ministerialräte. dazu Jude! ... Die Hofchargen standen Kopf. die älteren Minis- terialräte und Direktoren desgleichen.« So war Elstätters neue Aufgabe einer mehrfachen Be- lastung ausgesetzt. die er dann aber in 26 Jah- ren bewältigte. Erste Anfänge Zunächst versuchte er das mühselige Werk der Neueinschätzung von Grundstücken. Wal- dungen und Gebäuden im Land. seit 1858 gesetzlich vorgeschrieben. zu Ende zu führen. um eine entsprechende Grundsteuer zu ge- währleisten. aber auch um Gerechtigkeit bei der Veranlagung zu erreichen. Neue Lasten beim Kriegsausbruch 1870 erzwangen neue Kredite von 14 Mio fl. Der Anteil Badens an den französischen 5 Milliarden Kriegsentschä- digung 1871 konnten freilich bis 1873 die Staatsschulden auf 29 Mio senken. nun in Mark gerechnet (1 fl= 1.71 Mark). Unter die- se Schulden fielen auch die Darlehen für den Eisenbahnbau. der eine wichtige Komponente der Industrialisierung blieb. Eine eigene Eisen- bahnschuldentilgungskasse war schon 1842 eingerichtet worden. Bei intensiver Konzentration der Behör- denorganisation konnte zugleich eine Verbes- serung der Beamten- und Angestelltengehälter durchgeführt werden. Wenn auch der warme Geldregen von 1871 nach dem Sieg über Frankreich dem badischen Staarshaushalr half. so waren nun Matrikularbeiträge fällig. Darun- ter verstand man den bundesstaatlichen Fi- nanzausgleich der Gliedstaaten zum Zentral- staat. Das neue Deursche Reich verfügte ja nur über Verbrauchssteuern und Zölle. brauchte also zur Ausgabendeckung zusärzliche Leis- tungen der Bundesstaaten. die jährlich nach der Bevölkerungszahl umgelegt wurden. Neue Steuerreformen Ellstätter sah seine wichtigste Aufgabe in einer Verbesserung des bisherigen badischen Steuer- systems. das bei den direkten Steuern gerech- ter aber auch erträglicher werden sollte. In ei- ner Reformkommission mit Finanzfachleuten beriet er verschiedene Möglichkeiten. 1874 wurde das Gesetz der Kapitalrentensteuer er- lassen. was wir heute Quellensteuer auf Zins- erwerb nennen. Der erste Entwurf für eine Einkommensteuer scheiterte. da deren Gegner 193 in vielen Fällen eine mehrfache Steuerbelas- tung fürchteten. ElIstätter erreichte dagegen 1876 ein Erwerbsteuergesetz, wobei anstelle der bisherigen Gewerbesteuer das Betriebska- pital sowie der voraussichtliche mirtlere Jahres- errrag nicht nur geschätzt, sondern durch eige- ne Steuererklärungen der Unternehmer dekla- riere werden musste. Das wurde von diesen nur unter lauten Protesten durchgeführt, zu- mal Schuldzinsen nicht abgesetzt werden durf- ten. Das Gesetz bereitete den Boden für einen neuen Anlauf zur allgemeinen Einkommen- steuer, nun nicht mehr als Zusatz-, sondern als Ausgleichssteuer. Bei der Erwerbsteuer sollte in Zukunft das Einkommen aus dem Arbeits- verdienst in der Berufstätigkeit freibleiben. Dieses Einkommensteuergesetz vom 1.1.1886, das in Zukunft die Hauptsteuereinnahme dar- stellte, war ein bedeutsamer Forrschritt. Bei steuerfreiem Existenzminimum von 500, spä- ter 900 Mark pro Jahr wurde nun jedes Ein- kommen erfasst, bei mäßiger Belastung der kleineren und mitderen und einer Progression der höheren Einkommen. Mit beträchtlichen Mitteln hatte man Be- amte als Steuerkommissäre ausgebildet, die bei der Bevölkerung die Überzeugung verbreite- ten, dass bei der Steuerveranlagung geset- zestreu, ohne Willkür oder Begünstigung ver- fahren werde. Steuerfrei waren nur die Zivillis- te des Großherzogs und die Apanagen, also die Einkünfte der Mitglieder des Fürstenhauses, vom Parlament jeweils bewilligt. Die Steuer- pflichtigen zahlten bei einem Jahreseinkom- men von 900 M 0,61 %, bei 3.000 M 2 % bei 25.000 M 4 %. Die Progression endete bei 100.000 M mit 5 %, insgesamt also eine mä- ßige Besteuerung. Auch die Verbrauchssteuer enrwickelte Ell- stätter weiter. 1882 wurden z. B. die zahlreichen Verordnungsvorschrifren in einem Weinsreu- ergesetz zusammengefasst, wobei der "Haus- trunk" unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei blieb. Die Branntweinsteuer war im badischen Winzerland von geringerer Bedeu- tung. Doch seit 1875 versprach sich Ellstätter, gleichzeitig Bundesratsbevollmächtigter in Berlin, von der nord- und mitteldeutschen Branntweinsteuer, die ins Reich übernommen worden war, eine Erhöhung der Staarseinnah- men. Da die Südstaaten die Besteuerung von Brannrwein und Bier landes gesetzlich regel- ten, mussten sie höhere Matrikularbeiträge zahlen. In zwei Unterredungen mit Bismarck rang Ellstätter um einen Kompromiss, der frei- lich am preußischen Finanzminister Camp- hausen scheiterte, mit dem Bismarck keinen Streit anzetteln wollte. 1887 traten die süd- deutschen Staaten schließlich ohne Konzessi- onen der Reichsbranntweinsteuergemein- schaft bei . Ellstätters Initiativen zeigten aber an diesem Beispiel und auch bei anderen Maßnahmen, wie zukunftsträchtig seine fi- nanzpolitischen Perspektiven waren: stärkere Verteilung der Steuerlasten auf die wachsende städtische Wirtschaft und einkommenstärke- re Personen zugunsten des Mittelstandes und der Minderbemittelten. Eine Vermögenssteuer konnte erst sein Nachfolger Adolf Buchberg- er 1895 einführen. "Zwischen Anpassung und Selbstpreisgabe" Bis 1893 diente Ellstätter seinem Altersgenos- sen Friedrich I. Als 1876 Jolly zurücktrat und Ludwig Turban als Staarsminister dessen Amt übernahm, behielt Ellstätter seinen Wirkungs- bereich. 1881 wurde die Zahl der badischen Ministerien von fünf auf drei zurückgeführt, wobei nun dem Finanzministerium das Eisen p bahnwesen zugewiesen wurde, dem sich Ell- stätter mit großen Eifer, aber auch mit Spar- samkeit annahm. An die Spitze dieser Abtei- lung berief er hochqualifizierte Beamte wie Wilhe1m EisenIohr, für die Hochbauverwal- 194 tung den Architekten Josef Durm. Mit der Er- richtung einer Oberrechnungskammer 1876 wurde eine sachgemäße Kontrolle über die Verwaltung des Staatsvermögens gesichert. Vor allem im Bundesrat wie bei den Kon- ferenzen der Finanzminister wusste EIIstätter Badens Interessen zu vertreten, war doch mit der Reichsgründung eine große Zahl neuer Gesetze verbunden. 1888 zeichnere der Groß- herzog den bisherigen Präsidenren ob seiner Verdienste mit dem Titel "Finanzministcr" aus; erst 1908 wurden die Ressortleiter so- gleich zu Ministern ernannt. Zeitgenössische Biographen Friedrichs l. betonten, dass unter ihm Ellstätter "als der erste Israelit in so hoher Sraatsstellung" wirkte, trotz der Widerstände bei seiner Einsetzung in bei den Kammern, der einzige in den Bundesstaaten bis 1918. Anti- semitismus lag Friedrich l. fern, sowohl aus humanitären wie aus politischen Gründen, war doch der Prozess der rechtlichen Gleich- stellung der Juden durch ein Gesetz 1862 ab- geschlossen worden. Wenn er auch zu Ellstät- ter keine persönlichen Beziehungen pflegte, rühmte er bei jeder Gelegenheit dessen über- ragende Fähigkeiten. Ellstätter selbst sorgte dafür, "dass seine jüdische Konfession den Zeitgenossen nicht zum Problem werden konnte". Er galt als Fachmann, der sich als Politiker nicht enga- gierte, wie wohl nationalliberal gesonnen und wirtschaftlich dem Manchesterliberalismus, also der freien Marktwirtschaft zugehörig, ein Patriot und Monarchist, Bismarck-Verehrer und doch auch sein Kritiker. Wie weit er sich dem dominierenden Gesellschaftsstil, beson- ders im wilhelminischen Berlin anpasste, bleibt offen. Klar ist seine Ablehnung des "Ostjudentums", und den grassiereriden Ju- denhass interpretierte er als Folge jüdischen Fehlverhaltens. Wenngleich er am Leben der jüdischen Gemeinde nicht direkt teilgenom- men hat, hielt er jedoch Kontakt zu zahlrei- ehen jüdischen Politikern und Kaufleuten, sein Freundeskreis war weitgehend jüdisch, er war mit einer Jüdin verheiratet. 1893 ging er 76-jährig mit hohen Aus- zeichnungen versehen in den Ruhestand. Ab- gesehen von der Eisenbahnschuld hinterließ er einen ausgeglichenen Staatshaushalt, ja mit einem finanziellen Polster für Notzeiten verse- hen. Der ambitionierte Kunstfreund, voll ins deutsche Kulturleben integriert, zog sich ins Private seiner intakten Familie zurück. Erst anlässlieh seines Todes im Juni 1905 las man wieder von ihm in den Nachrufen. so in der quasi offiziösen "Karlsruher Zeitung", wo es hieß, er habe nie aufgehört, "sich als Jude zu fühlen und sein Interesse für seine leidenden Glaubensbrüder an den Tag zu legen. Und wenn auch die Interessen seiner Glaubensge- meinschaft durch seinen Einfluß in hoher amtlicher Stellung niemals eine unmittelbare Förderung erfahren haben, so war doch schon der Umstand, dass ein Jude, der nie aufgehört hatte, ein Jude zu sein, von unserem Landes- fürsten mit einem der höchsten Staatsämter betraut wurde, für uns von erhebender Wir- kung". LEON HARD MÜLLER 195 Spitzel am Oberrhein Vom Demmziationswesen in Baden im 18. Jahrhundert Denunziation - wer denkt da nicht an totali- täre Staaten, an die Sowjetunion, das national- sozialistische Deutschland, die DDR und an- dere Regime, wo sogar Ehepartner einander und Kinder ihre Eltern anzeigten, ideologisch besessen, der Herrschaft verfallen. Doch De- nunziation ist nichts Neues. Schon das Wort, abgeleitet vom Lateinischen "denuntiare" = "ankündigen, anzeigen" weist auf den Ur- sprung in der Antike hin. Im Sizilien des Stau- ferkönigs Friedrich 11. oder in der "Repub- lique Venedig" konnte man Zettel "in gewis- se marmorne Lächer u werfen, und in Verona waren die Anzeigenkästen in die Mauern der Renaissance-Rathäuser eingebaut. Anzeigen, Rügen, diese deutschen Begriffe klingen schon anders, spiegeln etwas von Bür- gerbeteiligung am Gemeinwesen wider, und so muss man auch das . Spirzelwesen in der Markgrafschaft Baden im 18. Jahrhundert be- urteilen. Historiker haben sich in jüngster Zeit damit intensiv beschäftigt. 1995 förderte die Volks- wagenstifrung ein erstes Forschungsprojekt 115pirzelwesen und Denunziacionspraxis am Oberrhein. Eine Analyse von Machttechniken innerhalb des Entwicklungsprozesses moder- ner Staatlichkeiten an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert", deren sehr verdienst- volle Ergebnisse sowie Beiträge zu einer ent- sprechenden Tagung von Michaela Hohkamp und Claudia Ulbrich unter dem Titel "Der Staatsbürger als Spitzel" 2001 veröffentlicht wurden. Vagantenwesen Doch zur Erinnerung: Die öffentliche Sicher- heit war am Oberrhein schon im 16. Jahrhun- dert stark zurückgegangen. Zu vagierenden Bettlern, Gauklern, wandernden Handwerks- burschen, entlaufenen Klosterleuten und manch anderen, die keinen geregelten Lebens- unterhalt fanden, gesellten sich nach dem drei- ßigjährigen Krieg die Heimatentwurzelten und entlassenen Soldaten. Die einzelnen Lan- desfürsren versuchten mit verschiedenen Mit- teln, dem Vagantenturn zu wehren. In der Markgrafschaft Baden-Baden wurde 1763 ein besonderes Husarenkorps aufgestellt. In Ba- den-Durlach entschloss man sich neben dem lang verzögerten, "Mandat der Errichtung ei- ner Policeydeputation in der Residenz Karls- ruhe betreffend" (1787) zum Ausbau des Bür- gerdienstes. Diesen Aspekten gilt in der obigen Aufsatzsammlung der anregende Beitrag von Andre H ohnstein "Normen und andere Prak- tiken der Anzeige in der Markgrafschaft Ba- den-Durlach in der zweiten H älfte des 18. Jahrhunderts". Da es auf dem Lande kaum professionelle Polizei kräfte gab, war in den Dörfern die Anzeige von Rechtsverletzungen und Gesetzesübertretungen für eine Strafver- folgung unabdingbar, ja für jeden Amtsträger wurde eine "Rügepflicht" festgeschrieben. Aber auch die Untertanen hatten im Zeitalter des Absolutismus "alle und jede ruegbare Sachen/ es seyen Gotteslästerungen / Verachtung oder Versaumung Göttlichen Worts und deß Got- tesdienstes / Friedbruch / Todschlag/ Zauberey und Hurerey/Ehebruch / Diebstahl! übermäs- siges Zutrinken und Spiehlen / und ins gemein alle andere verbottene Laster und Mißhand- 196 lungen" sowie anderes mehr anzuzeigen, so in der Vogt- und Rügegerichtsordnung, die von 1665 bis 1767 galt. GeseUschaftliche Ordnung 1767 redigiert, galt nun der "Rügezettel" nicht mehr allein der StrafVerfolgung, sondern er be- zog sich auch auf die wirtSchaftliche und sozi- ale Entwicklung der Dörfer. Die Funktionsträ- ger (Hatschiere, Husaren, Zollbereiter, Feld- stützler, Kirchenrüger) wurden in der dörf- lichen Gemeinschaft offen mit Anzeigenaufga- ben betraut und lebten dementsprechend zu- weilen im Zwiespalt zwischen Solidarität zu den Mitbürgern und der Strafandrohung mehrjäh- riger Zuchthausstrafen, wenn sie Übertretun- gen verschwiegen. So konnte z. B. ein "Kir- chenrüger", der "selten oder wohl im ganzen Jahr gar nichts [seinem Pfarrer] hinterbringt" und sich so "fremder Sünden theilhali:ig" macht, bei "mehrjähriger fortgesetzter Schläfrigkeit" zumindest seine Funktion verlieren, denn man muss wissen: In der Verwaltungshierarchie stand über den Orrsvorgeserzten, Amt, Ober- amt die Zentralbehörde der markgräflichen Verwaltung, und hier entschied neben Hofrat und Hofgericht auch der Kirchenrat, so dass die Pfarrer der protestantischen Kirche in den Verwaltungsaufbau einbezogen waren. Die niedere Gerichtsbarkeit, badische Vogr- und Rügegerichte oder Frevelgerichte, wusste freilich bei Straf- und Zivilklagen zu unter- scheiden, ja auch falsche Anzeigen aus Neid oder Habsucht wurden bestraft. Und oft war man großzügig! So beschwerte sich 1754 Pfar- rer Posselt über das Teninger Frevelgericht, dass dies Dorf "fast keine Schande mehr und größtenteils für eine lächerliche Bosheit" hiel- te, wenn "ledige Männer nachts zu den Mäg- den und ledigen Frauen einstiegen", so dass es das Oberamt ersuchte, mit der Androhung har- ter Strafen der Gemeinde Maßstäbe zu serzen. Mehrfach gerieten die Pfarrer in Rollen- konflikte, wenn sie einerseits als ,,Aufseher in Policeysachen", andererseits als Seelsorger am- ten sollten, weilllRügungen öfters einen wid- rigen Einfluß auf das Zutrauen macht, wel- ches die Zuhörer zu ihrem Seelsorger haben soUten." So war genau vorgeschrieben, wie vie- le Gäste bei Hochzeiten und "Tauf essen" ein- geladen werden konnten, um Luxus zu ver- meiden, der den Veranstalter zum finanziellen Ruin führen könnte. Da "denunciret" 1757 der Pfarrer von Friedrichstal (Oberamt Karls- ruhe) den Richter Isaac Calmez wegen Über- zahl von Gästen bei der Hochzeit seiner Toch- ter, und 1759 geschah gleiches beim Durla- cher Obermüller Rhott. Der Territorialstaat im ancien regime wur- de von strikten Ordungsvorstellungen be- stimmt, die die Bevölkerung - noch - bejah- te. Die Rügepflicht verhinderte das Ausweiten eines heimlichen Spitzel wesens, denn in der Praxis unterschied man genau so wie heute zwischen einer notwendigen Anzeige und ei- ner negativen "Denunziation". Je differenzier- ter eine Dorfgemeinschaft wurde und je öfter damit Konflikte auftraten, um so mehr wurde gerügt, wobei sich der Rügende nicht, wie spä- ter, wegen möglicher politischer Motive zu rechtfertigen hatte, denn in der Markgraf- schaft Baden wie anderswo kannte man einen fundamentalen Systemwechsel noch nicht. Jahrhundertwende Das trat erst Jahrzehnte später ein. Diedind Hüchtker berichtet in ihrem Forschungsbe- richt über "Das Räubergesindel und die Unru- hen in der Zeit der Französischen Revolution. Die Bedeutung von Anzeigen, Gerüchten und regelmäßigen Berichten für die Kommunika- tionspraxis der badischen Verwaltung am Ende des 18. JahrhundertS". 197 Ocr Roman von Goedles Schwager Christian Vulpi us über den Räuberhauptmann Rinaldini wurde ab 1779 ein Publ iku mserfolg. Am Oberrhein mehrten sich um diese Zeit Berichte über Räuberbanden, die wohl auf- grund von Hungerkrisen und Revolutions- kriegen entstanden waren. Die wachsende Pu- blizistik einer französischen Brigantenliteratur oder deutscher Räuberromantik sorgte für den Bekanntheitsgrad, und nicht zuletzt spielt Friedrich Schillers Jugendwerk in diesem Mi- lieu. Es waren z. T. kleine, kurzlebige Banden, die Überfälle auf Landstraßen unternahmen, aber auch größere wie die des bekannten Schinderhannes in den Rheinlanden, der schließlich 1803 hingerichtet wurde. Der Markgrafkonnte über dieses Banden- wesen nicht anders als über Anzeigen infor- miert werden, wobei das Gerücht eine große Rolle spielte, denn deren Allgemeinheit schütz- re einzelne Informanten vor Rachedrohungen der Räuber. Die Gerüchte wurden von den Ämtern noriert und weitergeleitet, damit man mit diesen Berichten seine Pflichterfüllung dokumentieren konnte, aber unbeachtet gelas- sen, wenn nichts Spekrakuläres auftrar. "Knapp und formal" wurden selbsr die vierteljährli- chen Berichre über die Bettelbekämpfung ge- halren. Auch hier musste sich 1769 ein Pfarrer beklagen, wie lax das Oberamt sich dabei ver- halte. Emigranten Unruhen ganz anderer Art zeichneten sich mit der Französischen Revolution ab, so "Missver- gnügungen" über Abgaberegelungen, Unzu- friedenheit über die Stationierung französi- scher konterrevolutionärer Truppen und das Wirken deutscher Jakobiner. Die badische Regierung reagierte verhalten, denn Markgraf Kar! Friedrich befürwortete als besorgrer Nachbar Frankreichs weder die Revolution noch schloss er sich Gegnern wie Preußen und Österreich an. Jedenfalls wurden in den Ober- ämtern einzelne Truppenteile stationiert, um Unruhen rasch erliegen zu lassen. Mit dem rapiden Einströmen der Emigranten schwol- len auch die Anzeigen an. Im Unterschied zu den Gerüchten über Räuberbanden waren diese Informationen präziser, und man be- kannte sich namentlich in Anzeigen über mögliche "Spione". Dabei zeigte sich in dieser "Sattelzeit" der Periode der "Umbrüche" Mehrfaches: zum einen die Abneigung gegen- über dem "fremden liederlichen Gesindel", ob Ausländer oder deutsche Vaganten, und man qualifizierte sich als "rechtschaffener Bürger" bei erhöhter Gefahrenwahrnehmung, nicht zuletzt in Sorge um das Eigentum. Zum ande- ren betonte der Anzeiger sein Vertrauen zur 198 Obrigkeit, die seine Denunziationen von der Verwaltungshierarchie auch entsprechend auf- nahm. um ihrerseits patriachalisches Vertrau- ensverhältnis zu betonen. Freilich gab es in der badischen Beamtenschaft nicht nur Revoluti- onsgegner, sondern auch Sympathisanten, die Revolutionäre nicht als "Gesindel" einstuften, andererseits gegen umherziehende Soldaten, vor allem Deserteure der französischen Revolutionsarmee, vorgehen mussten, die sich von Räuberbanden wenig unterschieden. Zuweilen nahmen Büger auf- grund von Anzeigen eine "Generalstreife" selbst in die Hand, um eine Gegend sicherer zu machen. So berichtete der Oberamtsmann Posselt von Pforzheim1793 dem Markgrafen: "Wir bemerken dahiebei, dass von der hiesi- gen Bürgerschaft, welche sich doch sonst nicht gerne zu dergleichen Streifen brauchen lassen, zu Bezeugung ihres guten Willens bei dieser Gelegenheit ein Drittel mehr als durch den Stadthauptmann aufgeboten worden, solche freiwillig mitgemacht." Die Zeiten waren un- ruhiger geworden. Viele trauten den Kontroll- instanzen nicht mehr den nötigen Eingriff zu, weil Rebellion und Vagantenturn sich zu ver- schmelzen schienen. Auf der Ebene des Adels zeigte sich der Karlsruher Hof sehr offen ge- genüber den emigrierten französischen 5tan- desgenossen. In den "Betrachtungen eines Ob- erbeamten am Rhein über französische Emig- ranten" von 1798 wurden aber "Fremde aus irgendeinem revolutionären Lande" mit Vaga- bunden gleichgestellt, weil sie die soziale Ord- nung störten. Ergebnisse Insgesamt blieben die Verwalrungssrrukturen der Markgrafschaft Baden ungebrochen. Die Berichre der Oberämter spiegeln ein klares Verhältnis der Kommunikationsformen zwi- schen Untertanen und Behörde. Gerade die anonymen Berichte ermöglichten oft ausge- dehnte Kontrollen kleinerer Gebiete, wo es Not tat. Die Anzeigen der berichrspflichtigen Funktionsträger wurden freilich nicht mehr als eine besondere Kooperation gewertet, weil sie alltäglich geworden waren und auch nicht immer beachtenswert. Man konnte sicher sein, dass die Bevölkerung "unabhängig da- von, ob und wann sie kooperierte, in die ob- rigkeitlichen Instanzen selbstverständlich ein- gebunden war." Spitzel, Denunzianten und Anzeiger sorgten aber dafür, dass entsprechen- de Berichte der einflussreichen Oberamtmän- ner erstellt werden konnten, aufgrund deren Ordnung geschaffen wurde und das Handeln der Verwaltung vor allem gesetzmäßig er- schien. Der Konflikt zwischen der Bürgerpflicht des Anzeigens und der Bürgertugend des Nichtanzeigens erhielt erst im 19. Jahrhundert neue politische Dimensionen. LEONHARD MÜLLER 199 Karlsruhe und earl Benz Kar! Friedrich Michael Vaillant - so der Ein- trag im Kirchenbuch - wurde am 25. Novem- ber 1844 als Sohn der Johanna Vaillant aus Landstuhl in Mühlburg geboren. In einem Ehevertrag vom 31. Oktober 1845. erkannte der in Pfaffenrodt geborene Lokomotivführer Johann Georg Benz ihn knapp ein Jahr später als seinen Sohn an. Da Carl Benz seinen Vor- namen später selbst mit "C" schrieb, hat sich diese Schreibweise heute weitgehend durchge- setzt. Ausbildung in KarIsruhe Bald zog die Familie Benz in die benachbarte Residenzstadt Carlsruhe, zunächst in die Stra- ße "vor dem RüppurrerTor", dann in die Kro- nenstraße. Nach dem Willen seiner Mutter, die nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1846 als Folge einer Berufserktankung den Le- bensunterhalt der Famiiie verdienen musste, sollte Carl Benz Beamter werden und besuchte deshalb das Karlsruher Gymnasium. Dort wa- ren Physik und Chemie seine Lieblingsfächer. Darübet hinaus bewies er handwerkliches Ge- schick, fotografierte und eignete sich mecha- nische Kenntnisse an. Mit 17 Jahren besuch- te er das Polytechnikum mit dem Berufsziel Ingenieur. Über die wissenschaftliche Arbeit hinaus ließ er eine große Neigung zur prakti- schen Atbeit erkennen, die ihn oft an die Werkbank führte. Bei der traditionsreichen Maschinenbauge- sellschaft Karlsruhe in der Südweststadt fand er nach dem Studium die erste Anstellung. Die 1836 von Emil Keßler und Theodor Mar- tiensen gegründete Firma hatte im Januar 1843 die erste badische Lokomotive, die "Ba- denia" ausgeliefert. Als Carl Benz am 1. Au- gust 1864 seine Tätigkeit in der größten KarIs- ruher Fabrik begann, hieß diese seit 1852 schon Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe. Nur ein Landeskredit hatte die in Konkurs gegangene Maschinenfabrik Keßler und Mar- tiensen gerettet, die als Aktiengesellschaft mit neuem Namen weitergefährt wurde. Hiet stand Benz von 1864 bis 1867 "als Arbeiter an Schraubstock und Drehbank" um noch ein- mal "ganz unten bei den Grundlagen anzufan- gen. (I Später erinnerte er sich: .. Der Dienst war hart, Sommer wie Winter von morgens 6 bis abends 7 Uhr, nur mit einer Stunde Mittags- pause. Hier lernte ich, wenn ich zwölf Stunden lang im Halbdunkel der damals noch mangel- haft beleuchteten Fabtiktäume gebohrt und ge- feilt hatte, dass Wort 'Lehrjahre sind keine Her- renjahre' von seiner strengsten Seite kennen." Mit dem Ende seiner Tätigkeit bei der Ma- schinenbaugesellschaft verließ Benz die Stadt. Werkstatt in Mannheim 1871 gründete er mit dem Mechaniker August Ritter die erste eigene mechanische Werkstätte "Karl Benz und August Ritter" in Mannheim, die er im folgenden Jahr allein übernahm. Die darauffolgenden Jahre schwerer wirtschaftli- cher Krisen, die als "Große Depression" in die Geschichte eingingen, brachten ihn an den Rand des Ruins. 1878 begann er mit der Ar- beit an einem Zweitakt-Gasmotor, der für den Konstrukteur der Beginn der industriellen Tä- tigkeit war, wenngleich er die 1882 mit Part- nern gegründete "Gasmotorenfabrik in Mann- heim" schon nach wenigen Monaten wieder verließ. 1883 gründete er, wiederum mit Part- nern, die offene Handelsgesellschaft "Benz und Cie., Rheinische Gasmotorenfabrik" . Mit 200 dem Benz-Patentwagen von 1886, einem Dreiradwagen, gelang ihm die Konstruktion, die ihn zu den bahnbrechenden Erfindern der Automobilrechnik gehören lässt. Ab 1893 rückte die Firma Benz an die Spirze der inter- nationalen Automobilindusrrie. 1899 waren insgesamt 2.000 Fahrzeuge ausgeliefert, da- runter mit Sicherheit auch schon nach Karls- ruhe. Wann das erste Benz-Automobil nach Karlsruhe geliefert worden ist, kann man mit Sicherheit aber nicht sagen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es ein am 17. Oktober 1895 ausgeliefertes "Velo" war. Im Daimler- Chrysler-Archiv in Sturrgart sind die ersten Seiten des Buches, in dem die ausgelieferten Benz·Automobile verzeichnet sind, nicht er- halten, so dass man nicht weiß, ob der dort unter der Nummer 245 aufgeführte Velo tat- sächlich auch der ersre nach Karlsruhe geliefer- te Benz ist. Die ersten "Velos" Als das "Velo" 1894 das erste Mal gebaut wur- de, war es der erste Kleinwagen der Welt, von dem man mehr als 1.200 Einheiten verkaufte. Dieses erste Serienautomobil der Welt wog 280 kg, hatte 1,5 PS bei einem Hubraum von 1045 ccm. Mit dem Erfolg des Mercedes- Modells der Firma Daimler in den Autoren- nen von Nizza im Frühjahr 1901 erlebte die Firma Benz, wie die gesamte Automobilindus- trie, einen schweren Einbruch. Dies und seine Abneigung gegen den allgemeinen Trend zur Geschwindigkeit führten 1903 zum Ausschei- den des Konstrukteurs aus seiner Firma, deren Aufsichtsrat er jedoch ab 1904 wieder ange- hörte. Er verlegte seinen Wohnsitz nach La- denburg am Neckar, wo er bald darauf wie- derum eine kleine Fabrik zur Herstellung von Kraftwagen und Motoren ins Leben rief. Eines der wichtigsten Ereignisse im Leben des Carl Benz war wohl die Fusion der Pionierfirmen earl Bcnz in jungen Jahren, vermutlich /loch in seiner Karlsruher Zeit. Daimler und Benz im Jahre 1926 zur Daim- ler-Benz AG. Durch den Zusammenschluss der Stammfirmen und ihrer zahlreichen Wer- ke und Verkaufsorganisationen gelang es, auch die folgenden schweren Wirtschaftskrisen zu überstehen. Am 4. April 1929 starb Carl Benz in Ladenburg. Carl Benz gelangen seine Erfin- dungen zwar nicht in Mühlburg oder Karlsru- he. Sein Name blieb und bleibt aber mir der Stadt verbunden, in der er geboren wurde. Anerkennung und Ehrungen Bis 1924, als er 80 Jahre alt wurde, gab es kei- ne nachweislichen offiziellen Kontakte der Stadt Karlsruhe zu Carl Benz. Am 27. Novem- 201 Eines der ersten, wenn nicht das erste nach Karlsruhe gelieferte ßenz-Auwmobil war ein solches "Velo". earl Benz und Familie im Fabrikhof der Firma Benz & Cie in Mannheim, 1894. Von links nach rechts Sohn Richard. die Töcluer Thilde und Ellen, Ca rl Benz, Toch[cr Clara, Sohn Eugen. ber gratulierte Oberbürgermeister Julius Fin- ter dem seit 1914 mit der Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Karlsruhe geehr- ten Automobilpionier nachträglich zum 80. Geburtstag. "Ihre Vaterstadt freut sich mit Ih- nen, dass es Ihnen vergönnt war, das Werk Ihres Erfindergeistes zu so gewaltiger Größe und Bedeutung ausgereift zu sehen .... Die ba- dische Landeshauptstadt nennt sie mit Stolz Ihren Sohn". Damit war der Kontakt hergestellt, es folg- ten weitere jährliche Geburtstagsglückwün- sche. earl Benz bedankte sich am 4. Dezem- ber 1926 für die Glückwünsche der Stadt zu seinem 83. Geburtstag. "Wie sehr ich zeit- lebens mit allen Herzensfasern an jener Stadt hing, in der ich Kindheit und Jugend verleb- te, wo ich die Volksschule und das Gymnasi- um besuchte und in vierjahrigem Studium auf der Technischen Hochschule mir das Rüstzeug für mein späteres Schaffen holte - das alles habe ich in meinem Buche 'Lebensfahtt eines deutschen Erfinders' niedergelegt." Kurz dar- auf erhielt das Stadtarchiv ein Exemplar dieser Lebenserinnerungen. Den Vorschlag von Elisabem Trippmacher aus Ladenburg. earl Benz die Ehrenbürger- würde zu verleihen. griff die Stadt allerdings nichr auf. Sie benannte aber 1928 eine Straße nach ihm und veranlasste den mit der Ausma- 202 lung des Bürgersaals im Rathaus beauftragten Hans AdolfBühler, das Bildnis von Carl Benz dort zu integrieren. Nach dem Tod von Carl Benz erschienen in den Karlsruher Zeitungen zahlreiche Todes- anzeigen und Nachrufe, die alle betonten, dass mit ihm ein Sohn der Stadt gestorben sei. Die Stadt beschloss, eine Gedenktafel an dessen Geburtshaus anbringen zu lassen. Die nach dem Standort befragte Elisabeth Trippmacher teilte am 28. April 1929 aber mit, dass das Geburtshaus "nicht mehr zu ermitteln ist, da die Mutter des großen Mannes wiederholt nach dem Tode ihres Mannes umgezogen u. so erfuhr Dr. C. Benz nie, in welchem Hause sich seine Geburt vollzogen. Er äußerte mir gegen- über vor Jahren einmal scherzend, dass dieses Haus, in dem er geboren, wohl längst durch ein neues ersetzt worden sei - verbaut". Am 17. April 1933 ließ der Bürgerverein Mühl- burg eine Gedenktafel deshalb am alten Mühl- burger Rathaus anbringen. Heute vermutet man in Mühlburg, dass sich das Haus in der Marktstraße befunden haben könnte. Der Bericht des Karlsruher Tagblatts vom 18. April 1933 über die Anbringung der Tafel hob hervor, dass Mühlburg "die Geburtsstät- te eines Mannes" sei, "dessen Erfindung dem gesamten Verkehrswesen der Welt sein[enl Stempel aufdrückte und in völlig neue Bahnen brachte." Ende 1933 griff der Karlsruher Stadtrat auch den Vorschlag auf, ein Benz-Denkmal zu errichten. Es soll re aber in Verbindung mit einer für 1935 geplanten Autosternfahrt des Deutschen Automobilclubs (DDAC) und des Narionalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK) nach Karlsruhe im Jahr 1935 einge- weiht werden. Das von ürrmar Schrott-Vorse (Büste) und dem städtischen Hochbauamt (Sockel) gestaltete Denkmal wurde schließlich auch wie geplant am 23. Juni 1935 in Anwe- senheit von Bertha Benz eingeweiht. Im Zwei- ten Weltkrieg fiel die Bronzebüste den Metall- beschaffungsmaßnahmen zum Opfer und wurde eingeschmolzen. Nach Kriegsende dau- erte es noch bis 1956, dass das Benz-Denkmal wieder einen Kopfbekam. Der Bildhauer Carl Egler hatte den Auftrag bekommen, wobei er sich in einigen formalen Details der Physiog- nomie an das Original hielt. Das um 100 Merer nach Osten vor die neue Wirtschafts- oberschule am Ettlinger Tor versetzte Denk- mal wurde am 26. April 1958 offiziell von Oberbürgermeister Günther Klotz in Anwe- senheit zahlreicher Prominenz enthüllt. Im März 1963 entschied man, dass das Denkmal wegen der Bauarbeiten an der Kriegs- straße einen neuen Standort erhalten müsse und verlegte es an die Beiertheimer Allee, wo es bis heute steht. Zudem erinnern die 1971 in Mühlburg eingeweihte Carl-Benz-Halle und die 1973 ge- baute Carl-Benz-Schule in Wettersbach an den großen Automobilpionier. Am 6. Juni 1999 fand erstmals ein Autokorso "Tribut an Carl Benz" statt. Im Juni 2002 steht Carl Benz erneut im Mittelpunkt eines solchen Autokor- sos, sein Leben und Werk werden anlässlich des Karlsruher Stadtgeburtstages in einer Aus- stellung des Carl-Benz-Museums in Laden- burg, der Universität und des Stadtarchivs im Rathaus gezeigt. ERNST OTTO BRÄUNCHE 203 Der Botanische Garten in Karlsruhe Karlsruhe isr in der glücklichen Lage, im Zen- trum der Stadt ein Kleinod ganz besonderer Art zu besitzen. Das ist der Botanische Garten, ein von Gebäuden umgebener Freiraum, der mit seinen Gewächsen, Rasenflächen und Wasserbecken ein beliebter Aufenthaltsort für die Bürger geworden ist. Nicht immer ist man sich aber bewusst, dass diese Anlage mit seiner architektonischen Fassung als Kunstwerk von hohem europäischem Rang gesehen werden muss. Sie ist also nicht nur aus lokalpatrio- tischet'Wertschätzung ein wichtiger und erhal- tenswerter Stadtraum. Wir haben es hier mit einem fast intakten Ensemble der Spätroman- tik zu tun, in mehreren Plansrufen entworfen von dem badischen Architekten Heinrich Hübsch (1795-1863) und begonnen im Jahre 1837 mit dem Bau der Kunsthalle. Die Geschichte des Gartens Die Geschichte des Botanischen Gartens reicht zeitlich weiter zurück. Er entstand unter Mark- graf Karl Friedrich, als 1754 der Schlossvor- platz als Blumengarten aufgelöst und zum Empfangshof der Residenz umgestaltet wer- den sollte. Damit wandelte sich dieser zentrale Stadtraum zu einer Repräsentationsbühne des badischen Staates, auf der Ostseite gefasst von den Marstallgebäuden, im Westen durch drei Orangerien, hinter denen sich ein Küchengar- ten und der Holzplatz befanden. Dorthin ver- lagerte man nun die Blumenpracht, und da auch seltene Gewächse vor dem Winter ge- schütZ[ werden mussten, entstanden weitere Bauten, die aber insgesamt noch keinen Rah- men für den Freiraum ergaben. Großartige Entwürfe in spätbarocker Form sind uns von Jeremias Müller überliefert. Friedrich Wein- brenner schuf nach 1806 eine heute nicht mehr erhaltene Orangerie, einige Treibhäuser und vor allem ein Hoftheater, das sich an Stel- le des heutigen Bundesverfassungsgerichts be- fand. Dieser Bau, unscheinbar im Äußeren, doch wegen seiner Schönheit und vornehmen Farbigkeit im Inneren gerühmt, brannte leider 1847 bis auf die Grundmauern aus. Es war eine der größten Theaterkatastrophen des 19. Jahrhunderts bei der 62 Menschen den Tod fanden, da man durch nachträgliche Um- und Anbauten die Fluchtwege verstellt hatte. Vier Jahre später erhielt Heinrich Hübsch den Auftrag, an der gleichen Stelle ein größeres Theater zu errichten, so dass mit seiner Kunst- halle zunächst arn Rand des Botanischen Gar- tens ein Kulturforum entstand. Der Neubau wurde etwas aus der Flucht zurückgesetzt. So erhielt er seinen eigenen Vorhof, und zu bei- den Seiten standen immer noch die barocken Orangeriegebäude, von denen nur das mittlere durch die Brandkatas trophe zu Grunde gegan- gen war. Noch aber fehlte die architektonische Fassung des Botanischen Gartens. Sie entstand in den nachfolgenden Jahren zwischen 1853 und 1857. Als Kette unterschiedlich gestalte- ter Bauten hatte Heinrich Hübsch eine neue Orangerie, die .,warmen Häuser", den Torbo- gen und die große Exedra des "italienischen Gartens" eneworfen. Wie ein breit auseinan- dergezogener Bühnenprospekt sollten die Ge- bäude sich entfalten, jedes mit seiner eigenen Form und in spannungsvollem Kontrast ne- beneinandergesetzt durch ihre gestreckten oder höher aufragenden Konturen, mit mehr ge- schlossenen oder rransparenrcn Fassaden. So entstand in Zusammenarbeit mit der Hofgärtnerei ein Ensemble von ganz besonde- rem Reiz. Es ist eine Schöpfung der späten 204 Bmanischer Garten im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. deutschen Romantik, von der wir die schöns- ten, aber zumeist unausgeführte Entwürfe ken- nen. Dazu gehört zum Beispiel das Schlosspro- jekt von Karl Friedrich Schinkel für die Akro- polis zu Athen, auch der Zaren palast Orianda oder die "Fürstenresidenz" als Musterbeispiel für sein Lehrbuch. Man könnte in diesem Zusammenhang noch die Museumsinsel von Berlin erwähnen. Die Schinkelschüler Fried- rich August Stiller und Heinrich Strack hatten dort ein Zentrum für Kunst und Wissenschaft geplant, durchsetzt mit Gartenanlagen und umflossen von der Spree. Aber auch davon wurde nur mit dem Neuen Museum und der Nationalgalerie ein Teil des Ganzen gebaut. Die Eisenbahn zerschnitt dann die Insel und fügte diesem spätromantischen Ensemble ei- nen schweren unreparablen Schaden zu. Der asymmetrische Charalkter Es blieb von diesen architektonischen Träu- men wenig erhalten. Wir können sie in den Plansammlungen bewundern und wissen, dass die politischen Ereignisse, die Revolution von 1848/49 die Menschen veränderte. Sie wur- den realistischer und waren nicht mehr bereit, in Architekturträume hohe Kosten zu investie- ren. Karlsruhe blieb eine Ausnahme und ist damit für die deutsche und europäischen Bau- geschichte eine überaus wertvolle Seltenheit. Hier wurde tatsächlich ein Ensemble in be- achtlicher Größe geschaffen, das Architektur und Gartenkunst miteinander vereint. Das Charakteristische an dieser spätromantischen Komposition ist die Asymmetrie. Sie ergab sich aus dem Prinzip, dass jeder Raum und jeder Baukörper nach seiner Funktion auch seine eigene unverwechselbare Gestalt erhalten müsse. Ein "Individualisieren" der einzelnen Gebäudeteile in einem größeren Komplex fin- den wir auch in den späten Entwürfen Schin- kels, wenn wir an die "Römischen Bäder" in Potsdam, seinen 5chlossenrwutf für Athen oder an die Fürstenresidenz denken. So sind in einem solchen Ensemble auch keine Haupt- 205 achsen vorhanden. Ganz unterschiedlich er- lebt man die Blickrichtungen und mit ihnen auch die Raumerlebnisse der Gärten. In Karlsruhe hatte Hübsch mit seiner Pla- nung zunächst eine sehr schwierige Situation zu bewältigen. Sie ergab sich aus dem Fächer- grundriss der Stadt. Das für den Botanischen Garten vorgesehene Gelände hatte die Form eines Dreiecks. dessen Spitze gegen den Schloss- turm als Mittelpunkt der Residenz gerichtet war. Dort verengte sich der Raum. so dass dem mit Architektur und Gartenkunst entgegenge- wirkt werden musste. Zunächst wollte man so weit wie möglich die Mauern der älteren Ge- wächshäuser verwenden. Dann aber zeigte es sich. dass durch den Theaterkomplex die ge- planten Neubauten zum Teil verschüttet wur- den . So entschloss man sich. die Bauflucht gegen Nordosten zu verschieben. wodurch nun aber die zum Schlossturm ziehende Allee als Fortsetzung der heutigen Bismarckstraße überbaut werden musste. Das aber genügte noch nicht. Hübsch bewältigte schließlich das Entwurfsproblem durch das ausschwingende Rund des "italienischen· Gartens". der gerade dort das Gelände erweitert. wo das Zusam- mendrängen der Begrenzungslinien kritisch wird. Die Dreieckspitze des Gartens ließ sich mit einem kleinen Wäldchen kaschieren. Es verschleiert damit den Schlossbau und öffnet sich zu den weiträumigen und lichten Rasen- flächen gegen Westen mit Blick aufTorbogen. Warmhaus und Orangerie. Reizvoll ist damit ein Kontras t ausgespielt. der den Garten. je nach welcher Richtung man ihn durchschreitet. in ganz unterschiedlichen Lichtstimmungen und Perspektiven erleben lässt. Der Kunstgriff besteht darin. dass durch das Wäldchen die Dreieckspitze gefüllt und die übrige Fläche als Trapez gesehen wird. Der italienkundige Hein- rich Hübsch wusste. wie die Barockarchitek- ren gerade diese Grundform zu nutzen ver- standen. So überträgt er den dort erkannten perspektivischen Kniff auf den Botanischen Garten. den man mit Blick zum Schloss länger und gestreckter. in umgekehrter Richtung aber breiter zu erfassen glaubt. Die Bepflanzung Wir wissen leider nicht. wer maßgeblich an der Bepflanzung beteiligt war. Aus den Akten ist zu entnehmen, dass Hübsch zunächst etwas andere Vorstellungen hatte als der Karlsruher Gartendirektor Held oder Hofgärtner Mayer. Der Schloss park war nach 1853 zum land- schaftsgarten umgestaltet worden. Die Barock- anlage mit Parterre- und Boskettzone hatte man beseitigt. damit auch die Regelmäßigkeit der Fächerachsen durch Busch- und Baum- gruppen kaschiert. um die Natur von den strengen Bindungen der Architektur zu befrei- en. Es ist damit eine Auflösung des "barocken Verbandes" erfolgt. die sich konsequent im Botanischen Garten fortsetzen sollte. Das be- deutete also gleichfalls für die Grünanlagen verschlungene Wege zu planen. malerisch ver- teilte Baumgruppen anzuordnen oder mar- kante Einzelgewächse in das Blickfeld der Ra- senflächen zu stellen. Durch Italien scheint sich aber Heinrich Hübsch an der manieristi- schen Gartenkunst begeistert zu haben. Dabei handelt es sich um mehr geordnete Anlagen. die von Mauern oder Bauten umgrenzt südli- che Pflanzen. zum Beispiel Orangen- und Zi- tronenbäume, Palmen oder seltene exotische Gewächse bergen. Durchdringt ein Besucher die architektonische Fassung. soll er den Be- reich wie ein kleines Wunderland erleben. das sich in seiner ganz besonderen. aber auch künstlichen Atmosphäre deutlich von der Umwelt unterscheidet. So ist nach seinen Vor- stellungen der Botanische Garten keine Fort- setzung von Schloss park oder Landschafts- park. Er hatte ein umschlossener Sonderbe- reich zu bleiben. der aber auch nicht allein der 206 botanische Sammelleidenschafr zu dienen hat- te. Es kam Hübsch hauptsächlich darauf an, dass "die vorzugsweise den Laien ansprechende Schönheit und Großartigkeit - also die mas- senhafte Anpflanzung des gleichmäßigen vor- herrschen" sollte. Schließlich kam es zu einem Kompromiss. Architekt und Hofgärrnerei müssen sich mit ihren unterschiedlichen Vor- stellungen geeinigt haben, so dass als Ergebnis der heutige Garten entstand. An seinen Ent- würfen sehen wir aber, dass Hübsch zumin- dest ein rundes Wasserbecken plante, das er dann auch durchserzen und ausführen konn- te. So kam es zu dem beliebten Karpfenteich, der in die Blickachse des Torbogens gestellt und gartenarchitekronisch ein Zentrum bil- den sollte, um die Anlage mit a11 ihren gewoll- ten Unregelmäßigkeiten dann doch zusam- menzuhalten. Die Fassung durch die Bauten aber ist al- lein das Werk von Heintich Hübsch. Er ent- warf sie in seinem geforderten Rundbogenstil. Mit seiner Schrift "in welchem Style sollen wir bauen", hatte schon 1828 der damals noch junge, unbekannte Feuerkopf schlagartig auf sich und seine Thesen aufmerksam gemacht, mit denen er sich von der klassizis tischen Ar- chirravarchitektur distanzierte und die An- wendung der Wölbtechnik verlangte. Es ist erstaunlich, wie sofort Karl Friedrich Schinkel in Berlin darauf reagierte. Bei seinem großen Packhofspeicher wandte er im darauffolgen- den Jahr konsequent den Rundbogen an, und als Hübsch 1829 das Karlsror schuf, entstand in der preußischen Residenz am Luisenplarz fast eine Kopie. Schinkel muss also mit großer Aufmetksamkeit das Baugeschehen in Karlsru- he beobachtet haben. Aber im umgekehrten Fall war es ebenso. Hübsch wurde auch durch Schinkel beein- flusst und übernahm von der Berliner Bauaka- demie den eleganten Segmentbogen für seine Trinkhalle in Baden-Baden und das Hofihea- ter in Karlsruhe. Es war ein Geben und Neh- men, ohne dass die Selbständigkeit einge- schränkt wurde. Durch seine Reisen hatte Hübsch sehr viel gesehen. Er kannte nicht nur Italien und Frankreich, sondern auch das da- mals schwer zu erreichende Griechenland und Konstantinopel mit seiner frühchristlich-by- zantinischen Baukunst. Er hatte sehr viel mehr gesehen und erlebt als Karl Friedrich Schinkel. Eine harmonische Einheit Doch verfolgten beide ähnliche Ziele, auch wenn Hübsch, durch seine Thesen festgelegt und deshalb konsequenter war. Der von ihm proklamierte Rundbogenstilließ sich durch- aus variieren, und allein der Botanische Gar- ten in Karlsruhe zeigt, welche Möglichkeiten er für die unterschiedliche Gestaltung der Ge- bäude bereithielt. Wie Schinkel oder Friedrich von Gärtner in München bemühte sich dabei auch Hübsch um eine polychrome Architek- tur. Aber die Farbigkeit der Fassaden sollte nicht durch einen Putzanstrich hergestellt werden. Es war das Ziel dieser spätromanti- schen Generation, das Baumarerial in seiner unterschiedlichen Tönung und Oberflächen- struktur zur Geltung zu bringen. Der Kunst- und Natursrein sollte sich in seiner besonderen Eigenheit zeigen. Um mehr Spielraum für die Fassadengestalrung zu gewinnen, versuchten Hübsch und Schinkel mit großem Engage- ment die Anwendung keramischer Bauelemen- te zu fördern. Terrakotten sollten den plas- tischen Schmuck ergeben und Formsteine die kosten- und zeitaufWendige Steinmetzarbeit erserzen. Ganz besonders faszinierte sie die Farbbeständigkeit der Backsteinarchitektur, die beide in Oberitalien kennengelernt hatten. Dabei ist interessant, wie Hübsch im Gegen- satz zu seinem Berliner Kollegen die äußere wetterabweisende Schicht auch als Verklei- dung darzustellen versucht, indem er sie wie 207 aufgespannte Teppichbahnen mit Borten de- koriert und runde Scheiben als Heftsymbole einfügt, die an der Orangeriefassade wie gro- ße Nagelköpfe wirken. Auch wechselt von Bau zu Bau die Wandstruktur. Am Torbogen ist die keramische Verkleidung durch eine Diagonal- schraffur wie ein Netz behandelt. Und in ab- gestimmten Farben sind die Kacheln oder Zie- gel mit Sandsteinelementen kombiniert. Sie ergeben zusammen die polychrome Fassung des Gartens, die ihn wie ein Juwel umschließt und seine südlich heitere und lebensfrohe At- mosphäre ganz entscheidend mitbestimmt. Architektur und Gartenkunst steigern sich ge- genseitig in ihrer Wirkung und sind im Ne- beneinander von Natur und Menschenwerk eine harmonische Einheit, die durch keinen Eingriff beschädigt werden darf. MANFRED KLiNKOIT Ein Historiker in der Landespolitik der Nachkriegszeit Franz Schnabel als Leiter der Kultus- und Unterrichtsabteilllng Nordbadens Als der 1936 von den Nationalsozialisten zwangspensionierte Geschichtsprofessor Franz Schnabel am 5. September 1945 die Leitung der Kultus- und Unterrichtsabteilung im Prä- sidium des Landesbezirks Baden übernahm, betrat er damit weitgehend berufliches Neu- land. Immerhin hatte Schnabel mit der Reor- ganisation der Volksschulen in der zunächst amerikanisch besetzten Pfalz im Mai und Juni schon erste Erfahrungen sammeln, letzdich aber kaum mehr als einen ersten Eindruck gewinnen können. Nun galt es nicht nur, das Elementar-, sondern das gesamte Schulwesen Nordbadens, dazu die Universität Heidelberg und die TH Karlsruhe wiederaufZubauen, und dies im Spannungsfeld der Besatzungspolitik einerseits, der Interessen von Eltern, Erziehern und der sich formierenden Landespolitik an- dererseits. Sein Werdegang Was bewog einen politisch unbelasteten Uni- versitätsprofessor wie Franz Schnabel, sich statt der Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit dem NeuauEbau von Schule und Universität in einem von Enrnazifizierungs- und Umer- ziehungsvorgaben eng gesteckten Rahmen zu widmen? Warum nahm er eine solche glei- chermaßen schwierige wie unpopuläre Tätig- keit auf sich? Patriotische Gesinnung, Ver- pflichtung einem "nderetl, einem demokrati- schen Deutschland gegenüber führten im all- gemeinen jene an, die wie Schnabel nach Kriegsende für Aufgaben in der Zivilverwal- rung oder den Prüfungsausschüssen der Ent- nazifizierung rekrutiert wurden. Einen weite- ren Erklärungsansatz für sein eineinhalb Jah- re währendes Engagement in der Kultus- und Unterrichtsabteilung bieten seine Biografie wie der spezielle geschichtswissenschafdiche Ansatz Franz Schnabels. 1887 in Mannheim geboren, hatte er 1906 bis 1911 in Berlin und Heidelberg Geschichte und Philologie studiert, um später die Fächer Geschichte, Deutsch, Französisch und Latein zu unterrichten. Eine Probearbeit aus dem sich anschließenden Lehramtspraktikum "Inwieweit ist die Kultur- 208 geschichte im Geschichtsunterricht der Ober- klassen zu berücksichtigen?" ist im General- Iandesarchiv überliefere. übrigens jenem Ge- bäude in der Nördlichen Hildapromenade 2. in dem sich 1945 bis 1947 auch Schnabels Diensträume befanden. Gymnasialprofessor wurde er allerdings erst nach der Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg. zu nächst an der Karlsruher Lessing-. dann an der Goetheschu- le. 1920 erhielt er die ehrenvolle Aufforderung der Karlsruher Technischen Hochschule. sich zu habilitieren. zwei Jahre später ernannte ihn das Badische Kultus- und Unterrichtsministe- rium zum Professor für das Fach Geschichte. Schnabel war in zweierlei Hinsicht ein umypi- scher Vertreter seines Fachs: er lehrte an keiner Universität, sondern an einer Technischen Hochschule, und er vertrat einen von seinen Historikerkollegen sehr verschiedenen For- schungsansatz. Ungewöhnlich war also erstens sein Adressatenkreis: angehende Ingenieure und Techniker. dazu die interessierte Karlsru- her Öffentlichkeit. kaum jedoch der "klassi- sche" Geschichtsstudent. der eher in Heidel- berg studierte. Außergewöhnlich war aber auch sein methodischer Ansatz. der die Ge- schichte ganz allgemein als Kulturgeschichte fass te. statt sie auf die politische. die Geschich- te der Staaten und ihrer Beziehungen zu redu- zieren. Schnabels Geschichtsbild. Schnabels humanistische Ideale hatten unter den Natio- nalsozialisten keine Konjunktur. Sie nun wie- der auflängere Sicht zur Gtundlage von Unter- richt und Bildung machen zu können. mochte nun die Entscheidung des einstigen Gymnasi- allehrers für eine Mitwirkung am Wiederauf- bau von Schule und Bildungswesen entschei- dend beeinflusst haben. Entnazifizierung nach 1945 Als Landesdirektor für Kultus- und Umerricht hatte Franz Schnabel zunächst ei nmal die Franz Schnabel . 1887-1966. Wiederaufnahme des Elementarunterrichts in Nordbaden zu gewährleisten und zu diesem Zweck sowohl Räumlichkeiten. Mobiliar und Unterrichtsmaterialien als auch politisch un- belastetes Personal zur Verfügung zu stellen. "Wir haben [ ... ]". berichtete er in einem Vor- trag vor den nordbadischen Bürgermeistern. "den Grundsarz durchgeführt. dass kein Leh- rer. der jemals Parteimitglied gewesen ist. bei der Grundlegung der neuen Schule mitwirken kann. Mag sein Motiv. warum er beigetreten ist, gewesen sein, welches es wolle - mag er Gefallen gefunden haben an der Prahlerei und an der Plakatierung der Gewalt oder mag er nachgegeben haben aus Gedankenlosigkeit. aus Bequemlichkeit oder aus Streberei - das Vorbild. das er [ ... ] zu geben verpflichtet ist. 209 hat er gewiss nicht gegeben." Bereits im Mai und Juni 1945 hatte die damals noch franzö- sische Militärregierung sämtliche Lehrer sus- pendiert. die der NSDAP angehört oder an einer elsässischen Schule unterrichter hatten. Doch war angesichts des Ausmaßes der Amts- enthebungen eine Teilrevision dieser Entlas- sungen beschlossen worden. die zunächst auch von der nachfolgenden amerikanischen Mili- tärverwaltung getragen wurde. Mitte Oktober sah diese sich allerdings zu einer Verschärfung ihrer Entlassungspraxis veranlaßt. so dass etli- chen der seit dem 1. Oktober wiedereröffne- ten Volksschulen Nordbadens die erneute Schließung drohte. Allein im Landkreis Karls- ruhe waren 42 Lehrer von dieser Maßnahme betroffen. In kleinen Orten kam gar der Schul betrieb zum Erliegen. "Die angeordnete Entlassung". klagte Schnabel bei Landesbe- zirkspräsident Heinrich Köhler. "hat in den Kreisen der Betroffenen große Enttäuschung und Erbitterung hervorgerufen. Die Lehrkräf- te hatten nach ihrer Wiederzulassung zum Schuldienst neuen Lebensmut gefaßt und wußten sich und ihre Familien wieder in gesi- cherten Verhältnissen. Beglückt nahmen sie ihre Schularbeit auf. denn sie durften sich ja nun frei vom Druck der Nazigesetze und Nazi- aufsicht wieder als Lehrer in ihrer Erziehungs- arbeit so einsetzen, wie sie es aus der Zeit vor Hitler gewohnt waren." Problem der Hochschulen Nicht nur den Unterricht an Volksschulen. Februar 1946. Zeitweilig war nicht einmal der Standort Karlsruhe gesichert. und es sollte der vereinten Kräfte des Landesbezirkspräsidenten Köhler. des ersten Karlsruher Nachkriegsober- bürgermeisters Hermann Veir, sowie Franz Schnabels bedürfen. um eine Zusammenle- gung mit der TH Stuttgart oder der Universi- tät Heidelberg zu verhindern. Wie auch der Schul- mußte der Universi- tätsbetrieb mit einem durch Kriegsgefangen- schaft und Entnazifizierung dezimierten lehr- körper aufgenommen werden. Entlassen wa- ren etwa die Rektoren der NS-Zeit. Heinrich Wittmann und RudolfWeigel. entlassen wa- ren aber auch die "Dozentcnführer" der TH, der Physiker Alfons Bühl und der Direktor der chemisch-technischen Prüfungs- und Ver- suchsanstalt. Karl Theodor Nestle. der von der "Zwangsemeritierung" Schnabels profitiert hatte. Was für den Lehrerberuf galt. sollte auch auf Professoren zutreffen: Kein Parteimitglied. keiner. der in der "Zeit 1933 bis 1945 [ ... ] den deutschen Geist vor der ganzen Welt kompro- mittiert hat", sollte am Wiederaufbau der Universitäten mitwirken können. Kompro- mittiert waren Karlsruhe wie Heidelberg etwa durch solche Vertreter einer "deutschen" Phy- sik wie Alfons Bühl oder. prominenter. Philipp Lenard. doch fühlte sich die Rllperto Carola vor allem dadurch angegriffen. dass Franz Schnabel die Korruption des univetsitären Geistes an der Heidelberger Promotion des späteren Reichspropagandaministers Joseph Goebbels festmachte. den weiterführenden wie den Berufsschulen. Streit mit der Universität Heidelberg sondern auch den universitären Betrieb sollte und wollte Franz Schnabel wiederaufnehmen. Hatte die französische Militärverwaltung den Wiederbeginn der Lehrveranstaltungen bereits für den Oktober 1945 in Aussicht gestellt. so verzögerte sich der Anfang des Wintersemes- ters unter amerikanischer Ägide bis in den Walter Jellinek. der Heidelberger Nachkriegs- rektor. und der Philosoph Karl Jaspers warfen Schnabel in ihrer Entgegnung zumindest Ein- seitigkeit zugunsten der Karlsruher TH vor. Der Konflikt sollte eskalieren. als Schnabel 1947 den Rückzug aus der Landespolitik in 210 Das Gebäude des Generallandesarchivs, 1905 fertiggcstellt, um 1910. Im Zweiten Weltkrieg un'Lerstön, war im 4, Stock- bisher fur Dienstboten bestimmt - die Kultus- und Untcrrichtsabtdlung Nordbaden untergebracht. Forschung und Lehre betrieb. Einer Bewer- bung nach Heidelberg widersetzten sich nun die Philosophische Fakultät wie auch der Se- nat auf das heftigste. Die Heidelberger Profes- soren machten deutlich, dass ihnen der ge- schichtswissenschaftliche Ansatz Schnabels nicht passte, seine Methodik "unzeitgemäß" und sein Forschungsschwerpunkt von den "heute so entscheidend gewordenen Fragen der angelsächsischen Welt" zu weit entfernt sei. Schnabels Schüler mutmaßen zudem reli- giöse Vorbehalte gegenüber dem katholischen Historiker. Welcher der genannten Faktoren für das Votum der Fakultät nun ausschlagge- bend war, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls sah Schnabel nach den Querelen um seine 211 fehlgeschlagene Berufung keine Basis mehr für eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Hei- delberger Universität und legte die Leitung der Kultus- und Unterrichtsabteilung in der nord- badischen Landesbezirksverwaltung nieder, die er ohnehin länger geführt hatte ,,[ ... ] als gemeinhin solche politischen Ämter bei ein und derselben Person zu bleiben pflegen." Fortan woUce er sich ganz der wissenschaftli- chen Arbeit widmen. Nach München Zu jenem Zeitpunkt hatte Schnabel sich, be- ginnend mit einigen Gastvorlesungen und - vorträgen, längst einen neuen Wirkungskreis an der Universität München geschaffen. wo- hin er zum Wintersemester 1947/48 schließ- lich berufen wurde. "Ich habe nach langer Prü- fung aller Umstände mich entschlossen. nach München zu gehen". schrieb er Heinrich Köh- ler in seiner Bitte um Entlassung aus dem badi- schen Staatsdienst. "weil der Ruf dorthin schon seit zwei Jahren mehrfach und in besonders ehrenvoller Form sowohl durch die Fakultät wie durch alle drei Kultusminister. die bisher in Bayern amtiert haben [ ... ] an mich ergan- gen ist." Köhler bedauerte das Ausscheiden eines seiner engsten Mitarbeiter. der die Karls- ruher Studierenden wie die interessierte städ- tische Öffentlichkeit ein wenig mit seinem Weggang versöhnte. indem er zumindest im Wintersemester 1947/48 noch eine Gastvorle- sung zur "Europäischen Geschichte" hielt. Das Münchener Ordinariat sollte Schnabel bis 1962. vier Jahre vor seinem Tod 1966 innehaben. ANGELA BORGSTEDT Schule und NS-Diktatur Das Beispiel der Karlsrtther Humboldt-Schule Dem Thema "Schule und NS-Diktatur" wid- meten sich die Teilnehmer der Arbeitsgemein- schaft "Geschichte im Archiv" des Humboldt- Gymnasium Karlsruhe in den zurückliegenden drei Schuljahren. Der Gegenstand der Unter- suchung. die aufschlussreiche Einblicke und Entdeckungen gewährte. war die ehemalige Karlsruher Humboldt-Schule. Das General- landesarchiv. das Stadtarchiv Karlsruhe und das Archiv des Karlsruher Humboldt-Gymna- si ums lieferten mit ihren Beständen die Quel- lenbasis. Der Kontakt zu ehemaligen Schülern der Humboldt-Schule und weiteren Zeitzeugen brachte zusätzliche Erkenntnisse und gab Ant- worten auf Fragen. die sich aus dem Studium des Quellenmaterials ergaben. Zwei Schüler. Mitarbeiter der AG. stellen im Folgenden eine stark gekürzte Auswahl aus den insgesamt be- arbeiteten Themenkomplexen vor. RAI NER GUTJAHR Hitlerjugend (HJ) Als eines der zentralen Themen kristallisierte sich das Verhältnis zwischen HJ und Schule heraus. Bereits ab November 1933 lässt sich ein Lehrer als "Vertrauensmann" der HJ an der Humboldt-Schule nachweisen. Die Ver- trauensleute. so ein Rundschreiben des Minis- teriums des Kultus und Unterrichts vom 5. Mai 1934. sollten die Beziehungen zwischen Schule und Hitlerjugend pflegen und in allen Fragen eine Verständigung zwischen Schule und HJ garantieren. Die Schule selbst hatte keine "Befehlsgewalt" über die Schüler. die in der HJ Mitglieder waren. sie sollte vielmehr mit der HJ kooperieren um ein "gemeinsames Erziehungsziel" zu verwirklichen. Die HJ be- anspruchte beispielsweise zwar das Recht zu bestimmen. zu welchem Anlass ihre Mitglie- der in Uniform zu erscheinen hatten. jedoch sollte das Tragen einer Uniform an der Hum- boldt-Schule nur erlaubt sein. "wenn die Schulleitung dies wünsche". Neben dem Ver- trauensmann wirkten an der Humboldt-Schu- le auch noch je ein Lehrer als "Kolonialrefe- rent" der HJ und als Sportwart. Im Herbst 1935 verstärkte die HJ ihre Werbung an den Schulen und ließ im Zuge dieser Aktion Aufnahmeanträge an die Schü- 212 ler austeilen. Dieser Werbefeldzug erzielte gro- ße Erfolge in der Humboldt-Schule. Nach An- gaben der Schulleitung waren 97,4% der Schü- ler bis Schuljahresende 1935/36 einer Gliede- rung der NSDAP beigetreten. Die Hitlerjugend hatte auch einen nichr zu verachtenden Einfluss auf die Notengebung, wie das Beispiel eines Schülers zeigt. Ihm wur- de anstelle einer Fünf eine Vier in Englisch erteilt, "damit man ihm den Weg in die Prima nicht verbaue", wobei zur Rechtfertigung er- wähnt wurde, dass der aus Freiburg nach Karlsruhe wechselnde Schüler sich "auf einem sehr exponierten Posten seit Jahr und Tag für die HJ eingesetzt" habe. Ein weiteres Beispiel für die Einflussmöglichkeit der HJ liefert das Aufnahmegesuch eines auswärtigen 17-jähri- gen Schülers vom September 1938. Er hatte seine alte Schule wegen der Schwängerung seiner 15-jährigen Tanzstundenparrnerin ver- lassen müssen. Der Hinweis auf seine HJ-Kar- riere, er war Oberjungenschaftsführer, und das Engagement seiner Eltern in verschiedenen Gliederungen der NSDAP ermöglichten ihm die Aufnahme in die Humboldt-Schule. Die Mitglieder der HJ wurden durch zahl- reiche aullerschulische Veranstaltungen in An- spruch genommen, was zu erheblichen Schul- versäumnissen führte. Um die negativen Aus- wirkungen des HJ-Dienstes einigermaßen zu kompensieren, erließ der Reichs- und Preußi- sche Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung bereits im Mai 1935 ein Dekret, welches die Oberprimaner vom Dienst in SA, SS, HJ oder JV freistellte. Verbindungen oder Vereine von Schülern, die mit der HJ in Konkurrenz standen, wur- den geächtet und schließlich ganz verboten. Dagegen gerichtete Verstöße konnten weitrei- chende Konsequenzen nach sich ziehen. 1937 wurde vor dem Karlsruher Jugendgericht der Fall eines Humboldt-Schülers verhandelt, dem in einer Anzeige durch den Bannführer des Professor Leopold Weil, Lehrer 3n der Humboldt-Schulc his Ende 1935; 1939 Emigration nach Palästina; 1952 in Karlsruhc verstorben. Hans Heim Läwcnthal . Schüler der Humboldt-Schule 1932- 1937; 1940 deportiert nach Gurs, vermutlich in Auschwitz ermorder. Karlsruher HJ-Bannes 109 vorgeworfen wur- de, an einer Veranstaltung der verbotenen Schülerverbindung "Primania" teilgenommen zu haben. Der Richter beliell es bei einer Ver- warnung des Schülers. Der Schulleiter der Humboldt-Schule nahm jedoch den Fall zum Anlass, das Ministerium des Kultus und Un- terrichts um eine grundsätzliche Stellungnah- me zur Thematik Schülerverbindungen, Aus- tritt bzw. Ausschluss aus der HJ zu bitten. In einem darauf folgenden Erlass des Ministeri- ums vom 26. Januar 1938 heißt es, "daß Schü- lerverbindungen neben der Staatsjugend keine 213 Daseinsberechtigung mehr" hätten. Wo Ver- bindungen noch bestünden, seien sie dadurch aufzulösen, "daß sämtlichen Schülern verbo- ten wird, in irgendeiner [ ... ) Form an einer solchen Verbindung teilzunehmen". Volksbund rur Deutschtum im Ausland (VOA) Der NS-Staat machte sich den VDA fur seine "völkische" Politik dienstbar. Auch an der Humboldt-Schule bestand eine VDA-Schul- gruppe, die sich in einer monatlichen "Volks- deutschen Stunde" mit dem ,,Auslands- deutschturn" und "volksdeutschen Fragen" oder auch mit dem Thema "Das Elsaß - Ein deutsches Land" befasste. An Vorbereitung und Durchfuhrung des vom VDA organisier- ten Karlsruher "Festes der deutschen Schule" im Oktober 1933 war die Humboldt-Schule aktiv beteiligt, was ihr einen ausdrücklichen Dank durch den VDA einbrachte. Von den weiteren Aktivitäten in Diensten des VDA seien erwähnt eine SamJ.1llung zugunsten der "deutschen Schulen im Ausland" sowie der Vertrieb eines "Sonderblaues" zur Unterstüt- zung eines Wahlkampfes im Memelland. Vereinnahmung zugunsten des NS-Staates Die der Schule im NS-Staat zugedachte Rolle lässt sich beispielhaft auch an den Themen zur Reifeprüfung 1940/41 ablesen. So war im Deutschaufsatz zu behandeln "Goetbes Faust als Spiegelbild des deutschen Wesens und Schicksals"; im Fach Erdkunde sollten die "wirtSchaftlichen und geopolitischen Möglich- keiten" untersucht wetden, die sich "aus den deutschen Siegen der Jahre 1939 und 1940" ergaben; die Chemie war vertreten mit dem Thema "Kohle, Kalk und Holz, die Waffen der Chemie im deutschen Entscheidungs- kampf'; in Mathematik lautete die Aufgabe: "Welche größte Höhe erreicht ein Geschoß, das mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 650 ml sec. und einem Erhebungswinkel a = 12,5° abgefeuert wird? Welches ist das Maxi- mum der WurfWeite?" Diskriminierung jüdischer Schüler Die Diskriminierung der jüdischen Schüler begann schon kurz nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933 mit Übergriffen durch nicht jüdische Mitschüler. Erstaunlicherweise wurde dieses Aufkeimen spontanen" Volks- zorns" zunächst offiziell verurteilt. Der Kul- tusminister qualifizierte am Tag vor dem Ju- denboykott am I. April 1933 in einem Rund- schreiben an alle "unterstellten Schulbehörden und Schulanstalten " diese ,,Angriffe auf wehr- lose Einzelne durch eine Überzahl" öffentlich als "feige". Dieses Verhalten sei wedet "christ- lich noch national". Er sprach sich damit nicht generell gegen eine Demütigung der Juden aus, schreibt er doch weiter, "die nationale Regierung" habe sich "die Bekämpfung des Judentums zur Aufgabe gemacht", doch dür- fe diese nur in "gutorganisierter und wohIdis- ziplinierter Weise" geschehen. Im "nationalen Aufbaukampf[sei) Disziplinhalten auch Pflicht eines jeden deutschen Jungen und jedes deut- schen Mädchens". Die staatlich organisierte Diskriminierung der jüdischen Schüler begann mit dem Gesetz gegen die Überfullung deutscher Schulen und Hochschulen vom 25. April 1933. Der Anteil jüdischer Schüler an einer Schule durfte den Gesamtanteil aller Juden an der Bevölkerung im Deutschen Reich von 1,5 % nicht über- steigen. Von da an mussten die Eltern, wenn sie ihre Kinder an den Schulen anmeldeten, einen Nachweis für ihre rein arische Abstammung bringen. Eine Aufnahme von nicht jüdischen Schülern, war nur dann möglich, wenn der 214 Vater einen Nachweis erbringen konnte, für das Deutsche Reich oder einen seiner Verbün- deten im Ersten Weltkrieg an der Front ge- kämpft zu haben. So legte zur Aufnahme sei- nes Sohnes Gerhard in die Humboldt-Schule der Kar/sruher Fabrikant Ernst Bernheimer einen Bericht über seinen militärischen Wer- degang, seine Kriegsteilnahme und seine Tap- ferkeitsauszeichnungen vor. Die jüdischen Kinder wurden jedoch nicht nur bei der Anmeldung benachteiligt, auch im Schulleben waren sie unterschiedlichen Dis- kriminierungsmaßnahmen ausgesetzt, wie sich dies auch für die Humboldt-Schule belegen lässt. Zahlreiche Veranstaltungen wie Theater- besuche, Faschingsumzüge etc. waten den Kin- dern der ,,Arier" vorbehalten. Die Maßnahmen führten zum gewünsch- ten Ergebnis. Während sich zu Beginn des NS-Regimes im Schuljahr 1932/33 noch 27 jüdische Schüler an der Humboldt-Schule be- fanden, waren es 1936/37 nur noch neun Schüler und 1938/39 galt die Schule als "ju- denfrei" , abgesehen von vier "Mischlingen ers- ten Grades". "Mischlingen" blieb nach bestan- denem Abitur unter Umständen der Zugang zum angestrebten Studium versagt. Als "wehr- unwürdig" mussten sie während des Krieges Zwangseinsätze bei der Organisation Todt ableisten, sofern sie nicht an einem als "kriegs- wichtig" eingestuften Arbeitsplatz eingesetzt waren. Der israelitische Religionsunterricht fiel ebenfalls den Gesetzen des NS-Regimes zum Opfer. 1936 wurde die jüdische Glaubenslehre auf grund der Nürnberger Rassegesetze und der "allgemeinen nationalsozialistischen Rechts- auslegung" an allen öffentlichen Schulen ver- boten. Die Lehrer verloren ihre Bezüge, Un- terrichtsräume wurden nicht mehr zur Verfü- gung gestellt, Religionsnoten durften nicht mehr in die Zeugnisse eingetragen werden. An der Humboldt-Schule wirkten zu diesem Zeit- punkt drei jüdische Religionslehrer: Oberkan- tor Simon Metzger, Siegfried Speyer und Her- bert Sax. Bei zweien ist das weitere Schicksal bekannt: Simon Metzger floh zusammen mit seiner Frau Marie am 8.9.1938 nach Luxem- burg, wo er eine neue Stelle als Kantor antrat. Es gelang den beiden, noch vor dem Ausbruch des Krieges, in die USA zu flüchten. Siegfried Speyer wurde in Auschwitz ermordet. Eine im Zug unserer Arbeit entstandene Liste der jüdischen Schüler der Humboldt- Schule wurde dem Stadtarchiv Kar/sruhe übergeben; sie dient dort als eine det Grund- lagen zu Erarbeitung des Gedenkbuches der im Dritten Reich ermordeten Karlsruher Juden. Die "Säuberung" der Schule von unerwünschten Lehrern Am 15. März 1933 wurde Direktot Rudolf Wilhe1m von seinem Posten als Direktor der Humboldt-Schule auf grund des Paragraphen 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Be- rufsbeamtenturns suspendiert. Bereits die Be- rufung Wilhe1ms zum Direktor der Hum- boldt-Schule im Jahre 1932 war von einer Hetzkampagne im "Führer", dem Katlsruher NS-Organ, begleitet. Wilhelm war politisch aktiv in der SPD und im "Reichsbanner" und publizierte unter dem Pseudonym Ferdinand Madlinger im Katlsruher "Volksfreund" . Un- ter anderem erschien dort nach dem Umsturz von 1918 folgender Vierzeiler: Wir sind sie los, die stolzen Regimenter, Mir blinkt im Auge keine Wehmutszähre. Um ist die Zeit gefügig-stummer Heere, Hier wird der harte Friede Segensspender. "Der Führer" vom 19. März 1933 zitierte unter der Überschrift "Weitere Bonzenverhaf- tungen in Karlsruhe" diesen Vietzeiler und kommentierte wie folgt: "Diese niederträchti- ge Verhöhnung unseres Heeres, das mit bei- 215 spielloser Tapferkeit im Weltkrieg vier Jahre lang einer Welt von Feinden standhielt, war nach der Marxistischen Revolution im Karls- ruher 'Volksfreund' zu lesen. Der Verfasser ist der jetzt als Direktor der Humboldtschule in Karlsruhe beurlaubte sozialdemokratische Dissident RudolfWilhelm, der auch als The- aterkritiker des 'Volksfreund' jede Auffiihrung nationaler Bühnenwerke herunterriß. [ ... ] Daß ein derartiger Zeitgenosse als Jugend- erzieher und als Direktor einer höheren Lehr- anstalt schlechterdings unmöglich ist, bedarf wohl keines weiteren Beweises. Heute sind die traurigen Verse des beurlaubten Direktors Rudolf Wilhelm folgendermaßen umzuän- dern: Wir sind ihn los, der hat gesungen, der völlig bar der nationalen Ehre. Uns blinkt im Auge eine Freudenzähre. Gott schütz, vor solchen Lehrern unsere Jungen! [ ... ] Wir verlangen heute charaktervolle Direktoren [ ... ], die als deutschbewusste Män- ner mit gläubigem Optimismus der nationa- len Jugenderziehung die Wege weisen. Hierüber darf auch keine liebedienerische Konzilianz hinwegtäuschen, die doch nur pa- zifistische Pädagogik zur Waffe hat." Nach seiner Suspendierung gelang RudolfWilhelm zusammen mit seiner jüdischen Frau Thekla 1939 die Auswanderung nach Kolumbien, wo er 1970 in Bogota starb. Opfer des NS-Regimes wurde Alfred Kanzler, ebenfalls Lehrer an der Humboldt- Schule. Kanzler wurde im Juli 1944 zu siebenJah- ren Zuchthaus verurteilt. Schüler hatten seine regimekritischen Bemerkungen zum Anlass für eine Denunziation genommen. Er über- lebte seine Befreiung Anfang April 1945 durch amerikanische Soldaten nur um wenige Wo- chen. Alfred Kanzler starb 57-jährig am 24. Mai 1945 an den Folgen der Hafibedingungen. Schule und Wehrmacht Mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht begann der Zugriff der Wehrmacht auf Lehrer und Schüler. So wurden einzelne Lehrkräfte der Humboldt-Schule wiederholt zu Wehrü- bungen eingezogen. Ab Kriegsbeginn wurden verschiedene Lehrer einberufen. In einem Fall bemühte sich der Minister für Kultus und Unterricht, einen zu einer Baukompanie ein- berufenen Lehramtsassessor wieder in den Schuldienst zurückzuholen. In seiner Begrün- dung gab das Ministerium an, der betreffende Lehrer sei bei einer freiwilligen Meldung zum Wehrdienst wegen Kurzsichtigkeit abgewiesen worden und somit "nicht neuzeitlich ausgebil- det". Im Übrigen sei die Erziehung der Jugend als "kriegswichtig" zu bezeichnen. Die Bitte hatte zur Folge, dass der Betreffende umge- hend vom Wehrdienst befreit wurde. Von Bedeutung für die Wehrmacht war vor allem auch der Zugriff auf die Schüler der Höheren Schulen, aus deren Reihen der Offi- ziersnachwuchs gewonnen wurde. Dieses Inte- resse schlug sich in zahlreichen Informations- veranstaltungen während der Unterrichtszeit nieder. Hinzu kamen weitere Werheveranstal- rungen des SD, der SS und der Sicherheitspo- lizei. Sie zeigten auch entsprechende Wirkun- gen: acht Schüler der Abschlussklasse bewar- ben sich z.B. im Juli 1940 bei der Luftwaffe als Offiziersanwärter. All dies hatte Auswirkungen auf die Qualität des Unterrichts, was auch durch eine Notiz von Direktor Hundt zur Reifeprüfung von Ostern 1941 bezeugt wird: "Die Prüfung war in mancher Hinsicht nicht befriedigend, da die Folgen der Unterrichts- einschränkungen, der Lehrerwechsel und die schon ganz auf den Eintritt in die Wehrmacht ausgerichreren Einstellung der Schüler deut- lich feststell bar war." Mit unserer Arbeit hofften wir zeigen zu können, wie die NS-Diktarur die Schule zu 216 einem Instrument ihrer Politik machte. In welchem Ausmaß Schüler wie Lehrer der Humboldt-Schule tatsächlich der NS-Ideolo- gie anhingen, ließ sich mit unseren Mitteln nur begrenzt ermitteln. Immerhin konnten die Opfer benannt werden, welche die NS- Diktatur unter Schülern und Lehrern der Humboldt-Schule forderte. An ihr Schicksal erinnert zu haben gibr unserer Arbeit, so hof- fen wir, ihren besonderen Sinn. SANDRA JUNG UND MANUEL WITTEK »'" damit unnötigen Sorgen und Mißerfolgen vorgebeugt werden kann im Interesse der Stadt und der menschlichen Gesellschaft ... " Zum 75-jährigen Bestehen der Psychologischen Beratungsstelle Karlsruhe fiir Eltern, Kinder undjugendliche Mit den eingangs zitierten richtungsweisen- den Worten appellierte die Erziehungsbera- tungsstelle des Stadt jugendamtes Karlsruhe in der Abendausgabe der "Badischen Presse" vom 11. Mai 1927 an "alle an der Erziehung unse- rer Jugendlichen interessierten Kreise, insbe- sondere Schule, Behörden und Wohlfahrtsver- bände, ... rechtzeitig die psychisch gefahrdeten Kinder der Beratungsstelle zuzuführen ... " Mit einem ausführlichen Zeitungsartikel stellt sich die Erziehungsberatungsstelle hier der Karlsru- her Bevölkerung vor. Öffentliche Hilfe in persönlichen Angele- genheiten in Anspruch zu nehmen, war auch in einem anderen Zusammenhang nicht ganz neu - war doch im April 1927 im Rathaus eine Eheschlichtungsstelle eingerichtet wor- den, die bereits im Herbst zunehmend aufge- sucht wurde. Die Gründung der Erziehungsberatungs- stelle Karlsruhe fügt sich in ein gesellschaftli- ches Klima ein, das für Themen der Psycholo- gie, Psychoanalyse und Pädagogik offen war. "Was ist Psychoanalyse?" "Zweiter Kongreß für Psychotherapie. Der gegenwärtige Stand der Psychoanalyse" .. "Moderne Kindererzie- hung. Die individual-psychologische Erzie- hungsmethode" . "Erziehung und Unterricht auf neuer Grundlage" oder "Gesunderhaltung der Kinderseele. Was der Nervenarzt sagt" : bei der Durchsicht der "Badischen Presse" des Jahres 1927 fallt eine dichte Berichterstattung zu Fragen der Psychologie, Psychoanalyse und Pädagogik auf. Zudem jährte sich 1927 der 100. Todestag des Pädagogen Heinrich Pesta- lozzi, der im Rahmen einer Reichserziehungs- woche des evangelischen Reichselternbundes auch in Karlsruhe mit Veranstaltungen der Lehrerbildungsanstalt und des evangelischen Kindergartenseminars gefeiert wurde. Im oben zitierten Zeitungsartikel vom 11. Mai 1927 informiert das Stadt jugendamt sei- ne Klientel umfassend und detailliert über die Leistungen der Erziehungsberatungsstelle: über ihre Unterbringung im Erdgeschoß des Rathauses, über ihre Öffnungszeiten und die unentgeltliche Beratung. Auf einer zweiten inhaltlichen Ebene informiert das Stadtju- 217 gendamt über die Arbeitsweise der Betatungs- stelle: zur Klärung der Sachlage wurden zu- nächst Vorerhebungen sowie psychologische Untersuchungen und Beobachtungen ange- stellt worauf die Beratung der Eltern erfolgte. Eingehende psychologische Untersuchungen mit anschließender ambulanter Beobachtung und Beschäfrigungsstunden mit heilpädagogi- scher Beratung und Aussprachen rundeten schließlich die Behandlung ab. "Bei aller Ver- feinerung der Methodik: seht viel hat sich bis heute nicht geändett, d. h. die drei Begtiffe Diagnostik, Beratung und Therapie bilden nach wie vor die drei Hauptsäulen der Erzie- hungsberatungsarbeit" urteilt der damalige Leiter Norbert Schmidt im Jahr 1985 in sei- nem "Geschichtlichen Rückblick über die Er- ziehungsberatungsstelle der Stadt Karlsruhe". Das Stadt jugendamt benennt zudem detail- liert die Kinder und Jugendlichen, für die es Beratung anbietet: psychisch auffällige, ent- wicklungsgehemmte und schwer erziehbare Kinder sowie in Entwicklungskrisen und Er- ziehungskonflikten stehende oder sittlich ge- fährdete Kinder und Jugendliche. Schließlich formuliert das Stadt jugendamt in seinem Zei- tungsartikel vom 11. Mai 1927 den Zweck der Erziehungsberatung: "durch rege Zusammen- arbeit und Verständigung mit den Schulbe- hörden, dem Schularzt, dem Arbeitsamt und den caritativen Organisationen soll zum Woh- le der Schutzbefohlenen gewirkt werden. Gleichzeitig sollen durch diese vorbeugende Fütsorge die Fälle drohender Verwahrlosung und notwendig wetdendet Fürsorgeerziehung möglichst eingeschränkt werden." Umsetzung des Jugendwohlfahrtsgesetzes Die Berarungstätigkeit des Stadt jugendamts in Erziehungsfragen begann bereits im Jahr 1922. Die Stadt Karlsruhe unternahm damit die ersten Schritte zur Umserzung des Jugend- wohlfahrtsgeserzes aus dem Jahr 1922, das am 1. April 1924 in Kraft trat. Mit der Einrich- tung einet Etziehungsberatungsstelle wird Paragraph 4 umgesetzt, der als eine Aufgabe des Jugendamts definiert: ,,Aufgabe des Ju- gendamts ist ferner, Einrichtungen und Veran- staltungen anzuregen, zu fördern und gege- benenfalls zu schaffen für 1. Beratung in An- gelegenheiten der Jugendlichen." Das Jugend- amt hatte für die Beratungstätigkeit in dem damaligen Direktor der Fürsorgeerziehungs- anstalt Flehingen, Professor Adalbert Gregor (1878-1971) eine renommierte Fachkraft ge- funden. In den "Badischen Anstaltsblättern" aus dem Jahr 1926 schildert Professor Gregor die Hintetgründe seiner Mitarbeit beim Stadt- jugendamt. "Die guten Erfahrungen, welche wir mit der im Frühjahr 1918 von mir und meiner Frau in Leipzig gegründeten Bera- tungsstelle gemacht haben, veranlaßten uns, dem Wunsche des Jugendamtes in Karlsruhe Folge zu leisten und auch hier seit 1922 heil- pädagogische Sprechstunden abzuhalten." Die heil pädagogischen Sprechstunden Pro- fessor Gregors fanden alle zwei bis drei Wo- chen in den Räumen der Stadtschularztstelle in der Kreuzstraße 15 starr, und in den kom- menden drei Jahren erwies es sich, dass die heilpädagogische Beratung zu erweitern und zu vertiefen war. Aus der Sprechstunde wird eine Behörde Am 17. Juli 1925 stellte der Beirat des Jugend- amts an Oberbürgermeister Julius Finter den Antrag, "die bisher betriebene Fürsorge für geis- tig zweifelhafte Kinder und Jugendliche aus- zubauen durch Einstellung einer auf dem Ge- biete der Heilpädagogik ausgebildeten Kraft". 218 Ihre Tätigkeit müßte nach Einschätzung des Beirats derart festgelegt werden ...... daß aber mindestens an 3 oder 4 Nachmittagen in der Woche in einem geeigneten Raum oder Gar- ten Spiel- und Beschäftigungs-Nachmittage für geistig anormale Kinder von ihr abgehalten und etwa notwendige Rücksprachen zwischen ihr. der Schule und den Eltern im Einverneh- men mit ihrer vorgesetzten Dienststelle vorge- nommen werden." Der Beirat hielt es außerdem für zweckmä- ßig. diese Kraft der StadtschularztsteIle anzu- gliedern, und ein Zusammenwirken mit Pro- fessor Gregor und dem Jugendamt sollte si- chergestellt sein. Die gewünschte Kraft wurde in der Fürsor- gerin beim Jugendamt. Frieda Ott (1887- 1972) gefunden. Die Sozialbeamtin und Wohl- fahrtspflegerin Ott war bereits am 1. August 1925 beim Städtischen Jugendamt eingestellt worden. Während eines fünf-monatigen Vo- lontariats beim Provinzialinstirut für Psycho- logie in Halle und einer dreimonatigen Assis- tentinnen-Tätigkeit am Psychologischen Ins- titut der Technischen Hochschule Stuttgart hatte sie sich .. psychotechnische Kenntnisse" angeeignet. wie aus ihrer im Stadtarchiv Karls- ruhe archivierten Personalakte hervorgeht. Zu- nehmend wurde Frieda Ott in der nun so be- zeichneten .. Beratungsstelle fur schwer erzieh- bare Kinder" eingesetzt und war im Juni 1927 schließlich vollbeschäftigt dort tätig. Aus den bisherigen Sprechstunden war eine städtische Behörde geworden. Bis 1945 wurde die Erzie- hungsberatungsstelle Karlsruhe von der Für- sorgerin Ott geleitet. Parallel zu seinen Tätig- keiten als Direktor der Fürsorgeanstalt Flehin- gen. als Medizinalreferent beim Justizministe- rium in Karlsruhe sowie als Gefängnisarzt in Karlsruhe und Bruchsal wirkte der Psychiater Professor Adalbert Gregor weiterhin als Mitar- beiter und Gutachter an der Karlsruher Erzie- hungsberatungssteIle mit. Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg .. Bei der gegenwärtigen Not der körperlich und geistig geschädigten Jugendlichen und in Anbetracht der Tatsache. daß viele Eltern hilf- los den Problemen der körperlichen und geis- tigen Schädigungen ihrer Kinder gegenüber- stehen. erscheint es angebracht. die heilpäda- gogisehen Beratungsstellen bei den Stadtju- gendämtern wieder einzurichten." Mit dieser Stellungnahme unternahm das landesjugend- amt Baden im Dezember 1946 die ersten Schritte zur Wiedererrichtung der heilpädago- gischen Beratungsstelle beim Stadt jugendamt Karlsruhe. Die Lektüre der Karlsruher Stadt- chronik vermittelt eine Vorstellung davon. welcher Not die Karlsruher Kinder und Ju- gendlichen in der Nachkriegszeit ausgesetzt Karlsruher Buben im Jugendhort. 219 waren. Überbelegte Wohnungen ohne indivi- duellen Rückzugsbereich, ein extrem harter Winter 1946/47 und drastischer Nahrungs- mangel kennzeichneten die ersten Nachkriegs- jahre. Den Wiederaufbau der Karlsruher Er- ziehungsberarungsstelle betrieb das Landes- jugendamt nun in zügigen Schritten. Nach Rücksprache mit der Karlsruher Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Marie Sulzer, die bereit war, ab sofort die Leitung der Karlsruher heil- pädagogischen Beratungsstelle zu überneh- men, erging am 14. April 1947 die Aufforde- rung an das Stadt jugendamt, die Einrichtung der heilpädagogischen Beratungsstelle in Karls- ruhe nunmehr durchzuführen. Am 13. Juni 1947 war es dann so weit: die Städtische Wohl- fahrrsverwalrung gab im ,,Amtsblatt der Stadt Karlsruhe" die Wiedererrichrung der Erzie- hungsberarungsstelle im Städtischen Schü- lerhort Sofiensrraße 43 bekannt, wo künftig am 2. und 4. Mittwoch jeden Monats von 10- 12 Uhr Sprechstunden abgehalten wurden. Ein Zeitungsartikel der "Badischen Neues- ten Nachrichten" dokumentiert, daß die Er- ziehungsberatungsstelle Karlsruhe auch Ab- endveranstaltungen durchführte. Unter der Überschrift "Haben deutsche Eltern so wenig Interesse?" berichtet die "BNN" am 18. No- vember 1952 von einer gur besuchten Vor- trags- und Diskussionsveranstalrung im Ame- rikahaus, bei der die Heilpädagogin Christa Rauhur den von ihr geleiteten heilpädagogi- schen Spielkreis vorstellte und von ihren Er- fahrungen mit Spieltherapie in Amerika be- richtete. Ausbau und Aufbau Die Erziehungsberatungsstelle der Stadt Karls- ruhe wurde von 1947 bis 1968 von der Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Marie Sulzer (1901-1995) geleitet. Auch die frühere Für- sorgeinspektorin Frieda 0" arbeitete bis 1952 an der Karlsruher Stelle wieder mit. Dr. Marie Sulzer führte anstelle der bisher praktizierten bewußtseinspsychologischen Methode die Be- ratungsarbeit auf tiefen psychologischer Grund- lage ein. Zudem baute sie die Karlsruher Bera- tungsstelle im Sinne der "Child Guidance Clinic" (Teamarbeit) aus. Zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in Karlsruhe hielt sie an zwei Nach- mittagen pro Monat auch Berarungsstunden im Stadtamt Durlach. Die große Akzeptanz und Anerkennung für Marie Sulzer innerhalb der Fachwelt kommt durch ihre Wahl zur ers- ten Vorsitzenden der Landesarbeitsgemein- schaft Baden-Württemberg für Erziehungsbe- ratung im Jahr 1965 und zum Vorstandsmit- glied der Bundeskonferenz zum Ausdruck. Seit Einrichtung der ersten Psychologen- stelle im Jahr 1952, die mit dem Psychologen und späteren Leiter Dr. Ernst EU besetzt wur- de, hat sich die ErziehungsberatungssteUe so- wohl in ihren Aufgaben als auch personell und räumlich kontinuierlich erweitert. 1967 zog die Beratungsstelle vom Rathaus West in das Gebäude Werderstraße 63 um und erweirerte 1968 ihre Wirkungsmäglichkeiten mit der Einrichtung einer psychagogischen Abteilung im ehemaligen Schülerhort auf der Nordseite des Sybelheims. 1984 erfolgte ein ern eurer Umzug in den renovierten Südflügel des Städ- tischen Kinderheims in der Sybelsrraße 13. Im Jubiläumsjahr 2002 nimmt die "Psychologi- sche Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche", wie sie seit 1988 heißt, mit dem ehemaligen städtischen Wasserwerksgebäude Gartenstraße 53 sogar ein eigenes Gebäude in Besirz. Mit der Gründung des Psychosozialen Dienstes im Jahr 1974, der seither zur Psycho- logischen Beratungsstelle gehärt, dehnte sie ihr Diensdeistungsangebot auf Familien aus, die vom Städtischen Jugendamt und vom So- zialen Dienst betreut werden und die Erzie- hungsberatung bis dahin nicht in Anspruch 220 genommen hatten. Psychologische Stellung- nahmen bei der Planung von Heimunterbrin- gungen und die Prüfung von ambulanten Al- ternativen wurden zu einer weiteren Haupt- aufgabe des Psychosozialen Dienstes. Von 1973 bis 1990 bildete außerdem die städtische Jugend- und Drogenberatungsstelle eine Ab- teilung der Karlsruher Erziehungsberatungs- steIle. Heute ist der Psychologischen Bera- tungsstelle auch die 1990 gegründete Fachbe- ratungsstelle bei sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen ,,AllerleiRauh" fachlich und organisatorisch angegliedert. In den letzten Jahren hat sich eine regelmä- ßige offene Sprechstunde in den Räumen der Beratungsstelle etabliert, aber auch Sprech- stunden in Schulen oder Kindergärten, Grup- penangebote und Gesprächskreise in den Stadtteilen sollen ratsuchenden Eltern und auch Kindern und Jugendlichen unkompli- zierte Zugangsstelle zur Psychologischen Bera- tungsstelle eröffnen und zur Kontaktaufnahme mit den Beratern und Beraterinnen ermutigen. Seit 1988 "Psychologische Beratungsstelle rur Eltern, Kinder und Jugendliche" Die 1988 erfolgte Umbenennung in "Psycho- logische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche" ist der Erziehungsberatungs- stelle nicht leichtgefallen, wie sie in ihrem "Jahresbericht 1988" schreibt, denn " ... hat doch die Karlsruher Erziehungsberatungsstelle eine nunmehr 62-jährige Geschichte und ei- nen sehr guten Ruf in der Bevölkerung." Als letzte der badischen Erziehungsberatungsstel- len nahm Karlsruhe 1988 die Umbenennung vor. "Letztendlich konnten und wollten wir uns aber dem allgemeinen Trend nicht ver- schließen", begründet die Erziehungsbera- tungsstelle im Jahresbericht 1988 ihren Schritt, und in einem "BNN"-Artikel vom 5. Januar 1988 erläutert der damalige Leiter Oe. Norbert Schmidt einen weiteren Zusam- menhang: "der neue Name ... ist eigentlich nicht mehr als eine Anpassung an die Realität, denn es geht bei uns längst nicht mehr nur um Erziehung und Beratung, sondern verstärkt auch um Beziehungsprobleme.'.' Im Jubiläumsjahr 2002 arbeiten bei der Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche neben Verwaltungs- kräften 16 Psychologinnen und Psychologen, drei Sozialpädagoginnen und drei Heilpäda- goginnen auf 14,5 Planstellen. In jüngster Zeit ist auch ein dringendes Anliegen des früheren Amtsleiters und Psychologen Dr. Ernst Eil verwirklicht worden: die Dezentralisierung und Regionalisierung der Beratungsstelle. Be- reits 1971 hatte Dr. Eil als mittelfristige Auf- gabe der Erziehungsberatungsstelle formuliert: "in den nächsten Jahren sollten in den größten Stadtteilen Außenstellen der Erziehungsbera- tung eingerichtet werden. Unsere Arbeit soll- te mehr als bis jetzt dort geleistet werden, wo die Menschen wohnen". Im Jahr 1996 wurde mit der Bildung der drei Beratungsstellen Ost, Mitte und West, die analog den Bezirken des Sozialen Dienstes zuständig sind, die Psycho- logische Beratungsstelle dezentralisiert und regionalisiert. Diese Regionalisierung trägt da- zu bei, die Leistungen der Psychologischen Be- ratungsstelle besser auf die Erfordernisse vor Ort einstellen zu können und enger mit ande- ren Einrichtungen der Stadtteile zu koope- rieren. Sie versteht sich nicht nur als Einrich- tung, die notwendige Hilfe im Einzelfall leis- tet, sondern als eine soziale Dienstleistungs- einrichtung. Mit dem Bezug des Gebäudes Gartenstraße 53 im September 2002 findet eine räumliche Zentralisierung der drei Bera- tungsteams Ost, West und Mitte statt, die re- gionale Zuordnung zu den Karlsruher Stadt- teilen bleibt aber weiterhin bestehen. ANGELIKA SAUER 221 Stadtplanung in Karlsruhe im 19. Jahrhundert: Der Bauplan von 1857 Der "Bauplan der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe" von 1857 ist der erste behördlich genehmigte Stadterweiterungsplan von Karls- ruhe. Kurioserweise ist dieser keine grafische Darstellung. sondern ein schriftliches Doku- ment als Verordnungstext der Großherzogli- chen Regierung des Mirrelrheinkreises. Der Text enthält auch keinen Hinweis auf eine grafische Beilage. Auch führten die Recher- chen zu keinem Fund. obwohl nach EHREN- BERG ein Plan gezeichnet worden sein soll. Die Entstehung des Bauplanes gestaltete sich langwierig und mühevoll. Die "innere Erwei- terung" der Stadt östlich der heutigen Rein- hold-Frank-Straße war dabei unstrirrig. im Gegensatz zu der südlich der Kriegsstraße. Pläne und Bedenken Seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhun- derts. dem endgültigen Ausklingen der abso- lutistischen Stadtplanung. stellte sich für die Verantwortlichen in Karlsruhe die Frage einer Stadterweiterung über die Grenzen der Stadt des 18. Jahrhunderts. Der Schlossbezirk im Norden. die nördliche Bebauung der Stepha- nienstraße. der von Nord nach Süd verlaufen- de Abschnitt der Kriegsstraße (südlicher Teil der heutigen Reinhold-Frank-Straßel. die Kriegsstraße bis zum Rüppurrer Tor und der Landgraben bis zum Durlacher Tor bildeten die Grenzen der Stadt. An die 23.000 Einwoh- ner lebten in über 1.250 Häusern. Innerhalb dieser Fläche gab es noch zahlreiche unbebau- te beziehungsweise nicht erschlossene Grund- stücke. Ende der dreißiger Jahre zählte man 35 freie Baugrundstücke und 468 Häuser. die aufzustocken gewesen wären. Neben den großen Gartenanlagen der Markgräfin Amalie. des Markgrafen Ludwig. der Gräfin Hochberg und des Langenstein- sehen Gartens war im Südwesten noch eine große Fläche mit privaten Gärten. Dieses Are- al war in Plänen von Friedrich Weinbrenner bereits als Stadterweiterungsgebiet vorgesehen. Zwischen Karlsrraße. Kriegsstraße. Landgra- ben und heutiger Reinhold-Frank-Straße lag ein Flächenpotenzial von über zwölf Hektar. Die Bebauung reichte von der Amaiienstraße bis zur heutigen Sophienstraße und von Osten bis zur Hirschstraße. die bis zur Sophiensrraße bereits beidseitig bebaut war. An der Amalien- straße selbst waren die Häuserzeilen bis zum Mühlburger Tor annähernd geschlossen. Große Nach&age Die ausdrückliche Verhinderung einer großen Stadterweiterung - sie war südlich des Ettlin- ger Tores von Friedrich Wein brenner konzi- piert worden - beruhte unter anderem auf der Befürchtung der Regierung. dass das Bauge- schehen innerhalb der Stadt stagnieren könn- te. viele Baulücken weiterhin unbebaur blie- ben und die älteren niedrigen Gebäude in der damaligen Langen Straße (heurige Kaiserstra- ßel nicht aufgestockt beziehungsweise durch Modellhaustypen ersetzt würden. 1811 wurde deshalb eine Verordnung mit dem Inhalt erlassen. dass alle Hauptrepararu- ren in den alten Häusern verboten wurden. 1827 erfolgte die erneute Bekanntgabe. die noch 1843 Bestandteil der damals erlassenen Bauordnung wurde. Anfang 1816 lehnte der Großherzog Weinbrenners letzte Variante der "Vergrößerung der Stadt" ab. Weinbrenner 222 selbst genehmigte nur provisorisch beantragte Bauvorhaben südlich des Ettlinger Tores, um keine eventuellen Hindernisse gegenüber sei- nem Plan entstehen zu lassen. Die Nachfrage nach Bauerlaubnis außer- halb des eigentlichen Baubezirkes, der heutigen Innenstadt, muss stark gewesen sein, da das Po- lizeiarnt 1833 dazu eine Stellungnahme abgab und dabei die Festlegung der Baugrenzen für die Stadt verlangte. Für das Bauen von Wohn- häusern empfahl die Behörde enge Grenzen. Die 1835 erlassene Verordnung untersagte im Allgemeinen Gebäude außerhalb des Stadt- baubezirkes . ..Ausnahmsweise wird die Auffüh- rung von Gebäuden gestattet: a) zur Errichrung von Fabriken oder andern Gewerbsanlagen, wovon die einen oder die andern einen großen Raum erfordern; b) zum Behuf der Betreibung solcher Gewerbe, die, wenn sie innerhalb der Stadt errichtet würden, eine Unannehmlichkeit für das Publikum verursachen, oder für die Vorübergehenden oder Nachbarn gefährlich sein könnten, c) als Garten und Landhäuser ... " Im Bereich der heutigen Südstadt standen einzelne Gebäude wie das Landesgestüt, eine Bleichanstalt, die militärische Waschanstalr. 1840 gab es aber auch bereits eine Reihe von Wohnhäusern, die wahrscheinlich offiziell als "Landhäuser" galten. Neue Grenzen Die Erweiterung der Stadt nach Südwesten innerhalb der Kriegsscraße war bereits im ers- ten Stadterweiterungsplan von Friedrich Weinbrenner aus dem Jahre 1802 als eine selbstverständliche Ergänzung des Stadtgrund- risses zu sehen. Die Fesdegung der Akzisen- grenze endang der Kriegsstraße vom Karlstor bis zum Etdinger Tor war eine logische Fort- führung der bisherigen Stadtgrenze. Diese Zollgrenze war für die städtischen Finanzen von Bedeutung, da an den Stadtto- ren ab 1820 eine Verbrauchssteuer unter ande- rem auf Mehl, Wein, Holz und Immobilien er- hoben wurde. Ab 1837 rückte der "Mühlbur- ger-Tor-Stadtteil" wieder ins Blickfeld der Ver- anrwortlichen. Das Polizeiamt beantragte die Genehmigung der Bebauung für die freie Flä- che und die Herstellung der Aharnauer inner- halb von drei Jahren vom Etdinger Tor zum Mühlburger Tor. Von jetzt an begannen die kommunal politischen Querelen, die nachweis- lich zehn Jahre andauerten. Hatte das Polizei- arnt eine abschnittsweise Planung und Geneh- migung angeregt, so verlangten einige Ge- meinderatsmitglieder die Erstellung des Ge- sarntplanes für den Stadtteil vor der Genehmi- gung einzelner "Quadrate". Weinbrenners Pla- nUßrerlagen waren nicht aufgefunden worden, was das Polizeiarnt zweifeln ließ, ob überhaupt jemals eine Planung angefertigt worden war. Aus dem Gemeinderat kam dann der An- trag auf Aussetzung des Projektes, solange die Lage des Bahnhofs noch nicht entschieden sei. 1840 stellte ein Grundstückseigentümer an der Kriegsstraße ein Baugesuch, das wieder zu Aktivitäten führte. Unter anderem beschäftigt sich die Baukommission des Gemeinderates mit Fragen der Stadterweiterung: Ist eine Er- weiterung der Stadt notwendig? Wo kann und soll solche geschehen? Die erste Frage wurde bejaht, die zweite dahin gehend beanrwortet, dass innerhalb der Stadt Möglichkeiten bestünden wie die Be- bauung der neuen Zähringerstraße und des Langensteinsehen Gartens. Auch sollte der begonnene Stadtteil zwischen Mühlburger Tor und Ludwigstor, also nördlich der Stephanien- straße, wegen seiner "höchsten und gesündes- ten Lage" fertig gestellt werden. Die Vergröße- rung der Stadt südlich der heutigen Kriegsstra- ße sollte nicht weiterverfolgt werden, da der Bahnhof nahe an der alten Stadt liegen solle, größere Verbindungen daher fehlten. Auch betrügen die Kosten einige Hundertausend. 223 Plan Karlsruhes von 1817 mit der Stadrerweirerung westl ich der Karlstra~. Der bereits zitierte Ehrenberg widmete dem Thema in seiner Arbeit viel Aufinerksam- keie. Ihm lagen noch die Quellen in Form von Archivalien vor, was heute durch Verluste - spätestens während des Zweiten Weltkrieges- nicht mehr der Fall ist. Dadurch stützt sich die Schilderung zu einem großen Teil auf diese Sekundärquelle. So berichtet er auch von einem 1843 für die Regierung vetfassten Gutachten des Ober- baudirektors Hübsch, Residenzbaumeisters Schwarz und Stadtbaumeisters Küntzle "Über die definitive Begrenzung von Karlsruhe und die Art, wie die dermalen noch unbebauten Flächen innerhalb der Grenzen überbaut wer- den sollen". Die Stadtgrenze wurde dabei festgelegt mit der heutigen Moltkesrraße, Reinhold-Frank- Straße, Kriegsstraße und die östliche Mauer des alren Friedhofs an der heutigen Ostend- straße. Die Augärten sollten nur der Errich- tung von Landhäusern vorbehalten bleiben. Durch die Verbteiterung der vorhandenen Gar- tenwege in Ost-West-Richtung - jetzt Schüt- zen- und Luisenstraße -, die Anlage einer Al- lee hinter dem Bahnhof (Bahnhofstraße, heute Baumeisterstraße) und einer Nord-Süd-Straße in Fortsetzung der Gebäudeachse der Maschi- nen- und Wagenwerkstätten entstünden viet Areale. Det Planentwurf füt alle Stadtetweite- rungsgebiete von 1847 gibt diese Beschreibung wieder. Die halbkreisförmige Straßenerweite- 224 " , .. ·······1 ,. ... ,' •. , .. of • •• V ; ~ ... .... .A. ......... ~';r..- ....... -r".,- l..*.. ._ .. .... ~ .. .--. 1: _ . "--,. , ... -'-- .. _ .... .. _~.---.. _,..,. .... ...-.- ... -_ .. --. . :]1~::~~~. Plan Karlsruhes von 1847 mit den projektierrcil Stadterweiterungen nach Süden und Westen, rung in der projektierten Bahnhofstraße als Platz zu Beginn der Nord-Süd-Erschließung dürfte der wahrscheinlich letzte stadtbau- künstlerische Akzent in einer Planung für Karlsruhe in den nächsten Jahrzehnten bleiben. Politische Dispute 1846 erreichte die öffentliche Diskussion über die künftige Erweiterung Karlsruhes ihren Höhepunkt mit dem Bekannrwerden der Pla- nungsabsichten in Richtung Westen, also für den Mühlburger-Tor-Bezirk. Die damalige Presse, insbesondere der "Karlsruher Beobach- ter", ließ die unterschiedlichen Meinungen zu Wort kommen. Zwischen dem 2. April 1846 mit der Ankündigung über den Entwurf des neuen Stadtbauplans bis 30. Juli desselben Jahres sind in 14 Ausgaben des "Karlsruher Beobachters" Beiträge zur Stadterweiterung abgedruckt, Die Mehrzahl der Artikel und Zuschriften enthielten die Forderung, mit dem Ausbau eines Bahnhofsviertels zu beginnen, Als Begründungen wurden genannt die Norwendigkeit von Wohnungen für Arbeiter der Bahnhofswerkstätten und Fabriken und von Flächen für Gewerbe und Handel. Ge- genmeinungen hoben die Gefahren in einer Vorstadt wegen erhöhter Kriminalität und das Problem der Erhebung des Octrois, der Ver- brauchssteuer, hervor. Die Akteure "Grund- stückseigentümer" führten die Auseinander- 225 setzung über die Presse. Jede Gruppe vertrat ihre Interessen, je nach Lage des Eigentums. Diese Positionen entsprachen auch den unter- schiedlichen politischen Einstellungen. Die politischen Umwälzungen in dieser Zeit wirk- ten auch auf die kommunale Ebene. Tenden- zen des Liberalismus wurden erkennbar durch die Kräfteverschiebung im Stadtrat zu Guns- ten der "Männer des Fortschrittes". Bei der Wahl von 1846 erreichten die Vertreter des Handwerkerstandes mit 53 Prozent die Mehr- heit gegenüber den konservativen Kräften aus dem Kaufmanns- und Bankierstand. Weech spricht in seiner Stadtgeschichte 50 Jahre spä- ter von den "in den Anschauungen der alten Zeit lebenden Gemeindevertretern", denen wegen deren "ultrakonservativen Tendenzen" eine Stadterweiterung als unerhörtes und geradezu leichtfertiges Wagnis erschien. Das große öffentliche Interesse an der Stadtbaufra- ge lässt sich auch noch durch den inserierten Verkauf des Planentwurfs (Stand I. Januar 1847), verlegt von der Müllersehen Hofbuch- handlung, belegen. DerErtrag kam sozialen Einrichtungen zu Gute. Die Entscheidung im wichtigsten kommunalen Gremium. dem gro- ßen Bürgerausschuss, fiel am 5. Juli bezie- hungsweise 12. August 1847 zu Gunsten aller beantragter Distrikte, aber mit unterschiedli- chen Bebauungsmöglichkeiten. Die Bauer- laubnis für das Mühlburger-Tor-Areal erfolg- te mit der Bedingung, dass eine Stadteinfriedi- gung vorerst nicht erfolge oder von den Eigen- tümern zu finanzieren sei. Leopold- (früher Schlachthaus-) und Hirschstraße sollten dabei bis zur Kriegsstraße verlängert werden. Das zwischen der zu verlängernden Karlstraße und Ettlinger Tor, südlich der Kriegsstraße bis zur Keßlersehen Maschinenfabrik liegende Gelän- de (bis zur heutigen Hermann-Billing-Straße) solle als "Vorstadt" überbaut werden dürfen. Hier hatte der Vertreter der Fortschrittlichen und kurzzeitige Oberbürgermeister August Klose Grundstücke im Eigentum. "Vorstadt" bedeutete, wie im erst 1857 endgültig geneh- migten Stadtbauplan deutlich erkennbar ist, Bebauung mit Fabriken, gewerblichen Anla- gen, Gärrnereien und Landhäusern. Ebenso erlangte der erste Abschnitt der Augärten den Status einer Vorstadt. In Abwandlung des Plan entwurfs vom Januar 1847 sollten anstatt einer zwei von Norden nach Süden laufende Straßen der Erschließung dienen (heutige Wilhelm- und Marienstraße). Die Bauerlaub- nis in allen drei Distrikten war aber an Bedin- gungen geknüpft. An die Stadt konnten keine Ansprüche auf die Erschließung gerichtet wer- den. Die dafür notwendigen Flächen waren aber unentgeltlich an die Stadt abzutreten. Des Weiteren sollten alle Bauwilligen den Ansprüchen an die Stadt entsagen, was die öffentliche Erschließung betraf. Was ist Karlsruhes Profil? Der Inhalt und Verlauf der beiden Sitzungen des großen Bürgerausschusses sind durch die stenografischen Aufzeichnungen in der Zei- tung "Karlsruher Beobachter" wiedergegeben. Damit liegt hier ein Dokument vor, das aus mehreren Gründen für die Nachwelt von Be- deutung ist: I. die damals aktuellen Hauptfragen und unterschiedlichen Standpunkte in der Kom- munalpolitik liegen aurhentisch vor, was bei der ansonsten schlechten Verfügbarkeit von Primärquellen von Bedeutung ist; 2. die Redebeiträge verschiedener Aus- schussmitglieder zeigen deutlich die Verbin- dung der eigenen Sache mit der der künftigen Stadtentwicklung; 3. in der Stadterweiterungspolitik wurden entweder Gefahren für die Immobilien der be- stehenden Stadt oder mehr "Gerechtigkeit und Freiheit" durch das vermehrte Bodenan- gebot gesehen; 226 4. Fragen des Städtebaues beziehungsweise des Stadtbildes wurden in keiner Weise berührt: 5. die Behandlung dieses, insgesamt über drei Stunden dauernden Tagesordnungspunk- tes in diesen Sitzungen zeigt ein ungemein starkes Engagement an der damaligen Frage der Stadtplanung, wie es in einem kommuna- len EntScheidungsgremium in Karlsruhe wahr- scheinlich bislang einzigartig ist. Das Polizeiamt kritisierte diese Beschlüsse und verlangte eine Umarbeitung. Die zwei Jahrzehnte lang geführte Diskussion über die Notwendigkeit einer Stadterweiterung und die Hauptfunktion Karlsruhes als Stadt droht nochmals auszubrechen. "Der Bürgerausschuß folgt dem Prinzip, die Verhältnisse sich natür- lich entwickeln zu lassen und ferner der Idee, daß die industrielle Richtung nach der Eisen- bahn gehe. Was ist nun das vorherrschende Interesse von Karlsruhe? Karlsruhe ist kein Industrieort und wird es bei seiner ungünsti- gen Lage nie werden. Es ist entstanden durch die Idee eines Fürsten, hier seinen Hofbalt zu nehmen ... Karlsruhe ist sonach vorzugsweise eine Hofstadt ... Als Residenz muß Karlsruhe trachten, die vielen unansehnlichen Bauten im Stadtbezirk zu beseitigen und elegante Bauten in seinen Umgebungen zu erhalten. Statt der eleganten Bauten verlangen diese (die Be- schlüsse, Anm. d. Verf.) gewöhnliche Vorsräd- te, statt die Bauten außerhalb zu beschränken, lassen sie solche ungehindert zu und garantie- ren dadurch das fernere Bestehen der alten Baracken in der Stadt. Die Stadt wird zu aus- gedehnt, zu teuer und die Gebäude und Bau- plätze der Stadt verlieren offenbar an Wert." Ehrenberg berichtet, dass der Plan im Dezem- ber 1848 - die politischen Umwälzungen der Revolutionsjahre verlangsamten wahrschein- lich das Verwaltungshandeln - vom Ministe- rium genehmigt worden sei. Gewisse Zweifel sind hier angebracht, da erst acht Jahre später der Plan, mit Datum vom 13. März 1857 ver- sehen, arn 31. August des selben Jahres öffent- lich bekannt gemacht wurde. Neue Areale Das Mühlburger-Tor-Areal war als nahe lie- gende "innere Sradrcrweiterung" unsrrittig. Die Flächen südlich der Kriegssrraße bezie- hungsweise des Bahnhofes lagen nicht in dem nun exakt definierten Baubezirk, letztendlich der Stadt des frühen 19. Jahrhunderts. Es gal- ten hier die "Vorschriften für die Aufführun- gen von Gebäuden in der Umgebung der Stadt". Die darin als zulässig definierten Nur- zungen entSprechen praktisch denen des Erlas- ses von 1835: Fabriken, störende Gewerbean- lagen, Gärtnereien, Gartenhäuser, Landhäuser und Gebäude für eine größere Landwirtschaft. Hier zeigt sich keine veränderte Einstel- lung nach 20 Jahren, es blieb die Fiktion der geschlossenen Stadt. D ennoch lassen die Aus- führungen über die Erschließung - 60 und 40 Fuß (18 bzw. zwölf Meter) breite Straßenquer- schnitte für die West-Ost-Straßen in den Au- gärten - auf eine Vorbereitung für städtisches Bauen schließen. Auch die geplanten Fortfüh- rungen der Schlachrhaus- (heute: Leopoldstra- ße und Karlsrraße über die Kriegsstraße hinaus und die Fesclegung einer südlichen Parallel- straße zur Kriegsstraße sind als Indizien dafür zu werten. Das alles deutet auf einen Kompro- miss hin zwischen den Akteuren mit deren unterschiedlichen Interessen. Die Bestimmun- gen lassen auf Prioritäten für die Realisierung schließen: zuerst das südwestliche Areal inner- halb des Baubezirkes, dann die Flächen südlich der Kriegsstraße und letztendlich die Augär- ten, die heutige Südstadt. 1858 liegen schon die Baufluchtenpläne für alle drei Bezirke vor. Wie die Diskussionen über die neuen Bau- flächen gezeigt haben, erhielten spätestens ab diesem Zeitpunkt das Bodeneigentum und seine Verwertung, sowohl auf der öffentlichen 227 als auch auf privater Seite eine maßgebliche Bedeutung für die weitere Entwicklung der Stadt. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ver- suchte die Regierung durch den Verkauf staat- lichen Grundeigentums zu niedrigen Preisen und zeitweilige Korrekturen von zu hohen Schätzpreisen die Spekulation und Überteue- rung zu unterbinden. Ab 1825 fand der Staat selbst Gefallen am Grundstücksgeschäft, als die Preise für Flächen im Nordwesten nahezu verdoppelt wurden. Ein Jahr später wurden Grundstücke in der Zähringerstraße verstei- gert und der Zuschlag erst erteilt, als nach ei- ner zweiten Versteigerung ein erhöhter Preis erreicht werden konnte. Der Staat, im 18. Jahrhundert noch Lenker im Sinne der landes- fürstlichen Stadtplanung, gab diese Rolle lang- sam auf. Die Akteure auf der Gemeindeebene - Stadt- räte, Grundstückseigentümer, Wirtschaftstrei- bende - übernahmen die Geschicke der Stadt. Dabei wurde Karlsruhe immer weniger als geschlossenes bauliches Gebilde gesehen. Die Eisenbahn, die Vorbotin der Industrialisierung, fungierte als Auslöserin der ersten Stadterwei- terung Karlsruhes außerhalb der alten Grenzen. HARALD RINGLER Eberhard Gothein 1853 -1923 "Kümmern Sie sich nur gar nicht um die an- deren Herrn, lesen Sie, was ihnen gut scheint, aber fesseln Sie die jungen Leute, das ist alles, was wir wollen.'( So anMortctc der badische Kultusminister Nokk auf die Frage des neuen Professors an der Technischen Hochschule Karlsruhe 1885, ob er seinen Schwerpunkt mehr auf die Kulturgeschichte oder die Nati- onalökonomie legen sollte. Eberhard Gothein war froh, bei seinen ersten Lehrstuhl an der Technischen Hochschule Karlsruhe berufen worden zu sein, in die liberale Atmosphäre Badens, einem Land, dem er noch in vielfa- cher Weise dienen sollte. Auf dem Weg zum Kulturhistoriker Am 29. Oktober 1853 wurde Eberhard Go- thein als Sohn eines Arztes im schlesischen Neumarkt geboren. Früh verlor er seine Eltern und absolvierte bei einem Onkel in Breslau seine Gymnasialzeit. Mit dem Studium be- gann er an der dortigen Universität, die da- mals in hoher Blüte stand. 1874 wechselte er nach Heidelberg, wo er auf hervorragende Historiker und Nationalökonomen stieß. Pro- moviert hatte er 1877 mit der Arbeit "Der gemeine Pfennig auf dem Reichstag zu Worms". Der Weg zum Gelehrten ebnete sich rasch ein Jahr später mit einer Habilitationsar- beit über "Politische und religiöse Volksbewe- gung vor der Reformation". Jetzt begannen seine Wanderjahre, und mit einem preußi- schen Stipendium zog es ihn in den Süden Italiens, wo er Material zu seinem Buch über "Die Kulturentwicklung Süditaliens" sam- melte. Der künftige Kulturhistoriker sah in seiner Habilitationsschrift eine Ergänzung der Arbei- ten des Nestors Leopold Ranke, den er sehr verehrte. Dessen Schüler meinten hingegen, Kritik herauszuhören, und so trug dies dazu bei, ihm Rufe auf einen Lehrstuhl für Ge- schichte zu versagen. 228 "Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes" Er ließ sich 1883 an die Universität Straßburg umhabilitieren und nahm mit Baden Konrakr auf. Hier harre sich kürzlich die Badische His- torische Kommission gebildet, die Gothein 1883 mit einer Untersuchung der wirtschaft- lichen und sozialen Geschichte des Schwarz- waldes beauftragte. Das war ein Thema, das ihn ganz erfüllte, denn schon für seine Kultur- geschichte Süditaliens harre er Landschaft und Städte durchwandert auf der Suche nach loka- len Quellen. Er wurde bald ein Kenner des Schwarzwaldes wie keiner zuvor. Ursprünglich von der Kommission nur als Studie geplant, wuchs der erste Band zur Geschichte einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dieser Region und der sie umgebenden Landschaf- ten. Mit dieser Städte- und Gewerbegeschich- te kommen für Gothein "die wichtigsten schwebenden Fragen zur Behandlung", und mit den Reichsstädten der Ortenau wollte er auch noch "die Wechselwirkung des städti- schen und bäuerlichen Lebens am genauesten erkennen lassen". Im Karlsruher Generallan- desarchiv harre er "ungeheure Stoffrnassen" zu bewältigen, dazu aber auch die Stadtarchive in Donaueschingen, Freiburg, Villingen und Kon- stanz besucht, nicht immer bei großer Bereit- schaft der Institutionsträger. Ziel war, sowohl die Entstehung der mittelalterlichen Stadt- und Zunftverfassung als auch die Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaftsform zu verfol- gen. In den stattlichen Band von zirka 900 Sei- ten wurde mit einer Einleitung eingeführt, die mit 60 Seiten schon fast eine eigene Publika- tion darstellt. Mehrfach stützt er sich dabei auf Einzelarbeiten, aber auch auf eigene Aufsätze zu wirrschaftsgeschichdichen Themen, die als Vorbereitung für das große Werk dienren. Wie in Italien übte Gothein das aus, was wir heure als "oral history" bezeichnen. "Nach meinem alten Brauch rede ich viel mit Arbei- tern und Bauern, wandre ein Stück mit ihnen und lasse mir erzählen. Das ist auch ein Stück Arbeit und nicht die schlechteste." In Karlsru- he isst er in "einer Bierkneipe, um die Leute, die denen in meiner Arbeit enrsprechen, ken- nen zu lernen". Gothein verfügte nicht nur über eine flüs- sige Formulierungskunst, er war auch ein sehr kommunikativer Mensch und alles andere als ein Stubengelehrter. Erstaunlich, wie er, der sich "von Problem zu Problem jagen" ließ, Arbeiten zu verschiedenen Themen gleichzei- tig bewältigte. Der Verein für Reformationsge- schichte trug ihm nämlich die Bitte an, eine Schrift über Ignatius von Loyola und den Je- . suirenorclen zu verfassen, "da Sie einer der wenigen Historiker sind, die auch darzustellen wissen", so hieß es in der Anfrage. Es wurde ein Thema, das ihn in drei Versionen ein Le~ ben lang beschäftigte. Lehrstuhl in Karlsruhe Da er mit seiner Habilitationsschrift, "die un- ter dem Begreifen der Geschichte aus Wurzeln der sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Kräfte" stand, einem später selbstverständli- chen Gesichtspunkt, sich die Aussicht auf eine Berufung in Preußen verschüttet hatte, war der Ruf 1885 an die Technische Hochschule Karlsruhe um so erlösender. Mitglieder der Zunft wie der ehemalige Karlsruher Historiker Hermann Baumgarten begrüßten es, dass er von der Historie "endlich" zur Nationalöko- nomie gewechselt habe, was Gothein für eine Zumutung hielt. All diese Umstände bewirk- ten, dass der "Schwarzwald" erst 1892 er- schien, als Gothein bereits einen Ruf nach Bonn erhalten harre. Die fünf Karlsruher Jahre waren für den nun jung Verheirateten eine glückliche Zeit. Man genoss das bedeutende Theater unter 229 Felix Mottl, verkehrte im illustren Kreis des Gymnasialdirektors Gustav Wendt, mit dessen Enkel Wilhe1m Furtwängler der ältere Sohn spielte, trafHeyse, Brahms und andere Künst- ler. Im Kontakt mit Naturwissenschaftlern und Ingenieuren entschloss sich Gothein zu der Schrift "Die Aufgaben der Kulturgeschich- te", der einzig polemischen. Er wendet sich hier gegen die These, dass nur das Verhältnis der Menschen zum Staat das "eigentliche Ar- beitsgebiet der Geschichte" sein könne. Bei aller Achtung vor der politischen Historie sei sie nur ein Teil der Kulturgeschichte. So ver- langte er von der "politischen Geschichte", "dass sie sich ihr unterordne, "denn die Entste- hung der Kulturgeschichte ist eine notwendi- ge Folge der Entwicklung des modernen Geis- tes". Ein temperamentvolles Thesenpapier mit jenen hohen Zielsetzungen, die später als Kul- tursoziologie einen Niederschlag fand. Damals kritisierte die Rankeschule - zuweilen nicht zu Unrecht -, dass die Detailarbeit bei den zur Polyhistorie gezwungenen Wissenschaftlern vernachlässigt werde, ja dass Diletrantismus am Werk sei und Spekulationen, gar einen Dogmatismus im Erfinden von Entwicklungs- gesetzen zeitige. Das traf bei ' Gothein alles nicht zu; jedenfalls hat die Wirksamkeit, der Ideenreichtum jener "Kulturhistoriker" von Schmoller bis Sombart, von Max Weber zu Huntington bis heute Diskussionen ausgelöst, auf die die sicher verdienstvolle antiquarische Geschichtsschreibung oft verzichten muss. Nationalökonom in Bonn 1890 erhielt Gornein einen Ruf an die Univer- sität Bonn, wo neben einem Lehrauftrag für Kulturgeschichte sein Hauptamt in der Nati- onalökonomie lag. Bald wandte er seine wiss- sensehaftlichen Arbeiten dem Rheinland zu, schloss Kontakte mit Industriellen, deren Fa- briken er mit seinen Studenten besuchte, war ein häufig gesuchter Redner, der in seiner "In- teressenmannigfaltigkeit" über ganz unter- schiedliche Themen vor großem Publikum zu sprechen wusste. frei vortragend. immer belas- tungsfähig, so dass die Kölner Karnevalisten reimten: "Tritt einmal Not ein/so holt man den Gothein". Hier entstand sein nächstes großes Werk "Die Wirtschafts- und Verfassungs geschichte der Stadt Köln im ersten Jahrhundert unter preußischer Herrschaft", von vielen Fachkol- legen als Muster einer Stadtgeschichte gelobt. Für Köln hat er sich darüber hinaus durch die Gründung einer Handelshochschule nach dem Beispiel der Pariser "EcoIe des Hautes Etudes Commerciales" verdient gemacht. Da- bei war nicht nur organisatorische Tatkraft, sondern auch diplomatisches Geschick in der von partei politischen Klüften gekennzeichne- ten Kommune gefordert und persönlicher Ein- satz verlangt, vor etwa 500 Kaufleuten mit Vorlesungen zusätzlich zum Hauptamt zu be- gInnen. Die Heidelberger Zeit 1904 folgte er einem Ruf nach Heidelberg. Zwar riss er sich schweren Herzens vom Rhein- land los, das er von seinen vielen Exkursionen wie kein Zweiter kannte, doch war er als De- kan mit seinem Widerstand gegen eine stärke- . re Bürokratisierung der Hochschulen beim preußischen Kultusministerium in Misskredit geraten. So lockte nun das liberale Baden, wo man ihn "als den besten Kenner des Landes" herzlich begrüßte - bei deutlich besserem Jah- resgehalt. Man schätzte auch sein Organisati- onstalent, und so wurde in enger Zusammen- arbeit mit der Stadt Mannheim die Grundla- ge für die 1907 eröffnete Handelshochschule nach Kölner Muster gelegt. Mit seiner natio- nalökonomisehen Lehr- und Forschertätigkeit von der Wirtschaftsgeschichte über ökonomi- 230 sehe Theorie bis zu handelspolitischen Ab- handlungen war diese Zeit der größten Breite seines Schaffens gewidmet. Und im Kontakt mit Max und Alfred Weber gewann für ihn die Soziologie zunehmend an Bedeutung. Zu seinem fünfZehnstündigen Arbeitstag gehörten die Aktivitäten für die durch ihn initiierte "Süddeutsche Gesellschaft für staats- wissenschaftliche Fortbildung". Von 1906 bis 1913 unternahm er mit jeweils 25 Beamten aus Baden, dann auch aus Württemberg, aus- führlich vorbereitete Exkursionen in deutsche Wirtschaftsgebiete, ja nach dem Krieg begann er schon 1920 wieder eine Exkursion, denn er hatte sich zum Ziel gesetzt: "Wenn doch wenigstens diese meine Schöpfung dauern würde, gute Früchte trüge und dadurch die unbedingt nötige Verbundenheit zwischen Universitätswissenschaft und Verwaltungspra- xis und beider mit dem realen Leben herge- stellt würde", ein Vorläufer unserer heutigen Führungsakademie Baden-Württemberg. Einstieg in die Politik . 1912 wurde er Vorsitzender der Badischen Historischen Kommission, 1913 Prorektor der Universität Heidelberg, unermütlich tätig, selbst als Lateinlehrer am Heidelberger Gym- nasium für den Ersatz zum Kriegsdienst einge- zogener Lehrer. Wilhe1m Il. hielt er für einen Bramarbas, aber ebenso warnte er vor staatsso- zialistischen Träumereien. Die Revolution 1918 traf ihn bis ins Herz. Bisher nationallibe- ral gesonnen, trat er nun in die Deutsche De- mokratische Partei ein, eine Schar hochgebil- deter Mitglieder wie Theodor Heuss, Gertrud Bäumer, Marie Baum und vieler Wissenschaft- ler, Diplomaten und Wirtschaftsführer, frei- lich "Führer ohne Soldaten". Gothein wurde als Abgeordneter in den Badischen Landtag gewählt, ja 1919 bot man ihm das badische Kultusministerium an, das er aus Alrersgrün- Eberhard GOI hein. ordentlicher Professor an der Tc:chnischcn Hochschule I(;arlsruhe 188; bis 1890. den ablehnte. Vielmehr konzentrierte er sich auf eine öffentliche Aktion, "den Zusammen- schluss von Württemberg, Baden und der Pfalz zu einem wirtschaftlich-politischem Gan- zen". Gornein war zwar Gegner des Separatis- mus, sah aber, dass durch das Reichssteuerge- setz des Finanzministers Erzberger die Länder in ihren vitalen Aufgaben lahm gelegt werden würden, daher die Notwendigkeit, größere Länder mit entsprechendem Gewicht zu bil- den. Zu den inneren Gründen für einen Zu- sammenschluss zählte er den "Volkszusam- menhang" , die Verkehrs- und Wirtschafts ge- meinschaft, vor allem die kulturellen Vorteile einer künftigen gemeinsamen Hochschulland- schaft. Als äußeren Grund sah er die durch die französische Besatzung gefährdete Rheinpfalz. In zahlreichen Zeitungsartikeln warb er für seine Idee, nahm an Ministerkonferenzen teil , fürchtete sich vor einer Zukunft "des kleinen 231 Baden, das überall in die Ecke gedrückt wird". Der Misserfolg von Gotheins Plänen wurzel- te in Bayern, wo man in der Aktion eine Un- freundlichkeit gegenüber einem Land sah, das auf keinen Fußbreit verzichten würde. Auch die Pfälzer selbst wehrten sich nun gegen einen Separatismus vom Reich und somit gegen die französische Gefährdung. So kam es, notiert seine Frau in ihren Erinnerungen. "dass die Gegner in beiden Ländern, deren es natürlich genug gab, so besonders der ganze Beamten- körper in Karlsruhe, der aus nahe liegenden Gründen für sein Fortbestehen besorgt war, die Oberhand behielten. Und so ... als der günstige Moment verpasst war, war man froh, alles beim Alten zu lassen und vor allem auch, Ba- den den Badenern' zu renen". 1921 kandidierte Gqthein nicht mehr für den Landtag. Bei seinen engen Kontakten zur Industrie war er nun als Vermittler in Streitfal- len gefragt, das Auswärtige Amt bat ihn, an der Reform der Diplomatenausbildung mitzu- wirken. Immer wieder auf Dienstreisen, die er, im Zug arbeitend, als "Vergnügungsreisen" de- klarierte, war er aber vor allem den Studenten zugewandt, mit denen er wie eh und je Wan- derungen unternahm, die große Zahl von Pro- motionen begleitete, sich um eine Seminarbi- bliothek kümmerte und dafür Sponsoren ge- wann. 1923 wurde er emeritiert, kurz darauf starb er, siebzigjährig. Sein Leben war nicht nur durch Höhepunkte gekennzeichnet. Er- sehnte Berufungen nach Leipzig und Mün- chen stellten sich nicht ein, in der Universität fühlte sich der Reformer oft vereinsamt, in der kurzen politischen Tätigkeit erreichte er nicht seine Ziele. Dennoch war dieser universale Gelehrte eines vergangenen Jahrhunderrs mit seiner stupenden Gelehrsamkeit, großer Aus- strahlung und ungeheuren Arbeitskraft, der mit leichter Feder auch für Laien schreiben konnte, der mit seiner Beredsamkeit ein Publi- kum mitriss, eine herausragende Gestalt, auch wenn er keine wissenschaftliche "Schule" grün- dete. Der deutsche Südwesten hat ihm arn Anfang des 20. Jahrhunderrs viel zu verdanken. LEONHARD MÜLLER Der Schlacht-und Viehhof an der Durlacher Allee Die Entwicklung des Schlachthofes Karlsruhe geht auf das Jahr 1726 zurück, in dem die in- zwischen auf 2.000 Einwohner angewachsene Bürgerschaft über den Standort des geplanten Rathauses mit Markt, Schlachthaus, Fleisch- und Brotbänken abstimmte. Als Standort wurde der Platz neben der Lutherischen Kir- che ausgewählt wegen der zentralen Lage und der günstigen Grundstückspreise. Außerdem "könnten hinter der Kanzlei keine Metzelbän- ke, viel weniger ein Schlachthaus, wegen dem Gestank und Geschmeiß gebaut werden, wenn anders nicht die Acta darunter Schaden leiden sollen". Verschiedene Schlachthäuser Im Jahre 1729 wurde das Rathaus mit den Fleischbänken und dem Schlachthaus fertig gestellt, einem Gebäude mit zwei Schlachträu- men und einer darüber gelegenen Wohnung für den Aufseher. Einer der Schlachträume 232 war für die Chrisren und einer für die Juden bestimmr. In den Jahren 1773 bis 1777 wur- den jedoch bereits einzelne Häuser auf der Südseite des Landgrabens erbaut, so dass das Schlachthaus bald innerhalb des Wohngebie- tes lag und seinen Nachbarn einen "hässlichen Anblick und zur Sommerzeit einen nachteili- gen Geruch" bor. Daher forderte die mark- gräfliche Rentkammer bereits 1787 einen Neu- bau, der aber erst 1794 am heutigen Ludwigs- platz erstellt wurde. Doch schon im Jahre 1809 folgte ein Erlass, der das Schlachthaus fur baufällig erklärte und einen Abriss notwen- dig machte. Trotzdem wurde aber erst im Jahre 1819 in der heutigen Leopoldstraße ein Neu- bau erstellt, der seine Aufgaben bis in die acht- ziger Jahre des vorletzten Jahrhunderts mehr recht als schlecht erfullte. Das weitere Wachs- tum der Stadt, städtehygienische Gründe und die Einfuhrung des Schlachthausbenutzungs- zwanges für alle Schlachttiere machten 1880 einen weiteren Schlachthausneubau an der Durlacher Allee erforderlich. Am 25. Juni 1883 beschloss der Bürgeraus- schuss dann den Neubau. Die Baupläne ent- warf Stadtbaumeister Wilhe1m Strieder, die im Flur des Veterinäramtes der Stadt Karlsruhe heute noch ausgehängt sind. Der vierte Schlachthof in der Stadtgeschichte wurde im März 1885 begonnen, im Dezember 1886 fand die erste Probeschlachtung statt und am 28. März 1887 wurde der für 874.000 Mark erbaute Schlacht- und Viehhof mit einem fest- lichen Umzug durch die Stadt in Betrieb ge- nommen. Der Grund für die Schlachthofneubauten in Deutschland gerade in dieser Epoche war durch die Erkenntnis begründet, dass auf Grund verschiedener Krankheiten, die damals schon bekannt waren, wie Finnen, Tuberkulo- se und Trichinose eine allgemeine Untersu- chung der Schlachttiere vor und nach dem Schlachten durch Tierärzte gefordert wurde. Entwurf des Stadtbaumeisters W. Snicder für dfc Schlachthausgasrstänc 1890. Eine ewige Baustelle Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es in Ba- den und in anderen süddeutschen Ländern in den meisten Städten mit mehr als 20.000 Ein- wohnern von den Gemeinden erstellte und unterhaltene öffentliche Schlachthäuser. Nur in einzelnen Städten, zum Beispiel in Karlsru- he, durften in den öffentlichen Schlachthäu- sern auch Schweine geschlachtet werden. Die 1887 erbaute Anlage ist trotz des 1972 durch- gefuhrten Neubaus fast unverändert erhalten. Ein erster bedeutender Erweiterungsbau wur- de im Jahre 1927 durch den Bürgerausschuss beschlossen, in dessen Rahmen im Viehhof eine neue Schweinemarkthalle errichtet, das 233 Pförtnerhaus vergrößert, die Laderampen ver- längert und die ehemalige Lymphanstalt in ein Bürohaus für die Viehagenten umgebaut wur- de. Von diesen Erweiterungsbauren ist ledig- lich heure noch das Bürohaus für die Vieh- agenten erhalten, das aber in den neunziger Jahren einer anderen Nutzung zugeführt wur- de. Wegen der ständigen Betriebszunahme, aber auch zur Behebung der Kriegsschäden blieb der Schlacht- und Viehhofbis zum Jah- re 1964 eine ewige Baustelle. Neue Planungen Mehr und mehr machte sich nachteilig bemerk- bar, dass der Schlachthof weder in baulicher noch in technischer Hinsicht den modernen Anforderungen genügte und daher sehr kos- tenintensiv war. So wurde 1969 mit der Pla- nung eines Schlachrhofneubaus begonnen, der am 29. September 1975 abgeschlossen wurde. Diese mittlerweile fast 30 Jahte alte Anlage wird bis heure überwiegend für die Schlach- tung von Schweinen und Rindern genutzt. Wurde im 19. Jahrhundert der Bau von Schlachthöfen als notwendig erachtet, um die Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Fleisch zu versorgen, das vor allem gesundheit- lich unbedenklich war, nahm die Bedeutung der kommunalen Schlachtbetriebe vor allen Dingen in den siebziger und achtziger Jahren vermehrt ab, was zu einer Schließung vieler Betriebe, vor allen Dingen in den neunziger Jahren, führte. Auf und ab beim Schlachtbetrieb Der europäische Binnenmarkt machte es möglich, die Fleischversorgung auch über grö- ßere Entfernungen sicherzustellen, was vor allen Dingen für produktionsschwache Gebie- te, zu denen auch Karlsruhe und das Umland zählt, von Bedeutung war. Diese Überlegun- gen und die zum Teil städtebaulich sehr un- günstige Lage der Schlachtbettiebe überwie- gend in den Ostteilen der Städte hat die Kom- munen dazu veranlasst, die Schlachthofsitua- tion neu zu überdenken. Auch in Karlsruhe werden seit 1990 Überlegungen angestellt, den Schlachtberrieb in der Durlacher Allee zu schließen, da auch die Schlachrzahlen bedingt durch das veränderte Verbraucherverhalten sehr deutlich zurückgingen. Insofern war die An- nahme der Stadrverwaltung, keinen Schlacht- hof vorrätig halten zu müssen, schlüssig. Dies änderte sich allerdings durch zahlteiche Skandale rund um das Urprodukt "Fleisch", die zu einer Änderung des Verbraucherverhal- tens führte. Plötzlich war die anonyme Ware in den Großmärkten nicht mehr angezeigt, sondern man bevorzugte wieder die heimische Schlachtung, und das Begehren, den Schlacht- hof zu erhalten, wurde aus Sicht der Bevölke- rung durchaus größer. Vor allem die begrün- dete AngSt vor der Rinderkrankheit BSE (Bo- vine Spongiforme Enzephalopathie) hat bei der Bevölkerung große Sorge ausgelöst. Dies führte dazu, dass die Selbsrvermarktung, vor allen Dingen von Schlachtvieh, auch in Karls- ruhe vermehrt zunahm. Das Schlachtgesche- hen, in den vergangenen Jahren durch Groß- schlächtereien beherrscht, wurde nun durch die Ptivatzufuhren aus Karlsruhe und dem Umland geprägt. Dies macht wegen der Dis- kussion um die Tiertransporte über längere Strecken durchaus auch einen Sinn, der von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen wurde. Qualitätssicherung war das Schlagwort der neunziger Jahre, die sich allerdings in der Pra- xis nur sehr langsam durchsetzte. Um hier eige- ne Erkenntnisse durchsetzen zu können, wur- de 1991 das Labor der Karlsruher Schlacht- hof-Betriebsgesellschafr mbH gegründet, das neben den bakteriologischen Fleischuntersu- chungen auch den Firmen bei der Installation 234 Ehemalige Schwei ncmark,halle .. heule ~To l lhaus" . von Qualitätssicherungssystemen half. Im Jah- re 2000 wurde das Labor um die Einheit für die Untersuchung auf BSE erweitert. Schließung des musealen Schlachttempels Dioxine in Futtermitteln, Antibiotika im Fleisch, Tierseuchen wie Maul- und Klauen- seuche und BSE haben dann Überlegungen zugelassen, zwar den Schlachthof in der Dur- lacher Allee zu schließen, aber den ortsansäs- sigen Firmen Möglichkeiten zu zeigen, an an- derer Stelle in einem "Ernährungszentrum " weiter zu arbeiten. Es bestehen derzeit Aktivi- täten, diese Pläne zu verwirklichen. Die Schließung des Schlachtbetriebes in der Durlacher Allee ist norwendig, da der si- cher schon als musealer Schlachttempel zu bezeichnende Schlachthof nicht mehr zeitge- mäß arbeiten kann, die Hygienevorgaben der EU nur noch sehr schwer zu erfüllen in der Lage ist und städtebauliche Gründe den Um- zug erforderlich machen. Die Nähe zum Schloss Gottesaue sowie die Planungen der Stadt Karlsruhe, einen Ostaue- park für die Bürger zu gestalten, bedeuten für den Schlachthof Karlsruhe, dass im Jahre 2007 der Schlachtbetrieb eingestellt wird. Da- mit verschwindet einer der ältesten Schlacht- betriebe aus Deutschland, was sicher wehmü- tige Gedanken zulässt. Es ist gelungen, nach Gründung der Karlsruher Schlachthof-Be- triebsgesellschaft mbH im Jahre 1976 den Be- trieb wirtschaftlich in ruhigem Fahrwasser zu führen und bis heute eine ausgeglichene Bilanz vorzulegen. 235 Abschied und Neuanfang Ein Blick von der SchlachthofVerwaltung über die alten Hallen, die heute schon zum Teil kul- turell genurzr werden, lassen Wehmut zu. Nur das Wissen um die Tatsache, dass die Gebäude- struktur erhalten bleibt, und dass Kunst und Kultur ein Weiterleben des Schlachthofes in den alten Hallen möglich machen, versöhnt. Die Umnurzung des Schlachtbetriebes in ein zukünftig überwiegend kulturelles Zentrum begann bereits mit der Umsiedlung des Thea- ters, das "Tollhaus" in die alte Schweinematkt- halle. Auch heute nurzen zahlreiche Musikka- pellen und Künstler bereits die alten Räume. Der Schlachthof an der Durlacher Allee ist ein Stück Stadtgeschichte. Diese wird auch festgehalten durch zwei Disserrationen über die Geschichte des Schlacht- und Viehhofes der Stadt Karlsruhe bis in das Jahr 1988. Die Dissertation von Frau Tierärztin Bieringer schließt, wie lange die Viehhof- und die Schlachthof GmbH der modernen Entwick- lung in der Vermarktung von Schlachtvieh noch trotzen kann. Diese Frage ist nun beant- wortet. DIRKSTEGEN Eisbärenhaltung im Karlsruher Zoo zwischen Tradition und Faszination Die Eisbärenhaltung hat in unserem nun fast 140 Jahre alten Zoo eine lange Tradition. Ver- einzelt findet man diese Tietaet schon in Tier- bestandslisten aus der ersten Hälfte des lerzten Jahrhunderts. Zuchterfolge bei in Zoos gehal- tenen Eisbären waren jedoch weltweit eine Rarität und für Tiergartenbiologen eine echte Herausforderung. So lag es nahe, dass im Zuge des Wiederaufbaus der im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten Zooanlagen die Präsen- tation dieser Tierart auf den Plan kam. Im Rahmen der Planungen für die Bundesgarten- schau 1967 entstand an der Nordseite des Lauterbergs eine nach damaligen Erkenntnis- sen großzügige Eisbärenanlage, die mit elf Jungbären als weltweit größte Eisbärenhaltung galt. Zu Beginn der siebziger Jahre stellte sich der ersehnte erste Nachwuchs ein, und die Karlsruher Zoo besucher gewöhnten sich mit Hilfe des Stammvaters "Willi", dem legendä- ren Eisbären aus dem Berliner Zoo, an den rc- gelmäßigen Nachwuchs. International erlang- te der Karlsruher Zoo durch diese über Jahr- zehnte andauernde erfolgreiche, aber immer noch seltene Zucht einen hervorragenden Ruf in der Eisbärenhaltung. Im Freiland leben Eis- bären während der Sommermonate in den arkrischen Küstenregionen und sind dabei überwiegend auf pflanzliche Nahrung ange- wiesen. Erst wenn Eis das Meer bedeckt, durchwandern sie auf der Suche nach Robben - ihren Hauptbeutetieren -, riesige Territorien, wobei sie hier einzeln oder als Kleinfamilie, bestehend aus Mutter mit Jungtieren, anzu- treffen sind. Besiedlung und Nutzung ihres Lehensraumes durch den Menschen einerseits, aber auch klimatisch bedingte Veränderungen, die mit der Schmelzung der Polkappen einher- gehen, haben zu einem dramatischen Rück- gang des weltweiten Bestandes geführt und Eisbären zu einer bedrohten Tieean werden lassen. 236 Die Entwicklung zoologischer Gärten von der Präsentation möglichst vieler exotischer Tierarten hin zu einem modernen Natur- schutzzentrum mit dem vorrangigen Ziel, dem Besucher Zusammenhänge zwischen Ökosystemen und Artenvielfalt zu vermitteln. führt zu einer neuen Tierpräsentation. die na- turnahe Gestaltung von Tiergehegen unver- ziehtbar macht. Bereits 1990 wurden erste Überlegungen angestellt. die alte Eisbärenan- lage in ein Gesamtprojekt Lebensraum Wasser zu integrieren. denn das reine Betongehege aus den sechziger Jahren enrsprach nicht mehr den zoologischen Anforderungen an eine tierge- rechte Haltung. Untersuchungen hatten erge- ben. dass Eisbären Areale mit natürlichem Karlsruhcr Eisbärenanlage. Boden und vielfältige Rückzugsbereiche benö- tigen. Für die Aufzucht und Entwicklung von Jungtieren sind Wasserbecken unterschiedli- cher Tiefenzonen erforderlich. die sowohl Schwimmen. Spielen als auch Tauchen ermög- lichen. Für die Präsentation des arttypischen Verhaltensspektrums dieser faszinierenden Großsäuger erwies sich das veraltete Eisbären- gehege. das lediglich den Blick von oben auf die Tiere in der Versenkung zuließ. für den Besucher als völlig ungeeignet. Erst der Ein- blick in die Unterwasserzone bietet dem Be- trachter Möglichkeiten. die Geschicklichkeit und Eleganz der an Land eher tapsig wirken- den Tiere zu erleben. Die Neugestalrung der Tiergehege am Fuße des nördlichen Lauterbergs zum "Le- bensraum Wasser" begann Anfang 1999 mit der Anlage für Eisbären. Für die Dauer der Bauzeit wurde die fünfköpfige Karlsruher Eis- bärengruppe im Tiergarten Nürnberg unterge- bracht. Für die Aufrechterhaltung des Zoobe- triebs in Verbindung mit der Groß baustelle mitten im Zoologischen Garten war hier be- sonderes Einfühlungsvermögen aller Projekt- beteiligten erforderlich und die reibungslose Abwicklung nur in enger Kooperation mit dem Städtischem Hochbauamt und dem Pla- nungsbüro • .Assem Architekten" einetseits so- wie dem Zoo als Fachberater und -planer andererseits zu gewährleisten. Beschreibung der Anlage Eisbären sind für die Jagd auf Ringel- und Bartrobben perfekt an den Lebensraum Was- ser angepasst. Somit zieht sich das Wasser als Kernelement durch die neue. insgesamt 1.800 Quadratmeter große Außenanlage. deren To- pografie gegenüber der ehemaligen Betontief- anlage völlig neu gestaltet wutde. Eine eis- schollenähnliche Stufenlandschaft. die an die Packeiszone erinnert, ist umgeben von Wasser- kaskaden und -becken mit unterschierllicher Tiefe. In diesem Areal bieten sich so den Tie- ren vielfältige Bewegungsmöglichkeiten. Etwa ein Drittel der Gesamtfläche nimmt die gegen 237 den Lauterberg auslaufende, fast ebene Tun- drafläche mit einem niedrigen Pflanzen be- wuchs, kleinen Felseninseln, Wurzelstöcken und Kiefernstämmen ein. Den Tieren stehen hier unterschiedliche Bodenmaterialien wie Geröll und Schotterwiese zur Verfügung, die zum Graben oder auch als individuelle Ruhe- plätze genutzt werden können. Einen beson- deren Reiz haben die großzügigen Sandareale für Jungtiere. Unterschiedliche Höhenregio- neo bieten den Bären einerseits Sichtschutz vor Artgenossen, andererseits aber auch durch ihre exponierte Lage am Hang einen guten Überblick über das umliegende Gelände. Bei Bedarf kann ein Teil der Außenanlage als ein voll funktionsfähiges Einzelgehege ab- getrennt werden und dient so beispielsweise zur vorübergehenden separaten Haltung von neu zugegangenen Tieren. An das Großgehe- ge anschließend und nur durch einen Lauf- gang verbunden, erstreckt sich das Mutter- und-Kind-Gehege, das - ausgestattet mit Flachwasserzonen - besonders für Eisbären- mütter mit Nachwuchs, geeignet ist und eine tiergerechte Haltung auch über einen längeren Zeitraum gewährleistet. Unter der Freilandzo- ne sind die großzügigen Innenboxen gelegen. Durch die isolierende Überdeckung mit Na- turboden bieten sie im Sommer kühle Rück- zugsbereiche können aber im Winter zu Ein- zeIgehegen, die den tragenden Weibchen als Wurfböhlen dienen, abgeschottet werden. Die neue Eisbärenanlage bietet nicht nur seinen Bewohnern verhaltensgerechte Lebens- bedingungen, sondern auch unseren Besu- chern besondere Attraktionen. Zwei große kreisrunde Unrerwasserfenster gestatten den Einblick ins Tauchbecken. Hier können Eisbä- ren beim Schwimmen beobachtet werden. Die ausgeklügelte umwelt- als auch tierfreundliche Wassertechnik sorgt für klare Sicht und eine gute Wasserqualirät. Die Wegeführung mit ihren ständig wechselnden Perspektiven und Einsichten macht die Betrachtung der Eisbä- ren - manchmal fast hautnah - durch fast funf Zentimeter dicke Glastrennwände zum Erleb- nis. Die Sitzarena mit tonnenschweren Srcio- quadern im oberen Besucherbereich lädt zum Verweilen und längerer Beobachtung der Tiere ein. Umgeben von der Tundralandschaft mit ihrer Pflanzenvielfalt aus den arktischen Regi- onen, gewinnt der Besucher angesichts des meterhohen im Sonnenlicht bläulich glänzen- den Eisbergs im Zentrum der Anlage und den von Eis und Schnee ausgewaschenen, zerklüf- teten Felsformationen einen realistischen Ein- druck eines typischen Eisbärenhabitats im ark- tischen Randbereich. 238 Zum Tierbestand Im März 2000 schien nach dem Tod der Karlsruher Eisbärenzuchrgruppe im Tiergar- ren Nürnberg alle Mühe umsonst gewesen zu sein. Unbekannte hatten dort das Gehege der Eisbären geöffnet. Alle Karlsruher TIere waren ins Zooareal entkommen und mussten, um Menschenleben nicht zu gefahrden, aus Si- cherheitsgründen getötet werden. Die welt- weite Suche nach Eisbären für einen Neube- ginn blieb zunächst erfolglos, da im Winter 1999 in der Zoowelt kaum Jungtiere nachge- rogen worden waren. Hilfe kam aus dem Rot- terdamer Zoo. Das Eisbärengehege dort war sehr klein und veraltet. Es lag daher nahe, die beiden alten Eisbärinnen "Mien" und "Katri- en" in das Karlsruher Gehege umzusiedeln. So konnte im Oktober 2000 zur Freude der Karlsruher die neue Anlage doch noch mit Eisbären eingeweiht werden. Zug um Zug er- oberten die bei den Eisbärenweibchen das für sie völlig neue Ambiente und fühlten sich sichtlich wohl. Ein Jahr später kamen aus den Zoologischen Gärten Moskau, Rostock und Wien die drei jungen Bären "Kap", "Virus" und "Nika" nach Karlsruhe. Seitdem kennt die Faszination unserer Besucher über die Aus- gelassenheit und Spielfreude der Halbstarken- bande fast keine Grenzen. Mit ihr beginnt die neue Eisbärengeneration. Eisbärenhaltung und Tierschutz Schon lange rekrutieren sich im Zoo gehalre- ne Tiere aus Nachzuchten der Zoogemein- schaft, so auch Eisbären. Trotz allem stellt sich die Frage, ob diese anspruchsvolle und intelli- gente Art unter Zoobedingungen tiergemäß gehalten werden kann. Beobachtungen bei unserer ehemaligen Zuchtgruppe zeigten bis ins hohe Alter verspielte und aktive Bären, die miteinander harmonienen. Auch wenn wir mit der neuen Anlage einen weiteren Schritt in der tiergerechten Eisbärenhaltung vorange- kommen sind, gilt es nun, durch vergleichen- de Studien in verschiedenen Eisbärenhaltun- gen Zoologischer Gärten dies wissenschaftlich abzusichern. Mit den vielen Spenden der Karlsruher Bevölkerung für unsere Eisbären werden diese Studien im Sinne des TIerschut- zes ermöglicht. GISELA VON HEGEL Das allmähliche Verschwinden eines "Dinosauriers" Aus der kurzen Geschichte des Karlsruher Panoramas am alten Hauptbahnhof Manchmal kann sich auch ein Kunsthistoriker wie ein Paläobiologe fühlen und nach Spuren einer riesenhaften, längst ausgestorbenen Spe- zies suchen. Wer weiß schon noch, dass es einstmals gewaltige, mehr als hundert Meter lange und über zehn Meter hohe Gemälde gab, die in speziell dafür konstruierten Bauten präsentiert wurden? Obwohl die Blüte dieser Kunstform kaum mehr als hundert Jahre zu- rückliegt, ist sie so gründlich in Vergessenheit geraten, dass es große Mühe macht, Näheres über ihre einzelnen Vertreter zu erfahren. Auch über das Karlsruher Beispiel ist nur noch weniges zu ermitteln. Informationen von bes- 239 ser dokumentierten Fällen müssen zu Rate gezogen werden, um zu einem halbwegs an- schaulichen Bild zu gelangen. Das frühe Kaiserreich als Blütezeit der deutschen Panorama-Malerei In der Kunstgeschichte ist es selten, dass ein Maler etwas erfindet - und sich dies patentie- ren lässt. Am 17. Juni 1787 gab es einen sol- chen Fall, als Robert Barker in London den Plan einer ersten vollständigen, auf Leinwand gemalten 360-Grad-Rundumsicht präsentier- te, die in einem eigens dafür konstruierten Gebäude gezeigt werden sollte. Die Experi- mentierphase war 1793 abgeschlossen, als Barker am Landoner Leicester Square eine große, doppelstöckige Rotunde erbauen ließ. Darin wurde zum einen eine Art Luftbild von London gezeigt und zum anderen eine An- sicht der russischen Kriegsflotte, die vor Spi- thead ankerte. Schnell bürgerte sich für Ge- mälde wie Gebäude das griechische Kunstwort "Panorama" ein. Barker war mit seiner Unternehmung öko- nomisch so erfolgreich, dass sich sein Modell bald auch auf dem Kontinent verbreitete. Jah- re- und jahrzehntelang wurden Panoramen vor allem von fremden Landschaften und Städten, zunehmend aber auch von verschie- denen Kriegen in allen möglichen Größen gemalt und bewundert. Trotzdem wäre Barkers Erfindung nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wohl allmäh- lich in Vergessenheit geraten, wenn es nicht zu zwei entscheidenden Veränderungen gekom- men wäre. Zum einen entdeckte man die be- sondere Publikumswirksamkeit von heroi- schen Schlachten gemälden mit Themen der jüngsten Vergangenheit - der Deursch-Fran- zösische Krieg von 1870/71 lieferte da auf einmal Beispiele in Hülle und Fülle; und zum anderen zeigten sich die Einsparpotcnziale von genormten Bildformaten. Fortan wurden die Rotunden so gebaut, dass die Gemälde zwi- schen ihnen ausgetauscht werden konnten, wenn ihre Anziehungskraft auf die Besucher nachließ. Der Standardbau hatte danach einen Durchmesser von 40 Metern und war 15 Meter hoch. Den Startschuss für die zweite, die eigent- liche Blüte der Panoramamalerei in Deutsch- land bildete der große Erfolg des am 1. Sep- tember 1880 in Frankfurt am Main eröffneten Panoramas, für das Louis Braun eine Ansicht des damals am meisten gefeierten deutschen Sieges gemalt hatte - in der Schlacht bei Sedan am I. September 1870, wo unter anderem auch der französische Kaiser Napoleon IIl. in Gefangenschaft geraten war. Danach brach eine regelrechte "Panorama-Manie" aus, wie sich Anron von Werner gegen Ende seines Lebens erinnerte, der Vorzeigemaler des Kai- serreichs, der dann auch bald das Verzeigepa- norama für die Reichshauptstadt zu malen hatte - ebenfalls ein Sedan-Panorama, das 1883 in Anwesenheit des Kaisers, Bismarcks und anderer Prominenz eröffnet wurde. Wer- ner war generalstabs mäßig zu Werke gegan- gen, hatte mit zwei Kollegen die Landschaft vor Ort erkundet, hatte Zeugen befragt und die Geschehnisse minuti- ös rekonstruiert, um dann mit einem Team von 14 Mitarbeitern die Arbeit aufzunehmen. Eine Million Goldmark verschlang das Projekt alles in allem, Werner allein erhielt 100.000 Mark. Jede deutsche Großstadt wollte danach auch ihr Panorama besitzen, und die größten von ihnen natürlich mehrere: Hamburg und München besaßen zwei, Berlin am Ende sogar fünf. Das Panoramawesen erwies sich als ein boomender Wirtschaftszweig, dem zuneh- mend auch künstlerische Bedeutung zuge- schrieben wurde. In der von einem Großkriti- ker der damaligen Zeit herausgegebenen, weit 240 verbreiteten Zeitschrift "Die Kunst für Alle" war im Juni 1890 in einem Artikel über "die neueste Entwicklung der deutschen Panora- menmalerei U zu lesen, dass dem Panorama "noch eine große Zukunft beschieden sein werde". Vielleicht wurde dies auch in Karlsru- he gelesen. einer Stadt. die bis dahin noch über kein eigenes Panorama verfügte. Das Karlsruher Panorama und seine Gemälde Wer in Karlsruhe die Initiative ergriff, muss genauso unbeantwortet bleiben wie die Frage nach den Geldgebern für das Projekt. Wahr- scheinlich waren es wie in den meisten anderen Fällen auch belgisehe Finanziers. die sich zu großen, international operierenden Panorama· gesellschaften zusammengeschlossen hatten. Am 31. Oktober 1894 war es dann jeden- falls in Karlsruhe so weit. wurde die Stadt durch ein eigenes Panorama "ohne Zweifel um eine Sehenswürdigkeit bereichcrc'\ wie die "Karlsruher Zeitung" am nächsten Tag berich- tete. Und sie fuhr fort: .,Auf einem seiner Zeit von der Stadtgemeinde unentgeltl ich zur Ver- fügung gestellten Platze an der Ettlinger Stra- ße hat Herr Baumeister K. Augenstein den stattlichen Rundbau errichtet". in dem als Erstes eine speziell für Karlsruhe gemalte Dar- stellung des Gefechts bei Nuits am 18. De- zember 1870 präsentiert wurde. Prinz Wil- helm von Baden hatte damals eine badische Grenadierbrigade zum Sieg geführt. Als leitender Maler war der 1862 geborene Militärspezialist earl Becker gewonnen wor- den. Unterstützt wurde er von den beiden Landschaftsmalern Karl Kehr und Friedrich Kallmorgen. Wie in allen anderen Panoramen auch. waren in ihrem Werk das Streben nach überwältigender Illusion. glanzvoller Effekt und pädagogischer Anspruch - der "Hebung der vaterländischen Gesinnung". wie es der Panoramagebäud~ an der KJosesrraße. Rezensent der "Karlsruher Zeitung" formu- lierte, unauflöslich miteinander verwoben. Ei- ner Zeit. der noch nicht die Möglichkeiten von Film und Fernsehen zur Verfügung stan- den. wurde der "volle Überblick über das weite Gefechtsfeld und über den Stand des Kamp- fes" in kaum mehr zu überbietender Realistik geboten. Leider hat sich dazu auch nicht das geringste Anschauungsmaterial erhalten. Von Werners Sedan-Panorama gibt es wenigstens noch eine Foroserie. Zu sehen war Beckers Werk täglich "von Morgens 8 1/2 Uhr bis zu eintretender Dun- kelheit". wie den Anzeigen in der Tagespresse zu entnehmen ist. Leider fehlt ihnen die An- gabe über die Höhe des Eintrittspreises. Es ist allerdings anzunehmen. dass sie nicht weit von denen andernorts abwichen. In Frankfurt etwa kostete die normale Karte eine Mark. Soldaten und Kinder zahlten die Hälfte und an Sonn- und Feiertagen gab es noch einmal "halbe Preiseu. Die Eröffnung des Karlsruher Panoramas und sein erstes Rundgemälde waren nicht nur in der lokalen Presse, sondern auch in der weit verbreiteten Zeitschrift "Die Kunst für Alle" gewürdigt worden. So viel Publizität gab es danach nie mehr. Als 1897 im Rahmen der "Festlichkeiten zur Säkularfeier des Geburtsta- ges weiland Seiner Majestät Kaiser Wilhelms des Großen" am 21. März ein neues Schlach- 241 tenbild präsentiert wurde, war dies nur noch der lokalen "Karlsruher Zeitung" einen länge- ren Artikel wert. Es handelte sich ja auch um kein neues Werk, sondern um die Weiterver- wendung eines schon 1895 entstandenen und zuerst in München gezeigten Gemäldes. Mi- chael Zeno Diemer hatte es unter Mitwirkung von drei anderen Malern geschaffen und darin die Schlacht bei Orleans am 4. Dezember 1870 gestaltet. Als im Februar 1899 in Karlsruhe ein wei- teres neues Panorama ausgestellt wurde, fand dies selbst in der lokalen Presse kaum noch Niederschlag. Nur der Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe für das Jahr 1899 "ist überhaupt zu entnehmen, dass es damals zu einem Wechsel kam. Fast dreißig Jahre nach dem Deutsch-Französischen Krieg hatte man sich auch in Karlsruhe entschlossen, den The- menkreis behutsam zu erweitern: Wieder wur- de zwar ein Schlachten bild entrollt, diesmal aber war es einem weit zurückliegenden The- ma gewidmet, der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632, bei welcher der Schweden- könig Gustav Adolf den Tod gefunden hatte. Der 1836 geborene Routinier Louis Braun hatte das Thema bereits 1883 zum ersten Mal gestaltet; 1893 schuf er eine Wiederholung, die zuerst in Nürnberg, dann in Frankfurt und schließlich in Karlsruhe gezeigt wurde. Das Publikumsinteresse an den Panorama- darsteIlungen scheint immer schneller erlahmt zu sein, die Präsentationszeiten wurden immer kürzer. Bereits Ende des Jahres 1900 musste mit einem neuen Rundbild aufgewartet wer- den. Und erstmals gab es keine Schlachtendar- steIlung: Der Marinemaler Hans Petersen, der über Louis Braun zur Panoramistenlaufbahn gefunden hatte. wartete mit einer Ansicht des Hamburger Hafens auf. Ob man der Zugkräf- tigkeit des Themas nicht ganz traute, muss offen bleiben; jedenfalls wurde im Panorama- gebäude auch gleich noch ein TIefseeaquarium aufgestellt. Der Erfolg scheint nicht allzu groß gewesen zu sein, denn schon ein J ahc später, 1901, wurde mit dem nächsten, dem fünften Riesenrundbild aufgewartet. 1885 hatte der Münchner Maler Bruno Piglhein sich an eine monumentale Kreuzigung Christi gewagt und hatte damit großes Aufsehen erregt. Die Nach- frage nach diesem Werk, das zu guter Letzt auch noch 1892 in Wien verbrannte, war so groß, dass sich Piglheins ursprüngliche Mitar- beiter Karl Hubert Frosch und Josef Krieger bald selbstständig machten und mehrere eige- ne Versionen des Themas schufen. Eine davon fand auch den Weg nach Karlsruhe. Mit einem knappen Hinweis auf diese Prä- sentation verschwindet das Karlsruher Panora- ma nicht nur aus der publizierten "Chronik'\ sondern aus der ganzen Geschichte der Stadt Karlsruhe. Auf einer Karteikarte des Stadtar- chivs findet sich nur noch der handschriftliche Vermerk, dass das Panoramagebäude 1906 abgerissen worden sei. Das Kino als neue Unterhaltungs-Alternative Schon zeitgenössisch war auf das zentrale Pro- blem der Panoramaform, dem "Gegensatz zwischen der weitestgehenden Naturnachah- mung auf der einen, der thatsächlichen Bewe- gungslosigkeit und Totenstille auf der andern Seite" hingewiesen worden. Seltsamerweise wurden die in den Vereinigten Staaten und auch in England so erfolgreichen Varianten der "Moving Panoramas", bei denen bis zu mehrere hundert Meter lange Leinwandbän- der am Publikum vorbeigezogen wurden, um so beispielsweise eine Mississippifahrt zu si- mulieren, in Deutschland kaum übernom- men. Auch das so genannte "Kaiserpanorarna" vermochte sich nicht so recht durchzusetzen. Keinesfalls mit einem gemalten Großpanora- ma zu verwechseln, ähnelte die 1880 erstmals 242 Schni tt durch ei n Panorama: A. Eingang und Kasse, B. Verdunkelrer Gang, C. Berrachterplanform, D. Sehwinkel des Be· trachten. E. Rundleinwand, F. Plastisch gestalteter Vordergrund. G. In trompe l'oeil gemalte Gegenstände auf der Leinwand. präsentierte Erfindung eher einer Art Diashow mit Landschafuaufnahmen. In Karlsruhe wur- de im November 1894 eine Serie über St. Pe- tersburg gezeigt. Der Eintrittspreis betrug 30 Pfennig pro Person, für Kinder 20 Pfennig. Einen durchschlagenden Erfolg erzielte dagegen eine ganz andere Alternative: die be- wegte Bilderfolge des Films. Für kurze Zeit überschnitten sich die Enrwicklungslinien. Wann die allerersten Filmbilder in Karlsruhe zu sehen waren, ist schwer zu sagen. Gerhard Bechtold behauptet in seiner Geschichte des Karlsruher Kinos, dass sie Anfang September 1900 als Höhepunkt eines neuen Varietepro- gramms über eine Leinwand im Varietemeater "Colosseum" in der Waldsttaße geflimmert wären. Auf dem Programm, wie es in der "Karlsruher Zeitung" veröffentlicht wurde, standen damals "Original aufnahmen der Pari- ser Weltausstellung, unsere Flotte etc. etc." und "Lokalaufnahmen von Karlsruhe: Markt- platz, Bahnhof'. Allerdings waren auch schon ein Jahr zuvor, am 12. September 1899 .. ,kine- mamographische Marine- und andere Bilder- des Herrn Meßter "vorgeführt worden. Auf jeden Fall handelte es sich in beiden Fällen um punktuelle Aufführungen, um Gastspiele reisender Unternehmen. Dies setzte sich fort bis 1907, als im Okrober "The Oce- anic Vio Company" mit Aufnahmen aus dem Leben überseeischer Völker auftrat und kurz darauf der "Weltkinematograph" mit "singen- den, sprechenden und musizierenden Phoro- graphien". Am 15. Dezember 1908 wurde dann das etste ortsfeste Kino in Karlsruhe eröff- net, das Residenztheater in der Waldsrraße 30. Das gemalte Panorama war damit Vergan- genheit. Der Panoramaleinwand aber sollte die Zukunft gehören. Vom einen führte - technisch betrachtet - kein Weg zum anderen. Und doch darf das Gemeinsame, das Zu- kunfrweisende nicht übersehen werden: das neue, der Realität verpflichtete und gleichzei- tig doch auch unterhaltungs betonte Sehen, das nicht mehr nur den einen oder anderen begeisterte, sondern immer breitere Massen beschäftigte. KONRAD DUSSEL 243 10 Jahre Stadtbibliothek im Neuen Ständehaus Hm Menschen und Medien Die Menschen Zunächst mal muss man es finden, um dann zu begreifen, was hier los ist. Unzählige Menschen, neben Radfahrern vor allem Autofahrer und Parkplatzsuchende aus Karlsruhe und Umgebung, sind im Laufe der zehn Jahre am Ständehaus vorbeigefah- ren, ohne es zu ahnen. Auch viele Passanten brauchten noch eine Orientierungshilfe, um das Gebäude erwas abseits der Kaiserstraße zu entdecken. Bis heute ist eine kurze Erklärung hilfreich: "Sie wissen doch, da ist der Karstadt, Halte- stelle Herrenstraße ... Sie müssen aber die Rit- terstraße rein gehen. Rechts liegt das Neue Ständehaus und darin ist die Stadtbibliothek ... Wenn man beim Vorbeilaufen durch die Schaufenster guckt, sieht man dort Leute sit- zen, Zeitung lesen ... Ach so, Sie kommen mit dem Auto. Ja, dann haben Sie das Gebäude si- cherlich schon gesehen. Nämlich immer dann, wenn Sie das Parkhaus von Karstadt benutzen wollen. Da kann es ja manchmal einen Stau geben. Wenn Sie die Häuserfront links von sich betrachen, dann fällt Ihnen ein Gebäude mit einem sehr markanten Rundbau an der Ecke auf. Diese runde Ecke heißt Rotunde ... ja, die Fenster erinnern an Bullaugen. Die Ro- tunde ist das Wahrzeichen des Ständehauses. Das erste Ständehaus besaß auch so eine Ro- tunde; die Erbauer erhielten dafür viel Aner- kennung. Karlsruhe war damals in jeder Hin- sicht stolz auf dieses architektonisch herausra- gende und politisch fortschrittliche Gebäude. Vom Friedrichsplatz aus kann man das beson- ders gur sehen ... da gibt es übrigens auch eine Tiefgarage. " Ob mit oder ohne Wegbeschreibung, Zehntausende haben inzwischen den Weg zum Neuen Ständehaus gefunden. Die meisten Besucher sind jedoch übet- rascht, wenn sie das erste Mal die Bibliothek betreten. Es ist nicht nur die Innenarchitektur des Hauses, wie erwa stellenweise die Glasbö- den, denen vorsichtige Besucher mit Misstrau- en begegnen, es sind die Menschen und die große Zahl an Medien, die viele überrascht. Fast 1.300 Personen besuchen täglich die Zen- trale der Stadtbibliothek, Tendenz steigend. Die Bibliothek zählt damit zwar nicht so vie- le Kunden wie das Kaufhaus nebenan, doch sie gehärt mit 330.000 Besuchern im Jahr (640.000 Besucher in den neun Häusern det Stadtbibliothek insgesamt) zu den meistbe- suchten Kultureinrichtungen in Karlsruhe. Bezogen auf das Alter ihrer Mitglieder und Gäste ist sie darüber hinaus ein relativ junger Treffpunkt auf Kulturebene, sind doch die Menschen, die hierherkommen, zu zwei Drit- teln unter 40 Jahre. Dies gilt auch für die an- deren Einrichtungen der Stadtbibliotlaek. Das Gesamtsystem Stadtbibliothek Karlsruhe be- steht nämlich aus der Zentrale im Ständehaus, der Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais, den Stadtteilbibliotheken in Neureut, Dur- lach, Mühlburg, Grätzingen und der Wald- stadt, sowie dem Medien-Bus und der Ameti- kanischen Bibliothek. Der BegriffStadtbibliothek wird üblicher- weise doppelt verwandt und meint enrweder das Gesamtsystem oder die Zentrale dieses Systems, nämlich die Stadtbibliothek im Neu- en Ständehaus. 244 Sladlbibliolhek im ehemaligen Sländeh3us. Die Medien -lesen, wissen, hören, sehen Die Interessen, die dem Bibliotheksbesuch zu Grunde liegen, sind vielfältig und häufig stark alltagsorientiert. Da sucht jemand einen Rat- geber für die Altersvorsorge, ein anderer Hilfe bei Legasthenie, ein Dritter will wissen, wie seine Träume zu deuten sind und ein weiterer will sich informieren, was er bei seiner Partner- suche erfolgreich anders machen muss. Die ge- samte Ratgeberliteratur zu den Themen Psy- chologie, Pädagogik, Gesundheit und Sport, Kochen, Gartengestaltung, PC-Hilfe usw. ver- zeichnet stets eine große Nachfrage. Alle Bü- cher zu den genannten Themen sind im ersten Obergeschoss der Stadtbibliothek zusammen- gestellt und dort zu finden. Hier befindet sich die gesamte Sachliteratur, die Wissen erwerb- bar macht und so zum persönlichen und be- ruflichen Weiterkommen verhilft. Für die Unterhaltung gehen die Besucher einen Stock höher in die zweite Etage, hier ist zum einen die obere Rotunde mit Videos und DVDs, zum andern der Bereich der Musik- CDs zu finden. Den größten Raum auf die- sem Stockwerk nehmen jedoch die Romane, Krimis und phantastischen Erzählungen ein, das heißt alle schöne Literatur von Bestsellern bis zu klassischen Werken. Da man einen im wahrsten Sinne des Wor- tes mitreißenden Roman gerne mit in Urlaub CompulerbibliOlhek in der Rotunde. 245 nimmt, passt es gut, dass sich neben dem Un- terhaltungsbereich die "Länderbrücke" befin- det, ein auf zwei Seiten verglaster Raum, der Reiseführer zu allen Ländern der Erde, Bild- bände, Wanderkarten, Stadtpläne - kurzum alles für Urlaub und zur Geographie enthält. Sinnvollerweise befindet sich die Interna- tionale Abteilung 'ebenfalls auf der zweiten Etage. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Er- lernen von Sprachen, wobei von Last-Minute- Sprachkursen bis zu mehrstufigen, differen- ziert aufgebauten Kursen viele Varianten des Spracherwerbs geboten werden. Die Lernin- halte stehen auf Kassette, CD oder CD-ROM zur Verfügung und beziehen sich auf 25 Spra- chen. Nicht minder wichtig ist die große Zahl an Deutschkursen für Ausländer, die hier ge- nauso zum Ausleihen bereitstehen und die von Studenten und Neubürgern aus der ganzen Welt lebhaft genutzt werden. Tradition und "Revolution" Gerade in diesen zehn Jahren seit dem Bezug des Neuen Ständehauses fanden auf dem In- formations- und Mediensektot gewaltige Ver- änderungen statt. Bei der Etöffnung im August 1993 hatte noch keinet der Festredner und -gäste die ge- ringste Ahnung davon, mir welch tasender Geschwindigkeit sich wenige Jahre später die "Neuen Medien", CD-ROM und vor allem Internet, im alltäglichen Gebrauch durchsetzen wütden. Damals wat man noch stolz, dass auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses erstmals Videos und Musik-CDs als sinnvolle Ergän- zung zu den gedruckten Medien in das Bibli- otheksangebot aufgenommen wurden. Die Nachfrage der Karlsruher Bürgerinnen und Bürger war entsprechend groß. Doch dies war erst der Anfang. Es vergingen keine drei Jahre, als auch in Karlsruhe gewissermaßen das Multimedia-Zeitalter anbrach; das Interesse an Lernsoftware und Lexika auf CD-ROM wur- de durch die Bibliotheksbesuchet immer deut- licher geäußert. Im Jahr 1997 kamen deswe- gen die ersten CD-ROMs als vielseitige Infor- mationsträger mit in die Bücherregale, ein Jahr später wurden zwei öffentliche Internetplätze für die Kunden des Ständehauses eingerichtet. Als schließlich die DVD mit ihrer hervorra- genden Bildqualität und mehreren Sprach- wahlmöglichkeiten auf den Markt kam, wur- den auch DVDs wegen enormer Kunden- nachfrage mit in die Regale gestellt. Doch nicht nur die Dinge, die neu auf den Markt kamen, erlebten einen ungeahnten Boom. Es war ein altbekanntes Medium, das in jüngster Zeit wiederentdeckt und zum absolu- ten Ausleihhit wurde: die bekannte, sehr tradi- tionsreiche Art der Literaturrezeption in Form des Hörspiels, das heute als Literaturkassette bzw. -CD erhältlich ist. Bei allet Diskussion um nachlassendes Leseinteresse muss festgehal- ten werden, dass die Lust an Sprache noch weit verbreitet bleibt. So zeigen die Bibliotheksbe- sucher nach wie vor ein starkes Interesse an schöner Literatur, doch etliche lassen sich ger- ne auch "vorlesen". Zum einen - und das war schon immer so - sind es ältere Menschen und Menschen mit eingeschränktem Sehvermö- gen, die sich damit gerne unterhalten lassen, es sind aber auch Autofahrer bei längeren Faht- ten, Leute, die neben einer eintönigen Arbeit zuhören, Menschen auf Reisen oder zu Hause. Das Interesse arn Hörbuch geht durch alle Al- tersstufen und Berufe und so ist es teils erfreu- lich, teils bedauerlich, dass viele Literatur-CDs kaum länger als eine Stunde im Regal liegen, da sie sofort von beglückten Bibliotheksmit- gliedern nach Hause entliehen werden. Eines blieb unverändert: das Buch war und ist das Leitmedium. Der Gesamtbestand der Stadtbibliothek beträgt 122.000 Medienein- heiten, davon sind immer noch mehr als 90 Prozent Bücher (Il1.500). 246 Die elektronische Vemetzung Die Kombination von traditionellen und zeit- gemäßen Informationsangeboten brachte es mit sich, dass die Bibliothek im vergangenen Jahr umgeräumt werden musste. Neue Medien und Internet waren im ursprünglichen Raum- konzept nicht vorgesehen, freie Flächen gab es nicht. Unter der Berücksichtigung der jetzt zu schaffenden internationalen Abteilung für Sprachen sowie eines Raumes, der sechs Inter- netplätze und zwei Textverarbeitungs-PCs ent- halten sollte, musste für die erst neun Jahre junge Regalaufstellung des Hauses eine neue Konzeption gefunden werden. Als Ergebnis entstanden die oben beschriebenen Buch- und Medienbereiche sowie die Computerbibliothek in der Rotunde im ersten Stock. Hier kommt die räumliche Wirkung der Rotunde beson- ders gut zur Geltung, denn - entsprechend sei- ner Grundfläche - wird der Raum dominiert von einem runden Tisch, der als Internet-Ar- beitsplatz genutzt wird. Wie alle Angebote der Stadtbibliothek stehen sie allen Besucherinnen und Besuchern zur Verfügung. Dass die EDV erst im Jahr 1995 Einzug hielt in die Stadtbibliothek, ist heute schon fast vergessen, denn so selbstverständlich ist der damit verbesserte Kundenservice geworden. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten, nach einer langwierigen elektronischen Nacherfas- sung, alle noch vorhandenen Zettelkataloge durch online-Kataloge, die "OPACs", ersetzt werden. Im gleichen Zusammenhang wurde an der Ausleihtheke das manuelle Ticketver- fahren durch eine Bibliothekssofrware abge- löst, die es ermöglichte, alle Ausleihvorgänge über Computerterminals zügig zu steuern. Die Zahlen Mit den neuen Bibliotheksräumen karnen 1993 mehr Bürgerinnen und Bürger in die Bi- bliothek als in den Jahren davor. Entsprechend viele Medien wurden entliehen, sodass das Er- öffnungsjahr auch die höchsten Ausleihzahlen seit langer Zeit mit sich brachte. Der AufWärts- trend wurde zwar 1994 gebremst als Jahresge- bühren für die Entleihung, die bis dahin kos- tenlos war, bezahlt werden mussten, doch nach zwei Jahren der Zurückhaltung stieg die Auslei- he wieder kontinuierlich. Mit fast 600.000 Ausleihen im Ständehaus und 1,45 Millionen Medienausleihen insgesamt in allen neun Ein- richtungen der Stadtbibliothek wurde das Jahr 2002 zum absoluten Rekordjahr. Im Vergleich zu den Ergebnissen zehn Jahre davor brachte es eine Steigerung um 13 Prozent. Dass die Stadtbibliothek immer bekannter wurde, hängt auch mit dem neu konzipierten monatlichen Programm zusammen. Seit eini- gen Jahren wird das Literaturangebot ergänzt durch Veranstaltungen, in denen Autorinnen und Autoren ihre Bücher persönlich vorstel- len. Auch hier erwies sich wieder, dass gerade praxisnahe Sachthemen auf großes Besucher- interesse stießen. So zählten beispielsweise die Abende zum Thema Pilzkunde oder zu Erzie- hungsfragen zu den meistbesuchten. Daneben bietet die Bibliothek auch ein Forum für we- niger bekannte Belletristikautoren oder sie beteiligt sich überdies an gesamtstädtischen Kulturaktionen. Den größten Erfolg, im Rah- men der Europäischen Kulturtage 2002, ver- buchte hierbei die Modenschau, die, durch die Bibliothek führend, zum Publikumsmagneten wurde. Nicht zuletzt sind die regelmäßigen Aus- stellungen, die seit drei Jahren im Brücken- raum des ersten Obergeschosses stattfinden, für die Besucher ebenfalls sehr interessant. Hier stellen Künstler aus Karlsruhe und Um- gebung aus, wobei die Werke meist in Bezie- hung zu Buchkunst und Literatur stehen. ANDREA KRIEG 247 "Oberle ist ein aufgeweckter Knabe und war fleißig in der Schule" Zum 90jährigen Bestehen des Kinder- und Jugendhi/ftzentrums Karlsruhe in der Sybelstraße Mit der eingangs zitierten Eintragung im "Grundbuch des Waisenhauses zu Karlsruhe" kam der damalige Waisenhausverwalter der in Paragraph 31 der "Grundbestimmungen der Waisen-Anstalt zu Carlsruhe" formulierten Aufgabe nach, in den letzten Jahren des Auf- enthalts eines Zöglings gewissenhaft darauf zu achten, ob derselbe zu irgend einem Beruf eine besondere Neigung, Fähigkeit oder Geschick gezeigt habe, damit er bei seiner Entlassung aus der Anstalt in eine den Umständen ange- messene Lehre oder einen Dienst unterge- bracht werden könne. Über den damals elfjäh- rigen Wilhelm Oberle berichtet Waisenhaus- verwalter Friedrich Fischer in seiner Eintra- gung, vermutlich aus dem Jahr 1886, darüber hinaus, dass der Knabe wegen seiner Aufge- wecktheit und seines Fleißes die Aufmerksam- keit seines Lehrers auf sich gezogen habe. Die- ser habe ihm Lateinunterricht verschafft und fördere die Ausführung des Plans, ihn zum Studium der Theologie vorzubilden. In der Spalte "künftiger Beruf' skizzierte Friedrich Fischer die weitere Ausbildung des Jungen: "Tritt in die von Dekan Lender in Sasbach geleitete Anstalt für Knaben zur Vorbildung für das Studium der Theologie" . Das Waisenhaus in der Kriegsstraße Der aufgeweckte Knabe Wilhelm Oberle war Zögling des ersten Karlsruher Waisenhauses in der südlichen Kriegsstraße beim Karlstor, das am 29. August 1849 eingeweiht worden war. Die Geschichte des ersten Karlsruher Waisen- hauses beginnt im Jahr 1832. Im "Karlsruher Intelligenz- und Wochenblatt" und im 2. Band der Karlsruher Stadtgeschichte Friedrich von Weechs sind die ersten Schritte zur Grün- dung des Waisenhauses dokumentiert. Am 17. Juni 1832 gibt der Karlsruher Gemeinderat und Bürgerausschuss im "Karlsruher Intelli- genz- und Wochenblatt" die Gründung eines Fonds zur Etziehung armer Waisen bekannt und teilt mit, dass er "an dem denkwürdigen Feste am 23. April d.J." 1226 Florentiner- Gulden als erste Gabe für den Waisenfonds erhalten habe. Friedrich von Weech berichtet ausführlich über das Fest am Ostermontag, dem 23. April 1832. Es handelt sich hierbei um den "Wiederhervorgang" der Großherzo- gin Sophie nach der Geburt ihres fünften Kin- des am 9. März 1832, des Prinzen Karl von Baden, der mit einem Volksfest, verbunden mit einer Almosensammlung auf dem Markt- platz und einer Spende des Großherzogpaars an die Armenkommission, gefeiert wurde. Der Plan zum Bau eines Waisenhauses wird in Pa- ragraf 6 der 1836 erlassenen "Statuten für den neuen Waisenfonds in Karlsruhe" festgeschrie- ben: ,,Aus dem Grundstockvermögen soll, wenn dereinst die Mittel zureichen, eine be- sondere Erziehungs-Anstalt errichtet werden". Die Grundsteinlegung zum Bau des Waisen- hauses in der Kriegsstraße fand am 14. April 1848 statt, und an Großherzog Leopolds Ge- burtsrag, dem 29. August 1849, wurde das Waisenhaus von den Waiseneltern Schuma- eher und von zehn Knaben sowie sechs Mäd- chen bezogen. 248 Das Leben im Waisenhans Es waren dies die Geschwister Joseph, Marie und Magdalene Beyer (7, 10 und 12 Jahre), die Geschwister WilheImine, Karl und Augus- te Berblinger (8, II und 13 Jahre), der la-jäh- rige Christian Denny, die Brüder Julius und Franz Ihle (!2 und 13 Jahre), die Geschwister Ludwig, Karl und Luise Kiefer (9, 10 und 12 Jahre), der 12-jährige Karl Pfisterer, der 14- jährige Martin Räuber, die 13-jährige Magda- lene Spörling und der 13-jährige Franz Trönd- le. Alle Kinder hatten seit dem Tod ihres letz- ten noch lebenden Elternteils bei Pflegern ge- lebt. Der Festakt zur Einweihung des Waisen- hauses fand in dem im zweiten Stockwerk ge- legenen Arbeitssaal des Gebäudes statt. Hier hatten die Kinder künftig die in Paragraf 5 der "Haus- und Tagesordnung" formulierten "sonstigen Beschäftigungen" zu verrichten. Die "sonstigen Beschäftigungen" bestanden neben Feld- und Gartenarbeit in verschiede- nen Handarbeiten. Für die Knaben bedeu- tete dies Strumpfstricken, Korbflechten und Strohflechten, für die Mädchen Hanf- oder Flachsspinnen, Stricken und Nähen. Nach Paragraf 30 der "Haus- und Tagesordnung" kam der Erlös aus den Handarbeiten der Kin- der der Waisenhaus-Anstalt zu gute, die An- stalt selbst hatte den rohen Arbeitsstoff an- zuschaffen. Die Arbeit der Kinder wurde in den Sommermonaten in der Zeit zwischen dem nachmittags um 4 Uhr eingenommenen Abendbrot und dem um 7 Uhr gereichten Nachtessen geleistet, in den Wintermonaten arbeiteten die Kinder zwischen 4 Uhr und 6 Uhr. Eine Durchsicht des im Stadtarchiv Karlsruhe archivierten "Grundbuches des Waisenhauses zu Karlsruhe" ergibt, dass die meisten Kinder das Waisenhaus im Alter von 15 bis 17 Jahren verließen. In der Rubrik "künftiger Beruf' ist ihr weiterer Weg ange- deutet. Die meisten Mädchen wurden dem- nach Dienstbotin, die 17-jährige Bertha Sey- fried zog 1880 nach erfolgreichem Besuch der Frauenarbeitsschule des Badischen Frauenver- eins zu ihten bei den Schwestern nach Eng- land, die 15-jährige Maria Bischoff wanderte 1867 zu ihrer Mutter nach Amerika aus und die 17 -jährige Carolin Hauser trat 1880 nach erfolgreichem Besuch der Frauenarbeitsschu- le zur Ausbildung als Kinderlehrerin in die Kleinkinderschule ein. "Schreiner", "Schlos- ser", "Bäcker", "Kaufmann", "Lithograph" und "Zeichner in der hiesigen Werkzeugma- schinenfabrik" lauten einige der Eintragungen für die Knaben, die nach dem Verlassen des Waisenhauses eine Lehre begannen. Der 14- jährige Adolf Hertenstein kam 1861 zu Hof- maler und Photograph Ludwig Wagner in die Lehre. Von ihm ist vermerkt, dass er viel Talent besitze und das Lyceum bis zur Unterquarta besucht hatte. Der überwiegende Teil der Wai- senhauskinder besuchte die zweite evangeli- sche Stadtschule in der Spitalsrraße 26 bund die katholische Stadtschule in der Erbprinzen- straße 12 B. Der Besuch dieser Schulen war kostenlos. Auch der 16-jährige Carl Christian Hörnle hatte eine weiterführende Schule be- sucht. Über ihn ist im "Grundbuch des Wai- senhauses" dokumentiert: "War ein sehr fleißi- ger Schüler, weshalb er noch ein Jahr nach sei- ner Confirrnation die Schule besuchen durfte, um die 6te Klasse der Bürgerschule zurückzu- legen". Carl Christian Hörnle trat 1879 als Schreibgehilfe in die Kanzlei des Großherzog- lichen Amtsgerichts ein. Das Waisenhaus in der Stösserstraße "Das Bedürfnis eines Umbaus bzw. Neubaus des Waisenhauses ist nach gerade zur btennen- den Frage geworden". So lautet das Fazit in Tagesordnungspunkt 8 im Sitzungsprotokoll des Waisenhaus-Verwaltungsrats vom 10. Fe- 249 Gruppenbild 1880. bruar 1897. Der Bau eines neuen, den moder- nen hygienischen wie wirtschaftlichen Ein- richtungen entsprechenden Anstaltsgebäudes hatte im Januar des Jahres 1897 durch die Erkrankung von elf Jungen an Krätze neue Dringlichkeit bekommen. Noch im selben Jahr wurde für den Neubau des Waisenhauses ein Gelände in der Falterstraße (1899 umbe- nannt in Stösserstraße) im Stadtteil Mühlburg erworben, und am 3. Oktober 1899 bezogen 25 Knaben, 15 Mädchen und Waisen vater Theodor Gscheidtlen das nach Plänen des Ar- chitekten E. Schweickhardt errichtete Gebäu- de. Das Waisenhaus in der Stösserstraße 17 war bis zum Jahr 1934 in Betrieb. Danach wurde es von der Stadt Karlsruhe als Volks- schule genurzt und mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs für militärische Zwecke und als La- zarett in Anspruch genommen. Seit 1940 ist das ehemalige Waisenhaus in der Stösserstraße 17 im Besitz der Firma Kondimawerk Engel- hardt GmbH & Co.KG. Das Kinderheim in der Sybelstraße "Es ist deshalb die Errichtung eines besonde- ren Kinderasyls außerhalb der Stadt in Aus- sicht genommen" stellt der Armen- und Wai- senrat der Haupt- und Residenzstadt Karlsru- he am 4. April 1911 in einem Schreiben an Stadtrat Dr. Binz, den Vorstand des Verwal- tungsrats des Waisenhauses, in Aussicht. Die Notwendigkeit der Errichtung eines eigenen Kinderheims hing mit der Überbelegung der Kinderabteilung des städtischen Armenhauses in der Zähringerstraße 4 und den daraus resul- tierenden räumlichen und hygienischen Män- geln zusammen. In der Kinderabteilung des städtischen Armenhauses waren seit mehreren Jahren "unterstandslose" Kinder jeden Alters vorübergehend solange untergebracht worden, bis über ihre weitere Unterbringung bei den Eltern, Fürsorgern oder in einer Pflegefamilie auf dem Land entschieden war. Das neue städ- tische Kinderheim wurde im Südosten der 250 Stadt, Ecke Sybel- und Wiesenstraße (seit 1927 Stuttgarter Straße) erbaut und am 16. September 1913 mit Überführung der im städtischen Armenhaus untergebrachten Kin- der in Betrieb genommen. Der Erfahrungsbe- richt der ehemaligen Kinderheimbewohnerin Katharina Horras vermittelt eine Vorstellung vom Leben im Kinderheim. Die 1912 gebore- ne Katharina Horras wurde bei ihrem Eintritt in das Kinderheim im Jahr 1922 einer Mäd- chengruppe für schulpflichtige Mädchen zu- geteilt, die Mädchen teilten sich einen Schlaf- saal mit zirka 40 bis 45 Betten. Die großen Kinder halfen im Haus mit: für die Mädchen bedeutete dies Strümpfe zu waschen, Wäsche zu stopfen oder Schuhe zu putzen, sie betreu- ten außerdem die jüngeren Kinder und unter- stützten sie bei den Schulaufgaben. Die Buben hatten den Hof zu fegen, dem Hausmeister bei kleineren Arbeiten zu helfen und Kartoffeln zu schälen. Als 27-jährige erlebte Katharina Hor- ras, die seit 1931 im Büro des Kinderheims angestellt war, am 4. September 1939 die Eva- kuierung des Kinderheims in das Paulusheim nach Bruchsal und von dort nach Priem am Chiemsee mit. Nach der Evakuierung wurde das Kinderheim von der Narionalsozialisti- schen Volkswohlfahrt belegt. Bei dieser Gele- genheit kritisierte der zuständige Gauhaupt- stellenleiter in einem Schreiben vom 18. Sep- tember 1939 an Stadtrat Peter Riedner, dass fast alle Wohnräume des Personals ausschließ- lich konfessionellen Charakter trugen und das gesamte Heim überhaupt kaum von NS-Geist berührt zu sein schien. Weitere Evakuierungen fanden im September 1943 in das Bibelheim "Bethanien" nach Langensteinbach und An- fang 1944 nach Ettlingen in das St. Augusti- nusheim der Wohlfahrrsgesellschaft Gut Hell- berg statt. Beim Luftangriffvom 5. September 1944 wurde das Kinder- und Säuglingsheim so sehr beschädigt, dass es nicht mehr benutz- bar war. Der Wiederbezug in der Sybelstraße durch die nach Ettlingen und Langenstein- bach evakuierten Kinder erfolgte im Mai 1946. Das Kinder- und Jugenhilfezentrurn Das heutige Kindet- und Jugendhilfezentrum ist eine nach neuesten sozialpädagogischen und sozialtherapeutischen Kenntnissen ge- führte Einrichtung mit 60 Plätzen für Mäd- chen und Jungen zwischen 6 und 20 Jahten. Die Um benennung wurde 1995 vorgenom- men, als das Städtische Kinder- und Jugend- heim Teil der Heimstiftung Karlsruhe wurde, zu der außerdem das A1ten- und Pflegeheim im Klosterweg sowie das A1ten- und Pflege- heim "Parkschlößle" und die Wohnungslosen- hilfe gehören. Seit den späten sechziger Jahren hat sich das Kinder- und Jugendheim in seiner pädagogischen und baulichen Entwicklung permanent neuen heimpädagogischen Er- kenntnissen und Konzepten angepaßt. Die frühere überholte, eher autoritär-hierarchisch ausgerichtete Heimstruktur wurde durch ei- nen sozial-integrativen Fühtungsstil abgelöst, der die Kinder und Jugendlichen an der Pla- nung und Gestaltung des Heimgeschehens teilnehmen lässt. Die Einbeziehung der Her- kunftsfamilie in den Erziehungsprozeß ist ein wichtiges Element der reformierten Heimar- beit. "Das klassische Heim mit einer aus- schließlich vollstationären Eintichtung gehört der Vergangenheit an. Die neue Richtung zielt auf ein multifunktionales Angebot, auf ein Kinderhilfezentrum mit vielfältigen Dienst- leistungen." Mit diesen Sätzen charakterisiert der damalige Heimleiter Herbert Schmitt im 75. Jubiläumsjahr 1988 Funktion und Aufga- be des städtischen Kinder- und Jugendheims. Im Rahmen von breitgefächerten Hilfen zur Erziehung nach dem Kinder- und Jugendhil- fegesetz gliedert sich das Betreuungsangebot des Kinder- und Jugendhilfezentrums in al- ters- und geschlechtsgemischte Familiengrup- 251 pen mit umfassender Betreuung Tag und Nacht, in Jugend- und Verselbständigungs- gruppen sowie Betreutes Wohnen, in teilstati- onäre Tagesgruppen für 6 - 13-jährige Kinder, die um 17 Uhr in ihre Familien zurückkehren sowie in die Notaufnahme für Inobhutnahme in akuten Krisensituationen. Mit der VeIWirk- lichung dieser differenzierten Betreuungsmaß- nahmen hängt auch der grundlegende Umbau des städtischen Kinderheims in den Jahren 1971 bis 1981 zusammen. Aus den großen Tages- und Sammelschlafsälen mit Groß- waschräumen des Jahres 1913 wurden Grup- penwohnungen für jeweils maximal neun Kinder gebildet. Den Gruppenwohnungen wurden Bastelräume, Lernzimmer, Personal- zimmer und Therapieräume angegliedert und im Kellergeschoss ein Schwimmbad sowie ein Turn- und Gymnastikraum eingebaut. 1978 erhielt das Kinderheim ein Musikzimmer, und der Umbau des ehemaligen Speisesaals zu ei- nem neuen Festsaal wurde fertiggestellt. Seit 1973 unterstützt und begleitet der von der damaligen Stadträtin Margot Neef und ihrem Ehemann Gerhard Neef gegründete "Förder- kreis Städtisches Kinderheim" das Kinder- und Jugendhilfezentrum. Seit 1999 ist Doris Birgin Vorsitzende des Förderkreises. Treue Freunde sind auch die Marinesoldaten der Fregatte "Karlsruhe", die seit mehr als 30 Jah- ren die Patenschaft zum Kinder- und Jugend- hilfezentrum pflegen. ANGELIKA SAUER 100 Jahre St.-Bernhardus-Kirche am Durlacher Tor An einem bedeutsamen Punkt im Karlsruher Stadtgefüge steht am Durlacher Tor seir über einem Jahrhundert erhöht auf einem Plateau etwa 1,50 m über dem Straßenniveau, die ka- tholische St. Bernharduskirche. Die Kirche mit ihren kathedralenartigen Dimensionen, mit der kräftigen Einturmfassade steht genau in Blickachse der Kaiserstraße und markiert den Übergang der Kernstadt zur östlichen Vorstadt. Mit dem Pfarrfest am 23./24. Juni 2001 auf dem Kirchplatz und einem großen Banner am Kirchturm mit der Aufschrift" 100 Jahre St. Bernhard 1901-200112002" begann das Jubeljahr, fast auf den Tag genau 100 Jahre nach der feierlichen Schluss-Steinlegung auf der Spitze des Turms. Die Pfatrgemeinde ge- dachte des Baus der Kirche und der Gründung der Pfarrei mit der Herausgabe einer Fest- schrift und einer Gedenkmünze. Mit Vorträ- gen, Gedenkgottesdiensten, wechselnden Aus- stellungen zum Leben in St. Bernhard - früher und heure - wurde das Jubiläumsjahr abge- rundet. Die Höhepunkte waren ein Festakt und ein Fesrgottesdienst am 26./27. Oktober 2002, dem Tag der feierlichen Einweihung des Gotteshauses vor 100 Jahren. Der Einwei- hungsgottesdienst am 26.0ktober 1902 durch Erzbischof Thomas Nörber fand damals in Anwesenheit des Fürstenpaares Großherzog Friedrich und Großherzogin Luise statt, beim 100-jährigen Jubiläum war das Fürstenhaus Baden durch Markgraf Max und Markgräfin Valerie von Baden vertreten. 252 Die Anfänge Für nahezu 30.000 Katholiken gab es in der Residenzstadt Karlsruhe zunächst nur eine ka- tholische Kirche (St.Stephan) und eine katho- lische Pfarrei. Die Entwürfe für den Bau einer weiteren katholischen Kirche von Baudirektor Heinrich Hübsch im Jahr 1853 und von Bau- rat AdolfWeinbrenner 1885 an jerziger Stelle scheiterten aus finanziellen Gründen. 1888, mit 'Ende des KuIrurkampfes und mit Einführung des Orrskirchensteuergeset- zes, verbesserten sich die Rahmenbedingun- gen für Kirchenbauten in Karlsruhe. So enr- stand zunächst die Liebfrauenkirche im dama- ligen Bahnhofsviertel. Planung und Bau der Kirche Im Januar 1888 stimmte das Erzbischöfliche Ordinariat dem Bau einer dritten katholischen Kirche in der sich rasch vergrößernden Ost- stadt zu und beauftragte den Erzbischöflichen Baurat AdolfWillard mit der Planung. Im November 1888 schenkte Großherzog Friedrich I. der katholischen Gemeinde als Baugrund den ehemaligen Küchengarten vor dem Durlacher Tor unter der Bedingung, in- nerhalb von fünfJahren mit dem Bau der Kir- che zu beginnen. Der Plan von Willard sowie ein neuer Entwurf von Architekt Josef Schmitt missfielen der Großherzoglichen Baudirekti- on, da es diesen Entwürfen an Monumentali- tät und Kraft fehlte. Im November 1892 be- auftragte der Stiftungsrat den Architekten und erzbischöflichen Bauinspektor Max Meckel, ein ansehnliches und würdiges Gotteshaus im früh gotischem Stil mit 1000 Sitz- und 1200 Stehplärzen zu errichten. Dem Großherzog gefiel Meckels Entwurf. Er äußerte lediglich den Wunsch, auf den Ver- purz der Kirche zu verzichten und den Bau stcinsichtig mit Haustcinen auszuführen. Da die Zeit drängte, erfolgte am 15.Mai 1893 der erste Spatenstich. Mit den Bauarbei- ten wurde die Firma Werle & Hartmann aus Mannheim beauftragt. Im November 1895 suchte der Stiftungsrat um die Erlaubnis nach, dass die Kirche dem seligen Markgrafen Bernhard von Baden (1428-1458) geweiht werde, da dieser Patron des Landes und Angehöriger des herzoglichen Hauses sei. Karlsruhe sollte eine besondere Stätte der Verehrung des Seligen werden. Am 29. Juni 1896 nahm Weihbischof Dr. Friedrich Knecht in Anwesenheit des großher- zoglichen Paares, geladener Gäste und der Gemeinde, die Grundsteinlegung der Kirche vor. Am selben Tag erhielt Dekan Benz von Papst Leo XIII ein Telegramm, in welchem der Papst den apostolischen Segen und den Dank an die Königlichen Hoheiten übermittelte. Schwierigketen bei der Fundamentierung des Turmes sowie die anspruchsvolle Detailgestal- wng verursachten eine lange Bauzeir. die mehrfach Anlass zur Kritik gab. Schließlich konnte am 20.0ktbober 1901 mit der Bene- diktion durch Stadtdekan Anton Knörzer der erste Gottesdienst in der neuen Kirche gefei- ert werden. An der feierlichen Konsekration der Pfarr- kirche durch Erzbischof Dr. Nörber am 26.0ktober 1902 beteiligte sich der gesamte Klerus des Stadtdekanats. Am anschließenden Pontifikalamt nahmen das Fürstenpaar sowie die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden teil. Am Abend fand zur weltlichen Feier ein Festbankett in der großen Festhalle statt. Max Meckel (1847-1910) war einer der bedeutensten und meist beschäftigten Archi- tekten des Historismus in Südwestdeutsch- land. Neben den architektonischen Plänen für die St.-Bernhardus-Kirche lieferte er auch die Entwürfe für das Inventar unter anderem Hochaltar, Kanzel, Taufstein und Glockenzier. Die ganze Bernharduskirche verdeutlicht den 253 St. -Bernhardus-Kirche etwa 1902. Im Vorgrund die Straßenbahn nach Durlach. Grundriss von Meckcll901 mit der Gewölbestrukrur. freien und kreativen Umgang des Baumeisters Meckel mit historischen und zeitgemäßen Vorbildern bei gleichzeitiger Originaltreue im Detail. Der Grundriss zeigt eine dreischiffige ge- wölbte Rundpfeilerbasilika mit Lang- und Querhaus, deren Apsis von einem abgetrennten Chorumgang umschlossen wird. Der Chorbau öffnet sich wiederum zu einer Art Kapelle, die als Sakristei dient. An das Mittelschiff schließt sich im Westen ein mächtiger Turm mit Vor- halle im Sockel geschoss an. Der gewaltige, reich gegliederte Turm mit 93 m Höhe und der malerisch gruppierte Querhaus-Chor-Komplex stellen die architek- tonisch aufwendigsten Teile dar. Die West- front der Turmfassade ist von einer hohen, kielbogenüberfangenen Portalnische mit rei- chen Dekor bestimmt. Unterhalb des Ziffer- blattes der Turmuhr steht unter einem Balda- chin die Statue des seligen Bernhard, Markgraf von Baden. Dieses von der Firma Huckschlag und Fritschli nach einem Modell vom Karls- ruher Bildhauer Fridolin Dietsehe in Kupfer getriebene Standbild ist ein Geschenk des Großherzogs Friedrich I. Die ursprünglich beidseitige Auffahrt und die breite Außentreppe auf der Turmseite sind durch geänderte Verkehrsführung am Durla- eher Tor nicht mehr vorhanden. Die gegenläu- fige Freitreppe und ein kanzelartiger Altan mit Maßwerkbrüstung im Osten, sind Reste der ursprünglichen Außenanlage. Beim Betreten der Kirche durch das Haupt- portal erlebt der Besucher eine abwechslungs- reiche Raumfolge. Auf die über 20 m hohe Turmvorhalle folgt unter der Orgelempore das sechsjochige Langhaus mit den schmalen Sei- tenschiffen, das durch Säulenarkaden abge- trennt ist. Das Langhaus mit der anschließen- den quadratischen Vierung, den polygonal ge- schlossenen Querhäusern und dem Hochchor formt ein durch Gewölbe und Wandstruktu- ren zusammengefasstes Raumgebilde. Der Reiz liegt in den fein ausgearbeiteten Steinmetzdetails, den aufsteigenden Rund- diensten mit den zierlichen Blattkranzkapitel- len, den Gewölben mit den gekehlten Rippen und den unterschiedlichen Schlusssteinen so- wie den jeweils verschiedenen Maßwerkfor- men der Fenster. Besonders bemerkenswert ist 254 die letrnerartige Orgelbühne mit den feinen Steinmetzarbeiten, die von außergewöhnlicher Schönheit und handwerklicher Qualität zeugen. Eine Besonderheit der Kirche sind die zwi- schen 1902 und 1936 entstandenen kunstvoll geschnitzten, mit Figuren, Reliefs sowie Tafel- bildern ausgestatteten Altäre: der Hochaltar, der Franziskus-, der Marien-, Herz-Jesu-, Bernhard- und Josefaltar. Ebenso beachtlich sind der Taufstein, die Kanzel und die Kreuz- wegsrationen. die in Steinmerzarbeiten von hoher Qualität gefertigt wurden. Kriegschäden und Wiederaufbau Das Abliefern der 1902 von B. Grüninger in Villingen gegossenen sieben Glocken konnte im Ersten Weltkrieg durch Einwände verhin- dert werden. Am 24.08.1942 jedoch läuteten die Glocken nach Beschlagnahme im Zweiten Weltkrieg zum Abschied. Sechs Glocken wur- den herabgelassen und abtransportiert. Die Aufschrift "St. Bernhard Karlsruhe - nicht verhütten" retteten diese jedoch vor dem Ein- schmelzen, und so konnten 1945 die Glocken wieder gefunden werden. Bei einem Grossangriff 1942 wurden zahl- reiche Fenster beschädigt und am 08.09.1944 brannte das Dach, durch Brand- und Phos- phorbomben getroffen, vollständig aus. Au- ßetdem verbrannte die 1908 von Firma Hein- rich Voigt & Söhne in Durlach gefertigte gro- ße Orgel und Teile des Gestühls. Des weiteren wu rden Teile des Gewölbes beschädigt, und alle Fenster, teilweise mit gestifteten Glasge- mälden, gingen verloren. Auch der Turm wur- de durch Artillerie-Beschuss beschädigt. Durch viele Bemühungen konnte am 09.02.1946 das Notdach unter großer Mithilfe der Gemeinde fertig gestellt und dadurch weitere Schäden vermieden werden. Erst 1947 kamen die Glocken aus dem Glockenlager in Hamburg wieder zurück. Zur Beseitigung eines Klangfehlers, der die Wir- kung der Gesamtdisposition beeinträchtigte, wutde die vierte Glocke umgegossen und ei- ne kleinere achte Glocke hinzugefügt. Am 24.12.1948 läuten zum erstenmal alle Glo- cken die Heilige Nacht ein. Als weitgehend unverfälschte Einheit der Jahrhundertwende erhalten, stellt das Geläute zusammen mit dem Glockenturm, dem Glo- ckenstuhl, den Glockenarmaturen und der Turmuhr (von 1902) ein Gesamtkunstwerk dar. Es zählt musikalisch zu den schönsten Ge- läuten der Jahrhundertwende in Süddeutsch- land. Bei den Instandsetzung der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Ausmalung im Chor entfernt und einige Elemente der Innenausstattung dem nüchternen Stil der Nachkriegszeit angepasst. Erhalten blieb je- doch die komplette Altarausstattung. 1959 wurde die dritte Orgel, ein Gemeinschafrs- werk deutscher und französischer Firmen und Künstler, fertig gestellt. Bis Ende 1972 wurden umfangreiche Baumaßnahme im Innern, am Turm, am Glockenstuhl und am Kirchen- dach vorgenommen. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Dachform und die Besei- tigung von Kriegsschäden sowie Witterungs- schäden am Sandstein standen dabei im Vor- dergrund. 1968 wurde ein Gedenkstein für Erzbi- schofEugen Seiterich (1903-1958), ein Sohn der Pfarrgemeinde St. Bernhard, im nördli- chen Querschiff eingelassen. Die Umgestaltung des Chores im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils erfolgte 1975: Der Zelebrationsaltar wurde unter Ver- wendung von Teilen der neugotischen Kom- munionbank geschaffen. Zu gleicher Zeit ent- stand der in Bronze gegossene Ambo. Eine umfassende Innentenovierung der Kirche erfolgte 1991. Teilweise wurde den nach Raumfassung verlangenden Wand- und 255 Gewölbeflächen eine Bemalung in zeitgemä- ßen Formen zurückgegeben. Die Ausmalun- gen in den Blendfeldern der Langhaus-Ober- gadenfenster nehmen Bezug auf die "Zehn Gebote". Die St.-Bernhardus-Kirche gilt als bedeu- tendster neu gotischer Kirchenbau in Baden. Sie ist nicht nur kraftvolle Manifestation des wiedererstarkten Katholizismus in der protes- tantisch geprägten Residenz am Ende des 19. Jahrhunderts, sondern auch Ausdruck der auf Ausgleich zielenden Kirchenpolitik Großher- zog Friedrichs I. am Ende der KulturkampfZeit gegen die "Sozialistische Gefahr". Ausblick Fortschreitende Witterungseinflüsse auf den Sandstein fordern ihren Tribut. Im Frühjahr 2002 wurden Sofortmaßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherheit notwendig, um locke- re und lose Steine zu entfernen. Dies war auch Anlass, die Vorplanung zur Instandsetzung der Außenhülle der Kirche zu beginnen. Mangels vorhandener Pläne muss zuerst eine Stereo- Photogrammetische Fassadenaufnahme er- stellt werden, um eine anschließende steinge- naue Auswertung und Darstellung der Gebäu- deansichten zu ermöglichen. Auf diesen Grundlagen erfolgt die Schadenanalyse, die Erarbeirung eines Sanierungskonzeptes, die Kostenberechnung und die Ausschreibung der Arbeiten. Die Ausführung wird je nach Finanzie- rungsmöglichkeiten in mehreren Bauabschnit- ten erfolgen müssen. Die jetzt schon kalkulier- ten Instandsetzungskosten wird die Katholi- sche Kirchengemeinde St. Bernhard nicht all- eine tragen können, sie wird auf Spenden an- . . geWIesen sem. HEINRICH ALOIS SCHILLINGER 256 Zei tzeugen berichten 257 Professor Dr. ing. Dr. h. c. Heinz Draheim Blick: Sie waren 1968 bis 1983 Rektor der Universität Karlsruhe. Unterschied sich Ihre Rektor-Wahl von früheren? Draheim: Bisher wanderte das Rektorat für ein, meistens zwei Semester von Fakultät zu Fakultät. 1968 wurde angesichts lebhafter Reformdiskussionen bewusst nach bestimm- ten Personen Ausschau gehalten. Als Dekan 1965/66 hatte ich mich schon engagiert für eine Zusammenarbeit mit studentischen Gre- mien eingesetzt. Das zählte für viele. Blick: Das Jahr 1968 forderte ja von deut- schen Universitäten besondere Aufgaben. War das für Sie ein besonderer Reiz? Draheim: Aber ja. Zu den üblichen Pflich- ten kam als Hauptaufgabe der Vorsitz in einer gewählten Grundordnungsversammlung, in der Vertreter aller Gruppen mitarbeiteten un- ter dem Motto: "Mitarbeit begründet Mitver- antwortung". Reizthema war die Mitwirkung von Studenten. Das Bundesverfassungsgericht wurde angerufen, und es ging vielfach turbu- lent zu. Wir nutzten voll die rechtlichen Mög- lichkeiten für eine echte Mitwirkung, und das wirkte sich auch auf das Diskussionsklima positiv aus, ebenso auf die Verabschiedung der Grundordnung, und das ohne Polizeischutz oder Tumulte. Allgemein sprach man vom "guten Geist von Karlsruhe". der unser Innen- leben bis heute prägt. Blick: Der Senat wurde demnach vom Ver- waltungsrat "entmachtet". Wie stellten sich die Professoren dazu? Draheim: Die Arbeit des Verwaltungsrats kann man nicht als Entmachtung des Senats bezeichnen; es ist vielmehr eine höchst zweck- mäßige Aufgabenteilung. Im alten Dekans- Senat kämpfte jeder natürlich für seine Fakul- tät, und dabei kommen die Aufgaben der Universität zu kurz. Ein von Fachegoismen freier Verwaltungsrat eignet sich besser für die Verteilung von Mitteln, Räumen und Stellen. Er kann sich aktuellen Bedürfnissen anpassen und in Forschung und Lehre gezielt handeln. So war es von besonderer Bedeutung, dass er die Berufungsvereinbarungen aushandelte, was vorher das Ministerium mit manchmal unver- ständlichen Ergebnissen vollzog. Die heutige Abschaffung des Verwaltungsrats ist also abso- lut unverständlich, und man fragt sich, was der Rechnungshof dazu sagt. Blick: Aber die Atmosphäre war doch um 1968 auch in Karlsruhe gespannt? Draheim: Natürlich gab es auch hier De- monstrationen. Die Demonstranten versam- melten sich im Ehrenhof, wobei ich sie er- mahnte, sich nicht bei der Bevölkerung unbe- liebt zu machen. Manchmal stand ich dabei 258 am Straßenrand. Es wurden auch Streiks in der Uni versucht, aber der Lehrkörper war in jedem Falle von mir zu Vorlesungen und Übungen verpflichtet worden. Zum Festakt im Jubiläumsjahr 1975 in der Stadthalle hat- ten wir große Demonstrationen von Sruden- ten anderer Hochschulen. Die eigenen Stu- denten distanzierten sich. Störee, die mir den Zugang zur Mensa verwehrten, ließ ich durch die Polizei entfernen. Bei uns gab es also Jah- resfeiern und auch Rektorenbälle ohne Stö- rungen, allerdings einige Male mit Drohungen. Blick: Eine schwedische Delegation sprach von einer "Pax Draheim"? Draheim: Vielleicht weil sich der Rektor und die Professoren damals zunehmend um vieles mehr kümmerten als früher. Die Stu- denten hatten in den Grundordnungsver- handlungen erfahren, dass ihre Mitwirkung willkommen sei und ernsrgenommen werde. Sie machten die Erfahrung, dass es wirkungs- voller ist, mit Professoren, Dekanen und dem stets sprechbereiren Rektor zu reden als zu demonstrieren oder Klamauk zu machen. Sie wussten, dass Missstände in Vorlesungen, bei Klausuren und Examina, die es natürlich immer wieder gibt, geprüft und nach Mög- lichkeit abgestellt werden. Und wichtig war auch, dass es nur bei den Studenten politische Listen für Wahlen gab, nicht beim Lehrkörper. Blick: Aber Widerspruch bei Studenten gab es auch hier? Draheim: Sicher, z. B. im ASTA. Als die verfasste Studentenschaft im Hochschulgesetz abgeschafft wurde, entstand ein Unabhängiger Studentenausschuss (USTA), der die im Ge- setz vorgeschriebene Vertretung ergänzte. Das ASTA-Vermögen (Busse, Druckerei u. a.) wur- de sachgemäß erhalten. Die Studenten behiel- ten auch ihre Räume, zu deren Schließung ich gedrängt wurde. Schließlich war doch nur der ASTA abgeschafft worden, was ein schwerer Fehler war und bleibt, nicht aber die Studen- ten. Meine Eigenmächtigkeiten wurden auch einmal gerügt, was ich als Auszeichnung an- sah. Für die Medien waren wir uninteressant, weil wir trotz Drittelparität in einem Gremi- um kein Chaos zu bieten hatten. Bildunlerschrifr der BNN vom 1.12.1976: Eine deudiche Aussage zu ihrer sozialen Lage und der SilUation an den Hochschulen sollte die Demonslr3lion der 1.200 SlUdemen, die gestern auf die Stra& gingen. der Bevölkerung bringen. Die Masse der Demonstramen stell· ten die Studierenden der Karlsruher und Pforzheimer Fach· hochschulen und der Pädagogischen Hochschule. die gegen 17 Uhr auf dem Europaplatz mit Studenten der Universität zu einer Abschlußkundgebung zusammentrafen. Wie don ist es auch im übrigen Verlauf der DemonSlruion nach Auss3gen der Polizei zu keinen Zwischenfallen gekommen, wenn man von der Behinderung des Berufsverkehrs in der Innenstadt rur etwa eine Stunde absieht. 259 Blick: Wie gestaltete sich der Kontakt zu Wirtschaft. und Industrie, der ja für eine tech- nische Hochschule besondere Bedeutung hat? Droheim: Ungebrochen, trotz einiger da- maligen Ideologiesprüche über die "Indoktri- nation des Spätkapitalismus" oder die Forde- rung, das Wort "Elite" durch "Experten" abzu- lösen und anderes. Bedeutende Vertreter der Industrie wurden Ehrensenatoren, Honorar- professoren und Lehrbeauftragte. Manche berichteten mir von Diskussionen, die sie ge- nossen. Drittmittel für die Forschung flossen weiter, und die Arbeitsbereitschaft der Studen- tenschaft ließ trotz Entwicklung zur Massen- universität nicht nach. Das Leistungsniveau war und blieb hoch, was damals wie heure anerkannt wird und viele ausländische Stu- denten anzieht. Dazu dienten auch Kontakte mit anderen Universitäten. Man darf heute nicht vergessen, was z. B. vor 30 Jahren ange- sichts des Eisernen Vorhangs eine Partner- schaft mit der Universität Budapest bedeutete. Wir haben so viele Kontakte zu Persönlich- keiten aus Industrie und Wirtschaft, die uns mir Rat und Tat zur Seite stehen, dass eine offizielle Vertrerung in einem Gremium der Universität, wie heute vorgesehen, nicht erfor- derlich ist. Ich habe dies in meiner Amtszeit erprobt. Das funktioniert nicht, denn kein Spitzenmanager kann an offiziellen Sitzungen regelmäßig teilnehmen. Blick: Welche Summe haben Sie nach 15 bewegten Rektor-Jahren gezogen? Draheim: Das lasse ich lieber den damali- gen Wissenschaftsminister Professor Engler beantworten. Bei der Rekroratsübergabe an Professor Kunle 1983 sprach er nicht nur von den Studentenunruhen, dem raschen Hoch- schulausbau trotz nachlassender Finanzkraft und der "fast geräusch- und reibungslos verab- schiedeten ersten Grundordnung" , sondern er wies auf den sichtbaren Fortschritt in vielen Bereichen hin, wobei nur das Rechenzentrum und die Bildung der Fakultät für Informatik genannt sei, die heutezu den führenden zählt. In summa: die Fridericiana ist gestärkt aus dieser problem befrachteten Zeit hervorgegan- gen. Wir haben die vielfach chaotischen Zu- stände als fruchtbare Unruhe genutzt. DIE FRAGEN STELLTE LEONHARD MÜLLER Bildunterschrift der BNN vom 12.6 .1975 Zu einem Handgemenge, zwischen Gästen der Universität, ihrem Rektor und den Studenten kam es, als der Eingang durch cine Gruppe auswärtiger (man vermutet aus Sruttgarr, Heidclberg und Man nheim) kommunistischer Studenten blockiert wurde. Auf unserem Bild sind u.a. Rektor Dra- heim und Alr-Landragspräsidem Oe. Gurk zu erkennen. 260 Hans Joachim Hoffner Deutsch-amerikanischer Verbindungsoffizier 1953 - I 990 Blick: Herr Hoffner. Sie sind als Oberst der Bundeswehr 1990 in Pension gegangen. Ihre Tätigkeit unterschied sich ja deutlich von mancher anderen Offizierskarriere? Hoffiur: 1945 bin ich als Leutnant nach dem Krieg wieder Zivilist geworden und wur- de nach Studien und Berufstätigkeit 1953 als deutscher Berater des amerikanischen Verbin- dungsoffiziers eingestellt. von der Bundeswehr als Hauptmann übernommen. Nach zahlrei- chen Wehrübungen wurde ich parallel zu mehreren Beförderungen durch die Amerika- ner auch in der Bundeswehr befördert. und zwar zuletzt als "Leiter der Verbindungsabtei- lung beim US-Distriktkommando Nord- und Südbaden und des Regierungsbezirks Neu- stadt-Pfalz" und Oberst der Bundeswehr. d. h. ich unterstand unmittelbar der Nato. die mich auch bezahlte. Blick: Das waren zunächst militärische Aufgaben? HoJfoer: Jedes Jahr fanden Manöver bis ca. insgesamt acht Wochen statt mit großen Vor- bereitungen. verschiedenen Lagern. umfang- reichen Flugplatzlandungen innerhalb des Big Lift. wo in kurzer Zeit voll einsatzfähige Trup- penteile aus den USA in Deutschland lande- ten. daher auch meine Verbindungen zu der Air Force. Mit einem kleinen Stab von ca. 25 Personen samt Pressestelle schufen wir nicht nur den erforderlichen Kontakt zur Öffent- lichkeit. sondern kümmerten uns nachher auch um die Manöverschäden. Blick: Was wäre im Ernstfall geschehen? HoJfoer: Der Rhein hätte auf jeden Fall als Auffanglinie gedient. Hier hatte übrigens die US Navy zwei Patrouillenboote und eine gro- ße Anzahl von Fähren für die Rhine River Patrol stationiert. Im Falle einer Besetzung der DDR wäre ich verantwortlich gewesen für den Beginn demokratischer Regierungsformen im Land Thüringen. Blick: Das war sicher damals streng geheim. HoJfoer: Ja. ich war Träger der höchsten Geheimhaltungsstufe. was den Umgang mit Karlsruher amerikanischen Kommandeuren. die nicht diesen Grad hatten. manchmal um- ständlich machte. um Maßnahmen zu erklären. Blick: .. Jack" Hoffner spricht akzentfreies Amerikaniseh? HoJfoer: Was manchmal dazu führte. dass die Amerikaner vergaßen. dass ich Deutscher bin. Doch dazu gehörte auch. die Mentalität 261 dieser Soldaten zu begreifen angesichts ihrer häufig wechselnden Einsatzorte. Blick: Sie stellten also innerhalb der 37 Jah- re eine Kontinuität dar? Hoffoer: Was sehr erwünscht war, auch bei den deutschen Dienststellen, wie zu den Land- räten, Bürgermeistern. Bei den Panzermär- schen, Biwaks mit ihren Straßenschäden wut- den ja erhebliche Entschädigungssummen ge- zahlt, zwei Drittel von der Army, ein Drittel von der Bundesrepublik. Blick: Konnten Sie bei den Übungen ein- zelner Truppenteile noch einen positiven Ak- zent setzen? Hoffoer: Besonders die Pioniere halfen bei der Anlage von Straßen, Sportplätzen, Kinder- gärten, Freizeitanlagen u a. Die Kirche am Feldberg hätte ohne den Einsatz der Amerika- ner nicht gebaut werden können. Blick: In Karlsruhe wurde der Flugplatz in der Nordstadt für die Army umgewidmet. Hoffoer: Und die Kasernenbauten, Schu- len, Kirchen erstellt. Ich war damals bei der Bauplanung beteiligt, wo mit deutschen Stel- len um jeden Baum gekämpft werden musste. Heute ist dies ein bevorzugtes Wohngebiet mit der sehr aktiven amerikanischen Bibliothek, einem Geschenk an Karlsruhe. Blick: Die Truppen und ihre Angehörigen lebten wohl stark abgeschirmt? Hoffoer: In der Versorgung waren sie völlig autark. Gerade bei ihren strikten Hygienevor- stellungen sorgten eigene Schlachter, Bäcker und andere Dienste für die Lebensmittel. Da aber 14.000 Familien in Wohnungen inner- halb der Stadt lebten, kam es zu vielen Kon- takten; besonders wenn die Kinder miteinan- der spielten, begann rasch ein Gespräch über dem Zaun, wobei man immer wieder über- rascht war, wie viele Deutsche Englisch spre- chen und manche Amerikaner kaum Gelegen- heit hatten, die mühsam erworbenen Deutsch- kenntnisse anzuwenden. Mit der Truppenre- duzierung bedauerten viele Vermieter den Rückzug der amerikanischen Familien. Blick: War für die Army eine Y.ersetzung nach Deutschland interessant? Hoffoer: Sicherlich. Jeder musste hier einen 30-stündigen Pflichtkurs absolvieren, in dem die Geschichte, der Standort, die Sitten und Gebräuche und etwas Basic German unter- richtet wurde. Besonders die Mroamerikaner haben sich hier wohl gefühlt. Für das Offi- zierskorps wurde ein Round table mit franzö- sischen, kanadischen und deutschen Offizie- ren eingerichtet. Man ging ins Theater, in Mu- seen, und viele zeigten einen großen Wissens- durst. Blick: Gab es auch Probleme? Hoffoer: Natürlich. Gerade bei Verkehrs- unfällen, Straftaten und anderen Konflikten. Für mich bedeutete es eine harte Aufgabe, deutsche Ehefrauen über den Tod ihres Man- nes in Vietnam zu informieren. Blick: Wenn Sie die Summe ziehen, was ist geblieben, was hat sich bis heute geändert? Hoffoer: Wer als amerikaniseher Soldat in Deutschland diente, konnte als Botschafter dieser Republik in den USA gelten. Hatten die GIs anfangs in den 50er Jahren noch auf die- ses Land herabgesehen, die die Deutschen 1945 nach der ersten französischen Besatzung 262 eher als Befreier betrachteten, so stellte sich bald ein freundschaftliches Verhältnis ein. Wir haben hier in unserem Distrikt auch Gruppen von Medizinern, Juristen, Pädagogen empfan- gen, die sich wohl vorbereitet im Gespräch mit deutschen Partnern zeigten. Zwar sind man- che Kontakte geblieben, Heidelberg ist noch immer Sitz des Hauptquartiers, aber viele Stränge sind verdünnt, und die heutige ame- rikanische Jugend, die nicht mehr die Erfah- rungen einer Wehrpflichtarmee in Europa gewinnen kann, spiegelt wohl ein anders Welt- bild. Die derzeitige Berufsarmee, die andere Strukturen aufweist, anderen Risiken ausge- setzt ist, schafft andere Verhältnisse. Unabhän- gig von der Tatsache, dass wir 1945 von der Nazi-Diktatur befreit wurden, konnte ich in diesen 37 Jahren beobachten, wie hier in Karlsruhe, aber auch in anderen Regionen, besonders die jüngeren Angehörigen zweier Staaten zusammenrückten, sich zu verstehen versuchten. Wenn ich auf meinen privaten Reisen in die USA immer wieder Amerikaner getroffen habe, die oft voll guter Erinnerungen von ihrer Zeit in Deutschland berichten, kann man darin trotz mancher Probleme im ganzen eine positive Bilanz dieses Abschnitts der Zeit- geschichte ziehen. DIE FRAGEN STELLTE LEONHARD MÜLLER JosefWerner Journalist und Publizist Blick: Sie wurden im Jahr 1950 mit 35 Jah- ren Chef des Lokalteils der Badischen Neues- ten Nachrichten (BNN) und später stellvertre- tender Chefredakteur. Hatten die BNN da- mals noch keine Monopolstellung? Wemer: Mitte des Jahres 1949 war in der amerikanischen Zone die Lizenzpflicht für Ta- geszeitungen aufgehoben und damit Gewerbe- freiheit auch für den Bereich der Presse ge- schaffen worden. Rasch wurde dann das Dur- lacher Tageblatt wiedergegründet, und in Karlsruhe wurden die CDU-nahe Badische Volkszeitung (BVZ) sowie die SPD-nahe All- gemeine Zeitung (AZ) aus der Taufe gehoben, die beiden Letzteren von uns Journalisten lie- bevoll-spöttisch "Schwarz Kattl" und "Rot Kattl" genannt. Dass diese Zeitungen nach einigen Jahren aus wirtschaftlichen Gründen eingingen, war ein Verlust an Meinungsfrei- heit, den ich immer sehr bedauert habe. Die Kollegen dieser Zeitungen kamen übrigens fast ausnahmslos bei den BNN unter. Blick: Welche Rolle spielt in Zeitungen wie den BNN der Lokalteil? 263 Werner: Eine sehr wesentliche, denn Leser von Regionalzeitungen wie den BNN wollen ja vor allem über das vielfaltige lokale und re- gionale Geschehen informiert werden. Eine umfassende und objektive Berichterstattung isr die vordringliche Aufgabe der Lokalredak- tion. Zur Erfüllung dieses Auftrags ist ihr in- nerhalb der Gesamtredaktion die größte Zahl an Redakteuren und Redakteurinnen zugeord- net. Zusätzlich verfügt die Lokalredaktion über eine beachtliche Zahl freier Mitarbeiter. Blick: Welchen Einfluss nimmt und hat die Lokalredaktion auf das lokale Geschehen? Werner: Der Leser erwartet von seiner Zei- tung, dass sie zu aktuellen Fragen Stellung nimmt. Gegebenenfalls kann sie dabei sogar eine Art Meinungsführerschaft übernehmen. Ob die Meinung der Zeitung auch Einfluss hat aufEnrscheidungen, etwa des Stadtparlamenrs, hängt zum einen von der Überzeugungskraft der vorgebrachten Argumente ab, zum ande- ren narürlich von der Bereitschaft der Damen und Herren Stadträte, den Standpunkt der Zeitung anzunehmen. Überschärzen sollte man den Einfluss der Zeitung allerdings nicht. Blick: Können Sie dennoch Fälle nennen, bei denen Ihre Zeitung die öffentliche Mei- nung maßgeblich beeinflusst hat? Wemer: Aus meiner Zeit ist mir lebhaft unser Widerstand gegen die Absicht des dama- ligen BVG-Präsidenten Gebhard Müller und des damaligen Ministerpräsidenten Kurt-Ge- arg Kiesinger in Erinnerung, das Bundesver- fassungsgericht im Schloss zu etablieren. Der Plan wurde aufgegeben, das Badische Landes- museum, das sich im Schloss gerade einzurich- ten begann, konnte im Schloss verbleiben. Einen heftigen öffenrlichen Kampf führten wir um den Wiederaufbau des Markgräflichen Palais' J Weinbrenners schönstem Bauwerk, dessen Ruine geschleift werden sollte. Ein vol- ler Erfolg war diesem Bemühen bedauerlicher- weise nicht beschieden. Aber immerhin wur- de der für die Gestalt des Rondellplatzes wich- tige Porrikus wiederaufgebaut. Auf der ganzen Linie durchgesetzt har sich meine Zeitung andererseits bei ihrem Kampf gegen den der Aachener-Münchener Versicherung zuliebe bereits beschlossenen Abbruch des anmutigen klassizistischen Weltzienhauses am Karlstor. Und dem Stadtgarren blieb dank BNN und der von ihr mobilisierren Öffentlichkeit bei der KLV-Erweiterung der - auch vom dama- ligen Gartenbaudirektor Roberr Mürb be- kämpfte - erdrückende so genannte "Dreifin- genurm U erspart. Massive Kritik äußerte die Zeitung schließlich an der vom Gemeinderat nahezu einstimmig erfolgten Entscheidung, den stadthistorischen vielsagenden, zugleich anmutigen Namen "Entenfang" in Mühlburg als Referenz für Besucher aus der Pfalz in "Pfälzer Platz" umzubenennen. Das Ergebnis: In der darauffolgenden Sitzung nahm der Gemeinderat seinen Beschluss zurück, der "Entenfang" war gerettet. Blick: Ist andererseits eine Lokalredakrion nicht doch dann und wann Einflussversuchen, beispielsweise von politischer Seite, ausgesetzt? Werner: Ein Journalist ist dann glaubhaft. wenn er sich seine Unabhängigkeit bewahrt. Um Behinderungen seiner journalistischen Freiheit zu entgehen, ist es ratsam, dass der Lokalredakteur sich nicht von Parreien oder einflußreichen gesellschafrlichen Gruppierun- gen als Mitglied anwerben lässt. Blick: Und wie steht es mit dem Anzeigen- teil? Gibt es nicht seitens der Inserenten Ein- flüsse, denen sich der Redakteur schwer ent- ziehen kann? 264 ~nltr: Es ist theoretisch denkbar, das dies versucht wird. Ich versichere Ihnen aber, dass ich nie auch nur den Versuch erlebt habe, die Redaktion zu einer unveranrwortbaren Gefäl- ligkeit zu veranlassen. Die Trennung vom re- daktionellen und Anzeigenteil ist konsequent und wird respektiert. Auch ein fester Abon- nentenstarnm garantiert die Wirtschaftlichkeit und damit die Unabhängigkeit einer Zeitung. Blick: Sehen Sie die Regional- und Lokal- zeitungen bedroht? ~nltr: Keineswegs. Bei aller Informati- onsflut durch Fernsehen, Rundfunk, auch überregionale Boulevardblätter, will man halt doch vor allem über das Geschehen auf der lokalen Basis informiert werden, möchte schwarz auf weiß in Ruhe lesen können, was auf kommunalpolitischem, kulturellen und sportlichen Gebiet geschieht. Ich bin sicher, dass gut gemachte Regionalblätter ihre Bedeu- tung nicht verlieren, auch nicht im Zeitalter des Internet. Blick: Die Karlsruher Journalisten gründe- ten schon im Jahr 1949 den Karlsruher Pres- seclub. Sie waren Mitbegründer und in den 60er Jahren dessen Vorsitzender. ~rner: In jenen Jahren ging der Presseclub auf zwei Ebenen in eine breitere Karlsruher Öffentlichkeit. Zum einen mit vielbesuchten Vortrags-Großveranstaltungen, beispielsweise mit Baron von Guttenberg und Sebastian Haffner. Wenn Klaus Mehnert kam, war selbst die Schwarzwaldhalle zum Brechen gefüllt. Die andere Schiene war gesellschaftlicher Art, waren die Presse- und die vom Presseclub in- itiierten legendären Bühnen- und Pressebälle, Gemeinschaftsveranstaltungen mit dem Badi- schen Staatstheater. Inzwischen konzentrieren sich die Aktivitäten des Presseclubs vor allem auf Begegnungen mit namhaften Personen des öffentlichen Lebens, erwa mit BVG-Präsiden- tin Jutta Limbaeh, mit den Landesbischöfen Klaus Engelhardt und Ulrich Fischer oder auch mit dem quirligen FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß. Um den Clubmitgliedern sach- dienliche Informationen aus der Politik zu bieten, waren in den vergangenen Jahren Spit- zen politiker jeder Couleur zu Gast, Gerhard Schröder ebenso wie Wolfgang Schäuble, Klaus Kinkel oder Joschka Fischer, um nur diese zu nennen, aber auch mehrere Ministecp präsidenten und unlängst die Justizministerin Däubler-Gmelin. Blick: Der Ruhestand des "In Ettlingen geborenen Karlsruhers", wie Sie OB Gerhard Seiler nannte, hat Ihnen Freiraum für die Stadthistorie gegeben. ~rner: Zu dieser Arbeit kam ich dank des Angebots des damaligen Oberbürgermeisters Dullenkopf. Statt, wie von ihm erwartet, die seit 1923 liegengebliebene Stadtgeschichte fortzuschreiben, widmete ich mich dafür der Zeitgeschichte. So entstand das Buch ,,1945- Karlsruhe unter Hakenkreuz, Trikolore und Sternenbanner", ein Rückblick auf ein unver- gleichliches Jahr Karlsruher Geschichte. Spä- ter kamen, mit Fotos aus den umfangreichen Schlesiger- und Bauer-Beständen, Jahrzehnte- Publikationen hinzu, Spiegel der 40er, 50er, 60er und 70er Jahre in Wort und Bild. Mein herausragendes Engagement aber gehörte ei- ner Arbeit, die die wichtigste meines Berufsle- bens werden sollte. Durch die Recherchen für das Buch ,,1945" schemenhaft auf die Tragö- die des Karlsruher Judentums gestoßen, nahm ich mir, unterstützt von OB Seiler vor, das Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger zu erforschen und zu beschreiben. So ent- stand, rechtzeitig zum 50. Jahrestag der so genannten "Reichskristallnacht", das Buch 265 "Hakenkreuz und Judenstern - Das Schicksal der Karlsruher Juden im Dritten Reich". Die Arbeit an dieser Publikation war schwer, tief bewegend, aber auch ungemein befriedigend. Denn ich konnte mit diesem Buch dazu bei- tragen, den Nebelschleier aufzureißen, der über dem traurigsten Geschehen Karlsruher Geschichte lag. DIE FRAGEN STELLTE LEONHARD MüLLER Kurt Gauly Erster Bürgermeister a. D. Blick: Herr Gauly, Sie sind, 1926 geboren, in Worms aufgewachsen und mit 25 Jahren als Rechtspfleger im rheinland-pfälzischen Justiz- dienst vom neu gegründeten Bundesgerichts- hof für den Verwaltungsdienst ausgewählt worden. Was waren Ihre Tätigkeiten? Gauly: In den 27 Jahren beim BGH bin ich im Kassenwesen, bei Senatsgeschäftssrellen. der Pressestelle und als Sicherheitsbeauftragter eingesetzt worden, eine Funktion, die vor al- lem nach dem Attentat auf Generalbundesan- walt Buback wichtig wurde. Blick: Das waren die Zeiten, seit dem der BG H mit großen Schutzgittern umzäunt ist? Gauly: Ja, aber auch der Personenschutz der einzelnen Bundesrichter musste verstärkt werden, oft zu ihrem Leidwesen, weil es den Freiraum einengte. Es waren Jahre hoher An- spannungen. Blick: Wann begann Ihre politische Tätig- keit? Gauly: 1947 trat ich in die Christlich-De- mokratische Union ein. 10 Jahre später wurde ich in Karlsruhe Vorsitzender der Jungen Uni- on. Nachdem ich mit ihr in der Auseinander- setzung um die Bundestagskandidatur 1961 den Wechsel von Dr. Werber zu Dr. Güde durchgesetzt hatte, wurde ich im gleichen Jahr Vorsitzender der Karlsruher CDU. Es galt, die noch immer bestehenden Spannungen zwi- schen den ,,Altbadenern" und den "Südwest- staatlern " zu überwinden. 1962 wurde ich dann in den Gemeinderat gewählt. Blick: Welcher Bereiche haben Sie sich als Stadtrat besonders angenommen? Gauly: Auf Grund beruflicher Erfahrungen der Finanzen. Es war wirtschaftlich eine schwie- rige Zeit, als ich 1967 zum Fraktionsvorsitzen- den gewählt wurde. Die Parteien setzten un- 266 terschiedliche Akzente, und die CDU stimmte erstmals dem Haushaltsplan nicht zu. Die Bun- desgattenschau 1967 wat ein Publikumserfolg, verschlang aber viel Geld. Schon zwei Jahre später wollte Oberbürgermeister Klotz, mit dem ich im allgemeinen ein gutes Verhältnis pflegte - war er doch ein Mann, der nicht stän- dige Konfrontationen liebte und auch nicht viel von Ideologien hielt - für das Jahr 1975 eine zweite Bundesgattenschau beschließen lassen. Wegen der Vernachlässigung wichtige- rer Investitionen im Schul- und Krankenhaus- wesen versagte die Mehrheit des Gemeinderats unter meiner Worrführung die Zustimmung. Blick: 1978 wurden Sie Bürgermeister. Wo lagen Ihre Zuständigkeiten? Gauly: Einmal beim Schulwesen. Karlsru- he hat damals unter großen Anstrengungen besonders für die beruflichen Schulen moder- ne Bauten geschaffen, so das Technische Gym- nasium und weitere Schulbauten im Beiermei- mer Feld, die Heinrich-Hübsch-Schule am Mendelssohnplatz mit erheblichen Geburts- wehen, die Gewerbeschule in Durlach, dazu Sonderschulen und andere. Mit der Ernst- Reuter-Schule in der Waldstadt wurde die ers- te Ganztagesschule eingerichtet. Nicht weniger wichtig war mir, und das überrascht vielleicht, die Pflege unserer Fried- höfe. Der Hauptfriedhof wurde erweitert, die Friedhofskapelle neu gestaltet, neue Friedhö- fe in der Nordweststadt und in Wolfartsweier angelegt und anderes mehr. Gepflegte Fried- höfe sind Ausdruck intakter Lebens- und Stadtkultur. Eine große Unternehmung war die Neuge- staltung der Stadthalle, bis jetzt das einzige repräsentative Kongressgebäude. Schon darna- lige Überlegungen für eine Neue Messe außer- halb des Festplatzbereiches scheiterten an der Finanzlage. Schließlich noch mein größter Zuständigkeitsbereich, nämlich die Stadtwer- ke samt Verkehrsbetrieben und Rheinhäfen. Bei den letzteren wurde ein Containerum- schlagplatz neu geschaffen und durch das Hafensperrror der Hafen gegen Hochwasser geschützt. Bei den Versorgungs betrieben sind das große Wasserwerk Rheinwald in EIches- heim sowie eine Kesselanlage mit moderner Rauchgasreinigung festzuhalten; zuletzt noch die herausragende Modernisierung unserer Verkehrsbetriebe, die weltweit Beachtung ge- funden hat. Mit der Einführung der 2-Sys- tem-Fahrzeuge wurde Nahverkehrsgeschichte geschrieben, der Ausbau des Nahverkehrsnet- zes ist beispielhaft. Blick: 1986 wurden Sie Erster Bürgermeis- ter. Was für eine Funktion hat dieses Amt? Gauly: Der Erste Bürgermeister ist der arntliche Vertreter des Oberbürgermeisters. An seiner Stelle kann der Erste Bürgermeister die Stadt über alle Geschäftsbereiche hin rechtlich binden, was den übrigen Bürgermeistern nur für ihren eigenen Geschäftsbereich möglich ist. Natürlich wird der amtliche Vertreter ver- nünftigerweise nicht gegen die Intentionen des Oberbürgermeisters entscheiden. Im Üb- rigen stelle ich dankbar fest, dass mein Ver- hältnis zu meinen Oberbürgermeistern 0[[0 Dullenkopf und Professor Dr. Gerhard Seiler immer herzlich und ungetrübt war. Blick: Was für Pläne würden Sie sich als Karlsruher Kommunalpolitiker mit langjähri- ger Erfahrung für die Zukunft realisiert wün- schen? Gauly: Zunächst einmal eine Straßenbrü- cke über den Rhein. Zu meiner Zeit haben wir beim Neubau der Eisenbahnbrücke Stützpfei- ler und Widerlager für ein zweites Gleis vorge- sehen, das inzwischen nachgebaut worden ist. 267 Die Rheinbrücke muss ja in absehbarer Zeit saniert werden. und so ergibt sich die Not- wendigkeit eines zweiten Strom überganges, an dem allein die geplante. aber nicht be- schlossene Nordtangente angeknüpft werden müsste. Mit der Messe in Rheinsterten ist ein wich- tiger Schritt über die Stadtgrenze hinaus un- ternommen worden, genauso wie bei der Ver- kehrsplanung. Bei dieser befürchtete man zu- erst Wanderungen zu Ungunsten der Stadt- kommune. Heute si.eht man das unproblema- tischer. und Karlsruhe gewinnt deutlich im Prozess einer stärkeren Vernetzung der Region. Schließlich fühle ich mich als ehemaliger "Schulbürgermeister" auch der Entwicklung unseres Bildungswesens noch immer verbun- den. Nicht zuletzt nach den Weichenstellun- gen vergangener Jahre fährt da der Zug auf richtigem Gleis. DIE FRAGEN STELLTE LEONHARD MÜLLER 268 Biografien 269 Fridolin Heurich 1878-1960 Wenn in Karlsruhe von der Trümmerräumung nach 1945 die Rede ist, dann denken die we- nigsten Karlsruher an den verantwortlichen Baubürgermeister jener Tage. Fridolin Heu- rich war in dieser Funktion maßgeblich für die Stadt bei der Gründung der ,,Aufräumungs- Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe" beteiligt und förderte deren Tätigkeit so entschieden, wie er die ersten Schritte des Wiederaufbaus von Wohngebäuden, öffentlichen Bauten und die Neugestaltung der Kaiserstraße vorantrieb. Heurich wurde am 14. September 1878 als eines von fünf Kindern eines Taglöhners in Magdlos, Kreis Fulda geboren. Zwischen der Maurerlehre, dem Aufstieg zum Polier 1904 und der Karriere als Politiker in der Weimarer Republik lag eine unermüdliche und erfolgrei- che Tätigkeit für die christlichen Gewerk- schaften. Er begann 1906 als Funktionär des Bauarbeiterverbandes in Krefeld und ging 1908 nach Freiburg als Bezirksleiter. Unter- brochen wurde seine Aufbauarbeit in Baden und im Elsaß durch die Einberufung zum Kriegsdienst bis April 1917. In der Zeit der Weimarer Republik stieg Heurich u. a. als Vorsitzender der christlichen Gewerkschaften zum herausragenden christli- chen Arbeiterführer in Baden auf, der 1922 seinen Wohnsitz nach Karlsruhe verlegte. Mit seiner gewerkschaftlichen Tätigkeit verband Heurich von Anfang an auch politische Aktivi- täten für die Zentrumspartei. Seit 1919 nahm er eine Führungsrolle als Vorstandsmitglied der Partei in Baden und im Reich und seit 1919 als Mitglied des Landtags und des Fraktions- vorstands ein. Ab 1927 gehörte er als Staatsrat ehrenamtlich der badischen Regierung an. Seine Mitwirkung am Abschluss des badischen Konkordats würdigte der Vatikan 1932 mit der Verleihung eines päpstlichen Ordens. Über den Politiker Heurich schrieb der "Badische Beobachter" 1931, seine Reden sei- en "wuchtig und überzeugend" und verrieten schöpferisches Talent. Er sei ein glänzender Versammlungsredner und ein Meister der Debatte, "der mit seinem Gegner schlagfertig, aber dennoch ritterlich abrechnet." Heurichs tolerante, den Ausgleich mit dem politischen Gegner suchende GrundeinsteIlung fand ihre Grenze im Umgang mit den Nazis. 1930 er- regte sein Ohrfeigenduell mit dem NS-Abge- ordneten Kraft in einer erregten Landtagssit- zung öffentliches Aufsehen. Die Gegnerschaft zum Nationalsozialis- mus kostete Heurich 1933 alle Ämter. Erst ab 1937 konnte er bei einer Bausparkasse wieder arbeiten. Nach dem missglückten Attentat vom Juli 1944 wurde Heurich, der unter stän- diger Beobachtung der Gestapo stand, meh- rere Tage inhaftiert. 270 Wie manch anderer Politiker der Weimarer Republik. die zu NS-Gegnern wurden. kehr- te auch Heurich im Rentenalter 1945 wieder in das politische Leben zurück. Die Amerika- ner ernannten ihn im August 1945 zum Ers- ten Bürgermeister der Stadt. Er zählte zu den Mitbegründern der überkonfessionellen CDU und einer einheitlichen Gewerkschaft in Karls- ruhe. Mit großer Oberzeugungskraft warb er für die Gemeinsamkeit aller demokratischen Kräfte und .. gegen gehässige Parteienkämpfe". Seine Partei wählte ihn 1946 bis 1951 zum Vorsitzenden in Nordbadenj er vertrat sie von 1946 bis 1952 im Parlament von Württem- berg-Baden. Heurich. der nie einen Zweifel daran aufkommen ließ. dass seine geistigen und politischen Wurzeln in der Arbeiterschaft gründeten. schied zu Beginn des Jahres 1953 vor Ablauf seiner Amtsperiode im Alter von fast 75 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst. Ausgezeichnet mit dem Gro- ßen Verdienstkreuz der Bundesrepublik starb der verdiente Landes- und Kommunalpoliti- ker in Karlsruhe am 12. Februar 1960. MANFRED KOCH Heinrich Wetzlar 1868 -1943 Der Karlsruher Jugendrichter Dr. Heinrich Wetzlar hatte im Laufe seiner Berufsarbeit die Notlage der gestrauchelten Jugendlichen er- kannt. Als Vorsitzender des Bezirksvereins für Jugendschutz und Gefangenenfürsorge in Karlsruhe hielt er daher Ausschau nach einem geeigneten Gebäude. wo straffällige junge Menschen vor Polizeigewahrsam. Untersu- chungshaft oder Strafvollzug im Gefängnis verschont bleiben konnten. zugleich soziale Eingliederung erfahren sollten. Im Sommer 1914 gelang es. in einem Wohnhaus in der Werderstraße ein Heim zu eröffnen. das straf- fällige männliche JugentHiche aufnahm. Wäh- rend der Kriegsjahre waren ständig zehn bis zwölf Jugendliche untergebracht. wurden be- treut und versorgt. Bei Kriegsende aber musste die Einrichtung wegen der Wohnraumbewirt- schaftung geschlossen werden. die Fortsetzung der erfolgreich angelaufenen Hilfstätigkeit schien in Frage gestellt. Doch Dr. Wetzlar gab nicht auf. Dank seiner umsichtigen Verhand- lungsführung konnte das ehemalige großher- wgliche Jagdschloß Stutensee durch den Be- zirksverein übernommen und ausgebaut wer~ 271 den. Bereits im Jahre 1919 gründete Dr. Wetz- lar hier ein Erziehungsheim. Bald standen 36 Heimplätze zur Verfügung. die Insassen konn- ten in der Gärtnerei. in der Landwirtschaft. in der Korbflechterei und in der Schuhmacher- werkstatt angelernt und beschäftigt werden. Ein Fortbildungsschullehrer wirkte als Heim- leiter. fünf Aufsichtsbeamte standen ihm bei der Betreuungsarbeit zur Seite. Da herrschte kein Anstaltsklima, sondern man war bestrebt, die Heimbewohner nach neuen jugendpäda- gogischen Erkenntnissen auf das künftige Le- ben draußen vorzubereiten. An vielen Wo- chenenden fuhr oder wanderte der J ugend- richter. oft begleitet von seiner mithelfenden Ehefrau, hinaus nach Stutensee, um sich sei- ner Schützlinge anzunehmen. Ihm gebührt das Verdienst. im Raum Karlsruhe ein bei- spielhaftes Modell moderner Jugendhilfe ge- schaffen zu haben. Heinrich Wetzlar stammte aus einer jüdi- schen Kaufmannsfamilie. am 30. Mai 1868 war er in Mannheim geboren worden. Nach Studium der Rechtswissensehaften absolvier- te er seine Militärdienstzeit. 1894 in den badi- schen Justizdienst übernommen, war er bei verschiedenen Gerichten tätig. über mehrere Jahrzehnte in Karlsruhe. ab 1929 als Landge- richtspräsident in Mannheim. Unermüdlich engagierte sich der Richter in der Stralfalligen- hilfe. Neben seiner Funktion im KarIsruher Bezirksverein hat er 1920 das Amt des stell- vertretenden Vorsitzenden der Zentralleitung aller badischen Bezirksvereine übernommen (heute Badischer Landesverband für soziale Rechtspflege). An zahlreichen Tagungen der Gefangenenfürsorge nahm er teil, um seine erzieherischen Erfahrungen und seine rechts- politischen Forderungen an die Öffentlichkeit zu tragen. Unter dem Druck randalierender SA wurde er als Präsident des Landgerichts Mannheim zum I. August 1933 pensioniett. Kein Wort der Anerkennung und des Ab- schieds haben die amtlichen Stellen für den angesehenen Richter gefunden. Den beschä- menden Pogromen der so genannten Reichs- kristallnacht entging die Familie. sie war recht- zeitig gewarnt worden. Nun entschloss man sich zu rascher Auswanderung in die Nieder- lande. Nachdem dort deutsche Truppen einge- fallen waren. wurden Dr. Wetzlar und seine Frau im März 1943 in das Konzentrationsla- ger Theresienstadt verschleppt. Es lässt sich nur erahnen. welch unsägliche Leiden und Entbehrungen die 74 und 75 Jahre alten Men- schen bis zu ihrem Tode erdulden mussten. Heute erinnert an der Vorderfront des Schlos- ses Stutensee eine Gedenktafel an die Ermor- deten. Und ganz in der Nähe erhebt sich seit dem Jahre 1984 das Heinrich-Wetzlar-Haus. bestimmt zur Unterbringung jugendlicher Beschuldigter, die ansonsten in Untersu- chungshaft einsitzen müssten. Hier lebt das Werk des selbstlosen Helfers fort. REINER HAEHLI NG VON LAN ZENAUER 272 Luitgard Himmelheber 1874-1959 Der Name Himmelheber steht in der Karlsru- her Stadtgeschichte zum einen für die 1768 gegründete, renommieree Möbelfabrik der Gebrüder Himmelheber, zum anderen aber auch für eine Reihe von Frauen, die die übli- chen Pfade weiblichen Verhaltens ihrer Zeit verließen und sich politisch engagiereen. Luitgard Himmelheber war eine der ersten Frauen im Karlsruher Stadtparlament. Sie wur- de im Mai 1919 Stadrverordnete der "Deut- schen Demokratischen Partei" (DDP). Damit hatte sie für eine Frau ihrer Herkunft außerge- wöhnliche Wege beschritten. Am 27. April 1874 wurde sie als Tochter des Max Honsell (1843-1910) und dessen Ehefrau SophieAmalie Prestinari (1845-1929) geboren. Ihr Vater hatte als Ingenieur die von Tulla begonnene Rheinregulierung vollendet und wurde dann badischer Finanzminiscer. Luitgard genoss die für eine Tochter der Ober- schicht herkömmliche Bildung. Von 1880 bis 1890 besuchte sie eine führende Einrichtung für die Erziehung höherer Töchter, die im Besitz der Großherzogin Luise befindliche Vikcoriaschule. 1894 heiratete sie Gustav Himmelheber (1863-1937) , der zusammen mit seinem Bruder Karl die Möbelfabrik "Ge- brüder Himmelheber" führte. Vielleicht lag es daran, dass sie in einem geistig aufgeschlossenen Elternhaus aufge- wachsen war, vielleicht hatte sie ihre eigene Ausbildung als ungenügend empfunden; Lu- itgard Himmelheber befasste sich jedenfalls bald mit den Problemen einer höheren Bil- dung für Mädchen. Die Institute für höhere Töchter wollten Mädchen auf ihre Rolle als bürgerliche Gattin vorbereiten. In erster Linie sollten Repräsentationsfähigkeit, Geschick- lichkeit und ästhetisches Empfinden durch das Erlernen der französischen Sprache, von Hand- arbeiten und durch Zeichenunterricht erwor- ben werden. Eine weiterführende Bildung, die zur Ausübung eines qualifiziereen Berufs oder gar zum Studium befahigt hätte, gab es zu je- ner Zeit für Mädchen in Deutschland nicht. Luitgard Himmelheber setzte sich für die Gründung des 1893 in Karlsruhe eröffneten ersten deutschen Mädchengymnasiums ein und focht mit Entschiedenheit für dessen Forebestehen, als dies 1897 zweicweilig gefähr- det war. Ein besonderes Anliegen war ihr die Einrichtung eines Internats für die auswärti- gen Gymnasiastinnen. Sie kümmeree sich um die Verwaltung des Pensionats und sorgte auch für die Freizeitgestaltung der Mädchen an Sonntagen und in kürzeren Ferien. Der all- jährliche Tagesausflug der Internatsschüler- innen führee in das Landhaus des Ehepaars Himmelheber in Bernbach. 273 Neben diesem praktischen Wirken enga- gierte sich die Fabrikantengattin und Mutter von sieben Kindern auch politisch für eine bes- sere Ausbildung von Mädchen. Sie trat dem Ver- ein "Ftauenbildung- Frauenstudium" bei, des- sen Karlsruher Gruppe sie von 1902 bis 1919 leitete. Während des Ersten Weltkriegs bildete dieser Verein gemeinsam mit anderen Frauen- organisationen den "Nationalen Frauendienst". Luitgard Himmelheber sah hier ihre Aufgabe im sozialen Bereich und widmete sich ins- besondere der Betreuung von Kriegerwitwen. Das Kriegserlebnis veranlasste sie, sich par- teipolitisch zu betätigen. Sie wurde Mitgrün- derin der Karlsruher Demokratischen Partei und nutzte 1919 nach Einführung des Frau- enwahlrechts ihre neugewonnenen demokra- tischen Rechte, um Politik selbst mitzugestal- ten. Bis 1924 saß sie im Karlsruher Bürgeraus- schuss. In ihrem fünfzigsten Lebensjahr zog sie sich aus dem politischen Leben zurück. Der Zweite Weltkrieg veranlasste schließlich ihre Schwiegertochter Kathinka Himmelheber, sich nach 1945 in der überparteilichen Karls- ruher Frauengruppe zu engagieren. Luitgard Himmelheber verstarb am 1. März 1959. BARBARA GUTTMANN GustavTrunk 1871-1936 "Trunk hat gezögert, er besprach sich zunächst mit Chefredakteur Meyer vom 'Badischen Be- obachter' und mir, dann nahm auch er an, 'in Gottes Namen', wie er ausrIef. Trunk war. wie sich herausstellte, ein absoluter Fehlgriff, un- fähig zu selbstständigem Handeln." Mit diesen herben Worten kommentierte sein Parteifreund Heinrich Köhler den Beginn der politischen Laufbahn Gustav Trunks auf Landesebene. Am 10. November 1918 wurde in Karlsruhe im Zuge der Revolution die vor- läufige Volksregierung unrer dem Sozialdemo- kraten Anton Geiß gebildet. Trunk - unsicher, unvorbereitet und misstrauisch - übernahm darin das Amt des Ernährungsministers, das die Verwaltung des Mangels bedeutete und dessen Übernahme ein hohes Maß an Pflicht- bewusstsein und Selbsrverleugnung erforder- te. Er baute das neue Ministerium auf, war aber nicht erfolgreich im Kampf gegen Schwarz- markt, Versorgungsnot, Hunger und die Un- zufriedenheit großer Teile der Bevölkerung. Zugute hielt er sich, die Eisenbahnfahrt der großherzoglichen Familie ins "Exil" nach Schloß Langenstein (17./18. November 1918) mitorganisiert zu haben. JosefLudwig GustavTrunk, der Sohn eines Hauptlehrers, geboren am 24. Juli 1871 in Waldprechtsweier, erhielt in Sasbachwalden, in der von dem Priester und führenden Zen- trumspolitiker Franz X. Lender gegründeten Schule eine stark katholisch-religiös geprägte Erziehung. Gewiss hatte diese Anteil daran, dass der betonr patriotische Mann sich später nicht den Nationalliberalen, sondern dem Zentrum anschloss. Nach dem Abitur am Gymnasium in Rastatt 1893 studierte Trunk bis 1897 Jura in Heidelberg und Berlin und schloss sich der farben tragenden Verbindung Arminia im CV an. Der wegen starker Kurz- sichtigkeit vom Militärdienst befreite Jurist war nur kurze Zeit Amtsrichter in Wolfach und ließ sich 1900 als Anwalt in Karlsruhe nieder. Damals war er schon Mitglied der 274 Zentrumspartei, für die er von 1911-1919 im Stadtrat von Karlsruhe saß. Bereits Minister, kandidierte Trunk im Ja- nuar 1919 erfolgreich für ein Mandat in der Badischen Nationalversammlung. Von 1921 bis 1930 gehörte er dem Landtag an, zuletzt als 2. Fraktionsvorsitzender des Zentrums. Nach dem Wechsel im April 1919 vom Ernäh- rungs- in das Justizministerium (1919-1929) erwarb Trunk sich ohne Zweifel rasch große Verdienste. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis Trunk auch höchste Würden erlang- te. 1920121, 1925/26 und 1927 (als Nachfol- ger des zum Reichsminister ernannten Hein- rich Köhler) war Trunk Badischer Staatspräsi- dent. Der Tod seiner Frau und parteiinterne Streitigkeiten - vor allem der persönliche Kon- flikt mit Köhler, der großen Einfluss in der Landtagsfraktion besaß und im Gegensatz zu Trunk die Politik von Reichskanzler Brüning nicht unterstützte - führten zu seinem Rück- tritt als Minister (November 1929) und zur Niederlegung des Landtagsmandats Quni 1930). Danach war er wieder als Anwalt in Karls- ruhe tätig und heiratete noch einmal. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten ver- dunkelte Trunks Lebensabend. Schon Ende März 1933 wurde ihm das Ruhegehalt aber- kannt, wogegen er. sich, seit 1935 schwer er- krankt, gerichtlich wehrte. Im März 1936 be- kam er auf Intervention des Reichsjustizminis- ters ein Übergangsgeld bewilligt. Wenige Wochen später, am 23. April 1936, ist der Trä- ger der Jubiläumsmedaille der TH Karlsruhe und Ehrendoktor der Universität Freiburg in Karlsruhe gestorben. FRANK RABERG Rahel Straus 1880 -1963 Das zwanzigsre Jahrhundert eröffnete Frauen neue Bildungs- und Berufsmöglichkeiten. Kurz vor der Jahrhundertwende legten in Karlsruhe die ersten vier Frauen in Deutsch- land ihr Abitur ab. Eine von ihnen war Rahe! Straus geb. Gotein. Nach dem frühen Tod ih- res Vaters, des Rabbiners der orthodoxen Aus- trittsgemeinde Dr. Gabor Gotein, lag die Er- ziehung der 1880 geborenen Rahel und ihrer Geschwister in den Händen der Mutter Ida Gotein geb. Löwenfe!d. Für die damalige Zeit durchaus nicht selbstverständlich, ermöglichte diese nicht nur den Söhnen, sondern auch den Töchtern eine Ausbildung. Raheiließ sie das 275 1893 in Karlsruhe gegründete erste deutsche Mädchengymnasium besuchen. Das neue Jahr- hundert brachte für Frauen in Baden auch die Zulassung zum Studium. und Rahel Gotein nahm in Heidelberg als erste Frau an einer deutschen Hochschule das Medizinsrudium auf. Wie ungewöhnlich das war. mag die Reak- tion ihres Freundes Elis Straus verdeutlichen. der rundheraus erklärte: "Eine Ärztin kann man nicht heiraten. " Er tat es doch. und das Paar übersiedelte 1905 nach München. Hier eröffnete Rahel Straus 1908 als dritte Ärztin in München und als erste. die an einer deutschen Universität studiert hatee, eine eigene Praxis. Das. wofür die Frauenbewegung im 19. Jahr- hundert gekämpft hatte. wurde für die junge Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts nun Re- alität. 1918 erlangten Frauen auch die politi- sche Gleichberechtigung. Rahel Straus über- nahm in der Münchener Räterepublik die Ver- tretung im Frauenrat und im Geistigen Rar. Die Situation zu Beginn des 20. Jahrhun- derrs stellte sich für Frauen. zumindest der bürgerlichen Schichten. in vieler Hinsicht als Aufbruch dar. Dennoch konnte Rahel Straus nicht das Gefühl Friedrich Schillers ein Jahr- hundert zuvor teilen: "Wie schön. 0 Mensch. mit Deinem Palmenzweige. Stehst Du an des Jahrhunderrs Neige. Wir spürten zu sehr das Gärende. das kommen wollte und das unter der Decke schwelte.". erinnerte sie sich später. Die alte Weltordnung war brüchig gewor- den. Dies bot nicht nur Chancen für positive Entwicklungen. z. B. hinsichtlich der Frauen- emanzipation, sondern setzte durchaus auch negative Kräfte frei. Die Hoffnung auf eine friedliche Entwicklung des national erstarkten Deutschland wurde durch den Ersten Welt- krieg zunichte gemacht. und die Enttäu- schung über den ausbleibenden Blitzsieg führ- te zu einer Verschärfung des Antisemitismus. Als Rahel Straus 1917 vor dem Kreis ehemali- ger H eidelberger Mitstudentinnen über Zwei- fel am Krieg und die Überbetonung männli- cher Werte in Kriegszeiten sprach. sah sie sich auch hier mit dem Misstrauen gegenüber der patriotischen Loayalität der Juden konfron- tiert. Die ehemaligen Weggenossinnen waren der Meinung. dass sie als Jüdin anders zum Vaterland stünde als die anderen. Als der Krieg vorbei war. engagierte sich Rahel Straus in der neu gegründeten "Womens International Zionist Organisation" (WIZO) und im Jüdischen Frauenbund. Die Verbin- dungen zu nicht jüdischen Frauenorganisatio- nen wurden mit dem Anwachsen der völki- schen Bewegung jedoch zunehmend belastet. "Wir hatten große Sehnsucht nach Ruhe. Frie- de und Ordnung.". erklärte Rahel Straus spä- ter die Tatsache. dass sie das Anwachsen des Antisemitismus zwar wahrnahmen, jedoch darüber hinweg zu gehen suchten. Nach der nat ionalsozialistischen Machtergreifung im Januar 1933 und dem wenige Monate darauf 276 folgenden Tod ihres Ehemanns fasste sie schließlich den Entschluss, das Land zu verlas- sen. Mit Unterstützung ihrer ältesten Tochter Isa und deren Ehemann gelangten Rahe! Straus und die jüngeren Kinder nach Palästina. Eine Pionierin der Frauenbildung und -berufstätig- keir ging Deurschland verloren, doch ihr Le- ben war gerettet. Rahel Straus, deren Haupt- augenmerk auch in Palästina der Situation von Frauen galt, starb 1963 im Alter von 83 Jahren. BARBARA GUTTMANN Franz von Roggenbach 1825 -1907 War er eine Alternative zu Bismarck? Und wäre - so heutige Historiker - unter seiner Kanzlerschaft ein anderer Weg beschritten worden als jener, der die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts für uns so verhängnisvoll werden ließ? Vor 175 Jahren am 25. März 1825 als Sohn des Regimentskommandeurs in Mann- heim geboren, studierte er Jura in Heidelberg, wo die Historiker Gervinus und Schlosser sein politisches Interesse weckten. Nach Ausbil- dungsabschluss 1848 wurde er "durch den wunderlichsten Zufall" im Außenministerium der damaligen Reichsregierung angestellt, und so erlebte er auch das Paulskirchenparlament aus nächster Nähe. Seitdem begleiteten ihn Zweifel "angesichts einer nie ruhenden Dem- agogie" und der "Unfähigkeit großer Ver- sammlungen" . Nach Übertritt in den badischen diploma- tischen Dienst 1849 begann er in Berlin erste Kontakte zu knüpfen, die er auf Bildungsrei- sen vertiefte. Für die liberalen Fürstenhäuser wie Nassau, Oldenburg, Weimar, Coburg u. a. wurde er ein engagierter Berater, weil für ihn der Weg zum nationalen Staat nur über diesen liberalen Konstitutionalismus fuhren konnte. Kleindeutsch gesinnt, erhoffre er sich von der Neuen Ära 1858 in Preußen einen mutigen Schritt für ein Fürstenbündnis. Auch in Baden waren seit 1856 Liberale in die Regierung be- rufen worden. Mit dem ihm freundschaftlich verbundenen Großherzog Friedrich I. entwarf Roggenbach einen Reformplan für die "Verei- nigten Staaten von Deutschland" unter Aus- gliederung Österreichs, dessen Besitzstand garantiert werden sollte. Die gemeinsamen Beratungen mit Friedrichs Schwiegervater Wilhe1m I. durchkreuzte aber Bismarck, den angesichts des Verfassungskonflikts Wilhe1m 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten ernannte. 277 Roggenbach, seit 1861 badischer Außen- minister - auf ein Gehalt verzichtete er - for- derte, dass das Bismarcksche System "scho- nungslos angegriffen" werden müsse, und der Hass gegen den "gewissenlosen Menschen" und "grundsatzlosen Junker" begleitete sein politisches Wirken. Aber schon 1865 sah er sich als Vertreter eines Mittelstaates eingeengt, und Friedrich musste auf seinen Antrag seinen "Herzensminister" entlassen. Den Krieg gegen Frankreich 1870 bejahte er freilich wie den Deutschen Krieg 1866 und er "zitterte nur vor Pfuscharbeit". Im Hauptquartier des preußi- schen Kronprinzen entwarf er radikale Annek- tionspläne zur Auflösung Frankreichs in föde- rative Provinzen und eine vorgeschobene Grenze von Belgien bis zur Schweiz. Die Posi- tion eines Statthalters für Elsaß-Lothringen schlug er unter einem Kanzler Bismarck aus. Dafür reorganisierte er als Kurator 1871/72 die Universität Straßburg und war Mitglied des Reichstags. Die Schärfe des Kulturkarnp- fes - wie in Baden - missfiel dem liberalen Ka- tholiken, und er sparte sich "für bessere Zeiten auf'. Diese erhoffte er sich im Kontaktkreis mit Kronprinz Friedrich als künftigem Kaiser, wobei er vor allem eine intensive politische Korrespondenz mit Augusta, Gattin Wllhelms 1., führte, die Roggenbachs Gedanken immer wieder. teils wörtlich übernommen, vortrug. Als 1888 Friedrich III. starb, waren Rog- genbachs Pläne zerbrochen, denn Wilhe1m Il. brauchte ihn nicht. Dessen Regime galt bald seine Kritik im Briefverkehr mit Entschei- dungsträgern, die für ihn mehr bedeuteten als der Parlamentarismus, den er gerade in seiner englischen Form ablehnte. 1907 starb der "Staatsmann ohne Staat", wohl zwiespältig und die Realitäten der Macht oft verkennend, aber ohne persönliches Machtstreben und vol- ler Ahnungen, wohin Deutschland im 20. Jahrhundert treiben würde. LEONHARD MüLLER Wilhelm Eiseniohr 1799 -1872 In der Geschichte det Physik hat der Professor am Karlstuhet Polytechnikum einen Namen, denn die von ihm 1854 als ultraviolettes Licht bezeichneten kurzweiligen Strahlen mit ihrer Fähigkeit, Fluoreszenz zu erregen, konnte er etstmalig anhand eines von ihm erfundenen Verfahrens in ihrer Wellenlänge messen, und dies fand bei den Physikern besondere Auf- merksamkeit. Eine gleiche Beachtung gilt hier dem leh- rer. 1799 in Pforzheim geboren, wuchs der Sohn eines Obervogts in Durlach auf. Die frü- he Halbwaise wollte nach Lateinschulbesuch Schreiber werden, um die alleinerziehende Mutter zu unterstützen. Autodidaktisch er- warb er den Hochschulzugang und studierte 1817 Kameralwissenschaften und Mathema- tik in Heidelberg. Dem brillanten Zwanzig- jährigen wurde bereits 1819 eine Stelle für Mathematik und Physik am Mannheimet Lyceum angeboten, die er mit Erfolg 21 Jah- re wahrnahm. Berichtet wird, dass der begeis- terte Lehrer auf einem Ausflug seinen Schü- lern in einem Gasthaus mit seiner Stentor- stimme den pythagoreischen Lehrsatz anhand eines Stückes Käse erläuterte. Ein unbekann- ter, zuhörender Gast erwirkte später die Erhö- hung der Besoldung des Professors um 200 Gulden. Es war der Innenminister. EisenIohr war mittlerweile auch Gewerbeleh- 278 rer geworden. Er erwarb sich hohe Verdienste um den Aufbau der neuen Schulart. wo er. wie damals üblich. abends und Sonntagfrüh Un- terricht hielt und als Beirat bei der Aufsichts- behörde für Gewerbeschulsachen diente. 1840 wurde er an das Karlsruher Lyceum berufen und im Nebenarnt zu Vorlesungen am Polytechnikum verpflichtet. Seine Hauptsor- ge war die Einrichtung eines physikalischen Kabinetts. Dass er diese anfangs aus eigenen Mitteln bestritt. forderte das Ministerium heraus, einen ansehnlichen Staatszuschuss zu zahlen. Auch seine Vorlesungen. seit 1855 ganz dem Polytechnikum zugeordnet. dehnte er freiwillig bis zu 12 Stunden aus und schuf mit seinem Laboratorium erstmals Übungs- plätze für seine Physikstudenten. "Seine Be- geisterung" so eine Biographie. "entzündete den göttlichen Funken in der Brust der Jüng- linge." 1836 verfasste er das erste Physiklehr- buch. das nicht auf französischen Vorbildern fußte. 1876 in 11. Auflage erschienen. Neben dem industriellen Nutzen der Physik. so heißt es im Vorwort, wirkt sie "aber ebenso wohltä- tig auf unser religiöses und moralisches Ge- fühl. Durch sie lernen wir überall die Weisheit und Größe des Schöpfers bewundern." Verdienstvoll für das Polytechnikum war nicht nur seine enge Zusammenarbeit mit Di- rektor Ferdinand Redtenbacher. sondern auch der Kontakt zum Großherzog Friedrich 1.. der mit Ehefrau Luise sein physikalisches Kabinett besuchte. 1858 fand in Karlsruhe die 34. Ver- sammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte statt. zu deren Vorsitzendem Eiseniohr gewählt wurde. ein Kulminationspunkt in sei- nem Leben. Im Nachhall gründete er 1859 auf Wunsch seines Fürsten den "Verein für wissen- schaftliche Belehrung". dem er zehn Jahre vorstand. Den regelmäßigen Vorträgen. für die er bedeutende Köpfe der Wissenschaft gewin- nen konnte. wohnte der Großherzog fast re- gelmäßig bei. Mit seinen populärwissenschaft- lichen Schriften konnte EisenIohr neben sei- ner großen Redekunst zunehmend nicht nur viele Studenten. sondern auch weite Kreise der Bevölketung für den Erlebnisbereich "Physik" gewinnen . Der Dank blieb nicht aus. Mit hohen Orden und dem Titel Geh. Rat II. Klasse geehrt. mit den Ehrendoktorhüten der Universitäten Freiburg und Basel ausgezeich- net. gehörte er zu den eindrucksvollen Köpfen des Polytechnikums. Neben seiner Neigung zu Kunst und Literatur - Dante und Shakespea- fe las er in der Ursprache - interessiene er sich auch politisch. Im Ruhestand seit 1865 war er nicht min- der rührig. bis er 1872 an einem Herzleiden starb. Der Band. in welchem er Shakespeares dramatische Dichtungen zu lesen pflegte. ist ihm auf seinen wiederholten Wunsch in den Sarg gelegt worden. LEONHARD MüLLER 279 Margarethe Hormuth-Kallmorgen 1857-1916 Margarethe Hormuth war Mitglied der Gröt- zinger Malerkolonie. Sie wurde 1857 in Hei- delberg geboren. Aus einer bürgerlichen Fami- lie stammend, erhielt sie die Ausbildung einer höheren Tochter im Mädchenpensionat. Auf Grund ihrer gesellschaftlichen Stellung hatte sie die Chance, eine Berufsausbildung zu ma- chen, doch durch ihre Geschlechtszugehörig- keit waren dem Grenzen gesetzt. Sie wollte Malerin werden, aber an der Akademie, dem klassischen Ausbildungsort der bildenden Künstler, waren Frauen damals nicht zugelas- sen und so musste sie Privatunterricht neh- men. 1878 wurde Margarethe Privatschülerin des Porträt- und Historienmalers Ferdinand Keller. Während man an den Akademien die Fächer Historien-, Porrrät-, Genre- und Land- schaftsmalerei lehrte, wurden die Frauen allein in Blumenmalerei unterrichtet. Obwohl sich Margarethe, den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend, auf Blumenmalerei spezialisier- te, ist das Vorbild des Lehrers deutlich in ihren Arbeiten spürbar. Die Staffagen seiner großen historischen Szenen. wie ein roter Samtvor- hang, eine kupferne Vase und die üppigen Blüten der Pfingstrosen werden bei ihr zum alleinigen Bildinhalt, wobei sie die Stofflich- keit der Gegenstände hervorragend in Malerei umsetzte. Gestalterisch blieb sie immer der Kunst der Gründerzeit verhaftet. Bereits im ersten Jahr ihrer Malerinnenaus- bildung lernte sie den Kunststudenten Fried- rich Kallmorgen kennen. Bald wurde sie zur wichtigsten Ratgeberin für den jungen Maler: "Ich will keine Frau sein, die mit ein bissehen süßem Geschwätz den Mann unterhält, ihm ein kostbares Spielzeug isr - oh nein - ich als Frau von einem Künstler will vollen Anteil an seinen Werken haben, ich will die anregende, fördernde Kraft sein. Mit mir, durch mich." Erst nachdem gesichert war, dass Friedrich Kallmorgen mit dem Verkauf seiner Gemälde eine Familie ernähren konnte, erlaubte sein Vater die Hochzeit, die am 10. September 1882 stattfand. Doch weder die Heirat noch die Geburt der beiden Kinder hinderten Margarethe am Malen. Nachdem im Sommer 1883 der Sohn Walther zur Welt gekommen war, zog Marga- rethes Schwester Anna zu der jungen Familie. Sie kümmerte sich um den Haushalt und die Familie. Bis zur Geburt der Tochter Helene war Margarethe Schülerin von Ferdinand Kel- ler. Sie erhielt Aufträge für Gemälde, sie be- schickte regelmäßig Ausstellungen, wo ihre Arbeiten meist auch verkauft wurden, und seit 280 1884 unterrichtete sie immer wieder Privat- schülerinnen. Margarethe war nach Kräften bemüht, mit ihrem Verdienst das Haushalts- geld aufzubessern. Dabei teilte sie ihre Zeit ge- wissenhaft ein: ,,Abends strickend, morgens malend, nachmittags Frau für alles'" wie sie 1885 ihre Situation beschrieb. Die künstleri- schen Erfolge Friedrich Kallmorgens ermög- lichten es dem Paar, 1889 in Grötzingen das "Haus Hohengrund" als Wohnsitz für den Sommer zu bauen. Margarethe entwickelte, wegen der langen Abwesenheit ihres Gatten, der als Landschaftsmaler zahlreiche Reisen un- ternahm, große Selbständigkeit. Unterstützt von ihrer Schwester Anna hatte sie bereits 1889 das Richtfest des Hauses ohne ihren Mann bestreiten müssen. Darüber hinaus ar- beitete sie beständig an ihren eigenen Werken - in einem Nordzimmer. das ihr als Atelier diente, und gelegentlich auch im Garten. Wie ihr Ehemann hielt auch Margarethe den Kon- takt zu den Kollegen und Kolleginnen in Karlsruhe. 1898 wurde sie in den Vorstand des Karlsruher Malerinnen-Vereins berufen. Von 1900 bis1902lehrte sie Blumen- und Stillle- benmalerei an der Malerinnenschule in Karls- ruhe. Mit der Berufung ihres Mannes zum Professor an die Berliner Akademie und dem Umzug in die Reichshauptstadt erlahmte die künstlerische Schaffenskraft der 46-jährigen. BRIGITTE BAUMSTARK Melitta Schäpf 1901-1989 Am 27. Januar 2001 jährt sich der Geburtstag einer außergewöhnlichen Karlsruherin zum hundertsten Male. Melitta Schöpf wurde 1956 als erste FDP-Frau in den Karlsruher Stadtrat gewählt. Im selben Jahr kandidierte sie für ihre Partei auch zu den Landtagswah- len. Für eine Frau in den 50er Jahren schlug sie damit ungewöhnliche Wege ein. In ganz Baden-Württemberg befanden sich unter ins- gesamt 350 Erstkandidaten nur elf Frauen, in Karlsruhe war sie die einzige Kandidatin. Me- litta Schöpfs gesellschaftspolitisches Enga- gement hatte Familientradition. 1901 in Mos- bach geboren, wuchs sie in der Karlsruher Weststadt auf und besuchte das Lessinggym- nasium am Gutenbergplatz. Im Elternhaus wurden, besonders von mütterlicher Seite her, demokratische Traditionen lebendig erhalten und weitergegeben. Urgroßvater und Urgroß- onkel hatten sich an den revolutionären Auf- ständen 1848/49 in Baden beteiligt und wa- ren nach deren Niederschlagung in den Kasse- matten von Rastatt inhaftiert. Melitta Schöpf entschloss sich, nach Beendigung von Natio- nalsozialismus und Zweitem Weltkrieg in die FDP zu gehen, weil sie dort Ideale wie Indivi- dualismus und Freiheit des Denkens groß ge- schrieben sah. Den Anstoß, politisch aktiv zu werden, gab für sie jedoch die Frage der Gleich- berechtigung der Frau. Es war schließlich die Freundschaft mit Dr. Marie Elisabeth Lüders, die bereits in Kaiserreich und Weimarer Repu- blik in der Frauenbewegung führend gewesen war und nun für die FDP im Bundestag saß, die Melitta Schöpf 1953 in die liberale Partei führte. 1955 übernahm sie den Vorsitz der Karlsruher FDP-Frauengruppe, und auch im Landesfrauenausschuss der Partei war sie ver- treten. Dies alles war für die Gattin des Inha- bers eines bekannten Karlsruher Modege- schäfts durchaus ungewöhnlich. Seit 1931 war sie mit dem Kaufmann Karl Schöpf verheira- 281 tet. Ihrer Tochter wurde sie in ihrem vielfaIti- gen politischen und sozialen Engagement so- wie ihrem Einsatz für die Gleichberechtigung der Frau zum Vorbild. Melitta Schöpfs politische Arbeit be- schränkte sich keineswegs auf Frauenfragen. Sie wurde bald als stellvertretende Vorsitzende in den Vorstand der Karlsruher FDP gewählt und in den Ausschuss für Gewerbepolitik der Bundespartei entsandt. Auch in ihter Tätigkeit als Stadträtin deckte sie ein breites Spektrum an Themen ab. Ob es nun um die Beleuch- tung des Marktplatzes, die geplante Auflösung der gynäkologischen Abteilung im städtischen Krankenhaus, die Überbelastung der Polizei oder Sicherheit im Straßenverkehr ging, Me- litta Schöpf vertrat stets engagiert ihre Über- zeugung. Ende der 60er Jahre setzte sie sich vehement gegen den vollständigen Abbruch des im Krieg beschädigten Ständehauses ein. Dies war ihr nicht alleine ein baugeschichtli- ches und ästhetisches Anliegen, vielmehr woll- te sie das alte Ständehaus als bedeutendes Zeugnis der liberalenVerfassungsgeschichte Badens erhalten sehen. Die Frau, der die Überlieferung demokratischer Traditionen ein wichtiges Anliegen war, war gleichzeitig mit ihren Ideen oft ihrer Zeit voraus. Manches, wofür sie sich einsetzte, hat bis heute nichts an Aktualität eingebüßt. Bereits 1968 sah sie in der Ganztagsschule die Schule der Zukunft und schlug vor, Schulhausneubauren im Hin- blick darauf zu planen. Neben der Arbeit in Partei und Stadtrat fand Melitta Schöpf noch Zeit und Kraft, sich vielfältig gesellschaftlich und sozial zu engagieren. All ihre Aktivitäten und Funktionen im Einzelnen zu benennen, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Erwähnt sei, dass sie u. a. stellvertretende Vor- sitzende des Deutsch-Evangelischen Frauen- bunds war. Kirchenälteste sowie stellvertreten- de Vorsitzende des Kreisvereins Karlsruhe des Roten Kreuzes. 1967 wurde Melitta Schöpf für ihre Verdienste im Bereich der Kommunal- politik, der Frauenarbeit und des Sozialwesens das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. 1975 ehrte die FDP sie mit der Thomas-Deh- ler-Medaille. Die engagierte Politikerin ver- starb am 26. Februar 1989. BARBARA GUTTMANN 282 Gustav Zimmermann 1888-1949 "Dieser Tod ist wahrlich eine bittere Überra- schung für uns alle" schrieb Landtagspräsident Wilhe1m Keil dem hessischen Ministerpräsi- denten Christian Stock am 13. August 1949. "Wir haben einen guten Kameraden und ich persönlich einen rreuen Freund verloren". Der plötzliche Hetztod des SPD-Politikers Gustav Zimmermann erschütterte damals zahlreiche Weggefährten, zumal der Verstorbene eine Aura der Vitalität hatte, die Gedanken an Krankheit und Tod gar nicht aufkommen ließ. Gustav Zimmermann wurde am 2.12.1888 in Liedolsheim bei Karlsruhe geboren. Er war Mechaniker und Seemann, bevor er um 1910 zum Journalismus kam. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er schwer verwundet wur- de, war Zimmermann Redakteur sowie Ver- lagsdirektor und stand als stellvertretender Landesvorsitzender mit an der Spitze der badi- schen SPD. Von 1920 bis 1933 Stadtrat und SPD-Fraktionsvorsitzender in Mannheim, er- lebte Zimmermann 1933 die Entlassung aus allen Ämtern durch die Nationalsozialisten. Als führender badischer Sozialdemokrat be- fand er sich 1933 auch in "Schutzhaft" im KZ Kislau. Nach der Entlassung ernährte Zimmer- mann seine Familie als Geschäftsführer einer Papierwarenfabrik und als Handelsvertreter. Wegen Verbreitung eines verbotenen Presseor- gans saß er später erneut für drei Monate im Gefängnis. Nach dem Untergang des "Dritten Reiches" wurde der politisch Unbelastete im Spätfrühjahr 1945 von der US-Militärregie- rung in Mannheim zum Ersten Bürgermeister ernannt. Doch höhere Aufgaben warteten auf ihn: Im September 1945 berief ihn der Präsident des Landesbezirkes Baden im neugegründeten Land Württemberg-Baden Heinrich Köhler, zum Landesdirektor des Inneren und zu sei- nem Stellvertreter. Damit fand Zimmermann einen neuen Lebensschwerpunkt in Karlsruhe, wo die den Landesministerien in Stuttgart beigeordneten Landesdirektionen angesiedelt waren. Er war gewissermaßen für Nordbaden Stellvertreter des Innenministcrs von Würt- temberg-Baden. Als einer der Mitarbeiter am demokratischen Neubeginn im deutschen Süd- westen schrieb er sich in die Nachkriegsge- schichte ein. Schon im Januar 1946 wurde er Mitglied der Vorläufigen Volksvertretung in Stuttgart. Im Sommer des gleichen Jahres erfolgte seine Wahl in die Verfassungsgebende Landesver- sammlung von Württemberg-Baden und zum Erstem Vizepräsidenten. Bei der Erarbeitung 283 der Verfassung des Landes Württemberg-Ba- den leistete Zimmermann im Verfassungsaus- schuss Grundlegendes. Auch im Landtag von Württemberg-Baden. dem er für den Wahl- kreis Mannheim angehörte. nahm Zimmer- mann die Aufgabe des Ersten Vizepräsidenten wahr. Sein parteiübergreifendes Ansehen. sei- ne Konzilanz und sein großer Sachverstand führten im Sommer 1948 zur Wahl in den Parlamentarischen Rat. Er war Mitglied des Hauptausschusses und zählte neben dem mit ihm eng befreundeten Carlo Schmid zu den Sozialdemokraten. die entschieden für Kom- promisse mit den Konservativen, vor allem mit der CDU /CSU. eintraten und damit das Grundgesetz überhaupt erst ermöglichten. Während sich Zimmermann in Karlsruhe. Stuttgart und Bonn engagierte und die Arbei- ten am Grundgesetz in eine Krise gerieten, starb Heintich Köhler. der Präsident des Lan- desbezirks Baden. Als Stellvertreter war Zim- mermann der gegebene Nachfolger. Der 60- jährige fragte sich. ob er auch diese Last noch würde schultern können. Aber er verschloss sich den lauten Rufen nicht und trat das Prä- sidentenamt an. Zunehmend machten sich Folgen der Ent- behrung und der psychischen Belastung aus der Zeit vor 1945 bemerkbar. Zimmermann litt unter einer schweren Herz- und Bronchi- enerkrankung, die er nicht auskurieren konn- te. Im Sommer 1949 bekam er eine Lungen- entzündung, von der er sich zu erholen schien. Eine plörzlich auftretende Embolie führte am I. August 1949 im Neuen Vinzentius-Kran- kenhaus in Karlsruhe seinen Tod herbei. FRANK RABERG Johann Georg Schlosser 1739 -1799 Als einer der "merkwürdigsten" badischen Be- amten wird er in einer Würdigung charakteri- siert. Vielleicht weil er. geboren 1739 in eine Familie der Oberschicht zu Frankfurt. sich immer als "Republikaner" einer freien Reichs- stadt empfand. dem Adel gleichwertig wie sein Schwager Goethe. Nach Rechtsstudium. kurze Zeit Geheim- sekretär. später als Advokat in Frankfurt. trat der Sprachkundige als Übersetzer und Verfas- ser philosophischer Beiträge literarisch hervor. Als er 1773 Goerhes Schwester Cornelia hei- raten wollte, verlangte deren Vater, dass er eine gefestigte Position samt Titel vorweisen solle. Schlossers Interesse galt der badischen Verwal- tung. die ihm als vorbildlich und Markgraf Friedrich als "einer der hervorragendsten Ver- 284 treter des aufgeklärten Absolutismus" erschien. Jener kannte Schlossers "Katechismus der Sit- tenlehre für das Landvolk" und stellte ihn als Hof- und Regierungsrat in das Hofratskollegi- um ein, das Regierungsfunktionen wahrnahm. Nach kurzer Zeit in Kar!sruhe, "schroffe Redlichkeit" machte ihn hier unbequem, zog er mit seiner Frau Cornelia nach Emmendin- gen als hochbezahlter Oberamtsverweser der Herrschaft Hochberg, eine der sücllichen badi- schen Exklaven neben Rötteln und Badenwei- ler. Während die an Frankfurter Geselligkeit gewöhnte Cornelia sich in diesem Ackerbau- städtchen, fern von ihrem geliebten Bruder, sehr unglücklich fühlte, fand Schlosser als oberster Beamter das richtige Betätigungsfeld. Die Verweser verkehrten direkt mit dem Hof- kollegium, waren sie doch für die Polizeige- walt, die Schul- und Kirchen- und Finanzsa- chen, die untere Gerichtsbarkeit und die Ge- werbeaufsicht zuständig. Wenn der Hofrat unter dem "unverbesserlichen Besserwisser" auch litt, denn der Fürst gewährte ihm stetig seine Gunst, so entwickelte sich unter der flei- ßigen, akuraten Verwaltung Schlossers diese Zwergresidenz auf allen Gebieten ganz vorzüg- lich. Seine schriftstellerischen Produktionen ruhten nicht, und Freundschaften mit Litera- ten in der Schweiz, im Elsass und anderswo pflegte er durch reichen Briefwechsel. Der ra- sche Tod der 27 -jährigen Cornelia 1777 nach einer zweiten Geburt und depressivem Dasein war ein harter Schicksalsschlag. Nach 13 Jah- ren in Emmendingen bat er 1787 um eine Stelle "an der er nicht reden dürfte bis man ihn fragt". Kar! Friedrich berief ihn als Geh. Hof- rat nach Karlsruhe, und die Reaktion Schlos- sers war: "Ich lebe so frei wie in Frankfurt. Mein ganzer Zwang besteht darin, dass ich alle Tage einen Haarbeutel und Schuhe und Strümpfe trage." In seinem Wirken ging er, der die "Politik" des Aristoteles als erster ins Deut- sche übersetzt hatte, von einer Gewaltenteilung aus. In vielem der Tradition zwar verbunden, so für die Erhalrung der Ständegesellschaft und der Zünfte, war er schon 1783 vom Kaiser Joseph II in eine Kommission zur Verbesse- rung des österreichischen Rechts berufen wor- den. Jetzt forderte er entschieden die Unab- hängigkeit des Hofgerichrs vom Hofrat, quasi der Exekutive, und dem Fürsten, quasi der Le- gislative. 1790 wurde das eigene Hofgericht ge- schaffen und Schlosser zum Direktor bestellt, obgleich der Markgraf letztlich sters den Adel bevorzugte, aber auf einen solchen "Gelehrten und Mann von Genie" nicht verzichten wollte. 1794 wollte Schlosser aus dem badischen Staatsdienst ausscheiden. Er nahm Anstoß am Eingriff des Markgrafen in die Justiz in Sachen eines hochverschuldeten französischen Asylan- ten, für die das Herz des Fürsten in der Revo- lutionszeit schlug. Hier sah er einen groben Verstoß gegen den von ihm immer wieder ver- tretenen Gerechtigkeitssinn. "Mein Herr ist der liebste Mann, den ich kenne, aber er ist unthätig", und damit meinte er: vom Hofstaat absorbiert, der nur den "Hofblick" kannte. Als unabhängiger Geist, seit 1798 Syndikus im Frankfurter Magistrat, 1799 gestorben, war er ein aufgeklärter Begleiter, ja Wegbereiter eines Monarchen an der Schwelle zum bald libera- len Baden des 19. Jahrhunderts. LEONHARD MÜLLER 285 Rahel Varnhagen 1771-1833 "Hier bin ich noch mit niemand, als wär's mei- nesgleichen", schrieb Rahel Varnhagen im De- zember 1816 an einen Freund, nachdem sie ein halbes Jahr als Ehefrau des preußischen Ge- sandten am badischen Hof, Karl August Varn- hagen, in Karlsruhe gelebt hatte. In die Litera- tur- und Geschichtswissenschaft ging Rahel Vamhagen ein als Betreiberin der wohl bedeu- tendsten Berliner Salons in den Jahrzehnten um 1800, in denen sich der gebildete Adel mit Vertretern des Bürgertums zu stände- und kon- fessionsübergreifendem Gedankenaustausch traf. Zudem hinterließ sie ein umfangreiches Briefwerk, sie korrespondierte im Laufe ihres Lebens mit rund 300 Menschen. Dennoch umgab sie immer eine Einsamkeit, die mit ih- rer Herkunft und ihrem Wesen zusammen- hing. Es stellt sich die Frage, mit wem Rahel hätte so sein können, als wär's ihresgleichen? Sie kam am 19. Mai 1771 als ältestes Kind des jüdischen Kaufmanns Markus Lewin und seiner Frau Chaie in Berlin zur Welt. 1790 begann sie in der Dachstube ihres Elternhau- ses ihren ersten Salon zu etablieren. 1806, als sich im napoleonisch besetzten Preußen der Nationalismus verbreitete, musste sie ihn schließen, denn nun traf man sich nicht mehr bei einer Jüdin. Der deutsche Nationalstolz zeichnete sich von Anfang an durch eine Ab- weisung der Juden aus. 1814 heirate re sie den 14 Jahre jüngeren Karl August Vamhagen, nachdem sie vorher zum christlichen Glauben übergetreten war. Mit ihm lebte sie ab 1816 in Karlsruhe, bis er 1819 von seinem Amt abberufen wurde. Das Ehepaar ging zurück nach Berlin, wo Rahel ihren zweiten Salon eröffnete. Sie starb 1833. In ihren Karlsruher Jahren vermisste sie vor allem die gelehrte Geselligkeit. Sie schrieb: "Karlsruhe ist ein schöner, unbequemer Ort. Die Unbequemlichkeit liegr in der Prätention eines großen, ohne dessen Ressourcen zum Nutzen und Vergnügen, und in der Be- schränktheit und dem Stagnierenden eines kleinen. ( ... ) Kurz, es fehlt den Personen, die sich sehen könnten, eine volle Stadt als Unter- lage und Grund ihrer Gesellschaften.« Auch stieß das Ehepaar aus Preußen wohl auf Vor- behalte seitens der Residenzstadtbewohner. Der Karlsruher Chronist Friedtich Weech stellte noch 1885 fest: "Doch fand der spezi- fisch norddeutsche Zuschnitt ( ... ) nicht gera- de vielen Anklang bei dem Karlsruher Adel . Mit den Beamten- und Bürgerkreisen hatte das geistreiche Gebahren ( ... ) so gut wie gar keine Berührung." Erschwerend kam füt Ra- hel hinzu, dass sie als geborene Jüdin bei Hofe nicht geladen wurde. 286 Hinzu kam die Erkennrnis. dass sie als Ehefrau in ihrer Bewegungsfreiheit stark ein- geschränkt war. Die Erfahrung. dass sie nur etwas galt in Bezug auf ihren Mann. war für sie neu und unangenehm. So schrieb sie 1819 an ihre Schwester: "Es ist Menschenunkunde. wenn sich die Leute einbilden, unser Geist sei anders und zu anderen Bedürfnissen konsti- wiert, und wir könnten zum Exempel ganz von des Mannes oder Sohnes Existenz mit- zehren." Dennoch zählten die Karlsruher Jahre zu den glücklichsten ihres Lebens. da sie erstmals - abgesehen von der Abweisung des Hofes - nicht mehr unter den Kränkungen ihrer frü- heren Jahre litr. Ihr war der gesellschaftliche Aufstieg von der an den Rand gedrängten J ü- din zur Gattin des preußischen Gesandten gelungen. Die Verkündung der badischen Ver- fassung 1818. an die sich die Hoffnung auf eine gesamtgesellschafdiche Emanzipation auch der jüdischen Minderheit knüpfen konnte. erlebte sie wie ihr Mann mit großer Freude. Die judenfeindlichen Hep-Hep-Stürme von 1819 erschreckten sie dann bis in den Her- zensgrund. Sie behielt nämlich trotz ihres ge- sellschaftlichen Aufstiegs und ihres Übertritts zum Christentum ein Gespür für das Inhuma- ne einer Gesellschaft. die bestimmte Gruppen ausschließt oder abwertet. So meinte sie am Ende ihres Lebens. dass sie ihre Herkunft um keinen Preis mehr missen wollte. SUSANNE ASCHE Hilda von Baden 1864-1952 - Am 3. Mai 1885 schrieb Erbgroßherzog Fried- rich an seinen Bruder Ludwig: "Ich kann Dir nur wünschen. dass Du auch einmal so glück- lich wirst. wie ich es bin. und eine solche Per- le findest, wie mir sie in meiner Hilda von Gott geschenkt worden isr." Eine Liebesheirat. doch politisch geplanr. Denn Großherzog Friedrich I. kümmerte sich nicht nur intensiv um die Schul- und Universitätsausbildung wie um die militärische Laufbahn des Thronfol- gers. sondern auch um die Wahl der Schwie- gertochter. bei der sich sogar die englische Königin Viktoria. beka nnt für den europäi- schen Heiratsmarkt. einmischte. Nach einigen Absagen nahm Friedrich I. vorsichtig Verbin- dungen mit Herzog Adolf v. Nassau auf. der im Krieg 1866 von den Preußen aus seinem Land verjagt worden war. Eine Verbindung von dessen Tochter Hilda mit dem Enkel Wil- helms I. hätte also eine positive Entwicklung geschaffen. Vorsichtig sollte der Erbprinz sei- ne politischen Standpunkte beim ersten Be- such darlegen. Aber das war nicht nötig. "denn der Mensch denkt und Gott lenkt" notierte Adolf v. Nassau. seit 1890 Großher- zog v. Luxemburg. und bald begannen "unbe- schreiblich glückliche Tage". als am 26. Sep- tember 1885 das junge Paar in Karlsruhe ein- zog. Die Ehe blieb leider kinderlos. "ein schmerzliches Entbehren". Hilda betreute auf- opferungsvoll den seit seiner Jugend an Ge- lenkrheumatismus leidenden Gatten. der in seiner Offizierslaufbahn öfter aussetzen muss- te. Sie begleitete ihn an verschiedene Standor- tc, vor allem nach Berlin mit Kontakten zum HofWilhe1ms 11.. dessen schnoddrigen Gar- deleumantsjargon Friedrich bei seinem Vetter gar nicht schätzte. 1902 schied er aus dem 287 Dienst, da Wilhelms Militärkabinett seine Ernennung zum Kommandierenden General in Baden ablehnte. weil man u. a. "den jungen süddeutschen Fürsten mit partikularistischem Untergrund" misstraute - so auch dem Würt- temberger und dem Bayer. In Karlsruhe bezo- gen Friedrich und Hilda das neuerbaute Palais, heute Sitz des Bundesgerichtshofs, in dem sie auch blieben, als der Vater 1907 starb und Mutter Luise, die Kaisertochter. im Schloss residierte. Hilda "nahm das in ihrem beschei- denen Sinn gerne hin, , .. anerkannte sie doch rückhaltlos die überragende Größe der bishe- rigen Landesmutter". Beim Badischen Frauen- verein, der unter Luise eine bedeutende Leis- tungskraft gewonnen hatte, musste Hilda im "liebevollen Wetteifer" mit der repräsentati- onsgewohnten Schwiegermutter eine "ausge- prägte Selbstbeherrschung" zeigen. Im I. Weltkrieg gewann Hilda durch Laza- rerrbesllche. Sorge um Verwundetentranspor- te, Ausbildung von Krankenschwestern und anderes weitere Anerkennung der Bevölke- rung. In den sieben Friedenjahren hatte seit 1907 Friedtich 11. , der nicht die Strahlkrafr seines Vaters besaß, dessen Regierungsprinzi- pieo nur weiterführen können. Das neue Großherzogspaar, das sehr zurückhaltend war, galt manchem als arrogant. Wenn dies auch nicht zutrifft , so machte man sich doch poli- tische Illusionen bis zum Kriegsende. Am 11. November 1918 meinte das Paar nach einem Intermezzo einer kleinen Soldateska fliehen zu müssen. Durch ein Fenster musste man stei- gen samt Murter Luise und Schwester Vikto- ria, Königin v. Schweden, um das im Fasanen- garten wartende Auto zu erreichen, den Kof- fer mit Kronjuwelen vetgessend, den anderntags ein Hofbeamter unterm Busch entdeckte. Erst im Schloss Langenstein, fern vom "roten Mannheim ", fand man eine Blei- be, wo man nach Thronverzicht, anders als andere Fürsten, sich großzügig in den Ab- standsleistungen zeigte. Bei der zunehmenden Erkrankung des Großherzogs, der erblindete, sah Hilda in dessen Pflege ihre ganze Aufgabe. Als ihr Gatte 1928 starb, beging man in Karls- ruhe über alle Parteiungen hinweg eine feier- liche Beerdigung. Hilda wohnte im Freiburger Palais, das 1944 zerbombt wurde. In Baden- weiler verlebte sie, die sich völlig abseits des NS-Regimes gehalten hatte, nun ihre letzten Jahre. Sie war wie ihr Gatte ein tiefreligiöser Mensch, der Vorbildliches leisten wollte, dem die Zeitläufte jedoch die Wirkungsfelder ein- schränkte, die Hilda mit Eifer zu bestellen ver- suchte. LEONHARD MÜLLER 288 Richard Horter 1868 -1942 Der Höhepunkt des politischen Lebens von Richard Horter lag zweifellos in der Revoluti- onszeit 1918/19. In dem am 11. November in Karlsruhe gebildeten Arbeiterrar wurde er Vor- sitzender, bewerkstelligte tags darauf die Kon- stituierung eines gemeinsamen Vorstandes des Arbeiter- und Soldateneates und sorgte mit für die Verbreiterung des Arbeiterrates durch die Aufnahme christlicher und liberaler Gewerk- schafter sowie von Vertretern anderer Bevölke- rungsgruppen. Daher nannte sich dieser seit Ende November Volksrar. Als Vorsitzender des Karlsruher Arbeiter- und Soldatenrates eröff- nete Horter dessen Vollversammlung mit den Worten: "Dank gebührt den Soldaten, welche durch ihr beherztes Auftreten die dem Volk auferlegten Fesseln sprengten. Jetzt gilt es, das Errungene festzuhalten .... Der Arbeiter- und Soldateneat steht mit ganzer Macht hinter der Volksregierung, um sie in ihrer Reformarbeit zu unterstützen." Horter stammte aus der Lausitz, wo er in Rothwasser am 10. April 1868 geboren wurde. Wie sein Vater erlernte er das Maurerhand- werk. Als 18-Jähriger kam er nach Mannheim, leistete 1889-1891 den Militärdienst und ging dann aufWanderschaft in die Schweiz, nach Österreich und Frankreich. Zurück in Mann- heim engagierte er sich bei der SPD und in der Gewerkschaft. Nach einer Ausbildung an der Berliner Parteischule wurde der Maurer 190 I Bezirksleiter des Bauarbeiterverbandes. Der Weg Horters in der Arbeiterbewegung gleicht dem vieler rhethorisch begabter und organisa- torisch befähigter Funktionäre, die ihren er- lernten Beruf aufgaben und sich in den Dienst der Partei oder Gewerkschaft stellten. Als Leiter des Bauarbeiterverbandes über- siedelte Horter 1912 nach Karlsruhe und setz- te hier seine parteipolitische Aktivität fort. Er trat bei I. Mai-Veranstalrungen als Redner auf und gelangte in den Vorstand des SPD-Orts- vereins. In der mehrheitlich reformistisch ori- entierten Karlsruher Organisation galt er als Sprecher der linken innerparteilichen Oppo- sition. Zeitgenossen bescheinigten dem Parrei- linken, der im Kriege nicht zur USPD wech- selte, eine nüchtern-ruhige Art und eine klare, fast leidenschaftslose Sprechweise. Er habe sich damit in Partei und Gewerkschaften eine brei- te Vertrauensbasis erworben. Dies galt wohl auch für seine rege Tätigkeit im Arbeiterrat, denn er wurde als badischer Delegierter in den Berliner Rätekongress entsandt. Ab Dezember 1918 war er Mitglied des Zentralrats der Deut- schen Sozialistischen Republik. Dieser fun- 289 gierte bis zum Zusammentritt der Deutschen Nationalversammlung im Februar 1919 als Ersatzparlament. Der Zentralrat wirkte bei den wichtigsten politischen Entscheidungen der Reichs- und der preußischen Regierung mit und besaß das Recht, Volksbeauftragte zu ernennen und abzuberufen. Seit 1919 gehör- te Horter zuerst der Badischen Nationalver- sammlung und dann dem Landtag bis 1925 an, wo er 1919-1921 dem Petitionsauschuss vorstand. Außerdem bestimmte ihn die SPD als Arbeitnehmervenreter des Handwerks von 1920-1933 zu einem ihrer Verrreter im Reichswirtschafrsrat. Dieser Rat blieb ein weit- gehend bedeutungsloses Gremium, das unter Beteiligung aller wirtschaftlichen Berufsgrup- pen grundlegende sozial- und wirrschaftspoli- tische Gesetzentwürfe begutachten sollte. Nach dem Ausscheiden aus dem Landtag übernahm Horrer die Bezirksleitung des Ver- bands sozialer Baubetriebe. Die Nazis setzten den 65-Jährigen und seine Familie nach 1933 zahlreichen Schikanen aus bis hin zur Verhän- gung zeitweiliger Schutzhaft, denen er sich durch eine Übersiedlung nach Legelshurst bei Kehl zu entziehen versuchte. Horter srarb dort am 13. Mai 1942, ohne dass seine Verdienste um die Arbeiterbewegung oder um die fried- liche Neuordnung des Sraarswesen 1918/19 gewürdigt wurden. MANFRED KOCH Clara Faisst 1872-1948 "Mit einem Flügel kann man ja nicht fliegen" - dieser Satz stammt nicht etwa von einem Vogelkundler, sondern von der Karlsruher Komponistin C. Faisst. Geboren ist sie in die- ser Stadt am 22. Juni 1872 - gerade vor 130 Jahren - und sie starb hier am 22. November 1948. Als Pianistin, Musiklehrerin und Kom- ponistin sowie als Dichterin wirkte sie in ihrer Heimat. Ihre musikalische Ausbildung erhielt sie zunächst am Großherzoglichen Konserva- torium in Karlsruhe, 1894 ging sie dann zum Studium nach Berlin an die Königliche Hoch- schule für Musik, wo Max Bruch einer ihrer Lehrer war. Seit 1901 ist sie als "Pianistin", später auch als "Tonkünstlerin" im Karlsruher Adressbuch verzeichnet. e. Faisst hat vorwiegend Lieder kompo- niert, u. a. auf Texte von E. Geibel, G. Haupt- mann, L. Uhland sowie auf eigene Gedichte. Viele der Lieder und der rund 10 Orgel- und K1avierwerke sind veröffentlicht. Die Künstle- rin pflegte viele Freundschaften, u. a. zu Hans Thoma, dem Direktor der Kunsthalle in Karls- ruhe, zum Dichter Hermann Hesse, sowie vor allem zu Musikern wie W. Furtwängler, J.Joa- chim und ihrem Lehrer M. Bruch. Eine bis zum Tod der Komponistin andau- ernde Freundschaft bestand mit dem Arzt, Theologen und Musiker Albert Schweitzer. Die Verbundenheit in musikalischen Fragen muss sehr groß gewesen sein. Faisst schrieb am 5. März 1939 an Schweitzer: "Ich vergesse die Stunden nie im Leben, als Sie einmal am späten Abend in mein Zimmer traten und ich Ihnen viele von meinen Liedern spielen u. singen durfte. [ ... ] Wie Sie mir damals zuhörren, u. beim Fortgehen um ein Heft der Lieder baten - das war eine solche Ermutigung und Ehre für mich, für die ich Ihnen immer dankbar bleibe. Das sind seltene Stunden im Leben des Künstlers [ ... ] Gestern las ich in einem Musik- kreis aus Ihrem Bachbuch vor. Ich spielte das 290 Iw. Concerr [von). S. Bach]. Das ist so befrei- end, so lebensstark, so klar, so beglückend froh. Glaubt man, daß dieses Werk vor 200 Jahren entstanden ist? Ach, was ist "Zeit" - rasch enteilend - solche Lebenswerke wie die unserer ganz großen Meister können nie ver- alten, denn sie sagen ja gerade jedem Zeitalter das, was es braucht! [ ... ] Wenn Sie jemals wieder einmal Abends, wie damals, in meinen Musikraum träten, dann würden Sie da zwei Flügel vorfinden, die mir Freunde schenkten. Mit einem Flügel kann man ja nicht fliegen, dazu braucht man schon zwei! Und da mir das Geld zum Reisen fehlr, ich meine zu solchen Reisen, nach denen ich mich sehne - so lasse ich mich von den Flügeln in "ferne Welten" tragen, wo alles groß, harmonisch, rein und erhaben ist. [ ... ] Meine Kunst hat hier eine feste kleine Zu- hörerschar, die ich alle 4 Wochen zur Musik in meine Wohnung lade. Ich pflege die Werke unsrer großen Meister und spiele viel Bach - neben den andern Großen. [ ... ]" Weitere erhaltene Briefe an Freunde zeigen ein eindrückliches Bild der schwierigen Le- bensumstände in Karlsruhe während und nach dem Zweiten Weltkrieg, die schlechte Er- nährungslage und die Probleme beim Behei- zen der Wohnungen in der zu einem Drittel sehr schwer zerstörten Stadt. In diesen Jahren verschlimmerre sich zudem der Gesundheits- zustand der Künstlerin. C. Faisst erlebte zwei Weltkriege. Diese Er- fahrungen und die damit verbundenen Verluste von Angehörigen sowie weitere Entbehrungen haben ihr Leben stark geprägt. Die Musikerin war schwierigen äußeren Umständen ausge- setzt und dennoch fand sie als Kampanistin und ausübende Künstlerin Anerkennung. Erhalten hat sich ihr handschriftlicher und gedruckter Notennachlass in der Badischen Landesbibliorhek. So kann ihr Werk heute wieder neu entdeckt werden. MARTINA REBMAN N Alois Kimmelmann 1886-1946 Im Sommer 1945 wurde AJois Kimmelmann unter Beteiligung der US-Militärregierung zum Wiederaufbau des Schulwesens in die neu konstituierte Unterrichtsverwalrung für Württemberg-Baden in Karlsruhe berufen. In der im selben Jahr veröffentlichten Schrift "Erziehung und Bildung in neuem Geiste" bot 291 der neu ernannte Ministerialrat rückblickend eine erste breitere Nachkriegsanalyse der Erzie- hungsideologie und Schulwirklichkeit der NS- Zeit und umriss sein pädagogisches Leitbild: "Der Geist der Humanität muss hineinstrah- len in die Schulen. Unter Abkehr von den ver- derblichen, verabscheuungswürdigen Irrlehren des Nationalsozialismus. unter Verurteilung der verbrecherischen Taten muß die Schule die Kinder wieder hinführen zur Ehrfurcht vor allem Hohen und Erhabenen, vor der Heilig- keit menschlichen Lebens, und sie bilden zu ( ... ) rechtschaffenen, vernünftigen, religiös- sittlichen Menschen und brauchbaren Glie- dern einer neuen Gemeinschaft." Vierzig Jahre davor hatte es den am 21. Juni 1886 im fränkischen Oberalbach gebore- nen Alois Kimmelmann als Junglehrer beruf- lich zum ersten Mal nach Karlsruhe verschla- gen. Zwischen 1905 und 1912 war er zu- nächst in der Südstadt (Uhland- und Neben- iusschule), anschließend in Mühlburg (Hardt- schule) als Unterlehrer tätig. Zuvor durchlief er die im Großherzogturn Baden seinerzeit übliche Ausbildung zum Volksschullehrer: Dem Volksschulabschluss (1900) in seinem Geburtsort folgten zwei Jahre Präparanden- schule (Tauberbischofsheim) und drei Jahre Lehrerseminar (Ettlingen). Die größte politische und pädagogische Bedeutung erlangte Kimmelmann während der Weimarer Republik. Mittlerweile Haupt- lehrer in Pforzheim, gründete der Reserveoffi- zier und Weltkriegsteilnehmer nach seinem Eintritt in die SPD (1919) einen Ortsverband der sozialdemokratischen Frontkämpferverei- nigung Reichsbanner (1925). Als führendes Mitglied im Badischen Lehrerverein (ab 1921) hatte er erheblichen Einfluss auf die bildungs- und berufspolitischen Konzepte des Verbandes und genoss darüber hinaus aufgrund seiner schulpolitischen, pädagogischen und didak- tisch-methodischen Publikationen hohes An- sehen. So wurde er 1926 als Dozent für Allge- meine Unterrichtslehre und Methodik an die neu organisierte Lehrerbildungsanstalt Karls- ruhe berufen. Im selben Jahr erschien seine über Lehrergenerationen hinweg populäre "Geschichte der Lehrerbewegung in Baden 1876-1926". Ab 1929 übernahm Kimmelmann als Stadtoberschulrat die Leitung des Karlsruher Volksschulwesens. Unter schwierigen wirt- schaftlichen und bildungspolitischen Rah- menbedingungen gingen von seiner Amtsfüh- rung reform pädagogische Ansärze und Impul- se für das Volksschulwesen aus. Im Frühjahr 1933 wurde der sozialdemokratische Leiter des Stadtschulamts von den Nationalsozialisten entlassen und zwangspensioniert. Die zwölf Jahre des NS-Regimes verbrachte er in seiner fränkischen Heimat. Dort beschäftigte er sich mit lokal- und regionalgeschichrlichen Studi- en, für die er Druckerlaubnis erhielt, da man sie für politisch unverfänglich erachtete. Als Mann der ersten Stunde nutzte Kim- melmann 1945/46 die Möglichkeiten seines neuen Amtes rasch und zielsicher zur Behe- bung der akuten Schulnot in Nordbaden: Er organisierte u. a. Schnellkurse für Volksschul- lehrer, veröffentlichte die "Badischen Schul- blätter" als Schullektüre-Sammlung und gab 292 als Mitarbeiter eine neue Kinderfibel heraus. Auch an der Reorganisation der Lehrerbewe- gung hatte Kimmelmann großen Anteil. Er beantragte noch bei der US-Militärregierung die Herausgabe der "Südwestdeutschen Schul- zeitung" als Organ des Badischen Lehrerver- eins (1950 in die GEW integriert). Am 13. April 1946 wurde Alois Kimmelmann mit 59 Jahren durch einen plötzlichen Tod mitten aus seiner Arbeit gerissen. J ÜRGEN SPANGER Eduard Devrient 1801-1877 Sänger, Schauspieler, Regisseur - es war ein Mann vom Fach, kein Höfling, den vor 150 Jahren Prinzregent Friedrich 1852 als Inten- dant für sein Karlsruher Hoftheater gewann. In Berlin wurde Devrient 1801 geboren, und schon mit 18 Jahren war er Mitglied des kö- nigl. Hoftheaters. Als Bariton gefiel er in Mozart-Opern seinem Publikum. Im produk- tiven geistigen Leben, in dessen Mittelpunkt vor allem einige jüdische Häuser standen, hier besonders das Mendelssohnsche, war er mit Felix Mendelssohn-Bartholdy befreundet und an der "Wiederentdeckung" von Bachs Matt- häus-Passion beteiligt, bei der er die Partie des Jesus sang. Die Pflege der Musik Mendels- sohns galt für ihn auch später in Karlsruhe als eines seiner Ziele. Berlin enttäuschte bald Devrient. "In der immer unumschränkteren Gefallsucht" er- kannte er "das Grundlaster der neuen Kunst- periode. " Mit der Hinwendung zur Sprech- bühne wechselte er 1844 als Schauspieler und Oberregisseur nach Dresden, wo er schnell das Publikum für seinen Stil gewann: zwar Pflege der großen Werke der Weltliteratur, aber nicht im deklamatorischen "Weimarer Stil", son- dern im realistischen Sprachduktus. Konflik- te gab es mit seinem jüngeren Bruder Emil, auch Schauspieler, der sich nicht an strenge künstlerische Prinzipien halten wollte. Das machte ihm bald den Abschied leicht, zumal mit dem Ruf nach Karlsruhe große Aufgaben waneten. Erst 1853 war der Wiederaufbau des Hof- theaters nach dem schrecklichen Brand von 1847 vollendet. Der Fundus musste völlig neu begründet werden, und Devrients Verhand- lungsgeschick war es zu verdanken, dass mit einer einmaligen Bereitstellung von 50.000 Gulden ein guter Start ermöglicht wurde. 293 Gleichzeitig erhielt er die volle Verantwortung fur den künsrlerischen Betrieb, und mit einer geschickten Personalpolitik konnte er das Ni- veau des Ensembles heben. Nach den revolu- tionären Verhältnissen 1848/49 war das The- ater fast zum Amüsierbetrieb herabgesunken. Man musste, trotz Widerstände, nicht nur das Personal, auch das Publikum für ein neues Angebot gewinnen. Hier kam Devrient die "unermüdiche Ausdauer seiner Natur" zu Hilfe, schrieb der Karlsruher Gymnasialdirek- tor Gustav Wendt über seinen Zeitgenossen. Devrienrs Auftreten "war nie ohne freundli- ches Wohlwollen", aber dem Personal zeigte er klar, wer hier der Intendant sei. "Geldstrafen, welche für einzelne Unregelmäßigkeiten ein- mal feststanden, wurden unnachsichrlich ein- gezogen, schwere sitrliche Ausschreitungen nicht geduldet." In verschiedenen Schriften hat er sich zur Schauspielkunst geäußert, und er strebte für die Schauspieler eine "geachtete Stellung in der Gesellschaft an", die auf Bil- dung und Disziplin beruhte. So verpflichtete er nicht nur die einzelnen, Künstler, sondern auch die Chöre zu Lese- und Szenenproben. Shakespeare, Moliere, Goethe, Schiller be- stimmten das Theaterprogramm. Dem klassi- schen Repertoire des Schauspiels entsprach das musikalische. Das gängige Virtuosenturn hielt Devrient dem Theater fern. Große Künstler sollten eine feste Bindung bekommen. So wurde mit dem Engagement von Hermann Levi ein Dirigent gewonnen, der Karlsruhes Musikleben bald national weit berühmt mach- te. Bekannt ist Devrients Einsatz fur das Werk Richard Wagners. "Tannhäuser" stand 42mal, "Lohengrin" 28mal, der "Holländer" 17mal auf dem Programm. Seit 1862 wurde auch im neuen Theaterge- bäude in Baden-Baden gespielt, wo Hector Berlioz als Gast die Eröffnung dirigierte. Beim 50-jährigen Bühnenjubiläum Devrients 1869 wurde er als Generaldirektor unmittelbarer Hofbeamter als erster bürgerlicher Intendant. Seit 1870 im Ruhestand, vollendete er 1874 mit dem 5. Band seine "Geschichte der Schau- spielkunst". 1877 starb er, für viele eine Le- gende, mit dessen überragendem künstlerischen und organisatorischen Profil seine Nachfolger sich auseinanderzuserzen harren. LEONHARD MÜLLER Ernst Fuchs 1859-1929 In ganz Deutschland wurde Ernst Fuchs, Rechtsanwalt in Karlsruhe, als juristischer Fachschrifrsteller, insbesondere als so genann- ter Freirechtler, bekannt. Als Sohn eines Vieh- händlers 1859 in Weingarten geboren, be- suchte der Hochbegabte das Karlsruher Gym- nasium, studierte Rechtswissenschaft 1876- 1880 in Heidelberg und Straßburg und erhielt nach dem Vorbereitungsdienst 1884 die Zu- lassung als Rechtsanwalt zunächst beim Land- gericht Karlsruhe. In dieser Zeit übernahm er auch mehrfach Verteidigungen von Sozialde- mokraten, die nach den Sozialistengesetzen verfolgt wurden. 1894 folgte sodann die Zu- lassung als Rechtsanwalt an das Oberlandesge- richt Karlsruhe, wo er überwiegend in Zivilsa- chen tätig war. Bereits in dieser Zeit verfasste Ernst Fuchs Beiträge für juristische Zeitschrif- ten. Erstmals Aufsehen erregt haben soll er Anfang der neunziger Jahre mit einem in einer Fachzeitschrift erschienen Aufsatz, indem er vorschlug, durch Geserz den jüdischen Sabbat 294 auf den Sonntag zu verlegen, Ausgangspunkt für seine Überlegung war der Umstand, dass bei Zustellungen, Lieferungen, Fristabläufen und Wechselprotestationen durch die damals praktizierte strenge Sabbatsruhe nicht uner- hebliche Schwierigkeiten für den Rechtsver- kehr bestanden. In erster Linie wollte Fuchs durch seinen ungewöhnlichen Vorschlag den Assimilationsvorgang beschleunigen, was da- mals von vielen Tausenden fortschrittlicher deutscher Juden geteilt wurde. Ernst Fuchs gehörte zu einer Juristengene- ration, die mitten in ihrem Berufsleben den grundlegenden Wechsel von einer zur anderen (Zivil-)Rechtsordnung durchmachen musste. Dem zur Jahrhundertwende sich vollziehen- den Übergang vom französischrechtlichen Ba- dischen Landrecht zum streng am Römischen Recht ausgerichteten Bürgerlichen Gesetz- buch, mit dem die reichsweite Rechtseinheit auch im materiellen Zivilrecht verwirklicht wurde, stand Fuchs als glühender Anhänger des Badischen Landrechts von Anfang an reser- viert gegenüber. In erster Linie lehnte er die damit verbundene Tendenz zu mehr formalbe- griffiichem Denken ab. Hinzu kam, dass mit der Einführung eines neuen Gesetzeswerkes regelmäßig die Gebundenheit der Rechtsspre- chung zunahm, was sich insbesondere in den Anfungsjahren der reichsgerichtlichen Judikatur zum BGB bestätigt hat. Hierin liegen die Wur- zeln des alsbald einsetzenden Engagements von Fuchs für die nicht nur in Deutschland in Entstehung begriffene Freirechtsbewegung. Fuchs' Grundpositionen beruhen auf der Erkenntnis der Lückenhaftigkeit der staatli- chen Rechtsordnung. Die norwendige Lü- ckenausfüllung könne weder durch Analogie oder Umkehrschluss, sondern nur im Rahmen einer "soziologischen Methode" erzielt wer- den, wobei der Richter insbesondere die jewei- lige Verkehrssitte seiner Entscheidung zu Grunde zu legen habe. Gebe es keine, so solle er entscheiden, wie. ein mit den jeweiligen Verhältnissen vertrauter "gerechter und ge- scheiter Mann" urteilen würde. Nach Fuchs hat sich die neue "Gerechtigkeitswissenschafr" als eine empirisch - durch Soziologie und Psy- chologie - fundierte theoretisch-praktische Einheit darzustellen, die insbesondere eine grundlegende Änderung der Juristenausbil- dung erfordere. 1929 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Heidelberger Juristischen Fakultät: Fuchs habe die von ihm so genannte Pandektologie der Rechtsgelehrten bekämpft, sei dabei aber selbst - nach dem Vorbild der römischen Ju- risten - als Rechtsschöpfer aufgetreten, nicht aus dem Buchstaben der Gesetze, sondern aus ihrem Sinn und Zweck. 1929 starb Fuchs in Karlsruhe. Seine Kanzlei konnte sein Sohn weiterführen, musste aber 1939 nach Austra- lien emigrieren, seine Tochter wurde in Aus- chwitz ermordet. DETLEV FISCHER 295 Joseph Melling 1724 -1796 Als Hofmaler des Markgrafen Carl Friedrich von Baden-Durlach stellte Joseph Melling sein am französischen Rokoko und besonders an Fran~ois Boucher orientiertes künstlerisches Können vor allem in Karlsruhe eindrucksvoll zur Schau. Joseph Melling wurde 1724 im lothringischen St. Avold geboren. Er ent- stammte einer Handwerker- und Künstlerfa- milie, sein Vater Nicolas war Schreinermeister. sein Onkel Jean Bildhauer. Eine Ausbildung erhielt Joseph Melling zunächst als Latein- schüler in Saarlouis. Dann lernte er bei einem Pariser Kunstschreiner. Später besuchte er die renommierte Pariser ,,Academie royale d'ar- chitecture", an der er unter den berühmtesten Künstlern seiner Zeit, den Rokokomalern Carle van Loo und Fran,ois Boucher studier- te. Van Loo hatte als Hofmaler König Ludwigs XV. eine hervorgehobene Stellung. Fran,ois Boucher stieg unter dem besonderen Schutz von Madame Pompadour sogar zum "Premier peintre du Roi" auf. Später wurde er außer- dem Direktor der ,,Academie royale" womit er die höchsten Ämter im Bereich der Kunst in seiner Zeit innehatte. 26-jährig schloss Mel- ling 1750 seine Studien mit dem "Grand Prix" für Malerei ab. Dieser Preis war mit einer Stu- dienreise nach Rom dotiert. Markgraf eirl Friedrich von Baden-Dur- lach ließ das 1715 von seinem Großvater Karl Wilhelm gegründete, aber schon baufällige Karliruher Residenzschloss erneuern und mo- dernisieren. 1748 holte er Christoph Melling, Josephs Bruder, als Hofbildhauei nach Karls- ruhe. Christophs Initiative und auch 'dem Beistand Fran,ois Bouchers verdankte Joseph Melling seine Berufung in den Dienst des ba- dischen Markgrafen, 1758 kam er nach Karls- ruhe und wurde bereits 1759 zum badischen Hofmaler ernannt. Ebenfalls 1759 erhielt Melling den Auf- trag, das Residenzschloss malerisch auszu- schmücken. Bis 1760 entstand das große De- ckengemälde im Festsaal des Karlsruher Schlosses mit der mythologischen Darstellung der "Geburt der Venus". Dieses im Zweiten Weltkrieg zerstörte Gemälde gilt als Mellings Hauptwerk. Von besonderer künstlerischer Qualität ist sein Porträt der Markgräfin Caro- line Louise mit ihren beiden Söhnen im Badi- schen Landesmuseum Karlsruhe. Die Arbeiten an der malerischen Ausstat- tung des Karlsruher Schlosses dauerten bis 1775. Dann scheinen die Aufträge, die Mel- ling übertragenen wurden, nicht mehr ausge- reicht zu haben, um ihm seinen Lebensunter- halt zu sichern. Jedenfalls siedelte er 1774 nach Straßburg über. Er tat dies ohne mark- gräfliche Erlaubnis. In einem Brief an Caroli- ne Louise bat er um Verständnis für den Um- 296 zug und berichtet, dass er in Srraßburg eine Malschule, die ,.Acadernie de dessin d' apres natute", gegtündet habe. Diese Schule wurde vom Magistrat der Stadt unterstützt und war gut besucht. Allerdings wurde sie nach der Französischen Revolution zunächst in eine staatliche Institution umgewandelt und später bei det Einführung der staatlichen Zeichen- schulen abgeschafft. Melling starb 1796 in Srraßburg. Mit dem Weggang von Karlsruhe hatte er seinen künst- lerischen Zenit überschritten. Die Werke sei- ner Straßburger Zeit erreichten nicht mehr die gleiche malerische Qualität. Dessen ungeach- tet hinterließ er ein umfangreiches und künst- lerisch eindrucksvolles Gesamtwerk mit einem weiten malerischen Repertoire. ALMUT MAAß Adrian Bingner 1830 -1902 22 Jahre leitete er auf der vom Land Baden zu besetzenden Stelle als Senatspräsident den 11. Zivilsenat im Reichsgericht Leipzig und nahm entscheidenden Anteil an der Auslegung und Fortentwicklung des Rheinisch-Französischem Rechts, das in zirka 'k des damaligen Reichs- gebiets angewandt wurde, zum Beispiel im Badischen Landrecht. 1830 in Karlsruhe ge- boren, wurde er nach Rechtssrudium in Hei- delberg promoviert .. Seine umfassende juristi- sche Bildung beruhte aber nicht nur aufinlän- dischen Studien und der herkömmlichen ju- ristischen Ausbildung seiner Zeit. Ein Studi- enaufenthalt bei den Pariser Gerichten gab ihm die Gelegenheit, die französische Rechts- ordnung, die für das Land Baden von ent- scheidender Bedeutung war, unmittelbar aus eigener Anschauung näher kennen zu lernen. Nach diesem Studienaufenthalt in Paris war er 1861 als Amtsrichter in Heidelberg tä- tig, 1864 als Staatsanwalt am Karlsruher Kreis- und Hofgericht, dem heutigen Landgericht, ab 1865 bereits im Justizministerium als Mi- nisterialrat. In der Stephanienstraße 20 bewg er ein Haus. Zu Fuß ging man zum Vorderen Zirkel 19, zum Ministeriumgebäude mit dem Generallandesarchiv, dem Innen- und dem Justizministerium. Im Badischen Justizminis- terium konnte Bingner besonders nach der Reichsgründung 187 1 entscheidenden Ein- fluss auf die Gesetzgebung nehmen. Seine Aufgabe bestand bald in der Ausarbeitung ei- 297 nes badischen Einführungsgesetzes zum neu- en Reichsstrafgesetzbuch, ein erster Schritt zur deutschen Rechtseinheit, dem die Verfas- sungsgesetzgebung folgte. Schon 1864 hatte Baden einen neuzeitlichen dreistufigen Ge- richtsaufbau. 1877 konnte ein Entwurf »die Einführung der Reichsjustizgesetze über Ge- richtsverfassung, Civilprozeß, Konkurs und Strafprozeß im Großherwgtum Baden betref- fend »dem Landtag vorgelegt werden. Trotz erheblicher Widerstände setzte sich Bingner mit dem Vorschlag durch, nur ein Oberlandes- gericht mit Sitz in Karlsruhe zu errichten. Sei- ne Begründung, aus Zweckmäßigkeit 'sollten die Befugnisse der dritten Instanz nicht zer- splittert, sondern in einem Mittelpunkt verei- nigt werden, zeigt seinen bewundernswerten Weitblick. Erst 1952/53 wurden im Zuge des neuen Südweststaats zwei, heure sieben Zivil- senate in Freiburg als Außensenate des Haupt- hauses eingerichtet, die nun wieder nach Karlsruhe verlegt werden sollen. Im Reichsgericht war er seit 1879 zustän- dig für Revisionen und sonstige Rechtsmittel, und er verfasste unter anderem verschiedene Kommentare, zum Beispiel zum Badischen Landrecht, nachdem er bereits als 24-Jähriger beim Karlsruher Verlag C. F. Müller eine sys- tematische Übersicht über die staatsrechtliche Literatur im Großherwgrum Baden veröffent- licht hatte, ein wichtiges Nachschlagewerk für die badischen Verwaltungsbeamten. 1872 folg- te - auf der Grundlage seiner ministeriellen Erfahrungen - eine Kommentierung zu den badischen Einführungsbestimmungen zum neuen Reichsstrafgesetzbuch. Bingner war auch als Mitglied des Ständigen H aager Schiedsgerichtshof, als Beirat für die Großher- zogin Luise im Badischen Frauenverein, schließlich als Mitglied der Stadrverordneten- versammlung in Karlsruhe 1875 -1879 enga- giert und leistete über seine Ämter hinaus Vor- biltlliches für die rechtliche und gesellschaftli- che Entwicklung. Da es damals noch keine feste Pensionsgrenzen gab, starb er im Dienst für Baden und das Kaiserreich als 72-Jähriger. DETLEV FISCHER 298 Carlsruher Blickpunkte 299 Rätsel um eine Figur im Durlacher Schlossgarten Nur die wenigsten Karlsruher sind schon einmal im Durlacher Schloßgarten gewesen. und in der kalten Jahreszeir. wenn die Bäume kahl. die Springbrunnen abgesrellt und die beiden Kinderspielplärze verwaist sind. durch- queren nur hier und da eilige Passanten den Park. Und auch sie - so scheint es - haben jene Figut noch nie bewusst wahrgenommen. die nahe beim Eingang Ecke Marstall- und Bade- ner Straße zu sehen ist. Etwas unglücklich in den Schatten einer verholzten Eibengruppe gerückt. steht dort auf einem einfachen Sockel die knapp lebens- große Statue einer jungen Frau, eine damen- hafte Etscheinung. eingehüllt in ein faltenrei- ches Gewand. Über eine modische Pelzrnütze hat sie einen mantelartigen Umhang geschla- gen. die Arme hält sie schützend vor den Oberkörper - besonders warm ist ihr anschei- nend nicht. Entdeckt man dann an den zier- lichen Füßen. die unter dem Gewand hervor- schauen. die Kufenschuhe und betrachtet im Profil den weit nach hinten wehenden Falten- schlag der Robe. so wird einem klar. was ge- meint ist: Wir sehen vor uns eine vornehme Schlittschuhläuferin. die auf einer imaginären Eisfläche schicklich. aber doch vorwärtssrre- bend ihte Runden dreht. Darüber hinaus will die Plastik offensichtlich auch ganz allgemein als Sinnbild /Ur den Winter verstanden werden. Bildthema und Stil verweisen auf eine Ent- stehung in der zweiten Hälfte des 19. Jahthun- derts. vor allem auf die so genannten Gründer- jahre nach 1871. als "moderne Allegorien" wie diese - anknüpfend an antike oder barocke Traditionen, aber in einem zeitnahen Natura- lismus auch neue Wege beschreitend - in Mo- de waren. Für diese Entstehungszeit spricht ein weiteres Indiz, das Material. aus der die Figur besteht. Sie ist nämlich keineswegs. wie man erwarten möchte, aus Stein gemeißelt. sondern in Zement gefotmt - ein Verfahren. das in den 1870er Jahren auch unter Künst- lern als innovativ und keineswegs minderwer- tig galt. Gerade in Karlsruhe war diese Technik in aller Munde. nachdem sich die 1865 in der Residenzstadt gegründete Firma Dyckerhoff & Widmann vor allem mit der Entwicklung der Zementausformung für Kunstwerke und Bauornamente einen Namen gemacht hatte. Der Galathea-Brunnen von Hermann Moest. 1872 im Stadtgarten eingeweiht und heute leider für die Öffentlichkeit unzugänglich vor dem Bundesgerichtshof aufgestellt. ist hierfür das anspruchsvollste Beispiel. Auch die Schlittschuhläuferin wird mit großer Wahr- scheinlichkeit von Dyckerhoff & Widmann hergestellt worden sein; noch offen bleibt. wer der Bildhauer war. der das Gussmodell her- stellte. Eine Signatur ist nicht zu erkennen. und Unterlagen über die Produktion der Fir- ma in diesen Jahren lassen sich leider nirgend- wo auffinden. Wie kam die Plastik an ihren heutigen Standort? Alle Nachforschungen in älterer Li- teratur und in Akten blieben zunächst ohne Ergebnis. Erst ein Zufallsfund im Stadtarchiv führte weiter. Auf einem Foto. das bald nach 1871 aufgenommen sein muss und den Tier- gartensee im Karlsruher Stadtgarten zeigt. ist deurlich unsere Schlittschuhläuferin zu erken- nen. aufgestellt an einer kleinen Uferterrasse. neben ihr eine weitere weibliche Figur. wahr- scheinlich als Pendant die Allegorie des Som- mers. Seide Statuen, so ist einem alten Führer zu entnehmen. waren wie viele später entstan- dene Kunstwerke des Stadtgartens von Bür- gern gestiftet worden. ohne dass in diesem Fall 300 der Name des Spenders überliefert worden wäre. Spätestens in den 20er Jahren mussten die Figuren dem Ausbau des Zoos weichen. Altmodisch geworden, verschwanden sie wohl zunächst in einem Bauhof. Angesichts des in Karlsruhe wenig zimperlichen Umgangs mit Kunstwerken im öffentlichen Raum grenzt es fast an ein Wunder, dass zumindest die Dar- stellung des Winters überlebte und schließlich eine neue Heimat im Durlacher Schloßgarten bekam. Und nicht nur die Schlirrschuhläufe- rin fand hier eine Zuflucht: Ein Engel, ver- mutlich von einem Grabmal des alten Fried- hofS beim Basler Tor, die Statue der einst gefei- erten "Schönen Nubierin" sowie der beliebte Rosengartenbrunnen, beide ebenfalls "Vertrie- bene" aus dem Karlsruher Stadtgarten, tragen heute zum individuellen Charme des Durla- eher Schloßgartens bei. Die Tage unserer Schlittschuhläuferin scheinen indes gezählt, wenn nicht bald etwas geschieht. Fast 125 Jah- re lang hat die Figur der Witterung getrotzt. In letzter Zeit zeigen sich vermehrt Risse im Ze- ment, die in Verbindung mit Feuchtigkeit und Frost die Standsicherheit zunehmend in Frage stellen. Wird es für . dieses nicht alltägliche Kunstwerk noch eine Zukunft geben? GERHARD KABIERSKE Der Mensch im Rhythmus der Natur Ein Großteil der Karlsruher Studenten hat es täglich vor Augen, doch die wenigsten neh- men das späte Hauptwerk des in Vergessenheit geratenen badischen Malers August Babberger (1885-1936) bewusst wahr: seine Monumen- talkomposition "Tag und Nacht" beherrscht seit den frühen 60er Jahren die Stirnwand der alten Mensa. Ausgeführt 1932/33 als fünfteiliges Fresko auf transportablen Putzplatten fand es freilich zu Lebzeiten des Künstlers keinen adäquaten Wirkungsorr und blieb daher bis zu seinem 301 frühen Tod im Karlsruher Atelier verborgen. Von dort konnte es 1937 mit dem übrigen Nachlass in die Schweiz transferiert und so vor dem drohenden Zugriff dernationalsozialisten bewahrt werden. Im Zuge der 1956 im Badischen Kunstver- ein gezeigten ersten Gedächtnisausstellung ge- langte das Kolossalwerk schließlich als Schen- kung an die Karlsruher Universität. Sollte es hier zunächst im Architekturgebäude seinen Platz finden, so wurde es beim Neubau der Mensa 1962 in die weite Klinkerwand des großen Hauptsaales eingelassen, wo es bis heu- te als einziger Raumschmuck für dekorative Akzente in der ansonsten nüchternen Innen- architektur sorgt. 1885 im südbadischen Hausen im Wiesen- tal geboren, lässt sich August Babberger nach künstlerisch-handwerklichen Lehr- und Stu- dienjahren in Basel, Karlsruhe und Florenz 1912 in Frankfurt nieder. Erste Aufträge für sakrale Glasmalereien und Bühnenbilder zu expressionistischen Dramen begründen zu- sammen mit Wandbehängen schon bald sei- nen Ruf als vielseitiger Monumenralkünstler. Im Mittelpunkt des Werkes steht fortan neben der reinen Landschaftsmalerei das figürliche Wandbild, in welchem der Einklang von Mensch und Naturgeschehen symbolwirksam zur Darstellung gelangt. Als Professor für De- korative Malerei und Wandmalerei wird Bab- berger 1920 an die neugegründete Karlsruher Akademie berufen, die er in der Zeit von 1923 bis 1929 als Direktor leitet. Die in den 20er und frühen 30er Jahren geschaffenen Wand- bilder und Glasfenster fur Sakral- und Profan- bauten in Deutschland und der Schweiz sor- gen für überregionale Bekannrheit. Die Nazi- Herrschaft setzt der künstlerischen Laufbahn ein abruptes Ende. 1933 wird Babberger als "entarteter" Künstler seines Lehramtes entho- ben und hält sich in der Folgezeit überwiegend in der Schweiz auf. Der frühe Tod ereilt den Maler. 1936 inmitten seines Schaffens im ur- nerischen Altdorf. Geleitet von der Vorstellung, dass das Da- sein des Menschen untrennbar mit natur- rhythmischen Vorgängen verbunden ist, ver- sinnbildlicht Babberger im Karlsruher Wand- bild den Ablauf der Tages- und Jahreszeiten durch stilisierte Figuren vor einer flächenab- strakten Landschaftskulisse und entwirft da- mit ein gültiges Programm bild seines Schaffens. "Mich interessiert als Maler der Mensch, die Landschaft und die Mitte/' diese in Wandmale- rei in eine Dreieinigkeit zu bringen ': definiert er 1921 seine Position und zielt darin zugleich auf eine Abkehr vom traditionellen Staffeleibild. Dem Betrachter begegnet eine friesartig konzipierte und collagehafr aufgebaute, imagi- näre Bildwelt, welche in allegorischer Form die geistige und körperliche Einheit von Mensch, Natur und Kosmos als ideale Lebenswirklich- keit beschwört. Das pathetisch inszenierte Ge- schehen vollzieht sich als mehrfacher Wechsel von Tag und Nacht in rhythmischer Staffelung und dynamischer Reihung auf einer gewalti- gen Bildfläche von drei Metern Höhe und acht Metern Breite. Dem zeitzyklischen Pro- zess antwortet der klare Bildaufbau mit einer alternierenden Abfolge breiter und schmaler Abschnitte. Das Verhalten der Figuren ver- weist auf den Zustand der Natur. Die ins All- gemeingültige und Mystisch-Religiöseüber- 302 höhte Bilderzählung entwickelt sich in Lese- richtung: Kraftvoller Aufbruch und dramati- sche Bewegung, ehrfurchtsvolle Anbetung und gemäßigtes Schreiten sowie andächtiges Verharren und statische Ruhe prägen die drei Hauptbereiche. Sie stehen stellvertretend für Tagesbeginn (Frühling), Mittag (Sommer) und Abend (Herbst). Zwischen die großen Hauptteile schaltet der Maler nach eigenen Worten "die lu ren Nächte mit Morgen- und Abendgrauen, um ruhige Flächen lind Abstände zu haben ". In diesen Zonen lenken ansteigen- de Wellen bewegungen des Nachthimmels das Auge jeweils zur folgenden Szene. Radikale Vereinfachung der Form und Übersteigerung der Farbe bestimmen die Bild- gestaltung. Mensch und Natur, Figur und Umgebung, Muster und Grund, Dekor und Ornament verdichten sich zu einem streng geordneten, bildteppichartigen Flächengefuge. In seinem Putzbild vereinigt Babberger Ein- flüsse aus Symbolismus, Jugendstil, Kubismus und Expressionismus zu einem eigenständigen Monumentalstil, worin er sich gleichzeitig als Grenzgänger zwischen Figur und Abstraktion präsentiert. Mit dem bislang wenig beachteten Fresko "Tag und Nacht", in welchem ein neues, von jeglicher Alltagsrealität abgelöstes Menschen- bild entworfen und zu gesteigertem Ausdruck geführt wird, behauptet August Babberger eine Sonderstellung im Karlsruher Kunstge- schehen seiner Zeit. Als einzigartiges Zeugnis moderner badischer Wandmalerei markiert das Werk zugleich einen Höhepunkt südwest- licher Monumentalkunst zwischen den Krie- gen. Innerhalb der badischen, Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zählt der Maler damit zu den wichtigsten Vertretern der klassischen Moderne. ANDREAS GABELMANN Badespaß im Glaspalast Der Karlsruher beliebtestes Spiel: die Stand- ortfrage. Ob ZKM, ob OPD, sie werden des Spieles nicht müde. Das neueste Spielzeug birgt Wasserfreuden: Spaßbad oder Badespaß. Doch geht es diesmal nur am Rande um die Frage, ob Rodelhügel oder Weinbrennerplatz. In Wirklichkeit steht das Tullabad auf dem Spiel. Das Tullabad ist ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung, das seit 1990 in das Denkmalbuch des Landes Baden-Württem- berg eingetragen ist. Ocr interessierte Bürger wird sich hier wohl zwei Fragen stellen: ers- tens, warum diese Bccon-Glas-Kiste mit Ka- cheldekor ein Denkmal sein soll, noch dazu ein besonders wertvolles, und zweitens, wie denn die Zukunft dieses Schmuckstücks aussehen soll, wenn ein neues Bad an anderer Stelle ent- steht. Wer kann sich heute noch vorstellen, was in Karlsruhe los war, als 1955 die Pforren des T ullabads öffneten? Seit der Zerstörung des Friedrichsbades 1944 gab es in Karlsruhe nur noch das Vierordtbad. Nach dem Krieg stieg die Zahl der Badegäste stetig an, 1954 zählte man über 380.000 Besucher. Ein neues Bad war dringend notwendig, der Ort schnell ge- funden. Für den Standort sprachen die zentra- le Lage und die Nähe zum Festplatz, dem neu- 303 en Mittelpunkt sportlicher und kultureller Veranstaltungen, sowie die wundervolle Lage am Rande des Sallenwäldchens und des Stadt- gartens. Welch ein Erlebnis muss es gewesen sein, aus der anheimelnden, aber dämmrigen und vor allem völlig überfüllten Schwimmhalle des Vierordtbades in den neuen Glaspalast zu tre- ten, einzutreten in die helle Eingangshalle mit der sich frei emporwindenden Treppe, dem f..rbigen Wandbild und einem kleinen Winter- garten. Geschickt war die Wegefuhrung durch die Umkleiden - geschossweise für Männer und Frauen getrennt - und durch die für Erwach- sene und Jugendliche geteilten Duschräume. Und dann: die Schwimmhalle! Was für ein Anblick! Lichtdurchflutet dank der großen Glaswände, die umgebende Natur unmittel- bar gegenwärtig. Der Eindruck spielerischer Leichtigkeit mit der geschwungenen Hallend- ecke und den schlanken Betonstützen - alles so weit entfernt von der Monumentalarchitek- tur des "Dritten Reiches". Sensationell auch die Technik: Das Sport- becken mit einer Wassertiefe von mindestens Das Tullabad 1956. 2,10 m steht bis heute in seiner ganzen Größe für Wassersport zur Verfügung. Der wie eine Freiplastik in der Halle stehende Zehnmeter- Sprungturm mit den drei tieferen Plattformen war damals in der Bundesrepublik der einzige seiner Art in einem Hallenbad, ebenso wie der hydraulisch verstellbare Sprungturm. Zwei Unterwasserfenster ermöglichten den Trainern die Kontrolle der Schwimmer. Es findet sich eine Tribüne für 550 Zuschauer, Kabinen für Presse und Funk, sogar an Fernsehübertragun- gen war bereits gedacht. Angenehm auch die Atmosphäre: Durch das separierte Nichtschwimmerbecken blieb der Lärm spielender Kinder der großen Halle fern. Hier konnte man, aufWärmebänken ru- hend, gemütlich dem lebendigen Treiben fol- gen, oder man genoss ein Sonnenbad im Frei- en. Abends verzauberten 18 Unterwasserstrah- ler und das Lichtband der Hallendecke den Raum. Das Tullabad ist der erste Hallenbadneu- bau der Bundesrepublik, und es war damals revolutionär. Es markiert den Beginn einer 304 neuen Phase in der Geschichte der Hallenbad- architektur und war Vorbild und Maßstab für zahlreiche andere Bäder in Deutschland. Das Tullabad besitzt einen der qualitätvollsten öffentlichen Innenräume der 50er Jahre in Karlsruhe. Soweit zur Bedeutung der Beton-Glas-Kis- te mit Kacheldekor. Ob das Tullabad in die- sem Spiel verlieren wird, oder ob es als Zeit- zeugnis und als Erinnerung an die damalige Aufbruchstimmung in eine neue Zeit rnit all seinen bis heute gültigen Qualitäten erhalten bleibt, ob es weiterhin seinem eigentlichen Zweck, dem Wassersport, dienen wird, das enrscheiden die Bürger, für die es einst gebaur wurde. ULRIKE PLATE Bürgerliche Gartenkultur in Durlach Der barocke Pavillon vor dem Basler Tor Verriegelte Läden, abblätternde Farbe und ein völlig verwilderter Garten - kein Zweifel, das kleine, an ein Schlösschen erinnernde Gebäu- de an der Weiherstraße unweit des Basler To- res in Durlach hat schon bessere Tage gesehen und seine Zukunft scheint gegenwärtig alles andere als gesichert. Selbst in seinem heutigen verwahrlosten Zustand zeugt es aber von einer besonderen Facette der lokalen Kultur- und Architekturgeschichte, die es zu entdecken gilt, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Ausweisung der Altstadt Durlach als denkmal- pflegerische Gesamtanlage, die beim diesjäh- rigen "Tag des Offenen Denkmals" auf großes öffentliches Interesse stieß. Die Anfänge des Baues reichen zurück in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Damals kam es bei vermögenden Durlachern in Mode, sich vor der Stadt Gärten anlegen zu lassen, die nicht mehr nur zum reinen Gemüse- und Obstanbau bestimmt waren, sondern vor al- lem Zierfunktion hatten. Die grandiosen ba- rocken Parkanlagen der Fürsten vor Augen, wollte der Bürger, der es sich leisten konnte, mit seinem Garten nun auch repräsentieren. Zwischen geometrischen Beeten, geschnitte- nen Buchsbaumhecken, Blumenbosketten und Rankgerüsten hielt man sich im Sommer ger- ne auf und empfing Gäste. Gerade in Durlach scheint bürgerliche Gartenkultur lange vor der Goethezeit zur Blüte gekommen zu sein, reih- ten sich doch in Nachbarschaft zum Schloss- garten am Hang oberhalb der Badener Straße gleich eine ganze Reihe von geplanten Idyllen, deren Aussehen sogar in einem Kupferstich festgehalten wurde. Aber auch in den Weiher- gärten vor dem Basler Tor dokumentierte sich der neu entstehende Garrenkulr in mehreren anspruchsvollen Privatanlagen, die teilweise über ein eigenes festes Gartenhaus verfügten, von denen unser Gebäude, direkt außerhalb von Stadtmauer und Stadtgraben gelegen, ein letztes erhaltenes Beispiel ist. Es hatte ursprünglich mehr den Charakter eines Pavillons, da die seitlichen Flügel erst später angebaur wurden. Eine Freitreppe führt hinauf auf die hohe, von einer Balustrade flan- kierte Terrasse vor der zur Sonne nach Süden orientierten Hauptfassade. Ein breiter Giebel mit einem Ochsenaugenfenster. das von Zier- voluten gerahmt wird, sowie ein steiles Zelt- dach sorgen für einen repräsentativen Zug. 305 Durch eine Tür mit dem für die Durlacher Architektur der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- dens typischen Ohren gewände und einem ovalen Oberlicht gelangt man zwischen zwei barocken Fenstern von der Terrasse ins Inne- re. Hier empfängt einem ein großer Raum, der vielfältig genutzt werden konnte: als Obdach bei Regen, als Ruheraum bei Hitze oder als Speisesaal beim Empfa~g von Gästen. Ein heizbarer offener Kamin ermöglichte den Auf- enthalt selbst in der Übergangszeit, vor allem aber konnte der PaviIlon damit auch wie eine Orangerie als Winterquartier für wertvolle südländische Kübelpflanzen genutzt werden. Über den Architekten und das genaue Baudatum lässt sich bislang nichts in Erfah- rung bringen. Als Bauherren dürfen wir die Familie Lamprecht vermuren, denen das Gar- tenanwesen Mitte des 18. Jahrhunderts gehör- te, wie der Durlach-Experte Dr. Peter Güß nachweisen konnte. Über drei Generationen gehörten die Lamprechts als Eigentümer des Gasthauses Krone und als Stadtpolitiker zu den gesellschaftlich einflussreichsten Familien der Stadt, deren kultureller Anspruch sich auch in Stuckausstattung und Fassadenbemalung des Hauses am Marktplatz demonstrierte. Durch die im 19. Jahrhundert geschickt angefügten Seitenflügel zum Wohnhaus um- gebaut, gehörte das Anwesen bis in unser Jahr- hundert zum Besitz der Brauerei Eglau. Der schleichende Niedergang setzte erst in den 1950er Jahren ein mit dem wenig einfühlsa- men Anbau auf der Rückseite und der Planie- rung eines Großteils des Gartens, der 1963 einem öden, aber finanziell lukrativen Gara- genhof weichen musste. 1975 versuchte die Ausstellung "Die stiIle Zerstörung" auf das Schicksal des Baues aufmerksam zu machen - mit wenig Erfolg, wie sich heute nach 25 Jah- ren zeigt. Da die öffentliche Hand trotz des in den 80er Jahren erklärten Sanierungsziels, die Gartenanlage wieder herzustellen, keine Not- wendigkeit sieht, sich selbst zu engagieren, steht die definitive Überbauung des Gartens mit Reihenhäusern unmittelbar bevor. Das räumlich bedrängte Gartenhaus selbst, durch unangemessene Umbauten immer weiter ent- wertet und nun auf dem Immobilienmarkt feilgeboten, sieht einem ungewissen Schicksal entgegen. GERHARD KABIERSKE 306 "Dem neuen Jahrhundert zum Gruß" So steht es von kaum jemandem noch regist- riert über dem Eingang des H auses Waldstr. 6. Der Hofconditor Hermann Hildenbrand als Bauherr und der Architekt Theodor Traut- mann, die diese Inschrift vor nunmehr fast genau 100 Jahren an dem Neubau anbringen ließen, sahen offensichtlich voller Zuversicht in das neue Jahrhundert. Schließlich waren sie beide äußerst erfolgreiche Unternehmer. Hil- denbrand konnte zum Jahrhundertbeginn auf seinen beiden Anwesen Waldstr. 6 und 8 zwei neue Gebäude errichten lassen und hatte dafür einen der damals meistbeschäftigten Architek- ten Karlsruhes beauftragt. Über beide Männer ist nur wenig bekannt. Hermann Hildenbrand übernahm 1885 von Theodor Compter dessen 1859 gegründetes und kurz darauf zur Hofconditorei ernanntes Unternehmen in der Waldstr. 8. Fünfund- zwanzig Jahre später zog er sich aus dem Ge- schäft zurück, das bis 1956 an gleicher Stelle als Konditorei Hornung weiter bestand. Über Trautmann ist lediglich wenigen Fachleuten bekannt, dass er seit Beginn der 1890er Jahre bis 1913/14 sehr viele Häuser in der Oststadt, an der Kriegss traße und rund um den Guten- bergplarz geplant und somit durchaus stadt- bildprägende Bedeutung erlangt hat. Laut Karlsruher Adressbuch kam er 1892 mit sei- nem 1885 gegründeten Bauunternehmen nach Karlsruhe. Er bezeichnete sich als Architekt, war aber laut Adressbuch Maurermeister mit der Befugnis, planerische Aufgaben zu über- nehmen. Ohne stilbildend zu wirken, nahm er die jeweils aktuellen Architekturvorstellungen auf und gestaltete für seine Bauherren durchaus individuelle Fassaden. Trautmann starb am Ende des Zweiten Weltkrieges, sein Bauunter- nehmen existiert bis heute in Karlsruhe. Das Vorderhaus der Waldstr. 6 maß 12,5 m Frontlänge, dahinter erstreckte sich bis zum Ende des etwa 50 m tiefen Grundstücks ein 7 m breites Hinterhaus. Im Erdgeschoss lagen zwei Läden, darüber drei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss. Die Fassade war dem da- mals vom Büro Curjel & Moser gepflegten Ju- gendstil nachempfunden. Bereits im Oktober 1900 nach Fertigstellung des Rohbaus annon- cierte Hildenbrand für den April 1901 in der Zeitung: " ... schöne Wohnungen mit großen Zimmern nebst reichlichem Zugehör, AufZug, Bad, Waschküche, Trockenspeicher etc., 5-9 Zimmer, zusammen oder getrennt zu vermiet- hen." Der heute wieder aktuelle Gruß am Haus Waldstr. 6 an das kommende Jahrhundert gibt . v 307 Anlass, einen Blick auf die Geschichte des Hauses zu werfen, in der sich ein Stück weit auch die Geschicke der Stadt widerspiegeln. Gebaut wurde es in einer Boomphase der Stadtenrwicklung, als die Zuwächse der Ein- wohnerzahlen einen Höhepunkt erreichten, und der Bau eines Mietshauses eine gute Geld- anlage war. Im Zweiten Weltkrieg fiel es teil- weise dem schwersten Brandbombenangriff auf die Stadt vom 27. September 1944 zum Opfer. Der Dachstuhl war ausgebrannt und zwei darunter liegende Geschosse in Mitlei- denschaft gezogen. Nach 1945 sollte es auf Empfehlung der Aufräumungs-Arbeitsgemein- schaft Karlsruhe im Zuge der Trümmerräu- mung abgerissen werden. Dem Besitzer gelang es jedoch, den Erhalt durchzusetzen und das Baumaterial für eine Instandsetzung zugeteilt zu bekommen. Ein Notdach schützte bis 1955 die benutzbaren Stockwerke. 1955 erfolgte dann durch einen neuen Eigentümer der Wie- deraufbau, wobei das Haus allerdings um ein Geschoss gekürzt werden musste. Die Bewohner des Vorderhauses, darunter auch der Besitzer, gehörten bis in den Zweiten Weltkrieg sicher zur Oberschicht bzw. zum gurverdienenden Mittelstand der städtischen Gesellschaft, auch wenn der im Haus lebende Besitzer mit dem Ende der Monarchie 1918 auf seinen Titel als Hoflieferant verzichten musste. Ein Ausdruck der Wohnungsnot der Nachkriegszeit war 1922 die Umwandlung der Einzelzimmer im Dachgeschoss in eine Dreizimmerwohnung, auf die das städtische Wohnungsamt gedrängt hatte. Die Ladenlo- kale waren an oft wechselnde Mieter vergeben. So wurden hier bis zum Zweiten Weltkrieg u. a. Werkzeuge, Büroartikel und Herrenwäsche verkauft, ein Büro der Elektrizitätsgesellschaft unterhalten, sowie eine Leihbibliothek betrie- ben, es waren ein Rabattsparverein. eine Tuch- groß- sowie eine Möbelhandlung angesiedelt. Mit der sinkenden Wohnqualität in der Innenstadt im Zeichen der zunehmenden Motorisierung änderte sich seit den 1970er Jahren allmählich auch die Zusammensetzung der Bewohner des Hauses. Das Erdgeschoss beherbergte lange eine Kunsthandlung, da- nach wurde sein Erscheinungsbild kommerzi- ellen Interessen angepasst. MANFRED KOCH Funktionale Ästhetik am Rhein ,,Am nordwestlichen Rand des Stadtgebietes, weit außerhalb des unmittelbaren Blickfeldes der Karlsruher Stadtbewohner, hinter riesigen Raffinerietanks und zahlreichen Schornstei- nen verborgen, direkt am landschaftlich reiz- vollen Rheindamm, dort steht ein Kleinod der Architekturgeschichte, das Verwaltungsgebäu- de der ehemaligen DEA-Scholven-AG." Es ist das Werk eines der berühmtesten Architekten unseres Landes, Professor Egon Eiermann (1904-1970). Bekannt ist er heu- te vor allem für seine nach dem Zweiten Welt- krieg errichteten Bauten. Vor Augen hat jeder den Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis- kirche in Berlin, unter Fachleuten verbinden sich mit dem Namen jedoch eher Industrie- bauten wie die Taschentuchweberei in Blum- berg (Schwarzwald) von 1951, der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel (1957-58) und Verwaltungsgebäude wie das 308 Bonner Abgeordneten-Hochhaus (1965-69) oder die Olivetti-Türme in Frankfurt/Main (1968-72). Eiermann gilt als einer der Haupt- vertreter der so genannten zweiten Generation der modernen Architektur. Die Taschentuch- weberei wirkte 1951 auf junge Architekten in Deutschland wie das Fanal einer neuen, kom- menden Baukunst, modellhaft und zukuntts- weisend. Sie zeigte Maß und Ordnung, über- schaubare Gliederung, präzis gestaltete Details und verwendete wie selbsrverständlich die Stahlkonstruktion als Mittel der Architektur. 1947 erhielt Eiermann einen Lehrstuhl fur Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Die Bezeichnung "Eiermann-Schü- ler" galt jahrzehntelang für viele Architekten als Referenz. Nach dem Abklingen der "Post- moderne" als Stil der 80er-Jahre ist das Werk Egon Eiermanns gegenwärtig wieder Vorbild einer weiteren Generation von Architekten geworden, die sich, postuliert als "Zweite Moderne", ein zweites Mal den Bauten des großen Architekturlehrers zuwendet. Obwohl Eiermann über zwanzig Jahre lang sein Büro in Karlsruhe hatte, sind von ihm im Stadtgebiet nur zwei seiner Projekte verwirk- licht worden. Da ist zunächst das Versuchs- ktaftwerk auf dem Gelände der Universität Karlsruhe von 1951-55 zu nennen. Es gilt als einer der qualitärvollsten und fortschrittlichs- ten Bauten der Wiederaufbauzeit in Karlsruhe und wurde 1995 als Kulturdenkmal von be- sonderer Bedeutung ins Denkrnalbuch des Landes Baden-Württemberg eingetragen. Das zweite Projekt ist eben das Verwal- tungsgebäude der ehemaligen DEA-Scholven- AG, später OMW. heute mit der benachbar- ten Esso zusammen zur MIRO fusionierten größten Raffinerie Deutschlands. Es steht hier stellvertretend für eine ganze Gruppe von Funktionsbauten wie das Pförtnerhaus mit Fahrradabstellplatz, die Kantine, Magazin und Werkstatt, Feuerwehrhaus bis hin zu Messwar- ten. Die Planung unterlag mehreren äußeren Zwängen, zum einen die Vielzahl der Bauten bei gleichzeitiger Verschiedenheit und ge- 309 wünschter Variabilität innerhalb der Häuser, das alles unter großem Termindruck (es stan- den nur 7 bzw. 18 Monate für Planung und Bauausführung zur Verfügung) und selbstver- ständlich unter Beachtung ökonomischer Vor- gaben. Eiermann löste die schwierige Aufgabe durch den Enrwurf eines einheitlichen kon- struktiven Rasters für alle Bauren. Typisierte Baureile waren in der Anfertigung preiswerter und ermöglichten das parallele Arbeiten im Büro und auf der Baustelle. Aus den vorgege- benen Norwendigkeiten heraus fand Eier- mann eine formal hochqualitätvolle Lösung. Alle außenliegenden Stahlelernente blieben frei sichtbar, die vorgefertigten hölzernen Fas- sadenelemente ethielten eine einheitliche Grö- ße und unterschieden sich nur in der Auftei- lung. Teilweise waren die Gebäude klimati- siert, wobei die Lüftungsmaschinen in den Dachaufbauten untergebracht wurden. Bis ins Detail hinein feilte Eiermann an der techni- sehen und gestalterischen Vervollkommnung. Nichts an den Bauten ist zufällig, bis in das fein abgestimmte Farbkonzept hinein ist es ein Kunsrwerk von funktionaler Ästhetik. Ober die Qualität dieser Gebäude bestand auch bei den Bauherren kein Zweifel. Als am 14. Juni 1963 der Vorsitzende des Konsortial- ausschusses der DEA-Scholven-GmbH, Herr Dr. Staiger, die offizielle Einweihungsrede hielt, lobte er das Werk Eiermanns mit folgen- den Worten: "Das Werk, das Sie vor sich se- hen, ist eine nüchterne Industrieanlage. Den- noch haben wir über den Ansprüchen der Technik den Respekt vor den Gesetzen der Ästhetik nicht vernachlässigt und für die Bau- lichkeiten dieser Raffinerie in Herrn Professor Eiermann einen Architekten von internationa- lem Ruf gewonnen. Für seine Schöpfungen danken wir ihm auch an dieser Stelle." ULR1KE PLATE Tor zum Campus: das Hauptgebäude der Universität Auf einer Fläche von 56 Hektar erstreckt sich das Gelände der Universität wie ein eigener Stadtteil in unmittelbarer Nachbarschaft zur geschäftigen City. Dennoch dürften sich nur die wenigsten Karlsruher in diesem weitläufi- gen Areal mit seinen fast 150 Gebäuden aus- kennen. Sieht man von den über 20.000 Stu- dierenden, Lehrenden und Angestellten ab, die hier arbeiten, so nehmen die meisten Bür- ger den Campus allenfalls im Vorüberfahren wahr. Trotz stadtbild prägender Hochhäuser, die in den sechziger Jahren beim Durlacher Tor oder sogar in Schlossnähe entstanden, wird auch heure noch das hisrorische Haupt- gebäude in der östlichen Kaiserstraße mit sei- ner markanten Fassade aus rotem Sandstein am ehesten mit der Universität identifiziert. Die Geschichte dieses Baues geht zurück bis in die Frühzeit der ältesten Technischen Hochschule in Deutschland. Bei Gründung des Polytechnikums 1825 musste sich die neu- artige Eintichtung zunächst die Räume mit dem Karlsruher Lyceum neben der Stadtkir- ehe am Marktplatz teilen. Nach 1830 konnte an einen eigenen Neubau gedacht werden, für den man einen repräsentativen Bauplatz an der Langen Straße fand, der der rasch wach- senden Bedeutung der Schule entsprach. Ar- chitekt war Heinrich Hübsch, seit 1827 Nach- folger Friedrich Wein brenners als Leiter der 310 badischen Bauverwaltung und ab 1832 auch Vorstand der Architekturschule des Polytech- nikums. Wie innovativ das Gebäude bei seiner Voll- endung 1836 wirkte, ist heute nur bei Kennt- nis der damals aktuellen Architekturszene möglich, und die hatte der junge Hübsch mit seiner 1828 erschienenen programmatischen Schrift "In welchem Stile sollen wir bauen?" nachhaltig beeinflusst. Die darin theoretisch formulierte Abrechnung mit dem Klassizis- mus, die Abkehr von der Orientierung der Baukunst an der Antike, setzte Hübsch beim Neubau des Polytechnikums in die Praxis um. Formal hat das Äußere nichts mehr gemein mit Weinbrenners Stil. An die Stelle antikisie- render Tektonik und Formensprache trat eine sehr individuelle Rezeption italienischer Palaz- zofassaden des Mittelalters und der Frühre- naissance, die vor allem in einer geschlossen- blockhaften Frontbildung von ernster Monu- mentalität zum Ausdruck kommt. 311 Auch durch den roten Haustein als Fassa- denmaterial fiel der Bau im Karlsruhe der 1830er Jahre, das zuvor eine Stadt mit Purz- bauten gewesen war, aus dem Rahmen, Glie- derungen wurden nur sehr spärlich und meist flächig eingesetzt. Verzierungen sind in die abwechselnd roten und gelben Bogenquader spröde, wie Laubsägearbeiten eingeschnitten. Um so mehr traten die auf Konsolen zwischen die Bogenöffnungen des Eingangs gestellten Standfiguren ins Auge, ausgeführt von A10ys Raufer, Erwin von Steinbach und Johannes Kepler darstellend. Selbst die Wahl gerade die- ser Personifikationen flir Architektur und Na- turwissenschaft war neuartiges Programm: Wären im Klassizismus allenfalls antike Vor- bilder denkbar gewesen, sind es jetzt histori- sche "vaterländische" Personen des Mittelalters und der Neuzeit, geboren im badischen Stein- bach bzw. im württembergischen Weil der Stadt. Hübschs Schul palazzo, flir 300 Schüler berechnet, genügte schon bald nicht mehr den rasch wachsenden Studentenzahlen. Seit den 1850er Jahren wurden nördlich davon in den Fasanengarten hinein erste Ergänzungsbauten errichtet - der Beginn der Campusbebauung. 1859-64 schließlich erhielt das Hauptgebäude sein heutiges Aussehen. Einfuhlsam erweiter- te Friedrich Theodor Fischer das Werk seines Amtsvorgängets. Er verdoppelte den bestehen- den Bau in Richtung Dur!acher Tor und fug- te zwischen die beiden Trakte in anpassenden Formen einen höheren Mittelrisalit ein, der im Erdgeschoss einen neuen Haupteingang mit offener Halle erhielt, durch die auch das nörd- lich sich entwickelnde Hochschulgelände von der Kaiserstraße aus erschlossen werden konn- te. Erwin von Steinbach und Kepler wurden an das neue POrtal versetzt. Entstanden war die nach dem Schloss längste Gebäudefront in der Residenz, die es in Ausdehnung und monu- mentalem Anspruch auch mit anderen damals entstehenden Neubauten fur polytechnische Schulen im deutschsprachigen Raum aufneh- men konnte. 1944 ausgebrannt, wurde der Bau in der Nachkriegszeit im Äußeren in sei- nen ursprünglichen Formen wieder aufgebaut. Das mit Ausnahme der Treppenhäuser verän- derte Innere beherbergt heute Rektorat und Verwaltung der Universität. GERHARD KABIERSKE Pyramide oder Reiterstandbild? Als "Via Triumphalis" bilden die Denkmäler der Markgrafen und Großherzöge von Baden die herausragende Blicbchse im Zentrum der Stadt Kar!sruhe. Das 1844 vollendete Stand- bild des Markgrafen Kar! Friedrich auf dem Schlossplatz ist das nördlichste dieser Denk- malsreihe. Es folgen auf dem Marktplatz die Pyramide fur den Stadtgründer Kar! Wilhe1m und das 1833 fertiggestellte Brunnendenkmal für Großherzog Ludwig. Am Rondellplatz schließt sich der 1832 vollendete Obelisk fur Großherzog Kar! an, der als "Verfassungssäu- le" auch an die erste badische Verfassung von 1818 erinnert. Den südlichen Abschluss der "Via Triumphalis" bildete das bis 1805 im Stil einer antiken Tempelfront errichtete Stadttor, das Ettlinger-Tor-Denkmal, das jedoch 1872 abgerissen wurde. Der 1738 verstorbene Gründer der Stadt Kar!sruhe, Markgraf Kar! Wilhe1m von Ba- den-Durlach, wurde in der Gruft der Konkor- dienkirche beigesetzt. Die von Friedrich Wein- brenner von 1791 an projektierte Neugestal- tung des Marktplatzes im klassizistischen Stil führte zum Abriss der Konkordienkirche. So wurde der weitläufige Platz geschaffen, an dem sich Stadtkirche und Rathaus gegenüber stehen. Die Gruft blieb jedoch unangetastet. Schon Weinbrenner sah vor, über ihr ein Denkmal für den Stadtgründer zu schaffen. Er selbst schuf drei Entwürfe für ein solches Monu- ment, zunächst in Form eines Sarkophags, dann mit kolossalen Figuren eines Genius des Todes und einer trauernden Stadtgöttin. Die Kosten fur das Denkmal erwiesen sich freilich als zu hoch, so dass die Gruft nach dem Ab- bruch der Kirche im Jahr 1807 mit einer höl- zernen Pyramide nur provisorisch abgedeckt wurde. Durch die Rezeption der An tike und die Ideen der französischen Revolutionsarchitek- tur wurde die stereometrische Pyramide um 312 1800 in das Gestaltungsrepertoire der Archi- tekten und Bildhauer aufgenommen. Sie fand vorwiegend für Grabmäler Verwendung. Die Abdeckung der KarIsruher Grufr mit einer Pyramide entsprach also dem zeitgenössischen Stilempfinden. Zwischen 1823 und 1825 wurde das mittlerweile beschädigte Provisori- um durch eine Ausführung in rotem Sand- stein ersetzt. Die Pyramide erhielt damit einen dauerhaften Charakter. Nach dem Tod Kaiser Wilhelms l. im Jahr 1888 brach in Deutschland eine Denkmalseu- phorie aus, die sich vor allem an den Monu- menren für den Kaiser festmachte, jedoch auch anderen feudalen und bürgerlichen Per- sonen öffentliche Ehrung zukommen ließ. Das Reiterstandbild wurde als die repräsenra- tivste Denkmalsform angesehen und blieb den bedeutenden Monarchen vorbehalten. Für das in Karlsruhe ab 1890 geplante Kaiser-Wil- helm-Denkmal kam deshalb nur ein Reiter- standbild in Frage, das dann bis 1897 am Kai- serplatz realisiert wurde. Es spricht für die Wertschätzung des Markgrafen Karl Wilhelm, dass man während der Planungen für das Karlsruher Kaiser-Wilhelm-Denkmal auch dem Stadtgründer ein Reiterstandbild errich- ten wollte. Großherzog Friedrich l. äußerte bereits 1890 die Absicht, "anstelle der jetzigen Pyramide ein würdiges Denkmal setzen zu las- sen". Die Ausführung gewann 1902 Konru- ren. Denn mit der Errichtung des neuen Karl- Wilhelm-Denkmals wollte sich der Großher- zog für die Feiern bedanken, die zu seinem 50- jährigen Regierungsjubiläum veranstaltet wur- den. Am 29. April 1902 ließ Friedrich l. den Stadtrat wissen, er gedenke, "dem Gründer der Residenzstadt ( ... ) auf dem hiesigen Markt- platze an der Stelle der ( ... ) als Provisorium erstellten Pyramide ein Reiterdenkmal zu er- richten". Die mittlerweile als Wahrzeichen der Stadt geltende Pyramide sollte an anderer Stel- le wieder aufgebaut werden. Mit dem Entwurf des Denkmals beauf- tragte der Großherzog den Professor an der Karlsruher Kunstgewerbeschule Fridolin Diet- sehe. Der Leiter des Hofbauamtes, der Archi- tekt Friedrich Ratze!' entwarf den Sockel. In der Folgezeit scheute man es jedoch, die Pyra- mide vom Marktplatz zu entfernen. Das Rei- tersrandbild sollte nun in engem Zusammen- hang mit der Pyramide errichtet werden. Des- halb sah ein überarbeiteter Entwurf ein nach Norden ausgerichtetes Denkmal vor, dessen Sockel die Pyramide weit überragte. Doch konnre sich der Großherzog aus ästhetischen Gründen nicht dazu enrschließen, das Denk- mal ausführen zu lassen. Weitere Überlegun- gen gingen dahin, das Monumenr an Stelle des Ludwig-Brunnens zu errichren und diesen auf den Ludwigsplatz zu verlegen. 1907 und 1908 starben Friedrich l. sowie die Künstler Diet- 313 sehe und RalZel. Ihr Tod machte die Realisie- rung dieses Denkmalentwurfs unmöglich. Der neue Großherzog Friedrich 11. griff den Plan eines Karl-Wilhelms-Reiterdenkmals bald wieder auf. Der Marktplatz sollte jedoch unangetastet bleiben und kam als Standort nicht mehr in Frage. Den Auftrag für einen neuen Entwurf erhielt 1909 der Frankfurter Bildhauer FrilZ Boehle. Der sich an den alt- deutschen Kunsttraditionen orientierende und vom Galeriedirektor Hans Thoma sehr ge- schätzte Bildhauer sollte mit diesem Auftrag als Professor für die Karlsruher Kunstakade- mie gewonnen werden. Die Einweihung des Denkmals sollte 1915 zum 200-jährigen Stadt- jubiläum stattfinden. Als Standort wurde die Mittelpromenade der Hans-Thoma-Straße bei der WaIdstraße bestimmt, doch 1916 galt die Standortfrage als wieder offen. Der Erste Welt- krieg und der Tod Boehles im Jahr 1916 besie- gelten das Scheitern dieses Denkmalprojektes. Die Pyramide auf dem MarktplalZ aber war endgültig zum Monument des Stadtgründers Kar! Wilhe1m geworden. J UTT A D RESCH Südstern - Lebendige Geschichte zwischen Sturmlampe und Kastenschloss Der Südstern in der Marienstraße 32 ist zu- mindest Cineasten, die nach dem Besuch der Schauburg eine der vielen Kneipen der Süd- stadt besuchen, hinlänglich bekannt. Magisch ziehen dessen Schaufenster mit ihren Auslagen aus längst vergangenen Tagen den Passanten an, und kaum einer bleibt nicht wehmütig für eine Weile davor stehen. Doch nur wer den Südstern betritt, sich auf die Einrichtung und Auslagen einlässt, wird bemerken, dass dieser Raum, der das ge- samte Erdgeschoss einnimmt, die Geschichte des Hauses, seiner Bewohner und des Ge- schäfts zu erzählen weiß. Das dreigeschossige, durch schlichte Fens- tergewände und einfache Gesimse aus gelbem Sandstein architektonisch gegliederte Eckge- bäude, in dem sich der Laden befindet, wur- de 1872/73 in den Gründungstagen der Süd- stadt errichtet. Ein Schneider und ein Schuh- macher teilten sich das Erdgeschoss, was sich bis heute an den Ladentüren in der Marien- straße nachvollziehen lässt. In den ursprüng- lich drei begehbaren Schaufenstern, die nur diffuses, gebrochen weiches Licht in den In- nenraum dringen lassen, bot der Schneider seine Waren feil. Zwei dieser tiefen, durch Sprossenfensrer zum Innenraum offenen Vit- rinen sind heute neben den Türen leme Zeug- nisse aus der Entstehungszeit des Ladens. In nur wenigen Jahren wechselte das Haus dreimal seinen Besitzer, bis es 1899 schließlich von Adolf Rosenberger erworben wurde. Der mit Lederwaren handelnde jüdische Kauf- mann lebte damals bereits zehn Jahre in der Fächerstadr. Seine Frau Sophie betrieb in der Schützenstraße 52 einen Eisenwarenhandel. Rosenberger übernahm 1893 deren Geschäft und eröffnete es noch vor der Jahrhundert- wende im Erdgeschoss des neu erworbenen Hauses. Rötlich-braun gestrichene offene Re- gale und einfache mit sparsamem Dekor ge- 314 schmückte Theken sowie em Sortimenr- schrank mit hunderten kleiner, nummerierter Holzkästchen für Schrauben und Scharniere, Messer, Beschläge und Werkzeuge zeugen von der reichhaltigen Waren palette, die hier ange- boten wurde und das Fundament des wirt- schaftlichen Erfolgs legte. Rosenberger ließ gegen Ende der zwanziger Jahre seinen Laden vergrößern. Die Hofeinfahrt von der Schüt- zenstraße wurde bis zum Bodenniveau des Ladengeschäfts aufgefüllt und durch ein stäh- lernes Schaufenster, mit zurückgesetzter Ein- gangstür geschlossen. Ein winziger, nur wenige Quadratmeter großer Innenhof wurde über- dacht, wodurch ein dunkles Warenlager ent- stand. Diese Erweiterung brachte seinem Be- sitzer kein Glück. Adolf Rosenberger starb 1926, und seine Frau musste die Geschäfte wieder allein übernehmen. Sie konnte den Betrieb jedoch nur kurze Zeit leiten. 1936 stellten die Nationalsozialisten Haus und Ei- senwarengeschäft unter "arische Zwangsver- waltung", im Oktober 1940 wurde Frau Ro- senberger nach Gurs deportiert, wo sie am 12. Februar 1943 verstarb. Das Eisenwarengeschäft Rosenberger wur- de am 1. Juni 1936 durch den Kaufmann und Hilfspolizisten Otto App unter eigenem Na- men als "rein arisches Unternehmen" eröffnet, wie ein erhaltenes Flugblatt dokumentiert. In seinem Mietvertrag wird penibel festgehalten, dass die Einrichtung zwar verändert und um- geräumt werden dürfe, soweit dies der Ge- schäftsbetrieb erforderlich mache, doch sah App hierzu offensichtlich keine Veranlassung. Er führte das Geschäft bis weit in die Nach- kriegszeit ohne tiefgreifende Veränderungen an Einrichtung und Sortiment fort. Es muss heute als ein außerordentlicher Glücksfall an- gesehen werden, dass nach Apps Tod 1984 der Laden zunächst in einen Dornröschenschlaf verfiel. Als am 16. Oktober 1992 Peter F. Koch die Pforten der Eisenwarenhandlung wieder öff- nete, um die vorhandenen Warenbestände zu verkaufen, die eine knapp einhundert jährige Geschichte industrieller Eisenwarenprodukti- on dokumentierten, konnte niemand wissen, dass neben Nägeln und Schrauben, Sensen- wetzsteinen und emaillierten Reklamerafeln auch zahllose Dokumente erhalten blieben, die den schicksalhaften Weg des Geschäfts nachvollziehbar machen. Es ist das Verdienst Kochs, dass er den Mut aufbrachte, diesen Laden nicht zu modernisieren, sondern in den gegebenen Umständen dessen Geschichte fort- zuschreiben und darüber hinaus die histori- schen Dokumente zu bewahren. Doch dieses Kapitel wird mit dem 23. Dezember 2000 beendet werden. Dann schließt das ehemalige Eisenwarengeschäft in der Marienstraße end- gültig seine Pforten. ULRICH SCHNEIDER 315 Die Karlsruher Uhrmacherfamilie Schmidt-Staub Zur Eröffnung einer netten Abteilung im Badischen Landesmuseum Die Regierungszeit des Markgrafen Kar! Fried- rich bildet den Hintergrund für den Aufbau des Schmidc'schen Uhren geschäfts. Nach an- fänglich schweren Jahren konnte sich Johann Jacob Schmidt schließlich eine solide Existenz als Uhrmacher aufbauen. Seine Söhne, Enkel und Urenkel, Jacob, earl und Gustav führten die Uhrmachertradition des Familienunter- nehmens weiter: Taschen- und Turmuhren, Präzisions regulatoren oder Standuhren aus feinem Holz, Bronze oder Marmor wurden allseits geschätzt. Unter den Käufern waren auch berühmte Persönlichkeiten wie der Dich- ter Johann Peter Hebel. Für seine ausgezeichne- te Arbeit wurde Schmidt zum Hofuhrmacher ernannt. Seitdem war das Schicksal der Fami- lie eng mit dem badischen Hof verbunden. Dies gilt besonders für Georg Schmidt, den zweiten Sohn Johann Jakobs. Er wurde Beamter im Dienste des Großherzogs. Seine Hingebung an das öffendiche Wohl konnte er 1847 beim großen Theaterbrand unter Beweis stellen. Er war die ganze Zeit über bei den Löscharbeiten im Einsatz und musste miterle- ben, wie 63 Theaterbesucher einen qualvollen Tod fanden. Für seinen Einsatz wurde er we- nig später belohnt. Als durch ein Feuer seine eigene Wohnung verwüstet. wurde, erschien der Großherzog Leopold höchstpersönlich, um sich der Sache anzunehmen. Bis zur Behe- bung des Schadens konnte das Ehepaar Schmidt Logis im Schloss nehmen - Seite an Seite mit dem Landesherrn. Zwei Jahre später war es an Gustav, dem Großherzog zu helfen. Ihm oblag die Aufgabe, das Schloss vor der Plünderung revolutionärer Truppen zu schützen, nachdem Leopold vor Smnuhr den AufStändischen geflohen war. Geldbestän- de und Dokumente brachte Schmidt in Sicher- heit. Nicht verhindern konnte er allerdings, dass die Aufständischen einige Pferde aus dem Marstall entführeen und sich an den Beständen der Waffenkammer vergingen. Nur durch die dosieree Herausgabe der wertvollen großher- zoglichen Weinvorräte konnte Georg die Un- ruhestifcer besänftigen und so das Schlimms- te verhindern. Auch anderswo waren die Mitglieder der Familie Schmidt miceen im Geschehen der Zeit. 1844 durfte der lO-jährige Gustav eine 316 Probefahrt der neu erbauten Eisenbahn mit- machen. Mag das noch ein Vergnügen gewe- sen sein , so lässt sich das für seine Reise von Karlsruhe nach Brüssel im Jahr 1858 wohl kaum sagen. Das Unternehmen dauerte gan- ze drei Tage und zwei Nächte. Sein Weg führte ihn mit der Eisenbahn nach Mainz. Weiter ging es mit der Postkutsche nach Koblenz, von wo ein Dampfschiff nach Köln fuhr. Von dort schließlich brachte ihn der Zug endlich nach Brüssel. Ein Trost für die Beschwernisse des Reisens wurde ihm allerdings einige Zeit spä- ter gewährt: 1862 lernte er in einem Eisen- bahnabteil Luise Staub kennen, deren Vatet den ersten Frisiersalon der Stadt betrieb. Nur wenig später sollte sie seine Frau werden. Von der Hochzeit, wie von vielen anderen Familiengeschichten, berichten uns die Fami- lienpapiere - Tagebüchet, Briefe und Poesieal- ben. Sie lassen unter anderem die Zeit des Bie- dermeier lebendig werden und besehteiben typisch biedermeierliche Rituale wie das fami- liäre Beisammensein bei Kaffee und Kuchen. So geschah es auch bei der Vetmählung von Gustav und Luise 1862. Dem Anlass entspre- chend war die Torte von einem Amor mit Pfeil und Bogen gekrönt. Als Gustav diesen beim Anschneiden vorsichtig herunterheben wollte, fiel er in sein Weinglas. Unter großem Geläch- ter deuteten einige Gäste dies als böses Omen, doch zeigte die Zukunft, dass der Sturz des Liebesgottes den Neuvermählten kein größe- res Unglück bringen sollte. 1870/71, während des Krieges mit Frank- reich, verband sich das Familienschicksal er- neut mit der großen Politik. Dank der Kriegs- ereignisse gingen die Geschäfte sehr gut. Offi- ziere kauften Felduhren, die später - mit Split- tern und Kriegsschäden - zu begehrten Kauf- objekten wutden. Für "das Bestreben, in kunstgewerblicher Hinsicht die Uhrgehäuse sowohl stilgerecht als auch in sorgfältiger und liebevoller Ausführung" hergestellt zu haben, erhielt Gustav Schmidt einige Jahre später die Silberne Medaille der Gewerbeausstellung. Von den fünf Enkeln aus der Ehe Gustavs Schmidts mit Luise Staub erlernte der Älteste, Rudolf Schmidt-Staub, das Uhrenhandwerk, während der Zweitgeborene, Hermann, Gold- schmied wurde. Erst 1965 wurde das Uhren- fachgeschäft aufgegeben und teilte damit das Schicksal vieler Familienunternehmungen. Am 27. April 2001 wird im Badischen Landesmuseum die Ausstellung zur badischen Landes- und Kulturgeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffnet. Mit die- ser Neueinrichtung unter dem Titel "Baden zwischen den Revolutionen 1789-1848" wer- den die Anfänge des Großherzogturns an his- torischem Ort, dem Karlsruher Schloss, leben- dig. Die Ausstellung führt den Besucher dutch die badische Geschichte in der Zeit Napoleons und des Biedermeier, dokumentiert die Um- gestaltung der Stadt durch Friedrich Wein- brenner und den vorindustriellen Aufbruch und leitet über die Erhebungen von 1848 in die zweite Hälfte des Jahrhunderts. All das haben die verschiedenen Generationen der Karlsruher Familie Schmidt bzw. Schmidt- Staub miterlebt. KRlSTIANE BURCKHARDT 317 Die Statuen von Erwin von Steinbach und Johannes Kepler Wer mit offenen Augen über den Karlsruher UniCampus flaniert. bemerkt schnell. dass hier nicht nur Institutsgebäude und laborhal- len zu finden. sondern auch zahlreiche Kunst- werke zu entdecken sind. Der Ort von For- schung und Lehre ist zugleich eine Art Musen- tempel- und das bereits von Beginn an. Vor- gestellt werden nachfolgend die ersten. aus der Gründungszeit des ehemaligen Polytechni- kums stammenden Kunstwerke: die bei den Statuen Etwin von Steinbachs und Johannes Keplers am Portal des Hauptgebäudes. Als Großherzog Ludwig von Baden 1825 die Polytechnische Schule in Karlsruhe grün- dete. fand in den ersten Jahren ihres Bestehens das neugegründete Institut eine provisorische Unterkunft im Lyceum am Marktplatz. 1832 erfolgte eine Reorganisation. bei der man mehrere bereits bestehende Lehranstalten wie die angesehene Bauschule Friedrich Wein- brenners. die Ingenieurschule Johann Gott- fried Tullas. die Forstschule und zwei weitere private Fachschulen im Polytechnikum zusam- menfasste, so dass nun ein Neubau dringend erforderlich wurde. Die Planung des ers- ten Hochschulgebäudes lag in den Händen des herausragenden Archi- tekten Heinrich Hübsch. der seit 1832 auch die Bauschule des Polytech- nikums leitete. Im Jah- re 1833 erfolgte die Grundsteinlegung. drei Jahre später konnte der Lehrbetrieb im eigenen Domizil an der östli- chen Langen Straße. der heutigen Kaiserstra- ße. aufgenommen werden. Hübsch. der mit seinem schulebildenden "Rundbogenstil" in Anlehnung an die italienische Frührenaissance den in Karlsruhe bislang vorherrschenden Klassizismus Weinbrenners ablöste. entwarf ein breites. dreigeschossiges Gebäude mit zen- tral gelegenem Treppenhaus. An der Vordersei- te bildete der Eingangsbereich mit seinen drei Rundbogenöffnungen den Hauptakzent. zu- sätzlich betont durch zwei Portalstatuen. die Hübsch als vermittelnde Elemente zwischen Außen- und Innentaum an dieser Stelle plan- te. Dabei dachte man wohl von Anfang an nicht an Figuren der Antike als Vorbilder eines humanistischen Bildungsideals. sondern an bekannte Persönlichkeiten der nationalen Geschichte. die programmatisch auf Funktion und Ausbildungsschwerpunkte der Polytech- nischen Schule verweisen sollten. Die Wahl fiel auf Erwin von Steinbach (um 1244- 1318). den Baumeister des Straßburger Mün- sters. und auf den Astro- nomen Johannes Kepler (1571- 1630): Der eine als »Repräsentant der Technik und Kunst". der andere als "Reprä- sentant der mathemati- schen Wissenschaften«. wie Hübsch ausführte. Beide waren weithin be- rühmte Vertreter ihrer Fachgebiete. die Weg- weisendes geleistet hat- ten und überdies eng 318 mit der südwestdeurschen Region verbunden waren. Der Auftrag für Entwurf und Ausfüh- rung der zwei Portalfiguren wurde an A10ys Raufer vergeben. Raufer, der seit 1830 als Leh- rer für Modellieren an der Polytechnischen Schule unterrichtete. gehörte im ersten Drir· tel des 19. Jahrhunderts zu den führenden Bildhauern in Baden. Seine Werke sind auch heute noch an prominenten Stellen im Stadt- bild von K:arlsruhe zu finden - erwähnt sei als Beispiel das 1833 auf dem Marktplatz errich- tete Denkmal für Großhetzog Ludwig. Raufers um 1839 vollendete Portalstatuen aus gelbgrünlichem Schilfsandstein sind keine Idealbildnisse, sondern porträthafte Figuren. Sie lassen die Intention des Bildhauers, die in- dividuelle äußere Erscheinung der histori- schen Personen möglichst wirklichkeitsgetreu wiedetzugeben, deutlich erkennen. Beim Bild- nis von Johannes Kepler konnte sich Raufer an den überlieferten Porträtgemälden des Gelehr- ten aus dem 17. Jahrhundert orientieren. Für die Gestalt Erwin von Steinbachs, der seit Goethes Aufsatz "Von deurscher Baukunst" (1772) zu den populärsten Künstlerpersön- lichkeiten des Mittelalters zählte, nahm er sich offensichtlich zwei im Straßburger Münster aufgestellte Figuren aus dem späten 15. Jahr- hundert zum Vorbild, die damals - und wie sich später zeigte irrtümlicherweise - als au- thentische Bildnisse des Erwin von Steinbach galten. Überlebensgtoß und vollplastisch aus- geführt, sind beide Statuen durch Attribure gekennzeichnet: Erwin von Steinbach hält ein Modell des Straßburger Münsters in der einen und ein Winkelmaß in der anderen Hand, während Johannes Kepler durch Weltkugel und Fernrohr charakterisiert ist. Dieses erste eigene Gebäude der Polytech- nischen Schule bot Platz für insgesamt erwa 300 Schüler. Doch die rasch steigende Zahl an Studenten machte schon bald eine Erweite- rung der Räumlichkeiten notwendig. Bis 1864 war die Vergrößerung des Hauptbaus - heute Sitz von Rektor, Senat und Verwaltung - nach den Plänen von Friedrich Theodor Fischer ab- geschlossen. Hübschs Nachfolger in der Bau- direktion löste die Aufgabe, indem er das schon vorhandene Gebäude als Flügelbau ver- wendete und in östlicher Richtung noch ein- mal errichten ließ. Der ursprüngliche Zugang wurde geschlossen, die beiden Skulpturen von Raufer an das neue Portal versetzt und nun auf Wandpfeilern stehend wieder aufgestellt. Aus konservatorischen Gründen wurden die durch Luftverschmutzung gefahrdeten Fi- guren 1976 gegen Kopien aus Epoxydharz ausgetauscht, die Originale befinden sich seit- her im Foyer des Universitätsbauamts. URSULA MERKEL 319 Wasser für die Residenz Friedrich Weinbrenners Brunnenhalls in Dllrlach Seit dem Mittelalter nutzten die Durlacher mehrere natürliche Quellen, die am Fuß des Geigersbergs unmittelbar an der Landstraße nach Ettlingen entspringen, zur Versorgung der Stadt mit fließendem Wasser. Nachweis- lich seit 1468 war eine Quelle baulich gefasst, das Wasser lief über hölzerne Deichelrohre zu einem Brunnenrurm beim Blumentor, um von hier einige öffentliche Brunnen innerhalb der Stadtmauern zu speisen. Später mehrfach verbessert und erneuert, erfüllte diese Leitung bis ins 19. Jahrhundert ihren Dienst. In der 1715 neu gegründeten Residenz Karlsruhe stand es mit der Wasserversorgung im 18. Jahrhundert hingegen nicht zum bes- ten. Man konnte zwar das lebensnotwendige Nass wegen des hohen Grundwasserstands relativ leicht gewinnen, sodass nahezu jedes Haus einen eigenen Zieh- oder Pumpbrunnen besaß; die Wasserqualität ließ jedoch sehr zu wünschen übrig, nicht zuletzt wegen der vie- len Sickergruben, durch die das Abwasser ins Grundwasser gelangte. Wer es sich als Karlsru- her leisten konnte, ließ deshalb Trinkwasser in Fässern aus Durlach und Umgebung heran- fahren. Der alte Karlsruher Wunsch nach reinem Wasser führte nach langen Überlegungen erSt nach 1819 zu konkreten Planungen. Der Bür- germeister von Durlach wies damals auf die noch ungenutzte Quelle zwischen dem alten Durlacher Brunnenhaus und der Bäderbrünn- le Quelle hin, deren Wasser bislang in der sumpfigen Niederung der Weihergärten versi- ckerte. 1821 wurde eine Kommission einge- setzt, die die Möglichkeit der Fassung der Quelle und ihrer Leitung nach Karlsruhe un- tersuchte. Ihr gehörten u. a. der wegen seiner Rheinkorrektion berühmt gewordene Ingeni- eur Johann Gottfried Tulla, Baudirektor Fried- rieh Weinbrenner sowie der "Mechanik- und Mühlen-Baukunst-Practicus" Joseph Haber- 320 stroh aus Ettlingen an. Ihr Projekt wurde 1822 von Großherzog Ludwig genehmigt und bis 1824 realisiert. Über der neu gefassten Quelle an der heu- tigen Ecke von Badener und Marstallstraße wurde ein weiteres Brunnenhaus errichtet, das Wasser zum alten Turm Ecke Pfinztal- und Ba- dener Straße geleitet und dort eine neue Me- chanik eingebaut. Diese erzeugte, angetrieben von beständig im Kreis gefuhrten Pferden, den nötigen Druck, das Wasser durch zwei gussei- serne Rohre entlang der Durlacher Allee bis nach Karlsruhe zu pumpen, wo eine Reihe von laufenden Brunnen vor allem auf städti- schen Plätzen, etwa dem Markt-, dem Ron- dell-, dem Lidell- und dem Ludwigsplatz, ge- speist wurden. Friedrich Wein brenner war als Leiter des öffentlichen Bauwesens für die Gestaltung der Karlsruher Brunnen, aber auch für die Errich- tung des Durlacher Brunnenhauses verant- wortlich. Er löste die ungewöhnliche Bauauf- gabe - wie wir noch heute sehen können - auf anspruchsvolle Weise. Über die reine Funkti- onserfüllung hinaus und völlig anders als die benachbarten älteren, heute verschwundenen Quellhäuser, die schlichte Zweckbauten wa- ren, erhielt der massive Bau eine äusserst re- präsentative, gedrungen-monumentale Form in der für Weinbrenner charakteristischen For- mensprache des Klassizismus. Das mit mäch- tigen Sandsteinplatten gedeckte Satteldach, die wie im Boden versunkenen Pilaster der Wandgliederung oder die archaische Bogenni- sche der Giebelseite mit dem Portal sind stilis- tisch deutlich von der französischen Revoluti- onsarchitektur beeinflusst. Nicht weniger ein- drucksvoll zeigt sich das Innere des Gebäudes. Eine schwere Tonne überwölbt das rechtecki- ge Quellbecken, in dem sich das aus der Erde aufsteigende Wasser sammelt. Ein Umgang ermöglicht es dem Besucher, entlang der Au- ßenwände das Becken zu umschreiten. Noch heute erfüllt das Gebäude seine Auf- gabe der Quellfassung, wenngleich das Wasser nicht mehr der Versorgung der Bevölkerung dient und ungenutzt über einen Graben der Weihergärten in die Kanalisation abfließt. Bis zur Erbauung des Wasserwerks im Oberwald 1871 versorgte es ganz Karlsruhe, später speis- te die Quelle nach dem Neubau des Durlacher Wasserwerks Ecke Pfinztal- und Badener Stra- ße von den 1890er bis in die I%Oer Jahre noch die Haushalte in Durlach. GERHARD KABIERSKE Das Karlsruher Gefängnis Ein Nmrenaissancebau von fase[ Durm Gefangene hatte man früher im Rathausturm oder in dem schmalen Zellenbau, der ehemals im Hofe des Landgerichts stand, eingesperrt. Doch mit der wachsenden Einwohnerschaft Karlsruhes stiegen die Gefangenenzahlen an, unerträglich wurde die drangvolle Enge in den Zellen, der Plarz reichte nicht mehr aus. Man 321 plante daher ein neues Gebäude auf einem Grundstück zwischen heutiger Stabel- und Riefstahlstraße. Ein landläufiger Gefangnisbau hätte dort neben den Kirchen, öffentlichen Bauten und Villen das städtebauliche Gesamt- bild gestört. Prof. Eugen von Jagemann (1849- 1926), der aus dem badischen Justizdienst kam und mit StrafvoUzugsfragen vertraut war. schlug daher vor. nach dem Vorbild des Sankt- Petersburger Untersuchungsgefängnisses einen aufgegliederten Bau zu errichten. dessen Au- ßenfassade an ein Museum erinnert. Der mit dem Entwurf befasste Oberbaudirektor Josef Durm (1837-1919) griff die Idee auf und schuf in den Jahren von 1894 bis 1897 einen rechteckigen Baukärper mit abgerundeten Kanten und einer unauffällig wirkenden Neo- renaissance-Fassade. Der Sockel und die Fen- sterumfassungen des dreistöckigen Bauwerks sind in Sandstein. die übrigen Außenflächen in rötlich-gelben Backsteinen ausgeführt. Der Dachstuhl musste nach Bombenschäden neu errichtet und mit Schiefer eingedeckt werden. Die Außenmaße des Baus betragen 77 x 47 m. Seine Flügel umschließen einen geräumigen. etwa 60 m langen und 30 m breiten Innenhof. auf den sämtliche Zellen ausgerichtet sind. Dank dieser Bauweise verlaufen im Inneren alle Flure an der zur Straßenseite gehenden Wand. so dass nach außen hin keine vergitter- ten Zellenluken. sondern frei gestaltete größe- re Bogenfenster angebracht werden konnten. In den Ostflügel des Gevierts ist ein herausra- gender. erhöhter Mittelbau eingelassen. in dem die Verwaltungsräume mit Krankenre- vier. Arztzimmer. Bibliothek und Anstaltska- pelle sowie im Untergeschoss die Küche unter- gebracht sind. In den Untergeschossen der Sei- tenflügel befinden sich die Werkstätten. der Zentralheizungskeller und das Waschhaus. Al- te Baugrundrisse lassen erkennen, dass in einer Hofecke ein längst verschwundenes Schafott- fundament angelegt war. Bis etwa Mitte der dreißiger Jahre sollen dort zu Todesstrafe Ver- urteilte hingerichtet worden sein. Bei der Erbauung verfügte das Amtsge- fängnis über 124 Einzelzellen. zehn Kranken- zellen und vier Arbeitszellen. Als normale Gesamtbelegung war früher eine Zahl von 162 Gefangenen vorgesehen. heute geht man nach Veränderung einzelner Zellen von 111 Haft- plätzen aus. In den ersten Nachkriegsjahren waren allerdings bis zu 400 Personen hinter den Mauern verwahrt. Auch gegenwärtig be- steht eine gewisse Oberbelegung. Zut Zeit sind 151 erwachsene Männer inhaftiert (Stand 1.1.2001). Während man in dem Hause frü- her auch zeitliche Freiheitsstrafen vollstreckte. wird heutzutage nur Untersuchungshaft für Beschuldigte aus dem gesamten Landgerichts- bezirk Karlsruhe vollzogen. Daneben sitzen auch so genannte Trennungsgefangene aus an- deren Bezirken ein. die mit bestimmten Tatge- nossen keinerlei Konrakt halten dürfen. Bis nach Ende des Zweiten Weltkrieges befand sich im Hause zugleich eine abgesonderte Frauenabteilung. seit längerem aber sind weib- .\ bll. I. O .. tfrolit . 322 liehe Gefangene in speziellen auswärtigen Anstalten untergebracht. In der Verwaltung der Justizvollzugsanstalt - so heißt die Einrichtung nunmehr - sind ge- genwärtig zwölf Mitarbeiter, im Vollzugs- dienst 61 Bedienstete beschäftigt, ebenso ist ein Psychologe tätig. Eine Ärztin und zwei Anstaltsseelsorger betreuen die Insassen an einzelnen Tagen. Drei Sozialarbeiter nehmen sich der Sorgen und Nöte der Gefangenen während der Haft an, zudem können sie den Übergang in die Freiheit, nötigenfalls die Wiedereingliederung, vorbereiten und beglei- ten. Ehrenamtlich unterstützt und gefördert wird diese Tätigkeit von dem Bezirksverein für soziale Rechtspflege (früher: Gefangenenfür- sorge und Bewährungshilfe), der seit dem Jah- re 1832 in Karlsruhe seine Hilfen anbietet. REINER HAEHLlNG VON LANZENAUER Die Künstleröfen der Majolika-Manufaktur Karlsruhe Die Baukeramik gehörte von Anfang an zu den angestrebten Betätigungsfeldern der 1901 gegründeten Karlsruher Majolika-Manufak- tur. Ihr Mitbegründer H ans Thoma hatte dabei sowohl die äußere Gestaltung eines Bau- es als auch die Ausstattung von Innenräumen im Sinn. Getreu dem Anliegen der Manufaktur, Künstler und Architekten zur Mitarbeit zu ge- winnen, schufen auch außenstehende Entwer- fer wie beispielsweise der Architekt Hermann Billing Kachelöfen für die Manufaktur. Auch Abteilungsleiter Hans Grossmann selbst fertig- te Entwürfe. Von Grossmann und Billing stammen die Öfen für die Innenaussrattung des Karlsruher Künstlerhauses, dessen innerer Umbau durch das Architekturbüro Gross- manns erfolgte. Diesen Entwürfen ist im Gan- zen ein historisierender Zug eigen, so im Fal- le der beiden Öfen für das Künstlerhaus mit Rücksicht auf die Architektur in Formen des Empire. Durch den Ersten Weltkrieg wurde die positive Entwicklung der Baukeramik unter- brochen. Anfang der zwanziger Jahre erfolgte jedoch ein erneuter Aufschwung. Es gelang der Manufaktur, bedeutende Künstler zur Mitarbeit zu gewinnen. Im Bereich der Ka- chelöfen führte dies zu einer Kollektion von Künstletöfen, zu der so namhafte Entwerfer wie Fritz August Breuhaus, Emil Fahrenkamp, Josef Hillerbrand u. a. beitrugen. Außerdem erhielt die Manufaktur zahlreiche Aufträge für einzelne Öfen, aber auch ganze Ofenanlagen, von privater und öffentlicher Seite. Auffallend bei diesen Auftragsarbeiten ist, dass sie sich im Gegensatz zu den modernden Künstleröfen sehr an traditionellen Vorbildern orientieren und stark historisierende Züge aufweisen. Der Kachelofen erfreute sich auch in den zwanziger Jahren noch großer Beliebtheit, ob- wohl zunehmend modernere Formen des H ei- zens Verbreitung fanden. Mochte man auch der Zentralheizung heiztechnische Vorzüge zugestehen, so war doch in Bezug auf Behag- lichkeit und Repräsentation eindeutig dem Kachelofen der Vorzug zu geben. Auch was die künstlerische Gestaltung betraf, beschäftigte 323 Kachelof(:n, F. A. Br(:uhaus, 1920. man sich weit intensiver, mit dem Entwerfen von Öfen als etwa der künstlerischen Gestal- tung von Heizkörperverkleidungen. Die Besonderheit der Karlsruher Künstler- öfen besteht darin. dass sie sich zwar im Rah- men des traditionellen Ofen typs bewegen. innerhalb dessen aber. wie ihnen die zeitgenös- sische Kritik bescheinigt. zu "modernem Stil- empfinden" gelangen. Entsprechend dem her- kömmlichen Ofenaufbau bestehen sie aus ei- nem Unterbau. der entweder auf einem Sockel oder auf Füßen steht und in dem das Heizma- terial verbrannt wird. Darüber erhebt sich der Oberofen. der zylinder-. kegel- oder kastenför- mig angelegt sein kann. Er hat die Aufgabe. die Strahlungsfläche des Ofens zu vergrößern. Meistens ist er daher recht hoch. aber im Durchmesser kleiner als der Unterofen. Den oberen Abschluss bildet die Bekrönung. häufig der am aufWendigsten durchgestaltete Teil des Ofens. Während die Entwerfer der Künstleröfen diesen durch Tra- dition und Technik gebildeten Aufbau aufgrif- fen. folgten sie in ihrer künstlerischen Gestal- rung jedoch weder volkstümlichen noch histo- risierenden Vorbildern. So setzte auch Fritz August Breuhaus in seinem hier abgebildeten Ofen den herkömm- lichen Typus in die sachliche Formensprache der zwanziger Jahre um. Die Formen sind ganz auf schlichte Quader reduziert. Die Oberfläche des Unterbaus. der auf einem Mes- singrahmen mit vier Füßen steht. trägt als ein- zigen Schmuck die durch unterschiedliche Farbgebung hervorgehobenen Rippen. Es wer- den nur wenige. große Kacheln verwendet. so dass der einheitliche Charakter des Unterbaus noch verstärkt wird. Um diesen nicht zu stö- ren. ist auch die Befeuerungstür seitlich ange- bracht. Die Schlichtheit des vom Umfang her et- was kleineren Oberofens wird noch dadurch betont. dass pro Seite nur eine einzige glatte Kachel in einen etwas vorspringenden Rah- men eingesetzt ist. Die Bekrönung ist ebenso zurückhaltend und besteht aus einem geraden. sich etwas nach außen neigenden Gesims. Al- les Schmückende konzentriert sich hier auf die Bemalung. die auf dem Oberbau angebracht ist. Während die Seitenteile mit pflanzlichen Motiven bemalt sind. trägt die große Vorder- seite eine mythologisch an murende Szene zweier miteinander kämpfender Reiter. Die Suche nach neuen Formen bei den Karlsruher Künstleröfen wurde von zeitgenös- sischen Kritikern der Gewerbeschau in Mün- chen 1922 lobend festgestellt. Dort waren mehrere der Künsrleröfen. darunter auch der hier gezeigte Ofen von Breuhaus. zu sehen. Trotz des "modernen Stilempfindens" wurde positiv bewertet. dass die Öfen keinem neuen Stil um der Neuheit willen folgen und damit zur Modeerscheinung werden. sondern be- 324 wusst auf alten Formen und Techniken etwas Neues aufzubauen suchen. Die Künstleröfen fielen umso mehr auf, als die Beispiele anderer Hersteller überwiegend "in der bodenständi- gen Geschmacksrichtung altdeutscher Hafuer- kunst" gehalten waren. Wurde den Künstleröfen 1922 auch be- scheinigt, sich keiner Modeströmung zu un- terwerfen, so sieht man ihnen aus heutiger Sicht doch deutlich ihre Entstehungszeit an. Die Modernität und künstlerische Leistung lässt sich jedoch nicht zuletzt im Vergleich zu den Öfen ablesen, die in den dreißiger Jahren von der Manufaktur angeboten wurden und die in ihrer Formensprache wieder ganz auf traditionelle und volkstümliche Vorbilder zu- rückgriffen. Der abgebildete Ofen von Fritz August Breuhaus ist Bestandteil der ständigen Ausstel- lung des Museums in der Majolika-Manufak- tur. Die Ausstellung gibt einen überblick über die Geschichte der Manufaktur und ist täglich außer Montag von 10-13 Uhr und 14-17 Uhr geöffnet. EVA SPINDLER "Terra et mundus" von Hans Kindermann Auf ihrem weitläufigen Areal beherbergt die Universität Karlsruhe nicht nur Institute und Laborhallen, sondern auch eine Vielzahl an Kunstwerken und Technikobjekten. Über die Jahrzehnte hinweg entstand an der Stätte des Forschens und Lehrens sowohl innerhalb wie außerhalb der Gebäude eine Art Museum, das ein bemerkenswertes Spektrum herausragen- der Beispiele der bildenden Kunst und der Technikgeschichte umfasst. Während der ers- ten 130 Jahre nach Gründung der Polytechni- schen Schule (1825) wurden Kunstwerke vor- wiegend als bauplastischer Schmuck, als Denkmalssetzungen oder zur Innenraumge- staltungen ausgewählt. Der weitaus größte Teil datiert jedoch aus neuerer Zeit und konnte zumeist mit Hilfe des "Kunst am Bau"-Pro- gramms seit Ende der 1950er Jahre erworben werden. Den Hintergrund hierfür bildete ein Beschluss des Bundestages von 1950, der 1955 von der Landesregierung Baden-Württemberg festgeschrieben wurde. Er besagt, dass "zur Förderung der bildenden Kunst und des Kunsthandwerks ( ... ) bei allen staatlichen Bau- aufträgen ( ... ) im Regelfall 1 bis 2 % der Bau- auftragssumme" für ·künstlerische Arbeiten vorgesehen werden soll. Mit diesen Mitteln wurde auch die Bronzeplastik "Terra et mun- dus" ("Erde und Weltall") von Hans Kinder- mann realisiert. Das Kunstwerk befindet sich seit 1969 auf der westlichen Grünfläche des Physikgebäu- des, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Ins- titut für Nachrichtentechnik. Eine Vielzahl amorph geformter und ineinander greifender Einzelteile mit schrundig zerklüfteter Oberflä- che fügen sich zu einer durchlässigen Kugel zusammen. Wie in einer unaufhörlichen. wir· belnden Bewegung scheint das in seiner Mit- te offene Gebilde schwerelos im Raum zu schweben. Das lebhafte Spiel von Licht und Schatten, das sich auf den Wölbungen, Graten und Vertiefungen der Bronze entfaltet, unter- streicht den transitorischen Charakter des Bildwerks: Innen und Außen, Materie und Raum sind keine unvereinbaren Gegensätze, sondern einander bedingende und ergänzende Elemente. 325 Anders als die ebenfalls zum Kunstbesitz der Universität gehörenden Plastiken von Ari- stide Maillo!, Bernhard Heiliger oder Karl- Heinz Krause, die unabhängig von ihrem künftigen Standort geschaffen wurden, ent- stand "Terra et mundus" als Auftragsarbeit für die Neubauten der Institure für Nachrichten- technik und Physik. Die Geschichte dieses Bildwerks lässt sich bis z~m Jahr 1959 zurück- verfolgen. Zum damaligen Zeitpunkt dachte man zunächst ausschließlich an eine Bildhau- erarbeit für das neue, zwischen 1959 und 1964 errichtete Gebäude. Der mit der Pla- nung des Neubaus beauftragte Architekt Wolf- gang Hirsch von der "Werkgemeinschaft Karlsruhe" beabsichtigte, den Eingangshof des Instituts mit einer Brunnenanlage und einer freistehenden Skulptur zu schmücken. Als für diese Aufgabe geeigneten Künstler schlug Hirsch den an der Karlsruher Kunsta- kademie lehrenden Bildhauer Hans Kinder- mann (1911-1997) vor. Dabei verwies der Architekt ausdrücklich auf Varianten, die Kin- dermann neben seinem realisierten Brunnen- entwurf für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel vorgelegt hat- te und die nicht zur Ausführung bestimmt worden waren. Diese Varianten dienten als Ausgangspunkt für die künftigen Planungen. Anfang der sechziger Jahre entwickelte Hans Kindermann schrittweise eine modifi- zierte künstlerische Konzeption, die als zei- chenhafte, abstrakt-plastische Chiffre symbo- lisch auf die moderne Nachrichtentechnik und damit auf die Nutzung des Gebäudes ver- weisen sollte. Obwohl die Arbeit am Modell wenig später abgeschlossen war und die Um- setzung in Kürze hätte erfolgen können, erga- ben sich nun langwierige Verzögerungen, in deren Folge nicht nur der Entwurf noch wei- terentwickelt und umgestaltet, sondern auch der ursprünglich geplante Standort verändert wurde. Nicht zuletzt stellten die zu erwarten- den hohen Gusskosten der Großplastik ein Problem dar. Nach längeren Diskussionen wurde jedoch eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung gefunden: Man einigte sich darauf, das Bild- werk wenige Meter vom zunächst vorgesehe- nen Standort entfernt auf dem Gelände der benachbarten, gerade im Bau befindlichen Physikalischen Institute aufzustellen und die für künstlerische Gestaltungen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel beider Institutio- nen zusammenzufassen. Die Ausführung der Plastik übernahm ab 1966 die Karlsruher Firma Metz und Bachert. Stück für Stück wurden die insgesamt 124 Bronzeteile im Wachsausschmelzverfahren gegossen und anschließend im Atelier des Künstlers überarbeitet. Einige der Teilformen waren 1966 in Essen und 1967 in Karlsruhe auf den Jahresausstellungen des Deutschen Künstlerbundes zu sehen. 1968 konnten die Bauarbeiten am Neubaukomplex der Physika- lischen Institute im Wesentlichen abgeschlos- sen werden, einige Monate später folgte die Aufstellung der mehr als fünf Tonnen schwe- ren Plastik. URSULA MERKEL 326 Das Durlacher "Markgrafendenkmal" Wer auf dem Durlacher Marktplatz den Blick schweifen lässt. entdeckt auf dem Balkon des Rathauses eine steinerne Ritterfigur. Geht man dann in das Pfinzgaumuseum in der Karlsburg. stäßt man erneut auf diese Ritter- gestalt mit einer Fahne aus Eisenblech und einem Schild mit dem badischen Wappen. Im Museum steht das Original. auf dem Rathaus- altan eine Kopie. Welche Geschichte verbirgt sich hinter dieser doppelten Ritterfigur? Im Jahr 1567 ließ die gerade zur Residenz erhobene Stadt Durlaeh einen großen steiner- nen Brunnen errichten und darauf eine steiner- ne Statue setzen. Einer jahrhundertealten Über- lieferung folgend gilt diese als eine Darstellung des Markgrafen Karl Ir .• der 1565 seine Resi- denz von Pforzheim nach Durlach verlegen ließ. Angeblich aus Dankbarkeit ge lach die Ritterfigur anfertigen. die als Markgrafensta- tue in die Geschichtsschreibung einging. Der Durlacher Marktplatzbrunnen von 1567 wurde 1862 abgerissen. Man ersetzte ihn durch einen gusseisernen achteckigen Brun- nen mit einem ebenfalls gusseisernen Aufsatz. zu dem die jahrhundertealte Ritterstatue nicht passte. Zunächst plante die Stadt. die Standfigur auf den vor dem Schloss gelegenen Fischbrun- nen zu setzen. Dagegen erhoben allerdings der großherzogliehe Archivrat Bader und der Konservator Hofmaler von Bayer Protest. denn schließlich handele es sich um die Dar- stellung eines ehemaligen Landesherren. Da- raufhin wurde die Statue auf dem Rathausbal- kon untergebracht. Das stieß aber auf die Ablehnung des Großherzogs. der die steinerne Darstellung seines Vorfahren nicht so unwür- dig untergebracht sehen wollte. Nun schalte- ten sich Kreisregierung und Obetamt ein. bis der Bürgerausschuss eine Summe von 1.000 Gulden für die Restaurierung der Sandsteinfi- gur beschloss. Die nun von einer Brunnenfi- gur zum Denkmal gewordene Statue samt Baluster wurde 1865 nach Entwürfen August von Bayers um einen mit vier gusseisernen he- raldischen Löwen verzierten Sockel unterbau erweitert, mit einem Zaun umgeben und auf der Grundfläche des 1829 begonnenen. aber nicht ausgeführten Karl-Friedrich-Denkmals auf dem Schlossplatz an der Ecke Pfinztalstra- ße/Karlsburgstraße errichtet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Figur so stark verwittert. dass der großherzog- liehe Konservator Ernst Wagner 1902 vor- schlug, sie zu restaurieren und in einen ge- 327 schlossenen Raum zu stellen. Er meldete zu- dem Zweifel an, dass es sich um eine Darstel- lung des Markgrafen Karl 11. handele. In einer damaligen Durlacher Volksweise, die Wagner zitierte, meinte er einen Hinweis zu entde- cken, dass auch die Durlacher sich nicht sicher waren, ob es sich tatsächlich um die Statue Karls II. handele: "Zu Durlach auf dem Brun- ne, Da steht ein Mann mit Spieß; Er sagt, er kann nicht kumme, Er hätt so krumme Füß." Dennoch wurde die Ritterfigur nun als Zeichen der Durlacher Geschichte entdeckt. In Durlach wuchs, wie auch in anderen Städ- ten, ein ortsgebunden-historisches bürgerli- ches Selbstverständnis. Ebenfalls 1902 er- schien im Durlacher Wochenblatt ein Aufruf, eine Altertümersammlung anzulegen - das war der Beginn der Sammlungen des heurigen Pfinzgaumuseums. Im gleichen Jahr begann auch die Diskussion über eine mögliche Wie- derherstellung des alten Marktplatzbrunnens mit der Ritterstatue, in die auch der Maler Karl Weysser einbezogen wurde, der ein heu- te im Pfinzgaumuseum zu sehendes Ölgemäl- de des Marktplatzbrunnens von 1567 gemalt hatte. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg be- schloss der Durlacher Gemeinderat tatsächlich die Rekonstruktion des alten Brunnens und rief eine Kommission mit Fachleuten ins Le- ben. Der gerade zum Konservator ernannte Friedrich Eberle veröffentlichte einen Spen- denaufruf für dieses Projekt, das nach Ende des Krieges in den 20er Jahren weiter verfolgt wurde. Doch der Marktplatzbrunnen blieb unverändert. Aber schon 1911 hatte Heinrich Bauser den Auftrag erhalten, die Ritterfigur zu restaurieren, die nun im Erdgeschoss des Rat- hauses aufgestellt werden sollte, und eine Ko- pie anzufertigen. Ein Jahr später wurde die Statue abgebaut, 1915 der Sockel abgetragen und der mit heraldischen Löwen geschmück- te Unterbau auf den Bauhof gebracht. Die Ritterstatue wurde 1929 schließlich dem 1924 eröffneten pfinzgaumuseum über- geben, die Kopie schmückt seitdem den Rat- hausbalkon. Auch wenn es sich nicht um eine Darstellung des Markgrafen Karl II. handelt, sind Original und Kopie heute fest im Durla- eher Bewusstsein verankerte Symbole der eige- nen jahrhundertealten Geschichte. SUSANNE ASCHE Kunst oder Schrott? Das Hirschtor im Karlsruher Schloss garten Es steht in Sichtverbindung mit dem Schloss- turm und schließt den Schlossgarten gegen den Fasanengarten ab, die bei den Parkteile dabei trennend und doch optisch miteinander ver- bindend. Gemeint ist das prächtige schmiede- eiserne Gittertür, das wegen seiner repräsenta- tiven Erscheinung und seiner handwerklichen Perfektion ein beliebtes Fotomotiv abgibt. Zwischen den von Schmuckvasen gekrön- ten Steinpfeilern sind drei Eisengitter wie Spit- zenwerk eingespannt: Schmale, jeweils mit dem badischen Wappen geschmückte Fuß- gängerpforten flankieren das breite Haupttor der Durchfahrt, das korbbogenförmig über- höht ist und in einer Wappenkartusche mit den Initialen MarkgrafKarl Friedrichs gipfelt. 328 Skiue des Tores z.um Vorhor des Schlosses. Der spröde Werkstoff Eisen wird im phanta- sievoll-plastischen Schmuckwerk. das wurzel- • ranken- oder blattartig aus den Vertikalsrre- ben herauszuwachsen scheint, in seiner Mate- rialeigenschaft geradezu negiert. Zweifellos handelt es sich um ein Meister- werk der Rokoko-Schmiedekunst aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. das in eine Reihe zu steI- len ist mit berühmten zeitgenössischen Beis- pielen anderer Barockschlösser. etwa in Würz- burg oder Schwetzingen. Als Zeichner des Entwurfs ist der damals noch junge. seit 1752 am Karlsruher Hof tätige Baumeister Wilhe1m Jeremias Müller überliefert. die Ausführung besorgte der talentierte Hofschmied Melchior Hugenest. der auch die Fenster-. Balkon- und Treppengitter des Schlossneubaus fertigte. Das Tor wurde nicht immer so geschätzt wie heute. Schon unmittelbar nach seiner Fer- tigstellung im Jahr 1759 untersagte Karl Fried- rich die Aufstellung am vorgesehenen Ort. dem Hauptzugang des Schlosses zwischen den gerade fertig gestellten Wachhäuschen. Wie sehr es dort in spätbarockem Sinn das Ge- samtbild des Ehrenhofs bereichert hätte. macht eine Skizze deutlich. die sich im Nach- lass des Bauhistorikers Arnold Tschira im Süd- westdeutschen Archiv für Architektut und in- genieurbau an der Universität Kadsruhe fand . Der Markgraf. durch seine Gemahlin Karoline Luise gut über die aktuellen französischen Modesträmungen informiert, hatte erkannt, dass das Tor nicht mehr dem neuestcn Pariser Geschmack entsprach. der sich immer stärker an der Antike orientierte. Für Jahrzehnte ver- schwanden die reich geschmückten Gitterflü- gel im Bauhof. erst 1806 fand das Tor an ab- gelegener Stelle beim Neuen Zirkel eine unter- geordnete Verwendung. obwohl ein Gutach- ten Friedrich Weinbrenners damals sogar schon fast sein Ende bedeutet hätte. Der be- rühmte Architekt - Vertreter eines schlichten Klassizismus - fand. dass das Werk seines Vor- gängers Müller mit seinen Schnörkeln ganz und gar abzulehnen sei. da "man über dassel- be gleich einer Leiter leicht einsteigen und sich im vorbeigehen durch die hervorragenden. langen und spitzigen Verzierungen beschädi- gen kann". Glücklicherweise erfolglos forderte er den Verkauf als altes Eisen. aus dessen Erlös ein modernes Tor finanziert werden könne. Erst 1864. als - bezeichnenderweise wieder von Paris ausgehend - das Rokoko neu ent- deckt wurde. erkannte man am Karlsruher 329 Hof die Qualität des inzwischen über hundert Jahre alten Tores und verschaffte ihm seine heutige Stelle. Zwei ruhende Hirsche. Kopien nach Christian Daniel Rauch. wurden damals zu beiden Seiten als zusätzlicher Schmuck auf- gestellt. Sie verschwanden leider nach dem Zweiten Weltkrieg. nur der Name "Hirschror" erinnert heute noch an sie. GERHARD KABIERSKE Der "Männerwald" von HAP Grieshaber Obwohl es keine städtische Galerie. das heißt keine Ausstellungsräume rur eine permanente Präsentation der Kunstwerke gab. kaufte die Stadt Karlsruhe seit dem späten 19. Jahrhun- dert immer wieder Gemälde. Zeichnungen. Druckgrafiken und Plastiken vorwiegend hie- siger Künstler an. 1971 erwarb die Stadt Dru- cke der 8-teiligen Holzschnittserie "Männer- wald" von HAP Grieshaber anlässlich einer Werkausstellung des Künstlers im Badischen Kunstverein. Der Künstler war zu dieser Zeit in Karlsruhe sehr bekannt. 1955 wurde er als Nachfolger Erich Heckels an die hiesige Kunstakademie berufen. Grieshaber prakti- zierte in Karlsruhe eine neue Form des Unter- richts. Er selbst war wichtiger Anreger und Gesprächspartner. der mit seinen Studenten aktuelle Ausstellungen besuchte oder ihnen moderne amerikanische Literatur vermittelte. Als zwei Lehramtskandidatinnen durch die Prüfung fielen. weil die Prüfungsordnung - in den 1930er Jahren unter den Nationalsozialis- ten erlassen - forderte. dass das dargestellte Motiv erkennbar sein müsse. legte Grieshaber 1960 seine Professur nieder und verließ Karls- ruhe. Wenige Jahre später schuf er den "Män- nerwald" für die Weltausstellung 1967 in Montreal. 1972 fügte er das Relief der Justitia hinzu. und gab der Arbeit den Gesamttitel "Areopag". So erweitert gelangten die Druck- stöcke an ihren endgültigen Platz im Gerichts- hof der Europäischen Gemeinschaft in Lu- 330 xemburg. Jedes der großformatigen Blätter mit den Maßen 220 x 122 cm zeigt eine Figur, die wie ein überdimensionales schwarzes Zeichen auf dem weißen Papier steht. Die acht leicht überlebensgroßen Gestalten sind fries artig angeordnet und beziehen sich jeweils paarar- tig aufeinander. Jede nimmt die ihr zur Verfü- gung stehende Fläche völlig ein und wendet sich weitgehend dem Betrachter zu. Die Figu- ren erscheinen flächig. Der Künstler setzt Li- nien ein, die zum Teil die Figuren präziser for- mulieren oder die Binnenflächen strukturie- ren. Die Abfolge der Figuren weist formal und inhaltlich eine Zäsur auf mit der, von links ge- sehen, vierten Figur, dem Flötenspieler. Nach rechts schließen vier Akte an, die Pflanzen wie Attribute oder als Kopfputz tragen. Fast könn- te man meinen, die Figuren gingen, vergleich- bar der Sage von Daphne, in Bäume über. Inhaltlich lässt die Folge viel Fragen offen: Warum gab ihr Grieshaber den poetischen Titel "Männerwald" , wenn doch zwei der Fi- guren eindeutig weiblich sind? HAP Grieshaber vor den Druckstöcken des "Männerwaldes". Der Künstler selbst bezeichnete sie als "Ce- res" und "Gäa", zwei antike Göttinnen. Auch die Übrigen sind namentlich benannt. Es han- delt sich um die antiken Gestalten (v. I. n. r.): Peleus, Polias, Öneus, Linus und Nisus. Ihre Biografien bergen tragische Züge, wie zum Beispiel Öneus, dessen Nachlässigkeit dazu führte, dass seine Gemahlin den gemeinsamen Sohn tötet. Oder wie Peleus, auf dessen Hoch- zeit mit det Nereide Thetis Eris, die Göttin det Zwietracht, den Apfel mit der Aufschrift "Der Schönsten" in die Runde warf und damit letztlich den Trojanischen Krieg hervorrief. Die Bedeurung des Titels "Männerwald" sowie des gesamten Zyklus lässt sich nicht rasch erschließen und bedarf eingehender Re- cherchen. In der Ausstellung zu HAP Griesha- ber ab 6. September 2003 in der Städtischen Galerie wird der Zyklus zu sehen sein. Dann werden auch Anrworten auf die Fragen gege- ben, die dieses Kunstwerk stellt. BRIGITTE BAUMSTARK 331 Sphinx ante portas Begeistert schrieb 1905 der renommierte Kunstkritiker Karl Widmer über die neue künstlerische Bewegung der Jahre um 1900, den Jugendstil, der auch in Karlsruhe eine Fülle faszinierender Zeugnisse hinterlassen hat. "Die letzten fünf, sechs Jahre haben eine Reihe architektonischer Schöpfungen hervor- gebracht, die in ihrer sprudelnden Fülle von persönlichem Gehalt und phantasievoller For- menfreude die äußere Physiognomie der Stadt völlig umgestaltet und einen ungewohnt ori- ginellen und künstlerisch interessanten Zug hineingebracht haben.« Allen Kriegszerstörun- gen zum Trotz haben sich zahlreiche Bauwer- ke aus dieser Zeit erhalten - und vieles ist den- noch heure so gut wie unbekannt. Geht man durch die Straßen der Stadt und macht sich die Mühe, den Blick nach oben zu richten, lässt sich Erstaunliches entdecken. Wer zum Beispiel kennt die beiden Sphingen hoch oben am Haus Nummer 136 in der 50- phienstraße? Errichtet wurde das Gebäude im Jahr 1904 von Christian Rothfuß junior, der Maurermeister, Zimmermann und Unterneh- mer in einem war. Von welchem Bildhauer die beiden Skulpturen rechts und links des Bal- kons stammen, ist dagegen bisher unbekannt. Weshalb aber ägyptische Sphingen an einem badischen Wohnhaus? Die Welt der Verände- rungen und der fließenden Grenzen, der Zwit- terwesen und des beflügelnden Rausches, das Reich dunkler Dämonen und lauernder Be- gierden, waren dem Mensch des Fin de Siede, dessen Gedanken und Gefühle bis in das neue Jahrhundert hineinreichten, ständiger, wenn oft auch trügerischer Lebenshintergrund. Symbolischen Ausdruck fand dieses Lebensge- fühl häufig auch im Schmuck von Hausfassa- den. Bei den Ägyptern mit männlich glatter, breiter Brust, bei den Griechen der Antike vollbusig als weiblich dargestellt, wurde die Sphinx im 19. Jahrhundert in Kunst und Li- teratur zum Inbegriff des rätselhaften Weibes schlechthin. Niemand anderes als Heinrich Heine war es, der in seinem Gedicht von der Sphinx diese als die Verkörperung von Liebe und Liebesschmerz versteht. Die Gestaltung der Sphingen in der So- phienstraße zeigt die widersprüchliche und komplexe Natur des mythischen Wesens. Von 332 vorne betrachtet ist das mythische Wesen ein schönes Mädchen mit stolzen Brüsten und langen Lockenwellen. dessen seltsam leerer. auf sich selbst bezogener Blick Rätsel aufgibt. Die Krallen sind verborgen. der Eindruck ist von kühler Unnahbarkeit. Ganz anders dage- gen die Skulptur im Profil: Da ist ein Raubtier auf dem Sprung. die Augen aufmerksam auf das hilflose. gebannte Opfer gerichtet. die Schultermuskeln angespannt. die Krallen der mäch tigen Tatzen ausgefahren. der Schwanz peitscht kraftvoll die Flanken. Das Figuren- paar ist identisch gestaltet und flankiert einen kleinen Balkon. dessen geschwungenes Gitter die gleichen qualitätvollen Jugendstilmerkma- le zeigt wie die beiden Skulpturen. Während die Sphingen den Abschluss der Fassade bilden und die Dekoration des sehens- werten Hauses. eines der bedeutendsten erhal- tenen Karlsruher Jugendstilhäuser. von unten nach oben immer reicher und vielfältiger wird. gibt es über dem Eingang zur Begrüßung lediglich einen Kopf. dessen Züge sich in line- ar-dekorativ wucherndes Pflanzenwerk aufzu- lösen scheinen. Unzweifelhaft ist bei aller all- mählichen Verwandlung. dass es sich um ein zeitlos-gelassenes. ursprünglich männliches Gesicht handelt - den Blick nach innen ge- richtet. Wird also im Gesamrzusammenhang der Fassade der Triumph des »Ewigweibli- chen" über die gebannte und verwandelte Männlichkeit gezeigt? Den Zeitgenossen sind solche Vorstellungen und Überlegungen nicht fremd gewesen. Das von Robert Dreikluft fotografierte und im G. Braun Verlag erschienene Buch .,Jugendstil in Karlsruhe. Formen. Vielfalt. Fantasien" kann als ein Ariadnefaden der be- sonderen Art durch die Straßen Karlsruhes hin zu dem ganzen Reichtum der Karlsruher Ju- gendstilarchitektur dienen. Tiefsinniges und Trauriges. Skurriles und Lustiges. Mystisches und Historisches lassen sich auf den verschie- denen Streifzügen entdecken. Anmutige Mäd- chen und phantastische Fabelwesen. eine Fau- na, die vom Frosch bis zum Rhinozeros reicht, und eine Flora. die manche Fassade in einen steinernen Garten schier zu überwuchern scheint. Wohlklang der Linien und Schönheit der Ornamente kommen hinzu. Eine eigene Welt. für die das Haus in der Sophienstraße als ein besonders gelungenes Beispiel gelten kann. MONlKA BACHMAYER 333 Neue Adresse der Denkmalpflege in Nordbaden Die Grenadierkaserne in Karlsrtlhe Nach dem 1991 erfolgten Abzug der franzö- sischen Armee aus der Grenadierkaserne im Karlsruher Westen nutzt das Land Baden- Württemberg die Möglichkeit, hier mietfrei Behörden untetzubringen. Die Außenstelle des Landesdenkmalamtes in Karlsruhe bezog nun in der Moltkestraße 74 ihr neues Domizil. Die Karlsruher Grenadierkaserne wurde in den Jah- ren 1893 bis 1897 nach Plänen des Garnisons- baubeamten Jannasch errichtet. Sie war der Sitz des 1. Badischen Leibgrenadier-Regiments. In den Ersten Weltkrieg war das Regiment mit 3.000 Soldaten nach Frankreich ausgezogen. Von den insgesamt 25.000 Männern des im- mer wieder verstärkten Regiments, das in den mörderischen Grabenkämpfen um Verdun kämpfte, kehrten 3.500 nicht mehr zurück. Kurz nach seiner Rückkehr wurde das Re- giment 1919 aufgelöst. Nach Besetzung der entmilitarisierten Zone durch die Reichswehr quartierte sich 1936 wieder das Infanterieregi- ment 109 in der Kaserne ein, nun unter natio- nalsozialistischem Oberkommando. Seit 1945 wurden die Militärgebäude für einige Jahre zur provisorischen Unterkunft für Heimatvertrie- bene. Erst 1952, nach Aufhebung der starren Militärzonenaufteilung, bezog die französische Armee die Grenadierkaserne und nannte sie "Quartier General Pagezy", die bei Karlsru- hern noch heute als "Franzosenkaserne" be- kannt ist. Mit dem Ende des Kalten Krieges ging das Kasernengelände 1990 schließlich in die Verwaltung des Bundesvermögensamtes über, das dann für den Verkauf an das Land Baden-Württemberg und die Stadt Karlsruhe sorgte. Immer wieder hoben Betrachter den "preu- ßischen Gesamteindruck" der Kasernenanlage hervor. An die 1892 eröffnete und unmittel- bar benachbarte Kadettenanstalt schloss der im folgenden Jahr begonnene Neubau der Leibgrenadierkaserne zeitlich und räumlich fast unmittelbar an. Das Grundstück der Ka- serne ist erwa fünf Hektar groß, und die Ge- bäude gruppieren sich um einen großen zen- tralen Exerzierplatz. Die schweren Gebäude sind in rotem Sandstein gemauert und waren ursprünglich mit Schieferplatten und Holzze- ment eingedeckt. Auf drei Seiten stehen sechs große Mannschaftsgebäude, die jeweils zwei Kompanien aufnehmen konnten. Zwischen den Mannschaftshäusern wurden drei kleine- re Wirtschaftsgebäude mit Wasch- und Speise- funktion eingestellt. Stärker umgebau·t wurde das große Exer- ziergebäude am Ostrand des Platzes; es fun- giert seit 1932 als Autohalle. An der Nordost- ecke des Grundstücks befand sich ein großes Kammergebäude. Wohnhäuser für verheirate- te Unteroffiziere und die Offiziersmesse neben dem Wachgebäude an der Toreinfahrt schlos- sen das Areal gegen Osten ab. Am westlichen Rand des großen Exerzierfeldes stand unweit des Gebäudes des Landesdenkmalamtes 1913 die eingeschossige Waffenmeisterwerkstatt und Beschlagschmiede. Besonders stolz waren die Erbauer der Mannschaftsschlafsäle auf die Fenster, deren Oberlichter leicht zu öffnen waren und somit eine gute Belüftung garan- tierten. Auch in den Türen waren bewegliche Lüftungsklappen angebracht. Die meisten der auf Hygiene zielenden Eigenschaften des Ge- bäudes finden sich bereits in der 1889 heraus- gegebenen preußischen Garnisons-Gebäude- ordnung zusammengefasst. Die Norm billig- te jedem Soldaten eine Fläche von 4,5 Qua- 334 ! 11011 Z\!nl 1 ~'" j iihr, J ubilÄum ~,ß",lif,nr,1'1 6 r(1l"~{t~··R"ts: . N,"" ~C9 . Pos[karte eines Grenad iers 1903. dratmeter Fläche zu, wie auch einen Luftraum von 15-16 Kubikmeter. Dies führte zu durch- schnittlichen Raumhähen von 3,5 Metern. In der Bauvorschrift von 1889 finden sich nur vage ästhetische Vorgaben zur architektoni- schen Formgebung. Sie dekretierte lediglich, den Bauten "im Aeußeren einen einfachen und ernsten Charakter zu geben". Die militä- rische Funktion sei "durch einfache aber sorg- fältig erprobte architektonische Formen" zu signalisieren. In der Kaiserzeit konnten Kaser- nenbauten in Baden deshalb individuelle Erscheinungs- bilder enrwickeln, die nicht einer Form, son- dern einer Baunorm verpflichtet waren. Eine wichtige Eigenschafi: von Kasernenanlagen des späten 19. Jahrhunderts ist eine strenge räum- liche Trennung der einzelnen Funktionen. So waren Unterkünfte und Latrinen streng von- einander getrennt, auch Wasch-, Speise- und Küchenräume befanden sich in einem separa- ten Gebäude. Dies verringerte die Gefahr von Epidemien sehr deutlich. Die Offiziere der Grenadierkaserne besaßen ein eigenes Kasino, sie hatten jedoch keine Wohnpflicht auf dem Kasernengelände und wohnten großteils in Privatunterkünften. Aber ein Offizier musste je Kompanie in der Kaserne leben. Durch die Anlage des großen Exerzierplatzes konnten militärische Übungen nun auch innerhalb der Kaserne durchgeführt werden; zudem grenzte unmittelbar im Nordwesten ein mehrere Hek- tar großes, heute bebautes Übungsfeld an. In den vorspringenden Flügelbauten der Kompaniegebäude befanden sich Wohnungen für ledige Offiziere und Unteroffiziere, Ärzte und die Revierkrankenstuben. Verheiratete Unteroffiziere wohnten mit ihren Familien in den drei Familienhäusern der Kaserne, die auch von der Straße aus zugänglich waren und 335 den Komfort von internen Latrinen und Was- seranschlüssen boten. Die Mannschaftsräume wurden mit eisernen Kanonenöfen beheizt, in den übrigen Zimmern standen Kachelöfen. Bei Dunkelheit wurden die Mannschaftsge- bäude mit Petroleumlampen erhellt. In den Kompanie- und Wirtschaftsgebäuden gab es damals noch keine Aborte. Vier eingeschossige Latrinengebäude befanden sich, jeweils etwa 10 Meter von den Mannschaftsgebäuden ent- fernt, bei den Eckpunkten des Exerzierplatzes. Die drei kleineren Wirtschaftsgebäude - sie liegen zwischen den größeren Kompaniehäu- sem - beherbergten im Untergeschoss jeweils Mannschafts- und Unteroffiziersküchen mit Kantinen, sowie das Brausebad für die gemei- nen Soldaten. Nur die dreistöckigen Wohn- häuser für Soldatenfamilien verfügten schon damals über Klosett und Wasseranschluss im Hause. Zusätzlich konnte sich jedes Wirt- schaftsgebäude, das Wachhaus, das Kammer- gebäude und die Wohnhäuser über jeweils 15 Meter tiefe Röhrenbrunnen mit Wasser ver- sorgen. CLEMENS KIESER 336 · Bücher-Blick 337 Barbara Guttmann: Hopfen & Malz. Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe Mit Beiträgen von Thomas Meyer und Erik Neumann, Karlsruhe; Badenia 1998 (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadt- archivs, Bd. 19), DM 39,80 Das Karlsruher Stadtarchiv hat eIn "neues Faß" aufgemacht: Im mittlerweile 19. Band der Reihe "Veröffentlichungen des Stadtar- chivs" wird die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe in einem zusammenfassenden Über- blick erstmals erschlossen. Unter Berücksich- tigung unterschiedlicher Quellenüberlieferun- gen, die aus Archiven, Zeitungen, zeitgenössi- schen Beobachrungen und Firmenfestschrif- ren "mosaikartig" zusammengetragen werden mussten, ist es gelungen, ein übersichdiches Bild über die Geschichte des städtischen Bier- brauens von der Gründung der Residenzstadt im Jahr 1715 bis in die Gegenwart zu entwer- fen. Gleichzeitig zur Ausstellung "Hopfen & Malz" im Prinz-Max-Palais erfährt damit jener Teil der Karlsruher Wirtschafts- und Unter- nehmensgeschichte, der ·rund um den allseits beliebten Gerstensaft angesiedelt ist, eine um- fassende Würdigung. Die Historikerin Barbara Gurrmann hat die Hauptarbeit an dem reich bebilderten Band übernommen und die Entwicklungsge- schichte des Brauwesens in Karlsruhe beschrie- ben. Struktur- und wirtschaftshistorische Per- spektiven wollte sie dabei in den Vordergrund rücken, aber auch alltags- und sozialgeschicht- liche Aspekte "schlaglichtartig" beleuchten. Dieses Vorhaben, das bei zahlreichen stadrhis- torisehen Abhandlungen bereits erfolgreich angewendet worden ist, kann sie handwerklich solide umsetzen. Da Karlsruhe nun einmal keine Insel ist, beschreibt sie stets allgemeine, über die Fächerstadt hinausreichende histori- sche Entwicklungsprozesse und kombiniert ihre Ausführungen dann mit der Geschichte des Brauwesens. Kommt diese Darstellung mit- unter auch nicht über die Feststellung schieter . Parallelität hinaus, gelingt Guttmann doch an manchem Beispiel eine tiefgreifende Vernet- zung von Ereignissen und Personen, so etwa bei dem Karlsruher NS-Kreisleiter Worch, der seinen Beruf zuvor als Bierbrauer ausgeübt har. Im Vordergrund des Buches steht indes die Fachgeschichte des städtischen Brauwesens mit besonderem Schwerpunkt auf der Darstel- lung des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit det zunehmenden Industrialisierung mündeten quantitative und qualitative Ausdifferenzie- rungen in eine Blütezeit des Bietbrauens. Wäh- tend der Hochkonjunktutphase besaß die Fä- cherstadt annähernd 30 Brauereien. Die Be- schreibung der jeweiligen Firmengeschichte bringt die zum Teil vergessenen Unternehmen wieder in Erinnerung. Bauhistorische Betrach- tungen zu den Brauereigebäuden, die das Stadtbild mitunter bis heute prägen, runden das Bild ab. Ergänzend hierzu beleuchtet Thomas Me- yer in einet kurzen Abhandlung den Einfluss der Karlsruher Btauereien auf die Stadtent- wicklung; Erik Neumann, vom Stadtmuseum der Partnerstadt Halle, macht erhellende Be- merkungen zur Sonderausstellung im Prinz- Max-Palais. Der sorgfältig zusammengestellte Anhang erlaubt es darüber hinaus, das infor- mative Buch auch als Nachschlagewerk zum Thema zu benutzen. M ICHAEL STOLLE 338 Mühlburg: StreifZüge durch die Ortsgeschichte Hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche in Verbindung mit dem Bürgerverein Mühlburg; Karlsruhe 1998; 32,- DM Zu den Feiern der 750-jährigen urkundlichen Ersterwähnung Mühlburgs und "runden Ge- burtstagen" von gleich vier Vereinen oder Or- ganisationen des Stadtteils hat das Stadtarchiv publizistisches Neuland betreten. Gleich mehr- fach: Zum einen haben die Stadthistoriker den bisherigen Weg der mit professioneller Feder aus einem Guss verfassten Geschichtsschrei- bung verlassen und die Jubiläumsvereine mit eigenen Beiträgen in die Publikation einge- bunden. Und ebenfalls als Novum stellt der Mühlburg-Band nicht den Text, sondern das Bild in den Vordergrund. Historische Zeichnungen, Pläne, Fotogra- fien von Wilhe1m Kratt oder aus dem Schlesi- ger-Archiv: Gut 150 Abbildungen spiegeln das Aussehen Mühlburgs, seiner Gebäude, Stra- ßen und Plätze in den unterschiedlichen Epo- chen wider, geben vor allem aber Einblick in den früheren Alltag, zeigen Mühlburger bei der Arbeit in der Eisengießerei Seneca, bei Festen oder im Dress der einst so erfolgreichen Fußballer. Und zum Bildteil trugen die Be- wohner des Stadtteils ebenfalls ein gewaltiges Scherflein bei. Nach Aufrufen in StadtZeitung und Tagespresse stellten zahlreiche Privatper- sonen Schnappschüsse aus ihren Archiven für die Veröffentlichung zur Verfügung. Obwohl die eindrucksvollen Aufnahmen in schwarz- weiß die 300 Seiten dominieren, ist das Werk kein Bildband im herkömmlichen Sinn. Die von Profis und Amateuren geschosse- nen Fotos sind vielmehr eingebettet in Texte, die ebenfalls Fachleute, aber auch Mitglieder der Feuerwehr, des Bürgervereins oder Rad- sportler fertigten. Wenn überhaupt, liegt hier auch die einzige kleine Schwäche des Bandes. Gegenüber dem historischen StreifZug, den Stadtarchiv-Chef Ernst Otto Bräunehe mit den Lesern vom "Mulenberc" des Jahres 1248 bis zum zerbombten Stadtteil im Zweiten Weltkrieg unternimmt oder dem Beitrag von Stadtplaner Harald Ringler über die Neuord- nung in den 50er Jahren fallen die Kapitel der anderen Autoren sprachlich manchmal ein wenig ab und kommen bisweilen holprig oder gestelzt daher. Doch Unebenheiten wie "in großer Anzahl stattgefundene Feste" machen den Band auf der anderen Seire sympathisch. Der Leser spürt: Der Mühlburg-Rückblick wurde keineswegs routinemäßig abgespult, es "menschelt" zwischen den Zeilen. Der Stadt- teil stellt sich selbst in Wort und Bild dar. Stadtgeschichte soll bekanntlich Identität stif- ten: Mit dem Pilotprojekt haben Archiv und Vereine dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. MATHIAS TRONDlE Dieter Vestner: Badische Revolution vor 150 Jahren. Geschehnisse in Baden und Durlach 1848/49 Hrsg. von der Bürgergemeinschaft Durlach und Aue 1892 e.v., Durlach 1998, 62 Seiten, 15,- DM Dieter Vestner: Die Karlsburg und der Fürstenhof zu Durlach Durlach 1998,72 Seiten, 22,80 DM Stadtgeschichtsschreibung lebt in ihren vielen Facetten auch von der intimen, oft durch jah- relanges Quellenstudium erworbenen Detail- kenntnis nichtprofessioneller Historiker. Die- ter Vesmer beschä.&igt sich in seinen in den ver- gangenen zehn Jahren publizierten Büchern mit der Geschichte Durlachs und Badens. Er stützt sich dabei auf vorliegende Veröffentli- 339 chungen und verzichtet, soweit dies erkennbar ist, völlig auf eigene Archivsrudien. Daher kann er keine neuen Erkenntnisse mitteilen. Auch in den beiden neuen Bändchen macht sich der Autor zum Multiplikator der Forschungen anderer, was durchaus berechtigt sein kann, wenn damit zusätzlich Leser ange· sprochen werden. Dabei unterlaufen Vesener jedoch Fehler, die die Mühen seiner Arbeit in Frage seelIen. In der chronologisch erzählten Revolurionsgeschichte spricht er z.B. vom Zehnt und der Leibeigenschaft, als ob diese nicht längse aufgehoben worden wären. In Offenburg forderte man 1847 nicht die kon- stitutionelle Monarchie, sondern die Repub- lik, und der Bürgerverein von 1847 kann mit seinen politischen Intentionen nicht als Vor· läufer der heutigen Bürgergemeinschaft inter- pretiert werden. Warum man für diese trotz der lieferbaren Geschichte der Revolution in Durlach von A. Mohr eine gekürzte Nacher- zählung für nötig hielt, ise unverständlich. Die zweite Broschüre berichtet enclang des Wech- sels der Markgrafen und ihrer Aktivitäten die Geschichte des Fürsrenhofes in Durlach. Entgegen der mit dem TItel geweckten Erwar- tung kommt die Baugeschichte der Karlsburg dabei zu kurz. Auch hier unterlaufen Vesmer Schnirzer wie z. B. die Fesrstellung, die Mark- grafen härren früher auf dem Turmberg resi- diert. Wer sich über die Geschichte Durlachs informieren will, sollte lieber zur 1996 erschie- nen Geschichte Durlachs greifen. MANFRED KOCH Susanne Asche I Ernst Ouo Bräunehe I Manfred Koch I Heinz Schmitt I Christina Wagner: Karlsruhe. Die Stadtgeschichte. Badenia Verlag, Karlsruhe 1998, 792 S., zahlreiche Abb., 49,-DM Stadtgeschichte hat in Deurschland seit gerau- mer Zeit eine gure Konjunktur. In den zu- rückliegenden beiden Jahrzehnten haben zahl- reiche Kommunen ihre Enrwicklung von den Anfängen bis heute in umfassenden Werken vor Augen geführt, verwiesen sei aus dem süd- wesedeurschen Raum nur aufSpeyer, Freiburg und, für das 18. bis 20. Jahrhundert, aufTri- er. Auch in Karlsruhe beschäftigte sich eine rege Forschung mit vielen Aspekten des städ- tischen Lebens seit 1715, aber es blieb doch schmerzlich spürbar, dass eine Gesamtdarstel- lung der Stadtgeschichte nicht greifbar war - die lerzte Publikation dieser Art erschien 1915. Die Lücke wurde durch das Gemeinschafts- werk von fünf Historikern, von denen vier im Stadtarehiv tätig sind, auf eindrucksvolle Wei- se geschlossen. Einleitend behandelt Heinz Schmitt relativ knapp, aber sehr instruktiv den Raum Karlsruhe vor 1715 und das Umland der Stadt seither - mit Durlach und Mühl- burg existierten hiet zwei kleine Städte und eine Reihe von Dörfern, von denen Knielin- gen schon 776 erwähnt wurde. Christina Wagner erörtert die Enrwicklung Karlsruhes von 1715 bis zum Jahre 1806, also bis zur Annahme der Würde eines Großherzogs durch Karl Friedrich. Der umfangreichste Beitrag stammt von Susanne Asche und hat das 19. Jahrhundert zum Thema. Hier wird die Enrwicklung von der Residenzstadt mit knapp 9 000 Einwohnern (einschließlich des 1812 eingemeindeten 'Dörfles' Klein-Karlsru- hel bis zur schon kräftig industrialisierten Großstadt mit einer Bevölkerung von etwa 130 000 Menschen im Jahre 1914 nachge- zeichnet. Das Schicksal der Stadt und ihrer 340 Bewohner während des Ersten Weltkriegs, in der Weimarer Zeit und unter der nationalso- zialistischen Diktatur sowie im Zweiten Welt- krieg führt Ernst Orto Bräunehe vor Augen, nur der Widerstand wird von Manfred Koch behandelt. Koch ist auch der Autor des ab- schließenden Teils über Karlsruhe zwischen 1945 und 1997. Insgesamt ist etwas mehr als die Hälfte des Bandes dem 18. und 19. Jahr- hundert gewidmet, etwas weniger den letzten 85 Jahren. Der Leser findet alles, was eine sinnvoll konzipierte Stadtgeschichte bieten muss. Behandelt werden der Raum des Ge- schehens, die Entwicklung der Bevölkerung, das allmähliche territoriale Wachstum der Stadt - 1886 wurde, um nur einige Beispiele zu nennen, Mühlburg eingemeindet, 1935 Knielingen, 1938 das damals knapp 20.000 Einwohner zählende Durlach - , die Ausbil- dung der Infrastruktur, wichtige Bauren, die Erwerbs- und Lebensverhältnisse der Einwoh- ner, Gewerbe, Handel und Industrie, Verfas- sung und Verwaltung der Stadt, die Oberbür- germeister, die Einwirkungsmöglichkeiten der Bürger auf die kommunalpolitischen Ent- scheidungen, ihr Verhalten als Wähler, Partei- en und Vereine, die Presse und die öffentliche Meinung zu wichtigen Fragen, das Bildungs- wesen, das kulturelle Leben, die konfessionel- len Verhältnisse und die Religionsgesellschaf- ten. Selbstverständlich ist dabei nie nur Karls- ruhe das Thema. Alle Autoren beziehen die Region, die Geschichte Badens, dessen Haupt- stadt Karlsruhe ja 230 Jahre war, und die deut- sche Entwicklung stets in gebührendem Maße mit ein. Zu diesen allgemeinhistorischen Pas- sagen wären hier und da Anmerkungen zu machen. So ließ König Friedrich Wilhelm IY. am 18. März 1848 nicht einfach "in die Men- ge schießen", vielmehr ist bis heute unklar, wie es an jenem Tage in Berlin zum Kampf kam. Die von Preußen und der Provisorischen Zen- tralgewalt 1849 gegen die Pfalz und Baden 341 aufgebotenen Interventionstruppen beliefen sich auf nur 53.000 Mann. Der Krieg mit Frankreich wurde 1870 nicht von Bismarck "provoziert", er war, jedenfalls nach Bismarcks lebenslanger Überzeugung "uns aufgezwun- gen". Und von Widerstand ohne Volk kann man nicht sprechen: zwischen 600.000 und 1.000.000 Deutsche waren in den Jahren 1933 bis 1945 aus politischen Gründen für längere oder kürzere Zeit in Haft; in Karlsru- he betrug die Zahl mindestens 700. Alle fünf Beiträge sind sehr informativ und sehr leser- freundlich geschrieben. Die zahlreichen Abbil- dungen und Karten tun ein übriges, um fast 300 Jahre Karlsruher Stadtgeschichte anschau- lich vor Augen zu führen. Bei der Betrachtung einiger Karren dürfte mancher Leser freilich zur Lupe greifen, wenn er alles entziffern will, was da aufgedruckt ist. Aus der Fülle des von den Autoren Vorge- tragenen können nur. ganz wenige Momente erwähnt werden. Im 18. Jahrhundert war die Stadt in ganz ausgeprägtem Maße auf den Hof bezogen. Das änderte sich nach 1806 deutlich, weil Baden im Zuge der damaligen territoria- len Veränderungen vom Klein- zum Mittel- staat heranwuchs; der durlachsche Landesteil hatte zunächst weniger als 90.000 Einwohner, das junge Großherzogrum immerhin die zehnfache Zahl. So gewann die Verwaltung ganz beträchtlich an Gewicht, und 1819 ent- stand mit den Kammern ein zweites politi- sches Zentrum von schnell erheblicher Bedeu- tung. Trotz der im letzten Drittel des 19. Jahr- hunderts sich kräftig entfaltenden Industrie blieb die Stadt, da sie eben Verwalrungszen- trum und Sitz zahlreicher Bildungseinrichtun- gen war, stärker bürgerlich geprägt als Kom- munen vergleichbarer Größe ohne derlei Ein- richtungen. Politisch dominierte lange ein gemäßigter Liberalismus, und konservative Neigungen waren hier und übrigens auch im unmittelbaren Umfeld deutlicher ausgeprägt als im badischen Durchschnitt. Mit den sich wandelnden Konfessionsverhältnissen - 1840 waren drei Fünftel der Karlsruher evangelisch, ein Drittel katholisch, in der Weimarer Zeit waren die beiden großen Konfessionen fast gleich stark - und mit der Industrialisierung erlangten der politische Katholizismus und die Sozialdemokratie fortlaufend mehr Gewicht. Das politische Klima in der Stadt blieb dabei moderat, und die Revolution im Winter 1918/19 verlief gemäßigt, wie das auch schon 70 Jahre zuvor der Fall gewesen war. Der Zu- spruch, den die Nationalsozialisten in der Spät- zeit Weimars fanden, lag (mit 40,3 % der gül- tigen Stimmen bei der Reichstagswahl am 31. Juli 1932) etwas über dem deutschen Durch- schnirt. Auf den Verlust der Hauptstadtfunk- tion musste man sich schon nach dem deut- schen Sieg über Frankreich im Juni 1940 und der Schaffung des Parteigaus Baden-Elsaß ein- stellen; eine Kompensation der damit verbun- denen Schwächung schien nur dutch eine ver- stärkte Industrialisierung möglich. Als das Land Baden nach 1945 unterging, blieb Karls- ruhe freilich in beachtlichem Maße Verwal- tungszentrum. Mit der Ansiedlung des Bun- desgerichtshofs - gegen die starke Konkurrenz von Köln - und des Bundesverfassungsgerichts gewann die Stadt als 'Residenz des Rechts' allerdings eine neue zentrale Funktion, dies- mal für die gesamte Bundesrepublik. Auch die Industrialisierung machte Fortschritte. Dass der Wille der Badener bei der 1950/51 heftig umkämpften Frage der Wiederherstellung des Landes Baden "überspielt" wurde, räumte 1956 selbst das Bundesverfassungsgericht ein und übte damit implizit Kritik an seiner ersten ein- schlägigen Entscheidung von 1951. Die Karls- ruher waren zu fast sieben Zehnteln für das Land Baden und gegen den Südweststaat. Schon im Ersten Weltkrieg wutde die Stadt wiederholt das Ziel von Luftangriffen, zwi- schen 1939/45 kam es viel schlimmer: Jetzt wurden fast 80 % aller Wohnhäuser zerstört oder doch beschädigt. Die Beseitigung der 3 Mill. m3 Trümmer erfolgte bemerkenswert schnell. Dieser von der Stadt nachdrücklich geför- derten, vom Verlag liebevoll betreuten und rundum gelungenen Stadtgeschichte, wird es an Lesern nicht mangeln, daran ist nicht zu zweifeln. Vermutlich wird es nicht bis zur Dreihundert jahrfeier Karlsruhes im Juni 2015 dauern, bis eine zweite Auflage erscheint. HANS FENS KE Klaus Bindewald: Die Albtalbahn. Geschichte mit Zukunft. Von der Schmalspurbahn zur modernen Stadtbahn Hg. Albtal-Verkehrs-Gesellschafr mbH., Ubstadt-Weiher 1998, 144 Abb., 191 S., 29,80 DM. Der öffentliche Personenverkehr ist ein Stadt- phänomen. Ohne ein leistungsfähiges Nahver- kehrsnetz wären die modernen Großstädte nicht denkbar. Der Nahverkehr erschloss aber schon früh aus der Stadt heraus auch das Um- land. Bahnen, die Stadt und Region verbanden, gab es in Karlsruhe bereits vor der Jahrhun- dertwende: Die Lokalbahn Durmersheim- Spöck und die Albtalbahn. Ihre 1998 100-jäh- rige wechselvolle Geschichte vermittelt K. Bin- dewald in seiner Darstellung ebenso kenntnis- und faktenteich wie unterhaltsam. Zahlreiche historische und neuere Aufnahmen - nicht nur von Schienenfahrzeugen - tragen dazu bei. Der Autor wendet sich - obgleich Ingenieur - weniger an Spezialisten der Straßenbahn- technik, sondern an alle an der Geschichte von Stadt und Region interessierte Leser. Es wer- den immer auch die sehr spannenden politi- schen Entscheidungsprozesse, die wirtschaftli- 342 ehen Rahmenbedingungen des Betriebs - hier hätten gelegentliche Angaben von Beförde- rungszahlen nicht geschadet -, aber auch die wirtschaftliche Enrwicklung von Unterneh- men entlang der Strecke einbezogen. Dabei stützt sich der Autor auf intensives Quellen- studium, verzichtet jedoch zum Bedauern des Historikers auf Einzelnachweise. Eingangs berichtet Bindewald von der 25- jährigen Planungszeit einer Lokalbahn nach Herrenalb mit einer Verbindung nach Pforz- heim. Es folgt die Geschichte der schmalspuri- gen, schon kurz nach der Eröffnung 1898 teil- weise elektrifizierten Albtalbahn. Die Zusam- menhänge zwischen dem Neubau des Haupt- bahnhofs sowie die Finanznot der Betreiberge- sellschaft mit dem Besitzerwechsel in der Zwi- schenkriegszeit werden u. a. thematisiert. Mit dem Kauf der Bahn durch die Stadt ging 1957 ein lang gehegter Wunsch in Erfül- lung. Die Enrwicklung seitdem bildet den zweiten Teil der Darstellung. Umbau der Glei- se auf Normalspur, Verknüpfung mit dem Karlsruher Straßenbahnnetz, Modernisierung der Technik und der Fahrzeuge, Verkürzung und schließlich Erweiterung des Streckennet- zes sind Themen dieses Teils. Tabellen z. B. zu den Fahrzeugtypen sowie eine Chronik run- den den Band ab. Gelungen ist damit ein wichtiger Beitrag zur Geschichte des welrweit beachteten "Karlsruher Modells" des öffentli- chen Nahverkehrs. MANFRED KOCH Auf den Spuren der antiken Welt, eine Reise durch die Antikensammlung des Badischen Landesmuseums Hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe im G. Braun Buchverlag 1998; 56 Seiten, 20,- DM. Zu seiner neu gestalteten Antikensammlung hat das Landesmuseum "für Kinder und Ju- gendliche ab 11 Jahren" einen Führer, nein, einen Reisebegleiter veröffentlicht. Sieht es ein Museum als seinen Auftrag an, seine "Expona- te" nicht nur einem schon interessierten, meist informierten Besucher zu präsentieren, will es auch für den Nichtfachmann da sein und ihm seine Schätze zugänglich machen, so ist es fol- gerichtig, besonders die jungen Menschen anzusprechen. Jugendbücher, die vergangene Kulturen anschaulich darstellen, gibt es heute erfreulicherweise zahlreich. Mit den bunten Restruktionszeichnungen dort wird ein Be- gleiter durch ein Museum nicht konkurrieren wollen, er hat aber - richtig gemacht - eine besondere Chance. Beate Bollmann, die die Texte schrieb (mit Beratung durch Mitarbeiter des Museums), hat es richtig gemacht. Sie stellt den jungen Besucher nicht vor die Vitrine und belehrt sondern schickt ihn auf eine Entdeckungsrei- se. Zu einzelnen Ausstellungsstücken, die in dem Heft abgebildet und somit schnell zu fin- den sind, stellt sie graphisch deutlich hervor- gehobene Fragen. Die Richtigkeit der Anrwort und weitere Informationen kann man dem beschreibenden Text auf der gleichen Seite entnehmen. So wird mit 46 Fragen der junge (nur der junge?) Besucher hingeleitet in die Welt der alten Ägypter, Urartäer und Phönizi- er, blickt in die Welt der griechischen Götter und Helden, erkennt die Lebensfreude der Etrusker aus ihren Gräbern und schaut in das Leben von römischen Kaisern und Töpfern, 343 bis schließlich den alten Göttern das Kreuz der neuen Religion in die Stirn gemeißelt wurde. Wer bei diesem Gang auf den Spuren der antiken Welt dieses vermisste und jenes gerne näher ausgeführt hätte. könnte auch nur eine Auswahl bieten. Dieses Heft - an Jugendliche gerichtet - gibt jedenfalls auch dem Lehrer. der einen Besuch der Sammlung mit Schülern plant. wertvolle Antegungen. Viele Fragen sind beantwortet, mehr wer- den sich stellen. und so soll es sein. HELMUT GRIMM Ute Grau / Ulrike Plate: 1898 - 1998. Vom Versicherungspalast zum Rathaus West Festschrift. Hrsg.: Stadtarchiv Karlsruhe. Kirlsruhe 1998. 36 Abb .• 77 S. Das heutige Rathaus West an der nordwesdi- ehen Ecke des Mühlburger Tores gehört zu den eindrucksvollsten Beispielen für Reprä- sentationsbauten des späten 19. Jahrhunderts in Karlsruhe. Ursprünglich als Bürogebäude der Karlsruher Lebensversicherung konzipiert. dominiert der von Adolf Hanser geschaffene monumentale Sandsteinbau noch heute den Zugang zur Weststadt über die Kaiserallee. In der vorliegenden Festschrift stellt Ute Grau die wechselvolle Geschichte des ehema- ligen Versicherungsgebäudes und seiner Nutz- er dar, das zur Zeit seiner Erbauung als Se- henswürdigkeit der Stadt galt. Die 1835 ge- gründete Karlsruher Lebensversicherung er- richtete in den Jahren 1895-98 den Repräsen- tationsbau im Stil der Neo-Renaissance. um der kontinuierlich gewachsenen Bedeutung des Unternehmens städtebaulich wirksam Rech- nung zu tragen. In den folgenden Jahrzehnten war das Ge- bäude immer wieder teilweise gravierenden Ver- änderungen unterworfen, die einerseits den gewandelten Zeitgeschmack. andererseits das Schicksal der Stadt Karlsruhe widerspiegeln. Neben Erweiterungen in den Jahren 1912 und 1928/29. die sich der stilistischen Dominanz des Hauptgebäudes unterordneten. kam es im Zuge der Vorbereitungen zum IOD-jährigen Firmenjubiläum im Jahre 1935 zu einer opti- schen Überarbeitung. bei der große Teile des Bauschmucks des 19. Jahrhunderts weichen mussten. Mit dem Ende des Zweiten Welt- krieges endet die Nutzung durch die Versiche- rung. da das Gebäude zunächst von der fran- zösischen, später von der amerikanischen Be- satzungsmacht beschlagnahmt wurde. Wäh- rend die Versicherung Mitte der 50er Jahre einen Neubau bezog. übernahm die Stadt Karlsruhe das Gebäude am Mühlburger Tor. wo seitdem das Rathaus West mit seinen zahl- reichen Dienststellen untergebracht ist. In einem zweiten Abschnitt des Bandes beschreibt Ulrike Plate die Baugeschichte und den architektonischen Rang des Verwaltungs- komplexes. wobei auch auf die weitgehend unbekannte Person des früh verstorbenen Ar- chitekten Adolf Hanser eingegangen wird. Mit dem vorliegenden Buch gelingt den beiden Autorinnen auf anschauliche und in- formative Weise die Würdigung eines Gebäu- des. das bis heute als städtebaulicher Akzent das Stadtbild prägt. Zahlreiche Abbildungen ergänzen den Text. THOMAS MEYER 344 Elisabeth Spitzbart: Karl Joseph BerckrnülIer 1800-1879. Architekt und Zeichner. (Friedrich Weinbrenner und die Weinbrenner-Schule, Bd. III) Hrsg. Wulf Schirmer, Institut für Baugeschichte der Universität Karlsruhe, G. Braun, Karlsruhe 1999, 308 S., zahlreiche Abb., 118,- DM Das Sammlungsgebäude und die Gestaltung des Friedrichsplatzes erforderten die Verbin- dung von Architektur und Städtebau in einer Weise, wie sie seit Weinbrenner wohl keinem anderen Architekten in Karlsruhe als Chance geboten wurde. Der Architekt, dem dieses Glück widerfuhr, hatte einen ungewöhnlichen Lebenslauf, über den bisher außer knappen Nachrufen keine biographischen Arbeiten vorlagen. E. Spitzbart unterrichtet jetzt umfas- send über Karl Joseph Berckrnüllers Werk als Zeichner und Architekt in dem reich bebilder- ten neuen Band der überdurchschnittlich gut ausgestatteten Veröffentlichungen über Fried- tich Weinbrenner und seine Schüler. Wesent- liche Quellengrundlage der Arbeit bildet der künstlerische und architektonische Nachlass Berckrnüllers im Institut für Baugeschichte der Universität Karlsruhe. Dieser ist in dem 991 Nummern zählenden Katalogteil des Bandes erschlossen und erstmals vorgestellt. Das Leben Berckrnüllers, der einer seit drei Generationen in Karlsruhe tätigen Bauunter- nehmerfamilie entstammte, verlief nicht ge- radlinig. Zum Architekten ausgebildet (1817- 1829) wurde er nach der Hochzeit mit einer Unternehmersrochter 1829 zunächst Fabrik- direktor, um, als der Konkurs der Spinnerei in St. Blasien absehbar war, 1844 in Karlsruhe zunächst Bezirks- und Militär- und seit 1853 bis 1878 Holbaumeister zu werden. Diese bio- graphischen Daten geben die Hauptabschnitte der Darstellung vor. Dass dabei insgesamt die Person und die privaten Lebensumstände des Studenten und Bildungsreisenden, Eheman- nes und Witwers seit 1852 nur arn Rande zur Sprache kommen, ist offensichtlich der fehlen- den Überlieferung persönlicher schriftlicher Quellen geschuldet. Spitzbart arbeitet anhand der Skizzenbücher und Reisezeichnungen die Spannung heraus zwischen der durch den Klassizismus Wein- brenners geprägten Ausbildung und den durch die Reisen gewonnenen Eindrücken, die den Historismus als Möglichkeit eines neuen Bau- stils enthielten, wobei Berckrnüller eine Vorlie- be für die Renaissance zeigte. Die Autorin the- matisiert dabei auch den kulturgeschichtli- chen Rahmen der Bildungsreisen der Zeit und die unterschiedlichen Arbeitsweisen der wer- denden Architekten in Paris und in Rom. Obgleich Berckrnüller 34 Jahre als Archi- tekt tätig war, hat er nur relativ wenige Bauten selbst ausgeführt (u. a. die Kirche in Leo- poldshafen und das Pfarrhaus St. Stephan in Karlsruhe). Als Gründe dafür nennt Spitzbart die Befassung mit zahlreichen Verwaltungsauf- gaben und kleineren Um- sowie Anbauren. Weiter trugen dazu die knappen Finanzen in der Vor- und Nachrevolutionszeit 1848/49 und während der kriegerischen Auseinander- setzungen 1866 und 1870/71 bei. Dies führ- te auch zu sehr langen Planungs- und Bauzei- ten. Betroffen davon war auch das Karlsruher Sarnmlungsgebäude, das Berckrnüller nahezu ein Vierteljahrhundert beschäftigte. Ausführ- lich schildert die Aurorin das für die Lokalge- schichte interessante Kapitel der Friedrichs- platzbebauung vom ersten Architektenwettbe- werb in Karlsruhe über die Entwicklung der dann doch Berckrnüller übertragenen Planung und die Bauverzögerungen beim Sammlungs- gebäude durch die Koordinierung der unter- schiedlichen Interessen der späteren Nutzer des Hauses. In ihrer Gesarnteinschätzung sieht die Au- torin in Berckmüller einen Architekten, der, 345 eingebunden in das von Heinrich Hübsch ge- prägte zentralisierte badische Bauwesen, erst spät seinen eigenen architektonischen Vorstel- lungen Ausdruck geben konnte. Deutlich sichtbar am Sammlungsgebäude habe er "mit seiner klassischen und ruhigen .. . Grundhal- rung eine ganz persönliche Variante der Neu- renaissance ausgebildet .. . und so mit seiner Stilhaltung eine Brücke ... zwischen dem Klas- sizismus Wein brenners und dem späten 19. Jahrhundert" geschlagen. MANFRED KOCH Eduard Koelle: Drei Tage der Karlsruher Bürgerwehr 1849 Hrsg. von Rainer Gut jahr, (Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte, Schriftenteihe des Stadtarehivs Karlsruhe, Band 5); Karlsruhe 1999, 154 5., 35 Abb., 29,- DM. Der Autor, 1810 in Karlsruhe geboren, ein rechtschaffener Kaufmann, war 1848 in der Bürgerwehr bis zum Adjutanten des Oberbe- fehlshabers aufgestiegen. Der "konstitutionelle Konservative" will seine Darstellung über den 13./14. Mai, 6./7. und 24./25. Juni 1849 als Rechtfertigungsschrift verstanden wissen. Die freiwillige Bürgerbewaffnung sollte zunächst einen befürchteten Franwseneinfall abwehren, dann bald angesichts innerer Unruhen die öf- fentliche Ordnung sichern. Besonders bedeut- sam wurde dieser Auftrag in den Junitagen, als sich die Revolution dem Ende neigte. Wäh- rend die Bürgerwehr am 4.6. noch vor der provisorischen Regierung Brentano und Peter defilierte, sah man am 24.6. die Truppen die- ser Regierung als "geschlagenen Tross" vor den Preußen fliehen. "Diesen aufgelösten Horden, die damit begonnen hatten, kein Gesetz mehr zu kennen und nur ihren Lüsten zu folgen, war die gute Stadt Carlsruhe diese Nacht über- antwortet." Eine dramatische Schilderung, die Verständnis schaffen soll, warum die Bürger- wehr nach dem Einzug des Prinzen Wilhe1m in die Stadt von den Siegern geachtet wurde und ihre Waffen behalten durfte, da sie als Ordnungselement ein Chaos verhindert hatte. Koelle, vom zurückkehrenden Großherwg Leopold im August geehrt, wollte in seiner Beurteilung der Aufständischen diese aber nicht pauschal verurteilen, so sehr er auch deren Ziele verabscheute. In einer Fülle von wirtschaftlichen und politischen Aktivitäten stieg er nachher zu hohen Würden auf, wurde u. a. Mitbegründer der Badischen Bank, die Ende der 70er Jahre die Munitionsfabrik, die späteren IWK finanzierte. Handelsrichter, Präsident des badischen Handelstags, portu- giesischer Konsul, das waren nur einige seiner Würden. Die Herausgabe des eindrucksvollen Textes durch Rainer Gut jahr ist vorbildlich. Mit ei- ner ausführlichen Einleitung wird man in die Lage Karlsruhes in diesen Tagen 1849 einge- führt. Urheberschaft, innere und äußere Merkmale der Quelle und die Editionsprinzi- pien werden erörtert, schließlich neben reich- lichen Literaturangaben in 150 Kurzbiogra- phien die im Text erwähnten Personen aufge- listet. Die farbigen Abbildungen veranschau- lichen den besonderen Sektor der revolutionä- ren Situation, der eben nicht nur den Ruf nach Freiheit kannte, sondern auch manches Leid für Baden brachte. LEONHARD MüLLER Elga Roellecke: Vereine und Vereinigungen, Gasthäuser. Chronik Wolfartsweier Hrsg. vom Verein für die Geschichte von Wolfartsweier, Karlsruhe 1998, Heft 3, 197 S. Mit diesem "Hefr" legt Elga Roellecke nun den dritten Teil einer Ortschronik vor, die einmal sechzehn Kapitel umfassen soll (siehe 346 S. 196 im Anhang). Mit ihren Beiträgen zur Munitionsfabrik, dem so genannten Zünd- hürle, und zu "Wasser und Straßen, Quellen und Wegen" in Wolfartsweier, Publikationen, die ebenfalls schon hier besprochen worden sind, erreicht die geplante Chronik bereits 500 Seiten, ein Umstand, der einerseits für den fleiß der Autorin spricht und andererseits an- gesichts der noch ausstehenden Kapitel einen Umfang des Gesamtwerks von mindestens 2.000 Seiten erwarten lässt. Scheint es auch heute populär zu sein, mit dem "Gewicht" bestimmter Publikationen zu werben, die schon in Kilo aufgewogen wer- den, so wäre m. E. bei der Geschichte eines kleinen Ortes wie Wolfartsweicr etwas Mäßi- gung angebracht, handelt es sich ja nicht um die Geschichte einer Großstadt. Sicher werden sich aber viele Wolfartsweierer freuen, gerade in diesem Heft namentlich erwähnt zu wer- den, etwa der Schützenkönig von 1968 oder die Schriftführerin des Evangelischen Ge- meindevereins. Die Daten zu Geschichte und Aktivitäten der fast dreißig Vereine von Wol- fartsweier sind minutiös aufgelistet, so dass sich Vorstände und Mitglieder hier gut reprä- sentiert wiederfinden. Dies mag zum Wirge- fühl der Gemeinde und zur Identitätsfindung beitragen, für den Außenstehenden wirkt die Fülle der Detailinformationen manchmal et- was ermüdend. Er muss eifrig blättern, um an Informationen von allgemeinem Interesse zu kommen. Zu diesen zählt sicherlich die lesenswerte Einleitung zur Entwicklung des Vereinswesens seit der französischen Revolution 1789, die den historischen Kontext und die Bedingun- gen berücksichtigt, unter denen Vereine da- mals entstanden sind und die die Einwirkun- gen auf sie im Verlauf der Geschichte schil- dert. Interessant sind auch die den einzelnen Vereinschroniken vorangestellten Einführun- gen zur Geschichte jeder Vereinsart ganz allge- mem, so etwa zu den Militärvcreinen, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870171 in fast jedem Dorf entstanden sind, oder zum Turnverein, wo auf die Bewegung unter Turnvater Jahn eingegangen wird. Al- lerdings tragen diese Einführungen auch wieder zum Anschwellen der Chro- nik bei, z. B. wird die Geschichte des Feuer- löschwesens seit 1689 dargestellt. Manches Interessante ist aber auch in den eigentlichen Vereinsgeschichten nachzulesen, etwa wenn beim Kleintierzuchtverein die Frage beantwor- tet wird, warum im Dritten Reich "Hühner und Kaninchen einen nationalsozialistischen Wert" hatten. Insgesamt erstaunt es den Leser, welche Masse und Vielfalt an Aktivitäten ein kleiner Ort wie Wolfartsweier in den letzten hundert bis hundertfünfZigjahren entwickeln konnte. Viel Lokalkolorit von Wolfartsweier ent- deckt der Leser dann . beim Schlusskapitel zu den Gasthäusern, stammt ja deren Bausub- stanz zum größten Teil noch aus dem 18. Jahr- hundert. Nicht nur hier regen Text und Abbil- dungen, die nur manchmal etwas klein gera- ten sind, zum Besuch dieses noch sehr dörflich wirkenden und in landschaftlich schöner Umgebung liegenden Stadtteils an. PETER PRETSCH Manfred Koch - Jürgen Morlock (Hrsg.): Von Graspisten zum Baden-Airport, Luftfahrt in Mittelbaden Herausgegeben im Auftrag der Baden-Airport AG in Verbindung mit dem Stadtarchiv Karls- ruhe 1999,306 S., 159 Abb., 29,80 DM Sicher ist dies auch eine Selbstdarstellung der Baden-AirparkAG, die mit ihrem Airport und dem dazu gehörenden Gewerbepark ein Ob- jekt begonnen hat, über dessen Zukunfts- 347 trächtigkeit Jürgen Morlock selbst referiert. Zur Entwicklung in den letzten Jahren berich- tet Walter Baumgärtner, dessen zweiter Beitrag über die Umwandlung der Air-Base Söllingen zum Baden-Airport spannend zu lesen ist, denn was in den fünfJahren nach seinem "Ta- gebuch einer Konversion" alles geschah, wel- che Widerstände zu überwinden waren, wie jeweils neue Mitstreiter und Politiker gewon- nen werden mussten, das schafft Respekt vor den Aktivisten, die im wahrsten Sinn des Wor- tes ein "Unternehmen" wagten, das für die wirtschaftliche Entwicklung Mittelbadens zu- nehmende Bedeutung gewinnen wird. Wer freilich zuvor Kurr Hochstuhls Auf- satz über "Düsenjäger am mittel badischen Himmel" und das Ausgelieferrsein der Bevöl- kerung gegenüber dem Lärm gelesen hat, ver- steht den anfänglichen Widerstand gegen ei- nen neuen Flugbetrieb. Als aber die Kanadier, die nicht nur zu den besonders freundlichen Besatzungstruppen gehörten und auch für 540 deutsche Zivil beschäftigten Arbeirsplatz boten, 1994 abzogen, gab es nicht nur tränen- reiche Abschiede; der Wegfall von "Klein-Ka- nada" bedeurere für die ganze Umgebung tie- fere Einschnitte. Die historischen Kapitel der Publikation sind nicht einfach Vorspann, sondern können verpflichten, dass Mittelbaden wie einst wie- der eine Rolle in der Luftfahrt spielen sollte. Reiner Haehling von Lanzenauer erinnert an den Flughafen Baden-Baden-Oos, wo in der Zeppelineuphorie 1910 der erste Luftschiff- Landeplatz entstand. Als intimer Kenner sei- ner Stadtgeschichte erzählt der Auror an Hand anschaulicher Quellen von den Erfolgen der ersten Passagierflüge. aber auch von den vielen Unfällen, ja Katastrophen. Wären damals nur "Bedenkenträger" am Werk gewesen, wäre der Luftverkehr von Anfang an abgestorben. Manfred Koch schildert Ähnliches über die Entwicklung der Flughäfen Karlsruhe und Forchheim. In der Residenz lebte eine Weile Carl Friedrich Meerwein, der 1784 in Em- mendingen erste Flugversuche unternahm. Gleichzeitig ergriff aber das "Ballonfieber" via Frankreich die Erfinder, und 1812 erlebte Karlsruhe die erste bemannte Ballonfahrt. Um die Jahrhundertwende begeisterte der Zeppe- lin die Karlsruher Bevölkerung. Anlässlich des Kaisermanövers 1909 wanderten nicht nur Tausende zum Exerzierplatz, auch "Fremden- ströme, die sich hierher wälzten" wollten die Landung eines Luftschiffs miterleben. Wie schnell der Bau von Luftschiffen und der sich rasch entwickelnden Flugzeuge zur tödlichen Waffe mutieren konnte, beweist der französi- sche Luftangriff am Fronleichnamstag 1916 aufKarlsruhe, der 120 Tote forderte. Die Ka- pitel stecken voller Informationen auch über die Bemühungen in der Weimarer Republik, "aus Karlsruhe in die Welt hinaus" zu dringen, vom Ringen um Flugplätze, über das NS-Flie- gerkorps in "brauner" Zeit bis zur Dominanz der Besatzungsmächte nach 1945. Über jede Seite müsste man berichten, zumal die zahlrei- chen Fotos die antegende Lektüre noch erhö- hen. Hier wird ein stadtgeschichrliches Kapi- tel aufgeschlagen, das innovative Gemeinderä- te, zuverlässig informiert. heute weircrschrei- ben können. Und das gilt nicht für jedes Buch. LEO N HARD MÜLLER Wolfgang H. Collum: Hugenotten in Baden- Durlach. Die französischen Protestanten in der Markgrafenstadt Baden-Durlach, insbe- sondere in Friedrichstal und Welschneureut verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1999, 112 S., 10 Abb., 26,- DM. Im letzten Jahr konnten die ehemaligen Huge- nottengemeinden Friedrichstal und Welsch- neureut ihr 300-jähriges Jubiläum feiern. Aus 348 diesem Anlass erschien ein bereits 1974 in der Badischen Heimat veröffentlichter Aufsatz von Wolf gang H. Collum in einer überarbei- teten und ergänzten Buchfassung. Der Autor verwendet für alle in Baden- Durlach aufgenommenen Glaubensflüchtlin- ge richtigerweise den Begriff Hugenotten. Diese waren im Spätjahr 1699 in die Mark- grafschaft nach der Aufhebung des Toleranz- ediktes von Nantes im Jahre 1685 zunächst in die Schweiz geflüchtet und erst dort aufWal- denser getroffen. Auf einen entsprechenden Aufruf König Wilhe1ms III. von England, die Flüchtlinge, aufzunehmen, hatte Markgraf Ftiedrich Magnus positiv reagiert und einer Anzahl gestattet, sich in seinem Lande nieder- zulassen, darunter die etwa 180 Hugenotten, die Welschneureut gründeten. Obwohl die Welschneureuter also keine Waldenser im enge- ren Sinne waren, fühlen sich deren Nachkom- men bis heute als solche. In der 1983 erschie- nenen Neureuter Ortsgeschichte von Hermann Ehmer und der im letzten Jahr veröffentlich- ten Festschrift ,,300 Jahre Welschneureut" ist Collums Forschungsergebnis von 1974 aber übernommen und damit auch alczeptiert. Der Autor, der einen familiengeschichtli- chen Ansatz verfolgt, geht zunächst auf die Vorgeschichte der Ansiedlungen ein, ehe er sich mit Friedrichstal, dann mit dem hier zu berücksichtigenden Welsch neu reut befasst. Namen und Herkunft der Neuankömmlinge interessieren ihn in erster Linie, einem be- schreibenden Text folgt eine fast achtseitige Namensliste. Verdienstvoll ist darüber hinaus, dass er anhand der Eintragungen im Welsch- neureuter Kirchenbuch die Menschen und ihre Schicksale vorstellt. In einem weiteren Kapitel werden die Stammeltern der heutigen Familien aufgeführt. Das durch ein Personen- und Familienre- gister erschlossene und mit 10 schwarz-weiß- Fotos, darunter einer Abbildung des erwähn- ten Briefs Wilhe1m 111., ausgestattete Buch lie- fert wertvolle Informationen zur Frühge- schichte Welschneureuts. Aus Karlsruher Sicht bleibt nur zu bedauern, dass der Verfasser - konsequenterweise - die bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts württembergische Waldenser- gründung Palmbach, heute ebenfalls Karlsru- her Stadtteil, nicht berücksichtigt, so dass man im Jubiläumsjahr 2001 dort nicht auf seine Forschungen zurückgreifen kann. ERNST OTTO BRÄUNCHE Horst Schlesiger, JosefWerner: Die 70er Jahre. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern G. Braun Verlag, Karlsruhe 1999, 120 S., 90 Abb., 36,- DM Der Braun Verlag führt eine Reihe mit Auf- nahmen aus dem Nachlass des ehern. BNN- Fotografen Schlesiger und Texten seines ehern. Lokalchefs Werner fort. Dieser Band ist nicht weniger anschaulich als die vorangegangenen. Der Rückblick in die Zeiten vor 20,30 Jahren lässt erkennen, in welcher Weise das Stadtbild deutlich verändert wurde: Günther-K1otz- Anlage mit Europahalle, Stadthalle, Theater, Einschnitte wie die Südtangente, die nicht das Los der Nordtangentenplanung erlitt, die mit 32 zu 31 Stimmen im Gemeinderat abgelehnt wurde. Einschneidend auch die Sanierung des "Dörfles" mit dem damals größten internati- onalen Architektenwettbewerb. Während mit Ende der Ära K1orz, von Werner mit innerer Anteilnahme beschrieben, Otto Dullenkopf erst rigoros sparen musste, weil die "Lichter ausgegangen waren", konn- ten trotz Ölpreisschock und erster Wirt- schaftskrise deutliche Fortschritte gemacht werden. Die Fußgängerzone um die Kaiser- straße (schon 1971 plante man eine Unter- pflasterbahn) schuf ein neues Flair. Aber Ar- 349 beitslosigkeit, Streiks und Demonsttationswel- len, vor allem der RAF-Terror, brachte Karls- ruhe auch Negativ-Schlagzeilen. Das Wich- tigste der Ära Dullenkopf war wohl die Einge- meindung, z. T. unter schmerzhaften Reakti- onen, die Karlsruhe deutlich größer werden ließ und neue Entwicklungsschübe auslöste. Klug dosierte Texte und Bildunterschriften schließen nicht nur die ptägnanten Fotos auf, mehrere von künstlerischer Qualität, sondern vermitteln einen deutlichen Eindruck vom Lebensgefühl jener Jahre, die an Aufgeregthei- ten nicht arm war, in denen aber Karlsruhe endgültig aus der Nachkriegszeit herauswuchs. Neben der reichhaltigen Information stellt sich unter der damaligen Herrschaft der Ab- rissbirne und des auslaufenden Betonzeitalters auch Nachdenklichkeit ein, weil der Rück- blick in diesem wichtigen Buch die Gegenwart durchsichtiger werden lässt. LEON HARD MÜLLER Birgit Bublies-Godau (Hrsg.): Henriette Obermüller-Venedey, Tagebücher und Lebenserinnerungen 1817-1871 (Forschungen und Quellen zur Stadtgeschich- te Band 7, Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe); Badenia Verlag, Karlsruhe 1999, 278 S., 21 Abb., 32,- DM. "Dass die Frauen bessere Democraten, gebore- ne Democraten seren ... '\ wie es zusätzlich im Titel heißt, ist jedenfalls bei dieser Karlsruhe- rin deutlich zu erkennen, hat sie doch wegen ihres Einsatzes 1848/49 für die demokratische Entwicklung allein monatelang im GeHingnis verbringen müssen und ist auch später einen teilweise schwierigen Lebensweg gegangen. Ihre Tagebücher, "Notizen unseres Erlebens", reichen vom Mai 1856 bis September 1870 und geben einen Teil der Atmosphäre im Großherzogturn Baden wieder, wie sie sie als Frauenrechtlerin, ehemalige Barrikadenkämp- ferin und Republikanerin sah. Auch die Le- benserinnerungen sind nicht nur fesselnd zu lesen; sie vermitteln einen farbigen Eindruck in familiäres, wirrschaftliches und auch politi- sches Alltagsleben im 19. Jahrhundert, wie man es nicht leicht vergleichbar findet. Darum ist nicht nur das Stadtarchiv zu loben, dass es diese Quellen der bisher wenig bekannten "Democratin" zugänglich gemacht hat, bereichert um 16 Seiten Abbildungen, sondern auch die Herausgeberin, die mit ko- lossaler Intensität in die Materie eingestiegen ist, nachdem sie über den Publizisten und Historiker Jakob Venedey (1805-1871), der zweite Ehemann von Henriette Obermüller (1817 -1893), ihre Dissertation geschrieben hatte und man sie dort schon die Papiere die- ser Familie auswerten ließ. Die Texte werden sehr ausführlich kommentiert, und die Präzi- sion der Autorin au~h in der Handschriftdeu- tung besticht. Zuweilen wird jedoch wohl des Guten zuviel getan. Bei 34 Seiten der Tagebü- cher zählt der Anmerkungsapparat 35 Seiten, und die Lebenserinnerungen werden mit 456 Anmerkungen begleitet. Zählt man zu den Anmerkungen noch die 21 Seiten Literatur- verzeichnis dazu, erhält man nebst dem Ein- druck der großen Belesenheit und des Fleißes der Herausgeberin freilich eine umfassende Bi- bliographie, die für den jungen Historiker sehr nützlich sein kann. LEONHARD MÜLLER Harm-Hinrich Brandt: Deutsche Geschichte 1850-1860, Entscheidung über die Nation Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln 1999, 273 Seiten, 48,90 DM Wer vor dem Hintergrund fulminanter Ge- samtdarstellungen zum 19. Jahrhundert aus 350 jüngerer Zeit wie denen von Thomas Nipper- dey oder Hans-Ulrich Wehler eine Epoche der deutschen Geschichte noch einmal beschrei- ben will, braucht schon Mut. Nun handelt es sich hier um ein Studienbuch, dessen Umfang der Verlag "mit freundlicher Beharrlichkeit" streng begrenzte. so dass nach einem kurzen einführenden Kapitel über den "ökonomi- schen Wandel im Zeichen der Industrialisie- tung" nur die politische Geschichte beschrie- ben wird, auch wenn in Unterkapiteln Kir- chen- und Bildungspolitik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Reaktionszeit gestreift wer- den. Der Verfasser weist im Vorwort daraufhin, wie stark er den Text straffen musste. Wenn das ein "Studienbuch" für Studenten sein soll, ist es eine sraubtcocken konzentrierte Kost, die nicht gerade zum Geschichtsstudium einlädt. Selbst Handbuchbeiträge wie die von Hans Fenske zur baden-würtrembergischen Ge- schichte (1992) sind da farbiger geschrieben. Für Profis ist die Lektüre hingegen anre- gend, zumal hier die föderale Grundlage stär- ker gesichert ist und Baden und Württemberg neben anderen Ländern eigene Kapitel erhal- ten. Dazu findet man sonst in Gesamtdarstel- lungen ab 1849 nur wenige Formulierungen; in der Regel wird gleich die Brücke zur Neu- enÄra 1858 in Preußen geschlagen, das ohne- hin als Großmacht zu einseitig betont wird. Aber auch die Kapitel zum deutschen Süd- westen sind äußerst gestrafft. Was soll sich der Leser über die Reaktionszeit in Baden von der "Inszenierung politischer Prozesse (Prozess Ger- vinus)" vorstellen, wenn ihm nicht in einem Nebensatz erklärt wird, dass da ein Hisroriker des Hochverrats bezichtigt wurde, der die Entwicklung zur Demokratie voraussagte. Wer solche Verkürzungen kennt oder in Handbüchern nachschlägt, wird freilich diese Passagen mit Gewinn lesen. So ist z. B. die ba- dische liberale Parteiregierung 1858-66, die innenpolitisch so konfliktreich verlief, auf zwei Seiten höchst differenziert und sachgerecht dargestellt. Ähnliches gilt für den Wechselbe- zug von Innen- und Außenpolitik in Würt- temberg. Wie Baden ist ja kein anderer deutscher Einzelstaat so nachdrücklich von der Tendenz- wende einer Neuen Ära geprägt worden. Erst- mals wurden in Deutschland durch Entschluss des Regenten Vertreter einer Kammermehr- heit der Liberalen in eine Regierung berufen, eine erste parlamentarische, von der sich Friedrich l. "innenpolitische Impulse" ver- sprach, "eine nationalpolitische Signalwirkung erhoffte ... und andere Fürsten von der Frucht- barkeit des badischen Kooperationsmodells" zu überzeugen versuchte. Das große innere Reformwerk "erneuerte Badens nationalen Ruf als Reformstaat" , der bei "einer Verstaadichung der Schulorganisation und einer Säkularisati- on der Bildungsziele und Lehrpläne" zum er- sten langjährigen Kulturkampf mit den Kir- chen, besonders der katholischen, führte . Die Hinwendung von Baden und WÜrt- temberg zu Österreich bis zur Kriegspartner- schaft 1866, die antipreußische Stimmung und die Ablehnung Bismarcks quer durch die politischen Lager erhält in der Darstellung durch die Einbeziehung Österreichs tiefere Dimensionen. So ist eines der wichtigsten Ka- pitel die Beschreibung des Reformversuchs der Habsburger Monarchie 1862/63, die Verfas- sung des Deurschen Bundes als Staatenbund weiter zu entwickeln, um ihm "ein Element nationaler Integrität einzufügen". Bismarcks kleindeutsche Politik zielte aber auf eine Zer- störung des Deutschen Bundes und die preu- ßische Vormacht. Im Schlusskapitel weist Brandt daraufhin, dass bei einer Hypothese eines Bewahrens des Deutschen Bundes unter österreichischer Do- minanz zwar die bereits vorhandenen nationa- listischen Tendenzen nicht "so penetrant for- ciert" worden wären wie nach dem "sieges- 351 deutschen Anstrich" wilhelminischen Musters nach 1871. Die Bundesreformvorschläge hät- ten aber auch nicht zu einem echten Parla- mentarismus der Bundesangelegenheiten ge- führt und die obrigkeitsstaatliche Tradition wäre auch so prägend geblieben. Die Wiener Regierung hätte die deutsche Nationalbewe- gung für die Interessen des Vielvölkerstaats eingesetzt und wäre in der Balkanpolitik un- ausweichlich auf die russische Expansion ge- stoßen. Ein Konflikt hätte sich dann schon vor 1914 ergeben. Das sind interessante Extrapo- lationen, die in die Sonderwegdebatte ein- münden, d. h. auch ohne das Reich Bismarck- scher Prägung wäre ein österreichisch geleite- ter Bund in die innen- und außenpolitischen Konflikte hineingeraten, die das Ende des 19. Jahrhunderts bis 1914 begleiten. Der Verfasser bietet - studienbuchgemäß - ein ausführliches Verzeichnis der jüngsten li- teratur an. Und so basiert z. B. auch seine Dar- stellung der Gründe für den deutsch-französi- schen Krieg auf Forschungen Josef Beckers zum Problem der Bismarckschen aggressiven Politik in der spanischen Thronfrage. Bei der Annexionsfrage von Elsaß-Lothringen kenn- zeichnet er dagegen Bismarcks Zurückhal- tung, die er "nicht von sich aus losgetreten" hat. Denn wenn man die Pläne zur politischen Zerstückelung Frankreichs eines einflussrei- chen badischen Politikers wie Franz von Rog- genbach dem gegenüberstellt, erkennt man, dass unter Nationalliberalen noch viel härtere Friedensbestimmungen gefordert wurden, die die Demütigung des "Erbfeindes" noch ver- stärkt hätten. Weder eine liberale noch eine österreichi- sche Alternative zu Bismarcks Kleindeutsch- land hätte wohl eine andere Wendung ge- bracht, denn noch vor der Zerstörung des Deutschen Bundes zeigte auch die Habsburger Politik - so der Verfasser - sowohl im Krim- Krieg wie im Anspruch aufOberitalien 1859 "ausgesprochen frühimperialistische Züge ... , in manchem eine Vorwegnahme der Stim- mung von 1870". Offenbar war die Lawine der Imperialismen nicht aufZuhalten und ließ 1914 "in Europa die Lichter ausgehen". LEONHARD M ü LLER Unter Strom - Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Karlsruhe (Veröffentlichungen des Karlsruher· Stadtar- chivs Band 20; hrsg. vom Stadtarchiv Karls- ruhe und den Verkehrsbetrieben Karlsruhe durch Manfred Koch); Badenia Verlag Karls- ruhe 2000; 336 Seiten, 39,80 DM Die Fächerstadt gilt als Mekka des ÖPNV. Mit der Eröffnung der Linie Bretten-Gölshau- sen zum Albtalbahnhof im September 1992 war erstmals die Trennung von Straßen- und Eisenbahn aufgehoben. Die weltweit beachte- te Pioniertat bestand im von den Verkehrsbe- trieben entwickelten Stadtbahnwagen, der auf beiden Gleisarten gleichermaßen verkehren konnte und so Bewohner der Region ohne Umsteigen in die Innenstadt brachte. Der im Jahr darauf gegründete KVV baute das Netz der Zweisystem-Stadtbahnwagen, die den öf- fentlichen Nahverkehr revolutionierten, zügig aus, schuf einen einheitlichen Tarifverbund und erweiterte seinen Service für die Fahrgäs- te. Heute bedient der KVV ein Gebiet mit einer Fläche von 3.158 Quadratkilometern, in dem etwa 1,2 Millionen Menschen leben. Das unter der Ägide von Dieter Ludwig entstande- ne Karlsruher Modell wurde zum Vorbild für zahlreiche Städte in In- und Ausland. Doch das erste Teilstück der Erfolgsspur legten bereits die Generationen zuvor. Über die Geschichte des öffentlichen Nah- verkehrs in der Fächerstadt und dessen we- sentliche Weichen stellungen berichtet jetzt 352 ausRihrlieh der Band 20 der Veröffentlichun- gen des Stadtarchivs, den Archiv und Ver- kehrsbetriebe unter dem Titel "Unter Strom" zum 100-jährigen Jubiläum der elektrischen Straßenbahn in Karlsruhe vorlegten. Das 336 Seiten starke Werk ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist es die erste Gesamtdarstellung der facettenteichen Ent- wicklung der Karlsruher Schiene in einem Guß von den Anfangen als Pferdebahn im Jahre 1877 und als Dampfbahn, die seit 1881 vom Durlacher Tor zum damaligen Durlacher Staatsbahn hof führte, bis zum Karlsruher Modell unserer Tage. Wesentliche Wegmarken wie die Elektrifizierung im Jahre 1900 oder der Weitblick in den 50er bis 70er Jahren, als Karlsruhe unter den Oberbürgermeistern Klotz und Dullenkopf ganz entgegen dem Trend in vielen anderen Städten weiter auf die Straßenbahn setzte, genießen in der von zahl- reichen, teilweise bisher unveröffentlichten Abbildungen wirksam unterstützten Retros- pektive besonderen Stellenwert. Weiter bringt die Publikation detaillierte Informationen über technische Neuerungen, Änderungen im Liniennetz, die Entwicklung von Albtal-, Turmbergbahn und Lokalbahnen und listet sämtliche bisherige Fahrzeuge der Karlsruher Straßenbahnbetriebe auf. Und "der Neuling" beleuchtet auch bislang weitgehend unbe- kannte Facetten der wechselvollen Bahnge- schichte. So hätte das Karlsruher Modell um ein Haar bereits acht Jahrzehnte zuvor einen Vorgänger gehabt. Im Jahre 1912 trat Ober- bürgermeister Karl Siegrist mit dem Plan an die Öffentlichkeit, die Straßenbahn, die ins Umland filhrende Lokalbahn und die Albtal- bahn miteinander zu verbinden und eine Karlsruher Eisenbahngesellschaft zu gründen. Die nahverkehrspolitische Vision scheiterte jedoch am Veto des Bürgerausschusses, der sich vor allem gegen die vorgeschlagene Form der Privatisierung in eine Aktiengesellschaft der gerade zehn Jahre zuvor kommunalisierten Straßenbahn wandte. Bemerkenswert ist bei "Unter Strom" aber auch die Herangehenswei- se an die Themen und die Verarbeitung der Fülle an Details. Unter Federfilhrung und Schlussredaktion von Stadthistoriker Dr. Manfted Koch liefer- te ein zwölfköpfiges Autorenteam, das sich zur überwältigenden Mehrheit nicht aus ausge- wiesenen Hiscorikern, sondern aus Straßen~ bahnexperten zusammensetzte, Einzelbeiträge zu den drei Schwerpunkten "Straßenbahnver- kehr in der Stadt 1877-1953", "Schienenver- kehr mit dem Stadtumland 1843-1957" und "ÖPNV in Stadt und Region 1954-2000". Koch selbst fügte die Arbeiten der Hobbyhis- toriker durch ein gleichermaßen themenorien- tiertes wie chronologisches Ordnungsschema nicht nur zu einem sinnvollen Ganzen, son~ dem gibt in einem eigenen Kapitel auch einen Überblick über den bislang weitgehend uner- forschten Zusammenhang von Nahverkehr und Stadtentwicklung. Insgesamt ist "Unter Strom" der Spagat, zum einen wissenschaftlich fundierte Erkennt- nisse zu liefern, aber auch eine möglichst brei- te Leserschaft anzusprechen, überzeugend ge- lungen. Vor allem da sich der Band nicht nur als Lesebuch eignet, in das sich der Interessier- te in Ruhe vertiefen kann, sondern durch sei- ne wohldutchdachte Unterteilung auch als profundes Nachschlagewerk, das vor allem in Manfred Kochs Überblick und der abschlie- ßenden Chronik in Kürze übet die wichtigs- ten Wegmarken det ÖPNV-Geschichte infor- miert. Nicht zu vergessen sind dabei die zahl- reichen eindrucksvollen Photographien aus den Anfängen der Bahn in der Fächerstadt, die Pferdebahn, Dampfbahn, wie die ersten "Elektrischen" vor dem Auge des Betrachters so richtig wieder auferstehen lassen. MATHIAS TRONDLE 353 Jürgen Schuhladen-Krämer: Akkreditiert in Paris, Wien, Berlin, Darmstadt. Badische Gesandte zwischen 1771 und 1945 Hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe; Info Verlag Karlsruhe 2000, 80 Seiten, 14,80 DM Anlässlieh der Einrichtung einer neuen baden- württembergischen Landesvertretung in Ber- lin gibt das Stadtarchiv einen Überblick he- raus, wie er in dieser anschaulichen Form bis- her noch nicht vorlag. Viele dieser Diploma- ten im 18.119. Jahrhundert hatten bei geringer Amtstätigkeit nur Kontakte zu den Höfen zu pflegen und ausführlich darüber zu berichten. Doch in entscheidenden Momenten wie in den Jahren 1803 und 1806 war es ein Diplo- mat wie Reitzenstein, der mit großem Ge- schick mehr zum Entstehen des badischen Staates bewirkte als sein Fürst. Es war ein spar- sames Land, und die Klage der zu geringen Aufwandsentschädigung war bei allen Ge- sandten notorisch, die deshalb oft aus reichen Adelsgeschlechtern ausgewählt wurden, um einen Eigenanteil zu leisten. Ein besonderes Kapitel ist den Vertretern in Berlin gewidmet, wofür bei den Preußen anfangs besonders Offiziere geeignet erschie- nen. Bei den zivilen Nachfolgern mussten die Außenminister zuweilen darauf drängen, dass nicht eigene, sondern die Politik der Karlsru- her Regierung vertreten werde. 1871 hob Ba- den zunächst alle Gesandtschaften auf bis auf die Berliner, die das Land im Bundesrat zu vertreten hatte und so auch ein repräsentatives neues Gebäude bezog, denn die zunehmende Bedeutung der Wirtschaftsförderung verlangte vielerlei Kontakte. So blieb dieser Stützpunkt als Vertretung im Reichsrat 1919 erhalten, ja bis 1943, um sich auch bei dem Rüstungspro- gramm beteiligt zu sehen. Beim Verfasser als erfahrenem Landeshis- toriker kann man nichts anderes als solides Quellenstudium und einen allgemein zugäng- lichen Stil erwarten. Die Redaktion (E. O. Bräunehe) der zahlreichen Abbildungen, Ta- bellen, Register unter Mitwirkung von Kat ja Schmalholz zeigt, wie gewissenhaft sich das Stadtarchiv auch bei kleineren Gelegenheits- publikationen aus gegebenem Anlass kümmert. LEONHARD MüLLER Heinz Kunle, Stefan Fuchs (Hrsg.): Die Technische Universität an der Schwelle zum 21. Jahrhundert Festschrift zum 175-jährigen Jubiläum der Universität Karlsruhe (TH); Springer Verlag Berlin 2000, 477 S., 230 Abb., 69,- DM Gar manche Festschriften für Institutionen langweilen, weil man sich dort nur selbst fei- ern will. Ganz anders dieser Band, der, auch unabhängig vom Anlass, ein Tableau unserer Epoche zu entwerfen versteht: im Spannungs- feld von Tradition und Innovation zwar mit dem Schwergewicht auf die Brennpunkte technisch-naturwissenschaftlicher Forschung, aber gründend auf den gesellschaftlichen Strö- mungen. Natürlich sind manche der 17 Bei- träge über neue Erkenntnisfelder für Fachleute geschrieben. Aus Darstellungen über "Das neue Bild der Erde" oder "Neue Werkzeuge für die Medizin" kann aber auch der Laie Ge- winn ziehen, um nur zwei Beispiele zu nen- nen. Allein 13 Beiträge wenden sich den neu- en Formen der Lehre zu. Gängige Schlagwör- ter wie "Internationalität" oder "Interdiszipli- narität" werden hier mit Fakten gesättigt und überzeugen in ihrer Schlüssigkeit. Mit Berich- ten über ein Karlsruher Modell für die Ingeni- eurausbildung, postgraduale Studien, Studien- zentrum für Sehgeschädigte, lebenslanges Ler- nen und eine Teleuniversität beweisen, welche große Bedeutung die Lehre in dieser Hoch- schule einnimmt. 354 Die geistes-sozialwissenschaftlichen Pers- pektiven für Bildung und Ausbildung führen in das Feld der "offenen Universität" und ihre Rolle füt Politik, Wirtschaft und Gesellschafr. Hier wird angesichts jüngerer Kritik an den Universitäten ob ihrer Strukrur und der Ge- fährdung der Einheit von Forschung und Leh- re Stellung bezogen. Wie können Elemente der Leisrungskontrolle und des Wettbewerbs sinnvoll eingebracht werden, wie verändern öffentliche und private Mittel den Finanzrah- men, welchen Stellenwert soll die Grundla- genforschung gegenüber der angewandten, ökonomisch geforderten einnehmen? "Eines ist sicher: Die Hochschule muss mit einer be- wussten Öffnung hin zur Gesellschafr auf die- se Herausforderungen reagieren ... sei es als kompetente Beratungsinstanz für Politik, Me- dien und Bürger, sei es als mächtiger wirt- schaftlicher Faktor für ganze Volkswirrschaften oder ganz unminelbar für die eigene Region." Gerhard Seiler erwähnt für Stadt und Region die große Zahl von Unternehmern, aus der Universität kommend, die in der Technologie- region einen erfolgreichen Start fanden. Die Hochschule ist für ihn wie die Stadt von "ty- pisch badischem Understatement" geprägt, in einer "lauten Zeit" manchmal ein Nachteil, wo man Leistungen besser "verkaufen" müss- te. Die geschichtlichen Rückblicke erläutern, welche Impulse von Karlsruhe ausgingen, wie z. B. im Kampf um die Gleichberechtigung der technisch-naturwissenschaftlichen Bildung neben den traditionellen Universitäten mit dem TItel "Technische Hochschule" 1885 und das Promotionsrecht 1900 durch Grhzg. Fried- rich I. die "Fridericiana" bewusst herausgeho- ben wurde, die schon in der Kaiserzeit Weltruf gewann. Neben solchen Erfolgen werden auch Problemphasen in ausgewogener Sicht mehr- fach erÖrtere. So ist den Herausgebern gelun- gen, eine zwar varianrenreiche, aber doch ge- schlossene Publikation vorzulegen mit griffi- gen Zwischentexren zwischen den Sektionen bei vorzüglicher Präsentation durch Abbildun- gen. Die Universität kann auf eine solche Fest- schrift stolz sein. LEONHARD MÜLLER Barbara Guttmann: Den weiblichen Einfluss geltend machen ... KarIsruher Frauen in der Nachkriegszeit 1945 - 1955 (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadt- arehivs Bd. 21); Badenia-Verlag, Karlsruhe 2000,248 S., 37,- DM Der TItel ist Programm. In Anlehnung an ein Zitat von Kathinka Himmelheber, Initiatorin und etste Vorsitzende der im Oktober 1946 gegründeten Karlsruher Frauengruppe formu- liert Barbara Gunmann das Ziel, den Beitrag von Karlsruherinnen zum politischen Wieder- aufbau eines demokratischen Gemeinwesens in der ersten Dekade nach dem Zweiten Welt- krieg zu dokumentieren und in allgemeine politische Zusammenhänge einzuordnen. Diese Untersuchung lässt sich als weiteres Ele- ment in das mosaikartige Bild weiblichen En- gagements in der öffentlichen Sphäre einfü- gen, um das sich Forscherinnen seit einigen Jahren bemühen. Nach wie vor dominiert in der allgemeinen Erinnerung das Bild der so genannten Trümmerfrau, die in mühseliger Arbeit die Ruinen des Weltkriegsdesasters bei- seite räumt, um Neuem Platz zu schaffen. Damit wird jedoch nur ein Bruchteil des Ein- satzes, der Verdienste und vor allem auch Hoffnungen auf Einfluss und demokratische Gestaltungsmöglichkeiten von Frauen erfasst. Die ganze Breite gesellschaftlichen Engage- ments in den Blick nehmend, zeichnet Gun- mann neben der Mitarbeit in Parteien, in Ge- werkschaften und in kommunalpolitischen Ins- titutionen, also in der Politik im engeren Sinn, auch die Arbeit in Frauenorganisationen auf. 355 Die Quellenlage freilich ist schwierig und erfordert eine penible Spurensuche über allge- mein Zugängliches, wie z. B. die zeitgenössi- sche Presse hinaus. In den Überlieferungen der Parteien oder Gewerkschaften wird selten ein Wort über die weiblichen Protagonisten verlo- ren, die Unterlagen der Frauenorganisationen mussten aus privater Hand zur Einsicht erbe- ten werden. Außerdem führte die Historikerin Interviews mit 20 Zeitzeuginnen durch. Alltagsbewältigung und Politik fielen auf kommunaler Ebene zusammen, wie Gutt- mann das überwiegend kommunalpolitische Engagement begründet. Einführend widmet sie sich der wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Situation von Karlsruherinnen nach 1945, die die Rahmenbedingungen allen Engagements prägte und zugleich auch jene Alltagsprobleme schuf, an deren Lösung Frau- en mitarbeiten wollten. Die politischen Rah- menbedingungen wurden bis 1949 von der Besatzungspolitik gestaltet. Das kam der Gründung von Frauenorganisationen entge- gen, denn die amerikanische Militärregierung sah gerade in der weiblichen Bevölkerung das Potenzial ' für den Aufbau der Demokratie. Ohne Zögern wurde beipielsweise dem Antrag der Karlsruher Frauengruppe stattgegeben, ei- nen interkonfessionellen und überparteilichen Zusammenschluss zu begründen, der sich in der Tradition der Frauenbewegung vor 1933 sah. Ob und wie diese Erfahrung eine Rolle spielte, ist eine der Leitfragen. Die Verfasserin kommt zu dem Ergebnis, dass zu den Aktiven fast ausschließlich jene zählten, die auf organi- satorische und politische Erfahrungen vor 1933 zurückgreifen konnten, aber es gelang ihnen nicht, junge Frauen zu gewinnen. Für sie waren die alten Organisationsformen über- lebt, außerdem habe eine Abneigung gegen Politik unter jenen, Frauen wie Männern, ge- herrscht, deren Jugend durch den Nationalso- zialismus geprägt worden war. Und so seien die Älteren in vielen Organisationen unter sich geblieben. Barbara Guttmann zeigt an- schaulich und ohne aus heutiger Sicht ambiva- lente Aspekte zu verschweigen, dass das öffent- liche Handeln der "Frauen der ersten Stunde" zur demokratischen Tradition gehört - auch wenn es kein massenhafter Aufbruch war. CHRISTINA KLAVSMAN N Horst Fischer: Landwirtschaft und Viehzucht in früherer und heutiger Zeit. Heft 4 (Band 11, Kapitel 8) der Chronik Wolfarts- weier; hrsg. vom Verein für die Geschichte von Wolfartsweier, 153 S., 24,- DM Die ersten authentischen Hinweise zur Situa- tion der Landwirtschaft in Wolfartsweier fin- den sich in AufZeichnungen von 1404. Zahl- reiche weitere Urbare, Urkunden und Schrift- stücke dienen dem Autor als Grundlage. Vom frühen Mittelalter bis in das 14. Jh. werden allgemeine Quellen herangezogen, die sich auch aufWolfartsweier übertragen lassen. Das Ergebnis ist eine interessante Wiedergabe des Lebens in den vergangenen Jahrhunderten. Die Bauern waren wichtigster Wirtschaftsfak- tor der Volkswirtschaft, die Gesellschaft war bis in das 19. Jh. bäuerlich geprägt. Struktur und Entwicklung der landwirt- schaftlichen Betriebe zeichnen ebenso ein le- bendiges Bild wie die Veränderung der Erträ- ge und Preise bei landwirtschaftlichen Produk- ten. Anschaulich wird die Problematik der Realteilung mit ihren negativen Folgen für die Betriebs- und Flurstruktur im Laufe der Jahr- hunderte abgehandelt. Kleinstbäuerliche Ver- hälrnisse resultieren daraus und bleiben bis weit in das 20. Jahrhundert hinein bestehen. Die landwirtschaftlichen Betriebe boten ihren Eigentümern bei einer äußerst geringen Flä- chenausstattung oft nur ein karges Brot und 356 das bei der Last der hohen und vielfaltigen Abgaben und Frondienste. Dennoch: manch tüchtiger Landwirt mehrte seinen Besitz und etteichte sicher auch einen gewissen Wohl- stand. Bemerkenswert, dass über die Jahrhun- derte hinweg 20 bis 40 % der Fläche im Besitz von Auswärtigen lag (z. B. Auemer, Durlacher, Grötzinger). Berichtet wird von rund zwei Dutzend landwirtschaftlicher Betriebe Anfang des 15. Jh., die dann bis zum Ende des 18. Jh. auf über 80 ansteigen und erst im Zuge des Strukturwandels der Nachkriegszeit bis 1990 völlig aufgegeben werden. Ebenso anschaulich dargestellt wird die Nutzung der kleinen Wolfartsweierer Flur: Wie wichtig war das Gartengrundstück zur Selbstversorgung! Die Förderung der Land- wirtschaft durch die Markgrafen war bedeut- sam. Natürlich spielte die Abhängigkeit von der Obrigkeit eine große Rolle, die Gemar- kung gehörte rechrlich den Markgrafen. Manche Familie in Wolf.lttsweier wird sich vielleicht bei der Auflistung der Namen im Zusammenhang mit früherem Gebäude- und Grundbesitz wiederfinden. Die Verwendung und Erläuterung der alten Begriffe wie Hube, Hufen, Zelg usw. interessiert. Wie auch die Nennung zahlreicher Hub- und Flurnamen und das Auflisten der früheren Straßennamen. K1einstbetriebe in Wolfartsweier konnten natürlich nur sehr kleine Viehbestände halten. Ein bis zwei Milchkühe, zugleich als Arbeits- tiere eingesetzt, waren die Regel. Die Pferde- haltung und "von oben" verordnete Pferde- zucht diente mehr der Bereitstellung von Mi- litätpferden und für Fuhrzwecke im Lohn. Nicht unbedeutend war das Federvieh. Ein besonderes Kapitel ist der Entwicklung des Genossenschaftswesens in Wolfärrsweier ge- widmet. Selbsthilfeeinrichtungen, wobei vor al- lem die Warengenossenschaft während ihres 70- jährigen Bestehens ab 1990 viele Impulse für die Weiterentwicklung der Landwirtschaft gab. In den alten Quellen hat der Autor auch längst vergessene Namen und Tatbestände wieder ausgegraben. Die Geschichte der land- wirtschaft in Wolfartsweier spiegelt die allge- meinen Lebensumstände vergangener Jahr- hunderte wieder, und sie ist in sehr vielen Tei- len auf unseren Raum übertragbar. Das Heft ist ein Nachschlagewerk und Geschichtsbuch zugleich. Welch große Bedeutung hatte die heimische Landwirtschaft für die Gesellschaft über Jahrhunderte hinweg, wie untergeordnet ist ihr Stellenwert in heutiger Zeit! ARNULF BEEG Bernhard Wien: Politische Feste und Feiern in Baden 1815-1850, Tradition und Transformation: Interdependenzen liberaler und revolutionärer Festkultur Peter Lang Verlag, frankfurt 2001, 702 S., 185,- DM Seit dem Historikertag 1984 wurden "Feste und Feiern" zu einem Modethema, dem bereits viele Arbeiten gelten. Also auch noch ein Buch über Baden, fragt der Verfasser ein- gangs. Er bejaht dies mit 702 Seiten und 1955 Anmerkungen. Für weitere Dissertationen wie diese sollte das keine Richtschnur werden. Die überfülle der Details verhindert aber nicht eine facettenreiche Publikation, weil in ihrer Differenzierung pauschalierende Darstellun- gen über das so unterschiedlich strukturierte Großherzogturn Baden relativiert werden. Seit 1818/19 wurde die neue Verfassung gefeiert, die man allerdings trotzig von der Regierung respektiert wissen wollte, und Eltern wie leh- rer sollten den Kindern den Verfassungstext wie Bibelstellen einprägen. Da politische Ver- sammlungen verboten waren, entpuppten sich diese kryptopolirischen Feste - in gelöster At- mosphäre - und Feiern - gemessenen Charak- 357 ters mit Pathos in Rede und Musik - zur Schiene in die revolutionäre Phase ab 1847, zur Revolution 1849. In Württemberg von der Polizei verboten, stärkte in Baden die po- litische Festkultur die liberalen Abgeordneten, ein Vorgang, von anderen Staaten bewundert, doch angesichts schwacher liberaler Bewegun- gen nicht erfolgreich nachgeahmt. Denn Ba- den und die bayerische Pfalz waren wohl die "aufgeregtesten" Länder und aufgeschlossen fur die Dynamisierung der revolutionären Ent- wicklung durch das Ausland. Mannheim und Freiburg galten dabei als liberale Hochburgen; Karlsruhe, Sitz der Regierung, wurde als Ba- dens Mitte in Zweifel gezogen. Bedeutsam bei den Festivitäten waren die Teilnehmerkreise und Symbole, mal mit Be- amten und Offizieren, mal ohne, mal mit Gottesdiensten sakral überhöht, mal rein po- litisch. Das Zeremoniell spielte eine wachsen- de Rolle mit Abzeichen, Kokarden, Bändern, Binden, Schärpen oder Kleidungstücken wie große Hüte, rote Mützen, blaue Blusen. Der Heckermyrhos, charakterisiert durch Heckers Erscheinungsbild, wurde einerseits Vorbild fur Revolutionäre, andererseits so abschreckend wie die rote Fahne, die die Radikalen für das erst revolutionäre, dann kompromittierte Schwarz-Rot-Gold einsetzten. Vor diesem Rot aber schreckten Bürgermeister zurück, die rote Feuerspritzen verkauften; Apotheker wollten Fläschchen nicht mehr in rotes Papier einwi- ckeln, "ein Bankier schnitt einem herrlich prangenden Kaktus alle seine Blüten ab", so berichteten die Konstanzer "Seeblätter" , eine der 77 Zeirungen, die d. Verf. in stupendem Fleiß ausgewertet hat neben vielen bisher un- gedruckten Quellen aus Stadtarchiven. Allein 73 Seiten umfasst das Verzeichnis der Litera- tur, mit der er sich kritisch auseinandersetzt. In Zwischenergebnissen nach seinen Kapiteln wird der Weg deutlich, wie die traditionellen bürgerlichen Feste und Feiern transformiert werden zur Basis fur Massenwirksamkeit mit entsprechender Durchschlagskraft, ja sie die- nen als "Türöffner für das unterbürgerliche Versammlungswesen 1847-49". Damit wird ein Zugang zu einer neuen Öffentlichkeit ge- schildert, die seit dem 19. Jahrhundert bis in unsere Tage reicht. LEONHARD MÜLLER Rheinhafen Karlsruhe 1901-2001. Mit Beiträgen von E. O. Bräunehe, G. Hert- weck, R. Homberg, P. Pretsch, U. Schubart, J. Schubladen-Krämer, A. Schwarzer (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 22), Karlsruhe 2001, Info Verlag, 408 S., 45,- DM Heute fragen Firmen, die sich neu ansiedeln wollen, häufig zuerst: Wie weit ist es zum nächsten Flughafen? Vor hundert Jahren hat- te die Rheinschifffahrt eine ähnlich große Be- deutung. Die Inbetriebnahme des Karlsruher Rheinhafens 1901 stieß das Tor auf zur drin- gend notwendigen wirtschaftlichen Weiterent- wicklung der Stadt und ihres Umlandes. Nicht zuletzt durch den 1963 angelegten Ölhafen hat sich der Güterumschlag übetwiegend po- sitiv entwickelt. In den 1980er Jahren stand Karlsruhe nach Duisburg zeitweilig an der Spitze der deutschen Anlauforte für die Bin- nenschifffahrt. Höchste Zeit also, nach früheren kleineren Publikationen die Geschichte und Entwick- lung der Karlsruher Rheinhäfen in der Ge- samtschau darzustellen. Für den vorliegenden, auch durch seine reiche Bebilderung informa- tiven Band zeichnen mehrere Autoren verant- wortlich. Nach einer zusammenfussenden Ein- leitung durch E. O. Bräunehe, der eine kurze Chronik zur Rheinhafengeschichte beisteuer- te, teilen sich G. Hertweck, J. Schuhladen- Krämer sowie Rheinhafenchef A1exander 358 Schwarzer die Aufgabe, den Werdegang von der Entwicklung der Oberrheinschiflfahrt und frühen Hafenplänen bis zur heutigen Anlage und den an sie gerichteten Anforderungen nachzuverfolgen. Eine Darstellung der Hoch- bauten am Hafen als Beispiele der Industtiear- chitektut zwischen Historismus und Beginn der Moderne von U. Schubart, die reizvolle Prä- sentation der Rheinhäfen in der bildenden Kunst von P. Pretsch sowie die kurze Geschichte der IOO-jährigen Stromversorgung durch das städtische E-Werk am Rheinhafen von R. Homberg erweitern in willkommener Weise die Untersuchung der Hafenentwicklung. Die mit dem Verfahren, das Thema "Rheinhafen" aus unterschietllichem Blickwinkel zu betrachten- unvermeitllichen Wiederholungen nimmt man gerne in Kauf. werden sie doch ausgeglichen durch Informationen, wie sie vorher so und zu- dem so übersichtlich geordnet nicht zur Ver- fügung standen - ist ein Gewinn. Dass schon die Römer den Rhein als Trans- portweg nutzten, ist bekannt, dass die Rhein- schifffahrt danach zeitweise immer wieder zur Bedeutungslosigkeit verkam, schon weniger. Weder die Stromverhältnisse, noch die Schiffs- technik bremsten den Handel, sondern eine Art gewerblichen Raubrittertums, das die Schiffs- ladungen "hemmungslos" mit Zöllen und Abgaben belegte. Neben diesen Detailfragen vermitteln die historischen Kapitel vor allem gruntllich recherchiert und faktenreich die wirt- schaftliche Bedeutung des Hafens für die Stadt, ist das Auf und Ab seiner Umschlagszahlen und seiner Erweiterungspläne doch ein Gradmes- ser auch für die Stadtentwicklung. Nachvoll- ziehbar wird der Einfluss der beiden Weltkrie- ge, der umstrittenen Neckarkanalisierung und der Energieträger Kohle und Öl. ZU einem Buch über den Hafen gehören freilich auch Informationen über die Personen beförderung mit den Fahrgastschiffen "Friedrich Töpper" oder "Karlsruhe" und über Hochwasser, die viele Karlsruher noch in Erinnerung haben. Auch wenn die Fülle des Stoffs die Lektüre nicht immer leicht macht, so ist der Band den- noch nicht nur für Historiker, sondern für alle an der Geschichte ihres H afens interessierte Karlsruher und Karlsruherinnen eine unent- behrliche Fundgrube. DOROTHEA SCHMITT-HOLLSTEIN Ute Grau/Barbara Guttmann: Gegen Feuer und Flamme. Das Löschwesen in Karlsruhe und die Berufsfeuerwehr (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 23), Karlsruhe 2001, Info Verlag, 256 S., 39,80 DM Noch 1809 bestimmte die Feuerordnung: "Je- der erwachsene Einwohner hiesiger Stadt und Klein-Carlsruhes ist verbunden, an den Feuer- lösch-Anstalten Antheil zu nehmen." Bis zur heutigen, gut organisierten Feuerwehr "als Mädchen für alles" war es ein langer Weg. Die Autorinnen beschreiben die Entwicklung des Feuerlöschwesens als mühsame Wanderung zwischen organisatorischen Reformen und technischem Fortschritt. Anlässe zu Verbesse- rung waren oft Katastrophen mit vielen Toten. Zwar hatte schon Markgraf Karl Wilhelm erkannt, dass seine überwiegend aus Holz ge- baute Stadt eine Feuerordnung brauchte. Inves- tieren wollte er jedoch nichts und zwang die Bürger, selbst eine falubare Spritze und Leder- eimer anzuschaffen. Das funktionierte leitllich. Zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr führte schließlich der Theaterbrand von 1847. Die als demokratische Vereine entstandenen freiwilligen Wehren hatten es daher nach der Revolution 1848/49 erst einmal schwer. Ab 1860 gab es jedoch erstmals im Haushalt ei- nen eigenen Feuerwehretat. Militärisch organi- siert, erwarb sich die Truppe schnell einen gu- 359 ten Ruf. Während der Industrialisierung wirk- ten sich das Wachstum der Stadt und die tech- nischen Entwicklungen bei den Anforderungen und der Ausstattung der Feuerwehr aus. 1912 leitete unter anderem die "benzin-automobile Drehleiter" die Motorisierung ein. Erst 1926 leistete sich die Stadt eine Berufsfeuerwehr, die an der Ritterstraße eine moderne Hauptwache erhielt. Für die Lösung des schwelenden Kon- flikts, ob der Chef der Hauptamtlichen oder der Freiwilligen das Sagen haben sollte, brauchte es einen Denkzettel. Nach dem Brand des Warenhauses Knopf im Juli 1928 erhielt der Chef der Berufswehr das letzte Wort. Unter dem Nationalsozialismus erlebte die Feuerwehr in der Reichskristallnacht 1938, als sie Juden keine echte Hilfe leisten durfte, den Tiefpunkt ihrer Geschichte. Nach 1949 folg- te dem ,Anfang mit nichts" eine stete Auswei- tung der Aufgaben mit neuen Sicherheitskon- zepten, etwa im Strahlenschutz oder für den Ölhafen. 1960 kam mit der Dependance in Mühlburg endlich die seit langem geforderte Westwache. Die Anschaffung moderner Mul- tifunktionswagen entsprach den erweiterten Anforderungen. Heute ist die Karlsruher Be- rufsfeuerwehr ein moderner Dienstleistungs- betrieb mit 210 Männern. Im Stadtfeuerwehr- verband besteht eine vertrauensvolle Koopera- tion zwischen Berufsfeuerwehr und der Frei- willigen Wehr. Wer sich für den aktuellen Stand des Löschwesens interessiert, dem bietet das letzte Kapitel des Buches guten Einblick. Der ganze Band bettet die Historie der Wehren in das politische und wirtschaftliche Geschehen der Stadt ein. Die umfassende und detaillierte Darstellung wäre allerdings noch lesefreundlicher, wenn jedem Kapitel ein kur- zer Absatz voran ginge, der die spezifischen Er- eignisse in die großen Entwicklungslinien auch der Feuerwehrgeschichte einreihte. ANDREA ALTENBURG Michael Ruhland: Schulhausbauten im Großherzogrum Baden 1806-1918 Verlag Renate Miller-Gruber, Augsburg 1999, 504 S., 379 Abb., 79,- DM Die Dissertation von Michael Ruhland, die nunmehr in einer reich illustrierten Buchaus- gabe vorliegt. leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zu einer noch ausstehenden Architek- turgeschichte des Schulhausbaus in Deutsch- land, vielmehr dürfte diese Untersuchung ge- rade auch für den regional- und lokalge- schichtlich interessierten Leserkreis von beson- derem Interesse sein. Die Publikation besteht aus einem gut les- baren Darstellungsteil und einem umfangrei- chen Katalogteil. Im Mittelpunkt der Darstel- lung steht der Schulbau und Schulraum als soziale und pädagogische Umgebung im Spannungsfeld zwischen Funktion und Reprä- senration. Dabei bilden städtebauliche Aspek- te, die Entwicklung der Grundrissformen und Fassaden sowie die Frage nach der künstleri- schen Ausschmückung von Schulgebäuden in sich geschlossene Themenkomplexe der Un- tersuchung. Viele Beispiele in Text und Bild beziehen sich hierbei auf Karlsruher Schulbau- projekte von Friedrich Weinbrenner, Heinrich Hübsch, Heinrich Lang, Wilhe1m Strieder oder Friedrich Beichel. Der um die Jahrhun- dertwende einsetzende Einfluss der Kunster- ziehungsbewegung erreichte im Karlsruher Schulhausbau den Höhepunkt mit der 1905 in der Kapellenstraße fertiggestellten Schiller- schule von August Stürzenacker. Der Katalog stellt 98 Schulbauten vor, die im Großherzogturn Baden 1806-1918 ent- standen sind. Zu jedem Objekt gibt es eine Abbildung, eine Auflistung wichtiger Daten und Fakten sowie eine kurze Charakteristik des betreffenden Gebäudes. Daran schließt sich jeweils ein Abriss der Baugeschichte und eine Beschreibung der Ausstattung des Schul- 360 hauses an. Dabei ist mögliehst der Zustand zur Zeit der Eröffnung. zumindest aber das Aus- sehen vor 1918 zugrundegelegt. Aus Karlsruhe werden 17 Sehulhausbauten vorgestellt. Das ehemalige Lyceum in den Sei- tenflügeln der Stadtkirehe am Marktplatz und die ehemalige Höhere Töchterschule in der Kreuzstraße dienen heute anderen Zwecken. Dagegen wurden die Höhere Bürgerschule am Zirkel und das Lehretseminar in der Rüppur- rer Straße nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut. während vom Lehrerseminar in der Bismarckstraße wenigstens noch die Fassaden /Ur den Wieder- aufbau der heutigen PH verwendet werden konnten. Noch ganz oder tei lweise erhalten sind die Schulgebäude des Gymnasiums in der Bismarckstraße. der Höheren Bürgerschule und des Realgymnasiums in der Englerstraße. der Höheren Mädchenschule in der Sophien- straße. der Oberrealschule in der Kaiserallee. der Goemeschule in der Renkstraße und der Lessingschule in der Sophienstraße. Bezeich- nenderweise musste das Gebäude der Gewer- beschule am Lide11platz nach seiner Fertigstel- lung 1914 zunächst als Lazarett eröffnet wer- den. bevor es 1919 seiner eigentlichen Bestim- mung übergeben werden konnte. Der Stadtteil Durlach ist in Ruhlands Katalog mit drei noch heute bestehenden Schulhausbauten vertreten: Vereinigte Schulen in der Pfinztalstraße. Ge- werbeschule sowie Progymnasium und Real- progymnasium in der Gymnasiumstraße. Zu jedem Objekt sind auch die entspre- chenden Archivalien und die Literatur angege- ben. Zusätzlich erschließt ein Personen- und Gebäuderegister alle im Darstellungs- und Katalogteil erwähnten Sehulen und die betei- ligten Architekten und Künstler. Somit stellt die Publikation insgesamt auch ein wichtiges Handbuch und Nachschlagewerk dar. JÜRGEN SPANGER Annette Borchardt-Wenzel: Frauen am badischen Hof. Gefahrtinnen der Großher- zöge zwischen Liebe. Pflicht und Intrigen Casimir Katz Verlag. Gernsbach 2001. 388 S .• 25 Abb .• 49.- DM Der nFrauengeschichteCC ist seit längerem zu verdanken. dass die manchmal männlich- graue Geschichtsszene nicht nur eine neue Farbe erhält. sondern aueh neue Einsichten. So ist es verdienstvoll. die Lebensläufe von sie- ben Fürstinnen an badischen Höfen zu schil- dern. die nicht ohne Einfluss /Ur Badens Ent- wicklung waren: Karoline Luise. Amalie. Luise Karoline von Hochberg. Stephanie Beauhar- nais. Sophie. Luise v. Preußen und Hilda. Zwar gibt es über jede bereits Literatur. doch die Zusammenfassung dieser Lebensläufe ver- mittelt neben dem politischen einen breiten kulturhistorischen Zusammenhang. Wiewohl auf wissenschaftlichen Publikati- onen gründend. trotzdem manchmal an alte Voreingenommenheiten gebunden. will die Verfasserin in erster Linie unterhalten und wirft den deutsehen Historikern "aller größtes Misstrauen vor, wenn Geschichte zu 'Unter- haltung' herhalten soll". Nun könnte man im Gegenteil genug brillant gesehriebene Werke aufführen und auch darauf hinweisen. dass immerhin. die wissenschaftliche Literatur. auf die sich dieses Buch stützt. von diesen Histo- rikern aufgearbeitet wurde. Deren Stil ist freilich ein anderer. Hier dagegen benimmt sich ein russischer Großfürst "wie die Axt im Walde". Amalie "war ganz seharf', Kamarina die Große zu sehen, hielt dagegen Stephanie für "eine dumme Pute", während Napoleon "hämisch gegrinst" haben soll und so fort. Man weiß nicht, wo in den Quellen so etwas steht, denn das Original macht doch wohl erst "Spaß", wovon mehrere hier zitierte Quellen zeugen und nicht allein diese Diktion der Autorin. 361 Dass es zu Überschneidungen der einzel- nen Lebensbilder kommt. die einzeln gelesen werden können, Stört weniger, dagegen ein Faktum wie z. B. die Vorliebe Karl Friedrichs für "diese oder jene niedrige Weibsperson" so oft in Variationen, was man doch spätestens beim zweitenmal begriffen hat. Die Schicksale sind "durch ein Temperament" gesehen. und da kann man bei jeder Biographie streiten. Dass der letzte Großherzog Friedrich 11. aber ein "charakterschwacher" Mann gewesen sein soll. dem muss man auf Grund der Quellen deutlich widersprechen. Die zahlreichen Literaturangaben werden z. T. eigens kommentiert und eine Stammta- fel erleichtert die Übersicht. So werden Hilfen für weitere Orientierungen angeboten. Und manchen mögen die obigen Einwände weni- ger stören, wenn er sich bei dieser Portrair- sammlung unterhalten weiß. Sollte er dadurch mögliche Zugänge zur badischen Geschichte finden. wäre das erfreulich. . LEONHARD MÜLLER Ute Grau: Schloss Augustenburg (Häuser- und Baugeschichte. Schriftenteihe des Stadtarchivs Karlsruhe. Bd. 1). Info Verlag Karlsruhe 2000.16.80 DM/8.59 € Holger Reimers. Gerhard Kabierske. Georg Matzka: Ein Karlsruher Modellhaus von 1723. Das Seilerhäuschen (Häuser- und Baugeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe. Bd. 2). Info Verlag Karlsruhe 2001. 29.34 DMI15 € Mit dem Band über Schloss Augustenburg eröffnet das Sradtarchiv Karlsruhe eine neue Publikarionsreihe "Häuser- und Baugeschich- te" und ergänzt damit die beiden bestehenden Reihen "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" und "Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte". Nun besteht eine Publi- kationsmöglichkeit für kleinere Arbeiten zu architektur- und baugeschichtlichen Themen. denen innerhalb der Gesamtstadtgeschichte eine wichtige Rolle zukommt. Dies ist umso erfreulicher. als es gerade in Karlsruhe lange am Bewusstsein für die eigene Architektur fehlte. Insbesondere die historischen Gebäude wurden - aufgrund des geringen Alters der Stadt - wenig geschätzt. Völlig zu Unrecht. denn. wie Oberbürgermeister Heinz Fenrich in seinem Geleitwort feststellt. verfügt Karls- ruhe über eine beachtliche historische Bausub- stanz. Diese sei nicht nur von architekturge- schichtlichem Interesse. sondern liefere darü- ber hinaus wertvolle Erkennrnisse z. B. zur Alltags-. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Dass Häuser "vielerlei Geschichten erzäh- len" können. zeigt sich gleich im ersten Band über Schloss Augustenburg. Die Autorin Ute Grau. eine auf stadt- und landesgeschichtliehe Themen spezialisierte Historikerin. bettet ver- siert die wechselvolle Geschichte des Gebäudes in übergreifende Zusammenhänge ein. In flüs- sig zu lesender Weise entblättert sie das Schick- sal des Gebäudes vom staufischen Pfründner- haus über fürstliche Hofhaltung. die Nutzung als Krapphaus und als Knopffabrik. bis hin zur Herberge der Grötzinger Malerkolonie. Span- nend zu verfolgen ist auch der lange Kampf um den Erhalt des alten Gemäuers. Leider erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts konnte durch den Ausbau zum Altenheim wenigstens noch der Hauprflügel gerettet wer- den - der Rest der Anlage war wegen des fort- geschrittenen Verfalls nicht zu erhalten. Der Titel der neuen Reihe legt nahe. dass sich das Stadtarchiv in Zukunft mehr der Bau- geschichte widmen will. Wie schwer Histori- kern der Umgang mit dreidimensionalen Quel- len fällt. zeigt dieser erste Band. Die Bauge- schichte wird zwar genannt. doch fehlt es an 362 einer soliden Baubeschreibung, kein Plan hilft dem Leser, sich das Gebäude selbst zu erschlie- ßen. Selbst klassische historische Quellen wie die Inventarverzeichnisse der Markgräfin Ma- riaAugusta (1649-1728) werden nur in Hin- blick auf Besitztümer und Personalbestand ausgewertet. Die Information über 34 Zimmer und eine Kapelle im Hauptgebäude sowie eine Vielzahl an Nebengebäuden fehlt. Ein Blick ins Großinventar von 1938 (Kunstdenkmäler Badens) gibt hier auf wenigen Seiten eine Viel- zahl von bauhiscorischen Informationen, die in eine Monographie unbedingt hätten einflie- ßen müssen. Eine Ergänzung dieser über 70 Jahre alten Beschreibung anhand des heutigen Bestandes wäre darüber hinaus wünschens- wert gewesen. Auch fehlt ein Wort zu den prä- genden Baurnaßnahmen des 16. Jahrhunderts im Rahmen der heimatlichen Renaissancebau- kunst. Trotz dieser Kritik bleibt der hier vorge- stellte Band eine unterhaltsame und optisch ansprechende Lektüre, die mit leichter Hand viel über das Leben im Schloss Augustenburg erzählt. Völlig anders zeigt sich demgegenüber der zweite Band der Reihe. Er ist einem Gebäude gewidmet, das auf grund seiner spektakulären Rettungsgeschichte zu einer Karlsruher Be- rühmtheit wurde: dem Seilerhäuschen. Schon die Profession der Aucocen - zwei Bauhisroci- ker und ein Architekt - lässt die andere Ge- wichtung dieses Bandes ahnen. Und dann schlägt sie zu, die Baugeschichte. Zunächst führt Holger Reimers den Leser an das Gebäude heran und in es hinein. In allgemeinverstäncllicher Sprache erklärt er, wie viele Fragen der kenntnisreiche Forscher an ein unscheinbares Haus stellen kann, und wie vielfältig die Erkenntnisse sind, wenn er Zeit für die Suche nach Antworten hat. Das an- hand des Seilerhäuschens gewonnene Wissen erlaubte dem Autor, historische Fotografien anderer Modellhäuser neu auszuwerten. Die Erkenntnisse befruchteten sich gegenseitig und dem Leser steht nun nicht mehr die alte Hütte vor Augen, sondern - sehr anschaulich in den farbigen Rekonstruktionszeichnungen - ein reizvolles Barockhäuschen. Dieser Ex- kurs kommt einer Grundlagenforschung zur Stadtbaugeschichte gleich. Der Wert der bei- den letzten erhaltenen Dokumente - neben dem Seilerhäuschen nur noch das Haus Wald- straße 9 - wird um so deutlicher. Wie wenig selbstverständlich das Interesse an dieser Form von Geschichte ist, zeigt die von Gerhard Kabierske zusammengestellte Chronologie der Ereignisse seit 1962. Das Seilerhäuschen ist ein Paradebeispiel für den Wandel des öffentlichen Bewusstseins von fortschrittsgläubigem Erneuerungswillen der 1960er Jahre - als das unscheinbare Haus be- denkenlos einer Hochgarage weichen sollte - bis hin zur Eintragung des Gebäudes ins Denkmalbuch als Kulturdenkmal von beson- derer Bedeutung im Jahre 1999. Für den zukünftigen Besucher des Gebäu- des - und dank der geplanten Nutzung als Cafe und Galerie wird das Gebäude öffentlich zugänglich sein - wird ebenfalls von Interesse sein. wie denn nun mit den vielen Erkenntnis- sen umgegangen wurde. was warum und wie erhalten blieb oder erneuert wurde. Hierüber gibt der Beitrag des bauleitenden Architekten Georg Matzka Auskunft. Der Band ist mit zahlreichen informativen Abbildungen ausgestattet, die zum Nachlesen verleiten. Sie erleichtern es dem Leser, die an- spruchsvolle Lektüre zu bewältigen - der Lohn ist ein großer Erkenntnisgewinn: über cllie frü- he Stadtbaugeschichte, die Modellhäuser, über Handwerkstraditionen und nicht zuletzt auch über bauhistorische Methoden. ULRIKE PLATE 363 Sergej G. Fedorov: Wilhe1m von Traitteur. Ein badischer Baumeister als Neuerer in der russischen Architektur 1814-1831 Berlin 2000, 331 5.; 75,67 € Badens Architektur- und Ingenieurschule - Vorläuferin der heutigen Karlsruher Univer- sität - ist seit Weinbrenners Zeiten über die nationalen Grenzen hinaus bekannt. Nur we- nige wissen, dass bereits vor Weinbrenner ein badischer Baumeister im Ausland wirkte und maßgeblich am Aufbau einer modernen Ar- chitekturschule in St. Petersburg Anteil hatte. Die Rede ist von Wilhe1m von Traitteur (1788-1859), dessen Familie heute noch im Mannheimer Raum bekannt ist. In den Jah- ren, als gerade die Rheinbegradigung durchge- führt wurde, erwarb er das für solche Projek- te notwendige ingenieurtechnische Wissen zu- nächst autodidaktisch und dann an der europa- weit führenden »&ole des ponlS et chaussees" in Paris. In der Endphase der napoleonischen Kriege (1813-1816) weilte der russische Zar Alexander 1., verheiratet mit einer badischen Prinzessin, häufig in Bad~n. Hier lernte er den jungen Ingenieur kennen und engagierte ihn 1814 für Arbeiten in seiner Hauptstadt. St. Petersburg war seinerzeit wohl die größte Baustelle Europas. Zur Bewältigung der zahlrei- chen Aufgaben richtete der Zar Bauschulen und Behörden nach französischem Vorbild ein und berief ausländische Fachleute wie Augus- tin de Betancourt als Leiter und Wilhelm von Traitteur, der mit seinen französischen Erfah- rungen beste Voraussetzungen mitbrachte. In den kommenden 18 Jahren entfaltete Traitteur eine reiche Tätigkeit: Seine Entwürfe für Kasernen, staadiche Druckanstalten oder unüblichen Spannweiten. Brückenbauten stellten den innovativsten Teil des Oeuvres von Traitteur dar. Russland hatte einen enor- men Bedarf an neuen Verkehrswegen. Dabei waren Hunderte von Brücken über Bäche und Flüsse zu bauen, was nur durch weitgehende Rationalisierung und Standardisierung der Bauelemente zu lösen war. In St. Petersburg selbst mussten für den steigenden Verkehr ebenfalls neue Brücken über die Newa und ihre Seitenarme geschlagen werden. Traitteur passte den gerade in Amerika und England entwickelten Typus der Eisenkettenbrücke dem Nordrusslands an. Dabei entstanden ei- nige besonders schöne Brücken, wie die Pan- teleimonbrücke, die zum eleganten Erschei- nungsbild St. Petersburgs beitrugen. Einzelne von ihnen existieren heure noch. 1831 verließ Wilhelm von Traitteur plötz- lich den russischen Staatsdienst und kehrte nach Mannheim zurück. Aufgrund fehlender Quellen sind dafür eher politische als persön- liche Gründe zu vermuten. Das Wirken eines Ingenieurs in verschiede- nen Kulturen zu schildern, war nur einem Autor möglich, der diese auch selbst kennt. Es ist daher ein Glücksfall, dass der russische Bauhistoriker Sergej G. Fedorov aus St. Peters- burg seit edichen Jahren am Institut für Bau- geschichte der Universität Karlsruhe arbeitet. Er brachte die reichen Quellen insbesondere der St. Petersburger Archive zum Sprechen und entlockte auch badischen Archiven man- che Neuigkeiten. Das Buch, großzügig ausge- stattet und votzüglich bebildert, schildert ei- nen neuen Aspekt der badisch-russischen Be- ziehungen und macht mit einer wichtigen Facette der Geschichte des Brückenbaus be- Menagerien zeugten einerseits von der siche- kannt. ren Verwendung der klassizistischen Architek- turformen; andererseits offenbaren sie seine besondere Neigung zu Ingenieurbauten: viele Bauwerke besitzen Hallen mit riesigen, bisher JÜRGEN KRÜGER 364 Hansmartin Schwarzmaier: Das Dorf in der Geschichte von Land und Landschaft. Von den Anfangen bis zum Jahr 1800 Chronik Wolfahrtsweier Heft 5, Selbstverlag des Geschichtsvereins, 2001, 143 S., 12,- € Der Elan von Elga Roellecke, eine repräsenta- tive Chronik von Wolfahrtsweier herauszuge- ben, von der bereits vier Hefte erschienen sind, ist bemerkenswert. Wer in verschiedene landesgeschichtliche Arbeiten Einblick hat, z. B. bei der Jury für Preise zur Heimatfor- schung in Baden-Württemberg, bemerkt, wie besonders dieses Heft sich von einer einäugigen Blickrichtung auf das örtliche Detail abhebt, wie sie oft anzutreffen ist. Nun ist H . Schwarz- maier ein versierter Historiker, der für zahlrei- che Epochen eine Vielzahl von Veröffentli- chungen vorgelegt und besonders als Heraus- geber und Autor des "Handbuchs der Baden- Württembergischen Geschichte" große Ver- dienste erworben hat. So gelingt es ihm, wie der Titel verheißt, die Entwicklung eines Dor- fes wie Wolfahrrsweier in das große Tableau der Landesgeschichte einzufügen. Und das gerade für eine Zeit, für die der Ort nur weni- ge Quellen aufWeist, denn die Schriftzeugnisse strömen erst seit dem 18. Jahrhundert. Allein die sorgfaltige Ausstattung mit Kar- ten zeigt, wie eine Dorfgeschichte immer im Zusammenhang mit der Landschaft zu sehen ist. Dazu gehört nicht nur die Geographie, die Bevölkerungsstruktur. In dieser Landschaft der ehemaligen Römerstraßen, der Funde aus Kelten- und Alemannenzeit, der großen Be- deutung des Klosters Gottesau für die kirchli- che Betreuung findet man so viele Kompo- nenten, dass farbige Kapitel aus antiker und mittelalterlicher Geschichte aufgeschlagen werden können. Der Verfasser nimmt den Leser bei der Hand, um ihn in großer An- schaulichkeit zu Epochen hinzuführen, die diesen Ort in ein großes Geschehen einbetten. Die komplizierte Familiengeschichte der Zäh- ringer und ihre Glaubenswechsel in der Refor- mationszeir werden so aufbereitet, dass man neues Imeresse an badischer Geschichte ge- winnt. Die Zeit der französischen Einfälle im 17. Jahrhundert, die großes Elend am Ober- rhein hervorrief. macht deutlich, wie die dörf- liche Bevölkerung Opfer von Machtgier und Ideologie wurde. In einem sorgfältig ausge- wählten Anmerkungsapparat wird auf eine umfangreiche Literatur hingewiesen. In summa: ein Beispiel für Hobbyhistori- ker, wie Orrsgeschichte lebendig gemacht wer- den kann, wie man mit dem Schicksal eines Dorfes den großen Atem der Geschichte ein- Hingt, der jeden Leser faszinieren wird. LEONHARD MüLLER Karl Zahn: Gräber, Grüfte, Trauerstätten. Der Karlsruher Hauptftiedhof (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 24), Info Verlag Karlsruhe, 200 I , 26,- € "Denn alle Lust will Ewigkeit" - mit einem fotokünstlerischen Blick auf erorische Skulp- turen europäischer Friedhöfe öffnete die Foto- grafin Isolde Ohlbaum nicht nur den Blick auf eine ungewöhnliche Friedhofsperspektive, son- dern weckte bei einem breiten Publikum die Lust auf mehr über Friedhöfe. Lust auf Fried- hof? Die kulturelle Bedeutung des "öffentli- chen Bestattungsraumes", sie verdient weit mehr als spektakuläre Impressionen, sie for- dert vor allem eine feste Verankerung des The- mas "Friedhof" im Kontext stadthistorischer Untersuchungen. Friedhöfe als wichtiger Be- standteil von Stadtgeschichte sind ein facet- renreiches Kaleidoskop von Stadtentwicklung, kunsthistorischer Vielseitigkeir, Baugeschichte und vor allem soziokultureller Entwicklung. 365 Wie Friedhofsgeschichte als integraler. le- bendiger Bestandteil der Karlsruher Stadtge- schichte durchaus Lust auf mehr Friedhof ent- fachen kann. das verdeutlicht die von Karl Zahn über zwanzig Jahre hinweg sorgfältig recherchierte Entwicklung des Karlsruher Hauptfriedhofs und seiner Vorgeschichte. Dass das umfangreiche Manuskript der nach ihrem Verfasser im Karlsruher Stadtarchiv ge- führten "Zahn-Chronik" über den ältesten kommunalen Friedhof Deutschlands nun endlich als Buch den Weg in die Öffentlich- keit gefunden hat. ist ein publizistischer Glücksgriff. Weckt bereits der Haupttitel "Gräber. Grüfte. Trauerstätten" die Neugierde der stadthistorisch interessierten Leser. so hält der chronologisch gegliederte Inhalt neben seiner unglaublichen Informationsfülle so manches überraschende historische Detail bereit. Wer vermutet schon unter dem bauli- chen Karlsruher Prunkstück. dem Markplatz. den Ursprung des Karlsruher Bestattungswe- sens oder unter dem Verkehrsknotenpunkt Mendelssohnplatz den ersten. 1794 angeleg- ten Friedhof der jüdischen Mitbürger? "Streit um das Leichenhaus". "Drei-K1assen-Bestat- tungssystem", "das Karlsruher Sargmonopol" - wer Karl Zahn auf den Spuren durch die Karlsruher Friedhofgeschichte begleitet. wird vieles entdecken: Nachdenkliches. Erstaunli- ches und auch manches zum Schmunzeln. Für den Leser etwas irreführend mag der Untertitel der Publikation sein. Denn wenn auch ihr Kernstück dem Karlsruher Haupt- friedhof gewidmet ist. macht vor allem die umfassende Darstellung der Geschichte des Bestattungswesen in Karlsruhe - von der Stadtgründung bis heute - die Besonderheit dieses Werkes aus. Mit historischen Quellen. Plänen. Zeichnungen sowie reichhaltigem Fo- tomaterial abwechslungsreich gestaltet. entfal- tet sich ein spannungsreicher Bogen von den Gräbern beim Schloss Gottesaue. Trauersitten Das Theatcrhrand·Denkma! vor der Grufu=nhalle auf dem Allen Friedhof, mit dem den Opfern des Theaterhrandes 3m 28. Februn 1847 gedacht wird. und Begräbnisvorschriften. Friedhöfen der jü- dischen Gemeinde. über die architektonischen Höhepunkte. die Parkstruktur sowie besonde- re Grabmale des Hauptfriedhofes bis hin zu dem aktuellen Thema "Grabmalpatenschaften auf Karlsruher Friedhöfen". Mehr Lust auf Karlsruher Friedhofsge- schichte? Sicher! Was der langjährige stellver- tretende Leiter des Karlsruher Friedhofsamtes 366 Karl Zahn durch intensives Quellen- und Li- teraturstudium zusammengetragen hat, ist ein Werk von besonderer historischer Dichte, das in seiner Gründlichkeit der Karlsruher Stadt- geschichte eine neue vielseitige Perspektive er- öffnet. YPS KNAUBER Im Mittelpunkt der Mensch. Parlaments- reden Karlsruher SPD-Abgeordneter. Herausgegeben vom SPD-Kreisverband durch Manfred Koch, Info Verlag Karlsruhe 2001,15,- € Jubiläen zu begehen ist eine Kunst. Traditio- nen verleiten gerne zu ausschmückender Selbstdarstellung. Die eigene Geschichte dient dann nur noch als Instrument zur Selbsrwert- steigerung im Gegenwärtigen. Ganz anders ist die Karlsruher SPD mit dem bleibenden Werk zu ihrem 125-jährigenJubiläum umgegangen. Statt einer farbigen Hochglanzbroschüre liegt ein 232seitiges Buch mit wenigen schwarz- weiß Aufnahmen auf dem Tisch. Auf dem Umschlag nur Passfotos von Politikerinnen und Politikern, einer Berufsgruppe, die im öf- . fentlichen Ansehen der Bundesrepublik nicht gerade hoch gehandelt wird. Die positive Übertaschung erfolgt bei der Lektüre des Bandes: Statt in hehren Worten sich selbst zu feiern, wird anhand der geleiste- ten Arbeit Karlsruher Parlamentarier der Ein- satz für die Werte der Sozialdemoktatie darge- stellt. Der Kraft des Wortes vertrauend, wer- den gleichsam wie Zeitzeugen alle Karlsruher Abgeordnete und Oberbürgermeister - die Auswahl wird in einer Vorbemerkung erläutert - mit wichtigen Reden vorgestellt. Dabei wird jede Rede mit Bild und einer 1-2 seitigen in- formativen Kurzbiografie dem Leser nahege- bracht, bevor der Zusammenhang, in dem die Ansprache gehalten wurde, kurz skizziert wird. Unter dem mehrfach zutreffenden Leitmo- tiv "Im Mittelpunkt der Mensch" bieten die Texte ein beeindruckendes Kaleidoskop aus der deutschen Geschichte. Bei manchen The- men zeigt sich die Veränderung der Bundesre- publik überdeutlich, wenn z. B. Erwin Sack 1979 im Landtag eine Lanze für den Sozialen Wohnungsbau bricht, weil viele Familien kei- ne Wohnung zu einen verktaftbaren Mietpreis finden. Bei den Forderungen von Brigitte Wim- mer aus dem Jahr 1989 zur Schulpolitik drängt sich dagegen der Eindruck auf, dass viele der Sätze nach 13 Jahren angesichts der Ergebnisse der Pisa-Studie unverändert gültig sind: eine Klassenstärke von 25, fächerüber- greifender Unterricht und Projektorientierung - damals übrigens an den Kultusminister Mayer-Vorfelder gerichtet. "Im Mittelpunkt der Mensch" als Orien- tierungspunkt der politischen Sacharbeit aber auch als Individuum zeigt eindrücklich die Rede Ludwig Marums anlässlich der Ermor- dung von Walter Rathenau 1922. Klar be- nennt er die Geldgeber der national-völki- schen Hetze als Wegbereiter politischer Mor- de in der Weimarer Republik. Und hellsichtig geißelt er die Teilnahmslosigkeit der Masse: "Wenn es jetzt nach diesem Attentat auf Ra- thenau wieder so gehen sollte, dass die deut- sche Öffentlichkeit 14 Tage vielleicht wieder entrüstet ist und dann der Bürger in Deutsch- land wieder sein Zipfelmütze über die Ohren zieht und Angst vor dem Sozialismus be- kommt, [ ... 1 dann werden Sie die deutsche Republik nicht retten" (S. 80). Hellsichtig und tragisch zugleich, weil er letztlich die Ursachen seine eigenen Ermordung 1934 beschrieb. Diese kurzen Eindrücke mögen anregen, sich im "Who is who" der Karlsruher Sozialde- mokratie festzulesen, von Wilhe1m Kolb 1918 zur Friedenspolitik über Friedrich Töpper mit dem Etat 1949, Hermann Veit 1951 leiden- 367 schaft1ich zum Südweststaat in aufgepeitschter Atmosphäre, Günther Klotz 1964 zur Bun- desgartenschau und A1ex Möller 1970 zum Bundeshaushalt, um nur einige zu nennen. Die ganze Bedeutung entfaltet der Band, wenn man vorher die 40 Seiten zur Geschichte der Arbeiterbewegung und der SPD in Karls- ruhe liest. Informativ und kurzweilig: Ein SPD-Kreisverband in der badischen Landes- hauptstadt, in der die so genannte Weimarer Koalition (SPD, Zentrum, Liberale) bis 1933 stabile Verhältnisse und solide Politik ermög- lichte, eine Partei, die bis zum Ende der 60er Jahre auch die kommunale Politik entschei- dend mitprägte. Det Band, ein würdiges, blei- bendes Denkmal, zu dem man - passend zum Jubiläum - gratulieren kann. CLEMENS REHM Michael Stolle: Die Geheime Staats polizei in Baden. Petsonal, Organisation, Wirkung und Nachwirken einer regionalen Verfolgungsbehörde im Dritten Reich Konstanz 2001 (Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus Bd. 6), UVK Verlagsgesellschaft mbH, 39,- € In fünf Kapiteln untersucht der Autor in sei- ner an der Universität Karlsruhe vorgelegten Dissertation Vorgeschichte, Organisation, Per- sonal, Verfolgungspraxis und Entnazifizierung einer Behörde, die als eine der tragenden Säu- len der nationalsozialistischen Diktatur gilt. In Baden ging die Gestapo aus dem Landes- polizeiamt hervor, in das die politische Polizei integriert war. Dieses "StaatsschulZorgan" hat- te in der Weimarer Republik die links- und rechrsextremen Parteien zu überwachen. Eine angesichts dieses Einsatzes für die Demokratie erstaunlich hohe Zahl von Beschäftigten (40 von 50) konnte nach der nationalsozialisti- schen Machtübetnahme für die badische Ge- stapo weiterarbeiten, die im Dri[[en Reich zeitweise 450 Beschäftigte (1938) ha[[e. Nur besonders exponierte Beamte wie der Karlsruher August Furrer, der wegen seines entschiedenen Auftretens gegen die National- sozialisten sofort nach der Reichstagswahl am 5. März 1933 verhaftet worden war, wurden entlassen. Furrer gehörte auch zu den Sozial- demokraten, die in der beschämenden Schau- fahrt durch Karlsruhe am 16. Mai 1933 in das KZ Kislau überführt wurden. Stolle, der immer auch den Blick auf die Entwicklung im Reich hat, arbeitet heraus, dass die badische Gestapo bis 1936 noch relativ ei- genständig war. Der unmittelbar dem badi- schen Gauleiter Robert Wagner unterstellte ers- te Gestapochef Karl Berckmüller geriet nach der "Verreichlichung" der Polizei 1936 zuneh- mend in Konfrontation zu Himmler und wur- de schließlich im März 1937 abgeschoben. Die Gestapo war trotz des starken perso- nellen Ausbaus immer auch auf willige Helfer angewiesen, auf andere Partei- und Staats- dienststeIlen, aber auch auf Denunzianten, die z. B. die Abhörung von Feindsendern melde- ten. Zuweilen wurden "V-Männer" in opposi- tionelle Gruppen eingeschleust. So fiel die Widersrandsgruppe um den Mannheimer KPD-Politiker Georg Lechleitner einem sol- chen V-Mann zum Opfer: Lechleitner wurde 1942 mit 19 Mitstreitern zum Tode verurteilt und hingerichtet. Zu diesem Zeitpunkt war seit Ende der 30er Jahre nach der weitgehenden Zerschla- gung der linken oppositionellen Gruppen die Verfolgung anderer Gegner in den Vorder- grund getreten. Die badische Gestapo glieder- te sich nahtlos ein in die Bekämpfung der au- ßerhalb der so genannten Volksgemeinschaft gestellten Gruppen wie etwa ,,Asoziale", "Be- rufs- und Gewohnheitsverbrecher", "Homo- sexuelle", "Zigeuner", "Bibelforscher" sowie "Juden". 368 Dabei nahm die Brutalität der Maßnah- men nach dem Beginn des Zweiten Weltkrie- ges noch einmal signifikant zu. In Ettlingen wurde z. B. das Gerichtsgefängnis seit 1941 für .. Vernehmungen" der Gestapoleitstelle Karls- ruhe genutzt, um dort ungestört zu foltern. Maßgeblich beteiligt waren Gestapoleute an den Exzessen der .. Reichskristallnacht" 1938 und der Deportation der badischen Juden im Oktober 1940 nach Gurs. Auch an den be- rüchtigten Einsatzgruppen im Elsaß hatte die Gestapo großen Anteil. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie- ben Angehörige der Gestapo von den Sieger- mächten hingerichtet. Nur 10% wurden in ihrem Entnazifizierungsverfahren als Haupt- schuldige eingestuft, 17 % waren .. Belastete". Diese recht bescheidene Bilanz wird auch dadurch nicht besser, dass die Betroffenen im Schnitt eine fast dreijährige Internierungshaft hinter sich hatten. Abgerundet wird dieser gründlich recher- chierte Band, der die Erforschung der NS- Diktatur in Baden, aber auch die der Gestapo allgemein ein gutes Stück weiterbringt, durch Kurzpotträts der badischen Gestapoleiter und eine Topographie der badischen Gestapo- dienststellen. ERN ST OTTO BRÄUNCHE Angela Borgstedt: Entnazifizierung in Karlsruhe 1946 bis 1951. Politische Säube- rungen im Spannungsfeld von Besatzungs- politik und lokalpolitischem Neuanfang (Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 5), UVK Verlagsgesell- schaft, Konstanz 2001,387 S., 34,- € Das Urteil über die Entnazifizierung durch die Zeitgenossen und die Wissenschaft ist einmü- tig: Ein Fehlschlag. In den letzten Jahren sind zahlreiche Regional- und Lokalstudien dazu erschienen. Ursache dafür ist das allgemeine Interesse an der Aufarbeitung diktatorischer Vergangenheit nach 1945 und 1989, das durch den Ablauf von Sperrfristen für die Quellen zudem befördert wird. Borgstedt fügt aber nicht einfach vorliegenden Regionalstu- dien für Bayern, oder (Süd-)Baden eine weite- re hinzu, sondern setzt einen bisher wenig beachteten Schwerpunkt, indem sie sich nicht auf die ,,Altlastenentsorgung" der politischen Vergangenheit beschränkt, sondern die Leis- tungen des Personals der Spruchkammern für Politik, Wirtschaft und für die Justiz der ent- stehenden Bundesrepublik analysiert. Auf der Basis sorgfältiger Auswertung des Quellenmaterials beschreibt die Autorin den Entnazifizierungsapparat in Nordbaden und Karlsruhe, der bei seiner Eintichtung im Früh- jahr 1946 über 350 Mirarbeiter umfasste. Die- ser personal- und kostenintensive Apparat ar- beitete trotz nachkriegsberlingter räumlicher, personeller und materieller Probleme zügiger als die Einrichtungen anderer Karnmerbezirke der US-Besatzungszone. Diesen Erfolg kann Borgstedt überzeugend auf die erfolgreiche Per- sonalpolitik zurückführen. Es war gelungen, trotz des begrenzten Kreises potenzieller Kandi- daten ein hohes Maß kompeteriter Juristen zu gewinnen, .. die den Prozess der Säuberung von den politischen in rechtliche Bahnen lenkten." Für die von den politischen Parteien gestellten Beisitzer wird das zeitgenössische Urteil wider- legt, wonach diese weitgehend unqualifiziert gewesen seien. Bestätigt wird dagegen rlie über- proportionale Aktivität von Sozialdemokraten und Liberalen als Beisitzer. Das juristische Per- sonal neigte dagegen mehr zur CDU. Bei der Analyse der ArbeitsWeise det Spruch- kammern wählt Borgstedt aus den ca. 54.000 vom Gesetz betroffenen Fällen (von ca. 200.000 Einwohnern Karlsruhes) rlie .. Haupt- schuldigen" (263 Personen, von denen 19 definitiv so eingestuft wurden) , Juristen (159 369 Fälle) und eine Stichprobe von 129 "norma- len" Entnazifizierungsfällen aus. Dabei irri- . tiert, dass im Anhang die aufgelisteten Entna- zifizierungsfälle anonymisiert, im Text aber in Übereinstimmung mit dem D atenschutzge- serz bei den einzeln behandelten Fällen nahezu alle Namen genannt werden. Das Ergebnis der Entnazifizierung ist auch für Karlsruhe ernüchternd. Wie überall mutier- ten die Spruchkammern mit fortschreitender Zeit zu "Mitläuferfabriken". Dennoch über- zeugt aufgrund der differenzierenden und de- taillierten Darstellung die Feststellung, dass mit Internierungshaft, mit Verlusten von Ver- mögen und Beamtenbezügen sowie durch vorübergehenden Beschäftigungseinschränkun- gen auch Erfolge in der Entnazifizierung zu sehen sind. Die Leistungen der Mitarbeiter sind daher nicht gering zu achten, zumal sie im Spannungsfeld von Besatzungspolitik, 10- kalpolitischem Neubeginn und öffentlicher Kritik zu erbringen waren. Die Autorin geht in ihrer gut lesbaren Ar- beit schließlich den Karrieren des Spruchkam- mer-Personals nach. Dass die verdienten Mit- arbeiter bei ihrer Rückkehr in meist juristische Berufe oder politische Funktionen des demo- kratischen Staares nicht selten auf entnazifi- zierte Kollegen und sogar Vorgesetzte trafen, war jedoch nicht eine Folge der wenig erfolg- reichen Entnazifizierung, sondern der Amnes- tierungen durch die Gesetzgebung der frühen Bundesrepublik. Für die an Karlsruher Lokalgeschichte in- teressierten Leser bietet das Buch eine Fülle biografischer Details und Einsichten in Vor- gänge des Dritten Reiches und der Nach- kriegszeit. MANFRED KOCH Alfred Hanser 1858-1901. Ein badischer Architekt. Katalog einer Sonderausstellung der Fachhochschule Karlsruhe - Hochschule für Technik. Karlsruhe 2001 , 123 S., 103 Abb., 14,- € Mit der von W. Förster konzipierten und durch eine biographische Skizze eingeleiteten Publikation würdigt die Fachhochschule an- lässlich des 100. Todestages das Werk eines ihrer Professoren, der bei seinem Tod mit 43 Jahren als einer der kommenden Baumeister des Landes galt. Der Blick auf das eher kleine Werk ist deshalb so interessant, weil es an der Schwelle des Wandels vom Stil der Renais- sance zu einem Formenvokabular mit neuro- manischen, neubarocken und Jugendstilmo- tiven stand. Hanser hatte seine Ausbildung ganz im Stil der Neurenaissance 1875-81 am Karlsruher Polytechnikum erhalten. Diese srilistische Prä- gung wurde durch erste praktische Tätigkeit bei der Mitwirkung an dem preisgekrönten Projekt des Berliner Reichstagsbaus durch Paul Wallot vertieft. Bereits nach sechs Jahren Tätigkeit als Architekt in Mannheim (sein dortiges Wirken schildert C. Präger) erhält er 1890 den Ruf als Professor an die Karlsruher Baugewerkeschule, an der er bis 1898 lehrte und seine Arbeit als Architekt fortführte. Zwei Beiträge befassen sich mit bis heute stadtbildprägenden Bauten Hansers in Karls- ruhe. In der 1895 fertiggestellten Rheinischen Kreditbank, heute Badische Beamtenbank, Ecke Waldstraße/Zirkel sieht R. Fath einen Bau mit "imperialer Geste", der städtebauliche Akzente serze. Dem 1896 fertiggestellten Bau der Karlsruher Lebensversicherung, heute Rathaus West am MühlburgerTor bescheinigt U. Plate "mit großem künstlerischem Können inszenierte repräsentative Architektur". Mit beiden Bauten führte Hanser, wie Rößling in 370 seinem Beitrag über dessen Rang als Architekt feststellt ... den preußisch-barocken Stil in Karlsruhe ein." Wie dieser Baustil in Kontrast geriet zu neueren architekturästhetischen Auffassungen. verdeutlicht die ausführliche Schilderung der Planungsgeschichte des Behördenkomplexes Rechnungshof / Verwaltungsgerichtshof / Generallandesarchiv an der Hildapromenade von K. Krimm. Hansers Pläne dazu stießen auf heftige Kritik von Josef Durm. der die klassischen Regeln der Herrschaftsarchitektur vernachlässigt sah. Die entsprechenden Doku- mente sind dem Beitrag beigefügt. Die Reali- sierung des Bauvorhabens bis 1905 (nach Hansers Tod) durch F. Ratzel verdeutlicht dann die Anpassung an die neue architektoni- sche Formensprache. Der Band wird abgerundet durch eine Schilderung von Karlsruher Architekturdomi- zilen (1. Brunner II~ Brunner) und einen fikti- ven Rundgang durch die Stadt in den 1890er Jahren (P. Prersch). MANFRED KOCH Pau! Ludwig Weihnacht (Hrsg.): Die badischen Regionen am Rhein Nomos Verlagsgesellschafr Baden-Baden. 2002. 554 Seiten. 34.- € Ein Resumee. keine Kampfschrift. Der Polito- loge Weihnacht. Professor in Würzburg. hat 51 Mitarbeiter gewonnen. um zum 50-jähri- gen Landesjubiläum eine Bilanz zu ziehen. Das heißt nicht. nur zu jubilieren. aber auch nicht nur zu jammern. denn Baden hat auch genügend Anteil an der positiven Entwicklung dieses Landes gehabt. Dabei wird auf 1945 bzw. 1952 zurückgegriffen. z. B. bei der Bil- dung der Regierungspräsidien und deren Wirksamkeit. Mittelbehörden. die man im- mer wieder abschaffen wollte. die sich aber als 371 Mittler und Initiatoren zwischen landesregie- rung und Bevölkerung bewährt haben. wie auch andere Sonderbehörden. Die Bilder von Mannheim. Heidelberg und Karlsruhe zeigen die eigene Handschrift dieser Städte. zumal man sich im Norden eher als Kurpfälzer denn als Badener versteht. Manfred Koch hat das Porträt Karlsruhes ausgewogen gezeichnet. Die Mängelliste aufgrund von Fusionen ist bekannt. Doch auch die Positiva werden ge- nannt: die Förderung der Hochschulen und Kulturstätten. die Leistungen für die industri- elle Entwicklung. der Handel. der Verkehr. Das Bild Mannheims weist größere Ausfalle auf, und der Schuldenstand pro Einwohner ist in Karlsruhe erträglicher. Fast alle Gebiete werden von Fachleuten komprimiert beschrieben: IHK. Universitäten. Kirchen. Genossenschaft. Sportbund. Schul- wesen. Archive. Bibliotheken. Rundfunk und manches mehr. Wo Konzentrationen sinnvoll waren, wird dies bestätigt, wo sie unsinnig wä- ren wie beim Landeswohlfahrtsverband Baden deutlich pointiert. weil eine solche Fusionitis das .. ehrenamtliche Element" einschränken würde und zur Verteuerung der ständig wach- senden Leistungen führte . Die Kritik am SWR und dem politischen Einfluss in den Räten kann nicht deutlicher betont werden. wenngleich die Zusammenarbeit der ehern. Rundfunkanstalten verbesserungswürdig war. Insgesamt stellen die Beiträge ein farbiges Bild einer fazettenreichen Landschaft dar. Man fragt zum Schluss nach der .. badi- schen Identität" - wohl keine politische mehr. aber eine emotionale. wenn auch nur 20% beim Freiburger SC das Badnerlied im Stadi- on singen. In Karlsruhe mehr? Wichtig ist freilich die GrenzÜberschreirung. nach der Schweiz. nach Frankreich. in vielen Kapiteln angeschnitten: Baden eingefügt in die europä- ische Metropolachse der .. blauen Banane" von Liverpool bis Florenz. So klingt das nützliche wie gut lesbare Sammelwerk positiv aus. Baden hat Zukunft- um die es sich freilich tummeln muss, soll sie positiv sein. LEONHARD MÜLLER Gudrun Kling: Frauen im öffentlichen Dienst des Großherzogtums Baden. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg (Veröffentlichungen der Kommission für Ge- schichtliche Landeskunde in Baden-Württem- berg Reihe B Forschungen 142. Band). Kohlhammer, Stuttgart 2000, 250 5., 25,- € Lehrerinnen, Post- und Bahnangestellte, Ma- schinenschreiberinnen. aber auch Gefängnis- aufseherinnen und Haushältetinnen in öffent- lichen Einrichtungen - überall erobern sich im 19. Jahrhundert Frauen Arbeitsfelder im staat- lichen öffentlichen Dienst. Der Titel von Gudrun K1ings Buch könnte vermuren lassen, dass hier eine Erfolgsgeschichte des wachsen- den Arbeitsmarktes fürFrauen im 19. Jahr- hundert erzählt wird. Doch das täuscht. Kling legt mit dieser Dissertation die fundierte und umfassende Erarbeirung eines wichtigen Kapitels der Ge- schlechtergeschichte vor. Hier wird nicht nur aufgefuhrt, wann und wo Frauen im öffentli- chen Dienst auftauchen und damit eine For- schungslücke in der bisherigen Verwaltungsge- schichte Badens gefüllt. Es wird auch keine Erfolgsgeschichte der weiblichen Emanzipati- on erzählt in der Art, dass sich Frauen zuneh- mend den Arbeitsmarkt erobern. Vielmehr zeigt Gudrun Kling vor dem Hintergrund der allgemeinen Enrwicklung der badischen Lan- desverwalrung und mit vergleichendem Blick auf andere Bundesländer und andere europä- ische Staaten, wie sich die Integration weibli- cher Arbeitskräfte bei gleichzeitiger Herausbil- dung geschlechtsspezifisch typisierter Berufs- bilder vollzog. Auf breiter Quellenlage und über einen Zeitraum von über 100 Jahren zeichnet sie präzise die Strategien nach, die mit der Aufnahme von Frauen in dem bis dahin fast ausschließlich männlich besetzten Staats- wesen einhergingen, durch Regelungen und Gesetze sowie durch die Definition von Ein- stellungsvoraussetzungen und Arbeitsfeldern Hierarchien zwischen den Geschlechtern zu schaffen und festzuschreiben. Der von ihr gewählte Zeitraum von 1806 bis zum Ersten Weltkrieg, in dessen Mitte die Integration Badens in das sich bildende Deut- sche Reich und damit die teilweise Anglei- chung an preußische Verwalrungsstrukruren liegt, ermöglicht es, nachzuweisen, wie sich auf dem Weg von der Hoheits- zur Leistungs- verwaltung innerhalb des öffentlichen Diens- tes typisch weibliche Berufsbilder herausbilde- ten, die hierarchisch niedriger eingestuft wa- ren und weniger Einkommen und Prestige brachten. Dazu zählten z. B. die exklusiv weib- lichen Tätigkeitsfelder wie die im Telegrafen- , Telefon- und Schreibdienst, die von der Ver- beamtung ausgeschlossen wurden. Bei Ar- beitsfeldern wie der Lehrtätigkeit, in denen es Frauen gelang, die Verbeamtung zu erreichen, ist die - wie Kling es nennt - "Konstruktion des weiblichen Beamten" festzustellen. Der weibliche Beamte unterlag der Zölibatsklausel und hatte ab 1888 in Baden grundsätzlich nur 75 % des Einkommens der jeweiligen Gehalts- stufe. Die Trennung des Arbeitsfeldes in männli- che und weibliche Bereiche und die rechtlich festgelegte Diskriminierung der Beamtin wur- den ideologisch begründet mit häuslichen Verpflichtung der Frau und zementierten da- mit eine Arbeitsteilung der Geschlechter, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts allgemein durchsetzte. Dem Staatsdienst als "Schnittstel- le zwischen Gesellschaft und staatlicher Herr- schaft, zwischen staatlichem und privatem 372 Arbeitsmarkt und zwischen gesellschaftlichen Ideologien, kulturellen Mentalitäten und de- ren gesetzlicher Umsetzung" kam bei der Durchsetzung dieses Modells des männlichen Familienernahrers eine Art Vorbildfunktion für den privaten Arbeitsmarkr zu. Dabei zeigt Kling, indem sie traditionelle Arbeitsfelder von Frauen im öffentlichen Dienst wie z. B. in den staatlichen Anstalten als Aufseherinnen mit neu entstehenden Ar- beitsbereichen wie dem Eisenbahn- und Post- wesen vergleicht, dass sich etwa ab 1860 eine Geschlechtstypisierung in der Verwaltung zeigte. Damit ist erneut erwiesen, dass erst in der Zeit der Industrialisierung geschlechtsspe- zifische Arbeitsmärkte gebildet werden. Da dies mit der gesetzlichen Festschreibung ge- schlechtsspezifischer Diskriminierungen ein- hergeht, kann die Eroberung des öffentlichen Dienstes durch Frauen nicht als ein langsam voranschreitender Prozess der Gleichstellung bewertet werden. Vielmehr trug die Positio- nierung der Frauen im öffentlichen Dienst wesentlich zu der Zuweisung von außerhäus- licher als männlicher und häuslicher als weib- licher Arbeit bei und damit zur Manifestie- rung eines frauendiskriminierenden Arbeits- marktes. SUSANNE ASCHE Kerstin Lutter: Der Badische Frauenverein 1859-1918. Rotes Kreuz, Fürsorge und Frauenfrage (Veröffentlichungen der Kommission für Ge- schichtliche Landeskunde in Baden Württem- berg Reihe B Forschungen 146. Band), Kohlhammer, Stuttgart 2002, 503 S. In Baden wurde 1859 ein Verein gegründet, der um die Jahrhundertwende reichsweit lo- bende Aufmerksamkeit fand und als vorbild- lich empfunden wurde - der Badische Frauen- verein. Unter dem tätigen Protektorat der Großherzogin Luise entwickelte dieser vater- ländische Verein, der auch ein Frauenverein vom Roten Kreuz war, neben der Unterstüt- zung der Sanitätsdienste im Kriegsfalle oder bei außerordentlichen Notfällen eine umfas- sende Tätigkeit im zivilen Fürsorge- und Ar- menwesen, in der Krankenpflege und bei der Schaffung von weiblichen Ausbildungsplät- zen- und Berufsfeldern. Dieser Verein, der 1908 über 75.000 Mitglieder hatte, wurde zu einem Stützpfeiler bei der Herausbildung moderner Sozialpolitik auf kommunaler Ebe- ne und eröffnete dabei seinen weiblichen Mit- gliedern den Weg in die außerfamiliale Öf- fentlichkeit. Lange Zeit waren die Bedeutung und die Leistungen dieses 1937 von den Na- tionalsozialisten aufgelösten Frauenverbandes in Vergessenheit geraten, erst in den letzten Jahren entstanden erste Forschungen über sein Wirken. Nun endlich liegt eine umfangreiche, detailgenaue und umfassende Darstellung von Entwicklung, Aufbau, Tätigkeit, Mitglieder- struktur und Tätigkeitsfelder des Badischen Frauenvereins bis zum Ende des ersten Welt- krieges vor. Kerscin Lutzer hat mit ihrer Dis- sertation eine schon lange zu spürende For- schungslücke geschlossen und ein Kapitel ba- discher Geschichte geschrieben, ohne das die badische Innenpolitik und Sozialpolitik nur unvollständig dargestellt ist. Sie zeichnet die Entwicklung der Organisation nach, beschreibt das zeitweise auch spannungsvolle Verhältnis zwischen der Karlsruher Zentrale und den zahlreichen Zweigvereinen, analysiert die Mit- gliederscruktur und die soziale Herkunft der Betreuten bzw. der Nutzerinnen der Vereins- institutionen. Lutzer stellt die einzelnen Ar- beitsgebiete dar, benennt die auch konfessio- nell begründeten inneren Konflikte, verdeut- licht die Rolle der Männer in der Organisati- on und erläutert die distanziert-freundliche Haltung dieser sehr staatsnahen Organisation 373 gegenüber der damaligen bürgerlichen Frau- enbewegung. Ein Unterkapitel ist dem Ersten Weltkrieg gewidmet, während dem der Badi- sche Frauenverein als Verein vom Roten Kreuz nach der langen Friedensphase wieder Lazaret- te unterhielt und die Fürsorgetätigkeit auf die Erfordernisse der Kriegswirtschaft einstellte. Ein ausführliches Registet ermöglicht es, den sehr umfangreichen Band auch als Nachschla- gewerk zu nutzen. Lutzer kann die Bedeutung des Vereins für den Wandel von der traditionellen Armenfür- sorge zur modernen kommunalen Daseinsvor- sorge sehr überzeugend nachzeichnen und lie- fert einen erneuten Nachweis dafür, dass sich die vielfältigen Strategien der Frauen und ih- rer Organisationen den eindeutigen Bewer- tungen wie konservativ oder fortschrittlich häufig entziehen. So argumentierte der Verein immer mit der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, die dem jeweiligen männli- chen und weiblichen Wesen entspreche. Doch mit dem Hinweis auf den pflegenden und behütenden weiblichen Charakter wurden den Frauen neue gesellschaftlich relevante Hand- lungsspielräume eröffnet. Kerstin Lutzer leistet einen wichtigen Bei- trag zur Frauen- und Geschlechtergeschichte und zum bürgerlichen Vereinswesen. Ebenso wie im Werk von Gudrun Kling ist dies bei der Kommission für geschichtliche Landes- kunde Baden-Württemberg in guten Händen, die damit erneut bewiesen hat, dass sie aktuelle Forschungstendenzen im Blick hat und damit die Landesgeschichtsschreibung als Beitrag zur allgemeinen Geschichte voranbringt. SUSANNE ASCHE J ürgen Spanger: Aus der Schulstube ins Leben. Die Karlsruher Volksschulen 1716 -1952 (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 25), Info Verlag 2002, 304 S., 29,80 € Heimatgeschichte anschaulich zu präsentieren beweist erneut das Karlsruher Stadtarchiv mit dem Band 25 seiner Veröffentlichungen. J. Spanger hat sehr sorgfaltig das Quellenma- terial über die Entwicklung der Karlsruher Volkschulen zusammengetragen und mit zahl- reichen Abbildungen verdeutlicht. Die Disser- tation an der hiesigen Pädagogischen Hoch- schule ist für den Laien aufbereitet und den- noch mit zahlreichen Anmerkungen und Lite- raturangaben auch für den Fachmann weiter- führend. Spanger schließt mit der Gründung des Südweststaats, weil dann erst die bildungspo- litische Landeszentralität vorherrschte und die Aufgliederung in Grund- und Hauptschulen begann. Bis dahin hatten die Städte noch grö- ßeren Einfluß auf das Volksschulwesen, sieht man von der Zentralisierung des NS-Regimes ab. Doch der Schulhausbau ist bis heute eine Domäne der Kommunen. "Der Raum ist der dritte Pädagoge", zitiert Spanger, und das ent- sprechende Bemühen der Stadt auch in schwierigen Zeiten zeichnete Karlsruhe schon immer als Schulstadt aus. Dies freilich dem jeweilgen Zeitgeist entsprechend. Große Klas- sentäume für 40 bis 50 Schüler, die in Zwei- erbänken hintereinandergereiht für den Fron- talunterricht bereit waren, gab es freilich nicht nur im wilhelminischen Deutschland, son- dern um 1900 auch anderswo. Der kasernen- artige Eindruck der Gebäude erinnert, dass "Kaserne" damals nicht von vornherein nega- tiv besetzt war, und die Einrichtung von Duschbädern in den Schulen galt als Fort- schritt angesichts der damaligen Wohnverhält- 374 nisse. Vom Zeitgeist bestimmt war auch das Schulleben: Ordnungsformen. Schulfeste und -feiern. vom Regierungsjubiläum des Kaisers bis zur Flaggenhissung im "Dritten Reich". Bei Schulwanderungen und Landheimaufent- halten wird das Landschaftspezifische deut- lich. Nachdenkenswert ist das Kapitel der Er- innerungen ehemaliger Schülerinnen und Schüler an Karlsruher Volksschulen. Dabei reflektiert d. Verf. durchaus das Problema- tische einer oral hisrory. wo man die Rückbli- cke nicht immer als Tatsachenbeschreibung werten darf. wohl aber als "wirkungsvollen Prozess von Erinnerung. Verdrängung und nachträglicher Bewertung". der damit die Wirkungsgeschichte der Volksschule verdeut- lichen kann. Das Buch ist aus der Sicht der Volksschu- le geschrieben und damit durchaus stimmig. Schulhistorische Darstellungen anderer Insti- tutionen kommen zu anderen Ergebnissen. Alle helfen aber die Gegenwart zu verstehen und machen den Wechsel bezug von Zeitgeist und Schule deutlich. der auch für unsere Tage gilt, ein Phänomen, das mancher zeitgenössi- sche Kritiker nach der Pisa-Studie übersieht. wenn er den Idealtyp des Schulwesens einfor- dert. Spanger macht am Beispiel eines Schul- orts deutlich. wie viele Kräfte auf die Schul- wirklichkeit einwirken, und das ist ihm mit einer farbigen Darstellung und solider Recher- che gelungen. LEONHARD MÜLLER Die Orgelstadt Karlsruhe innerhalb der Orgellandschaft am Oberrhein Eine Ausstellung der Europäischen Orgel- akademie am Oberrhein Ettlingen in der Badischen Landesbibliorhek in Zusammen- arbeit mit der Vereinigung der Orgelsachver- ständigen Deutschlands (VOD). hrsg. von Michael Gerhard Kaufmann und Marrin Kares. Karlsruhe 2001. 100 Seiten. 9.50 € Orgelfärdervereine haben Konjunktut. Aller- orten kann man Patenschaften für Orgelpfei- fen übernehmen und es wird um finanzielle Mittel für neue Register geworben. Hat dem- nach auch der Orgelbau Konjunktur? Mit- nichten. in den Orgelstädten Karlsruhe und mehr noch in Durlach. wo einst zahlreiche Orgelbaufirmen mit klangvollen Namen an- sässig waren. ist heute kein Betrieb mehr aktiv. Auch von den früher vorhandenen histori- schen Orgeln unter anderem des Straßburgers Johann Andreas Silber mann in den beiden Hauptkirchen der Stadt ist auf Grund der tra- gischen Kriegsverluste keine einzige erhalten ge- blieben. Dennoch darf Karlsruhe auch heute noch als eine der großen Orgelstädte Deutsch- lands gelten. Diese "Orgelstadt Karlsruhe in- nerhalb der Orgellandschaft am Oberrhein " beleuchtet das Begleitbuch zu einer Ausstel- lung. die im Herbst 2001 in der Badischen Landesbibliorhek zu sehen war. Das hundert- seitige Buch wurde von Michael Gerhard Kaufmann und Martin Kares herausgegeben und ist - auch ohne die Ausstellung gesehen zu haben - ein Lesegenuss. beschreibt es doch in umfassender Weise ein kulturhistorisches Phänomen. das monographisch untersucht für kaum eine weitere Stadt Deutschlands vor- liegt. Die mehr als zweihundertjähtige Orgel- bautradirion Karlsruhes wird in Beiträgen von M. G. Kaufmann ("Orgelgeschichte in Karls- ruhe"). M. Kares G ("Karlsruhe - Schmelztie- gel deutscher Orgelbau-Technologie") und 375 Martin Kölle ("Die Orgelbauerfamilie Stein") gewürdigt. Das zum Teil schwierige Verhältnis der Menschen zum Kircheninstrument Orgel stellt Kaufmann in seinem Beitrag "Herausfor- derung ungeliebte Orgel" dar, und leitet damit zum Thema des Symposiums über, das sich mit diesem Phänomen auseinander setzte. Auch Kares weist auf die Problematik der Orgeln der fünfziger Jahre hin, deren große Exemplare sich alle in Kirchen an der Karlsru- her Tramlinie 1 befinden (Stadtkirche Dut- lach, Lutherkirche, Sr. Bernhard, Stadrkirche und Sr. Stephan, Christuskirche). Wie unter- schiedlich die Lösungsansätze für diese Zeug- nisse der Wirtschaftswunderzeit sein können, stellt er an den beiden Instrumenten der Stadt- kirehe und von Sr. Stephan dar. Beide Orgeln stammen aus den fünfziger Jahren, und wäh- rend in St. Stephan in jüngster Zeit über den Verkauf der alten Orgel Uohannes Klais, Bonn, 1959) und einen Neubau nachgedacht wurde - über den in der Durlacher Stadrkir- ehe bereits entschieden ist -, steht die Orgel der Stadtkirehe (Steinmeyer, Oettingen, 1958) heute unter Denkmalschutz. Ein "Karlsruher Orgelspiegel" , der in Form eines Inventars alle Orgeln der Stadt und der Stadtteile auflistet (erarbeitet von Andreas Schröder, Kaufmann und Kares), rundet die Beiträge des reich be- bilderten Buches ab, das über die Badische Landesbibliothek zu erwerben ist. MATTHIAS MILLER Stadtplätze in Karlsruhe. Hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Manfred Koch (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 26), Info Verlag Karlsruhe 2003, 424 Seiten, rund 400 Abbildungen, 36,- € (Mit Beiträgen von: S. Asche, E. O. Bräunehe, G. Everke, G. Kabierske, M. Koch, M. KühneI, Th. Meyer, A. Mührenberg, D. Neumeister, P. Pretsch, H . Ringler, W Rößling, K. Schmal- holz, R. ]. Schott, S. Stephan-Kabierske) Ein Buch über Karlsruher Stadtplätze? Haben unsere Stadtplaner, Stadthistoriker, Stadtarchi- vare und Kunstgeschichtler nichts Wichtigeres zu tun? Gemach - und ungeniert gleich zu Beginn gesagt: Den 15 Autoren der soeben erschienenen Publikation ist ein hervorragen- des Werk gelungen. Was immer man wissen will über das Zustandekommen, die Entwick- lung, Funktion oder Nichtfunktion Karlsru- her Stadtplätze: In den gründlichen, mit histo- rischen und aktuellen Bildern lebhaft unter- stützten Beiträgen ist es nachzulesen. Das Werk ist die folgerichtige, historisch- wissenschaftliche Untermauerung der von Oberbürgermeister Fenrich in Auftrag gege- benen Erarbeitung eines Gesamtkonzepts "Karlsruher Stadtplätze". Dessen ebenso einfa- ches wie ehrgeiziges Ziel ist, auf einen Begriff gebracht, die "Revitalisierung" der Stadtplät- ze zu Gunsten der Bevölkerung. Bei Licht be- sehen ist die Stadtplätze-Publikation ein auf- rüttelndes Plädoyer zur Wiederaufnahme des in den siebziger Jahren von Oberbürgermeis- ter Dullenkopf aufgelegten Programms einer "menschengerechten Stadt" mit der dank Egon Martin und Theo Schlüter erfolgreichen Neugestaltung von Räumen wie dem Markt-, dem Friedrichs-, Lidell- oder Ludwigsplatz, Fußgängerzonen inklusive. Mit dem Schloss- platz fing Karlsruhes Platzhistorie an, mit den als Nebenprodukt der Altstadtsanierung ge- 376 wonnenen Plätzen - Berliner-, Kronen- und Waldhornplatz - hört es vorerst auf. 34 Plät- ze im Stadtinnern, neun in Mühlburg und Durlach nahmen die Autoren in ihrem histo- rischen Herkommen, in ihrer raumbildenden Bebauung und ihrem Nutzen oder Schaden für die Bevölkerung unter die Lupe. ,,Außen vor" geblieben sind die 14 Plätze in den wei- teren zur Stadt gekommenen Gemeinden, ebenso die Plätze ohne Fassung wie der Mess- oder Engländerplatz. Unabhängig von dem Willen, Überzeugungsarbeit für eine Zurück- gewinnung oder Neugewinnung urbaner, also menschendienlicher Plätze zu leisten, besticht "Stadtplätze in Karlsruhe" durch spannende Schilderungen der jeweiligen Platzgeschichte. Ob Schlossplatz, der erste, größte, bedeu- tendste Platz in Karlsruhe, oder der kleine Dreiecks-Lidellplatz: Alle haben ihre eigene Historie, die zu lesen allein schon größtes Vergnügen bereitet. Fachkundig erläutert wird dabei das Zustandekommen der den Platz- raum säumenden gebauten Umgebung. In diesem Zusammenhang geradezu als ein Juwel unter den Karlsruher Plätzen erscheint der - inzwischen samt allen Gebäuden unter Denk- malschutz gestellte - Gutenbergplatz, das Herz der Weststadt. Jeder Karlsruher Stadtplatz hat narurge- mäß seine ganz individuelle Struktur. Der Bogen spannt sich vom gemütvollen Platz hin- ter der Kleinen Kirche bis zum Ludwigsplatz, dem vor allem unter jungen Menschen belieb- testen Treffpunkt, von dem gerade noch als Verkehrskreisel nützlichen Yorckplatz bis zum anmutigen Haydnplatz, von der Verkehrs- drehscheibe Karlstor bis zum Wohlgefühl ver- heißenden Friedrichsplatz. Das Durlacher Tor lädt in seiner heutigen Gestalt "kaum zum Verweilen" ein, und die Qualität des Etdinger- Tor-Platzes beschränkt sich nach Auffassung eines Nichtkarlsruher Spötters "lediglich auf die Flüssigkeit der Ampelschalrung". Die selbstgefällig noch immer "Via Trium- phalis" benannte Strecke und Platzfolge vom Schlossplatz über Markt- und Rondellplatz zum Ettlinger Tor - des unentschuldbaren Umgangs mit dem Markgräflichen Palais und anderer Bausünden wegen in der Presse schon vor Jahren "Via Miserabilis" benannt -, ist Ge- genstand besonders subtiler Untersuchungen. Die Herren Everke und Kabierske, stadtunab- hängig, wie sie sind, sparen in ihren Beiträgen nicht mit Kritik. Neben Mäkeleien wegen der Marktplatzgastronomie stellt sich für Everke "auf ewig die Frage", warum das Theater am Schlossplatz nicht wiederaufgebaut wurde, und Kabierske klagt in Erinnerung an das ab- gebrochene Hotel "Germania", einst ein Schmuckstück des Etdinger-Tor-Platzes: ,,Alte Bausubstanz, war sie noch so bedeutsam, hatte zwischen 1950 und 1970 keine Chance". Gnädige Zensuren erhält dagegen das neue Hotel, das dem Festplatz doch seine Unschuld nahm, und Everke preist das jetzige Bild des Bahnhofplatzes mit solchem Enthusiasmus, dass man Gefahr läuft, ihm Recht zu geben. Man sieht: "Stadtplätze in Karlsruhe" ist ein Werk, das über ein Riesenmaß an Infor- mationen hinaus Diskussionen geradezu pro- voziert. Angereichert mit Gtundsatzbeiträgen von Ringler und Schott, ist dies eine unge- wöhnlich interessante, als Grundlage jeder bürgerdienlichen Stadtplanung unverzichtbare Veröffendichung. Manfred Koch, Motivator, Organisator und Mitautor der vorzüglichen Arbeit, ist ein großer Wurf gelungen. JQSEF WERNER 377 Gottfried Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe Teil II: Der Stadtausbau und die Stadter- weiterungsplanungen 1801-1826, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, 454 Seiten, 75,- € Mit diesem Band über Friedrich Weinbrenner als Stadtplaner und Baumeister des Klassizis- mus ist nun das grundlegende Werk zur Karls- ruher Sradtplanungs- und Baugeschichre von der Gründung 1715 bis 1826 abgeschlossen. Es basiert auf der akribischen Auswertung al- ler erreichbaren Quellen und bietet eine syste- matische und detaillierte Gesamtdarstellung der baulichen Stadtentwicklung vor den Ver- änderungen des Städtebaus seit der Indus- trialisierung. Gottfried Leiber ist damit ein Werk gelungen, das die ältere Weinbrenner- Forschung zu dessen Karlsruher Schaffen weit- gehend obsolet macht und für die stadtge- schichrIiche Arbeit unverzichtbar bleiben wird. Teil II besticht durch die gleiche editorische Qualität wie Teil I mit zahlreichen Abbildun- gen, einem Anhang mit 14 wichtigen Doku- menten sowie u. a. einem Orrs-, Personen- und Sachregister. Im vorliegenden Band behandelt Leiber Weinbrenners Wirken als Leiter der badischen Bauverwaltung, der mit den Stadterweiterun- gen betraut war, die sich aus dem Bedeutungs- und Bevölkerungszuwachs der Residenz des neu geschaffenen Großherzogrums ergaben. Der Ausbau der Stadt sollte 25.000 bis 30.000 Menschen Wohnraum bieten, 1801 waren es 8.700 und als Weinbrenner 1826 starb knapp 19.000. Leiber untersucht im ersten Viertel des Buches die Planungen zur Stadterweite- rung, die sich im Wesentlichen auf drei Quar- tiere im Anschluss an die bestehende Bebau- ung erstreckten. Im Westen waren die Bebau- ungsgrenzen die heurige ReinhoId-Frank-, Moltke- und Kriegsstraße. Das östliche Erwei- terungsquartier lag nördlich der Kaiserstraße im herrschaftlichen Fasanengarten und hatte daher keine Verwirklichungschance. Südlich davon verhinderte das "Dörfle" eine grundle- gende Neuplanung. Aber auch im Westen war Weinbrenner bei der stadtplanerischen Gestal- tung zu Kompromissen gezwungen durch Rücksichtnahmen auf Privatinteressen. Nach- vollziehbar wird das am heurigen Europaplatz. Wein brenners Sradrcrweirerungspläne von 1802 und 1809 erhielten auch keine Verbind- lichkeit, sondern nur den Status von Leitlini- en für das Bauen. Hauptstreitpunkt mit staat- lichen Behörden war der Konflikt zwischen Stadterweiterung und Stadtverschönerung durch Ausbau im bestehenden Sradtgebiet. Das gleiche Schicksal erfuhr auch Wein- brenners grandioser Stadterweiterungsplan von 1812/1818, mit dem er das Gebiet süd- lich der Kriegsstraße bis etwa zum heutigen Bahnhof halbkreisförmig überplante. Er sieht neue Stadttore und große Platzanlagen vor, die besrimmte Funktionen übernehmen sollten. Belegt wird vom Autor auch die Detailpla- nung, in der Häuser mit bis zu fünf Geschos- sen vorgesehen waren. Die Alb sollte durch diesen neuen Stadtteil geführt werden und vor dem Ettlinger Tor ein Hafenbecken bilden. Dieser Plan scheiterte vor allem an der nach- lassenden Bautätigkeit und an der Tatsache, dass das Gelände zum Großteil der Gemeinde Beiertheim gehörte. Mit seinen Plänen zur Stadterweiterung in der Tradition barocker Planung war Wein- brenner, das verdeutlicht Leiber anschaulich, nur bedingt erfolgreich. In den in drei Vierteln des Buches ausgebreireten Planungen für sie- ben Stadtbereiche kann aber das erfolgreiche Wirken Weinbrenners als Stadtbaumeister nachvollzogen werden. Wobei zum Beispiel auch erklärt wird, warum die Zähringersrraße nicht gradlinig zur Rittersrraße verläuft und dort endet, oder warum die Blumenstraße 378 nicht komplett parallel zur Erbprinzenstraße verläuft. In der Darstellung des mittleren Stadt- bereichs findet sich dann auch die Beschrei- bung des Marktplatzes, jenes großen stadt- räumlichen Erbes, das Weinbrenner hinterlas- sen hat. Dazu zitiert Leiber A. Tschira, der den Platz als "das schönste Beispiel eines klassizis- tischen Platzes in Deutschland und in seiner Geschlossenheit eine der größten Leistungen des europäischen Städtebaus" bezeichnete. Leiber würdigt Weinbrenner als den Stadt- planer, der "bewusst der Tradition folgend, die Karlsruher Stadtanlage im Sinne des barocken Städtebaus" fortführte, in seiner Architektur aber ein entschiedener Vertreter des modernen Klassizismus war. 900 Jahre Rüppurr. Geschichte eines Stadtteils MANFRED KOCH Hrsg. Bürgergemeinschaft Rüppurr, Info Verlag, Karlsruhe 2003, 400 Seiten, 27,- € Ortsgeschichten können unter einer überbür- denden Faktenfülle eine schwer genießbare Kost sein. Diese Chronik ist dagegen gut les- bar, weil sie, wie der Sprecher der "Geschichts- werkstatt Rüppurr", F. Kessel, betont, mit dem "Mut zur Lücke" verfasst wurde, intensiv bera- ten durch den Stadthistoriker M. Koch. Zu- dem hat der Herausgeber Mitarbeiter gefun- den, die fundierte Kapitel geschrieben haben. So sind zum Beispiel die Abschnitte von E. Schulz und G. Philipp mit sorgfaltiger Quellen- und Literaturkenntnis von den Anfangen 1103 bis zur Eingemeindung 1907 flüssig dargestellt worden. Aber auch die anderen Autoren zeigen Anschaulichkeit und Sachkunde. Die Wand- lung vom Bauerndorf zum Wohnort von In- dustriearbeitern und Handwerkern bis zur heu- tigen gesuchten Wohnsiedlung wird an vielen Beispielen und reich an Akzenten beschrieben. In der Einleitung wird betont, dass "die Auffassungen und Interpretationen zur Ge- schichte Rüppurrs und einzelnen Vorgängen und Phänomenen" unterschiedlich seien. In der Tat kann dies oft für den Leser zu einer "Verlebendigung des Sammelbandes" beitra- gen, und er fühlt sich zu einer eigenen Sicht aufgerufen. Dabei helfen die sorgfältig ausge- wählten Fakten, die überlegt gewählten Schwerpunkte, die vielen sinnvollen Abbil- dungen und manches mehr. Der überschauba- re Band soll durch eine "Schrifteneeihe zu Rüppurr" fortgesetzt werden. Hier könnte man noch weitere Zeitzeugen zu Wort kom- men lassen, die neben den schriftlichen Quel- len werrvolle Einblicke in die Geschichte die- ses Stadtteils eröffnen. In summa: eine gelun- gene Publikation, deren Lektüre besonders den Rüppurrern sehr angelegen sein sollte, denn sie kann "das Wohlgefühl steigern, in dem bevorzugten Karlsruher Vorort" zu leben. LEONHARD MÜLLER Elga Roellecke: Bildung auf dem Land, Lehren und Lernen in der Volksschule Chronik Wolfartsweier, Heft 6, hersg. vom Verein für Geschichte, Selbstverlag des Geschichtsvereins, 2003, 219 Seiten, 16,- € Bei der auf 16 Hefte angelegten Chronik, von denen neben anderem Elga Roellecke bisher fünf verfasst hat, ist dieser Beitrag - schon vom Thema her - besonders gelungen. Schul- geschichten, von Pädagogen geschrieben, merkt man oft an, so sorgfältig sie auch erar- beitet sein mägen, dass sie zuweilen von einem standespolitischen Gesichtskreis her konzi- piert wurden, den bestimmte Leser bejahen, andere aber anders betrachten. Darum ist es 379 wohltuend, mal keine Fachfrau am Werke zu sehen, die jedoch einen großen Bogen zu spannen weiß, dabei sich freilich sorgsam um die Quellen gekümmert hat. So stieß man auf "Befehlsbücher" der heutigen Grundschule Wolfartsweier, die es möglich machten, "die Entwicklung des Volksschulwesens auf dem Land im 19. und 20. Jahrhundert bis 1933 im Detail nachzuspüren". Doch auch für das "Dritte Reich" fanden sich drei Aktenbündel, und so war die Ausgangslage besser als in man- chen zerbombten Städten mit ihrem Quellen- rest. Die Verfasserin hat zudem Zeitzeugen befragt, Aussagen die farbig sind, aber auch zuweilen von der Erinnerung geschönt klin- gen wie bei aller oral history. Die Darstellung hat natürlich ihren Schwerpunkt in Wolfartsweier, greift aber immer wieder allgemeine Tendenzen auf, wirkt nicht eng, ja kleinkariert, wie dies in der Heimatforschung zuweilen anzutreffen ist. Der Atem der allgemeinen Geschichte weht durch die meisten Kapitel, und das macht die Schrift so lesenswert. Die Verfasserin schildert die Entwicklung problem bewusst, stellt die Fakten in den jeweiligen Zusammenhang und greift auch gelegentlich auf eigene Schulerfah- rungen zurück. Schon die Gliederung erleichtert die Lek- türe, zwar chronikalisch, aber nicht zersplit- tert, weil unter spezifischen Gesichtspunkten immer wieder neu beginnend Themen über Jahrzehnte zusammengefasst werden. Die Bildauswahl ist sinnvoll und ausreichend, und das muss auch so sein, wenn man sich auf219 Seiten beschränken will, damit diese Publika- tion zu einem Preis verkauft werden kann, der tragbar ist. Nur beim ersten Heft hat diese Chronik eine Anschubfinanzierung durch die Stadt Karlsruhe erfahren. Bis heute versteht es der Geschichtsverein, deren Vorsitzende Elga Roellecke ist, seine Veröffentlichungen selbst zu tragen. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn Hefte wie das vorliegende angeboten werden, wo "viele Menschen die Geschichte ihrer Heimat besser verstehen und pflegen ler- nen." Doch auch der Fachmann dürfte gern zu dieser Schrift greifen, nützt ihm doch nicht nur ein Glossar bei diversen Fachbegriffen, sondern auch eine sorgfältige Bibliographie zur weiteren Vertiefung. So wartet man mit Interesse auf neue Hefte dieser Chronik, die am Ende ein respektables Werk für die erwei- terte Geschichte der Stadt Karlsruhe sein wird. Die Verfasserin erhält den 1I. Preis des Landes- wettbewerbs für Heimatforschung Baden- Württemberg 2003. LEONHARD MÜLLER Monika Bachmayer - Robert Dreikluft: Jugendstil in Karlsruhe. Formen - Vielfalt - Fantasien. G. Braun-Buchverlag Karlsruhe, 199 Abbildungen, 108 Seiten, 24,80 € Ein prachtvolles Buch! Allein das Durchblät- tern mit Blick auf die vielen Fotos ist ein Ver- gnügen. R. Dreikluft, der auch souveräner Gestalter dieses Bandes ist, hat fast ein Jahr- zehnt lang mit der Kamera das spezifische Material zusammengetragen. Schon das Auf- finden der Objekte war mühevoll. Aber das jeweilige Licht abzupassen, in engen Straßen die richtige Perspektive zu finden, beweist nicht nur die dokumentarische Sorgfalt, son- dern auch ästhetisches Feingefühl für Kunst- schätze, die vielen Karlsruhern und Besuchern bisher verborgen blieben. Der Text der versier- ten Kunsthistorikerin M. Bachmayer steht dem nicht nach. Der Abriss der "Stadt im Wandel" führt zur Leitzahl 1900 hin, ein Jahr, in dem in der Residenzstadt der Jugendstil 380 viele Gebäude zu prägen beginnt. Karlsruhe muss um diese Zeit angesichts deutlich stei- gender Einwohnerzahlen eine gewaltige Bau- stelle gewesen sein. In der bisher von einem barock-orientierten Grundriss geprägten Stadt waren neue Viertel in der Süd-, Südwest- und Nordweststadt entstanden. Die Verfasserin ordnet die Jugendstilelernente nach den "Ver- wandlungen von Naturformen ", nach Darstel- lungen von "Mädchen, Frauen und Medu- sen u, "Männern, Mythen, Masken", nach Tie- ren wie "Dämonen, Drachen, Fabelwesen CI in etwas modischen Überschriften, schließlich nach ornamentalen Abstraktionen. Das Kapi- tel über die "neue Kunst auf Straßen und Plät- 381 zen" rundet den Überblick zur Architektur und Formengestaltung des Jugendstils ab, kundig, aber ohne Fachjargon beschrieben, einfuhlsam, aber ohne verstiegene Interpreta- tionen. Im ausfuhrlichen Anhang sind die betref- fenden Häuser und Objekte nach Straßen geordnet, und in Kurzbiografien werden die Künstler vorgestellt. Gerade fur Laien stellt dieser Band eine gute Einführung in die Ar- chitekrurgeschichte Karlsruhes dar, birgt sie doch mehr Überraschungen, als man auf den ersten Blick glaubt. LEONHARD MÜLLER S. 20 S"dtAK 8/PBS 01 239 S. 24 Privat: Harald Ringler S. 25 Stadt Karlsruhe. $tadtplanungs- amt 1II 0633 S. 26 Stadt Karlsruhe. Stadt planungs- amt IIl 24 11 S. 27 Privat: Harald Ringler . S. 29 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 30 Lufrfoto Brugger 1969/27996 S. 31 Privat: Harald Ringler S. 36 Privat: Holger Reimers S. 41 Stadtmuseum Karlsruhe S. 42 (0. und u.) Stadtmuseum Karlsruhc S. 4S Landesmedienuntrum Baden- Württcmbcrg, Karlsruhe S. 46 LandesmedienU'nlrum Baden- Württcmbcrg, Karlsruhe S. 51 S"dtAK 8/PBS oXlllc 4 I 7 S. 55Suhrkamp Verlag, brecht erben S, 58 $tadrrnuscum Karlsruhe S. 63 S"dtAK 8/PBS 0111 683 S. 64 SudtAK B/PBS IV 186 S. 65 S"dtAK 8/ PBS XIV, 3 S. 67 5tadtAK 8/PBS oXlVa 77 S, 68 StadtAK 8/Diaslg. XJVa 913 S. 69 Sradtrnuseum Karlsruhe, Foto: Fdix Groß S. 73 Regierungspräsidium Karlsruhe S. 76 Universität Karlsruhe, Instimt rUf Sport und Sportwissenschaft S, 79 StadrAK 8/PBS oXJVa 1582 S, 82 StadrAK 8/BA Schlesiger A3 951 5/IA S, 83 StadrAK 8/BA Sch lesiger A30 42/4/1 9 382 Bildnachweis S. 8-4 StadrAK 8/BA Schlesiger A 13a 26/3/9 S. 85 StadrAK 8/BA SchIcsiger Alla 26/3/5A S. 87 S"dtAK 8/0, F XIV 7.14 S. 17 S. 89 S"dtAK 8/PBS oXIVd 176 S. 91 StadrAK 8/PBS XlIIa 144 S. 94 (li.) Archiv der Universität Karlsruhe S. 94 (",.) S"dtAK 8/PBS 0111 674 S. 98 Privat S. 103 S"dtAK 8/PBS oXIVb 301 S. 105 Archiv der Universität Karlsruhe S. 107 Eidg. Archiv fUf Denkmalpflege Bern, Sammlung Wehrli S. 109 Privat: M. Fertig S. 113 FotO: lUZ.Zimmermann S. 117 StadrAK 7/N I Hammann 79 S. 118 StadrAK 7/NI Hammann 79 S. 120 (0. und u.) Priv.: FrithjofKesscl S. 123 Privat: FrithjofKessd S. 126 Gemcindearchiv Christuskirche S. 133 Universitätsbibliothek Karlsruhe S. 135 S"dtAK 8/PBS olV 175 S. 141 Aus: Ernst Schneider. General· bebauungsplan der landeshaupt- stadt Karlsruhe in Baden. Karlsruhe 1926. Anlage 4 S. 143 StadtAK 8/PBS oXJVa 2199 S. 147 (0. und u.) landcsmedienzen· trum Baden-Wümemberg. Karlsruhe S. 148 landesmed ienzemrum Baden· Wümemberg. Karlsruhe S. 151 StadrAK 8/Alben 5 Bd. I , S. 109/2 S. 153 BNN vom 18. April 1946 S. 156 Foto aus: Elisabeth Marum- Lunau: Auf der Flucht in Frank- reich. Der BriefWechsel einer deut· schen Familie im Exil 1939-42, Teen 2000. S. 159 Badisches landesmuscurn S. 161 Badisches landesmuscum S. 165 Staatl iche Majolika.Manufak. tur R 38894 S. 166 Staatliche Majolika-M.:mufaktur S. 167 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 168 Badische landesbibliothek Kaclsruhe S. 169 (0. und u.) Badische Lmdes- bibliothek Karlsruhe S. 171 Der Volksfreund vom 25. August 1917 S. 172 Der Volksfreund vom 25. August 1917 S. 173 S .. dtAK 8/PBS oVI208 S. 174 S .. dtAK 8/PBS oVI 399, S. 179 (0.) Bildarchiv Rheinhäfen l lufbilddienSl S. 179 (u.) S"dtAK 8/PBS oXIVf 411 S. 183 StadtAK 8/PßS olV 3 11 S. 185 S"dtAK 8/PBS IV 164 S. 189 landcswohlfahnsverband Baden S. 193 S"dtAK 8/PBS 111 312 S. 198 Aus: e h. A. Vulpius: Rinaldo Rinaldini. der Räuber Hauptmann. Eine romantische Geschichte in 3 Teilen oder 9 Büchern. Lcpzig 1799-1801, Nachdruck Hildes- heim INew Yock, O lms, 1974 S. 20 1 S"dtAK 8/PBS 0111 45 S. 202 Daimler-Chrysler~Archiv, Stungan U 53459 s. 205 S"dtAK 8/PBS oXlV, 684 S. 209 StadtAK 8/PBS 0111 674 S. 211 StadtAK 8/Alben 329/2 S. 213 (0. und u.) StadtAK IIAEST 1237-1239 S. 219 StadtAK IISJB 102 S. 224 StadtAK 8/PBS XVI 132 S. 225 St:l.dtAK 8/PBS XVI 187 S. 231 Eberhard-Gothein-Schule, Mannheim S. 233 Karlsruher Schlachthof- Beniebsgcsellschaft mbH S. 235 Karlsruher Schlachthof- Bcniebsgcsellschaft mbH S, 237 Büro Asscm, Karlsruhe S. 238 Foto: A. Fabry, E([lingen . S. 24 1 StadtAK 8/PBS oXIVa 1592 S. 243 Aus: S. Oemrmann, Das Pa- norama, Frankfurt IM. 1980. S. 41 S. 245 (0. und u,) Sradtbibliothek Karlsruhe S. 250 S"dtAK 8/PBS IV 227 S. 254 (0. und u.) Pfarrarchiv SL Bernhardus-Kirche S. 258 Privat S. 259 St:l.dtAK 81BA Schicsiger A 32 1611113 S. 260 SradtAK 8/BA Schlesiger A 29 154/6/27 S. 261 Privat S. 263 Privat S. 266 Bildstelle der St:l.dt Karlsruhe. Foto: Fränkle S. 270 StadtAK 8/PBS 0111 296 S. 27 1 Foto: Reiner Haehling von unzenauer S. 273 S"dtAK 8/PBS 0111 1786 S. 275 S"dtAK 8/A1bcn 12 S. 48 S. 276 StadtAK 8/Diaslg, 111 105 5.277 StadtAK Foto CD 0742, Nr. 34 5.279 StadtAK 8/PBS 0111 1814 S. 280 Aus: Margarethe Hormuth- Ka1lmorgen. Lebensbild einer Blu- menmalerin. Karlsruhe 1994, S. 6 5, 282 Privat S. 283 BNN vom 2. August 1949 S. 284 S"d,AK 8/PBS 1111368 S, 286 Aus: Rahe! Varnhagen. Ein Frauenle~n in Briefen, Pmsdam 1925, S. 136 S. 288 SradtAK 8/PBS 01 167 S. 289 S"dtAK 8/Albcn 186 (Landtagsabgeordnete GLA 851) S. 291 Badische Llndesbibliothek Karlsruhe S. 292 Staatsarchiv Freiburg. W I8 1 S. 293 S"d,AK 8/PBS Jll 249 S. 295 Aus: Ernst Fuchs, Gerechrig- kcicswissenschaft. Ausgewähhe Schriftcn zur Freiheitslehre. Karlsruhe 1965 S. 296 Badisches Llndesmuseum Karlsruhe S. 297 Bibliothek des Bundes· gerichtshofes S. 301 Foto: Privat S, 302 Foto: Andreas G:l.belmann S. 304 LandcsdenkmalanH Karlsruhe 457/3 S. 306 Foto: Privat S. 307 Stadt Karlsruhe, Bauordnungsamt. Akte Waldm. 6 S. 309 Landesdenkmalamt Karlsruhe 46/4 S. 311 Südwesrdeursches Archiv für Architektur und Ingenieurbau S. 313 Badische Landesu:itung vom 20. Juni 1908 S. 315 Foto: Ulrich Schneider S. 316 Badisches Landesmuscum Karlsruhe Inv. Nt. 65/36 S. 3 18 (re. und Ii.) Fotos: Ralf Leder~ bogen. aus: R. Lederhogen/V. Mer- ke!: Kunstwerke und Tcchnikobjek- re der Universitär Karlsruhe 1825- 2090, Info Verlag Kar/sruhe 2001. S. 320 Privat S. 322 Privatarchiv Reiner Hachling von Lanzen:l.uer S. 324 Badisches Landesmuseum. Inv. Nr.: M6432 S. 326 Foto: Rolf Lcderbogen. aus: R. Lederbogen lU. Merkcl: Kunstwerkc und Tcchnikobjekte der Universität Karlsruhe 1825- 2000. Info Verlag Karlsruhe 200 I. S. 327 SradtAK 8/PBS oXIVa 1628 S. 329 Südwestdeutsches Archiv fur Architektur und Ingenieurbau S. 330 $tadtAK 8/PBS oXIVb 524 S. 331 Foto: Näher, Rcudingen (Staatliche Kunsth. lle Karlsruhe) S. 332 Foto: Roben Dn=ikluft S. 333 Foto: Robert Dn=iklufr S. 335 StadtAK 8/PBS oXIVa 2376 S. 366 Foto: Peter Wannet 383 Adcnaucr, Konrad 81.84 Adolf. Herzog von Nassau/Großher· zog v. Luxemburg 287 Ahlborn, Knud 86, 88 Alexander 1., Za r von Rußland 11 9, 364 Allegri 61 Amann, Robert 144. 146 App, OttO 315 ~e,Su~nne 340,376 Aue, Haremann von 99 Auerbach. Max 144 Augenstein, Karl 241 Augusta, deutsche Kaiserin 278 Babbcrger. AuguSt 301-303 Babo, Freiherr August von 70 Bach. Johann Sebastian 291.293 Bachmayer. Monika 166,380 Baden, von - Amalic, Markgräfin 222, 361 - Bernhard. Markgraf 253. 254 - Bcrnhard. Prinz von 45 - Christoph 1., Markgraf 167,168 - Eli~beth, Prinzessin 119 - Friedrich. Markgraf 284 - Friedrich 1., GroßheJ"ZOg 21, 45 , 57.61.94.110.192.194.195. 252-254.256.277.287.279.287. 293.313.351.355 - Friedrich 11., Großherzog 20-22, 196.287.288.314.362 - Hilda. GroßheJ"ZOgin 20,287.288. 361 - Kar!, Großherzog 312 - Kar!, Prinz 248 - Karl Friedrich. Markgraf/Großher. wg 70.91. 181.198.204.285. 296.312.316.328.329.340.362 - Leopold, Großherzog 248,316, 346 - Ludwig 287 - Ludwig, Markgraf 222 - Ludwig I. 44.312.318.319.321 384 Personenregister BEARBEITET VON KATJA SCHMALHOLZ - Luise. Großherzogin 22,57,61, 252.273.279.288.298.361.373 - Max, Markgraf 252 - Philipp 1. . Markgraf 167 - Sophie. GroßheJ"ZOgin (Prinz.essin von Schweden) 248.361 - Stephanie de Beauharnais, Großher- zogin 182.361 - Valerie. Markgräfin 252 - Viktoria, Prinzessin 61.288 - Wilhe1m, Prinz 241 Baden-Baden, von - Bernhard 111., Markgraf 167 Baden-Durlach, von - Ernst. Markgraf 167 - Friedrich Magnus. Markgraf 349 - Kar! Il .• Markgraf 167·169,327. 328 - Karl Wilhe1m. Markgraf 44.45, 47.90.296.312-314.359 Karoline Luise, Markgräfin 296, 329.361 Luise Karolinc, Freiin Geyee von Geyersberg/Reichsgräfin von Hoch- b<'g 222.361 Magd:!..!ena Wilhdmina. Markgräfin 91 - Maria Augusta. Markgräfin 363 Bader, Joscph 327 Ball. Hermann 137 Barker. Roben 240 Baum. Marie 63. 231 Baumann, Hans Theo 163,164 Baumeister. Reinhard 106-108 Bäumer, Gemud 231 Baumgarten. Paul 84 Baumgolften. Hermann 94,95,98, 229 Baumgärtner, Walter 348 Bauser, Heinrich 328 Bayer, Adolf 25,75 Bayer, August von 327 Becher, Johannc:s R. 56 Bechtold, Gerhard 243 Beck, Josef 98 Becker. Carl 241 Becker, Joscf 352 Behrens, Peter 103 Beichel, Friedrich 136, 146,360 Benz, Josef 253 Benz, Benha 203 Beßl., Carl 200-203 Bcnz, Clara 202 Benz. Ellen 202 Benz, Eugen 202 Benz, Johann Georg 200 Bcnz, Richard 202 Bcnz, Thilde 202 Bcrblinger, Auguste 249 Berblinger. Kar! 249 Berblinger. Wilhclmine 249 Bcrckmüller, Kar! 368 Berckm üller, Karl Jo.scph 345 Bergheim. Brigine 55 Berlioz. Hcetor 294 Bernheimer, Ernst 215 Bernheimer, Gerhard 215 Berschauer, Lina 63 Beyer, Joscph 249 Ikyer, Marie 249 Beyer, Magdalenc 249 Bieringer, Liane 236 Billing, Hetman n 323 Bindewald. Klaus 342.343 Bingner, Adrian 297. 298 Binz. Gustav 250 Birgin, Doris 252 Bischoff, Maria 249 Bismarck, Ouo von 60,94, 194. 195. 240.277.278.341 .352 Blankenhorn, Erich 38 Blart, Oskar Gottlieb 125 Bleidorn, Gustav AdolE 92 Bodman, Heinrich Freiherr von 20. 21.22 Bochle, Fritz 314 Boehdingk. Arthur 95. 98 , 99 Bollmann. Beate 343 Bonifaz VIII., Papst 50 Borchardt-Wcnzel, Anncne 361 Borgscedr, Angela 369 Bös, Klaus 77 Boucher, Frano;:ois 296 Brahms. Johannes 230 Brandenburg-Ansbach-Kulmbach von, - A1brccht. Markgraf 168 - Kasimir, Markgraf 168 Katharina 168 - Kunigunde 168, 169 - Maria 168 - Susanna, Markgräfin 168,169 Brandr. Harm-Hinrich 350 Braun, Louis 240, 242 Bräunche, Ernst Ona 339-341. 354, 358, 376 Brecht. Benhold 53-56. 100 Brentano. Lorenz 346 Breuhaus. Frin August 323. 325 Bronner. Emil 139 Bruch. Max 290 Brüning, Heinrich 275 Brunner, holde 371 Brunner, Paul 371 Buback, Sicgfried 266 Bublies-Godau, Birgit 350 Buchberger. Adolf 194 Büchner, Ursula 41 Bühl, A1fons 210 Bühler, Hans Adolf 203 Buhmann. Wolfgang 115 Burckhardt, Jacob 101 Burger, Roben 89 Burkard, Erwin 188 Bußmann, Walter 97 Caesar. Julius 49 Calmez, Isaac 197 Camphausen, Octa 194 Celtis, Konrad 50 Chamoff, Rita 116, 118 Clay, Lucius D. 151 Collum, Wolfgang H. 348, 349 Compter, Theodor 307 Cratander, Andreas 167 Curjel, Roben 126, 307 Curtius, Ernst 101 Dame Alighieri 279 Däubler-Gmelin, Herta 265 Dchler, Thomas 81, 84 Denny, Christian 249 Devrienr, Eduard 293. 294 Oevrient, Emil 293 Oewald. Franz 162 Diemer, Michael Zeno 242 Dietsche. Fridolin 254,313,314 Dionysius Exiguus 48 d'Occhieppo. Ferrari 48 Dollmätsch. Johann Gottlieb 184 Douglas. Christoph Graf 22 Draheim. Heinz 258-260 Drais von Sauerbronn, Carl Friedrich Freiherr 78 Drechsler, Friedrich 52 Dreikluft, Roben 333. 380 Duchardt, Michael 55 Dullenkopf.Ono 164.187.265. 267, 349, 353 Dürer, A1brechr 50 Durm,Josef 79, 102, 195,321,322. 371 Eberle. Friedrich 67,328 Eben, Friedrich 22 Eck, Doris 118 Egler. Carl 203 Ehmcr. Hermann 349 Ehrenberg 222, 224 Eiermann, Egon 308-310 EisenIohr, Wilhe1m 194. 278, 279 Eil. Ernsr 220.221 ElIsläner, Moritz 191 -195 Ellstäner. Ono 193 Engel, Heinrich 42 Engelhardt, Klaus 265 Engler, earl 111 Engler, Helmut 260 Erdmann. Dieter 115 Erzberger, Manhias 231 Eschenbach, Wolfram von 99 Everke, Gerhard 376. 377 Fahnenberg. Freiherr von 182 Fahrenkamp, Emil 323 Fahrner, Rudolf 99 Faisst, Clara 290, 291 Farh, Ralf 370 Fedorov, Sergcj G. 364 Fehringer, Prof. 144 Feim. Karl Heinz 162 Fenrich, Heinz 45,362.376 Fenske, Hans 351 Finrer,Julius 139. 202.218 Fischer. Friedrich 248 Fischer. Friedrich Theodor 312,319 Fischer. Horst 356 Fischer. Joschka 265 Fischer, Kunigunde 64 Fischer. Ulrich 125,265 Fischer. Werner 113 Förster, Wolfram 370 Frank, A1ex 42 Frank, Leopold 42 Fribolin. Hermann 136 Frick, Wilhe1m 38 Friedmann, Hugo 116 Friedrich Wilhdm IV., König von Preußen 341 Friedrich IU .• deutscher Kaiser 278 Fromm, August 43 Frommcl, Emil 125 Frosch. Kar! Huben 242 Fuchs.' Ernst 294. 295 Fuchs, Stefan 354 Fuchs, Wahher Peter 97 Funck. Rolf 108 Furrer. August 368 Furtwängler, Wilhclm 230, 290 Gamber. Gerhard 188 Gärtner, Friedrich von 207 Gauly. Kun 266. 267 Geibel, Emanuel 290 Geiß. Anton 20, 22, 274 Gersmer. Wilhdm 98 Gervinus. Georg Gonfried 94. 110. 114,277,35 1 Gilg. Jakob 117 Glatzlc. Fridegan 162.166 Göderin, Johannes 26 Goebbels, Joscph 210 Goenz. Jürgen 164 Goethe. Johann Wolfgang von 99. 184,284,294 Göler, Sigmund von 22 Goll. Anton 165 Gorbmchow. Michail 121 Görtz, Franz Josef 54 Gotein, Gabor 275 385 Gotein geb. Löwenfeld, Ida 275 Gotdn, Rahe!, s. Stroms Gothein , Eberhard 228-232 Gradenwitz, Sophic 155 Grau, Ute 344, 359. 362 Grcgor XlII. , PapSt 49 Grcgor, Adalbert 218,219 Gricshaber, HAP 330, 331 Gropius, Walter 26. 145 Groß, Josef 24, 188 Großkinsky. Manfred 59 Grossmann, Hans 323 Großwendt, EJisabcth 136 Grothmann. Karl 129 Grüningcr, B. 255 Gschcidtlcn, Theodor 250 GÜdc. Max 266 Gurk. Franz 260 Güß, Pcter 306 Gustav Adolf, Kronprinz/König von Schwcdcn 61, 242 Gutenbcrg. Johanncs 167 Gmjahr, Rainer 346 Guttenberg, Baron von 265 Gunmann, Barbara 338. 355, 356, 359 Haas. Ludwig 21 Habcrstroh. Joseph 320 HafTner. Sebastian 265 Hainau, von (Polizcidircktor) 182 Hammann , Gertrud 116-1 19 Hanauer, Anton 42 Hanscmann , David 192 Hanscr, Adolf 344 Hanscr, AJfred 370, 371 Haupt, Dorothca 27 Haupt, Pc[cr 27 Hauptmann , Gcrhard 99. 290 Hauser. Carolin 249 Haußer, Paul 38 Hcbel, Johann Perer 316 Hecht, Werncr 53, 54 Heck. Michael 53 Heck. Stanislaus 43 Hecke!, Erich 330 Hecker, Friedrich 358 Hccr, Adolf 59 Heiligcr, Bernhard 326 Heinrich 1.. König 119 Heinrich. Josef 137 386 Heinrich, Willi 121 Held, Fried rich 206 Hcmbcrger. Jakob Friedrich 45 Hertenstein, Adolf 249 Henweck, Georg 358 HeB, Rudolf 151 Hesse, Hermann 290 Heurich, Fridolin 137,270, 271 Heuss, Theodor 81, 84, 23 1 Heyse, Paul 230 Hildenbrand, Hermann 307 Hillerbr:and , Josef 323 Himmelhebcr, Gustav 273 Himmel hcbcr, Kar! 273 Himmelheber, Karhinka 274, 355 Himmelhebcr, luitgard 273, 274 Himmler, Heinrich 368 Hirsch, Felbt 97 Hirsch, Friedrich 113 Hirsch, Wolfgang 326 Hider, Adolf 75, 111, 155, 156, 210 Hochstuhl, Kun 348 Hoeneß. Vii 265 HofTner, Hans Joachim 26 1,262 HofmannsthaI, Hugo von 99 Hohen lohe-Schillingfürst. Chlodwig. Fürst zu 52 Hohkamp. Michaela 196 Hohnstein, Andre 196 Hölderlin, Friedrich 99 Holdcrman n, Karl 98 Holl. Kar! 99 Hollaender. Peter 1 55~ 1 57 Homberg, Rüdiger 358.359 Honsdl. Mn 273 Höpke. KJaus-Perer 128 Hormu th , Anna 280.28 1 Hormuth-Kallmorgen. Helene 280 Hormulh-Kallmorgen. Margarethe 280.281 Hormuth-Kallmorgen, Walrher 280 Hörner, Heinrich 40 H örnle. Carl Christian 249 Horras. Katharina 251 Horter, Richard 289.290 Hon. Joachim 100 Hübsch, Hei nrich 204, 206, 207. 224.253.310.311.318.319.346. 360 Hüchtkcr.Dicrlind 197 Hugencst, Melchior 329 Hundt, Hermann 216 H üssy,Oskar 137 Ihle, Julius und Franz 249 ]agemann, Eugen von 321 Jäger, AdolfFriedrich 136 Jann.sch, Georg 334 Japp, Uwe 99 Jaspers, Kar! 210 Jellinek, W.her 210 Joachim. Joscph 290 JoUy, Julius 192 Joseph H. , Kaiser 285 Jung, Ernst 27 K. bierske. Gerhard 362,363,376. 377 Kallmorgen, Friedrich 24 1, 280, 281 Kam.ler, Alfrcd 216 Kares. M.u in 375.376 Kalharina die Große 119.36 1 Kaufmann. Michael Gerh2fd 375. 376 Kehr, Kar! 24 1 Keidel , Eugen 138 Kei l. Wilhe1m 283 Keller. Ferdinand 280 Kenntner. Gcorg 76 Kepler, Johannes 311 ,312, 318,319 Kessel, Frilhjof 379 Keßler, Emil 200 Kiefer. Karl 249 Kiefer. Ludwig 249 Kiefer, Luise 249 Kiesinger, Kurr-G eorg 264 Kim mclmann, Alois 291- 293 Kindermann, Hans 325, 326 Kin keI, KJaus 265 KJais. Johannes 376 KJing, Gud run 372-374 Klingmüller 97 KJipfel, ludwig 41 Klose, August 226 Klon. GÜnlher 24,45, 138,203, 267.349.353. 368 KJumpp, Heinrich 22 Knecht, Friedrich 253 Knörzer, Anten 253 Koch, M.nfred 340.34 1,347,348. 352.353.367.371.376.377.379 Koch. Peter F. 31 5 Koelle. Eduard 346 Köhler. Heinrich 151, 153.2 12.274, 275,283,284 Köhler. Walter 153 Kolb. Wilhdm 367 Kölle. Manin 376 Korn 92 Kran, Wilhdm 339 Krause, Burkhardt 99 Krause. Karl-Heinz 326 Kremer. Egon 54 Krieger, Josef 242 Krimm. Konrad 371 Kühlenthai, Kar! Christoph 93,98 Kühncl, Miriam 376 Kunle, Heim .. 53. 260. 354 Künnle, Cul 224 La Fontaine. Jean de 184 Lamprccht, Familie 306 Lang, Heinrich 360 Lankheit, K1aus 97. 103 Lanunauer. Reiner Haehling von 348 Lassalle. Ferdinand 58 Laßberg, Joseph von 167 Lcchleirner. Georg 368 Lehmann, Ono 87 Leiber, Gonfried 378.379 Leiser, Wolfgang 176 Lcnard, Philipp 210 Lender. Franz X. 274 Lenin, Wladimir 97 Lw Xlii., P'p" 47, 253 Lconhard, Heinrich 78 Lermontow. Michail 11 9 Lessing, Gotthold Ephraim 99 Leunbach. Wilhdm 108 Levi. Hermann 294 Lewin, Chaie 286 Lewin, Markus 286 Liedke. Dietmar 162 lill, Rudolf 97 Limbach, Juna 64,265 Linde 97 Lählein, Theodor 98 Loo, Carle van 296 Lorenz 41 Löwemhal. Hans Hcinz 213 Lübke. Wilhclm 102, 103 Lüders. Marie EliS3.bcth 281 Ludin. Hanns 38 Ludwig XIV .. , König von Frankreich 90 Ludwig XV .. , König 296 Ludwig. Dierer 109.352 Lunau. Heinz 155,156 Lurz, Meinhold 59 luner. Kerstin 373, 374 Luz. Hans 27 Maaß, Hans 116 Maillol. Aristide 326 Mann, Thomas 155 Mao Tse-tung 55 Marriensen, Theodor 200 Manin, Egon 376 Marum. Brigine 155- 157 Marum. Elisabcth 155-157 Marum. H ans 154-157 Marum. Johanna 155. 156 Marum. Ludwig 40.154. 155,367 Marum. Pierre 157 Marum, Sophie, geb .. Gradenwin 155-1 57 Mau, Karl 58, 97 Mathy, Karl 108, 192 Manka, Georg 362,363 Maul, Heinrich 122 Maurer. Gustav 42 Maximilian 1.. Kaiser 168 May, Ernst 145 Mayer, Car! 206 Mayer-Vorfc1der, Gerhard 367 Meckd, Mn 253, 254 Mecrwein. Carl Friedrich 348 Mehnere, K1aus 265 Mdling, Chrisroph 296 Mdling. Jean 296 Mdling, Joseph 296, 297 Mdling. Nicolas 296 Mendc1ssohn-Bartholdy, Felix 293 Mertens, Heinrich 28 Merz. Florian 163-165 Merz, Waher 144- 146 Metzger. Marie 215 Metzger, Simon 215 Meyer. Bruno 101. 102 Meyer, Thomas 338, 376 Miller, Wolfgang 27 Mittenzwei, Wemer 53. 54 Möckd, Klaus 25 Moesr, Hermann 300 Mohr, Alcxande.r 340 Molihe 294 Möller, Alex 368 Morin. Karl Philipp 99 Morlock. Jürgen 347 Moser. Kar! 126, 307 Moue. Fouque, Friedrich de la 184 Monl, Fdix 230 Mühre.n~rg, Ankc= 376 Müller, David 98 Müller, Gc=bhard 84, 264 Müller, Jeremias 204 Müller, K1aus-Detlef 54 Müller, Wilhdm Jeremias 329 Müller·Hufschmid, Willi 33 Münch. Jaoob 39. 40 Mürb, Roben 264 Mutter 61 Napoleon Bonapartc= 361 Napoleon IlI .. , Kaiser von Frankreich 240 Ne~nius, Carl Friedrich 98 Neef, Gerhard 252 Neef, Margot 252 Nestle, Karl Theodor 210 Neuburger. August 151,152 Neumann, Erik 338 NeumeisIer, Dirk 376 Nikiforowa,Sweriana 124 Nippe.rdey, Thomas 97,350 Nokk, Franz Wilhdm 228 Nolde, Emil 33 Nörbcr, Thomas 252, 253 Oberle. Wilhdm 248 Obermüller.Vc=ncdey. He.nrieIle 350 Ooolampad ius. Johannes 167 Oechdhäuser. Adolf 102 Oehme, Ruthard 129 Oelsner, GUSIav 145 Ohlbaum, !solde 365 Ohndotf, Mathias 164 Oncken. Hermann 94 On. Frieda 219.220 On, Kar! 86-89 Paulcke, Wilhdm 74 PaulI, Hermann 63 Pestalozzi. Heinrich 217 387 Peter IIL. Zar 119 Pe:te:r. Jose:ph 346 Pe:te:rse:n. Hans 242 Pfarr, Adam 95.98 Pf'iste:re:r, Ge:rhard 31 Pfiste: re:r. Karl 249 Pfläste:re: r, Karl 137. 139 Pflaume: r. Kar! 38. 153 Philipp. Günthe:r 379 Piglhdn. Bruno 242 Plate:. Ulrike: 344. 370 Pogge:ndorf. Die: trich 129 Pompadour (Madame: de:) 296 Possdt. Gottfricd 197 Possdt. Ernst Ludwig 92. 199 Präge:r. Christmut 370 Pre:slinari. Sophie: Amalie: 273 Pre:tsch. Pe:le:r 358.359. 37 1. 376 Prinn 31 Raab, Frie:drich 108 Ramspc=ge:r. He:rmann 38 Ranke:. Lropold 228 Rasch, Wolfdiwich 99 Rathe:nau. Wahe:r 367 Rand. Frie:d rich 3 13. 3 14.371 Räube:r. Manin 249 Rauch, Christian Danid 330 Raufe:r. A10ys 3 11 . 319 Rauh ul. Christa 220 Rausch, Jan-Dirk 121, 124 Re:bmll.nn. Edmund 62 Re:bmll.nn. Marie: 62 Re:dt e:nbache:r, Ferdinll.nd 279 Rc=ichard. Frirorich 134 Rdme:rs. Holge:r 362.363 Re:nne:r, Narziss 168 Re:uchlin. Johanne:s 167 Rhott 197 Rie:dinge:r. Be:rthold 137 Rie:dne:r, Pe:t e:r 149.25 1 Rilke:. Raine:r Maria 99 Rinck. Christoph Frie:drich 181 Ringlu, Harald 339. 376 Ritte:r. August 200 Rodlc=cke:. Elga 346. 365. 379. 380 Roggenbach. Franz von 277.278. 352 Rosc=nbcrge:r, Adolf 3 14.3 15 Rose:nbcrge:r. Sophie: 3 14.3 15 Roßkonen, He:inrich 28 388 Rößling, Wilfrie:d 376 Rothfuß. Christi'lR 332 Rüdt von Colle:nbcrg. Fd ix 78 Ruhland, Michad 360 Rumpf. Hans 76 Rürup. Re: inhard 100 Sack. Erwin 367 Salomon. Else: 136 Sa!omon. Ernst 152 Samojknko. VlI.lcrij 122 Saue:r. K.u l 38. 40 Sax, He:rbe:n 2 15 Schäfe: r, ClI. r1 102 Schäuble:. Wolfgang 265 Sche:ide:mann, Philipp 22 Schdl, Wilhdm 128, 129 Schdling. Erich 3 1,83 Schd ling. Friedrich 184 Schilb, Christof 80 Schille:r. Fric=drich von 99. 184. 198. 276.294 Schinde:rhanne:s 198 Schinkd, Kar! Frie:drich 205, 207 Schirme:r. Wulf 345 Schlc=sige:r. Horst 349 Sch!osse: r. Corndia 284, 285 Schlosse:r, Frie:drich Christoph 277 Schlomr, Johann Ge:org 284, 285 Schlüte:r, The:o 376 Schmalho!z, Katj ll. 354, 376 Schmid. Carlo 284 Schmidt 25 - Car1 316 - Gc=org 3 16 - Gustav 3 16,317 - Jacob 316 - Johann Jacob 316 - Karl-Throdor 129 - Norbe:rt 221 Schmidt-Staub, He:rmann 317 Schmidt-Sraub. Rudolf 3 17 Schmitt. He:inz 61 .340 Schmitt, Jose:f 253 Schmiu , Pe: te: r 166 Schmoller. Gustav von 230 Schnabel. Franz 94,96,99. 100, 208- 212 Schndde:r, August 39.40 Schneider. Hermann 139, 140, 142, 145 Schne:tz.ler, Karl 59, 107. 134, 177 Schoch, Emmy 63 Schöpf, Karl 28 1 Schöpf, Mc:1irra 281, 282 Schon. Rudolf 376 Schrag, P:ml 156 Schrag, Susie 156 Schreibe:r 184 Schröde:r, Andreas 376 Schröde:r, Ge:rhard 265 Schr()(:dte: r, Adolf 183 Schroll-Vom.Onmar 203 Schubart. Ulrike 358.359 Schubladen-Kräme:r, Jürgen 354,358 Schulz. Ekke:hard 379 Schumache: r, Frirz 145 Schütz., Pau! 26 Schwarz 186, 224 Schwarur. Ale:xande:r 358 Schwarzmaier, Hansmartin 365 Schwdckhardr, Emi! 250 Schwdne:r, Albert 290 Schwörc=r, Hans 188 Sd ler. Ge:rhard 45, 122-124, 265, 267.355 Sdterich. Eugen 255 Sdmayr, Gerhard 53 Shakc=spcare: , William 55, 279, 294 Shd lq . Percy Bysshe 55 Sie:bw. Clara 64 Sie:gmann, Wolfgang 27 Sie:grist, Kar! 108. 134, 177.353 Silbermann, Johann Andrcas 375 Silbcrstdn, Max 81 Sinclair, Upton 55 Sombart, Nicolaus 230 Spanger, Jürge:n 374, 375 Spcye:r. Sie:gfri ed 215 Spin bll. rt , Elisabc(h 345 Spirzmülle:r 66 Spö rli ng, Magdale:ne: 249 Staige:r 3 10 Staub. Luise: 317 Stein . Frdherr von 182 Stcinbach, Erwin von 3 11 , 312. 318. 319 Steiner, Jacob 77. 99 Ste:phan-Kabierske:, Susanne 376 Stie:fcl, Philipp 128 Stock. Christian 283 Stolle, Michad 368 Strack. Heinrich 205 Straus, Elis 276 Straus, Isa 277 Straus geb. Gorein, Rahel 275-277 Strieder, Wil hclm 233, 360 Stüler, Friedrich August 205 Stürzenacker. August 360 Sulzer. Marie 220 Teufel, Manhäus 42, 43 Thierfclder, J örg 116 Thode, Henry 102 Thoma, Hans 290,3 14, 323 Thum, Bernd 99 1111, Karl 162 Tolsroi, Leo 99 Töpper, Friedrich 137,359.367 Traitteur, Wilhelm von 364 Trammann, Theodor 307 Trippmacher, Elisabeth 202, 203 Tröndle, Franz 249 Trunk, Josef Ludwig Gustav 87, 274, 275 Tschira, Arnold 329, 379 Tulla, Johann Gottfried 273, 318, 320 Turban , Ludwig 194 Twele, August 74 Uehlin , Theodor 43 Uhland, Ludwig 290 Ulbrich, Claudia 196 Unscld, Siegfried 53 Yaillant, Johanna 200 Yaillant, Kar! Friedrich Michael 200 Yarnhagen, Kar! August 286 Yarnhagen, Rahe! 286 Yarerrodt, Franz 38 Yeit, Hermann 137,210,367 Yenedey, Jakob 350 Vestner, Dieter 339, 340 Victoria, Königin von Schweden 22 Vigener, Gerhard 188 Viktoria, Königin von England 287 Vischer, Friedrich Theodor 101 Vogel, Heim 44,45.47 Vulpius, Christian 198 Waag, Maximilian 92 Wach . Kar! 28 Wagner, Christina 340 Wagner, Ernst 327,328 Wagner, Ludwig 249 Wagner, Manin 145 Wagner, Richard 99 . 294 Wagner, Roben 38,40,75, 149, 153, 368 Wallner, Gemot 164 Wallor, Paul 370 Wapllewski, Peter 99 Wätjen, Herrmann 96 Weber, Alfred 23 1 Weber, Max 230,231 Weech . Friedrich von 57,66,67,69. 226,248, 286 Wehler, Hans-Ulrich 350 Weigel , Rudolf 210 Weihnacht, Pau! Ludwig 371 Weil, Lcopold 213 WeiH. Heinrich 149, 150 Weinbrenner, Adolf 253 Wein brenner. Fried rich 31,44-46, 182,204,222,223,264,310-312, 317,318, 320,321,329,345,346, 360,364,378,379 Weinkauf, Hermann 82, 83 Wels,Orto 154 Wehring, Heinrich 102 Wendt, Gustav 110, 114,230,294 Werber, Friedrich 266 Wemer, Anton von 240, 24 1 Werner, Josef 263-265, 349 WenIar, Heinrich 27 1,272 Wcysscr, Kar! 328 Widmer, Kar! 332 Wieland, Chrisroph Manin 184 Wien, Bernhard 357 Wilamowirz-Moellendor/T, Ulrich von 111 Wil hclm 1., deutscher Kaiser 59, 125, 277,278,287,313,346 Wilhe1m 11., deutscher Kaiser 21,47, 52, 57, 60, 111, 231, 241 , 278, 287 Wilhe1m llJ., König von Eng!and 349 Wilhe1m, Rudolf 215,216 Wilhe1m, T hekla 216 Willard. Adolf 253 Wimmer. Brigirte 367 Witkowski, Hclga 164 Winmann, Heinrich 210 Wölffiin, Heinrich 102 Wohmann, Alfred 101 Worch, W illi 153,338 Worri nger, Wilhclm 103 Wulzinger, Kar! 103 Würz. Bcrnhard 188 Zahn , Kar! 365-367 Zimmermann, Guslav 283, 284 389 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Viktori:a Adam Schülerin, Bismarckgymnasium Karlsruhc: Andre:!. Ahcnburg Presse· und Informationsamt Stadt Karlsruhe Oe. Susanne Asche Instirut rUf Sudtgcschichte. $tadrarchiv Oe. Monika Bachmayer Kunsthislorikerin. Karlsruhe Oe. Brigittc Baumstark Städlische Galerie Karlsruhe ArnulfBttg LId. Reg. Landw. Dir., Rcgierungspräsidiuffi Karlsruhe Oe. Angc:la Borgslcdt Universität Karlsruhe Oe. Ernst Otto Bräunehe Leiter des Instituts fü r Stadtgeschichte. $tadtarchiv Oe. Kristiane Burckhardt Badisches Landesmuseum Karlsruhe Sven ia Diefenbachcr Schülerin. Bismarckgymnasium Karlsfuhe Oe. Juna Dresch Badisches Landesmuseum Karlsruhe Oe. Konrad Dussel Kunsthistoriker, Forst Jan Ernc:rn.ann Schüler. Bismarckgymnasium Karlsruhe Prof. Dr, Hans Fenskc Universität Freiburg Dr. Dellev Fischer Vorsincnder Richter am Landgerichl Karlsruhe Andreas Gabelmann M.A. Kunsthismriker, Karlseuhe Si mi na German Schülerin, Bismarckgymnasium Karlsruhe üstR Helmut G rimm Bismarckgymnasium Karlsruhe Sabine Groh Schülerin, Bismatckgymnasium Karlsruhc OstR Rainet Gut jahr Humboldtgymnasium Karlsruhe Oe. Barbara Gunmann Historikerin, Karlsruhc 390 Dr. Reiner Haehling von Lanzc:nauer Jurist und Historiker, Baden-Baden Dr. Gisela von Hc:gel Direktorin des Zoologischen Gartens Karlsruhe D r. Brigilte Herbach-Schmidt Oberkonservatorin, Badisches Landesmuseum Karlsruhe Priv. Doz. Dr. Klaus-Peter Hoepke Universi tät Karlsruhe Oe. Annemarie Jaeggi Universität Karlsruhe Prof. Dr. Uwe Japp Universität Karlsruhe Sandra Ju ng Schülerin, Humboldtgymnasium D irekto r Klaus Dietet Justen Studienkolleg der Universität Karlsruhe Dr. Gerhard Kabierske Südwesldeutschcs Archiv Hir Archileklur und Ingenieurbau, Universitäl Karlsruhe Hanna Kaiser Schülerin, Bismarckgymnasium Karlsruhe Frilhjof Kessel Alt-Stadrrat, Karlsruhe Dr. Clemens Kieser Landesdenkmalamt Baden-Württemberg Dr. Christina Klausmann Haus der Gcschichle Baden-Würnemberg, Stuttgarr Prof. Dr. Manfred Klinkon Universität Karlsruhe Yps Knauber Journalisti n, Karlsruhe Prof. Dr. Jan Knopf Universilät Karlsruhe Dr. Manfred Koch Inslitut fu r Stadlgeschichte, Stadl2Tchiv Richard Kohlmann Abt. Direktor a. 0., Karlsruhe Andrea Krieg Leiterin der Stadtbibliothek Karlsruhe Prof. Dr. Jürgen Krüger Universität Karlsruhe David Kuhs Schüler, Bismarckgymnas ium Karlsruhc Prof. Dr. h. c. Heinz Kunle Un iversität Karlsruhe Tomen Liesegang M.A. Literarische Gesel lschaft Karlsruhe Almur Maaß M.A. Badisches Landesmuseum Karlsruhe Dr. Ursula Merke! Sräddsche Galerie Karlsruhe Thomas Meyer Historiker, Karlsruhe Matthiu Miller M.A. Universitätsbibliothek Heidclberg Dr. uonhard Müller Forum fur Stadtgeschichte und Kultur Dr. Ute Obhof Leiterin der Handschriftenabtcilung, Badische Landesbibliothck Karlsruhc Dr. Ulrike [>1:1[e L:lRdesdenkmalamt Baden-W~memberg Olivcr Porticz STUdienreferendar, Scminar für Schul pädagogik Oe. Peter Pretsch InstiTUt fu r Stadtgeschichte, Stacltmuseu m Dr. Frank R.3berg Historiker; Kommission für geschichtl iche Landeskunde Baden-Württemberg Dr. Manina Rebmann uiterin der Musikalienabteilung, Badische Landesbibliothck Karlsruhe Oe. Clemens Rehm Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe Dr. Hoiget Reimcrs Universität Karlsruhe Dr. Harald Ringler Stellven rctcnder uitcr des Stadrplanungsamrs Karlsruhe Prof. Dr. Erika Rödiger-Diruf Leiterin der Städtischcn Galerie Karlsruhe Angelika Sauer Sradtarchiv Karlsruhc Heinrich Alo is Sch illinger Architekt, Karlsruhe Dr. Heinz Sch mitt Leitender Bibliomcksdirekror a. D. Pctcr Schmilt M. A. Badisches Landesmuseum Karlsruhe Oe. Do rothca Schmin-Hollsrei n Journalistin, Karlsruhe Oe. Ulrich Schneider Südwestdeutschcs Archiv fu r Architektu r und Ingenieurbau, Universität Karls ruhe Dr. Christoph-Huben Schüne Ltd, BibI. Dir., Universität Ka rlsruhe Asysa Schwehn Schülerin, Bismaeckgymnasium Karlsruhe Prof. Dr. Gerhard Seiler Oberbürgermeister a. 0., Karlsruhe Dr. Jürgen Spanger Stellvertretender Leiter des Staatl ichen Scminars für schulprakrische Ausbildung, Mannhcim Eva Spindler M. A. Badisches Landesmuscum Karlsruhe Oe. Dirk Stegen Geschäftsfl1hrcr der Karlsruher Schlachthof- Iktriebsgescllschaft mbH Dr. Günter Stegmaier Landesbildstelle Baden. Karlsruhe Dr. Claudia SlOckingcr Universität Karlsruhe Dr. Michael Stolle M.A. Universität Karlsruhc Mathias Trä ndie Presse- und Informationsaffit Stad t Karlsruhe Hans-Ouo Wallet Direktor a. 0 .• Badischer LandeswohlF..thnsverband Josef Werner Journalist, Enlingen Manud Wittek Abiturien t, Humboldtgymnasium, Karlsruhc 391 www.infoverlag.de P-ESE-06L88-E NBSI
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmCkfzTfr4ZR/Blick%20in%20die%20Geschichte%201998-2003.pdf
Blick in die Geschichte 1993-1998 ~BUCKI ~INDIE RICHTE ,ftl' iCC! Nr_ 33 • %0. Dez.em .... r 1996 .. ·n ne Erinnerung~._ 1I zur deutschen Revolution K-1f'ltun- bllon \'01 )hl IIIdn· Irg~-'ndc th '>'thun ~('. kein IdieKn· 187\ und ~ Rt't!l- I fllIl.: dl-" 19<->8 UI numcher b \<'wdl" l~h.,,1 1\1 lil'","h"'- IN ('" 1<'- Irnll1l'r I .. ' !'.uoh', DI"I'-'\tlhlll(lnll!l'lk""'fJUn~111l41:1; .... 011 1111 Ihn "Ule _lraUlitl" V .. ·!vnrrung .... clch(' In lhf·'!<·m Fluhhn!.1 dw df'ulSclll'n L.l.IuJ,· I.'llulll(· • [}(>, UunJN Ilot g\.~hßlIi:·n I.!II A'I ... ·lI. <!bor nicht 7.111 I Jerr-..chdl\ ... Es 151 ein<!' der "crdl'lb- hchllolf'n Irrliimcr zu melnen,je<!rr hirhltg<, Ge- IchT1C, ~\dvok.ll. K,lulmiwn. ß(>amlc, der IntCI- (>\\c hdlw dn ötfl!lIthchcn Dinqcn und fleißig dlt, Zeitung lese, -.ci !wl<ihlgl, akll\' In die Politik cin:r.ugIC'lI('fJ.· t-1it ßcHlmg<lr1{'n kilpllulicrlC'n blf'IIC Schtdllcn d~ ßurgcrtums \'01 der These, dilß nur du.' !nlf.htit>ncllc OhN!.Chicht herrschen knon.- Im neuen Reich dl·ulM:h.! R"kh 187:Jr ~Il~tlrr~:l ; = W I ; = == 3- llJ 1 e: i .. ... i /'D r ... :;- =: ! =~ ;~ Blick in die Geschichte . Karlsruher stadthistorische Beiträge Band 2 1993-1998 Stadt Karlsruhe Forum für Stadtgeschichte und Kultur Karlsruhe 1998 l Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Blick in die Geschichte: Karlsruher stadthistorische Beiträge I Stadt Karlsruhe, Forum fiir Stadtgeschichte und Kultur. (Red.: Leonhard Müller; Manfred Koch).- Karlsruhe: Badenia-Verl. 2. 1993 - 1998, - 1998 ISBN 3-7617-0091-1 ,,Blick in die Geschichte:" Karlsruher stadthistorische Beiträge 1993-1998 Hrsg.: Stadt Karlsruhe Forum ftir Stadtgeschichte und Kultur Redaktion: Dr. Leonhard Müller (verantwortlich) Dr. Manfred Koch Textgestaltung: Kat ja Linder Umschlaggestaltung: Dietmar Kup Copyright 1998 by Stadt Karlsruhe Alle Rechte vorbehalten Herstellung: Badenia Verlag und Druckerei GmbH, Karlsruhe Kommissionsverlag: Badenia Verlag GmbH, Karlsruhe ISBN 3-7617-0091-1 Inhaltsverzeichnis Geleitwort des Oberbürgermeisters Einleitung Aufsätze Die A ujsatze sind thematisch gegliedert. 17.12.1993 Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 1: Von der Jahrhundertwende bis zum Ende des 2. Weltkriegs Harald Ringler 18.3.1994 Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 2: Von der Nachkriegszeit bis heute Harald Ringler 17.3.1995 Parkstadt - Parkring - Rheinstadt. Ideen fur neue Stadtteile in Karlsruhe xv XVI 1 4 nach dem Zweiten Weltkrieg 9 Harald Ringler 22.9.1995 Verkehrsprojekte in Karlsruhe: vergessen, verworfen, aufgegeben 14 Harald Ringler 15.3.1996 Stadtplätze in Karlsruhe - Entstehungsgeschichte und Überblick 19 Harald Ringler 21.3 .1997 Siedlungen der 20er Jahre in Karlsruhe 25 Harald Ringler 19.12.1997 Siedlungen der 50er Jahre in Karlsruhe. Städtebau nach dem Krieg 29 Harald Ringler 17.6.1994 Vom Hofjagdrevier zum Park·wald. Zur Geschichte des Fasanengartens 34 Ulrich KinzIer 17.6.1994 Wiedereröffnung eines "Musentempels". Zur Sanierung des Konzerthauses 37 Leonhard Mliller 21.3 .1997 Geschichte der Karlsruher Straßenbahn Dieter Ludwig 39 20.12.1996 Diskussion um die Straßenbahnen in Karlsruhe vor 100 Jahren Leonhard Müller 20.6.1997 Schnakenstiche gegen Thingstätte. Die Pläne ftir einen 43 NS-Kultplatz in Karlsruhe 45 Manfred Koch 19.9.1997 " ... wird wegen dem Geburtstag des Großherzogs morgen die Fabrik um 12 Uhr geschlossen". Das Firmenarchiv der Parl"timerie & Feinseifenfabrik Wolff & Sohn im Stadtarchiv Karlsruhe 47 Angelika Sauer 20.3.1998 Der Karlsruher Hafen: Ein langer Weg zum Rhein Ernst 0110 Bräunche 18.3.1994 Karlsruher Vereine: Die Gesellschaft Eintracht Peter Pretsch 16.9.1994 Vom I. Badischen Gesang-Fest 1844 in Karlsruhe zum Badischen Sängerbund Albrecht Münch 16.6.1995 Die Anfänge des Fußballsports in Karlsruhe Erich Beyer 19.9.1997 Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49 I. Jilrgen Schuhladen-Krämer 20.3.1998 Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/4911. Jürgen Schuhladen-Krämer 21.6.1996 Der Streit um den BÜTgernutzen. Konservative Durlacher in revolutionären Zeiten Susanne Asche 20.12.1996 Umstrittene Erinnerungen I. Das Urteil der Nachwelt zur deutschen Revolution 1848-49 Leonhard Müller 11 51 55 58 60 66 72 78 83 21.3.1997 Umstrittene Erinnerungen 11. Zum Umgang mit der Revolution 1848/49 nach 1918 Manfred Koch 20.6.1997 "Fremde" in der badischen Revolutionsarmee Kurt Hochstuhl 86 90 19.12.1997 150 Jahre badische Revolution. Zur LandesaussteIlung 1998 in Karlsruhe 95 Jutta Dresch 19.6.1998 Petition des Vaterländischen Vereins Karlsruhe an die Deutsche Nationalversammlung vom 4. Juli 1848 Rainer Gutjahr Ankaufe aus dem Besitz des Markgrafen von Baden 98 15.12.1995 I. Die markgräfliehe Bibliothek aus dem Neuen Schloß in Baden-Baden 103 Peter Michael Ehrle, Armin Schlechter 15.12.1995 11. Archivgut aus der Schloßbibliothek des badischen Hauses Hansmartin Schwarzmaier 15.3.1996 III. Die Ewerbungen des Badischen Landesmuseum Harald Siebenmorgen 15.3.1996 IV. Die Erwerbungen der Staatlichen KunsthaIIe Karlsruhe Siegmar Holsten 15.3.1996 V. Erwerbungen rur die Stadt Karlsruhe Heinz Schmitt 18.3.1994 40 Jahre Bundesfachschule. Sanitär- und Heizungstechnik an der Heinrich-Meidinger-Schule Karlsruhe Wolfgang Paech 16.12.1994 StraffaIIigenhilfe in Baden. Der Badische Landesverband rur soziale Rechtspflege Reiner Haehling von Lanzenauer 16.6.1995 Die Entwicklung des Volksschulwesens im Raum Karlsruhe Amalie Heck 109 111 117 121 124 128 131 III 20.9.1996 Hofrat Johann Lorenz Boeckmann und das erste deutsche Telegramm. Ein Karlsruher Physiker fOrdert "Telegraphik" 136 Heinz SIraub 20.12.1996 Christi an Thran. Markgräflich Badischer Hofg~rtner und Afrikareisender 142 Peler Prelsch 21.3.1997 Der Karlsruher Theaterbrand 1847 und sein letztes Opfer Heinz Schmitt 21.3 .1997 Carl Friedrich Meerwein - ein vergessener Flugpionier Heinz Straub 17.12.1993 Ein Zirkel zur Förderung der Kunst. Der Badische Kunstverein feiert 146 151 1993 sein 175. Gründungsjubiläum 156 Jul/a Dresch 18.3.1994 Europäische Kulturtage 159 Michael Heck 17.3.1995 Heinrich Hübsch (1795-1863) Zum 200. Geburtstag des großen Architekten 160 Heinz Schmill 17.3.1995 Begegnungen mit Max Reger 165 Andreas Schräder 15.3.1996 Der Hofkapellmeistcr Felix Matt! in Karlsruhe 168 FrithjofHaas 21.6.1996 100 Jahre Karlsruher Künstlerbund. Fortschrittliche Künstlervereilligung 1896 gegründet JIII/a Dresch 173 20.6.1997 Wie kommt das Bild in die Kaserne? 177 Ulrike Plale 20.3.1998 "Woher hat der Dompfaff seinen Namen" oder: " Die Lust dagegen" . Zur Erinnerung an einen "Kunstskandal" im Karlsruher Botanischen Garten 180 Wilfried Räßling IV 20.3 .1998 Literarisches Nachkriegsleben in Karlsruhe. ArunerJ.:W1gen zur Lyrik zwischen Gottsuche und Entfremdung JanKnop! 16.9.1994 Der schwarze September 1944. Karlsruhe im Bombenhagel Erich Lacker 16.9. 1994 Zum "Reichseinsatz" in Karlsruhe Jllrgen Schuhladen-Krämer 20.3 .1998 Das Oberlandesgericht Karlsruhe im "Dritten Reich" Christo! Schiller 22.9.1995 Hintersassen, Bürger und Stadträte in der Frühzei t der Stadt Ernst 0110 Brällnche 18.3.1994 " So einen schönen Vikar kriegen wir nicht mehr ... " Nachlaß des Knielinger Vikars und Mühlburger Pfarrers 183 189 193 196 201 Wilibald Reichwein gelangte durch Schenkung ins Stadtarchiv Karlsruhe 206 Angelika Salier 17.3.1995 Der Badische Rat Dr. Johannes Pistorius Niddanus d. 1. (1546-1608) 209 Hans-Jürgen Günther 17.3. 1995 Pfarrer D. Ernst Friedrich Fink - der 'badische' Wiehern 213 Hermann RUckleben 19.6.1998 Alfred Maul und die Großherzogliehe Badische Turnlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe Erich Beyer 18.3.1994 Vom einfachen Schöpfbrunnen ZWll Qualitätsprodukt Trinkwasser. 217 Die Geschichte der Karlsruher Wasserversorgung 223 Jiirgen Ulmer IInter Mitwirkung von Gerda Willig und Marklls Schneider V 17.6.1994 Über Steinkohledestillation zum Erdgas. Die Geschichte der Karlsruher Gasversorgung Jilrgen Ulmer unter Mitwirkung von Markus Schneider 16. 12.1994 Geschichte der Karlsruher Stromversorgung Jllrgen Ulmer unter Mitwirkung von Gerda Willig und Markus Schneider 20.9.1996 Strom ftir Baden. Von den Anfangen der Elektrifizierung bis zum heutigen Energiedienstleister Diana Stöcker :ffiffi~:i:::::;;';;~Wffi:a:W:a:WW~~~~W:WW&~::m::::~~~ww::w.::«<<<~mW:1 19.6.1998 Das Großherzogtum Baden und die Politik des Reichskanzlers Bismarck (1871-1890) Hans-Jllrgen Kremer 19.6.1998 300 Jahre Schloß Augustenburg in Grötzingen Ute Grau 19.6. 1998 Badener oder Badenser? Leonhard Milller Zeitzeugen berichten 17.12.1993 Professor Dr. Ernst Petrasch, ehern. Direktor des Badischen Landesmuseums 16.12.1994 Otto Dullenkopf, Oberbürgermeister a.D. 17.3.1995 Walther Wäldele, Erster Bürgermeister a.D. Biographien 17.12:1993 Karoline von Günderrode (\ 780-1806) Susanne Asche VI 228 232 237 240 248 253 255 258 260 265 18.3.1994 Helmuth Klotz (1894-1943) 266 Herbert Linder 17.6.1994 Georg Bredig (1868-1944) 267 Klaus-Peter Hoepke 16.9.1994 Wilhelm Nokk (1832-1902) 269 Leonhard Müller 16.12.1994 Magdalena Neffgeb. Meub (1881-1966) 270 Margarete Kraft 17.3.1995 Ernst Wagner (1832-1920) 271 Leonhard Müller 16.6.1995 Fridel Dethleffs-Edelmann (1899-1982) 273 Ursula Merkel 22.9.1995 Hermann Levi (1839-1900) 274 FrithjofHaas 15.12.1995 Großherzog Friedrich I. (1826-1907) 276 Manfred Koeh 15.3.1996 Luise Riegger (1887-1985) 277 Barbara Guttmann 21.6 .1996 Peter TreutIein (1845-1912) 279 Leonhard Müller 20.9.1996 Kathinka Hinunclheber (1898-1977) 280 Barbara Guttmann 20.12.1996 Inge Stahlberg (1921-1985) 282 Heima Hasters 21.3 .1997 Hermann Billing (1867-1946) 283 Gerhard Kabierske 20.6.1997 F ranz J oscf Lanzano 284 Alexander Mohr 19.9.1997 Theodor Munz (1868-1947) 285 Ernst Otto Bräunehe VII 19.12.1997 Christi an Friedrich Müller (1776- 1821) Christo! Mllller- Wirth 20.3.1998 Luise von Baden (1838-1923) Leonhard Maller 19.6.1998 Leopold Rückert (1881-1942) Frank Raberg Carlsruher Blickpunkte 17.12.1993 Der Gutenbergplatz. VOll der Richtstätte zum Marktplatz Manfred Koch 18.3.1994 Der Wettbewerb um ein Denkmal flir die Fliegeropfer des Ersten Weltkrieges Ursll!a Merke! 17.6.1994 Ehemaliges Zeughaus beim DurlacherTor Gerhard Kabierske 16.9.1994 Bunkerreste auf dem Turmberg Manfred Koch 16.12.1994 Das Durlacher Bismarck-Denkmal in der Kanzlerstraße Brigille Baumstark 17.3.1995 Überwundener Nationalsozialismus - Adler am Bunker bei der Appenmühle Gerhard Kabierske 16.6.1995 Kleine Kirche bald in frischen Farben Dorothea Schmill-Hollstein 22.9.1995 Das Kriegerdenkmal vor der Friedrich-Rea1schulc in Durlach Brigille Ballmstark 287 288 290 293 295 297 299 301 303 304 306 15.12.1995 Von KarIsruhe nach Chicago. Ein schmiedeeisernes Tor im Stadtgarten 308 Brigilte Ballmstark 15.3.1996 Ein Platz zur Zierde der Innenstadt Wi/fried Räßling VIII 309 21.6.1996 Kaiserliche Präsenz: Die Hauptpost in Karlsruhe Gerhard Kabierske 20.9.1996 Das Ende der Achsen Wi/fried Rößling 20.12.1996 "Eva im Glashaus" von Jürgen Goertz Ursula Merke! 21.3 .1997 Die Baischstraße Gerhard Kabierske 20.6.1997 Der Heckerhut im Plinzgaumuseum Brigille Baumstark 19.9.1997 Ein Wandkatalog in der Oststadt Ulrike Plate 19.12.1997 Zwangsarbeit in Karlsruhe 1939-45 Leonhard Maller 20.3.1998 Der Narrenbrunnen Peter Pretsch 19.6. 1998 Hinter der Autobahn Ulrike Plate Bücher-Blick 17.12.1993 Bilder im Zirkel, 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe Leonhard Maller 17.12.1993 100 Jahre Mädchengymnasium in Deutschland Leonhard Maller 17.12.1993 Karlsruher Stadtteile, Bulach, Ausstellung zur 800 Jahrfeier Leonhard Müller 18.3.1994 Horst Schlesiger/Josef Wemer: Die 50er Jahre. Manfred Koch 311 313 315 316 318 319 321 323 325 329 330 330 330 IX 18.3.1994 Alexander Mohr: Die Stadt Durlach in der Badischen Revolution von 1848/49. Ein Beitrag zur Revolution in der Provinz 331 SlIsanne Asche 17.6. 1994 Straße'Ulamen in Karlsruhe. Karlsruher Beiträge Nr. 7 332 Klalls Deslerle 17.6.1994 Ulrike Grimm: Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe 333 Leonhard Müller 16.9.1994 900 Jahre Gottesaue. Spurensuche, Spurensicherung 334 Rainer Gllljahr 16.9.1994 JosefWcrner: Bauen und Wohnen. 75 Jahre Hardtwaldsiedlung 335 Ernsl 0 110 Brällnche 16.9.1994 Herbert Maiseh: Bulacher Ortschronik 335 Manfred Koch 16.12.1994 Horst Schlesiger/JosefWerncr: Die 60er Jahre 336 Manfred Koch 16.12.1994 Alexander MohrlMartin Walter: Karlsruhe. Ein verlorenes Stadtbild 336 Manfred Koch 16.12.1994 Roland Eich'ler: Die Weststadt im Spiegel der Geschichte 337 Manfred Koch 17.3. 1995 Renate Ehrismann: Der regierende Liberalismus in der Defensive, Verfassungspolitik im Großherzogtum Baden 1876-1905 338 Leonhard Müller 17.3.1995 EnUlla Wilderer: Nunune net hudle. Geschichten aus meinem Leben 339 Manfred Koch 16.6.1995 Erich Bauer/JosefWerner: Die 40er Jahre 339 Manfred Koch 16.6. 1995 Elga Roellecke: Die Munitionsfabrik - Das "Zündhütle" 1897-1972 341 Barbara Grillmann 22.9.1995 Karlsruhe in alten Ansichten 342 Leonhard Müller X 22.9.1995 Gerhard SölIner, Für Badens Ehre. Die Geschichte der Badischen Annee, Fonnation Feldzüge Unifornlen Waffen Ausrüstung 1604-1832 342 Leonhard Müller 15.12.1995 Bräunehe, Ernst Otto: Die Karlsruher RatsprotokolIe des 18. Jahrhunderts. Teil!: 1725-1763 343 Michael Martin 15.12.1995 Peter Rückert (Hrsg.): Gottesaue - Kloster und Schloß 345 Ernst 01/0 Bräunehe 15.3.1996 FrithjofHaas: "Zwischen Brahms wld Wagner- Der Dirigent Hennann Levi" 346 Paul Wehrle 15.3.1996 Peter Pretsch, "Geöffnetes Narren-TumeyH, Geschichte der Karlsmher Fastnacht 347 Clemens Rehm 21.6.1996 Hennann Ebeling, Karlsruhe - Ein Fächer der Möglichkeiten 348 Leonhard MillIer 21.6. 1996 " Für Baden gerettet", Erwerbungen des Badischen Landesmuseunls 348 Leonhard Müller 21.6.1996 Dieter Vestner: Durlach im Wandel der Zeiten 349 Man/red Koch 20.9. 1996 Reiner Haehling von Lanzenauer: Düstere Nacht, helIichter Tag. ErilJ1lerungen aus dem 20. Jahrhundert 350 ManJred Koch 20.9.1996 Die elektrisierte Gesellschaft 351 Leonhard MillIer 20.12 .1996 Erich Lacker: Zielort Karlsmhe. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg 352 Rainer Gutjahr 20.12.1996 Susanne Asche, Olivia Hochstrasser: Durlach, Staufergründung, Fürstenresidenz, Bürgerstadt 353 Gerharcl KaI/er XI 21.3 . 1997 Eiga Roellecke: Wasser und Straßen, Quellen und Wege. Chronik Wolfartsweier 354 Ute Grall 21.3.1997 Emst Ollo BräwlchefThomas Schnabel (Hrsg.): Die Badische Verfassung von 1818 355 Klalls Oesterle 21.3 .1997 Rolf-Heiner Behrends (Hrsg.): Faustkeil - Ume - Schwert. Archäologie in der Region Karlsruhe 356 Rainer GlIljahr 21.3.1997 Rosemarie Stratmann-Döhler, Harald Siebenmorgen: Das Karlsruher Schloß 357 Leonhard Mill/er 21.3 . 1997 100 Jahre Bürgerverein Oststadl. Jubiläunlsbuch 1996 358 ManJred Koch 21.3.1997 Von der Hirschbrücke zunl ZKM. Hundert Jahre Bürgerverein der Südweststadt Karlsruhe 358 ManJred Koch 20.6.1997 Gerhard Kabierske: Der Architekt Hennann Billing (1867-1946). 360 Alexander Mohr 20.6.1997 Gotlfricd Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe, Teil I: Die barocke Planung und die ersten klassizistischen Entwürfe Weinbrenners 360 ManJred Koch 19.9.1997 Neues Bauen der 20er Jahre - Gropius, Haesler, Schwillcrs und die Dammerstock-Siedlung in Karlsruhe 1929 362 Gottfried Leiber 19.9. 1997 Fritz Ehret: Sozial bauen - Gesund wohnen. 363 JosefWerner 19.12.1997 Manfred Koch (Hrsg.) : Auf dem Weg zur Großstadt, Karlsruhe in Plänen, Karten und Bildem, 1834-1915 Klalls Oesterle 364 19.12.1997 Karlsruhes neues Kulturzentrum, Bd. I Kunstfabrik im Hallenbau A 365 Leonhard Mal/er XlI 19.12.1997 Karlsruhes neues Kulturzentrwn, Bd. 2 Jenseits der Brauerstraße 365 Leonhard Müller 20.3.1998 Amalie Heck: 200 Jahre Karlsruher Flug- und Luftfahrtgeschichte. Vom Gleit-Flug zum Verkehrs-Flug - vom Exerzierplatz zum Baden-Airport 366 Klaus Oes/erle 20.3.1998 Revolution im Südwesten. Stätten der Demo;,ratiebewegung 1848/49 in Baden-Württemberg 367 Michael Mar/in 20.3.1998 Alfred Georg Frei; Kurt Hochstuhl: Wegbereiter der Demokratie. Die badische Revolution 1848/49. Der Traum von der Freiheit 367 Michael Mar/in 20.3 .1998 Martin Einseie; Andrea Kilian (Hrsg.): Stadtbausteine Karlsruhe. Elemente der Stadt landschaft 368 Harald Ringler 19.6.1998 Dieter Langewiesche (Hrsg.): Demokratiebewegung und Revolution 1847-1849 - Internationale Aspekte und europäische Verbindungen Leonhard Müller 19.6.1998 1848/49 Revolution der deutschen Demokraten in Baden Leonhard Miiller 19.6. 1998 Barbara Guttmann: "Zwischen Trümmern und Träunlen". Karlsrullerinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegszeit. Man/red Koch 19.6.1998 Amo Lederer (Hrsg.): Architektur in KarisrullC 1971 bis 1996 Harald Ringler 19.6.1998 Badische Synagogen aus der Zeit von Großherzog Friedrich in zeitgemäßen Photographien Leonhard Maller Personenregister Bildnachweis Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 368 369 370 371 372 373 384 386 XIli Geleitwort Seitdem vor 10 Jahren zum erstenmal der "Blick in die Geschichte" im damaligen "Amtsblatt" erschienen ist, hat diese vierteljährige stadthistorische Beilage ein interessiertes Publikum ge- funden . Darum ist es gerechtfertigt, die . \ usgaben der letzten flinf Jahren wiederum als Buch all jenen anzubieten, die Karlsruhe als ihren Lebensraum erfahren im Gestern wie im Heute, oder die anderswo an unserer Geschichte und Kultur interessiert sind. Die Publikation ist einer der mannigfachen Wege, mit denen die Stadtverwaltung die kulturelle Vielfalt unserer Konmlune ihren Bürgerinnen und Bürgern näher bringen will . Ich selbst freue mich, daß ich am Ende meiner Amtszeit auch auf diesem Gebiet auf eine Publikation zurückblicken kann, die bei der Bürgerschaft angekommen ist. Und mein Wun~ch ist es, daß in Zukunft noch so mancher es fur wichtig hält, einen Blick in die Geschichte zu wagen. Professor Dr. Gerhard Seiler Oberbürgermeister xv Einleitung Der Plan hat sich bewährt: Um eine breite Leserschaft zu gewinnen, brauchte man keine auf- wendige Publikationsform zu wählen, die in Zeiten schmaler Kassen an den Kosten scheitem könnte, was anderenorts zu beobachten ist. Als Beilage des "Amtsblatts" der Stadt Karlsruhe, h""te der " StadtZeitung", erscheint der "Blick in die Geschichte" vierteljährlich mit dem Annoncenblatt " Der Kurier" in einer Aufla- ge von über 120 000 Exemplaren. Jeder Karlsruher Haushalt erhält somit kostenlos ein Exem- plar des "B1ick in die Geschichte", freilich auf Zeitungspapier, dessen Bestand stärker be- grenzt ist. Aber auch Wll die Handlichkeit einer Aufsatzsammlwlg zu gewährleisten und mit klarer Gliederung und Register den Inhalt aufzuschließen, erscheint nun nach dem ersten Fünf- jahresband dieser zweite Band der Ausgaben 1993 bis 1998. Die Strul1ur des "Blick in die Geschichte" ist auch nach zehn Jahren unverändert: Neben den Aufsätzen finden sich auf der ersten Seite jeweils Biographien, " Carlsruher Blickpunkte" und der "Bücherblick" auf der letzten . Beim Blickpunkt soll auf - ftir manchen - unbekannte Objekte aufmerksam gemacht wer- den, im "Bücherblick" wird aufBucherscheinungen im Lokalen und Regionalen hingewiesen, die auch im Rückblick als Orientierung zur Erschließung unserer Kulturlandschaft hilfreich sein können. Eine Reihe von Aufsätzen steht wlter dem Motto "Auf dem Weg zur Revolution 1848-49" . In diesen auf die Gedenkjahre 1997-99 hinftihrenden Beiträgen kann weit mehr als zu anderen Jubiläen Spezifisches fur unsere Landeshistorie verdeutlicht werden. Der Erfolg vieler zu die- sem Thema herausgegebenen Publikationen sowie der besonderen Ausstellungen zeigt, daß ein Blick in die Geschichte kein Rückzug in einen Elfenbeinturm ist, sondem Klarsieht ftir die Zulmnft bei Selbstfindung im Vergangenen bringt. Und mit diesem Konzept wollen wir auch weiterhin fortfahren. Den vielen Autorinnen wld Autoren sci ftir ihre Mitarbeit gedankt, weil sie - im Grunde ehren- amtlich bei nur geringem Spesenaufwand - mit ihrem Fachwissen zur Gestaltung des " Blicks" beigetragen haben. Für diesen zweiten Band hat wie fur den ersten Kat ja Linder die Druckvorlagen und Rcgister mit Umsicht und Sorgfalt erstellt. Daß dadurch bei Nutzung der EDV-Einrichtwlgen im Stadt- archiv Karlsruhe eine kostengünstige Produktion möglich wurde, ist ihrem Einsatz zu verdan- ken, woftir ihr besonderer Dank und Anerkennung gilt. Zu danken ist Frau Rita Dahm, die gewissenhaft gTÜndliche Korrektur gelesen hat. Dank auch dem "Badendruck" und seinen aufgeschlossenen Mitarbeitem wie der Badenia- Druckerei, die die Buchfassung herstellte. Die Redaktion "Blick in die Geschichte" Dr. Leonhard Müller (verantwortlich), "FOrunl ftir Stadtgeschichte und Kultur" Dr. Manfred Koch XVI Aufsätze Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 1: Von der Jahrhundertwende bis zum Ende des 2. Weltkriegs Architektur- und Städtebauwettbewerb In der zweiten Hälfte des 19 lahrhunderts wurden in Deutschland und Österreich "öffentliche Konkurrenzen" zum festen Be- standteil des öffentlichen Baugeschehens. Anfangs konnten sich die Architekten auf diese Weise nur in den Großstädten um Bauauf- gaben bemühen (Frankfurt 1840: Börse, Hamburg 1844: SI. Nicolai-Kirche, Köln 1851: Kaulhaus GÜfzenich, MÜDchen 1854: Maximilianeum). Konkurrierende Verfahren ohne fonnales Reglement hatte es schon vorher gegeben. Die Vorteile von öffentlichen Wettbewerben sah man " in der Vielseitigkeit der AulTassung der gestellten Aufgabe; in der Ennittlung der hervorragenden Talente; in der Beschränkung des Nepotismus und im Ausschluß jeder Monopolisierung; in der stets erneuten Anregung des öfTentlichen Interesses fur Bauunternehmimgen; in der durch den Wetteifer gesteigerten Anspannung der bau- I..iinstlerischen Kräfte" (1868). Die industriali- sierung rief einen ungeheueren Erweiterungs- druck auf die Städte und " Industriedörfer" hervor, der zu Bauflächenzuwächsen großen Ausmaßes und zu Verdrängung über!lüssiger Befestigungsanlagen am Rande der Stadtkerne fUhrte. Damit stellten sich auch große Aufgaben rur Wettbewerbe in der Stadtpla- nung. Der erste städtebauliche Wettbewerb fand 1858 in Wien statt mit dem Ziel, Entwürfe für die Bebauung der Glacisgründe zwischen der bmenstadt und den Außenbezirken zu erhalten (Ringstraßen bebauung). Karlsruhe zur 1ahrhundertwende In Karlsruhe beginnt das Wettbewerbswe- sen im Städtebau nach der 1ahrhundertwende, nachdem die Stadt durch Überschreitung der 100000 Einwohnergrenze statistisch "Groß- stadt" geworden war. Bis heute sind über 20 Ausschreibungen zu zählen. Sie betreffen im Gegensatz zu Architektur- bzw. Realisierungs- wettbewerben keine Einzelobjekte, sondern Siedlungen, innerstädtische Quartiere, Platz- anjagen und deren Bebauung, Sanierungs- gebiete und Brachflächen, Frei!lächen von gesamtstädtischer Bedeutung, Fragen des Stadtbildes und neuerdings der Gewerbege- biete. Der "Wettbewerb zur Erlangung eir.es zweckmäßigen Ortsbauplans fur die wichtig- sten Stadterweiterungsgebiete" - 1904 nur rur in Karlsruhe ansässige Architekten und Ingenieure ausgeschrieben - brachte kein befriedigendes Ergebnis. Die 1ury ließ dies auch ausdrücklich im Protokoll festhalten . Im Preisgericht saßen neben den in Karlsruher Planungsangelegenhei ten ein!lußreichen, eher dem Ingenieurstädtebau des 19. 1hs. zuge- wandten Prof. Reinhard Baumeister zwei Vertreter der neuen Bewegung im Sinne des künstlerischen Städtebaus, Prof. Th. Fischer und Prof. C. Hocheder aus München. Die Wettbewerbsaufgabe bestand in der Ausar- beitung von Fluchtlinienplänen in den Maß- stäben 1 :5000 und 1 :2000 mit Angaben zur beabsichtigten Bauweise rur drei Stadt- erweiterungsgebiete, nämlich fur den südli- chen Teil der heutigen Südweststadt und Beiertheim einschließlich der alten Bauhofs- flächen am Ettlinger Tor, rur die Zone nord- westlich von Mühlburg und rur die Gebiete östlich der Tullastraße. Diese Pläne waren Vorläufer der heutigen Bebauungspläne, ent- hielten aber auch noch Elemente der FIächen- nutzungs planung. Die wesentlichen Forderungen im Wettbe- werbsprogramm zielten auf die Verkehrser- schließung der neuen Baugebiete zum neuen Hauptbahnhof. "In Straßenzüge s ist anzuge- ben, ob diese mit Gartenanlagen zu zieren oder als Spie1- oder Marktplätze oder sonst- wie zu behandeln sind ... In dem Plane sind geeignete Plätze fur öffentliche Bauwerke anzugeben." Die Vorgaben waren ziemlich beliebig, die Vorschläge in den 12 Projekten mußten dieser Beliebigkeit folgen. Unmoti- vierte Straßenkrünunungen und Straßen- aufweitungen als Platzanlagen prägten als falsch verstandene Gestaltungsmittel im weiterhin dominierenden Rasterstädtebau die meisten Entwürfe der Preisträger. Herrnann Billing, der das Programm fur den Wettbe- werb ausgearbeitet hatte, errang zusammen mit Wilhelm Vittali den ersten Preis. Der Entwurf zeichnete sich durch ein verhältnis- mäßig ruhiges Straßenraster aus und enthielt Vorschläge fur einen großzügigen Bahnhof- platz und fUr die Umgestaltung des Festplat- zes. Die Arbeit des dritten Preisträgers Prof. A. Neunleisterwar insoweit zukunftsweisend, als er vorschlug, die beiden Albufer als Erho- lungsbereiche auszubauen. "Diese Anlagen müssen jedoch, um vollkommen zu sein und ihre Zwecke als große Erholungsstätten fur die Bevölkerung und 'Lungen fur die Stadt' zu erfullen, mit den bestehenden Anlagen, dem Beiertheimer Walde, in Verbindung gebracht werden ... Spätere Generationen werden danken, wenn hier weitblickend großzügig verfahren wird." Für die großflächige Stadterweiterung Karlsruhes blieb dieser Wettbewerb der erste und letzte. Anfang der zwanziger Jahre gab es Überlegungen fur einen Wettbewerb zur Ausarbeitung eines Generalbebauungsplanes flir das gesamte Stadtgebiet und die Nachbar- gemeinden. Der 1926 vorgelegte Entwurf war aber dann ein Werk der städtischen Planer. 2 Der 1911 ausgelobte Wettbewerb zur "Ge- staltung des Bahnhofplatzes in Karlsruhe", ebenfalls nur fur Karlsruher Architekten bestimmt, fuhrte dann zu einem befriedigen- den Ergebnis. Der Vorschlag eines der bei den Preisträger Oskar Seemann und Wilhelm Vittali bestimmt noch heute das Stadtbild am Hauptbahnhof. Vittali selbst konnte auch viele Bauten oder mindestens die Fassaden realisieren. Der Bahnhofplatz war 75 Jahre später neben dem Planungsgebiet südlich des Hauptbalmhofs nocJunals Gegenstand im RahnIen des Wettbewerbs "Entwicklungsbe- reich Hauptbahnhof -Süd". Den Vorschlägen konnte nichts Substantielles bzw. Neues entnommen werden. Ein 80 Jahre altes Problem Die bis heute ungelöste " Ettlinger-Tor- Platz-Frage" fuhrte seit 1902 zu zahlreichen behördeninternen Überlegungen, aber auch zu Gutachten wld Wettbewerben . Ab 1913, nach der erfolgten Verlagerwlg des Haupt- bahnhofs vom Standort des heutigen Badi- schen Staatstheaters nach Süden, zeigte sich die Notwendigkeit einer städtebaulichen Ordnung. AufDrängen der Architektenschaft kam es 1912 zu einem Wettbewerb, bei dem kein erster Preis vergeben wurde. Der Vor- scWag eines der drei zweiten Preisträger, Hans Schmidt, schien wegen seines An- knüpfens an die Tradition Weinbrenners ebenso viele Beflirworter wie Gegner zu haben. Das Jurymitglied Theodor Fischer aus München legt anschließend einen eigenen Entwurf mit wlsynunetTischer Baustruktur vor. Es kommt aber zu keiner Entscheidung. Erst nach dem Ersten Weltkrieg kommt durch den damaligen Baubürgerrneister Schneider wieder Bewegung in diese Planungsfrage. Ende 1923 beauftragte er die Architekten Herrnann Billing, Hans Großmann und Fritz Rößler, VorscWäge zu erarbeiten. Wie er- Das EI/linger Tor nach einem Entwurfvon Hermann Billing 1924 wartet, erhält der Vorschlag Billings durch den künstlerischen Beirat der Stadt als Jury den Zuschlag. Aber nur ein Gebäude, die Oberpostdirektion, entsteht 1935 bis 1938 nach diesem Baufluchtenplan. Anläßlich des Wettbewerbs fur einen Neubau der Städti- schen Sparkasse auf dem Gelände des heutigen Postscheckamtes im Jahre 1950 wird das Billing'sche Konzept von der Jury als nicht mehr zweckmäßig und wünschens- wert erachtet, "weil ein neuer repräsentativer Platz den vorhandenen Marktplatz oder Rondellplatz durch einen großen Maßstab zerstören würde ... Anstelle eines organischen Städtebaues würde die Verwirklichung der Billingschen Planung eine nach heutiger Auffassung unfreie Bebauung nach sich ziehen." Wahrscheinlich setzten Preisge- richtsmitglieder wie Egon EiermaJw ihre Meinung einer " aufgelösten" Stadt durch. Inzwischen begegnen uns am Ettlinger Tor wlterschiedliche Architekturauffassungen der letzten Jahrzehnte in scheinbar beliebiger Anordnung, aber weder Platz noch gestaltete Stadtlandschaft. Ein neuer Wettbewerb oder weiteres Gutachten werden nicht helfen, die Stadtverwaltung selbst ist gefragt, zu entscheiden, was sie will. Der Wohnungsbau fand vordem 2. Weltkrieg Berücksichtigung in zwei Wettbe- werben, die aus ideologischer Sicht völlig gegensätzlich waren. 1928 beriet ein Preisge- richt, dem unter anderem der Frankfurter Stadtbaurat Ernst May, Mies van der Rohe aus Berlin und der Stuttgarter Paul Schmitt- henner angehörten, über 43 eingereichte Entwürfe ftir das Siedlungsprojek1 "Dammer- stock". Die prämiierten Arbeiten zeigten alle vorbehaltlos, daß das "neue Bauen" nun auch in Karlsruhe Einzug gehalten hatte. Sogar der städtische Mitarbeiter des Stadterweiterungs- büros Karl Pflästerer, der im Entwurf des Generalbebauungsplans 1926 die Blockrand- bebauung konsequent verfolgt hatte, wußte mit seinem Wettbewerbsbeitrag, was er der strengen Nord-Süd-Zeilenbauweise schuldig war. Er wurde mit einem Ankauf belohnt. Die 3 Weichen waren schon mit der Festlegung des Preisgerichts und mit den von außerhalb Karlsruhe eingeladenen Architekten gestellt gewesen. Walter Gropius, der erste Bauhaus- Direktor, errang den ersten Preis und fungierte bei der Realisierung als künstleri- scher Oberleiter. 0110 Haesler aus Celle, W. Riphan und C. M. Grod aus Köln und der Karlsruher Detlef Rösiger als weitere Preisträger erhielten wie Gropius Bauaufirä- ge. Ab 29. September 1929 konnte die Allgemeinheit die von der Landeshauptstadt Karlsruhe veranstaltete Ausstellung "KarIs- ruhe Dammerstocksiedlung - Die Gebrauchs- wohnung" mit 228 Wohnungen in 23 Woh- nungstypen besichtigen. Die schon anfangs lauten Polemiken gegen die ungewohnte Architektur nahmen im "Dritten Reich" an Härte zu. Es bestand später sogar die Absicht, die "bolschewistische Architektur" durch aufgesetzte Satteldächer zu "verdeutschen". Das 1936 ausgelobte Projekt "Daxlanden- Süd: Preisausschreiben zur ErIangung eines Aufteilungsplanes und von Entwürfen fUr Einfamilien-, Zweifamilien-, Ein- und Zwei- familien-Doppelhäuser, sowie Einfamilien- reihenhäuser" kann als Gegenprogramm zum Dammerstock gesehen werden. "Die Sied- lung soll einen städtischen Charakter erhalten und in städtebaulicher Hinsicht, sowie im gesamten Aufbau ein richtungsgebendes Vorbild nationalsozialistischen Gedankengu- tes sein". Zuladungen und Prominenz im Preisgericht wie Fritz Todt, Generalinspek- teur der Deutschen Autobahnen, und Paul Schultze-Naurnburg, seit langem Wortfuhrer gegen den "Kulturbolschewismus", sollten für eine große Außenwirk'1Jllg sorgen ("KarIs- ruhe baut eine Adolf-Hitler-Siedlung. Ein neues Stadtviertel mit 600 Wolmhäusem"). Kein KarIsruher Architek1 erhielt einen Preis. Der Mieter- und Bauverein zog rur die Realisierung den zweiten Preisträger Prof. H. Mehrtens aus Aachen den ersten Preisträgern Wach und Roß kotten aus Düsseldorf vor. Der Entwurf versuchte an die ländliche Romantik früherer Gartenvorstadtsiedlungen anzuknü p- fen, was auch durch Straßenbenennwlgen (Am Anger, Kleiner Anger) zum Ausdruck kommt. In der Rheinstrandsiedlung entstan- den bis 1940 über 270 Wohnungen, deren teilweise notwendiger Wiederaufbau 1957 beendet war. Harald Ringler Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 2: Von der Nachkriegszeit bis heute Wiederaufbau Nur 21 Prozent der vor dem Krieg in Karlsruhe errichteten Gebäude überdauerten die Bombenangriffe unbeschädigt. Die Innen- stadt und hier wiederum die Kaiserstraße wiesen die schwersten Schäden auf. "Da der Wiederaufbau der zerstörten Städte wesent- lich ein Problem des Stadtzentrums ist, so wird das seitherige Lebenszentrum der Stadt 4 Karlsruhe zur Diskussion gestellt. Dieses Zentrum in seinem intensivsten Teil ist bestimmt durch die Kaiserstraße zwischen Marktplatz und Hauptpost. Die Neugestal- tung dieses Teils der Kaiserstraße ... soll Gegenstand des Wettbewerbs sein." So die Einleitung des Ausschreibungstextes. Am 23. Juni 1948 beriet das Preisgericht über 91 Entwürfe, davon 48 aus Karlsruhe. Das Hauptproblem in der Stadtrnille sah die Jury im Widerstreit zwischen alt und neu, im Denkmalschutzcharakter der Innenstadt mit den Weinbrennerbauten und im Ost-West- Verkehr. Eine Leistung, die allen Anforde- rungen genügte, bot sich nicht an, so daß vier gleiche Preise und acht Ankäufe vergeben wurden. Die Stadtverwaltung ging r ,ch diesem Wettbewerb ihren eigenen Weg, erarbeitete im Zusammenwirken mit dem dafur gegründe- ten Planungsbeirat einen Bebauungsplanent- wurf. Erst 1954 erreichte das BebauungspIan- verfahren nach mehreren Rechtsstreiten den endgültigen Abschluß. Die meisten der 107 Einsprecher hatten sich gegen die Zurückset- zung der südlichen Bauflucht ab dem ersten Obergeschoß um sechs Meter und gegen die Arkaden beim Marktplatz und Europaplatz ausgesprochen. Eine Verbreiterung der Kai- serstraße, wie sie von 64 Prozent der Wettbewerbsteilnc1uner vorgeschlagen wor- den war, erübrigte sich mit diesen Vorgaben wie auch durch die Verlegung des Anliefer- verkehrs in die Erschließungshöfe wic Douglas-, Erbprinzcnstraße, Passage- und Zentralhof etc. Die Ost- und Westseite des Marktplatzes sollten in alter Foml wiederauf- gebaut werden. Die Nordseite, die nie einheitlich bebaut gewesen war, erhielt einen gleichmäßigen Abschluß und eine Verbreite- nUlg der Karl-Friedrich-Straße Zunl Schloß- platz. Mit der Zurücksetzung der südlichen Gebäude ab dem ersten Obergeschoß verfolgten die Planer damals das Ziel, Licht und Luft in die Stadt zu bringen und "steinerne Häuserschluchten" aufzulösen. Die Kaiserstraße war noch zwei weitere Male Gegenstand gutachterlicher Wettbewer- be. 1973 legten die Architekten W. Förderer, G. Kramer und G. Martinsson Planungsvor- schläge fUr die "Umgestaltung Marktplatz! KaiserstraßelHauptpost" vor. Im September 1974 war der Abschnitt der Kaiserstraße zwischen Herrcn- und Ritterstraße zur Fußgängerzone nach den Plänen von G. Kramer umgestaltet. 1991 bemühten sich sechs eingeladene Architekturbüros um Vor- schläge ftir die ,,Aunvertung der Innenstadt". Stadterweiterung ~.w,,,,,'.W'.W.W,~"'hV"'W.W"'''''''W.' ...... ·.u''',,,''''''''.u'.V'''W.''W'''''W.V.W." .... ·,u . ....... • ......... • ... .... w ... " Innerhalb der Gemarkungsgrenze der Stadt ist nur noch Platz ftir 52 000 Menschen." Diese Aussage machte der damalige Oberbürgermeister Klotz im Okto- ber 1954 und leitete damit ein Stadt- erweiterungsprojekt auf einem Gelände von 225 Hektar mit Wohnraunl fur 13 000 Menschen ein. 20 000 bis 25 000 Einwohner waren anfangs geplant gewesen in dieser neuen, zum größten Teil im östlichen Hardtwald konzipierten Nordoststadt. Die durch den jährlichen Zustrom von über 5 000 Menschen drastisch zunehmende Wohnungs- not konnte durch die bereits laufenden Projekte wie das Mühlburger Feld (Wettbe- werb 1953), Rintheimer Feld und die Flugfeldbebauung (Nordweststad!) nicht be- hoben werden . Am 11. Januar 1955 nahnl der Karlsruher Stadtrat mit großer Mehrheit das Nord- Oststadt-Projekt an. Auf Drängen der Architektenschaft lobte die Stadt Ende August 1956 den "Städtebaulichen Ideen- wettbewerb und Bauwettbewerb Waldstadt/ Karlsruhe" aus, ließ aber den Planem nur bis Anfang November Zeit zum Arbeiten. Ent- weder übernahmen die Planer den städtischen Entwurf von 1955 wld entwarfen zwei Nachbarschaften mit je 650 Wohnungen oder sie erstellten einen neuen Gesamtplan fur eine Trabantenstadt ftir 25 000 Einwohner. Das Konzept Kar! Sc1gs, des ersten Preisträgers, wich nicht grundsätzlich vom städtischen Vorschlag ab, schuf ein straffes Konzept mit ftinf einheitlichen Wohnbereichen fur 18000 Einwohner und mit breiten Grünräumen. Im September 1957 erfolgte der erste Spatenstich 5 in der Königsberger Straße. 1974 lieferten runf Architekten bzw. Planergruppen ihre Planungs gutachter. "Karls- ruhe-Nordoststadt" ab mit Entwürfen zur WaldstadtlFeldlage, die zwar von Anfang an geplant, aber bis dahin noch nicht realisiert war. Die Berliner Gruppe Freund/Oefelein! SchmockIVolkenborn erhielt dann den Pla- nungsauftrag fiir die Fertigstellung des nun bald 20 Jahre alten Siedlungsprojekts. Bereits vor der Waldstadtplanung galt das Beiertheimer Feld, d. h. der heute noch von Kleingärtnern genutzte Teil, als potentielles Baugebie!. Die k1einteilige ParzelIierung des sich in privaten Händen befindlichen Areals galt aber als Haupthindernis. 1971 war das Gelände neben dem Albgrün Gegenstand eines städtebaulichen Idecnwettbewerbs. Der Entwurffiir das Albgrün des damaligen ersten Preisträgers J. Jakubeit fUhrte zur heutigen Günther-Klotz-Anlage. Als Stadterweiterung im Sinne der Bebau- ung größerer, meist landwirtschaftlich genutz- ter Flächen, kann auch der künftige 28 Hektar große "Technologiepark Vogelsand" zwi- schen Rintheim und dei Waldstadt gesehen werden. Der 1989 veranstaltete Ideenwettbewerb sollte die Entwurfsgrundlage rur einen Bebauungsplan liefern, um ein Baugebiet fUr Forschung, Dienstleistungen und technologie- orientiertes. Gewerbe in der räumlichen Fortsetzung der Universität und der Techno- logiefabrik erschließen zu können. Der "Internationale städtebauliche Ideen- wettbewerb Karlsruhe 1970" beansprucht sowohl vom Umfang des Verfahrens als auch von der stadtentwicklungspolitischen Bedeu- tung in der bisherigen Historie der Karlsruher Wettbewerbe den ersten Platz. Ende der 60er Jahre drohte der bevorstehenden A1tstadtsa- 6 nierung eine Umsetzung der Vorstellungen der Architektengruppe Kraemer, Sieverts, Pfenning: Hochhäuser und Flachbauten auf einem vorher leergeräumten "Dörfle". Die hiesige Architekturfakultät drang daraufhin zusanunen mit der Architektenkammer und dem Werkbund auf einen Wettbewerb, was von der Stadt schließlich akzeptiert wurde. Ende 1970 gingen aus 20 Ländern Europas 216 Arbeiten ein, die mit Abstand höchste Teilnehmerzahl eines Wettbewerbs in Karls- ruhe. Die Wettbewerbsbeiträge glichen einem Kaleidoskop der damals gängigen Archi tektur- auffassungen: von pyram.idenförmigen Bau- körpern über den alles beinhaltenden Einzel- riegel bis zur Blockrandbebauung. Zehn Arbeiten kamen in den Genuß der Preise; drei Sonderpreise und sieben Ankäufe wurden fur besondere Einzelideen vergeben. Im Herbst 1971 beauftragte die Stadt Karlsruhe die "Neue Heimat" Baden-Württemberg als Treuhänder rur die Sanierung des 16 He~1ar großen Gebietes. Der San.ierungsträger be- auftragte 1972 runf der Preisträger mit der Überarbeitung ihrer Arbeiten. Nach dieser Phase erhielten zwei Büros, Hilmer/Sattler/ Sattler aus München und Müller/Schmock! Volkenborn aus Berlin, nochmals die Ge- legenheit der Überarbeitung. Der Münchner Enhvurf' beruhte auf dem Prinzip der Blockrandbebauung in Anpassung an den Stadtgrundriß und beließ den Fußgänger- und Fahrverkehr auf derselben Ebene. Das "Berliner Konzept" beruhte auf dem System von doppelzeiligen Baukörpern in Nord-Süd- Richtung und wies den Fußgängern die zweite Ebene über dem Straßenniveau zu. Dazwi- schen sollte der Anliegerverkehr und die Parkierung stattfinden. In beiden Enhvürfen blieb der Ostteil der Objektsanierung vor- behalten. Nach zähem Ringen in und zwischen den beteiligten Gremien und Institutionen wie Fachbeirat, Stadtplanungs- ausschuß, Stadtverwaltung sowie Sanie- rungsträger entschied sich der Gemeinderat am 19. Dezember 1972 fiir den "Münchner Entwurf" der Grundlage ftir die Bebauungs- pläne und damit das Konzept rur die spätere Bebauung wurde. Dieses beinahe drei Jahre dauernde Verfahren zeigt die Grenzen des Findungs- und Entscheidungsinstruments "Wettbewerb" deutlich auf. Denn, wie der damalige Berater Thomas Sieverts formulierte: es lassen sich Planungsabläufe dieser Größenordnung und Komplexität mit den üblichen Verfahren nicht mehr steuern. Ein Wettbewerbspro- gramm flir einen solchen Stadtteil kann mit einiger Verbindlichkeit nicht aufgestellt werden. Unbestritten ist die Bedeutung der Wettbewerbe als Anstoß der öffentlichen Meinung, als Vergleichsmaßstab, als Fort- Planung zur Altstadtsanienmg (Das "Dörjle ") bildungs instrument und Generator von Ideen. Daß Wettbewerbe mit überschaubaren Aufgaben in Sanierungsgebieten ihre Funkti- on haben können, sofern eine Umsetzung der Ergebnisse erfolgt, zeigt die "Mehrfach- beauftragung Südstadt Grünzug" (1991192). Dieser 1976 eingeweihte Stadtteilgrünzug erfordert Maßnahmen der "Stadtreparatur", einer Sanierung und Stadtbildverbesserung im kleinen Maßstab, wie Schließung von Lücken, sinnvolle Ergänzung der angrenzen- den Bebauung und phantasievollen Grün- raumgestaltung. Ein Bauvorhaben auf einem der attraktiv- sten Standorte im Sanierungsgebiet sorgte 1988 flir kommunalpolitische Unruhen, das L'Oreal-Projekt am Kronenplatz. Das bis dahin flir ein Kaufhaus vorgesehene Gesarnt- grundstück sollte nach einem Realisierungs- 7 wettbewerb in Teilen·bebaut werden. Dagegen formierten sich Gegner einer Bebauung, um die Brachfläche als Freiraum zu erhaaen. Der daraufhin durchgetUhrte Bürgerentscheid konnte wegen des verfehlten Quorums (19,5 Prozent anstatt 30 Prozent) keine neue Entscheidung des Gemeinderats herbeifuh- ren. Den Ende 1988 entschiedenen Wettbe- werb gewann das Büro Rossmann und Partner, den Bauauftrag erhielt einer der beiden Zweitplazierten, H. Rotermund. Stadtreparatur _;V>:-X·»~_"'_>>>X"""h_"'~:<<<..w .. :·>>>:·,..~lV[ Ein Schwerpunkt der Stadtplanung der 80er Jahre lag in der Beschäftigung mit Industrie- und Gewerbebrachen und deren künftiger Nutzung. So wurde durch Stadtumbau- und Stadtreparaturprojekie auch tUr das Wettbe- werbswesen ein zusätzliches Arbeitsgebiet erschlossen. Der 1981 jurierte städtebauliche Ideenwettbewerb fur das ehemalige "Bin- ding-Areal" zwischen Karlstraße und Beiert- heimer Allee und die Umgestaltungsaufgabe des Dragonerkasernengeländes (19\\2) leite- ten eine Reihe von Projekten ein. Mit dem dieses Gelände tangierenden 2,5 Kilometer langen Grünzug vom Mühlburger Tor bis zur Neureuter Straße beschäftigen sich Grün- raumplaner als Wettbewerbsteilnehmer (1986). Die Gewinner des Grünzugwettbewerbs, das Karlsruher Büro Klahn und Singer, hatte bereits 1984 den Ideenwettbewerb "Neuord- nung des 'Bereichs um das Schloß Gottesaue" gewonnen. Eine Park- und Auelandschaft sollte der Oststadt die notwendigen Freiflä- chen mit dem Schloß im Mittelpunkt geben. Damit begann der Versuch der langsamen Umnutzung der 34 Hektar großen Fläche mit staatlichen Programmen. Die bisherigen Erfolge sind gering, da die Aufgabe der ZAST, die Verlagerung städtischer Dienst- stellen und des Schlachthofs noch rucht 8 erfolgten. Die vorgesehene Fußgängerbrücke in Fortsetzung der Veilchenstraße (Wettbe- werb 1986) scheiterte bisher an Anliegerein- sprüchen. Die Hoffnung liegt nun auf der " Bundesgartenschau 200 I", deren Kern- bereich hier liegen soll. 1990 lieferten neun eingeladene Architekten flir die nahe Fläche der ehemaligen Milchzentrale an der Dur- lacher Allee Wettbewerbsentwürfe flir ein "lnnovationszentrum" ab. Auch fur die Aufgabe Bundesgartenschau liefen bereits zwei Wettbewerbe: der "Städte- bauliche Ideenwettbewerb Karlsruhe-Süd- ost-Gottesaue" in den Jahren 1991/92 und der Folgewettbewerb "Ideen- und Realisierungs- wettbewerb Bundesgartenschau Karlsruhe 2001 " (1993). War der 1962 veranstaltete Ideenwettbewerb fur die Bundesgartenschau 1967 nur auf die Freiraumgestaltung des Stadtgartens und der Umgebung um das Schloß ausgerichtet gewesen, so liegt die eigentliche Zielsetzung des neuen Projekts in der großflächigen Stadtreparatur einschließ- lich der Umsetzung eines Verkehrskonzepts (Entlastung der Durlacher Allee durch die östliche Kriegsstraße und den verlängerten Ostring). Doch dies ist noch Zuk-unft, denn die endgültige politische Entscheidung steht noch aus. Nicht inuner fuhren Wettbewerbe zur Realisierung der gefundenen Vorschläge. So nahm das Bauprojekt "Zentrum tUr Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM)"einen völlig anderen Verlauf als er mit dem 1986 veranstalteten Ideenwettbewerb "Entwick- lungsbereich Hauptbahnhof-Süd"und dem 1989 abgeschlossenen Realisierungswett- bewerb ZKM begonnen hatte. 1994 beginnen nach dem abgeschlossenen Gutachterverfahren mit drei eingeladenen Planungsbüros die Umbauarbeiten im Hallenbau auf dem IWKA-Gelände, das insgesamt ein Stadtum- bau-Projekt geworden ist. Die 23 erwähnten und beschriebenen Wettbewerbe nach 1945 sind noch zu ergänzen mit AufgabensteIlungen aus der Grünraumplanung (Friedhof Nordwest 1980, Grünzug Albufer Grünwinkel 1981, Außen- anlagen Karlsburg Durlach 1988). Auch liefen einige Hochbauwettbewerbe, deren Umsetzungen in die Realität vor allem rur das Stadtbild von großer Bedeutung sind. Der Ettlinger-Tor- und Festplatzbereich nimmt dabei eine herausragende Stellung ein (Schwarz- waldhalle 1953, Badisches Staatstheater 1963, Stadthalle 1978, Gartenhalle 1987, Opel- Gelände 1991). Im Zusammenhang mit archilekturhistorisch wichtigen Situationen sind zu erwähnen die Architektenwettbewerbe "Landeskreditbank am Schloßplatz"( 1978) und "Badische Landesbibliothek" ( 1980) ge- genüber der St.-Stephans-Kirche. Diese komprimierte Darstellung über beinahe 90 Jahre städtebaulicher Wettbe- werbspraxis in Karlsruhe belegt die Wichtig- keit dieses Weges der Stadtplanung. Deutlich wird aber, daß komplexe Aufgaben und die Planung über Quartiersgrößen hinaus kein Feld rur die relativ kurzfristige Bearbeitung durch oftmals ortsfremde und auch nicht in das Planungsgeschehen einer Großstadt einbezogene Büros sein kann. Auch gelingt es keinem Preisgericht, in meist nur zwei Tagen eine große Anzahl von eingereichten Arbeiten in ihrer Differenziertheit einzuschätzen. Die Kommunen sollten die Tradition der 20er Jahre wieder aufnehmen und die Planungskultur in den eigenen Verwaltungen pflegen. Das nicht realisierte Vorhaben "Rheinstadt" Mitte der 60er Jahre hat bewiesen, daß gerade große Planungsaufgaben sehr gut durch eine von Alltagsarbeit freigestellte Projektgruppe geleistet werGen können. In der Zukunft wird diese verwal- tungsinterne Projektarbeit, angereichert von temporärer Beratung, noch wichtiger werden. Harald Ringler Parkstadt - Parkring - Rheinstadt Ideen für neue Stadtteile in Karlsruhe nach dem Zweiten Weltkrieg Stadtplanung bereitet Bauen vor und verhindert Bauen. Das letztere ist manchmal wichtiger, wenn auch nicht spektakulär. Stadtplanung nährt sich von Ideen, setzt diese in Pläne und Regeln um. Pläne fUhren aber nicht immer zur Realisierung ihrer Inhalte, auch wenn sie Gemüter bewegt, politischen Streit erregt und Hoffuungen geweckt haben. Jahre später erinnern sich manchmal nur noch die unmittelbar Beteiligten daran. Gerade um solche Projekte, die ausschließlich in Akten, Broschüren und Zeitungsarchiven Spuren hinterlassen haben, geht es in diesem Beitrag. Am Ende der Lekiüre mag der Leser überlegen, ob nicht vielleicht eine der Ideen in der femen Zukunft aktuell werden könnte. Stadterweiterung geschah bis ins 20. Jahrhundert als Fortsetzen der Bebauung, unnüttelbares Hinzuftigen von neuen Stadt- teilen an die bestehende Stadt, wie dies in Karlsruhe bis Mitte des 19. Jahrhunderts innerhalb der heutigen Innenstadt geschah. Die Südstadt, Südweststadt, Oststadt und Weststadt schlossen ab zirka 1860 nachein- ander an die Kemstadt an. Eine Entwicklung nach Norden, wie es im Parkring-Projekt vorgesehen war, gab es nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutete Stadtelweiterung 9 Schema der Neuordnung des Raumes Karls- ruhe (0. E. Schweizer 1944) mit Parkstadt im Sadosten. die Anlage eigenständiger Siedlungen, abge- setzt von der eigentlichen Stadt. Hierfur wären die Parkstadt und die Rheinstadt Beispiele gewesen. Parkstadt - Höhenstadtteil im Südosten Eine von der Stadtverwaltung beauftragte, 1944 fertiggestellte Studie der beiden Professoren an der hiesigen Technischen Hochschule, Friedrich Raab und Otto Ernst Schweizer, beinhaltet Vorschläge "über die Ausgestaltung der Bahnanlagen und die Ausweisung von Baugebieten im Raum von Karlsrube". Schweizer veröffentlichte seinen Beitrag mit dem Titel ,,zur städtebaulichen Neuordnung von Karlsrube" im Jahre 1948 "zum Gebrauch der Studierenden der Tech- nischen Hochschule zu Karlsrube bei städtebaulichen Studien aufgaben", auch ei- 10 nes der vielen Beispiele von Kontinuität der Ideen und Karrieren in diesen Zeiten. Die Konzeption berubt auf dem Gedanken des "Trabantenbandes", eine Kombination von zirka 500 Meter voneinander entfernten Wohn- und Gewerbegebieten. Die Wohnge- biete schließen an die vorhandenen Dörfer wie zum Beispiel Forehheim, Mörsch und Durmersheim an, die Gewerbeflächen liegen östlich davon entlang der Bahnlinie, teilweise im südlichen Hardtwald. Die Freiräume zwischen den Dörfern bleiben erhalten. Nach Norden erstrecken sich die Trabantenbänder in gleicher Weise beiderseits des Waldes entlang der Linie Neureut und Eggenstein bzw. Hagsfeld, Blankenloch. Die Industrie- zone westlich von Hagsfeld wurde zelm Jahre später als Wohnbaufläche für die spätere Waldstadt ausersehen. Die LandschafI zwi- schen Rüppurr, Ettlingen und Durlach erfahrt keine Siedlungserweiterung. Dafür wird die Berghöhe vom Wattkopfbei Ettlingen über Hohenwettersbach in Richtung Grötzingen für eine, vom Rheintal aus nicht sichtbare "Parkstadt" ausersehen. Die Be- bauung soll teils durch freistehende Einfami- lienhäuser mit 400 Quadratmeter großen Gärten, teils durch drei- bis viergeschossige Zeilen erfolgen. Eine Vorortesclmellbahn verbindet diese bandartige Siedlung mit dem Hauptbahnhof. " Eine besonders wichtige Aufgabe scheint es mir fur Karlsrube zu sein, ein Wohngebiet zu schaffen, das eine vollwertige Wohnanlage in jeder Beziehung darstellt. Eine solche Wohnlage besitzt Karlsrube auch in seinen besseren, wesentlich im Westen gelegenen Wohngebieten heute noch nicht. ... Besonders für den geistig arbeitenden Menschen muß jedenfalls nach einer höher gelegenen Wohngegend gesucht werden, welche auch eine wirkliche Entspan- nung für den modemen, nervösen Menschen bietet" (Schweizer). Die ab 1964 entstehen- de, fur Führungspersonal der Karlsruber WirtschaftgedachteBergwaldsiedlung scheint ein vereinzeltes Element dieser Idee zu sein. Das von Schweizer so selbstverständlich formulierte Ziel der Nichtsichtbarkeit der Siedlung von der Ebene scheint hier wenig beachtet. Auch die Besiedlung des Durlacher Hanggebietes läuft seinen 20 Jahre früher niedergeschriebenen Leitgedar ' ' n des Frei- haltens des Schwarzwaldrandes entgegen. Für die fachliche Legitimation der Lage der Waldstadt war der "Schweizer-Plan" gut, ftir die bauliche Entwicklung in Durlach schien er unbrauchbar. Der Berufung auf frühere Pläne ist deshalb mit Vorsicht zu begegnen. Frei von Bindungen formulierte Ideen geben manch- mal Anstöße, werden umformuliert oder gar anderen profaner entstandenen Vorhaben unterlegt. Sie erhalten aber auch manchmal die Chance, wiederbelebt zu werden, wie das ftir den geschilderten Gedanken einer "Park- stadt" als Höhenstadtteil zutreffen kann. Parkringbebauung - Stadtenveiterung nach Norden .W"""~ ..... ,..",.,~ ......................................... ,,,.y"''''.'' ''' '~'''''''''''''''''.W."".~~'''''' ..... w.'., Der nördliche Hardtwald ist seit den 20er Jahren immer wieder Thema der Stadtpla- nung. Der Entwurf zurn Generalbebau- ungsplan 1926 legte die Grundlagen ftir den Parkring, der heutigen Adenauer-Allee, mit den beiderseits angeordneten Sportanlagen. 1948 lieferten die Karlsruher Architekten Willett und BingIer im Ralunen des Kaiserstraßen-Wettbewerbs einen Vorschlag zur Bebauung der Waldzone zwischen dem Ahaweg und dem Parkring mit Wohnungen ftir 20 000 bis 25 000 Menschen unter möglichster Schonung des Baumbestandes ("Wohnen unter den hohen alten Bäumen"). Die Idee einer Karlsruher Waldstadt ist damit geboren. Die zweite begann die amerikani- sche Besatzungsmacht zwei Jahre später an der Erzbergerstraße zu realisieren. Die dritte Waldstadtidee wird ab 1957 Wirklichkeit, L-__________ ~~_________~ Vorschlag für die Parkringbebauung von Wi//ett und Bing/er 1948, 1949. nicht unabhängig von den ab 1949 gefuhr:en Diskussionen über die Inanspruchnahme des Waldes ftir Siedlungszwecke. Der Vorschlag ftir eine nördliche Stadt- enveiterung war nicht unbegründet. Das Fehlen eines nördlichen Wohngebietes als Einzugsbereich fur die Innenstadt, die geringe Entfernung dorthin und der Staat alseinziger Eigentümer der Fläche sprachen bei der immer stärker werdenden Wohnungsnot rur diese Überlegungen. Ein Drittel des Woh- nungsbestandes war im Krieg zerstört worden, die Einwohnerzahl hatte aber nach dem Krieg zugenommen. Der Karlsruher Gemeinderat beschloß am 15. Februar 1949 außerhalb der Tagesordnung (!) nach einem fraktionsübergreifenden Antrag des Stadtra- tes Hernlann Walter gegen die Stinune des Stadtrates Dr. Friedrich Seippel: ,,zur Durch- ftihrung eines großzügigen Wohnungsbau- programmes soll das zwischen Ahaweg und Parkring gelegene Gelände fur den Woh- nungsbau freigegeben werden. Der General- bebauungsplan ist entsprechend zu ändern ... " Walter hatte die Parkringbebauurlg seit Mitte 1948 betrieben. Dr. Seippel wies in seiner 11 Gegenrede auf das riesengroße Baulücken- potential hin und fragte, warum der Vorteil, den Wald vom Zentrum aus in kurzer Zeit erreichen zu körmen, aufgegeben werden sollte. Nach diesem Stadtratsbeschluß setzte in der Tagespresse eine engagierte Diskussi- on ein. Die Initiative schien aber im Laufe der Zeit im Sande zu verlaufen. Oberbürgermeister Günther Klotz eröffne- te 1954 die weitere Diskussion mit den öffentlich gestellten Fragen "Läßt sich die Waldgrenze auf Dauer halten? Karm die Kaiserstraße fur ewige Zeiten an der Peripherie der Stadt liegen?" Er brachte auch die Idee von zwölf Hochhäusern am Parkring am Schnittpunkt der Strahlen ins Spiel. Der Karlsruher Architekt Erich Schelling nahm diesen Ball auf und erneuerte den funf Jahre alten Vorschlag für eine lockere Bebauung des Hardtwaldes. Dafur sollte die Stadt im Südwesten Ausgleich schaffen durch Auffor- stungen. Die intensiv geftihrte Diskussion kann in der damaligen Tagespresse nachvoll- zogen werden. Im Januar 1955 präsentiert Klotz das Projekt "Nord-Ost-Stadt" für 30 000 Bewohner. Der Wald südlich des Parkringes bleibt frei von Bebauung. Das Beispiel zeigt auch den damals bereits vereinzelt gesehenen Zielkonflikt zwischen Bauen und Schutz des Natur- und Landschafts- raumes, ein vermeintlich erst seit wenigen Jahren erkanntes Problem der Stadtplanung. Rheinstadt - ein neuer Stadtteil im Westen Die Überlegungen fur eine dichte Wohnbe- bauung in der Burgau, des heute unter Schutz stehenden Landschaftsteils zwischen dem Knielinger See und der Pfalzbahn, lassen sich in den Akten bis auf das Jahr 1964 zurück-verfolgen. Ende 1968 finden sich noch Erwähnungen in Zeitschriften, eher als Die Rheinstadt, Modell von Nordosten aus gesehen, 1965. 12 Vorsorgeplanung, denn als ernsthaftes Pro- jekt dargestellt. Die Planungsarbeiten waren schon längst beendet worden. Mit dem Rückzug des damaligen Oberbürgermeisters Günther Klotz aus der Politik im Jahre 1970 verschwand diese im Stadtplanungsarnt geborene Idee dann vollständig. Die Rheinstadt hatte als erns:: .aft betriebe- nes Projekt begonnen. Ein eigcnes "Rhein- stadtbüro" mit teilweise für diese Aufgaben freigestellten städtischen Mitarbeitern und studentischen Hilfskräften von Mitte 1965 bis Anfang 1967 bot die planerische Infrastruk- tur. Gutachten wurden in Auftrag gegeben, städtische Ämter mit Detailaufgaben be- schäftigt, eine eigene Broschüre herausgege- ben. Diese Planungskosten betrugen minde- stens 110 000 Mark. Sogar die Genehmi- gungsbehörde, das Regierungspräsidium, war fur das Projekt gewonnen worden. Aber weder der Karlsruher Gemeinderat noch sein Planungsausschuß waren, obwohl es fur Mitte 1966 vorgesehen gewesen war,. ein einziges Mal mit der Rheinstadt-Idee befaßt gewesen. Die Bevölkerung hatte zwischen 1950 (201000) und 1961 (245 000) im Jahres- durchschnitt um 4 000 Einwolmer zugenom- men. Die Zeichen wiesen weiterhin auf Wachstum, unter anderem durch ein Gutach- ten über die wirtschaftliche Entwicklung des Raumes Karlsruhe. Die Prognosevariante "Mittlerer Zuwachs" ging dabei von einer Zunahnle bis 1980 von 50000 Einwohnern, also von einem durchschnittlichen Anwach- sen der EinwolUlerzahl von 2 500 pro Jahr aus. Die damaligen Wohnbauprojekte schie- nen fur. einen derartigen Zuwachs nicht ausreichend, was zu ersten Überlegungen einer Wohnsiedlung im Oberwald fuhrte . Voraussehbare Schwierigkeiten mit der vorhandenen Wassergewinnungszone ließ das Stadtplanungsanlt neue Möglichkeiten finden: die Fritschlach in DaxJanden wld die Burgau in Knielingen. Letztere Variante hatte den Vorzug des überwiegend städtischen Eigentums gegenüber der großteils in vielen privaten Händen befindlichen Fritschlach. An die Stelle der bisher verfolgten großen nördlichen Hafenerweiterung mit Industrie- gebiet trat nun die "Rheinstadt", geplant fur 27 000 Einwohner in drei großen und zwei kleinen Nachbarschaften auf insgesamt 100 Hek1ar Fläche. "Karisruhe am Rhein" schien nun endlich Wirklichkeit zu werden. Das von den Raffinerien im Norden bis zum Rheinhafen im Süden durchgehend geplante Industrieband war nicht mehr wünschens- wert, die Möglichkeit des Zugangs zum Rhein gewann Bedeutung und die Belastung von Knielingen durch Industrie schien abwend- bar. Die damals aufwendig betriebene Straßenverkehrsplanung mit Nord- und Südtangente und der Fortfuhrung der B 36 von Neureut quer durch den Ortskern von Knielingen an der Rheinstadt vorbei über den Rheinhafen sicherten eine sehr gute Erschlie- ßung für den Autoverkehr. Die Planung einer Straßenbahnlinie war im Gespräch, aber nicht näher definiert. Die Lage am Knielinger See ernlöglichte "Wohnen am Wasser" mit Freizeit- und Erholungsnutzungen. Die Konzeption der Bebauung war ausge- richtet auf vier- bis 20geschossige Gebäude, teilweise gelagert auf einer Erschließungs- und Parkierungsebene. Das in den 60er Jahren verfolgte Ziel "Urbanität durch Dichte" galt auch für die Rheinstadtplanung. Es war die Fiktion, städtisches Treiben durch Funktionstrelmung und vielgeschossige Be- bauung zu erreichen. Eine zweite, viernlal sovieIe Menschen fassende Oberreut-Wald- lage am Wasser wäre entstanden. In der im September 1965 erschienenen Ausgabe des Karlsruher Wirtschaftsspiegels verkündete Oberbürgermeister Klotz die mit Sicherheit vorauszusagende Erstellung . der Rheinstadt. Die Rheinstadt diente im Stadt- 13 jubiläumsjahr als Vorzeigeobjekt. Die ersten Kostenzusammenstellungen erfolgten im De- zember. Die Schätzung ftir die wichtigsten städtischen Maßnahmen wie Aufschüttung des Geländes, Hochwasserschutz, Verlegung der Freileitung, Kanalisation, Wasser-, Strom- und Gasversorgung belief sich auf nahezu 35 Millionen Mark, was aufheutigem Stand fortgeschrieben I I 8 Millionen Mark bedeutet, die Investitionen ftir die Verkehrs- anbindung und die aufwendige Erschließungs- und Parkierungsebene ftir über 10 000 Fahrzeuge noch nicht gerechnet. Im Rezes- sionsjahr 1966, mitten in der Fertigste!- lungsphase der Bundesgartenschau 1967, erschien die Finanzierung dieser notwendigen Vorleistungen wahrscheinlich als unsicher. Es verschwanden langsam die Zeichen des Wachstums. Für das Jahr 1966 zeigte die Bevölkerungsstatistik erstmals Wanderungs- verluste, die aber noch vom Geburtenüber- schuß aufgefangen werden konnten. Hatte das bereits erwähnte " Isenberg-Gutachten" bis 1980 eine Steigerung der Einwohnerzahlen bis auf290 000 als Mittelwert prognostiziert, so blieb der tatsächliche Wert unter 238 000 (ohne die 1972-1975 eingemeindeten Voror- te). Ein anderes großes Projekt, die "Altstadt- sanierung", rückte in der zweiten Hälfte der 60er Jahre verstärkt in den Blickpunkt der Planung. Der Übergang von der "Stadt- erweiterung" zur "Stadterneuerung" war eingeleitet. Zudem begann mit der verstärkten Demokratisierung des öffentlichen Lebens die Ablösung der autoritär bestimmten Ver- mittlungspraxis von Planungsideen, die si- cherlich ihrerseits getragen war vom Verant- wortungsbewußtsein ftir aktuelle Probleme wie dem ak'Uten Wohnungs mangel in den 50er Jahren. Harald Ringler Verkehrsprojekte in Karlsruhe: vergessen, verworfen, aufgegeben Standen im vorhergehenden Aufsatz nicht realisierte Ideen und Projekte fur Siedlungen im Blickpunkt, so sollen nun einige in Ver- gessenheit geratene planerische Vorhaben vorgestellt werden. Dabei geht es um die Schiffahrt, den Flugverkehr und Straßen. Im Stadterweiterungsplan von 1802 schlug Friedrich Weinbrenner die Anlage eines Kanals vom Rhein bis nach Karlsruhe und weiter bis zum Steinkanal im Osten vor. "Denn Karlsruhe, das nur eine Stunde vom Rhein, und doch so weit entlegen, daß es nicht bei jedem nachbarlichen Streit dem Ruin des 14 Krieges, wie andere Grenzstädte, ausgesetzt ist, würde noch ferneres außer der Annehm- lichkeit, durch die Verbindung des Rheins eben so viel ftir den Kommerz gewinnen, indem es ohnehin schon sehr geschickt durch die Heerstraßen, die sich von ganz Schwaben hindurch nach Frankreich und der Schweiz ziehen, ftir den Speditionshandel gelegen ist." Im Bereich der heutigen Innenstadt läge der Kanal in der Moltkestraße und östlich des Schlosses in der Richard-Willstätter-Nlee. Ein Plan von 1809 sieht ein Hafenbecken und Kaufhäuser am Schnittpunkt des Kanals mit der verlängerten Karlstraße vor, ungefahr auf der Fläche des heutigen Bismarck-Gymnasi- ums. Ein weiteres Kanal- und Hafenprojekt ist im Plan zur Stadtvergrößerung von 1812 enthalten. Ein Hafen, gespeist von einem vereinten Murg- Wld Albkanalliegt mit einem neuen Marktplatz vor dem Ettlinger Tor. Fast ein J ahrhWldert nach Weinbrenners erstem Hafenprojekt erhielt die Stadt ihren Rheinhafen. Zwischen 1899 Wld 1901 erfolgte der Bau an seiner heutigen Stelle, nachdem es verschiedene Standortvorschläge gegeben hatte. Der GeneralbebauWlgsplan 1926 enthält bereits eine Erweiterung mit weiteren Hafenbecken. Diese PlanWlgs- überlegWlg hielt sich bis in die 60er Jahre Wld verschwand erst mit dem an dieser Stelle vorgesehenen, später ebenfalls auf gegebenen Projekt Rheinstadt. Flughäfen Nach dem ersten Aufstieg eines Zeppelin im Jahre 1900 gewann die Luftschiffahrt bis in die 3 Oer Jahre eine gewisse BedeulWlg fur den Luftverkehr. 1908 überflog der Luftschiff- konstrukteur Graf Zeppelin Maxau, 1911 landete erstmals ein Luftschiff in Karlsruhe auf dem damaligen Exerzierplatz. Ende der 20er Jahre entstand das Projekt eines "Weltflughafens" ftir Luftschiffe in Deutsch- land. Karlsruhe bewarb sich 1928 neben Frankfurt Wld Berlin wn diesen "Zeppelin- Luftschiff-Hafen" Wld präsentierte daftir den Oberwald, wobei an ein Flächenausmaß bis 290 ha gedacht war. Als Standortfaktoren galten die Balmhofsnähe Wld die künftig das Gelände tangierende Autobahn Hanlburg- Frankfurt-Basel. Ein meteorologisches Gut- achten bescheinigte Karlsruhe die wahr- scheinlich beste EignWlg ftir diese Einrich- tung in der Oberrheinebene (Große Böen- freiheit, geringe Windstärken Wld Nieder- schlagsmengen, niedrige Anzahl der Nebel- tage). Daß die Luftschiffahrt ohne ZukWlft war, mag im nachhinein ein Trost ftir die Erfolglosigkeit der BewerbWlg sein. F7ugplatzprojekl in Neureul (1933), Perspektive. Ein regelmäßiger Flugverkehr mit Karlsru- he als Haltepunkt begann 1925 mit dem Linienflug Frankfurt-Karlsruhe-Lörrach. Den Landeplatz auf dem Gelände des ehemaligen Exerzierplatzes im Nordwesten der St3dt frequentierten im ersten Jahr bereits 2.000 Fluggäste. Das 25 ha große Gelände reichte vom ursprünglichen Areal des Klinikums im Süden bis zur Waldgrenze an der Binsen- schlauchallee im Norden, von der Hardt- waldsiedlWlg im Osten bis Wlgefahr zur gedachten Verlängerung der Nancystraße. 1m Laufe der Jahre wurden Erweiterungen notwendig, was 1933 wegen des angestrebten Flächenausmaßes mit einem 600-m-Radius vom FlugplatzmittelpWlkt aus zu Überlegun- gen einer AusweilWlg auf eine Größenord- nWlg von über 100 ha anl Standort oder einer VerlegWlg fuhrte. Der vom städtischen Tiefbauamt vorgelegte Alternativstandort lag im Bereich des ehemaligen Exerzierplatzes in Neureut, der heutigen BWldeswehrkaseme. Die BegrenzWlg wäre durch die Linkenheimer Landstraße im Westen, den südlichen Teil der Kirchfeldsiedlung im Norden Wld das Rosen- hofgelände im Süden. Das Areal hätte nach Osten hin Eingriffe in den Hardtwald nach sich gezogen. Ab 1934 erfolgte aber die Erweiterung am bestehenden Standort auf 118 ha bis zur Neureuter GemarkWlgsgrenze 15 , Plan zur StadtvergrIJßerung Karlsruhe, von Fr,;ea'rich SchiffsanlagesteIlen gekennzeichnet). im Zuge der Welschneureuter Allee, was eine vollständige Beseitigung des dort vorhande- nen Waldes zur Folge hatte. Das heute noch vorhandene, nicht mehr genutzte Flugfeld stellt nur einen Teil des ehemaligen Fluplatzes dar. Ab 1952 gelang es der Stadt Karlsruhe, von den amerikanischen Streitkräften Teile ftir eine Wohnbebauung frei zu bekommen. So vergrößerte sich die Nordweststadt, die ab 1919 durch den Siedlungsbau im Bereich der Hertzstraße, SI. Barbaraweg, Postweg entstanden war, bis zur heutigen August-Bebel-Straße. 16 Straßen Nach dem 2. Weltkrieg erhält die Planung von Straßen in der kommunalen Verkehrspo- litik die größte Bedeutung. Die bereits in den Generalbebauungsplan 1926 eingeftihrten, vielfach schematischen Netzüberlegungen setzten sich über Generalplanungen von 1936 und 1947 bis Ende der 50er Jahre fort . Der Verkehrslinienplan und der vorläufige Flä- chennutzungsplan von 1961 lösten die damals 35 Jahre alte Konzeption ab, übernahmen aber bedeutende Netzelemente wie die Bestehendes Verkehrsstraßennetz mit den aufgegebenen Straßenprojekten. südliche Randstraße, die Nord-Süd-Durch- querung des Oberwaldes und die Nord- tangente. Die alten Planungsgedanken muß- ten oft als "Legitimation" daflir dienen. Für die Planer der 20er Jahre war aber nicht das Verkehrsaulkommen und dessen Bewälti- gung, sondern die Ausweisung von Straßen als "Rand- und Querverbindungen" und dazwischen liegende "Übergänge, Diagonal- straßen" und die "Aufteilung des Geländes fur die eigentlichen Siedlungszwecke" primä- rer Anlaß ftir deren Ideenfindung. 1925 wies die Kaiserallee westlich des Mühlburger Tores mit ca. 750 Personen- und Lastkraftwa- gen innerhalb von 12 Stunden die höchste Belastung einer Straße in Karlsruhe aus. Heute liegt die Südtangente westlich des Bulacher Kreuzes mit über 90 000 Fahr- zeugen innerhalb von 24 Stunden an der Spitze der Verkehrsbelastung in unserer Stadt. Deshalb ist die Begründung von Verkehrsprojekten mit Jahrzehnte zurücklie- genden Konzepten nicht statthaft. Betrachten wir nun vier Beispiele nicht mehr aktueller Straßenverkehrsprojekte der 60er und 70er Jahre, die bereits Mitte der 20er Jahre in den Köpfen der Planer waren und auch später eine gewisse kommunalpolititsche Bedeutung hatten. Auf kurzlebige Planungs- ideen und Vorschläge vergangener Zeiten wird nicht eingegangen, obwohl sie bei Realisierung Karlsruhes Stadt- und Land- schaftsbild in Teilräumen stark beeinträchtigt hätten: zum Beispiel eine Nordtangente fur die Innenstadt über die Moltkestraße - Schloßbereich - Universität - Haid-und- Neu-Straße, eine Fortsetzung der Theodor- Heuss-Allee am Wildparkstadion vorbei bis zum Schloßplatz, eine Verlängerung der Südtangente nach Osten über das Hanggebiet nach Grötzingen. Die heutige Ebertstraße entstand im Zuge der Anlage des neuen Hauptbahnhofs und des Bahnhofplatzes ab 1911 und hieß damals wie auch zwischen 1933 und 1945 Reichsstraße. Sie wuchs nach Westen als südliche Begren- 17 zung der Stadterweiterung und war als Verbindung nach Mühlburg gedacht. Mit der Absicht, einen Erholungspark ,,Albgrün" (heute: Günther-Klotz-Anlage) anzulegen, verzichtete die Stadt auf eine Fortführung und ließ sie bei der Europahalle enden. Der seit 1966 gültige Bebauungsplan mit der Nr. 326 enthält neben einem Ausbau der Battstraße deren Einmündung in eine geplan- te Straße zwischen der Bundesstraße 3 in Ettlingen beim Hedwigshof nach Rüppurr in Richtung Oberwald. Damit war ein Fixpunkt der seit den 20er bis in die 60er Jahre aktuellen Straßenverbindung von Ettlingen bis in die Südstadt planungsrechtlich gesi- chert. Im vorläufigen Flächennutzungsplan von 1961 war sie ebenfalls festgeschrieben gewesen. Ein "Baudenkmal" dieser Planung ist die heute als Fahrrad- und Fußweg benutzte 'Überfuhrung der Bundesautobahn arn Ende der Battstraße. Der Bau der Stras- senbrücke mit einem Querschnitt von 12 m erfolgte während des 3. Reichs im Zuge des Autobahnbaues von der Anschlußstelle KarlsruhefEttlingen nach Frankfurt bzw. Pforzheim (Fertigstellung 1938). Der "Ver- kehrswert" dieser Straße wäre wegen der zu vernachlässigenden Entlastungswirkung fur die Herrenalber Straße wahrscheinlich sehr gering. Welche wichtige Aufgabe dieser Straße hätte den Eingriff in das Naherho- lungsgebiet Obenvald begründen können? Die "südliche Randstraße" soll als zweites Beispiel fur eine über funf Jahrzehnte verfolgte Straßenplanung betrachtet werden. Seit der Trassierung einer Südurnfahrung der Stadt von Daxlanden über Weiherfeld nach Durlach im Generalbebauungsplan 1926 beschäftigten sich Verkehrsplaner bis Mitte der 70er Jahre mit der Südurnfahrung. Durch den Verkehrslinienplan 1961 verlor die Südurnfahrung die Funktion einer Stadtteil- verbindungsstraße. Sie sollte als Querspange zwischen der Bundesstraße 36 südlich von 18 Daxlanden und dem Autobahnzubringer L 605 dienen und in die Karlstraße weiterge- fUhrt werden. Dabei hätte sie den neuen StadtteilOberreut zusätzlich erschlossen und den damals noch aktuellen, südlich davon vorgesehenen Hauptfriedhof West an das Straßennetz angebunden. Die Weiterftihrung nach Osten zwischen Dammerstock und Rüppurr durch den Obenvald war nicht mehr sinnvoll, da die seit 1958 disk'Utierte "Südtangente" die Verbindungsfunktion in Richtung Osten übernehmen sollte. Anfang der 50er Jahre fuhrte die Trasse von der Lindenallee in die Hohlohstraße. Zehn Jahre später rückte sie nach Süden neben die Hochspannungsleitungen in die bereits da- mals durch Kleingärten genutzten Zone südlich von Grünwinkel und Oberreut. Mit dieser Planung in Verbindung steht auch die im gleichen Zeitraum ak1uelle Führung der Bundesstraße 36 von Neureut durch das Kleingartengebiet zwischen Knielingen und dem Gewerbegebiet Husarenlager, über das Tiefgestade, das Hafenbecken, anl westlichen Rand von Forchheim vorbei. Es gab Überlegungen, die südliche Randstraße in Richtung Westen in die B36 einzuftihren und darüber hinaus über den Rhein zu verlängern. Das hier abzuhandelnde dritte Straßen- projekt war Teil der "Nordtangente", der weiterhin aktuellen Gesarntplanung einer Straße vom Pfinztal inl Osten bis zur Rheinüberquerung im Westen. Die Notwen- digkeit dieser anfangs vierspurig geplanten Schnellstraße wird begründet durch die dadurch envartete Entlastungswirk'Ußg eini- ger innerstädtischer Hauptverkehrsstraßen. Auch würde ein Teil des Verkehrsaufkom- mens überörtlicher Herkunft sein. Der Karlsruher Gemeinderat beschloß am 23. Oktober 1979 mit der absoluten Mehrheit der CDU-Fraktion die Zustimmung Zunl vom Regierungspräsidium betriebenen Planfest- stellungs verfahren "NordtangentelB 10" mi1 der Hardtwalddurchquerung. Zwei Bürgerin- itiativen organisierten mit über 30.000 Stimmen ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid über die Planung herbeizufuhren. Da die Hauptsatzung der Stadt Karlsruhe die Möglichkeit eines Bürgerentscheids fiir diesen Fall nicht vorsah, mußte dieses Ansinnen zur;;ckgewiesen werden. Der Verlust der absolulen Mehrheit der CDU bei den Gemeinderatswahlen am 22. Juni 1980 fuhrte zu einer veränderten kommunalpolitischen Situation. Der Gemein- derat zog am 21. Oktober die Zustimmung zur Nordtangentenplanung zurück. Eine beauf- tragte Gutachtergruppe bewertete in der Folge alle in der Diskussion befmdlichen Varianten des Mittelteiles der Straßen- planung. In der Sitzung des Gemeinderates arn 18. Mai 1982 entschied sich die Mehrheit rur die als "Hängebauch-Lösung" bezeichne- te Trassierung über die Theodor-Heuss- Allee, den Adenauerring und die Linkenheimer Landstraße anstelle der Hardtwald-Durch- fahrung. Der Ostteil der Nordtangente ist inzwischen planungsrechtlich festgeschrie- ben, die Fortsetzung nach Westen mit der Vernunftlösung über den Adenauerring noch nicht. Die Gefahr ftir den Hardtwald, eine der rur Karlsruhe bedeutensten naturnahen und landschaftsprägenden Zonen, ist somit noch nicht endgültig gebannt. Harald Ringler Stadtplätze in Karlsruhe - Entstehungsgeschichte und Überblick Straßen verbinden (Stand)Orte, dienen der Überwindung von Distanzen, erschließen Stadtgebiete. Beim Platz in der Stadt steht das Verweilen im Vordergrund, das Anhalten. Die Straße ist der zielgerichteten Bewegung, dem Vorwärtsstreben, der Unruhe vorbehal- ten, unabhängig von der Wahl des Verkehrs- mittels. Platzanlagen sind oft selbst Ziele, die es zu erreichen gilt; sie können die Eilenden bremsen, Verkehrsströme umlenken und verteilen. Der freie Raum im Inneren der Stadt Platz in der Stadt bedeutet immer öffentli- cher Raum, Dreidimensionalität und Geschlos- senheit, das heißt horizontale Fläche und vertikale Begrenzungen durch Gebäude- wände, manchmal auch durch Baurnreihen. Die Flächengrößen, in der Regel gemessen zwischen den Platzwänden, schwanken in Karlsruhe zwischen 1 000 m' (Fasanenplatz) und fast 40000 m' (Ettlinger-Tor-Platz). Die "klassischen" Innenstadtplätze erstrecken sich meist über Flächen bis zu 10 000 m' (Marktplatz). Der frühere Spitalplatz (heute Lidellplatz), der als Mittelpunkt der ersten Stadterweiterung Karlsruhes nach Südosten vor dem Marktplatz seine Gestalt fand, erreicht mit seinem dreieckigen Zuschni tt eine Größe von ca. 4 700 m'. Die Relation von Innenstadtgnmdriß mit dem Landgraben und den Stadtplätzen. 19 Breite und Länge gibt Hinweise auf die Erfaßbarkeit einzelner Örtlichkeiten. Ver- hältnisse bis 1:3 werden in der Städtebau- literatur fur annehmbar bewertet, was fur die allgemeine Situation in Karlsruhe zutrifft. Der Europaplatz geht in seinen Abmessungen etwas darüber hinaus, der Werderplatz in der Südstadt stellt mit der Relation Breite zu Länge mit 1:8 die Ausnahme dar. Entscheidend fur den Raumeindruck ist aber das Verhältnis von der Wandhöhe der Platzwand oder des dominierenden Gebäudes zur senkrecht dazu vorhandenen Platzlänge bzw. -breite. Hier soll die Beziehung von 1:6 nicht überschritten werden, um noch einen Mindesteindruck an Geschlossenheit zu wahren. Der nördliche Teil des Karlsruher Marktplatzes weist in Ost-West-Richtung die Relation 1 :4,5 auf, der Rondellplatz mit dem Markgräflichen Palais als Bezugsbauwerk ca. 1 :2,5. Die Zwecke des Verweilens auf Plätzen können verschieden sein: ausruhen, mit Waren handeln, beobachten, einsteigen und umsteigen in öffentliche Verkehrsmittel. Oft konzentrieren sich uni die öffentlichen Flächen Standorte fur Rathaus, Kirche oder Schule, Einzelhandel und Dienstleistungen. So stellen sie zentrale Lagen in der Stadt oder in Stadtquartieren dar. Die Aufenthalts- qualität wird heute durch die Fußgängerzone, die Vielfalt des Einzelhandels und der Gastronomie, sowie durch die Einrahmung mit mindestens 90 Jahre alten Fassaden und großkronigen Bäumen bestimmt. Der Wandel der Funktionen Der Markt als Ort des Warenaustausches bildet das Herz der europäischen Stadt. Bis zur industriellen Revolution Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts war Markt mit Marktplatz verbunden. In den Städten war es oft nur ein einziger Ort, an dem sich die 20 Bevölkerung mit Waren des kurzfristigen wie auch mittelfristigen Bedarfs versorgte. In den zentralen Orten mit deren vielfaltigem Angebot entstanden spezielle Marktplätze wie Töpfermarkt, Roßmarkt, Fischmar"1, Kornmarkt. So fand der eigentliche Wochen- markt in Karlsruhe auf dem Marktplatz statt, der Lidellplatz war die UmschlagsteIle fur Holz und Heu. Das Spital blieb von 1788 bis 1907 das dominierende Gebäude an der Stelle der heutigen Gewerbeschule. Marktbrunnen waren die erste notwendige technische Infrastruktur. Sie boten lange Zeit in den Städten die einzige Versorgungs- möglichkeit mit Wasser. Damit war der Marktplatz auch der am häufigsten frequen- tierte Ort. Der Marktplatz in Durlach bietet mit seiner Funktion und den rahmenden Nutzungen Rathaus, Kirche, Gasthaus ein idealtypisches Bild eines räumlichen und funktionalen Mittelpunktes in einer Klein- stadt. Marktplätze sind bis heute Synonyme fur städtische Öffentlichkeit. Mit der Einflih- rung der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert entwickelten sich Handel und Handwerk in kurzer Zeit. Neue Geschäftslagen, vor allem zwischen den neuen Bahnhöfen und den Innenstädten, entzogen den traditionellen Marktplätzen Käufer und damit auch Besu- cher. In den Residenzstädten entstanden ab Beginn der Neuzeit neben den Marktplätzen städtische Räumefur Repräsentationszwecke. Wichtige öffentliche Gebäude des Staates oder Kirchen erhielten einen "Vor"platz zur Selbstdarstellung. Städtebau, Architektur, Skulptur und höfische Zeremonien dienten der Selbstdarstellung der absoluten Fürsten und ihrer politischen Sendung. Die "Königs- plätze" in Paris bieten dafur die ersten Beispiele. In Karlsruhe erfuUte der Schloß- platz diese Funktion. Die Anlage von Plätzen und Hauptstraßen mit Blick- und Bewegungs- achsen zu dominierenden Bauwerken wurde Mittel der Stadtplanung und blieb es bis heute. Mit dem langsamen Übergang vom flirstli- ehen zum kommunalen Städtebau, beginnend am Anfang des letzten Jahrhunderts, über- nimmt das Wirtschaftsbürgertum die forma- len Gestaltungsregeln der synunetrischen Zuordnung von Platz und öffentlichen Gebäuden und deren Fassadengestaltung (Friedrichsplatz, Bahnhofplatz). Am Beginn des bürgerlichen Zeitalters und dann wieder nach der Reichsgründung 1871 bis zur Weimarer Republik entstehen vermehrt Denkmäler auf öffentlichen Plätzen (Via Triumphaiis, Kaiserplatz, Europaplatz). Brun- nen verlieren ihre Bedeutung. Mit der Zunahme des motorisierten Verkehrs wandel- ten sich Plätze am Rande der Innenstädte - die mit Toren und oft mit Torplätzen versehenen Eingänge zur vorindustriellen Stadt - zu Verkehrsknoten. Am Mühlburger Tor ent- stand die Christuskirche (Einweihung 1900) mit einem Vorplatz, am Durlacher Tor die Bemharduskirche (Einweihung 190 I) mit der vorgelagerten "Verkehrsinsel" Bemhardus- platz. Die Straßenkreuzung vor dem ehemali- gen Rüppurrer Tor erhielt 1897 den Namen Mendelssohnplatz. Die Zone vor dem ehemaligen Ettlinger Tor ist seit 1905 bis heute Gegenstand von Planungsüberlegungen. Alle Stadttore waren zwischen 1872 bis 1875 abgebrochen worden. Das späte 19. Jahrhundert war auch die Zeit der "Stadtverschönerung", die manche Plätze zu pittoresken Grünanlagen werden ließ, wie es in Karlsruhe den Lidellplatz ereilte. Neue Platzanlagen in den großbürgerlichen Vier- teln dienten nun vor allem der Zierde und der Präsentation von Bauten (Scheffelplatz, Haydnplatz, Richard-Wagner-Platz). Brun- nenanlagen und Denkmäler verstärkten diese Funktionen. Daneben entstanden Plätze in den dichten kleinbürgerlichen Stadterwei- terungsgebieten als deren Marktplätze oder als Aussparung von Bebauung, um die Be- lichtung und Belüftung in dicht bebauten Gründerzeitquartieren sicherzustellen und Monotonie zu vermeiden (Werderplatz, Fliederplatz, Gutenbergplatz, Brahmsplatz). Der Siedlungs bau im ersten Viertel unseres Jahrhunderts entdeckt den Platz als funktio- nalen und gestalterischen Mittelpunkt (Osten- dorfplatz, Charlottenplatz). Erst mit der Altstadtsanierung und bei Siedlungs projekten der letzten Jahre entstanden neben dem Umbau bestehender Anlagen (Ludwigsplatz, Marktplatz, Lidellplatz) wieder neue städti- sche Plätze (Kronenplatz, Waldstadtzentrum, Badeniaplatz). Wer die Zahl der mit "Platz" bezeichneten Örtlichkeiten in Karlsruhe zählt, kommt auf die stattliche Summe von 64. Bei einem Dutzend dieser "Plätze" trifft die Bezeich- nung sicher nicht zu, da sie den mit dies~m Begriff meist verbundenen Vorstellungen nicht entsprechen. So ist zum Beispiel der Mendelssohnplatz eine Straßenkreuzung, der Archivplatz in der Südweststadt ein zwischen zwei Straßen liegender Spielplatz, der Ökunleneplatz hinter der Altkatholischen Kirche eine kleine Grünfläche, offen zum Weststadtgrünzug bzw. zu Verkehrsflächen. Der St.-Peter-und-Paul-Platz liegt nicht vor der gleichnamigen Kirche, sondern bezeich- net die seitlich vorbeifUhrende Straße. Wer kennt schon den lkarusplatz? Es ist der räumlich nicht faßbare Ausläufer der Alfons- Fischer-Allee zum ehemaligen amerikani- schen Flugplatz hin. So sind die Gründe einiger "Platz-Benennungen" nicht nachvoll- ziehbar. Andererseits verdienten wiederum andere städtische Räume die Bezeichnung "Platz", so z. B. die Plätze vor dem Durlacher Rathaus, hinter der kleinen Kirche nahe dem Karlsruher Marktplatz, vor der Christus- kirche. ln einigen Fällen hat die Bevölkerung die zutreffenden Benennungen schon vorge- nommen, ohne daß diese im amtlichen Verzeichnis so vernlerkt sind, und zwar beim 21 "Richard-Wagner-Platz" in der Weststadt und "Brahmsplatz" in Mühlburg. Das Stadtzentrum Betrachten wir nun die Karlsruher Innen- stadt näher, um einem System bei der Anlage der wichtigsten Plätze auf die Spur zu kommen. Der Schloßplatz vor dem Karlsru- her Schloß ist unverzichtbarer Teil der gesamten Schloß anlage, wie das bei allen in der Zeit des Absolutismus gebauten Residen- zen üblich war. Er ist Trennung und Verbindung zugleich zum angegliederten Stadtkörper der Untertanen. Die Größe von über 7 ha und die Gestaltung lassen eher die Bezeichnung "Park" richtig erscheinen. Ob sich die südlich gelegenen Zonen in das innerstädtische Treiben integrieren lassen, • , . Die Kar/sruherStadtmille im 18. Jahrhundert. 22 hängt von vielen Voraussetzungen ab (Nutzungsvielfalt, Verkehrsberuhigung des Zirkels etc.). Vom Schloßplatz aus entwickelte sich die seit dem letzten Drittel des 18. bis in unser Jahrhundert von allen beschworene städte- bauliche Achse nach Süden, deren städtebau- liche Bedeutung nicht mit der fUr das immer wieder erhome städtische Treiben überein- stimmt. Die Gründe dafur sind bekannt: die lineare Erstreckung der Geschäftszone im Zuge der Kaiserstraße, das städtebauliche "Val"Uum" Ettlinger-Tor-Platz und die gerin- ge atmosphärische Qualität der . Karl- Friedrich-Straße, diesen Teil der von Fried- rich Weinbrenner 1797 konzipierten "via triumphalis". Diese städtebauliche Schwere- linie wurde gestaltet durch die Anordnung verschieden geformter öffentlicher Räume, diese wiederum mit den Denkmälern der einzelnen Fürsten, vom Stadtgründer Karl Wilhelm (Pyramide, 1825) bis zum letzten absoluten Großherzog Ludwig (Marktplatz- brunnen, 1833) ausgestattet. Auf dem Schloßplatz steht das Karl-Friedrich-Denk- mal (1844), das Großherzog-Karl-Denkmal, der sogenannte Verfassungsobelisk ziert seit 1832 das Rondell. Den Abschluß dieser wechselnden Abfolge von Plätzen und Stras- sen bildete bis 1872 das Ettlinger Tor, das dann entfernt wurde. Mit diesem Verlust der Begrenzung verlor die klassizistische Stadt symbolhaft ihre letzte Bedeutung fUr das bauliche Geschehen, die Gründerzeit mit ihren Folgeerscheinungen begann. Es ist nicht Weinbrenners alleiniger Verdienst, diese einmalige städtische Raum- folge konzipiert und großteils auch architek- tonisch ausgeformt zu haben. Seit 1764 stellten die ftir den Ausbau der Residenzstadt Verantwortlichen Überlegungen zur südli- chen Stadterweiterung an. Die Konkor- dienkirche (an der Stelle der heutigen Pyra- mide) mit dem dahinter liegenden Friedhof und dem anschließend querenden Landgraben stellten die Barrieren dar. Bis 1787 lieferten einige auswärtige Architekten unterschiedli- che Pläne fur den Ausbau einer neuen Stadtmitte. 1783 wurde die Vermessung der heutigen Karl-Friedrich-Straße vom Land- graben (Hebelstraße) bis zum Rondell angeordnet, ab 1785 entstanden die ersten privaten Gebäude. Damit schienen die Grundzüge der Stadterweiterung, wie sie sich heute noch darstellen, festgelegt zu sein: ab 1785 Verlegung des Friedhofs, Abbruch der Konkordienkirche (1807) und Anlage eines Marktplatzes mit der Kirche auf der Ostseite (1816) und dem gegenüberliegenden Rathaus (1825), bauliche Ausdehnung der Stadt bis zum Schnittpunkt (Rondell 1810) zweier spiegelgleicher Straßen in Richtung damali- ges Mühlburger Tor bzw. Durlacher Tor. Die Der Rondellplalz um 1910. spätere Erbprinzenstraße (um 1800) und Spitalstraße (1789, heute Markgrafenstraße) sind Ergebnisse dieser Konzeption. Sie enden wiederum in zwei Plätzen, dem Ludwigsplatz im Westen (seit 1818) und dem Lidellplatz, früher Spitalplatz, (seit 1790) im Osten. Beide Platzanlagen sind in ihrer geometri- schen Form bestimmt durch den Verlauf des Landgrabens, des seit Gründung der Stadt bestehenden Hauptkanals. Er bildet unsicht- bar die südliche Flucht der Bebauung am Lidellplatz und die nordwestliche am Ludwigs- platz. Weiter im Westen hält sich die Baugrenze der Leopoldschule am Leopold- platz (1888) an seinen unterirdischen Lauf. Weinbrenners Leistung fur die Planung der Stadtmitte liegt im Weiterentwickeln der früheren Planungen, in der endgültigen Fertigstellung des Stadtgrundrisses und 23 seiner Architektur fiir die meisten Gebäude und Denkmäler vom Marktplatz bis zum Ettlinger Tor. Trotz der immer noch vorhandenen Bedürfnisanstalt mit ihren direkt vor dem Grabmal des Stadtgründers liegenden Zugängen und trotz der drei, aus stilgeschichtlicher Sicht irritierenden gepfla- sterten Rosetten gotischer Münster auf dem klassizistischen Platz hat der Marktplatz seine Bedeutung, die ihm wegen seiner Einmaligkeit in Städtebau und Architektur zusteht, beibehalten. Vier wichtige Platzanlagen in der Innen- stadt verdienen noch die Aufmerksamkeit. Nach der Versetzung des Mühlburger Tores von seinem Standort in der Kaiser- straße zwischen Waidstraße und Karlstraße zum heute nach ihm benannten Standort im Jahre 1817 entstand am Ende der Kaiser- straße eine durch die einmündenden Ste- phanien-· und Arnalienstraße städtebaulich interessante Platzsituation. 1874 mußte das Mühlburger Tor weichen, was dem Gesamt- eindruck sicher abträglich war. Nachdem die Stelle der Pyramide auf dem Marktplatz wegen der Grablege des· Stadtgründers als Standort fiir ein Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal nicht in Frage kam, fiel die Wahl 1889 auf das Ende der 1879 umbenannten Kaiserstraße. 1897 erfolgte die Aufstellung des Reiter- standbildes in einer räumlichen Situation, die mit der unserer Zeit nicht mehr vergleichbar ist. Die Trennung der zentralen Grünfläche vom übrigen Platz durch die umgebenden Straßen und Gleise fiihrt zu einer Isolierung dieser prominenten Stelle am Rande der Innenstadt im Übergang zu den westlichen Stadterweiterungsquartieren am Anfang des 20. Jahrhunderts. Der 1975 so benannte Europaplatz ist nicht das Ergebnis einer besonderen städtebauli- chen Konzeption. 1827 war die Infanterie- 24 kaserne an der Stelle des heutigen Haupt- postgebäudes und auf dem größten Teil des heutigen Stephanplatzes fertiggestellt. Die von der damaligen Langen Straße zurückver- setzte Bauflucht ermöglichte einen Vorplatz, der erst mit der nach 1870 beginnenden Bebauung auf den nördlich gelegenen Langensteinsehen Gärten zum städtischen Platz wurde. Das 1901 an Stelle der abgebrochenen Kaserne fertiggestellte, dem barocken Schloßbau nachempfundene Ge- bäude der Oberpostdirektion dominiert nun diesen am stärksten frequentierten öffentli- chen Raum in Karlsruhe. Hinter dem Hauptpostgebäude liegt der Stephanplatz mit dem gleichnamigen Brun- nen. Dieser hatte 1905 wegen der nack1en Brunnenfigur und den von deren Schöpfern Hermann Billing und Hermann Binz künstle- risch verarbeiteten Reaktionen auf die damalige Spießigkeit zum Skandal gefiihrt. Die Platzanlage war nach Abbruch der Infanteriekaserne und · der oben erwähnten Neubebauung möglich geworden. Hier fmdet der vom Ludwigsplatz verlegte Wochenmarkt statt. Trotz mehrfacher Umgestaltung hat diese rur die Innenstadt wichtige Fläche noch nicht die ihr zustehende Gestaltung gefunden. Viele der Karlsruher Plätze sind inzwi- schen Fußgängerzonen geworden, ermögli- chen die Abhaltung von Märkten und sonstigen Veranstaltungen, bieten die not- wendigen "Vorplätze" fiif baugeschichtlich bedeutsame Bauten und ermöglichen auch das Verweilen. Die zahlreichen Verkehrsschil- der, Abfallcontainer, parkende Fahrzeuge, aber auch gut gemeinte Möblierung beein- trächtigen leider oft das visuelle Erleben. Diese " zivilisatorischen Notwendigkeiten" müssen wir notgedrungen akzeptieren, da sie auch Begleiterscheinungen unseres städti- schen Lebens sind. Harald Ringler Siedlungen der 20er Jahre in Karlsruhe Der nach dem Ersten Weltkrieg in Karlsru- he herrschende Wohnungsmangel wurde her- beigefuhrt durch heimkehrende Soldaten, Flüchtlinge aus Elsaß-Lothringen und die ver- mehrten Eheschließungen gegenüber fiiihe- ren Jahren. Die Belegungsziffer, d. h. das Verhältnis Einwohner pro Wohnung sank von 4,5 im Jahr 1914 auf 4,0 im ersten Nach- kriegsjahr 1919, die Größen der privaten Haushalte verringerten sich. Die Stadtver- waltung reagierte mit dcr Einrichtung eines Wohnungsamtes, das Wohnungen vermittel- te und die Umnutzung von Wohnraum über- wachte. Die private Bautätigkeit war gegen- über den Vorkriegsjahren zurückgegangen. Somit mußte die Stadt selbst Wohnungen bauen und die Wohnungsbaugesellschaften unterstützen. Ein großer Teil des Wohnungs- neubaus nach dem Krieg wurde von den acht Genosscnschaften erstellt, davon wiederum ein hoher Antcil in neuen Siedlungen. Zwi- schen 1919 und 1928 bauten diese gemein- nützigen Organisationen an die 1700 Woh- nungen, das waren 23 % des gesamten Neubauvolumens in dieser Zeitspanne. Die Hardtwaldsiedlung ~<·;·>:-:"""""_»,,,,,",,,->:·:«~»»»>:«««<-x«««,,*,,,,,,,"X«'««-»'-:«<·»> Die Hardtwaldsiedlung, als "Genossen- schaft der Bauhandwerker" 1919 gegründet, begann in diesem Jahr ihre Bautätigkeit auf einem ca. 15 ha großen, bis dahin bewaldeten Gelände nördlich der ehemaligen Kadctten- anstalt an der Moltkestraßc. Die ersten Vor- stellungen gingen von einer Wohnungs- kapazität von 680 Wolmungen aus, 1932 wa- ren 360 erstellt. Das Karlsruher Architektur- büro Pfeifer und Großmann, ab 1911 bereits in der Gartenstadt Rüppurr mit den ersten Häusern vertreten, erstellte den Bebauungs- plan mit seinem einprägsamen Straßen- grundriß. Die zwei Erschließungsstraßen, un- terbrochen durch kleine Plätze, verlaufen in Nord-Süd-Richtung bis zur Knielinger Allee und münden in den halbkreisformigen Wald- ring. Von dort aus begann die Bautätigkeit mit Doppelhäusern und Reihenhauszeilen. Die Hoffnung, im Norden einen dem Wal dring ähnlichen Abschluß zu finden, mußte wegen des Ausbaus des ehemaligen Exerzierfeldes zum "Luftverkehrlandeplatz" aufgegeben werden. Die Genossenschaft baute auch im Auftrag der Stadt 1920 die Lohfeldsiedlung auf dem südlichen Teil des ehemaligen Gottesauer Exerzierplatzes in der Oststadt. Die Archi- tekten Pfeifer und Großmann erstellten zu- sammen mit sechs Mitgliedsarchitekten über 70 Reihenhäuser in einfachem Standard. Gartenstadt Grünwinkel Im selben Jahr wie die Hardtwaldsiedlung gründete sich mit Hilfe der Gartenstadt Karls- ruhe die "Gartenvorstadt Grünwinkel GmbH" als Baugenossenschaft und schuf bis 1929 südlich der Alb um den Charlottenplatz her- um 137 Wohnungen in zweigeschossigen Rei- henhäusern. Über hundert weitere Häuser ent- standen in Daxlanden westlich der Aga- thenstraße. 1935 verschmolz die "kleine Schwester" mit der Gartenstadt. Diese ver- größerte ihren ab 1911 erstellten Wohnungs- bestand in Rüppurr zwischen 1919 und 1928 um 330 Unterkünfte. Die siedlungsplanerische Grundlage nach Karl Kohler und Friedrich Ostendorf hatte Max Läuger weiterentwik- kelt. Schon vor dem Ersten Weltkrieg erfolgten im Weiherfeld die ersten Straßenbauarbeiten zur Erschließung einer neuen Siedlung. Die ersten Häuser dieses später manchmal als 25 Hardlwaldsiedlung (Luftaufnahme von Sadweslen). "BeamtenstadIteil" bezeichneten Wohnquar- tiers wuchsen aber erst Anfang der 20er Jah- re empor. Hier waren es aus Elsaß-Lothrin- gen Vertriebene, die mit ihrer eigenen Sied- lungsgenossenschaft bis 1928 über 90 neue Wohnungen erstellten. Die Parksiedlungsgenossenschafl "Eigen- handbau" begann 1920 mit dem Bau einer Siedlung im Gewann Binsenschlauch an der Hertzstraße. Die Mitglieder stellten selbst Betonhohlsteine her und erbrachten einen ho- hen Anteil an weiteren Eigenleistungen . . Für den Siedlungsbau erfolgten in diesen Jahren einige wenige Auslobungen von Welt- bewerben. Die "Albsiedlung" war 1923 Ge- genstand der ersten Konkurrenz im Siedlungs- wesen nach dem Krieg. Die Beteiligung der Karlsruher Architektenschaft mit 33 Entwür- fen war groß, das umgesetzte Ergebnis be- scheiden. Die Stadt baute und verkaufte im 26 Anschluß daran 30 Wolmungen an der Dax- lander Straße vor allem an Kriegsinvaliden. Die Häuser waren in "Kernbauweise" als "Kleinstwohnungen" mit Zimmer und Küche im Erdgeschoß erstellt worden, um den Er- werbern selbst den Ausbau der Dachgeschosse zu überlassen. Der Dammerstock Der Höhepunkt des Siedlungs- und Woh- nungsbaus in Karlsruhe wurde 1929 durch den Bau von über 220 Wohnungen im Dam- merstock erreicht. Die drei Wohnungsgesell- schaften Hardtwaldsiedlung, Volkswohnung und Heimat errichteten die Geschoßwoh- nungsbauten und Reihenhauszeilen mit ins- gesamt 23 Wohnungstypen innerhalb eines halben Jahres. Das Prinzip dieses Beispiels des "Neuen Bauens" beruhte auf der Nord- Süd ausgerichteten Zeilenbauweise und der Architektur der neu(:tI Sachlichkeit, d. h. ein- fache Baukörpcr mit hellem Anstrich, ohne Ornamente, mit Flachdach und Fensterbändern. Die Wohnungen selbst soUten als "Gebrauchs- wohnungen" fmanziell erschwinglich sein und einen nach funktionalen Gesichtspunl.1en aus- gerichteten Grundriß aufweisen. Dem Bau, der mit einer Bauausstellung flir die Bevölkerung endete, war ein Wettbewerb vorausgegangen. Die Zusanunenstellung des Preisgerichts und die den ortsansässigen Ar- chitekten zugeladenen Auswärtigen ließen schon die von der Stadtverwaltung, hier vor allem vom innovationsfreudigen Baubürger- meister Hermann Schneider, gewünschten Er- gebnisse erwarten. Der Bauhaus-Gründer Wal- ler Gropius gewann den Wettbewerb und wur- de neben einzelnen Bauaufträgen mit der künst- lerischen Oberleitung betraut. Für die Realisie- rung hatte die Stadtverwaltung durch ein neues Finanzierungssystem und die Gründung der ,--------------- "--------- ._--- Grundkonzepl der Dammerslock-Siedlung. "Volkswohnung" als Wolmungsuntemehmen mit städtischer Beteiligung wichtige Grundla- ge:n geschaffe:n. Karlsrube verfiigt neben Berlin und Frankfurt am Main mit deren fortschrittli- chen Wohnsiedlungen aus dieser Zeit über ein international bekanntes Beispiel des Siedlungs- baus der ersten deutschen Republik. 1930 lieferten Karlsruher Architekten im Rahmen des vom Mieter- und Bauverein Karlsruhe durchgeführten Wettbewerbs 68 Planungsvorschläge für die Bebauung des Gottesauer Exerzierfeldes mit insgesamt 2,4 ha. 1927 hatte die Stadt der Baugenossen- schaft zum 30. Jubiläum eine Planung fiir die Bebauung dieses Geländes geschcukt Wie bei diesem Geschenk war bei den Wettbewerbs- ergebnissen die Ausnutzung des Geländes ebenfalls zu niedrig gewesen. So plante das vereinseigene Baubüro den fünfgeschossigen Gottesauer Block mit über 340 Wolmungen, zentraler Waschanlage und sechs Ladenge- schäften. Diese große Wolmanlage ist keine typische Siedlung, stellt aber durch ihre Di- mension und Ausstattung einen bedeutsamen Bei trag dar zur Vermehrung des knappen Wohnraumes in Karlsruhe. Anfang der 30er Jahre begann die Bautätigkeit in der heutigen Weingärtensicdlwlg in Mühlburg mit der Un- terstützung der Kondima-Werke. Die "Stadtrandsiedlung" in Grünwiukel, we- gen illrer Bauweise auch "Holzsicdlllng" ge- nannt, war das letzte Siedlungs projekt wäh- rend der Weimarer Zeit. Das Deutsche Reich stell te damals ein Förderprogramm auf, um Erwerbslosen Wohnstätten zur Verfügung zu stellen. Die sich freiwillig Meldenden mußten sich zur Selbst- und Nachbarschaftshilfe im Gegenwert von 500 RM verpflichten. Die Ko- sten eines Hauses durften einschließlich der Erschließungsaufwendunge:n 3 000 RM nicht überschreiten. Die Gemeinde als Träger der Unternehmung stellte Grundstücke - in Karls- ruhe 800 m2 - in Erbpacht zur Verfiigung. Die Mindcstgräße einer derartigen Siedlung 27 lag wie in Grunwinkel bei 100 Siedlerstellen. Die großen Grundstücke dienten der Selbst- versorgung durch den Anbau von Gemüse und Obst. Um die Kosten niedrig zu halten, mußte die Erschließung einfach sein. Auf Wasseranschluß und Kanalisation wurde ver- zichtet. In Karlsruhe begann die Bautätigkeit im Mai 1932 und endete mit der Fertigstel- lung der 100 freistehenden Häuser in Holz-/ Lehmwickelbauweise im November des sel- ben Jahres. Den Bewohnern standen je Haus eine Wohnküche und zwei Schlafzimmer zur Verfiigung, das Dachgeschoß war ausbau- bar. Ein Kleintierstall war eine Grundlage fUr die Erweiterung der eigenen lebens- mittelversorgung. In jenen Jahren stützte sich der Wohnungs- Die Sladlrandsiedlung in GrUnwinkel. 28 bau neben der Anlage von Siedlungen auch auf die Errichtung von Wohnanlagen inner- halb des Stadtgebietes. Beispiele daftir sind die von Hans Zippelius geplante Blockbe- bauung in der Brahms-lKalliwodastraße An- fang der 20er Jahre, der einige Jahre später errichtete Nordsternblock in Mühlburg von Hans Detlev Rösiger und die 1930 fertigge- stellte Bebauung an der Ebert-, Schnetzler- und K10sestraße beim Hauptbahnhof von Her- mann Reinhard Alker. Die Dammerstock-Siedlung wird in diesem Fruhjahr Gegenstand einer Ausstellung des Badischen Landesmuseum sein. Das sollte Anlaß sein ftir eine stadthistorische Erkun- dung dieses Teils der Stadt und auch der anderen genannten Siedlungen. Harald Ringler . . .5":.:."" . ,' :" . "~, , . - Siedlungen der 50er Jahre in Karlsruhe Städtebau nach dem Krieg Wie nach dem Ersten Weltkrieg herrschte in den deutschen Großstädten auch nach dem Zweiten Weltkrieg große Wohnungsnot, al- lerdings in noch dramatischerem Umfang als am Anfang der Weimarer Republik. Heimkehrende Soldaten, Flüchtlingsströme und Vertriebene trafen in den oft stark zer- störten Städten ein. So war die Kommunal- politik in dieser Zeit hauptsächlich mit dem Wiederaufbau und - Anfang der 50er Jahre- mit dem Neubau von Siedlungen befaßt. Ei- nige Beispiele in Karlsruhe sollen hier vorge- stellt werden. Die damalige Siedlungsplanung war geprägt vom Zeilenbau innerhalb von Grünflächen. Durchlüftung und Besonnung waren die Kri- terien, wie sie bereits seit den 20er Jahren fur den Wohnungsbau Gültigkeit hatten. Im Ge- gensatz zu den strengen Formen des fort- schrittlichen Städtebaues der damaligen Zeit waren die Wohnzeilen freier angeordnet. Die gegliederte und aufgelockerte Stadt" - so der Titel des 1957 veröffentlichten, aber bereits Anfang der 40er Jahre größtenteils fertigge- stellten Buches von Göderitz, Rainer und Hoffinarm - hat ihre Ursprünge allerdings mehr im Siedlungs bau bei Beginn des Bombenkrie- ges als in der Reformzeit der 20er Jahre. Nordstadt Den 1996 als "Nordstadt" defmierten Stadt- teil prägen die um die Jahrhundertwende - ursprünglich flir das Militär - errichteten Be- hördenbauten nördlich der Moltkestraße, die in den 20er Jahren entstandene Hardtwald- siedlung und die ab 1950 entstandenen Wohn- bauten östlich der Erzbergerstraße. Für die Verteidiger" des Hardtwaldes und Gegner des zwei Jahre zuvor ins Gespräch gebrachten Parkringprojekts" (siehe S. 11) war die Inanspruchnahme des Waldes zwischen dem heutigen Adenauerring und der Erzberger- straße eine bittere Enttäuschung. Anlaß da- flir war die Absicht der amerikanischen Be- satzung, vier Wohnblöcke in einer U-förmigen Bebauung gegenüber dem Flugplatz zu er- richten. Mit dem Bau der "Paul Revere Village" , der ersten Waldstadt in Karlsruhe, begann die in den nächsten Jahrzehnten im- mer stärker werdende Inanspruchnahme des Hardtwaldes. Die kann aber nicht allein den Amerikanern angelastet werden. Denn zeit- gleich startete die Landesbausparkasse in der Moltkestraße ihr Vorhaben mit 120 Eigen- tumswohnungen, di.e ersten ihrer Art in Karls- ruhe, in funf dreigeschossigen ost-west-ge- richteten Zeilen (Planung Architekten Eckart und Platz). Die "Parking-Genossenschaft", getragen von Stadtrat Walter und Architekt Willet!, begann ebenfalls in der nördlichen Fortsetzung mit dem Bau von Wohnzeilen. Der Bebauungsplan, der bereits eine Straßen- bahntrasse in der Erzbergcrstraße enthielt, wurde erst nach Fertigstellung der ersten Ge- bäude Ende 1950 gültig. Die Amerikaner vergrößerten trotz der kri- tischen Stimmen aus der Stadtverwaltung ihre Siedlung weiter in den Wald. Der Siedlungs- grundriß mit dem fur die 50er Jahre typi- schen Zeilenbau orientiert sich vor allem ent- lang dcr Tennessee Avenue nach dem Fächer- grundriß der Gründungsstadt. Die Kirche liegt auf der Achse der Welschneureuter Allee. Über I 200 Wohnungen waren es 1995, als die städtische Wohnungsgesellschaft Volks- wohnung" den größten Teil davon kaufte. Nach der laufenden Phase der Aufstockun- 29 gen, Anbauten, Ergänzungsbauten und der späteren Neubauten wird es hier einen Be- stand von 3 000 Wohnungen geben. Nordweststadt Die Siedlungstätigkeit im heutigen Stadt- teil Nordweststadt nahm ihren Anfang in den 20er Jahren mit dem Projekt der Genossen- schaft "Eigenhandbau" zwischeri Hertzstraße, St. Barbaraweg und Postweg. Aber erst 1951 setzte sich mit der Siemenssiedlung im Ge- wann Binsenschlauch der Siedlungsbau fort, ein tur Karlsruhe und die damalige Zeit be- achtenswerter Beitrag zum Wohnungsbau ei- nes Konzerns. Der Architekt Gaertner plante hier fiir die Baugenossenschaft der Siemens- Werke an der Hertzstraße 18 zweigeschossige Wohnzeilen mit je acht Wohnungen. Je zwei Häuser stehen rechtwinklig zueinander, nach Westen bzw. Süden zur nach Westen offenen Griinfläche orientiert. 1952 entstand der zwei- te Bauabschnitt mit 160 Wohnungen zwi: sehen Dürkheimer- und Germersheimerstraße. In den 60er Jahren schloß sich nach Norden die Bebauung "Lange Richtstatt" an. Die ei- gentliche Binsenschlauchsiedlung - ebenfalls in den 50er Jahren von Donauschwaben er- richtet - liegt nördlich des Madenburgwegs. Die Rennbuckelsiedlung geht auf Planun- gen der Stadt im Jahre 1951 zuriick. Für 4000 Menschen sollten zwischen der Siemens- allee, Neureuter-, Landauer- und Berliner Straße Wohnungen in Reihen-, Ein- und Zwei- familienhäusern entstehen. Ein Drittel des Geländes war in städtischem Eigentum. Die Realisierung erfolgte in zwei Stufen und dau- erte mehr als zwei Jahrzehnte. Dem Ostteil dieses Stadtteils mangelt es an einer städtebaulich eindeutigen Ausformung, was auch aus der Entstehungsgeschichte die- ser "Flugplatz-Siedlung" verständlich wird. Der seit 1924 reguläre Flugplatz hatte wäh- rend des 2. Weltkriegs seine größte Ausdeh- 30 nung erhalten, von der heutigen Erzberger- straße bis zum Postweg bzw. Wilhelm- Hausenstein-Allee als ungefahre westliche, nicht geradlinige Begrenzung, im Süden be- grenzt durch die Hardtwaldsiedlung und die Nancystraße, im Norden durch die Heide- Siedlung. Seit 1952 bemühte sich der dama- lige Oberbürgermeister Klotz um die Freiga- be des von der amerikanischen Besatzung beschlagnahmten Geländes zur Bebauung. 1953 gelang es, eine Fläche von 40 ha zu erhalten. Im Ausgleich dafur wurde den Ame- rikanern Gelände östlich der Erzbergerstraße angeboten. 1955 begann die städtische Volks- wohnung auf der Grundlage einer unverbind- lichen Gesamtplanung für das gesamte Flugplatzgelände mit dem Bau von sechs Wohngebäuden mit insgesamt 112 Wohnun- gen zwischen der heutigen August-Bebel- und Ludwig-Windthorststraße. Das Stadtpla- nungsamt haUe ein Jahr zuvor dieses Kon- zept fUr einen neuen Stadtteil mit 25 000 Menschen ausgearbeitet. Da die ersten Sied- lungsteile auf dieses Gesanltkonzept ausge- richtet gewesen waren, der östliche Gelände- teil wegen der späteren militärischen Flug- platznutzung aber nicht freigegeben wurde, verlor der Gesamtplan an Bedeutung. Teile des vorgesehenen Erschließungssystems wie die Verbindung von der Wilhelm-Hausen- stein-Allee zur Knielinger-Allee konnten we- gen des Sportgeländes der französischen Streitkräfte nicht realisiert werden. In den darauf folgenden Jahren wurden Teilbebau- ungskonzcpte stückweise" aneinandergesetzt. Durchfahrt man diesen Teil der Nordwest- stadt von Süden nach Norden, so zeigen sich die zur jeweiligen Entstehungszeit gängigen Siedlungstypen vom Zeilenbau der 50er Jah- re bis zum verdichteten Eigenheimbau der 80er Jahre. In Mühlburg entstand zwischen 1953 und 1957 eine Wohnsiedlung im Rahmen einer Gesamtplanung flir den gesamten Stadtteil. Im Oktober 1952 legte das Stadtplanungsamt einen Bericht zur Neuordnung der Verkehrs- flihrung in den westlichen Stadtteilen und zur Aufstellung der neuen Bebauungspläne flir Mühlburg vor. Die Verbesserung der Ver- kehrsverhältnisse stand als vordringliches Ziel der Neuplanung von Mühlburg an. Die von der Innenstadt kommende breite Kaiserallee als damals wichtigste Ost-West-Verbindung hatte den engen Querschnitt der alten Rhein- straße als Fortsetzung. Sie sollte deshalb auf Bebauungsplan Binsenschimich mit der Siemenssiedlung in der Nordweslsladl. 31 39 m verbreitert werden, was das erste, bis Anfang der 60er Jahre dauernde Sanierungs- projekt Karlsrulles zur Folge hatte. Bereits Anfang der 40er Jahre hatte das Stadtpla- nungsamt größere Eingriffe im Zuge des ge- planten Ausbaus der Ost-West-Achse flir die "Gauhauptstadt"-Planung angedacht. Die Verlängerung der Weinbrennerstraße zum Entenfang war als Verbindung der Kriegsstraße mit dem Westen der Stadt ge- dacht. Die Ebertstraße sollte die Verbindung in Richtung Bahnhofherstellen und hätte nach Westen die Fortsetzung mit der umzubauen- den Lameystraße gefunden. Damit war der Vorläufer der späteren Südtangente im We- sten konzipiert. Dem Entenfang kam dadurch eine ungeheure Bedeutung als Verkehrsknoten zu. Nach dem Bebauungskonzept Mühlburg- Ost war westlich davon eine Hochhausgruppe als architektonischer Akzent" und Auftakt flir das neue Wohngebiet" gedacht. Hier ent- stand dann auch 1954 das erste Hochhaus in Karlsrulle (Entwurf Architektengemeinschaft Backhaus und Brosinsky, Lauer, Schloms), die nächsten folgten 1955und 1969. Die Neu- ordnung des Verkehrs betraf auch dessen Fort- flihrung nach Süden über eine neu zu trassie- rende Vogesenstraße. Die Ebertstraße exi- stiert heute in Mühlburg nicht mehr, die Straßenbahntrasse markiert ihren früheren Verlauf. Die Weinbrennerstraße erfüllt inzwi- schen nur noch die Funktion einer Sammelstraße flir die Wohnsiedlung Mühlburger Feld. Dieses südlich der St. Peter-und-Pauls-Kir- ehe liegende Areal zwischen der Sophien- straße, Wiehernstraße, Entenfang und ehe- maliger Ebertstraße war schon seit Jahrhun- dertbeginn Gegenstand von planerischen Überlegungen gewesen. Das ca. 19 ha große Gelände, das sich etwa zur Hälfte in städti- schem EigentunI befand, war aber auch nach dem Krieg noch nicht erschlossen und wurde als Kleingartengelände genutzt. 1m Januar 1953 beschloß der Gemeinderat die Bebau- ung des Mühlburger Feldes. Das Bebauungs- plankonzept enthielt bereits die wichtigsten planerischen Vorgaben und Ziele, welche die heute so selbstverständlich anmutende Er- scheinung dieser Nachkriegssiedlung prägen: offene drei- bis ftinfgeschossige Zeilenbau- weise mit überwiegender Nord-Süd-Ausrich- tung und dazwischen liegenden 30 m breiten Mühlburger Feld mit der inzwischen rückgebauten Ebertstraße. 32 Grünflächen. Ein öffentlicher Grünzug von der St-Peter-und-Paulskirche nach Süden zur neuen Grundschule bildet die Siedlungsmitte. Von den 32 Teilnelunern des im März dessel- ben Jahres abgeschlossenen Architekten- wettbewerbs errangen Alfred Gärtner, M. Meffer und Erich Rossmann sowie von Nor- den die ersten drei Preise. l'T, ch dem Ein- spruch des Bundes Deutscher Architekten mußten die eigentlichen ersten Preisträger Hans W. Jung und Ralph W. Becker als nichtteilnaluneberechtigt ausgeschlossen wer- den. Vor der endgültigen Rechtskraft des über- arbeiteten Bebauungsplans Ende 1954 waren die meisten Gebäude bereits errichtet. Inner- halb von zweieinhalb Monaten wurden 42 Wohnhäuser im Rohbau fertiggestellt. Die stadteigene Volkswohnung baute insgesamt über 1300 Wohnungen, davon über 900 Woh- nungen in fiinfgeschossigen, bis zu 80 m lan- gen Zeilen. 97 % des Wohnungsbestandes sind Zwei- bzw. Drei-Zimmerwohnungen. War die Siedlung 1952 noch fiir 4000 bis 5 000 Einwohner vorgesehen, so leben heute in den zwischen 1987 bis 1992 modernisier- ten Wohnungen um die 2 500 Menschen. Waldstadt --- Der auch nach dem Beginn einiger Sied- lungsprojekte wie Mühlburger Feld, Rint- heimer Feld und Flugplatzbebauung vorhan- dene starke Wohnungsmangelließ die Stadt- verwaltung nach weiteren Flächen suchen. Wie schon Jahre vorher bekam die Inan- spruchnalune des Hardtwalds wieder Aktua- lität. Wegen der Dringlichkeit des Wohnungs- baues war das Grundstückseigentum in einer (öffentlichen) Hand von großer Bedeutung. Die im Ralunen eines Gutachtens zur Neu- ordnung von Karlsruhe von Prof. O. E. Schweizer 1944 formulierte Idee bandformi- ger Siedlungen entlang des Hardtwaldes mag Waldstadt-Plan desStadtplanungsamtes (1955). auch noch bei der Flächenwahl Pate gestan- den haben. Als der damalige OB Klotz dem Stadtrat am 11. Januar 1955 eine Vorlage über den Bau einer Nordoststadt fiir 35 000 Einwohner im Hardtwald westlich von Hags- feld vorlegte, war der frühere erbitterte Wi- derstand gegen eine Hardtwaldbebauung ver- siegt. Die Gegenleistung bestand in der Zu- sage der UnterschutzsteIlung des übrigen Hardtwaldes. Um die erforderliche Überga- be der Fläche durch das Land zu beschleuni- gen, erstellte das Stadtplanungsamt ein Kon- zept mit einer Einwohnerkapazität von 25 000 Einwohnern, wurde eine Broschüre Karlsru- he ohne Baugelände in Umlauf gebracht und eine Offensive im Landtag initiiert. Der Er- folg blieb nicht aus. Die Stadt konnte nun weiter planen, mußte aber auf Druck der Architektenschaft und einiger Gemeinderäte einen Wettbewerb zu Siedlungsplanung aus- loben (August 1956). Die Preisträger hielten 33 sich in den Grundzügen an den städtischen Entwurf mit dem bereits dort angedachten typischen stichförmigen Erschliessungssy- stem, welches das Grundgerüst fur die Glie- derung der einzelnen Wohnbezirke bildete. Den ersten Preis errang Karl Selg aus Bonn, später Professor an der TH Karlsruhe. Die von Klotz 1954 geäußerte Idee von Hoch- häusern an den Schnittpunkten der vom Schloß nach Norden verlaufenden Radialen mit dem heutigen Adenauerring mußte Selg bei der Überarbeitung auf die Einmündungsbereiche der Waidstadtstraßen übertragen. Beim er- sten Spatenstich 1957 lagen die neuen Planungsdaten vor: 15 000 Einwohner auf 225 ha Gesamtfläche, davon 150 ha im Wald- bereich. 1959 lebten bereits über eintausend Menschen in diesem Stadtteil, der rasch weiterwuchs. 1970 wurde mit 13 700 Ein- wohnern der Höchststand erreicht. Mit der weiteren Ausdehnung entstand die Vielfaltigkeit der Bauformen, die die Wald- stadt von anderen Großsiedlungen wohltuend unterscheidet: zeilenförmiger Geschoßwoh- nungsbau, punktförmige Hochhäuser, Einfa- milienhäuser, Winkelreihenhäuser, Sonderfor- men wie die Radhäuser in der Breslauerstraße. 1967 präsentierte sich in der Feldlage das Eichbäumle als Mustersiedlung des verdich- teten Flachbaus. Die Waldstadt ist ein auch heute noch vorzeigbares Demonstrativvor- haben des Siedlungsbaues der damaligen Zeit. Die gegliederte und aufgelockerte Stadt mit ihren - hier etwas zu lang geratenen - Nach- barschaften und der Trennung des Fahr- und Fußgängerverkehrs ließ aber bereits verdich- tete Wohnfonnen zu und bildet so den Über- gang in die nächste Dekade. Ein 1974 juriertes Planungsgutachten zur Entwicklung der Waldstadt-Feldlage fuhrte zur Beaufuagung der Berliner Büros Schmock- Volkenborn ftir die Ausarbeitung eines Be- bauungsplans. Inzwischen ist auch dieser Teil der Nordoststadt fertiggesteUt. In der gesam- ten Waldstadt wohnen heute an die 12 500 Einwohner. Harald Ringler Vom Hof jagdrevier zum Parkwald Zur Geschichte des Fasanengartens Bevor Markgraf Karl Wilhelm 1715 sein neues Schloß in den Hardtwald baute, hatte er zuvor als begeisterter Jäger ein Revier von etwa 100 Hektar Wald einzäunen lassen, um einen Fasanengarten sowie einen Wildpark anzulegen. Das entsprach den damaligen Repräsentationsfonnen der Fürstenhäuser. Eine französische Anlage bei Lilie diente dazu als Vorbild. Vor 280 Jahren wurde dann 1714 auf einer Waldlichtung, der Bocks- blöße, ein kleines Jagdhaus errichtet, und verschiedenartige Tiere wurden aus dem ganzen Land herbeigeschaffi. Mittlerweile war auch Wald gerodet worden, um Platz fur 34 das neue Residenzschloß zu schaffen, und erste Alleen durchzogen den ehemals ge- schlossenen Hardtwald, letztlich um das Jagdrevier zu erschließen. In der Anfangszeit war der Fasanengarten in zwei Bereiche aufgeteilt: der westliche Teil, angrenzend an das Schloß, war im französischen Gartenstil gestaltet, während der östliche Teil der Fasanenzucht diente, betreut durch einen Fasanenmeister, ein Beruf, der von Generation zu Generation vererbt wurde. Die notwendigen Gebäude fur die Fasanenzucht lagen alle um die Bocks- blöße. Auch die heute noch vorhandenen chinesischen Teehäuschen entstanden ur- splÜnglich als Feldhühnerhäuschen "a la Chinoise", einer modischen Bauform des 18. Jahrhunderts. Zunächst umgab ein Holzzaun, später eine drei Meter hohe S?ndsteinrnauer den Fasanengarten, die man hellte zum Teil noch sehen kann. Nachdem das ursprungliehe Jagdhaus recht bald baufallig geworden war, weil zu frisches Holz verwendet wurde, ließ Markgraf Karl Friedrich 1765 ein zweistöckiges Jagdhaus mit chinesischem Dach und figurierter Fassade errichten, und zwar vom gleichen Baumeister, Friedrich von KeßIau, der das Residenzschloß gebaut hat. Der Markgraf fand an diesem Bauwerk so sehr Gefallen, daß er es schon bald als Jagd- und Lustschloß ausbauen ließ und die Fasanen in andere, neu errichtete Gebäude umziehen mußten. Der neue Park nach englischem Muster ".,· ..... ·.·.·.·.·,....· ... WhW .. ww.v ............... vNoMW.'N""W .w .·.·.·.w.·N'oY.Y.N'o"""'.·.· ••..•.••..•.. , ............. ,... ... '" Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Park nach dem Vorbild englischer Parkanlagen umgestaltet, viele ausländische Baum- und Straucharten wurden damals vor allem im Bereich der Bocksblöße gepflanzt. Dieser Umgestaltung war ein verheerender Sturm vorausgegangen, der sehr viele Bäume vernichtet hatte. Auch eine Lärchenallee, die über die Bocksblöße fuhrte, fiel dem Unwetter damals zum Opfer. Parallel zu dieser Umgestaltung wurde der Tiergarten wesentlich erweitert. Insbesonde- re zwischen 1780 und 1790 wurden diese Pflanzungen unter Gartenbauinspektor Schweykert fortgesetzt. Großen Wert legte er auf Perspektiven, Farbunterschiede sowie Licht- und Schattenwechsel. Gleichzeitig legte man im nördlichen Teil noch einen besonderen Tiergarten mit Rehen, Hirschen und ausländischen Tierarten an. Biber fanden Platz in der "Biberburg" , die noch heute Das ehemalige Lllst- Imd JagdschWßchen. hellte Staatliche Forstschule. 35 diesen Namen trägt. Wie viele Projekte, scheiterte auch die Fasanerie und der Wildpark letztlich an den hohen Kosten. Im Jahre 1866 wurde sie deshalb aufgelöst. Der Parkwald wurde nun zum Ort der Erholung und Entspannung fiir die Großherzogliehe Familie. Das Schlößchen wurde als Prinzenschule und fiir kleine Gesellschaften ausgewählter Gäste genutzt. Wir wissen aus Berichten, daß sich die großherzogliche Familie bevorzugt im F asanen- garten aufgehalten hat. Diese Verbundenheit zeigt sich auch darin, daß im Jahre 1896 die großherzog liehe Grabkapelle im gotischen Stil im Fasanengarten vollendet wurde. Mehrfach wurde von den Markgrafen der Versuch unternommen, den Park fur die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach überlieferten Berichten führte dies jedoch zu sehr häufigen Zerstörungen. Erst unter Großherzog Leo- pold wurde um 1840 der Zutritt zumindest zeitweise gestattet, endgültig fiir die Öffent- lichkeit zugänglich erst 1918, nachdem in der Nacht vom 11. auf 12. November der Fluchtweg des letzten Großherzogs durch den Fasanengarten geführt hiltte. Entwicklung zum Parkwald . ·.·.w.·~_~" Insgesamt ist der einstige Fasanengarten von 110 Hektar auf heute 46 Hektar geschrumpft: neben der Dragonerkaseme (1803), der Reitschule (1843) und den Stallungen (1868), der Bürgerschule (1871) und dem Realgymna- sium (1873) hat die Anlage des Durlacher- Tor-Platzes sowie der Wohnbebauung und schließlich die Ausweitung der Uruversität den Umfang gemindert. Mit einer WaIdum- wandlung von ca. einem Hektar Fläche fiir ein Umweltforschungsinstitut soll jetzt ein end- gültiger Schlußpunkt gesetzt sein. Die zusammenhängende Waldfläche bildet näm- lich eine Frischluftschneise ftir die innen- stadt. Gerade in den schwülen Sommennona- 36 ten wirkt sich der Wald durch semen Temperaturausgleich sehr positiv auf das Lokalklima aus. Messungen zeigen, daß sich an Sommertagen Temperaturunterschiede von sechs Grad zwischen Wald und Stadtbereich ergeben. Seit 1923 wurde der Fasanengarten als Parkwald von der badischen, später von der badenwürttembergischen Landesforstverwal- tung betreut. 1967 war der Fasanengarten in die Bundesgartenschau einbezogen und mit vielen Einrichtungen ftir Spiel, Sport und Erholung versehen worden, die zum größten Teil wieder abgebaut wurden. Im Vorder- grund steht heute der Erholungsnutzen ftir die Karlsruher Stadtbevölkerung, aber auch fiir den Naturschutz ist der Parkwald wichtig. So bilden z. B. die über 300jährigen Eichen hochwertige Lebensräume fiir viele verschie- dene Insektenarten, darunter gefahrdete Arten wie den Hirschkäfer und den Eichenbock. Auch botanische Besonderheiten sind vertre- ten, und die Baumartenvielfalt ist erstaunlich hoch. Allein um die Bocksblöße wachsen über 40 verschiedene einheimische und ausländische Bäume, die besonders im Herbst mit der unterschiedlichen Laubfarbung ein- drucksvolle Landschaftsbilder ergeben. Da- mit diese \vichtigen Funktionen auch künftig erfullt werden können, muß intensive Pflegearbeit geleistet werden. Dennoch soll der Park 'wald Fasanengarten im Gegensatz zum anschließenden Schloßgarten echten Waldcharakter behalten. Ziel der vom Staatlichen Forstamt Karlsruhe durchgefuhr- ten Maßnahmen ist die Erhaltung und Förderung der Baumartenvielfalt. Dies erfor- dert aber auch behutsame und kleinflächige VeJjüngung überalterter Bestände sowie Pflegedurchforstungen, verbunden mit Baum- rallungen. Denn gerade große freistehende Baumexemplare benötigen viel Platz zum Wachsen, so daß daz\vischen konkurrierende Bäume entnommen werden müssen. Das ehemalige Jagdschlößchen dient seit 1926 als Forstschule und stellt bis heute eines der forstlichen Aus- und Fortbildungszentren der Landesforstverwaltung Baden-Würtlem- berg dar. Ulrich Kinzier Wiedereröffnung eines "Musentempels" Zur Sanierung des Konzerthauses Wenn im August 1994 das Konzerthaus saniert und renoviert wieder nutzbar gemacht wird, sind 90 Jahre seit dem ersten Auftrag an die Architekten Robert Curjel und Karl Moser vergangen. 1906 hatten dann der Stadtrat und OB SchnetzIer beschlossen, einen Entwurf "für ein Ausstellungsgebäude mit Nebengebäuden, ein Theater mit Konzert- saal samt Verbindungsbau zum Anschluß an die Stadtgartenrestauration" anzufordern, die später der Direktor der Akademie der Bildenden Künste G. Schönleber "für hervorragend glücklich und schön" beurteil- te, entsprach er doch dem Bedürfuis, "einen wesentlichen Faktor zur Weiterentwicklung hiesiger Kunsttätigkeit aller Art" darzustel- len. Man orientierte sich am Mannheimer Rosengartensaal, der zwar architektonisch gelungen, aber weniger zweckmäßig er- schien, weil zu lang und ohne ansteigenden Boden fur die hinteren Plätze. Der Raum sollte im Winter als Konzerthaus, im Sommer als Theater dienen, ein geräumiges Foyer bieten sowie eine Hoftoge "mit eigener Treppe". Den Preis schätzte man auf 1.034.500 Mark laut RatsprotokOll vom 15. März 1906. Da zunächst die alten Bahnanlagen am Festplatz verlegt werden mußten, kam es 1913 zum ersten Spatenstich, und damit wurden die Bauarbeiten bald vom Ersten Weltkrieg überschattet. Am 8. Dezember 1915 weihte die großherzogliehe Familie mit zahlreichen Gästen den Bau anläßlich des 200jährigen Stadt jubiläums ein, freilich in eher gedrückter Stimmung. "Unter schwieri- gen Verhältnissen", heißt es in der Chronik von 1915, "mit immer kleiner werdender Arbeiterzah\ mußte der Bau zu Ende geführt werden. In schwerer Zeit errichtet, mag er für alle Zeiten ein Beweis des unerschütterlichen Vertrauens in den Sieg Deutschlands sein, das allein den Mut geben konnte, die Bauarbeiten fortzufahren, im festen Glauben an die große Zukunft unseres Vaterlandes und damit auch der Haupt-und Residenzstadt Karlstuhe." Die Ausstellungshallen waren nicht fertig- geworden und wurden später gleich vom Militär für Kriegszwecke beschlagnahmt, so wie das Theater als Lazarett diente . . Die Architekten Curjel und Moser zählten um die Jahrhundertwende zur Karlstuher Jugendstilarchitektur, und das Bild zeigt, wie das Konzerthaus in diesem Baustil errichtet worden wäre. Um 1910 hielt man sich jedoch an den gängigen neoklassizistischen Trend, baute die Ausstellungshallen nach Schinkels Vorbild (Ntes Museum neben dem Berliner Dom), und als Erinnerung an Friedrich Weinbrenners evangelische Stadtkirehe er- hielt auch das Konzerthaus einen klassizisti- schen Portikus, dessen Giebel ein Relief von Karl Albiker schmückte. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte mancher Karlsruher in dem hier eingerichteten Kino " Capitol" die An- fänge des Fihns. Während des Zweiten Welt- kriegs wurde der Bau mehrfach durch Bomben beschädigt, dem auch der Portik'Us 37 ~~= .. _ ... Entwurf eines Theaterprojekts J 906 im Jugendstil. zum Opfer fieL Noch 1943 versuchte man mit dem einfachen Wiederaufbau ohne Rekon- struktion das Haus zu nutzen. Ab 1945 konnte es darum als Ersatzspielstätte fiir das Badische Staatstheater dienen, dessen Bau am Schloß ausgebrannt war. Man erinnert sich an manche großartige Inszenierung, die in diesen 30 Jahren hier stattfand. 1975 nahm die Karlsruher Kongreß- und Ausstellungs GmbH das Konzerthaus in Besitz, das mit zahlreichen Veranstaltungen nicht weniger genutzt wurde. So erschien bald eine Renovierung ü berfallig, zumal die Kriegsfolgen nur notdürftig behoben worden waren und Sicherheitseinrichtungen wie Haustechnik völlig überaltert und nicht mehr den neuen Vorschriften entsprachen. 1982/83 begann zur Zeit des Stadthallenbaus das Gespräch über eine Großrenovation, zumal das Denkmalamt Ansprüche an den histori- schen Bau stellte. 1991 beschloß der Gemeinderat die Sanierung mit einem Kosten- 38 rahmen von 30 Millionen Mark, der auch eingehalten wird. Allein die Hälfte dieser Sunune kostet die neue technische Ausstat- tung, die der multifunktionalen Nutzung als Konzerthaus, Spielstätte fiir Gastspieltheater und Vortragssaal entsprechen muß. Mit 988 Plätzen wird der große Saal nicht weniger Besuchern Raum bieten als im Eröffnungs- jahr 1915. Der kleine Saal mit 200 Plätzen im Obergeschoß dient als Tagungssaal, dem sich 6 Konferenz- und Seminarräume anschließen. Die einstmals schräg verlaufenden Seiten- foyers im Erdgeschoß sind begradigt und etwas tiefer gelegt worden. Sie münden ins Hauptfoyer, das nach seiner Renovierung mit den noch erhaltenen großen, goldgerahmten Spiegeln und gerundeten Seitenwänden eine repräsentative Ambience fiir vielerlei Anläs- se geben kann. Im Theatersaal sind die im Rang befmdli- ehen Stützen wieder freigelegt worden, und die Decke wurde in ihrer ursprünglichen Fonn als Kassettendecke umgebildet, hatte man doch bisher schon die Akustik dieses Raumes gepriesen. Die Architekten Rupprecht u. Partner, Karlsruhe, naluuen sich auch des neuen Portikus an: 10 Säulen, je 8 Meter hoch, aus 17 Tonnen Beton geschält, darauf3 ,5 Tonnen schwere Kapitelle, 1,5 Meter hoch. Architrav und aufmontierte Rosetten setzen den originalgetreu nachempfundenen Bauentwurf fort. Bleibt noch die Frage offen, wie die Stimfläche ausgeftillt werden wird, die einst Karl Albiker gestaltet hat. Leonhard Maller Geschichte der Karlsruher Straßenbahn Als im Oktober des letzten Jahres der Stadtbahntunnel von den Karlsruher Bürgern abgelehnt wurde, war das nicht die erste Ent- scheidung großer Tragweite ftir die Zukunft der Karlsruher Straßenbahn. In der Geschichte der Straßenbahn gab es eine Vielzahl solcher Entscheidungen, die ftir den späteren Ausbau des Karlsruher Nahverkehrsnetzes von höch- ster Bedeutung waren, und auch damals wuß- te man selten, welche Perspektiven sich mit der jeweiligen Entscheidung eröffneten. ~~~~.Amc:~~er !~~~o~.~:'~~C:~~!.Lmm Mitte des 18. Jahrhunderts war von einem öffentlichen Personennahverkehr in den Me- tropolen der Welt nicht viel zu spüren. Aber als 1852 die erste Pferdebahn in New York ihren Betrieb aufualuu, dauerte es nicht lan- ge, bis auch diese Welle Europa erreichte. Siebzehn Jahre später erhielt dann auch der Amerikaner Louis Welles BroadweIl die Kon- zession ftir den Bau und Betrieb einer Pfer- debahn von Durlach nach Mühlburg. Hier beginnt die Geschichte der Straßenbahn in Karlsruhe. Bmadwell selber hatte allerdings kein Geld, um ein solches Vorhaben in Gang zu setzen. Der deutsch-französische Krieg Anfang der siebziger Jahre kam dem verschuldeten Ame- rikaner gerade recht, da dieser Krieg die Bau- vorhaben stoppte. Broadwell selbst nutzte die Gunst der Stunde und verschwand. Über sei- nen Verbleib gibt eS bis heute nur Spekula- tionen. Nach den Kriegswirren fand 1874 eine öffentliche Ausschreibung ftir eine Pfer- debahn statt. Der Zuschlag ging an den Bre- mer Karl Westenfeld. Für ihn stand damals schon fest, daß seine Bahn auf Regelspur- gleisen fahren sollte. Wie sich heute heraus- stellt, war dies eine weise Entscheidung. Am 21. Januar 1877 nahm schließlich die erste Pferdebahn ihren Betrieb auf. Westenfeld mußte sich das notwendige Material, wie pfer- de und auch Wagen, zu Beginn leihen, da der plarunäßige Betriebsstart erst ftir den 1. Mai angesetzt war. Die Strecke ftihrte vom Dur- lacher zum Mühlburger Tor und vom Markt- platz zum damaligen Bahnhof an der Kriegs- straße. Vier Jahre später, am 21. September 1880, gab es einen Eigentümerwechsel, und der neue Eigentümer Emmerich gründete die "Vereinigte Karlsruher, Mühlburger imd Dur- lacher Pferde- und Dampfbahngesellschaft". 1881 ging die erste Dampfbahn zwischen dem Durlacher Tor und Durlach in Betrieb. Pferde und Dampfrösser teilten sich damals ein gemeinsames Depot. In der ersten Hälfte der 90er Jahre kaufte die AEG die Gesell- schaft, und von nun an standen die Zeichen auf Strom. Man bekam dann auch relativ schnell die Konzession ftir den Bau und Be- trieb einer elektrischen Straßenbahn, aller- dings mußte im Bereich der Innenstadt aus 39 ästhetischen Gründen auf eine Elektrifizie- rung verzichtet werden. Die Versorgung die- ses Bereiches übernahmen Akkumulator- Triebwagen, die während der Wendezeiten an den Endhaltepunkten über die Oberleitung Energie "tankten". Die Nachteile dieses Sy- stems wurden schnell erkannt, und wenig spä- ter wurden auch die Gleise im Innenstadt- bereich mit einem Fahrdraht überspannt. Da- mit war das erste komplett elektrifizierte Stra- ßenbahnnetz in Karlsruhe fertiggestellt. 1899 wurde das noch heute benutzte Depot an der Tullastraße gebaut. Nur ein Jahr spä- ter schlug dann die letzte Stunde fur die Pfer- debahn. Am 19. März zog die legendäre Stu- te "Minna", bunt geschmückt, den letzten Pferdebahnzug voll Stolz durch die Karlsru- her Innenstadt. Kontinuierlicher Ausbau In den ersten drei Jahren seit Gründung wurde das Streckennetz kontinuierlich erwei- tert. 1903 übernahm die Stadt die Gesell- schaft fur fast 6 Millionen Goldmark. Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte man den neuen Karlsruher Hauptbahn- hof an der südlichen Peripherie der Stadt fer- tigstellen, wodurch eine neue Gleisentwick- lung in Richtung Süden notwendig wurde. Bisher gab es eine Konzentration in der Ost- West-Achse, da kein Grund vorlag, aufgrund der Stadtentwicklung die Streckenfuhrung in nord-südlicher Richtung massivauszudehnen. Der Erste Weltkrieg stoppte zunächst den Ausbau des Karlsruher Straßenbahnnetzes. Als ein weiteres Hindernis einer kontinuierli- chen und erfolgreichen Weiterentwicklung der Straßenbahn wurde die Lokalbahn angese- hen, da deren Gleise teilweise parallel zu der Straßenbahn verliefen und oft den Raum nah- men, der zum weiteren Ausbau nötig war. 1915 konnte die Stadt Karlsruhe die Lokal- bahn nach schwierigen Verhandlungen fur 1,9 Millionen Mark übernehmen, um damit ungestört den Ausbau der Straßenbahn voran Die Pferdebahn auf der Fahrt durch Alt-MUh/burg. 40 zu treiben. Die Lokalbahn wurde daraufhin schrittweise von der Stadt stillgelegt. Ein wei- terer wichtiger Einschnitt war die Heraus- nahme der Albtalbahn aus dem Innenstadt- bereich. Der Endpunkt der damaligen schmal- spurigen Bahn aus dem Albtal wurde nun- mehr vom Ettlinger Tor an den neuen AlbtaI- bahnhof verlegt. An eine Verknüpfung mit dem innerstädtischen Straßenbahrmetz wur- de schon kurz nach der Inbetriebnahme ge- dacht, da es für den Fahrgast einer mühsa- men Prozedur gleichkam, in eine Straßen- bahn umzusteigen, die ihn in die Innenstadt bringen mußte. Eine Verknüpfung war aller- dings auf grund der unterschiedlichen Spur- breiten zum damaligen Zeitpunkt undenkbar. Während des Ersten Weltkriegs dienten die Gleise und Wagen der Straßenbahn nicht nur zur Fahrgastbeförderung; während dieser Zeit wurden auch Güter auf der Schiene transpor- tiert. Die Angebotspalette reichte von Milch, Gas und Koks über Müll bis hin zu Baumate- rialien. Durch die dem Krieg folgende Infla- tion kostete ein Fahrschein zur einfachen Fahrt in der kleinsten Zone 1923 ungefahr 500 Mil- liarden Mark. In den 20er und 30er Jahren- nach der Inflation - wurde das Streckennetz enorm vergrößert, zum Beispiel sollte die Trasse nach Knielingen bis zum Rhein ver- längert werden. In den zwanziger Jahren kam es zu einem "Machtkampf' zwischen der Stadt und dem damaligen Betreiber der Albtalbahn, der Ba- dischen Landeseisenbahn AG (BLEAG). Die Stadt forderte einen IO-Minuten-Takt zwi- schen dem Albtalbahnhof und Rüppurr. Die BLEAG aber verweigerte sich dieser Forde- rung, was zur Folge hatte, daß die Stadt mit Bussen den geforderten Takt einrichtete. Die Nachwirkungen waren für die BLEAG ge- waltig. Sie ging durch den Buseinsatz der Stadt, aber auch wegen anderer Gründe als Gesellschaft insgesamt 1932 bankrott; die Albtalbahn wurde daraufhin von der DEBG übernommen. Diese fligte sich den Takt- forderungen der Stadt. Die Nachkriegszeit als Neubeginn "'_~ __ ~_"""""""'_««<QX««-»'_"",*"X_ Der Zweite Weltkrieg brachte Leid und Zerstörung über die Stadt; auch die Straßen- bahn war davon betroffen. Dies bedeutete praktisch einen kompletten Neuaufbau, nicht nur in Karlsruhe. Während in vielen deut- schen Städten die vorher so populäre Tram einfach nicht mehr aufgebaut und der Nah- verkehr von den vermeintlich flexibleren Omnibussen überqommen wurde, entschied man sich in Karlsruhe für einen kontinuierli- chen Auf- und Ausbau des Straßenbahrmet- zes. Karlsruhe wurde in der Nachkriegszeit deshalb von anderen Städten eher belächelt, aber der Bau der Retortensiedlung Waldstadt mit sofortiger Straßenbahnanbindung galt schnell als Paradebeispiel fur einen guten Nahverkehr. Doch ·es gab auch in Karlsruhe nicht nur Befürworter fur einen schienen- bezogenen Nahverkehr. Gutachten wurden erstellt, in denen die Gegner nachweisen woll- ten, daß der Bus das flexiblere und kosten- günstigere Verkehrsmittel fur den Nahver- kehr sei. Aber die Verantwortlichen erkann- ten schnell, daß die Straßenbahn gegenüber dem Omnibus Vorteile mit sich bringt. Um diese Vorteile auszuschöpfen, mußte ein ge- eignetes Konzept entwickelt werden. Die Hauptstrategie lag vor allem darin, daß die Bahn soweit wie möglich auf eigenem Gleis- körper fahren sollte, um nicht durch den mo- torisierten Individualverkehr behindert zu werden. Damit war die Tram dem Bus weit überlegen. Hauptverantwortlicher zu dieser Zeit war Oberbürgermeister Günther Klotz, dem wir die Grundlage für den heutigen Erfolg zu verdanken haben. Er, bekennender Straßen- bahn-Fan, ließ kurzerhand Gutachten in sei- ner Schreibtischschublade versch\vinden, die 41 sich gegen die Bahn aussprachen. Klotz er- kannte auch die Möglichkeiten einer Anbin- dung der Region an die Stadt. Durch den Kauf der Albtalbahn 1957, deren schrittwei- se Umspurung von Schmalspur in Regelspur und die Beseitigung des Verkehrsbruches am Albtalbahnhof wurden in Karlsruhe die mei- sten Skeptiker, getragen von dem Erfolg die- ser Maßnahmen, eines Besseren belehrt. Von nun an konnte in Karlsruhe der Ausbau des Nahverkehrs auf der Schiene in allen Rich- tungen vorangetrieben werden. 1958 fuhren die Bahnen dann, anfangs in einem 20-Minuten-Takt, direkt von der Karls- ruher Innenstadt nach Ettlingen. Es dauerte nicht lange, bis die Strecke nach Bad Herren- alb ebenfalls von Straßenbahnwagen befah- ren werden konnte. Die Umspurung der Glei- se bis Langensteinbach und der Neubau der Strecke bis Ittersbach rundeten den ersten Ausbau ab. Aber der Bau von umsteigefreien Strecken in das Karlsruher Umland war und ist noch lange nicht vollendet. Es kamen ab den 80er Jahren Leopoldshafen, Hochstetten und der Bau der Rheinbahn nach Rheinstetten dazu. Das Meisterstück gelang den Verkehrs- betrieben allerdings mit der Verknüpfung der beiden Systeme Straßenbahn und Bundes- bahn. Den intensiven Versuchen folgte die Eröffnung der Strecke von Karlsruhe nach Bretten. Diese, von der OB zuvor stiefmüt- terlich behandelte und von den Fahrgästen nur wenig akzeptierte Nebenstrecke, entwik- kelte sich mit Fahrgastzuwächsen von über 400 % zu einem Vorbild flir erfolgreichen öffentlichen Personennahverkehr in Deutsch- land, Europa und der Welt. Die Beflirchtun- 42 gen der Brettener Kaufleute vor einer Flucht nach Karlsruhe war völlig unbegründet. Die- ses Beispiel machte Schule, neue Verbindun- gen wurden gebaut. Aber auch die Anschaf- fung modernster Fahrzeuge sorgt fUr einen ungebremsten Fahrgastzuwachs. Trotz des Scheitems der U-Strab wird es in Karlsruhe keinen Stillstand in der Entwick- lung des Nahverkehrs geben. Neue Strecken sind im Bau und werden 1997 teilweise schon in Betrieb genommen. In der Planung sind Neubaustrecken in die Nordweststadt und nach Aue-Wolfartsweier. Ab dem Fahrplan- wechsel im Mai 1997 wird man umsteigefrei von PflßZtal zum Karlsruher Marktplatz fah- ren können. Ebenso wird ab Mai das Umstei- gen in Bretten ein Ende haben, wenn man weiter nach Eppingen fahren möchte. Mit der durchgehenden Elektrifizierung fahrt der Stadtbahnwagen von nun an von Baden-Ba- den durch die Innenstadt nach Eppingen, teil- weise sogar mit einem Bistro-Abteil. 1m Sep- tember 1997 wird die Verknüpfung Straßen- bahn-OB in Wörth fertiggestellt; die Stadt- bahn wird ab diesem Monat auch bis nach Stutensee fahren. Man sieht, daß sich die Entwicklung des OPNV nicht nur auf Karlsruhe beschränkt, sondern gemeinsam mit der stadteigenen A VG die gesamte Region erfaßt hat, gemäß dem Wahlspruch: "Mit der Stadtbahn schnell, be- quem und direkt aus der ganzen Region mit- ten in die Stadt - und dies sehr preiswert." Dieler Ludwig Diskussion um die Straßenbahnen in Karlsruhe vor 100 Jahren Die Auseinandersetzungen um die richtige Erschließung Karlsruhes durch Straßenbah- nen sind alt. Vor ca. 100 Jahre-drschien am 10. Mai 1898 ein Artikel im " Badischen Beobachter ", der die Probleme des Über- gangs zur zeiigemtlßen Form der" Elektri- sehen" wiedergibt. "Nach den neuesten Nachrichten stehen die Verhandlungen zwischen dem Stadtrat der Residenz und der Gesellschaft der Karlsruher Straßenbahnen auf dem Punkt, auf der Grundlage des Akkumulatorenbetriebes zu den innerstädtischen Straßen und des Hochleistungsbetriebes auf den Außenlinien zur Einigung zu fuhren. So erfreulich die Aussicht ist, daß eine fur die Entwicklung des zum Übergang in die Eigenschaft als Großstadt sich anschickendes Gemeinde- wesen außerordentlich wichtige Frage nach jahrelangem Hin und Her der baldigen Lösung entgegenreift, so verstimmend wirkt, so unbegreiflich klingt, was über eine bedeutungsvolle Einzelheit des abzustim- menden Vertrages, über die Bestimmung der den künftig elektrischen Straßenbahnen zu gebende Spurweite verlautet. Wir hatten bisher die Spurweite der Hauptbahnen, die sog. Normalspur von 1,435 Meter, deren Wahl ftir Straßenbahnen durchaus keinen Sinn hat, während in Deutschland und in der Schweiz nach und nach als Regel die Schmalspur, und zwar meist wie bei der Albthalbahn und der Späck-Durmersheimer- bahn die Spur von 1 Meter, theilweise eine noch geringere Weite, angenommen worc!en ist. Bei der Normalspur soU es dem Vernehmen nach bleiben. Dem gegenüber fragen wir: sollen hier wirklich' die Erfahrungen anderer Städte unverwirklicht bleiben, will man sich in der That der Gefahr aussetzen, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit abermals eine (dann noch mehr als heutzutage ftihlbar "Die Pferdebahn um 1900 ". 43 werdende) Stockung in der Entwicklung des Straßenbl!hnwesens eintritt! Will man in die Verlegenheit einer großen Stadt eines unserer Nachbarländer gerathen, die durch eine früher begangene Kurz- sichtigkeitssünde dieser Art so in die Enge getrieben wurde, daß ihr schließlich zur Besserung der Verkehrsverhältnisse nichts anderes übrig blieb, als Straßenbahnen anzukaufen, um sie auf eigene Kosten auf Meterspur umzubauen! Das kann und darf nicht sein, doppelt deswegen nicht, weil die vom Gesichtspunkt der Verkehrskonzentration ungünstige Konfi- guration der Residenzstadt dem Straßenbahn- netz der Zukunft eine außerordentliche Bedeutung für das Gemeinwohl zuweist. Der Laie wird fragen: weshalb soll die Normalspur ungeeignet sein! Zwei Haupt- gründe sind es, die gegen sie sprechen. Der eine liegt in der Schwierigkeit, die Normalspurgleise in gehöriger Kurve um Straßenecken herumzufiihren. Ist die Kurve zu klein, so treten Entgleisungen ein, die bei elektrischem Betriebe natürlich noch mehr als bei dem gemütlichen Betriebe durch animali- sche Kraft zu fürchten sind. Bei der Schmalspur kann man die Krüm- mungen schärfer nehmen. Diese Seite der Frage beansprucht die größte Aufmerksam- keit rur die in der Zukunft unentbehrlichen Ring- und Seitenlinien, welche Straßen berühren müssen, deren Ecken nicht etwa bloß in rechtem, sondern vielfach in spitzem Winkel liegen. Den zweiten Gegenstand bildet der Raum- anspruch der Normalspur. Die Mehrzahl der städtischen Straßen, einschließlich der neue- ren, ist durchaus nicht von übermäßiger Breite. Nun müssen bei eingleisiger Anlage noch stellenweise Ausweichsgleise angelegt werden, und es geht aus Betriebsrücksichten keineswegs an, diese Ausweichen immer nur in breiten Straßen unterzubringen. 44 Das leuchtet ein, daß dabei der Platz für gewöhnliches Fuhnverk in den schmaleren Straßen zu sehr eingeengt, daß es Verkehrs- stockungen geben würde. Indessen braucht man nicht nur enge Straßen und nicht bloß die Zukunft im Auge zu haben; man kann die Sache heute bereits praktisch in der Kaiserstraße studieren. Das ist gewiß eine breite Straße, und doch, welch' unverhältnis- mäßig großer Teil von ihr geht schon jetzt dem allgemeinen Fuhrwerksverkehr durch die unnötig breiten Gleise der Pferdebahn mehr oder minder verloren, so daß selbst diese Hauptverkehrsader vom praktischen Stand- punkte der Inieressen des Fuhrwesens nicht als breit betrachtet werden kann! Freilich sind es nicht die Gleise an sich, die den Platz rauben; denn sie können ja, wenn auch nur mit häufigeren Unterbrechungen, von Wagen und Karren aller Art überfahren werden. Raumsperrend sind vielmehr die Wagen der Straßenbahn. Oft genug hat man in Folge Raurnmangels bisher schon Zusammenstöße zwischen Pferdebahnwagen und anderen Fuhrwerken auf der Kaiserstraße erlebt; daß es dabei meistens ohne größere Beschädigun- gen abging, war nichts als Glücksfall. Besondere Prädisposition rur Karambolagen wurde durch Neu- oder Umbauten von Häusern geschaffen. Ein einziger Wagen mit Schutt oder Baumaterial am Gehwegbord aufgestellt, dahinter gegen das Geleis so ein paar Balken oder Ries, Schutt und derglei- chen - und alles ist so gut vorbereitet, daß es nur noch einer kleinen Komplikation bedarf, um ein Fahrhindernis fur die Pferdebahn hervorzurufen. Und wie die Fußgänger sich bei gespemem Gehwege zwischen den haltenden Fuhnverken, auch wenn hinter diesen kein Raum belegt ist, und den vorüberfahrenden Straßenbahnwagen hin- durchwinden müssen, daß ist auch ungehörig und gefahrlich. Darum, Karlsruher Bürger- schaft, stehe ohne Unterschied der politischen Parteiengruppierung zusammen und wehre Dich um der Zukunft Deiner Stadt willen, wehre Dich auch um der städtischen Finanzen willen gegen das irrationale Nonnalspur- projekt! Fordere mit Nachdruck die Schmal- spur! Noch wird es Zeit sein." Man entschied sich jilr die Normalspur und schufsomit die Voraussetzungjilr unser heutiges durchltlssiges Nahverkehrssystem. Leonhard Maller Schnakenstiche gegen Thingstätte Die Pläne für einen NS-Kultplatz in Karlsruhe Mit einem Netz von 66 Thingstätten sollte 1934 das Deutsche Reich überzogen werden, bis auf 400 dann anwachsend. Drei davon plante man in Baden, nämlich in Heidelberg, Freiburg bzw. Titisee und in der Gauhaupt- stadt. Bis August 1935 wurden 12 Thingstät- ten eingeweiht, darunter die auf dem Heiligen- berg in Heidelberg. Die Thingbewegung un- terstand dem Reichspropagandaminister Goebbels, womit auch ihre Ziele umrissen sind. Sie war Mittel nationalsozialistischer Propaganda, die "aus dem Gemeinschafts- erlebnis heraus den neuen deutschen Men- schen nach dem Willen des Führers" fonnen sollte. Gausonnwendfeiern, Fahnenweihen, Feierstunden von NS-Organisationen und vor allem "Thingspiele", die die "Kampfzeit der NSDAP" verherrlichten, wurden in den Thingstätten veranstaltet. "Das Thing", so wurde postuliert, "dient dem nationalsoziali- stischen Kult, der aus dem Kampf erwuchs, es dient der Gestaltung unserer Feste." Der Karlsruher Stadtrat erhielt erstmals im Mai 1934 Infonnationen über die Planung einer Thingstät1e beim Hochschulstadion. Die- ses war bereits durch Aulbrechen des Um- fassungswalls auf der Nordseite zum Auf- marschplatz erweitert worden. Der sollte durch eine schmale Schneise im Wald mit dem Thingplatz verbunden sein. Gedacht war, so Bürgenneister Fribolin, an eine hain artige und begrünte Anlage rur 10 000 Besucher. "Man müsse dem Reichstatthalter Robert Wagner dafur dankbar sein, daß er sich fUr das Zustandekommen des Planes einsetze; er wolle in Karlsruhe ein kulturelles Bollwerk fur Südwestdeutschland schaffen." Am 21. Juni genehmigte der Stadtrat den Abschluß eines Vertrages mit der "Landesstelle Ba- den-Württemberg des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propaganda" zum Bau der Thingstätte. Offensichtlich hatten die Verantwortlichen der Stadt die Pläne des beauftragten Archi- tekten Prof. Hennann Alker von der Techni - sehen Hochschule noch nicht gesehen. Dieser stellte ebenfalls im Mai seinen Plan in einem Interview vor: "An das Hochschulstadion ( ... ) konnte ein riesiges Aufinarschgelände ange- schlossen werden, an welches sich ein Volks- festplatz angegliedert, und diese auf ein- drucksvolle Tiefenwirkung der großen Auf- märsche streng axial gefonnte Anlage findet ihren Abschluß in der Thingstätte. ( ... ) Inner- halb einer mächtigen Ringmauer von 120 Meter Durchmesser sind amphitheatralisch 10 000 Sitzplätze aufgebaut." Der dem Na- tionalsozialismus zugewandte Alker, der im übrigen auch das 1930 fertiggestellte Stadion geplant hatte, verstand es ganz offensicht- lich, das Bedürfnis der neuen Machthaber nach monumentaler Architektur zu befriedi- gen, denn der Gauleiter drängte im Oktober auf den raschen Bau der Thingstätte. Zu die- 45 Entwurf von A1ker kritisiert. Thing- stätten solIten in die Umgebung inte- griert werden unter Nutzung des na- türlich geformten Geländes, A1ker prä- sentierte aber umfangreiche Hoch- bauten, so daß man "in diesem Zirkus nichts mehr von der Landschaft" sehe. Und zuallererst brachte das Forstamt das von allen Seiten aufgegriffene Ar- gument, die Schnakenplage im Hardt- wald sei so groß, "daß ein Stillsitzen der Zuschauer und eine aufmerksame Anteilnalune an dem Thingspiel voll- ständig unmöglich sei." Als der Stadtrat am 6. Dezember er- neut über den Bau der Thingstätte be- riet, war man sich bewußt, daß der Gauleiter über eine Ablehnung "ver- schnupft" wäre und daß dann die Gau- tage und entsprechender Fremdenver- kehr nicht mehr nach Karlsruhe kä- men. Beschlossen wurde deshalb die grundsätzliche Zustimmung zu dem Projekt, das in Jahresabschnitten ver- wirklicht werden sollte, "die sich der städtischen Finanzlage anzupassen ha- ben". Der Beschluß enthielt auch den Hinweis, daß "die Benutzungsfahigkeit Plan der Thingställe von Prof Alker. Unten das Hf!chschulstadion, oben die kreisrunde eigentliche Thingställe, dazwischen der Aujinarschplatz. der Anlage vor dem Wirksamwerden der in Gang befindlichen Schnakenbekämp- fungsmaßnalunen" bezweifelt werde. Am 8. Dezember billigte der Gauleiter den Vor- schlag der Stadtverwaltung, angesichts der Probleme der Geldbeschaffung das Projekt vorläufig um ein Jahr zu verschieben. sem Zeitpunkt hatte sich aber schon eine vor- erst noch verhaltene, dann aber deutliche Ab- lehnung des Projektes artikuliert. Zunächst bemerkte Oberforstrat Dr. Bauer, und der Stadtrat schloß sich an, daß die massiven Eingriffe in den Fasanengarten von der Be- völkerung nicht akzeptiert würden. Dann scheuten Stadtverwaltung und Stadtrat vor den immensen Kosten von etwa 550 000 RM zurück. Angesichts eines IO-Mio.-lnvestiti- onsprogramms fti.r unter anderem Altstadtsa- nierung, Wohnungsbauforderung, Siedlungs- vorhaben und Aufschüttungen im Rhein- hafengebiet sei diese Ausgabe nicht vertret- bar. Schließlich wurde im Stadtrat auch der 46 Die Stadtverwaltung erk"Ulldigte sich im Ja- nuar 1935 bei 18 Städten, in denen Thing- stätten geplant oder gebaut waren, nach den Kosten. Diese lagen zwischen 13 000 und 110 000 RM, wobei die Kosten flir die eben- falls von A1ker geplante Heidelberger Thing- stätte von etwa 600000 RM nicht berück- sichtigt wurden. Neuberechnungen, bei de- nen z. B. statt einer Mauerumfassung nur eine Hecke vorgesehen war, ergaben Kosten zwischen 210 000 und 260 000 RM. Öffent- liche Mittel oder Parteizuwendungen waren dafür aber trotz aller Bemühungen nicht zu erhalten. Das sich abzeichnende Scheitern des Baus einer Thingstätte in Karlsruhe fiel zusammen mit Vorzeichen für das End - der Thing- bewegung. Am 23. Oktober erging vom Goeb- bels-Ministerium die Weisung an die Presse, mystische Begriffe wie Thing und Kult künf- tig nicht mehr zu verwenden. Nicht nur die z. T. schlechte Qualität der Aufführungen und die Witterungsabhängigkeit, sondern vermut- lich auch das AuJkommen weit effizienterer Propagandainstrumente wie der Volksempfan- ger und die Nutzung des Films dürften zum Ende des Things beigetragen h~ben. So war es denn nur konsequent, daß der Gauleiter am 19. Dezember 1935 die Stadtverwaltung wissen ließ, "daß der Bau von TIpngstätten bis auf weiteres nicht mehr in Frage.komme". Man/red Koch " ... wird wegen dem Geburtstag des Großherzogs morgen die Fabrik um 12 Uhr geschlossen" Das Finnenarchiv der Parfiimerie- und Feinseifenfabrik Wolff & Sohn im Stadtarehiv Karlsruhe Am 9. September 1899 wurde die damals schon weltweit agierende Karlsruher Firma Wolff & Sohn anläßlich des Geburtstages des badischen Landesherrn Friedrich I. ftir einen Nachmittag geschlossen, damit die Be- legschaft an der öffentlichen Parade teilneh- men konnte. 74 Jahre später schloß die vor allem durch ihr Produkt "Kaloderma" be- kanntgewordene Finna fUr immer ihre Pfor- ten. Heute erinnern in Karlsruhe noch das Fabrikgebäude und die im Stadtarchiv ver- wahrten Archivalien an "Wolff & Sohn". Den 126 Einheiten umfassenden Bestand erhielt das Stadtarchiv im Herbst 1996 von der Fir- ma Schwarzkopf GmbH in Hamburg und von Frau Vera Wolffaus Karlsruhe als Geschenk. Die Parftimerie- und Toilettenseifenfabrik Wolff & Sohn wurde im Jahr 1857 durch den späteren Kommerzienrat und Ehrenbürger der Stadt Karlsruhe, Friedrich Wolff (1833- 1920), und seinen Vater, den Hoftheaterfiiseur Gottlob Friedrich Wolff (1803-1864), ge- gründet. Bereits aus der Gründungszeit be- sitzt das Stadtarehiv nun Unterlagen der Fir- ma Wolff & Sohn. Die älteste Archivalie des Bestands ist das handschriftlich geführte Hauptbilanzbuch der Firma aus den Jahren 1859 bis 1861. Aus dem dazugehörenden Per- sonen- und Firmenregister und aus den Ein- tragungen über "Soll" und "Haben" sind die Geschäftsbeziehungen der neugegründeten Firma im In- und Ausland ablesbar. Die mei- sten Beziehungen unterhielt "Wolff & Sohn" zu den ost- und mitteldeutschen Städten Ber- lin, Halle, Dresden, Leipzig, Königsberg, Breslau, Magdeburg, Erfurt und Chemnitz. In Süddeutschland sind es Lahr, Ulm, Frei- burg, München, Nürnberg und Stuttgart, in den nördlichen Landesteilen Hamburg, Han- nover, Düsseldorf, Aachen, Bonn, Frankfurt und Wiesbaden, die im ersten Hauptbilanz- 47 buch häufiger genannt werden. Bereits in den Anfangsjahren hatte "Wolff & Sohn" auch Geschäftsbeziehungen zu Finnen im Ausland. Hier wird am häufigsten Paris genannt, ge- folgt von London, Toulouse, Grenoble, Tri- est, Krakau und Luxemburg. Fast lückenlos sind die Bilanzbücher der Finna aus den Jahren 1859 bis 1941 erhal- ten , hinzu kommen je iwei Conto- Correntbücher und Conto-Memorialbücher. Eine stabile Geschäftslage mit soliden Erträ- gen bzw. stetigem Gewinnzuwachs ist bei- spielsweise aus den Eintragungen der Jahre 1904 bis 1910 ablesbar. Für den Zeitraum 1930 bis 1935 läßt sich ein kontinuierlicher, wenn auch geringfügiger ErtragsTÜckgang feststellen, während die Jahre 1936 bis 1943 von deutlich erkennbarem Gewinnzuwachs geprägt waren. Ein ebenfalls handschriftlich geführtes Pro- tokollbuch aus den Jahren 1912 bis 1942 informiert außerdem über die General- und Gesellschafterversarrunlungen. Bis zum Jahr 1863 hatte die Firma Wolff & Sohn ihren Sitz in der Karl-Friedrich-Stras- se 4. 1863 errichtete Friedrich WolfT ein neu- es Firmengebäude in der Kaiserstraße 104, zu dem er 1879 das Nachbargebäude Kaiser- straße 106 hinzu erwarb. 1891 bezog die Fir- ma ihren nach Plänen des fUr seine industrie- bauten bekannten Architekten Hermann Walder erbauten Gebäudekomplex in der Durlacher Allee 31/33. Die Finna hatte zu diesem Zeitpunkt ihre Geschäftsbeziehungen bis in die Schweiz, nach Italien, Ungarn und Österreich und nach Malta ausgedehnt. Hiervon zeugen die handschriftlichen Rei- seberichte von JuniorchefFriedrich Wolffaus den Jahren 1884 bis 1887. Der Handlungsrei- sende Johann Tetsch bereiste im Auftrag von "Wolff & Sohn" in den Jahren 1896 bis 1902 darüberhinaus die baltischen Staaten, Finn- land, Schweden, Rußland, den Balkan mit Serbien, Rumänien, Bulgarien und Griechen- 48 land, den Vorderen Orient mit Syrien, Palä- stina, Ägypten und Libanon sowie China und Indien. Über den Handel mit Rosenseifen in China berichtet Johann Tetsch an die Firma in Karlsruhe sowie auch über geschäftlichen Ärger, den er in Rußland erlebte. "Ich habe ihm die Ungehörigkeit seines Benehmens ent- sprechend vorgehalten und ihm die sofortige Kündigung unserer Vertretung in Aussicht gestellt. Er versprach pünktliche Erledigung aller Sachen fur die Zukunft", schreibt Jo- hann Tetsch am 18. Januar 1899 aus Mos- kau. Außer geschäftlichen Angelegenheiten spiegeln diese Berichte auch politische, ge- sellschaftliche und soziale Verhältnisse in den bereisten Ländern. "Was die Tour nach Chi- na angeht, so sind hier ganz tolle Berichte über Hongkong in Cours die Pest betreffend, täglich sollen Europäer daran sterben und muß ich mir vorbehalten, den Platz evtl. aus- zulassen" berichtet Johann Tetsch am 9. Juli 1898 an die Geschäftsleitung. Der Handels- vertreter Albert Grieshaber geriet bei einer Balkanreise im Auftrag der Finna im Som- mer 1913 in die Wirren des Balkankrieges. "In Griechenland waren überall und speciell auf Corfu viele türkische Kriegsgefangene zu sehen; auch verwundeten griechischen Sol- daten begegnete man noch ab und zu" und " ... es wurde mir vielfach von Griechen versi- chert, daß ihr Haß gegen die Bulgaren viel größer sei als gegen die Türken; die Militär- pflichtigen stellten sich deshalb auch mit größ- tem Enthusiasmus" schildert er in einem Brief vom 18. Juli 1913 an Kommerzienrat Fried- rich Wolff seine Eindrücke. Der Arbeitsalltag <~·~;-;·;-:<·, :·;·,,·:.,;-:·:·x< ;,;,:<,:,x,;,x<,,:',:_..:ox·z·;·>:<·x',:-:·»;·>>;-:-:<·;.;.;.;-:·:·;.;.;." ;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.:< Vom Arbeitsalltag in der Finna vennitteln unterdessen zwei Cirkularbücher aus den Jah- ren 1897 bis 1905 und 1912 bis 1922Iebhaf- ten Eindruck. Strenge, zum Teil pedantische Anordnun- frontansiebt der ParlUmcrie- undSoilcUenseifcnfabrik F. \XolII , Sohn Zeichnung der Firmenanlage WoljJ & Sohn um /892. gen an das Personal erläßt die Geschäftslei- tung in diesen Büchern. " Das Lärmen und Schreien im Freien während der Pausen ist streng verboten, es ist strengstens verboten, innerhalb des Fabrikbezirks das Fahrrad zu besteigen und die Fahrradlaternen anzuzün- den" und ebenfalls strengstens verboten war "der grobe Unfug, daß insbesondere jugend- liche Arbeiter auf dem Weg von und zu der Garderobe ihr Messer offen in der Hand tra- gen". Die vorübergehende Schließung der Fabrik aufgrund besonderer Ereignisse unter Nach- holung der Arbeitszeit wird in den Ciru1:ular- büchern außerdem bekanntgegeben. Dies war z. B. arn 21. Mai 1900 der Fall, als eine kai- serliche Torpedodivision im Maxauer Hafen anlegte, alljährlich arn Geburtstag des Kai- sers und des Großherzoges und am 18. Okto- ber 1897 anläßlich der Enthüllung des Kai- ser-Wilhelm-Denkmals beim Mühlburger Tor. Gelegentlich fanden Veranstaltungen fur das Personal statt, über die in den Umlauf- büchern informiert wird. Jedes Jahr ließ Groß- herzogin Luise in der Adventszeit die Arbei- terinnen der Finna Wolff & Sohn zur Besich- tigung der in der Turnhalle der Victoriaschule ausgestellten Weihnachtstransparente einla- den. Am 5. Mai 1913 gab die Firma bekannt, daß die Studenten der Technischen Hoch- schule Volksunterrichtskurse "flir der Schule entwachsene Personen in den Elementar- fachern" abhalten, und im Mai 1912 bat der Badische Frauenverein das Personal der Fir- ma Wolff & Sohn zur Besichtigung des Tu- berkulose-Museums in der Ausstellungshalle anl Stadtgarten. Der Badische Frauenverein engagierte sich auch in der Arbeiterinnenfursorge und lud im Jahr 1912 die Arbeiterinnen nach Feierabend zu wöchentlichen Versammlungen mit kur- zen, leichtfaßlichen Vorträgen über Fragen der Haushaltsflihrung, der Gesundheitsvor- sorge und des Krankenkassen- und Versiche- rungswesens im Saal der Eisenbahnschule ein. Existentiell wichtige und arbeitsrechtlich be- deutsame Angelegenheiten flir das Personal finden ebenfalls in den Cirkularbüchern ih- ren Niederschlag. Urlaubs- und Arbeitszeit- regelungen werden bekanntgegeben, die Er- . 49 gebnisse der Wahl von Arbeitern und Arbei- terinnen in den Verwaltungsausschuß des fIrmeneigenen Wohlfahrtsfonds mitgeteilt und Regelungen zur Kriegsteuerungszulage ver- öffentlicht. Die Bücher enthalten Bekannt- machungen an das Personal über die Auszah- lung von Lohn, Krankengeld, Krankenkas- senbeiträge, die Invaliden- und Hinterblie- benenversicherung und die Gewährung der Weihnachtsgratifikation oder "Stetigkeits- prämie", die im Jahr 1919 anstelle des Weih- nachtsgeldes ausgezahlt wurde. Einen umfassenden Eindruck vom Betrieb in der Firma Wolff & Sohn während der 30er Jahre, die im Nationalsozialismus als "Mu- sterbetrieb deutscher Wirtschaft" galt, ver- mittelt die Werkzeitschrifi "Kalodernla-Nach- richten" aus den Jahren 1934 bis 1941. Sie informiert über Aktivitäten der Werksport- gruppe, der Gesangsabteilung und der Werk- musikkapelle, Betriebsangehörige schildern KdF-Fahrten und GrenzlandJ.mndgebungen, an denen sie teilgenommen haben. In der Werk- zeitschrift werden die Neuenverbungen der Werkbücherei bekanntgegeben und wird über Kameradschaftsabende in der Firma berich- tet. Alle diese Artikel stehen vor dem Hinter- grund der nationalsozialistischen Diktatur, die auch den Firmenbetrieb bei "Wolff & Sohn" prägte. Im Sommer 1939 wurde z. B. eine Stenotypistin vom Betriebsfuhrer der Firma zur Teilnahme an der von der Deutschen Arbeitsfront veranstalteten Berufserziehungs- woche ftir Stenotypistinnen in Bad Sulzbach bestimmt, worüber sie in den "Kalodernla- Nachrichten" berichtet. Die Vertrauens frau der Firma Wolff & Sohn erhielt im Sommer 1936 vom Frauenamt der Deutschen Arbeits- front die Aufforderung, an einem Schulungs- kurs ftir Vertrauensfrauen teilzunehmen, und der Betriebsobmann der Firma schreibt im 50 Herbst 1936 einen Reisebericht über seine Teilnahme an der Reichsarbeitstagung der Reichsbetriebsgemeinschaft Chemie in Ber- lin. Darüberhinaus enthalten die "Kaloderma- Nachrichten" Artikelserien zur Geschichte der Firma und zum Produktionsbetrieb mit aus- führlicher Beschreibung der Produktions- prozesse und vielfaltigem Bildmaterial von den Arbeitsvorgängen. Krieg und Verkauf ................................ ~ . •..•..•..•..•..•..•..•..•..•..•.. v.-..•.••..•..•..•..•..• w~.·.· ,, ·.·"w.· . .,., .· ..... · . ..., .. w ... w.·.·.··.·· ·· Bei Luftangriffen auf Karlsruhe am 25 . April, 8. September und 5. November 1944 erlitt "Wolff & Sohn" Fliegerschäden an der gesamten Fabrikarllage. Hierüber gibt eine Fotodokumentation Aufschluß, die Bildmate- rial von der ausgebrannten Reithalle, von den Schäden am Haupt- und Mittelgebäude so- wie am Ostflügel , an Siederei, Seifensaal, Kesselhaus und am Werkwohnungsgebäude in der Gerwigstraße enthält. Der Zeitraum von 1945-73 ist im Schrift- verkehr über Kriegsschäden, Beschlagnah- mung und Besatzung sowie in Produktions- statistiken und Werbekatalogen überliefert. Bereits 1970 hatte "Wolff & Solm" Gesell- schafteranteile an die Hamburger Kosmetik- fIrma Schwarzkopf GmbH verkauft, bis die Firma vollständig an Schwarzkopf überging und die Stillegung der Produktion Zunl 31 . Dezember 1973 erfolgte. Heute befindet sich im ehemaligen Hauptgebäude der Firma die Landespolizeidirektion Karlsruhe. Zusammen mit den bereits im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen zur Firma Wolff & Sohn - im wesentlichen sind dies 130 Blatt illustrierte Originalanzeigen aus den Jahren 1899 bis 1949, erschienen in der "Berliner illustrier- ten Zeitung" , in der Zeitschrift "Jugend" und in der Zeitschrift "Die Dame", die Werkzeit- schrift "Kaloderma-Nachrichten" und die par- furnierten Werbegeschenke "wohlriechender Taschenkalender" - bildet das Firmenarchiv eine umfassende und anschauliche Dokumen- eine wertvolle Bereicherung der Samm1ungs- tation zur Geschichte der Finna und bedeutet bestände des Stadtarehivs Karlsruhe. Angelika Sauer Der KarIsruher Hafen: Ein langer Weg zum Rhein "Der Handel, den die Stadt treibt, ist freylich nicht sehr ausgebreitet; doch auch nicht ganz unbeträchtlich. Hätte der MarkgrafKarl Wil- heim dafiir, daß er die Stadt in einem Walde gleichsam einschloß, sie an den Rhein - etwa nach Schröck - hin verlegt, so hätte es eine der blühendsten Handelsstädte werden und besonders Mainz wegen der weit geringeren Entfernung vom gesegneten Elsaß, lothrin- gen und der Schweiz in Absicht auf den Spe- ditionshandel sehr vielen Abbruch thun kön- nen." So beschrieb der Hauslehrer und Publi- zist Friedrich Leopold Brunn in seinen Brie- fen über Karlsruhe im Jahr 1791 ein Pro- blem, das die Stadt bis in unser Jahrhundert hinein beschäftigte und umtrieb: die fehlende Anbindung an den Rhein. In der Tat hatte der Karlsruher Stadtgründer Markgraf Karl Wil- helm von Baden-Durlach an viele Dinge ge- dacht, als er am 17. Juni 1715 den Grund- stein zu seinem neuen Residenzschloß und damit zur Stadt Karlsruhe legte, aber sicher nicht an eine Anbindung an den Rhein. Nach ersten Bemühungen bereits im 18. Jahrhundert \vidrnete sich die Stadt verstärkt nach dem Aufstieg Karlsruhes zur Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Ba- den zu Beginn des 19. Jahrhunderts diesem Thema. Angesichts der technischen und vor allem finanziellen Schwierigkeiten mußte man aber noch lange mit Lösungen vorlieb neh- men, die den Anforderungen der wachsenden Stadt nicht mehr gerecht werden konnten. Auch in Karlsruhe hielt die Industrie, wenn auch etwas verspätet, ihren Einzug. Eine er- ste Fabrik entstand 1836 mit der Maschinen- fabrik Keßler & Martiensen, die 1841 die er- ste badische Lokomotive baute. 1m Jahr 1843 erhielt Karlsruhe eine Eisenbahnverbindung nach Heidelberg. Das in Baden entstehende Eisenba1umetz erleichterte nun den Waren- verkehr erheblich . .Der Wunsch nach einem Hafen verstummte allerdings nicht: das expan- dierende MannIteim, das seit 1828 emen Rheinhafen hatte, war hier Vorbild. Die Rheinhäfen Leopoldshafen und Maxau :: Zunächst behalf man sich mit dem kleinen Hafen des bereits von Friedrich Leopold Brunn erwähnten Dörfchen Schröck. Der 1833 anläßlich der HafeneröfInung zu Ehren des regierenden Großherzogs in Leopolds- hafen umbenannte Ort verfugte aber nur über sehr bescheidene Hafenanlagen. Die Waren mußten zudem auch noch nach der Einfuh- rung des Eisenbahnverkehrs mit Pferde- fuhrwerken transportiert werden. 1862 versprach die Ausbaggerung des klei- nen Hafens Maxau - heute noch bekannt durch die Wasserstandsmeldungen des Pegels Maxau bei den häufigen Hochwassern der letzten Jahre - endlich Abhilfe. Auf ihre Ko- sten ließ die Stadt den Altrhein bei Knielingen ausbaggern und verbesserte damit die Lage deutlich, denn Maxau war immerhin schon mit einer Bahnlinie, der Maxaubahn, direkt mit Karlsruhe verbunden. Trotz unzurei- chender Infrastruktur - es gab z. B. nur einen Ladekran - stieg der Güterumschlag rasch an. Er vergrößerte sich von 1870 bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als das Zehn- 51 KARLSRUHE Rhei"h'aten \ Der Rheinhafen ist seit seiner Gründung ein beliebtes Postkartenmotiv. Postkarte um 1910. fache. Mit über 200 000 Tonnen war der Ha- fen 1899 aber an einer Kapazitätsgrenze an- gelangt, die ohne umfassende Ausbauten nicht mehr überschritten werden konnte. Zu die- sem Zeitpun.I..i waren die Würfel allerdings schon in eine andere Richtung gefallen. Auch die politische Großwetterlage hatte eine nicht unwesentliche Rolle gespielt : nach dem deutsch-französischen Krieg 1870171 war durch die Annexion Elsaß-Lothringens ein wirtschaftlicher Großraum entstanden, des- sen weitere Entwicklung einen Ausbau der Schiffahrtsverhältnisse auf dem Rhein ober- halb von Mannheim geradezu zwingend erfor- derte. Die Stadt Karlsruhe wehrte sich aller- dings entschieden gegen Pläne, linksrheinisch einen Kanal zu erbauen, da sie dann von dem zu erwartenden Schiffaluisaufkommen weit- gehend abgeschnitten gewesen wäre. Unter- stützung erhielt man von der badischen Regie- rung, die bei einer linksrheinischen KanaI- lösung auch weitgehende Nachteile fiir die 52 badische Staatseisenbahn beflirchtete. Des- halb vereinbarten Stadt und Staat 1896, "ei- nen mit der Eisenbahn und der Wasserstraße des Rheins in unmittelbarer Verbindung stehenden, der Großschiffalm dienenden Ha- fen in der Niederung westlich von Mühlburg" zu bauen. Nach nur zweieinhalbjähriger Bau- zeit unter der Leitung des Ingenieurs Max HanselI, von dem auch die Idee stanuute, wurde der Hafen am I . Mai 190 I eröffnet. Für die Verwaltung des Rheinhafens war das neu geschaffene städtische Hafenamt zu- ständig. Bis zum Jahresende waren bereits nahezu 130000 Tonnen Güter umgeschla- gen. Die feierliche Einweihung fand im fol- genden JallT 1902 statt und zwar anläßlich des 50jährigen Regierungsjubiläunls Groß- herzog Friedrichs I. Karlsruhe hatte auf dem langen Weg zum Rhein sein Ziel erreicht. Kommunalpolitisch ist der Bau des Rhein- hafens einzuordnen in die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Anstrengungen der Kommunen im Zuge der Daseinsvorsorge. Die Kommunen waren damit wichtige Weg- bereiter rur das Sozialstaatprinzip. U. a. im Bereich der Ver- und Entsorgungswirtschaft sowie des Nahverkehrs übernahmen sie im Interesse ihrer Bürger neue Aufgaben, die aufs engste mit dem Wachstum der Städte verbunden waren. Die in den meisten Städten explosionsartig zunehmende ßevölkerung mußte mit Wasser und LebenslIlittein sowie mit Energie versorgt werden. Abwässer und Abfalle waren zu entsorgen. Im Verkehrs- bereich transportierten zunächst Pferde- bahnen, dann elek1rische Straßenbahnen die Menschen innerhalb der Stadt und in die umliegenden Dörfer. Zu diesem Zwecke ent- standen wirtschaftliche Unternehmen, die in- zwischen oftmals auf eine mehr als 100jähri- ge Geschichte zurückschauen können. Viele dieser städtischen Betriebe sind inzwischen privatisiert oder stehen zur Privatisierung an. Anläßlich der Internationalen Ausstellung rur Rettungswesen und Gesundheitspflege in Brüssel im Jahr 1876 publizierte die Stadt Karlsruhe einen Überblick über die seit 1860 zur Versorgung der Bevölkerung entstande- nen städtischen Einrichtungen: 1866 war die regelmäßige Dünger- und Müllabfuhr einge- ruhrt worden, 1869 das bis dahin privat be- triebene Gaswerk aufgekauft und in den fol- genden Jahren erweitert worden. 1869 bis 18 n entstand ein neues leistungsfähiges Wasserwerk. Als sich die Stadt sechs Jahre später wiederum an einer Ausstellung, dies- mal in Berlin, beteiligte, erschien eine aktua- lisierte Publikation, in der als eine wesentli- che Neuerung die seit 1877 betriebene städti- sche Pferdebahn von Karlsruhe nach Mühl- burg und die 188 I eröffnete Darnpfbahn nach Durlach vorgestellt wurde. Im Jahr 1900 fuhr die erste elektrische Straßenbahn. Die Pfer- de- bzw. Darnpfbahn wurde zunächst aller- dings noch privat betrieben, erst 1903 ging sie in städtischen Besitz über. Generell achteten die Kommunen auch in besonderem Maße auf die Entwicklung ihrer Wirtschaftsstruktur, fUr die der optimale Aus- bau vorhandener Wasserstraßen oder der An- schluß über Kanäle natürlich besonders wich- tig war. Eine Umfrage des Deutschen Städte- tages im Jahr 1911 ergab, daß von 113 Städ- ten 27, darunter Karlsruhe, besondere An- strengungen unternahmen oder unternommen hatten, Hafenanlagen zu errichten. In Karls- ruhe ist die Anlage des Hafens Teil des städti- schen seit den 70er Jahren verstärkt verfolg- ten Konzepts, die Ausrichtung der Residenz- stadt auf die Verwaltung und die Dienstlei- tungsbereiche abzuschwächen und neue in- dustrien anzusiedeln. Nicht zufallig entstand in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts am Rheinhafen ein drittes großes Industrieviertel. Im Rheinhafen selbst entstanden schon an zeitlichen Umfeld der Hafeneröffnung einige der heute noch charakteristischen Bauten: die Werfthallen, das Getreidelagerhaus und das Wohnhaus des Harenvorstands prägen bis heute das Erscheinungsbild des Rheinhafens. Sie gehören zu den herausragenden Beispielen Karlsruher Industriearchitek1ur. Ausgelegt war der Hafen auf zunächst 300000 Tonnenjährlich, die bereits im drit- ten Betriebsjahr erreicht waren, 1913 war mit knapp 1,5 Millionen Tonnen die vorläufi- ge Höchstmarke erreicht. Hauptumschlag war die Kohle mit 53 %, gefolgt von Holz mit 20 % und Getreide mi t 9 %. Versorgt wurde nicht nur Baden, sondern auch Württemberg, wo 28 % der Güter hingingen und die Schweiz mit 14 %. Die Zahl der angekommenen Schiffe verzehnfachte sich innerhalb von 10 Jahren nahezu, so daß Erweiterungen bald erforder- lich waren. 1916, mitten im Ersten Welt- krieg, ging ein weiteres Becken, das Nord- becken in Betrieb. Der Umschlag erreichte 53 im Ersten Weltkrieg allerdings nicht mehr den Vorkriegshöchststand und sank nach der Kapitulation rapide ab. 1920 fiel er gar wie- der unter die Millionengrenze wegen einer "seit der Entstehung der Großschiffahrt noch nicht beobachteten Wasserknappheit". Im Jahr 1922 erholte sich der Umsatz zwar wie- der, ging 1923 dann aber wegen der Ruhr- krise und der Besetzung des Karlsruher Rhein- hafens durch französische Truppen wieder stark zurück. Am 3. März 1923 besetzten französische Truppen fur rund 18 Monate den Hafen, der damit zu einem Politikum zwischen Frankreich und Deutschland wur- de. Durch zahlreiche restriktive Verordnungen ging der Umsatz wiederum deutlich zurück. Erst 1924 setzte ein erneuter Aufschwung ein, der erst gegen Ende des Zweiten Welt- krieges abrupt unterbrochen wurde. Selbst in den Weltwirtschaftskrisenjahren 1929 bis 1932 blieb der Aufwärtstrend erhalten, was nicht zuletzt an der 1930 abgeschlossenen Rheinregulierung der Strecke Mannheim- Sondernheim lag. 1928 war Karlsruhe nach Duisburg, Mannheim, Ludwigshafen und Köln der funf'tgrößte deutsche Rheinhafen. Die Expansion war in erster Linie zu La- sten des Mannheimer Rheinhafens erfolgt, der 1904 noch fast drei Viertel des Schiffverkehrs auf dem Oberrhein abwickelte, in den 20 Jah- ren aber nur noch ein Drittel. Beschäftigt waren in diesem Jahr beim Städtischen Ha- fenamt im Durchschnitt 130 Arbeiter und 35 Beamte. Dieser Personalstand wurde auch in den folgenden Krisenjahren gegen den allge- meinen Trend im wesentlichen gehalten. 54 Der im Vergleich mit der Gesamtentwick- lung des Rheinschiffahrtsverkehrs, der 1929 einbrach und 1932 nur noch rund 65 % des Standes von 1929 umfaßte, relativ stabile Umschlag im Karlsruher Rheinhafen nahm dafiir in den Jahren 1933 bis 1936 nur un- wesentlich zu, während der Rheinschifffahrts- verkehr insgesamt wieder stärker anstieg. Die Eröffuwlg des Hafens in Heilbronn im Jahr 1935 und die Angliederung des Saarlandes, das nun verstärkt den südwestdeutschen Raum mit Kohle versorgte, dämpfte den Aufwärts- trend zusätzlich. In den 30er Jahren erhielt der Rheinhafen auch seine heutige Größe, 1934 konnte das Südbecken eingeweiht und die Verbreiterung des Stichkanals zum Rhein abgeschlossen werden, 1935 folgte die Erweiterung des Olbeckens. Obwohl das Rheinhafengebiet im Zweiten Weltkrieg immer wieder das Angriffsziel al- lüerter Bombenangriffe war und auch erhebli- che Schäden davontrug, wurde 1948 bereits beim Güterumschlag wieder die Millionen- grenze erreicht. Zehn Jahre später waren die Vorkriegsergebnisse mit mehr als drei Mil- lionen Tonnen übertroffen. 275 Jahre nach der Stadtgründung wurde gar ein neuer Rekord mit nahezu 12 Millio- nen Tonnen aufgestellt. Damit ist er heute zweitgrößter europäischer Binnenhafen und größter Ölbinnenhafen. Andere Rheinhäfen wie das eingangs zitierte Mainz hat er längst hinter sich gelassen, eine Entwicklung, die Friedrich Leopold Brunn allerdings wohl hatte voraussehen können. Ernst 0110 Brtlunche Karlsruher Vereine: Die Gesellschaft Eintracht "Der Kräfte schön vereintem Streben, Erblickt der Eintracht wahres Leben." Dieser Leitspruch des Amortisationskassendirektors Karl Benjamin Friedrich Scholl, der ein Jahr nach Gründung der Gesellschaft Eintracht zu deren Vorsitzendem gewählt worden war, verdeutlicht klar die Zielsetzung der da- maligen Vereinsgründer: Dem Karlsruher Mittelstand sollte aufmöglichst breiter Basis ein k'\llturelles Aktionsfeld verschafft werden, wie es bis dahin weitgehend nur der Oberschicht offengestanden hatte. Zweck der Vereinsgründung vom 3. Juli 1835 war es u.a. gewesen, rur "die Erhei- terung und Erholung" der Mitglieder "durch Lektüre, gesellige Unterhaltung, Spiel, Tanz und Musik" zu sorgen, aber auch durch "musikalische Vervollkommnung", "die Be- sprechung technischer, überhaupt industriel- ler Gegenstände" und die "Anschaffung wis- senschaftlicher Werke" das Bildungsniveau zu heben. Dabei sollten bereits bestehende Vereine wie der 1831 gegründete Gewerbeverein, der Musikverein Harmonie und der Cäcilienver- ein sowie die schon seit 1816 vorhandene bürgerliche Lesegesellschaft in die Eintracht integriert werden. Man wollte damit offen- sichtlich eine starke Interessen vertretung fUr das mittlere Bürgertum schaffen, als Gegen- gewicht zu den in Karlsruhe vorhandenen Oberschichtvereinen wie dem vornehmen Museum, dem Kunstverein und einer Frei- maurerloge. Die Absicht der Gründer der Eintracht, unterschiedliche Interessensgebiete in ihrer Gesellschaft zu vereinen und damit weite Bevölkerungskreise zu erreichen, konnte in den ersten Jahren ihres Bestehens durchaus realisiert werden. So vergrößerte sich die Mitgliederzahl von 155 Personen im Grün- dungsjahr 1835, als der Verein in der Hauptsache aus Subalternbeamten bestand, durch die Angliederung der genannten Sektionen auf annähernd 800 Personen im Jahre 1839. Damals waren wohl wegen des auf sie zugeschnittenen Angebots auch zahlreiche Handwerker und Kaufleute Mit- glied in der Eintracht geworden. Die Hauptaktivitäten der Gesellschaft Eintracht sollten sich aber bald auf den musischen Bereich erstrecken. Daher wurde der Anschluß des Gewerbevereins an die Gesellschaft nach der Jahrhundertmitte wie- der rückgängig gemacht. Absplitterungen wa- ren aber auch auf die besonders geforderten Aktivitäten zurückzuftihren. So ging der 1842 gegründete Gesangverein Liederhalle aus der Eintracht hervor. Auch der erste Karnevalsver- ein von Karlsruhe, der 1843 gegründete "Narrenverein von Pfannenstielhausen", soll sich zu zwei Dritteln aus Eintrachtsmit- gliedern rekrutiert haben. Tatsächlich bestand ein großer Teil der Veranstaltungen in der Eintracht damals aus Maskenbällen, Kostümkränzchen und Fastnachtsspielen, wie uns eine frühe, bereits 1844 erschienene Chronik der Gesellschaft berichtet. So fanden in dem 1837 erworbenen Gesellschaftsgebäude, dem ehemaligen Cafe F rey neben der Wirtschaft zum Weißen Bären in der Karl-Friedrich-Straße, mehrere Mas- kenaufzüge statt, deren Figuren in der Mehrzahl zeitgenössischen Theaterstücken entlehnt waren. Mit dem "Bocksritter Kaka- du", Napoleon mit seiner Garde und den Polen, Gott Bacchus zu Pferde, einem Harlekin, Timler Schützen und anderen Gruppen ging die Eintracht sogar an Fastnacht 1841 auf die Straße und brachte damit den ersten Karnevalsumzug in Karlsru- he zustande. 55 Dasgroßzügige dreistöckige Gesellschafts- gebäude eignete sich nach einem Umbau, der den Verein über 31 000 Gulden gekostet hatte, hervorragend fur Bälle und Fest- veranstaltungen, aber auch rur eher zwiickge- zagene Zerstreuung. So enthielt das Gebäude u. a. mehrere Zimmer rur Billard und andere Spiele, ein großes Konversationszimmer mit Büfett, ein Lesezimmer mit Bibliothek, einen Speisesaal, einen Musiksaal, den großen Tanzsaal und Wohnungen fiir Diener und Wirtsleute. Entlang des Wirtsgartens hinter dem Gebäude war eine Kegelbahn errichtet worden. Dieses attraktive Angebot sollte natürlich zu der rasanten Mitgliederent- wicklung in den Anfangsjahren des Vereins beitragen. In der Zeit des Nachmärz, also nach den revolutionären Ereignissen von 1848/49, waren die Mitgliederzahlen dann wieder leicht rückläufig, was sicherlich auch mit der mißtrauischen Beobachtung aller Vereinsaktivitäten durch die Staatsorgane in der Phase der Restauration zusammenhing. Die Räumlichkeiten der Eintracht nutzten nun dann aber auch andere Vereine wie die studentische Verbindung Alemannia oder die dem Humor verpflichteten Gesellschaflen "Bärenzwinger" und "Schlaraffia". Der Gesangverein "Liederhalle" blieb bis 1885, als er sich schon längst selbständig gemacht hatte, in den Räumen der Eintracht. Dort feierte er 1868 sein 25jähriges und 1892 selbst nach seinem Auszug noch das 50jährige Jubiläum. Die Mitglieder der Eintracht kamen in dieser Zeit oft "zum geselligen Kegel-, Schach- oder Kartenspiel zusammen, besuch- ten die Konzerte im Saal und Garten, hörten Vorträge belehrender Natur an, erfreuten sich an unterhaltenden VorfUhrungen wandernder Künstler, Zauberer u. dgl.", wie Benedikt Schwarz in der Chronik der GesellschafI zum 90jährigen Bestehen 1925 berichtet. Gesell- schafliich nahm der Verein bis in die 56 Gründerzeit den zweiten Rang hinter dem "Museum" ein. So gehörte es fur die mittlere BeamtenschafI zum guten Ton, Mitglied dieser Vereinigung zu werden, wodurch sie aber auch in den Genuß der Unterhaltung kam, die diese zu bieten hatte. "Daß der Herr Kanzleirath jeden Abend .. . 2 Stunden in die Eintracht geht und hier zwei Schoppen Bier trinkt, ist sein Recht; denn nach den täglichen Plackereien auf dem Bureau und den Sorgen zu Hause gebührt ihm eine Erholung in erheiterndem Gespräche ... " schildert Albert Bürklin augenfallig den Vereinsalltag um 1860. Zu den größeren Veranstaltungen im Gesellschaflsgebäude gehörten nach wie vor Kostümkränzchen und Maskenbälle, die zumeist unter ein bestimmtes Motto gestellt waren, so noch nach der Jahrhundertwende ein "Schwarzwaldfest" mit bäuerlichen Trachten und das Kostümfest "Alt Karlsru- he", das sich auf die Biedermeierzeit bezog. Neben diesen kurzweiligen Unterhaltun- gen wurden recht aufwendige Bälle zu Jubiläen der großherzoglichen Familie veran- staltet. Zur silbernen Hochzeit des Groß- herzogspaars 1881 etwa wurde in lebenden Bildern die Geschichte des Fürstenhauses aufgeruhrt (Gründung von Karlsruhe, Aulhe- bung der LeibeigenschafI, Großherzog Leo- pold). Dazu sprachen Hofschauspieler die Prologe. Die Hinwendung zur höfischen Gesell- schafI veränderte im Verlauf des 19. Jahrhunderts langsam die Mitgliederstrul1ur des Vereins, so daß er - ähnlich wie das Museum - mehr und mehr zu einer Gesell- schaft rur die bürgerlichen Honoratioren wurde und seinen Anspruch auf die breite Vertretung des Mittelstandes aufgab. So schwankte die Mitgliederzahl des Vereins zwischen 1870 und 1925 immer nur um etwas mehr oder weniger als 300 Personen, eine Stagnation, die sich auf die Bedeutung der Gesellschaft angesichts des enormen Wachs- tums der Stadtbevölkerung und der damit verbundenen Auffacherung des Vereinswe- sens nach unterschiedlichen Interessen- gruppierungen und Gesellschaftsschichten in dieser Zeitspanne negativ auswirken mußte. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 wurden nur noch selten aufWendige Bälle gefeiert. Die letzten Jahre des Bestehens der Vereinigung waren nun im wesentlichen durch ,,gediegene" wissen- schaftliche Vorträge und einige anspruchs- volle Konzerte geprägt. Durch den Mitglie- derschwund sollte die Gesellschaft Eintracht nach der nationalsozialistischen Machter- greifung 1933 dann das gleiche Schicksal Foto: Stad/archiv 57 ereilen wie das "Museum". "Die alten Formen sind überlebt und verlieren damit ihre Daseinsberechtigung", heißt es lapidar in einem an die Mitglieder versandten Schrei- ben, das die Auflösung der Gesellschaft zum 29. November 1937 ankündigte. Dazu wurde eine außerordentliche Mitgliederversamm- lung im "Präsidentensaal" der Gesellschafts- räume anberaumt, in der zwei Liquidatoren gewählt wurden. Was aus dem sicherlich wertvollen und interessanten Vereins archiv und -inventar geworden ist, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Vielleicht ist es dem Bombarde- ment des Zweiten Weltkriegs ebenso zum Opfer gefallen wie das stattliche Vereins- gebäude und der benachbarte Gasthof zum Prinzen Friedrich von Baden, ehemals der "Weiße Bär". Pe/er Pre/sch Vom 1. Badischen Gesang-Fest 1844 in Karlsruhe zum Badischen Sängerbund , Wir sind gewohnt, flir die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts den Begriff"Biedermei- er" zu verwenden und stellen uns dabei eher eine Zeii der Idylle vor. Diese Jahrzehnte sind aber auch das Vorspiel, der "Vormärz" flir die Revolution 1848/49. Sie sind der Beginn der industriellen Revolution und der Über- gang einer Kulturtradition, bisher von Höfen und Klöstern gepflegt, auf das Bürgertum. Dazu gehören der Bau eigener repräsentati- ver Opernhäuser und Theater, die Gründung von Konzert- und Musikgesellschaften. Es ist auch die Zeit, in der Pestalozzis Ideen einen Niederschlag finden, der als Ausgangspunkt einer Volkserziehung das Musische, die Musikerziehung, ja besonders den Gesang betonte, dessen Richtigkeit in unseren Tagen der Ungar Kodaly beispielhaft flir die Volkshochschulen wie das Chorleben bewie- sen hat. Schließlich spielten auch politische Grün- de für die EntwickJung einer neuen Gesangskultur eine Rolle. Die Zerrissenheit im "Deutschen Bund" der Ära Metternich, die Ansprüche Frankreichs auf deutsches Land ließen Strophen wie Beckers Rheinlied "Sie sollen ihn nicht haben, den freien 58 deutschen Rhein" entstehen. Die Gründung der ersten Gesangvereine, der Berliner Liedertafel, vollzog sich 1809 durch Carl Friedrich Zelter, des Züricher Gesangvereins 1810 .durch Hans Georg Nägeli. Bald folgten Gründungen von Liedertafeln als Männergesangvereine in Frankfurt/Oder, Leipzig, Magdeburg, Harn- burg, Elbing, Königsberg und Danzig, die einen bestimmten Zug der Zeit widerspiegel- ten. Karlsruhe war um 1842 eine Stadt mit ca. 25 000 Einwohnern, deren gesellschaftlichen Mittelpunkt neben dem Hof die Vereinigun- gen "Museum" und "Eintracht" bildeten. Die "Eintracht" bestand aus vier Abteilun- gen, deren zweite die "musikalische Vervoll- kommnung" und Unterhaltung ihrer Mitglie- der als Zielsetzung hatte. Aus ihr war die "Liederhalle" entstanden. Gesellschafts- direktor der "Eintracht" von 1836 bis 1849 war Karl Friedrich Scholl. Von ihm sagt die Chronik der "Eintracht": "Er wirkte, durch- drungen von tiefem Mitgefuhl fur fremde Not, bei der Gründung wohltätiger Anstalten mit. "U. a. war er der Gründer der allgemeinen Versorgungsanstalt, der Karlsruher Lebens- Kar! B. Fr. Scholl. 1. Direktor 1836-1849. versicherung. Der Platz vor der KL V wurde nach ihm benannt. Als Gesellschaftsdirektor der "Eintracht" war er selbstverständlich auch Vorstand der Liederhalle. Daß dieser energiegeladene, schöpferische und weit- schauende Mann den engen Vereinsrahmen sprengte, war nur verständlich. Bezeichnend für die Zielsetzung ist der Sängerspruch, den die Liederhalle anno 1845 annahm: "Unserer Lieder Klänge läuten deutscher Eintracht Frühling ein."- Scholl suchte und fand Anschluß an die bekannten Männergesang- vereine jener Tage, den Karlsruher Lieder- kranz, den Singverein Lahr, die Mannheimer Liedertafel, die allesamt von herausragenden Persönlichkeiten geführt wurden. Die enge Fühlungsnahme führte bald zum Erfolg. So fand vor 150 Jahren, am 8. September 1844, im "Hof- theater" das "erste Badische Gesang-Fest" statt, an dem Sänger aus den Städten Achern, Bruchsal, Bühl, Karlsruhe, Durlach, Ettlingen, Gerns- bach, Heidelberg, Mannheim, Mühlburg, Rastatt und Wein- heim teilnahmen. Mit dem Erfolg dieses Festes erfolgte unter der Leitung von Scholl am 27. Oktober 1844 die Gründung der "Vereinigung Badischer Gesangvereine" - eigentlich Gründungsjahr des Badischen Sängerbundes. Am 11.112. Mai 1845 fand in Mannheim das "zweite Badi- sche Sängerfest" statt. An die- sem Sängerfest nahmen nun schon eine große Zahl außer- I badischer Vereine teil. Zur Vor- bereitung richteten die"Karlsru- her Sänger an die Stadtverwal- tung ein Gesuch um Überlas- sung des Rathaussaales von 5 bis 6 Uhr in der Früh, zum Einsingen der Chöre, bevor sie nach Mannheim fuhren. Das Gesuch war damit begründet, daß die Sänger in Mann- heim das Ansehen der Stadt Karlsruhe vertreten würden. Der damalige OB Füsslin hat den Bitten der Sänger entsprochen, weil er die "Macht des Gesanges" anerkannte. Nach dem dritten Badischen Gesangsfest 1847 in Lahr wurde der Wunsch laut, aus finanziellen Gründen nicht mehr in jedem Jahr eine solche Begegnung durchzuführen. Man wollte je- doch das Erreichte weiter ausbauen, indem das freie Jahr den Zusammenkünften der näheren Vereine untereinander dienen sollte. Die Revolutionsjahre 1848-49 haben das 59 Gesangsleben lahmgelegt und vielfach zu Vereinsauflösungen geftihrt, oder es wurden, aus politischen Gründen, im geheimen Sing- stunden abgehalten. Das vierte Badische Sängerfest 1848 - in Baden-Baden geplant, die Noten fur die Chö- re waren schon ausgegeben - konnte demnach erst 1858 stattfinden. Um diesem Fest einen besonderen Reiz zu verleihen, hat man ein erstes Mal ein Wettsingen veranstaltet. Aus dem Programm ist zu ersehen, daß neben den badischen Vereinen Chöre aus den Städten Freiburg, Hagenau, Frankfurt, Mutzig, Straß- burg und Würzburg teilnahmen, ein Zeichen der Verständigung und der verbindenden Kraft des Liedes. Das Fest in Baden-Baden hatte die höchsten Erwartungen erfüllt, fiel es doch in die Zeit des Schaffens der Komponisten Abt, Kreutzer, Kücken, Marschner, Julius Otto in der volkstümlichen Liedpflege und Carl Maria von Weber sowie Mendelssohn-Bartholdy in vaterländischen und geselligen Liedern. Unbekannt blieb noch das klassische Liedgut fUr den Chorgesang. Schuberts Zeit war noch nicht gekommen. Auf drei Seiten hat die Badische Landes- zeitung über dieses Sängerfest berichtet. Es schien fast wie ein Verdikt über Leben und Tod, als Dr. Wilhelm KolIka auf der Empore stehend verkündete, "Die Preisrichter haben ihre Arbeit vollendet" und die Ergebnisse bekanntgab. Aber nicht nur in der Liedpflege sahen die Gesangvereine ihre Aufgabe, sondern auch in der Linderung fremder Not. Nach der Chronik der Liederhalle Karlsruhe fanden in der Zeit von 1849 bis 1862 nicht weniger als 48 Wohltätigkeitskonzerte neben vielen anderen Veranstaltungen rur Hof und Stadt und der allgemeinen Öffentlichkeit statt. So war es andernorts auch. Die Sänger waren des "Volkes Stimme". Die Unsicherheit jener Zeit war nach wie vor groß. Am 15. September 1862 traten auf Antrag des Zentralkomitees die Vertreter von 42 badischen Gesangvereinen in der "Eintracht" zur Gründung des Badischen Sängerbundes zusammen. Andere hatten brieflich ihr Einverständnis mitgeteilt. Es wurde weiterhin der einstimmige Beschluß gefaßt, daß sich der Badische Sängerbund dem in der Gründung befmdlichen Deutschen Sängerbund an- schließen soll. 1864 zählten 3 lOO Sänger zum Badischen Sängerbund. Heute umfaßt er 22 Sängerkreise "vom See bis an des Maines Strand" mit I 487 Vereinen. In den 2 159 Chören sind Märmer-, Frauen, Kinder-, Jugend- und gemischte Chöre sowie Instrumental- und Tanzgruppen vereinigt. Die Gesamtzahl der Aktiven beträgt 71 050, der Fördernden 181 283, so daß der Badische Sängerbund insgesamt 254 333 Mitglieder zählt. Im Deutschen Sängerblmd sind insge- samt 1,83 Millionen Mitglieder zusammen- geschlossen, davon rund 670 000 Aktive, die einen wichtigen Teil unserer Musikkultur darstellen. Albrecht Manch Die Anfänge des Fußballsports in Karlsruhe Konrad Koch, der Vater des Schulfußballs in Braunschweig, stellte im Jahre 1895 in einem Aufsatz ,,zur Geschichte des Fuß- balls" folgendes fest: "Während an den meisten Schulen des Nordens und Ostens der 60 Fußball durch Lehrer, die Freunde desselben waren, zuerst eingefuhrt ist, hat sich in Karlsruhe - und rur die Städte des Südwestens scheint diese Art der Entwick- lung typisch zu sein - ohne irgend welches Zuthun von oben her das Spiel bei den Schülern eingebürgert." Eine solche Feststellung ist verlockend genug, den Anfangen des Fußballsports in Karlsruhe nachzuspüren. Bei der Durchsicht der "Badischen Presse (Kleine Presse). General-Anzeiger der Haupt- und Residenz- stadt Karlsruhe und Umgebung" der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts fallt erst einmal auf, daß relativ wenig über Fußball, aber umso mehr über vielfaltige Aktivitäten anderer Turn- und Sportvereine unter der Rubrik "Vereins- und Vergnügungs-Anzei- ger" zu lesen ist. - Dort finden sich z. B. Veranstaltungsankündigungen des Männer- turnvereins, der Karlsruher Turngemeinde, der Turn-Gesellschaft Karlsruhe, des Ruder- clubs "Salamander", der Rudergesellschaft, der Athleten-Gesellschaft "Herkules", des Athleten-Klubs "Germania", der Allgemei- nen Radfahrer-Union, des Bicycle-Clubs von 1882, des Radfahrer-Clubs "Germania", des Velocipedclubs " Fidelitas", des Fechtklubs "Hermanduria", der Schützengesellschaft, des Kegelklubs "Freundschaft" und des Karlsruher Eislaufvereins, der It. Bericht vom 17. Juli 1894 "am Sonntag, d. 8. ds. M .. . ein Lawn-Tennis-Turnier" veranstaltete. Eine beachtliche Palette turnerischer und sportli- cher Aktivitäten, allerdings kaum eine Ankündigung des Fußballsports. Anderer- seits fmdet sich da eine kurze, aber sensationelle Nachricht folgenden Wortlauts: "Der Footballklub Kickers in Karlsruhe gewarm bei dem Fußballwettkampf die Kontinentalmeisterschaft" (Badische Presse, 4. April 1894). Wenn ein solcher sportlicher Erfolg, über den im übrigen in den Einzelheiten wenig bekarmt ist, erzielt werden konnte, muß wohl eine entsprechende fußballsportliehe Basis schon vorhanden gewesen sein. Bei näherem Hinsehen wird das auch bestätigt. "Nachzu- tragen wäre, daß die Marmschaft der Karlsruher Kickers eine Reihe von Spielen in einigen Ländern des Kontinents gegen zum Teil namhafte Klubs siegreich bestanden hatte, und daß sie sich deshalb Meisterschafts- klub des Kontinents narmten." Walter Bensemarm Als Vater des Karlsruher Fußballsports ist zweifellos Walter Bensemarm anzusehen. Aus der Schweiz kommend, war er in die Unterprima des Karlsruher Gynmasiums eingetreten. In einem Aufsatz von K. Geppert, "Entstehung und EntwicklUng des Fußball- sports in Baden", wird Bensemarm selbst zitiert: " Im September 1889 ließ ich aus der Schweiz einen Fußball kOnIDIen; der Ball wurde morgens vor der Schule aufgeblasen, und in der Zehn-Uhr-Pause mußte bereits ein Fenster des Gynmasiums daran glauben. Der im Schulhof wandelnde Professor dujour, der Historiker Dauber, hielteine Karzerstrafe ftir angemessen; allein Direktor Wend! erklärte sich mit der Bezahlung des Fensters einver- standen und schickte uns auf den kleinen Exerzierplatz, 'Engländerplatz' genarmt. Hier hatten zwei Jahre vorher einige Engländer sowie Gynmasiasten, zu denen auch Prinz Max von Baden gehörte, Rugby gespielt. Der Spiel betrieb war bald wieder eingeschlafen. Wenige Tage nach unserer Übersiedlung auf den Engländerplatz gründeten wir den Karlsruher Football-Club, der zuerst nur aus Pennälern bestand, dem aber in Kürze 15-20 Engländer beitraten .. . ". Dieser Club war der erste süddeutsche Club überhaupt, in dem Assoeiation Football gespielt wurde. Er bestand übrigens nur bis zum Jahre 1893. 61 Die ersten Karlsruher Clubs In dem oben zitierten Bericht fuhrt Karl Geppert weiter aus, daß im allgemeinen der Besitz eines Balles ausreichte, um einen neuen Fußballclub zu gründen. Nach seiner Erinnerung gab es in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts folgende Fußballclubs in Karlsruhe: Karlsruher Football-Club, Karlsruher Fußball-Verein, Kickers, Phönix, Franconia, Alemannia I, Alemannia 11, Fide- litas, Badenia, Germania und Celeritas. Er sagt: "Die Clubs karnen und gingen mit dem Besitz oder Verlust eines Balles." Daß sich solche Vereinsgründungen oft recht formlos vollzogen, geht aus dem folgenden Bericht hervor: ,,17.11.1891. Die aus dem Internationalen Football-Club aus- getretenen Fußballspieler gründen auf dem Engländerplatz unter dem einzelnen dicken Baum an der Südseite des Platzes den Karlsruher Fußballverein (KFV)". Das Interessante und fiir Karlsruhe Besondere daran ist, daß diese neu entstehen- den Fußballvereine Schüler und Studenten nicht nur als Mitglieder und Übungsleiter, sondern auch als Vereinsvorsitzende hatten. Von Walter Bensemann, dem 16jährigen Unterprimaner und Vereinsgründer, war schon die Rede. Der Vorsitzende des neu- gegründeten Fußballvereins "Phönix" war Willi Müller, der an der TH Karlsruhe Chemie studierte. Franz Klotz, ebenfalls "Phönix", war Student am Staatstechnikum. Er war übrigens der Vater des ebenso fußballbegeisterten späteren Karlsruher Ober- bürgermeisters Günther Klotz. Die Karlsruher Aktivitäten sprangen auch auf andere Städte in Südwestdeutschland über. In ,,60 Jahre KSC" wird Bensemann mit folgenden Worten zitiert: " Im Jahre darauf rief ich im Verein mit den Schülern Ivo Schricker, Willi Back, Leoni und AdolfKohts den Straßburger Fußballclub ins Leben." Daß der Stamm der nach 1889 in Karlsruhe aus dem Boden schießenden Fußballvereine von Schülern der Karlsruher höheren Schulen gebildet wurde, geht aus den Berichten zur Mannschajl des von Walter Bensemann gegründeten Footbal/clubs " Kar/sroher Kicker " J 893. 62 Vereinsgeschichte der verschiedenen Fuß- ballvereine hervor. Als Beispiel sei hier der Verein "Phönix" zitiert: "Er gewann sehr rasch die Sympathie der auf dem Engländer- platz spielenden Schüler, hauptsächlich der Oberrealschüler. .. "In derselben Vereinsge- schichte heißt es zur Lage im Jahre 1902: "Nach Schulzugehörigkeit existierten dort zwei in sich geschlossene Gruppierungen: I. Die Schüler der Oberrealschule [jetzige Helmholtzschulel, 2. die des Gymnasiums und des Realgymnasiums aus der Stadtmitte und dem Osten." Im übrigen können wir aus den vorliegen- den Berichten darauf schließen, daß die jungen Karisruher Fußballvereine der 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts im Durchschnitt nur zwischen 15- 20 Mitglieder hatten, In der Vereinsgeschichte von "Phö- nix" ist aus den Jahren 1894/95 dazu folgendes zu lesen: "Durch Zuwachs aus Schülerclubs, die infolge von Gegnerschaft von Schule und Elternhaus und abhängig von dem Besitz eines Balles oft so schnell verschwanden, wie sie entstanden waren .. . , vermehrte sich die Spielerzahl so, daß in den Trainingsspielen gegen zwei Tore gespielt werden konnte. Das war fur die damalige Zeit schon etwas." Nur hatte die Sache noch einen Haken. So lesen wir in der Vereinsgeschichte von "Phönix" zu unserem Erstaunen noch folgendes: "Die Torstangen wurden im Hause Raible in der Bismarekstraße aufbewahrt und mußten jedesmal vor dem Spiel dort geholt, eingebaut und nach dem Spiel zurückgebracht werden," Die Identifizierung des Fußballspiels als englisches Sportspiel wurde schon in den Anfangsjahren in Karlsruhe deutlich. Der Schüler Walter Bensemann, der Gründer des ersten Karlsruher Fußballvereins, galt in den Augen seiner Mitschüler - allerdings zu Un- recht - als Engländer. Einer seiner Mitschüler, der spätere Regierungs-Baurat Gerhard Benstz, bestätigt das mit den folgenden Worten: "Als er in unsere Unterprima eintrat, erschien er uns als das Urbild eines Engländers .. . Er ... sprach das Englische si- cher besser, d. h. englischer aus als unser Professor fur diese Sprache." Interessant ist es auch, daß der ehemalige Karlsruher Kleine Exerzierplatz seinen Na- men in Engländerplatz, den er heute noch trägt, änderte, als dort das englische Spiel, nämlich Fußball, von deutschen Gymnasia- sten und englischen Collegestudenten gespielt wurde. Bensemann berichtet dazu: "Unsere hauptsächlichen Gegner waren und blieben die jungen Engländer von Neuenheims Col- lege und des Heidelberger College .. . " In ;m- derem Zusanunenhang spricht Bensemann davon, daß diese Colleges Vorbereitungs- anstalten fUr englische Offiziere waren. Auch ist von einem College von Friedrich Wilhelm Nohe die Rede. Nohe war Sprachlehrer an einer Militärschule in London gewesen. Dort hatte er das Fußballspiel kennengelernt, ehe er 1898 als 34jähriger nach Karlsruhe kam, wo er erst einmal Vorsitzender des Karlsruher Fußballvereins, dann (1898) Vorsitzender des 1897 gegründeten Süddeutschen Fußball- verbandes und gleichzeitig von 1904-1905 Vorsitzender des DFB wurde. In der o. a. Festschrift des Badischen Fußball-Verbandes heißt es: "Nohe hatte sein College nach Karlsruhe verlegt, mit dem er später nach Marxzell (Albtal) übersiedelte. Das College war in der Hauptsache vonjungen Leuten, die dem englischen Hochadel angehörten, be- legt. " Auch der Fachjargon wies das Spiel als englischen Import aus, was sicher zum Widerstand der deutschen Turner gegen Fußball beigetragen hat. Man sprach von Goal und nicht von Tor, von Full-back statt 63 Verteidiger, von Half-back statt Läufer, von Centre-half statt Mittelläufer, von Forward statt Stürmer, von Corner statt Eckstoß, und der erste Karlsruher Fußballverein hieß Karlsruher Football-Club, nicht aber Fuß- ball verein. Selbst Spielkleidung und Ausrüstung waren in jenen Tagen englische Produkte. Die Fußballstiefel mußten in den 80er Jahren aus England bezogen werden. Beliebt waren die Marken "Praxis" und "Forward". Der erste deutsche Lieferant für Fußballschuhe war wahrscheinlich C. W. Streidel in Berlin, des- sen Firma im "J ahrbuch für Volks- und Jugendspiele" 1894 unter dem Namen A. Streidel (General-Depot der Fa. Hillman & Cooper in Doos und Coventry, England) Sportausrüstung anbietet. Ähnliches galt für die Anschaffung von Trikots. Aus der Vereinsgeschichte des Fußballklubs "Phö- nix" wird uns Folgendes berichtet: "Erwäh- nenswert ist noch eine Generalversammlung im Januar 1897, in der die Anschaffung von Blusen, schwarz-blau gefeldert, beschlossen wurde. Die Blusen (24 Stück) mußten damals in England bestellt werden und kosteten einschließlich Zoll 6,50 Mark per Stück. Da waren bedeutende Opfer seitens der Spieler notwendig, um diese Kosten aufzubringen." Um diesen Preis richtig einschätzen zu können, muß man sich vergegenwärtigen, daß beispielsweise der Eintrittspreis in das damals einzige Karlsruher Hallenschwirnm- bad in der Kaiserstraße (mit Wassertempera- turen von 16° und Duschen 10°!) 7-14 Pfennige und der Preis für das Jahrbuch für Volks- und Jugendspiele 2 Mark betrug. Die sozialen Schichten, aus denen sich die fußballbegeisterten Gymnasiasten und Stu- denten rekrutierten und die Andeutungen über die relativ hohen Kosten einer Fußballaus- 64 rüstung aus englischen Lieferungen deuten darauf hin, daß, zumindest in Karlsruhe, der Fußballsport damals noch nicht breite Bevölkerungsschichten erreicht hatte. Auch der Hinweis darauf, daß ein Angehöriger der großherzoglichen F arnilie, nämlich Prinz Max von Baden, unter den fußballspielenden Gymnasiasten zu finden war, deutet darauf hin, daß Fußball, in diesem besonderen Fall Rugby-Fußball, in höchsten gesellschaftli- chen Kreisen offenbar nicht den Ruf eines plebejischen Volks sports hatte. Das Wohl- wollen der großherzoglichen Familie dem Fußballsport gegenüber wird auch dadurch belegt, daß der Karlsruher Fußball-Verein noch im Jahre 1905 in seinem Briefkopf schreiben durfte: "Karlsruher Fußball-Verein (e.V.) - Gegründet 1891 -. Unter dem Pro- tektorat Sr. Gr. Hoheit des Prinzen Maxi- milian von Baden. 11. Januar 1905." Trotz solch offensichtlichen Wohlwollens des Prinzen hatten die jWlgen Fußballanhän- ger gegen mancherlei · Widerstände anzu- kämpfen. Die 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren zwar Jahrzehnte, in denen vor allem nach dem sog. Gosslerschen Spielerlaß (1882) und nach der Gründung des Zentralausschusses zur Förderunq der Volks- und Jugendspiele in Deutschland (1892) die Spielbewegung einen großen Aufschwung erlebte, aber im wesentlichen ging es dabei erst einmal um die Förderung der sog. Turnspiele. Viele Turner lehnten das Fußball- spiel als fremdländische bzw. undeutsche Form von Leibesübungen ab. So geschah es auch in Karlsruhe, wo der Vorstand der Karlsruher Turngemeinde einen Antrag junger Vereinsmitglieder ablehnte, eine eigene Fußballabteilung im Turnverein zu gründen. In der Festschrift ,,60 Jahre KSC" berichtet der Reg.Baumeister a. D. Gerhard Benstz darüber folgendes: "An einem schönen Sonntag Vormittag spielten wir Schüler aus verschiedenen Schulen auf dem Engländerplatz. Plötzlich kamen zelUl bis zwölf junge Turner in weißen, langell Hosen und in fröhlichster Stimmung von der nahen Zentralturnhalle her mit einem Fußball angesprungen und begannen nach Herzens- lust herumzukicken. Sie hatten ersichtlich noch nie einen Ball unter den Füßen gehabt... Aber schon nach einigen Wochen hatten sie die Fußballl"lIlst einigennaßen erfaßt. Sie gründeten einen Club und nannten ilUl Phönix .. ,". Turner als "Überläufer" Wir können annehmen, daß damals immer wieder "Überläufer" vom Turnen zum Fußballspielen überwechselten und daß die Turnvereine versuchten, das zu verhüten, indem sie ihre Vereinsarbeit in der Öffent- lichkeit so attraktiv wie möglich darstellten. Ein Beispiel dafur ist der folgende Artikel in der Badischen Presse vom Sonntag, dem 8. April 1894: "Auf zum Turnen! Gut Heil der Turnerei! Die so gesundheitsfOrdernden, Körper und Geist entwickelnden leibesübun- gen unter Aufsicht und Leitung von bewährten Fachmännern vernünftig getrie- ben, sollten nirgends mehr fehlen und möchten wir gerade jetzt, an dem Lebens- wendepunkt der jungen Leute VOll der Schule in die Lehre zum mannigfachen Arbeiten, den Mahn- und Weckrufergehen lassen, sich dem Turnen auch mehr und mehr anzuschließen. Hierzu bietet sich günstig Gelegenheit bei der Turngesellschaft, bei der Lehrlinge jeden Standes als Turnzöglinge Montag abends jeweils von 8-10 Uhr in der Turnhalle, SchützensIr. 35, sich bei Turnwart W. Blum anmelden können, wo selbst ihnen ein vom Vater oder Lehrherrn auszustellender Erlaub- nissehein eingehändigt wird. Noch wird besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die Zöglinge nach Stufen ihrer Körper- konstitution eingetheilt und die betr. Übungen ihren Leistungsfahigkeiten angepaßt sind, so daß der schwächste Lehrling stets langsam in seiner weiteren Entwicklung vorwärts schrei- tet, aber zusehens an Fülle der nonnalen Körperausrüstung .gewinnt. In der schönen Sommerzeit wird der Turnplatz im Freien (Wiese) benützt und Turnspiele arrangiert, ebenso zur Erholung von Zeit zu Zeit an den Sommertagen kleine, halbtägige Touren, die keine Anstrengung und kein Geld kosten unter der Führung des Turnwarts veranstaltet." Mit welchen Schwierigkeiten die jugendli- chen Fußballspieler auch sonst zu rechnen hatten, soll noch ein weiteres Beispiel verdeutlichen. In der Festschrift der Sport- schule Schöneck berichtet K. Geppert über das Leben und Treiben auf dem Karlsruher Engländerplatz, der Wher Kleiner Exerzier- platz hieß und auf dem auch ein Feuer- wehrübungstunn stand. Er schreibt: "Der Feuerwehrtunn konnte ... zum Umziehen benutzt werden. Die meisten jener Spiel- freudigen ließen nämlich ihre Spiel aus- rüstung im Turm zurück, weil sie sich nicht getrauten, etwas davon nach Hause zu bringen." Erich Beyer 65 Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49 1. Auch wenn Friedrich Heckers und Gustav Struves republikanische Aufstandsversuche zusammen mit ein paar Episoden von Barri- kadenkämpfen sowie die Nationalversamm- lung in Frankfurt stets besondere Aufmerk- samkeit in der Betrachtung der Revolution 1848/49 genossen, so erschöpften sich die Ereignisse insgesamt keineswegs darin. Nachhaltiger wirkte ein ungeheurer Pali ti- sierungsschub breiter Bevölkerungsschichten, der seinen sichtbaren Ausdruck im Entstehen und Wirken politischer Vereine fand. In ih- nen manifestierte sich ein Pluralismus, der eine Vorform der politischen Parteien dar- stellte, wie sie sich dann im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Deutschland heraus- bildeten. Mit dem Verein war bereits Ende des 18. Jahrhunderts das Leitbild einer Gesell- schaft freier und rechtsgleicher Bürger gegen die starre ständisch-korporative Gesellschaft hervorgetreten. Der freiwillige organisatori- sche Zusammenschluß von Personen, der Idee nach nicht durch Standesschranken begrenzt, sprengte die Grenzen der alten Gesellschaft mit den verbindlichen Zugehörigkeiten des einzelnen zu lebens leitenden korporativen Verbänden, wie sie beispielsweise die Stän- de, die Zünfte, die Konfession, der Bürger- verband einer Stadt darstellten. Hervorgegan- gen aus aufklärerisch-bildungsbürgerlichen Idealen, wurde der Verein in der ersten Hälf- te des 19. Jahrhunderts zu einem liberalen Muster, mit weitreichenden Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die Vielfalt reichte vom staatlichen Landwirtschaftsverein - auch Staat und bewahrende Kräfte setzten auf den Ver- ein als wirksames Mittel- bis zu zahlreichen Geselligkeitsvereinen. 66 Karlsruher Vereine nach 1830 Insbesondere nach 1830 setzte nicht zu- letzt als Auswirlnmg der französischen Juli- revolution eine um sich greifende und ausfa- chemde Vereinsgründungswelle ein. Bis da- hin hatten sich die städtischen Oberschich- ten, Adel, Beamte und bürgerliche Eliten, in ihfer exklusiven Vereinsgesellschaft getrof- fen; in der Residenz Karlsruhe in der "Mu- seumsgesellschaft". Nun wurden auch die mittleren und kleineren Bürger des Gewerbe- standes von den Vereinen erfaßt. So entwik- kelte sich in nahezu allen Städten des Groß- herzogtunIs eine zweigeteilte Vereinskultur. In Karlsruhe hatten sich 1835 die Gesell- schaft "Eintracht" lmd der "Bürgerverein" als Geselligkeitsvereine konstituiert, denen spä- ter noch eine Reihe Gesang-und M usiherei- ne folgten. Diese Vereine waren nicht poli- tisch angelegt. Doch allein die Tatsache, daß sich Bürger in ihrer freien Zeit trafen und gemeinsam räsonierten, bedeutete in begrenz- tem Maße die Herstellung einer Öffentlich- keit, in der sich gleichartige Interessen aus- tauschen oder erst formulieren konnten. Das ganze blieb auf die Männer begrenzt; Frauen besaßen keine staatsbürgerlichen Rechte, und im Bürgerideal des 19. Jahrhun- derts gab es keinen Platz rur eine öffentliche Stellung der Frau. Zugangsbeschränklmgen und vor allem die Höhe der Mitgliedsgebühr hatte die Exklusivität der Bürger bewahrt. Auf ausdrücklich politische Vereinsgrün- dungen wie die " Polenvereine" nach 1830 oder den " Preß- und Vaterl andsverein" in der Folge des Hambacher Festes 1832 hatten die Kräfte im Deutschen Bund mit ihrer ganzen restaurativen un~t.Leakti.onäre)1 .Energie_[ea~. ___ ~ giert. In Baden hieß es im Vereinsgesetz vom äußersten radikalen Flügels stehen sollten, 26. Oktober 1833 k"\lfz und bündig im Art. I : gehörten dem Vorstand des Vereins an, der "Die Staatsregierung kann jederzeit einen ,. regelmäßig zweimal die Woche im Lokal Verein, der die Sicherheit des Staates oder! "Stadt Rastatt", Amalienstraße 87, Haupt- das allgemeine Wohl gefahrdct, auflösen und versammlung abhielt. Neben den Vorträgen dessen Fortbestehen verbieten." hatten die etwa 80 Mitglieder auch die Mög- Die Ausdifferenzierung im Vereinswesen lichkeit, selbstfonnulierte Fragen zu bespre- ging indessen weiter. In den 1840er Jahren ehen. tauchte ein neuer Vereinstyp auf, der dem Durch einen Spitzel im Verein zeigte sich bekannten Bürgerverein immer weniger ent- das Polizeiamt sehr gut infonniert über die sprach, selbst wenn die Gründung noch durch dabei intensiv geflihrten politischen Diskus- "honette Bürger" ausging: Turn- und Gesel- sionen des Zeitgeschehens. Angesichts der len- bzw. Arbeitervereine sprachen auch die bereits aufgeheizten politischen Stimmung im unterbürgerlichen Schichten an. Februar 1848, als im Verein die radikalsten 1847 - März 1848: Der Karlsruher Arbeiterverein -=~~~~~~~~--- Eine entwickelte Industrie gab es in Baden 1848 noch nicht, immerhin bestand in Karls- ruhe mit der Keßlersehen Maschinenfabrik mit ungefahr 850 Beschäftigten die zweit- größte Fabrik in Baden. Um die Jahreswende 1847/48 drohte dem Unternehmen durch die angespannte Wirtschaftslage und die Krise des Bankhauses Haber der Konkurs. Just in diese Zeit fallt die Existenz eines Arbeiter- vereins. Er entsprach trotz der Mitgliedschaft von Keßlersehen Fabrikarbeitern insgesamt durchaus dem Typ in anderen Städten, dem- nach Handwerksgesellen und sogar verarmte Handwerksmeister die überwiegende Mit- gliedschaft stellten. Zweck war noch nicht die gebündelte Interessenvertretung im Klas- senkampf gegen den Unternehmer, sondern die Vennittlung von (bürgerlichen) Bildungs- idealen. Ähnlich wie in Mannheim der Gesellen- verein durch radikalisierte Liberale, dort durch Gustav Struve, geleitet wurde, hatten auch im Karlsruher Arbeiterververein Radikale die Führung inne. Die jungen Literaten Karl Blind und Karl Steinmetz, die im Verlauf der Re- volution noch an herausragenden Stellen des Flugblätter kursierten, die Nachrichten von der französischen Revolution eintrafen und im Verein angeblich Pläne zur gewaltsamen Erhebung besprochen wurden, schritt das Polizeiamt ein. Es verhaftete am 29. Febmar den Vorstand und verbot den Verein nach dem Vereinsgesetz von 1833, noch bevor er sich in der revolutionären Märzbewegung 1848 hätte artikulieren können. Dennoch richtete nur vier Wochen später im März eine mehrere hundert Köpfe umfas- sende Arbeiterversanunlung im Promenade- haus beim Karlstor eine Resolution an das Vorparlament nach Frankfurt. "Die arbeiten- den Klassen sind durch die jetzige Einrich- tung des Staates schwer gedrückt. Was sie mit sauenn Schweiß erwerben", hieß es dar- in, "das wird verwendet zur Erhaltung von Fürsten, Prinzen, Hofstaat, u.s.w. Oder es fließt in den Beutel eines Arbeitgebers, der von der Arbeit unsrer Hände seine großen Häuser baut und seine Equipagen [luxuriöse Kutschen I hält, und uns daftir auf die Straßen setzt, wann es ilun beliebt." Die Arbeiter- versammlung verlangte staUdessen "Bildung und Wohlstand ftir Alle" und sah das Ziel von "Freiheit, Gleichheit, Verbrüderung!" nur in einer Republik garantiert. Die Märzrevolution wurde zum Initial- funken eines politischen Vereinswesens, lau- 67 tete doch eine Kernforderung: freies Ver- einigungsrecht! März bis Juli 1848: Aufbruch - "Vaterländischer Verein" und "Demokratischer Verein" Bei der revolutionären Entwicklung im März war Karlsruhe zwar nicht vorausge- gangen, doch auch in der Residenzstadt hatte eine Bürgerversammlung am 15. März 1848 die "Gründung einer Art städtischen ausser- ordentlichen Ausschusses, d.h. eines Einheits- punktes in Mitte der Bürgerschaft und Hand in Hand mit den Gemeindebehörden, eines vaterländischen Vereines, oder wie man es nennen will, zur steten Wache über alle Vor- gänge und zur Belebung und Erweiterung des erwachten, freien Bürgergeistes durch regel- mäßige Besprechungen, Vorträge etc.", be- schlossen. Damit waren aber keineswegs die weitgesteckten Ziele der Offenburger Ver- sammlung vom 19. März 1848 verbunden, auf der zur Gründung von "vaterländischen Vereinen" im ganzen Land aufgerufen wurde und die zugleich einen "Central-Ausschuß" mit Friedrich Hecker an die Spitze gesetzt hatte. Die Frage von "mehreren Bürgern" anl 23. März im "Karlsruher Tagblatt", warum immer noch kein Verein gegründet worden sei, und ob die Haupt- und Residenzstadt zurückbleiben wolle, hatte den Grund nicht in eventueller Verschlafenheit, sondern in den Gegensätzen zwischen den sich auftuenden "Parteien". Denn mit den radikalen Beschlüs- sen der Offenburger Versammlung wollten die überwiegend gemäßigt-konstitutionellen Karlsruher Bürger, die ihr Auskommen auf den Hof und die zahlreichen zentralen Be- hörden zurückfUhrten, nichts zu tun haben. Am 12. April 1848 fand schließlich die konstituierende Versammlung des "Vaterlän- dischen Vereins" statt, nachdem in den Räu- men des "BÜfgervereins" zuvor mehrere vor- 68 bereitende Treffen stattgefunden hatten. Als Zweck hielten die Statuten fest, "einzustehen flir die Erhaltung und gesetzliche Fortent- wicklung unserer Rechte, - zu wachen über die volle und möglichst schnelle Erfullung aller uns gegebenen Zusagen", sprachen sich zugleich gegen jede " reaktionäre oder anar- chische" Richtung aus und setzten " unter Voraussetzung wahrer und unverfälschter Volkswahlen, [auf] das deutsche Parlanlent". Obwohl sich der Verein damit zum konstitu- tionell-monarchischen System bekannte, warb nur zwei Tage später ein Aufruf im "Karlsru- her Tagblatt" fur einen " Badisehen Volks- verein" mit der Befurchtung, daß im "Vater- ländischen Verein" die "Bestrebungen von Communisten und Republikanern" Einfluß hätten. Offensichtlich überzeugte der "Va- terländische Verein", daß er Garant fiir "Recht und Ordnung" sei und eine Spaltung nur scha- de, denn zu einem weiteren staatstragenden Verein kam es nicht. Die radikaleren Demokraten Karlsruhes waren bei den Vorbesprechungen zur Bil- dung des "Vaterländischen Vereines" in der Minderheit geblieben und hatten daher zur Gegengründung eines " Demokratischen Ver- eins" auf den 15. April 1848 aufgerufen. "Die Anerkennung der 'Rechte des deutschen Vol- kes ', wie solche von der demokratischen Parthei des Vorparlaments in Frankfurt auf- gestellt worden sind", d. h. das radikale so- ziale Programm Gustav Struves gab die Grundlage dazu. "Wer den bisherigen ge- drückten Zustand der arbeitenden Klasse, die Anmaßungen der bevorrechteten Stände ken- nen zu lernen Gelegenheit hatte", hieß es erläuternd in der "Mannheimer Abendzei- tung", die regierungstreue Presse der Resi- denzstadt Karlsruhe überging notorisch die revolutionären Verlautbarungen, "der weiß auch wie Noth es thut, den sogenannten vier- ten Stand zu haben, und ihm den Standpunkt in der menschlichen Gesellschaft anzuwei- Karl-Friedrich-Straße 30. Im linken Flügel befanden sich die Räumlichkeiten der Gesellschajl "Eintracht", in deren /AJkal der" Vaterländische ""rein" 1848 und 1849 regelm(jßig ""rsamm- lung hielt. Der danebenliegende sp(jtere "Friedrichshoj" gehlJrte nicht zur "Eintracht ". sen, den er einzunehmen ebenso berechtigt ist wie Andere." Offensichtlich stellte der Verein die soziale Frage in den Mittelpunkt und suchte sich insbesondere auch in den unterbürgerlichen Schichten Anhang zu ver- schaffen. In Friedrich Heckers republikanischen Auf- stand war der Verein nicht verwickelt. Daß er sich nach erfolgreichem Einzug der Frei- scharen in die Hauptstadt aber entsprechend revolutionär verhalten hätte, ist getrost anzu- nehmen. Inunerhin hatten sich republikanisch gesinnte Turner bereits Anfang April 1848 entsprechend der Losung nach allgemeiner Volksbewaffnung in Waffen geübt, obwohl dies durch das BÜfgerwehrgesetz vom I. April bereits unzulässig war. Die dabei verwende- ten Sensen wurden von der Polizei beschlag- nahmt. Das Programm, das erst im Mai gedruckt vorlag, gab als Zweck des "Demokratischen Vereins" an, "dahin zu wirken, daß dem deut- schen Volke seine Rechte endlich zu Theil werden. Dahin rechnen wir: Sicherheit des Eigenthums und der Person, Wohlstand, Bil- dung und Freiheit flir Alle ohne Unterschied der Geburt, des Standes und des Glaubens." Die dabei gemachte Aussage, dies nur "mit gesetzlichen Mitteln" erreichen zu wollen, war wohl der Einsicht nach dem gescheiter- ten Heckeraufstand zuzuschreiben. Die radi- kale Tendenz blieb aber offen sichtbar, denn 69 13 Punkte der radikalen und sozialrevolu- tionären Forderungen der "demokratischen Partei" aus Gustav Struves Feder standen schwarz auf weiß da. Zugespitzter Konflikt ,... ...... ~ ...... .u.v .w .w . • ·.·.·.·.w.v.w .... ·•· .... , · .......... ·,.,'w.· ....... _.v..o.w • .."" .· ... u.w.·., .·.·.·.·.·.·.·.·.·.w,.·.·.·.WN Der Streit der Karlsruher "Parteien" hatte sich anIäßlich der Wahlen zur Nationalver- sammlung entzündet, sowohl der "Vaterlän- dische Verein" als auch der "Demokratische Verein" hatten eine Liste von Persönlichkei- ten als Wahlvorschlag vorlegt, die unter- schiedlicher nicht sein konnte. Der Wahl auf- ruf der Demokraten, der in der Auffassung gipfelte, "Deutschland wird die Republik ha- ben; ob auf friedlichem Weg, ob über Blut und Leichen, das liegt in der Hand der Natio- nalversammlung", war zuviel fur die "Vater- ländischen". Der Konflikt eskalierte und wirk- te sich bis in die Gemeindeorgane hinein aus. Der demokratische Gemeinderat Ziegler wurde Zielscheibe in dem über die Presse heftig geführten Streit. Trotz Rücktritts- forderung von 107 Bürgern, viele im "Vater- ländischen Verein", trat .nicht er, sondern Oberbürgermeister Daler vom Amt zurück. Zicgler kandidierte um die Nachfolge. Er un- terlag zwar erwartungsgemäß, konnte aber immerhin als einer der treibenden Männer im "Demokratischen Verein" beweisen, daß auch in Karlsruhe die demokratische Bewegung über Anhang verfugte. Trotzdem gab er dem Druck nach und trat aus dem Verein aus, weil auch ihm der Wahl aufruf zu radikal sei, wie er beteuerte. Bei den Emeuerungswahlen zum Gemeinderat im Spätjahr 1848 wurde er nicht wiedergewählt. Aufsehen erregte der "Demokratische Ver- ein" auch durch seine Erklärung in der "Mannheimer Abendzeitung" vom 3. Juli 1848, nach der der Eid, den die Bürgerwehr auf Großherzog und Verfassung ablegen soll- te, abgelehnt wurde, weil er nicht freiwillig 70 sei und eventuell konträr zur künftigen deut- schen Reichsverfassung stünde. Diesem in Vereinsversammlungen getroffenen Beschluß zur Eidverweigerung kamen insgesamt zwar nur wenige nach, doch die wurden von den Behörden um so aufmerksamer registriert. Während der "Vaterländische Verein" no- minal 300-400 Mitglieder zählte, kamen die Demokraten nicht über 100 hinaus. Waren nach dem Heckeraufstand viele demokrati- sche Vereine in Baden verboten worden, so fiel der Demokratische Verein" in Karlsruhe nicht darunter, weil die vorsichtig agierende liberale Regierung nur gegen die unzweifel- haft in den Aufstand verwickelten Vereine und Komitees vorzugehen wagte. Für die Demokraten ging es in erster Linie nun darum, im Land eine Vereinsstruk1ur auf- zubauen. Der Anstoß kam diesmal von au- ßerhalb. Auf den 14. bis 17. Juni 1848 hatten Demokraten aus ganz Deutschland zum Kon- greß nach Frankfurt aufgerufen, um ein de- mokratisches Zweignetz zu errichten. Der Karlsruher "Demokratische Verein" war mit Kaufmann Lanzano und Karl Dänzer einer von vier badischen Vereinen, die mit Dele- gierten vertreten waren. Dieser Kongreß mit seinen Organisations beschlüssen stand im Juni und Juli 1848 auch im MittelpunJ..1 der örtlichen Vereinsaktivität mit seinen wöchent- lichen Versammlungen. Lanzano und Dänzer wurden zu MittelsmäJmern rur die Reorgani- sation der Vereine im Land. Da Karlsruhe rur die Demokraten ein zu wlsicheres Pfla- ster war, wurde rur den 16. Juli die zentrale Versammlung zur Errichtung einer demokra- tischen Vereinsorganisation in Ettlingen an- gesetzt. Dort bestand zwar kein offizieller Verein . Die " demokratische Partei" mit Sonnenwirt Thiebauth und Bürgermeister Schneider hatte aber anders als in Karlsruhe die Mehrheit der Bürgerschaft hinter sich, ähnlich wie im selbständigen Durlach der de- mokratische "Bürgerverein" die Mehrheits- verhällnisse in der Stadt beherrschte. Doch inzwischen hatte sich auch das Poli- zeiamt um den Karlsruher Verein gekümmert und seit dem 22. Mai eine intensive Untersu- chung mit Vorladungen von Vereinsmitglie- dern duchgeführt, deren ziemlich nichtssa- gendes Ergebnis dem Innernninisterium zu- ging. Dieses empfahl, ein "wachsames Auge" auf die Aktivitäten zu haben. Die Ak1ivitäten um den Demokratenkongreß versetzte die Re- gierung in solche Furcht, daß sie schließlich am 22 . Juli 1848 die Demokratischen Verei- ne, darunter den Karlsruher, verbot - nach dem immer noch bestehenden Vereinsgesetz VOll 1833! Vereinssplitter vom Turnverein und Frauenverein Ein Turnverein, als "Allgemeiner Turnver- ein" bekannt, bestand in der Stadt bereits seit 1846. 1848 gerierte er sich politisch. Ähnlich wie auf der erwähnten Arbeiterversammlung setzte sich ein Teil der Turner in einem Auf- ruf für die Republik als Staatsform ein und versprach auch tatkräftige Mitwirkung dabei. Darüber kam es zur Spaltung. Ein erhebli- cher Teil konstitutionell eingestellter Turner verließ den Verein und gründete arn 1. Au- gust 1848 den "Karlsruher Turnverein", weil "die Vermengung so unzusammenhängender Dinge wie Turnen und, was gegenwärtig be- liebt ist, Politik nur auf Kosten von beiden geschehen könne. Sie [der "Karlsruher Turn- verein" ) sind daher Turner in Turnvereinen, Männer der Partei in politischen Vereinen." Der überwiegende Teil des Leitungsgremiums gehörte dem "Vaterländischen Verein" an. Am 30. März 1848 konstituierte sich "Der Frauenverein zur Förderung deutschen Ge- werbsfleißes", weil, "in dieser bewegten Zeit [ ... ) dürfen auch wir Frauen aus unserm en- ger gezogenen häuslichen Kreise einen Schritt heraustreten, um in Gemeinschaft zu verab- reden, was unter so außerordentlichen Ver- hältnissen auch von unserer Seite gethan wer- den könne, um den Uebelständen zu begeg- nen". Frauen hatten hiermit erstmals über die ihnen allenfalls oITenstehende Form der Wohl- tätigkeitsvereinigung hinaus ein politisches Mandat ergriffen: Sie bekannten sich, "vor- zugsweise deutsche Erzeugnisse anzuschaf- fen'" um "den deutschen Arbeitenl den Ver· dienst zuzuwenden." Politische und wirt- schaftliche Motive gingen dabei Hand in Hand. Mit den "patriotischen Appellen" ver- suchten die Frauen die Existenz ihrer Män- ner, Handwerksmeister und Kaufleute, gegen billige Industrieprodukte von außerhalb zu verteidigen. Mit dieser Form politischer Teil- nahme konnten die Frauen auch mit der Un- terstützung höchster Stellen rechnen. Von den bald 237 eingeschriebenen Mitgliedsfrauen gehörte ein beträchtlicher Teil zur höfischen Gesellschaft, die doch eigentlich Adressat der Revolution war. Einen weiteren Beitrag lei- stete der Verein in der Kampagne des "Va- terländischen Vereins" zur Spendensammlung für eine "Deutsche Flotte". Als sich der Frauenverein im Sommer 1849 auflöste, hat- te er 70 Gulden dafdr zusammen. Jürgen Schuh/oden-Krämer 71 Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49 11. Mitte Januar 1848 drückte ein Korrespon- dent in der radikalliberalen "Mannheimer Abendzeitung" seine Hoffnung aus, daß auch in Karlsruhe -langsamer freilich als anders- wo - mittels der Organisation von Vereinen die Emanzipation der Bürger vom Staat ge- fordert werde. "Man kann auch einer Stadt" , schrieb er, "die so lange geschlafen, nicht genug zu ihrer Aufmunterung wiederholen. Daß zu diesem Erwachen ganz besonders die jugendlichen erstandenen Männergesangver- eine, die Vereine der Turner und der Feuer- wehrmänner das ihrige beitragen, und schon beigetragen haben, steht außer aller Frage. Es wird durch sie, wenn auch n.icht immer gerade unmittelbar und mit bestinmlter, kla· rer Absicht, so doch durch den Einfluß des Gesanges, der freien kirchlichen Bewegung, der Übung in der Selbständigkeit und Selbst- thätigkeit ... von selber ein neuer, frischer Geistesstrom in die steifen und nervenschwa- chen Glieder des Residenzkörpers eingelei- tet, und ganz besonders durch das gegenseiti- ge Annähern der verschiedensten Stände und Religionen jenem heillosen Kastengeist entgegengearbeitet, der das Krebsübel vor- züglich der Residenzen ist." Wenige Wo- chen später wäre der Korrespondent gewiß noch euphorischer gewesen . Die März- bewegung hatte zwar nicht de jure, so doch de facto das im Vormärz geltende Verbot politischer Vereine überwunden. Nach dem Aufruf der Offenburger Versammlung am 19. März 1848, im ganzen Land politische Ver- eine zur Erkärnpfung der Volksrechte zu bil- den, wurde rasch deutlich, daß sich die Libe- ralen in zwei unversöhnliche Lager gespalten hatten. In der Residenzstadt fanden sich kon- stitutionelle Liberale im "Vaterländischen 72 Verein" zusammen, während die radikalen Liberalen den "Demokratischen Verein" ins Leben riefen. Letzterer wurde bereits am 22 . Juli 1848 wie andere demokratische Vereine im Land wieder verboten, erblickte die Re- gierung in ihnen nämlich "Angriffe auf die Grundlage der Staatsordnung". Der "Vaterländische Verein" seii dem Sommer 1848 Hatte der Vaterländische Verein in der Aus- einandersetzung gegen den " Demokratischen Verein" im Frühjahr 1848 anläßlich der Wahl der Nationalversammlung zu Frankfurt mit seinem Programm der Erlangung der "Volks- rechte und des Fortschritts auf dem Wege der Ordnung und des Gesetzes, den Kampf gegen die Reak-tion wie gegen die Anarchie" noch größte Entschlossenheit gezeigt, so erlahmte die Begeisterung der Mitglieder im Lauf des Sommers. Nach einem Polizeibericht vom Oktober sollen an den Versammlungen ledig- lich noch etwas über 50 der mehr als 300 eingeschriebenen Mitglieder teilgenommen haben. Aus dem Verein selbst wurde in der "Karlsruher Zeitung" beklagt, daß "die An- hänger der gesetzlichen Freiheit genug gethan zu haben glauben, wenn sie ihren Namen in einer Vereins liste geschrieben haben, aber weder Zeit finden., seinen Versammlungen anzuwohnen, noch Geld, um seine Zwecke zu fordern ; was aber Beides stets vorhanden ist, wenn es sich darum handelt, auf das Wohl der guten Sache - zu trinken." Der Schreiber erblickte die Gründe rur solches Verhalten in dem Wunsch der mehrheitlich loyal zu Groß- herzog und Regierung stehenden Karlsruher Bürger in der " Wiederkehr der Ruhe und des Vertrauens" nach den turbulenten Märztagen und der Sorge wegen des " stockenden Ge- werbes". Weil seiner Meinung nach aber die "Ernte der Früchte", die "Ruhe und Ord- nung", die die Nationalversammlung zu Frankfurt und die Wahl des Reichsvenvesers versprachen, nur durch Engagement der "Gut- gesinnten" erreicht werden könne, ermahnte er eindringlich zur Beteiligung im " Vaterlän- dischen Verein" . Die mangelnde Teilnahme der "braven" Residenzbürger glich der 15- köpfige Vorstand des "Vaterländischen Ver- eins" durch gesteigerte Aktivität aus. Ihm gehörten mit dem Oberbürgermeister, eini- gen Gemeinderäten und Bürgerausschuß- mitgliedern, viele davon in jungem und mitt- leren Alter, die Spitze der kommunalen Selbst- venvaltung an. In den rund 13 Monaten des Bestehens des Vereins fanden 50 Vorstands- sitzungen statt. Darin wurden die bis Mai 1849 insgesanll 16 unregelmäßig staugefun- denen Mitgliederversammlungen vorbereitet, zu verabschiedende Adressen und Petititonen an die Nationalversammlung, die badische Zweite Kammer und Regierung vorformuliert. Die Herstellung einer Öffentlichkeit war wich- tiges Mittel des Vereins. Dies geschah mit- tels der regierungstreuen Presse der "Karls- ruher Zeitung" und des "Karlsruher Tagblatt". Im Frühjahr 1849 kamen noch die eigens flir die Organisation der "Vaterländischen Ver- eine" gegründeten" Vaterländischen Blätter" hinzu. Die envähnten Adressen sowie auch Polemiken gegen die demokratischen Wider- sacher fanden wesentliche Verbreitung in ei- gens verbreiteten Flugschriften. Ein Hauptaugenmerk richtete der Verein auf wirtschaftliche Fragen, bildeten doch selb- ständige Gewerbetreibende und Kaufleute - und keineswegs Staatsdiencr- die Mitglieder- basis. In groß angelegten Adressen nach Frankfurt wurde die Forderung nach einem freien Binnenhandel innerhalb der deutschen Staaten bei gleichzeitigen Schutzzöllen ge- Joseph Victor von Scheffel, Rechtspraklikant, Literat (l826-1886) , 1849 Vorstandmilgt;::J'- des" Vaterländischen Vep!1i1s H. gen ausländische Konkurrenz erhoben. Die gesamte Venvaltung des künftigen Post- und Eisenbahnwesens in Deutschland soUte, so die Forderung in einer anderen Adresse, flir die "materieUe Wohlfahrt des Volkes", zen- tral von der Reichsgewalt und nicht mehr durch die einzelnen Länder ausgeübt werden. Auch flir das Karlsruher Bürgertum war also der einheitliche deutsche Nationalstaat, den der Verein auch mit einer Spendenkampagne fur die "Deutsche F1oUe" unterstützte, nicht bloß Herzensangelegenheit, sondern zugleich ökonomisches Projekt. Die Verbindung von Ökonomie und Politik zeigte sich auch in der eigens im Verein ein- gerichteten "Gewerbskommission", die in zahlreichen Sitzungen Vorschläge zur Stär- kung der örtlichen Wirtschaft machte. Mit 73 dem seit Dezember 1848 vorbereiteten Pro- gramm zur Einrichtung einer "städtischen Gewerbsleihkasse", sowie des "Aufruf zur Unterstützung nothleidender Gewerbsleute durch Arbeit" im Februar 1849 machte sich der Verein zum politischen Sprachrohr der Interessen der Wirtschafts bürger. Auf Initiative des Karlsruher "Vaterländi- schen Vereins" fand am 29. Oktober 1848 in Baden-Baden als verkehrstechnisch zentra- lem Ort das landesweite Treffen neun" vater- ländischer Vereine" statt. Wie bei der demo- kratischen Landesorganisation übernahm Mannheim die Leitungsfunktion. Der Karls- ruher Rathaussaal und das Lokal der "Gesell- schaft Eintracht" waren Schauplätze der Ver- sammlung des nächsten Kongresses, auf dem sich am 9. April 1849 über 200 Delegierte aus 32 badischen Vereinen sowie Gäste aus Vereinen anderer deutscher Staaten trafen. Die verabschiedeten drei zentralen Resolu- tionen an die "deutschen Bruderstämme" , die Nationalversammlung und den "durchlauch- tigsten" Großherzog betrafen die unbedingte Forderung nach Annahme der Reichsver- fassung. Doch eine Verständigung darüber, was getan werden könne, wenn der Appell rur "die Freiheiten des Volkes und die Ein- heit des Vaterlandes" von den Autoritäten nicht gehört würde, wurde nicht gefaßt, weil dazu der "Weg des gesetzlichen Fortschritt'" keine Richtung wies. Obwohl die Ablehnung der Paulskirchenverfassung durch eine Reihe deutscher Staaten - Baden hatte sie jedoch angenommen - auch die politischen Freihei- ten der gemäßigten Liberalen zunichte mach- te, lehnten sie revolutionäre Erhebungen ab. Folgerichtig stellte der "Vaterländische Ver- ein mit der Mairevolution 1849 die Tätigkeit ein. Seine Wirksamkeit konnte er aber in der dem Großherzog treu gebliebenen Bürger- wehr der Stadt inuner noch gegenrevolutionär zur Geltung bringen. 74 Die Karlsruher Demokraten und ihre Vereine seit Sommer 1848 Das Verbot des etwa 100köpfigen "Demo- kratischen Vereins" vom 22. Juli 1848 war keineswegs total. Eine von Zentralgewalt der Nationalversammlung in allen deutschen Staa- ten angeregte Untersuchung über bestehende politische Vereine fUhrte zur Antwort des "Po- lizei-Amtes der Residenz" an das "Stadtamt", daß sich bereits Anfang August der "Volks- verein" gebildet habe. Nicht nur die Namen der fUhrenden Mitglieder waren die gleichen wie beim "Demokratischen Verein", mit Aus- nahme des vormaligen Obmanns (Vorsitzen- der), Rechtskandidat Dänzer, der nicht das Karlsruher Bürgemecht besaß, und deshalb aus der Stadt ausgewiesen worden war, auch Programm und Statuten waren identisch. Die Behörden wiesen die Polizei dennoch ledig- lich an, die Aufmerksamkeit auf sein Wirken zu richten. Auch 'dieser Verein, der 80 bis 110 Mitglieder zählte, nach anderslautender Meinung nur 60, richtete seine Wirksamkeit auf die Erreichung einer Öffentlichkeil. Der gemäßigte demokratische "Stadt- und Land- bote" glich das Übergewicht der regierungs- treuen Presse nicht aus; mit Jahresbeginn 1849 stand mit dem "Verkündiger fur Karlsruhe und Umgebung" aber ein eigenes radikales Blatt zur Verfugung. Waren seit Beginn 1849 durch die Organi- sierung des demokratischen Landesausschus- ses in Mannheim überall im Land hunderte von "Volksvcreinen" emporgeschossen, so geschah in Karlsruhe Verblüffendes. Am 21. Januar gründete sich der demokratische "Deutsche Verein", der neben den bekannten demokratischen Forderungen nach unbeding- ter Volkssouveränität und sozialer Rechte auch eine lokale Begründung seiner Existenz gab: Der Zweck der Neugründung, hieß es, sei ein "durch die Verhältnisse der Stadt Karls- ruhe gebotener, das heißt, wir als Gemein- Kar! DUrr, Kaufmann, Mitglied des "Deutschen Vereins u. debürger von hier, wollen keineswegs die gemeindebürgerlichen und städtischen Inter- essen, insoferne sie den allgemeinen des Lan- des nicht entgegen sind, außer Auge lassen, wir wollen suchen, die Bahn des Fortschritts in unsern Mauem aufzupflanzen, wir wollen auf Verbesserung der städtischen Zustände, sowohl in politischer, als auch materieller Beziehung hinarbeiten". Aufnahme konnte statutenmäßig jeder Selbständige finden. Of- fensichtlich war dies ein Versuch, bei den bisher ablehnend gebliebenen bürgerlichen Schichten Anklang zu finden. Dies bedeutete keinen Gegensatz zum "Volksverein", son- dern war abgesprochene politische Strategie. Am 4. Februar war im "Verkündiger" die "Erklärung und Aufforderung" plaziert wor- den, daß nach Erklärung der Grundrechte durch die Nationalversammlung das Vereins- leben wirksam nur von Orts bürgern ausginge, die Einfluß auf Gemeinde- und Staats verhält- nisse ausüben könnten, was der "Volksver- ein" , der in Karlsruhe größtenteils aus nicht eingebürgerten Arbeitern bestünde, nicht er- reichen könne. Deshalb solle der "Deutsche Verein" an diese Stelle treten und der "Volks- verein" sei aufgelöst. An die Arbeiter aber erging der Aufruf zum Beitritt an den zeit- gleich ins Leben gerufenen "Arbeiter-Verein". Mit den "Betrachtungen über die gewerbli- chen Verhältnisse und die Mittel zur Hebung des Gewerbsstandes der Stadt Karlsruhe" rea- gierte der "Deutsche Verein" noch im Febru- ar 1849 auf das erwähnte wirtschaftliche Pro- gramm der Konkurrenz. Damit fand er bei den gewerbetreibenden Karlsruhern aber kei- nen Anklang, anerkannten die Demokra:en die Motive der "Vaterländischen" fur durch- aus lobenswert, um sie dennoch als unprak- tisch zurückzuweisen. Das alternative Mo- dell des "Deutschen Vereins", stadtnahe Domänengüter durch die Stadt aufzukaufen und zu parzellieren, um somit notleidende Handwerker zu subsistenzsichemden Acker- bürgern zu machen, war weder originell noch in der Lösung sozialer Fragen 'modem'. Im Ziel der Errreichung weiterer bürgerli- cher Schichten war der "Deutsche Verein" nicht erfolgreicher als seine Vorgänger. Über 86 Mitglieder, viele kleine Handwerksmeister und Gesellen, scheint er nicht hinaus gekom- men zu sein, wie eine beim Vorsitzenden, Rechtsanwalt Johann Konrad Dürr, gefunde- ne Mitgliederliste beweist. Immerhin gelang ihm aber, was dem "Vaterländischen Ver- ein" versagt blieb, im Landamtsbezirk Karls- ruhe Zweigvereine aufzubauen. Solche ent- standen zwischen März und Mai 1849 in den selbständigen Gemeinden Knielingen, Rint- heim und besonders aktive in Mühlburg und Hagsfeld. In (Welsch)Neureut soll eine Grün- dung ebenfalls kurz bevorgestanden haben. 75 Zwei ganz verschiedene Vereine: "Katholischer Verein", "Arbeiter-Verein". . ·.·.·.·.·.·.·.w.·.·."w.w ........... w.'" ... ·•· ... ~ ..... w...",. .......... v ... "..-. .... ·...",...., .. w ...... w.·.·.· ... w.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.· ... Die napoleonische Säkularisation und das Staatskirchentum im entstehenden modemen Staat hatte die Macht der katholischen Kir- che erschüttert. In der Durchsetzung einer römischen Papstkirche und mit der 1848 er- hobenen Forderung nach "Trennung von Staat und Kirche" bündelte sie ihre "Emanzipa- tionsbestrebung". Das hatte jedoch nichts mit der gleichlautenden liberalen Forderung zu tun. Es meinte lediglich, daß das Episkopat nicht mehr länger das Hineinreden des Staa- tes in kirchliche Angelegenheiten dulden woll- te, aber zugleich der kirchliche Einfl uß in der Gesellschaft bewahrt und sogar ausgedehnt werden sollte, beispielsweise in der geistli- chen Aufsicht über die Schulen. Wie überall in Deutschland organisierte der Katholizis- mus auch in Baden dazu eine Petitions- bewegung. Nach dem Muster des ersten "Pius- Vereins" in Mainz wurde im Juli 1848 durch den Laien Franz JosefBuß in der Erzdiözese Freiburg der "Katholische Verein in Baden" ins Leben gerufen, der ·sogleich mit über \00 000 Petitionsunterschriften an die Natio- nalversammlung zugunsten kirchlicher Rech- te in der künftigen deutschen Verfassung fUr Aufsehen sorgte. In Karlsnme besaß der po- litische Katholizismus mit dem Archivdirektor Franz Mone, wie Buß federführend in der Redaktion der katholischen "Süddeutschen Zeitung fUr Kirche und Staat", eine herausra- gende Persönlichkeit. Nachweislich lud ein Karlsruher "Katholischer Verein" im Herbst 1848 und Frühjahr 1849 unregelmäßig zu Vereinssitzungen sonntags nach dem Gottes- dienst ein. Beweise seiner Wirksamkeit dar- über hinaus liegen bis jetzt nicht vor. Als Bündnispartner war er für Konstitutionell- Liberale ebenso ungeeignet wie die staatli- chen Behörden seinem "Ultramontanismus" distanziert gegenüberstanden. Ein Vereins- 76 verbot brauchten die Katholiken nie zu fUrch- ten . Ganz anders die zweite Gründung eines Arbeitervereins in der Stadt nach dem Verbot des ersten im Februar 1848. Mit der "Allge- meinen deutschen Arbeiterverbrüderung" Ste- phan Borns war im Herbst 1848 in Deutsch- land eine Arbeiterbewegung sichtbar gewor- den. Zur Ausbreitung dieser ersten nationa- len Arbeiterorganisation fand am 28. Januar 1848 ein südwestdeutscher Bezirkskongreß in Heidelberg statt. Der Karlsruher "Volks- verein" hatte auf seinen Versammlungen im Januar 1849 ausführlich die Frage einer Arbeitervereinigung beraten und Delegierte nach Heidelberg gesandt. Zugleich mit seiner Auflösung hatte der "Volksverein" in einem flanunenden Appell im "Verkündiger" zur Bildung eines "Arbeitervereines" aufgerufen. Die neue Gesellschaft müsse sich von innen heraus entwickeln, hieß es da, "die Zukunft des Menschen ist der Sozialismus ... Die Män- ner, welche sich die wissenschaftliche Lö- sung dieser Frage zur Aufgabe gemacht ha- ben, die zahlreichen Vereine und besonders die Arbeiterkongresse haben als Mittel dazu die Arbeiter-Assoziationen bezeichnet .. . Ar- beiter von Karlsruhe! Auch an Euch ergeht nun die Aufforderung zum Anschluß an diese Bestrebungen." Am 19. Februar hielt der neue "Arbeiter-Verein" seine erste Generalver- sanunlung im Promenadenhaus ab, der bis Juni mindestens drei weitere folgten. Seine etwa 80 Mitglieder waren aktiv bei der Srur- mung des Zeughauses am 13. Mai 1849 da- bei. Am 2. Juni rief der Verein zur Bildung einer eigenen "Arbeiter-Compagnie" fUr die revolutionäre Volkswehr auf, der sich dem auf Initiative des "Deutschen Vereins" seit 11. Mai 1849 aufgestellten revolutionären Freikorps anschloß. Sie waren dann an den Abwehrgefechten gegen Preußen und Reichs- truppen beteiligt. Rudolph Kusel, Rechtsanwalt (1809-1890), Vorstandmilglied des" Vaterländischen Vereins" (A1tersportrail) . Die Mairevolution und das Ende Die Demokraten und ihre Führungsper- sänlichkeiten wurden mit den sich auftürmen- den Aufgaben nach der erfolgreichen Revo- lution vollkommen aufgesogen. AnIäßlich der Wahl zur badischen Verfassunggebenden Versammlung wurde die Vereinsorganisation jedoch nochmals mobilisiert, ebenso beim Aufiuf des Landesausschusses nach Geld-, Sach- und Verbandszeugspenden fur das be- drohte Land. Auch auf die von der revolu- tionären Regierung angesetzten Neuwahlen der Bürgermeister .und Gemeinderäte wirkte der "Deutsche Verein" ein. Doch die Ge- sinnung der Karlsruher Bürgerschaft blieb prinzipienfest: Oberbürgermeister bei der erst- mals durch alle Ortsbürger vorgenommenen Wahl, anstelle des Bürgerausschusses, blieb · wie bisher] akob Malseh, bekanntes fuhren- des Mitglied des vormaligen "Vaterländischen Vereins", Mit dem Einzug der Preußen war die Frei- heit fur die Demokraten zu Ende; kurz und bündig wurde verkündet: "Der zu Carlsruhe bestandene S.g. deutsche Verein, der Arbeiter- verein und der allgemeine Turnverein wer- den, da sie ihrem angegeben Zweck fremd geworden sind, und politische, mit der Staats- ordnung unvereinbarliche Zwecke verfolgt haben, fur aufgehoben erklärt". Jürgen Schuhladen-Krämer 77 Der Streit um den Bürgemutzen Konservative Durlacher in revolutionären Zeiten In diesem Jahr feiert Durlach sein 800- jähriges Bestehen als Stadt. Daher veröffent- licht das Stadtarchiv im September ein Buch über die Geschichte des heute größten Stadt- teils von Karlsruhe. Einige der dort fest- gehaltenen neuen Forschungsergebnisse sei- en hier schon dargestellt. Zu dem, was bis heute über Durlachs Vergangenheit erzählt wird, gehört, daß die Durlacher nicht immer gefügig gegenüber ihrem Landesherren gewesen seien. Zudem hätten sie über eine sehr große Gemarkung verfugt. Beide Erzählungen stinunen, und beide hängen zusammen. In der Zeit der Französischen Revolution von 1789 und während der deutschen Revolution 1848/49 erwachte der Durlacher Eigensinn. Der Ausgangspunkt war jedesmal die Gemarkung, die ftir das Selbstbewußtsein der Durlacher eine sehr große Rolle spielte. Der gemeinschaftliche Besitz, die Allmende, wurde zum Teil unter die Stadtbürger verteilt. Sie erhielten jahrhundertelang Acker- und Wiesenland zur Nutzung und aus dem Wald Anteile fur das Feuerholz. Dieser "Bürger- nutzen" ermöglichte es ihnen, nicht nur von ihrem Handwerk, sondern auch von der Landwirtschaft zu leben, so daß sie auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten besser da- standen als die Bewohner der umliegenden Orte. Immerhin erhielt jeder Bürger einen Morgen Wiese, einen halben Morgen Acker und zwei Klafter Holz. Die in der Stadt lebenden "Schutzbürger", das waren Bürger zweiter Klasse, die Aufenthaltsrecht genossen, aber von den Bürgerrechten ausgeschlossen waren, hatten keinen Anteil an der Allmende. Für die politische Haltung der Durlacher spielten die Verteilung und der jeweilige Anteil des 78 einzelnen an der Allmende bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts fast eine größere Rolle als alle Forderungen nach bürgerlichen Freiheitsrechten. Bürg~~usschuß gegen ..• ~agistrat Als im Sommer 1789 die Nachrichten über die Revolution im benachbarten Frankreich die Stadt erreichten, bildeten die Durlacher neben dem damals von den Bürgern nicht gewählten Magistrat einen Bürgerausschuß, der sich direkt an die Bürgerschaft wandte. In den Versammlungen wurde Unmut über das Verhalten des Magistrats, des Ratskonsulen- ten und des Waldmeisters laut. Im August 1790 waren die Angriffe so vehement und das Ansehen des Ausschusses in der Öffentlich- keit so groß geworden, daß sich der Magistrat in seiner Autorität bedroht fuhlte und sich an "Serenissimus" mit der Bitte wandte, dem Ausschuß alle Zusammenkünfte zu untersa- gen und auf das Gesetzwidrige seines Tuns hinzuweisen. Der Bürgerausschuß reichte dagegen bei der Landesregierung eine "vollständige Beschreibung über die bisheri- ge Verwaltung des dortigen Stadtaerarii [= Stadtkasse] mit gemachten Vorschlägen zu dessen Aufhelfung" ein. Viele Vorwürfe des Bürgerausschusses fanden eine Bestätigung durch die Landesre- gierung: Die Verteilung von Acker- und Wiesenland und von Feuerungs- und Bau- holz, die Verpachtung der Obstbaumbestände und die Einnahmen von Diäten durch die Magistratsherren wurden beanstandet. Man warf ihnen Nachlässigkeit in der Rechnungsführung, Leichtsinn im Umgang mit den öffentlichen Mitteln und Parteilich- keit bei der Verpachtung des Gemeinde- Dur/aeher Birnkrug mls der Revo/utions- zeit /848- /849. eigentums vor. Die Angriffe der Bürgerschaft trafen die Honoratioren, die - ohne von den Bürgern gewählt zu werden - im Magistrat vertreten und die offensichtlich mit dem städtischen Eigentum nach Gutdünken, oft zu ihrem eigenen Vorteil umgegangen waren. Die Vorwürfe der Durlacher Bürger gegen das Rathaus waren nichtneu; der Umgang mit dem städtischen Eigentum hatt~ schon im 18. Jahrhundert zu Konflikten geflihrt. Doch waren diese Auseinandersetzungen in der Zeit der Französischen Revolution ein Ausdruck der politischen Veränderungen. Schon die Form des Protestes, d. h. daß die Durlacher einen Bürgerausschuß bildeten, der sich als Vertretung des gemeinen Volkes gegenüber den Stadthonoratioren verstand, war Beleg eines gewachsenen demokratisch-bürgerli- chen Selbstverständnisses. Das bewiesen die Durlacher auch bei einer weiteren in dieser Zeit erhobenen Forderung. Demokratische Bürgermeisterwahlen ~;';","_'-;-"-;-;';" :';*-"'_;';<-h~~:-;"':«< __ :-}~:"~'>>>_>>:"'>:<" Der Bürgerausschuß wandte sich nämlich gegen die damals in Durlach übliche "Vetternwirtschaft", indem er verlangte, daß der Bürgermeister von der Bürgerschaft direkt gewählt werde und nicht mehr durch die Magistratsherren. Auch wollten die Dur- lacher einen ständigen Bürgerausschuß, d. h. sie forderten eine Demokratisierung der innerstädtischen Verhältnisse und eine Teil- habe an der kommunalen Macht. Da Bürgermeister Daler im April 1790 starb, konnten sie diese Forderung um so gewisser erheben, als die von ihnen formulierten Anklagen gegen den Magistrat in Karlsruhe ja auf offene Ohren stießen. Der Magistrat war nun in hohem Grade bewuuhigt, zumal er nicht über alle Schritte des Bürgerausschusses informiert war. Daher sah er sich im August 1790 genötigt, dem Oberamtsassessor mitzuteilen, daß der Bürger- ausschuß bei der flirstlichen Regierung darum gebeten habe, "einen Bürgermeister ohne Zuthun des Magistrats und ohne daß ein Rathsglied dazu ein Votum haben solle, aus der Bürgerschaft wählen zu dürfen. Um aber diesem Unternehmen noch in Zeiten vorzu- kommen," solle das Oberamt doch mal vorflihlen, ob ein solches "Resolutum" etwa bei derflirstlichen Regierung schon eingegan- gen sei und falls ja, namens des Magistrats dagegen zu protestieren. Auch sollte man das gemeinsame Vorgehen gegen diesen Aus- schuß abstinunen. In einer Magistratssitzung am 10. Januar 1791 entschieden die Ratsherren, daß der Magistrat angesichts dieser Forderungen "kein gleichgültiger Zuschauer seyn kann, indem dadurch seine wohlhergebrachte Rech- te allerdings gekränkt werden, da von ohndenklichen Zeiten her immer ein Bürger- meister aus dem Magistrat von niemand als dessen Gliedern gewählt worden." Man be- 79 schloß, diese Gedanken in einem Schreiben der flirstlichen Regierung mitzuteilen. Doch waren die Kräfteverhältnisse zu diesem Zeitpunkt offensichtlich auf Seiten des Bürgerausschusses. Noch vor dem endgülti- gen Beschluß des Landesherren in dieser Angelegenheit einigten sich Magistrat und Bürgerausschuß. Am 26. Januar 1791 wählte die Bürgerschaft in Anwesenheit den neuen Bürgermeister. Dazu versammelten sich alle Durlacher Bürger auf dem Rathaus und gaben ihre Stimme einem der sechs Kandidaten, darunter zwei Ratsverwandte und der Bau- meister Fux; die restlichen waren Mitglieder des Bürgerausschusses . Der Münzwardein und damit ftirstliche Bediente Christoph Ernst Steinhäuser, der wie das Oberamt meinte - der "Chef der Antimagistratsparthie" war, erhielt die überwältigende Mehrheit von 395, die anderen Kandidaten zusanunen nur 23 Stimmeri. Damit hatten die Durlacher einen Macht- wechsei im Rathaus und eine Demokratisie- rung der innerstädtischen Verhältnisse er- reicht, an die sie in der Zeit der Revolution 1848/49 wieder anknüpfen konnten. Staatliche Reformen und städtische Tradition In der Zeit der Revolution von 1848/49 erwachte dieses Selbstverständnis nach Jahren der Restauration zu neuem Leben. In Durlach standen sich Demokraten und Monarchisten gegenüber; es gab einen revolutionären Bürgerverein, einen konserva- tiven Bürgermeister, gemäßigte und radikale Bürger. Wieder kam es zu einem Konflikt über den Bürgernutzen, der zurückging auf das Gemeindegesetz von 1831, das den Schutzbürgerstatus aufhob und die bisherigen Schutzbürger zu Bürgern mit allen Rechten erkJärte. Das betraf natürlich auch die Verteilung der Allmende; damit drohte der Anteil des einzelnen bisher Berechtigten 80 geschmälert zu werden. Auf das Gesetz von 1831 hatten die Durlacher reagiert, indem sie die Wartezeiten nach Antritt des Bürgerrechts bis zur Aufnahme in den Bürgergenuß verlängerten und den § 91 des Bürgerannahmegesetzes anwandten. Der legte fest, daß der bisherige Schutzbürger "den dreifachen Jahresbetrag der Bürgernutzungen in die Gemeindekasse zu entrichten" habe. Damit hatten die bisherigen Schutzbürger den Status von Ortsfremden, die ebenfalls, um aufgenommen zu werden, den dreifachen Betrag der durchschnittlichen jährlichen A1lmendnut- zungen zu entrichten hatten. In Durlach wurden daftir 200 GuJden verlangt, welche. Ortsfremde und seitherige Schutzbürger über das Bürgereinkaufsgeld hinaus zu zahlen hatten. Das galt aber nicht ftir die Söhne der Schutzbürger, denn § 95 des Gesetzes legte fest, daß diese mit Inkrafttreten des Ge- meindegesetzes, d. h: seit April 1832 so anzusehen seien, "als werm ihnen das Bürgerrecht angeboren wäre" . Dagegen wehrten sich die Durlacher Bürger mit aller Vehemenz, und es kam zu Auseinanderset- zungen, die am Vorabend der Revolution einsetzten und die in der revolutionären Zeit ihren Höhepunkt erreichen sollten. Der Konflikt darum begann Anfang des Jahres 1847, als zwei Söhne von ehemaligen Schutzbürgern den Antritt des Allmendge- nusses bzw. die Aufnahme in die Warteliste ohne Zahlung des Einkaufsgeldes verlangten. Der Zeitpunk1 war nicht zufallig, denn einmal fiel es aufgrund der damaligen Wirtschafts- krise den Söhnen ehemaliger Schutzbürger noch schwerer, 200 Gulden zu zahlen. Zum anderen genossen die Väter der zwei jungen Männer, die 1847 25 Jahre alt wurden, immerhin seit 1831 das Bürgerrecht. Nun wie Ortsfremde behandelt zu werden, konnte den bei den Schutzbürgersöhnen nicht mehr ein- leuchten. Beide beantragten, sie auf r...,---------:,.~ .. i, ""':t~·-o-~~--:--O;W~'!ll den Grund des § 95 des Bürgeran- nahmegesetzes zum unentgeltlichen Genusse, gleich jenen, welche ange- borenes Bürgerrecht besitzen, zuzu- lassen bzw. in die Warteliste zu demselben aufzunehmen. Der Ge- meinderat stimmte diesem gesetzmä- ßigen Anliegen im Januar 1847 zu, doch der kleine Bürgerausschuß versagte die Genehmigung, so daß sich der große Bürgerausschuß - das war das eigentliche Gemeinde- parlament - im Februar 1847 damit befaßte. Mit 83 gegen 5 Stimmen lehnten die Bürgerausschußmitglieder eine Aufnahme in den Genuß ohne Zahlung des Einkaufsgeldes ab. Für den nun anstehenden Rechtsstreit, der als Gemeindeangelegenheit be- trachtet wurde, beauftragten Ge- meinderat und kleiner Bürgeraus- schuß ein Komitee von vier Mitglie- dern des großen Ausschusses und zwei Jungbürgern. Ein Jahr später unternahm der Gemeinderat erneut den Versuch, das Anliegen der Schutzbürgersöhne zu vertreten; wieder lehnte der kleine Bürgerausschuß dies ab, wieder Durlacher Rathaus bis 1845. Hier trafen sich die Durlacher BUrgerversammlungen. wurde der große Bürgerausschuß zu dieser Angelegenheit zusammengerufen. Der nun beschloß einstimmig, die Schutzbürgersöhne abzuweisen und eine Petition um die Abschaffung des entsprechenden Paragra- phen an die Zweite Kammer im Ständehaus zu schicken. Im Gemeinderat, der die Anliegen der Schutzbürgersöhne unterstützte, saßen aber in dieser Zeit Mitglieder des demokrati- schen Bürgervereins, die hier einvernehnllich mit Bürgermeister Karl Wahrer und Gemein- derat Christian Hengst agierten, welche die gemäßigte Richtung vertraten. Zusammen stellten sie die politische Führungsschicht der Stadt, die erleben mußte, daß die Bürger- schaft ihnen bei der Frage des Bürgernutzens die Zustimmung verweigerte. Der Konflikt um den Bürgernutzen sollte in den Revolutionsmonaten eine eigene Dyna- mik und Sprengkraft gewinnen, zumal die Durlacher den Rechtsstreit nur verlieren konnten, da ihr Vorgehen gesetzeswidrig war. Nachdem die ersten Wirren der März- Revolution vorbei waren, unternahm der Gemeinderat inl Juni 1848 einen erneuten Vorstoß. Wieder verwies der kleine Bürger- ausschuß die Entscheidung an den großen Bürgerausschuß, der am darauJIolgenden Tag 81 sich nicht entscheiden wollte, sondern be- schloß, diese Angelegenheit der versammel- ten Gemeinde vorzulegen. Das war eine Selbstentmachtung des großen Bürgeraus- schusses, der im Dreiklassenwahlrecht ge- wählt wurde, d. h. daß die Stimmen der Bürger mit Vermögen mehr galten als die der vermögenslosen. Doch bestimmte er noch, daß die vier "zum Bezug des Bürgergenusses vorgerückten Schutzbürgersöhne vorderhand von dem Bezug ausgeschlossen, dahingegen in die letzteren die 4 nach der Rangliste zW1ächst stehenden Bürger mit angeborenen Rechten eingesetzt werden sollen". Damit war fur den Gemeinderat die brisante Situation entstan- den, daß er auf grund dieses Beschlusses zu einer gesetzeswidrigen Handlung aufgefor- dert war, die er zudem selbst ablehnte. Staatliche ExekutionsmaßnahnlCn Nun mischte sich auch das großherzogliehe Oberamt ein, welches rull 19. Juni das Ultimatum stellte, daß bis zum Mittag des 20. Juni drei namentlich genannte Schutzbürger- söhne in den Wiesengenuß eingewiesen werden sollten "bei Vern1eidung von Executionsmaßregeln". Der Gemeinderat und der kleine Bürgerausschuß teilten am 20. Juni dem Oberamt mit, daß sie die Entscheidung der Gemeindeversammlung überlassen wollten. Die Situation war inzwischen so zugespitzt, daß sie damit drohten, ihre Ämter sofort niederzulegen, falls das Oberamt sie zum Handeln zwingen wolle. Am 25. Juni 1848 versammelten sich morgens um 6 Uhr auf dem Rathaus 643 der 846 stimmberechtigten Bürger, um darüber abzustimmen, den großen Bürgerausschuß abzuschaffen. Auf die entsprechende Frage antwortete die Versammlung "mit einem donnernden Ja". Damit war in Durlach das 82 Zensuswahlrecht beseitigt. Nun setzte das Oberamt die angekündigten Executions- maßregeln, d. h. Militär ein, das seine Wirkung nicht verfehlte. Nachdem der Versuch von Vergleichsverhandlungen ge- scheitert war, wichen die versantnlelten genußberechtigten Bürger am 4. Juli 1848 der staatlichen Gewalt, doch erst im November 1848 wurde das Protokoll der entsprechenden Sitzung verfaßt. Nun hieß es: "Es seien die angeblichen Schutzbürgersöhne Friedrich Barthlott, Friedrich Sullerund Franz König in den hiesigen Allmendgenuß unentgeltlich einzuweisen, indem die Bürgerschaft hierzu durch eine militärische Besatzung auf dem Wege der Gewalt, der auf die Dauer nicht widerstanden werden krum, formlieh gez\V1lll- gen worden ist." Die Bürgerschaft verwahrte sich aber weiterhin dagegen und betonte, daß sie den entsprechenden Paragraphen der Gesetzgebw1g nicht anerkerme. "Sie behält sich aber die Reklamierung ihres schwer verletzten Eigentums ftir alle Zeiten aus- drücklich vor." Während des Schutzbürger- streits kam es zu Kräfteverschiebungen in den Gemeindegremien zugunsten des Bürger- vereins 1md zu einem Machtwechsel an der Spitze. Angesichts der revolutionären Ent- wicklungen halle Bürgernleister Karl Wahrer erstmals im April 1848 un1 Entlassung aus seinem Amt gebeten, was aber sowohl der Gemeinderat und der kleine Bürgerausschuß als auch der große Bürgerausschuß "unter gleichfallsiger Erteilung eines Vertrauensvo- tums" ablehnten. Am 2. Mai erneuerte Wahrer sein Gesuch "namentlich - aus Ge- sundheitsgründen", wieder wurde die Bitte abgelehnt, ihm aber ein Urlaub von zwei Monaten zugestanden. Das Protokoll vom 11 . Juni 1848 über die Sitzung des Gemeindera- tes und des kleinen Bürgerausschusses hielt darm lakonisch fest, man habe dem Gesuch um Amtsentlassung des Bürgermeisters Karl Wahrer willfahrt, "da dasselbe durch die Ereignisse vom geslrigen vollkommen be- gründet sei". Was sich hinter diesen Ereignissen ver- birgt, wissen wir nicht. Da aber in diesen Junitagen der Streit zwischen dem Gemeinde- rat und dem großen Bürgerausschuß über die Sache der Schutzbürgersöhne seinen Höhe- punkt erreichte, können wir vernJUten, daß der damit einhergehende Autoritätsverlust seine Rücklrittswünsche verstärkte. Sein Nachfol- ger wurde Kronenwirt Eduard Kraft, der als Mitglied des Bürgervereins zu den demokra- tischen Kräften zählte. Aus der Sicht des Oberamtes stellten sich diese Machtverschiebungen in den kommuna- len Gremien als Resultat der Aktivitäten des Bürgervereins dar. So berichtete das Oberamt im November 1848, daß der Verein sich einen Anhang verschafft habe, um mit diesem eine Änderung der Gemeindeverwaltung, "die in geregeltem Gange war und an deren Spitze tüchtige Bürger stunden", hervorzurufen. So sei es der Bürgerverein gewesen, der die Abschaffung des im Dreiklassenwahlrecht gewählten großen Bürgerausschusses zugun- sten der Gemeindeversammlung durchgesetzt habe. Diese Einschätzung der Lage seitens der Staats behörde läßt vermuten, daß der Bürgerverein die wegen der Allmendfrage aufgebrachte Stimmung aufgriff, um seine Forderungen nach Demokratisierung der Gemeindeverhältnisse und die Besetzung der Gremien mit eigenen Leuten durchzusetzen. Es handelte sich also um ein Bündnis von revolutionären Demokraten mit konservati- ven Bürgern, die spätestens seit dem Eingreifen des Mil.itärs im Oberamt, d. h. im Staat, einen gemeinsamen Gegner sahen. Nicht nur die Rufe nach Einheit und Freiheit, nach Menschenrechten und politischer Eman- zipation ließen die Durlacher zu Revolutionä- ren werden; sie wurden Revolutionäre aus konservativem Bürgersinn, der den Schutz- bürgersöhnen die Gleichberechtigung ver- weigern wollte. Susanne Asche Umstrittene Erinnerungen 1. Das Urteil der Nachwelt zur deutschen Revolution 1848-49 Wenn ftir 1998 schon zahlreiche Vorberei- tungen getroffen werden, um an die Revolution vor 150 Jahren zu erinnern, fragt sich wohl mancher: was geht das uns an? Das Kriegsende 1945 ist vielen noch gegenwärtig, doch schon 1918 liegt weit zurück, weil "Monarchie" kein Thema in Deutschland ist. Eher berührt die Kritik an der Form der Reichsgründung 1871 und einer Verfassimg, die ein "persönliches Regiment" des Kaisers zuließ. Aber die Mitte des letzten Jahrhun- derts? Vielleicht wird 1998 in den sicher bewegten Wahlwochen mancher stutzig, daß auch Zurückliegendes sich wieder einmal eignet, politisch instrumentalisiert zu werden, weil die einen die Radikalen, die anderen die Liberalen hochleben lassen. So ist es jedenfalls in den vergangenen 150 Jahren immer wieder geschehen. Die Reaktion ~_.~-~~-~ Nach 1849 wurde - gerade in Baden - jegliche Diskussion unterbunden, die "Reak- tion", wie das alte-neue Regime genannt wurde, gab den Ton an. In einem Geschichts- buch ftir badische Volksschüler um 1854 wurde Großherzog Leopold als der Gütige 83 gepriesen. "Die Revolution von 1848 und 1849 verursachte dem edlen Fürsten viel Leid; er wurde veraniaßt, sein Land, dem er so viel Gutes erwiesen, zu verlassen, und kehrte erst wieder zurück, als die Empörung unterdrückt war." Der Herausgeber der liberalen "Deutschen Zeitung" 1848, der Heidelberger Historiker Georg Gottfried Gervinus - in Karlsruhe wurde eine Straße nach ihm benannt - mußte sich 1853 vor dem Großherzoglichen Badischen Hofgericht verantworten wegen seiner "Einleitung in die Geschichte des 19. Jahrhunderts" . "Es ist der Zweck dieser Schrift", so begann die Anklage des Staats- anwalts, "daß, einem bestinunten Gesetze der geschichtlichen Entwicklung folgend, die demokratischen Grundsätze trotz allen Hin- dernissen und Hemmungen in einem stetigen Fortschreiten begriffen seien." Das Urteil von zwei Monaten Geflingnis wurde zwar aufgehoben, die Universität Heidelberg entzog Gervinus aber die Lehrbefugnis. Als ihn 1862 Großherzog Friedrich I. jedoch um ein Gutachten zur Bildungsreform bat, spürte man einen anderen Geist in Baden, wo ab 1859 mit der Neuen Ära der Liberalismus als " regierende Partei" betrachtet wurde. Bei der Geburt des Thronfolgers 1857 waren die letzten ,,48er" amnestiert worden, Minister wurden ernannt, die im Landtag Rückhalt fanden, die badische Außenpolitik setzte auf eine Einigung Deutschlands durch Preußen, die der Nationalversammlung in der Paulskir- ehe nicht gelungen war. Baden, dem Deutschen Bund getreu, mußte zwar 1866 noch einmal gegen Preußen kämpfen, und nicht nur im katholischen Südbaden lehnte man sich gern an Österreich an; auch in Karlsruhe dachte mancher an den "Kartätschenprinzen" Wilhelm, der die badi- 84 sehen Aufstände niedergeschlagen hatte. Nach diesem Deutschen Krieg ging aber von dieser Residenzstadt eine Schrift aus, die die kleindeutsche Lösung forderte und in den deutschen Staaten ein breites Echo fand. Der Historiker Hermann Baumgarten am Poly- technikum, ein Schüler von Gervinus, pub- lizierte 1867 die Broschüre "Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik'. Sie ragte aus der Flut politischer Literatur heraus und hat über Generationen die Entwicklung des Nationalliberalismus beeinflußt. Baumgar- ten, ursprünglich Bismarck-Gegner, schwenk- te nun auf einen neuen Kurs. Zwar galt den Männern der Paulskirche von 1848 seine Achtung. Die Ausführung ihres Plans mußte aber scheitern, nicht nur weil Preußen damals " zur Lösung der ihm zugedachten Aufgabe durchaus unfahig, sondern weil die Reichs- verfassung (1848) .. . insofern ein theoreti- sches Produkt war, als sie sich nicht auf eine konkrete ausführende Macht stützte." Den Machtstaatsgedanken, die 'weiße' Revoluti- on von oben Bismarckscher Prägung prokla- mierte nun der Karlsruher Professor als nationalliberale Parole. Die revolutionäre Bewegung 1848 war fur ihn eine "traurige Verwirrung, welche in diesem Frühling die deutschen Lande erfüllte ... Der Bürger ist geschaffen zur Arbeit, aber nicht zur Herrschaft ... Es ist einer der verderblichsten Irrtümer zu meinen, jeder tüchtige Gelehrte, Advokat, Kaufmann, Beamte, der Interesse habe an öffentlichen Dingen und fleißig die Zeitung lese, sei befahigt, at..1iv in die Politik einzugreifen. " Mit Baumgarten kapitulierten breite Schichten des Bürgertums vor der These, daß nur die traditionelle Oberschicht herrschen könne. Im neuen Reich Nachdem 1871 das neue deutsche Reich gegründet worden war, dachte 1873 kaum jemand daran, sich an die Revolution vor 25 Jahren zu erinnern. Zwar erschienen Autobio- graphien, Quellen und erste Darstellungen. Die Bewertung war aber durch tonangebende Historiker wie Heinrich v. Treitschke und Heinrich v. Sybel bestimmt. Letzterer machte z. B. tUr die "radikale Verkündung in Süd- deutschland die gute Weinernte yon 1847 und das üppige Wirtshausleben" verantwortlich. Und so hieß es auch später in einem "lehr- buch ftir Geschichte tUr die höheren lehr- anstalten in Südwestdeutschland" über Ba- den: "Prinz Wilhelm v. Preußen, der spätere Kaiser, brachte das verirrte Land in tUnf Wochen zur Ordnung zurück; Großherzog Leopold überlebte die Heimkehr in sein Land nicht lange, er starb 1852, nachdem er noch die Reue seine Volkes gesehen hatte." 1898 AnIäßlich des 50. Jahrestages der Revoluti- on hüllten sich die Behörden geflissentlich in Schweigen. Gefeiert wurden andere Erinne- rungen anf dem Weg. zum Deutschen Reich: Schlachten, Geburtstage, der 18. Januar 1871. Einer Würdigung der freiheitlichen Bewe- gung kamen damals am ehesten noch die Arbeitervereinigungen nach. Der Offenburger "Volksfreund - Organ tUr die Interessen des werkthätigen Volkes", seit 1899 in Karlsruhe verlegt, berichtete am 23. März 1898 von der Debatte im Reichstag am 18. März: "Nichts zeugt mehr von dem Tiefstand der deutschen Presse, als die Art, mit welcher dieselbe die flammende Rede Bebel 's im Reichstage, die er zum ehrenden Andenken der Märzkärnpfer hielt, wiedergiebt. Die Junkerpresse schimpft und tobt ... Das einzige uns zu Gesicht gekommene bürgerliche Blatt, welches den Muth der vollen Wahrheit besitzt, ist die 'Ber!. Volksztg. '" Sie schreibt: "Es ist das Verdienst Bebeis, den Deutschen Reichstag vor der Schmach bewahrt zu haben, daß am gestrigen Tage nicht mit einer Silbe der hohen Bedeutung der März-Revolution gedacht worden wäre. Herr Bebel hat es durch eine geschickte Wendung der Debatte dahin zu bringen gewußt, daß die Todten der kampfreichen Märztage in der deutschen Volksvertretung diejenige geschichtliche Würdigung gefunden haben, die ihnen eine dankbare Nachwelt schuldig ist." Die nationalliberale "Badische Landes- zeitung" in Karlsruhe berichtete ebenfalls am 20. März 1898 in ihren Stimmungsbildern aus dem Reichstag von leidenschaftlichen Aus- einandersetzungen. "Nur in seltenen Momen- ten konnte der unkundige Tribünenbesucher heute bemerken, daß die zweite Beratung der Militärstrafprozeßnovelle auf der Tagesord- nung stand. Debattiert wurde fast ausschließ- lich über die Märzrevolution des Jahres 1848, deren 50. Jahrestag heute wiedergekehrt war ... Heute konnte man so recht sehen, welch eine gewaltige, riesengroße Kluft die An- schauungen und die Denkweise der Rechten und der Linken trennt .. . Ein Durcheinander- schreien, das sich zeitweise zu einem veritablen Wutgeheul steigerte, unterbrach fortwährend die Redner der beiden äußersten Flügel, und Worte wie "Gemeinheit, Frech- heit, Infamie, Fälschung, Pfui Teufel!" flogen unausgesetzt herüber und hinüber ... Die Verteidigung der Revolution fiel natürlich in erster Linie Herrn Bebel zu. Er feierte sie als die glorreiche Volkserhebung, welche dem Volke die politischen Rechte erzwungen und gegen Fürsten und Junker die Grundlage zur Einigung Deutschlands geschaffen habe ... Die hauptsächlichsten Wortftihrer der ande- ren Seite stellen die Märzereignisse als eine unselige Verirrung des Volkes dar ... und nach ihrer Auffassung war die Revolution gar keine impulsive Volksbewegung, sondern ist durch ausländisches Gesindel, das das preußische Volk durch einen Appell an die 85 schlechten Instinkte und durch Bestechung verfuhrt hatte, künstlich erzeugt worden." Der "Badische Beobachter", das Zentrums- blatt, brachte am 18. Mai/9. Juni 1898 eine ausfiihrliehe Darstellung "Vor fiinfzig Jah- ren" über das Parlament in der Paulskirche, das freilich nicht im Zusammenhang mit den März-Unruhen gesehen werden sollte. Der Autor G. H. "vom Neckar" verteidigte die Nationalversammlung vor der Kritik, in den ersten Frühjahrswochen 1848 nicht gleich die Einheit hergestellt zu haben, die "erst so viele Jahre später zu erkämpfen war", derm "die Vorwegnahme der Grundrechte vor dem Verfassungswerk hatte einen sehr zwingen- den Grund. Für den größten Teil der Bevölkerung war ja der eigentliche Kern der Märzbewegung doch mehr das freiheitliche als das einheitli- che Moment gewesen. Die Rechts- und Freiheitsbeschränkungen der vormärzlichen Zeit waren so bedrückend und namentlich fiir den Einzelnen so fuhlbar gewesen, daß der Drang, sie nicht nur abzuschütteln, sondern ihre Wiederkehr um jeden Preis zu verhin- dern, in weitesten Kreisen fortlebte und mit Macht Befriedigung erheischte." Der "Badische Landesbote" berichtete am 2. Juli 1899 von einer Rede des Großherzogs Friedrich gegen den Umsturz anIäßlich einer Denkmaleinweihung ftir Kaiser Wilhelm I. in Waldkireh und kritisierte, daß der badische Liberalismus "schon recht preußisch - kon- servativ geworden ist. Dermoch sei er besser als in Preußen." Das beweist die Tatsache, daß man dem Komitee fiir die Errichtung eines Denkmals zur Erirmerung an die im Jahre 1849 in Rastatt standrechtlich erschos- senen Freiheitskämpfer wenigstens erlaubt hat, eine Inschrift auf dem Denkmal anzubringen, während man in Berlin so etwas überhaupt nicht duldet. Vorsichtig genug ist allerdings auch die badische Polizei. Die Inschrift darf nur lauten: "Ruhestätte der im Jahre 1849 Erschossenen" . Trotz vorwiegender Ablehnung der Soziali- sten durch das Bürgertum, in denen sie die Urheber der blutigen Auseinandersetzungen 1848/49 sahen, kam es doch zu einer be- grenzten Art der Aufwertung der Revolution bei deutschen Historikern, die freilich die Mo- narchie und den "deutschen Beruf Preußens" nicht in Frage stellen wollten. Aber das wilhelminische Kaiserreich war ja nicht so einseitig geprägt, als daß man zu allen Zeiten in allen deutschen Landschaften gleiche Töne anschlug. Gerade die Skepsis Wilhelms 11. gegenüber den süddeutschen Herrscherhäusern und ihren Regierungen zeigte, welche anderen Akzente man südlich des Mains setzte. Doch fiir Wertungen der 48er-Revolution, wie wir sie heute treffen, schuf erst die Weimarer Republik Raum. Leonhard Müller Umstrittene Erinnerungen 11. Zum Umgang mit der Revolution von 1848/49 nach 1918 Die Revolution von 1918 schuf zweifellos ftir die Erirmerung an 1848/49 neue Aktualität. Sie änderte aber nichts daran, daß die Beschäftigung mit der Geschichte von 1848/49 sich zwischen Verdrängrmg, Bewäl- 86 tigung und Identifikation bewegte. Es blieb die konstatierte Spaltung nach Parteien und die von der jeweiligen historischen Situation Deutschlands bestimmte unterschiedliche Sicht auf die Ereignisse. Die 75-Jahr-Feier der Revolution im Jahre 1923 fiel in eine innen- wie außenpolitisch schwierige Phase der aus der Niederlage und der Revolution im Jahre 1918 hervorgegange- nen, noch jungen deutschen Republik. Im Innern hatten politische Morde z. B. an dem Finanzminister Erzberger und dem Außenmi- nister Rathenau und ein politischer Putschver- such rechtsgerichteter völkischer Kreise und Gruppierungen die Zerissenheit und parteipo- litische Spaltung des Landes verdeutlicht. Schwere Sorgen bereitete zudem die inflatio- näre Entwicklung und die steigenden Arbeits- losenzahlen. Außenpolitisch sah man mit der Besetzung an Ruhr und Rhein sowie im Saarland durch die Franzosen die Freiheit und Einheit des Landes bedroht. In dieser Situa- tion war es geradezu zwangsläufig, daß die in Frankfurt stattfmdende, von rechtsstehenden Kreisen mit Ablehnung kommentierte, zen- trale Gedenkfeier in Anwesenheit des Reichs- präsidenten Ebert politisch instrumentalisiert wurde. Kein Redner, der am 18. Mai im Frank- furter Römer und in der Paulskirche sprach, vergaß, auf die bedrohliche Lage der Re- publik durch die " schweren Anschläge und Anstürme unserer Gegner gegen unsere · nationale Freiheit und den Bestand des Reiches", so Friedrich Ebert, zu verweisen. Im Gedenken an die Männer der Paulskirche, deren vergebliches Bemühen ein "Denkstein" geblieben sei und über die Reichseinheit von 1871 und die Veriassungsgebung von Wei- mar 191 8/19 in die Gegenwart rage, müsse deren "Leitstern" "Einheit, Freiheit und Vaterland!" auch der Kern des gegenwärtigen Daseinskampfes an Rhein, Ruhr und Saar sein, so Ebert weiter. Der parteilose Reichs- kanzler Cuno variierte in seinem Grußwort den "Leitstern" Eberts, indem er "Vaterland" durch "Größe" ersetzte. Was er damit meinte, verhehlten weder er noch aUe übrigen Redner einschließlich jener der österreichischen, hochrangigen Delegation: den Zusammen- schluß Deutschlands und Österreichs. Zumin- dest während der Feierstunde schien die großdeutsche Lösung möglich, die 1848 das Paulskirchenparlament gespalten hatte. Eine Vorstellung, deren öffentliche Erörterung die VersaiUer Siegermächte wenig später unter- sagten. Nicht nur in den Frankfurter Feierlichkei- ten, sondern auch in der Sicht der Ge- schichtsschreibung überstrahlte die Paulskir- che und die dort diskutierten nationalstaatli- chen und außenpolitischen Themen das ge- samtrevolutionäre Geschehen des Vormärz bis zum Jahre 1849. Dieser Umgang mit den "Ideen von 1848" veranlaßte den Theologen und Philosophen Ernst TroeItsch im Blick ~uf die Revolution von 1918 zu der kritischen Feststellung: "Nur Kurzsichtige konnten triumphieren und meinen, das Ziel von 1848 sei jetzt erreicht. Nein, was 1848 ein kühnes Fortschrittsunternehmen war, das war jetzt eine konservative Retardierung und Bewälti- gung der Revolution ... ". Noch 1923 war die Forderung, die der Historiker Hermann Oncken 25 Jahre zuvor erhoben hatte, "den Gegensatz parteipolitisch befangener Über- zeugungen in einer höheren Instanz der Erkenntnis aufzulösen", nicht eingelöst. Vor- wiegend in den Büchern der Sozialdemokra- ten Blos, Mehring und Bernstein sowie in der DarsteUung des liberal-demokratischen Hugo Preuß war von Barrikadenkämpfen und Aufständen die Rede. Erst mit der zwei- bändigen "Geschichte der deutschen Revolu- tion 1848-1849" von Veit Valentin, die 1930/31 erschien, hatte sich ein Wandel in der Geschichtsschreibung der Revolution angezeigt. Das noch heute grundlegende, queUengesättigte Werk und die beginnende Sozialgeschichtsschrcibwlg eröffneten neue Perspektiven, die jedoch nach der national so- 87 zialistischen Machtergreifung nicht weiter- verfolgt werden konnten. 1948 1948 befand sich Deutschland in einer weit schlechteren Situation als 25 Jahre zuvor. Der von Deutschland ausgegangene Zweite Welt- krieg war verloren, die nationalsozialistische Diktatur und die in weite Teile Europas getragene Terrorherrschaft beendet. Das Land war besetzt und in vier Zonen geteilt. Man hatte 1947 eine katastrophale Ernäh- rungskrise überstanden, befand sich mitten im Wiederaufbau der zerstörten Städte und Industrieanlagen sowie der Ausgestaltung der von den Siegermächten verordneten Demo- kratie. In den Auseinandersetzungen der drei Westmächte mit der Sowjetunion über die Behandlung Deutschlands war bereits der "Kalte Krieg" ausgebrochen, die Teilung Deutschlands abzusehen. So wundert es denn auch nicht, daß die Rückbesinnung auf die demokratischen . Traditionen, auf den Kampf der "Achtund- vierziger" um die bürgerlichen Freiheits- rechte, von zentralem Interesse war. In vielen lubiläumsfeiern, Gedenkschriften und Aus- stellungen wurde der Ablauf der Ereignisse von 1847-1849 dargestellt und das Ringen in der Paulskirche um Einheit und Freiheit gewürdigt. Gelegentlich liest man dann auch, ohne das Scheitern der Revolution wäre den Deutschen die Katastrophe des Nationalso- zialismus vielleicht erspart geblieben. Abge- sehen davon, daß solche Interpretationen weder zu beweisen noch zu widerlegen sind, wird dabei gerne der vielen Revolutionären von 1848 durchaus nicht fremde Nationalis- mus und Antisemitismus übersehen. In Karlsruhe gedachte man der Revolution vom 25. April bis I. Mai mit einem Festakt, mit Vorträgen und einer Festauffiihrung des Dramas "Dantons Tod" von Georg Büchner. 88 Eine geplante Ausstellung konnte wegen Raurnmangels nicht stattfmden. Neben dem späteren ersten Bundespräsidenten Theodor Heuß und dem Historiker Franz Schnabel sprach auch der sozialdemokratische Mini- ster und erste Karlsruher Nachkriegs-OB Hermann Veit. Er kritisierte die große Zahl der Feiern im Lande und konstatierte bei der Masse der Bevölkerung Teilnahmslosigkeit. Begeisterung erkenne er nur, wo Menschen- würde und Freiheit Herzenssache seien. Im näheren Umkreis fanden Feiern z.B. in Ettlingen, Baden-Baden und Offenburgstatt. Durch Karlsruhe fuhrte auch ein Teil des Stern-Stafettenlaufs von Leichtathleten nach Frankfurt zur Feier in der wiederaufgebauten Paulskirche, wobei eine Urkunde des Ober- bürgermeisters mit auf den Weg ging, in der der stolzen Söhne der Stadt gedacht wurde, die das Banner der Freiheit erhoben haben. Auch in Frankfurt standen die Gedenkfeiern ganz im Zeichen der Wiedergeburt der deutschen Demokratie im Geiste von 1848. Aus dem Blick geriet so allerdings in der Öffentlichkeit weitgehend, daß die Revoluti- on der Höhepunkt eines wei treichenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wand- lungsprozesses war, der alle Bevölkerungs- schichten erfaßt hatte. Ins helle Licht der . Berichterstattung in den Medien gerieten dagegen die konkurrierenden Revolutions- feiern in Berlin Ost und West, die bereits am 18. März stattfanden. Dieser Tag war nach dem Spiegel-Bericht "das bisher eindrucks- vollste Schauspiel nachkriegsdeutscher Zer- rissenheit. ... Die Barrikaden des 18. März 1848 wurden durch beiderseitige Polemik zu einer Mauer des 18. März 1948 verfestigt." Der Veranstaltung des Groß-Berliner Senats stellte die SED im Osten die Einberufung des ,,2. Volkskongreß fur Einheit und gerechten Frieden" nach Berlin-Ost entgegen. Im Osten reklamierte Wilhelm Pieck die demokrati- schen Traditionen fur die Ziele der SED: "Wir sind die Vollendung der unvollendeten Revolution." Das SED-Organ "Neues Deutschland" hatte am Tag zuvor mit der Parole: "Das ganze Deutschland soll es sein" das Interesse an nationaler Einheit dokumen- tiert. Im Westen dagegen sah man durch die Vorgänge in der sowjetisch besetzten Zone den Namen der Demokratie " l"sudelt" und die Freiheit in Gefahr. Deshalb dürfe die "Einheit unseres Vaterlandes nicht mit der Preisgabe unserer Freiheit" erkauft werden. So sah es am 18. Mai auch der Kommentator in den BNN. Die Feierlichkeiten standen, das war klar erkennbar, im Zusammenhang mit der historischen Legitimierung der staatlichen Neugründungen, die 1949 vollzogen wurden. Der "Streit um das Erbe" war entbrannt. 1973 Die 125-Jahr-Feiern legten in diesem Streit !Ur die Bundesrepublik eine ernüchternde Bilanz offen. Einem zentralen Forschungs- plan folgend, der die Revolutionsforschung !Ur die Gegenwartspolitik instrumentalisierte, hatte die DDR-Forschung einen Vorsprung errungen. Entsprechend intensiv und publi- kumswirksam wurden die Feiern 1973 gestaltet. Das Politbüromitglied Albert Nor- den behauptete: "Das Vermächtnis der Revolution von 1848 liegt bei uns in guten und sicheren Händen." Das Deutsche Historische Museum veranstaltete in Berlin und Leipzig Sonderausstellungen. Artikelserien in den Zeitungen befaßten sich mit der Revolution, und in einer in hoher Auflage verbreiteten "Illustrierte Geschichte der deutschen Revo- lution 1848/49" hieß es am Schluß: " Die Errungenschaften des sozialistischen deut- schen Staates wurzeln auch in den Kämpfen und Bestrebungen der revolutionären Massen von 1848. Deren Ideale wurden von jener Klasse verwirklicht, die vor 125 Jahren gerade die ersten Schritte ihrer eigenen Be- wegung tat, von der Arbeiterklasse, die sich damit fUr jeden klar erkennbar als die wirkliche und einzige Erbin von 1848 erwies." Der umfassenden und "offiziellen" Würdi- gung der Revolution in der DDR 1973 hatte die Bundesrepublik, wie es in einer Sam- melrezension 1975 hieß, wenig an For- schungsleistung und breitenwirksamer Dar- stellung entgegenzusetzen. In Frankfurt fand eine Ausstellung 125-Jahre-Paulskirche statt, badische Städte veranstalteten in Rastatt eine Gemeinschaftsausstellung, und in Karlsruhe zeigte das Stadtarehiv einschlägige Bestände im Pfmzgaumuseum. Seit 1970 gab es einen Neudruck des Werkes von Veit Valentin. Ein herausragendes Zeichen in der bundesdeut- schen Beschäftigung mit der Revolution setzte schon 1970 zweifellos Bundespräsi- dent Gustav Heinemann mit seiner Rede anIäßlich der historischen Bremer Schaffer- mahlzeit. "Einer ·demokratischen Gesell- schaft" , so flihrte er aus, "steht es schlecht zu Gesicht, wenn sie auch heute noch in aufständischen Bauern nichts anderes als meuternde Rotten sieht, die von der Obrigkeit schnell gezähmt und in die Schranken verwiesen wurden. So haben die Sieger die Geschichte geschrieben. Es ist Zeit, daß ein freiheitlich-demokratisches Deutschland un- sere Geschichte bis in die Schulbücher hinein anders schreibt." Eine Aufforderung, die nicht nur Zustimmung fand. Bei der Einweihung der "Erinnerungsstätte f1ir die Freiheitsbewegungen in der deutschen Ge- schichte" in Rastatt 1974 machte Heinemann deutlich, worum es dabei auch ging: "In der DDR pflegt man bewußt revolutionäre Überlieferungen. .. . Sie werden aber in Entwicklungsstufen zum kommunistischen Zwangsstaat verfremdet. Unerträglich ist es, daß wir dem durch eigene Untätigkeit Vorschub leisten und uns so einen Teil unserer Geschichte entwenden lassen. Wir 89 stehen mit dem anderen deutschen Staat im Wettbewerb ... Dazu gehört auch die Frage, wer sich mit mehr Recht auf die Freiheits- bewegungen in der deutschen Geschichte berufen kann, und wer die Ziele besser verwirklicht hat oder verwirklichen wird." 1998 Seitdem ist die Revolutionsforschung nicht zuletzt dank der seit den 60er Jahren eingefuhrten sozialwissenschaftlichen Frage- stellungen vorangekommen. Es entstand ein so verwirrend vielfaltiges Revolutionsbild - auch in der DDR hatte man zu differenzieren begonnen -, daß es schwer geworden ist, bündige Identiftkationsmuster flir die Revolu- tion von 1848/49 anzubieten. Man darf daher gespannt sein, wie die Landesausstellung in Karlsruhe die Ereignisse vor dem Hinter- grund eines flir Baden immer noch von Defiziten, so der Fachmann Dieter Lange- wiesehe,gekennzeichneten Forschungsstandes präSentieren wird. Das Jahr 1990 hat zudem mit der deutschen Einheit eine neue Situation geschaffen, und das Augenmerk wird sich 1998 daher wohl auch darauf richten, wie der "Streit um das Erbe" in den Revolutionsfeiem aufgehoben und wie die politische Öffentlich- keit nach 150 Jahren sich die Revolution aneignen wird. Manfred Koch "Fremde" in der badischen Revolutionsarmee Die Revolution 1848/49 wird oft als eine der wenigen Epochen gekennzeichnet, wo Liberale aus allen Landem, vor allem auch Deutsche und Polen, Seile an Seile standen. 1m Zusammenhang mit einem Akten/und aus dem Jahr 199/ wird als neuer Aspekt gezeigt, daß jene Stimmung, die vor 150 Jahren das politische Klima zu bestimmen schien, bald verflo- gen war. Mit der Morgenpost des 10. Juni 1849 er- hielt Maximilian Wemer, Rechtsanwalt aus Oberkireh, Paulskirchenabgeordneter und letzter Kriegsminister der badischen Revolu- tionsregierung, ein Schreiben, das ihm sicher- lich die Zornesröte ins Gesicht getrieben ha- ben wird. Absender war ein gewisser Stanun, nach eigenem Bekunden Gründer des "fran- zösischen Komitees flir Einigkeit und Frei- heit Deutschlands" in Straßburg, das seit Mitte Mai in ganz Frankreich aktive Propaganda flir die badische Bewegung betrieb, freiwilli- ge Hilfstruppen anwarb und deren Weiterbe- förderung nach Karlsruhe organisierte. Ein Demokrat und Kampfgeflihrte also, der schon deswegen von Bedeutung nir die revolutionä- re Regierung in Karlsruhe war, als sie - in 90 ihrem Kampf um die Reichsverfassung und eine soziale Republik - verzweifelt auf die Unterstützung des benachbarten Frankreich home. Schon am I. Juni hatte Kriegsminister Franz Sigel, ehemals badischer Leutnant, in Karlsruhe mit den Bürgern Stanun und Fran- ke als Abgesandte des Straßburger Komitees eine schriftliche Übereinkunft abgeschlossen, wonach Baden "die Bewaffnung, Besoldung und Verpflegung dieser Hilfstruppe" über- nehme, die aus kampferprobten Veteranen und "Altsoldaten" bestehen sollte. Als eine erste Gruppe von 20 Soldaten, "die fast alle in Italien oder im belgisehen Feldzuge gedient haben", am 7. Juni 1849 voller Begeisterung nir den "heiligen Kampf der Freiheit" in Karlsruhe eintrafen, mußten sie eine bittere Enttäuschung erleben: "Dort fanden sie verdammt schlechte Aufuahme. Man schickie sie von einem Büro zum an- dem, quartierte sie nirgends ein, so daß die Leute aus eigenen Mitteln leben mußten und wollte sie endlich der polnischen Legion ein- verleiben. Da dies gegen den Vertrag ist, da die Leute überdies sahen, da ß man den Schweizern, die gekommen waren, nicht bes- ser begegnete, da man diesen sogar ihre Waf- . fen nahm, da sie von der Karlsruher Bürger- wehr vielfach die Worte hörten: wir brau- chen keine Fremden u. dgl. , so kehrten sie wieder um und sind gestern wieder hier ange- kommen." So resümierte Stamm die Erleb- nisse der französischen Freiwilligen im revo- lutionären Baden, die sicher nicht geeignet waren, den erhofften Schulterschluß zwischen den revolutionären Nachbarn, Frankreich und Baden, herbeizuflihren. Von weiteren Zuzü- gen kampferprobter Männer aus dem Elsaß ist in den Quellen denn auch nichts mehr vermerkt! HofInung auf nichtmilitärische Lösung vN.W ... • . .,..·.·.·.w.w.· ... ·.• ... · ........ ..,....., . ...,w .... w.w.v.·.·.·.·.·.· .·.·.·.·.·.·.w'"'~ ... ""w.w •• ·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.y. Diese Episode wirft ein bezeichnendes Licht auf die Situation in Baden im Juni 1849. Die überschwengliche Begeisterung, mit der die Karlsruher Bevölkerung am 15. Mai den re- volutionären Landesausschuß in den Mauem ihrer Stadt begrüßt hatte, war verllogen. Die HofInungen auf einen Export der Revolution, auf den revolutionären Flächenbrand, hatten in den zurückliegenden Tagen empfindliche Dämpfer erlitten. Das Mitglied der provisori- schen Regierung Joseph Fickler war Anfang Juni in Stuttgart verhaftet, der von Kriegsmi- nister Sigel organisierte Marsch auf Frank- furt schon wenige Kilometer hinter der Gren- ze in Heppenheim von regierungstreuen hes- sischen Truppen gestoppt worden. Mit der Aullösung des "Klubs des entschiedenen Fort- schritts" am 6. Juni 1849 und der zeitweilien Verhaftung seiner Mitglieder hatten die Kräfte innerhalb der badischen Bewegung die Ober- hand behalten, die die Konfrontation mit den Bundestruppen zu vermeiden trachteten. Lorenz Brentano, ehemals Obergerichts- advokat und nun an der Spitze der Revoluti- onsregierung, hoffte mit der Mehrheit des Landesausschusses nach den Rückschlägen der letzten Tage mehr denn je auf eine nicht- militärische Lösung. Nur so glaubte er, die "Märzerrungen- schaften", also jene Reformgesetze, die im März I 848 von den Regierungen der Deut- schen Bundesstaaten der liberalen Bewegung zugestanden worden waren, dauerhaft sichern zu können. Pressefreiheit, Geschworenenge- richte, Einflihrung der VolksbewaiTnung in Form der Bürgerwehren und die Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung zählten in erster Linie dazu. Dabei hatte es zur Lebensfrage der Reichs- verfassungskampagne und damit der gesam- ten badischen Revolution gehört, daß sie wei- tere Breitenwirk-ung, über die Grenzen Ba- dens hinaus, gewann. Eine "badische Winkel- republik" hatte keine Überlebenschance. Dies hatte schon der ehemalige Innenrninister Bekk einer Delegation des Landesausschusses am 13. Mai 1849 höhnisch klargemacht. Die Umsetzung der Reichsverfassung gegen den erklärten Willen der bei den deutschen Groß- mächte Österreich und Preußen ließ sich nur mit WaiTengewalt bewerkstelligen. Dement- sprechend hatte der Landesausschuß schon Mitte Mai Aktivitäten auf militärischer Ebe- ne entwickelt. Dazu zählte in erster Linie die Anwerbung von Freiwilligen im benachbar- ten Ausland. Bereits am 16. Mai stellte er jeweils 1500 Francs rur die in Marseille und Lyon tätigen Organisationen der politischen Flüchtlinge zur Verfligung. 25 Francs Reise- geld erhielt dort jeder, der sich bereit erkJär- te, innerhalb einer gesetzten Frist in Baden einzutreffen und sich den dortigen Freikorps 91 Inspektion der Polnischen Legion auf dem Schloßplatz zu Karlsmhe durch die Mitglieder der Provisorischen Regienmg (Brentano, Goegg, Struve, Meierhäfer). anzuschließen. Viele strömten herbei, kampf- erprobt in den Schlachten der zurückliegen- den Jahre, die flir die demokratische Freiheit Europas gefochten worden waren. Ob in Si- zilien, Posen oder im Schweizer Sonderbunds- krieg des Jahres 1847, überall hatten sie flir ihre demokratischen Ideale gekämpft. Sogar Veteranen aus dem griechischen Freiheits- kampf wie der spätere Gouverneur der Fe- stung Rastatt, Gustav Nikolaus Tiedemann, boten ihre Dienste an. Aus allen vier Him- melsrichtungen trafen Nachrichten über Zu- züge von Freiwilligenformationen in Karls- ruhe ein. Aus Hanau kündigte sich eine knapp 600 Mann starke Legion der Hanauer Turner an; Heilbronner Turner, Tübinger Studenten und Arbeiter, daneben eine weitere Schwäbi- sche Legion, eine deutsch-schweizerische Flüchtlingslegion, die Besanyoner Legion aus deutschen Emigranten und französischen De- mokraten sowie zahlreiche Einzelpersonen aus fast allen Staaten des Deutschen Bundes und des benachbarten Auslands stellten sich der badischen Volksregierung zur Verfugung. Pensionierte Offiziere, in der Regel eher ohne 92 politischen Hintergrund, die auf ihre alten Soldatentage noch einmal den Pulverdampf atmen wollten, waren ebenso darunter, wie revolutionäre Enthusiasten ohne solide mili- tärische Kenntnisse. Die deutsch-polnische Legion .;.,:.:««<<-;.:<<<<<-:<<<.:<<.»,.,.,.,.,<<<.".:.;.:.;.:<<<.;.:-:w:'>:.;".;.;.:.;.:.:.;.:-:.;.,.,.","",.;.;.:.;.:-:.,.:.".,,.,.,.,.,.;.:-:«.,.,« Einen besonders guten Ruf, was persönli- cher Mut, strategisches Geschick und militä- rische Erfahrung betraf, genossen die emi- grierten Polen, die nach der neuerlichen Auf- teilung ihres Landes als politische Flüchtlin- ge vor allem in Frankreich lebten. Sie waren seit Jahrzehnten Symbolgestalten nicht nur fur den Unabhängigkeitskampf ihres Volkes, sondern auch fUr das Freiheitsbestreben der unter der "Fürstenknute" schmachtenden Völ- ker Europas. Mit Ludwig Mieroslawski, ei- nem der brillantesten Köpfe der polnischen Demokratie, konnten die Badener eine Per- sönlichkeit als Oberkommandierenden gewin- nen, dessen militärischer Ruf ebenso tadellos war wie seine politische Reputation. Einbin- dung der badischen Bewegung in den euro- päischen Völkerkampf, unter dieser Prämisse hatten sich auch eine ganze Reihe polnischer Emigranten im Umfeld Mierolawskis bereit erklärt, jenseits des Rheins revolutionären Kriegsdienst zu leisten. Schon am 17. Mai hatte sich in Karlsruhe auf höhere Order ein Komitee zur Gründung einer deutsch-polni- schen Legion konstituiert. F ; bestand aus AIexander Zurkowski, Abgeordneter des de- mokratischen Zentral-Komitees in Paris, dem polnischen Artillerie-Offizier Gajewski und dem polnischen Kavallerie-Offizier Brosz- niewski sowie den deutschen Vertretern Franz Joseph Lanzano aus Karlsruhe, Geschäfts- fuhrer und Kassier der Legion, dem Kriegs- kommissar Miller und dem Hartheimer Arzt Wenger. Eine ähnliche lnitiative fuhrte zur Gründung einer deutsch-ungarischen Legion. Durch die Gründung gemischt-nationaler Ein- heiten sollte wohl den Problemen begegnet werden, die durch mangelnde Kenntnisse der Sprache, des Terrains, der militärischen Ge- pflogenheiten sowie des badischen Volkscha- rakters unter den fremdsprachigen Auslän- dern entstehen konnten. Denn trotz aller Be- geisterung fur die gemeinsame Sache wurden die "Fremden" mit einer gehörigen Portion Mißtrauen empfangen. Dies war nicht Aus- druck eines Fremdenhasses als vielmehr Re- sultat der unterschiedlichen Vorstellungen über das politische wie militärische Ziel und die Stoßrichtung der badischen Bewegung. Sicherung des Erreichten fur Baden war das Credo der breiten Mehrheit der badischen Bevölkerung. Für die Freischärler und mit ihnen die republikanische Minderheit zählte die Südwestecke nur insoweit, als von hier aus die Revolutionierung Deutschlands und Europas und damit die Einbindung ihrer Hei- matstaaten in die republikanische Bewegung ausgehen sollte. Scheiterte das Unternehmen, so würde man es zu gegebener Zeit und am anderen Ort erneut versuchen. Hatten die fremden Revolutionäre bei ihrer Ankunft in Baden noch geglaubt, auf eine hochgradige revolutionär gesinnte Bevölkerung zu tref- fen, so wurden diese Erwartungen schnell enttäuscht. Die Vorstellungen, die man vom andern hatte, entsprachen keineswegs der Rea- lität, so wie man sie vorfand. Der Oberbe- fehlshaber Ludwig Mieroslawski, der wie die erwähnten französischen Freiwilligen eben- falls · am 8. Juni in Karlsruhe eingetroffen war, sein Generaladjutant Sigel und Oberst Becker, Kommandierender der Volkswehr, versuchten mit unermüdlichem Einsatz, aus den heterogenen Gruppen - Linienmilitär, Volkswehreinheiten und Freischarentruppen - eine schlagkräftige Einheit zu formen . Diese sollte jedoch unter dem Vormarsch der Preu- ßen schnell wieder zerbrechen. Die Serie der Rückzugsgefechte und Niederlagen in der zweiten Junihälfte 1849 zehrte am Selbstver- ständnis der revolutionären Armee. Beson- ders bitter empfanden die Soldaten, daß die gerechte Sache des Volkes, ihre Sache, dem Ansturm der "Tyrannen" nahezu widerstands- los erlegen war. Die Ursachen dafiir konnten nicht allein in der numerischen und strate- gisch-taktischen Überlegenheit des Feindes liegen. Das Wort vom Verrat machte schnell die Runde, Verantwortliche fur das Desaster wurden gesucht. Die Enttäuschung der Sol- daten über den scheinbar unerklärlichen Ver- lauf des Feldzugs wandelte sich in Wut. ~ Visier der angestauten Aggressionen gerieten die bereits von Brentano abschätzig titulier- ten "hergelaufenen Fremden", insbesondere die Polen, denen allein schon aufgrund der bestehenden Sprachbarrieren mit Mißtrauen begegnet worden war. Bereits Anfang Juni war es in Rheinsheim zu ersten Spannungen zwischen badischer Bevölkerung und der deutsch-polnischen Legion gekommen. DW bei Philippsburg gelegene Gemeinde hatte sich nämlich nachhaltig geweigert, den "Fremden" , die unisono mit dem schmückenden Beiwort "Gesindel" belegt wurden, Quartier und Ver- 93 pflegung zur Verftigung zu stellen. Als die Soldaten sich mit Gewalt das nehmen woll- ten, was ihnen ihrer Meinung nach zustand, war es zu wüsten gegenseitigen Beschimp- fungen und Schlägereien gekommen. Ende Juni rumorte es in fast allen Truppenteilen, in denen polnische Offiziere dienten. Vergessen war der heldenhafte Einsatz des polnischen Oberleutnants Tobian, der beim Gefecht in Käfertal schwer verwundet worden war, ver- gessen auch der BravoursIreich des Haupt- manns Adam Mieroslawski, der unter Ein- satz seines Lebens die Mannheimer Rhein- brücke in die Luft gesprengt hatte und damit die Eroberung der Stadt durch die Preußen um einige Tage verzögerte. Im Gegenteil: Von der Unfahigkeit und Feigheit der fremden Offiziere war nunmehr überall die Rede. Seltsam verkehrte Welt! Hat- ten noch vor wenigen Tagen eine fremde Na- tionalität, die französische oder polnische Sprache allein schon genügt, um deren Inha- ber fur Führungsaufgaben in der revolutionä- ren Armee zu prädestinieren, gerieten diese Attribute nun zum Makel. Um den "ehren- rührigen Verfolgungen" zu entgehen, die frü- her oder später in einem "blutigen Zusam- menstoß" enden würde, bat der polnische Hauptmann Bogdan Dziekonski am 29. Juni 1849 um Versetzung von der deutsch-polni- schen Legion zur Division des Majors Ga- jewski, die ausschließlich aus Polen bestand. Selbst Mieroslawski, der "Abgott des Hee- res", wie ihn der polnische Demokrat Helt- mann noch am 26. Juni charakterisierte, blieb vom Imageverlust der Polen in der öffentli- chen Meinung nicht verschont. In Meckesheim hatte er es Franz Sigel zu verdanken, daß 94 einer Revolte der Obersten Thome und Beckert kein Erfolg beschieden war. Noch ehe er mit seinem Stab verhaftet werden konn- te, hatte sein Generaladjutant die Meuterer entwaffuen können. Grund genug allerdings für Mieroslawski, am 27. Juni in Rastatt eine nunmehr rein polnische Legion zu bilden und sie als seine Leibwache einzusetzen. In an- dem Einheiten artete die Unzufriedenheit mit den polnischen Offizieren, die natürlich von einigen, im Herzen großherzoglreu gebliebe- nen Offizieren nach Kräften gefordert wurde, in regelrechte J agdzenen aus. So wurde Ge- . neral Sznayde in Graben von Soldaten des Leib-Infanterie-Regiments unter roher Ge- waltanwendung aus einem Haus gezerrt und mitten unter das marschierende Regiment ge- schleppt. Dort mußte er sich Beschimpfun- gen und Verhöhnungen ob seines am Vortage bei Ubstadt-Weiher gezeigten "feigen Ver- haltens" gefallen lassen, woran sich sogar die Offiziere des Regiments tatkräftig betei- ligten. "Weg mit dem Mann" oder "Nur vor- wärts mit dem Kerl" waren dabei noch die geringsten Beschimpfungen, die sich General Sznayde von den badischen Offizieren anhö- ren mußte. Die Spannungen innerhalb der Armee spie- gelten die politischen Zielkonflikte in den Reihen der revolutionären Regierung wider. Gerade weil die überwiegende Mehrzahl der Badener nicht revolutionär gesinnt, sondern Anhänger des "Brentanoschen Moderantis- mus" waren, so der Historiker Ludwig Häus- ser, blieb die revolutionäre Bewegung in Ba- den - unter militärischen Gesichtspunkten - in einer Insurrektion stecken. "Im Grunde wußten weder die Bürger noch die Soldaten, für was sie kämpfen sollten", so Ludwig Mieroslawski in einer bitteren Nachbelrach- !ung zum badischen Feldzug des Jahres 1849. Kurt Hochstuhl 150 Jahre badische Revolution Zur Landesausstellung 1998 in Karlsruhe Baden-Württemberg feiert die demokrati- sche Revolution von 1848/49. Vor 150 Jah- ren haben sich die Bürger mit demokrati- schem Engagement in den Dienst des Ge- meinwesens gestellt. Viele der damals for- mulierten politischen Forderungen gingen nach dem Zweiten Weltkrieg in das deutsche Grundgesetz ein. 1m Rahmen des Jubiläums gilt es, den Einsatz der 1848/4ger wieder bewußt zu machen, sich der demokratischen Traditionen zu erinnern und zu einem neuer- lichen gesellschaftlichen Engagement aufzu- rufen. Die baden-württembergische Landes- regierung stellt mehr als fünf Millionen Mark zur Verfügung, um die Feiern zum Gedenken an die Revolution von 1848/49 zu ermögli- chen. Veranstaltungen in Baden-Württemberg Zum Auftakt des Jubiläums feierte im ver- gangenen September die Stadt Offen burg mit dem großen "Freiheitsfest" die 150. Wieder- kehr der Volksversammlung vom 12. Sep- tember 1847. Damals wurden im Offenburg- er Gasthaus " Salmen" die demokratischen Forderungen an die badische Regierung for- muliert. Der Abschluß der baden-württembergi- sehen Jubiläums-Feierlichkeiten wird, der Chronologie der Ereignisse von 1848/49 ent- sprechend, im Sommer 1999 in Rastatt statt- fmden . Bis dahin werden in über 110 Städten und Gemeinden des Landes mehr als 350 Veranstaltungen durchgefuhrt. Das Spektrum reicht von Ausstellungen über Volkshoch- schulkurse und Theateraufführungen bis hin zu Denkmalsetzungen. Hauptveranstalter des Jubiläums sind die baden-württembergischen Kommunen, das Haus der Geschichte Ba- den-Württemberg (regionale Ausstellungen), die Landeszentrale fur politische Bildung (Einrichtung von Wanderwegen entsprechend den Revolutionszügen in Südbaden), das Lan- desmuseum fur Teclutik und Arbeit in Mann- heim (Wanderausstellung in einem histori- schen Dampfzug) sowie das Badische Lan- desmuseum in Karlsruhe (Landesausstellung, Tafel-Wanderausstellung, zwei Ausstellun- gen zeitgenössischer Kunst). Konzeption der Landesausstellung -,.,.,.,.,.,.,., -- • y-=.~"*,,, Das Badische Landesmuseum Karlsruhe veranstaltet die zentrale Ausstellung z:nn Revolutionsjubiläum. Die Landesausstellung ,,1848/49. Revolution der deutschen Demo- kraten in Baden" fmdet vom 27. Februar bis 2. August 1998 im Karlsruher Schloß statt. Auf ungefahr 2 000 Quadratmetern sind über 700 Exponate zu sehen. Die Ausstellung zeigt die Bedingungen, den Verlauf, die deutschen und internationalen Zusammenhänge und die Wirkungsgeschichte der Revolution auf. Die badische Demokratiebewegung wird zudem in ihre historischen und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge der Zeit von der Französi- schen Revolution bis zur Reichsgründung 1871 eingebettet. Die Landesausstellung wird allen heutigen Anforderungen an eine große Ausstellung ge- recht: Eine von figurativen Installationen ge- prägte Ausstellungsarchitektur geleitet die Besucher durch die Abteilungen. Das mu- seumspädagogische Team steht für Führun- gen bereit und bietet didaktische Aktionen an, u. a. den Dialog von Schauspielern mit den Ausstellungsbesuchern. Eine Multivi- sionsschau fuhrt in die Ausstellung ein. Der im Landesmuseum und im Buchhandel er- 95 hältliche Katalog (Nomos-Verlag, Baden- Baden) ist als Ausstellungsbegleitbuch kon- zipiert, in dem fast alle Exponate farbig ab- gebildet sind, und k"Ufze Aufsätze sollen die Ideen der Ausstellung vertiefen. Ergänzt wird die Ausstellung von einem Begleitprogramm mit Konzerten, Vorträgen und vielem mehr. Seit drei Jahren laufen im Badischen Lan- desmuseum die Vorbereitungen zur Ausstel- lung, die von einer schließlich sechsköpfigen Projektgruppe durchgefUhrt wird. Ihr stand bei den konzeptionellen Arbeiten ein Wis- senschaftlicher Beirat zur Seite. Die vielen Fachabteilungen, Werkstätten und Ateliers des Museums sind in die Vorbereitungen einbe- zogen. Hinsichtlich der Exponate galt es zu- nächst, die verstreuten und zum Teil uner- kannten Dokumente, Erinnerungsstücke und Kunstwerke zur Revolution von 1848/49 zu- sammenzustellen. Schließlich konnten etwa einhundert private und öffentliche Sammlun- gen des In- und Auslandes als Leihgeber ge- wonnen werden. Viele Exponate wurden in einem schlechten konservatorischen Zustand aufgefunden und eigens fiir die Ausstellung restauriert. So trägt die Landesausstellung auch dazu bei, die Erinnerungsstücke an die Revolution von 1848/49 fUr die Zukunft zu sichern. Die Revolution von 1848/49 ist neben den historischen Sachdokumenten vor allem in den drucktechnischen Medien der Zeit doku- mentiert: In zahllosen Flugblättern wurden Informationen über den jeweils aktuellen Stand der Entwicklung in Umlauf gebracht. Zeitungsillustrationen und Einblattdrucke sorgten dafür, daß - häufig mit nur zwei- Im Zuge der Vorbereilung,m fiJr die Landesausstellung werden im badischen Landesmuse- um viele Exponate restauriert, so auch diese große schwarz-rot-goldene Wahlurne aus Leutkirch, die 1848 bei der Wahl zur Nationalversammlung benutzt wurde. 96 wöchiger Verzögerung - Bilder der Ereig- nisse verbreitet wurden. Bilderbögen aus Nürnberg, Neuruppin oder dem elsässischen Weißenburg entwickelten sich, in hohen Auf- lagen gedruckt, zu wichtigen publizistischen Organen. Die Malerei widmete sich in wenigen, aber bemerkenswerten Werken der Revolution von 1848/49. Johann Baptist Kim, ' war auf grund seiner Stellung als badischer Hofinaler der antirevolutionären Seite verpflichtet. So mal- te er ein Bild, das zeigt, wie militärisch ge- schlagene badische Freischärler der Aus- sichtslosigkeit ihres Tuns gewahr werden. Aber andererseits stammt von Kirner auch ein Gemälde, in dem 1849 fast portraithaft drei Badener aus der städtischen und ländli- chen Bevölkerung dargestellt werden, die sich im Kampf um die Freiheit als Freischärler zusammengefunden haben. So symbolisiert der Maler die breite Verwurzelung der Revo- lution in Baden. Nach der Niederschlagung der Revolution malte Kirner noch ein kleines, als lediglich private Arbeit zu wertendes Öl- bild, in dem er die standrechtliche Erschie- ßung eines Schwarzwälder Bauern vor der Festung Rastatt zeigt. Das Gemälde bringt die Betroffenheit des Künstlers über die Er- barmungslosigkeit der preußischen Standge- richte zum Ausdruck. Die preußischen Sieger ließen ihren Tri- umph über die badische Revolution auf re- präsentativen Gemälden festhalten. Dafiir en- gagierten sie auch badische Künstler, z. B. Louis HofImeister und den in Lörrach gebo- renen Friedrich Kaiser, dessen Entwicklung besonders bemerkenswert ist. Seit dem Früh- jahr 1848 dokumentierte Kaiser die revolu- tionären Ereignisse in zahlreichen Ölbildern, Aquarellen, Lithographien und Vorlagen fiir Holzschnitt-Illustrationen der Leipziger ,,!Uu- strirten Zeitung" . Dabei nahm er beide Blick- winkel ein - den der Aufständischen und den der anti revolutionären Seite. So zeigt Kaiser die Vereinigung der badischen und pfalzi- schen Truppen im Mai 1849 in Karlsruhe und portraitierte dabei die Protagonisten der Revolution Lorenz Brentano, Amand Goegg, Georg Böhning, Germain Mettemich, Mat- hilde Franziska Anneke, Elise Blenker etc. Doch dann wurde Kaiser von Prinz Wilhelm von Preußen eingeladen, als Berichterstatter in seinem Lager vor Rastatt tätig zu werden. Kaiser nahm dieses Angebot an. In der Fol- gezeit arbeitete er nur noch aus der Sicht der Preußen und machte sich sogar ihrer hämi- schen antibadischen Bildpropaganda dienlich. Nach dem Ende der Revolution ging Kaiser mit nach Berlin, malte dort fiir das Königs- haus noch einige Bilder der Ereignisse von 1849 und wandte sich dann allgemein der Schlachtenmalerei zu, ohne jedoch jemals wieder die hohe künstlerische Qualität seiner frühen badischen Jahre zu erreichen. w •• "u.~,~~~~Sc~~~:rz-Ro!:pold" __ ". In der Landesausstellung wird anband zahl- reicher Objekte auf die Farben der Revoluti- on aufinerksam gemacht: Die aus der Traditi- on der Freiheitskriege stammende deutsche "Trikolore" Schwarz-Rot-Gold war das Sym- bol der Einigungsbewegungen des Vormärz und der Revolution von 1848/49. Im Zug zum Hambacher Schloß wurden 1832 schwarz- rot-goldene Fahnen mitgeführt. 1848/49 tauchten die Farben sehr vielfaltig auf. Die Landesausstellung zeigt beispielsweise eine große Wahlurne, die im württembergischen Leutkirch bei der Wahl des Abgeordneten zur Nationalversammlung benutzt wurde. Von einer Dame, die in der Frankfurter Paulskir- ehe die Debatten der Abgeordneten verfolg- te, ist ein schwarz-rot-goldener, gehäkelter Pompadour erhalten, mit dem sie ihre Sym- pathie fiir das Parlament zum Ausdruck brach- te. Frauen nähten und bestickten die Fahnen vieler demokratisch gesinnter Vereine, Bür- 97 gerwehren und Freischarenbataillone in den Farben schwarz-rot-gold. Die Kokarden an den "Heckerhüten" Wld die Schärpen der Mit- glieder der provisorischen Regierung in Ba- den waren schwarz-rot-gold. Die Farben fm- den sich auf Tabakspfeifen Wld Weinkrügen. Und selbst ein Schwarzwälder Aussteuer- schrank wurde 1848 Schwarz-Rot-Gold be- malt, was das Möbel zu einem privaten Be- kenntnis seiner Besitzerin rur die Ideen der Revolution machte. Den hiermit angedeute- ten breiten Einfluß der Revolution auf die GestallWlg von Gegenständen des alltägli- chen Gebrauchs wird die AusstellWlg aus- ruhrlieh zeigen, ebenso die Gegenstände, mit denen die Protagonisten der Revolution ver- ehrt wurden. In Baden war dies insbesondere die Kultfigur Friedrich Hecker. Sein Portrait fmdet sich auf Tabakpfeifen, Schmuckkäst- chen, am Knauf eines Spazierstocks, auf An- stecknadeln, einer Ofenkachel etc. Das Ende der Revolution Der Krieg der badischen Revolutionäre ge- gen die Preußen wird in zahlreichen Druck- graphiken dokumentiert. Die Landesaus- stellung zeigt die AusstellWlgsstücke der kämpfenden Parteien: Bürgerwehrbluse, "Heckerhut" und umgeschmiedete Sense auf der einen - preußische Pickelhaube, Kanone Wld neuartiges Zündnadelgewehr auf der an- deren Seite. Der Niederschlagung der Revolution in Baden folgte die Zeit der preußischen Besat- zung und der Repression. Die revolutionären Symbole wurden verboten, das Andenken an die demokratische BewegWlg WlterbWlden. So wurden die Gräber gefallener oder hinge- richteter Revolutionäre eingeebnet, während die Preußen in ganz Baden Grabmäler rur ihre Gefallenen und Denkmäler zur Feier ih- res Triumphs aufstellten. Das zentrale, vom König Friedrich Wil- helm IV. in Auftrag gegebene preußische Denkmal wurde ausgerechnet am dritten Jah- restag der Kapitulation der FeslWlg Rastatt- und das als deutliches Siegeszeichen - auf dem Karlsruher Friedhof an der Kapellen- straße eingeweiht. Es ist dort noch heute frag- mentarisch erhalten. Das erste Denkmal rur die standrechtlich erschossenen Demokraten konnte dagegen erst nach 25 Jahren, 1874, in Mannheim errichtet werden. Das rur lange Jahre schwierige Andenken an die Revoluti- on von 1848/49 wird also in einem Epilog der Landesausstellung aufgezeigt. Jutta Dresch Die Petition des Vaterländischen Vereins Karlsruhe an die Deutsche Nationalversammlung vom 4. Juli 1848 Am ,18 . Mai 1848 trat die Deutsche Nationalversamm1Wlg als erstes freigewähltes deutsches Parlament in der Frankfurter Paulskirche zusammen. Geschaffen durch den "stürmende(n) Geist der Zeit", so der Wortlaut der Karlsruher Petition, war sie fiir viele Menschen "Deutsehlands große HoffuWlg". Auch in den Augen des Karlsruher Vaterländi- 98 sehen Vereins, galt sie als "das Organ ... , auf welches wir mit Vertrauen hinblicken." HoffuWlgen, Erwartungen, aber auch Beftirch· IWlgen drückten sich in der wahren Flut von Petitionen aus, die sich über die Paulskirche ergaß. Auch die Karlsruher griffen wiederholt zu diesem Mittel. War bisher die Zweite Kammer der Badischen Landstände die Adressatin der Karlsruher Petitionen, so bot sich nWlßlehr die Nationalversammlung als zusätzlicher Ansprechpartner an. Die hier vorzustellende Petition des Karlsruher Vaterländischen Vereins vom 4. Juli 1848 trägt die Nummer 1500 im Register der Nationalversammlung; sie wurde in deren 54. Sitzung vom 5. August 1848 vorgelegt und an den volkswirtschaftlichen Ausschuß verwiesen. Diesem Gremium, dem Karl Mathy angehörte, wurde sie am 9. August präsentiert und schließlich von da am 19. August dem Reichsministerium des Handels weitergeleitet [Bundesarchiv FrankfurtlM. Sammelpetition 1500 aus DB 58/83). Verfassungs ausschuß und Volkswirtschaft- licher Ausschuß der Paulskirche waren zu diesem Zeitpunkt längst in die Diskussion des Katalogs der "Grundrechte der Deutschen" eingetreten und hatten damit zugleich Prinzipien der künftigen deutschen Wirt- schaftsordnung berührt. Als Stichworte seien hier nur genannt Freizügigkeit, Gewerbefrei- heit, Recht auf freien Erwerb von Grundbe- sitz, ein mögliches Recht auf Arbeit. In diese Diskussion griff der Karlsruher Vaterländi- sche Verein mit seiner Petition ein. Einleitend zeichnen die Autoren ein düsteres Bild der Wirtschafts lage. Der Zollverein, "Anker früherer Hoffnungen", habe die in ihn einst gesetzten Hoffuungen nicht erfullt; so seien am "rücksichtslosen Widerstreben einzelner Glieder des Vereins" alle Anträge zur "Entwicklung der Fabrik- industrie" gescheitert. Als kennzeiclmend ftir die Lage des "engeren Vaterlandes" werden ausgemacht: eine stärker anwachsende Aus- wanderung, ein zerstückeltes und mit Schul- den überladenes Grundeigentum, ein über- setztes Handwerk, ein vernachlässigtes Fabrik- wesen, der Mangel an Schutz und Schirm gegen das alte Kapital und die geübte Kraft des Auslandes. AIs nun die "Stimme nach Einigung der Deutschen" sich erhoben habe, "als die Kraft der öffentlichen Meinung an dem Bestehenden rüttelte und, was nicht fest war, stürzte", sei zugleich "in solchem Drängen auch die wirthschaftliche Grundlage unseres Vaterlandes tief erschüttert worden." Das "künstliche System des Credits" sei fast vernichtet, das Vertrauen gewichen, die Produktion geschehe nur noch mit geringer Hoffuung auf den Absatz der Erzeugnisse, der Kaufmann sehe "die bekannten Wege seines Absatzes verödet "Die Situation des "von der Bestellung des Tages" abhängigen Handwer- kers, "der arbeiten will und nichts zu arbeiten" habe, sei "wahrhaft beunruhigend" . In solcher Lage befanden sich viele Geschäfte, insbeson- dere aber "alle, die nicht Gegenstände des gemeinen Lebensunterhaltes" lieferten. "Die- ser Zustand der Dinge muß ein Ende, muß bald sein Ende erreichen, wenn nicht die Noth, der Hunger, die Schranke jeder Ordnung brechen und namenlose Verwirrung unserer Hoflhung auf ein größeres Vaterland mit den schönsten Rechten seiner Bürger vernichten soll." An die Reichsversammlung richteten deshalb 'die Petenten die Aufforderung, "bald, recht bald" das zu veranlassen, was der Bürger "ftir die wirthschaftliche Wohlfahrt" von ihr erwarten dürfe. Man könne nicht warten, bis die "Garantien gesetzlicher Ordnung und Freiheit für das Gesammtvaterland" errungen seien. Das Programm, das der Karlsruher Vater- ländische Verein zur Behebung der Not vorschlug, zeichnet sich durch seinen konse- quent ,virtschaftsliberalen Grundtenor aus. Gefordert werden: Gewerbefreiheit, Freizü- gigkeit ftir Personen und Kapital, Abschaffung der Zunftschranken, Beseitigung von Binnen- zöllen und Transitgebühren bei gleichzeitigem Schutz des deutschen Wirtschaftsgebietes vor ausländischer Konkurrenz. Der Staat wird im wirtschaftlichen wie im sozialen Bereich auf 99 die Rolle des Nachtwächters reduziert. Den Handwerkern werden genossenschaftliche Einrichtungen rur Ein- und Verkauf empfoh- len. Die Arbeiter sollten sich ebenfalls zur gegenseitigen Selbsthilfe in Notfallen verbin- den, dies auch unter Hilfestellung durch Meister und Fabrikanten. Daß der Staat auf diesem Gebiet nichts Positives bewirken könne, wird mit dem Beispiel des gescheiter- ten französischen Konzepts der National- werkstätten belegt. Der Staat sei lediglich in Verantwortung zu nehmen, um die Auswan- derung der Arbeitskräfte zu sichern, die in der Landwirtschaft, im Handwerk oder in der Fabrik keine Zukunft fanden . Hier das Programm im Wortlaut: " Der Gewerbsmann bedarf Schutz gegen fremde Uebermacht, frei will sich der Handelsmann in ganz Deutschland bewegen, seine Fuhren belaste kein Transit und seine Schiffe kein Wasserzoll, der Landwirth wünscht die Schranken fallen zu sehen, die seinen Absatz nach deutschen Ländern · noch verkümmern, der Handwerker will das Lästige des Zunftzwangs ablegen und doch scheut er die ungebändigte Concurrenz; er harrt der neuen Bahn, die ihm vorgezeichnet werde; er ahnt das Richtige in der Vereinigung fiir Ein- und Verkauf, in freier Gemeinschaftlichkeit fUr wirthschaftliche Zwecke; er erwartet Regel und Ermunterung zu solchen Schritten; der Arbeiter verlangt, daß er nicht verlassen stehe, wenn Kraft und Gesundheit ihm fehlen, daß er nicht darbe, wenn der F abrikherr es seinem Interesse gemäs fmdet, die Arbeit einzustellen. - Er sieht, daß der Staat es übernimmt, seiner Bürger Obdach zu sichern, wenn Flammen es verzehrt haben, er sieht sich vergeblich nach der Anstalt mn, welche die Flammen der Verzweiflung dämpfe, welche ihn verzehrt, wenn die Arbeit fehlt das 100 Bedürfniß bleibt. - Er hom, daß die Ge- sammtheit seine Arbeit versichere. Leider ist nach den Erfahrungen eines Nachbarstaates zu bezweifeln, daß Bestre- bungen der Gesammtheit in dieser Richtung von Erfolg sind, daß von dem Staate mehr geschehen könne, als durch Verbindungen der Arbeiter unter sich und mit Beihilfe der Meister und Fabrikherrn zu erreichen ist. - Es erwartet aber der Landmann, dem es an eigenem Boden fehlt, der Handwerksgehilfe, der in seinem Gewerbe nicht unterkommen kann, der Fabrikarbeiter, der gedruckt ist, daß der Staat es fiir seine Pflicht erachte, Mittel und Wege zu verschaffen, das Vaterland zu verlassen, wem es gegen die Gesetze des Verkehrs und menschlicher Natur verstößt in der Heimath Arbeit zu sichern. - Fassen wir diese Wünsche zusammen, so lauten sie auf: I)Vereinigung von ganz Deutschland zu gleichem, wirksamen Schutz der Gewerbe gegen Außen mit freiem Verkehr im Innern; 2) eine gemeinsame Vollzugsbehörde zur Erreichung dieser Zwecke; 3) gemeinsame deutsche Gewerbsgesetzgebung; 4) Unter- stützung und Schutz der Auswanderung." Mit der nochmaligen Mahnung, rasch, einträchtig und entschieden zu handeln, lUD den Hoffnungen des Gewerbestandes Genüge zu leisten, schließt die Petition. Sie trägt die Unterschriflen folgender Vorstandsmitglie- der des Vaterländischen Vereins: Hermann Zimmer, Postrat; Johann Georg Vogel, Buch- druckereibesitzer; Rudolf Kusel, Advokat; von Boeckh, Major; Emil Groos, Rechts- praktikant; Georg Holtzmann, Buchhändler, Jakob Stüber, Kaufmann, Karl Männing, Handels- und Kunstgärtner, Gemeinderat; Wilhelm Müller, Verlagsbuchhändler; Lud- wig Kachel, Münzrat; Jakob Malseh, Druk- kereibesitzer und ab dem 4. Juli 1848, dem Datmn der Petition, Karlsruher Oberbürger- meister; Leo von Stelten, Rechtskandidat. Werbung für die Petition , ..... v..<o.-N~.'N ... v ... =~ _ _ ..... . ·.· . ..--__ ,.".·,,·.w ... w ww.v. ...... ·.wN .. WN.w. Ein besonderes Gewicht versuchte der Vaterländische Verein zu Karlsruhe seiner Petition dadurch zu verschaffen, daß er sie in gleichlautenden Abschriften verbreiten ließ und um Beitritt bat. Es war dies ein übliches Verfahren. Tatsächlich trate.. nahezu 30 weitere Vereine, Institutionen lL,d Unterneh- mer der Petition bei, und zwar in einer geographischen Streuung "vom See bis an des Maines Strand", um ein badisches Motto zu zitieren. Aus Karlsruhe selbst waren dies: die Handelskammer, der Gewerbeverein, der "Maschinenfabrikant" Emil Keßler, die Chemische Fabrik, die Direktion des Badi- schen Bergwerk-vereins, die Direktion der Badischen Gesellschaftftir Zuckerfabrikation und die CentraisteIle des Landwirtschaftli- chen Vereins. Weiter traten in den Tagen bis zum 25 . Juli bei : die Handelskammer zu Wertheim, der Freiherr Larnbert von Babo zu Weinheirn als Vorstand der landwirtschaftlichen Kreisstelle zu Heidelberg, die Handelskammer zu Mann- heim, der Badische Industrieverein zu Ett- lingen, die Gesellschaft für Spinnerei und Weberei Ettlingen, das Fabrikcomite und der Handelsvorstand zu Pforzheim, der Vaterlän- dische Verein zu Rastatt, die Handelskammer zu Rastatt, der Verein für politische und sociale Zwecke zu Baden (-Baden), der Gewerbs-verein zu Kehl, der Vorstand des Handelsstandes zu Offenburg, der Gewerbe- verein zu Lahr, der Gewerbeverein zu Freiburg, der Uhrengewerbeverein zu Furt- wangen auf dem Schwarzwald, der Vaterlän- dische Verein zu Sulzburg und Umgebung, der Vaterländische Verein zu Kandern mit den Orten Riedlingen, Liel, Feuerbach, Tannenkireh, Weil und Binzen, der Vaterlän- dische Verein zu Tien-gen, der Vorstand der landwirtschaftlichen Kreisstelle zu Konstanz und die Handelskammer zu Konstanz. Maschinenfabrikant Emil Keßler, 1813-1867. Die Beitrittserklärung des Rastatter Vater- ländischen Vereins liefert ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Übernahme der Karls- ruher Petition geschehen konnte. Es heißt hier: "Rastatl, den "15. Juli 1848. Bei der heutigen Generalversammlung der Mitglieder des vaterländischen Vereins wurde die Adres- se des Karlsruher vaterländischen Vereins vom 4. d. M. , welche hier angeschlossen ist, öffentlich verlesen und 'einstimmig' be- schlossen, derselben ihrem ganzen Inhalte nach beizutreten. [ .. . 1 Das Protokoll nebst Anlage wird dem vaterländischen Verein in Karlsruhe in Bezug auf die gef. Zuschrift vom 9. d. M. mitgetheilt." Der Aktivität des Karlsruher Vaterländi- schen Vereins in dieser Sache verdanken wir damit nicht nur einen Einblick in die von ihm selbst vertretenen Ziele, sondern darüber hinaus Erkenntnisse über den Organisations- grad politischer und wirtschaftlicher interes- sen in Baden im Sommer des Jahres 1848. Bei 101 einem genaueren Zusehen zeigt sich aller- dings auch, daß nicht jeder der beitretenden Vereine in allen Fragen aufder konstitutionel- len Linie des Karlsruher Vaterländischen Vereins lag. Der Vaterländische Verein zu Tiengen beispielsweise wurde nur wenige Tage nach seinem Beitritt zur Karlsruher Petition wegen seiner demokratischen Ten- denz von den Behörden aufgelöst. Festzuhal- ten bleibt ferner, daß die Behauptung der Petition, der Handwerker wolle "das Lästige des Zunftzwangs ablegen" , mit einiger Vor- sicht aufzunehmen ist. So unterzeichneten 7 Karlsruher Schneider eine Petition des Zentralkomitees deutscher Schneiderinnun- gen vom September 1848 an die Pauls- kirchenversammlung. [Die folgenden Zitate aus: R. Moldenhauer: Die Protokolle des Volkswirtschaftlichen Ausschusses der deut- schen Nationalversammlung, Boppard o.J.] Diese Petition richtete sich gegen die Einfuhrung der Gewcrbefreiheit, die gerade- zu als "Hauptursache des Verfalls des sonst so blühenden Standes" der "Kleidermacher" denunziert wird. Das auf die Französische Revolution von 1789 iurÜckzuflihrende Prin- zip der Gewerbefreiheit habe das Kleider- macherhandwerk "seiner gänzlichen Zerrüt- tung" entgegengefuhrt. Die Gewerbefreiheit dürfe deshalb in Deutschland unter keiner Bedingung eingefuhrt werden; da, wo sie bereits bestehe, sei sie wieder abzuschaffen. Im Dezember 1848 meldete sich der Vaterländische Verein Karlsruhe erneut mit einer Petition zu Wort. Diese Petition vom 20. Dezember 1848 wurde der Nationalver- sammlung durch den Abgeordneten Karl Mathy übergeben. Die "Dringende Erklärung des Vaterländischen Vereins zu Karlsruhe gegen den von Abgeordneten norddeutscher Handels- und vereinsländischer Meßplätze der Reichsversammlung vorgelegten Entwurf zu einem Zolltarif fur das vereinte Deutsch- land" präzisierte die zollpolitische Forderung 102 der Petition vom 4. Juli 1848. Aus Karlsruher bzw. badischer Sicht waren niedrige Einfuhr- zollsätze, wie sie von den Küstenstädten und Messeplätzen favorisiert wurden, überaus schädlich. Die Absenkung der Einfuhrzölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse wurde abgelehnt, da sie, so das bezeichnende Argument, die "Wein- und Tabakskultur im eigenen Vaterlande schwer zu verletzen" drohe. Eine Beibehaltung auch der Eisen- zollsätze sei nötig, um " dem Vaterlande seine uralte, weithin Arbeit und Nahrung gebende Eisenindustrie" zu erhalten. Hierbei mochte den Karlsruhern die Keßlersche Maschinen- fabrik vor Augen gestanden haben; zwar war diese keineswegs "uralt", aber sie gab einer Reihe von Menschen in und um Karlsruhe "Nahrung und Brot". Die Senkung der Einfuhrzölle auf Baumwollgarne würde eine "Vermehrung deutscher Spinnereien" gänz- lich vereiteln; hier tritt das Interesse an der Spinnerei und Weberei Ettlingen deutlich zu Tage, und folgerichtig wird auch der Schutz der inländischen Baumwollweberei vor der Baumwollindustrie Großbritanniens einge- fordert. Nicht fehlen darf im badischen Zusammenhang die Rübenzuckererzeugung als ein Industriezweig, "in welchem im Vertrauen auf den Schutz des Gesetzes große Kapitalien angelegt sind", er war in Baden durch die Zuckerfabrik Waghäusel vertreten. Somit [mdet sich in dieser Petition letztlich die "Drei-Fabriken-Frage" wieder angespro- chen. Hatte Karl Mathy sich etwa ein Jahr zuvor in der Zweiten Kammer der Landstände fUr die Unterstützung dieser Betriebe stark gemacht, so war es nur folgerichtig, daß er es war, der nun diese Petition der Paulskirchen- versammlung vorlegte. Im Übrigen bekräftigt die Petitionstätigkeit des Vaterländischen Vereins den ökonomischen Schwerpunkt der Vereinsziele, worauf neuerdings in dieser Reihe Jürgen Schuhladen-Krämer zu Recht aufmerksam gemacht hat. Rainer Gutjahr Ankäufe aus dem Besitz des Markgrafen von Baden I. Die markgräfliche Bibliothek aus dem Neuen Schloß in Baden-Baden Die Versteigenmg von KulturgU/ern im Neuen Schloß von Baden-Baden während des vergangenen Herbstes hat in breiten Kreisen ein großes Interesse gefunden. Lei/er Karlsruher Institutionen sind dankenswerterweise fiJr "Blick in die Geschichte" gewonnen worden, in dieser und der am 15. März 1996 erscheinenden Ausgabe aber Erwerbungen zu berichten, die nicht nur von der Landesregierung, sondern auch durch zahlreiche Sponsoren und einzelne Spender finanziert wurden. Die Existenz einer größeren Bibliothek war der Badischen Landesbibliothek (BLB) bis zum April 1995 nicht bekannt. Die Direktion konnte davon ausgehen, daß sie in der fur den Oktober geplanten Auktion des Hauses Sotheby's nicht fundig werden würde. Dies änderte sich schlagartig, als Anfang Mai die Oberfinanzdirektion Karlsruhe eine Liste der zu versteigernden Objekte erhielt. Hier fand sich eine geschlossene Bibliothek verzeichnet und eine Sammlung von Photoalben, die vor allem fur das Generallandesarchiv Karlsruhe von hohem Interesse war. Es war zu befurchten, daß diese Bibliothek durch die Versteigerung auseinandergerissen und auf eine Vielzahl von Besitzern verteilt würde. Da die Badische Landesbibliothek 1918 aus der Großherzoglichen Hofbibliothek her- vorgegangen ist, war es fur alle an den Kaufverhandlungen beteiligten Personen von vornherein klar, daß auch die Privatbibliothek der badischen Großherzöge vernünftigerwei- se ungeteilt in die BLB überfuhrt werden sollte, un} deren Altbestände zu ergänzen. Dies erleichterte das weitere Vorgehen erheblich, obwohl die Voraussetzungen fur einen Ankauf durch das Land Baden- Württemberg in Anbetracht der äußerst knappen Haushaltsmittel alles andere als günstig waren. Im Mai 1995 fand eine erste Besichtigung der Schloßbibliothek in Baden-Baden statt. Die Bücher waren zu diesem Zeitpunkt in Regalen oder in Stapeln auf dem Boden in einem Saal sowie in mehreren Räumen des ehemaligen, stark renovierungsbedürftigen Küchentraktes untergebracht und zum großen Teil grob sachlich geordnet..Im Saal standen die vom Auliionshaus Sotheby' s für besonders wertvoll erachteten Bände. Keiner der leicht feuchten Räume war heizbar, im Küchentrakt fehlte in einigen Zimmern elektrisches Licht. Aufgrund der völlig inadäquaten Unter- bringung hatten einige Einbände Schimmel angesetzt. Besonders die Bücher, die auf dem Boden lagen, waren stark verschmutzt. Die Erwerbungen ...... ·~,...~,...~"·,,, ... ,, .. ,.. ............... w ...... N..'.w ... ••• ....... ·.w.w.·.,·.w.,' .·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.·.·.·, ........... Als erfreulich erwies sich dagegen der Inhalt mit etwa 40 000 Titeln. Von einigen offensichtlich erst im 19. Jahrhundert er- worbenen Altdrucken (Johannes Reuchlin, Philipp Melanchthon, Matthäus Merian, Johann Daniel Schöpflin, Martin Gerbert) abgesehen, liegt der Schwerpunkt der Bibliothek im 19. Jahrhundert. Es dominiert die in Baden oder über Baden erschienene Literatur auch außerhalb der in den Sothe- by's-Listen genannten Bereichen, so im Falle von Eisenbahnbau (u. a. Die Badische Eisen- bahn. Sammlung von Constructionen der 103 Johann Peter Hebel: Allemannische Gedichte. Karlsrnhe 1803 (Handexemplar des Dichters). hauptsächlichsten Bauwerke, Maschinen und Fahrzeuge, Abt. 1-2, Karlsruhe 1844/45- 1852), Gesundheitswesen, Militärgeschichte, Kunst- und Universitätsgeschichte. Eine be- sonders wertvolle Abteilung ist die der Reise- und Entdeckungsliteratur in oft prachtvoller und reichillustrierter Ausstattung (u. a. Maxi- milian Prinz zu Wied und Neuwied: Reise in das innere Nord-America in den Jahren 1832 bis 1834, Koblenz 1839-1841; Erik Jönsson Dahlberg: Suecia hodierna et moderna, Stockholm 1691-1715). Weitere Gruppen, beispielsweise große Konvolute zur Ge- schichte des Roten Kreuzes sowie zum Für- sorge- und Gesundheitswesen, lassen sich auf einzelne Persönlichkeiten des Hauses zu- 104 rückftihren, in diesem Fall auf Großherzogin Luise (1838-1923). Schließlich findet sich hier eine größere Musiksammlung mit ge- druckten und handschriftlichen Partituren. Zu den fur Karlsruhe besonders wertvollen Einzelstücken gehören ein Exemplar der Erstausgabe von Johann Peter Hebels Alemannischen Gedichten (Karlsruhe 1803) mit zahlreichen Einträgen von der Hand des Dichters sowie eine in Anlehnung an mit- telalterliche Handschriften illustrierte Aus- gabe des gleichen Werkes (Karlsruhe 1856), die zusätzlich auf eingebundenen Blättern mit ganzseitigen Aquarellen von verschiedenen Künstlern (z. B. von Friedrich Würthle) versehen wurde. Den Band erhielten Groß- herzog Friedrich I. (1826-1907) und Groß- herzogin Luise anIäßlich ihrer Hochzeit 1856 von den Amtsbezirken Müllheim und Schopfheim als Geschenk. Sonst ist der Bereich der schönen Literatur, mit Ausnahme einer großen Sammlung französischer Werke, nicht sehr groß, ebenso der der wissen- schaftlichen Literatur im engeren Sinn. Die Ausstattung ';;':';''''' ''''';':';'''>'':« :.:.,:-:.".: ,,:-:~. :.: <. :.:., :,;. :-:,,;,:., :<,,:-:.;,:-:.,,:.;.:-:. ,: .:.,: ." :.:. ,, . •.......•• ".,,,.,.:-:.,.:< ........ . Als besonders schätzenswert stellt sich die Ausstattung vieler Bände dar, die nicht selten durch private, rote Maroquineinbände ge- schützt werden. Ihnen zur Seite stehen aufwendige Verlagseinbände des 19. Jahr- hunderts sowie Unikate in Sonderausstattung, im Regelfall Dedikationsexemplare, weiter Bände mit handschriftlicher Widmung, beispielsweise von Hans Thoma. Es handelt sich bei der Büchersammlung alles in allem unI eine typische Fürstenbibliothek des 19. Jahrhunderts, deren Ensemblewert weit über dem Preis der Einzelstücke liegt. Ihre Bedeutung fur die BLB ist zum einen im spezifisch badischen Bezug zu sehen, zum anderen im Reichtum der Literatur des 19. Jahrhunderts allgemein. Gerade fur diesen Originalaquarell von Friedrich WUrthle aus: Hebel, Allemannische Gedichte, 1856. Zeitraum welsen die Bestände der BLB aufgrund der Zerstörung des Hauses 1942 große Lücken auf. Die Finanzierung Auf der Basis eines von Dr. Stamm (BLB) nach einer Inspektion erstellten Gutachtens wurde der Ankauf der Sammlung beim Ministerium beantragt; der Preis sollte zu diesem Zeitpunkt 3 bis 3,5 Millionen Mark betragen. Bereits Ende Mai signalisierte die Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg ihre prinzipielle Bereitschaft zur Mitfinanzierung des Kaufs. Das Ministerium mahnte allerdings Eigenleistungen an. Am l. Juni 1995 fanden erste Verkaufsverhandlungen zwischen den Landesbevollmächtigten Dr. Ehrle und Prof. Dr. Schwarzmaier sowie Dr. Christoph Graf Douglas statt. Einen Tag später konnte man Aus: Musterbltiller jUr die Uhrenschildmaler, gezeichnetvon LucianReich, litographiertvon Joh. Nep. Heinemann, HUjingen, um 1850. sich auf eine Verkaufssumme von 2,5 Millionen Mark einigen. Sowohl Sotheby' s als auch BLB und GLA waren an einer schnellen Übernahme interessiert, da die Räume zum einen fiir die Auktion gebraucht wurden, zum anderen die Bibliothek immer noch relativ ungeschützt, konservatorisch bedenklich und fiir verschiedene Personen zugänglich untergebracht war. Etwa zeitgleich wurde auf Veranlassung des Ministeriums der Freiburger Historiker Prof. Dr. Dieter Mertens um ein Gutachten gebeten. Seine Stellungnahme bestätigte das Urteil, das sich die BLB gebildet hatte. Mertens betonte den hohen Quellenwert der Sammlung für die badische Geschichte des 19. Jahrhunderts, da in erheblichem Umfang Werke enthalten seien, die die wirtschaftliche, technische, soziale und kulturelle Entwicklung 105 des Landes widerspiegeln. Ebenfalls hohen Quellenwert habe die Reise- und Ent- deckungsliteratur. Vor allem aufgnmd des Ensemblewerts sei der Ankauf durch das Land und die Aufstellung in der BLB sehr zu begrüßen. Ebenfalls im Juni setzten verschiedene Aktivitäten ein, deren Ziel es war, einen Teil des Kaufpreises durch Spenden zu fmanzieren. Die Badische Bibliotheksgesellschaft (BG) stellte DM 50 000,- zur Verfügung, und die Wilhelm-Baur-Stiftung stimmte zu, daß eine frühere Spende in Höhe von DM 75 000,- an die BG zur Finanzierung des Ankaufs der Schloßbibliothek verwendet werden konnte. Ein AUfruf des Vorstandes der BG an die Mitglieder, durch eine Spende den Transport der Schloßbibliothek in die BLB zu fmanzieren, erbrachte mehr als hundert Einzelspenden im Gesamtwert von etwa DM 16000,-. Die Buchhandlung Mende stiftete fur den gleichen Zweck weitere DM 14000,-. Parallel dazuhalten sich die an Käufen aus dem Versteigerungsgut inter- essierten Landesinstitutionen mit der Bitte um Spenden an die Öffentlichkeit gewandt . Jede beteiligte Institution fUhrte ein eigenes Spendenkonto; die BLB erhielt auf diese Weise DM 10000,- vom Kernkraftwerk Philippsburg, DM 10 000,- von der Stiftung Hirsch (Hirsch-Reisen Karlsruhe) und DM 3 000,- aus Einzelspenden. Insgesamt wurden immerhin über 200 000,- DM an Spenden fur den Ankauf und den Transport der Schloßbibliothek erbracht, ein sehr beachtliches Ergebnis, wenn man berück- sichtigt, daß auch fur den Ankauf von Kunstgegenständen flir das Badische Landes- museum und andere Institutionen zahlreiche Spenden eingeworben wurden. Den weit .. ~~{ . ~:~;:~ Die badische Eisenbahn. Sammlung von Conslrnclionen der hauplstichlichslen Bauwerke, Maschinen und Fahrzeuge, AbI. 1, Karlsrnhe 1844, nlelblaU. 106 überwiegenden Teil des Kaufpreises (ca. 2,3 Millionen Mark) mußte jedoch die beim Ministerium flir Wissenschaft und For- schung (MWF) angesiedelte Stiftung "Kul- turgut Baden-Württemberg" übernehmen, der auch an dieser Stelle ftir ihre rasche und unbürokratische Hilfe zu danken ist. Obwohl es schon Anfang Juni zu einer prinzipiellen Einigung bezüglich des Kaufs gekommen war, gingen die Kaufverhand- lungen zwischen dem MWF und der markgräflichen Verwaltung wegen Differen- zen über die Einbeziehung weiterer Samm- lungen in die Kaufinasse nur langsam voran. Am 29. August 1995 informierte das Auk- tionshaus Sotheby's die BLB von der Not- wendigkeit sofortiger Übernahme, da die Räume, in denen die Sammlung unterge- bracht war, ftir die Versteigerung benötigt wurden. Bei einem Orts termin arn folgenden Tag stellte sich heraus, daß der Hof des Schlosses nur bis zum Wochenende mit Lastkraftwagen passierbar sei, so daß der Transport an den nächsten beiden Werktagen abgewickelt werden mußte. Der Umzug selbst begann unter Zeitnot am Morgen des 31. August 1995. Die Herren Dr. Ehrle, Hauser und Dr. Schlechter packten die im Saal untergebrachten,wertvolleren Bücher, eine Münchener Kunstspedition den Rest. In Karlsruhe wurden die auf Paletten gelagerten Kartons in den Flur vor der Titelaufnahme gebracht, von wo sie durch die Hausmeister und die Magaziner des Hauses an die provisorischen Standorte zu transportieren waren. Da von der Spedition bis ca. 21.30 Uhr gepackt wurde, endete der Umzug trotz der ungünstigen baulichen Gegebenheiten in Baden-Baden, die beispielsweise die Nutzung ",w ,.~ ,/,." 4'""..: _ . ...., ..:....;;;~..;: • .",..:,.- "'~ " "', "' " .~, ''' ' ''' ''1' ' " "~' '' 1 "" "_ ,,, Maximilian Prinz zu Wied lind NellWied: Reise in das innere Nord-America in den Jahren 1832 bis 1834, Koblenz 1839- 1841: Campirende Punka-Indianer. 107 eines größeren Lastkraftwagens unmöglich machten, schon am Mittag des Folgetages. Insgesamt wurden I 055 bis zum Rand geftillte Umzugskartons sowie der Inhalt von zehn Rollwägen überfuhrt. Ein besonders markierter Teil der Kartons (270 Einheiten) fand Aufstellung im Handschriftenmagazin, der Rest im 4. und 5. Stock des Geschlossenen Magazins. Die Kosten rur den Umzug beliefen sich auf ca. DM 33 000,-. Separat wurde am I. September 1995 vom GLA der ihm zugefallene Anteil abgeholt, neben eigentlichen Archivalien auch die Sammlung von Gratulationsbänden sowie die Photo- alben. Zur Zeit sind die Kartons bereits ausgepackt, die Bücher provisorisch aufgestellt und grob sortiert. Leider bestätigten sich die früheren Becbachtungen: ein nicht geringer Teil ist aufgrund der langen Vernachlässigung der Sammlung zumindest leicht schimmelgeschä- digt. Es wird umfangreicher Restaurierungs- maßnahmen bedürfen, um diese Bücher ftir die Benutzung zugänglich zu machen. Ein wei- teres Problem besteht darin, daß der Zugang von etwa 40 000 Bänden den regulären Jahreszuwachs der BLB übertrifft und daß die Bearbeitung dieses Bestandes nur mit zusätzlichem Personal innerhalb eines über- schaubaren Zeitraums zu leisten sein wird. Zahlreiche schöne Entdeckungen ent- schädigenjedoch fur die Mühen: so ist eine 15 Blätter umfassende lithographische Folge mit Ansichten des Klosters Lichtenthai aufgetaucht (e. Guise: Das Kloster LichtenthaI, Karlsruhe 1833), die außerordentlich qualitätvoll kolo- riert wurde und die in dieser Version bisher • 108 nicht bekannt war. Eine zehnteilige Folge von kolorierten Lithographien mit Ansichten von Baden-Baden und Umgebung wurde zwischen 1830 und 1840 eigens fur das Herrscherhaus hergestellt und findet sich in einer Kassette, die mit Haarlocken der großherzoglichen Familie geschmückt ist. Unter den älteren Beständen ist ein außerordentlich seltenes Andachtsbuch rur alle Tage des Monats Mai zu erwähnen, das mit koloriertem badischem Wappen verziert ist (Der geystlich May, gedruckt in Verlegung der durchleuchtigen Fürstin ... Jacobe, Hertzogin in ... Bayrn, geborne Marggräfin zu Baden, München 1549). Auf das Kloster St. Peter im Schwarzwald läßt sich ein Atlas von ungewöhnlich großem Umfang zurückfuhren. Die einzelnen Karten des Werkes wurden von dem fur die Geschichte der Klosterbibliothek sehr bedeutenden Abt Philipp Jakob Steyrer nach ürten in alphabetische Folge gebracht und erhielten 1771 in Emmendingen einen neuen Einband. In diesem "Atlas urbium" sind auch ftinf zum Teil sehr seltene Pläne von Karlsruhe enthalten. Von der Handwerkskunst der badischen Bevölkerung legen "Musterblätter fur die Uhrenschildermalerei des Schwarzwaldes" , gezeichnet von Lucian Reich und Heinrich Frank, lithographiert von Johann Nepomuk Heinemann, Hüfmgen 1850-1851, ein schönes Zeugnis ab. Diese Beispiele sollen genügen, um auf die Ausstellung der BLB und des GLA neugierig zu machen, die im Januar und Februar 1996 in der BLB eine Auswahl der schönsten Stücke aus der Schloßbibliothek Baden-Baden zeigen wird. Pe/er Michael Ehrle, Armin Schiech/er 11. Archivgut aus der Schloßbibliothek des badischen Hauses Der Ankauf der Schloßbibliothek Baden- Baden bot die einmalige Chance, vor Beginn der großen Auktion in Baden-Baden fiir den Bereich des Ministeriums fiir Wissenschaft und Forschung ein Ensemble von gedrucktem und ungedrucktem Schriftgut zu erwerben, das sich als höchst bedeutsam fiir die lan- deskundliche Forschung in Baden herausstellte. Das Generallandesarchiv Karlsruhe war von An- fang an in die Verkaufs- verhandlungen einbezo- gen, da sich bei verschie- denen Begehungen her- ausstellte, daß die Schloß- bibliothek auch Archiv- gut enthielt, das mit dem Bibliotheksgut vermischt war. Darin befanden sich durch Jahrzehnte hin- durch ungesichtete, weit- gehend ungeordnete und einer Öffentlichkeit noch nie zugänglich gemachte Materialien verschieden- ster Art. Während die Badische Landesbiblio- thek Karlsruhe das ge- druckte Schrifttum und damit mengenmäßig den größten Teil der Erwer- bung bekam, hat das Generallandesarchiv das ungedruckte Schrift- und Bildmaterial übernom- schwer bemessen läßt, da recht unorthodoxe Formate und Behälter einschließlich kunst- voll gefertigte~ Schatullen, Briefbehälter, Schreib- sowie Buchmappen und Fotoalben die klassischen Vorstellungen von Archivgut zu sprengen schienen. Doch gab es von der Gattung her keine Definitionsschwierigkeiten, men, inunerhin in einem Grußodresse der Heidelberger Studenlenschajl zum 25jtJhrigen Umfang von ca. 75 Regal- RegierungrjubiltJum Großherzogs Friedrich 1 und zur Hochzeit seiner metern, der sich freilich Tochter VictoriamitGustavAdoifv. Schweden, 1881 (Einband). 109 so daß lediglich die Frage der künftigen Lagerung einige Probleme aufgeben wird. Der Bestand wurde im Generallandesarchiv beisammengelassen und als Bestand 69/ Schloß Baden-Baden unter die Privatarchive eingereiht. Besonders sind eine Reihe fürstlicher Nachlässe bzw. Nachlaßteile aus den beiden letzten Generationen der badischen Monar- chie zu nennen, vor allem Material von Großherzog Friedrich und der Großherzogin Luise, einer Tochter Kaiser Wilhelms 1., so daß aus ihrer Hinterlassenschaft ein eigener Bestand von Unterlagen ihrer Mutter, der Kaiserin Auguste, zutage kam. Die nächste Generation ist vertreten durch Großherzog Friedrich 11., Regent bis 1918, gestorben 1928, und der Großherzogin Hilda, gestorben 1952, deren Unterlagen man beim fliegeran- griff auf Freiburg 1944 gänzlich vernichtet glaubte. Da die beiden Großherzoginnen den Vorsitz des Badischen Frauenvereins und des Roten Kreuzes, die Schutzherrschaft über nahezu alle karitativen Einrichtungen und Institute der Sozialftirsorge innehatten, sind aus diesem Bereich Unterlagen, vor allem auch Bildmappen und Fotoalben vorhanden. Manches davon fiihrt in den Privat- und Intimbereich der fiirstlichen Persönlichkei- ten, Poesie- und Postkartenalben, wie sie damals auch in den bürgerlichen Familien üblich waren, Briefsamm1ungen, Notizbü- cher, Reisetagebücher und ähnliches. Von einer ltalienreise Großherzog Friedrichs und seines Sohnes Ludwig im Jahr 1900 findet sich ein ganzes Album mit den täglich der daheim gebliebenen Großherzogin geschick- ten Bildpostkarten, eine r«eht persönliche Korrespondenz. Mehr offiziellen Charakter hat ein umfangreicher Briefwechsel Fried- richs·l . mit seinem Sohn, dem Erbgroßherzog, der sich über nahezu 40 Jahre hinzieht und viele politische Themen berührt. Aus dem Bildbereich sind umfangreiche Bauplanbe- 1110 Vignette aus eine, Grußadresse der Heide/- berge, und Freiburge, studentischen Co,ps zum 50jah,igen Regierungsjubi/tlum F,iedrich /., 1896. stände von fiirstlichen Gebäuden, gebauten und geplanten, zu erwähnen, Kupferstiche und Lithographien von Fürstenporträts, vor allem aber Fotos nicht nur von Personen, sondern auch von Jubiläumsveranstaltungen, Ausstel- lungen, Festzügen, Kaisermanövem etc. Den letzten großen Komplex bilden die sog. Huldigungsadressen und Dedikationsurkun- den, aufwendig gearbeitete und dekorierte, in Schönschrift meist auf Pergament geschriebe- ne Texte in kunstvollen Mappen und Rahmen. Auch hier sprengen die schönsten von ihnen letztlich die Formen des Archivgutes, wes- halb einige besonders kostbare Stücke, etwa ein Schrein der badischen Städte, der in einzelnen Schubladen die Namenlisten der städtischen Magistrate enthält, in das Badi- sche Landesmuseum gewandert sind. Nicht wenige haben davon als Bilder in der Auktion hohe Preise erzielt. Drei davon konnte das Generallandesarchiv mit fmanzieller Unter- stützung seines Färdervereins und einzelner Sponsoren in der Auktion noch nachkaufen, um auf diese Weise die ganze Spannbreite dieser Gattung demonstrieren zu können. Die ca. 600 Stücke betreffen Regierungs- und Familienjubiläen von Mitgliedern des Groß- herzoglichen Hauses, vor allem im Jahr 1906, als sich das 50jährige Regienmgsjubiläum Großherzog Friedrichs mit seiner Goldenen Hochzeit deckte. Alle Teile des Landes, Städte und Gemeinden, Vereine und Verbän- de, Behörden und auch Einzelpersonen sind daran beteiligt, erwähnenswert die Universi- täten des Landes, die Vereinigungen der Badener in Kairo, Konstantinopel oder in Amerika, aber auch die Zweite Kammer des badischen Landtags mit einem kostbaren Umschlag, die badischen Feuerwehren, der Badische Frauenverein oder auch Arbeiter- und Militärvereine. Die Texte dieser Urkun- den sind weniger hoch einzuschätzen, verdienen jedoch eine zusammeufassende Würdigung. Abschließend ist auf die Perspektiven zu verweisen, die sich aus diesem Ankauf ergeben. Die Konservierungsprobleme halten sich in Grenzen. Die Tatsache, daß nahezu nichts von diesen Dingen jemals ausgestellt oder ausgewertet wurde, begünstigte ihre gute Erhaltung, macht jedoch auch ihr Studium besonders sparmend. Die Erschließung wird Zeit kosten und die wissenschaftliche Auswertung noch mehr. Eine baldige Präsen- tation der Dinge ist schon deshalb geboten, weil die Öffentlichkeit und vor allem die Sponsoren große Anteilnahme an diesem Vorgang nahmen. Die Presse beteiligte sich daran, und so hat die Bürgerschaft auch das Recht, die Neuerwerbungen bald sehen zu können. Vieles ist wirklich sehenswert, und anders als sonst, ,venn wir von Archivgut sprechen, sind diese Dinge auch auf Präsentation angelegt. Erste kleinere Vorstel- lungen wertvoller Einzelstücke haben schon stattgefunden, andere sind geplant. Wichtiger bleibt jedoch die sachgemäße Aufbewahrung, die baldige Erschließung des Materials und damit auch seine Einbeziehung in die wissenschaftliche Forschung. Zum Thema " Fürst und badisches Land am Ende der Monarchie" vermag es wichtige Akzente zu setzen. Hansmarlin Schwarzmaier 111. Die Erwerbungen des Badischen Landesmuseums Als Ende 1994 die umfangreichen Verkaufs- absichten des Hauses Baden auf grund seiner damaligen finanziellen "Schieflage" zu- nächst hinter den Kulissen, aber sehr rasch auch in der Öffentlichkeit bekarmt wurden, war gleich bewußt, daß von einem solchen Vorgang das Badische Landesmuseum in besonderer Weise herausgefordert sein muß- te. Einmal, weil das Landesmuseum selbst in seinen Anfangen aus der Fürstlichen Sarn- meltätigkeit hervorgegangen war und seine Altbestände, die nach 1919 in der Folge der Abdanlmng des Monarchen als Besitz des neuen badischen Staates bzw. als Bestandteil der "Zähringer-Stiftung" in die Öffentlichkeit gelangten, mit dem privat verbliebenen und nunmehr zur Veräußerung stehenden Kunst- gut eine Einheit bildeten. Es war sogar damit zu rechnen, daß ein Großteil des Eiruich- tungsinventars, z. B. der Möbel, mit denen vom 18. Jahrhundert bis 1918 das Karlsruher Schloß als Stammhaus des Badischen Lan- 111 Hermann Volz "Zeitgeist und Staatsschiff', Bronze; Geschenk der acht großen badischen Stadte an Großherzog Friedrich' 1. zum 70. Geburtstag1896 (Ausschnitt). des museums ausgestattet war, zum Verkauf gelangten, durfte doch die furstliche Familie große Teile der Gebäudeeinrichtung an sich nehmen und in die privat verbliebenen Familiensitze, vor allem in Baden-Baden und Salem, verlagern. Zum anderen war das Badische Landesmu- seum in besonderer Weise herausgefordert, weil es von Gründung und Auftrag her als die zuständige staatliche Museumsinstitution gelten muß, die die Kultur- und Landesge- schichte Badens dokumentiert und präsen- tiert. Dazu gehört die Repräsentations- und Alltagskultur des flirstlichen Herrscherhau- ses, seine Förderung der bildenden Künste und seine Sammeltätigkeit, flir die in dem riesigen, seit 1918 weitgehend den Blicken der Öffentlichkeit entzogenen Objektbestand 112 in Baden-Baden eine Fülle einzigartiger Zeugnisse vermutet werden mußte. So stand fur das Badische Landesmuseum (BLM) keineswegs im Vordergrund, mit "Lust- käufen" wünschenswerte Ergänzungen seiner Sammlungen vorzunehmen, sondern einer elementaren Sicherungspflicht unverzichtba- rer Zcugnisse badischen Kulturerbes zu genügen; Werke, die vor 1918 schon einmal zumindest zum geistigen Kulturbesitz des Landes gehört hatten. Bis es schließlich zum Erwerb von über 500 bedeutenden Zeugnis- sen der badischen Kunst- und Kultur- und Landesgeschichte kam, den das Badische Landesmuseum schließlich bis heute tätigen konnte, war ein hindernisreicher, teilweise abenteuerlicher Weg zurückzulegen. Entdeckungen über Entdeck'Ullgen ""..,.w."' .... w . .".. ... w ...... w .w ... v .w .· ...... w ... w""w.w .w .w .v .w .· ...... w ... w .·.w ... w .w .· ... -...w.w.w Seit Beginn des Jahres 1995 waren Ex- perten des Aukiionshauses Sotheby's, das vom markgräflichen Haus mit der Veräuße- rung beauftragt war, mit der Sichtung des gesamten über 25 000 Objekte unuassenden Inventars des Neuen Schlosses in Baden- Baden beschäftigt. So schrittweise, wie sich dieser Expertenstab durch die 105 Räume des Schlosses durchkämpfte und dabei selbst erst nach und nach Entdeckung auf Entdeckung machte, konnte auch das Badische Landesmu- seum nur an detaillierte Einzelinformationen über das Kunstgut gelangen. In lebhafter Erinnerung ist es noch, wie zwei Tage nach der Eröffnung einer Ausstellwlg über die 750 Jahre Geschichte des Klosters Lichtentlial im Badischen Landesmuseum aus Baden-Baden bekannt wurde, die in der Ausstellung als "seit 1936 vermißt" angeflihrten Glasmale- reien aus der Lichtenthaler Klosterkirche aus der Zeit um 1300 mit den ältesten Bild- darstellungen badischer Markgrafen schlecht- hin seien im Neuen Schloß entdeckt worden. Auch die Existenz unlfangreicher Bibliotheks- und Archivbestände wurde erst Monate nach Beginn der Sichtungen bekannt. Und schließ- lich war es ein denkwürdiger Moment, als das Haus Sotheby's bekanntgab, das markgräfli- ehe Haus wolle sich nicht nur vom gesamten Inhalt des Neuen Schlosses in Baden-Baden trennen, sondern auch eine Reihe hochkaräti- ger Kunstwerke aus Schloß Salem veräußern; einige Tage später rollte ein schwerer Kunsttransporter vor dem Badischen Landes- museum vor, um "zur Ansicht" auszuladen: die Tafeln des Marienaltars aus Salem von Bemhard Strigel, ein Hauptwerk der süddeut- schen Kunst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, von dem das BLM bereits den geschnitzten Mittelschrein besaß, weitere Tafelbilder desselben Künstlers und des Ulmer Malers Martin Schaffner, einen gemalten astrologi- schen Kalender des 15. Jahrhunderts aus dem bei Konstanz gelegenen Kloster Peters- hausen, Gobelins aus der einstigen Ausstat- tung des Mannheimer Schlosses, Glasmale- reien des 15. und 16. Jahrhunderts aus Schloß Staufenberg, ein vielteiliges Tafelaufsatz- ensemble von 1885. Ankaufsstrategien Diese Objekte wurden deswegen ins Karlsruher Schloß verbracht, weil die Lan- desregierung auf die Verkaufsabsicht des Markgrafen mit einem "Verbringungsverbot" nach dem Denkrnalschutzgesetz reagiert hatte: erst nach der Vorlage einer genauen schriftlichen und fotografischen Dokumenta- tion aller dort vorhandenen Gegenstände könne über eine Freigabe rur den Verkauf entschieden werden. Trotz eines einstimmi- gen VOtunlS einer interministeriell aus Vertretern aller betroffenen Institutionen zus3Dlmengesetzten Arbeitsgruppe wurde das Angebot des Markgrafen, den gesamten Inhalt des Neuen Schlosses fur einen Pau" schalpreis von 80 Mio. DM zu erwerben, von der Landesregierung abgelehnt; ein modifi- zierter Vorschlag des damaligen Vorsitzen- den des" Vereins der Freunde des Badischen Landesmuseums", eine solche Gesamtauf- lösung mittels einer "Auffanggesellschaft" oder GmbH mit Beteiligung des Staates IIDd der Industrie möglich zu machen, die selber auch Verkäufe. des Entbehrlichen tätigen könne, stieß, trotz des heute auch im kulturellen Bereich generell eingeforderten "unternehmerischen Denkens" , wohl als zu Glasmalerei aus Kloster Lichtenthai, um 1310, mit Darstellung von MarkgrafRudolf 1 von Baden und seiner Frau Kunigunde von Eber- stein und Markgraf Rudolf 11 von Baden. 113 utopisch auf keinerlei politische Resonanz. So wurde diese im Auftrag des Denkmalamtes durchgefiihrte Inventarisierung Grundlage der Einzelentscheidungen verschiedener In- stitutionen wie dem Badischen Landesmuse- um, welche Prioritäten beim Erwerb ausge- wählter Einzelobjekte zu bilden waren. Verschiedentlich mögliche eigene Sichtungen haben dann jedoch den entscheidenden Ausschlag fiir die Erwerbungsentscheidungen gegeben. Bis es dazu kam, waren weitere Hürden zu überwinden. Nachdem der Gesamterwerb gescheitert war und auch deswegen fragwür- dig wurde, weil inzwischen die zusätzlichen Verkaufsangebote aus Salem vorlagen und andererseits aus dem Inhalt des Neuen Schlosses Objekte zum Verbleib in der markgräflichen Familie entnommen wurden, stand zunächst eine von Sotheby's selber zusammengestellte Auswahlliste rur einen Teilerwerb im Raum, die jedoch nicht den eigenen Vorstellungen entsprach und deswe- gen zurückgewiesen werden mußte. Nur schwer waren die - aus geschäftlicher Sicht nachvollziehbaren - Bedenken des Veräus- serers zu überwinden, ein Teilerwerb nach Museumswünschen könnte alle wichtigsten Stücke der im Anschluß daran vorgesehenen Auktion entziehen und diese dadurch wesent- lich entwerten; nicht nur auf seiten der Landesregierung, sondern auch beim Verkäu- fer mußten so vielerlei Schwierigkeiten über- wunden werden, daß es überhaupt zu einem qualifizierten Teilerwerb vor der Auktion kam. Schließlich siegte die Einsicht in die kulturelle Verantwortung, nicht zuletzt dank der Vermittlungsdienste des damaligen Ge- schäftsfiihrers von Sotheby's Deutschland, Dr. Christoph Graf Douglas. Nach langen Diskussionsprozessen und vielerlei Initiativen konnte schließlich im Juni 1995 im fUr das Badische Landesmuseum zuständigen Ministerium fiir Familie, Frauen, 114 Weiterbildung und Kunst der Vertrag über 273 Objekte zum Preis von 17 Mio. DM abgeschlossen werden. Die Mittel dafur wurden aus den den fiinf großen staatlichen Kunstmuseen zustehenden Lotto-Toto-Erträ- gen und Spielbankeinkünften, ohne Inan- spruchnahme von Steuergeldern, aufge- bracht. Voraussetzung war ein Beschluß aller an diesen Mitteln partizipierenden Museums- direktoren. Dieser Ankauf wurde flankiert durch die Schenkung von 69 Objekten landesgeschichtlicher Bedeutung, die das markgräfliehe Haus dem Badischen Landes- museum machte, und die Überlassung der Tafeln des Antoniusaltares von Martin Schaffner als Dauerleihgabe an die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe. Auswahl der Ankäufe Die Auswahl erfolgte nach folgenden Kri- terien: I. Es bestand eine Absprache mit anderen Institutionen, daß das BLM sich - neben eini- gen unverzichtbar ,vieh ti gen Einzelobjekten - auf Zeugnisse der historischen badischen Kunstkammer konzentrieren solle. Die Exi- stenz einer solchen Kunstkammer wurde erst im vollen Umfang während der Sichtungen des Jahres 1995 bekannt. Es war allerdings unumgänglich, daß im Rahmen der zur Verfugung stehenden Finanzmittel lediglich eine repräsentative Auswahl von ca. der Hälfle der ca. 200 Objekte erworben werden könne, wobei der Schwerpunkt auf "klassi- schen" Kunstkammerobjek1en des 16. und 17. Jahrhunderts lag und spätere Erweiterungen- eine Besonderheit badischer Kunstsammel- tätigkeit - nur in wenigen ausgewählten Objekten Berücksichtigung finden konnte. 2. Bei den weiteren erworbenen Objekten hatten herausragende Kunstwerke wie die Lichtenthaler Glasmalereien oder die histori- schen Tafelaufsätze besonderen Vorrang. 3. Generell waren die auf der "Liste nationalen Kulturgutes" befmdlichen Objek- te vorrangig zu berücksichtigen, um diese Werke nationalen Ranges vor einem Verkauf zu retten und damit auch einer Verkaufsbe- dingung des Veräußerers zu entsprechen. Es gelang bei allen 14 auf dieser Liste her- ausragenden nationalen Kunstgutes verzeich- neten Objekten, sie entweder zu erwerben oder im Besitz des markgräflichen Hauses zu halten. 4. Schließlich hatte bei allem der ge- forderte Preis eine wesentliche Rolle zu spielen. Niemandem lag zum damaligen Zeitpunkt das gesamte Verkaufsangebot quasi wie ein Warenhauskatalog - wie später die Auktionsbände - zur Auswahl vor, sondern die Preise mußten stets einzeln in einem umständlichen Verfahren von den Sotheby's-Experten abgefragt werden. In einigen Randbereichen war dies bis zum Vertragsabschluß im Kunstministerium gar nicht möglich. Und es bedarf besonderer Betonung, daß die geforderten Festpreise rur den staatlichen Vorerwerb nicht etwa mit den späteren Festpreisen im Auktionskatalog identisch, sondern in der Regel weitaus höher waren. Die später erzielten Auktions- ergebnisse, die ja die Schätzpreise weithin um ein Mehrfaches, manchmal Vielfaches über- schritten, stellten sich darm aber oft wiederum als weitaus höher als die vorherigen Fest- preise heraus . In einigen wenigen Fällen, bei denen der Vorerwerb des BLM wegen zu hoher Preisforderungen nicht zustandekam, gab dem freilich auch das spätere niedrigere Auktionsergebnis recht. Insgesamt hat das BLM aber, wie ihm verschiedene auswärtige Gutachter bescheinigten, beim Vorerwerb preislich durchaus sehr günstig ankaufen können. Bei diesem ersten Erwerbungspaket, das schließlich die " Kulturstifiung der Län- der" in Berlin und das Bundesministerium des Innern in Bonn mit jeweils 5 Mill. DM mit- fmanzierten, blieb doch das Schicksal der Tafelmalereien von Bernhard Steigel unge- wiß, rur die das Land Baden-Württemberg eine Erwerbungsoption aussprach. Sie konn- ten darm schließlich in einem zweiten Schritt im September 1995 zu einen herunter- gehandelten Preis von 12 Mio. DM erworben werden. Nunmehr waren die staatlichen Mittel erschöpft. Die nicht vom BLM und den staatlichen Schlösser und Gärten des Landes erworbenen Objekte gelangten in eine Auktion, der schon im Vorfeld und nach Veröffentlichung des sechsbändigen Auktions- kataloges das Attribut " Jahrhundertereignis" zugemessen wurde. Auf alle Fälle offenbarte der Auktionskatalog, daß noch zahlreiche Objekte von zentralem kultur- und landes- geschichtlichen Rang zum Verkauf standen, deren Existenz bekarmt war,jedoch vorher im Rahmen der staatlichen zur Verfugung stehenden Mittel nicht gesichert werden konnten, aber viel mehr erst jetzt ans Tageslicht geriet, was in den Inventarver- zeichnissen von Sotheby's aufgrund des enormen Zeitdrucks nicht erfaßt oder nicht in seinem Rang erkenntlich war. Private Spendenaktionen __ N'Noy.w.w.·.w.w.·.,·.·.·.·."".·.w.·"'.~ ___ ~~~ ...... ..., .... " ..................... ... Um nunmehr innerhalb der Auktion weiteres Kulturgut zu sichern, das mit Vorlage des Auktionskataloges im August 95 nicht mehr rur Vorerwerbungen zur Verfu- gung stand, galt es, private Spenden- und Sponsorenmittel aufzubringen, die in der Auktion eingesetzt werden konnten. Glückli- cherweise konnte das BLM dabei schließlich über 3,1 Mio. DM verfugen. Der Dank hat hierfur vor allem einzelnen Unternehmen zu gelten, die im Vorstand und Beirat des "Vereins der Freunde des Badischen Landes- museums" engagiert sind: der Badischen Beamtenbank, der Bausparkasse Schwäbisch 115 Hall, der Fa. SEW Eurodrive in Bruchsal, der Baden-Württembergischen Bank, der Fa. Würth in Künzelsau. Gleichzeitig engagier- ten sich, dank der Initiative der 1. Vorsitzenden Gerlinde Hämmerle und des 2. Vorsitzenden Dr. Gerhard Zehender, auch die persönlichen Vereinsmitglieder insgesamt in vorbildlicher Weise, und schließlich wurde die Vereinskasse selber rur ein solches " Jahrhundertereignis" geschlachtet. 170 Erwerbungen hat das Badische Landesmuseum während der 16 Tage vom 5. bis 21 . 0\..10ber 95 dauernden Auktion in 125 Bietzuschlägen noch tätigen können. Mit an die 40 getarnten Beauftragten in wechseln- dem Einsatz vermochten wir in einer ausgeklügelten Bietstrategie, bei der dem Museumsdirektor selber eine zusätzliche strategische und mehr schauspielerische Rolle, die zusätzliche Verwirrung stiftete, zukam, zu moderaten Preisen weitere Erwerbungen zu tätigen. In mehr als doppelt so vielen Fällen wie den erfolgreichen Zuschlägen hat das BLM, wenn die Limits der Beauftragten erschöpft waren, bei den Bietgefechten verloren. Nur in zwei exorbi- tanten Fällen, einem kostbaren Schachbrett aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, das als einziges Objekt insgesamt durch eingelegte Initialen als persönlicher Besitz des Markgra- fen Karl Friedrich und der Markgräfin Karoline Luise ausgewiesen ist, und einer allegorischen Bronzegruppe von Hermann Volz von 1896, einem Geschenk der acht großen badischen Städte an den Großherzog Friedrich I. zu seinem 70 . Geburtstag, in dem die damalige Selbstdefinition Badens als "Musterländle" focusartig verdichtet ist, war es notwendig, die Preislimits deutlich zu überschreiten, um diese unverzichtbaren Werke im öffentlichen Besitz des Landes gegen auswärtige Gegenbieter zu erhalten. 116 Die Sonderausstellung Aus den 512 Erwerbungen zeigt das Museum vom 13. März bis 9. Juni gut die Hälfte der bedeutendsten Objekte in einer Sonderausstellung. Mehr konnte aufgrund der äußerst kurzen Zeit, dem beschränkten Platz und der Notwendigkeit, daß so gut wie alle Enverbungen der Restaurierung bedürfen, vorläufig nicht geleistet werden. Die Ausstel- lung beinhaltet die hochrangigen Werke der badischen Kunstkammer, die vom 5. bis zum 18. Jahrhundert reichen: mittelalterliche Elfenbeinreliefs, Goldschmiedearbeiten vom 15. Jahrhundert bis in die Barockzeit, darunter die berühmte " Jamnitzerburg", die Glasmalereien vom 14. bis zum 17. Jahr- hundert, eine herausragende spätgotische Pietä, Tafelmalereien jener Zeit. Die höfische Kunst des 18. Jahrhunderts ist veranschau- licht durch einzigartige Uhren, Möbel, Wandbespannungen aus den Schlössern Karlsrube und Bruchsal und charakteris- tische Zeugnisse der Kulturgeschichte jener Zeit, z. B. der Karlsruber Hofapotheke, dem Mikroskop der Markgräfin Karoline Luise, Porzellanen und Fayencen aus markgräfli- chem Besitz. Das 19. Jahrhundert ist breit repräsentiert durch Objekte, die die badische Landesgeschichte widerspiegeln: von der Epoche des Großherzogs Karl über die Revolution von 1848/49 (in einem Gemälde der Schlacht von Waghäusel 1849) bis zur Regierungszeit der Großherzöge Friedrich I. und Friedrich 11. Neben Zeugnissen der EinrichtungsI.."Ultur des Karlsruber Schlosses, die bis zu modemen Schöpfungen des Jugendstils z. B. der Werkstätten in Nance von Emile Galle und den Gebrüdern Daum reichten, besitzen die Jubiläumsgeschenke aus Kreisen der badischen Bevölkerung an das großherzogliche Haus nach 1850 eine besondere Rolle, auf deren Enverb sich das BLM besonders konzentrierte. Solche Jubi- läumsanlässe wie Geburtstage, Hochzeiten, Hochzeitsjubiläen und runde Regierungs- daten manifestierten sich z. B. in dem dreiteiligen, fast 10 Meter breiten Gemälde- zyklus, der den Festzug des badischen Volksvereins 1881 vor dem Karlsruher Schloß wiedergibt, dem Silbergeschenk von 1885 oder dem "Staatsschifl" von 1896. Viele andere Schenkungen dieser Art kom- men hinzu. Ein kurioses Objekt konnte noch zuletzt außerhalb der Auktion erworben werden und bildet den Schluß der Ausstel- lung: ein gerahmtes Bild mit der fotografi- schen Reproduk1ion eines Gemäldes von Friedrich Il. von Preußen, von einem großen Loch zerfetzt, das durch den ersten Schuß der Revolutionäre 1918 auf das Karlsruher Schloß bei der Vertreibung des Großherzogs vor seiner Abdankung entstanden ist. Symbo- lischer könnte die Ausstellung, die im ersten Obergeschoß des Karlsruher Schlosses ge- zeigt wird, kaum beschlossen werden. Gleichzeitig stellt das BLM die Präsentati- on des wiedervereinigten Strigel-Altares in den Mittelpunk1 einer - provisorischen - Erweiterung seiner Mittelalterabteilung. Sie verfugt mit diesem einzigartigen Werk, dessen Bilddarstellung der "Geburt Christi" z. B. das erste Nachtbild in der deutschen Malerei überhaupt ist, über einen neuen Höhepunkt innerhalb der mittelalterlichen Kunst- und Kulturgeschichte im Erdgeschoß des Karlsruher Schlosses. Schrittweise wer- den auch die anderweitigen Neuerwerbungen aus markgräflichem Besitz in die neu- gestalteten Räume unserer ständigen Schau- sammlungen integriert. Kein Schlußstrich ---~. Unter dem Ausverkauf des markgräflichen Kunstbesitzes, der zwar das badische Landesmuseum bereichert, aber gleichwohl zu unwiderbringlichen Verlusten gefuhrt hat, ist noch kein Schlußstrich gezogen. Nicht nur der Kunsthandel und private Erwerber, die mittlerweile die Geldausgabe reut, bieten nunmehr ihre Auktionserwerbungen zum Weiterverkauf an staatliche Institutionen an, auch weitere Kunstverkäufe teilweise einzig- artiger Objekte - außerhalb der Auktion durch den Kunsthandel - stehen zur Dis- kussion. Wie prophezeit, wird das Thema das BLM und potentielle Mäzene noch lange Zeit beschäftigen. Es ist zu wünschen, daß viele die Verantwortung spüren, sich in dieser außerordentlichen Situation weiter engagie- ren zu müssen. Das jährliche Museumsfest, das das BLM 1996 vom 3.-5. Mai mit dem Thema "Der Glanz Badens. Schätze einer Kulturlandschaft" zu der Ausstellung seiner Erwerbungen aus markgräflichem Besitz veranstaltet, sollte diesem Engagement neuen Auftrieb geben. Harald Siebenmorgen IV. Die Erwerbungen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe Für die Kunsthalle Karlsruhe war - anders als für das Badische Landesmuseum - aus dem Angebot der reichen markgräflichen Sammlung nur ein geringer Teil interessant, hat sie doch schon im 19. Jahrhundert auf das großzügigste sogenanntes "Allerhöchstes Privateigentum" überwiesen bekommen. Auch war ihr 1920 im Zuge der "Fürstenteilung" schon fast alles für sie Wichtige zugefallen. 117 Daß die vier Flügel und die Predella des Salemer Altars von Bernhard Strigel als Hauptwerk spätgotischer Malerei nicht in die altdeutsche Abteilung ihrer Gemäldegalerie Einzug halten darf, entspricht nicht dem Verständnis ihrer Direktion und der wissen- schaftlichen Mitarbeiter. Sie habenjedoch die Entscheidung des Ministeriums fur Familie, Frauen, Weiterbildung und Kunst Baden- Württemberg und der Direktoren der Staatli- chen Museen des Landes zu respektieren, daß das Badische Landesmuseum durch den jahrzehntelangen Besitz des geschnitzten Mittelschreins dieses Altars zur Zusammen- fuhrung in seinen Räumen legitimiert sei. Erwerbungen N....",.· ... NW.W.W.·~ ·.·.·.·.·.w . ..,.. ........ w ....... .., .......... .."... VA""'W.W .W • ..,..,.w ....... "w.w.·.v.· ......... .".,W' Im Rahmen eines Vertrages zwischen dem Ministerium fur Familie, Frauen, Weiterbil- dung und Kunst und S. K. H. Maximilian Flora Geraldy Bildnis der Großherzogin Sophie von Baden, Prinzessin von Schweden, um 1830. 118 Markgraf von Baden vom 3. Juli 1995 gelangte die Kunsthalle in den Besitz einer . kleinen Tafel Bernhard Strigels mit der Darstellung des Gebets Christi am Ölberg. Sie gehört zu einem aufgelösten Altarretabel, von dem die Kunsthalle bereits zwei größere Tafeln besitzt. Darüber hinaus erhielt die Kunsthalle ein Album mit Nachzeichnungen der Deckenbilder Tobias Stimmers im zerstörten alten Baden-Badener Schloß als Geschenk des Markgrafen von Baden sowie als Leihgabe vier Tafeln des Salemer Altars von dem Ulmer Maler Marlin Schaffner, die Szenen aus dem Leben des h1. Antonius darstellen. Die in Öl und Tempera auf Holz gemalten, 146 x 55 cm großen Figurszenen mit landschaftlichen Hintergründen spiegeln die Beschäftigung Schaffners mit der Malerei Albrecht Dürers, der Donauschule und Matthias Grünewaids. Sie fugen sich als bedeutende Akzente in die altdeutsche Abteilung der Gemäldegalerie ein. 12000 DM Spenden w.w ..... ___ ............ V"O'·'"V.M ......... ""W.v"-"N-'...,..""·~ In der Baden-Badener Versteigerung der Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden durch das Auktionshaus Sotheby' s konnte die Kunsthalle im Oktober 1995 einige Kostbarkeiten des 19. Jahrhunderts fur sich sichern. Ein an die Öffentlichkeit gerichteter Spendenaufruf erbrachte aus privaten Händen 12000 DM Spendenmittel, die zur Erwerbung eines Bildnisses der Großherzogin Sophie von der Pariser Miniaturmalerin Flora Geraldy verwendet werden konnten. Das in seinem originalen Goldrahmen mit alter Verglasung erhaltene, in Deckfarben auf Pergament gemalte Hochoval aus der Zeit um 1830 kann den Grundstock einer bisher in der Kunsthalle nicht vertretenen Sammlung von Bildnis- miniaturen des 19. Jahrhunderts bilden. Es zeigt die junge Gemahlin Großherzogs Leo- Carl Agricola Bildnis der Großherzogin Slephanie von Baden (1789- 1860) um 1815. polds in einem lichtgelben Sonnenhut, der ihre rüschengeschmückte Lockenfrisur betont. Da badische Fürstenportraits infolge der Fürsten- teilung nach dem Ersten Weltkrieg bisher in der Kunsthalle fehlten, kommt dieser reprä- sentativen Bildnisminiatur wie auch den beiden anderen Erwerbungen besondere Bedeutung zu. Aus einer Spende der Volksbank Karlsruhe konnte das um 1815 entstandene Aquarell- Bildnis der Großherzogin Stephanie von dem Wiener Maler earl Agricola erworben werden, das ebenfalls von feinster Qualität ist. Ein ausgesprochenes Spitzenwerk der Portrait-Miniatur ist das z. T. aus Mitteln der Volksbank, privaten Spenden und Toto- Lotto-Mitteln erworbene Bildnis des jungen badischen Erbprinzen Ludwigs 11., das dieser während seines Wiener Studienaufenthalts um 1842 von dem bedeutenden Wiener Biedermeiermaler Moritz Michael DafI"mger Moritz Michael Daffinger Bildnis des Erbprinzen Ludwig II von Baden. hat malen lassen. Als Halbfigur vor einer Säule mit Vorhang und einer Parkkulisse verbindet es die einem Großformat entspre- chende Würde des Motivs mit zartester Feinmalerei. Ein Glücksgriff Ein besonderer Glücksgriff gelang der Kunsthalle, nachdem ihr Konservator Dr. RudolfTheilmann unter den erst eine Woche vor der Auktion zur Besichtigung freigegebe- nen Zeichnungen eine Reihe von Blättern entdeckt hatte, deren Zugehörigkeit zu einem besonderen Zeugnis der badischen Kunstge- schichte den Experten des Auktionshauses Sotheby's entgangen war. Als Einzellose auf verschiedene Tage der Auktion verteilt, mußte jedes Blatt im einzelnen Bietgefecht ersteigert werden. Die Zeichnungen gehören zu dem seit dem 19. Jahrhundert in der Kunsthalle verwahrten Friedrich-Luisen- Album, das badische und deutsche Künstler auf einen Aufruf des Akademiedirektors 119 Amalie Kaercher (1819- 1887) Rasens/rauß. S/anislalls van Kalckreu/h (J 820-1894) Burg in den Alpen. 1856. 120 Johann Wilhelm Schinner und des Kunst- hallendirektors earl Frommel als Geschenk zur Vennählung Großherzog Friedrichs I. von Baden mit Prinzessin Luise von Preußen im September 1856 gestiftet hatten. Sie werden nun mit den bereits in der Kunsthalle vorhandenen 95 Blättern vereint. Ihr besonde- rer Reiz ist eine 1856 eigens aus Spenden- mitteln finanzierte, vom Hofmaler und Landeskonservator August von Bayer ent- worfene Pultvitrine. Was nun glücklich zusammengeftihrt ist, bietet mit den überwie- gend von der Düsseldorfer Malerschule beeinflußten Landschaftsdarstellungen, den Historienbildern wld Portraits einen repräsen- tativen Querschnitt des badischen Kunst- schaffens WlI die Mitte des 19. Jahrhunderts. Zugleich ist es ein besonderes landes- geschichtliches Dokwnent der Zusammenge- hörigkeit von Hof, Bürgerschaft und Künst- lern. Leider ließen überhöhte Preise die Erwerbung von weiteren zehn Blättern nicht zu. Auch müssen der kostbar verzierte Deckel und die übrigen 20 Blätter weiterhin als verschollen gelten. Siegmar Holsten V. Erwerbungen fiir die Stadt Karlsruhe Wie hinreichend bekannt ist, fand im Okto- ber vergangenen Jahres im Neuen Schloß zu Baden-Baden eine der größten je abgehalte- nen Auktionen von Kunstschätzen statt. Die international renommierte englische Finna Sotheby's versteigerte große Teile des mark- gräflich badischen Kunstbesitzes und viel Mobiliar und Ausstattungsstücke unterschied- lichster Art. Insgesamt erbrachte die Auktion laut Ergebnisliste des Hauses Sotheby's DM 80.043.812,-. Das ist weit mehr als erwartet worden war. Die erzielten Preise erreichten in vielen Fällen ein mehrfaches realistischer Schätzwerte. Mit anderen Worten: Fast alles war viel zu teuer. Aber wer etwas erlangen wollte, mußte eben mithalten. Die Situation flir die Städte Die Vorbereitung von Institutionen und in- teressierten Personen auf die Auktion war er- schwert, solange nur unvollständig bekannt war, was wirklich zur Versteigerung anstand. Nur den Landesinstitutionen waren wenn auch nicht ganz vollständige Listen überlassen und ihnen im Vorabverkauf Teilerwerbungen zu- gestanden worden. So kamen das Badische Landesmuseum, das Generallandesarchiv und die Badische Landesbibliothek schon vor der Auktion in den Besitz wertvoller Schätze. Weiteres mußten auch sie in der Versteige- g erwerben. Den interessierten Städten war die Möglichkeit zu einem Voraberwerb trotz aller Bemühungen nicht eingeränmt worden. !'St die VeröffentlichWlg des sechsbändigen Katalogs kurz vor der Auktion ennöglichte einen genauen Überblick über die zur Veräu- ßerung stehenden Objekte. Auch flir die Stadt Karlsruhe erhob sich die Frage, ob die Auktionsmasse Stücke enthielt, die ftir ihre Stadtgeschichtlichen Sammlungen von Bedeutung waren" Allzu viel war es, ge- messen anl Gesamtvolurnen, nicht. Selbstver- ständlich war das Badische Landesmuseurn der wichtigste Teilnehmer an der Versteige- rung, und dieses hatte viele Objek1e, flir die sich auch die Stadt interessierte, bereits vor der Auktion erworben, so daß sie ftir die Stadt nicht mehr zur VerfligWlg standen. Dazu ge- hÖrlen unter anderem so gut wie alle Dur- lacher Fayencen. Die Finanzierung -~-- Ein weiteres Problem flir die Stadtgeschicht- lichen Sammlungen bestand darin, daß im Haushaltsplan der Stadt flir derartig kost- spielige Erwerbungen keine Mittel vorgese- hen waren. Hier sprangen großzügige Spen- der ein, an erster Stelle die Sparkasse Karls- ruhe und mit weiteren Beträgen die Firma Kamphues, die Grötzinger Heimatfreunde, der Verein Baden in Europa und der Freundes- kreis Pfmzgaurnuseum Durlach. Die verfligbaren Mittel wurden verantwor- tungsbewußt eingesetzt und reichten schon deswegen aus, weil die Zahlung immer höhe- rer Preise nicht in jedem Fall vertretbar er- schien. So erwarb die Stadt Karlsruhe schließ- lich nur 16 Lasnummern, die allerdings zum Teil aus einer größeren Anzahl von Einzel- stücken bestehen. 121 Die Erwerbungen Die zweifellos wertvollste Erwerbung ist ein sogenanntes "Tete-a-Tete" aus dem Be- sitz der Markgräfin Karoline Luise. Es han- delt sich dabei um ein Frühstücksservice ftir zwei Personen mit Kaffee- und Teekan- ne, Milchkrug, Zuckerdose und einer großen Servierplatte. Alle Teile sind auf dunkelblau- em Fond in goldurnrandeten Medaillons indi- viduell mit spielenden Putten bemalt. Das aus dem Karlsruher Schloß stammende Ser- vice wurde um 1780 in der Berliner Porzel- lanmanufaktur hergestellt. Im Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais wird es künftig in der Abteilung über das 18. Jahrhundert einen August Pecht nicht zu übersehenden Platz einnehmen. Ein wichtiges Stück dieser Abteilung wird auch ein Elfenbeinporträt des Stadtgründers, des Markgrafen Karl Wilhelm, bilden. Das im 18. Jahrhundert entstandene ovale Relief ist auf einen Ebenholzsockel montiert und mit aus Obstholz geschnitzten militärischen Emblemen (Fahnen, Kanonenrohre, Spieße) umgeben. An den letzten ftirstlichen Besitzer des Prinz-Max-Palais und letzten Reichskanzler des deutschen Kaiserreiches, Prinz Max von Baden, erinnert eine Reihe von Porzellan- plaketten der Kopenhagener Manufaktur Bring & Gröndahl aus den Jahren 1910 bis 1913. Es handelt sich dabei um Oster- Schiller nach der Erstauffr1hrung der Räuber 1782, vor dem Hoftheater in Mannheim. 122 geschenke der Großherzogin Luise an ihren Neffen. Für das Prinz-Max-Palais sind dies die einzigen Stücke, die aus dem Haus selbst und aus dem Besitz des Namengebers des Hauses stammen. Ein Hochzeitsgeschenk an Großherzog Friedrich I. und die Großherzogin Luise ist das 1856 von dem Karlsruher Schreiner Au- gust Glaenz hergestellte neugotische Eck- schränkchen. Dieses reich beschnitzte Mö- belstück erhält seinen besonderen Reiz da- durch, daß auf den Innenseiten der Schrank- türen unter Glas zwei gut erhaltene Aquarel- le des Hofmalers Wilhelm Dürr angebracht sind, die überdies Ausschnitte aus Gedichten Johann Peter Hebels und Ludwig UhIands ent- halten. Eine gleichfalls gut erhaltene farbige Zeich- nung fmdet sich im Deckel einer Schreib- schatulle aus der Zeit um 1840. Sie stellt den von Weinbrenner erbauten Gotischen Turm mit einigen Personen dar. Schon zwanzig Jah- re später verschwand das Bauwerk, so daß das Bild zugleich dokumentarischen Wert hat. Ähnliches kann von einer großformatigen Bleistift- und Tuschepinselzeichnung gesagt werden. ,,Auf dem Weg nach Beiertheim" heißt das 1856 von F. von Stockhorn gemalte Bild. Es gibt einen guten Eindruck davon, wie das Gebiet, das heute noch Beiertheimer Wäldchen heißt, damals ausgesehen hat. Eine Ansicht des Schlosses Gottesaue aus der Mitte des 19. Jahrhunderts findet sich auf einer großen, ansonsten sehr bunt verzierten Porzellantasse. Einige Gegenstände, welche die Stadt in der Auktion erworben hat, entstammen der Karlsruher handwerklichen Produktion. Dazu gehört eine große Kanzleiuhr des Uhrmachers Otto Freyheit vom Ende des 19. Jahrhunderts. Zu seinem 70. Geburtstag am 9. September 1896 erhielt Großherzog Friedrich I. unzäh- lige Geschenke aus ganz Baden von allen möglichen Institutionen und Vereinigungen. Diese zum Teil äußerst kunstvollen Gaben gingen fast alle an das Badische Landesmu- seum, auch die aus Karlsruhe stammenden. Für die Stadtgeschichtlichen Sammlungen konnte ein großes ovales Kupfertablett er- worben werden, das die Metzgergenossen- schaft Karlsruhe dem Großherzog zum Ge- schenk gemacht hatte. Die Platte ist reich verziert und mit dem badischen Wappen und entsprechender Widmung versehen. Ein besonders bemerkenswertes Stück ist ein von der Karlsruher Möbelfabrik Bern- hard Grothues gefertigter Prunktisch aus Nuß- baurnbolz und Einlegearbeiten aus verschie- denen Edelhölzern. Die Schützengesellschaft Karlsruhe schenkte den Tisch dem Großher- zogspaar 1881 zur Silbernen Hochzeit. Einige Erwerbungen der Stadt sind fur das Pfmzgaumuseum Durlach gedacht, darunter eine Fayence-Platte aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit sehr schöner Blumenbema- lung, aber leider auch einigen Randbestos- sungen. Aus der Zeit um 1700 stammt eine kleine silber-vergoldete Patene (Abendmahlsgerät) mit dem Wappen von Baden-Durlach. N ach einem Gemälde des Hofmalers Johann Baptist Kirner entstand eine großfor- matige Lithographie, die zwar als "Jagdpartie im großherzoglichen Wildpark" bezeichnet, aber etwas nördlich von Durlach aufgenom- men ist. Man sieht die Stadt und den Turm- berg im Hintergrund. Vorne steht Großher- zog Leopold mit einer Anzahl von J agd- genossen. Auf das Jahr 1833 datiert ist ein großes Aquarell von earl Ludwig Fromme!. Es zeigt eine Gruppe von Bauern im Innenhof der Karlsburg. Weil später verschwundene Ge- bäudeteile auf dem Bild noch zu sehen sind, besitzt es dokumentarische Bedeutung. Vielleicht das größte Interesse vieler Dur- lacher wird ein Gemälde von 1856 fmden, 123 das der Maler Karl Roux "Der Bauherr" beti- telt hat Auf ihm erkennt man den Markgrafen Karl II., wie er auf einer Baustelle aus seiner legendären "Dasch" die Bauarbeiter auszahlt. Der Schauplatz Durlach wird durch den im Hintergnmd sichtbaren Turmberg angedeutet. Gemeinsamer Erwerb mit der Stadt Mannheim Unkonventionell wurde beim Erwerb eines Gemäldes von August Pecht aus dem Jahr 1865 verfahren, das Schiller nach der Ur- auffiihrung der "Räuber" 1782 vor dem Hof- theater in Mannheim zeigt. Den Kaufpreis von DM 60000,- erbrachten je zur Hälfte das Mannheimer Reiss-Museum und die Stadt Karlsruhe. Da Mannheim gleichermaßen an diesem Bild interessiert war, konnten so Über- bietungen vermieden werden. Für Karlsruhe ist das Bild deswegen von Bedeutung, weil das Pendant dazu "Goethe am Karlsruher Hof' ehedem im seI ben Zimmer im Karlsru- her Schloß hing. Heute befindet es sich im Museum fur Literatur am Oberrhein. Dorthin soll das sehr große neu erworbene Bild nach dem Umzug des Dichtermuseums in's Prinz- Max-Palais auch kommen. Zunächst wird es aber fur einige Zeit in Mannheim gezeigt. Wo das Gemälde dann endgültig bleiben soll, muß eine spätere Vereinbarung ergeben. Alle Erwerbungen der Stadt werden nach ihrer Restaurierung in den Räumen der Spar- kasse Karlsruhe der Öffentlichkeit präsen- tiert werden. Heinz Schmili 40 Jahre Bundesfachschule Sanitär- und Heizungstechnik an der Heinrich-Meidinger-Schule Karlsruhe Vor 40 Jahren, am 20. Februar 1954, fand in der Aula der damaligen Gewerbeschule im Gebäude der jetzigen Carl-Hofer-Schule eine Feierstunde statt, in der zum letzten Mal Absolventen der Meisterschule fur das Installateur- und Klempnerhandwerk entlassen und die Umwandlung und Eröffnung der Bundesfachschule fur das Installateur-, K1emp- ner-, Zentralheizungs- und Kupferschmie- dehandwerk vollzogen wurden. Die Meister- schule war zu diesem Zeitpunkt bereits 45 Jahre alt, - sie war 1909 gegründet worden. In ihrer Geschichte spiegelt sich die technische Entwicklung der Sanitärtechnik von einfach- sten Handgriffen zu vielseitigen und umfassen- den handwerklichen Fertigkeiten und emer hochtechnischen Gerätetechnik wider. 124 Ursache und Aulaß im 19. Jahrhundert: "_v_,_w •. ~.,,~~~!:~~;:::::v~I~!:::'~,, •. wW"w._.w, Ende des 18 . Jahrhunderts in der Rokoko- zeit gehörte Waschen und Baden nicht zum guten Ton. Schminke, Puder und Parfum ließen Unsauberkeiten und unangenehmen Geruch verschwinden. Die Abfalle wurden in die Flüsse geworfen, durch das Regenwasser oder durch Bächle - heute noch in Freiburg zu sehen - in die Flüsse gespült. Aus den Flüssen aber kam das Wasser in die Trinkwasser- versorgungssysteme. Eine weitere Belastung ergab sich durch die zunehmende Industriali- sierung. Die Abgänge der Fabrikation wurden in die Flüsse und Seen geleitet. Die 1817 aus Indien eingeschleppte Cho- lera und ihr epidemisches Auftreten in den folgenden Jahrzehnten waren u. a. die Ur- sache fiir eine intensive wissenschaftliche Erforschung der Zusammenhänge zwischen dieser Krankheit wie auch von Pest und Typhus und dem Zustand des Trinkwassers, der körperlichen, hygienischen Sauberkeit und der Entsorgung des verbrauchten Was- sers. Robert Koch entdeckte 1882 den Er- reger der Tuberkulose und 1883 den Cho- lerabazillus. Max von Pettenkofer begründe- te die experimentelle Hygiene. 1892 brach in Hamburg eine Choleraepidemie aus, an der in kurzer Zeit 8 600 Menschen starben. Nun drang ins allgemeine Bewußtsein, daß eine Versorgung mit sauberem Trinkwasser, häusliche Hygiene und ein Abwassersystem, das ein Eindringen von Bakterien und krankheitsübertragenden Tieren in die Häu- ser des einzelnen aber auch des Volkes unabdingbare Voraussetzung waren und entscheidende Bedeutung hatten. Die Stunde der Technik: Erfmdungen, Entwicklung!~ und ein neuer Beruf_ Die Naturwissenschaft hatte grundlegende Zusammenhänge aufgedeckt. Das Ziel war bekannt. Die Technik hatte nun die Aufgabe, die Vorgaben in die Wirklichkeit umzusetzen und mit den entstehenden Schwierigkeiten fertig .zu werden. Das Großherzogtum Baden schuf sich in Karlsruhe im 19. Jahrhundert hierfür beste Voraussetzungen: 1825 wurde das Polytechnikum gegründet und 1834 das duale Ausbildungssystem geschaffen, das die Lehrlingsausbildung revolutionierte und ge- rade heute nicht nur in Deutschland hoch- gelobt wird. Die öffentlichen Wasserver- und -ent- sorgungsunternehmen verlegten Trinkwasser- leitungen und Abwasserkanäle bis zur Grundstücksgrenz.e bzw. zum Hauseingang, so wie es auch heute noch üblich ist. Auf dem Grundstück bzw. im ' Haus war es dann Aufgabe der selbständigen Handwerker, die notwendige Technik einzubauen oder, wie es jetzt hieß, zu installieren. Mit diesem aus dem Französischen entnommenen Wort (instal- lation = Anlage) war auch gleich die Be- zeichnung fiir den sich neu entwickelnden Beruf gefunden~ Der Installateur war gebo- ren, d. h. der Anlagenbauer. Heute: der Anla- genmechaniker. Die Ursprünge des Berufs liegen am Beginn des Mittelalters und zwar beim Schmied, der Eisen und Kupfer zu Blechen (= Blechner) ausschmiedete und.daraus Spangen (= Speng- ler), Behälter (= Flaschner), Rüstungen (= Plattner, Harnischmacher) und Klempen (mittelhochdeutsches Wort fiir Haken oder Spange: Klempner) herstellte. Durch das rasche Wachstum der Städte im 19. Jahr- hundert weiteten sich die Aufgaben der Klempner auf die Ausfiihrung der Trink- wasserversorgungs, und Abwasserentsor- gungsanlagen sowie der Gasleitungsanlagen aus. Die fachmännische Installation und Wartung der Wasserversorgung, 'der sanitä- ren Anlagen, der Entwässerungsanlagen, der Gaskocher und der damit zusammenhängen- den Einrichtungen waren Ziele und Aufgaben des nun neu entstandenen Berufsbildes des Gas- und Wasserinstallateurs. Trotz der fortschrittlichen beruflichen Ausbildung seit 1834 in Karlsruhe zeigte es sich, daß aufgrund der fortschreitenden Technik, der immer komplizierteren An- lagensysteme und des zunehmenden fach- kundlichen Wissens eine solide handwerkli- che Ausbildung allein nicht mehr ausreichte. Vor 85 Jahren genehmigte die Stadtverwal- tung die Einrichtung von dreimonatigen Fachkursen im Ganztagsunterricht rur Blechner und Installateure. Am 17. Mai 1909 begann der erste Kurs mit neun Teilnehmern, die "Süddeutsche Fachschule fiir Blechner und Installateure" war gegründet. 125 Mit der GründWlg der neuen Fachschule war damals eine vielfaltige Zielsetzung verbWlden: - In technischer Hinsicht wird eine weit über den üblichen Rahmen hinausgebende gründli- che Fach- und WeiterbildWlg vermittelt. - Tüchtige Handwerksmeister sollen heran- gebildet werden, Staatsbürger mit einer ver- antwortungsbewußten Persönlichkeit. - Für den Beruf des Blechners Wld In- stallateurs wurde eine Aufstiegsmöglichkeit geschaffen, da an keiner Bau- oder Ingenieur- schule ein entsprechendes Studium eingerich- tetwar. - Die staatliche personelle und sächliche Trägerschaft Wld Aufsicht garantierte einen Qua1itätsstandard, wie er in Baden bereits Tradition hatte und der von äußeren Interessen- lagen und Situationen unabhängig war. . Mit der Aufualune des Lehrbetriebs war eine geschlossene AusbildWlg der Blechner und Installateure vom Lehrling bis zum Meister gewährleistet. Die Voraussetzungen zur Bewältigung der technischen Probleme, die sich mit der EntwicklWlg der Haustechnik ergeben haben, waren damit geschaffen. Die UmwandlWlg zur BWldesfachschule: Vom Installateur zum Sanitärtechniker Die Situation zu Beginn der 50er Jahre war nicht unähnlich der zu Beginn des JahrhWl- derts: Die Bauwirtschaft Wld damit die Bauhandwerksberufe wurden bald nach der WährWlgsreform vor große Aufgaben ge- stellt. Wie auch damals ging die Initiative von der Wirtschaft, d. h. vom Zentralverband des Installateur- und Heizun~shandwerks in Bonn, aus, eine zentrale BildWlgsstätte zu schaffen. Eine GründWlgsvereinbarWlg zwi- schen dem Zentralverband des Installateur-, K1empner-, Kupferschmiede- Wld Zentral- heizungsbauerhandwerks Bonn, dem Lande Baden-Württemberg Wld der Stadt Karlsruhe 126 wurde am 20. Februar 1954 in die Wirk- lichkeit umgesetzt: Die "BWldesfachschule" war geboren. Auf der Grundlage einer mit Gesellenprüfung abgeschlossenen Lehre Wld einer dreijährigen Gesellenzeit wird der künftige Techniker in drei Semestern in einer der F achrichlWlgen Klempnerei und installa- tion bzw. Kupferschmiede Wld Apparatebau bzw. Heizung-Lüftung-Wärmewirtschaft aus- gebildet. Nach erfolgreicher Abschlußprü- fung darf er sich "Staatlich geprüfter Tech- niker" in einer der drei FachrichlWlgen nen- nen. Das Ziel der BWldesfachschule . wird folgendermaßen beschrieben: Dem hand- werklich vorgebildeten Wld beflihigten jWlgen Menschen soll eine wissenschaftlich fundier- te theoretische Wld praktische AusbildWlg geboten werden, die ihn beflihigt, als Techni- ker in handwerklichen, industriellen Wld öffentlichen Betrieben in PlanWlg, Fertigung Wld ÜberwachWlg erfolgreich tätig zu sein. Die Unterrichtskonzeption war außerordent- lich fortschrittlich: Der gegliederte Unterricht in den einzelnen Fächern wurde durch Projekte kleinerer Wld größerer Art fächer- übergreifend thematisch zusammengefaßt Wld Wlter Realbedingungen durchgefuhrt, wie sie für den Techniker in den Betrieben vorlagen. Diese Konzeption stellte hohe AnforderWJgen an die Lehrer, denn die Praxis in den PlanWlgsbüros diktierte Inhalte Wld Unterrichtsstil, sowie an die Schüler, denn die umfangreichen Projekte erforderten Genauig- keit Wld hohen Zeitaufwand. Diese Konzepti- on wurde erst in den 80er Jahren mit der NeuordnWlg der Metallberufe neu entdeckt; sie hat auch wohl die Qualität, das Niveau Wld den guten Ruf der BWldesfachschule erwirkt Wld läßt sich mit sporadisch eilig eingerichte- ten Technikerklassen in ansonst ganz anders konzipierten Gewerbeschulen nicht kopieren. 1961 wurde die im Laufe der vorangegan- genen Jahrzehnte fiir das Installationsgewer- Blick in den Ausstellungs- und v"rsuchsraum der Blechner- und InstaliateurjachschuJe Kar/srnhe. be neu aufgenommene Bezeichnung Sanitär- technik in den SchuInamen übernommen: Sie heißt nun "Bundesfachschule rur Sanitär- und Heizungstechnik" . Mit diesem Begriff wird wohl auch die Hauptaufgabe dieses Hand- werks umschrieben, nämlich die technischen Voraussetzungen rur ein gesundes Leben in den Wohnungen und Häusern zu schaffen (Sanitär von: sanitaire (franz.) von: Sanitas (Iat.) = Gesundheit). Interessanterweise ist es der lateinische Begriff fUr die gleiche Aus- sage, die mit dem Wort Hygiene beschrieben wird. In der weiteren Entwicklung der Bundes- fachschule wurde die Meisterschulausbildung wieder aufgenommen, durch die Berufsschule ergänzt und rur diese gesamte organisatori- sche Einheit der Name "Heinrich-Meidinger- Schule" eingefuhrt. Die Ausbildung wurde auf vier Semester Dauer erhöht, durch zu- sätzliche Kurse wurde der Durchstieg zur Fachhochschule ennöglicht und die Verbin- dung zum allgemeinbildenden Schulwesen mit der Zuerkennung der F achschuIreife hergestellt. Die ideelle Trägerschaft des Zentralverbandes Sanitär-Heizung-Klima St. Augustin und des Bundesverbandes Heizung- Klima-Sanitär in Bonn ist geblieben und bildet ein unverzichtbares und wichtiges Verbindungselement zu den Betrieben, die die ausgebildeten staatlich geprüften Techni- ker einstellen, z. B. fiir speicherprogram- mierbare Steuerungstechnik, Datenverarbei- tung, 'Energiesparsysteme, umweltschonende Geräte- und Anlagensysteme. Seit 1909 wurden ca. I 500 Fachschüler erfolgreich auf die Meisterprüfung vorbereitet, seit 1954 haben etwa 6 400 staatlich geprüfte Techni- ker der Sanitär- bzw. der Heizungs-Lüftungs- Klimatechnik die Bundesfachschule verlas- 127 sen und sind im ganzen Bundesgebiet in Industrie, Handwerk, Behörden, Verbänden und Verlagen tätig. Insofern hat die Heinrich-Meidinger-Schu- le Karlsruhe eine Schlüsselstellung erhalten, wie wir sie uns in unserer modemen deut- schen Zivilisation nicht mehr wegdenken können. Wolfgang Paech Straffälligenhilfe in Baden Der Badische Landesverband rur soziale Rechtspflege Der Name des Verbandes steht nicht nur fiir anderthalb Jahrhunderte Gefangenenfiirsorge, sondern ebenso fiir mannigfache neue Arbeitsfelder der Straffalligenhilfe, die im Laufe der Zeit hinzugekommen sind. Bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein hatte man nämlich die Strafgefangenen in Türmen und Kellerverliesen eingesperrt und bis zur Hinrichtung oder Freilassung nur mit dem Nötigsten versorgt. Eine eher zufallige Betreuung in der Zelle verdankten sie allein der karitativen Initiative einzelner Helfer oder kleiner Gruppen. Erst im Gefolge der Aufklärung, dann der Französischen Revolu- tion, wandelte sich der Straf gedanke und damit die Vollzugsbedingungen. Mehr und mehr setzte sich jetzt die Erkenntnis durch, daß der Delinquent bes- serungsiahig sei. Man errichtete menschen- würdigere Haftanstalten - ,.zucht-, Arbeits- und Spinnhäuser" -, wo .trotz harter Straf- vollstreckung mittels Erziehung und Ausbil- dung ein tadelfreies Leben nach der Ent- lassung vorbereitet werden sollte. Frühe Gefangnisreformen Mutige Wegbereiter wie John Howard {I 726-1790) und Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) haben schon früh Gefangnis- reformen und persönliche Fürsorge fiir die Gefangenen eingefordert. Ihre Gedanken fie- len auf fruchtbaren Boden, bald entstanden 128 "Schutzgesellschaften" wie die 1776 gegrün- dete Philadelphia Society. 1826 kam es in Rheinland-Westfalen zur Gründung . einer Gefangnis-Gesellschaft, 1828 folgte der Berliner Verein fiir die Besserung der Strafgefangenen. In WürUemberg bildete sich 1830 der erste Verein zur Fürsorge fiir entlassene Strafgefangene. Um die gleiche Zeit wurden im Großherzogtum Baden Schritte eingeleitet, um ebenfalls einen Schutzverband zu gründen. Schlüssel gestalt war der Rechtsprofessor Karl Joseph AntonMiuermaier(l787-1867), der an der Universität Heidelberg neben anderen Fächern Strafrecht, Strafprozeß und Kriminologie lehrte, der 1833 zum Präsiden- ten des badischen Landtags in Karlsruhe und 1848 auf den Präsidentenstuhl des Vor- parlaments in Frankfurt berufen werden sollte. In einer Denkschrift des Jahres 1830 schlug Mittermaier vor, an allen Orten im Badi- schen, wo Gefangnisse bestehen, einen Bezirksverein zu schaffen. In Karlsruhe müsse ein Zentralverein - der spätere Landesverband - entstehen, der eine Art Oberleitung über die örtlichen Zusammen- schlüsse ausüben sollte. Am 21 . August 1830 legte der Professor der Karlsruher Regierung einen 44 Artikel umfassenden Satzungs- entwurf vor für einen" Verein zur Besserung der Strafgefangenen und Verbesserung des Schicksals entlassener Häftlinge", der unter dem 20. Januar 1831 vom Staatsministerium gebilligt wurde. Zum ersten Vorstand der Generaldirektion wurden mehrere Karlsruher Bürger gewählt: Geheimer Referendar Ziegler als Vorsitzen- der sowie Geheimer Rat Baumgärtner, Hofdiakon Deimling, Oberpostdirektor Frei- herr von Fahnenberg, Hande1smann Gries- bach, Prälat Hüffel und Finanzrat Rutsch- mann als weitere Vorstandsmitglieder. Am 14. November 1832 fand die erste Generalver- sammlung statt - dies sieht man heute als offizielles Gründungsdatum an. Um die glei- che Zeit bildeten sich draußen im Land 16 Be- zirksvereine. Ihre Zahl sollte im Laufe der nächsten Jahrzehnte bis auf 60 ansteigen. Eine Vielzahl von Hilfsrnaßnahmen lief an: In den Gefangnissen erteilten Lehrer auf Kosten der Vereine Unterricht im Rechnen, Schreiben und Handwerken. Erhebliche Mittel wurden aufgewendet rur die Unterstüt- zung von Fanulienangehörigen während der Haftzeit des Ernährers. Bei Entlassung wurde der Gefangene mit neuer Kleidung ausgestat- tet, mit Reise-, Überbrückungs- und auch Auswanderungsgeldern versehen, verpfande- tes Handwerkszeug ausgelöst. Zur Existenzgründung hat man Spinnma- schinen, Webstühle oder Tischlergerät ange- scham. Die Vereinsmitglieder standen den ehemaligen Gefangenen mit Rat und Tat zur Seite, bemühten sich vor allem um geeignete Arbeitsstellen. Mancher Helfer hat einen Strafentlassenen in seinem eigenen Betrieb angestellt oder gar in sein Wohnhaus auf- genonunen. Im Jahre 1888 errichtete der Landesverband das Erziehungsheim Flehingen und 1912 in der Karlsruher Werderstraße ein Wohnheim rur gefahrdete männliche Jugend- liche. Im Jahre 1919 wurde das Erziehungs- heim Stutensee ftir schulentlassene Jungen Kar! Jase! Anion Millermaier 1787-1867 eröffnet, vom stellvertretenden Verbandsvor- sitzenden Dr. Wetzlar und seiner Frau jahrelang persönlich betreut. Das erfolgreiche Wirken war auch von Seiten der Obrigkeit anerkannt worden, denn der Großherzog hatte 1887 dem Landesver- band, 1896 auch den Bezirksvereinen den Sonderstatus von Körperschaften des öffent- lichen Rechts verliehen, den sie bis heute innehaben. Die Verbandsgeschichte hat seither gute wie ungünstige Phasen durchlau- fen. So ging mit der Inflation das gesamte Vereinsvermögen verloren. Nach der braunen Machtübernahme wurde 129 der Verband dem Amt fiir NS-Volkswohl- fahrt angegliedert. Gleichwohl konnte die Hilfstätigkeit noch einige Zeit ziemlich ungestört fortgesetzt werden, bis dann mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Arbeit wegen Personalmangels weithin eingestellt werden mußte. . Nach dem Zweiten Weltkrieg Nach Kriegsende und Währungsreform regte sich das Vereinsleben wieder. Nunmehr bemühte man sich um Ausstattung der Haftanstalten mit Rundfunk- und Femsehan- lagen, Büchereien, Sport- und Bodybuilding- geräten, weiter um Kostentragung rur Aus- und Fortbildung, z. B. soziales Training; in einem Falle wurde eine Schweißlehrwerk- stätte angescham. Hand in Hand liefen die traditionellen Einzelfallhilfen fUr Gefange- ne, Entlassene und deren Angehörige weiter. Zu Anfang der 70er Jahre ging man dazu über, schrittweise Einrichtungen der teil- stationären Straffalligenhilfe zu schaffen. Dort beraten Sozialarbeiter in AnlaufsteIlen die Beschuldigten und Pi-obanden, in Über- gangswohnheimen fmden Entlassene erste Unterkunft bis zur Wiedereingliederung im normalen Wohnbereich. Im Jahre 1973 konnte der Karlsruher Verein fiir Jugendhilfe im Stadtteil Daxlanden das Neue Christo- phorushaus eröffnen, wo junge Menschen ein Stück Heimat, zugleich modernste jugend- pädagogische Betreuung [mden. Inzwischen betreiben die Bezirks- und Mitgliedsvereine des Verbandes im badischen Landesteil über 20 ortsgebundene Hilfseinrichtungen. Neue Sozialarbeit Parallel hierzu hat man zahlreiche rechts- und kriminalpolitische Maßnahmen gefordert 130 und mitgetragen. So wurde nach Einfiihrung der Strafaussetzung zur Bewährung 1954 das Wirken der Bewährungshelfer unterstützt, die Wiedereinfiihrung der Gerichtshilfe ist Verdienst des Landesverbandes, denn er hat die ersten Sozialarbeiter fUr die neuartige Aufgabe gewonnen und eingesetzt, bis sie vom Staat übernommen wurden. Bedeutsam war in diesem Zusammenhang die gleichzei- tig in Karlsruhe laufende Erprobung des Modells Vollstreckungsgericht, wodurch alle Entscheidungen nach rechtskräftiger Verur- teilung zentral ein und demselben Gericht übertragen werden sollten. Aktuelle . Auf- merksamkeit [mden Entschuldungsberatung und Täter-Opfer-Ausgleich als neuzeitliche Formen der Kriminalitätsprophylaxe und der Diversion im Strafrecht. _ . ____ _ ~~~ gegenwärtige L~e:_",_",_",~~ Nach der Wiedervereinigung hat man partnerschaftlieh zuni Aufbau der Straf- [alligenarbcit im neuen Bundesland Sachsen beigetragen. Zu nennen sind schließlich die Bemühungen um grenzüberschreitende Straf- falligenhilfe hinüber zu den Nachbarländern. Vorbereitungen sind getroffen, um gemein- sam mit französischen Freunden in Straßburg eine europäische AnlaufsteIle rur Straffallige zu eröffnen, in der namentlich auch deutsche Beschuldigte Rat und Hilfe [mden sollen. Der Badische Landesverband fUr soziale Rechtspflege versteht sich als selbständiger regionaler Träger der freien Straffalligen- hilfe. In gemeinnützigem Einsatz versuchen seine Mitglieder, einer mit Vorurteilen betrachteten Randgruppe weiterzuhelfen. Nur wenn wir den vorbestraften Mitbürger wieder annehmen und eingliedern, vermag er straffrei unter uns zu leben. Reiner Haehling von Lanzenauer Die Entwicklung des Volksschulwesens im Raum Karlsruhe Vom 16. zum 19. Jahrhundert Zuvor ein Rückblick: Über Jahrhunderte hinweg ging die Volksbildung von den Klöstern aus. In den Klosterschulen wurden sprachliche und andere Kenntnisse vermittelt. Sogenannte Ritterschulen sorgten fiir die körperliche Ertüchtigung der künftigen Tur- nier-Streiter. Die Markgrafen von Baden, oft in Fehden zur Sicherung ihres Herrschaftsbe- reiches verwickelt, begrüßten es, daß die Klöster Bildungs- und Erziehungsaufgaben übernahmen und gewährten ihnen Schutz und Unterstützung. In den einzelnen Dörfern beschränkte sich jedoch die Unterweisung der Bevölkerung auf die Verkündigung der christlichen Lehre und auf die Anleitung zur Bestellung der Felder sowie anderer fiir den Lebensunterhalt notwendiger Verrichtungen. Das Lesen und Schreiben war fiir sie eine unbekannte Kunst. Von einem allgemeinen Schulwesen in der badischen Markgrafenschaft kann deshalb vor dem 16. Jahrhundert nicht gesprochen ~erden. In den Anfangsjahren des 16. Jahrhunderts entstanden neben den Lateinschulen die sogenannten "niederen lateinischen Schu- len". Während in den Lateinschulen vorwie- gend die künftigen Geistlichen und Söhne aus den Adelsgeschlechtern, aber zunehmend auch Söhne aus dem Bürgertum herangebildet wurden, besuchten diese kleineren Schulen auch Kinder aus dem Kaufinanns- und Handwerkerstand. Diese "niederen lateini- schen Schulen" waren örtliche Einrichtun- gen, von den Gemeinden unterhalten und beaufsichtigt. Eine solche Schule befand sich z. BinDurlach. Aus einer Schulordnung fiir diese Schule aus dem Jahre 1536 ist zu erfahren, daß der Stadtschreiber die Oblie- genheit hatte, Schule zu halten und er dafiir eine jährliche Besoldung von 10 Gulden und 4 Malter Kom bezog. Die Schulordnung gibt u. a. folgende Anwei$ung: "Ein Schulmeister zu Durlach soll zum Vordersten geloben und schwör einen jeden jungen Knaben, der ihm zur Zucht und Lehre befohlen, er sei fremd oder heimbsen, reich oder arm, erstlieh zu Gottes Ehr, zur Zucht und Ehrerbietung gegen der Obrigkeit, ihren Eltern, auch alle alte gelepten Personen zum fleissigsten anhalten, lernen und weisen .. . ". Weiter enthält die Schulordnung die Anwei- sung, Knaben, die nicht Latein lernen, sondern "allein ein Namen zu lesen und schreiben in teutscher Sprach zu lehren begeren und folgens zu Handwerken oder andern Geschäften thun und brauchen wollen, dieselben soll der Schulmeister mit obge- meltem und gleichformigem fleiß und Ernst teutsche Sprach zu schreiben und zu lesen unterweisen, zu göttlicher Forcht, gutenn Sitten und Tugenden ... " in Bedacht des Spruchs Aristotelis - zu deutsch -: "Fort- schritte im Wissen ohne gute Sitten schaden mehr als sie nützen." Außer diesen "niederen lateinischen Schulen" war auch in der Entwicklung zu einem allgemeinen Schulwe- sen mit den sog. " Pfarrschulen" ein guter Anfang gemacht worden. Diese waren eine Einrichtung, die mit kirchlichen Mitteln unterhalten wurde. 131 Die "pfarrschulen" ---,~~, ------ Im Jahre 1556 fUhrte Markgraf Karlll, in der Markgrafschaft Baden-Durlach die Re- formation ein und gab am 1. Juni 1556 eine neue Kirchenordnung heraus. Er erteilte einer aus Beamten und Geistlichen bestehenden Kommission den Auftrag, in jeder Gemeinde neben' der Zustimmung zur neuen Kirchen- ordnung auch überall festzustellen, ob eine Schule vorhanden sei. In jeder größeren Gemeinde, wo bis dahin keine Schule bestanden habe, solle eine solche gegründet werden. Der Superintendant jeder Diözese habe sie jährlich mindestens zweimal zu visitieren und darüber Bericht zu erstatten. In der neuen Kirchenordnung ist im Hinblick auf die Unterrichtung der Jugend u. a. folgendes zu lesen: "Ein jeglicher Pfarrher oder sein Diakonus soll alle Sonntag eine sondere Zeit zu dem Catechisimo, fiirnämlich fiir das jung Volck inn der Kirchen ... fiirnehmen, und die Jugend dahin gewonen, daß sie folgender Catechisi- mum von Wort zu Wort auswendig lernen ... Hernach soll er ettliche Jungen öffentlich verhören ... und sollen die Kirchendiener mit der Jugend so freundlich und holdselig handeln, daß sie nicht von dem Catechismo abgeschreckt, sondern deren lustig werden, wie unser Herr Christus selbst sich der Kinder auf das freundlichste angenommen hat." Im Jahre 1599 gab Markgraf Ernst Friedrich Richtlinien fUr die Kirch- und Schuldiener der Markgrafschaft bekannt, in denen es heißt: "Es obliegt Uns, vorneblich auffKirchen und Schulen nach äusserstem vermög ein wachsa- mes aug zu haben," Die Unterrichtszeit beschränkte sich an- fanglich in der Regel auf die Wintermonate. Die Eltern schickten ihre Kinder erst nach der Erntezeit zur Schule, und im Frühjahr, wenn di,e Feldarbeit begann, hielten sie diese vom Unterricht fern. Jedoch ist Berichten zu 132 entnehmen, daß es im 16. Jahrhundert neben den Winterschulen vereinzelt zusätzlich auch Sommerschulen gab, die während des 17. und 18. Jahrhunderts zur allgemeinen Einrichtung wurden. Gleichzeitig mehrten sieb aber auch die Klagen wegen des unregelmäßigen Schulbesuchs gerade bei den Sommerschulen. Auch im Karlsruher Raum wurden solche Sommerschulen in vielen Orten eingefUhrt. Anfang des 18. Jahrhunderts erf~en wir von solchen u. a. in Bauschlott, Durlach, Eg- genstein, Linkenheim, Hochstetten, Knielin- gen, Grötzingen, Staffort, Wolfartsweier, Ittersbach, Söllingen, Stein und anderen Orten. Doch auch hier reißen die Klagen we- gen des schlechten Schulbesuchs nicht ab. So wird aus Ittersbach gemeldet: "Schule wird schlecht frequentiert, Ermahnungen haben nicht gefruchtet". Von Bauschlott ist ZU hö- ren: "Schulmeister halte zwar Sommerschule, aber Niemand als des Pfarrers Kinder besu- chen dieselbe." Die Klage aus Eggenstein ist mit einem energischen Vorschlag verbunden: "Die Eltern sollen das Schulgeld bezahlen, ob sie ihre Kinder schicken oder nicht; das sei das einzige Mittel, das helfen könne." Aus Stein hört man, "daß ungeachtet die Som- merschule allezeit verkündigt werde, schik- ken die Eltern ihre Kinder nicht einmal den Winter hindurch in die Schule, geschweige im Sommer". Selbst aus Durlach kommen Kla- gen, daß die Kinder besondcrs im Sommer "liederlich zur Schulc kommen". Die Lehrer Sicher spielte dabei auch die wirtschaftli- che Lage der Eltern eine nicht unerhebliche Rolle, da die das Schulgeld fUr den Lehrer aufbringen mußten. Von einem Volksschul- Lehrerstand kann in jener Zeit noch nicht gesprochen werden; oft war der Pfarrer der Lehrer. In manchen Orten wurden auch Lehrer aus anderen Gegenden als Schulmei- Schulmuseum Friedrichshafen am Bodensee, in dem Darstellungen des Schulwesens vom Miltelalter bis zur Gegenwart gesammelt werden. (Ojfnungszeilen Di~ 10-17 Uhr) ster angenommen. Oder man holte als Lehrer Leute im Ort, die lesen, schreiben, singen und den Katechismus abhören konnten. Diese übten ihre Tätigkeit meist als Nebenberuf aus, denn das Schulgeld, das sie von den Eltern erhielten, stellte infolge des unregelmäßigen Schulbesuchs kein sicheres Einkommen dar. Viele übten deshalb ein Handwerk aus, oder sie wurden als Gerichts- schreiber und zu Arbeiten im Gemeindedienst herangezogen. So waren z. B. die Schulmei- ster von Rüppurr und Berghausen 1658 mit dem Schätzungseinzug beschäftigt. Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts erhielten die Schulmeister an manchen Orten auch schon eine Besoldung durch die Gemeinde. _~~hulhäuser un.d Lehrerbesold,;",;;:g~_ Schulhäuser entstanden erst langsam gegen Ende des 16. und im Laufe des 17. Jahr- hunderts. Vorher war es üblich, daß der Schullehrer in der eigenen Wohnung Schule halten mußte. Das Wohnzimmer des Lehrers war zugleich die Schulstube. Der Bericht eines Schullehrers aus jener Zeit gibt einen Einblick in diese Situation: "Wenn Einer den Winter über 20 bis 30 Schulkinder bekommt, wäre es Noth, daß Weib und Kinder aus der engen Schulstuben wichen und den ganzen Winter über den anderen Leuten überlästig sein müssen." Von den im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts unter großen Anstrengungen errichteten Schulhäusern wurden dann viele im 30jährigen Krieg zerstört. Nur langsam 133 kamen danach die Schulen wieder in Gang; doch es währte nicht lange, da erlitt wiederum eine große Zahl der erbauten Schulhäuser das gleiche Schicksal. Die badische Markgrafschaft war durch den PIalzischen Erbfolgekrieg erneut Kriegs- schauplatz geworden, wobei neben vielen anderen Orten am Oberrhein Durlach in Schutt und Asche sank. Die Kriegsfolgen bekamen nach der Wiederaufua1une des Schulunterrichts auch die Lehrer zu spüren, denn die Gemeinden konnten ihre Besoldung nicht mehr aufbringen. Erst um das Jahr 1720 wurde durch Markgraf Karl Wilhelm, dem Stadtgründer von Karlsruhe, der Ausbau des Schulwesens wieder systematisch vorange- trieben. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte auf Antrag der Kirchenbehörde eine zweimalige jährliche Kollekte fiir einen Schulhaus-Baufonds. Gleichzeitig wollte man auch eine Aufbesserung der Besoldung fiir die Lehrer erreichen. Nach einer Übersicht von Kirchenrat Bürklin im Jahre 1747 mit einer Aufzählung der Gemeinden, bei denen der Lehrer ,,hinreichende" Bezahlung erhielt, - wozu auch Karlsruhe zählte -, wird festgestellt: "bei den übrigen Schulstellen benebst einer Anzahl Pfarreien reicht das Einkommen zur täglichen Nothdurft nicht hin". Am 16. März 1747 winI der Marlcgraf gebeten, diefiirstliche Rentkammer solle wegen. der Aufbesserung der Lelncibesoldung einen Vorschlag machen. Allein die Rentkammer war mit einer solchen Aufbesserung keineswegs einverstanden. Sie erwiderte, daß sie "die Verbesserung · der allzu geringen Pfarr- und Schulkompetenzen, welche sich auf 4-5 000 Reichsthaler belatifcn dürfte, vor eine pure Ohnmöglichkeit ansehe". Naeh<einem weiteren Vorstoß bei Marlcgraf Katl 'Friedrich erging jedoch ein Betrag des Fürsten an die Rentkammer, um durch einen jährliChen Zuschuß an den geistlichen Ver- waltungsfundus zur Verbesserung der schlech- ten Landesschulbesoldungen beizutragen. Diese Zuschüsse galten jedoch nur fiir die ,,geringsten Schulbesoldungen". Eine weitere Verbesserung, die heute wohl besonderes Erstaunen hervorruft, betraf die Heizung des Schulzimmers. Es bestand bisher die Anwei- sung, daß jedes Schulkind im Winter täglich 1 Scheit Holz in die Schule mitbringen mußte. Mit Decret vom 17. Mai 1754 wurde an- geordnet, daß die Lieferung des Brennholzes künftig durch die Gemeinde erfolgen muß. Die Förderung des Schulwesens durch Markgraf Karl Friedrich zeigte sich auch in der Einfuhrung der Schulpflicht fiir alle Kinder vom 6.-13. Lebensjahr (General- Verordnung vom 28. September 1753). Sie galt sowohl fiir die Winter- wie Sommer- schulen. Außerdem richtete er zusätzlich die Sonntagsschulen fiir die aus der Schule entlassenen Jugendlichen ein, wobei der Unterricht 1768 dahingehend erweitert wur- de, daß er neben Religionslehre auch Lesen, Schreiben und Rechnen umfaßte. In einer General-Synodal-Verordnung vom 25. Mai . 1756 wird im Hinblick auf den Schulbesuch den Eltern, die ihre Kinder künftig nicht regelmäßig zur Schule schicken, angedroht, daß die Schultheißen diese fiir jeden versäumten Schultag sollen ,,ganz ohnfehlbar einstecken lassen". Gleichzeitig wird bestimmt, daß fiir arme Kinder das Schulgeld "aus dem Flecken-Almosen" beschaffi werden soll. Die einzelnen Unter- richtsfacher wurden in einem Schulschema- tismus geregelt. Vereinigung der Markgrafschaften """"""':««<0 :"'": ~»»:~ __ • 1m Jahre 1771 wurden die seit dem Jahre 1527 getrennten Markgrafschaften Baden- Durlach und Baden-Baden wieder vereinigt. 'In der Markgrafschaft Baden-Baden, die nach der Reformation katholisch verblieben war, hatte es in den vergangenen 250 Jahren ebenfalls große Anstrengungen zur Hebung des Volksschulwesens gegeben. Zuletzt hatte Markgraf August Georg v. Baden-Baden vor seinem Ableben in einer ,,Allgemeinen Landschulordnung" vom 27. Juni 1770 ebenfalls die Schulpflicht fiir das ganze Jahr eingefiihrt. Hic wurden fiir Eltern, die ihre Kinder nicht regelmäßig zur Schule schickten, Straf gelder angeordnet. Schulgeld wurde fiir arme Schu1kinder nicht erhoben. Nach dem Zusammenschluß der beiden Markgrafschaften blieben die konfessions- verschiedenen Schulen erhalten, und meist schickten die Eltern ihre Kinder auch in die Schule ihres Bekenntnisses; ein Zwang hierzu bestand jedoch nicht. Da sich in der Folgezeit durch die Herausbildung verschiedener Schultypen das Schulwesen inuoer mehr differenzierte, entwickelte es sich zunehmend hin zur Simultanschule, die dann in Baden im 19. Jahrhundert eingefUhrt wurde und Vorbild- funktion fiir das Schulwesen in den anderen deutschen Ländern erlangte. Die Lehrerausbildung . Zur Ausbildung der Lehrer ist erst aus dem Jahr 1756 eine allgemeine Verordnung bekannt. Sie sah vor, daß sich der angehende Lehrer bei dem Pfarrer und einem guten Schullehrer in den Schulunterricht - auf seine Kosten - wenigstens ein Jahr lang einfuhren und einüben ließ. In einer Anweisung von 1757 werden nähere Ausführungen über die "am Schlusse der Ausbildung vor dem Fürstlichen Kirchen- rats-Kollegium abzulegende Prüfung" gege- ben. 1768 wurde beim Gymnasium in Karlsruhe ein Schulseminarium eingerichtet. Aufnahme in das Seminarium sollten nur solche finden, die "schon die ganze Schul- Präparation durchlaufen haben". Die Ausbildungszeit dauerte ein Jahr. Im letzten Halbjahr sollte sich der Schulkandidat bei einem der besten Schullehrer "täglich eine Stunde in Methode Docenti üben". Im Hinblick auf den Bauernstand sollte auch das Okulieren der Bäume und der Seidenbau erlernt werden, ebenso mit Rücksicht auf die Handwerker und Architekten "die Reiß- stunden auf dem Rathaus zu Carlsruhe" besucht werden. Den Nachweis über ihre Eignung hatten die Lehrer in häufigen Schulvisitationen zu erbringen. Bereits 1756 war eine monatliche und vierteljährliche ·Schulvisitation angeord- net worden. Beim jährlichen Hauptexamen waren 65 Prüfungsfragen zu beantworten. 1805 hatte Baden nach dem Sieg Napoleons über Österreich einen Teil der vorder- österreichischen Lande, zu denen der Breis- gau gehörte, erhalten. Die Schulen dieses Gebietes unterstanden bisher der Regierung in Wien. Auch durch diesen Gebietszuwachs ergab sich fiir Baden, das nun Großherzogtum geworden war, die Aufgabe, durch einen Organisationsplan das gesamte Schulwesen neu zu ordnen, womit die Weichen fiir die weitere Entwicklung des Volksschulwesens in das 19. Jahrhundert gestellt wurden. AmalieHeck 135 Hofrat Johann Lorenz Boeckmann und das erste deutsche Telegramm Ein Karlsruher Physiker fördert "Telegraphik" Bemühungen, Nachrichten auf große Ent- fernwigen schneller als durch Boten zu übermitteln, reichen bis ins Altertum zurück. Vielfliltig waren im Laufe der Jahre die Versuche; mit Hilfe von Apparaten optische Signale zu übermitteln, doch erst dem Franzosen Claude Chappe gelang es, einen wirklich brauchbaren optischen Telegraphen zu konstruieren. In seinem Land war 1789 die Revolution ausgebrochen, und der zur Untätigkeit verdammte Abb6 Chappe hatte nun genügend Zeit, sich mit der von ihm geliebten Physik zu beschäftigen. Damals reifte in dem ehemaligen Geistlichen der Gedanke an eine telegraphische Übertragung, "die es der Regierung möglich machen könnte, Anordnungen in einem Bruchteil der bisher benötigten Zeit zu übermitteln". Nach vielen Versuchen, die seine Angehörigen mit umfangreichen Geldmitteln unterstützten, gelang es Claude Chappe, diesem optischen Telegraphen seine endgültige Form zu geben. Das Signalisiergerät hatte einen zweiarmi- gen Hebel, der aus Brettern balkenartig zusammengesetzt auf einem Gerüst drehbar gelagert war, und an dessen Endenjeweils ein kleiner Flügel zusätzlich bewegt werden konnte. Mit Hilfe des Hebels und der Flügel vermochte Chappe 196 verschiedene Zeichen darzustellen. Um aber allzu schwierige Einstellungen zu vermeiden, beschränkte er sich auf 92 Zeichen. So brauchten nur Stellungen benutzt zu werden, die sich deutlich gegen den Horizont abhoben. 136 Claude Chappe Am 22. März 1792 legte Claud~ Chappe seine Erfmdung dem Konvent (V olksvertre- tung) der französischen Republik vor. Dieser entschied, daß eine Versuchsstrecke gebaut werden solle, die von Pelletier SI. Fargeau nach SI. Martin du Thertre fiihrte. Am 17. Juli 1793 tauschte man auf dieser Telegraphenli- nie - unter den mißtrauischen Blicken von Politikern und Wissenschaftlern - zweI Depeschen aus. Die Nachricht lautete: "Danou ist hier angekommen, er kündigt an, daß der Nationalkonvent seinen Si- cherheitsausschuß autorisiert hat, die Papiere der Deputation zu versiegeln." Die Antwort hieß: "Die Bewohner dieser reizenden Gegend machen sich durch ihre Achtung gegenüber dem Nationalkonvent und dessen Gesetzen der Freiheit würdig." Claude Chappe verblüffte die Prüfungs- kommission mit einer fiir damalige Zeiten unglaublichen Geschwindigkeit, in der die Telegramme durchgegeben werden konnten: Das erste benötigte fur die 70 Kilometer lange Strecke elf, das zweite neun Minuten! Er wurde von der Regierung zum Telegraphen- ingenieur ernannt und der Pioniertruppe zugeteilt, denn das neue Kommunikationsmit- tel sollte militärischen Zwecken vorbehalten bleiben. Zugleich beauftragte man ihn mit dem Bau einer Telegraphenlinie von Paris nach Lilie. Es stellte eine gewaltige Herausforderung fiir ihn dar, eine Strecke von rund 225 Zwei Chappe-Telegraphen: Anfang und Ende der Linie Paris - Lilie Ein Pariser Bürger berichtet: "Der hiesige Telegraph befindet sich aufdem mitte/sten Pavillon des Louvre. Es ist eine Art Observatorium, das aber dem Dach emporragt, hat eine viereckige Form und ist flach gedeckt. Seine Seiten sind ganz verglast, damit man sich allenthalben umsehen kann .. . 'Wenn die Maschine schreibt, dann sagt das zu Tausen- den umher versammelte Volk: 'La maschine va, ah! 10 maschine va! '" Kilometern mit seinem System zu überbrük- ken. 22 Stationen mußten gebaut werden, und er äußerte sich hierzu: "Es waren Initiative, Mühe und Hilfsmittel in unvorstellbarem Ausmaß aufzuwenden, um die zunächst nicht vorhersehbaren Hindernisse und Schwierigkeiten wegzuräumen und eine entsprechende Organisation zu bilden." Kaum hatte diese Linie mit ihrer Erprobung begonnen - ein Zeichen durchwanderte die 225 Kilometer in 2 Minuten -, als schon spektakuläre Depeschen nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa aufhorchen ließen. In der Conde war es zu einem Aufstand von Royalisten gegen die neue Republik gekom- men. Die Regierung gab den Generälen Kleber und Westermann Order, die Erhebung niederzuwerfen. Mit Hilfe des Chappe- Apparates konnte die Einnahme der Conde durch republikanische Truppen dem Konvent während einer Sitzung telegraphisch von Lille aus gemeldet werden. Der Text lautete: "Die Conde ist der Republik wiedergewon- 137 nen worden, die Eingliederung hat heute um sechs Uhr stattgefunden." Der Chappe-Telegraph hatte seine Lei- stungsfähigkeit bewiesen, und sein Erfinder wurde von der französischen Republik beauftragt, weitere Telegraphenlinien aufzu- bauen. Johann Lorenz Boeckmann Schon seit 1793 hatte im badischen Karlsruhe ein Mann mit wissenschaftlichem Interesse den Werdegang dieses neuartigen Signalsystems verfolgt: Hofrat Johann Lo- renz Boeckmann. Geboren wurde er am 8. Mai 1741 in Lübeck. Nach dem Besuch des Gymnasiums in seiner Heimatstadt studierte er in Jena Theologie und Mathematik. Bereits 1764 wurde er zum Professor der Mathematik und Physik am akademischen Gymnasium in Karlsruhe ernannt. Zeitweise war er auch als Lehrer am badischen Hof tätig und genoß besonders das Vertrauen des Markgrafen Karl Friedrich. Im Dezember 1794 erscheint in der Zeitung "Allgemeines Intelligenz = oder Wochenblatt für sämtlich = Hochfiirstlich = Badische Lande" folgende Anzeige: "Carlsruhe. Des Herrn Hofrath BoeckmlllUlS Versuch über Telegraphik und Telegraphen, nebst der Beschreibung und Vereinfachung des französischen Telegraphen und der Anzeige einiger von ihm vorgeschlagener neuen Methoden, mit Kupfern, hat soeben die Presse verlassen und ist in Macklots Hof- buchhandlung a 1 fl. (Gulden) zu haben." Am Anfang seines Büchleins stehen die Zeilen: "Wenn anders ein Gegenstand, der von unbezweifeiter Wichtigkeit ist, und ein reiner, guter Zweck einer literarischen Arbeit auch bei sonst geringen Vorzügen einigen Werth geben können, so verdient diese kleine Ab- handlung über Telegraphik vielleicht eine nicht 138 ungütige Aufnalune vom Publikum. Denn sie zielt ab auf Menschen und Länder Wohl, und ihr Thema ist vielumfassend und groß; zwar wohl nicht durchaus neu, und schon von würdigen Männern vor mir bearbeitet, doch immer noch mancher Entwicklung fähig, ganz das Augenmerk der itzigen Zeitperiode, und den Bcdürfuissen derselben vollkommen angemessen!" Einige Seiten weiter vermerkt er: . "Was ist denn also Telegraphik? Was sind Telegraphen? - Nach dem eigentlichen Sinn des Wortes ist jene eine Schreibkunst in die Feme, oder die Wissenschaft, jemandem eine willkürliche Gedlinkenreihe in beliebiger Entfernung und mit ungewöhnlich großer Geschwindigkeit bestimmt und sicher be- kannt zu machen; und ein Telegraph wäre dann ein Mann, der diese Kunst auszuüben versteht. Doch ,vird das Wort Telegraph itzt größtentheils in einer anderen Bedeutung, und fUr die ganze Einrichtimg selbst gebraucht, vermittelst welcher die Gedanken in die Feme mitgetheilt werden ... " J ohann Lorenz Boeckmann geht nun auf Methoden ein, die bislang zur Übertragung von Botschaften oder Hinweisen verwendet worden waren: akustische Signale durch Zurufe über eine Menschenkette oder Spre- chen in Röhren, um so den Schall möglichst weit zu befördern, Glockenschläge, Abfeuern von Geschützen usw. Beim optischen Signalisieren verweist er auf Feuer und Rauch, erwähnt dabei die Fackelzeichen des Altertums und schlägt vor, sehr hohe Buchstaben herzustellen, die mit Ferngläsern abgelesen werden könnten,ja, durch Beleuch- ten von hinten dem Beobachter auch nachts sichtbar zu machen wären. Eine neue Methode Doch auch eine neue Methode fmdet in seiner Schrift ihren Platz, nämlich das Zei- chengeben mit Hilfe der Elektrizität. Natür- lich drückt sich unser Physiker noch recht vage aus, schließlich hat er dies schon vor 200 Jahren geschrieben. "Sie gäbe ohne Zweifel", so Professor Boeckmann, "die geschwindeste, weitrei- chendste, unaufhaltbarste, geheimste, allge- meinste Methode von allen, wC.m sich bei ihrer Anwendung nicht so viele Schwierigkei- ten fanden, und wenn sie nicht so außeror- dentlich teuer bey der ersten Anordnung wäre." Natürlich ist sich Hofrat Boeckmann darüber im klaren, daß zu der Zeit, während der er das Manuskript flir sein kleines Werk erarbeitet hat, der Chappe-Apparat wohl das optimalste auf dem Gebiet der Telegraphik darstellte, und er meint: "Der merkwürdigste Zeitpwtkt flir die Telegraphik seit Jahrtausenden fangt ohne Zweifel im vorigen Jahre an, da die fran- zösische Nation, mitten unter ihrer schreck- lichsten Staatsumwälzung, von der Wichtig- keit dieser Kunst belebt, sich en!schloß, einen sehr ausgedehnten Gebrauch davon zu ma- chen, die schleunigste Anordnung dazu furs erste von Lilie bis Paris anbefahl, solche seit wenigen Monaten mit dem Aufwande sehr großer Sununen vollendet und benutzt sieht, und nun ähnliche Einrichtungen flir alle Hauptorte des Reichs wirklich beschlossen hat ... Die Mittheilung der Depeschen kann bey jeder Witterung geschehen, nur nicht bey starkem Nebel und regnerischem Himmel. Und die Nachrichten können auf jeder Station entweder bekannt werden oder geheim bleiben; können mit großer Schnelligkeit auf beträchtliche Weiten fortgeschickt, auch zur Vermeidung von Irrthümem revidiert und verbessert werden," Doch so ganz ist unser Karlsruher Physiker mit der Konstruktion des französischen Telegraphen nicht einverstanden, und er t I·t ' .. '~ : -+ -~ ":\ 'Z ." ' L!1{lTl r;t .',y 1>1<: 2 J r< ~ ~ v'>' $',-->x, 4 DasAlphabetvon Chappe-Telegraphen (0.) und das vereinfachte AlphdJet von Boeckmann (zLJ .. /eh will es nicht nlgen ", meinte der Karlsru- her Physiker zur oberen Tabelle, .. daß einzelne Buchstaben dar nicht da sind, wie zum Einen das kleine d /eh will es abersehen, daß unter- schiedliche Buchstaben mit einerlei Figuren bezeichnet sind, denn es kiJnnen dieses Fehler des Zeichners oder Kupferstechers seyn. " meint: "Übrigens hat diese Methode im Ganzen viel Schätzbares an sich. Sie ist nämlich in Absicht ihrer Erfindung nicht ohne Witz und Scharfsinn. Sie hat eine gewisse Einfachheit zur Grundlage, und es fehlt ihren Signalen nicht an Wahrnehmbarkeit und Deutlichkeit. Doch fmden sich auch bei der näheren Untersuchung und wirklichen An- wendung derselben mancherlei Sch\vierigkei- ten und Mängel, und daher ziemlich viel Stoff zu allerhand Bemerkungen, und Veranlassun- gen genug zum Wunsche, sie vereinfacht und verbessert zusehen ... Sobald ich die erste Nachricht von der 139 Beschaffenheit dieses Telegraphen erhielt", erklärt er, "so verfertigte ich mir auf der Stelle ein kleines Modell und signalisierte zuerst mit demselben im Zimmer. Dadurch fand ich denn bald das Mangelnde und Beschwerliche bey ihm, sowohl im Geben der Zeichen als im Beobachten derselben. Ich beschäftigte mich nun vor allen Dingen mit der Vereinfachung des Alphabetes, indem ich zuerst die überflüssigen Zeichen ftir die großen Buch- staben verwarf, und dann die Zeichen ftir Colon und Semicolon, ftir Frage und Ausrufung und fur die Klammem ausstrich. Denn wer wird wohl in einem Aufsatz ftir Telegraphen Einschiebsel bringen? Oder, wer wird seine Periode (Satzgeftige) nicht so bilden, daß man eine Frage auch ohne das Zeichen erkennen könne? Wem indessen diese Zeichen am Herzen liegen sollten, der kann sie immerhin behalten, da Figuren ftir diesselben genug da sind, Allein es muß bey dieser Schreiberey alles aufs möglichste vereinfacht werden, so lang' es nämlich ohne Nachtheil der Deutlichkeit geschehen kann ... Allein auch hier mißfiel mir die unaufhörli- che Veränderung in der Lage der zween Arme gegen die große Rahme, weil sie zeitfressend ist und leicht Gelegenheit zu Irrthümem geben kann. Ich bediene mich daher izt nur noch eines einzigen Armes, und gebe zu diesem Zwecke der einen Hälfte der großen Rahme ein Unterscheidungs-Merkmal, wozu ich unter mehreren anderen deswegen die durchscheinenden Intervalle an der Rahme und dem Arm wählte, weil diese Seite, die durch den Arm etwas schwerer ist, dadurch wieder etwas erleichtert wird. Aus dieser Veränderung entspringt nun der Vortheil, daß die große Rahme fur sich allein, und ohne Arm, durch ihre vier HauptsteIlungen schon acht deutlich ausgedruckte Zeichen abbildet; weil nämlich in jeder Lage derselben die durchscheinende Hälfte einmal oben und einmal unten ist. Es liefert femer der Arm, 140 wenn er mit der großen Rahme unter einem Winkel von 90° einmal rechts und einmal links verbunden wird, wieder 16 Zeichen, und so sind denn die 24 Buchstaben-Charaktere da! Wird endlich der Arm spitzwinklig gestellt, so gibt er Zeichen ftir die Zahlen. So vereinfacht ist denn nun der französische Telegraph noch weit brauchbarer als vorher. Auch ist der Unterricht fur seine Behandlung weniger mühsam; und selbst der Kostenauf- wand scheint mir izt, da wir die ganze Sache kennen, ganz anders." Am Ende seines Büchleins vermerkt Jo- hann Lorenz Boeckmalm: "Ehrfurchtsvoll zieh' ich mich hier zurück mit der bescheidenen Hoffnung, daß dereinst, wenn die izt ausgestreute Saat in vollen Ähren aufblühet und der reichen Emte entgegen- reifet, daß dann ein Biedermann vielleicht es der Nachwelt sagen wird, daß auch meine schwache Hand in gutem Lande eine kleine Furche zur Aufnahme und Entwicklung jenes Samens gezogen habe!" Zu der Zeit, als das Manuskript in Druck gegangen ist, muß es gewesen sein, daß der Hofrat einen Telegraphen nach seinen Entwürfen anfertigen läßt und einige Helfer mit der Handhabung des Geräts vertraut macht. Am 22. November hat Markgraf Karl Friedrich Geburtstag, und Professor Boeck- mann plant, ihm einen außergewöhnlichen Glückwunsch zu übermitteln. Der Physiker braucht ftir seinen Telegraphen einen günsti- gen Standort, damit dieser vom Schloß aus gut zu sehen ist, und man kann annehmen, daß er dazu den Turmberg bei Durlach bestimmt hat. Das Ganze ist von Boeckmann gut organisiert worden, und so kann er am 22. November 1794 Deutschlands erstes Telegramm durch- geben. Dieses Ereignis dokumentiert die "Hanauer Neue Europäische Zeitung". Am 13. Dezember 1794 bringt sie die Nachricht: "Bei Gelegenheit des Geburtsfestes des Herrn Markgrafen von Baden ward folgendes kleine Gedicht durch den neuen Telegraphen des Herrn Hofraths Boeckmann aus einer Entfernung von anderthalb Stunden (gemeint sind Wegstunden, etwa 6,5 km) nach Karlsruhe signalisiert: Groß ist das Fest, und schön! der Gute lebt, Um dessen Fürstenthron der Vorsicht Auge schwebt, Den seines Volkes Lieb', den Bürgertreu beglücket. Heil ihm! so tönt es fern und nah! o Fürst, sieh hier, was Teutschland noch nicht sah, Wie Direin Telegraph heut Segenswünsche schicket. " Die Zeitung fugt hinzu: "Die Depesche hat mehr als 200 Buchsta- ben und war in weniger als 10 Minuten deutlich und sicher signalisiert." "Mit seinem Instrument (dem Telegra- phen)" berichtet Hofrat Wucherer, ein Zeit- genosse von Boeckmann, später, "begab er sich im Januar 1795 nach Heidelberg und von da nach Mannheim, wo, auf Befehl des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, Versu- che damit angestellt wurden, die so befriedi- gend ausfielen, daß seine Königliche Hoheit den Entschluß faßte, eine telegraphische Linie von Mannheim nach Mainz errichten zu lassen," Albert von Sachsen-Teschen war Oberbe- fehlshaber der damaligen Reichsarmee, die die Absicht hatte, Boeckmanns optisches Signalsystem einzufahren. Doch die wirren Zeiten wirkten sich ungünstig Hir den Karlsruher Physiker aus. Seit 1792 tobt der erste Koalitionskrieg mit Frankreich auf der einen und Österreich und Preußen auf der anderen Seite. Die Franzosen haben in der jetzigen Phase der Auseinandersetzung ein- deutig die besseren Karten, und schon knapp drei Monate nacb Boeckmanns Versuchen in Mannheim schließt Preußen am 5. April 179 5 zu Basel eine Separatfrieden mit der französischen Republik. Zum Bau einer Telegraphenlinie kommt es deshalb nicht. "Merkwürdig ist's", vermerkt Hofrat Wucherer geheimnisvoll, "daß schon 1795, gleich nach den in Mannheim angestellten Versuchen, zu verschiedenen Zeiten drey vornehme Fremde die sich aber nie völlig zu erkennen gaben - ihn hier in Carlsruhe besuchten und ihm fremde Dienste unter höchst vorteilhaften Bedingungen anboten. Er aber blieb unbeweglich bey seinem Entschluß: Hochftirstlich Badische Dienste verlaß ' ich nicht!" Seine wohl letzte Kutschenreise unter- nimmt er aufangs des Jahres 1802 zu seinem "Sohn und Erben" nach Erbach. Vermutlich will er an seinem Lebensende alles geregelt wissen. Am 15. Dezember 1802 schließt Hofrat Boeckmann . in Karlsruhe ftir immer die Augen. Sein Lebenswerk Der badische Professor war ein arbeitsamer und schreibfreudiger Mann. So erschien 1769 sein Buch " Erste Gründe der Mechanik", dem 1775 die "Naturlehre" folgte. 1781 und 1784 wurden seine Schriften "Beyträge zur neuesten Geschichte der Witterungslehre" und "Carlsruher Beyträge zur physischen Geschichte des außerordentlichen Winters von November 1783 bis April 1784" verlegt. 1786 kam dann die Arbeit "Ueber Anwen- dung der Electricität bei Kranken" beraus, und 1787 seine Abhandlung "Welche Fortschritte machten Mathematik und Natur- lehre in den badischen Ländern" . 1794 wurde "Versuche ueber Telegraphie und Tel.gra- phen" veröffentlicht, und 1830 - 28 Jahre nach seinem Tod "Ueber Blitzableiter" als Neuauflage. Im Ganzen erschienen von ihm 141 24 Arbeiten sowie zahlreiche Artikel und Rezensionen in verschiedenen Journalen und Zeitungen. In seinem Nachruf fur den Wissenschaftler Johann Lorenz Boeckmann schreibt Hofrat Wucherer unter anderem: "Nun sieht er die Wahrheit im vollen Lich- te, Boeckmann, dessen Leben der Erweite- rung seiner Lieblingswissenschaften, dem näheren Dienst des Hochflirstlichen Badi- schen Hauses, unserer akademischen Fürsten- schule, dem Vaterland im Ganzen und seinen Freunden gewidmet war." Heinz Straub <=ltristiall 1rltrall Markgräflich Badischer Hofgärtner und Afrikareisender Touristen, die sich heute in den Badeorten der tunesischen Mittelmeerkiiste sonnen, werden wahrscheinlich kaum eine Vorstel- lung davon haben, wie gefahrvoll und strapaziös eine solche Reise vor mehr als 250 Jahren war. Darüber berichtet uns der markgräflieh badische Hofgärtner Christi an Thran, der von 1731 bis 1733 im Auftrag des Markgrafen Karl Wilhelm von Baden- Durlach eine Reise nach Afrika machte, um seltene Pflanzen und Tiere fuf den Schloßgar- ten der gerade neu angelegten Residenzstadt Karlsruhe zu holen. Daß sich seine Aufzeich- nungen überhaupt erhalten haben, ist als Glücksfall zu bezeichnen. Erst 1914 nämlich wurde das Tagebuch seiner Afrikareise auf einer Straßburger Auktion fur den Groß- herzoglichen Hausfideikommiß erworben. Es befmdet sich deshalb seither im General- landesarehiv. Daß Thrans Reise überhaupt zustandekam, ist allerdings dem Erkenntnisinteresse eines anderen Monarchen zu verdanken, dessen Hofhaltung weit prächtiger und größer als die des badischen war. Es handelt sich um Friedrich August 1., genannt der Starke, der in Personalunion Kurfurst von Sachsen und 142 König von Polen war. Seine Prachtentfaltung am Dresdener Hof ist legendär. So hatte Markgraf Karl Wilhelm u. a. an den dortigen Karnevalsfestlichkeiten, die mit enormem Aufwand veranstaltet wurden, teilgenommen. Zu einer standesgemäßen Hofhaltung gehörte es damals offensichtlich aber auch, daß die furstlichen Gärten mit exotischen Gewächsen und Tieren ausgestattet waren. So wollte sich der sächsische König von Polen mit seinen vier Löwen, zwei Leoparden, zehn Tigern und mehreren Affenarten, die er in seinen Menagerien in Dresden und beim Jagdschloß Moritzburg hielt, noch nicht zufriedengeben und genehmigte die Mittel fUr eine natunvis- senschaftliehe Entdeckungsreise des Leipzi- ger Gelehrten Johann Ernst Hebenstreit (1702-1757) nach Afrika. Diesen begleiteten u. a. der Botaniker Christian Gottlieb Ludwig, der englische Forschungsreisende Thomas Shaw und der Maler · Christian Friedrich Schuberth. Die Reise fUhrte zunächst über Frankfurt nach Karlsruhe, um den "Blu- mengärtner Thran, einen in der Kräuter- wissenschaft und Zeichnungskunst erfahre- nen Menschen", aufzunehmen, aber auch "sowohl einige in des Herrn Markgrafen Menagerie befmdliche seltene Tiere, als sonderlich einen guten Vorrat fremder Gewächse nach dem bereits eingesandten Verzeichnis zu erwerben". Der leidenschaft- liche Botaniker Karl Wilhelm hatte offenbar schon bis dahin eine so imposante San1llllung in Fauna und Flora vorzuweisen, daß man auch in Dresden davon profitieren wollte. Die Expedition aus Sachsen kam ihm gerade recht, um seinen Gärtner mit nach Afrika schicken und damit seine Sammlung ergänzen zu können. Am 14. November 1731 reiste Thran " in Gesellschaft der von Ihro Chur- fOrstlichen Durchlaucht von Sachsen an die Barbarische Cüstcn beorderte Compagnie" von Karlsruhe ab, zunächst "unl das lustig und wohlgebaute Schloß Rastatt zu besehen" . Man ließ sich offensichtlich Zeit, unl die Sehenswürdigkeiten der an der Reiseroute liegenden Orte und Landschaften studieren und außerdem noch botanische Studien betreiben zu können. So beschreibt Thran ausftihrlich die Stationen der Reise von Straßburg durch das Elsaß nach Basel, durch die Schweiz nach Lausanne und Genf, und durch Frankreich von Lyon über Orange und Avignon nach Marseille. Die Reise nach Algier __ ,;-;-;,;-;->:"",:0. • -. -,*:<';"';-;'''~_X-;<""".;.:<-:*,_ In Marseille schille sich die Reisegesell- schaft nach Algier ein. Der englische Kapitän des Schiffes "Neptun" und sein betrunkener Steuermann bewiesen sich als unzuverlässige Seeleute, die in einem Nordweststurm den Kurs verloren. Erst nach 23tägiger Irrfahrt erreichte man erschöpft, aber glücklich Aigier, "ganz weiß zwischen den Bergen", nachdem schon Proviant und Trinkwasser ausgegangen waren. Die Expedition betrat afrikanischen Boden am 16. Februar 1732, somit nach einer bisherigen Reiscdauer von einem Vierteljahr. Algerien und Tunesien sind seit der Eroberung durch die Kalifen im 7. Jahrhun- dert n. Chr. unterschiedlich stark vom Islam geprägte Länder. Im flühen 18. Jahrhundert • '~ , • .•• ~ , "" I ,.,' GeseUenbriejvonMeisterOv'istienTJumjirGott.friedAbrdlanSchtreberger /755. In derMqjuskel"J" des A.=:hnitLs steDt die Figur mit dem Rechen wcWscheinlich ein Selhstporlrait von Ov'istian TJum dar. 143 waren sie Vasallenstaaten des osmanischen Reiches. Die Entdeckungsreisenden sollten dies gleich bei ihrer Ankunft zu spüren bekommen. Auf Empfehlung des englischen Konsuls Mr. Black wurden sie in den Palast des türkischen Dey vorgelassen, der sie in seinem Schlafzimmer empfing, nachdem ihnen sogenannte Christensklaven die Schuhe ausgezogen hatten. Vor dem Dey mußten sie daraufhin niederknien und ihm die Hand küssen. Er gab ihnen die Genehmigung, die Stadt zu besichtigen und das Land zu bereisen, Thran beschrieb die Lebensverhält- nisse in Algier in seinem Tagebuch auf mitunter recht drastische Art, wobei er auf Eß- und Trinkgewohnheiten, Kleidersitten und die Behandlung der Frauen in der islamischen Gesellschaft einging. Auch die Bauart der Wohnhäuser und der Sklaven- markt waren ihm eine Bettachtung wert. Eine Strafexpedition, die der Dey unter Leitung seines Sohnes mit 150 Spahis ausgeschickt hatte, um von maurischen Gebirgsvölkern den überfalligen Tribut einzufordern, gab unseren Afrikaforschern die Möglichkeit, das Landes- innere zu besichtigen. Bei dieser Gelegenheit wurden nun auch Pflanzen gesammelt und Tiere eingefangen. Außerdem stieß man auf die Spuren römischer Ansiedlungen, die mit besonderem Interesse wahrgenommen und in den Reiseberichten beschrieben wurden. Nach A1gier zurückgekehrt, begab sich die Reisegruppe mit Empfehlungsschreiben des Deys per Schiff nach T unesien, wo sie mehrere Küstenorte besichtigte, bevor sie auf dem Landweg nach Tunis aufbrach. Weiter nach Tunesien ~~.~--- Hier wurde ihnen die weitere Reise ins Landeliinnere verwehrt, da der Bey von Tunis "wegen des Hasses der Mauren gegen die Christen" um ihr Leben flirchtete. Nachdem sie die.Rninen von Carthago besichtigt hatten, 1411 machte ein Teil der Gruppe, unter ihnen Hebenstreit und Thran, auf dem Seeweg noch einen Abstecher nach Tripolis. Von hier brach man zu einer Reise nach Lepida (Leptis Magna) auf, um die dortigen römischen Altertümer in Augenschein zu nehmen. Die botanische Ausbeute in dem kargen Land war allerdings gering, so daß man alsbald wieder abreiste und über die Insel Malta nach Tunis zurückkehrte. Mit den in Tunis zurückgelassenen Gefahrten machten unsere Afrikaforscher noch eine Expedition an die heute durch die Reiseprospekte be- kanntgewordenen Badeorte an der tunesi- sehen Ostküsle Hammamet und Monasti und die Hafenstädte Sousse und Sfax sowie in das Landesinnere, nachdem dies ihnen der Bey inzwischen erlaubt hatte. Dabei streiften sie die Stadt Kairuan, die wegen ihrer großen Moschee das Mekka Nordafrikas genannt wird, und EI Djem, das römische Thysdrus, in dem noch heute ein antikes Amphitheater steht, das dem Kolosseum in Rom in den Ausmaßen durchaus vergleichbar ist und das Thran in seinem Tagebuch auch begeistert beschrieben hat. Die Rückreise Nach den archäologischen Studien wandte man sich wieder dem eigentlichen Zweck der Reise zu, nämlich seltener Exemplare in Fauna und Flora habhaft zu werden, und kehrte schließlich mit einer Karawane auf dem Landweg nach Tunis zurück. Dort erreichte die Expedition die Nachricht vom Tode Augusts des Starken, der am 1. Februar 1733 gestorben war, und die Aufforderung, in die Heimat zurückzukehren. Ursprünglich sollte die Reise nämlich noch an die afrikanische Westküste in den Senegal und sogar bis zum Kap der Guten Hoffuung ge- hen. So aber machten sich unsere Afrika- forscher am 17. April 1733 per Schiff auf den Heimweg, was ähnlich gefahrvoll wie die Hinreise werden sollte, gingen doch mehrere Tiere und ein Teil der Ladung im Sturm verloren. Die Gruppe hatte sich allerdings getrennt. Der Botaniker Ludwig und einige Gefahrten reisten auf dem Seeweg über England zurück, Hebenstreit, der schon in Marseille per Reskript zum Pr"fessor an der Universität Leipzig ernannt wurde, und Thran durch Frankreich, Holland und Belgien. Dies gab unserem Hofgärtner die Gelegen- heit, wiederum die Städte auf dieser Reiseroute zu bewundern, wobei ihn Paris und Amsterdam besonders faszinierten, Thran traf am 26. September 1733 wieder in Karlsruhe ein und war damit fast zwei Jahre unterwegs gewesen. Wie er hier empfangen worden ist und wie die Ausbeute seiner Afiikareise ausgefallen war, hat er in seinem Tagebuch leider nicht mehr überliefert. Dresden erreichten immerhin 50 Tiere, darunter "eine muntere Löwin", ein "Tiger- thür", eine Hyäne, ein Schakal, sechs "barba- rische Schafe" , zwei Stachelschweine und mehrere Vogel- und Affenarten. Welche Pflanzen den Weg in die kurfiirstlichen Gär- ten nahmen, ist einem Verzeichnis von 1735 zu entnehmen. Die Naturaliensammlungen, Zeichnungen Schuberths und vielleicht auch Thrans wurden im Zwinger aufbewahrt und bei einem Brand am 6. Mai 1849 vernichtet. Den Verlauf der Reise harMartin Große aber anband der Berichte Hebenstreits und Lud- wigs und noch ohne Kenntnis von Thrans Tagebuch 190 I in den "Mitteilungen des Ver- eins fUr Erdkunde zu Leipzig" rekonstruieren können. Wissenschaftliche Ausbeute Was Thrans Aufzeichnungen über die zumeist trocken wissenschaftliche Berichter- stattung der anderen Reiseteilnehmer hinaus- hebt, ist die lebendige Schilderung "von Landschaft und Leuten, vor allem aber Sitten und Gebräuchen", wie Emil Lacroix schon 1932 in der Zeitschrift "Pyramide" festge- stellt bat. So ist sein Tagebuch nicht nur eine interessante Quelle fUr Botaniker und Archäologen, sondern auch fUr Ethnologen und Historiker. Um diese Quelle dem ge- nannten Forscherkreis besser nutzbar machen zu können, wurde das 175 Doppelseiten umfassende Tagebuch im Rahmen eines Praktikums bei den Stadtgeschichtlieben Sammlungen von Roland Dauber bereits vollständig transkribiert. Vielleicht kann es sogar einmal ediert und in gedruckter Form vorgelegt werden. Thrans Lebensweg >C{.,.. ... """w:.",.,.,,.,.,:-:-:.:-:-:w:-:.,.,.,.,..,.,...,.,.,...;.:.:.:.,,.;.:-:-:*'*'''' • .,-><=<-»:-:=W<.,.,.,...,-:-'''w:'..:.:.;.:.,.,,, Zur Biographie seines Verfassers ist relativ wenig bekannt. So weiß man über Thrans Lebensweg vor seiner Tätigkeit in Karlsruhe allein, daß er 1695 in Sonderburg auf der dänischen Insel Alsen geboren wurde. Viel- leicht hat ihn Markgraf Karl Wilhelm auf einer seiner zahlreichen Auslandsreisen kennengelernt und nach Karlsruhe mitge- nommen. Bedarf nach kundigen Experten war j a bei der Anlage der Schloßgärten genug vorhan- den. Wer fUr die Planung der Gärten nach dem Versailler Vorbild seit der Stadtgründung im Jahre 1715 die Hauptverantwortung trug, ist nicht mehr mit Sicherheit festzustellen, waren doch dort noch andere Gärtner außer Thran am Werk. Sein Einfluß scheint erst später gewachsen zu sein. 1739, ein Jahr nach dem Tod des Stadtgründers, zeichnete er die bekannten Karlsruher Stadtansichten aus der Vogelperspektive in den entgegengesetzten Himmelsrichtungen. Hier beschreibt er auch sehr detailliert die Gartenanlagen und die Menagerien und bezeichnet sich selbst als "Gärtner, der die Inspection über sämtliche allhiesigen FürstI. Gärten hat". Nach Karl Gustav Fecht gab kundschaften" waren im 18. Jahrhundert Thran 1747 einen Pflanzenkatalog heraus, üblich. Thran bescheinigte darin dem Dur- der "über 2000 verschiedene exotische Pflan- lacher Gottfried Abraham Schneeberger, daß zen und Bäume" enthielt, darunter Kampfer- dieser drei Jahre lang ,,fleißig" die Garten- und Maulbeerbäume, die wohl zur Ausbeute kunst bei ihm erlernt habe und nun auf seiner Afrikareise gehört hatten. Wanderschaft gehen wolle. Die vegetabili- Nach Otto Konrad Roller soll Thran schen Verzierungen und der exotische angeblich auch die Krapp-Pflanze, die sich Figurenschmuck auf der Urkunde sind zum Färben von Stoffen eignete, aus Afrika sicherlich eine Reminiszenz an seine Afrika- mitgebracht haben. reise. Kleine Veduten von Paris, ~arlsruhe Sicher ist, daß er 1753 eine privilegierte und Rom sowie offensichtlich ein Selbst- Gesellschaft zur Einfiihrung der Krappin- portrait mit Rechen sind ebenfalls unter dem dustrie gründete. barocken Zierat zu finden. Daraufhin entstanden Krappfabriken in Bis ins hohe Alter war Thran als Gärtner Durlach und Grötzingen, und noch zu Anfang tätig. So fertigte er noch als über 80jähriger des 19. Jahrhunderts bauten die Bauern der ein Verzeichnis über sämtliche Gemüsearten Umgegend Krapp an, bis der Anbau dieser in den markgräßichen Küchengärten an. Als Pflanze durch die Farbstoffe der chemischen er am 17. November 1778 starb, hinterließ er Industrie unrentabel wurde. seinen drei Töchtern ein recht ansehnliches Als Markgraf Karl Friedrich 1746' die Vermögen, was er vielleicht durch die Be- Regierung antrat, wurden die barocken .· teiligung an der Krappfabrikation erworben Gartenanlagen und Menagerien als nicht hatte. Seine Frau Rosina, geb. Kummer, die er mehr zeitgemäß empfunden und verschwan- 1734 geheiratet hatte, war ihm bereits 1761 den nach und nach. Thran zog sich nach vorausgegangen, und seine beiden Söhne, Durlach zurück und betreute den dortigen Johann Christi an, zu dessen Taufe 1735 auch Schloßgarten. Er nahm aber auch noch der Leipziger Gelehrte Hebenstreit gekom- Lehrlinge an. So ist ein prächtiger 1755 von men war, und der 1744 geborene August ihm ausgestellter und gezeichneter Gesellen- Theodor waren wahrscheinlich auch nicht brief überliefert, der im Stadtarchiv aufbe- mehr am Leben. wahrt wird. Derart aufwendige "Handwerks- Peter Pretsch Der Karlsruher Theaterbrand 1847 und sein letztes Opfer Am 28. Februar 1847, einem Sonntag, brach bald nach 17 Uhr im Großherzoglichen Hof- theater zu Karlsruhe ein verheerender Brand aus, der das von Weinbrenner erbaute Thea- ter in kurzer Zeit völlig vernichtete. Das Brandunglück forderte zah1reiche Todesop- fer. Das für die Unglücklichen im alten Fried- 146 hof an der Kapellenstraße errichtete Denk- mal zählt 64 Namen. In Wirklichkeit waren es 65 Tote. Ein Name war vergessen worden. Die Kunde von der Brandkatastrophe erschüt- terte nicht nur die Stadt Karlsruhe und das badische Land, sondern verbreitete sich rasch in ganz Europa. Überall erschienen ausfUhr- Blick ins Innere des Hoftheaters beim Ausbruch des Brandes. liehe Presseberichte und eine Unzahl von Bro- schüren, welche die Vorgänge beim Brand ausftihrlich schilderten, oft unter Zitierung von Augenzeugenberichten. Danach war der Brand an der Holloge ausgebrochen, als ein Hofdiener die schadhafte Gasbeleuchtung ent- zündete und die durch einen Luftzug noch verstärkte Flamme die zu nahe angebrachte, leicht brennbare Draperie ergriff. Hof-Feuer-Polizei und Feuer-Lösch- ~. . Ordnun(,,~2<~ 1840 _"*<'.= Der dramatische Verlaufdes Unglücks zeig- te, daß viele Sicherheitsvorgaben unbeachtet geblieben waren, obwohl die Vorschriften solche durchaus enthielten. So erscheint es unverständlich, daß von vier vorhandenen Türen auf der dritten Galerie, um Personal zu sparen, seit langem nur eine einzige geöffuet war. Die Flüchtenden stürzten vor dieser Tür übereinander und verstopften sie so vollstän- dig, daß niemand mehr hindurchkommen konnte. Erst als der siebenundzwanzigjährige Kaufmann Moritz Reutlinger eine weitere Tür durch Einsatz aller Körperkräfte aufgebro- chen hatte, konnte noch eine Anzahl von Ge- fahrdeten durch diese nach unten gelangen. Nachdem die Besucher des Parterres und der unteren Galerien sich relativ problemlos retten konnten, kam die verhängnisvolle Falschmeldung auf, es sei niemand mehr im Theater. Infolgedessen wurden die Türen im Parterre geschlossen. Wer von der dritten 147 Galerie hinuntersprang, kam nicht mehr hin- aus. Zu allem Überlluß schaltete man die Gaszufuhr ab, so daß alle noch nicht von den Flammen ergriffenen Gänge und Treppen völ- lig im Dunkeln lagen. Verzweifelt versuchten viele sich durch Spriinge aus dem dritten Stock auf ein Vor- dach zu retten, was tatsächlich den meisten ohne größere Verletzungen gelang. Das Schreien und Jammern der Eingeschlossenen endete, als sie allmählich durch den beißen- den Rauch betäubt wurden und vollends, als das Gebäude lichterloh brennend in sich zu- sammenstürzte. Alle Maßnahmen geschahen völlig unko- ordiniert. Die vorhandenen Hilfsmittel waren absolut unzulänglich. So zeigte sich unter anderem, daß die Rettungsleitern alle zu k'U!'z waren. Nicht viel besser stand es mit den drei verfiigbaren Feuerspritzen, von denen überhaupt nur eine funktionierte. Als die gut ausgerüstete und wohl trainierte Durlacher Freiwillige Feuerwehr eintraf, war nicht mehr viel zu retten. Immerhin war es ihr möglich, angrenzende Gebäude vor dem Übergreifen der Flammen zu bewahren. Die vielen Versäumnisse und das zum Teil verständliche Fehlverhalten der Verantwort- lichen während der Brandkatastrophe wurde diesen bald um Vorwurf gemacht. Man glaub- te, daß es kaum zu Todesopfern hätte kom- men müssen, wenn nicht völlig kopflos ge- handelt worden wäre. Zu den Opfern zählten vor allem Besucher der über der Hofloge gelegenen dritten Gale- rie. Dort hatte sich das Publikum schon früh- zeitig eingefunden und drängte sich lange vor 5 Uhr um die besten Plätze. Das auf dem Spielplan stehende Stück "Der Artesische Brunnen" von G. Raeder war eine ausgesprochen volkstümliche Zauberposse mit 148 Joseph Fromholzer 1825- 47, nach einer Daguerreotypie, iahr 1846. Musik, die sich bereits in der vorausgegange- nen Fasnachtszeit als Kassenschlager erwie- sen hatte. Daher waren die billigen Plätze der dritten Galerie vorwiegend von jungen Leu- ten besetzt. Bei den städtischen Unterlagen befmdet sich ein "Verzeichniß der bey dem Hof Theater Brand am 28. Februar 1847. Verunglück1en". Hier sind 64 Namen aufgefUhrt mit Anga- be des Geburtsortes, des Alters, der Konfes- sion oder der familären Herkunft. Das jüng- ste Todesopfer war der achtiährige Sohn Edu- ard des Oberleutnants Kobe. Die älteste Ver- unglückte war mit 44 Jahren die aus Otto- beuren stammende Dienstmagd Josepha Rot- härmel. Viele der Toten stammten aus Karls- ruhe. Es befanden sich aber auch zahlreiche Dienstmägde aus der näheren Umgebung und vor allem Handwerksgesellen darunter, die in Karlsruhe in Arbeit standen, deren Hei- matorte zum Teil aber weit entfernt lagen. In diesem ersten handschriftlichen, aber auch in den nachfolgend gedruckten "erzeichnJssen ist der Name des FärbergeseUen Joseph Fromholzer nicht enthalten. Er steht jedoch auf dem Denkmal im alten Friedhof From- holzer starb erst am 9. April 1847 an seinen schweren "erletzungen im S~ i tal. Da von den meisten Todesopfern des Theatersbrandes außer den genannten Daten so gut wie nichts bekannt ist, kann es als glücklicher Umstand bezeichnet werden, daß sich von Wld über Joseph Fromholzer in Fa- milienbesitz schriftliche Unterlagen, ja sogar eine frühere Photographie, eine sogenannte Daguerreotypie erhalten haben. Die Familie Fromholzer betreibt heute noch in Ruhmanns- felden im Bayerischen Wald eine Färberei Wld textile Handdruckerei. Sie hat das Bild, das Wanderbuch Wld Briefe ihres im Alter von 22 Jahren verWlglückten Familienange- hörigen treulich bewahrt. Durch diese Doku- mente kann die Biographie eines der vielen "erWlglückten exemplarisch erhellt werden. Das letzte Opfer Joseph Fromholzer hat seine Lehre als Fär- ber im väterlichen Betrieb absolviert. Im Al- ter von 18 Jahren ging er 1842 auf die vorge- schriebene Wanderschaft. Diese fuhrte ihn über Sachsen nach Berlin bis nach Königs- berg Wld schließlich über Danzig nach Neu- stadt in Westpreußen, anschließend nach Pom- mern Wld Mecklenburg. In Rostock blieb er ein "iert~ljahr Wld reiste dann weiter durch ganz Norddeutschland. "on Düsseldorf ging die Reise Joseph Fromholzers nach Frankfurt am Main, dann durch Thüringen, Sachsen, Böhmen, Ober- österreich, Salzburg Wld München. Schließ- lich kehrte er am 14. November 1843 in sei- nen Heimatort Ruhmannsfelden zurück. Ein Jahr Wld sieben Monate war er der Heimat fern gewesen. Moderne "erkehrsmittel wie die Eisenbahn konnte Fromholzer nur selten benutzen, da zu der Zeit nur wenige Strecken existierten. Ge- legentlich fuhr er auch mal mit einem Dampf- schiff. Grundsätzlich mußte damals alles zu Fuß zurückgelegt werden, es sei denn, man leistete sich eine Postkutsche. Das aber tat ein Handwerksgeselle nur in äußerst seltenen Fällen. Joseph Fromholzer hielt sich fast nie länger als einen Tag an einem Ort auf. Er notierte aber bei jeder Stadt die Einwohner- zahl Wld die wichtigsten Gewerbe. Bei den durchwanderten Landschaften vermerkte er inuner die Fruchtbarkeit der Böden Wld die angebauten Feldfrüchte. Zwei Jahre Wld vier Monate blieb Joseph Fromholzer nWl im väterlichen Betrieb, um seine WanderWlg 1846 fortzusetzen. Dieses Mal ging die Reise durch Süddeutschland. München, Augsburg Wld Ulm waren die er- sten Stationen. Es· folgten Stuttgart Wld Tü- bingen. Über den Schwarzwald kam From- holzer am 20. März 1846 nach Lahr. In einem ausfuhrlichen Brief an seine "AeltemH , die er mit "Sie" anschreibt, be- richtet er am 19. Juli 1846 aus Lahr über seine ErfahrWtgen im Beruf, die zum Teil sicher auch seinem "ater nützlich sein soll- ten. Lahr wollte er vor allem wegen des Lie- derkranzes nicht so schnell verlassen. Nach relativ kurzem Aufenthalt hatte der renom- mierte "erein den Färbergesellen zum Mit- glied aufgenommen, was auf dessen BildWlgs- niveau, seine Umgangsformen Wld eine ge- wisse Wohlhabenheit schließen läßt. Der strebsame jWlge Mann war sogar in der Lage, Arbeitskollegen Geld zu leihen. Ansonsten gefielen F romholzer die badische Lebensart, der Wein Wld die Gegend, die er fur die schönste Wld fruchtbarste Deutschlands" hielt. Mit dem Brief übersandte Joseph Fromholzer seinen Eltern sein "Portraits", "gemacht auf einer Kupfertafel", die schon erwähnte in Lahr 149 angefertigte Daguerreotypie. Der nächste erhaltene Brief Fromholzers datiert vom 14. Februar 1847 aus Karlsruhe. Er war froh, in Eduard Printz in Karlsruhe einen Arbeitgeber gefunden zu haben, der ihm anbot, ,,für immer hier zu bleiben", al- lerdings unter der Bedingung "im fall es kei- ne Arbeit giebt, so giebt es auch keinen Lohn" . Nach längerem Zögern nahm Fromholzer das Angebot an, "den ich hatte keine beßere Aus- sicht, das Reißen im Winter ist beschwerlich, kostet viel Geld, u. wan ich auch Arbeit er- halte, so ist sie nur von kurzer Dauer. Den bis ende Merz müßte ich wieder hier sein, da ich doch noch mehr Uebung bey dieser Ar- beit haben will". Fromholzer deutete aber an, daß er bei Herrn Printz nicht auf Dauer blei- ben wolle und sich um eine Stelle an einem anderen Ort bewerbe. "Im Monate Juni wer- de ich mehr zu schreiben haben u. wen ich es ausfuhren kan so ist es der letzte Brief aus Karlsruhe." Es sollte sein letzter Brief über- haupt sein. Am 5. März 1847 ließ der Schön- färbermeister Eduard Printz durch seinen Bru- der in einem Brief Herrn "Krummholzer" in Ruhrnannsfelden mitteilen, daß sein Sohn bei dem Theaterbrand "ebenfalls sehr stark ver- wundet wurde". Printz gesteht, daß er das Unglück zunächst verschweigen wollte, "al- lein das Uebel hat so sehr um sich gegriffen daß ich es für meine Pflicht halte Ihnen hier- von Nachricht zu geben". Am 16. März schreibt Printz "mit großem Vergnügen" an Herrn Fromholzer, daß sein "Sohn Joseph gänzlich außer Gefahr" sei. Auf ein Schrei- ben des Vaters Fromholzer vom 22. antwor- tete Printz am 27. März sehr ausfuhrlich mit einer Schilderung des Brandunglücks, und daß sich Joseph durch einen Sprung aus einem Fenster im dritten Stock wie viele andere ret- ten konnte, wenn auch mit schweren Brand- 150 wunden an Gesicht und Händen. Der Bericht von Printz muß, soweit er Joseph Fromholzer betraf, auf dessen eigener Erzählung beru- hen. Daß dies möglich war, deutet tatsäch- lich auf eine fortschreitende Heilung hin, denn in der Broschüre des Stenographen Erhard Giavina über den Hoftheaterbrand heißt es von dem "Färbergesellen Frommholzer aus Rumansweiden bei Passau" noch: "Dieser junge Mann ist im Gesicht dermaßen ver- brannt und überpflastert, daß dasselbe mehr einem Skelett als dem eines lebenden Men- schen ähnlich sieht. Uebrigens konnte dersel- be nicht vernommen werden, da er besin- nungslos im Bette liegt und kein anderes le- benszeichen von sich gibt, als das eines schnarchenden Athems." Trügerische Hoffuungen .·.·.·.·.·.·.·.·.w.'w.·.·.·.·.·.·.·.v.·.·.w.w.·.·.·.·.·.·.·~ .w.w.·.w.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.·.·.w.·~ . Printz drück1 die Überzeugung aus, daß Joseph Fromholzer in höchstens drei Wo- chen das Krankenhaus verlassen könne. Es sei !Ur die fünf Verwundeten in! Spital schon viel Geld gesammelt worden, und selbst der Großherzog mit seiner Familie nähmen An- teil am Schicksal der Unglücklichen. Im nächsten Brief vom 8. April bestätigt Printz noch einmal den guten Heilungsverlauf der Brandwunden, schränkt jedoch diese gute Nachricht durch die Mitteilung ein, daß die Brust von Joseph Fromholzer "durch den schweren Rauch stark noth gelitten" habe und sein Zustand seit fünf Tagen " etwas schlimm wieder geworden" sei. Die Krank- heit nähme nach Aussage des Arztes "ein sehr bedenklichen Karak1er an", doch gäbe der Doktor "die Hoffuung nicht ganz auf'. Printz lädt den Vater Fromholzer in sein Haus ein, falls er seinen Sohn besuchen sol- le. Es gäbe zwar "noch keinen Beweis daß er stirbt", aber die Familie solle auf alles vorbereitet sein. Nach dieser schlechten Botschaft überrascht es nicht mehr, daß Printz bereits am nächsten Tag "den wertesten Herrn Fromholzer" vom Tod seines Sohnes unterrichten muß. Printz hatte ihn am Vorabend noch besucht, wobei ihm das Sprechen sehr schwer gefallen war. Am Vormittag hatte Joseph nach einem Pfar- rer verlangt und war bald nach dessen Be- such verstorben. Printz versucilt die Angehö- rigen damit zu trösten, daß Joseph schwer gelitten habe und sein Tod fiir ihn die Erlö- sung bedeutet hätte. Außerdem wäre er bei seiner Genesung sicher sehr entstellt gewe- sen. Er würde ein Ehrenbegräbnis erhalten, und die Krankenhauskosten übernähme wohl der Staat. Zum Andenken fiir die Familie hatte Printz eine Haarlocke von Joseph From- holzer abnehmen lassen. Der Verstorbene wurde bei den am 4. März bereits in einem gemeinsamen Grab Beige- setzten bestattet, sein Name auf das Denkmal fiir die Opfer des Theaterbrands gesetzt. Der Karlsruher Bürgermeister Helmle schrieb an den Vater Fromholzer einen Beileidsbrief, in dem er von dem Ehrenbegräbnis berichtete und von dem großen Trauerzug. Heinz Schmill earl Friedrich Meerwein - ein vergessener Flugpionier Im alten, längst nicht mehr benutzten und zum Teil in eine Anlage umgewandelten Friedhof der südbadischen Stadt Emmen- dingen befmdet sich das Grab dieses Man- nes. Die Gedenktafel auf seiner Ruhestätte trägt die Inschrift: ,,Hochfiirstl. Bad. Landbau- mstr. Carl Friedrich Meerwein, • 22. 8. 1737 in Leiselheirn, t 6. 12. 1810 in Emmendingen". Nach mündlichen Überlieferungen ist der Badische Landbaumeister tatsächlich geflo- gen, und die Strecke, die er mit seinem selbst- gebauten Flugapparat zurücklegte, betrug 50 Meter. Eine winzige Strecke im Vergleich zu den Entfernungen, die die Astronauten in ih- ren Raumschiffen durchmessen. Doch wenn man überlegt, daß dieser denkwürdige Flug- versuch .schon im Jahre 1784 stattfand, zu einer Zeit also, in der die Postkutsche das allgemeine Verkehrsmittel war, sieht die Sa- che schon anders aus. Und während die ame- rikanischen Weltraumflieger anfangs zur wei- chen Landung den Ozean benutzten, war Landbaumeister Meerwein mit einem Dung- haufen zufrieden. Daß die Kunde von seinem Flug kaum über die Grenzen Badens hinausdrang, mag zum Teil am Wesen dieses im Grunde bescheide- nen Mannes gelegen haben. 10 der Hauptsa- che gaben aber wohl die spektakulären N ach- richten aus dem Nachbarland Frankreich den Ausschlag, daß nur wenige Notiz von Meer- weins Versuch nahmen. Dort waren fast zur gleichen Zeit der Warmluftballon - die Montgolfiere - und der Gasballon - die Charliere - erfunden worden und im Jahre 1783 der bemannte Flug eines Warmluftballons von 25 Minuten Dauer über Paris hinweg geglückt. Im gleichen Jahr flog ein bemannter Gasballon über 4 Stunden und erreichte dabei eine Höhe von 2 700 Metern. Mit solchen Rekorden konnte der Badische Landbaumeister nicht aufwarten. Sein Lebensweg Über seinen Lebensweg wissen wir Fol- gendes: Er wurde als Sohn des Pfarrers Chri- stian Meerwein geboren. Nach einer kurzen Lehrzeit beim Hochfiirstlichen Bauamt in Karlsruhe studierte er in Straßburg und Jena. 151 Meerweins Flugmaschine Wie man aus den Bildern ersieht, sollten die FlUgel nicht mittels ausgebreiteter Arme be- wegt werden. Durch Vorstoßen einer "Balancier-Stange" (h) wurde die Muskelkraft wesent- Im Jahre 1764 trat er wieder beim Bauamt in Kar1sruhe in den Dienst seines Landesherrn. Nach vollzogener Prüfung in der "Civil- baukunst" wurde er zum "Cammer-Accessist" ernannt. Schon im Jahre 1769 übertrug man ihm den Posten des Landbaumeisters in Emmendingen, der fiir das gesamte Bauwe- sen des badischen Oberlandes zuständig war. Als "Hochfiirstlich Markgräflich Badiseher Landbaumeister" mußte er diesen Landstrich regelmäßig, sicher meist auf Schusters Rap- pen, bereisen. Bei seinen vielen Dienstgängen mag er wohl ebenso oft den Flug der Greifvö- gel in den Aufwinden an den Schwarzwald- hängen beobachtet haben, als auch den der Wasservögel über den Altrheinarmen. Auf Grund dieser Beobachtungen wird Meer- 152 wein - genau wie später Olto Lilienthai - zu der Erkenntnis gekommen sein, im Vogelflug die Grundlage des "menschlichen Fliegens" zU sehen. Seine Untersuchungen und seine Ansichten darüber schrieb er nieder in der Abhandlung: "Der Mensch! sollte der nicht auch mit der Fähigkeit zum Fliegen gebohren seyn?", er- schienen in den "Oberrheinischen Mannig- faltigkeiten", Basel 1782. Im Jahre 1784 gab der Landbaumeister die gleiche Denkschrift, mit zwei Kupferstichen versehen, ebenfalls in Basel, in Buchform heraus. Darin sagt er über den Ballon: "Der Her- lich rationeller übertragen. Trotz allem überschätzte naWrlich Meerwein die menschlichen Kräfte. Im Gnmde genommen war seine Konstruktion ein Gleiter, bei dem in gewissen Gren- zen die Tragflächen auf und ab bewegt werden konnten. ren Montgolfiers par hazard erfundene Me- thode, sich, vermittelst einer leichtern Luft- art, in der Luft zu erheben, ist aber mehr ein Schwimmen in der Luft, nach der Art der Fische im Wasser, als ein Fliegen, nach Art derer Vögel, zu nennen. Es bleibt demnach die Montgolfierische Erfindung von der mei- nen noch weiter verschieden, als das Schwim- men des Fisches, vom Fahren auf einem Schif- fe, verschieden ist." In seiner Abhandlung versucht er die Grün- de darzulegen, weswegen dem Menschen die Fähigkeiten des Fliegens versagt geblieben waren, und zählt auf: "I. Entweder in dem Bau und in der Struk- tur des Menschen selbst; 2. Oder in dessen zu großer Schweere; 3. Oder im Mangel hinlänglicher Stärke, die Maschine zu regieren; 4. Oder endlich im Mangel tauglicher Ma- terialien zu einer solchen Maschine." Meenvein geht nun diesen Punkten nach und kommt zu der Ansicht, daß der Mensch mittels einer "tauglichen Maschine" durch- aus das Fliegen erlernen könne. "Daß nehm- lieh der Mensch das Complementum der gan- zen thierischen Schöpfung, und daher eben sowohl zum Fliegen als zum Schwimmen, oder einen Elephanten zu besteigen, und der- gleichen mehr, fabig gebohren seye; sobald er nur ernstlich will." Dem Haupteinwand vieler seiner Zeitge- nossen, der Mensch sei viel zu schwer, um fliegen zu können, entgegnet der Landbau- 153 meister, "die Vögel seien ja auch schwer und selbst der Adler wird zum fliegen zu schweer, so bald man ihm die Flügel stutzet oder die Schwungfedern ausrupfet; oder wenn man ihm Zaunkönigs-Flügel geben könnte. - Und eben so, wenn man behauptet, der Vogel Strauß sey zum fliegen zu schweer, so sagt man doch gewiß nichts weiters, als daß dasjenige, was man dieses Vogels Flügel nennet, vor den Strauß zum fliegen nicht hinreichend sey." Wenn ich die tragende Fläche meiner Ma- schine nur groß genug mache, so überlegt sich Meerwein, muß ein Mensch damit flie- gen können. Um die erforderliche Größe der Fläche zu finden, braucht er ein Vergleichs- objekt. Der Landbaumeister wählt eine wilde Ente. "Niemand wird in Abrede stellen, daß eine wilde Endte gut fliegen könne", meint er in seiner Schrift. Meerwein vergleicht nun das Gewicht der Ente mii der tragenden Fläche ihrer ausge- spannten Flügel und errechnet daraus die theo- retische Fläche fUr ein Pfund. Er setzt sein Körpergewicht und das geschätzte Gewicht des Flugapparates zusammen mit 200 Pfund in die Rechnung ein und erhält eine benötigte Fläche von 126 Quadratschuh fur die Ma- schine, wenn sie unter gehörigem Gebrauch 200 Pfund eben so sicher durch die Luft tra- gen solle, als eine wilde Endte fliegt". Unser Landbaumeister ist aber ein vorsich- tiger Mann und stellt deshalb noch Verglei- che mit anderen Vogelarten an, die sehr un- terschiedlich ausfallen. Zwar erhält er bei einem Schwan einen ähnlichen Wert, näm- lich 116 Quadratschuh, doch bei einem Fisch- reiher erhöht sich die Fläche auf 3 13, und bei einer Ohreule sogar auf 634 Quadratschuh. Mit weiteren Vogelarten werden die Unter- suchungen fortgesetzt, und deren Ergebnisse differieren ebenfalls. Vermutlich nimmt der Landbaumeister aus den unterschiedlichen Ergebnissen den Mit- telwert,.denn bei der Flugmaschine, die er in 154 seinem Büchlein vorstellt, gibt er die Fläche mit 240 Quadratschuh an, "ohne das Steuer- ruder, welches vor sich ebenfalls 20 bis 40 Quadratmeter,je nachdem das Gleichgewicht eine Größe erfordert, halten kann." .. w ...... wow Der Flugapparat 'oW.~.w.'~.'~~_ Über die Konstruktion seines Flugapparates schreibt Meerwein: "Wenn ich mir also eine Maschine mache, welche aus 2 gleichen Theilen bestehet, und wenn ich diese Flügel im Mittel durch biegsame Bande verbinde, auch diese zusammen gesetzte Maschine noch soweit als breit mache, und so, daß ich mich in horizontaler Lage darinn zu befestigen und mich mit derselben so zu vereinigen vermag, daß ich dadurch gar nicht gehindert werde, alle meine Kraft auf die vorteilhafteste und der Absicht angemeßenste Art anzuwenden: so darf ich sicher darauf zählen, daß ich mit einer solchen Maschine werde fliegen lernen kÖlUlen." Er warnt allerdings vor übertriebenen Hoff- nungen und meint: "Da aber der kleinste Um- stand oft alles ändern kann, so könnte, wenn auch gleich die Erfindung und Zusammenset- zung der Maschine schon ihre vollständigste Richtigkeit hätte, dennoch die erste Probe, wegen eines kleinen Versehens in den Hand- griffen, welche doch erst erlernt werden müßen, - und aus Mangel der Uebung, miß- lingen; so wie schon mancher ertrunken ist, nicht deswegen, weil das Schwimmen dem Menschen unmöglich ist, gewiß nicht! son- dern ganz allein deswegen, weil man zu er- schrocken war, oder die Vortheile noch nicht kannte, oder ein anderer Zufall- selbst schon dem beßten Schwimmer - begegnete." Was das Baum.terial betriffi, fUhrt er aus: "Wenn unter der bestimmten Größe die Ma- schine nicht mehr als 40 bis 50 Pfund schweer seyn darf, und dabey doch von erforderlicher Stärke seyn muß, so müßen die Materialien zähe und stark und dennoch so leicht als mög- lich gewählet werden." In der Carlsruher Zeitung" vom 24. März 1784 lesen wir: "Der Badische Herr Landbau- meister Meerwein, Emmendingen, hat schon seit 18-20 Jahren auf die Methode gedacht, den Menschen zum Fliegen zu bringen ... und glaubt nun, in dieser Kunst SC .. ~lt gekommen zu seyn, daß er nicht abgeneigt ist, vielleicht ehestens eine Probe damit zu machen. Sollte dieser Versuch glücklich von statten gehen, so gehört die Ehre der Erfindung der Teut- sehen Nation, weil sie älter ist als die Erfin- dung des Herrn Blanchard. Auch kann man dieses versichern, daß die Einrichtung sehr einfach ist." Der Franzose Blanchard hatte ebenfalls ei- nen Flugapparat konstruiert, der aber nie flog und iIun nur Spott und Hohn seiner Landsleu- te einbrachte. Kurzerhand hing Blanchard sei- ne Maschine an einen Gasballon und gab vor, ihn damit lenkbar machen zu können. Obwohl der Franzose von vielen seiner Zeit- genossen fur einen Scharlatan gehalten wur- de, sei zu seiner Ehre gesagt, daß es iIun, mit dem Engländer Dr. Jeffries als Passagier, im Jahre 1785 als erstem gelang, mit einem Bal- lon den Kanal von England nach Frankreich zu überqueren. Seinen nutzlosen Hugapparat, den er an die Gondel montiert hatte, um da- mit angeblich nach Frankreich zu steuern, mußte er allerdings ins Meer werfen, um den immer mehr sinkenden Ballon flugfahig zu halten. Doch nun zu unserem Landbaumeister zu- rück, der. nicht mehr lange zögerte, mit einer Maschine die Richtigkeit seiner Behauptun- gen unter Beweis zu stellen. Flugversuche ~=W."''''''''''''=,"",N.' ................... ~WWIWN'''''''' '''-.vNM.'''' ___ ''''''''''''''N" ....... 'NoV So kam es zu diesem denkwürdigen Flug, der auf einer Geländeerhebung, der sogenann- ten "Burg", in der Nähe des Meerweinsehen Hauses seinen Ausgang naIun und auf dem umfangreichen Dunghaufen im Hof des Gast- hauses "Zum Engel" endete. Ob bei diesem UnterneIunen der Landbau- meister mit den Hügeln zu schlagen imstande war, ist nicht bekannt geworden. Vermutlich dürfte es sich um einen reinen Gleitflug ge- handelt haben. Von einem zweiten Flugversuch, den Meer- wein in Gießen im Jahre 1785 unternaIun, berichtet uns der Schriftsteller und Robinson- Crusoe-Übersetzer Joachim Heinrich Campe. Er hatte den Landbaumeister bei dessen Schwager Professor Schlettwein kennenge- lernt. Der Flug fiel weniger glücklich aus als der erste in Emmendingen, da Meerwein ver- sucht hat, diesmal mit den Flügeln zu schla- gen. In seiner Beschreibung "Reise von Ham- burg bis in die Schweiz im Jahre 1785" be- richtet Canlpe unter anderem darüber folgen- des: "Er wollte sich, auf einer Anhöhe ste- hend, durch Hilfe gepolsterter Riemen an diese Flügel festbinden lassen, und sich alsdann von der Anhöhe herabwerfen. Dann hoffte er, es nicht bl os in seiner Gewalt zu haben, sich schwebend zu erhalten, sondern auch durch eine leichte Bewegung der Flügel sich ge- mächlich fortzuschwingen ... Zum Glück war der Ort, von welchem er sich herabstürzte, eben nicht hoch, und die ausgebreiteten gro- ßen Flügel hielten seinen Fall doch soviel auf, daß er nicht gar zu unsanft niederstürz- te." Von weiteren Flügen hört man nichts mehr. Wahrscheinlich hing dies mit dem Al- ter Meerweins, er ging schon auf die Fünfzig zu, zusammen. Leider ist seine Flugmaschine nicht erhalten geblieben. Sie wurde zunächst von seinen Nachkommen aufbewahrt, später jedoch wegen Raummangels abgebrochen. Wenn auch der Flugpionier Meerwein nur noch selten in fluggeschichtlichen Veröffent- lichungen Erwähnung emdet, sollte man iIm doch nicht ganz vergessen. Obwohl der ge- 155 lungene Gleitflug nur mündlich überliefert ist, gibt sein Büchlein schriftliche Kunde von ernsthafter Forschertätigkeit auf flugtech- nischem Gebiet. Und als Otto LilienthaI im Jahre 1889 seine Schrift "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst" veröffentlichte, war Meerweins Abhandlung immerhin schon über hundert Jahre alt. Heinz Slraub Ein Zirkel zur Förderung der Kunst Der Badische Kunstverein feiert 1993 sein 175. Griindungsjubiläum. Im Jahr 1818 fanden sich Karlsruher Bürger in einem elitären Zirkel zusammen, um sich gemeinsam mit zeitgenössischer Kunst zu beschäftigen: Sie gründeten - als einen der ältesten in Deutschland - den Ba- dischen Kunstverein, der bis 1823 der Karlsruher "Museumsgesellschaft" angeglie- dert war. Der Verein dehnte seinen Zustän- digkeitsbereich auf das gesamte Großher- zogtum aus. Sein definiertes Ziel war es, "Sinn und Liebe für die bildende Kunst" zu fordern. Dies geschah auf zwei Wegen, innerhalb des gesellschaftlichen Zirkels und als öffentliches Wirken. Die Vereinsmitglieder tiafen sich sonntags nach der Vormittagskirche im Vereinslokal, um gemeinsam über Kunst zu debattieren. Die dem Verein angehörenden Künstler standen dabei den Laien, den sog. Kunst- freunden, beratend zur Seite. Als Jahresgaben wurden an die Mitglieder Reproduktions- graphiken nach historischen oder aktuellen Gemälden ausgegeben. Dies und besonders die Aussicht, bei der jährlichen Mitglieder- verlosung ein wertvolles Ölgemälde zu gewinnen, boten einen durchaus ökonomi- schen Anreiz zur Teilnahme am Kunstverein. Das Vereinsvermögen wurde in einer eigenen Gemäldesammlung angelegt. Das öffentliche Wirken des Kunstvereins bestand vor allem in der Veranstaltung jähr- licher Verkaufsausstellungen. Um dies finan- ziell und organisatorisch bewältigen zu kön- 156 nen, war jedoch ein Zusammenschluß meh- rerer Kunstvereine notwendig. So schloß sich der Badische Kunstverein 1836 mit den Kunstvereinen in Mainz, Darmstadt, Mann- heim und Straßburg zum "Rheinischen Kunstverein" zusammen. Gemeinsame Aus- stellungen wanderten zwischen Frühjahr und Herbst durch diese Städte. Dabei holten die Kunstvereine aus einem Einzugsbereich, der immerhin von den Städten Paris, Lyon, Mailand, München, Prag, Berlin, Hamburg und Brüssel umschlossen war, gleichzeitig bis zu 500 Exponate in die Ausstellung. Die Kunstvereine wurden so zu lokalen Trägern des Ausstellungswesens und des Kunstmark- tes. Gleichzeitig wirkten sie als Mittler zwischen Künstlern und Publikum bzw. Käufern. Das Bürgertum fand in den Ausstellungen der Kunstvereine die Bilder zur Ausstattung seiner Wohnzimmer. So war die Hir die Ausstellungen der Kunstvereine typische Kunst k1einformatig, im Motiv vom bürgerli- chen, durchaus dekorativ ausgerichteten Kunstgeschmack bestimmt und im Preis an den finanziellen Möglichkeiten dieser Käufer- schicht ausgerichtet. Nur selten wurde ein Bild für mehr als 200 f1. verkauft. Werke der zeitgenössischen berühmten Künstlerpersönlichkeiten und besonders die Bilder der monumentalen Historienmalerei überstiegen dieses Preislimit um ein Vielfa- ches und waren deswegen auf den Kunst- vereinsausstellungen nur in AusnahmeflilIen vertreten. Um auch sie fordern zu können, schlossen sich die Kunstvereine 1854 in der "Verbindung flir historische Kunst" zusam- men. Diese bildete gleichzeitig den nationa- len Dachverband der Kunstvereine, dem sich neben den deutschen auch die österreichi- schen Kunstvereine anschlussen. In der "Verbindung" äußerte sich das Interesse der bürgerlich geprägten Kunstvereine an der Einheit der deutschen Nation. Die ,,verbin- dung" gab großformatige Historienbilder in Auftrag, sandte sie auf melujährigen Aus- stellungstourneen durch ihre Mitgliedsver- eine und verloste sie schließlich. Das Losglück beschied dem Badischen Kunstverein bis zum Ende des 19. Jahrhun- derts immerhin vier "Verbindungs"-Gemäl- de, darunter das "Gastmahl der Generale Wallensteins", das der Dresdener Maler Ju- lius Scholtz 1862 vollendete. Das Gemälde wurde 1881 zum Preis von 9 000 Mark an Großherzog Friedrich I. verkauft, der es in die Karlsruher Kunsthalle gab. Mit dem Geld konnte der Kunstverein einen Großteil der Kosten bestreiten, die der Bau seines ersten eigenen Ausstellungsgebäudes erforderte, das nördlich der Karlsruher Kunsthalle errichtet wurde. Dieser Ankauf war einer von vielen Gunstbezeigungen, die der Karlsruher Kunst- verein vom Großherzoglichen Haus erfuhr: Die badischen Großherzöge Ludwig, Leo- pold und Friedrich I. waren Mitglieder des Badischen Kunstvereins, Sie wirkten als Protektoren, besorgten dem Verein Staatszu- schüsse .zur Veranstaltung von Ausstellun- gen, überließen ihm in der Kunsthalle und in den Orangerien Räume als Vereins- und Ausstellungslokale, Der Badische Kunstver- ein dankte es mit dauerhafter Loyalität. Die Großherzöge kauften zahlreiche Ge- mälde aus den Ausstellungen des Kunstver- eins an. Die meisten dieser Bilder gelangten direkt oder über die großherzoglichen Privat- Blick in den " Kunstgewerbesaal" des Badischen Kunstvereins in der Karlsruher Waidstraße (/906). sammlungen in die Karlsruher Kunsthalle, deren Sammlung in vielfacher Weise von der Tätigkeit des Badischen Kunstvereins zeugt. Bis 1900 errichtete Friedrich I. dem Kunst- verein in der Waidstraße ein repräsentatives Gebäude. Der Kunstverein überließ nun seine Räume vor allem der örtlichen Künstler- schaft, die so die Möglichkeit erhielt, aktuelle Werke auszustellen. Hatte sich der Kunstver- ein seit seiner Gründung stets auf die Be- schäftigung mit der zeitgenössischen Kunst konzentriert, so folgten seine Ausstellungen doch dem Kunstgeschmack des konservativen Bürgertums, dem die meisten Mitglieder an- gehörten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Karlsruher Kunstszene besonders von Hans Thoma beherrscht, der 1899 im bereits 157 hohen Alter von 60 Jahren zum Direktor der Kunsthalle und zum Akademieprofessor ernannt worden war. Im Einvernehmen mit dem ihm besonders wohlgesinnten Grhzg. Friedrich I. bestimmte Thoma die Ankaufs- politik des Museums. Er erwarb vorwiegend badische Kunst und kaufte häufig aus den Ausstellungen des Kunstvereins, der dafiir eine Provision von 10% des Verkaufspreises erhielt. Dagegen fand der Badische Kunstverein lange keinen Zugang zu progressiven Kunst- strömungen. In der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts wurde die Abweisung der inter- nationalen Avantgarde besonders offensicht- lich: Das Ausstellungsprogramm des Kunst- vereins sah es vor, neben heimischer Kunst auch die aktuelle nationale und internationale Kunst bekannt zu machen. Hierfur nahm der Verein das Angebot der durch Deutschland in Umlauf gegebenen Wanderausstellungen wahr, die in der Regel auf Empfehlung, aber unbesehen übernommen wurden. Mit dieser Ausstellungspraxis holte sich der Kunstver- ein bis 1910 drei Ausstellungen ins Haus, die zu Aufregungen und gar zu Skandalen fiihrten. Kunstverein, Presse und Karlsruher Publikum standen dieser Kunst offensichtlich hilflos gegenüber: 1906 betraf es die Aus- stellung "Französische Künstler", in der u.a. Werke von van Gogh, Paul Gauguin, Georges Seurat, Paul Signac und Emile Bernard gezeigt wurden. Im Jahr 1908 stellte die expressionistische "Dresdener Brücke", die Künstlergruppe um Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff im Badischen Kunstverein aus. Die Ausstellung der "N euen Münchener Künstlervereinigung " vom Oktober 1910 wurde zum größten Karlsruher Kunstskandal des beginnenden 20. Jahrhunderts. Zu dieser Vorläufergruppe des "Blauen Reiter" gehörten neben dem Karlsruher Maler Alexander Kanoldt u.a. Franz Mare, A1exej von Jawlensky, Pablo 158 Picasso, Georges Braque und Wassily Kan- dinsky. Der Vorstand des Badischen Kunst- vereins sah sich zur Übernahme der Aus- stellung verpflichtet, distanzierte sich aber öffentlich von ihr. Der Kritiker des "Badi- schen Beobachters" fand die auf acht Tage verkürzte Ausstellung skandalös und be- zeichnete die gezeigten Werke als Leinwand- schmierereien und Verunglimpfungen der Kunst. Obwohl in den 1920er Jahren auch die Karlsruher Realisten, zu denen Georg Scholz, Karl Hubbuch und Wilhelm Schnarrenberger zählen, im Badischen Kunstverein ausstellen konnten, änderte sich am prinzipiellen Selbstverständnis des Kunstvereins nichts. So kann es nicht verwundern, daß er sich nach der Machtergreifung der Nazis äußerst bereitwillig den neuen Verhältnissen anpaßte. Die traditionelle Loyalität des Kunstvereins zur herrschenden Macht setzte sich auch nach 1933 fort. Der Badische Kunstverein betrieb quasi seine eigene Gleichschaltung und richtete sein Ausstellungsprogramm nach dem offiziellen Kunstverständnis des "Drit- ten Reiches" aus. Umnittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Badische Kunstverein seine Tätigkeit wieder auf. Die Hinwendung zur Avantgarde war von nun an Programm. Eine besondere Popularität erreichte der Karlslll- her Kunstverein 1958 bis 1967 unter der Geschäflsfuhrung von Klaus Gallwitz. Er organisierte eine Serie bedeutender Ausstel- lungen der klassischen Modeme und der aktuellen Kunst. Erinnert sei an den 1967 im Rahmen der Bundesgartenschau installierten, heftig diskutierten "Garten der Lüste" von Horst Antes. Die Nachfolger, Georg Bussmann und Michael Schwarz, hoben in den 1970er Jahren mit ihren Ausstellungen den politi- schen und gesellschafllichen Auftrag der historischen und aktuellen Kunst hervor. Julla Dresch Europäische Kulturtage J acques Delors, dem Präsidenten der Kom- mission der Europäischen Gemeinschaft, wird der Satz zugeschrieben: "Man verliebt sich nicht in einen Binnenmarkt." Kein Zweifel: Ministerratssitzungen über Agrarpreise, über die Harmonisierung der Besteuerung von Last- kraftwagen bis zum Erlaß einer Vorschrift über die Standardschnitthöhe des künftigen europäischen Rasenmähers sind keine Themen und Anlässe, die die Herzen höher schlagen lassen. Das Band, das Europa zusammenhält, die Kraft, die die Menschen verbindet und motiviert, ist vielmehr die gemeinsame Kul- tur. Die Werteordnung der griechischen Phi- losophie, das römische Staats- und Rechts- wesen, die jüdisch-christliche Tradition, aber auch die germanischen, keltischen Wurzeln und der Einfluß der arabischen Welt und der Slaven sind ihre prägenden Elemente. Das Abendland - um einen Begriff zu verwenden, der diese geschichtlichen kulturellen Gemein- samkeiten wohl am besten Ausdruck verleiht -war sich seiner Identität immer gewiß. Den- noch ist Europa kein "melting-pot". Es sind viele und sehr verschiedene Kulturen im Lau- fe der Jahrhunderte in Europa entstanden und zusammengekommen. Europäische Kultur zeichnet sich gerade dadurch aus, daß sie un- ter Bewahrung ihrer Vielfalt einerseits aus verschiedenen Nationalkulturen besteht, an- dererseits aber auch spezifisch Europäisches zusammenfaßt. Einheit und Vielfalt sind die ErlJjfrJUng der 1. Europttischen KullUrtage 1983 (Kunst und Kultur Kataloniens) mit Ministerprtl- sidenl !.olOOr Sptlth, Minister fi1r Wissenschajl und Kunst Prof Dr. Eng/er, OB 0110 Dullenkopf 159 zwei Momente europäischer Kultur, die ihr beide gleichermaßen wesentlich sind. Einheit und Vielfalt sichtbar zu machen, das ist auch das Anliegen, das die Europäischen Kulturta- ge Karlsruhe verfolgen. Sie werden seit 1983 von der Stadt Karlsruhe gemeinsam mit dem Badischen Staatstheater veranstaltet und kön- nen auf eine nunmehr schon über zehnjährige Tradition zurückblicken. Die Europäischen Kulturtage stehen jeweils unter einem beson- deren Thema. Sie beschränken sich auch nicht auf eine einzige künstlerische Gattung, son- dern sind fur alle Kunstformen offen. Darüber hinaus nehmen auch historische, gesellschaft- liche und politische Fragestellungen einen breiten Raum ein. Die Darstellung von Ländern und Regionen (Katalonien 1983, Deutschland 1991, Estland 1992, Slowakei 1993) war dabei ebenso Ge- genstand der Kulturtage wie die Beschreibung von Epochen (Biedermeier und \brmärz 1984, die 50er Jahre 1986, Jahrhundertwende 1987, Gegenwart 1988) und die Aufarbeitung von Sachthemen (Klassiker 1985, Französische Revolution 1989, Städtegründungen - Grün- dungsstädte 1990). Die Sachthemen werden in diesem Jahr mit dem Thema" Widerstand" fortgesetzt, während 1996 mit dem Thema St. Petersbwg - nach fmanzbedingter Unterbre- chung 1995 - eine Europäische Stadtregion im Mittelpunkt steht. Mit ihrer ThemensteI- lung wollen die Europäischen Kulturtage be- wußt auch einen Beitrag zu den politischen und gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit leisten und sich dieser Verantwortung nicht durch Flucht in die reine Ästhetik der Künste entziehen. Der Fall des Eisernen Vorhanges gebietet es insbesondere den Ländern MitteI- und üsteuropas, durch Präsentation ihrer Kul- tur die Rückkehr ins gemeinsame europäische Haus zu erleichtern. Durch ihre themen- bezogene Projektarbeit sind die Europäischen Kulturtage auch nicht der Gefahr der Nivel- lierung und Austauschbarkeit durch Veräußer- lichung und Starkult erlegen. Die Europäi- schen Kulturtage sind kein "Einkaufsfestival" . Sie setzen nicht auf das einmalige Ereignis der "Megastars" , sondern auf die Kontinuität einer thematischen Aufbereitung eines The- mas. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen kulturellen Initiativen und Institutionen ist dafür ein wichtiger Eckpfeiler. Die Europäi- schen Kulturtage sind dem örtlichen Kultur- leben nicht "aufgesetzt", sondern mit diesem in langfristiger Zusammenarbeit vernetzt und von diesem mitgestaltet. In seiner Entschlie- ßung vom 9. September 1993 hat der Deut- sche Städtetag ausgefiihrt: "Entscheidend sind weniger einmalige, repräsentative Veranstal- tungshöhepunkte als vielmehr langfristige Arbeitskontakte unter Einbeziehung der All- tagskultur und kultureller Initiativen und Ver- eine." Für diese Empfehlung sind die Europäi- schen Kulturtage ein gutes Beispiel. Als Fest und Lernort werden sie auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Begegnung der Men- schen und zum Zusammenwachsen Europas leisten. Michael Heck Heinrich Hübsch (1795-1863) Zum 200. Geburtstag des großen Architekten Zum zweihundertsten Male jährt sich 1995 der Geburtstag von Heinrich Hübsch. Das ist ein Anlaß, seiner zu gedenken, nimmt er doch in der großen Reihe bedeutender Karlsruher 160 Baumeister des 19. Jahrhunderts einen her- ausragenden Platz ein. Er galt seinerzeit als einer der wichtigsten Architekten Deutsch- lands. Als unmittelbarer Nachfolger seines Lehrers Weinbrenner trat Heinrich Hübsch 1827 in dessen Funktionen ein und war einige Jahrzehnte lang oberster badischer Bau- beamter, zugleich auch Professor am Poly- technikum. Studium und erste Bauten Am 9. Februar 1795 wurde Hübsch in dem damals noch pfalzischen Weinheim an der Bergstraße als Sohn eines äußerst wohlha- benden und studierten Postmeisters geboren. Seine Mutter war eine lutherische Pfarrers- tochter aus dem Odenwald. Nach seiner Schulzeit in Weinheim und Darmstadt stu- dierte er zunächst Philosophie und Mathema- tik in Heidelberg, kam aber 1815 fur zwei Jahre an Weinbrenners Bauschule, um sich ganz der Architektur zuzuwenden. Ein mehr- jähriger Italienaufenthalt und eine Griechen- landreise schlossen sich an. Italien blieb zeit- lebens das Land seiner Sehnsucht. Insgesamt sieben Mal hielt er sich, zum Teil viele Mo- nate lang, dort auf. Nach der Examinierung durch Weinbren- ner in Karlsruhe erhielt Hübsch seine erste Ausstellung 1824 beim Städelschen Kunst- institut in Frankfurt am Main. In diese Zeit fallt die Ausftihrung erster Bauten, eines Waisenhauses in Frankfurt und einer Kirche in Barmen (Wuppertal). Auch mit seiner schriftstellerischen und architekturtheore- tischen Publikationstätigkeit hatte Heinrich Hübsch bereits begonnen. Aus seinem ersten Werk "Über griechische Architektur" ent- spann si~h ein heftiger Streit mit dem Berliner Professor A10ys Hirt. Dieser vertrat eine Position, die deJjenigen Weinbrenners ent- sprach, so daß sich Hübschs Polemik in der zweiten Auflage des Buches indirekt auch gegen seinen Lehrer richtete. Sein bekannte- stes Werk "In welchem Style sollen wir bau- en?" ließ Hübsch aber erst nach Weinbren- ners Tod erscheinen. Er wandte sich darin vollständig von Weinbrenners klassizisti- schen Auffassungen ab und propagierte eine neue monumentale Architektur. Diese sollte im wesentlichen auf dem Rundbogenstil be- ruhen und Zweckbestimmung wie Konstruk- tion sichtbar werden lassen. Wege zum eigenen Stil In seiner architektonischen Praxis folgte Hübsch zwar nicht immer konsequent seiner eigenen Theorie, doch entwickelte er einen eindeutig identifizierbaren Stil. Ohne eine eigentliche Schule zu bilden, übte Heinrich Hübsch großen Einfluß auf die deutsche Architektur seiner Zeit, ganz besonders natürlich in Baden aus. Wichtig war ihm unter anderem die Materialsichtigkeit. Es gibt bei ihm nur wenige verputzte Bauten. Als Hauptbaumaterial verwandte Hübsch roten und gelben Sandstein, sowie besonders hart gebrannte Backsteine. Zierformen wurden 161 häufig in Terrakotta ausgefiihrt. Als einer der ersten wandte sich Hübsch dem Einsatz von Eisenkonstruktionen zu. Auch in der Schaf- fung von Gewälbeformen entwickelte Hein- rich Hübsch interessante Modelle, die statische Erfordernisse mit optimaler Materi- alausnutzung zu ästhetisch befriedigenden Lösungen verbanden. Heinrich Hübsch hat nur wenige Wohnhäu- ser geschaffen, einige fUr Verwandte in seiner Heimatstadt Weinheim und einige Dienst- wohnungen. Der Schwerpunkt seiner Tätig- keit lag bei öffentlichen und repräsentativen Bauwerken. Als vornehmste Aufgabe fiir einen Architekten sah Hübsch immer den Bau von Kirchen an. Um die dreißig hat er fUr beide große Konfessionen entworfen. Aber nicht alle wurden gebaut. Die Krönung seines Lebenswerkes war fiir Heinrich Hübsch der Neubau des Westwerks am Kaiserdom zu Speyer, den er im Auftrag der bayerischen Könige Ludwig I. und Maximilian 11. Joseph von 1854 an ausfUhrte. Hier konnte Hübsch seine Auffassung von romanischer Baukunst und seine denkmalpflegerischen Vorstellun- gen verwirklichen, wie er sie bereits an der Ludwigskirche in Freiburg und am Konstanzer Münster erprobt hatte. Die dem Umfang nach größte Bauaufgabe, vor die sich Heinrich Hübsch je gestellt sah, war das Männerzuchthaus in Bruchsa!. Dieses galt lange Zeit als modernste Ein- richtung seiner Art. Um Anregungen zu erhalten, hatte Hübsch Reisen nach Paris und London unternommen. 1841 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Der Komplex war bis 1848 soweit fertiggestellt, daß Teilnehmer an den revolutionären Unruhen in Baden als erste Insassen der Strafanstalt eingeliefert werden konnten. In ganz Baden stehen Kirchen von Heinrich Hübsch, fiir die er ein auf dem Rundbogenstil basierendes Schema einfacher Landkirchen entwickelte. Alle sind aus rotem Sandstein 162 erbaut. Einige Beispiele seien genannt: Epfenbach, Zaisenhausen, Bauschlott, Stah- ringen, Weizen, Bad Dürrheim. Die nie ge- bauten Entwürfe fiir eine evangelische und eine katholische Kirche in Karlsruhe sowie einen neuen Dom fiir das württembergische Rottenburg unterschieden sich freilich erheb- lich von den genannten Landkirchen. Dassel- be gilt fiir die doppcltürmige Stadtkirehe in Ludwigshafen am Rhein, die n.ach den Kriegszerstörungen stark verändert wieder aufgebaut wurde. Es ist hier nicht der Ort, alle wichtigen Bauwerke von Heinrich Hübsch aufzuzählen, doch sei, bevor auf seine Karlsruher Bauten eingegangen wird, wenigstens die Trinkhalle in Baden-Baden erwähnt, weil sie zu Hübschs eindrucksvollsten Profanbauten zählt. Sie dient immer noch dem Zweck, der ihr vom Bauherm zugedacht war, ein Zeichen daflir, daß Hübschs Entwürfe nicht nur ästhetischen, sondern funktionellen Anforderungen, ge- recht wurden. Auch fiir die meisten seiner anderen Bauwerke läßt sich das sagen, obwohl sein Stil zeitweilig nicht mehr sehr geschätzt war. Karlsruher Bauwerke .~_. _-- Wenden wir uns der Karlsruher Bautä- tigkeit von Heinrich Hübsch zu. Eine ganze Reihe von Bauten sind, zumeist infolge von Kriegseinwirlmngen, verschwunden. Dazu gehören die Töchterschulen in der Linden- straße, das Karlstor, das Lehrerseminar in der Akademiestraße, das Landesgestüt, von dem noch ein Torso an der Rüppurrer Straße bis vor wenigen Jahren erhalten war, das alte Vincentiuskrankenhaus am Karlstcrund schließ- lich als größter und nach wie vor bedauerns- wertester Verlust das Hoftheater und spätere Badische Landestheater am Schloßplatz. Am 28. Februar 1847 war das von Friedrich Weinbrenner erbaute Hoftheater abgebrannt, und schon im Mai erhielt Heinrich Hübsch vom Großherzog den Auftrag zur Planung eines neuen Theaters. Im Februar 1851 wurde mit dem Bau begonnen, der am 17. Mai 1853 eröffnet wurde. N abezu neunzig Jahre stand das vornehme Bauwerk als eines der schönsten Theater Deutschlands zwischen Schloß und Kunsthalle. Der Schloßplatz mit seiner vor dem Theater verlaufenden Linden- allee und dem Botanischen Garten als Hintergrund bildete ein wunderschönes Ambiente für das festliche Haus, das an italienische Vorbilder erinnerte. Im Septem- ber 1944 trafen britische Brandbomben das Theater. Die zwar ausgebrannte, aber wieder herstellbare Ruine stand noch bald zwanzig Jahre am Schloßplatz, bis sie schließlich doch dem Neubau des Bundesverfassungsgerichtes weichen mußte. Einige beachtliche, teilweise stadtbild- prägende Bauwerke Heinrich Hübschs sind in Karlsruhe erhalten geblieben und dienen nach wie vor ihrer Bestimmung. Das schon zwi- schen 1830 und 1833 erbaute Regierungs- präsidium beherbergte früher das badische Finanzministerium. Es füllt den östlichsten Baublock zwischen Schloßplatz und Zirkel. Das Gebäude war der damals noch am Schloßplatz bestimmenden barocken Gestal- tungsidee anzupassen. Das bedeutete, daß Hübsch Kompromisse eingehen mußte. So nahm er die Schloßplatzarkaden auf, konnte aber die von ihm angestrebte Dreistöckigkeit nur für den Mittelteil des Bauwerkes durchsetzen, weil drei Stockwerke immer noch allein dem Schloß vorbehalten waren. Freier war Heinrich Hübsch in der Gestal- tung des Hauptbaues der "Polytechnischen Hochschule", der heutigen Universität, der etwa gleichzeitig an der Kaiserstraße ent- stand. Wie sich das Bauwerk heute präsen- tiert, besteht es allerdings erst seit 1864. Orangerie und Gew(lchsh(luser. erbaut 1857. 163 Theodor Fischer erweiterte damals das Hoch- schulgebäude, indem er etwas weiter östlich eine genaue Kopie des Hübschbaues errichte- te und die bei den "Zwillinge" durch einen angepaßten Mittelbau verband. Sowohl die Hochschule als auch das Regierungspräsi- dium sind im Inneren ähnlich angelegt. Beide haben gewölbte Flure und zu den weiträumi- gen Treppenanlagen transparente Säulenstel- lungen, wodurch eine großzügige Raum- wirkung entsteht. ",",~W'W",.~ •• • • ~~~~~~II".U11d. ()rangerie ............. w.w .• w . Das bis heute am meisten besuchte Hübschbauwerk ist die Staatliche Kunsthalle. Sie entstand in den Jahren 1837 bis 1845. Dieses vornehme Gebäude wurde mehrfach erweitert, zuletzt von Heinz Mohl, zeigt aber zur Hans-Thoma-Straße immer noch die von Hübsch geschaffene Fassade samt den er- halten gebliebenen Türflügeln des Hauptpor- tals. Bei der letzten Renovierung wurden die Erdgeschoßsäle in ihren ursprünglichen, von Hübsch konzipierten Zustand zurückversetzt und präsentieren dessen eindrucksvolle Innen- raumgestaltung, die auch im Treppenhaus mit der monumentalen Wandmalerei Moritz von Schwinds zur Geltung kommt. Die erst etwa zehn Jahre später von Heinrich Hübsch geplanten und gebauten Orangeriegebäude werden teilweise auch von der Kunsthalle genutzt. Sie umstellen den Botanischen Garten, der früher im Osten vom Hoftheater begrenzt wurde. Obwohl von den glasgedeckten großen Gewächshäusern zum Teil nur noch die damals moderne Eisen- konstruktion vorhanden ist, wirkt das En- semble sehr romantisch im Sinne von Hein- rich Hübsch. Hierzu trägt vor allem das Tor- gebäude mit seinen bei den ornamentierten Rundtürmen bei. Ganz sicher hat man zwischen Kunsthalle und Orangerie auch den besten Platz ftir das SI.-Cyriakus-Kirche in Bulach, erbauI1834- 1837. 164 Heinrich-Hübsch-Denkmal gefunden, das 1867, vier Jahre nach seinem Tod, errichtet wurde. Das in seiner Umgebung auffalligste Bau- werk von Heinrich Hübsch stcht in Bulach. Wer sich der Stadt Karlsruhe VOll Südwesten her nähert, erblicl.1 schon von weitem das Doppelturmpaar der St. Cyriakus-Kirche. Hoch ragt der Kirchenbau über die Fach- werkhäuser des alten Ortskerns hinaus. Zur Zeit seiner Erbauung in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts mager indem dörflichen Ortsbild recht fremd gewirkt haben. Für Heinrich Hübsch war die Bulacher Kirche aber ein Höhepunkt seiner kirchlichen Bautätigkeit. Schon die Nähe der Gemeinden Bulach und Beiertheim, fUr welche die Kirche erbaut wurde, zur Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe waren fUr Hübsch Anlaß, ein Beispiel fur seine Auffassung vom Kirchen- bau zu geben. Das betraf den konstruktiven, dekorativen wie funktionalen Bereich. Hübsch hatte die Kirchenarchitektur seiner Zeit immer wieder kritisiert. Sowohl klassizisti- sche als auch gotische Formen lehnte er ab. Vorbild war fur ihn der "frühchristliche" Kirchenbau, was er in seinen theoretischen Schriften ausflihrlicher darlegte. Bulach war dafiir ein Exempel. Zeiten der Hochschätzung von Heinrich Hübsch folgten solche, in denen seine Architel.1ur nicht mehr so viel galt. Heute können wir objektiver urteilen. Die große, nicht zu überschätzende Bedeutung des Architekten Heinrich Hübsch liegt darin, vor Ausbruch des Eklektizismus einen eigenstän- digen Baustil geschaffen zu haben, 1er romantische Rückbesinnung und zeitgemäße technische Entwicklungen in sich vereint. Heinz Schmilt Begegnungen mit Max Reger In der Ausgabe vom 15. November 1994 überraschten die Badischen Neuesten Nach- richten mit der Meldung, daß voraussichtlich das Max-Reger-Institut von Bonn nach Karlsruhe übersiedeln werde. Unbestreitbar gewönne damit unsere Stadt einen weiteren kulturellen AnziehungspunIct. Mit vielen Impulsen könnte ein solches Institut das Karlsruher Musikleben bereichern. Hatte der Komponist Max Reger (1873 bis 1916), dessen Schaffen "in seinen giganti- schen Ausmaßen nur dem Lebenswerk alter Meister vergleichbar" ist, und der vor allem in seiner Orgel- und Kammermusik "einen noch nicht abzuschätzenden Einfluß auf die neue Musik gehabt" hat (Heimuth Wirth) persönli- che Beziehungen nach Karlsruhe? Nun, neun- mal hat er hier konzertiert. Und wenn er auch einmal wütend ausgerufen haben soll: "nie wieder nach Karlsruhe", der Konzertsaal behagte ihm ganz und gar nicht (Karlsruher Tagblatt vom 13. November 1927), er kam doch immer wieder. Unter der Protektion des Prinzen Max von Baden veranstaltete man im Jahre 1912 sogar ein Karlsruher Regerfest, bei dem der Meister in der ehemaligen Festhalle mit seiner berühmten Meininger Hofkapelle auftrat und dabei, neben eigenen Werken, auch die dritte Sinfonie von Brahms dirigierte. Nach Regers frühem Tod. am 11. Mai 1916 fand schon am 7. Juni in Karlsruhe eine Ge- denkfeier statt, bei der "eine reiche Folge Re- gerseher Tonwerke" erklang. Und nebenbei, 165 Reger bei der Reinschrift einer Partitur (Ballettsuite op. 130). ein kongenialer Interpret von Regers Orgel- musik wurde in Karlsruhe geboren: Günther Rarnin (1898-1956), der ab 1918 als Tho- masorganist, später auch als Thomaskantor in Leipzig wirkte. Regers Werk wurde in Karlsruhe kontinu- ierlich gepflegt, von den Chören, von den Organisten, im Bereich der Kanunermusik, unlängst erst erklang eines der orchestralen Hauptwerke Regers, die" Vier Tondichtungen !Ur Orchester nach A. Böcklin", op. 128, in einem Sinfoniekonzert der Badischen Staats- kapelle. Auch wenn die Beziehungen des Komponisten nach Karlsruhe eher sporadi- schen Charakter hatten, es gibt sie immerhin, ganz anders als im Falle Georg F riedrich Händel. Über die Generation der Schüler und Enkelschüler hat Regers Tonsprache in Karlsruhe noch bis weit in unser Jahrhundert, ja sogar noch bis in unsere Tage nachgewirkt, 166 man denke etwa an Franz Philipp, von 1924- 1942 Rektor der Musikhochschule (damals Badisches Konservatorium) und an dessen Schüler. Der einundzwanzigjährige Max Reger verfaßte während seiner Wiesbadener Studi- enzeit 1894/95 eine Suite fur Orgel (op. 16), der er in einer Mischung aus Huldigung und Stolz den Untertitel beigab: "Den Manen Johann Sebastian Bachs". Er sandte das Werk an Johannes Braluns in Wien und fragte an, ob dieser einer Widmung an ihn zustim- men würde. Braluns, jungen Komponisten gegenüber meist recht abweisend, antwortete sofort und bedankte sich "hochachtungsvoll ergeben" rur "das schöne Geschenk einer Widmung", worauf beide Photographien austauschten. "Dem Bild mit herzlicher Widmung von Braluns an Reger kommt die Bedeutung eines "Meisterbriefes" zu, der den Traditionszusanunenhang der deutschen Mu- sik besiegelt, wie einst von Schumann zu Braluns, so jetzt von Braluns zu Reger" (Riemann-Lexikon, 1961). Braluns war fur den jungen Reger "der, an den man sich halten kann. Ich tue es aber auch!" (1891). Daneben steht rur Reger stets das Bekenntnis zu "Allvater Bach, ... fur mich Anfang und Ende aller Musik". Um die Jahrhundertwende wurde Regers Musik als sehr modem empfunden, man sah in ihm den "Sozialdemokraten (!) unter den jetzigen Komponisten", einen "der den Umsturz predigt" (an A. Lindner, 1897). Ein Münchner Kritiker warf Reger 1903 gar vor, einen "Kult des Häßlichen um seiner selbst willen" zu betreiben. Reger selbst beteuerte demgegenüber immer wieder, daß es ihm um "Weiterbildung des Stiles", niemals um "Umsturz" ging. Deshalb lehnten andere bald auch seine Musik als konservativ ab. Kein Geringerer als Amold Schön berg äußerte dagegen 1924: "Ich halte ihn fur ein Genie". In Schönbergs Wiener "Verein fur musikali- sehe Privatauffiihrungen" war Reger der meistgespielte Komponist. Schönbergs Wert- schätzung bezog sich dabei vor allem auf Regers Kammermusik, die im sogenannten "Jenaer Stil", der letzten Schaffensperiode, zu einer fast klassizistischen Klarheit und Durchsichtigkeit gefunden hatte. Thre klangli- che Sensibilität und Ornamentftille machen sie zum wertvollen Zeugnis einer zwischen Jugendstil und Impressionismus angesiedel- ten Kunst. Am stärksten hat Regers Musik bis heute weitergewirkt im Bereich der Kirchenmusik und bei den Organisten. Die Orgel betrachtete Reger als sein ureigenstes Terrain, wo ihm, zumindest in Deutschland, von keiner Seite Konkurrenz erwuchs. Dabei war seine Stellung zwischen den Konfessionen durch- aus delikat. Der gebürtige Oberpfalzer schickte seine ersten Kompositionen nach Regensburg, damals eine Hochburg der katholischen Kirchenmusik. Wegen ihrer Neuheit stießen sie bei den strengen Cae- cilianern auf Ablehnung. Verstörend wirkte auch Regers Hinwendung zum evangelischen Kirchenlied: "Die Protestanten wissen gar nicht, was sie an ihren Chorälen haben." Die großen Choralfantasien Regers durften in katholischen Kirchen nicht gespielt wer- den. Für seinen Hauptinterpreten, den ihm freundschaftlich verbundenen Karl Straube, verfaßte Reger deshalb Orgelwerke, die auch ftir eine Auff'lihrung in katholischen Kirchen geeignet seien, wie etwa die "Variationen und Fuge fis-Moll über ein Originaltherna", op. 73, aus dem Jahre 1903. Erst recht prekär wurde Regers Situation nach der Heirat einer geschiedenen Protestantin, Eisa von Bercken geb. von Bagenski 1902. Regers Tätigkeit in Leipzig, Meiningen und Jena fiihrte imnler wieder zur Entstehung von Werken, die dem protestantischen Milieu jener Zeit verhaftet sind. Die neuere Geschichte der evangeli- schen Kirchenmusik ist ohne Max Reget kaum denkbar. Gleichwohl bekannte dieser bis zu seinem Lebensende, er sei ,,katholiiCh bis in die Fingerspitzen". Diese inneren Spannungen fanden iIu:en Ausgleich in der Musik. Die großen Choral- fantasien Regers, etwa die über den "Mar- genstern" oder das "Wachet auf, ruft uns die Stimme" wurden zu Schlüsselwerken der neueren Orgelkunst. Thre Botschaft hat die Grenzen der Konfessionen weit hinter sich gelassen. An packender Wirkung haben sie bis heute nichts verloren. Regers Choral- bearbeitungen, die Orgelwerke, die reiche K1aviermusik, seine noch zu entdeckenae Vokalmusik oder das hinreißende Klarinetten- quintett, Regers letztes vollendetes Wcik, sind einzigartige .Dokumente einer äußerst verfeinerten musikalischen Kunst zu Beginn unseres Jahrhunderts, unmittelbar vor dem Umbruch zu einer vollständig neuen Ton- sprache. Die Beschäftigung damit wird eine Herausforderung CUr jede Musikergeneration bleiben. Das Max-Reger-Institut in Karlsnihe könnte diese Musik am Aufbruch zur Modeme, die Zeit zwischen Brahms, Strauß, Mahler und Schönberg, neu in den BliCk rücken. Baden-Württemberg besitzt zur zeit nur ein musikwissenschaftliches Forschungs- institut (Edition "Neue Schubert-Ausgabe"iin Tübingen). mit einem Max-Reger-Institut !in Karlsruhe entstünde auch im badischen Landesteil ein Forschungszentrum, dem internationale Beachtung sicher wäre. Andreas SchrIJder 1017 Der Hofkapellmeister Felix Mottl in Karlsruhe Als Felix Mottl 1880 nach Karlsnilie berufen wurde, konnte man kaum ahnen, daß der vierundzwanzigjährige Hofkapellmeister, Schüler von Anton Bruckner und Otto Dessoffin Wien, der gerade die Uraufiuhrung seiner ersten Oper "Agnes Bemauer" unter der Protektion von F ranz Liszt in Weimar geleitet hatte, in wenigen Jahren zu einem der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit aufstei- gen würde. In dem Vierteljahrhundert seiner Karlsruher Ära entwickelte sich die Badische Hofoper zu einer der führenden Bühnen Europas. Mottl konnte hierbei an das Wirken einiger hervorragender Vorgänger anknüp- fen. Joseph Strauß, tätig von 1824 -1863, hatte die Hofkapelle zu einem leistungsfahigen sinfonischen Klangkörper geformt. Über ihn schrieb Richard Wagner, der ihn bei einer Karlsruher " Lohengrin" -Aufiuhrung erlebt hatte: "Dun gehorchte alles wie einem Manne, der keinen Spaß versteht." Mit seinem Nachfolger Hermann Levi"leitete zum ersten Mal ein Dirigent moderner Prägung das Karlsruher Orchester. Unterstützt vom inten- danten Eduard Devrient pflegte Levi das große klassische Repertoire und fuhrte in den Sinfoniekonzerten die Werke seines Freundes Johannes Braluns auf. Der Komponist war damals als Klaviersolist und Dirigent seines "Deutschen Requiem" häufiger Gast in der Badischen Residenz. Otto Dessoff, Hofkapellmeister von 1875 bis 1880, vorher Dirigent der Wiener Phil- harmonischen Konzerte, setzte den Kontakt zu Braluns fort und dirigierte im Abonnements- konzert am 4. November 1876 die Urauffiih- rung der Ersten Sinfonie in Anwesenheit des Komponisten. Der Nachfolger Felix Mottl hatte sich schon während seines Studiums in Wien fur Wagner begeistert und mit 17 Jah- 168 ren einen Richard-Wagner-Verein gegründet, in dem er mit Hans Paumgartner, dem Vater des bekannten Salzburger Mozart-Biogra- phen, den ersten Akt der "Walküre" an zwei Flügeln auffiihrte. In Wien durfte er dem Komponisten bei den Einstudierungen von "Tannhäuser" und "Lohengrin" as~istieren. Für das Festspieljahr 1876 engagierte Wag- ner Mott! als Notenschreiber der Bayreuther "Nibelungen-Kanzlei" und musikalischen Assistenten. Bereits !O Jahre später dirigierte er bei den Festspielen Auffiihrungen von "Parsifal'~ und "Tannhäuser". Die außerordentliche Ausstrahlung des Dirigenten Mottl wird von allen Zeitungen gerühmt. Am Pult identifizierte er sich völlig mit dem Werk und verausgabte sich bis zum Äußersten. Er hatte die Fähigkeit, alle Mit- wirkenden mitzureißen und über sich selbst hinauswachsen zu lassen. Als späterer Direk- tor der Münchner Akademie muß er eine faszinierende Wirkung auf die Studenten ausgeübt haben. Der Komponist Walter Braunfels, der bei ihm an der Münchner Oper assistierte, hat in einem Nachruf Mottls Künstlerpersönlichkeit treffend charakteri- siert: "Eine einzigartige Vitalität lag in diesem Manne, alle Lebensreize prickelten in ihm, und wie aus einem Dämon sprudelte ihm bei jeder Gelegenheit seine ungemeine Begabung hervor. Seine Bewegungen waren von einem unbeschreiblichen Ausdruck, trafen das Wesentliche einer Stelle so bestimmt, daß die Geste selbst gleichsam zum neuen Einfall wurde, der wie ein Blitz Ausfuhrende wie Hörer erleuchtete." Sicher war die Veranlas- sung einer solch ungemein plastischen Zeichengebung auch die Tatsache, daß da- mals viel weniger als heute probiert wurde, manche Vorstellungen nach langer Pause wieder aufgenommen wurden und der Diri- gent die richtige Spielweise sowie den ent- sprechenden Ausdruck im Augenblick for- dern mußte. Die Aufführungen in dem .on Heinrich Hübsch erbauten Hoftheater neben dem großherzoglichen Schloß hatten ihre beson- dere Atmosphäre. Die Zuschauer kamen zu den Vorstellungen mit der Kutsche oder zu Fuß über den Schloßplatz. Der städtische Betrieb lag weitab, und man ließ sich innerlich erheben vom glanzvollsten festli- chen Geschehen, das eine städtische Residenz ihren Bürgern damals bieten konnte. Die Karlsruher Gesellschaft saß im Parkett, auf den unteren Rängen und in den Logen, die Schüler und Studenten auf dem vierten Rang, wo damals der Platz nur 50 Pfennig kostete. In den Pausen promenierte man unter den Kastanien des Schloßplatzes oder am Teich im Botanischen Garten. Mit dem Solisten- ensemble, bei dem es wenig Wechsel und nur selten Gastspiele gab, war das Publikum wohl vertraut. Ein ganz außergewöhnliches Ereig- nis war es, wenn der berühmte Bariton Francesco d' Andrade den Don Giovanni sang oder wenn im Schauspiel die große Eleonora Duse mit ihrem italienischen Ensemble als Kameliendame auftrat. Der junge aufstrebende Mottl hatte das Glück, daß die beiden Intendanten, die in seiner Ära das Theater leiteten, Edler zu Putlitz bis 1889, danach Albert Bürcklin, ihm weitgehende künstlerische Freiheit ließen und seine ehrgeizigen Intentionen unterstützten. Während im Schauspiel die klassischen Dramen von Goethe, Schiller und Shake- speare gespielt wurden, standen in der Oper jährlich etwa 40 verschiedene musikalische Werke auf dem Repertoire, wobei Mottl mei- stens selbst dirigierte, dazu die sechs Abon- FelixMolI1 injilngeren Jahren in Karlsrnhe. nementskonzerte im Museum leitete und zudem bei den vier Kammerkonzerten im Foyer des Theaters häufig als Pianist und Liedbegleiter mitwirkte. Mottl wagt Wagners Werke ·.w.·.w .• ·._·_".w •. W.·_~.vN.W' .~_ Mottls jährliches Auftreten als Bayreuther Festspieldirigent und die damit verbundene internationale Reputation stärkten seine Position gegenüber dem Badischen Hof. Seine Vorliebe fiir die Bühnenwerke Richarll Wagners wurde von Großherzog Friedrich ~ . unterstützt. Dieser hatte schon 1861 versucht, durch die geplante Uraufführung von "Tristan und Isolde" den Komponisten ganz naCh Karlsruhe zu ziehen, was sich zerschlug, wcll der damalige Intendant Devrient das Weslk ablehnte. Im Dezember 1884 konnte Mottl die Oper erstmals in Karlsruhe aufführen. Das Karlsruher Publikum hatte damals nodh 169 Schwierigkeiten, Wagners neue chromatische Tonsprache zu verstehen; so wurde hier der Schüttelreim geprägt: Geh doch nicht in Mott!' s T ristan und hör dir dieses Trotte!'s Mist an! Schaff' dir lieber ein Drittel Most an und trink dir mit diesem Mittel Trost an! Schon im März 1883 hatte Angelo Neu- manns reisende Wagnerbühne unter der musikalischen Leitung von Anton Seid! mit dem gesamten "Ring der Nibelungen", im Karlsruher Hoftheater gastiert. Sicher schmerzte es damals Mottl, daß nicht er, sondern sein Bayreuther Kollege aus der Nibelungen-Kanzlei von 1876 den ersten "Ring" in Karlsruhe dirigierte. Jedenfalls begann er kurz danach mit der Einstudierung des "Rheingold" , und in jährlichem Abstand folgten die drei weiteren Abende. Dadurch konnte er ab 1888 den "Ring" geschlossen auff'Uhren und in jeder Saison meist zweimal bringen. Jeweils im Sommer zogen zu den Bayreuther Festspielen mit Mott! etwa 15 Orchestermusiker, eine ebenso große Gruppe von Chorsängern und einige Solisten. Die enge Verbindung der Badischen Hofoper mit Bayreuth veranlaßte Cosima Wagner, zu häufigen Besuchen hierher zu kommen, Sänger anzuhören und Spielplan-Konferen- zen flir die Festspiele mit Mottl und Levi abzuhalten. Im Frühjahr 1889 wirkte sie mit bei der Einrichtung fur die Erstauffiihrung des "Rienzi" und half regielich bei der szenischen Wiedergabe der " Legende der Heiligen Eli- sabeth" ihres Vaters Franz Liszt. Ihr Sohn Siegfried studierte zwei Semester Architektur am Karlsruher Polytechnikum und wurde durch die Auff'uhrungen unter Mottl be- stimmt, sich ganz der Musik und dem Theater zuzuwenden. Neben den Musikdramen Wagners pflegte 170 Mottl die Werke Mozarts sOWIe die ita- lienische und französische Oper. Unter seiner Leitung erschienen ersbnals Verdis "Tra- viata", " Rigoletto" und "Falstaff" auf dem Spielplan, aber auch Bizets "Carmen". Seine besondere Vorliebe galt den Werken von Hector Berlioz, der sich damals in Paris noch nicht durchgesetzt hatte. Als Urauffiihrung dirigierte Mottl 1890 an zwei Abenden "Die Trojaner"; drei Jahre später bracl]te er in einem Berlioz-Zyklus von vier Abenden auch "Benvenuto Cellini" und "Beatrice und Bene- dict", eine ungeheure Leistung des Hof- theaters, das damit internationales Echo fand. Der französische Komponist Emanuel Chabrier wurde Mottls Freund durch die hiesigen Erstauff'lihrungen seiner Opern "Gwendoline" und " König wider Willen". Motd berichtete darüber Cosima Wagner. Chabrier sei in geradezu demonstrativer Weise gefeiert worden; der Großherzog betrachte ihn als Friedensbotschafler, da er die Harmonie mit sich bringe. Alle neuen Projekte beriet Mottl mit seinem Karlsruher Vorgänger und väterlichen Freund, dem Münchner Hofkapellmeister Hermann Levi, mit dem er bei den Bayreuther Fest- spielen zusammenarbeitete. Bei manchen Novitäten rivalisierten die beiden um die Urauff'uhrung, und oftmals war Mottl in Karlsruhe der Münchner Oper um Nasenlän- ge voraus. So verbreitete sich ab Ende der Achtziger Jahre der Ruf der Badischen Hofoper in musikalischen Fachkreisen, und bedeutende Musiker kamen von weither, um die vielgerühmten Auff'uhrungen unter Mottl zu hören. Dieser erhielt viele ehrenvolle Einladungen, unter anderem, mit seinem Ensemble in Brüssel und London zu gastie- ren. Bernard Shaw schrieb in einer Musik- rezension, das Londoner Orchester solle sich die Auff'uhrung des" T annhäuser" unter Mottl in Karlsruhe zum Vorbild nehmen. In einer Besprechung über Mottls Interpretation des Festhalle Knrlsruhe. 8 Abonnem.ents-Konzerte ,,, Gpossh. HofopohesteJ:. (t;trstärkt durch Cluswärligt Künstler). Mittwoch den 14. Oktobar 1903. Solist: Herr Hofollernsänger Karl Burrian (Dresden), Gemischter Chor: Geladene Damen und Herren, Hoftheaterchor, uDttr Leitung des Rem Generalmusikdirektors Fellx Uottl. PROGRAMM. 1. Eine Faust-Ouverture ' Ge,,;:brieben m Puu lMO. umprbtiUt ill Zlilkh. JIIIU1!' I~. I Du O«t.. drr lIIir Im Bu.o wobllt, KUli tier mein lnnenu. enq"e" : D,... tlber . neo lIIeUMn !:rlttlll thront, :Er bnn Dach I11utn nichta be"ttea: Lad to ilt mir du lJl"", eint lA3t Der Tod trw1lntc.lll, du Leben mir urlusat. (GQ~lht.J 2. Vorspiel zum S. Akt und Gebet >U9 der Oper "Rienzi. der Rich. Wagner. letzte der Tribunen" . . . . . Rich. Wag""'. 3. Der 13. Psalm (für TfIlOr-Solo, Cbor und Orchester) Fronz Lud. 4. Siebente Symphonie (A-d .... 'p. 92) L. v . .&aho"",. I . PICO I"t ... t, • Viv ... , b. All"""", Co , .... t.. d. AW •• ,.. _ ..... Aaraq 7 11. 1,J.r. EH. cecen 0 liltr. Erlft" ........ 1[ ..... '7 tJhr. All, rJltrln.lart.a,. 0 ... 2 , ,.., 11M. ............... """""j ..................... ,..,....... . . _-... _b-I .. ~ ... ~·~ .. ~-~~·~~:t~.~~n:~-: v..-.............. ... ' .• $ 7 ...... Wu.r..... P .. .- n ........... .. ,.... rr .... _ .... ,_& 17l Vorspiels zu "Lohengrin" las man über den Dirigenten: "Sein Beschwören, Anflehen, Abwehren, Drängen, würden Herzen von Stein erweicht haben." In den Konzertprogrammen brachte Mottl neben der klassischen Sinfonik von Haydn, Mozart, Beetboven und Schubert die neuen Orchesterwerke von Smetana, dirigierte aber neben Wagner und Bruckner auch die Sin- fonien von Brahms. Die Abonnements- konzerte im Museum gewannen an Bedeutung durch das Erscheinen der damals berühmten Solisten, den Pianisten Eugen d' Albert, Ferruccio Busoni und Max Paur, den Geigern Leopold Auer und Eugene Y saye. Zu den seltenen Gastdirigenten zählteRichard Strauss, der hier 1891 seine sinfonische Dichtung ,,Aus Italien" und 1902 seinen "Till Eulen- spiegel" dirigierte. Strauss hatte sich mit Mottl in Bayreutb angefreundet, wo er ihm bei den Einstudierungen von "Tristan" und "Tannhäuser" assistierte. Siegfried Wagner leitete 1903 ein Konzert mit Werken von sich und seinem Vater. Seine Oper "Der Bären- häuter" hatte Mottl kurz nach der Münchner Uraufftihrung 1899 in Karlsruhe einstudiert. Star im neuen Konzertsaal --~._--, Ab 1897 fanden die Sinfoniekonzerte in der am Rand des Stadtgartens neu erbauten Festballe statt. Mottl weihte den wegen seiner hervorragenden Akustik vielgerühmten Kon- zertsaal mit einer Auffiihrung des Requiems von Berlioz ein, wobei die 20 Pauken auf die vier Ecken des Saales verteilt waren. Unter Mitwirkung des schon 1861 von Wilhelm Kalliwoda gegründeten Philharmonischen Vereins konnte nun Mottl hier große Chorkonzerte mit Beetbovens "Missa Solem- nis", "Fausts Verdammnis" von Berlioz und dem "Liebesmahl der Apostel" von Wagner veranstalten. Die "Matthäus-Passion" von J. S. Bach führte er mit 600 Chorsängern und 172 einem zusätzlichen Knabenchorvon 120 Mit- \virkenden auf. Außerdem wurde die Hof- kapelle durch externe Musiker und Volontäre verstärkt. Gelegentlich dirigierte Mottl eigene Kom- positionen, wie sein Ballett "Pan im Busch". Bei der Premiere seines Einakters "Fürst und Sänger" stellte er 1893 dem Karlsruher Publi- kum in der weiblichen Hauptrolle die aus Wien stammende Sopranistin Henriette Standhartuer als seine Frau vor. Um den Diri- genten hier zu halten, wurde sie als En- semblemitglied verpflichtet, und Mottl erhielt den damals selten verliehenen Titel "General- musikdirektor" . Seine Jljhresbezüge waren von anflinglich viertausend auf ftinfzehn- tausend Mark gestiegen. Er zog nun von seiner Wohnung in der Belfortstraße 21 in ein Haus mit Vorgarten in der Westendstraße 44. In Wien, München und Berlin versuchte man mehrfach, den berühmten Karlsruher Dirigenten abzuwerben, doch stets gelang es dem Großherzog, Mott! durch großzügige Urlaube und Erhöhungen der Gage zu halten. Indessen kam es im Herbst 1903 zu einem ersten Konflikt, der zur Trennung fUhrte. Mottl nahm eine Einladung an die New Yor- ker Metropolitain Oper an, bevor er die offi- zielle Genehmigung seines halbjährigen Ur- laubs in der Tasche hatte. Mit der Aussicht, während 6 Monaten in Amerika soviel zu verdienen wie in Karlsruhe in 10 Jahren, trat er die Seereise an. Zum 15. Oktober 1903 wurde Mottls Vertrag als Großherzoglieh Badischer Hofkapellmeister gelöst, nachdem er eine Woche zuvor eine Gesamtauffiihrung von Wagners "Ring" und "Meistersinger" sowie das erste Abonnementskonzert geleitet hatte. Als letztes Auftreten in Karlsruhe dirigierte er dazu noch ein Konzert mit vier Kantaten von J. S. Bach in der Christuskirche. - In diesen Wochen wurde durch den plötzlichen Tod von Hennann Zumpe die Position des Bayerischen Hofkapellmeisters vakant, und Mottl, dem die offizielle Entlassung nachge- schickt worden war, konnte bei der Rückkehr aus New York sofort seine neue Position in München antreten. So verließ Mottl ohne einen festlichen Abschied die Stadt, in der er 23 Jahre unermüdlich und mit weltweiter Resonanz gewirkt hatte. Nach München _.~.~ .. _~~==_.~._~ Als Folge seiner rastlosen Tätigkeit und einer unbändigen Intensität, mit der er sich beim Dirigieren verausgabte, hatten sich schon frühzeitig bedrohliche Anzeichen eines Herzleidens gezeigt. Die in München zu- nehmenden Beschwerden beachtete er nicht, erweiterte im Gegenteil seine beruflichen Verpflichtungen als Operndirektor und Leiter der Akademie neben Auslandsgastspielen. Nachdem er im II. Akt einer "Tristan"- Auffiihrung zusammengebrochen war, starb er wenige Tage später, am 2. Juli 1911, kaum 55 Jahre alt. Noch auf dem Totenbett ließ er sich mit seiner zweiten Frau, Zdenka Faß- bender, trauen, die er schon 1900 als dra- matische Sopranistin nach Karlsruhe enga- giert hatte und die ihm nach München gefolgt war. Seit dem Wirken Mottls in Karlsruhe ist ein ganzes Jahrhundert vergangen; seine Spuren sind verweht. Die Räume, die er mit seinem begnadeten Musizieren erfullt hatte, sind im letzten Krieg in Schutt und Asche gesunken. Es bleibt aber das Beispiel einer einzigartigen Persönlichkeit, die in den zwei Dezennien ihrer besten Jahre das künstlerische Profil der Stadt Karlsruhe geprägt hat und der Gene- ration unserer Großeltern kostbare Augen- blicke höchster Beglückung schenkte, Mo- mente des Außergewöhnlichen, nach denen wir uns als Angehörige einer nüchternen Umwelt mit nostalgischer Wehmut sehnen. FrilhjofHaas 100 Jahre Karlsruher Künstlerbund Fortschrittliche KÜllstlervereinigung 1896 gegründet Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich in den europäischen Kunstzentren Künstlervereinigungen, die sich als Sezessio- nen bezeichneten. In der Regel stellten sich die Sezessionen in Opposition zu den in den Kunstakademien verwurzelten Künstlern und zu den von staatlicher Seite befurworteten Kunstnormen. Dagegen forderten sie die sich frei entfaltenden Künstler, von denen viele nach einem individuellen, der Modernität verpflichteten Stil strebten. Die früheste Sezession entstand 1884 in Paris. Dort schlossen sich die Impressionisten in der Societe des Independants zusammen. In Deutschland spalteten sich die Sezessionen von der Allgemeinen Deutschen Kunstgenos- sensehaft ab, die seit 1856 Standesvertretung der Künstler war und sich die Förderung der nationalen Kunst zur Aufgabe gemacht hatte. 1892 wurde die Münchner Sezession gegrün- det. Im selben Jahr begann die Spaltung der Berliner Künstlerschaft. 1897 entstand die Wiener Sezession. Im Karlsruher Lokalverein der Kunst- genossenschaft standen sich Ende des 19. Jahrhunderts zwei Gruppen gegenüber. Im Gegensatz zu den anderen Kulturzentren verlief in der badischen Residenz der Bruch nicht zwischen den Vertretern der Akademie und den freien Künstlern, sondern innerhalb der Kunstakademie. Die Exponenten der bei- den Gruppen waren die Professoren Ferdi- 173 nand Keller und Leopold Graf von Kalck- Ir reuth. Zwei gegensätzliche Grup,.",pe=. n~ _ _ Ferdinand Keller erhielt in den 1860er Jahren in Karlsruhe seine künstlerische Ausbildung. 1854 war auf Initiative des Regenten und späteren Großherzogs Fried- rich I. in der badischen Residenz die Kunst- akademie gegründet worden. Zunächst war die Landschaftsmalerei im Mittelpunkt des Lehrplans gestanden, doch hatte sich bald auch die Historienmalerei etabliert. Im Jahr 1873 übernahm Keller die Professur fur Historien- und Porträtmalerei, die er bis 1913 innehatte. Keller wurde an der Karlsruher .1 Kunstakademie Hauptvertreter des Figuren- Leopoldv. Kalckreuth, 1855-1928, Selbstbildnis. fachs und erwarb sich darüber hinaus den Ruf eines der fithrenden deutschen Historien- malers der Gründerzeit. Sein virtuoser Malstil war an der aufwendigen Kunst des Barock geschult. Großartige Kompositionen und eine koloristische Ausftihrung sind rur seine Werke charakteristisch. Kellers Karls- ruher Hauptwerk ist das bis 1879 im Auftrag des Großherzogs rur die Kunsthalle geschaf- fene Kolossalgemälde mit der Darstellung des Markgrafen Ludwig WilheIm, des "Tür- kenlouis" , in der Schlacht bei Salankamen. Leopold Graf von Kalckreuth stammte aus Düsseldorf und war nach .einer Lehrtätigkeit in Weimar als freischaffender Künstler tätig. Er war Mitglied der Münchner Sezession. 1895 wurde er als Professor an die Karlsruher Kunstakademie berufen. Kalckreuth zählte zu den frühen deutschen Vertretern der natu- ralistischen Freilichtmalerei. Daneben setzte er sich intensiv mit Drucktechniken auseinan- der, besonders mit der Lithographie. Kalck- reuth stand in freundschaftlichem Kontakt zu Alfred Lichtwark, der als Direktor der Ham- burger Kunsthalle einer der bedeutendsten Förderer der deutschen Avantgarde und der 174 zeitgenössischen graphischen Künste war. Es waren nicht die unterschiedlichen Kunstauffassungen, die Kalckreuth und Kei- ler trennten. Denn in Karlsruhe vertraten mehrere Künstler Malweisen, die der Kellers entgegengesetzt waren, ohne daß sie mit ihm in Konflikt gerieten. Hier sei nur Gustav Schönleber genannt, der in der Tradition der Münchner Freilichtmalerei stand und seit 1880 an der Karlsruher Akademie Professor rur Landschaftsmalerei war. Andererseits op- ponierte Keller nicht nur gegen Kalckreuth. So verhinderte er, daß der Hamburger Fried- rich Kalhnorgen, der 1881 nach Karlsruhe gekommen war, an der Akademie angestellt wurde. Der Freilichtmaler und virtuose Zeichner Kallmorgen konnte sich dennoch in Karlsruhe etablieren. Er wurde Vorsitzender des Lokalvereins der Kunstgenossenschaft und war 1889lnitiator der Grötzinger Maler- kolonie, als er sich in dem Karlsruher Vorort ansiedelte. Während Keller mit der Kar1sruher Kunst- landschaft offensichtlich zufiieden war, strebte Kalckreuth nach Erneuerungen. Er wollte vor allem die Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten der Künstler verbes- sern. Denn seit Jahren gab es eine Überpro- duktion von Gemälden und Bildwerken, und gleichzeitig war die wirtschaftliche Lage besonders der jungen Künstler schlecht. Kalckreuth set7te auf die graphischen Künste und home, mi: ihnen neue Käuferschichten heranziehen zu können. Denn die in Auflagen gedruckten Graphiken waren im Vergleich zu künstlerischen Originalen sehr preisgünstig. Kalckreuths Initiative forderte die Abwen- dung vom idealen Künstlerbild, bot aber auch eine Antwort auf ökonomische Fragen. Die Künstlergruppe um F. Keller, zu der Caspar Ritter und Carl Schurth gehörten, war gegen den Wandel. Kalckreuth fand jedoch die Förderung Friedrichs 1., der offensichtlich erkannt hatte, daß Veränderungen notwendig waren. Mit Unterstützung des Großherzogs konnte Kalckreuth an der Karlsruher Akade- mie eine Lithographie-Klasse einrichten und seinen Schüler Carl Langhein als Assistenten einstellen. Die Spaltung 1896 ~~- ---~- In dieser Zeit der Veränderung, im Frühjahr 1896, kam es zur Spaltung der Karlsruher Künstlerschaft. Anlaß war die Jurierung der Kunstwerke, die Karlsn"'e auf der Großen Berliner Kunstausstellung desselben Jahres vertreten sollten. Eine aus Mitgliedern des Lokalvereins der Kunstgenossenschaft zu- sammengesetzte Jury hatte die Bilder fiir Berlin ausgewählt. Ihre Entscheidung wurde jedoch von den Unzufriedenen und Zurückge- wiesenen heftig kritisiert. Man warf der Kommission unsachliches Handeln und die Bevorzugung eigener Werke vor. Diesen Vorwurf wies die Jury auf einer Generalver- sammlung am 16. April 1896 zurück. Doch konnte der Streit nicht geschlichtet werden, FriedrichKallmorgen, 1856-1924, Selbstbildnis. und die Versammlung endete mit dem Austritt der 24 Jurymitglieder. Der Lokalverein der Kunstgenossenschaft verlor auf diese Weise viele seiner angesehensten Mitglieder. Neun Tage später, am 25. April 1896, konstituierten die Ausgetretenen die Sezessi- on und nannten sie Karlsruher Künstlerbund. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Julius Bergmann, Carlos Grethe, Robert Poetzelberger, Georg Tyrahn und Hans von Volkmann. Außerdem waren Künstler der Grötzinger Malerkolonie, Schüler des Land- schaftsmalers Gustav Schönleber (der erst 1897 beitrat) und andere Anhänger der Frei- lichtmalerei dabei. Als erster Vorsitzender wurde Friedrich Kallmorgen gewählt. Leo- pold Graf von Kalckreuth wurde zweiter Vorsitzender. Der Künstlerbund machte sich die Pflege der hohen Kunst zur Aufgabe und strebte gleichzeitig danach, den Ausbau des Karlsruher Kunstlebens gemeinnützig und den Zeitverhältnissen angemessen voranzu- treiben. Kalckreuth war nicht nur der fiihrende 175 Kopf, sondern wohl auch der Namensgeber der Karlsruher Sezession. Er scheint eine Vorliebe fiir die deutsche Bezeichnung "Bund" gehabt zu haben, die an den histo- rischen Bundschuh und an den Bauernbund erinnert. Der KÜDstlerbund beeilte sich jedoch bekanntzugeben, daß er - im Ge- gensatz zu diesen Namensvettern - nicht umstürZlerisch gesinnt war, sondern rein künstlerisch agieren wollte. Er war loyal gegenüber dem großherzoglichen Haus, dem er stets seine Pläne unterbreitete, und be- mühte sich um die Protektion des Großher- zogs fUr seine Unternehmungen. Auch sein Verhälbtis zum Lokalverein der Kunst- genossenschaft war im großen und ganzen unproblematisch. Gemeinsame Ausstellun- gen im Badischen Kunstverein waren über viele Jahre hinweg üblich. Kalckreuths Bestrebungen zur Förderung der Druckgraphik wurden in den Karlsruher Künstlerbund eingebracht. Sein Assistent Langbein gründete 1897 eine eigene Drucke- rei. Sie f1nnierte als "Steindruckerei von earl Langbein, Kunstdruckerei fiir den Künstler- bund Karlsruhe". Ziel des Unternehmens war die Pflege der künstlerischen Lithographie, die Vennittlung der Kunst an breite Be- völkerungsschichten und die Schaffung neuer Absatzgebiete fiir die Karlsruher Künstler. Noch im Gründungsjahr wurde Langbeins Unternehmen an die G . . Braun'sche Hof- buchdruckerei verkauft und erhielt die Bezeichnung "Kunstdruckerei Künstlerbund Karlsruhe". Mit dem Verkauf wurde die Herstellung hochwertiger Druckgraphiken auf eine ökonomisch solide Basis gestellt. Neben Lithographien wurden bald auch Holzschnitte und Radierungen gedruckt. Der Badische Kunstverein in Karlsruhe war regelmäßiger Abnehmer von Graphikmappen der Kunstdruckerei, in denen Werke von drei oder vier Künstlern zusammengefaßt waren. Zwischen 1904 und 1914 und dann noch 176 einmal 1919 gab er solche Mappen als Jahresgaben fiir seine Mitglieder aus. Der Karlsruher Künstlerbund bemühte sich intensiv darum, die Kunst seiner Mitglieder weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekanntzumachen. Er bereitete seine kollekti- ven Beteiligungen an nationalen und interna- tionalen Ausstellungen mit großer Sorgfalt vor. Schon zur Wiener Aquarellistenaus- stellung von 1896 schrieb ein Rezensent: "Einen überraschend frischen Zug brachten die farbigen Lithographien des Karlsruher KÜDstlerbundes, der als geschlossene Gruppe auftritt und sich sehr kräftig von der sonstigen ( ... ) Ausstellung abhebt." Im Jahr 1899 schlug sich das positive Auftreten des Karlsruher Künstlerbundes auf einer Ausstel- lung in Dresden in sechs Auszeichnungen nieder. So wurde er erfolgreicher als der Karlsruher Lokalverein der Kunstgenos- senschaft. Die Kunsterziehungsbewegung __ ·H.-·· --_······ xv>: Neben den Ausstellungserfolgen waren es vor allem Abhandlungen in überregionalen Kunstorganen, die den guten Ruf des Karls- ruher Künstlerbundes ausmachten. Hier sei der Beitrag von Woldemar von Seidlitz in der avantgardistischen Zeitschrift "Pan" hervor- gehoben. Er erschien bereits 1897 und ging - einmal mehr - auf eine Initiative Kalckreuths zurück. Dieser hatte seine Freundschaft mit Alfred Lichtwark genutzt, um den Artikel zu plazieren. Lichtwark und Seidlitz waren auch Förde- rer der deutschen Kunsterziehungsbewegung, deren Ziel die künstlerische Erziehung und sittliche Erneuerung des Volkes war. Ende 1900 beschloß der Karlsruher Künstlerbund, dieser Bewegung beizutreten. Auf dem I. Deutschen Kunsterziehungstag, der im dar- auffolgenden Jahr in Dresden stattfand, stellte die Karlsruher Kunstdruckerei ein Verlags- programm mit dem Titel "Wandschmuck !Ur Schule und Haus" vor. Angeboten wurden Drucke in verschiedenen Formaten und passenden Wechselrahmen. Der fmanzielle Erfolg des Unternehmens wurde im Mai 1901 gesichert, als der Karlsruher Künstlerbund bei den renommierten Leipziger Verlagen Voigtländer und Teubner unter Vertrag ging eine Entscheidung, die mit Genehmigung des Großherzogs erfolgte und bald alle anderen Aktivitäten des Künstlerbundes in den Hintergrund drängte. Die beiden Verlage organisierten fortan den Vertrieb der Karlsru- her Drucke. Dies bedeutete zwar die Kom- merzialisierung der Produktion und verur- sachte ein Nachlassen der künstlerischen Originalität, ermöglichte aber den meisten Mitgliedern des Künstlerbundes den Broter- werb. Bebilderte Kataloge informierten über das Angebot. Die Preise fur eine Grafik lagen zwischen 15 und 50 Mark. Plakate wurden schon !Ur drei Mark angeboten, Original- lithographien in Postkartengröße gab es ab einer Mark. Hergestellt wurden auch künstle- risch gestaltete Glückwunsch-, Tisch- und Tanzkarten, die nur wenige pfennige koste- ten. Kalckreuth verließ die badische Residenz schon im Jahr 1900, um Direktor der Kunstakademie Stuttgart zu werden. Der Karlsruher Künstlerbund war zu diesem Zeitpunkt etabliert und blieb in seiner Struktur unangefochten, bis nach dem Ersten Weltkrieg die nächste Generation der Künst- lervereinigung heranwuchs. Von diesen sei nur die avantgardistische Gruppe Rih ge- nannt, die 1919 gegründet wurde. Die in- flation raubte dem Künstlerbund den fmanzi- ellen Rückhalt. Sein Ende kam 1933, als er im Zuge nationalsozialistischer Gleichschaltung vom Reichsverband bildender Künstler Deutschlands, Gau Südwest, vereinnahmt wurde. Jutta Dresch Wie kommt das Bild in die Kaserne? "Und er hatte einen Traum ... " So könnte die Gründungslegende der Stadt Karlsruhe märchenhaft beginnen. Den meisten Karlsru- hern dürfte bekannt sein, wie von dem Jagdausflug des Markgraten Karl Wilhelm in den Hardtwald erzählt wird: Auf der Rast sei er eingeschlafen und habe von einem Schloß geträumt, viel schöner als Durlach, mit Strahlen wie eine Sonne. Daraufhin soll er beschlossen haben, an dieser Stelle seine neue Residenz zu gründen. In Karlsruhe gibt es eine Darstellung die- ser Legende, die in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist. Es handelt sich um ein Majolika- Wandbild im Speisesaal des Unteroffiziers- casinos in der Grenadierkaserne an der Moltkestraße, das 1938 von dem Keramiker Gustav Heinkel angefertigt wurde. Ende letz- ten Jahres hat die Stadt Karlsruhe beim Landesdenkmalamt angefragt, ob das Wand- bild aus seinem baulichen Zusammenhang herausgenommen und an einem anderen Ort neu montiert werden könnte. Da das Wand- bild Teil des Kulturdenkmals Grenadier- kaserne ist, kann es nicht ohne weiteres ent- fernt werden. Allerdings gehört es nicht zur Original ausstattung des 19. Jahrhunderts, weshalb sich die inhaltliche Zusammengehö- rigkeit von Bild und Gebäude nicht von selbst ergibt, sondern begründet sein will. So galt es, eine Antwort zu fmden auf die Frage: Wie kommt das Bild in die Kaserne? Die Grenadierkaserne entstand in den Jah- ren ab 1892, unmittelbar im Anschluß an die 177 Bauarbeiten an der benachbarten Kadetten- anstalt und gleichzeitig mit der Dragoner- kaserne an der Kaiserallee. In den Baumaß- nahmen spiegelt sich die Bedeutung Karlsru- hes als größte badische Garnisonsstadt wi- der. In der Grenadierkaserne wurde das am 16. März 1936 nach Einfuhrung der allge- meinen Wehrpflicht neu gegründete Infante- rieregiment 109 zunächst behelfsmäßig un- tergebracht. Die bauliche Instandsetzung die- ser und auch anderer alter Kasernen ging zügig voran. Gleichzeitig wurde überall im Gebiet der ehemaligen 50-km-Zone mit dem Bau neuer Kasernen begonnen. Innerhalb weniger Jahre entstanden neue Anlagen, bei denen trotz aller Zweckmäßigkeit und Ein- fachheit doch auch Wert auf baukünstleri- sche Qualität gelegt wurde. Schließlich re- präsentierte sich die Armee nicht zuletzt auch durch die Militärbauten. Die Heeresbaudienst- stellen konnten sich auf einen Erlaß des Reichs-ministers für Volksaufk)ärung und Propaganda von 1934 berufen, der die Auf- tragsvergabe an bildende Künstler und Kunst- handwerker bei Bauaufgaben der Staatshoch- bauverwaltung regelte. So wurden auch bei Militärbauten mit der Ausschmückung Ma- ler, Bildhauer und Kunsthandwerker beauf- tragt. Besonders beliebt war die I..'Ünstleri- sche Ausstattung der Speisesäle, die sich hier- für aufgrund der Raumgröße, des geselligen Charakters der Nutzung aber auch durch die regelmäßige Frequenz eines Großteils der Sol- daten besonders anboten. Die großformati- gen Bilder zeigten Szenen aus dem Soldaten- leben, wobei oft ein Bezug zum Standort oder zur stationierten Truppe gesucht wurde, da- neben waren auch Stadtansichten und Welt- karten beliebt. In Karlsruhe bot es sich an, mit der künst- lerischen Ausstattung öffentlicher Gebäude die Staatliche Majolika-Manufaktur zu be- auftragen. Bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung 1901 war hier die Baukeramik als 178 wichtiger Produktionszweig ausgebaut wor- den. Die Arbeiten erlangten schnell interna- tionalen Ruhm, und noch in den 20er Jahren gehörte die Majolika zu den Spitzenbetrie- ben. Eine veränderte Architekturauffassung fUhrte Ende der 20er Jahre zu einer Rückbe- sinnung auf die Gestaltungsmöglichkeiten von Wandbildern zum einen als Fliesenbilder, zum anderen aber entwickelten mehrere Künstler die neue Form der "Putzkeramik"; unregel- mäßig geschnittene Fliesen werden hier ent- weder nur glasiert oder auch bemalt zu gro- ßen Motiven zusanunengesetzt und in einen Putzgrund eingelassen. Neben August B!bberger (1885-1936) und Erwin Spuler (1906- 1964) war Gustav Heinkel einer der Hauptvertreter dieser Art von Baukeramik. 1907 in Karlsruhe geboren, absolvierte Heinkel 1923-25 eine Lehre als keramischer Maler an der Manufaktur. Seine künstlerische Ausbildung verfeinerte er durch ein halbjähriges Studium an der Landes- kunstschule Karlsruhe und die Mitarbeit im Atelier von Ludwig König. Später fand er Anregung in der gemeinsamen Arbeit im städ- tischen Atelierhaus in der Westendstr. 65 (heute Reinhold-Frauk-Straße) mit Künstlern wie Emil Sutor oder eben Erwin Spuler. Heiukels erste große selbständige Arbeit sind Putzkeramiken fUr das Bezirkskraukenhaus in ForbachJSchwarzwald 1932. Es folgten weitere wie z. B. das Wandbild im Bahnhof am Karlstor in Heidelberg. Als staatlicher Betrieb wurde die Manufaktur insbesondere in den 30er Jahren in inuner größerem Um- fang mit öffentlichen Aufträgen versehen. Gestützt wurde die Auftragsvergabe auch durch ideologische Sichtweisen. " Kunstwer- ke aus heimischer Erde" entsprachen ganz der aktuellen politischen Weltanschauung. In den Arbeiten der Manufaktur wurde " .. . ein Stück echter Heimatkunst (gesehen), der im dritten Reich wieder die ihr zukommende Be- achtung zuteil wird" ("Der Führer" 11. Mai 1937). Entsprechend stieg die Produktion an gegenständlich erzählenden und symbolischen Putzkeramiken nach 1933 rasch an. Heinkel entsprach mit seiner Darstellungsweise den formal und inhaltlich restaurativen Tenden- zen der 30er Jahre. Gerade auch in Kasernen begegnet man zahlreichen Putzkeramiken, die zum großen Teil von Gustav Hcinkel stam- men. Als weiteres Beispiel sei hier auf die Wandbilder im Hauptraum des Stabsgebäudes der Rheinkaserne in Karlsruhe-Knielingen hingewiesen. Vor der Kulisse des Speyrer bzw. Wormser Domes zeigen sie mittelalter- liche Szenen, die einen unmittelbaren Bezug zum Kaiserreich assoziieren. Pikanterweise spielen diese Szenen auf Schifibrücken. Hier drängt sich der Gedanke des Brückeschlagens auf, eine Brücke schlagen in das zu erobern- de Land - ein in der Kunstgeschichte immer wieder begegnender propagandistischer Topos - hier konkret die Überquerung des Rheins in Richtung Frankreich. Darüber hinaus besteht ein direkter Bezug zu dem hier stationierten Pionierbataillon, dem auch die sogenannte Brückenbaukolonne angehörte, die den Pio- nierhafen am Rhein als Wasserübungsplatz nutzte. Doch zurück zum Ausgangspunkt. Es wur- . de deutlich, daß die Putzkeramik im ehemali- gen Unteroffizierskasino der Grenadierkaser- ne viel mehr Informationen trägt, als sich aus dem Inhalt des Bildes alleine erschließen läßt, das künstlerische Qualität sowohl in farbli- cher als bildnerischer Qualität besitzt und souveränen Umgang mit der Technik erken- nen läßt. Gerade durch ihre Anbringung in der Kaserne wird von einem wichtigen histo- rischen Zeitabschnitt berichtet, die Wieder- besetzung der entmilitarisierten Zone 1936 wird gegenwärtig, die zur Instandsetzung al- ter Kasernen fiihrte, das Selbstbewußtsein der deutschen Armee wird spürbar. Wir er- fahren von den Anfangen der nach heute als "Kunst am Bau" existierenden staatlich~n Kunstforderung, die im Dritten Reich als In- strument zur Propagierung der neuen Welt- anschauung eingesetzt wurde, aber auch, wie durch diese Fördei-politik die Arbeiten der Karlsruher Majolika neue Möglichkeiten zur Entfaltung erhielten. Heimatverbundenheit 179 einerseits, wie sie in der Gründungslegende zum Ausdruck kommt, aber auch relativ un- verblümt dargestellte militärische Ansprüche, wie in den Bildern in Knielingen, sind The- men, die erst durch den Zusammenhang mit den Kasernengebäuden ihre Aussage ganz entfalten, die Motive fur uns heute nachvoll- ziehbar werden lassen. Es ist offensichtlich, daß dieses Bild, um seine geschichtliche Aus- sage bewahren zu können, in dem Kasino der Grenadierkaserne verbleiben muß. Die Grenadierkaserne steht seit dem Ab- zug des Französischen Militärs 1991 leer. Die Gebäude wurden 1994 vom Land ge- kauft, um hier ein BehördenzenIrum einzu- richten, doch aufgrund der Finanzlage geht die Umsetzung nur langsam voran. Auch das ehemalige Unteroffizierskasino steht seitdem leer. Das Wandbild zeigt mechanische Be- schädigungen, rundum blättert die Farbe von der Wand, eine baldige instandsetzung ist notwendig. Sicherlich wird in dem ehemali- gen Kasino eine Landesverwaltung unterge- bracht werden, doch ist zumindest der Spei- sesaal tur eine Büronutzung wenig geeignet. Eher wäre der Raum mit seiner großzügigen Durchfensterung und der weiträumigen Kup- pel als Seminarraum oder Vortragssaal sinn- voll, doch besteht daran nach dem bisherigen Nutzungskonzept des Gesamtareals ebenso- wenig Bedarf wie an einer Reaktivierung als Speiseraum - wenn überhaupt, so soll eine Kantine in der ehemaligen OffIziersmesse ein- gerichtet werden. Unbedingt wäre eine Nut- zung des Gebäudes wünschenswert, die der Karlsruher Öffentlichkeit die Möglichkeit bie- tet, das Bild und damit auch einen Teil der erzählten Geschichte zu erleben. Hier bestän- de die Möglichkeit, einen neuen "Karlsruher Blickpunkt" zu erhalten. Ulrike Plale "Woher hat der Dompfaff seinen Namen" oder: "Die Lust dagegen" Zur Erinnerung an einen "Kunstskandal" im Karlsruher Botanischen Garten Als am Freitag, dem 14. April 1967, in Anwesenheit höchster Repräsentanten der Bundesrepublik und des Landes die Bundes- gartenschau eröffnet worden war, als bis zum Sonntag abend die ersten 250 000 Besucher die "Olympiade der Gärtner" besichtigt hatten, ahnte noch niemand etwas von einem "Kunstskandal", der sich an einer im alt- ehrwürdigen Botanischen Garten eingerich- teten "Sperrmüll-Sonderschau" entzündete und vier Wochen lang Diskussionsstoff fur Tageszeitungen, Leserbriefschreiber und Rundfunkanstalten lieferte. in diesem Lust- garten der badischen Großherzöge, der selbst nicht in die Planung der Bundesgartenschau 180 einbezogen worden war, aber als historisches Gelände dennoch dazu gehörte, an dessen östlicher Begrenzung gerade der Neubau des Bundesverfassungsgerichts errichtet wurde, waren keine erkennbaren, auf das Publikum zielenden gärtnerischen Eingriffe vorgenom- men worden. Die Karlsruher konnten, wenn auch gegen Eintrittsgeld, ihr geliebtes Kleinod genießen und auswärtige Besucher die kunstvolle, in vielen Generationen ge- wachsene Anlage kennenlernen. Aber halt, es hatte sich doch etwas verändert: Die übli- chen Frühjahrsblumen fehlten, dafur standen sieben plakativ grellbunte "Dinger" auf dem kurzgeschnittenen Rasen. Kein Hinweis auf ihren Urheber, ihre Na- men oder ihren Sinn war vorhanden (die Namens- schildehen wurden ein paar Tage später ange- bracht}. Horst Antes, Lehrer an der Karlsru- her Kunstakademie, hat- te im Auftrag des Badi- schen Kunstvereins und dessen Geschäftsführers Klaus Gallwitz - dieser wiederum im Auftrag der Gartenbauleitung - zum Thema "Plastik im Freien" einen poppi- gen " Lustgarten mit 7 Monumenten der Lü- ste " geschaffen. Hier ragte ein Kopf aus dem Rasen, dort stand eine im Drahtgitterkäfig eingesperrte Hand unter einer Wolke, drüben bestaunten auf einer Liege zwei gebogene Rohre ihre kugelige Nachkommenschaft, ein dampfendes Schiffsungeheuer - seinem Na- men Yellow submarine zum Trotz weder gelb noch Unterseeboot und dennoch eine Anspie- lung auf den im August 1966 eingespielten "Ohrwurm" der "Pilzköpfe" - lud zu einer imaginären Rundreise durch den Lustgarten ein. Kaum waren die Beschriftungen ange- bracht worden, begannen sich Stirnen zu run- zeln. " Eine der Blech gewordenen Geist- reicheleien nennt sich "Die Blume oder die Lust dagegen". Auch wenn Horst Antes und der Badische Kunstverein es glauben: Die Lust dagegen ist einhellig." Man schäIDte sich "stellvertretend vor jedem auswärtigen Besu- cher" und dachte wehmütig an die "wertvol- len Plastiken" der Reichsgartenschau 1938 in Stuttgart. Einen Monat lang erschienen Le- serbriefe und redaktionelle Stellungnahmen in der lokalen, regionalen und schließlich überregionalen Presse und im Rundfunk zum angeblichen "Schandfleck" der Bundesgar- tenschau. Auf der Jahreshauptversammlung des Verkehrsvereins stellten die Mitglieder Die Familie oder die Lust der Lust. den Antrag, die Antesfiguren sollten ver- schwinden, nachdem der Verkehrs direktor selbst schon zwei Tage nach der Eröffnung im "Karlsruher Fächer" auf die befremdlichen Gebilde hingewiesen hatte. Parlamentarische Gremien und der Bund der Steuerzahler wurden aufgefordert, sich der Sache anzun· h- men, nachdem die demokratischen Spielre- geln der Auftragsvergabe mißachtet worden seien. Hätte nicht ein "unabhängiges" Gre- mium "wirklicher" Sachverständiger gebildet werden müssen? Die "Olympiade der Gärt- ner" war durch die mit der bildhauerischen Tradition brechenden Werke eines Außensei- ters unterlaufen, die große Harmonie aller Leistungen war gestört worden, so hieß es. Hier hatte sich ein zeitgenössischer Künstler provokant mit einem "Kunstbaufen" in den Vordergrund gespielt, um seinen Bekannt- heitsgrad zu erhöhen, aber er hatte nichts Vorbildliches fur den bürgerlichen Hausgar- ten oder die kommunale Parkanlage geschaf- fen . Der Botanische Garten war sozusagen im Handstreich von ein paar Spinnerten miß- braucht worden. Der Stadt der " vielen Mög- lichkeiten" drohte die Gefahr kultureller Diktatur durch Verrückte, deren Aktionen bestenfalls in die Räume des Kunstvereins paßten. "Dekorationen" Wld "Spielereien", intellektuelle Gedankensprünge und Pop Art entsprechen weder den Zielen der Bundes- gartenschau noch den Bedürfnissen der 181 Besucher. Irn Rückblick erkennen wir freilich, daß vor über dreißig Jahren erstmals auf einer Bundesgartenschau modeme Kunst zum Gesamtprogramm gehörte, daß in Karlsruhe die erste Pop Art-Installation eingerichtet wurde, noch bevor sie auf einer documenta höhere Weihen erhalten hatte: Das geschah ein Jahr später, und Antes war auf Kurt Martins Empfehlung hin mit eben seinem Lustmonument vertreten. Auf dem Höhe- punkt des "Skandals" luden Klaus Gallwitz, nun designierter Direktor der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden, und Horst Antes, inzwischen Professor der Staatlichen Akade- mie der Bildenden Künste Karlsruhe, zu einer Pressekonferenz ein. Als die Sprache auf die "Diskrepanz zwischen Werk und Titel" kam, stellte Antes schlagfertig die Gegenfrage: "Woher hat der Dompfaff seinen Namen?" ". Die sieben Monumente blieben bis zum Ende der Bundesgartenschau im Oktober an ihrem Platz; heute befmden sie sich in öffentlichen und privaten Sammlungen. Einem Denkmal ähnlich steht Antes' " Karlsruher Kopf' auf dem Neubau der Staatlichen Kunsthalle, schaut in den Botanischen Garten und erinnert sich an die Symbolik der Zahl Sieben, an Gestalten in Grimms Märchen und Morgen- sterns .oder Ringelnatz' phantastische Ge- dichte: Sieben Todsünden, sieben Zwerge, sieben Töne der Tonleiter, sieben Wochenta- ge, Zwergnase, Nasobem ("es steht noch nicht im Brehm" ), Suahelischnurrbarthaar bei Norderney. Wi/fried RIJß/ing fellow Submarine oder die Lust an der verlorenen Zeit. :1 82 Literarisches Nachkriegsleben in Karlsruhe Anmerkungen zur Lyrik zwischen Gottsuche und Entfremdung "Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch." Dieses Verdikt Theodor W. Adornos wurde von der Nachkriegszeit entschieden widerlegt. Nicht der Verzicht auf Lyrik war die Folge des Nationalsozialismus, sondern geradezu eine Lyrikschwemme. Die Lyrikerin Oda Schaefer begründete dies so: "Nach all dem Schreien, Singen, Marschieren ... dem panikartigen Heulen der Sirenen ist nun Stille eingetreten. Es überrascht mich ... daß die Jugend diese Stille zu hören versteht und daß sie danach verlangt, - daß sie nach der größten Konzentration der Stille verlangt: nach dem Gedicht." Es sei daran erinnert, daß etwa der Gründer der Gruppe 47, Hans Werner lUchter, - er war Ehrendoktor der Karlsruher Fakultät fiir Geistes- und Sozial- wissenschaften - in der ersten großen Nach- kriegszeitschrift "Der Ruf' die Rückbesin- nung des einzelnen auf sich selbst als Ausgangspunkt des Denkens und Handelns forderte: Das individuUm wird zum "ruhen- den Pol eines neuen gesellschaftlichen Seins". Diese Überzeugung fand in der sogenannten subjektiven Gattung der Lyrik ihren ursprüng- lichsten Ausdruck. Eine Durchsicht der zwischen den Jahren 1945 und Anfang der 60er Jahre in Karlsruhe erschienenen bzw. von Karlsruher Autoren und Autorinnen geschriebenen Literatur zeigt, daß die Karlsruher " Nachkriegslitera- tur "im ganzen dieselben Symptome, Themen und Formen aufweist wie die Literatur im Nachkriegsdeutschland überhaupt. Es gab keinen lokalen oder landschaftsgebundenen Sonderweg. Dies soll an Beispielen aus der Lyrik erläutert werden, auch wenn der litera- rische Markt hier nicht besonders groß war und ist. Es geht dabei nicht darum, die bekannteren Karlsruher Schriftsteller und Schriftstellerinnen zu würdigen, also z. B. Otto Schrag, Otto Gillen, Ernst Feuerstein, 10la Ervig, Ludwig Egler mit Beispielen zu berücksichtigen, wie es etwa Friedrich Benbnann im einzigen literaturwissenschaft- lichen Titel über Karlsruhe "Karisruhe im Blickfeld der Literatur" getan hat. Vielmehr sollen anband einiger Beispiele typische Themen der Nachkriegslyrik in Karlsruhe verdeutlicht werden. Neuer Sturm und Drang oder Kontinuität? ,.,. »»: - - -~;.,.,."",*,~ Das einschneidende Datum 1945 wurde bald verbunden mit dem Schlagwort '·',lU "Nullpunkt". In der Tat empfanden viele, wenn nicht die meisten Menschen Kriegsende und Befreiung vom Faschismus als radikalen Einschnitt, der eine völlige Neuorientierung bedeuten mußte. AIfred Anderseh, der zwar kein Karlsruher war, aber zum südwestlichen Raum gehört, hat dies in seiner Rede "Deutsche Literatur in der Entscheidung. Ein Beitrag zur Analyse der literarischen Situati- on" entsprechend gefordert. Andersch hielt die Rede auf dem zweiten Treffen der Gruppe 47, die im November 1947 nicht in Karlsruhe, sondern in Herrlingen stattfand. Gedruckt wurde die Rede jedoch 1948 in Karlsruhe im Verlag Volk und Zeit. Andersch fUhrte aus : "Der Zusanunenbruch der alten Welt hat aber, vor allem bei der jungen Generation, das Gefuhl einer völligen Voraussetzungslosigkeit geschaffen, das Vorgefiihl eines originalen Neu-Werdens, fiir das es keine Muster und Vorbilder gibt. Wenn nicht alle Zeichen trügen, so richtet sich der dichterische Wille der jungen Generation auf einen neuen Sturm und Drang ... ". Jedoch - die Zeichen trogen. ,,'Eine Stunde Null ', einen ,Kahlschlag', hat 183 es, wie auch anderswo, 1945 in der Kul- turlandschaft des deutschen Südwestens nicht gegeben." So formulierte es z. B. Karl Schwedhelm in seinem Beitrag zur Nach- kriegs literatur in "Literatur im deutschen Südwesten". Das heißt also: auch in Karls- ruhe nicht. Statt "Stunde Null" lautete das neue Schlagwort "Kontinuität". Dies läßt sich am Beispiel des Scheffelbundes gut belegen. Der Scheffel-Bund bzw. die Literarische Gesell- schaft wurde 1924 in Karlsruhe gegründet. Die ihr angelegene Pflege der oberrheini- schen Literatur und die Sammlung des Oberrheinischen Dichtermuseums wurde im Jahr 1933, der Machtübergabe an die Nationalsozialisten, bruchlos fortgeführt, wenn man einmal davon absieht, daß der bisherige Bundesvorsitzende Prof. Friedrich Panzer im Dezember 1933 zum "Bundes- fuhrer" ernannt wurde. Im Jahr 1933 fanden die üblichen Dichterstunden statt, in denen z. B. Werke von Emil Strauß, Hans Carossa und natürlich Victor von Scheffel gelesen wurden. Die Dichterstunden standen unter dem Motto, wie es der Geschäftsführer Siegrist in den Mitteilungen von 1934 formulierte: "Das geisttreu gesprochene dichterische Wort wirkt unmittelbarer und stärker als das still gelesene. Unsere Dichterstunden sind Weihe- stunden, Stunden der inneren Sammlung und Besinnung." Insgesamt aber blieben nationa- listische oder gar nationalsozialistische Töne weitgehend aus. Lediglich im Mitteilungs- blatt von 1939 gab es zwei Ausfalle, einen bekennerischen in den redaktionellen Mittei- lungen vom Preisträger-Treffen von 1939 und einen antisemitischen in einem Aufsatz über Marlowes "Juden von Malta" vom Scheffel- Preisträger W. MargendorfI. Beide Ausfalle wurden in den 50er Jahren im Exemplar der Badischen Landesbibliothek überklebt; beide sind allerdings ohne weiteres noch lesbar. Zum I. September 1944 mußte der Schef- 184 fel-Bund seine Tätigkeit einstellen. Ein Jahr später begann der "Wiederaufbau", wie es in den Mitteilurigen von 1946 heißt, und der Scheffel-Bund wurde in "Volksbund für Dichtung" umbenannt. Den Sinn der Dichter- stunden erläuterte der Geschäftsführer Sieg- rist mit wenigen Varianten seiner früheren Formulierungen: "Der Grundgedanke unserer Dichterstunden ist der, daß das Werk des Dichters erst gesprochen seine stärkste Wirkung erlangt. Auf die Wirkung des Werkes aber kommt es an; der sprechende Künstler tritt also in die Rolle des Mittlers, des Dieners am Werk, ZUfÜCk. H Diese Kontinuität läßt sich auch an den wenigen Publikationen von Dichtungen, die den Mitteilungsblättern beigegeben waren, bele- gen. Im Heft von 1943 wurden zwei Gedichte des jungen Oskar Gitzinger abgedruckt, "Sonnenuntergang" und "Schlaflose Nacht", bei des religiös gestinunte, unpolitische Ge- dichte, offenbar aus eigenem Erleben ge- schrieben, gottsuchende Verse, die nichts von seinem persönlichen Schicksal im Krieg erahnen lassen. Oskar Gitzingers Verse "Gebet" finden sich a~ch auf dem Umschlag- blatt der ersten Mitteilungen nach dem Krieg, begleitet von der redaktionellen Mitteilung: "Oskar Gitzinger ist unseren Mitgliedern schon aus frühen Mitteilungen als begabter junger L)'Tiker bekannt. Träger des Scheffel- Schulpreises 1942 an der Wirtschafts- oberschule in Freiburg i. Br. hat er nach dem Abitur den Feldzug in Rußland mitgemacht, wurde schwer verwundet und lebt heute wieder in Freiburg i. Br." Zwei Strophen des Gedichts seien zitiert: "Gott - das läßt sich nicht sagen) ihn faßt kein wollendes Wort.! Gott wächst aus allen Tagen) wächst aus den Dingen fort.!1 Gott ist Vergehen und Reifen) er ist Rufer und HalV und über allem Begreifen! Saatkorn und ewiges All." "Neue Epoche der Metaphysik und Religion" Keine Spur des von Andersch prophezeiten Sturm und Drang. Das Gegenteil ist der Fall. Das Thema - die Gottsuche - bleibt, und die Form wird traditionell, klassizistisch. Die Verse sind gereimt, ihnen liegt ein regelmäßi- ges Metrum zugrunde, und die Formu' ierun- gen bleiben einer traditionellen, allgemeinen und unkonkreten Wort- und Bildwelt ver- pflichtet. Rückwendung, nicht Neubeginn ist zu konstatieren. Das ist keineswegs nur fur Karlsruhe typisch, obwohl die Tendenz hier besonders stark ausgeprägt war und die religiöse Thematik bei weitem überwog. Für die Nachkriegsliteratur gilt allgemein, was fur das genannte Beispiel im besonderen zutreffend ist. Sie ist stark metaphysisch geprägt und knüpft damit - und vor allem mit dem Existentialismus - an die Zeit der späten 20er und frühen 30er Jahre an. Alfred Döblin, der 1945 als französischer Kulturoffizier nach Deutschland zurückkehrte und 1947 einen Essay in Baden-Baden ,,zur literari- schen Situation" publizierte, gab die Begrün- dung: Nach der Zeit der äußersten Verweltli- chung und Technifizierung durch den Nationalsozialismus breche eine "neue Epo- che der Metaphysik und Religion" an: "Wo das Göttliche sich nähert, mit seinem Ernst, seinen Schauern, seiner Wahrheit und Herrlichkeit, klingen die Lieder der Kunst anders. Die Harfen werden neu gestimmt. Das ist keine Zeit fur Klassen, Nationen und private Eigenbrötelei . Es ist die Epoche, in der wieder, und nicht das letzte Mal, die Frage nach dem Menschen aufgeworfen wird." Deutlich wird: die Übermacht des Politi- schen während des Nationalsozialismus rief geradezu nach dem Unpolitischen, Überna- tionalen - wobei übrigens auch die Dichter- stunden im "Volksbund fur Dichtung" nach dem Krieg ausländischer und klassischer Literatur geöffnet wurden. Die Erfahrungen der Barbarei und der fabrikmäßigen Vernich- tung von Menschenleben hatte die notwendi- ge Besinnung auf den Menschen, das heißt auch seiner Ethik, zur Folge, und die Suche galt der verlorengegangenen, veräußerlichten und verdinglichten Ganzheit des Menschen. Verbunden war damit die Abkehr bzw. Verachtung der Masse, die ja eines der prä- genden faschistischen Phänomene war, sowie die Besinnung auf die Bedeutung des Todes, der einerseits durch den Krieg und die Ver- nichtungspolitik der Nazis zum Massen- phänomen geworden war, der andererseits in der Existenzphilosophie gerade als das Exi- stential bestimmt worden ist, das zum je eigenen Dasein des Menschen gehört und das er im "Sein zum Tode" als die absolute Gren- ze der Persönlichkeit zu bedenken hat. Die Rückkehr zum Klassizismus war keineswegs äußerlich. Formzertrümmerung als typische Erscheinungsform fur die Litera- tur der Moderne war bereits in den 20er und 30er Jahren vielfacher Angriffspunkt der lite- rarischen Kritik. So funktionierte die klassizi- stische Formerneuerung nach dem Krieg ge- wissermaßen als Ausdruck einer gebändig- ten, quasi in neue Zucht genommenen ethischen Haltung, die gegenüber der zer- trümmerten Umwelt Halt, Harmonie und menschliche Erneuerung versprach. Auch hierzu ein Beispiel aus der Karlsruher Nach- kriegsliteratur: 1967 publizierte der außeror- dentlich produktive Lyriker Kurt Rüdiger, der schon vorher einige Nummern des "Karlsru- her Boten" mit seinen Gedichten gefullt hatte, in der 305. Ausgabe einen Zyklus aus funf- zehn Sonetten. Darin fuhrte Rüdiger seine formale Eigenart der Verknüpfung der ein- zelnen Sonette zur letzten Konsequenz. Der letzte Vers eines Sonetts bildete nicht nur den Anfangsvers des folgenden, alle vierzehn 185 Schlußverse ergaben zugleich das fünfzehnte Sonett. Dieses Verfahren greift tief in die Tradition christlicher Erbauungsliteratur zu- rück, also nicht nur in die des bürgerlichen Klassizismus: Keine Erneuerung also, keine Formenzertrümmerung, sondern Traditions- pflege und Suche nach Formvollendung. Die Bewahrung der Form hängt eng mit dem Dauertbema der Literatur des Nach- kriegszeit zusammen, das bereits für die Literatur des Expressionismus kennzeich- nend ist: die Erfahrung, daß der Mensch in der industrialisierten Welt immer mehr ZUlU Objekt wird. Für die Karlsruher Nachkriegs- literatur ist eine religiöse Wendwlg als Antwort darauf charakteristisch. Das Gefühl, daß man nicht lebt, sondern gelebt wird, war eine der Grunderfahrungen, die sich in der Nachkriegszeit erneut besonders stark aus- prägte. Eiu Sonett aus dem Zyklus "Dämon. Starker Engel. Sonette 1934-1959" von Kurt Rüdiger aus dem Jahr 1949 kann dies belegen: "Und sind sie denn so fremd, der Geist, der Sillll?/ Hat sie vielmehr ein Wahn nicht aufgespalten,! Die eins warn von je? Wird uns nicht illlle,! Daß wir Chimären an der Brust gehalten? // Nie hat dem nackten Geist ins Aug geschaut! Ein MenschenantIitz, immer warn sie beide,! Geist, Seele eins, erst mit Eurer Scheidet schuft Ihr die Hydra, vor der uns nun graut.! / Dreieinig war der Leib, dreieinig Gott,! Doch wir zerfielen über dieser Dreiheit,! Die Lieb, die alles ein- begreift, ward Spott.// Drei auch der Orte: Himmel, Erd und Hölle!! Genug, zerrissner Wahn! Wir wollen stellen! Die Lieb als Ort und Mitte unsrer Freiheit!" "Verlust der Mitte" <·",.,., ·;>,·:...,.,.,.,.,~·,.",.,.,·>>>,.,~·""""~·w·:«""<":·:.>:.:«.:".,,,,, ,,,,,,,,_,w"'''''w·''''·'·w''''''-"".,,,,,·,.,,p Auffallend sind die Kemvokabeln, die Hir die Erfahrung der Entfremdung und Anony- misierung des Menschen in der Modeme stehen. Alles scheint "fremd" geworden, 186 Geist und Silllle sind entfremdet. Im Hin- tergrund droht der "Wahn", die Wirklichkeit erscheint in Fonn von "Chimären'\ von "Ungeheuern". Die Folge für das Subjekt ist die Erfahrung des Grauens und der Zerrissen- heit. In der Forschung zum literarischen Ex- pressionismus wird diese Zerrissenheit unter "Ich-Gissoziation" geführt. Als Ausweg da- raus erscheint, wld zwar nicht nur in der Karlsruher Literatur, einzig die Wiederher- stellung der Liebe und der, wie es heißt, begegnenden Beziehung Zll1l1 Du, über den Glauben; Neufindung der Mitte, Rückbesin- nung auf das Subjekt. Walter Helmut Fritz, der wohl derzeit bekannteste lebende Karlsruher Schriftstel- ler, formulierte Ende der 50er Jahre dieselbe Erfahrung der Entfremdung, wellll auch ll1l1 einiges anders. Fritz hat 1956 seine lite- rarische Arbeit - wie damals auch anderswo üblich - mit Natur- und Landschaftsge- dichten begollllen. Seine Diktion ist gegen- über Rüdiger knapp, Verdichtend. Auch wellll er nicht mehr primär auf klassische Formen zurückgreift, bleibt doch in den früheren Gedichten der Wille nach entschiedener Formung sehr deutlich, und das Motto des Gedichts "Das Unglück" - "Frei geht das Unglück durch die ganze Erde"/ Tbekla in "Wallensteins Tod" - greift auf die deutsche Klassik zurück, knüpft an Tradition an: "Selbst die Dunkelheit! kann sich nicht davor retten.!/ Nichts ähnelt mehr dem,! was die Hoffnung erfand.!/ Der Friede ist zu fern,! als daß man gelassen sein kÖllllte.!/ Die Hei- terkeit meidet die Stadt.// Es ist etwas Son- nenlicht auf der Allee,! das bald erstirbt.!/ Die Menschen sind beschäftigt! mit einem Leben, das sie nicht erreicht hat." Ausgangspunkt ist wiederum die Erfah- rung, übennächtigen, aber unbekannten, anonymen Gewalten ausgesetzt zu sein. Was bei Rüdiger in Gestalt von Chimären begeg- net, sind bei Fritz das "etwas SOllllenlicht, ... das bald erstirbt", die Hoffimngslosigkeit und die Friedlosigkeit, die das nicht genauer bezeichnete "Unglück" universell werden lassen. Die Menschen sind außengeleitet, beschäftigt mit etwas, das sie sich selbst entfremdet, und verpassen so das Leben. Auch hier liegen konkrete Erfahrungen zugrunde, die aus der Tradition kommen, in den 50er Jahren aber eine neue Ausrichtung erhalten. Eines der Erklärungsmodelle für den Faschismus war nach dem Krieg, daß man in der im Weltkrieg dann ja sozusagen ent- fesselten teclmischen Welt die Gefahr einer totalen Ordnung und damit eine totale Funktionalisierung des Menschen sah. Disku- tiert wurde der Amoklauf der Technik unter dem Schlagwort "Verlust der Mitte", das Walter Scdlmayr mit seinem gleichnamigen Buch von 1948 einfUhrte. Den Verlust der Mitte führte Sedlmayr auf eine bewußte Absperrung des modemen Menschen gegen eine "obere Realität" (Transzendenz also) zurück: Der Mensch vertraut einzig auf sich, auf seine eigene Planung und vergißt die Besinnung auf sein Selbst, auf die menschli- che Mitte. Dämonen erscheinen in der Karlsruher Literatur der fünfziger Jahre allenthalben als Metapher für das Grauen und den Schrecken der Entfremdung. Für Kurt Rüdiger war der Begriff titel gebend, auch wenn er bei ihm doppeldeutig, also im Sinn der religiösen Wiederfindung der Mitte, gemeint ist. Auch die Frauenliteratur, der z. B. die Ausgaben innerhalb des "Karlsruher Boten", der "Amaryllis", gewidmet waren, befaßte sich damit. Margot Krumms Gedichte beziehen ihre Thematik rast ausschließlich aus der Welt des Zirkus und der Schausteller. Die Wahl des Gedichts "Der Feuerschlucker" erscheint in diesem Zusammenhang erst auf den zweiten Blick einleuchtend. Es war bereits die Zeit, in der zunächst durch den Hörfunk, dann immer mehr durchs Fernsehen die Welt der Show in den Blick- punkt rückte und der Kritik ausgesetzt wurde: " Dieser Mann ist ungeheuer, Leute,! seht ihn Euch nur an!! Dieser Mann schluckt rotes Feuer, Leute!/1 Sagt, daß er was kann!! Dieser Mann macht das schon Jahre - / und noch nie ist was passiert!! Seht doch seine weißen Haare!/ Seht nur hin,! ganz wlgeniert. ' /I Steht mit olf'nem Mund die Menge,! staunt den Mut an! und den Mann -/ Daß die Seele er ver- senge!! Niemand - / niemand denkt daran!" Durch die radikale Entfremdung in der MenschelIDlasse konmIt der Mann nicht zur Selbstbesinnung. Nur das lyrische Ich stellt die Frage und kommt zur Antwort: der Mann verbrennt sich seine Seele. Damit wird der Feuerschlucker Zunl Bild des technischen Menschen, der in seiner Tätigkeit seine Mitte verliert und dennoch von der Menge begaffi und bestaunt wird. Eben diese Veräußerli- chung war für die 50er Jahre typisch. Das "Wirtschaftswunder" brachte eine Flucht in die Sachwerte mit sich, eine Rückbesinnung hatte trotz der versuchten Einkehren nach dem Krieg nicht stattgefunden. Und wenn es noch eine Mitte gab, so nur in Technicolor: Im Wald, auf der Alm, am Wildbach mit der geliebten Heidi, oder auf Immenhof mit den schönen, jungen unverdorbenen Mädels, oder auf dem Elbkahn mit dem schmalzig singenden Hans Albers - als Vorgaukeln eines schönen Scheins, dem keine Wirklich- keit mehr entsprach. Lyrik als Zeitkritik ....... ·.·~.·.· ......... w~ ...... w.·.·.·,.·.w ..... ,~_,..... ...... 'NU' .. ·.·.w.·.·.w .. • ... ....,..,..·......,.. ... ". In einer Anthologie mit Großstadtlyrik, die einem Preisausschreiben des "Karlsruher Boten" gewidmet ist, fmden sich die zwei wesentlichen Typen des Menschen der 50er Jahre wieder. Die einen, die "Maschinen- Menschen", könnten ebenso gut aus den 20er Jahren stammen: "Und Schicht um Schicht, wenn die Sirene brüllt! Durchhetzen . Men- 187 schenmassen Asphaltbahnen-! Und manch- mal, wo der Kolben Fäuste lauern,! Ge- schieht's, daß sich ein Schicksal jäh erfiillt." Mit den anderen, den "Halbstarken", kam ein neuer Typus des veräußerlichten Menschen in die Alltagswelt, und natürlich traf er auf Kritik. Die roarin' fifties kamen in die Literatur. Capri und Maria aus Bahia wurden von den hämmernden Klängen des Rock 'n' Roll verdrängt. Elvis Presley und Bill Haley hießen die neuen Götter. Die Karlsruher Reaktion darauf lautete so: "Halbstarke!! Zu groß fur ihr Alter.! Leiber von Riesen! mit Köpfen von Kindern.! Geltungsbedürftig, intellektuell,! aber mit unterentwickelter! Vernunft.! Hilflos in Wachstums! Dissozia- tionen gestürzt.! Wer kann das ausbalancie- ren?! Dem dauernden Angriff! von Sexbom- ben ausgesetzt.! Kein Beispiel, kein Vorbild,! oft auch keine Familie;! wenn's hochkommt:! verständnislose Eltern.! Denen wollen wir's zeigen!! Und wenn sie sich gerade! ganz stark fiihlen,! von Schwächlingen! Halbstark' . genannt..." Auch hier zeigt sich das Thema der Veräußerlichung und der Dissoziation bruch- los fortgefuhrt. Die Nachkriegszeit brachte nicht den ersehnten Einschnitt. Auf andere Weise und vielleicht in verschärfter Form setzten sich die Entfremdungen fort. Verein- samung und Lebensverlust waren die Folgen. Vor allem jene Literatur, die die lyrische Einkehr forderte - sie war in der Nachkriegs- zeit in Karlsruhe dominant - übernalun kri- tische, wenn man will, gesellschaftskritische Funktion. Die Kritik freilich kam aus kon- servativer Überzeugung, die als Verlust be- klagte, was an der Zeit und nicht auf zuhalten war. In dem Gedicht "Alter Mann" von Walter H. Fritz wird die Vereinsamung thematisiert, Menschen begegnen sich als Masken - ein deutlicher Hinweis auf die im Modeboom sichtbar zunehmende Veräußerlichung. Das 188 Ende von Fritz' Gedicht beklagt das Leben als Unfall, das nicht vom Ich, sondern von anderen, unbestimmten Leben gelebt wird. Was bleibt ist die Vereinsamung und das Warten auf den Tod. Ein weiteres Gedicht aus der Großstadtanthologie des "Karlsruher Boten" kann dies noch einmal belegen und zugleich auf einen weiteren zeitgeschichtli- chen Hintergrund verweisen: " Immer die Geräusche! aufs Trommelfell.!Trommellfeld.! Einschüsse! in das leichte Gewebe! der Stille.! ! Radio! Husten! Rufen! Hupen -! Dum-Dum scharf geschossen.!! Aber ich werde das weiße Tuch! nicht werfen,! den Bunker meiner Einsamkeit! nicht preisgeben.! Der Feind wird den Versen,! die ich ins Kampfgetümmel morse,! auf die Dauer erliegen.!! Ich habe Geduld." Ausgangspunkt des Gedichts ist die zu- nehmende Monotonie des Alltags, die sich durch die Motorisierung der, westlichen Gesellschaft, durch die Einheitsbebauung, Bertolt Brecht sprach von Einheitsstallungen zur Wiederherstellung der Ware Arbeits- kraft, vor allem aber auch über die Medien ausbreitete. Deren Siegeszug brachte in den 50er Jahren nicht etwa - das wissen wir heute noch deutlicher - Kommunikation mit sich, sondern Zerstreuung, die wiederum zu Einsamkeit fuhrte, nicht aber zu einer Einsamkeit, die als Raum der Stille gewählt wurde - dies meinte Oda Schaefer - , sondern die aufgezwungen war, und zwar auf mar- tialische Weise: von Einschüssen ist die Rede, von Dum-Dum-Geschossen, vom Bunkerdasein, von Feinden und von Kampf- ge\vimmel. Die Kriege der Zeit, aber auch die Atombombenversuche auf dem Bikini-Atoll, fanden nicht nur in der Ferne, sondern konkret auch im alltäglichen Leben statt und de- formierten die Menschen und verletzten sie. Der Krieg, der doch mit dem zweiten, weltweiten Krieg abgeschlossen zu sein schien, war nicht vorbei; er ging weiter, und zwar nicht nur in der Feme, sondern auch im scheinbar befriedeten Wohlstandsalltag der Bundesrepublik. Ende der Nachkriegszeit .·.·.·.·.·•·.·.· ..... ·•·.·.· ............ · ... W .. ,.,..."Vh...,..· ......... ...,... __ ...... ~~..",....",..w.~ .... . ... ,,' Für Walter H. Fritz wird das Deutschland der 50er und der frühen 60er Jahre zum Grenzland, bald ohne Namen, zum Nie- mandsland, in dem sich die weltweiten Konflikte spiegeln. Friede ist weit entfernt: "Vorwände// Zwischen uns und den Frieden! haben wir Vorwände geschoben.! Sonst würden wir ihn entdecken! mitten auf der Ebene,! über der unaufhörlich Schnee fallt,! verlassen und bereit, sich zu nähern." Die Wiederbewaflhung Deutschlands prägte in den Jahren 1957/58 die Schlagzeilen. "Kampf dem Atomtod" und Angst vor neuen Kriegen in Europa bestimmten die Diskussion und das LebensgefUhl vieler Menschen. Wie wir wissen, ohne Auswirkungen auf politi- sche Entscheidungen. Aber deutlich wird, die Nachkriegszeit war immer noch nicht vorbei, jedenfalls nicht in der Literatur, wenn die Verse Ende der 50er Jahre lauteten: "Denn geht's nicht mit Hitlcr, dann geh'n sie mit Clay/ Und wechselt die Firma - auch dann ist's okay/ Sie sindja die alten geblieben ... " Einschneidende Veränderungen waren nicht eingetreten, und die Aussichten schienen düster zu sein, wenn Walter H. Fritz schreibt: "Hafen!/ Frachtschiffe, Tanker,! Jachten, Passagierdampfer.! Ein Lotsenboot inmitten:! der Tod eines Mannes,! der sich langsam! dem Hafen nähert." Die Literatur, auch die Karlsruher, verwei- gerte sich den materiellen Aufschwüngen der bundesrepublikanischen Gesellschaft in den 50er Jahren und versuchte, die verdrängten Ängste und Gefahren zu formulieren sowie die Kontinuitäten der nicht "erledigten" - man sagte und sagt heute noch "bewältigten" - Vergangenheit offenzulegen. Ende der 50er Jahre begann zum ersten Mal der Putz von der bunten Wohlstandsfassade abzufallen. Statt Aufbau gab es die ersten Demontagen in der Industrie, die die betroffenen Kumpel im Ruhrgebiet als Demontage der Demokratie interpretierten. Die Literatur reagierte darauf mit einem neuen Realismus und der Pro- pagierung von Gemeinschaft sowie Durchset - zung der Demokratie; Die Zeit der Vereinsa- mung, des Subjektivismus ging zuende - um später, aber das ist ein anderes Thema, er- neuert zu werden. Jan Knopf Der schwarze September 1944 KarIsruhe im BombenhageI In diesen Tagenjährt es sich zum 50. Male, daß unsere Heimatstadt dank der verkehrs- strategischen Lage und des Fehlschlages vom Groß angriff am 25. April 1944 das Ziel einer Reihe, z. T. schwerer Luftangriffe wurde. Nach dem Durchbruch von Avranches am 31. Juli hatten die Alliierten in einem Sieges- zug ohnesgleichen Frankreich und Belgien zurückerobert. Im Zuge der Verfolgung sollte der Aufbau einer neuen deutschen Front ver- hindert werden. Zur Unterbindung von Nach- schub und Truppenverschiebungen aus dem Inneren des Reiches konnte eine Reihe auf- einanderfolgender schwerer Schläge das Ei- senbahnnetz im Dreieck Mainz-Saarbrük- ken-Karlsruhe zerschlagen. 189 Bombing round the clock ---~, Die Angriffsfolge eröffuete die 8. Britische Bomberflotte am 5. September um 1.58 Uhr. Auf das von zahlreichen Zielmarkierungen ausgeleuchtete BaJmhofsviertel wurden 23 Luftminen und 60 Sprengbomben abgewor- fen. Am RangierbaJmhof wurde ein Stellwerk leicht beschädigt, die Strecke nach Mühlacker und Heidelberg sowie die Güterzugstrecke nach Hagsfeld zeitweise unterbrochen. Der Rest der Bomben richtete nur Wald- und Flurschäden an. Kaum waren die letzten britischen Flugzeuge zu ihren Einsatzhäfen zurückgekehrt, erhoben sich etwa I 000 amerikanische Bomber, um Ziele in Südwest- deutschland anzugreifen. Ein Teilverband von 185 fliegenden Festungen spaltete sich bei Pirmasens ab und überschüttete von I L35 bis 11.58 Uhr den RangierbaJmhof, die EisenbaJmhauptwerkstatt und die angrenzen- den Stadtteile mit I 452 Spreng- und 45 980 Stab brandbomben. Zahlreiche Bomben der im schweren Flakfeuer pendelnden Flugzeuge verfehlten ihr Ziel und streuten von der Südweststadt bis nach Rintheim. 235 Tote und 28 Verwundete waren Opfer dieses An- griffes. Aber auch die Angreifer kamen nicht ungerupft davon. Von den am Morgen gestarteten Flugzeugen fielen 31 dem Ver- nichtungsfeuer der Flak an den verschiedenen Orten zum Opfer. Kaum waren die schwersten Schäden eingedämmt, Verschüttete, sowie Hab und Gut geborgen, schlug die 8, Britische Bom- berflotte erneut zu. Ab 1.30 Uhr warfen am 8, September Einheiten dieses Verbandes 22 Luftminen, 59 Spreng- so\vie viele Brand- bomben verstreut vom BaJmhof bis in den Hardtwald. Zehn Gefallene, zwölf Verwun- dete und 350 Obdachlose waren die traurige Bilanz dieses Angriffs. Blick vom Kaufhaus Hölscher (heute Karstadt) nach Osten über die nach dem 27. Septem- ber 1944 weitgehend zerstörte Innenstadt. 190 Die Zerstörung der Hauptwerkstatt ~ __ --=._.~_~·_'''w_w Seit dem 5. August 1941 versuchten die Alliierten wohl ein Dutzendmal, jeweils unzureichend, die Eisenbahnhauptwerkstatt nachhaltig zu zerstören. Um diesem langwie- rigen, von keinem nachhaltigen Erfolg gekrönten Kräfteverschleiß ein Ende zu bereiten, beschloß der Stab der 8. USAAF, endlich "Nägel mit Köpfen" zu machen. Von den in den frühen Morgenstunden des 8. September 1944 gestarteten I 200 Bombern griffen 247 die Hauptwerkstatt mit 1 031 Spreng- und 66 330 Brandbomben an und vollendeten so das Werk der Zerstörung. Wiederum rauschten viele Bomben in der näheren und weiteren Umgebung bis zu dem bereits schwer heimgesuchten Rintheim nieder. Die St.-Bernhard- und die Luther- kirche standen in hellen Flammen. In der Südstadt erhielten die Johannis- und Lieb- frauenkirche nochmals Treffer. 123 Tote und 129 Verletzte waren zu beklagen. Nur 22 der angreifenden Bomber, darunter vier durch die Karlsruher Flak, wurden an diesem Tag abgeschossen. Vorbei waren die Zeiten, als, wie bei den Angriffen auf Schweinfurt, ganze Geschwader vom Himmel gefegt wurden. Eine verantwortungsbewußte, nicht durch die Forderung nach der bedingungslosen Kapitu- lation politisch eingeengte Führung hätte den vom Zaune gebrochenen Krieg sofort be- enden und der Bevölkerung weitere sinnlose Opfer ersparen müssen! Die Fächerstadt unter dem "Todesfacher" Richteten sich die bisherigen Septemberan- griffe gegen strategisch wichtige Ziele, so sollte der nächste Großangriff das Stadtge- biet, die Zivilbevölkerung, treffen. Dazwi- schen aber lag eine revolutionäre Neuerung der Angriffstechnik, die Überflugmethode, auch Todesfacher genannt. Bisher wurden oft die Himmelsmarkierungen, die "Christbäu- me", vom Winde abgetrieben, z. B. am 25. April, oder die Bodenmarkierungen vom Qualm der Entstehungsbrände verdeckt. Ver- gebens hatten sich jahrelang die Stäbe aller Kriegsparteien um die Behebung dieser "Un- zulänglichkeit" bemüht. Schließlich wurde dieses als unlösbar angesehene Problem verblüffend einfach gemeistert. Ein vor dem Zielbereich liegender, gut erkennbarer Platz, wurde bei Sicht im Tieffiug mit Boden- markierungen abgesteckt. Jedes angreifende Flugzeug flog einzeln diesen Punkt in einer vorgeschriebenen Höhe an, schwenkte unter befohlenem Winkel ab und klinkte nach genau berechneter Zeit die Bomben aus. Dadurch entstanden in einem engbegrenzten Sektor, eben dem "Todesfacher" , größte Zerstörungen mit Tausenden von Toten. Erstmals wurde der "Todesfacher" arn Abend des 11. September 1944 über Darm- stadt aufgespannt. Der Scheitel lag am Exer- zierplatz zwischen Neckarstraße und Haupt- bahnhof. Ca. 10 000 starben unter den Trüm- mern, die Stadt war verglüht. Diese so " er- folgversprechende" Angriffs taktik schien den Stäben in High Wycombe geeignet, endlich auch Karlsruhe, das sich immer wieder der völligen Zerstörung entziehen konnte, den Todesstoß zu geben. Kleinere Störeinflüge in der Nacht vom 26./ 27. September und die durch sie ausgelösten Alarme ließen die ohnehin geschwächte Luftabwehr und die Bevölkerung ermüden. Als gegen 5 Uhr erneut die Sirenen auf- heulten, blieben in der Annahme, der Alarm gelte einzelnen zurückfliegenden Maschinen, die meisten Leute übermüdet liegen. Minuten später mischten sich in das Abwehrfeuer der Flak die Detonationen der ersten Luftminen und Sprengbomben. Die 5. Britische Bomber- flotte hatte den Angriff eröffnet! Luftmarschall Harris hatte nach den Er- fahrungen von Darmstadt sich fiir einen· durch 191 Minen und Sprengbomben unterstützten Brandbombenangriff entschieden. Im Schei- ne grüner, am Himmel baumelnder Leucht- kaskaden markierte der Angriffsftihrer mit roten Bodenmarkierungen den damals kreis- runden Engländerplatz als Marking-Point. Fächerfcirmig ausschwärmend ließen 237 Bomber fast eine halbe Million Brandbomben vor allem auf die Innen-, Weststadt und Mühlburg herabprasseln. Binnen weniger Minuten wogte ein riesiges Flammenmeer vom Durlacher Tor bis zum Rheinhafen. Nur den breiten Straßen der Barockstadt, den vielen geräumigen Plätzen und den allenthal- ben klaffenden Lücken vorangegangener Zerstörungen, vor allem der bereits 1942 ausgeglühten Reinhold-Frank-Straße, ist es zu verdanken, daß der Glutofen der Innen- stadt nicht mit der sengenden Lohe im Westen zu einem alles verzehrenden Moloch zusam- menwuchs und es zu keinem Feuersturm vom Ausmaße wie in Hamburg, Wuppertal oder Darmstadt kam. Was aber Karlsruhe sein unverwechselbares Aussehen gab, stand in Flammen. Überhöht von dem in allen Farben des Goldes durch die züngelnden Flammen beleuchteten und im thermischen himmelan rauschenden Sog sich rasend drehenden und schließlich sanlt dem seiner Festigkeit beraubten Gebälk in die Tiefe stürzenden Engel auf der evangelischen Stadtkirehe ging das Karlsruhe eines Weinbrenner, Durm, Jeremias Müller, Hübsch u. a. unter. Die TH, das Schloß, das Rathaus, die Randbebauung von Schloßplatz und Zirkel, die Christi- Auferstehungs-, Bonifatius- und Markuskir- ehe brarmten. In der venvinkelten, mit Sei- tenbauten, Hinterhäusern und Schuppen eng bebauten Innenstadt fand die Lohe reiche Nahrung. Die von Stab brandbomben massen- weise getroffenen Häuser konnten von Selbst- schutzkräften nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden. Allein durch Flucht zum Ettlinger Tor, dem Friedrichsplatz, S:h1oß- 192 platz oder in den Hardtwald war das nackte Leben zu retten. Nur von wenigen Stab- brandbomben getroffene Gebäude waren zu bewahren, wenn die Bomben sofort mit Sand abgedeckt oder vom Dachboden geworfen wurden. Zudem mußte der seiner Ziegel beraubte, entrümpelte Speicher gegen Fun- kenflug verteidigt werden. Ein Spiel mit dem Leben war es allemal. Erleichtert dürften die Bergungstrupps aufgeatmet haben. Statt wie in Darmstadt etwa 10000 Tote, waren "nur" 51 Opfer zu beklagen. I 029 Venvundete, darunter 878 Rauchvergiftete, gemahnen daran, daß zu einer Katastrophe wahrlich nicht viel gefehlt hatte! Nach all dem Erlebten kam man zur Überzeugung, schlimmer könne es ja nicht mehr kommen; ein Feuersturm sei hinfort allein mangels zusanllllcnhängender brennbarer Masse nicht mehr möglich. So ging man daran, auf dem Lande Zuflucht zu suchen oder sich in den erhalten gebliebenen Wohnungen, Kellern und Gartenhütlen häus- lich einzurichten. Noch lag das "Erdbeben" am Abend des St. Barbara-Tags im Schoße der Zukunfl verborgen! Die Angreifer verloren lediglich drei Flugzeuge. Ein Abschuß wurde der Luft- waffenhelferbatlerie des Helmholtz-Gymna- siums vom Oberkommando der Luftwaffe bestätigt. Noch lag beißender Qualm über der geschundenen Stadt, wurden Opfer versorgt und wieder aufilackernde Brände bekämpft, da beendete die 8. Britische Bomberflotte den " Schwarzen September" . 54 Tonnen Spreng- und Brandbomben fielen verstreut von Rüp- purr über die Bahnhofsgegend bis zum Bin- senschlauch. Am bedrohlichsten war die Be- schädigung des Albwehrs beim Kühlen Krug. Ein Bruch hätte den Verlust von gestautem Löschwasser zur Folge gehabt. Ein halbes Jahrhundert ist seit jenem Sep- tember vergangen. Mitteleuropa hat seitdem nicht mehr unter der Geisel des Krieges ge- litten. Möge es den Verantwortlichen gelin- gen, statt falsche Hoffnungen zu wecken, endlich auch weltweit einen friedlichen Aus- gleich zu schaffen. Erich Lacker Zum "Reichseinsatz" in Karlsruhe Ausländische Frauen und Männer in Karlsruher Betrieben 1939-1945 Während des II. Weltkrieges waren rund zehn Millionen ausländische Menschen, dar- unter ca. zwei Millionen Kriegsgefangene, zum Arbeitseinsatz in das Deutsche Reich gebracht worden. Ohne diese Ausnutzung frem- der Arbeitskraft in der deutschen Kriegswirt- schaft hätte das nationalsozialistische Deutsch- land den Krieg nicht so lange fUhren können. Die Kriegsgefangenen sowie zwangs- verpflichtete und verschleppte ,,zivilarbeite- rinnen und -arbeiter", kamen aus den von Deutschland besetzten Ländern. Sie wurden auch in Karlsruhe in Industrie, Handel, Handwerk, Land\virtschaft, öffentlichen Ver- waltungen und Privathaushalten eingesetzt. Es waren insgesamt bis 1945 über 17 000 "Fremdarbeiter" aus Polen, den Niederlan- den, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Däne- mark, Norwegen, der Tschechoslowakei (bzw. Protektorat Böhmen und Mähren), Griechenland, Jugoslawien, den baltischen Ländern und der Sowjetunion in Karlsruhe im Arbeitseinsatz. Die damals übliche Benen- nung als " Fremdarbeiter" unterschlägt, daß sich etwa ein Drittel " Fremdarbeiterinnen" darunter befanden. Am Kontingent aus der Sowjetunion betrug der Frauenanteil sogar über die Hälfte. Daneben arbeiteten in Karls- ruhe noch Hunderte von Menschen aus neu- tralen und mit Deutschland verbündeten Staa- ten. Deren Rechtsstatus und die Behandlung unterschied sich grundsätzlich von den Zwangsverpflichteten. "Nachschub" nach Karlsruhe War Karlsruhe zu Beginn des Krieges wegen seiner Grenzlage noch weitgehend aus den Rüstungsplanungen herausgenommen und deswegen auch der Einsatz nicht- deutscher Arbeitskräfte, außer Kriegsgefan- genen, beschränkt, so änderte sich dies ab 1941. Die ersten großen Kontingentwellen zwangs verpflichteter, aber zum Teil auch mehr oder weniger frei\villig gekommener ausländischer Arbeitskräfte trafen ab dem Frühjahr 1942 in der Stadt ein. Der "Ge- neralbevollmächtigte fUr den Arbeitseinsatz" Sauckel sorgte fiii inuner neuen "Nachschub" aus den besetzten Ländern. Diese sogenann- ten "fremdvölkischen Arbeiter" wurden von den Arbei tsämtern vor Ort, den durch stän- dige Einberufungen aus der Stanunbeleg- schaft zur Wehrmacht und steigenden Rü- stungsauflrägen nach Arbeitskräften verlan- genden Betrieben zugewiesen. Bis zum Kriegsende hatten auf diese Weise z. B. die zehn größten Karlsruher Betriebe fast 9 000 der von 1941 bis zum Kriegsende eingesetz- ten ausländischen Arbeitskräfte in der Stadt genutzt; darunter z. B. die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (später IWKA) in ihren Werken in Karlsruhe und Grötzingen über 4 500, Gritzner & Kayser (später Pfaff) in Durlach mindestens I 300, Haid & Neu rund 500. Rassenschranken Von den über 17 000 in Karlsruhe einge- 193 setzten Arbeitskräften kamen etwa 20 Prozent aus Polen, 35 Prozent aus der Sowjelunion. Letztere wurden unter der Bezeichnung "Ostarbeiter" gefiihrt. Unter den mehr als 40 Prozent "Westarbeitern" sununierten sich Menschen aus sogenannten " starnmesähnlichen" Ländern. Die Situation der verschiedenen Gruppen der "Fremdarbei- ter" unterschied sich je nach den nationalso- zialistischen Kriterien der "Volkstums zuge- hörigkeit". Wesentlich in der rassistischen Hierarchie oben standen "germanische Völ- ker" wie Holländer, Flamen, Dänen. Ihnen folgten Franzosen und Belgier, dahinter Men- schen aus den besetzten Gebieten Südeuro- pas. Danach rangierten am Ende der Skala die slawischen " Untermenschen" aus Polen und dahinter die aus der Sowjetunion. Polen und Sowjetbürger wurden gezwungen, sich durch ein "P" bzw. "Ost" auf der Oberkleidung ähnlich dem Judenstern, deutlich zu kenn- zeichnen. In der Bestimmung des Reichsftihrers SS vom 20. Februar 1942 "über Anwerbung und Einsatz von Arbeitskräften aus dem Osten", hieß es unter anderem, daß ;,entsprechend der Gleichsetzung der Arbeitskräfte aus dem altsowjetrussischen Gebiet mit Kriegsgefan- genen eine straffe Disziplin in den Unterkünf- ten und am Arbeitsplatz herrschen muß". Die Bestimmung zeugt davon, daß die Situation der " zivilen" sowjetischen Arbeitskräfte sich zu Anfang ihres Einsatzes nicht wesentlich von dem ihrer kriegsgefangenen leidensge- nossen unterschied. Auch wenn sich die ebenfalls darin enthaltene Anordnung, "wäh- rend des Aufenthalts der Arbeitskräfte aus dem . sowjetrussischen Gebiet im Reich ... diese streng von der deutschen Bevölkerung, (den anderen) ausländischen Zivil arbeitern und allen Kriegsgefangenen abzusondern" , sich in der Praxis nicht hundertprozentig durchfuhren ließ, so war doch damit das Ziel vorgegeben: Kontakte zwischen De"tschen 194 und Sowjetbürgern und Polen sollten, abge- sehen von der Arbeitsaufsicht und Bewa- chung, nicht erfolgen. Strenge Bestrafung stand auf Arbeits- bummelei, das ,,Aufhetzen" anderer Arbeiter, auf eigenmächtiges Verlassen des Arbeits- platzes und sonstige Verstöße gegen die Arbeitsordnung. Sexuelle Beziehungen zu Deutschen hatten "Sonderbehandlung" , d. h. Tod durch Strang oder Einweisung in ein Konzentrationslager zur Folge, ebenso krimi- nelle Delikte wie Diebstahl oder Plünderung. Etwas besser erging es den "Westarbeitern". Formell hatten sie gleiche Arbeitsbedingun- gen und Entlohnung wie deutsche "Gefolg- schaftsmitglieder", praktisch aber war ihre Freiheit als Menschen der besiegten Natio- nen eingeschränkt. Oft genug fanden sie sich auch Mißgunst und Verdächtigungen Deut- scher ausgesetzt, die mitArgusaugen darüber wachten, daß diese ja nicht vermeintlich gleich oder gar besser als "deutsche Volksgenossen" gestellt würden, wie die geheimen SD-Berichte auch aus Karlsruhe mitteilten. Der größte Teil der Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter war auch in Karlsruhe in Lagern zusammengefaßt. Dazu wurden eigens ab 1942 Baracken errichtet oder instandgesetzt, wie z. B. in der Karl-Wilhelm-Straße 89 und 91 (heute Teil der Haid-und-Neu-Straße). In den großen Betrieben wurden eigene Lager eingerichtet. Doch auch damit genügte die Kapazität immer noch nicht, so daß weiterhin ein großer Teil in Sälen und Gasthäusern in der Stadt untergebracht wurde. Wirtshäuser wie Ziegler, Walhalla, Festhalle in Durlach und viele andere waren Orte, an denen zumeist verschiedene Nationen auf engstem Raum zusammengepfercht und ständig über- wacht leben mußten. Der Karlsruher Polizeipräsident beschwer- te sich im Januar 1942, daß sich deutsche Frauen in würdeloser Weise mit Ausländern abgegeben und Liebesverhältnisse ange- knüpft hätten, was aus Gründen der "Rassen- pflege", aber auch wegen der großen An- steckungsgefahr, die von fremden Arbeitern allgemein ausginge, als verwerflich zu be- trachten sei. Deswegen erwartete er polizeili- ches Einschreiten, wenn es sich um Arbeiter der Feindstaaten, insbesondere Polen oder Russen handelte. Dies zeigt das Dilemma der Rassenfanatiker. Gegenüber den ausländi- schen Arbeitskräften aus mit Deutschland verbündeten oder neutralen Staaten, wie z. B. Italien bis 1943 oder Spanien und Rumänien, getraute sich die Staatsgewalt nicht so energisch vorzugehen, weil dies die Zahl der Anwerbungen gedrückt hätte. Nach dem Waffenstillstand Italiens, am 8. September 1943, entlud sich der "Volkszorn" über den ehemaligen Verbündeten dann auch an den hier in Karlsruhe lebenden italienischen Arbeitskräften. Hunderte italienischer Solda- ten mußten bei Gritzner & Kaiser als Militärinternierte arbeiten, über 1000 Italie- nerinnen und Italiener wurden allein nach dem 8. September 1943 nach Karlsruhe gebracht. Für Tausende von "Fremdarbeiterinnen und -arbeitern" brachte der Einmarsch der Franzosen in Karlsruhe am 3./4. April 1945 die Befreiung. Über 10 000 ausländische Menschen, die nun "Displaced Persons" hießen, warteten seit Mai 1945 in den großen Lagern in der Forstnerkaserne, der Rhein- kaserne, der Kaserne in der Moltkestraße und in der Rheinlandkaserne in Ettlingen auf ihre Repatriierung, vor allem nach Polen und in die So\-:jetunion. Wie wenig auch nach dem Krieg die Einsicht in die eigene Vergangen- heit bei einigen deutschen Dienststellen entwickelt war,' zeigt ein Schreiben des Feld 23 auf dem Hauptfriedhof 195 Ettlinger Bürgermeisters an den Landrat aus den ersten Monaten der jungen Bundesrepu- blik, 1949, worin er mitteilt, daß 22 polnische Staatsangehörige nicht nach Polen zurück- kehren wollen. Daraus folgert er, daß "da- durch die vielfach verbreitete Meinung über die Verschleppten nach Deutschland ... ins Wanken gebracht (ist), denn meistens sind die Leute nicht verschleppt worden, sondern befinden sich aus Gründen, welche nicht näher untersucht werden sollen, in Deutsch- land," Eine für die Betroffenen · nachträglich belastende Situation stellt die Tatsache dar, daß ein großer Teil von ihnen, insbesondere aus der ehemaligen Sowjetunion, bis jetzt keine Wiedergubnachung erhalten hat. Viele sind mittlerweile verstorben, die noch Lebenden sind heute 70 Jahre und älter. Jürgen Schuh/aden-Kramer Das Oberlandesgericht Karlsruhe im "Dritten Reich" Die Rolle der Justiz im Nationalsozialis- mus ist vielfach untersucht, dennoch sind Arbeiten zu der Geschichte einzelner Ober- landesgerichte selten. Dies obwohl die Oberlandesgerichte mit der sogenannten "Verreichlichung der Justiz" , der Abschaf- fung der Landesjustizbehörden also, funktio- nell an deren Stelle traten. Gerade die Akten der Oberlandesgerichte lassen deshalb ein weites Spektrum an Material über die Stei- lung der Justiz in jener Epoche erwarten, da sie sowohl Verwaltungsakten als auch Pro- zeßakten umfassen. Als besonders glücklicher Umstand darffür das Oberlandesgericht Karlsruhe die Dichte des im Generallandesarchiv in Karlsruhe überlieferten Quellenmaterials gelten. Die Akten der Verwaltungsabteilung, der späte- ren Präsidialabteilung, sind fast lückenlos vorhanden, auch sind noch etwa 85 % der Zivilurteile überliefert. Ein geschlossener Bestand an Strafurteilen existiert demgegen- über nicht, jedoch finden sich etliche der politisch brisanten Urteile in Hoch- und Lan- desverratssachen in Gefangenenpersonalakten der Strafanstalten Bruchsal und Mannheim. Ergänzt werden diese Bestände durch Per- sonalakten im Bundesarchiv in Koblenz und Akten der NSDAP des Gaus Baden, worunter 196 insbesondere die politischen Beurteilungen der Richter von Interesse sind. So kann die Geschichte des Oberlandesgerichts Karlsru- he in der Zeit des Nationalsozialismus ge- zeichnet werden, und zwar die Geschichte der Institution, zunächst unter badischer Justiz- verwaltung, dann als Mittelbehörde der Reichsjustizverwaltung, zum anderen deren Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen. Ferner bezeugen die Akten des Generallan- desarchivs die Geschichte der badischen An- waltschaft während der Zeit der Nazidiktatur. Geschichte der Institutionen Die Geschichte der Justiz im " Dritten Reich" ist die einer Staatsgewalt, die sich von einem Machtfaktor in die Rolle eines Voll- zugsorgans fremder Interessen drängen ließ. Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe und die iIun nachgegliederten badischen Gerichte vollzogen diesen Weg, zunächst unter der Führung des 1930 zum Präsidenten ernannten Dr. Buzengeiger und dann seit 1937 unter der Präsidentschaft des überzeugten Nationalso- zialisten Reinle. Das Land Baden verfugte zwar bis zum Ende der Weimarer Zeit über relativ stabile politische Verhältnisse, aller- dings war auch in Baden eine fortschreitende Radikalisierung der politischen Ansichten zu verzeichnen, eine Entwicklung, der man auch unter Zuhilfenahme der Justiz zu begegnen suchte. Wenn man der Justiz nicht zu Unrecht vorwirft, sie sei in der Weimarer Zeit auf dem rechten Auge blind gewesen, so war sie doch in die Bemühungen des demokratischen Staa- tes um Behauptung gegen die Bedrohung von links wie von rechts einbezogen, und Urteile über politisch motivierte Straftaten fanden bei weiten Teilen der Bevölkerung keine Akzep- tanz. Das Zivilrecht und mit ihm die Zivil- rechtsprechung standen in dem Rufweltfremd und volksfern zu sein. Die badische Justiz und an ihrer Spitze das Oberlandesgericht Karlsruhe begab sich also in die ihr bevorstehende Auseinandersetzung nicht hocherhobenen Hauptes, sondern be- reits angegriffen und sich ihrer Autorität keinesfalls gewiß. Andererseits war der Na- tionalsozialismus, trotz der auf nationalsozia- listischer Seite weitverbreiteten Justizkritik, gerade bei jüngeren Richtern nicht unpopulär. Die nicht zu leugnende Abstraktheit des bürgerlichen Rechts konnte in der Tat als re- formbedürftig erscheinen. Die populistische Forderung der Nationalsozialisten nach einer Abkehr von formaler Rechtsfindung und einer Hinwendung zu einer "völkischen Rechtsord- nung" bot sogar Ansätze fur ein Richter- königtum und verhieß größere Akzeptanz der Justiz bei der Bevölkerung. Die Demokratie mit ihrem Parteienstreit stand demgegenüber in Verruf Die Gruppe der badischen Richter, die dem Nationalsozialismus zunächst wenig abgewinnen konnten, kamen an der Erkennt- nis nicht vorbei, daß tatsächliche oder ver- meintliche politische Abseitigkeit mit Kar- riereverzicht gleichzusetzen war. Von großer Bedeutung war hier der Einfluß, den die neue Führung auf die Personalpolitik gewonnen hatte. Begeisterung und das Bemühen um Anpassung bildeten also wichtige Motive, sich in den Dienst der neuen Führung zu stellen. Andererseits konnte die neue Führung auf die Justiz nicht verzichten. Um einen wirt- schaftlichen Aufschwung zu erreichen, mußte das Zivilrecht berechenbar bleiben. Zudem war die Justiz erforderlich, um die politische Opposition zu kriminalisieren. Da man die Justiz brauchte und unter der badischen Richterschaft im Jahre 1933 alte Nationalso- zialisten auch nicht annähernd in ausreichen- dem Maße vorhanden waren, übten badische Nationalsozialisten erheblichen Druck auf die Richterschaft aus, die diese dem neuen Staat gefügig machen sollte. Neben den be- reits genannten Motiven sicherte also Zwang die Loyalität der Richter. Und die badische Justiz verweigerte sich in ihrer ganz über- wiegenden Mehrheit den neuen Machthabern nicht, man diente der neuen Führung, teils begeistert, teils opportunistisch und zum Teil sicher auch eingeschüchtert. Der Preis der Anpassung war von Anfang an hoch. Mit der Entlassung der jüdischen Richter wurde das richterliche Privileg der Unabsetzbarkeit beseitigt, und die Justiz- kritik der Nationalsozialisten verstummte während der Nazidiktatur nie. Im Gegenteil, sie nahm inuner bedenklichere Ausmaße an und untergrub die Autorität der Justiz voll- kommen. Den Richtern wurde die eigene Machtlosigkeit fortwährend demonstriert, etwa indem Freisprechungen von der Polizei durch die Verhängung von Polizeihaft kor- rigiert wurden, oder indem die Polizei ganz ohne vorangegangenes Gerichtsverfahren Haft verhängte oder Beschuldigte einfach er- hängte und wie im Mittelalter öffentlich zur Schau stellte. Aber auch die Entscheidungen der Zivil- justiz wurden nicht mehr uneingeschränkt akzeptiert. So verhinderten Badische Partei- institutionen durch Aufinarsch der SA die Vollstreckung von Zivilurteilen, wenn man glaubte, das Urteil habe gegen nationalsozia- listische Grundauffassungen verstoßen.' Zwi- 197 schen den Parteiinstitutionen und der entfes- selten Exekutive war fiir eine mit eigenständi- ger Kompetenz ausgestattete Justiz kein Raum. Und flir die eigentlichen Machtzentren bestand immer weniger Veranlassung, sich der behäbigen Justiz zu bedienen, wenn Entscheidungen auch ohne Justiz herbeige- fuhrt werden konnten. Aus dem vielfach vorhandenen Wunsch, dem "neuen Staat" zu dienen, und der fortwährenden Demonstrati- on der Machtlosigkeit und Überflüssigkeit der Justiz entwickelte sich ein Teufelskreis von Repression und Anpassung, bei demjedes Bemühen um Anpassung die eigene Autorität weiter untergrub und der nächsten Pression Vorschub leistete. Die Konsequenz dieser Entwicklung waren die Richterbriefe und die, wie man damals sagte, "Lenkung" von Entscheidungen, ein Verfahren, bei dem der Oberlandesgerichtspräsident Reinle in poli- tisch brisanten Prozessen vorab über den Ausgang der Verhandlung bestimmte und den eigentlich zur Entscheidung berufenen Rich- tern entsprechende Weisungen erteilte. Die Gerichtsverhandlung stellte lediglich noch eine Legalität zur Schau, die es längst nicht mehr gab. Zwar war bei weitem nicht die Mehrzahl der Fälle das Ergebnis gelenkter Entscheidungen; sobald aber politische Rele- vanz gegeben war, verzichtete die badische Justiz immer mehr auf eigenständige Macht- ausübung, ein Umstand, der vom überzeugten Nationalsozialisten Reinle in mehreren nach Berlin gerichteten Schreiben bitter beklagt wurde. Die badische Richterschaft scheiterte also an der Justizfeindlichkeit des Nationalsozia- lismus, sie scheiterte aber auch, weil sie sich auf ein System eingelassen hatte, dem sie nichts bedeutete. Die badische Anwaltschaft im "Dritten Reich" Die Vorstände der badischen Anwaltsver- 198 eine wurden nach der "Machtergreifung" schnell abgelöst und die Verbände in den Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juri- sten überftihrt, ein Vorgang, der ohne jeden Widerstand vollzogen werden konnte. Diese neue Führung der badischen Anwaltschaft wirkte intensiv bei der Diskriminierung der jüdischen und der politisch verfemten Kol- legen mit und arbeitete dabei mit dem zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden badi- schen Justizministerium eng zusammen. Ei- nige Anwälte ließen sich ganz auf die neuen Gegebenheiten ein und zitierten in Schriftsät- zen aus Hitlers "Mein Kampf' oder ver- suchten, indem sie sich an Parteiinstitutionen wandten, Druck auf die Richter auszuüben und so flir die eigene Mandantschaft etwas zu erreichen. Widerstand und offene Kritik waren auch hier die Ausnalune, obwohl die badische Anwaltschaft mit dem am Oberlan- desgericht zugelassenen Rechtsanwalt Rein- hold Frank einen Vertreter aufzuweisen hatte, der zum Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli gehörte, was er mit dem Tode be- zahlte. Gerade die Anwaltschaft mußte je- doch in einen unausweichlichen Konflikt mit dem neuen System geraten. Die vom Anwalt erwartete Durchsetzung von Einzelinteressen konnte in einem Staat, der immer den Vorrang der Interessen des "Volksganzen" propagier- te, auf Dauer nicht hingenommen werden. So waren es in der Endphase des Dritten Reiches vor allem die Plädoyers von Strafverteidi- gern, die auf Mißfallen stießen, da jedes Eintreten fur die Angeklagten als Regime- kritik aufgefaßt wurde. Es ergingen ernste Mahnungen, und der Anwaltschaft wurde verdeutlicht, daß die freie Advokatur auf dem Spiel stehe, wenn sich die Anwaltschaft nicht mäßige. Es gilt, was bereits zur badischen Richterschaft festgestellt wurde: die Mehrheit fligte sich. Zivil- und Strafurteile Vom Oberlandesgericht sind noch etwa 4.200 Zivilentscheidungen überliefert. Einen Bezug zu den politischen Verhältnissen wei- sen nur etwa 6 % der Entscheidungen auf. Dieses Ergebnis überrascht zunächst, dürfte aber vor allem der politischen Neutralität der überwiegenden Mehrzahl der Zivilentschei- dungen zuzuschreiben sein. Allerdings war das Oberlandesgericht Karlsruhe das erste Obergericht, das in einer reichsweit Auf- merksamkeit erregenden Entscheidung aus dem Jahre 1934 der Eheanfechtungsklage eines christlichen Ehemannes gegen seine jüdische Ehefrau stattgab. Dieser hatte sich auf einen Irrtum über die " Rasseeigenschaf- ten" seiner Ehefrau berufen. Das Urteil wurde in Fachzeitschriften wie in der Tagespresse besprochen, und dies nicht nur wegen des Ergebnisses, sondern vor allem auch, weil die Urteils begründung des 2. Senats übelste anti- semitische Ausfalle enthalten hatte. Weiter- hin kann festgestellt werden, daß neue, l'i~ &1rjj~:fü~i,mt roiijm~6~ on1~mtbnr lilne grun~lrgrn~c ~nfitf)rl~ung ~r5 Nrrlnn~rSgrrhlitS storlSrube ~i~ C!rltttr.tni.l über ~ ( f t öt u n b ~ t. beutuna bel !Hci llt. mit fit 11:, nQ!ionale !Htuolution 10 Qu~trorllrnttjc!) verbreitd unh ..Ijt:lörbcrl fjat, Jjct bOj:.! 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Nr. /05. ~ i e I ~ (!r'cl1nlni~ jei gegenüber :'cr fra~( .. ren eine anbere. rdd mtitne6C'n~e:rt. tiefere unb florere ßemorllcl1 . .. !llan bot bt'ut~ crlonn''', ja fii~rl ba ß llr,. !ei( fort ... bOB bit jiibiidie !RaHc f)injid)Hid) ~r~ ~!u lr~. bc4 (fl')IlIo!ted, bel i.1trlönIilf)teH unb bcr ~chcn.~o\liilliiulIll cJroa~ Gon3 'anber 'e~ trt, ar~ öie ari[d}e :noiie unb ~QB eint $erbinbung unb 'l~aa r ul1n mit einem ~111!lc6öligen bie:ier ~nnife: jür ilclI :'(Il llel}iir igtn ber ariid}en 9lafit nidH lill r ni ,fJl ll1ii:tirbclh~ nl~rt. IO lt..'lc f n t1 CI· ~ erb I i Ir,. 11 II n Q tür I i U} U 11 b IV i b ern a · t ii r' i L1 i il. lNi( He ~Clt ~(rier llU J (!i::JdllCn, namcntHd) aber Qudi in feiner Cilgenjd}aft or!3 :no{ ( .~G en olicn in bie l»efn6r thing! feiner ~aiit un~ fcinem :noIt~\lum frcmb ~U :verben unb bariibcr 6inauJ arlfrun bc Slinb~r öU , er- jcugrn • . . . . ~cr C;rflrl1 i a~ ber ~llliirn. mie er fjeutt cx-, fa nnt ijL Ht t'in 10 ticrac~enber, ~aB I:I {~ not!) ,;U einer I!' ~e: .lTtlilrfJcn ~(r;nn llnb midjJ., ariern fübrcn mir/'l," . ~ ~ ~al'\ 0.irrir~1 At'ijt bt3~a[b bal'Du at:a,· ba(J ~ct ' $1Icgrr !Jei ~c:n nlnI3 bn Jl1c!jrtn Zcdjfogt bie (!' ~e nidil gcldifoßclI ~(jbcn l:)ürbt. ' ~omit nn~ ober \'lic !!3orQu~lebungcn fnt bie ~(llftc!)tUll!l rucgen nrrfutrllJ gem. § '1333 bd (l!irncrIi(f)cn mtlct:ollCf" ~ orgeoclI. ' , :':::ie (!:nllrf)ci~una bc~ctllet gerQ~föU einen :1.natljlcln in bel bcu!ld}cn ~led) t~llefd}idjl e. : ~tt oringt arlll tritt btn !J1aliegtbanlcn Q.ud) im e~e::edjt cur <»cttung unb bcmift, baB 'bit ll)Ctid)le Id)on nod) g,lI,n~,m !R'd)1 bei lid). tlgcr mtd)t~Qnroenbung ber nationQlfo~iaHiti_ "~en . !'!!)dlnltlJ)Quun~ 3um !Curdj&tu.di tlerr,c.I- · len fBnncn. 0,· .0; ca< 199 spezifisch nationalsozialistische Regelungen, wie etwa das neue Ehegesetz aus dem Jahre 1938, auch im Sinne der nationalsozialisti- schen Machthaber angewandt wurden. 10 Bereichen tnit unveränderter Rechtslage fanden demgegenüber nationalsozialistische Wertungen nur sehr spärlich Eingang in die Entscheidungen. Im Einzelfall waren diese Urteile aber, wie etwa die oben angeruhrte Eheanfechtungsentscheidung, genauso spek- takulär wie verabscheuenswürdig. Schließ- lich ist in einigen Fällen nachweisbar, daß bereits in der Anfangsphase der Nazidiktatur starker Einfluß auf die Richter ausgeübt wurde, um deren Entscheidung zu bestimmen. Die zahlenmäßige Erfassung von gelenkten oder offenkundig nationalsozialistisch moti- vierten Entscheidungen liefert sicher nur ein ungenaues Bild. Der eigentliche Schaden, den die Zivilrechtsprechung genommen hatte, diiIfte darin zu suchen sein; daß potentiell jedes Verfahren zum Gegenstand außeljusti- tieller Einflüsse werden konnte, wenn ein politischer Ansatzpunkt gegeben war. Als Beispiel seien hier die Prozesse unter Be- teiligung jüdischer Parteien aufgefiihrt. Das Prozeßrisiko hatte sich entscheidend zu La- sten der nwunehr verfemten Minderheiten verändert. Schließlich mag die Beforderung von Richtern, die zumindest nach außen hin in der Lage waren, den Eindruck der Linientreue zu erwecken, ein übriges getan haben, um in Verfahren von politischer Relevanz Linien- treue zu gewährleisten. Dies läßt den Schluß zu, daß sich politisch verdächtige Parteien gerichtlicher Hilfe nach Möglichkeit nicht mehr bedienten. Die Unvoreingenommenheit der Ziviljustiz war nicht mehr allen Recht- suchenden garantiert und die Justiz damit eines wesentlichen rechtsstaatlichen Elemen- tes beraubt. Für die Straf urteile gilt, daß das Oberlan- desgericht die neue Regierung bei der Verfol- gung der politischen Opposition unterstützte. 200 Die Zuständigkeit fiir die Hoch- und Lan- desverratssachen hatten die Oberlandesge- richte erst im Jahre 1933 erhalten, und der Geschäftsanfall gerade in den politischen Sachen war nach 1933 so hoch, daß ein weiterer Strafsenat gebildet werden mußte. Beim Oberlandesgericht Karlsruhe folgte der Anklage wegen Vorbereitung zum Hochver- rat in aller Regel die Verurteilung, und fiir eine Gefängnisstrafe reichten bereits gering- ste Verstöße aus, wie etwa das Lesen eines oppositionellen Flugblattes. Allerdings ging es bei den Urteilen des Oberlandesgerichts in Hoch- und Landesverratssachen nicht um die physische Vernichtung der politischen Geg- ner, wie dies vor allem ftir die späte Praxis des Volksgerichtshofs und der Sondergerichte prägend war. Das Oberlandesgericht ver- hängte kein Todesurteil, die durchschnittliche Strafe fiir politische Delikte lag bei etwa 2 Jahren. Trotz seiner eifrigen Unterstützung bei der Verfolgung der politischen Oppositi- on, und damit bei der Stabilisierung der politischen Verhältnisse, verlor das Oberlan- desgericht Karlsruhe im Jahre 1937 die Kom- petenz zur Aburteilung der Hoch- und Lan- desverratssachen an das Oberlandesgericht Stuttgart. Einige Hinweise deuten daraufhin, daß rur den als schmerzlich empfundenen Verlust die als zu großzügig eingestufte Strafpraxis des Oberlandesgerichts verant- wortlich zu machen ist. Bezeichnend rur die Situation der Strafju- stiz im "Dritten Reich" ist, daß über die Stra- fe fUr politische Delikte auch das Oberlandes- gericht nicht letztverbindlich entscheiden konnte, sondern daß diese Entscheidung der Gestapoleitstelle Karlsruhe vorbehalten war. Dort wurde nämlich darüber befunden, ob sich an die StraJhaft die Haft in einem Kon- zentrationslager anschloß, ein Verfahren, das der Autorität der Justiz äußerst abträglich war. Die Akten des OLG's Karlsruhe bieten also einen faszinierenden wie auch erschrecken- den Einblick in den Justizalltag des "Dritten Reiches". Sie dokumentieren, wie im Land Baden rechtsstaatliche Errungenschaften, die man über Jahrzehnte erkämpft hatte, in nur 12 Jahren aufgegeben wurden. Sie belegen, daß fUr die Justiz wie fUr die Anwaltschaft die Abkehr von diesen Grundsätzen unausweich- lich ins Verderben fUhrt. Christo! Schiller Hintersassen, Bürger und Stadträte in der Frühzeit der Stadt "Wurde Johann Friderich Scharbach, der Hintersaß dahier, statt des Feiglens; welcher sich heute fur den Bettelvogtdienst bedancket und solchen aufgegeben, zum Bettelvogt an- genommen und ihme das Tractament, wie sol- ches der Feigle bishero genossen, verspro- ehen." Das Amt des Bettelvogts, das zu den niederen städtischen Diensten gehörte, wurde mit diesem Eintrag in dem Karlsruher Rats- protokoll vom 31. Juli 1754 neu besetzt. Der Amtsinhaber Hanns Georg Feigie war zu die- sem Zeitpunkt noch nicht lange im Dienst. 1m März 1754 wird er zum erstenmal erwähnt, als er Joseph Pierot aus Italien angezeigt hatte, "welcher ohne Erlaubnus mit zilUlenen Löffel und Salzbüchslen hausiren gegangen ist", und daftir "als Denunciant die Quart" der verhäng- ten Strafe in Höhe von 15 Kreuzer erhielt. Warum Feigle seinen Dienst so rasch wie- der quittierte, erfahrt man erst im Protokoll vom 14. August: Feigle hatte sich schriftlich an Bürgermeister Kreglinger mit der Bitte um Wiedereinstellung gewandt. Dieser Wunsch wurde nun im Rat behandelt: "Hanns Georg Feigle, der geweste Bettelvogt dahier, welcher, als er den 31. elapsi (des vorausge- gangen Monats )vor versammIetern Gericht und Rath im Rausch sich von seinem Amt abgebetten, dazumahlen sogleich auch we- gen seiner täglichen Trunckenheit und sonsti- gen üblen AufI'tihrung davon entlassen wor- den, hat nach der Hand, nachdeme der Wein bey ihm ausgetobt, dem Herren Amts- bürgermeister Kreglinger anligenden Aufsatz, so eine Bittschrift, daß er widerum zu sol- chem Dienst aufgenommen werden möchte seyn solle, überreichet." Die hier erwähnte Bittschrift fmdet sich nun in einer der weni- gen Akten des Stadtarchivs, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Feigle schreibt: "Hochedler Herr Bürgermeister! Es sagt zwar der weise Zucht- und Sitten- lehrer Syrach, der Wein erfreuet des Men- schen Herz. Ich aber muß diesem Sittenspruch noch den fernern Beysaz zufugen, daß der überflüssig genossene Wein den Menschen zum Narren macht. Und ebenso ist mirs auch gegangen, da ich m[ich] bey dem Tanzen also starck erhizet und darauf einen kleinen Trunck über den Durst gethan. Dann dieses Labsahl hat mein Gehirn in solche Zerrüt- tung gebracht, daß ich besonders, da man mir den Kopf durch andere Erzehlungen noch so warm gemacht, mich erfrechet, in der Hize bis vor Euer Hochedel und ein Ehrsames Ge- richt und Rath zu taumeln und mein bisher so treu verwaltetes Nachtwächter- und Bettel- vogts-, auch Ausschellersamt ganz unbeson- nener Weise aufgekündet. Da mir aber diese begangene Übereilung um so unerträglicher fallt, als meine Hand der bisher so geschickt geftihrten Schelle unmöglich entbehren kan, meiner wachsamen Stimme, mit welcher ich nicht nur ein ganzes Ehrsames Gericht und 201 Rath, sondern auch die gesammte Bürger- schaft die ganze Nacht hindurch so munter behelliget, nicht zu gedencken, so verhoffe ich, es werden Euer Hochedei in bedauerli- cher Beherzigung, wie ich nicht nur meinen begangenen Fehler grundmütig bereue, son- dern auch künftighin mit der bisherigen Em- sigkeit meinem wichtigen Amte vorstehen will, meine gethane Erklärung umso weniger um baar Geld annehmen, als ich, falls diesel- be es ebenfalls im Ernst verstehen und ich würcklich meines Amts entsezet werden soll- te, bey meiner herzgeliebten Ehegattin, die doch von meiner Auffiihrung kein einiges Wort gewußt, keine ruhige Stund mehr im Haus haben würde. Ich lebe solchemnach zu Euer Hochedel der obwohl noch etwas be- wenden, dennoch getröstenden Zuversicht, es werde dieselbe an der Störung meines Haus- friedens keinen Gefallen tragen und mich hier- mit der so sehnlich erbittenden Verzeihung zu beseeligen belieben, damit ich künftighin mit freudiger Stimme deroselben bey anbre- chendem Tagelicht nach wie vorher den gu- ten Morgen anzuwÜDschen im Standt seyn möge, und weilen ich an der Willfahr nicht zweifle, so will ich mich auch neuerdingen unterschreiben Euer HochedeI getreuer Nachtwächter, Bettelvogt und Aus- scheller Hanns Georg Feigle." Carlsruhe, den 11. Augustii 1754 Trotz der so anschaulich vorgetragenen schwerwiegenden familiären Gründe wurde Feigle nicht wieder eingestellt. Sein weiterer Weg bleibt im Dunkeln, das er, wie die mei- sten der Karlsruher oder Klein-Karlsruher Hintersassen des 18. Jahrhunderts, nur kurz durch diesen in den Ratsprotokollen überlie- ferten Fauxpas verlassen hat. 10 den lange verloren geglaubten Karlsruher Ratsproto- kollen des 18. Jahrhunderts werden eine Viel- zahl solcher "kleinen Leute" erwähnt, über die man sonst wohl kaum etwas erfahren hät- 202 te, häufig im Zusammenhang mit der Beset- zung der niederen städtischen Ämter. Die niederen städtischen Ämter --~. Über derer Besetzung mußte der Rat ent- scheiden: Bettelvögte, die gleichzeitig Nacht- wächter und Ausscheller waren, Feldschü!zen, Mehlwieger, Organisten, Orgeltreter, Stadt- knechte, Stadtmeßner, Stadttamboure, Toten- gräber und Viehhirten waren von der Stadt angestellt. Wenn diese Dienste nicht ordent- lich versehen wurden, schritt der Rat konse- quent ein. So wurde der bisherige Kuhhirt "Niclaus Aster verabschiedet und zwar der Ursachen, weilen er des Forstamts einge- schickter Beschwerden nach großen Schaden in denen Waldungen gethan, mithin die Statt beständiger Verantwortung sich gewärtigen müssen, und ist daraufhin dem bisherigen Schweinhürthen, Herrn Martin Müller, auch das Rindvieh zur Hut anvertrauet und zu sei- nem Lohn von I Stück Rindvieh I 1/2 Kreu- zer, von einem Schwein 1/2 Kreuzer nebst denen in Durlach gewöhnlichen Accidentien bestimmet worden." 10 aller Regel übernahmen Karlsruher Hin- tersassen die niederen städtischen Dienste. Hintersassen ----~-~---- Wohl schon recht früh durfte der Rat über die Annahme von Hintersassen beraten. Auf eine oberamtliche Anfrage antwortete man am 22. Juli 1797, daß der Magistrat seit Grün- dung der Stadt Hintersassen angenommen habe, die vom Oberamtjeweils bestätigt wor- den seien. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gehörten diese Gesuche zum fast alltäglichen Geschäftsbereich des Stadtrats, wobei die meisten Gesuche - 110 von 119 - beftirwor- tet wurden. Hintersassen, d.h. Personen, die keine Vollbürger waren, aber den Schutz der Stadt genossen, mußten Hintersassengeld zah- len und waren zur Ableistung von Fron- diensten und zur Übernahme von Wachen verpflichtet. Am 8. März 1763 wurde sogar betont, daß ein Mangel an Hintersassen herr- sche. Wenige Tage später lehnte der Rat aber kurioserweise ein Annahmegesuch mit der Begründung ab, daß "die hiesige Stadt ohne- hin schon mit dergleichen Leuthen übersezet seye." Ebenso befaßte sich der Stadtrat mit Bitt- gesuchen Karlsruher Hintersassen um Unter- stützung. Häufig handelte es sich um den Erlaß von schuldig gewordenen Abgaben, die nach Prüfung der sozialen Lage der Bittstel- ler meistens bewilligt wurden. 1746 erschien "Johann Georg Hübscher, der Hintersaß da- hier, und gibt mit gantz kläglichen Wortten zu vernehmen, wie daß ihne schon in anno 1744 im Juli der Schlag getroffen habe, dahero er seit der Zeit etwas zu verdienen außerstan- de, mithien gezwungen scye, sein tägliches Stück Brod bey gutllhertzigen Leuthen zu su- chen. Gleichwie ihme aber bey dem löbli- chen Bürgermeisteramt bis daher das Hintersassengeldt nachgeführet und angefor- dert werde, er hingegen selbiges abzutragen ohnvermögend seye, als wolle er hiemit gantz unterthänig gebetten haben, ihme nicht nur seit der Zeit, da er von dem Schlag getroffen worden und nichts mehr verdienen können, das angesetzte Hintersaßgeldt zu schencken, sondern auch in Zukunft, und bis er wieder etwas zu verdienen imstand scyn würde, da- vor los zu sprechen." Auch über die Annahme als Bürger ent- schieden zunächst die markgräflichen Behör- den. Erst am 9. November 1747 befaßte sich der Rat erstmals mit einem Bürgerannahme- gesuch. Das Oberamt hatte mitgeteilt, daß der ehemalige Karlsruher Bürger Caspar Zwickel mit seiner Frau von Spcyer zUTÜck- kommen wolle und man diesen "Ieidentlich" behandeln solle. Daraufhin ermäßigte der Rat das frillige Bürgergeld von 30 Gulden, 20 für den Mann, 10 für die Frau, auf die Hälfle. Neubürger mußten außer der Bürgertaxe ei- nen Feuereimer, das Rathausbaugeld sowie das Dielen- und Schragengeld bezahlen. Au- ßerdem waren sie seit 1724 zur Ableistung von Wachdiensten verpflichtet, für die sie aber Stellvertreter stellen konnten. Nach 1750 scheint es dann üblich gewor- den zu sein, dem Rat die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben. Von den ins- gesamt 485 Anträgen auf bürgerliche Annah- me lehnte der Stadtrat 110 ab. Abgelehnt wurden nur Männer, da die Frauen, um deren Annahme nachgesucht wurde, in der Regel Karlsruher Bürger heirateten. Die häufigsten Begründungen für Ableh- nungen waren das unzureichende Vermögen des Petenten (500 Gulden waren vorgeschrie- ben), die noch nicht erreichte Volljährigkeit oder aber die Überbesetzung der Zunft, in die der Petent eintreten wollte. Gelegentlich ließ man auch einfließen, daß der Aufnahmewillige katholischer Religion sei, ohne zu betonen, daß dies der ausschlaggebende Grund fur die ablehnende Haltung des Rats war. Gegenüber Ortsfremden wurden diese Kri- terien stets strenger angewandt als gegenüber Bürgersöhnen, es sei denn, es gab einen fi- nanzkräftigen Schwiegervater, der vielleicht sogar bereit war, sein Handwerk zugunsten des ortsfremden Schwiegersohns aufzugeben. In einigen Fällen wurden die um bürgerliche Annahme Bittenden aber trotz des ablehnen- den Votums des Stadtrats von den markgräf- liehen Behörden angenommen. Gerne befürwortete der Rat dagegen An- nahmegesuche, wenn das Handwerk nur schwach besetzt war, wie z.B. 1761 im Falle des Zimmerers Johann Ludwig Weinbrenner, des Vaters des bedeutendsten Karlsruher Ar- chitekten Friedrich Weinbrenner. Oberstes 203 Kriterium war aber immer, ob der künftige Bürger sich und seine Familie werde ernäh- ren köhnen. Ganz in diesem Sinne unterstützte der Rat Annahmegesuche, wenn durch die Heirat mit dem Aufnahmesuchenden eine Witwe oder eine unverheiratete Bürgers- tochter versorgt wurde, so z. B. am 30. Mai 1754: "Erscheinet auch Augusta, eine geboh- rne Vortischin, weyland Johannes Schuma- chers, des gewesten Bürgers und Becken dahier, hinterbliebene Wittib, und bittet Jo- hannes Fugmann, den bey ihr in Arbeit ste- henden Beckerknecht von Bönnigheim aus dem Churmaynzischen gebürthig, welcher sie heurathen wolle, zu einem Bürger dahier auf- zunehmen, welches Gesuch dann in Delibera- tion gezogen worden. Und möchte man die- ser armen Wittib mit ihren 6 kleinen Kindern gerne gönnen, daß sie durch diese Heurath wiederum versorget würden. Da aber bekannt, daß der Fugmann sich in geringen Vermögens- umständen befmdet und das, was nach der neuerlichen Hochfurstlichen Verordnung zum Carlsruher Bürgerrecht erforderlich ist, nicht praestiren kan, so wird Serenissimi gnädig- sten Resolution in Unterthänigkeit anheim- gestellet, ihne, Fugmann, disfalls, wann er sich seiner ehrlichen und leibsfreyen Her- kunft halben behörig legitimiren kan, gnädigst zu dispensiren. " Fugmann wurde sicher nicht zuletzt wegen dieser befiirwortenden Stellung- nahme im Jahr 1754 als Bürger angenom- men. Ebenso bereitwillig wurden Frauen auf- genommen, die einen verwitweten Karlsru- her Bürger heirateten. Die in den Protokollen festgehaltenen Bür- gerannahmegesuche liefern generell Informa- tionen über die Haltung des Stadtrats in die- ser Frage und ergänzen die vorliegenden Bürgerlisten. Häufig erfahrt man von den Ver- mögensverhältnissen und ob die um Aufnah- me Bittenden leibeigen waren. Auch hier be- gegnet man zahlreichen Personen, die anson- sten kaum in den Quellen erwähnt werden. 204 Innerhalb der Bürgerschaft nahmen die Stadträte, oder wie sie damals hießen, die Ratsverwandten, natürlich eine besondere Stellung ein. Am 24. März 1718, knapp drei Jahre nach der Stadtgründung, hatten 55 Karlsruher Bürger aus ihren Reihen den er- sten Stadtrat gewählt, der wenig später von der markgräflichen Regierung in seinem Amt bestätigt wurde. Er bestand aus einem Bür- germeister und sechs Rats- und Gerichtsher- ren. Doch erst am 24. November 1718 tagte der Rat zum erstenmal, da die "Dringlichkeit der Geschäfte .. . nicht sehr groß gewesen zu sein" scheint. Die Befugnisse dieses Stadtrats waren zu- nächst auf wenige Aufgabenbereiche konzen- triert. In den auf Bitten der Stadt gewährten Stadtprivilegien vom 12. Februar 1722 wur- den diese genauer festgelegt: "Wir gestatten ferner denen Innwohnern zu Carlsruhe hiemit wohlbedächtiglieh und wollen dazu beför- derlich seyn, daß sie gute ehrbare Policey in ihrem Stattweesen selbst aus ihrem Mittel, doch mit Unserer Landesftirstlichen Ratifi- cation, Bürgermeister, Baumeister, Gericht, Rath und aus demselben alle überige zu Er- haltung eines löblichen Wesens nöthige Ämb- ter ohne Partheylichkeit erwehlen und unter Direction und Aufsicht Unseres jedesmaligen Beambten durch dieselbe allen ihnen selbst und ihren Mitbürgern vorkommende Kauf, Tausch, Testamenten und andere Handlun- gen, Erbtheylungen, Versorgung derer bür- gerlichen Waysen mit tüchtigen Vormund- schaften verrichten, zumahlen auch allerhand vorfallende bürgerliche Strittigkeiten erör- teren und überhaubt gut Zucht und Ehrbar- keit mit Bestrafung aller vorgehenden Frevel und Muthwilligkeit nach Anleitung und Mas- gab Unsrer Fürstlichen Landrecht und Ord- nungen in prima instantia handhaben und bey- behalten mögen." Für diese Geschäfte des Stadtrats reichten offensichtlich ZIDlächst sechs Ratsvawandte aus. Zum Vergleich: In der vonnaligen Residenz Durlach gab es zu dieser Zeit je zwölf Ge- richts- und Ratsherren. Aber auch in Karlsruhe gab es noch vor 1725 zwölfRatsmitglieder. Bis 1770 dominierten die Handwerker mit 30 von insgesamt 44 Personen unter den Rats- verwandten (5 Bäcker, 3 Barbiere, 2 Glaser, 1 Hotbuchbinder, 1 Hotbuchdrucker, 3 Kü- fer, 1 Kupferschmied, 1 Kürschner, 3 Metz- ger, 1 Säckler, 1 Schlosser, 2 Schneider, 1 Schreiner, 3 Schuhmacher, 1 Seifensieder, 1 Zimmennann.) Der erste Ratsverwandte, der kein Hand- werker war, wurde erst 1731 mit dem Apo- theker Johann Ernst Kaufmann gewählt, sieht man davon ab, daß der 1723 gewählte Johan- nes Rachael Küfer und Wirt war. Insgesamt umfaßte die Gruppe der Nichthandwerker 3 Apotheker, 4 Händler und 7 Wirte. Es domi- nierten also relativ rasch die Ratsverwandten, die in einer Beziehung zum markgräflichen Hof standen. Viele der gewählten Handwer- ker waren in der Tat als Hofhandwerker von den markgräflichen Aufträgen abhängig. Die Wirte beherbergten Hofgäste, Händler belie- ferten den Hof Neue Ratsverwandte wählte der Rat je nach Bedarf selbst dazu, die erforderliche Bestäti- gung durch das Oberamt traf in der Regel wenige Tage später ein. Ausdrücklich bestä- tigt wurde die Wahl der Schwäger Johann Ernst Kaufmann und Georg Ernst Baumann am 15. März 1731. Die Neuwahl des Bür- genneisters erfolgte ebenfalls durch den Rat in Anwesenheit eines fUrstlichen Beamten. Städtische Ämter Aus ihren Reihen besetzten die Ratsherren folgende Ämter: Almosenpfleger, Billetten- schreiber, Feuerbeschauer, Fleischschätzer, Gewicht- und Maßeicher, Kaufhausinspektor, Kirchenrüger, Marktmeister, Quartiermeister, Stadtleutnant, Umgelder, Waisenrichter und Weinsiegier. Da in der Regel pro Amt je- weils zwei Stellen besetzt wurden, übernah- men die Ratsmitglieder häufig mehrere Äm- ter. Als der Ratsverwandte Johann Michael Stargard 1754 starb, mußten z. B. ein Almo- senpfleger, ein Feuerbeschauer und ein Brot- wieger neu gewählt werden. Daß diese Ämter nicht nur eine Ehre, son- dern durchaus auch eine Belastung sein konn- ten, belegt die Bitte der Fleischbeschauer: "Wurde auf gethanen Vortrag derer Fleisch- beschauere Herren Rachels und Casteis, daß ein Gewisses wegen der Beschau und Ab- schätzung zur Gebühr reguliret werden mö- ge, per unanimia der Schluß abgefaßt, daß, weilen die jeweilige Fleischbeschauere keine Besoldung oder etwaige Douceur dieses ver- sehenden Amts halben von Gemeiner Stadt genießen, ihnen, da sie viele Versäumnus ha- ben und Gänge thun müssen, von jedem Stück Ochsen, Rinder oder sonstigen Schmahlviehe der Metzgenneister, welcher solches schlach- tet, vier Kreuzer, von denen Juden aber, wel- che dergleichen Viehe schächten, von jedem Stück sechs Kreuzer zur Belohnung gegeben werden solle." Die alltäglichen Geschäfte des Stadtrats galten im 18. Jahrhundert häufig wenig spek- takulären Dingen und Personen, von deren Existenz man sonst kaum erfahren hätte: der Hausierer Joseph Pierot, der Bürger Caspar Zwickel, die Witwe Augusta Schumacher, der Bäckerknecht Johannes Fugmann, der Kuh- hirt Niclaus Aster, der Schweinhirt Martin Müller, der Hintersasse Johann Friderich Scharbach, der Bettelvogt und Nachtwächter Hans Georg Feigle oder der Hintersasse Jo- hann Georg Hübscher, sie alle hätten wohl kaum irgendwelche Spuren hinterlassen, wenn sie nicht aus den unterschiedlichesten Grün- den Objekt der Verhandlungen des Stadtrats geworden wären. Ernst 0110 Bräunehe 205 "So einen schönen Vikar kriegen wir nicht mehr. .. " Nachlaß des Knielinger Vikars und Mühlburger Pfarrers Wilibald Reichwein gelangte durch Schenkung ins Stadtarchiv Karlsruhe "So einen schönen Vikar kriegen wir nicht mehr, welches auch ganz wahr ist. Wir meinen halt alle, Sie sollten einmal unseren Herrn Pfarrer geben. "So die Vorsitzende des Knielinger Jungfrauenvereins Ursula Knob- loch in ihrem Gratulationsbrief zur Hochzeit jenes beliebten Knielinger Vikars Wilibald Reichwein aus Karlsruhe mit Herta Albrecht im Jahr 1927. Der Brief ist Teil des Reich- wein'schen Nachlasses, den Dr. Reiner Haehling von Lanzenauer, ein Neffe Herta Reichweins, im Januar 1994 dem Karlsruher Stadtarehiv schenkte. Die zwei Kartons umfassenden Unterlagen aus den Jahren 1915 bis 1967 bilden den ersten Pfarrernachlaß, den das Stadtarchiv Karlsruhe in seinen Beständen aufbewahrt. Jugend und Ausbildung ··:···:V:<· :·: ·~:·'·~"·"·'"'"''''''''·:·:·''x·~x*·>x''':.,.,.>:·,x·,:<.,.", ... ,:.,.,,,,~:.:<.:-:«.:-:,,:-:.:.,:-:.,.:-:,';':":.;.:.: .,., Wilibald Reichwein wurde am 1. März 1900 in Karlsruhe geboren. Nach dem Besuch des Bismarckgymnasiums und des damaligen Reformgymnasiums Goetheschule legte er 1918 das Abitur ab und studierte von 1919 bis 1922 in Heidelberg und Leipzig Theologie. Diese Stationen seines Lebens sind im Nachlaß durch ein Zeugnis der Goetheschule aus dem Jahr 1915, durch Urkunden der Universitäten Heidelberg und Leipzig sowie durch Prüfungsbescheide des Evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe überliefert. Auch daß Reichwein, der von Juni bis November 1918 als Kanonier am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, Mitglied des Karlsruher Arbeiter- und Soldatenrats war, geht aus den dem Stadtarehiv überlassenen Unterlagen hervor. Sie enthalten das Foto seines Mit- , 206 gliedsausweises und das Foto einer roten Armbinde. 1922 trat Wilibald Reichwein in der damals noch selbständigen Gemeinde Knielingen seine erste Vikariatsstelle an. Hier verfaßte er auch sein erstes schriftstelle- risches Werk, die Ortsgeschichte " Knielingen - ein Beitrag zur Heimatgeschichte". "Und wir danken Ihnen auch noch für das schöne Büchlein ... , wo alles richtig drinnen steht", urteilt die Knielingerin Ursula Knobloch über die Chronik und fügt selbstbewußt hinzu: "Es ist nur ein Fehler, daß der Knielinger Jung- frauenverein nicht drinnen steht, wo wir Jung- frauen jetzt sogar das Wahlrecht haben." Unter den Zeitungsartikeln, die Wilibald Reichwein während seiner Knielinger Vika- riatszeit aus dem "Rhei'nboten" ausgeschnit- ten hat, befindet sich aber ein Bericht über die Tätigkeit des Knielinger Frauenvereins . Auch das Ergebnis der Reichspräsidentenwahl vom 26. April 1925 in Knielingen und ein Bericht über den damals 20jährigen Knielinger Fuß- ballverein sind in der kleinen Zeitungsaus- schnittsammlung dokumentiert. Knielinger Chronist """'~"'."~'~"~Y~YN=W"·.·",·""""" ·,,,w,w ....... ·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w ................. • ... WN.MN~ ..... , Mit seinem Werk "Knielingen -ein Beitrag zur Heimalgeschichte" schufWilibald Reich- wein die ersle bis dahin erschienene Gesamtchronik der Gemeinde. Das Buch enthält zahlreiche Abbildungen des 1935 nach Karlsruhe eingemeindeten Ortes. Ein eigenes Kapitel ist der Knielinger Orts sage "Die vier Kreuze von Knielingen" und einem Versuch ihrer geschichtlichen Beurteilung gewidmet. Ein Verzeichnis der Knielinger Bürgermeister von 1831 bis 1921, eine Bevälkerungstabelle Knielingens der Jahre 1814 bis 1919, namentliche Aufstellun- gen des Knielinger Gemeinderats und Bür- gerausschusses aus dem Jahr 1923 sowie das Lehrerverzeichnis von 1923 machen die Chronik darüber hinaus zu einem wertvollen Nachschlagewerk fur die Knielinger Ge- schichte. Ein Arbeitsexemplar dieses Buches mit handschriftlichen Anmerkungen ist in Reichweins Nachlaß enthalten; ein Exemplar des 1924 erschienenen Werkes befindet sich selbstverständlich in der Bibliothek des Karlsruher Stadtarchivs. Pfarrer in Mühlburg ·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.·.·.·.·.w.· ... ·.w ................... · ... ·•· ............ ""·.w ............. ,,· ....... w ........ ·•·•••· ................. _ Reichweins erster Vikariatsstelle in Knie- lingen folgten weitere in Mannheim, Rastatt und in der Karlsruher Altstadtgemeinde des "Dörfle". 1929 trat er seine erste Pfarrstelle in Boxberg im Odenwald an. Nach zehnjähri- gem Dienst in Boxberg wurde er schließlich zum Pfarrer der Karl-Friedrich-Pfarrei in Karlsruhe-Mühlburg ernannt. Die Bestal- lungsurkunde der Evangelisch-Protestanti- schen Landeskirche vom 12. September 1939 ist im Nachlaß Reichweins ebenso erhalten wie andere Unterlagen, die seine Tätigkeit während des Zweiten Weltkriegs in Mühlburg dokumentieren. Ein Schreibendes Knielingers Emil Stellwag vom 31. Januar 1943 an Pfar- rer Reichwein läßt vermuten, daß dieser am vorausgegangenen Sonntag eine Predigt zum 10. Jahrestag der nat.-sozialistischen Macht- ergreifung gehalten hat: "Es drängt mich formlich, Ihnen fur Ihre heute gehaltene bedeutungsvolle Predigt ganz besonders zu danken. Der Inhalt dieser Predigt wäre wür- dig, in die ganze Welt hinausposaunt zu wer- den", lautet Emil Stellwags Reaktion. Daß Konfirmation und Konfirmandenun- terricht auch im Kriegsjahr 1944 in der Karl- Friedrich-Gemeinde in Mühlburg stattge- funden haben, geht aus einem Brief der da- Wilibald Reichwein (1900--1967). maligen Konfirmanden Wolf gang und Doris aus dem Jahr 1953 an Wilibald Reichwein hervor. ,,10 Jahre ist es jetzt her ... " schreiben sie und "wir waren uns einig, daß wir aus diesem Grunde ganz besonders Ihrer, verehrter Herr Pfarrer, gedenken wollen". Der Brief gibt außerdem Aufschluß über die Bedeutung des Pfarrers fur die Jugendlichen. "Lassen Sie mich bitte ... auf das herzlichste danken fur die hohen unersetzlichen Werte, die Sie uns mit ins Leben gegeben haben. Glauben Sie mir bitte, daß uns allen Ihre Person und die Art, in der Sie uns Gottes Wort nahe gebracht haben, stets unvergessen blei- ben werden und daß wir immer das Gefiihl tiefer Dankbarkeit fur Sie in uns tragen wer- den, der Sie so väterlich zu uns waren", 207 schreibt Wolf gang und fUgt noch einen persönlichen Eindruck über Wilibald Reich- wein hinzu: "Überhaupt scheinen Sie mir jeden von uns besser gekannt zu haben, als wir es je nur ahnen konnten." Das Jahr 1944 war in Karlsruhe von zahlreichen schweren Luftangriffen auf das gesamte Stadtgebiet geprägt. Den schwersten Angriffwährend des Zweiten Weltkriegs, den die Stadt am 4. Dezember 1944 erlebte und bei dem vor allem die Weststadt und Mühl- burg getroffen wurden, hat Wilibald Reich- wein mit Blick auf die Auswirkungen fUr Mühlburg und die Karl-Friedrich-Gedächtnis- kirche geschildert: Meine Kirche dagegen brannte völlig aus ... Nur der Turm hat stand- gehalten", schreibt er in seinem "Situa- tionsbericht zur augenblicklichen Lage in Karlsruhe und fahrt fort: "So konnte ich noch das im Keller aufbewahrte Altarkruzifix und die Abendmahlsgeräte sowie das Taufgerät herausholen. Es gab diesmal sehr viele Tote, besonders bei uns in Mühlburg, da die "Drei Linden" mit einem öffentlichen Luftschutz- raum sehr schwer betroffen wurde. Dort hatte es allein etwa 200 Tote ... Der Zustand der Stadt nach diesem Angriff ist trostlos." In Wilibald Reichweins Nachlaß ist auch das Foto einer Kohlezeichnung der Karl-Fried- rich-Gedächtnis-Kirche nach diesem Luftan- griff dokumentiert. Aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Glau- bensbewegung "Deutsche Christen" während der Jahre 1933 bis 1945 wurde Wilibald Reichwein mit Wirkung vom 2. Mai vom Dienst suspendiert. 1947 stellte die Spruch- kammer Karlsruhe das Verfahren gegen Wilibald Reichwein als nicht betroffen ein, da 208 Die Karl-Friedrich-Gedtichtnis-Kirche in Mühlburg nach der Zerstörung durch den Luflangriffvom 4. Dezember 1944. Kohle- zeichnung von H. Straub. die Mitgliedschaft bei den "Deutschen Christen" fUr sich allein keine Belastung im Sinne des Gesetzes zur Befreiung von Natio- nalsozialismus und Militarismus bedeute. In seinem Lebenslauf vom 9. April 1946, den Wilibald Reichwein zum Zwecke der Lizenzerteilung, vermutlich flir schriftstelle- rische Betätigung verfaßt hat, begründet er seine Mitgliedschaft bei der Glaubens- bewegung: "Deutscher Christ bin ich ge- wesen, um der Partei gegenüber einen Aus- weis zu besitzen und ungehindert wirken zu können", Am 16. Dezember 1946 trat Wilibald Reichwein seine letzte PfarrersteIle in Neun- kirchenlOdenwaid an, die er bis 1959 inne- hatte. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er im Oktober 1959 vorzeitig in den Ruhe- stand versetzt. Seinen Lebensabend ver- brachte Wilibald Reichwein mit seiner Frau in Baden-Baden. Hier versah er oftmals aushilfsweise Pfarr- stellen, was u. a. aus dem Glückwunsch- schreiben von Prälat Bornhäuser zum 65. Geburtstag Wilibald Reichweins hervorgeht. " Ich freute mich, neulich Dich und Deine liebe Frau wieder eimnal zu sehen und bei schreibt der Prälat. Am 17. August 1967 starb Wilibald Reich- wein in Baden-Baden. Ein letzter Bezug zu Karlsruhe erscheint in seinem Nachlaß mit einem Nachruf der Karl-Friedrich-Pfarrei Mühlburg im Gemeindebrief vom September 1967: " ... Er ist allen, die in diesen Jahren in unserer vom . Krieg schwer heimgesuchten Stadt lebten, in guter und dankbarer Erin- nerung als treuer und tatkräftiger Gemeinde- pfarrer, der nach den Bombennächten mit seiner Frau in selbstloser Hilfsbereitschaft dieser Gelegenheit zu hören, daß Du immer seinen Nachbarn beistand." noch die Baden-Badener Feuerwehr bist", Angelika Sauer Der Badische Rat Dr. Johannes Pistorius Niddanus d. J. (1546-1608) Genau genommen hat J. Pistorius d. J. mit Karlsruhe nichts zu tun. Als er lebte, gab es die Gründung des Markgrafen Karl Wilhelm noch nicht. Keine geringe Rolle aber spielte der aus dem hesslschen Nidda stammende Humanist in der badischen Geschichte des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Damals wäre vom benachbarten,jetzt eingemeindeten Dur- lach aus "das Badnerlied" dirigiert worden - mit"Gcgcnstimme" aus Baden-Baden -, wenn es diese Weise schon gegeben hätte. Der badische Markgraf und Reformator Karl 11. (1529-1577) suchte einen fahigen Leibarzt, einen Historiographen und zugleich eine gestandene Persönlichkeit, die die reli- giöse Erziehung seiner drei Söhne Ernst Friedrich (1560-1604), Jakob III. (1562- 1590) und Georg Friedrich (1573-1638) fordern sollte. All diese Anforderungen er- fullte ab dem Jahr 1575 Johannes Pistorius Niddanus d. J. Sein Vater, Pistorius d. Ä., ging als Reformator Oberhessens in die Geschichte ein. Neuerdings ist wieder be- kannt, daß er am Augsburger Reichstag von 1530 aktiv teilnahm und am Zustandekom- men der "Augsburger Bekenntnisschrift" un- ter der Federfiihrung Melanchthons beteiligt war. Später galt er als einer der Wortfiihrer auf mehreren großen Religionsgesprächen der Reformationszeit. Die wertvolle Biblio- thek des Vaters benutzte bereits der junge, hochbegabte Pistorius. Der Vater konnte sich dem einzig verbliebenen Kind besonders widmen, nachdem die Familie 1555 bei einer Pestepidemie die anderen funf Kinder ver- loren hatte. Mit 13 Jahren immatrik-ulierte er sich in Marburg, wechselte nach Wittenberg und setzte danach in Tübingen seine Studien fort . Theologie, Jura und Medizin waren seine Studiengebiete. In Padua und Paris lernte er die damals modernste Medizin kennen: die Erkenntnisse, die Andreas Vesalius aus sei- ner "Anatomie" gewOtUlcn hatte und die "in- nere" Medizin eines Jean Femel. 209 Dr. med. Pistorius am Durlacher Hof 21 Jahre war der junge Dr. med. 1. Pistorius alt, als er - auch qualifiziert als Dr. jur. - in Frankfurt und danach in Worms seine Tätigkeit als Arzt aufitahm. Er war bereits verheiratet und hatte drei Kinder, als Markgraf Karl II. den sprachkundigen, humanistisch breit ausgebildeten, zudem rhetorisch geschliffen auftretenden jungen Mann nach Baden holte (1575). Auch nach dem Tod (1577) des Erbauers der Durlacher Karlsburg blieb Pistorius am Hof. Weiterhin war er als Arzt gefragt, doch verlagerte sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit am Hof auf die Aufgaben eines Historiographen. Historiker und Schulgriind=e=r _ In den Folgejahren edierte er mehrere bedeutende Geschichtswerke, jeweils ausge- stattet mit umfangreichen Registern, so eine erste "Polnische Geschichte" (1582) und zwei Foliobände einer "Deutschen Geschich- te", die noch im 18. Jahrhundert nachgedruckt wurde. Nicht mehr bekannt .war bis vor kur- Dur/ach im /7. Jahrhundert. 210 zem, daß der Forscher aus Nidda der Begrün- der der badischen Geschichtsschreibung ist. Pistorius war es, der z. B. herausfand, daß das badische Haus sich von den Zähringern herleitet. Daniel Schöpflin, der große Histo- riker des 18. Jahrhunderts, nennt in der Ein- leitung seiner "Historia Zaringo-Badensis" Pistorius noch als seine erste Quelle. Johann Christian Sachs verschweigt ihn fast gänz- lich, Friedrich v. Weech erwähnt seine dies- bezügliche Leistung gar nicht mehr. Von sei- nen Arbeiten zur badischen Geschichte sind noch einige genealogische Tafeln erhalten. Das heutige Bismarck-Gymnasium ging aus dem 1585/86 eröffneten Durlacher "Gymna- sium Illustre" hervor. Niemand anderer als Johannes Pistorius Niddanus organisierte die Gründung der ersten nachreformatorischen badischen Lateinschule, er war es, der die Lehrpläne erstellte und die Lehrer berief. Die badische Ausbildungsstätte fiir Pfarrer und höhere Beamte, das als "Modell" dienende erste badische Gymnasium, wurde also von ihm initiiert. Die Kosten des Unternehmens trugen die Söhne Karls II. im Verhältnis zur Größe ihrer badischen Teillande: Ernst Fried- rich zahlte die Hälfte der Kosten, Jakob 111. kam fiir 215, Georg Friedrichs Lande fiir 3/5 der Auslagen auf. So hieß die älteste nach- refonnatorische Lateinschule Badens im er- sten Jahrhundert ihres Bestehens auch nicht "Emestinum" oder "schola Ernestina" . Berater der Markgrafen Ernst Friedrich und Jakob m. ----~~~~~~~~ In Anerkennung seiner Leistungen für das Haus Baden wurde Pistorius 1585 von Ernst- Friedrich wie auch von Jakob III. zu ihrem " Consilliarius" berufen. Sein Aufgabenge- biet erweiterte sich dahingehend, daß er als "Rat" sein Verhandlungsgeschick in " außen- politischen" Missionen beweisen konnte und als Rechtsberater Vertragstexte vorfonnu- lierte. Da Jakob III. seit 1584 auf der Hoch- burg bei Emmendingen seine Residenz hatte, pendelte Pistorius oft zwischen Ernst- Friedrichs Durlacher Karlsburg und dem Hachbergerland. Ein schlimmer Schicksal- schlag traf 1585 die Familie Pistorius: Catharina, seine Ehefrau, die ihm acht Kinder geschenkt hatte '- vier davon wurden erwachsen - starb in Durlach. Der neunund- dreißigjährige Witwer war in der Folgezeit einerseits flir seine Kinder da, andererseits \vidmete er sich neben Arbeiten fur die Markgrafen seinen \vissenschaftlichen Studi- en. Pistorius war es gewohnt, bis in die Nacht hinein zu lesen und zu schreiben. Das Theologiestudium, das er in Marburg be- gonnen hatte, setzte er jetzt intensiv fort. Nach dem Tode seines Vaters 1583 wurde er Alleinerbe von dessen wertvoller Bibliothek. Sie enthielt sämtliche Schriften Luthers, Melanchthons und anderer Refonnatoren. Ihre Lektüre und die Auseinandersetzungen damit bestimmten von nun an bis zum Lebensende den Forscher und Schriftsteller. Ein nicht unbedeutender Rest der ehemaligen Pistorius-Gesamtbibliothek von 150 Titeln Fo lo: H. J. ,-> u.me," ew konnte 1993 in Straßburg \viedergefunden werden. Das Manuskript einer zwei bändigen Refonnationsgeschichte, die der Refonnator Pistorius d. Ä. als bedeutender Zeitzeuge und Mitgestalter der Vorgänge seit 1530 fast edi- tionsreif vorbereitet hatte, kam ebenfalls in seinen Besitz. Damit war der Badische Rat J ohannes Pistorius einer der bestinformierten Zeitgenossen in allen Fragen, die die Refor- mation und ihre Männer betrafen. Forschen, also " Dingen auf den Grund gehen" und "ak- tiv seine Umgebung mitprägen", wurde von nun an noch mehr seine Devise. Wie sein Vater war Pistorius innerhalb der Refonna- tionsbewegung verschiedenen Erneuerungs- ansätzen gegenüber positiv eingestellt. Wie er war er nie "Calvinist", auch wenn das spä· 211 ter immer wieder behauptet wurde, oder "Kryptokalvinist", kein "Philippist" oder "Lutheraner". Die Sache einer Kirchener- neuerung war beiden viel zu wichtig, um sich nur auf Luther, Melanchthon, Zwingli oder Calvin einzuengen. Erbitterte Richtungsstrei- tigkeiten waren gut drei Jahrzehnte lang nach Luthers Tod (1546) in der protestantischen Bewegung entbrannt. Bei der Konkordien- formel (1577), die längst nicht von allen evan- gelischen Ländern mitgetragen wurde, hatte sich dann die lutherische Orthodoxie durch- gesetzt. Die Konversion Je mehr Pistorius Luther las, der ihm in vielem widersprüchlich vorkam, und er vor allem die Vertreter der Orthodoxie aus dem benachbarten Tübingen kennenlernte, um so mehr ging er auf Distanz zur Konkor- dienkirche. Pistorius erlebte nicht existentiell nah die z. T. verwerflichen Mißstände der vorreformatorischen Kirche wie z. B. sein Vater oder Martin Luther. Seine Zeit wird mitgeprägt vom Schwung und der Aufbruch- stimmung in der nachtridentinischen Reform- kirche, die es ohne Luther und seine Be- wegung wohl kaum gegeben hätte, die inzwischen aber in manchen Bereichen der Reformation in Deutschland den Wind aus den Segeln genommen hatte. In dieser Re- formkirche begarui Pistorius immer mehr seine religiöse Heimat zu fmden. Konsequen- terweise konvertierte der Badische Rat 1588 im Alter von 42 Jahren zur katholischen Kirche. Zwei bedeutende Religionsgespräche zwischen Protestanten und Katholiken fanden damals aufbadischem Territorium statt. 1589 in Baden-Baden war der wissenschaftlich fundiert und rhetorisch geschickt agierende Johannes Pistorius Hauptdisputant der katho- lischen Seite. Als sein "Contra" trat Jakob Andreae an. Zwischen bei den hatten sich seit 212 Jahren - auch über Vater Pistorius - der- maßen viele Animositäten aufgebaut, daß der Stil der Unterredung höchst unerfreulich wurde. Ökumenische Annäherung war bei den damaligen kontrovers theologischen "Tur- nieren" nicht angesagt. Als Beobachter und Berater im Hintergrund fungierte Pistorius beim" Colloquium Emmen- dingense", das im Juni 1590 stattfand. Das Gespräch verlief spannungsgeladen, weil die Konversion Markgraf Jakobs III. unmittelbar bevorstand. Als Jakob dann am 15. Juli 1590 zur katholischen Kirche übertrat, kam es zu einer großen Unruhe unter den betroffenen 28 Predigern der Markgrafschaft, so daß sich Jakob III. veranlaßt sah, auf "allerhandt heimliche Zusanunenkünfte unserer gewe- senen lutherischen Prediger" hin, seinen Amt- mann Varnbühler anzuweisen, "ohne Milde eine gebürende und ernstliche straff" gegen die "Übertretter" vorzunehmen. Einen Monat später starb der vitale achtundzwanzigjährige Markgraf. Der Arzt Johannes Pistorius, der bei der sich anschließenden Sektion - ein sehr seltenes Ereignis im 16. Jahrhundert! - an- wesend war, überlieferte darüber vorzügliche Details und ebenfalls das auch heute nicht zu widerlegende Urteil der beiden Freiburger Medizinprofessoren: Tod durch eine einmalig verabreichte Dosis Arsenik, wovon Reste noch an der Mageninnenwand gefunden wurden. Mit Jakobs Tod war Pistorius' gut flinfzehnjährige Zeit in badischen Diensten abrupt beendet. Etwa in dem Alter, in dem Luther nach zwanzigjähriger Zeit als Au- gustinermönch die Nonne Catharina von Bora heiratete, wurde der Witwer Pistorius nach fast zwanzigjähriger glücklicher Ehe katholi- scher Priester und bereits 1591 Generalvikar in Konstanz, dem damals größten deutsch- sprachigen Bistum. 1597 kehrt er nach Frei- burg zurück. Ab 1600 reist Pistorius ein bis zweimal jährlich nach Prag, wo ihn Kaiser Rudolph II. zu seinem Rat, Hofprediger und Beichtvater erwählt hatte. Das bleibt Pistorius auf Lebenszeit. Ein mutiger Humanist im Zeitalter des Hexenwahns Mutig setzte sich der aufgeklärte Humanist Dr. Johannes Pistorius gegen den damals vor allem in Süddeutschland grassierenden He- xenwahn ein. So rettete er 1603 in Freiburg ein vierzehnjähriges Mädchen, das als Hexe verbrannt werden sollte, vor dem Feuertod und brachte es in einer Konstanzer Pflegefa- milie unter. Es erscheinen nach den Durlacher Jahren vor allem theologische Werke von ihm. Die kontroverstheologische Haupt- schrift, die Pistorius, der genaue Kenner sämtlichen Lutherbücher, ediert, verriet im Titel den Arzt. Er nannte sie "Anatomia Lutheri". Er nahm hier den vielfach derben Stil Luthers aufund übertraf den Wortgewal- tigen z. T. noch. Vor allem in Ehefragen war Pistorius Luther gegenüber äußerst kritisch. Wußte doch Pistorius aus eigener Erfahrung, wovon die Rede war. Bei der Analyse der "Anatomia" erkennt man auch, daß der Autor Archivalien seines Vaters über damals ge- heimgehaltene Vorgänge der Reformations- zeit benutzt hat, z. B. Luthers Beichtrat zur Bigamie des hessischen Landgrafen Philipp des Großmütigen. Dieses Buch löste in den von Intoleranz und Rechthaberei bestimmten zwei Jahrzehnten vor dem Dreißigjährigen Krieg laute Contra- und Pro-Diskussionen aus. Es gab bis in unser Jahrhundert noch Leute, die Pistorius nur" nach dieser theo- logischen Streitschrift, der "Anatomia Lutheri" beurteilen. Das Buch war damals ein "Best- seller", wenn auch nicht sein bestes Werk. Doch kann Pistorius, vorbei am Streit der Theologen, mit ganz anderen Lebenslei- slungen aufwerten, ,vie schon gezeigt wurde. Johannes Pistorius d. J. starb am 19. Juni 1608 und wurde im Kreuzgang des heutigen Freiburger Augustinermuseums begraben. Seine Ruhestätte liegt also heute in Baden, für das er viel geleistet hat. Hans-./ürgen Günther Pfarrer D. Ernst Friedrich Fink - der 'badische' Wiehern "Der evangelische Verein" Wenn ein Name für die Anfange der Inneren Mission in Deutschland steht, dann der von Joh. Hinrich Wiehern. Sein Le- benswerk hat die Forschung eingehend untersucht und gewürdigt. So gilt er gemein- hin auch als Wegbereiter der Liebestätigkeit in Baden, nicht zuletzt dank seiner program- matischen Rede anIäßlich der Durlacher Versammlung am 10. Oktober 1849. Wenig bekannt dagegen ist, daß bereits vier Jahre zuvor eine anonyme 46seitige Schrift in Heidelberg erschienen war, von der Wiehern " 1847 urteilte: "Wir haben nirgends eine so klare Dar- stellung dessen, was auf dem Gebiete not tut, wenn ein gesundes Gedeihen der freien Lie- besarbeit erzielt werden soll, wiedergefun- den. In ihr weht der Geist der wahren evan- gelischen Freiheit, die rem von aller Ein- seitigkeit und Beschränktheit, das tiefe Be- dürfnis unserer innerlich zerrissenen Kirche erfaßt hat und eine so großartige EinigUng der 213 nach allen Seiten bis dahin isolierenden Vereins tätigkeit erstrebt, eine Einigung und Gliederung, wie sie uns von jeher in einem recht organisierten Verein flir Innere Mission, seit darüber öffentlich verhandelt worden ist, vorgeschwebt hat." Autor war unstreitig Pfarrer Ernst Friedrich Fink, geb. 1806 in Kandem. Nach seinem Theologiestudium in Halle, Freiburg, Berlin und Heidelberg wurde er 1833 Pfarrverwalter in Leutesheim und von 1842 bis zu seinem . Tode (1863) Hausgeistlicher in der Illenau. Fink war der erste evangelische Geistliche dieser 1835 von Dr. Christian F. W. Roller gegründeten Anstalt, die schon bald einen fiihrenden Ruf in der deutschen Psychiatrie gewann. Fink, der somit wie kaum ein anderer Pfarrer die Problematik von Behinderten aus eigener Anschauung kannte, berief sich in seinen "Aufruf ... " ausdrücklich aufWichems 1844 in Hamburg erschienenen Schrift "Not- stände der protestantischen Kirche und die Innere Mission" und die Vorbildfunktion des 'RauhenHauses' (gegr. 1833) flir ganz Nord- deutschland. Jubiläum eines Programms Somit sind genau 150 Jahre vergangen, seit der Autor mit seiner Schrift "Der evangeli- sche Verein - Ein Aufruf an die Gemeinde." an die Öffentlichkeit trat. Eingangs erfolgt eine Bilanz der Not, " ... die immer allgemei- ner und schwerer zu Tage kommt, immer drohender das häusliche Glück, die Ordnun- gen des Staates, das Gedeihen der Kirche gefahrdet. Verkrüppelte Kinder, Waisenkinder in den Händen wenigstfordemder und noch weniger leistender Gewinnsucht, Blinde, Taubstum- me, eine Jugend, die gar zu früh aller sittlichen Zucht beraubt ist, ... Armuth und Verbrechen, zu spät entdeckt, noch schwerer zu heilen, Kranke und Ge- fangene, die der Pflege brauchen zur Wieder- herstellung leiblicher und geistlicher Gesund- heit, nehmen die Theilnahme der Gemeinde in Anspruch. Das Schlimmste bei all dieser Noth ist der Mangel einer sittlichen Grundlage in den Familien, ist der Mangel eines lebendigen Christenthums, das mit seinem ewigen Trost die Noth lindert .... " Bisher hat man da- gegen "mancherlei Anstalten ... errichtet, aber ... wir haben der Anstalten nicht ge- nug, wir haben fur die Anstalten nicht ge- nug, wir haben an den Anstalten nicht ge- nug . .. . '" Die eigentliche tie- fere Ursache fur die Notsituation ist, so " Pfarrer Fink, " .. . ei- . .J nem Wlodrte gThes~glntah: es mange t le el - Handschrijl des Predigt/exles von Pfarrer Fink von 1838 aus dem Nachlaß im Landeskirchlichen Archiv Kar1sruhe. me der Gemeinde. Der Staat, die Lan- 214 deskirehe sind nicht unthätig geblieben. Aber wenn die Liebe in den Staatseinrichtungen sich fmdet und in den Herzen der Gemeinde- glieder nicht, was hilft es? ... Mit Geld allein kann ja nichts ausgerichtet werden, das könnte der Staat durch die Steuern herbeischaffen. Aber die persönliche Theilnahme christlicher Liebe fehlt .... Daß diese Theilnahme der Gemeinde fehlt, das ist eine schwere Schuld, die mit ihrem Unsegen auf uns lastet." Die Gemeinde, wie bereits der Untertitel der Schrift 'Aufruf .. .' besagt, ist daher ge- fordert: "Die Gemeinde Christi soll helfen. Ihr ist der Beruf geworden zu suchen und zu retten, was verloren ist, mit dem Wort und der That des Glaubens und der Liebe. Wo das durch die Organisation nicht geschehen konnte, da muß eine andere versucht wer- den .... So ist der Kirche Beruf und Bedürfniß, eine Mission nach innen zu stiften, woraus ein evangelischer Verein entsteht ... Evangelisch heißt dieser Verein, denn er stehet auf dem Grunde des Evangeliums; er will, wie es den Heiden gepredigt wird, so auch das Wort der Predigt an die Armen in der Christenheit durch die That rettender Liebe unterstützen; er will, dem Gebote des Mei- sters folgend, helfen die Hungrigen speisen, die NackIen kleiden, die Kranken pflegen, die Verwirrten zurecht bringen, die Kinder zu Ihm führen .... Die Kirche kann sich unseres Erachtens nur freuen, wenn solche Vereine aus ihrem Grun- de hervorgehen, vorausgesetzt, was wir stets voraussetzen, daß diese Vereine ihren inneren Zusammenhang mit der Kirche treu bewah- ren . ... der Staat hat sich eine eigene Behörde gebildet, die Polizei, die unter andern Ver- richtungen auch die der Abhülfe von Noth und Armuth auf sich genommen hat. Aber diese einseitige Aushülfe reicht nicht weit. Der Staat ist wesentlich auf die Idee des Rechts gegründet, und das Recht reicht nicht aus, die Noth zu heilen. Gegenüber der Noth giebt es kein anderes Heilungsprinzip als das der Gnade .... In Summa, wir können im Allgemeinen den Satz aussprechen: unsere Elemente in Staat, Kirche, freier Geselligkeit liegen alle vor- handen, sie sind aber zerstreut, zum Theil in Streit und Mißverständniß. Wir sehen Ar- menkommissionen, Physikate, Dekanate, ein- zelne Vereine, aber alles das rur sich, jedes geht seinen Weg, es fehlt die organisierende, sammelnde, zusammenhaltende Macht. Zer- streutes zu sammeln, ist Sache des Evangeli- ums. In diesem Sinne des Evangeliums möchten wir einen evangelischen Verein gegründet und wirksam sehen .... " Fink sieht rur einen derartigen Verein sieben Aufgabenbereiche Erziehung: Kinder- und Jugendpflege Unterstützung: Armen- und Krankenpflege Zucht: "Besserung" und "Gefangnispflege" Bibelverbreitung, Gustav-Adolph-Verein, "Colonistenpflege (in Amerika)" und Äußere Mission. Der Autor schließt mit einem Satzungs- Vorschlag: Grundlage des evangelischen Vereins l. Nach der Pflicht der Mitglieder evange- lischer Gemeinden bildet sich auf den Grund des göttlichen Wortes in unserem Land ein evangelischer Verein zu leiblicher und gei- stiger Bewahrung, Pflege und Rettung der Hülfsbedürftigen. 2. Der evangelische Verein hat den Zweck, alle auf Abhülfe der vorhandenen, besonders sittlichen, Noth bei Kindern, Armen, Kran- ken, Gefangenen und andern Hülfsbedürftigen gerichtete christliche Tätigkeit des Staates, der Kirche, der Einzelnen oder anderer Ver- 215 eine vorbauend, mitwirkend, nachhelfend zu unterstützen und darin die Gesinnung der aus dem Glauben kommenden Liebe zu bethätigen. 3. Das Ziel des evangelischen Vereins ist nicht vornehmlich die Gründung neuer Anstalten. Er will vielmehr der werkthätigen freien Liebe der Glaubensgenossen Aufforde- rung und Gelegenheit verschaffen, sich zu üben, durch Vereinigung stärker zu werden und Erfahrungen zu sammeln, damit so bald als möglich in den Gemeinden lebendige Fürsorge zur Abhülfe der manchfaltigen Noth bereit sei. 4. Mitglied des Vereins kann jeder evan- gelische Christ werden, der sich verpflichtet, nicht nur dem Gebet der Kirche rur die Hülfsbedürftigen sich anzuschließen, son- dern auch seine herzliche Theilnahrne durch Leistungen an Wort, Gaben und Handrei- chung zu persönlicher Aufsicht und Pflege nach Kräften zu beweisen ... 9. Während die Mitglieder einzeln oder verbunden die vorkommenden Gelegenhei ten zum Dienst der Armen, Kranken, Gefangenen und anderer Hülfsbedürftigen wahrnehmen und benutzen, macht es sich der Verein zum besonderen Geschäft, taugliche junge Leute von christlicher Gesinnung und unbescholie- nem Wandel zur Ausbildung und Verwen- dung fiir solchen Dienst der Liebe zu sammeln .... Sind diese Ausfiihrungen nur von histori- schem Interesse? Hermann Erbacher hat bereits 1957 die wechselvolle Geschichte der Inneren Mission in Baden untersucht und besonders die Erfolge auf den Gebieten Rettungshaus- bewegung, K1einkinder- und Altenpflege herausgestellt. Mittlerweile sind auch die dunklen Stunden, beginnend mit dem Kriegs- ausbruch 1939, weithin erforscht. In den 216 darauffolgenden beiden Jahren wurden aus den Anstalten der Inneren Mission in Baden Kork und Mosbach ca. 375 Patienten in den Gaskammern von Grafeneck und Hadamar ermordet. Noch Ende Juni 1944 wurden wei- tere 49 Personen, von denen nur 5 überlebten, nach Uchtspringe b. Stendahl und Eichberg b. Wiesbaden abtransportiert. Dem Gedenken an diese Vorgänge galt eine Fachtagung auf dem Schwarzacher Hof der Johannes-Anstalten Mosbach unter dem Wort "Euthanasie" damals und heute. Die Referenten, besonders Prof. Dr. W. Wol- fensberger von der Syracuse UniversityINew York, verwiesen auf sehr bedenkliche Ten- denzen in der Gegenwart - "Totmachen: Der neue Genozid an den Benachteiligten, Alten und Behinderten". Überblickt man die Forderungen Finks und vergleicht sie mit der heutigen Situation, so ist zu konstatieren: die materielle Not ist fur den Einzelnen kaum noch existenzbedrohend. Dank unseres sozialen Netzes muß niemand in Deutschland verhungern. Zu beachten bleibt aber, was Oberkirchenrat W. Schnei- der, Hauptgeschäftsftihrer des Diakonischen Werks, in seinem Geleitwort zum Diakonie- Kalender 1995 feststellt: "Die Grenzen des Finanzierbaren zeichnen sich ab. Es muß möglich bleiben, daß auch in Zeiten sozialer Veränderungen die Hilfe erhalten, die diese vor allem brauchen, um nicht ausgegrenzt zu werden." Entscheidend allerdings ist sein Eingangssatz, wenn er das Wesen "Unsere Diakonie" beschreibt: "Ge- tragen von der Solidarität einer Gemein- schaft ... " als zeitloses Postulat gegen egoisti- sche Gruppeninteressen. An eben diese Soli- darität appellierte schon Pfarrer Fink, als er die "Theilnahrne der Gemeinde beschwor, und bereits 1838 mahnte er in einer Predigt über Apg. 20,28-32 die Pflichten der Geist- lichkeit an: "Achthaben sollen die Kirchendiener (Pfar- rer) demnach auf die Führung des Haus- wesens, ob es ein Tempel Gottes sei im Hei- ligen Geist; auf die Jugend, ob sie erzogen werde in der Furcht des Herrn, unterwiesen in der Lehre des Heiles, aufwachse zu Christi Bilde; auf dim Wandel der ganzen Gemeinde, ob sie heilig sei und unsträflich in der Liebe; auf die Armen, daß sie unterstützt, und, welche der Welt Güter haben, daß sie ermun- tert werden mitzutheilen und wohlzuthun ... " Wertschätzung und Hoffuung auf die christliche Gemeinde sind bei Fink demnach bereits Ende der 1830er Jahre nachweisbar; von ihr erwartete er Hilfe. Hermann RQckleben Alfred Maul und die Großherzogliche Badische Tumlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe Sein Werdegang_ Alfred Maul wurde am 13. April 1828 im Schloß Fürstenau bei Michelstadt im Odenwald als Sohn des Gräflich Erbach-Fürste- nauischen Rentamtman- nes, Kammerrat Johann Wilhelm Maul, geboren. Alfred Mauls Vater war schon in jungen Jahren ein begeisterter Turner und 1819 Mitbegründer einer Turnvereinigung in Mi- chelstadt, die allerdings durch die von der hessi- sehen Regierung verhäng- te Turnsperre schon nach einem halben Jahr aufge- löst wurde. Nach dem En- de der Turnsperre wurde Wilhelm Maul auf dem Friedhof von Michelstadt ein Denkstein errichtet. Die Gedächtnisfeier auf dem Friedhof von Michel- stadt war fiir Alfred Maul offenbar der Anlaß, sich Hofrat Alfred Maul, Direktor der Turnlehrerbildungsanstalt. 217 den Turnern anzuschließen. In seinem Tagebuch vennerkte er: "Am 3. Juli 1843 meldete ich mich zum Turnen an, 30 Kr. monatlich, wobei ich Wams, Hose und ein Springseil haben muß." Die Turngruppe, der er sich damals anschloß, war eine private Turngesellschaft. Nach dem Tode der Mutter und dem frühen Tode des Vaters war Alfred Maul Vollwaise und wurde von seinem Onkel in Darmstadt aufgenommen. Dort studierte er von 1843- 1848 an der Höheren Gewerbeschule Mathematik und N atunvissenschaften. Der 1846 gegründeten Darmstädter Tumgemeinde trat er noch im Gründungsjahr bei und lernte später Adolf Spieß kennen, der 1848 aus der Schweiz zurückgekonuuen war, um von Darmstadt aus das Schulturnen im Groß- herzogtum Hessen neu zu organisieren. Die Begegnung mit Adolf Spieß, dessen Turnschüler er in den Jahren 1850/51 wurde, war sowohl ftir seinen künftigen Lebensweg als auch ftir den Inhalt seiner Tumlehre von großer Bedeutung. So war es AdolfSpieß, der Alfred Maul inl Jahre 1856 eine feste Stelle am Realgynmasium in · Basel vennittelte, nachdem die hessische Regierung Alfred Maul wegen des Verdachts demokratischer Gesinnung eine staatliche Anstellung verwei- gert hatte. Am Realgynmasium in Basel entfaltete Maul eine rege Tätigkeit im Schul- und Vereinsturnen. Mit seinem im Jahre 1858 in Basel verfaßteri Aufsatz "Das Riegen- turnen und die Spießsehe Methode der Gemeinübungen" knüpfte er an das Wirken Adolf Spieß' in der Schweiz und an seine Lehrjahre bei ihm an. Mauls Wirken in der Schweiz hat viel zur späteren grenzüberschreitenden Wirkung des von ihm geprägten badischen Schulturnsystems beigetragen. In den Jahren seiner Lehrtätig- keit in Basel, wo ihm zwei Jahre vor seinem Weggang noch das Bürgerrecht verliehen wurde, hatte er durch seine erfolgreiche prak- 218 tische Unterrichts tätigkeit, seine turnpäd- agogischen Publikationen und seine organisa- torischen Fähigkeiten so auf sich aufmerksam gemacht, daß er 1869 auf den Posten des Direktors der neugegründeten Großherzog- lichen Badischen Tumlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe berufen wurde. Direktor in Karlsrulle Offiziell eingeweiht wurde die Turnlehrer- bildungsanstalt in Karlsruhe am 26. November 1869. Ein halbes Jahr später, im Juli 1870, wurde die Anstalt während des deutsch- französischen Krieges in ein Lazarett umge- wandelt, und Maul fungierte in dieser Zeit als Lazarettverwalter. Über die damit verbunde- nen baulichen Veränderungen berichtet er in der Deutschen Turnzeitung von 1872: "Etwas Gutes brachte die Lazarettzeit doch ftir die Turnanstalt mit sich, nämlich bauliche Veränderungen. Früher war die Turnhalle, wegen des einfach mi t Schiefer gedeckten Daches trotz vier eiserner Öfen bei strenger Kälte nicht heizbar; ... Da drohte denn die famose Kälte im Dezember 1870 die Aufhebung des Lazaretts in der Turnhalle nötig zu machen, was ganz gegen die Absicht des Kriegsministeriunls gieng. Dieser Um- stand wurde schleunigst benutzt, um der Halle einen wärmeren Hut zu verschaffen .... Jetzt ist die Halle ganz nach Wunsch heizbar, und von den jetzt darin befmdlichen Oefen haben wir selten mehr als drei zu feuern nöthig." Nach der Wiederaufualune des Lehrbetriebes im Frühjahr 1871 ergaben sich fUr die Tum- lehrerbildungsanstalt drei Hauptaufgaben: I. - Abhaltung von Kursen, in denen schon im Schuldienst tätige Lehrer zu Turn- lehrern ausgebildet werden sollten. 2. - Erteilung von Turnunterricht fur ver- schiedene höhere Schulen in Karlsruhe. Diese Aufgabe ergab sich vorwiegend daraus, daß wegen des Lehrer- und Turnhallen- mangels die Schulen darauf angewiesen waren, den Turnunterricht in der Zentral- turnhalle der Tumlehrerbildungsanstalt abzu- halten. Denn 1869 hatte keine badische Schule eine schuleigene Turnhalle. Das änderte sich erst in den folgenden Jahrzehn- ten. Bis zum Jahre 1894 wurden dann in Baden 38 Schulturnhallen neu gebaut, und im ganzen gab es ca. 80 Turnhallen, die rur das Schulturnen zur Verfiigung standen. Die dritte Hauptaufgabe der Turnlehrer- bildungsanstalt war die Inspektion des Turn- unterrichts an auswärtigen Schulen durch den Direktor der Anstalt. Der erste Tumlehrkurs fand 1871 mit 15 Lehrern statt, von denen 12 bis zum Schluß durchhielten. In den folgenden Jahren wurden jeweils zwei solcher Kurse pro Jahr durch- geflihrt, einer im Frühjahr ftir Volksschulleh- rer mit drei Wochen und einer im Herbst fur Lehrer höherer Schulen mit vier Wochen. Die Kurse wurden weitgehend in den Schulferien veranstaltet. Am Ende der Kurse wurden keine Prüfungen abgehalten und die Absol- venten erhielten lediglich eine Teilnahme- bescheinigung. Der Lehrstoff bestand zu- nächst aus Frei- und Ordnungsübungen sowie aus dem Turnen an Geräten. Unter dem Einfluß der Spielbewegung karnen später noch Turnübungen hinzu. Vereine und Schule Alfred Maul hat sich ebenso große Ver- dienste um die Förderung des Vereinsturnens elWorben. In seiner Person ist der Gedanke der Kooperation von Schule und Verein inso- fern vereint, als er Wesentliches zur Förderung sowohl des Schul- als auch des Vereins-turnens geleistet hat. Er war ja nicht nur Direktor der Großherzoglichen Badi- schen Turnlehrerbildungsanstalt, sondern auch von 1869-1881 Vorsitzender der Karlsruher Turnerschaft und des Turngaus, Mitglied des Oberrheinischen Turnerbun- des und 1887-1895 der Deutschen Turner- schaft. Aus den Erfahrungen der eigenen Lehrtä- tigkeit schöpfend hat A1fred Maul eine ganze Reihe turnpädagogischer Schriften verfaßt. So hatte fur ihn der Turnunterricht in erster Linie eine erzieherische Funktion im Sinne der Herrschaft des Willens über den Körper. Darüber hinaus sollte der Turnunterricht auch der Gesundheitspflege dienen. Nach Spieß' schem Vorbild sollten die Ordnungs-, Frei- und Geräteübungen vorwiegend als Gemein- übungen und auf Befehl ausgefuhrt, der Turnstoff auf die einzelnen Schulklassen gemäß Alter und Können verteilt werden. Dabei sah er einen methodischen Stufen- gang vom Leichten zum Schweren, vom Bekannten zum Unbekannten vor. Unabding- bar waren fur ihn die Prinzipien der An- schaulichkeit, der Ganzheit und der Ent- wicklungsgemäßheit. Methodische Hilfsmit- tel beim Erlernen der Übungen waren rur ihn die mündliche Bewegungskorrektur und die ak-tive Hilfe. Anfangs standen in den Turn- stunden Ordnungs- und Freiübungen sowie Übungen an Reck, Barren und Pferd im Vordergrund. Später karnen die anfangs von Maul abgelehnten Stabübungen hinzu. Noch von Basel aus hatte Maul diese Stabübungen kritisiert: "Man glaubt überall den reglement- mäßigen Corporal zu hören... Obendrein sollen die Jungen dabei noch stets einen drei Fuß langen eisernen Stab tragen, aus dem sie sich vorstellen sollen, einen Schießprügel machen zu können." Erst nachdem er auf einer Tumlehrerversamm1ung in Stuttgart die Vorfiihrung der Stabübungen gesehen hatte, war er bereit, diese in das System des badi- schen Schulturnens aufzunehmen. Daß Maul im Prinzip erst einmal auf Spieß aufbaute, wird aus dem deutlich, was er in seiner "Anleitung fur den Unterricht in 219 · Knabenschulen" im Kapitel "Grundsätze des Turnunterrichts" ausfuhrte. was auch heute noch Gültigkeit hat: "Der Turnunterricht muß vor allen Dingen • ...• anschaulich sein. Die Anschaulichkeit gewährt aber in erster Linie das Vorturnen der Übung. die die Schüler ausfahren sollen. Dieses Vorturnen kann zwar unter Umständen einem oder dem anderen Schüler übertragen werden. aber der Turnlehrer kann doch in die Lage kommen .. . selber die Übung vorzeigen zu müssen; auch ist sein Vorbild jederzeit wirksamer als das eines andern. Deshalb können dem Turnleh- rer bloß theoretische Kenntnisse nicht genügen; er muß auch bis zu einem gewissen Grade selber turnen können." Von den Schülern verlangt er höchste Genauigkeit bei der Ausfiihrung der Bewe- gungen und - verglichen mit den Gelenk- übungen von Pestalozzi und Spieß - stellt er noch eine weitere wichtige Forderung auf. "Jede Übung soll also nicht eine Übung flir einen einzelnen Körperteil allein. sondern stets eine Übung fur den ganzen Körper sein." Beim stufenweisen Aufbau der Leistungs- forderungen legt er abernicht nur Wert auf die Genauigkeit der Ausfuhrung der Bewegun- gen. Er ist darüber hinaus bestrebt. "die Schüler an gute Körperhaltung und schöne Bewegungsformen zu gewöhnen .. . " Es ist ferner nicht zu übersehen. daß der Turnunter- richt zugleich eine Schule der Zucht und Ordnung rur die Jugend sein soll. So sehr es auch zu seiner Aufgabe gehört. ihre Bewe- gungslust zu beleben. so muß er nichtsdesto- weniger sie an die strengste Beherrschung derselben gewöhnen." Offenbar war ihm aber klar. daß solche Betriebsweisen nicht unbedingt die Motivati- on der Schüler fur das Turnen erhöhen. Deshalb wies er noch einmal auf die beson- dere Aufgabe des Lehrers hin. daß "die Turnlust der Schüler und die Freudigkeit. mit der sie am Unterricht teilnehmen. geweckt 220 und erhalten" werden muß. Und das hängt eben weitgehend von der Persönlichkeit des Lehrers und seinem Ver- halten den Schülern gegenüber und von der Lebendigkeit des Unterrichtsverfahrens ab. Alfred Maul war sich bewußt. daß nur durch eine sorgfaltige Ausbildung von Turn1ehrern der Turnunterricht in der Schule wirksam gefordert werden konnte. Deshalb baute er die Karlsruher Turnlehrer- bildungsanstalt durch regelmäßig ausge- schriebene Lehrgänge fur Lehrer und lehre- rinnen zu einer rur damalige Verhältnisse vorbildliche Ausbildungsstätte aus. So ist es nicht verwunderlich. daß die Teilnehmer an diesen Kursen nicht mehr nur aus Baden. sondern auch aus Württemberg. der Schweiz, Holland. dem Elsaß. aus Norddeutschland und aus dem ferneren Ausland kamen. Damit wurde sein badisches Modell des Schulturnens weithin bekannt und vielerorts übernommen. "",",~",!~rung des M.~d:,~:!!.~:~~ __ _ Maul stellte seine Gedanken dazu in seinen "Turnübungen rur Mädchen" vor und ent- wickelte darin einen Stufengang. Für die Sechs- bis Neunjährigen empfahl er Ordnungs- übungen. Gehen. Laufen. Hüpfen und Frei- übungen im Gehen und Stehen. Für die älteren Schülerinnen wurde dieses Übungsprogramm durch Übungen an Geräten. z. B. waagerechte Leitern. Rundlauf. Schaukelringe und Schwingseil erweitert. Am Barren sollten Stützübungen vermieden werden. Später ka- men noch Schlagball mit Schlagholz oder Schlagnetz und andere Turnspiele \vie Kreis- laufen. 'Katze und Maus' oder 'Schwarzer Mann' hinzu. In der Zeitschrift "Schul turnen" vom April 1928 berichtete die Turnlehrerin Ottilie Kam- merer aus Freiburg die am letzten. von Maul geleiteten Kurs fur Mädchenturnen teilge- nOmmen hatte: "Punkt acht Uhr stehen wir in Einweihung des DenkmalsfiJr AlfredMaul am 14. April 191J. Reih und Glied. Tumschnhe und Kleid, das 20 cm vom Boden entfernt abschließt, sind Vorschrift. Mit flottem Wechsel von Gang- und Hüpfarten wird begonnen; manch hübscher Tanzschritt, auch manche Ordnungs- übung wird eingefiigt". Weiter heißt es dann: » ... zur Belohnung fiir saubere Arbeit wird das ganze Gefiige, von Frieda Maul am Klavier begleitet, wiederholt ... mit großer Bewunderung erinnere ich mich der Sicher- heit und Körperbeherrschung, mit der die große aufrechte Gestalt des ehrwürdigen Greises J)rehungen, Tanzschritte und Schritt- folgen vormachte, aber auch der geistigen Beweglichkeit, mit der er bei den Lehrproben auf das Denken der Einzelnen einging .. . Als er die Segnungen der körperlichen Erziehung auch den Mädchen zuteil werden lassen wollte, mußte er sich anfanglich gefallen lassen, daß die Schülerinnen in Anwesenheit der Mütter turnten;ja es war den Eltern sogar anheimgegeben, ob sie ihre Töchter am Tumunterricht teilnehmen lassen wollten; Ansicht der Landesmutter und vieler anderer Mütter war, daß ein anständiges Mädchen den Fuß nie höher als 20 cm vom Boden hebt." Vorsitzender von Tumvereinen --~_.~- Alfred Maul hatte im Anschluß an die Fortbildungslehrgänge an der Tumlehrerbil- dungsanstalt im Jahre 1872 den Karlsruher Tumlehrerverein gegründet, der dann 1874 die erste Badische Tumlehrerversammlung mit der beachtlichen Zahl von 11 0 Teilneh- 221 mem in Karlsruhe veranstaltete. Da die badi- schen Turn1ehrerversamm1ungen auch eine große Zahl von Teilnehmern anzogen, die von außerhalb Badens anreisten, wurden diese Turn1ehrerversamm1ungen ab 1880 in Ober- rheinische Turn1ehrerversamm1ungen umbe- nannt. Diese Veranstaltungen waren Fortbil- dungsveranstaltungen mit praktischen Übun- gen und mit Vorträgen und Diskussionen. Aus den Programmen und Versamm1ungsberichten bis zum Jahre 1902, als in Karlsruhe Turn- lehrerversamm1ungen stattfand, lassen sich auch Weiterentwicklungen des badischen Schulturnsystems ablesen. So lesen wir in der Monatsschriftfiirdas Turnwesen 1899: .. Das Ungewöhnliche und Eigentümliche des Badi- schen Verfahrens besteht ... darin, daß auch die schwierigeren, voUe Kraftausladung bean- spruchenden Leistungen, z. B. Umschwünge und Kippen am Reck, von mehreren Turnern zugleich nach Zählen und schließlich nach dem Takte eines Klavierstückes ausgeflihrt werden. So traten sogar die höchsten und der Natur nach subjek1ivslen Kraftübungen unter die Zucht des Rhythmus." Aus gesundheitlichen Gründen, vor allem wegen seiner schwindenden Sehkraft, zog sich Alfred Maul aUmählich aus der aktiven Arbeit zurück. Nach 1890 kam noch ein Rheumaleiden hinzu. Nach einem schweren Grippeanfall verstarb Alfred Maul am 12. Oktober 1907 in Karlsruhe. In Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung des Schul- und Vereinsturnens wurde ihm im Dezember 1889 der Titel eines Hofrates verliehen. Zum äußeren Zeichen des Dankes an den Vater des badischen Schulturnens wurde 1911 vor der Turn1ehrerbildungsanstalt ein Denkmal mit der Büste Alfred Mauls feierlich 222 eingeweiht. Die rechte Seite des Sockels zeigte einen speerwerfenden Jüngling, die linke Seite ein reifenschwingendes Mädchen. Die Einweihung erfolgte in Gegenwart des Großherzogs Friedrich Il. - übrigens vor- übergehend auch ein Turnschüler von Alfred Maul - und im Beisein des damaligen Oberbürgermeisters Siegrist. Bei der Denkmalseinweihung wurden im. Namen des eidgenössischen Turnvereins, des hoUändischen Turnverbandes; des Allgemei- nen deutsch-österreichischen Turn1ehrer- vereins und des Nordamerikanischen Turner- bundes Kränze niedergelegt. Schon vorher hatte die eidgenössische Societe Federale de Gymnastique als Kostenbeitrag fiir die Errichtung des Denk- mals den Betrag von 200 Francs zum Zeichen der Verbundenheit der Schweizer Turner mit Alfred Maul gespendet. Im 2. Weltkrieg wurden sämtliche Bronze- teile dieses Denkmals eingeschmolzen und .der stehengebliebene steinerne Sockel wurde erst 1958 entfernt und ist seitdem verschollen. 125 Jahre nach der Gründung der Groß- herzoglichen Badischen Turn1ehrerbildungs- anstalt wurde im Auftrag des Badischen Turnerbundes am 19. Oktober 1994 eine Er- innerungstafel fiir Alfred Maul am Gebäude der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, das heute auf dem Platze der 1944 durch -Bomben zerstörten Landesturnanstalt steht, enthüllt. Außerdem würdigt der Badische Turner- Bund seit 1995 verdienstvolle ehrenamtliche Mitarbeit durch die Verleihung der Alfred- Maul-Plakette, die an Persönlichkeiten ver- liehen wird, die sich - wie es in der Ehren- ordnung des Badischen Turner-Bundes heißt - .. durch beispielhaftes und herausragendes Wirken um das Turnen in Baden · verdient gemacht haben." Auch die Schulbehörde versucht, das Andenken anAlfred Maul wachzuhalten. Das Badische Ministerium des Kultus und Unter- richts stiftete anIäßlich der 100. Wiederkehr des Geburtstages von Alfred Maul am 13. April 1928 die Alfred-Maul-Gedächtnisme- daille, die noch heute vom Oberschulamt Karlsruhe an Abiturienten und Abiturientin- Zweifellos gehört Alfred Maul zu den herausragenden FührungspersönIichkeiten der Leibesübungen im 19. Jahrhundert. Was ihn besonders auszeichnete ist die Tat- sache, daß er in seiner Arbeit Theorie und Praxis in glücklicher Weise miteinander ver- nen fiir hervorragende Leistungen auf dem einte. Gebiete des Sports verliehen wird. Erich Beyer V om einfachen Schöpfbrunnen zum Qualitätsprodukt Trinkwasser Die Geschichte der Karlsruher Wasserversorgung Neben vielen anderen Vorzügen hat Karls- ruhe heute auch einen Spitzenplatz in Sachen Trinkwasserqualität. Karlsruhe gehört zu den wenigen deutschen Großstädten, deren Trink- wasser nicht gechlort werden muß und das ohne die Zugabe von HilfsstolJen fiir die Wasseraufbereitung an die Bevölkerung ver- teilt werden kann. Aus den Karlsruher Was- serhähnen fließt ein naturbelassenes, aus Grundwasser gewonnenes Trinkwasser, das die Einwohner unserer Stadt unbeschwert genießen können. Ein Blick in die Geschichte der Karlsruller Wasserversorgung zeigt, daß dies nicht zu allen Zeiten der Fall war. Wasserversorgung im 18. Jahrhundert .:>:<:.:~,,»< __ ""_..... ,~_»:««<.,."»x.,x .... In den ersten Jahren nach der Stadtgrün- dung im Jahre 1715 wurde das notwendige Wasser fur den markgräflichen Hof und fiir die sich in der Nähe ansiedelnde Bevölkerung mit einfachen Pump- und Schöpfbrunnen dem in geringer Tiefe anstehenden Grundwasser entnommen. Da man alle Abwässer einfach im Boden versickern ließ, kam es aber bald zu "Kurzschlüssen im Wasserkreislauf'. Krank- heiten, die durch verunreinigtes Trinkwasser entstehen, waren die Folge. Aber nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ war diese einfache Form der Wasserversorgung bald nicht mehr ausreichend. Bei wachsender Bevölkerung der. aufstrebenden Residenz- stadt stieg der Wasserbedarf stark an. Der Nachfolger des Stadtgründers, MarkgrafKarl Friedrich, ließ daher fur die Wasserversor- gung des Hofes und des Schloß gartens im Jahr 1762 das erste Wasserwerk an der heutigen Ecke Lamm- und Kaiserstraße bau- en. Es war ein sogenanntes Pferdegöppel- werk, bei dem das aus einem Kesselschacht entnommene Grundwasser mit Hilfe von Pferdekrafl in ein turmartiges Wasserreser- voir gepumpt wurde. Von dort fuhrte eine Leitung in den Hofbezirk und den Schloß gar- ten. Für die Karlsruher Bevölkerung wurden aus dem Wasserwerk lediglich einige ein- fache Laufbrunnen in der Langen Straße, der heutigen Kaiserstraße, gespeist. Die Einwohner der Stadt mußten ihr Was- ser noch mehr als 100 Jahre am nächsten Brunnen holen und in die Häuser und Woh- nungen tragen. Der Wasserverbrauch dürfte schon aus diesem Grund sehr niedrig gewesen sein, während der markgräfliehe Hof mit dem 223 großen Schloßgarten W1d den zahlreichen Brunnen W1d Fontänen relativ verschwende- risch mit Wasser umging. Die EntwicklWlg im 19. JahrhWldert Schon Anfang des 19. J ahrbWlderts reicbte die Kapazität des Wasserwerks an der Lamm- straße nicht mehr aus. 1815 hatte Karlsruhe bereits über 15 000 Einwohner. Durch die BevölkerWIgszunahme W1d damit durch die ZWlahme der Senkgruben wurde außerdem die Qualität des Grundwassers im Stadtgebiet immer schlechter. Die großherzogliche Hof- verwaltung ließ daher zwei gußeiserne Was- sereitungen aus dem Durlacher Quellgebiet am Turmbergfuß nach Karlsruhe bauen, Eine war fiir die WasserversorgWIg des Hofes bestimmt W1d eine rur die SpeisWlg der Brunnen, an denen sich die BevölkerWIg mit Wasser versorgte. Nach den BerechnWlgen des Architekten Weinbrenner waren die Wasserwerk Lammstraße. Das erste Karlsruher Wasserwerk wurde auf dem Gel(jnde der kleinen und armen katholischen Gemeinde an der Lammstraße gebaut, die sich noch keine Kirche leisten konnte. Um die architektonische Symmetrie aus der Sicht des Schlosses wiederherzustellen, sah das Wasserwerk von außen wie eine Kirche aus und bildete ein Pendant zur bereits erbauten evangelischen Kirche an der Kreuzstraße. 224 beiden Leitungen in der Lage, über das Pumpwerk Durlach zwölf Liter Wasser pro Sekunde von Durlach nach Karlsruhe zu transpcrtieren. Bei der feierlichen Inbetrieb- nahme der beiden Leitungen am 5. Januar 1824 betonte der damalige Bürgemleister Winter euphorisch, daß die Zeit der Zieh- und Pumpbrunnen ftir Karlsruhe nun endgültig vorbei sei, obwohl es zu jener Zeit noch keine Wasser-Hausanschlüsse und damit noch kein Trinkwasser frei Haus gab. Bald zeigte sich aber, daß die Ergiebigkeit der Durlacher Quellen überschätzt worden war. 1m Trockenjahr 1835 mußten zum großen Leidwesen des Hofes zeitweise sogar die Ziehbrunnen und Fontänen in! Schloßgar- ten abgeschaltet werden. Daß die Karlsruher Bürger in Trockenzeiten mit minimalen Was- sermengen auskommen mußten, ist also sehr wahrscheinlich. Der Brand des Hoftheaters im Jahre 1847 forderte 65 Menschenleben, weil neben baulichen Mängeln das zum Löschen notwen- dige Wasser fehlte. Diese furchtbare Brand- katastrophe gab den letzten Ausschlag ftir die Bildung einer Wasserleitungskommission im Jahr 1856. Sie beauftragten den berühmten badischen Ingenieur und Politiker Robert Gerwig, ftir die Versorgung der Stadt eine neue Wasserleitung und die dazugehörigen Wassergewinnungsanlagen zu planen und zu bauen. Als ideales Wassergewinnungsgebiet hat der großherzogliche Baurat das Gelände im Rü ppurrer Wald empfohlen, auf dem heute noch das Wasserwerk "Durlacher Wald" steht. Die Qualität des Wassers aus diesem stadtnahen Waldgebiet hatte Robert Gerwig Zl:vor mit allen ihm verfügbaren Mitteln Historische Zeichnung vom Wasserwerk Dur/acher Wald Das erste Wasserwerk für die Trinkwasserversorgung der Karlsruher Bevölkenmg wurde iB71 in Betrieb genommen und ist nach umfangreichen Modernisierungen heute noch" im Dienst ". Es beherbergt auch die Betriebszentraie der Karlsruher Wasserversorgung. 225 Ball einer Hallptwasserieilllng im Jahr /9/2. getestet. So hatte er zum Beispiel die Was- serhärte durch die Ermittlung der Erbsen- kochzeit, durch Geschmackstests beim Bier- brauen und durch den Seifenverbrauch beim Wäschewaschen bestimmt. 1858 legte er dem " Großen Bürgerausschuß" und dem groß- herzoglichen Hof eine Denkschrift vor, in der er die Vorteile des Wassers aus dem Rüppur- rer Wald wie folgt angepriesen hat: "Das Hir die Versorgung von Karlsruhe vorgeschlagene Wasser enthält um ein Siebtel weniger haltmachende Stoffe als das Durla- cher Quellwasser und es darf daher wohl mit Zuversicht behauptet werden, daß der von mir vorgeschlagene Platz auch hinsichtlich der Güte des Wassers sehr günstig ist." Wie so oft haben aber auch in diesem Fall fmanzielle Streitereien den Baubeginn über Jahre verzögert, so daß Großherzog Fried- rich I. 1862 ruf die Bedürfnisse des Hofes im Hardtwald beim heutigen Ahaweg ein eigenes Wasserwerk errichten ließ. Der Bau des nunmehr ausschließlich städtischen Wasser- werkes nach den Plänen von Gerwig ver- zögerte sich durch die beiden Kriege 1866 226 und 1870171 zusätzlich, so daß es erst am 17. März 1871 in Betrieb genommen werden konnte. Erst ab diesem Zeitpunt..1 kann man von einer allgemeinen öffentlichen Wasser- versorgung der Stadt Karlsruhe sprechen. Etwa zur gleichen Zeit wie das fließende Wasser hielt übrigens auch das Gaslicht Ein- zug in die Wohnungen der badischen Re- sidenzstadt. Um 1880 begann dann die Kana- lisation der Karlsruher Straßen, so daß bald auch das Problem der Abwasserentsorgung gelöst war. Im Wasserwerk im Rüppurrer Wald konn- ten 2 550 Kubikmeter oder rund 2,5 Millio- nen Liter Wasser pro Tag gefordert und über die dazugehörenden Versorgungsleitungen in der Stadt verteilt werden. Da sich der Wasser- bedarf in der Zeit zwischen der Planung und der Fertigstellung des Wasserwerkes aber erheblich vergrößert hatte, mußten die Be- rechnungen von Gerwig aus den Jahren 1856 bis 1858 bald aktualisiert werden. Schon 1884 wurden zwei und 1888 drei weitere Brunnen gebaut. Trotzdem konnte der Bedarf in den Hauptverbrauchszeiten bald nicht mehr gedeckt werden. Man beschloß daher, auf einer künstlich hergestellten Aufschüt- tung im Stadtgarten, dem heute noch vor- handenen Lauterberg, einen Wasserhoch- behälter zu bauen. Bei seiner Einweihung im Jahr 1893 hatte er ein Fassungsvermögen von 2 000 Kubikmeter, das bald auf 3 400 Kubikmeter vergrößert wurde. Den Ludwig- see im Stadtgarten verdanken die Karlsruher im übrigen der Aufschüttung des Lauterbergs, fiir die 194 000 Kubikmeter-Erdmaterial be- nötigt wurden. Neue Wege seit der Jahrhundertwende Aber auch nach dem Bau des Lauterberg- Hochbehälters waren die Kapazitäten des Wasserwerkes bald wieder erschöpft. Schon 1912 mußte die Zahl der Brunnen auf 14 erhöht werden. Die Erschließung eines neuen Wasserversorgungsgebietes war dringend erforderlich. Zunächst durchkreuzte aber der Erste Weltkrieg alle Pläne fiir einen ange- messenen und raschen Ausbau der Karlsruher Wasserversorgung. Erst zehn Jahre nach dem Krieg begann man mit dem Bau von Brunnen fiir ein neues Wasserwerk im Mörscher Wald. Durch die schlechte wirtschaftliche Lage und den Zweiten Weltkrieg wurden die Arbeiten allerdings immer wieder verzögert. Erst in den Jahren von 1948 bis 1952 wurden die provisorischen Anlagen im Mörscher Wald zu einem richtigen Wasserwerk aus- gebaut, das dann am 27. August 1952 feier- lich in Betrieb genommen wurde. Das fiir die Standortbestimmung des Was- serwerks im Mörscher Wald zugrundegelegte hydrogeologische Gutachten ging davon aus, daß der Schwarzwald an den Grundwasserlei- ter der Rheinebene fast unermeßlieh große Wassermengen abgeben würde und daß damit im Mörscher Wald, der auf der Mittelterrasse des Rheines liegt, der Wasserbedarf von Karlsruhe fiir alle Zeiten gedeckt werden kön- neo Tatsächlich ist aber die Infiltration von Grundwasser aus anderen Gegenden sehr ge- ring, und die Grundwasser-Neubildung ist fast ausschließlich auf die Niederschläge angewiesen. Die Ergiebigkeit des Wasser- werkes "Mörscher Wald" war daher nie zu- friedenstellend, obwohl im Laufe der Zeit ins- gesamt 26 Brunnen gebaut wurden. Schon bald nach der Inbetriebnahme des Wasserwerkes "Mörscher Wald" trat in Karlsruhe wieder Wassermangel auf. Denn bis zum Jahr 1962 hatte Karlsruhe 250 000 Einwohner, und der wirtschaftliche Auf- schwung in der Nachkriegszeit vergrößerte den Wassermangel zusätzlich: Sicher können sich noch viele Karlsruher an die Autowasch- und Gartenbewässerungsverbote Anfang der 60er Jahre erinnern. Der Bau eines Wasserwerkes im nördlich der Stadt gelegenen Hardtwald sollte Abhilfe schaffen. Doch trotz günstigerer hydrogeoloii- scher Verhältnisse als im Mörscher Wald war die im Hardtwald mögliche Wasserentnahme auf3 000 Kubikmeter pro Stunde beschränkt. Das reichte gerade aus, um das inzwischen vorhandene Defizit zu decken. Nach der Inbetriebnahme des Wasserwer- kes "Hardtwald" im Juli 1965 war der Bau eines größeren und höherliegenden Hoch- behälters überf"aI1ig. Außerdem hatte sich inzwischen die noch eigenständige Wasser- versorgung von Durlach aus den Hangquellen am Turmberg quantitativ und qualitativ so verschlechtert, daß es immer wieder zu großen Problemen in der Wasserversorgung dieses 1938 eingemeindeten Stadtteils kam. Gelöst wurden diese Probleme durch den Bau des Hochbehälters" Luß" in der Vorbergzone von Durlach, der die Einbindung der Dur- lacher Wasserversorgung in das Karlsruher Versorgungsnetz ermöglichte. Der neue Hochbehälter wurde 1967 fertiggestellt und hat ein Fassungsvermögen von 20 000 Kubik- metern. Außerdem liegt der Wasserspiegel 20 227 Meter höher als im Lauterbergbehälter, der im gleichen Jahr außer Betrieb genommen wurde: Damit ließen sich die Druckver- hältnisse im Karlsruher Wasserversorgungs- netz, an das immer mehr und immer höhere Gebäude angeschlossen wurden, erheblich verbessern. Der Hochbehälter "Luß" sorgt aber auch fiir einen wirtschaftlichen Betrieb der Karlsruher Wasserwerke. Denn in den Nachtstunden kann mit billigem Nachtstrom Wasser gefördert und in den Hochbehälter . gepumpt werden. Die heutige Situation Mit dem Bau des Wasserwerks "Hardtwald" und des Hochbehälters "Luß" wurde die Karlsruher Wasserversorgung entscheidend verbessert. Bei ständig steigenden Einwoh- nerzahlen und einer stetigen Zunahme des Wassergebrauchs pro Person durch einen immer höher werdenden Lebensstandard mußte aber auch an die Zukunft gedacht werden. Daher hatte man schon 1962 mit Vorversuchen fiir den Bau eines weiteren Wasserwerks im Süden von Karlsruhe be- gonnen. 1968 bekamen die Stadtwerke dann die wasserrechtliche Genehmigung fiir den Bau eines Wasserwerks in den Rheinaue- wäldern auf den Gemarkungen der Gemein- den Elchesheim und Würmersheim. Es sollte aber noch fast zehn Jahre dauern, bis das gemeinsam von den Karlsruher Stadtwerken und dem ,,zweckverband Wasserversorgung Albgau" gebaute Wasserwerk "Rheinwald" 1977 in Betrieb ging. Mit einer Kapazität von insgesamt 5 400 Kubikmeter pro Stunde fiir Karlsruhe, den Albgauverband und die mit- versorgten Umlandgemeinden sorgt es heute fiir eine ausreichende Versorgung der Stadt mit Trinkwasser bester Qualität. Dennoch haben eine Reihe von Unflillen mit wassergefahrdenden Flüssigkeiten in Wasser- schutzgebieten in den · vergangenen Jahren gezeigt, daß Wasserwerke aus Vorsorgegrün- den zeitweise auch abgestellt oder in ihrer Färderkapazität eingeschränkt werden müs- sen. Aus diesem Grund wurde ein Wasser- sicherstellungsgebiet im Gewann Kastenwärt in den Rheinauewäldern südwestlich von Daxlanden beantragt, um auch in Zukunft die Bürgerinnen und Bürger in Karlsruhe und den Umlandgemeinden jederzeit sicher und zu- verlässig mit Trinkwasser versorgen zu kön- nen. JUrgen Ulmer unter M itwirkung von Gerda Willig und Markus Schneider Über Steinkohledestillation zum Erdgas Die Geschichte der Karlsruher Gasversorgung Ein Blick auf die AnHinge der Gasversor- gung Karlsruhes ist direkt mit der Geschichte der Straßenbeleuchtung der Fächerstadt ver- bunden. In den vergangenen 150 Jahren hat die Entwicklung der Technik im Bereich der Gasversorgung viel bewegt: Nach dem Koke- reigas und dem Raffmeriegas kam im Oktober 1972 das Erdgas und damit die Grundlage für eine starke Ausweitung der Gasversorgung. 228 Über 70 000 Karlsruher Wohnungen nutzen heute diese umweltschonende Heizenergie. Mit den zwei Engländern namens Barlow und Manby begann im Jahre 1845 die Ge- schichte der Gasversorgung Karlsruhes. Sie errichteten außerhalb der damaligen Stadt- grenzen, vor dem Mühlburger Tor, eine "Gasanstalt". Nach langen "Verhandlungen, Versuchen und Begutachtungen" hatte sich der Stadtrat in diesem Jahr als Ersatz f1ir eine vorhandene Straßenbeleuchtung mit Rapsöl- lampen fIir eine Kohlengasbeleuchtung in den Straßen entschieden und mit den beiden Landoner Unternehmern einen 25jährigen Vertrag zur Errichtung der Gasbeleuchtung abgeschlossen. In einer alten Chronik ist zu dieser Entscheidung des Stadtrates zu lesen: "Wenngleich die hiesige Beleuchtung glän- zend genannt werden darf, wenn sie vielleicht die Beleuchtung der meisten Städte Deutsch- lands übertriffi, kann dies doch nicht aus- schließen, vom Guten zum Besseren zu schreiten. " Den 30. November 1846 kann man dann auch als Geburtsstunde der Karlsruher Gas- beleuchtung bezeichnen: Um 21.30 Uhr wurde das mit Blumenkränzchen geschmück- te Karl-Friedrich-Denkmal arn Schloßplatz prachtvoll erleuchtet. Zu dieser Zeit dachte man noch nicht an eine Verwendung des Gases etwa zu Heiz- oder Kochzwecken, ja selbst die Gasbeleuchtung fand nur sehr schwer Eingang in die Häuser. So ist es nicht verwunderlich, daß die Gasanstalt unrentabel war. Sicher lag es auch daran, daß mit den anfallenden Nebenerzeug- nissen der Steinkohlevergasung wie Koks und Teer noch niemand etwas anzufangen wußte. Steigender Gasverkauf an private Verbraucher <_.""<.:<.:«~.:.":«.":., :"",,,":-; .»:y,.,.,.,.,.,,««.,.:-:-;..;.;.: ._;.;';'»:««-»;-:-:-:.,;.;.,, . ,,.,.:-:.,.:-.~,,«.,.".>>>>>' In den folgenden Jahren wechselten auch gleich mehrmals die Besitzer der noch jungen Gasanstalt. Erst 1860 hatte die Firma Spreng & Pwicelly als 5. oder 6. Besitzer einigen Er- f<,lg. Erst nachdem die Stadt das Werk 1869 f1ir 343 000 Mark gekauft hatte, ging es richtig aufwärts. In einem Bericht über die ersten zehn Betriebsjahre des nun "Städti- Blick auf das" Gaswerk Ost" in den Nachkriegsjahren, langjdhrige "Erkennungsmarke" der Stadt im Osten. 229 Fnlher kam einmal im Monat der" Gas- mann " in jedes Haus und hat gleich vor Ort mit dem Kunden abgerechnet. sehen Gaswerkes" ist zu lesen: "Die Gasanstalten haben längst aufgehört, das zu sein, was sie vor 25 Jahren in den Augen des Publikums waren: Anstalten, weI- che die öffentliche Beleuchtung besorgen und nebenbei auch Gas an Private abgeben. Sie sind im Gegenteil 'Anstalten, welche Privat mit Gas versorgen und nebenbei auch die öffentliche Beleuchtung und zwar meistens ohne oder mit nur ganz geringem Gewinn besorgen." Von Anfang an wurde das sogenannte Leuchtgas nach dem klassischen Verfahren der "trockenen Destillation von Steinkohle" gewonnen. Nach den sogenannten Retorten- öfen waren später Kammeröfen gebräuchlich. Entsprechend dem Anstieg der Gasabgabe wurde das Gaswerk laufend ausgebaut und im 230 Jahr 1885 im Osten der Stadt, hinter dem damals entstehenden neuen Schlachthof, das Gaswerk 11 (Gaswerk Ost) erbaut. Beide Werke versorgten über zwei Jahrzehnte parallel die Stadt, bis im Jahr 1917 das Gas- werk West stillgelegt wurde. Dieses Gelände des ersten Karlsruher Gaswerks an der Kaiserallee beherbergte dann übrigens bis 1977 die Hauptverwaltung der Stadtwerke. Steter Ausbau des Gaswerkes Ost Schon 1914 wurde im Gaswerk Ost zu den bei den vorhandenen 20 000 Kubikmeter fas- senden Gasbehältern ein neuer mit 40 000 Kubikmeter Fassungsvermögen gebaut. Die Tageserzeugung lag in dieser Zeit in einer Schrägkammerofenanlage, bestehend aus zweimal sechs Öfen bei 100 000 Kubikme- tern. In den Jahren 1926/27 erfolgte der Bau weiterer Öfen und hierdurch stieg die Ka- pazität der Tageserzeugungsanlage auf 150 000 Kubikmeter. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges ist die Geschichte der Gasversorgung Karls- ruhes durch steigende Bevölkerungszahlen und ein rasches WirtschaftswachstunI, durch den ständigen Ausbau der Erzeugungs- und Verteilungs anlagen und die zunehmende Ver- größerung der Versorgungsgebiete gekenn- zeichnet. Der Zweite Weltkrieg unterbrach diese Entwicklung. Fliegerangriffe beschä- digten im September 1944 das Gaswerk schwer. Auch die Verteilungsnetze wurden arg in Mitleidenschaft gezogen. In den Jahren nach 1948 galt es daher, die Erzeugungsanlage und das Gasverteilungs- netz schnellstens wieder instandzusetzen, um den wachsenden Gasbedarf decken zu kön- nen. Eine Koks-Zentralgeneratorenanlage und eine Anlage zur Gasbeimischung steigerten neben den erneuerten und umgebauten Öfen die Erzeugungskapazität in den Nachkriegs- jahren, so daß der damalige Generaldirektor Der 1960 neuerbaule Ofenblock IV in der Gaskokerei. der städtischen Versorgungs- und Verkehrs- betriebe, Dr.-Ing. Karl Möhrle, 1957 das Fazit ziehen konnte, daß, nach kontinuierli- chen Umbauten auf den neuesten Stand der Technik, täglich eine Erzeugungsanlage von rund 230 000 Kubikmeter zur Verfugung stehe. Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ..... N;.=~· ... ·.M.' ... w.w.·~ Über 81 Kilometer Gasrohre wurden in dieser Zeit neu verlegt und das gesamte Rohrnetz auf eine Länge von 350 Kilometer ausgebaut, Die Zahl der Hausanschlüsse stieg auf nahezu 13.000. Auch eine andere Zahl verdeutlicht das wirtschaftliche Wachstum der Nachkriegsjahre: Im Jahr 1955 betrug der Gasbedarf das 2,2fache der Abgabe des Jah- res 1936. Unter der Werkleitung von Dr. Möhrle wurde auch ein neuer Gasspeicher geplant und gebaut. 130 000 Kubikmeter Gas sollte sein Speichervolumen betragen, um die Versor- gungssicherheit der Stadt zu erhöhen. Dieser Scheibengasbehälter war über Jahrzehnte eine Erkennungsmarke der Stadt im Osten, insbesondere von der Autobahn her gesehen, und wurde erst 1990 durch eine moderne großvolurnige Leitung mit Speicherfunktion (bis zu 300 000 Kubikmeter) ersetzt. Die Produktion von Kokereigas im städti- schen Gaswerk in der Schlachthausstraße wurde 1965 eingestellt. Bis 1972 kochten und heizten die Karlsruher dann mit Raffmeriegas aus den Erdölraffmerien im Westen der Stadt und mit Kokereiferngas, das von überregiona- len Gasversorgungsunternehmen bezogen wurde. 231 Erdgas wird zur beliebtesten Heizenergie in Karlsruhe ~~~ .......... w ................. ~w.w.w.w.·.·.w.·.·.·.w.·.w.w ........ ·.·.·.·.,".·.·"", . .v. ......... .v. ......... ... Auf dem Gebiet der Gasversorgung brach in Karlsruhe am 10. Oktober 1972 ein neues Zeitalter an. An diesem Tag war die Um- stellung des Karlsruher Gasnetzes auf Erdgas abgeschlossen und damit die Grundlage fiir eine starke Ausweitung der Gasversorgung geschaffen. In einer zweijährigen Aktion stellten da- mals die Stadtwerke in Zusammenarbeit mit den örtlichen Gas- und Wasserinstallateuren über 140 000 Gasgeräte bei rund 74 000 Gaskunden in Karlsruhe von Stadtgas auf Erdgas um. Die Zahl der Heizgaskunden stieg von 15000 im Jahr 1968 auf über 25000 1971 und 33000 im Jahr 1972. Aufgrund seiner chemischen Zusammen- setzung verbrennt Erdgas umweltschonend. Es rußt nicht, ist ungiftig, kommt unsichtbar und unhörbar über die unterirdischen Versor- gungsleitungen ins Haus. Auch das leidige Energiebestellieferlager-Problem entfallt. Gründe, die heute über 70 000 Karlsruher Haushalte überzeugten . und Erdgas zur beliebtesten Heizenergie in Karlsruhe wer- den ließen. Das in Karlsruhe verteilte Erdgas stammt zum größten Teil aus westeuropäischen För- derländern, zum Beispiel aus den Niederlan- den und aus Norwegen. Rund ein Viertel des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt sogar aus inländischen Lagerstätten. Langfri- stige Erdgasbezugsverträge mit dem Vor- lieferanten der Stadtwerke, der Ruhrgas AG in Essen, sichern Karlsruhe heute eine ausreichende Gasversorgung flir viele Jahre, weit ins neue Jahrtausend hinein. Jürgen Ulmer unter Mitarbeit von Markus Schneid Geschichte der Karlsruher Stromversorgung Die vielseitige Energie Strom ist fiir unser modemes Leben einfach unverzichtbar. Ohne Strom geht heute fast gar nichts mehr. Und doch ist diese Erfmdung erst etwa 100 Jahre alt. Als der Karlsruher Stadtrat im Jahr 1899 die Errichtung einer "Elektrischen Zen- tralanlage flir Licht- und Kraftversorgung" beschloß, haben unsere Groß- und Urgroßel- tern sicher nicht geahnt, was fiir Folgen dieser Beschluß haben würde. Denn die elektrische Energie wurde rasch zu einer Schlüssel- energie, die die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend geprägt und die Lebens- und Arbeitsweise der Menschen vollkommen ver- ändert hat. Um die Jahrhundertwende hatte Karlsruhe knapp 100000 Einwohner. Durch die Straßen fuhren noch die Pferdebahnen, und in den 232 Häusern brannten überwiegend Petroleum- lampen oder Gaslichter. Aber die Industrie und das Gewerbe waren flir damalige Verhältnisse in lebhaftem Aufschwung. Die industrielle Revolution war in vollem Gange, Für den Antrieb der immer zahlreicher wer- denden Maschinen sucht man neue Kraftquel- len. So entstanden um diese Zeit auch in Karlsruhe die ersten privaten Stromer- zeugungsanlagen. Gleichzeitig wurden in Deutschland die ersten großen Elektrizitäts- werke gebaut. Am 28. April 1899 beschlossen nun Stadt- rat und Bürgerausschuß unter Oberbürger- meister Schnetzier, daß auch in Karlsruhe ein Elektrizitätswerk gebaut werden sollte, und zwar in unmittelbarer Nähe des damals im Bau befmdlichen Rheinhafens. Nach einer Bauzeit von zwei Jahren ging das neue Elektrizitätswerk an der Honsell- straße am 9. April 1901 in Betrieb. Es war mit zwei Drehstromgeneratoren mit einer Lei- stung vonje 400 Kilowatt bei 4 000 Volt und 50 Hertz ausgestattet. Die bei den Generato- ren wurden von Kolbendampfmaschinen mit einer Leistung von je 600 PS angetrieben. Neben Marmheim hatte Karlsruhe damit eines der ersten Drehstromkraftwerke rur die örtliche Stromversorgung in Deutschland. Gegenüber den damals noch gebräuchlichen Gleichstromanlagen bot das Drehstrom- system wesentliche technische und wirt- schaftliche Vorteile, so daß es sich letztlich durchgesetzt hat. Damals war Strom noch teuer Der Strom aus dem ersten Karlsruher Elektrizitätswerk wurde vor allem fur die Beleuchtung benutzt. Elektrische Haushalts- geräte gab es noch nicht. In Gewerbe- und Industriebetrieben wurden Maschinengruppen von größeren Elektromotoren angetrieben, Einzelantriebe waren noch nicht üblich. Und teuer war der Strom! Für eine Kilowattstunde. Lichtstrom mußten die Karlsruher zunächst einen Arbeitspreis von 70 Pfennig bezahlen. Das war viel Geld, denn ein Kilogramm Rindfleisch kostete damals nur rund 1,40 Mark, ein Zentner Kartoffeln rund 2,20 Mark. Trotzdem war der Strom aus dem neuen Städtischen Elektrizitätswerk sehr begehrt. Schon zwei Jahre nach der Inbetriebnahme mußte das Werk um einen dritten Maschinen- satz erweitert werden. Ein besonderes Ereignis feierten die Karlsruher am 20. September 1912: Die elektrische Straßenbeleuchtung in der Kaiser- straße wurde offiziell in Betrieb genommen, "die mit ihren hellen Lichtausstrahlungen einen imposanten Eindruck machte", wie die "Badische Presse" am nächsten Tag berichte- te. Die Ära der Gaslaternen war damit aber noch lange nicht beendet. Erst im Dezember 1973 wurde die letzte Karlsruher "Gas- funzel" vom damaligen Oberbürgermeister Otto Dullenkopf gelöscht. Von 19l1 bis 1917 wurden die mit Kolben- dampfmaschinen angetriebenen Generatoren des Kraftwerks durch modeme Dampfturbo- aggregate ersetzt. Der jährliche Strombedarf stieg in diesen Jahren von knapp 5 auf über 17 Millionen Kilowattstunden. Schon 1927 mußte das Werk dann erneut erweitert wer- den. Im gleichen Jahr wurde auch die Hoch- spannungs-Schaltstation im Westen der Stadt verstärkt wld eine neue Station im Osten gebaut. Über beide Stationen konnte auch Strom von benachbarten Versorgungs unter- nehmen bezogen werden. Schon ab 1918 a,beitete das Karlsruher Elektrizitätswerk mit anderen Stromversorgem zusammen, um bei einem Ausfall der eigenen Produktionsan- lagen die Stromversorgung zu gewährleisten. Denn Strom kann man bis heute nicht 111 Für die Versorgung der Stadt und des HaJengebietes mit elektrischer Energie entschloß man sich zur Anwendung von Drehstrom. Dieses Stromsystem bot gegenber den damals gebräuchlichen Gleichstromanlagen wesentliche techni- sche lind wirtschaftliche Vorteile. Damit sollte Karlsruhe neben Mannheim eines der ersten DrehstromkraJtwerke ftJr die örtliche Stromversorgung erhalten. 233 versorgung. Am 4. Dezember 1944 wurde das Elektrizitätswerk bei ei- nem Fliegerangriff so schwer beschä- digt, daß ein weiterer Betrieb nicht mehr möglich war. Auch die Strom- verteilungsanlagen waren Ziel des Angriffs der britischen Luftwaffe. Wo das Kabelnetz und die Schalt- anlagen noch intakt waren, konnte die Stromversorgung bis zur Beset- zung der Stadt durch Strombezug vom Badenwerk aufrechterhalten werden. Erst am 11. Dezember 1945 wurde nach wnfangreichen Instand- setzungsarbeiten der reguläre Be- trieb im Städtischen Elektrizitäts- werk wieder aufgenonunen. Parallel zum Bau des Elektrizittitswerkes wurden ab 1899 Stromkabel verlegt. Ende 1901 war das Karlsnt- her Stromverteilungsnetz bereits über 60 Kilometer lang. 392 Hauser wurden schon mit der neuen Energie versorgt. Daß damals bei Bauarbeiten noch aberwie- gend die menschliche Arbeitskrajl eingesetzt wurde, zeigt die Aufoahme von 1900 am Milhlburger Tor. Ein starkes Bevölkerungswachs- turn und das "Wirtschaftswunder" fUhrten in den Nachkriegsjahren zu einem raschen Anstieg des Strombe- darfs. Daher wurde 1954 ein zweiter kohlestaubbefeuerter Kessel mit ei- ner Dampferzeugungsleistung von 80 Tonnen pro Stunde installiert, 1957 ein dritter Drehstromturbosatz in Betrieb genommen. Ein starker Ausbau des Verteilungsnetzes kenn- zeichnete die fUnfziger Jahre. Neue größeren Mengen speichern. Er muß in dem Moment erzeugt werden, in dem er auch gebraucht wird. In zehn Jahren Strombedarfverdoppelt 1927 war das Karlsruher Stromverteilungs- netz schon 386 Kilometer lang. VOll 1927 bis 1937 hat sich die Stromabgabe von etwa 38 auf 72 Millionen Kilowattstunden nahezu verdoppelt. 1937 wurde daher ein weiterer Turbosatz mit einer elektrischen Leistung von 16 000 Kilowatt installiert. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die stür- mische Entwicklung der Karlsruher Strom- 234 Wohnsiedlungen und Industriegebiete wur- den erschlossen. 1960 war das Karlsruher Stromnetz schon über I 000 Kilometer lang. Geburtsstunde der Fernwärme in Karlsruhe 1961 beschloß der Karlsruher Gemeinderat den Aufbau einer großräumigen Fernwärme- versorgung und den Umbau des Elektrizitäts- werkes an der Honsellstraße zum Heizkraft- werk, in dem Strom und Fernwärme in so- genannter Kraft-Wärme-Kopplung gemein- sam erzeugt wird. Dabei kann ein großer Teil der Abwärme aus der Stromerzeugung fUr die Produktion von Fernwärme genutzt werden. Blick auf eine Kondensationslurbine in der Maschinenhalle des Heizkraftwerks im Jahr J 957. Der Wirkungsgrad des Kraftwerks verbessert sich hierdurch erheblich und wertvolle Ener- gie wird eingespart. Außerdem entlastet eine Fernwärmeversorgung Innenstadt und Wohn- gebiete von Luftschadstoffen, die aus den Heizungsabgasen stammen. Im Mai 1964 faßte der Karlsruher Gemein- derat einen weiteren Beschluß, der die Wei- chen fur die Energieversorgung der Stadt bis in die Gegenwart gestellt hat: die Beteiligung der Stadt Karlsruhe an der Kernkraftwerk Übrigheim GmbH. Seit 1968 wird Strom aus dem Kernkraftwerk in der Nähe von Mosbach in das Karlsruher Stromnetz eingespeist. Neben dem Umbau des städtischen Elektri- zitätswerkes zum Heizkraftwerk von 1963 bis 1965 wurden in den sechziger und sieb- ziger Jahren vor allem die Stromvertei- lungsanlagen ausgebaut. Neue Schaltanlagen und Umspannwerke entstanden und wurden durch 110000-Volt-Hochspannungs-Kabel miteinander verbunden. Im N iederspannungs- netz wurde ab 1975 die Spannung von 3 x 220 Volt auf3 x 3801220 Volt erhöht. Das Strom- verteilungsnetz wurde dadurch leistungsfahi- ger und sicherer, Stromausfalle seltener. Heute müssen übrigens die Stromkunden der Stadtwerke Karlsruhe rein statistisch nur alle 17 Jahre einmal mit einem Stromausfall rechnen. Strombezug auch von der Badenwerk AG 1975 hatten die Stadtwerke Karlsruhe schon über 120 000 Stromkunden, die in diesem Jahr zusammen über 650 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht haben. Rund 40 Prozent des Stroms wurden von den Stadtwerken und vom Kernkraftwerk Übrig- heim erzeugt, etwa 60 Prozent von der Baden- 235 werk AG bezogen, von der die Karlsruher Stadtwerke schon seit 1922 Strom kaufen. Das Slromverteilungsnetz war 1975 1 778· Kilometer lang. Fünf Umspannwerke und 450 Netzstationen sorgten für die richtige Span- nung. 1980 wurde das Heizwerk in der Wald- stadt, das diesen in den fiinfziger Jahren ge- bauten Stadtteil von Aufang an mit Fern- wärme versorgt hat, zum Heizkraftwerk um- gebaut. Auch hier kann seither Fernwärme zusammen mit Strom in energiesparender und umweltschonender Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden. Im gleichen Jahr wurde an der Hertzstraße ein weiteres Umspannwerk in Betrieb genommen. Es hat die Versorgungs- sicherheit in den Stadtteilen Neureut und Knielingen wesentlich verbessert. Für die sichere Stromversorgung der nordöstlichen Stadtteile sorgt ab 1988 das neue Umspann- werk "Blöße" im Süden von Hagsfeld. 1983 nahm eine computergesteuerte Strom- Netzleitstelle ihren Dienst auf. Durch eine in doppelter Ausfuhrung vorhandene Computer- anlage und ein zusätzlich installiertes Not- bediensystem wurde die Versorgungssicher- heit weiter erhöht. Netzstöiungen können nun schneller behoben und genauer analysiert werden. Den Stromnetzplanem liefert der Computer genaue Iuformationen, welche Stromleitungen wann wie stark belastet sind. Das erleichtert die Netzplanung erheblich und macht den Netzausbau wirtschaftlicher. Rauchgasreinigungsanlage im Heizkraftwerk Das Heizkraftwerk an der Honsellstraße, nach wie vor der wichtigste Karlsruher Strom- und Fernwärme-Lieferant, wurde in den Achtziger Jahren erheblich erweitert und umweltschonender gemacht. Im April 1984 ging ein neuer kohlebefeuerter Kraftwerks- block mit einer Nennleistung von 32 Me- gawatt in Betrieb. Er wurde mit einer Ent- 236 schwefelungs- und Entstickungsanlage aus- gestattet, die seit 1990 den Schadstoffausstoß des Kraftwerks minimiert. Interessant ist auch, daß seither im Heizkraftwerk nicht nur Strom und Fernwärme produziert wird, sondern auch Ammoniumsulfat, ein hochwer- tiges, schwefelhaltiges Düngemittel. Es ist das nützliche Nebenprodukt der Rauchgas- entwicklung nach dem sogenannten Walther- Verfahren. Von 1975 bis 1993 hat sich der Strom- verbrauch der Stadtwerke-Stromkunden - das sind die Einwohner aller Stadtteile westlich der Autobahn A 5; die östlichen Stadtteile werden vom Badenwerk versorgt - von 650 Millionen Kilowattstunden auf über 1,4 Mil- liarden Kilowattstunden mehr als verdoppelt. Allerdings gab es 1986 und 1987 erstmals seit 1945 einen Rückgang des Stromverbrauchs, der konjunkturbedingt war und in erster Linie auf den geringeren Strombedarf von großen Industriekunden zurückgeführt werden kann. Das Stromverteilungsnetz ist heute rund 2 000 Kilometer lang. Sieben Umspannwerke und 621 Netzstationen sorgen für die richtige Spannung in diesem weiterverzweigten Netz elektrischer Leitungen. Leistungsfaruge Heizkraftwerke, ein gut ausgebautes Stromverteilungsnetz, eine mit moderner Computertechnik ausgestattete Netz- leitstelle und nicht zuletzt die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter der Stadtwerke sorgen dafür, daß die Karlsruher es hell, warm und komfortabel haben und daß ihnen modeme Elektrogeräte viel Arbeit abnehmen. Heute versorgen die Stadtwerke die Karlsruher aber nicht nur sicher mit Energie, sondern sie zeigen ihnen in der 1992 eingerichteten, vielbeachteten Kundenberatung in der Kaiser- straße, wie sie ohne großen Komfortverlust Strom sparen und die Umwelt schonen können. Jürgen Ulmer tmler Mitarbeit von Gerda Willig und Marklls Schneider Strom für Baden Von den Anfängen der Elektrifizierung bis zum heutigen EnergiedienstIeister "Wer heutzutage in Baden einen Sehalter betätigt, um elektrischen Strom fiir Licht, Kraft oder Wärme fließen zu lassen, kann fast inuner sicher sein, daß hierfiir Leistungen des Badenwerks in Anspruch genommen werden. Es ist nicht nur größter Stromproduzent im Gebiet des ehemaligen Landes Baden (vom Bodensee bis zum Main), sondern auch Ei- gentümer des Verbundnetzes von Hoch- und Höchstspannungsleitungen, die gewisserma- ßen die Hauptschlagadern der Stromversor- gung sind. Auf diesem Wege werden auch die erforderlichen zusätzlichen Strommengen bereitgestellt, die das Badenwerk von seinen in- und ausländischen Partnern bezieht. Die Verteilung erfolgt zum einen über regionale bzw. lokale Elektrizitätswerke, zum anderen liefert das Badenwerk in weiten Teilen des Landes den Strom direkt bis zum Endverbrau- cher. Seit seiner Gründung als Badische Landeselektrizitätsversorgungs-Aktiengesell- schaft am 6. Juli 1921 hat das Unternehmen die elektrizitätswirtschaftliehe Entwicklung des Landes maßgeblich bestinunt." Die Anfange Die Elektrifizierung Badens nahm ihre Anfange bereits ca. 30 Jahre bevor .das Badenwerk gegründet wurde. Diese Zeit war durch private und räumlich begrenzte Versorgung gekennzeichnet. Mit sogenann- ten EinzClanlagen wurden einzelne Gebäude oder Anlagen beleuchtet. So gab es 1887 in Karlsruhe acht elektrische Anlagen mit 134 Bogen- und 321 Glühlampen, in Heidelberg verfugten vier Fabriken über elektrische Beleuchtung, und auch in Pforzheim gab es zwei Einzelanlagen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt Elek- trizität fiir größere Städte schließlich als etwas Selbstverständliches. Unklar war je- doch oft, wer die Trägerschaft der Elektrizi- tätswerke übernehmen sollte. In der Regel entschied man sich fur den kommunalen Eigenbetrieb. ÖlfentlicheVersorgung konnte aber auch von privaten Unternehmen über- nommen werden. Diese engagierten sich in der Regel jedoch nur dort, wo die Kunden- struktur eine hohe Auslastung des Werkes erwarten ließ. Somit blieben insbesondere die dünner besiedelten, landwirtschaftlichen Re- gionen Badens in der Elektrizitätsversorgmig bald zurück. Im November 1918 wurde am Oberlauf der Murg bei Forbach nun das erste staatliche Wasserkraftwerk Badens in Betrieb genom- men: Das "Murgwerk" nutzte die beträchtli- chen Wasserkräfte des nördlichen Schwarz- waldes, einer der regenreichsten Gegenden Deutschlands, zur Erzeugung von elektri- scher Energie. Nach langen Debatten und Kontroversen war es im Jahr 1912 vom ba- dischen Landtag beschlossen worden. Der aus Schwarzwälder Wasserkraft gewonnene Strom sollte nämlich über eine ebenfalls vom Staat zu bauende Hochspannungsleitung ins Rheintal transportiert werden und den bislang noch kaum elektrifizierten mittelbadischen Raum von Rastatt über Karlsruhe und Pforzheim bis vor die Tore des Mannheimer Industriereviers mit elektrischer Energie versorgen. Eine neue staatliche Energiepoli- tik bahnte sich also an, die das "Gemeingut Wasserkraft" nicht mehr der Privatwirtschaft überlassen wollte. 237 Das Badenwerk Schließlich wurde am 6. Juli 1921 die "Ba- dische Landeselektrizitätsversorgungs AG" 1938 in Badenwerk AG umbenannt - ge- gründet. Aufgabe dieser Gesellschaft war der Aufbau einer flächendeckenden und billigen Versorgung des Landes Baden mit elektri- scher Energie. Ging es in den Anfangsjahren darum, das Land Baden flächendeckend mit Energie zu versorgen, sieht sich das Unternehmen heute, 75 Jahre nach der Gründung, neuen Heraus- forderungen gegenüber: Als moderner Ener- giedienstleister macht es sich fit fiir den Wettbewerb mit Orientierung an den Kunden und flexible, innovative Anpassung an sich verändernde Kundenbedürfuisse. Entsprechend seines Auftrages ging das Badenwerk in den folgenden Jahrzehnten daran, neue Kraftwerksleistung bereitzustel- len und fiir den Ausbau von Überlandnetzen mit Verbindung zu seinen Nachbarländern zu sorgen: In der Anfangszeit waren die wich- lEKTRIS SSTElLUNß tigsten Stationen unter anderem die Beteili- gung 1921 an der Grün- dung des Großkraft- werks Mannheim, der Ausbau der zweiten Stufe des Kraftwerkes Forbach 1922, die in- betriebnahme des Kraft- werkes Schwabenheim am Neckar 1925,die Gründung der Sehluch- seewerk AG 1926 und der Baubeginn der Ober- stufe Häusern. 238 Gleichzeitigwurdedas 1l0-kV-Netz erweitert. 1926 erfolgte z. B. mit Inbetriebnahme der 110- kV-Leitung Seheiben- hardt-Offenburg-Vil- lingen-Laufenburg der Stromaustausch mit der Schweiz. 1926 wurde mit dem Zusammen- schluß des Badenwerk- Netzes mit dem Rhei- nisch-Westfälischen Elektrizitätswerk Essen (R WE) der Austausch mit den auf rbeinischer Braunkohle basierenden Dampfkraftwerken begründet. Stromliefe- rungsverträge mit Elektrizitäts-Versorgungs- Unternehmen in Württemberg machten schließlich 1928 die Errichtung einer 110- kV-Leitung von Scheibenhardt über Pforz- heim zur württembergisch-badischen Lan- desgrenze notwendig. Im Dezember 1935 wurde das Energiewirt- schaftsgesetz erlassen. Einer großen Ver- bundwirtschaft gleich, sollte das Gesetz die Elektrizitätswirtschaft zusammenfassen und rationalisieren. Es war jedoch auch dazu gedacht, die Rüstungsindustrie zu fordern. Nach dem 11. Weltkrieg w.v .. w ... w .w."N.· .... v·'" w.w.v.w." .... ~N'.,,~ .... Die Folgen des Zweiten Weltkrieges trafen das Badenwerk ähnlich hart wie alle Ener- gieversorgungsunternehmen in Deutschland. Durch akuten Material- und Geldmangel konnten wesentliche Aufbau- und Erwei- terungsarbeiten sowie neue Projekte fiir die kommenden Jahre nicht in Angriff genommen werden. Stromlieferungen über die Schweiz nach Frankreich (Lieferungsverpflichtungen), Wasserknappheit etc., hatten zur Folge, daß der erste Nachkriegswinter nur mit Hilfe von Kohlelieferungen der Militärregierung und der Einrichtung von Stromspartagen bewäl- tigt werden konnte. Um die Stromversorgung landesweit und über die Grenzen hinweg gewährleisten zu können, schlossen sich im November 1948 neun deutsche Verbundunternehmen, darun- ter das Badenwerk, anf eigene Initiative zur "Deutschen VerbundgeseUschafte.Y." (DVG) zusammen. Parallel zur DVG wurde 1951 die Union fiir die Koordinierung der Erzeugung und des Transports elektrischer Energie" (UCPTE) gegründet, die den Großraum-Verbund zwi- schen den westeuropäischen Ländern gestal- ten helfen sollten. Trotz dieser Maßnahmen konnte der sprung- haft angestiegene Strombedarf in den 50er Jahren durch die hauseigene Energie- bereitstellung nicht gedeckt werden. 1953 baute das Badenwerk daher ein eigenes Dampfkraftwerk am Rhein bei Karlsruhe. Im Jahr 1959 war die erste Ausbaustnfe des RDK fertiggestellt und ging mit einer Leistung von 230 MW ans Netz. In den letzten 36 Jahren nahmen insgesamt sieben Blöcke mit unterschiedlicher Leistung den Betrieb auf. Ab 1984 jedoch wurden aus Alters- und Umweltschutzgründen die Blöcke 1-4 stillgelegt. Block 4 wird zur Zeit zu einer kombinierten Gas- und Dampfturbinenanlage umgebaut. Mit einer Gesamtleistung von 360 MW wird der Wirkungsgrad der Anlage bei etwa 58 % liegen. Ein Wirkungsgrad, der weltweit noch nicht erreicht wurde. Anfang 1998 wird der Block den Leistungsbetrieb aufnehmen. Die 50.er und 70er Jahre In den 50er Jahren stieg der Energiebedarf durch den Aufbau neuer Industriezentren und den hohen Elektrizitätsverbrauch in Haushalt und Gewerbe stark an. Neben der Be- reitstellung eigener neuer Leistung wurde so eine umfassende Erweiterung der Hoch- und Mittelspannungsnetze sowie eine Entlastung der vorhandenen Netze durch den Bau von 220-kV -Höchstspannungsleitungen nötig. Die Bewältigung dieser Aufgaben, auch der Orts- netzumstellung auf2201380 Volt, zog sich bis zu Beginn der 60er Jahre hin. Die 70er Jahre waren bestimmt durch die Planung und den Bau von Kernkraftwerken, aber auch durch die dadurch ausgelöste Anti- Kernenergie-Diskussion. Das Badenwerk be- teiligte sich an den Kernkraftwerken Obrig- heim, Philippsburg sowie Cattenom und Fes- senheim in Frankreich und Leibstadt in der Schweiz. Das geplante Kernkraftwerk Whyl wurde nicht mehr gebaut, weil an diesem 239 Standort der Bau eines Kernkraftwerks nicht durchsetzbar war. 70 % der Stromerzeugung des Badenwerks werden aus der Kernenergie gewonnen, 18 % aus Kohle. Einen hohen Anteil an der Stromerzeugung hat jedoch mit rund 10 % weiterhin die Wiege des Badenwerks: die Wasserkraft. Ausgestattet wurde das Baden- werk mit einem Grundkapital von 30 Mil- lionen Mark, welches der Staat durch Ein- bringen des Murgwerkes und der dazugehöri- gen Anlagen aufbrachte. Damit verbunden war die gesetzliche Verpflichtung, das ge- samte Grundkapital stets im Staats besitz zu behalten. Erst 1970 öffilete der damalige Alleineigeotümer, das Land Baden-Württem- berg, per Gesetz dem privaten Kapital den Zugang zum Unternehmen, ohne dabei auf die Aktienmehrheit zu verzichten. Bis zum 13. Oktober fmdet im Badischen Landesmuseum zu diesem Thema eine Ausstellung "Die elektrisierte Gesellschaft" statt. Aus den Beiträgen von Uwe Kühl und Alexia Haus im Ausstellungskatalog stam- men die Zitate. Außerdem sei auf das Sonderheft der "Badischen Heimat" 1993 mit seinem Aufsatz von Bemhard Stier "Elektri- zität aus Schwarzwälder Wasserkraft" hinge- WIesen. Diana St6cker Das Großherzogtum Baden und die Politik des Reichskanzlers Bismarck (1871-1890) I. Jubiläum und Person Termingerecht zum 30 .. Juli 1998, dem einhundertsten Todestag des ersten deutschen Reichskanzlers Otto v. Bismarck, läuft der als Verkaufs- und Profilierungsvehikel durchaus lukrative historische Jubiläumsbetrieb unter stimulierender Beteiligung der Medien ein- mal mehr auf Hochtouren: Der mäßig ge- schichtskundige, gleichwohl interessierte Bür- ger ertrinkt formlich in einer Flut einschlägi- ger Schriften und Biographien unterschied- lichster Qualität, deren Zahl der talkrunden- erprobte Erlanger Historiker Michael Stür- mer bereits 1987 Legion nannte. Hinzu kom- men ungezählte, häufig wohlgemeinte Gedenk- veranstaltungen, Ausstellungen, Tagungen und Symposien, gekrönt von den Aktivitäten einer vor Jahresfrist mit Bundesmitteln üppig dotierten Otto-von-Bismarck-Stiftung. Alle- samt sollen sie die Erinnerung an das poli- tische Wirken und die Person Bismarcks 240 wachhalten oder aufs neue wecken. Tatsächlich aber drohte Bismarck niemals kollektivem Vergessen anheimzufallen. Im Gegenteil: Rund 100000 Menschen besuchen jährlich den Friedrichsmher Alterssitz des 1890 amtsenthobenen Kanzlers am Unterlauf der Eibe; Repräsentativumfragen weisen ihn kontinuierlich als den bei weitem bekannte- sten deutschen Politiker des 19. Jaluhunderts, ja als einen der prominentesten deutschen Staatsmänner überhaupt aus. Zusätzlichen Schwung verlieh der ungebrochenen Bis- marck-Faszination schließlich die staatliche Vereinigung von 1989/ 90, denn jetzt er- blickten nicht wenige in der Reichsgründung von 1870171 den zentralen Orientierungs- punkt fUr eine heutige Identität der Deutschen - jener Deutschen, die im Juni 1991 per Bundestagsbeschluß von der als Rheinbund- staat (Rudolf Augstein) verächtlich gemach- ten atlantischen (Bonner) Bundesrepublik in die eher kontinental verortete Berliner Repu- blik befördert worden waren. Trotzdem blieb das politische Werk Bismarcks insgesamt umstritten, unter Fach- leuten freilich stärker als in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung. Den Anhän- gern einer neoborussischen Geschichtsauf- fassung gilt er schlicht als blut- und eisenbewußter Vollender der deutschen Berufung Preußens, anderen wiederum als der selbst unorthodoxe Mittel ebenso skrupel- los wie virtuos gebrauchende Heros einer konservativ getönten Realpolitik (weißer Revoluliontlr, Lolhar Gall), während man- cher kritisch-ablehnende Betrachter in ihm gar einen fiir die nationalen Katastrophen bis 1945 mitverantwortlichen Dämonen (Johan- nes Willms) zu sehen glaubt. Kurzum: Bismarck ist ein "deutscher Streitfall" par excellence, der die Janusköpfigkeit des gleich sehr zu hassenden und zu liebenden Preußens (Theodor Fontane) geradezu ideal- typisch personifiziert. Die vielen meist im ersten Drittel dieses Jahrhunderts nach dem Reichskanzler be- nannten Straßen, Plätze und öffentlichen Einrichtungen waren allerdings kein Thema jener Kontroverse. Ihre überkommene Signa- tur hatte durchweg Bestand, wurde in der Regel nicht einmal hinterfragt, und das wirft auch rur Baden die unumgängliche Frage nach den vielfach unbekannten, vergessenen oder verdrängten regionalen Bezügen der Bismarckschen Innenpolitk auf: Im Kern geht es hier um den Antagonismus zwischen der vom Ministerium und Großherzog Friedrich I. formulierten badischen und der von Bismarck durchgesetzten Reichspolitik, also um die problematische Gewichtung der bundesstaat- lichen Föderativrechte und der Zentralgewalt im preußisch-deutschen Kaiserreich, aber auch um verfassungskonformes und extra- konstitutionelles Handeln sowie letztendlich um konträre politische Identitäten und Prin- zipien. 11. Preußens Bismarck und _~B~a~~. ~~_~?~~":~g im Kaiserrei~ Zur Zeit der ReichsgTÜndung pflegten Berlin und Karlsruhe einvernehmlichen Umgang, nachdem Preußens militärische Intervention (1849) wie Badens Option fiir Österreich (1866) die bilateralen Beziehun- gen vorübergehend getrübt hatten, Nun genoß die vom Schwiegersohn des preußischen Königs Wilheim, Großherzog Friedrich I., maßgeblich inspirierte badische Politik Bismarcks deutliches Wohlwollen. Unter den vier sOddeutschen Staaten, bemerkte jener schon Anfang 1870 vor den Abgeordneten des Norddeutschen Bundestags, sei das Groß her- zogtum der einzige offizielle Trtlger des nationalen Gedankens. Noch im hohen Alter würdigte er die vorbehaltlose FIJrderung der hegemonischen Bestrebungen Preußens: 1871 , in Versailles, sei der badische Landes- herr der einzige unter den deutschen FOrsten gewesen, der mir bei dem KIJnige in der Kaiserfrage UnterslUtzung gewtlhrte und mir aktiv und wirksam in der Überwindung der preußisch-partikularistischen Abnei- gung des KIJnigs beistand Friedrichs I. herausragende Rolle als uneigennütziger Gründungs-Helfer war nicht allein Ausdruck seiner nationalpolitischen Anschauungen und engen verwandtschaftlichen Verbindung zum Berliner Hof, die ihn zum Wortfiihrer einer kleindeutsch-preußischen Lösung der deut- schen Frage machten, sondern ebenso Folge des Schulterschlusses mit Bismarck im eskalierenden Kulturkampf, der epochalen Auseinandersetzung zwischen Liberalismus, Staat und katholischer Kirche. Als dann aber der Gründungsenthusiasmus zu verfliegen begann, mehrten sich die Klagen des über die Verfassungswirklichkeit des Hohenzollemreichs sichtlich enttäusch- ten und immer mißtrauischer werdenden Großherzogs. Scharf kritisierte der MO'narch, 241 daß nach Badens freiwilligem Verzicht auf ein eigenes Militär-, Post- und Telegraphen- wesen "kein Reichsheer unter einem entspre- chenden Kriegsministerium geschaffen und neben dem Reichskanzleramt kein separates Reichsministerium mit verantwortlichen Mi- nistern installiert wurde. Die einseitigen Vorleistungen hätten lediglich Preußens Vorherrschaft gestärkt, anstalt die deutsche Vormacht im Reich aufgehen zu lassen. Namhafte Vertreter der nationalliberal ge- " sinnten Führungsschicht des Landes stießen ins gleiche Horn. So fallte Staatsminister Jolly beim Anblick des Bundesrats, des zwischen der mächtigen preußischen Ministerialbürokratie und dem selbstbewuß- ten Reichstag zur Ohnmacht verurteilten föderalen Verfassungsorgans, ein vernichten- des Verdikt: Die Tatigkeit des Rats sei eine Farce, an der sich zu beteiligen die MUhe nicht lohnt. Resigniert schrieb die badische Regierung Bismarcks Bundesrat als Clearing- steIle bundesstaatlicher Reichspolitik ab; sie verzichtete dort auf das Einbringen eigener Gesetzesinitiativen und instruierte ihren Ratsgesandten, mit der preußischen Majorität zu stimmen, ralls nicht gerade ausgesproche- ne Landesinteressen (Reichseisenbahn-, Mi- litär- und Sozialistengesetz, Tabaksteuer, Kirchen- und Schulfragen) auf dem Spiel ständen und ein abweichendes Votum erforderten. Verantwortlich ftir die in wach- sendem Maße empfundene Stagnation des Verfassungslebens war nach Meinung des politisch isolierten und über die liberale Fortentwicklung der Reichsinstitutionen zu- tiefst pessimistischen Großherzogs allein der Reichskanzler, dessen internationale Reputa- tion er jedoch einstweilen als unersetzbar erachtete. Den Differenzen über die Ausgestaltung des Reichs lagen auch gegensätzliche politische Stile und Wertmaßstäbe zugrunde. Friedrichs I. persönlicher Berater, Professor 242 Gelzer, hegte bereits 1872 moralisch fundier- te Vorbehalte gegen Bismarcks bonapartistisch gefärbten, prinzipien/os anmutenden Machia- vellismus und warnte vor dieser geflihrlichen Hypothek: Der preußisch-militarische und bUrokratisch-zentralistische Unitarismus, verbunden mit dem kalten, frivolen, egoisti- schen Berlinismus, werde mit fatalistischer Konsequenz den deutschen Idealismus und den berechtigten Individualismus der Stan- de, der Stadte und Persönlichkeiten zu verschlingen suchen. Ähnlich dachte der Großherzog; jener war überzeugt, daß der Reichskanzler for eine stete FUhrung in friedlichen Zeiten als vorausdenkender, forsorglicher Staatslenker nicht geschaffen sei. Bismarcks System der Aushilfen diene einzig der Demonstration seiner Unentbehr- lichkeit und verhindere langfristig eine gesunde Entwicklung: Wir werden durch ihn von einem Versuch zum andern gefohrt werden, charakterisierte der badische Lan- desherr die schillernde Herrschaftstechnik des Kanzlers; diese bezweckte, die "staats- tragenden" Kräfte durch sozial-imperialisti- sche Ablenkungsmanöver und Bekämpfung sogenannter innerer - sozialdemokratischer und ultramontaner - Feinde sekundär zu integrieren, um die gesellschaftspolitischen Verhältnisse Ostelbiens im Verbund mit den monarchischen Vorrechten zu konservieren (Hans-Ulrich Wehler). Und wenn diese genialen Versuche mißlingen, so wirjl er irgendeine Streitfrage auf, welche umstim- mend wirken sol/ lind woraus dann eine Motivienmg zum Einschlagen einer anderen Richtung gewonnen wird. Eine derartige Überraschungspolitik habe obendrein den Nachteil, daß man in Europa kein Vertrauen zu Deutschland gewinnen kann. Später wurde Friedrich I. noch deutlicher und sprach offen von Gewaltpolitik und Despotismus, bisweilen sogar von Dikiatur. Umgekehrt mißbilligte Bismarck das vermeintliche Po- pulariltitsbedürfnis des badischen Regenten, das diesen veranlasse, jeder Regung der 6jJentlichen Meinung nachzugeben. Die badische Politik sei mehr auf Populariltil berechnet gewesen, als sonst in Deutschland üblich; profitiert habe davon eine eigne Art von subalterner Bürokratie, eine 1848/49 gegenüber der Dynastie provozierend illoyale Schreiberherrschajl. Für die liberalere Va- riante der konstitutionellen Monarchie in Baden hatte der von Revolutionsängsten geplagte Bismarck jedenfalls nur Gering- schätzung und Argwohn übrig. Darum verwarf er sie kurzerhand als eine vom fran- zösischen Bürgerkönigtum Louis Philipps angeregte Modeerscheinung und lehnte es auch kategorisch ab, dem Großherzog und seiner Regierung gestalterischen Einfluß anf das annektierte Nachbarterritorium Elsaß- Lothringen einzuräumen. 111. Badisch-preußische Differenzen in der Ära Bismarck Trotz gleicher Stoßrichtung und enger Tuchflihlung setzten beide Seiten im Kultur- kampf gegen die katholische Kirche unter- schiedliche Akzente: Während Badens poli- tisch tonangebende Kreise mit der Staats- kirchenhoheit eine nach liberalen und nationalen Normen geformte, äußerlich aber selbständige Kirche anvisierten, steuerte der Reichskanzler - ganz der preußischen Staats- räson verhaftet - einen rigiden obrigkeitli- chen Kurs, wobei er allerdings den Antikleri- kalismus der liberalen Öffentlichkeit ge- schickt zu instrumentalisieren wußte. Dies fuhrte zu mehr als nur taktischen oder methodischen Unstimmigkeiten. 1872 brüs- kierte das juristisch fragwürdige Verbot des Jesuitenordens den Großherzog, der Preußen zu Recht beschuldigte, ein ureigenes Problem über das Reich nach Baden exportiert zu haben, um die dort schwelenden landeseige- nen kirchen- und kulturpolitischen Konflikte anzuheizen und eine vorzeitige regionale Entspannung zu verhindern. Andererseits war Bismarck unvoreingenommen genug, sich die reichen badischen Kulturkampferfahrungen zunutze zu machen: Im Großherzogtum längst erprobte Kampf-Paragraphen dienten 1873 den "Maigesetzen" (Vorbildung der Geistlichen, Einschränkung bzw. Aufhebung der kirchlichen Disziplinargewalt sowie der kirchlichen Straf- und Zuchtmittel, Regelung des Kirchenaustritts) und Anfang 1875 dem Altkatholikengesetz als Vorlage. Die Ver- schärfung der Klassengegensätze, der schwin- dende gesellschaftsstabilisierende Einfluß der Kirche und sein patriarchalisches Ver- antwortungsgefühl bestärkten Friedrich I. schließlich, einen Modus vivendi zu suchen Md die Konfrontation zu beenden. Nach dem Vorbild und dank der diplomatischen Hilfe Preußens nahm die badische Regierung 1879 mit dem Vatikan Friedensverhandlungen auf. Schneller als Berlin gelangte sie zu greifbaren Ergebnissen (1880 Übereinkunft beim Priesterexamen, 1882 Neubesetzung des Freiburger Bischofsstuhls), mußte seither aber von ideologisch festgefahrenen Positio- nen aus zusehen, wie man 1886/87 an der Spree den Kulturkampf zügig und ohne Rücksicht auf die schwierige innere Situation des oberrheinischen Verbündeten liquidierte. 1878/79 brachte Bismarcks wirtschaftspo- litische Wende vom Freihandel hin zum Schutzzoll eine heikle Kollision fiskalischer Interessen. Ohne die Kehrseite der Wende, die politisch brisante Verteuerung des allgemeinen Lebensbedarfs, zu verkelUlen, akzeptierte Badens Ministerium nach sechs lähmenden Krisenjahren (Große Depression, Hans Rosenberg) die zur Stärkung der Reichsfinanzen und zum Schutz bedrohter einheimischer Industriezweige drastisch er- höhten Zolltarife. Auf breiten, energischen Widerstand stieß indes Bismarcks Vorhaben, 243 im Zuge der ökonomischen Umorientierung die indirekte Besteuerung auszuweiten und ein Reichs-Tabakmonopol zu errichten, das den bislang privat organisierten Einkaufs-, Fabrikations- und Verkaufsbetrieb staatli- cher Regie unterstellen sollte. Dadurch drohten dem Großherzogturn, wo allein rund 40 Prozent des damals im Deutschen Reich erzeugten Tabaks produziert und weiterverar- beitet wurde, herbe volkswirtschaftliche Einbußen und Steuerausfalle, flir die weder adäquate Ausgleichsleistungen noch Entla- stungen anderer Art vorgesehen waren. Folglich verwarfFinanzminister Ellstätterdie als Vorstufe zum Monopol geplante Anhe- bung der Tabaksteuer: Sie werde den gewichtigen Interessen großer badischer Bevölkerungskreise erheblichen Schaden zufiigen. Hiervon ließ sich der Reichskanzler freilich nicht beirren. Immerhin erreichte es die hartnäckig und mit Augenmaß agierende Karlsruher Regie- rung, den Gesetzentwurf auf Einfuhrzölle und eine Pflanzungssteuer zu beschränken, bevor er im Juli 1879 verabschiedet wurde. Am Ende hielten sich Bismarcks Konzessionen jedoch in engen Grenzen, und selbst das in Baden mit Erleichterung begrüßte definitive Scheitern des Tabakmonopols (1881/82) war kaum mehr als ein Pyrrhussieg, denn von den zu Lasten der ansässigen Bevölkerung hochgeschraubten Steuersätzen profitierte zuvörderst das Reichsschatzanlt. Auch bei der Bekämpfung der Sozialdemo- kratie wichen die Motive und Strategien ab. Prinzipiell unterstützte zwar das badische Ministerium Bismarcks Repressionspolitik; es lehnte aber das weitgefaßte, bundesstaatli- che Kompetenzen beanspruchende Ausnah- megesetz aus föderalistisch-rechtlichen Er- wägungen und vor allem deshalb ab, weil jenes - so der Großherzog - der Hebel sei, mit dem der leitende Staatsmann die Zerstörung der jetzigen Parteiverhältnisse (Dominanz 244 der Liberalen im Reichstag) anstrebt. Innenminister Stösser erklärte, das bewährte badische Vereinsgesetz reiche völlig aus, um alle sozialdemokratischen Vereine und Ver- sammlungen zu verbieten. Erfahrungsgemäß seien örtlich und persönlich begrenzte Maßnalunen im Rahmen des geltenden Reichsstraf- und Preß gesetzes effizienter als generalisierende Bestinllllungen. Anfang Juni 1878 geschah ein zweites Attentat auf den betagten Kaiser. Jetzt verfielen große Teile der bereits aufgeschreckten deutschen Öffent- lichkeit einer regelrechten Umsturzhysterie, die zusätzlich publizistisch geschürt wurde. Dieser Stim-mungswandel erlaubte es Bis- marck, den unbotmäßigen Reichstag aufzulö- sen, eine Art von Wahl plebiszit zu inszenie- ren und so der strengen, von verwässernden Ausschuß-retouchen freien Fassung des Sozialistengesetzes eine parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Nachdem der Kanzler den Dissidenten im Bundesrat die Verhängung des unbefristeten Kriegszu- stands sowie eine Revision der Reichs- verfassung angedroht hatte, lenkten die opponierenden Badener widenvillig ein. Daraulhin druckte die (halbamtliche) "Karls- ruher Zeitung" einen vom badischen Staats- minister Turban angeregten, reichsweit leb- haft diskutierten Artikel, welcher die willkür- liche Reichstagsauflösung kritisierte und nachdrücklich vor einer reaktionären Wen- dung in der deutschen Politik warnte. Man habe lediglich zugestimmt, hieß es rechtferti- gend, um der deutschen Vormacht und dem leitenden Staatsmanne in einer hochge- spannten Lage die dringend verlangte An- wendung einer verfassungsmäßigen Maß- nahme nicht zu venveigern. Da Bismarck verständlichenveise sehr am Bild eines ein- helligen Bundesratsbeschlusses gelegen war und einen ihm äußerst mißlichen Preßkampf vermeiden wollte, flihlte er sich düpiert und reagierte angesichts des staatsanwaltlichen Zuschnitts der badischen Polemik recht ungehalten. Scharf rügte er die innenpolitischem Druck ausgesetzte badische Führung, die ihr Gesicht sowie das Ansehen der ihr nahestehenden Liberalen zu wahren hoffe, und meinte verächtlich, der Großherzog habe im Sinne der badischen Traditionen das Gewinnen statt des Bekampfens der Gegner befiJrwor- tel. Der reichsamtlich vorgegebenen Ausfüh- rung des Sozialistengesetzes tat die Schelte nachweislich keinen Abtrag; den Großherzog verbitterte hingegen das Gesetz so sehr, daß er schon im August 1878 von einer vollendeten Diktatur des Reichskanzlers aber Deutschland sprach. Zugleich sah sich eine wachsende Zahl von Badenern zum saddeutschen Hilfsvolk Preußens degradiert. IV. Bismarcks Arm und Ohr im Großherzogtum Baden: __ -:;~:oP!:ußische Gesandtsch~~_~ Die nach der Reichsgründung in sämtlichen größeren deutschen Bundesstaaten aufrecht- erhaltenen preußischen Gesandtschaften ge- hörten, wie Bismarck 1872 betonte, zu dem unentbehrlichsten Handwerkszeug unserer Politik. Er sei dringend darauf angewiesen, dort ein vertraules. eingelebtes. mit allen Faktoren bekanntes Organ zu haben. mit dem ich korrespondieren kann und das mich au/klarl aber die Saiten. die man anschlagen muß. um zu einer Verstandigung [im Bundesrat] zu gelangen. Hauptaufgabe .der Karlsruher Mission war also, dem Berliner Auswärtigen Amt umfassend über Baden und das regionale Echo der Reichspolitik zu berichten, des weiteren diskret zu sondieren und erforderlichenfalls zu intervenieren. Dies oblag den Diplomaten Graf Flemming und (seit Sommer 1884) v. Eisendecher. Sie versorgten den Reichskanzler mit einer Fülle von Nachrichten über die Vorgänge in den Kammern des Landtags, erkundeten die Stimmung der Bevölkerung und das Hin- tergrundgeschehen, informierten über Land- tags- und Reichstagswahlen, Presse und Parteien sowie über Wirtschafts-, Kirchen-, Kultur- und wichtige innere Angelegenheiten. Außerdem unterhielten sie engen Kontakt zum Hof und zur großherzoglichen F arnilie. Natürlich interessierte Bismarck bei Regie- rungsumbildungen besonders die reichs- politische Verläßlichkeit der neuen Minister, Anlaß dazu gab der Rücktritt des in Berlin geschätzten Ministeriums Jolly-Freydorf im September 1876 oder die Verkleinerung des Staatsministeriums 1881. Überhaupt leiste- ten ihm die Kommentare zu Schlüsselper- sonen der badischen Politik wertvolle Orien- tierungshilfe: Treffend beschrieb Flemming den seit 1883 amtierenden Leiter des Innen- ministeriums August EisenIohr als einen durchsetzungsfahigen Mann, der sich aufdie Disziplinierung der Verwallungsbeamten versteht und die erforderliche Energie und Erfahrung besitzt. um ihre Krafte im Dienste der Regierung zu verwerten. Dank der aufinerksamen Gesandtschaft war der Reichskanzler gut über badische Belange unterrichtet und in der Lage, seine Ziele im bzw. mit dem Großherzogtum meist ohne Aufsehen oder Reibungen zu realisieren, obgleich die Rivalität zwischen der badischen und der unter preußischer Ägide stehenden elsaß-lothringischen Staatsbahn ständig Vor- sicht gebot. Offene Konflikte beschwor schließlich, nach einer Phase relativer Ruhe, der alternde Bismarck selbst herauf, ein Indiz daftir, daß es ihm zunehmend an taktischer Sensibilität wie am Gespür ftir das Zumutbare mangelte: Bemüht, das Reichsland Elsaß- Lothringen durch Einführung der Paßpflicht stärker von Frankreich zu isolieren, verlangte er im April 1888 auch an der badisch- elsässischen Grenze flankierende Paßkon- trollen. Vehement weigerte sich die badische 245 Regierung. dem überzogenen Ansinnen des Reichskanzlers stattzugeben; Jahre später räumte der Fürst freimütig ein. daß der Grenzverkehr mit Frankreich je nach Stand- punkt anders zu beurteilen lind zu behandeln sei. Die Anzahl der badischen StaatsangehIJ- rigen. welche in der Schweiz und im Elsaß als Arbeiter. Handlungsgehilfen und Kellner Beschäftigung finden lind über den Elsaß hinaus an einer IInges/l)rten Verbindung mit Lyon lind Paris interessiert sind, ist ziemlich groß. lind von den großherzoglichen Beam- ten war kaum zu verlangen. daß sie ihre Verwaltungssorgen einer Reichspolitik un- terordnen sollten. de- ren politische Ziele dem Reiche zllgute. deren lokale Nachtei- le aber Baden zur Last kamen. Bismarck-Denkmal von Friedrich Moest vor der ehemaligen Festhalle. heute vor dem Bismarck-Gymnasium ... Die energische Haltung des großen Kanzlers stellt den Gewaltigen unbedeckten Hauptes. mit der Rechten auf ein Dokument gestützt. etwa in der Haltung dar, in der er im Reichstag an 'großen Tagen' als Redner zu sehen war." (Karlsruher Leserbrief 190/). Erst recht eskalierte der Konflikt zwischen den badischen Anrai- ner- und den auswärti- gen Reichsinteressen im Sommer 1889. Nach der Verhaftung eines unter Exil-Sozialdemo- kraten verdeckt ermit- telnden deutschen Poli- zeiagenten durch die Aargauer Behörden übte Bismarck massi- ven Druck auf die Schweiz aus. damit de- ren politische Zentral- gewalt eine festere Stellung und schärfe- re Kontrolle alsfrüher über die deutschen Sozialisten lind die Kantänli-Politik ge- wänne. Da die Eidge- nossen anfanglich zö- gerten, die ihnen zuge- dachte Helferrolle im Kampf gegen die deut- sche Sozialdemokratie zu akzeptieren. griff der Reichskanzler zu aufwendigen Grenz- 246 kontrollen, der Verhängung des Paßzwangs und der Kündigung des deutschschweizeri- schen Niederlassungsvertrags. Vor allem die beiden letztgenannten Sanktionen, die den Aufenthalt der 4-5 000 in der Schweiz arbei- tenden . Badener betrafen, schreckten das badische Ministerium, das neben einer gehörigen Verschlechterung der bisher vor- züglichen nachbarschaftlichen Beziehungen gravierende wirtschaftliche Nachteile be- fiirchtete. Deshalb drang es in der Reichs- hauptstadt auf die gelindeste Gestaltung und die engste Begrenzung der geplanten Maß- regeln. Als Großherzog Friedrich I. den 30jährigen Kaiser Wilhelm H. überzeugen konnte, den vorgesehenen Paßzwang abzu- lehnen, bekam der Gesandte v. Eisendecher, der wiederholt Verständnis fiir die badischen Wünsche anklingen ließ, Bismarcks Zorn über den bremsenden, ja sabotierenden Bun- desgenossen zu spüren: Eisendeeher mlJge die preußischen und Reichsi~teressen bei der Großherzoglichen Regierung, nicht aber die Interessen dieser bei mir vertreten oder gar versuchen, mich nach badischer Anlei- tung eines Besseren zu belehren. Einmal mehr wurde Baden gute Miene zu Bismarcks kompromißlosem, auf Preußen zentrierten Spiel abverlangt, das hier die legitimen Erwartungen und Interessen der Peripherie souverän ignorierte: Ohne vorherige Konsul- tation hatte nun das Großherzogtum als Vorposten des Reichs das Gros der aus der Vertragskündigung resultierenden Lasten zu schultern. Am Hochrhein und Bodensee hielt die ökonomisch kostspielige Machtdemon- stration an, bis die Schweiz Mitte Oktober 1889 einen ' Bundesanwalt ernannte und Berlin sich mit dem kargen politischen Ertrag zufriedengab. Die dann rasch wiederherge- stellte Normalität verdeckte jedoch nur vordergründig, daß die vielfaltige Kritik an Person und Politik des Reichsgründers um eine spezielle bundesstaatlich-regionalistische Facette bereichert worden war. Und ihr wohlinformiertester und angesehenster Re- präsentant im Land war bekanntlich seit langem - der Großherzog. V. Preußische Götterdänunerung mit badischen Zutaten: Bismarcks Entlassung «,:*»:>x_«-»»:,;,x<<<<<<<_~·»:"":·>""<<<_XV»:-»:<<~_>:';'»:<<<<<<<<<<<<·X·»:·X*- Er glaube nicht, schrieb Bismarck in seinen Memoiren, daß der Großherzog mit Bewußt- sein auf seine Amtsenthebung hingearbeitet habe, wenn auch das Wohlwollen des Monarchen fiir ihn allmtJhlich erkaltet sei. Selbst die stlJrende, . überaus konflikt- verschärfende Einflußnahme des badischen Landesherrn auf den Kaiser während der Kanzlerkrise (März 1890) hätte keineswegs seinen Sturz bezweckt. Vielmehr war die lfrsache des Bruchs zwischen ihm und Wilhelm H. eine klassische Machifrage: Das Vortragsrecht der Minister beim Kaiser (Kabinettsorder) und der Entschluß des ambitionierten jungen Monarchen, sein Persönliches Regiment ohne einen Mentor zu errichten . . Dagegen reklamierte Friedrich I. die Entlassung des Reichskanzlers zum größten Teil als sein Verdienst, was ihm besondere Befriedigung bereite, eine Version, die ein- geweihte Berliner und Karlsruher Zirkel bestätigten. Anders als in den glättend-ver- söhnlichen Erinnerungen zu lesen ist, hatte Bismarck auf seiner Abschiedsaudienz tat- sächlich dem Großherzog die Schuld an seinem unfreiwilligen Abgang gegeben und ihm namentlich vorgeworfen, den Kaiser fiir die umstrittene Arbeiterschutzgesetzgebung eingenommen und so maßgeblich zum Bruch beigetragen zu haben. Der Angegriffene bestritt dies energisch und verwies statt dessen auf preußische Angelegenheiten (Kabinettsorder), in die er sich wiederum nie eingemischt habe. Jetzt, erzählte der authen- tisch informierte Fürst Hohenlohe-Langen- 247 burg vier Wochen danach, sei Bismarck grob geworden, worauf der Badener protestierte, er klJnne sich das nicht gefallen lassen, und mit dem Ruf .. Es lebe der Kaiser und das Reich " den Raum verließ. Nach einem sol- chen Eklat verwundert es aUerdings kaum, daß Friedrich I. in den frühen I 890er Jahren auch aus Rücksicht auf den Kaiser versuchte, die VerleihWlg der Ehrenbürgerwürde an den Altkanzler durch badische Städte zu unterbin- den; und noch den im Todesjahr des Reichs- . gründers erschienenen ersten Memoiren- Band (Gedanken undErinnerungen) schimpf- te er ein infames LUgenbuch. Ebenso umstritten wie Bismarcks Platz in der Geschichte ist die Beurteilung seiner Per- son .. Schon zu Lebzeiten hatte er die Nation tief gespalten: Leidenschaftliche Gegner (So- zialdemokraten, Demokraten) und ressenti- mentgeladene Skeptiker (entschiedene Ultra- montane) begegneten auch im Großherzogtum Baden glühenden Anhängern, zu denen etwa die 3 000 Menschen zählten, die am 1. April 1890 in der Karlsruher Festhalle enthusia- stisch den 75. Geburtstag ihres just demissio- nierten "Eisernen Kanzlers" feierten. Viele, insbesondere die Angehörigen des von einer schweren Identitätskrise befallenen liberalen Bürgertums, brachten ihm als Synonym fiir den steilen Aufstieg und die ungeheure Machtentfaltung des Reichs seit 1871 kultische Verehrung entgegen. Dies half, den realen Bedeutungsverlust der Bundesstaaten durch Verabsolutieren des nationalen Macht- und Großstaats bei gleichzeitiger Identifikati- on zu kompensieren; zudem erlaubte die Ver- herrlichWlg der in den preußisch-deutschen Olymp erhobenen Gründerfigur anfangs, das Persönliche Regiment Kaiser Wilhelms II. dadurch zu attackieren, daß man Wilhelms autokratische Haltung dem Autoritatismus des .Kanzlers Bismarck gegenüberstellte. Die Mängel der Reichsverfassung - die auf ihn zugeschnittene Amterpolykratie, die Konser- vierWlg der halbautokratischen Stellung des Deutschen Kaisers und endlich die Zementie- rWlg eines unlösbaren Problems, nämlich der Beziehungen von Reich und Preußen (lohn C. G. Röhl) - bildeten im Verein mit der von Bismarck ausgeformten politischen Kultur Deutschlands -latenter Antiparlamentarismus, fahrlässiger Umgang mit Bedrohungsszenarien (Revolutionsfurcht im Innern, Kriegsgefahr nach außen), Entfesselung von chauvinisti- schen Hysterien und PopularisierWlg von rassistisch-völkischen Zerrbildern - eine Hypothek, welche die späteren Katastrophen und Umbrüche erheblich begünstigte. Inso- fern ist das Verdikt des Großherzogs über den Reichsgründer nur schwer nachzuvollziehen: ,,11 n'est qu'un vieux radoteur" (Er ist nur ein alter Schwätzer). Hans-JUrgen Kremer 300 Jahre Schloß Augustenburg in Grötzingen Kurz hinter dem Ortseingang, ein paar hun- dert Meter rechts die Kirchstraße hinauf, ge- genüber der Grötzinger Kirche mit ihrem auf- falligen gedrehten Turm, steht noch heute die ,,Augustenburg" . Das alte Grötzinger Schloß ist inzwischen ein Seniorenheim fiir 100 Be- wohnerinnen und Bewohner.Wer die Mühe 248 einer kleinen Besichtigungstour unternimmt, kann im Innenhof der kleinen Schloßanlage einige Hinweise auf die wechselvolle Ge- schichte des Hauses fmden. Auffallig ist zu- nächst die über der Eingangstür angebrachte Tafel mit der Inschrift: MICH HAT VOR KURTZER ZEIT - WIE MAN MICH ALL- HIER SCHAUT - GLEICH NACH DEN FRIEDEN SCHLUS AUGUSTA SO GE- BAUT - UND WEIL ICH NUN DA STEH / VON IHRER FÜRSTEN HAND / SO WERD ICH AUCH NACH IHR / AUGUSTENBURG GENANOT / 1699. Anfange im 17. Jahrhundert Vor etwas mehr als dreihundert Jahren, im Jahr 1678, hatte MarkgrafFriedrich Magnus (1647-1709) seiner Gattin Augusta Maria (1649-1728) anläßlich seines Regierungsan- tritts das Grötzinger Anwesen gegenüber der Kirche aufLehenszeit geschenkt, zu dem auch 26 Morgen Weinberge auf dem dahinter lie- genden Büchelberg , dem später so genann- ten Augustenberg, gehörten. Das unter diesem Spruch aufgemalte Wap- pen und die Jahreszahl 1576 geben uns je- doch einen Hinweis darauf, daß das Gebäude schon einige Jahre älter sein muß. Dieses Allianzwappen Baden-Veldenz verweist auf Markgraf Karl II. (1529-1577), der 1558 Anna von Zweibrücken-Veldenz geheiratet hatte. Markgraf Karl hatte das Grötzinger Schloß schon vor Augusta Maria besessen. Doch der erste fiirstliche Bewohner des "Ho- hen Hauses", wie es damals genannt wurde, war Markgraf Christoph I. (1453- 1527) ge- wesen, der auch die gegenüber dem Schloß gelegene Grötzinger Kirche hatte erbauen las- sen. Er hatte das Pfründhaus der Grötzinger St. Barbara Kapelle, die schon im Besitz- verzeichnis des Weißenburger Abtes Edelini von 991 erwähnt wurde, gekauft, und zum fiirstlichen Wohnsitz umbauen lassen. Der untere Teil des Mittelflügeis der Augustenburg stammt aus jener Zeit. Karl 11. hatte dann die beiden Türme und die Anbauten an den Ecken im Südosten und Nordosten anbauen lassen. Bereits mit sei- nem Umbau war also im Prinzip die nach Westen hin geöffilete GebäudeanJage mit drei Flügeln entstanden, wie sie sich noch heute dem Betrachter zeigt. Entlang der Staigstraße fuhrt an der Süd- seite der Umfassungsmauer ein kleiner Weg. Folgt man ihm, so fmdet man nach einigen Metern eine in die Mauer eingelassene Tafel mit der Inschrift "MARKGRAF KARL ER- BAUTE MICH 1556, MARKGRAF WIL- HELM REPARIERTE MICH 1827". Die Staigstraße entstand in ihrer heutigen Form, mit der Brücke über die Kirchstraße, während Augusta Marias Grötzinger Zeit. Soldaten hatten sie während des Spanischen Erbfolgekriegs errichtet. . Markgräfm Augusta Maria hatte mit fman- zieller Unterstützung ihres Mannes auch das Augusla Maria, 1649~1728. 249 Grötzinger Schlößchen noch einmal gründ- lich renovieren und umbauen lassen. Die Bau- arbeiten zogen sich fast 20 Jahre, VOn 1681 bis 1699, hin. Die markgräfliche Familie leb- te während dieser Zeit wegen der verheeren- den kriegerischen Auseinandersetzungen - es war die Zeit des pfälzischen Erbfolgekriegs - meist im sicheren Basel, während das Dorf Grötzingen geplündert und verbrannt wurde und ein großer Teil der Bevölkerung starb oder wegzog. Das Schloß überlebte die ge- fährlichen Zeiten - als einziges in Mark- graf Friedrich Magnus' Territorium. Daher zog er 1698 bis zum Wiederaufbau der abge- brannten Durlacher Karlsburg!Ur einige Mo- nate mit seinem gesamten Verwaltungsstab nach Grötzingen. Augusta Maria ließ sich erst nach dem Tod des Markgrafen im Jahr 1709 endgültig in ihrem Witwensitz nieder und !Ur einige Jahre kam nun höfisches Leben nach Grötzingen. Mehrere lnventarverzeichnisse geben Aus- kunft über die Austattung der 35 Zimmer in denen die Markgräfin lebte. Teppiche, Bilder und Tapeten, Bettzeug, Geschirr und Gläser, Schmuck und Kleider, Bücher und Manu- skripte - "A1lerley Hausrath" befand sich in den zahllosen "Buffets" und "Commoden" mit denen die Zimmer möbliert waren. Zwi- schen den hinteren Flügeln der Augustenburg lag der Schloßgarten, mit einer kleinen Oran- gerie und -einem Bassin, einem Gartenhaus, einem Taubenhaus,'einem Vogelhaus und ei- nem Fischteich. Zum !Urstlichen Leben der frommen Mark- gräfm gehörte auch eine Kapelle beim Süd- turm, ein Kutschenhaus mit Pferden und Wa- gen und einiges an landwirtschaftlichem Ge- rät. Die zum Schloß gehörenden Ländereien wurden bebaut und in den Ställen stand Vieh. Für die Versorgung der Markgräfm und die in den Räumen der Augustenburg anfallende Arbeit waren Hofkavaliere und Kammerfrau- en~ ein "Secretarius", einen "Rath und Leib- 250 medicus" sowie Bedienstete aller Art zustän- dig: Es gab Kutscher, Diener, Weingärtner und Waschfrauen, Mägde, Köche und Gärt- ner, Konfektmägdlein und Tagelöhner. Un- terhalb des Schlosses, in nördlicher Rich- tung, hatte die Markgräfm eine Meierei be- treiben und direkt neben dem Schloß die "herr- schaftliche Schwanenwirtschaft" errichten lassen, deren "Schildgerechtigkeit" später weiter nach Norden, an ihre heutige Stelle "transferiert" wurde. Nach Augusta Marias Tod im Mai 1728 zerfiel die höfische Herrlichkeit in Grötzingen rasch: Schloß und Gut wurden dem mark- gräflichen Kammergut Gottesaue unterstellt. Bereits nach wenigen Jahren wurde das Schloß von der Dorfbevölkerung als eine Art Abstellkammer benutzt und nur die mark- gräflichen Schäfer und "Wingertmeister" hat- ten dort noch ihren Wohnsitz. 1749 mußte das Kutschhaus wegen Baufälligkeit abgeris- sen werden. Während der vielen Kriege des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts, die tausende von Soldaten aus allen Ländern Europas auch in die Grötzinger Gegend fiihrten, wurde die Augustenburg immer wieder als Quartier und Lazarett fUr militärische Zwecke genutzt. Doch die zur Augustenburg gehörende Landwirtschaft auf dem hinter dem Schloß liegenden Augustenberg brachte wenig ein und der Unterhalt des inzwischen ziemlich maroden Schloßgebäudes belastete die herr- schaftliche Kasse immer mehr. Das ehemali- ge Stallgebäude hatte man bereits am Ende des 18. Jahrhunderts zu einer Krappfabrik umgebaut - einer der vielen Versuche Land- wirtschaft und Gewerbe im Land zu moder- nisieren. Im Jahr 1807 entschloß man sicb nun Schloß Augustenburg und Gut Augusten- berg getrennt voneinander zu verkaufen. Für die Weinberge hatte sich HofIaktor Reutlinger interessiert und die Augustenburg ging an den Pforzbeimer Fabrikanten Gehres zur Aus- weitung seiner Metallknopffabrik. Doch bei- den Unternehmen war kein großer Erfolg be- schieden. Gehres mußte 1828 von der Knopf- herstellung auf Bierbrauen und Weinaus- schank umsteigen und Reutlingers Witwe ließ 1827 das Gut Augustenberg wieder verstei- gern. Wechselnde Schicksale Während in den folgenden Jahrzehnten aus den Ländereien auf dem Augustenberg unter der Regie des Markgrafen Wilhelm (l792- 1859) ein erfolgreiches Mustergut und später eine Landwirtschaftsschule wurde, in deren Gebäuden heute noch u.a. die " Landwirt- schaftliche Untersuchungs- und Forschungs- anstalt" (LUFA) untergebracht ist, drohte Schloß Augustenburg der Abriß. 1876 hatte es der Schwanenwirt und späte- re Grötzinger Bürgermeister Reichart Jordan von der Famile Gehres zum Abbruch gekauft, weil er seinen Biergarten erweitern wollte. Doch der Abriß des ganzen Schlosses wäre zu teuer gekommen und so ließ Jordan nur einen Teil des NordflügeIs abtragen. In der Augustenburg lieferten sich in den 1880er Jahren schlagende Studentenverbindwlgen ihre Gefechte, während sich im Schwanen- garten die später so genannte Grötzinger Malerkolonie traf. Von den Künstlerinnen und Künstlern, die Grötzingen als Ort für geselli- ge Treffen und als Motiv fur ihre Bilder ent- deckt hatten, blieben einige ftir immer. 1891 kaufte der Tiermaler Otto Fikentscher die Augustenburg und zog mit seiner Familie und einigen anderen Malerkollegen in das Schloß, bevor er sich unl die Jahrhundert- wende das Atelierhaus neben dem Eingang an der Kirchstraße bauen ließ. Fikentscher konnte jedoch die nötigen Mittel fur den Un- terhalt der Augustenburg nicht auJbringen. Das Grötzinger Schloß, das seit dem Ersten Weltkrieg unter Denkmalschutz stand, zer- fiel weiter, ohne daß es den Denkmalschutz- behörden oder der Gemeinde möglich gewe- sen wäre es auch nur notdürftig zu erhalten. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Augusten- burg seit 1942 als Lager fur mehrere hundert Zwangs arbeiterinnen und zur Zwangsarbeit verpflichtete Kriegsgefangene, die bei der Grötzinger " Deutschen Waffen- und Muniti- onsfabrik" eingesetzt waren, genutzt, da man die ausländischen Arbeitskräfte nicht in Privatunterkünften unterbringen konnte und wollte. Nachträglich eingebaute Wasserlei- tungen und sanitäre Einrichtungen schädig- tcn das Mauerwerk noch zusätzlich und nach Kriegsende war der Zerfall weiter vorange- schritten. Das Dach des Südflügels war un- Schloß A IIgllstenburg vor dem Umball. 251 dicht und drohte einzustürzen. Trotzdem dien- te Schloß Augustenburg wegen der großen Wohnimgsnot der Nachkriegszeit noch jah- relang als Unterkunft für Flüchtlingsfamilien, die dort vorübergehend eine neue Heimat ge- funden hatten. Die nach dem Tode Otto Fikentschers im Jahr 1945 gebildete Erbengemeinschaft sah sich immer noch außerstande das Gebäude zu sanieren und wollte daher Anfang der 60er Jahre - wieder einmal- auf Abriß verkaufen. Eine Wohnungsbaugesellschaft plante, auf dem Grundstück drei Wohnblocks zu errich- ten. Es ist vor allem dem Einsatz Einzelner, allen voran dem zuständigen Landrat Groß und Bürgenneister und Ortsvorsteher Her- bert Schweizer sowie dem 1971 gegründeten Arbeitskreis Schloß Augustenburg zu ver- danken, daß das Grötzinger Schloß trotz der am Ende auf mehrere Millionen Mark ange- stiegenen Umbaukosten erhalten werden konnte. Im Jahr 1963 verkauften die Fikent- schererben die "Ruine" Augustenburg an das Land Baden-Württemberg, das darin ein Vor- 252 seminar fiir ausländische Studenten der Karls- roher Hochschule unterbringen wollte. Doch nachdem sich herausstellte, daß die Landes- regierung nicht bereit war, die Kosten zur Sanierung für eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes aufzubringen, mußte eine neue lö- sung gefunden werden. Der Plan eine Richter- akademie in der Augustenburg einzurichten zerschlug sich ebenfalls. Doch mit der Firmen- pensionskasse Mannheim wurde schließlich eine Bauherrin gefunden, die das Risiko des Umbaus in ein Seniorenwohnstift in den Jah- ren 1973-1978 übernahm - allerdings ohne finanziellen Erfolg. Erst nachdem die Kasse mit Verlust verkauft, und der neue Besitzer noch einmal bauliche Verbesserungen an der Augustenburg hatte vornehmen lassen, än- derte sich die Situation. Die jetzigen Besitzer des Schlosses, zwei schwedische Geschäfts- leute, haben die Augustenburg für insgesamt 20 Jahre an die "Gesellschaft fiir soziale Dienstleistungen" verpachtet, die dort seit nunmehr zehn Jahren erfolgreich ein Senioren- heim betreibt. Ule Grau Badener oder Badenser? Als vor Jahren auf dem üblichen Neujahrs- empfang der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe ein fuhrender Industriemanager aus Bayern als Festredner seinen Dank kundtat, vor Badensern sprechen zu können, ging zu- nächst ein Raunen durch die Reihen. Als er gleich wieder von den geschätzten Badensern sprach, wurden Rufe laut "Badener! Bade- ner! " , und mancher schüttelte den Kopf, wer wohl dem hohen Gast diese Rede entworfen habe. Die Empfindlichkeit der Badener gegen eine Pseudolatinisierung ihres Namens ist bekannt, obwohl selbst im Großherzoglichen Haus wie weiland bei Goetbe von Badensern gesprochen wurde, so z. B. in einem Brief des Erb- großherzogs an seinen Vater Friedrich I. Daß aber vor hundert Jahren schon die korrekte Bezeichnung diskutiert wurde, zeigt eine No- tiz aus der Badischen Landeszeitung vom 24. Dezember 1898, wobei zu erinnern sei, daß noch heute in Karlsruhe die Einwohner ihrer Partnerstadt Halle als "Hallenser" bezeich- net werden. Wer hier irrt, irrt freilich mit Goe- the, und das tröstet. Leonhard Milller {Jtrfd)itbtntß • • 18Qbtnct Obtr ~4brllftr1 <tim inltuffaute UmfrOIl( ~(lt bet !Uotli~enbt btB !Bcrllnrr .. !Uminl! bn ~aoclll·e t., .\)ert ~lIIil fiaUn, ottanla~t. Ih ncQhte an ble nilm OrTmnni ,1jm t\rojcfloHn on &ro3lf btulfrIJm Ulliunjilälm ble frtajit, ob jiriJ bie ~;lIl1lohllrr b«9 'lltOPl)erbO\itum3 IBabm Iidjligel .. \8abmfet· obrr .'<iabCI1Q' nrllnClI loUen. '1>etn mllhootlemna!ctia( nnb (cIßcllbc 'l11l~riil)rttllnCl1 \ mtllommm. mUe Al1Jölj nalllf)afh 'llnU1alliilclI edlihclI 1IIil (tll!. fdJiebwf}tit, bali eB.18 Q b t n e x' \llIll nici)t .\BabenltI" l)Ciilrn miiffe. 'llie aonll .!Ballenfn" ift eint balbtalcillij;t)e i\IDitt.rliilb. ung, bie Itllglllcf[ld)r Ealcinifinunl1 bcll ®ortcil ,,~abe~ltt', l>i. in fotIertem l.lattin "Badeniensis· I)ci~CI\ roürbe. ~~m t>Cl '1:r llijrlje E~eBt bie !BcrooQnn bn bfutfcQtll ~aut ja nitij! mit tC1t,illilct;n liOtut au ncnnttt, -benforowig roie bie !BrtDogttrt bcr 'blüblr, Il' ie ~an ja. aud) ~. lD. nicQt ~teillJenln flalt .'1lmfocnH" IO IJ l. ':tuher ,ll1b ble aormcn .. lBtcnttnfrr", .~aUcnlet·, ebmfo unbrrrrljli{lt. ~\l~ [[onglid)cn !HllcrndJtcn I)at mall allrrt>illgll HOrt) ~illcr allOnm bUltidJcn !8Ct>cltemng fine latcilliflette Ulamcneiollll \:jf\lebclI. '11101l fOIJI, toell!o fiiljrt)li ''Jro ie w!Babcnfn", H~almoocralln·, weil o!l[\d). lidJ .,f;)onnotlrtn· fd]hdJt Ulnotn faU- \'!)OCI~ 901 ilbTiSf"tI, \1'00)' bem et erft .iBabnlld.le N friJrieb, bit ß'onn H~abcnfct' g~br(luctll, I\)o~l, nxll il)nt blc lattiniflmrn liormm .1lBcilllata/lir" llnb .~rnmreI~ ltoQe lallen. 253 Zeitzeugen berichten Professor Dr. Ernst Petrasch ehern. Direktor des Badischen Landesrnuseurns Blick: Als Wiener, der in seiner Heimat- stadt und Heidelberg studiert hat, sind Sie nach Tätigkeit in österreichischen Institutio- nen 1949 in die Dienste des Badischen Landesmuseums (BLM) getreten. Wie war damals die Lage? P.: Der Museumssitz, das Karlsruher Schloß, in dem das BLM seit 1919 unter- gebracht war, lag in Trümmern, die Exponate in allen möglichen Orten in Kisten verpackt. Restbestände im Schloßkeller, wie die Gips- sammlung u. a. , waren von Plünderungen betroffen. Ein Wiederaufbau war zunächst nicht erkennbar, da das Schloß fur die künf- tige badische Landesregierung vorgesehen wurde. Dafur standen Behelfsräume in der Akademie der Bildenden Künste zur Verfu- gung, wo in einem Raun) drei Wissenschaft- ler und drei Verwaltungsbeamte um einen U- f<iffiligen Tisch zusammensaßen neben einem Zimmer fur den Direktor und einem weiteren Raum flir das Denkmalamt. Blick: Exponate konnten also noch nicht ausgestellt werden? P.: Daflir war das ebenfalls zerstörte Erb- großherzogliehe Palais vorgesehen. In den dortigen Kellerräumen waren die nach lang- wierigen Verhandlungen mit der französi- schen Besatzungsmacht aus den Bergungs- orten ZUfÜckgeflihrten Bestände bereits ma- gaziniert, und in einem dieser Räume begann meine wissenschaftliche Arbeit mit der Katalogisierung der Durlacher Fayencen. Der Wiederaufbau machte gute Fortschritte, und Richtfest war im Herbst 1949. Aber im Juli 1950 war das Palais zum Domizil des Bun- desgerichtshofs bestimmt worden. Das BLM mußte geradezu fluchtartig in die Telegraphen- kaserne, Hertzstraße, verlagert werden, und dort blieben die Sammlungen, Werkstätten, Verwaltung und Personal in ehemaligen Mannschaftsstuben flir viele Jahre "im Exil" . Eine Karlsruher Zeitung schrieb: "Ein Depot ist also das Badische Landesmuseum gewor- den", Wir nannten es "K. u. K.-Museum" = Kasernen- und Kisten-Museum. Blick: Was waren nun die Aktivitäten, als 1952 Prof. Schnellbach vom Stuttgarter Landesgewerbemuseum die Direktion über- nahm? P.: Die Bestandsaufnahme und Restaurie- rung der zurückgcflihrten Bestände, eine Erarbeitung der Verlustlisten und eine bescheidene Erwerbstätigkeit, wofur uns, einschließlich der Anschaffungen flir die Bibliothek 9500 DM zur Verfugung standen. Blick: Endziel war wohl das Karlsruher Schloß? P.: Ja, und insofern war der "Rausschmiß" aus dem Erbgroßherzoglichen Palais eigent- lich ein Glücksfall. Dieses Haus war kein 255 Äquivalent, und wir wären wohl nie ins Schloß zurückgekehrt. Dort mußten erst die ausgebrannten Mauem gegen Einsturz gesi- chertwerden. Nach Klärung der Südweststaat- frage wurde 1954 der Wiederaufbau fur das BLM beschlossen und mit dem Mittelbau begonnen. 1955 konnten wir zum 300. Geburtstag des Türkenlouis in der Orangerie erstmals eine international beschickte und vielbeachtete Ausstellung eröffuen, nach fast zwei Jahrzehnten das BLM wieder in Erinne- rung bringen. Im Mai 1959 wurde der 1. Bauabschnitt abgeschlossen; nun konnte eine Auswahl aus allen Sammlungen präsentiert werden. Blick: Da hatte aber wohl bald das Bun- desverfassungsgericht ein Auge drauf gewor- fen, das bisher im Prinz-Max-Palais proviso- risch untergebracht war? P.: Und diese Pläne fUhrten zu einem Baustopp und langwierigen Verhandlungen, bis die Entscheidung fur einen Neubau am Schloßplatz fiel - wie sich zeigte: ein rich- tiger Weg, der fUr das höchste Gericht we- sentlich bessere Arbeitsbedingungen ermög- lichte. Am 13. Juni 1966 konnten wir schließ- lieh das Musewll im wiederaufgebauten Schloß eröffuen, was damals 15 Millionen einschließlich Innenausstattung wie Vitrinen u. a. gekostet hat, wenig mehr als die Tiefga- rage unter dem Schloßplatz 1967. Blick: Gab es da so etwas wie einen Sturm auf das Museum? P.: 350 000 Besucher zählten wir im ersten Jahr, verglichen mit anderen Museen \vie dem Nürnberger mit 150 000 Besuchern oder dem Bayrischen Nationalmuseum in München mit 100 000 Besuchern in diesen Jahren. Wir erstickten schier bei den Führungen unter der Zahl der Interessenten. Aber das war ja auch etwas Besonderes: hinter einer historischen Fassade eine modeme Museumstechnik, bei der die bedeutenden Werke beispielhaft de- monstriert wurden. Die Hilfsmittel waren 256 zwar noch bescheiden, aber mit der jeweils gemäßen Ausgestaltung der Abteilungen im jeweiligen Stil, der lockeren, gut übersehba- ren Anordnung der Exponate zählte das BLM zu den vorbildlichsten Museen seiner Zeit. Blick: So war nun wohl auch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit möglich? P.: Schon 1966 fanden die Führungen mit insgesamt 2 000 Besuchern regen Zuspruch. Bald wurden auch Spezialfuhrungen einge- richtet fur Pädagogen, Senioren und andere Gruppen, weiterhin Vortragszyklen, Konzer- te und Theaterabende zusammen mit dem Staatstheater. Schließlich konnten wir ver- schiedene Ausstellungen veranstalten, z. B. 1970 "Spätgotik am Oberrhein" , 1975 " Dur- lacher Fayencen", vor allem die Landesausstel- lung "Barock in Baden-Württemberg" 1981 im Bruchsaler Schloß, das dem BLM seit 1975 als Zweigmuseum diente. Neben den jeweiligen speziellen Ausstel- lungskatalogen wurden seit den 50er Jahren handliche "Bildhefte" herausgegeben, die - wie auch der seit 1968 in mehreren Auflagen erschienene " Bildkatalog" und ein "Kurzfuh- rer" - den Museumsbesuchern die verschiede- nen Sammelgebiete in Wort und Bild nahe- bringen sollten. Für einzelne Sammlungsgrup- pen oder Kunstwerke wurden " Führungsblät- ter" ausgelegt. Daneben wurden von den Konservatoren wissenschaftliche Bestandska- taloge einzelner Abteilungen erarbeitet und veröITentlicht. Zu einer effizienteren, an den Bedürfnissen und Gepflogenheiten bestimmter Bevölke- rungsschichten orientierten Bildungsarbeit haben die seit 1978 am BLM (als einem der ersten in der Bundesrepublik) in Zusammen- arbeit mit dem Soziologischen Institut der Universität Karlsruhe durchgefUhrten sozio- demographischen Untersuchungen und erar- beiteten Analysen der Besucherinteressen und -wünsche ganz wesentlich beigetragen. Blick: Für die Leitung, die Sie 1967 über- nahmen, sind schließlich die Museumser- werbungen von besonderer Bedeutung. Ist man da in unserem Land in einer besonders glücklichen Lage? P.: So ist es, denn bis in die Zeit vor dem 11. Weltkrieg gab es keinen systematischen Ausbau der überkornnlenen Sammlungen. Dies erfolgte erst nach Einführung des sog. Lotto-und-Toto-Mittel. Im März 1958 trafen Regierung und Landtag die Grundsatzent- scheidung, diese Erträgnisse zur Förderung der Kunst und des Sports zu verwenden. Mit dem "Zentralfonds für die Anschaffung von Spitzenwerken fJir die Staatlichen Kunst- sammlungen" konnte das BLM bald eine der SpitzensteUen mit seinen Ankaufsmitteln einnehmen, vergleichbar etwa mit den staatlichen Sammlungen Bayerns oder des Preußischen Kulturbesitzes Berlin, weil den fJinfMuseen in unserem Landjährlich bis zu 14 Millionen zur Verfügung standen. Damit eröffnete sich der Zugang zum internationalen Kunsthandel, wo vor allem die gesuchten erstrangigen Kunstwerke zu erlangen waren. Blick: Also nicht nur auf ein Bundesland beschränkt? P.: Die entscheidenden Grundsätze fJir den planvollen Ausbau der Sammlungen des BLMs wurden bestimmt vom vorhandenen Bestand. Aus der gen auen Kenntnis der Sanmllungen, ihrer mangelhaften Schwächen und Lücken, aber auch ihrer hervorstechen- den Glanzlichter, wurde das Sammelprogramm auf lange Sicht aufgestellt. Alles in allem wurde "nicht nach Laune und Willkür, sondern mit Plan und Absicht gesammelt" - um es mit einem Zitat nach Goethe zu sagen. So konnten in den beiden ersten Jahrzehnten seit Schaffung des "Zentralfonds" allein mit dessen finanziellen Mitteln über I 000 her- vorragende Kunstwerke und Objektgruppen für das BLM erworben werden. Ich denke da z. B. an das goldene Toiletten- service fJir die Großherzogin Stephanie oder das Jugendstil-Speisezimmer nach Kolman Moser 1904. Dadurch konnte das BLM aus dem provinziellen Rahmen heraustreten mit einer überregionalen Sammlung, in der sich ftinf Jahrtausende abendländischer Kulturge- schichte widerspiegeln. Das reichte zunächst nur bis zum Biedermeier, und mein Bestreben zielte daraufhin, die Exponate auf die letzten 150 Jahre auszudehnen, also Werke des Historismus, des Jugendstils und der Gegen- wart mit einzubeziehen. Die Karlsruher wissen wohl, daß dieses Landesmuseum zu den großen Kunstrnuseen Deutschlands gezählt werden kann, und das nicht irgend wo, sondern im Zentrum, im Ausgangspunkt dieser Stadt, im Schloß. Die Fragen stellte Leonhard MillIer 257 Otto Dullenkopf Oberbürgenneister a. D. Blick: Am 11. Februar 1995 75jährig, wa- ren Sie fast funf J ahrzebnte politisch tätig, und zwar neben den Mandaten als Landtags- abgeordneter vorwiegend in der Kommunal- politik. Wie interpretieren Sie rückblickend die baden-württembergische Gemeindeord- nung im Vergleich zu denen in anderen Bundesländern? O.D.: Die süddeutsche Rechtsverfassung ist dernorddeutschen - auch der Bürgermeister- verfassung, so Rheinland-Pflilz, oder der Magistratsverfassung, so Hessen - weit über- legen. Wie v@re sonst zu erklären, daß man in einigen alten BundesliWdern sich bemüht, die eigene Gemeindeordnung ihr anzupassen und in der Mehrzahl der neuen Bundesländer sie weitgehend kopiert hat? Blick: Der Oberbürgermeister - in Ge- 258 meinden ab 20 000 Einwobner - hat daja eine Schlüsselfunktion. O.D.: Gewiß, weil er die Gemeinderats- sitzungen als Vorsitzender mit Stimmrecht vorbereitet, leitet und Beschlüsse vollzieht, aber auch das Gemeindepersonal bestellt und die Verwaltung - wie etwa in NRW der Oberstadtdirektor fuhrt. Das verleiht dem Amt Gewicht und vermeidet Reibungs- verluste. Zu Recht wird er deshalb, unabhän- gig von Mehrheiten im Gemeinderat, in direkter Wahl vom Volk gewählt. Blick: Die Stadtoberhäupter in der Weima- rer Zeit wurden in Baden vom Gemeinderat gewählt? o.D.: Richtig, und die positive Änderung haben wir nach 1945 den Württembergern zu danken. Unsere Bürgenlleister oder Oberbür- gernleister fuhlen sich, auch wenn sie von Parteien aufgeteilt bzw. vorgeschlagen wer- den, als Vertreter aller Bürger. Sachkompe- tenz und Persönlichkeit spielen also eine große Rolle und nicht nur die politische Bindung. Blick: Ist die Länge der Legislaturperioden solcher Stadtoberhäupter richtig bemessen? O.D.: Sie betrug bis in die 60er Jahre sechs Jahre fur die erste Wahlperiode und zwölffur die folgenden. Heute beträgt sie durchgehend acht Jahre. Das hat sich bewährt. Blick: Die Beigeordneten bilden ja oft eine Art Mehrparteienregierung. Spiegelt das auch häufig die Meinung des Gemeinderats wider? O.D.: Gemeinderäte sind auf politischen Listen gewählt. Sie müssen sich vor den Wählern rechtfertigen, immerzu und öffent- lich. Das ist gut so und normal. Beigeordnete müssen das nicht. Das macht eine sachbezo- gene Verständigung leichter. Darüber hinaus sind sie nach unserer Gemeindeverordnung weisungsgebunden durch den Oberbürger- meister. Ich habe versucht, in einer wöchent- lichen Konferenz Übereinstimmungen zu schaffen, eine Tradition, die erhalten geblie- benist. Blick: Mit welchen Entscheidungen hat sich der Karlsruher Gemeinderat in den letzten Jahrzehnten besonders in Gegensatz zu OB und Verwaltung gestellt? O.D.: Mit einigen, zum Teil auch weniger wichtigen. Ein OB und die Verwaltung müssen das hinnehmen können, auch wenn es wurmt. Der gravierendste Fall - ich füge hinzu: die gravierendste Fehlentscheidung aus meiner Sicht - war die Ablehnung der Nordtangentenplanung. Sie hätte unsere Stadt vom quälenden Durchgangsverkehr entlastet. Eine kapitale Fehlleistung! Blick: Von Kommunalwahlen in anderen Ländern gewinnt man oft den Eindruck, daß man sich da stärker parteipolitisch profiliert als an Sachbezogenheit. O.D.: Die Chance der " Sache" wird gerin- ger, wenn Emotionsschichten sie überlagern. Hierzulande aber ist politischer Manieris- mus, sind Politeiferer weniger gefragt als anderswo in deutschen Landen. Hier "lebt man" und "läßt leben". "Liberal" ist bei uns weniger eine Idee denn eine Lebensart, und wer sich fanatisch gebärdet, ist oft kein Kind dieses Landes. Blick: Welche Eindrucke haben Sie von unserem Kommunalwahlrecht gewonnen? O.D.: Die Möglichkeit im baden-württem- bergischen Kommunalwahlgesetz zum Pana- schieren und Kumulieren bringt dem Wähler ein Höchstmaß von Einwirkungsmöglichkei- ten auf eine von ihm bevorzugte Liste, er vernlag dadurch selbst Delegiertenversamm- lungen zu korrigieren. Er macht davon übrigens im steigenden Maß Gebrauch, ohne daß dabei die Zahl ungültiger Stimmen auffallend steigt. Ich begrüße deshalb diese Möglichkeit - wenn auch nicht immer die Ergebnisse. Blick: Die meisten Wahlzettel werden aber wohl daheim und nicht erst in der Wahlkabine ausgefüllt? O.D.: Das läßt sich bei diesem doch etwas komplizierten System nicht vermeiden. Ich meine dennoch, daß sich die Nachteile in Grenzen halten und vernachlässigt werden dürfen, insbesondere wenn man vom mündi- gen Wahlbürger ausgeht. Blick: Mit welchem Ereignis fühlen Sie sich in Ihrer 16jährigen Amtszeit am stärksten verbunden? o.D. : Mit der Stadterweiterung. Neubau- ten, Sanierungen, bedeutende Veranstaltun- gen und vieles andere mehr, das ist zwar alles wichtig; aber daß Karlsruhe in den 70er Jahren als einzige Stadt mit über 200 000 Einwohnern in Baden-Württemberg sich in nicht geringem Maße erweitern konnte, das war schon etwas Besonderes. So konnten wir den Auszehrungsprozeß mindern, gewannen neues Bau- und Gewerbegelände und konnten die nun eingegliederten Orte mit Rechten und Pflichten an den Initiativen einer größeren Kommune teilnehmen lassen. Das ging alles nicht ohne Werben, Eingehen, Verhandeln, Gewinnen, ja auch Erstreiten. Doch solch einschneidende Durchbrüche, wie sie in Jahrzehnten nur selten geschehen, sind Anstrengungen wert. Da man sich treu an Verträge und die Zusagen hielt, die bei den Verhandlungen fixiert wurden, klangen temporäre Emotionen bald ab, und es hat eine rasche Befriedigung stattgefunden. Heute, 20 Jahre später, kann jedermann erkennen, daß die Anstrengungen in den 70er Jahren richtig gewesen sind - richtig, weil sie den Fortschritt und die Vernunft auf ihrer Seite hatten. Die Fragen stellte Leonhard Maller 259 Walther Wälde1e Erster Bürgenneister a. D. Blick: In Ihrer über vier Jahrzehnte an- haltenden Aktivität in Politik und Verwaltung hat Sie kein anderes Thema so kontinuierlich beschäftigt wie die Jugendarbeit. Welche Grundprobleme gab es zurückblickend fur die Jugendarbeit nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches, das die Jugend für seine Ideologie mißbraucht hatte? W. w.: Wie viele junge Männer meines Jahrgangs bin ich im April 1939 zunl Ar- beitsdienst und arischließend zum Militär eingezogen worden und im April 1946 aus der Kriegsgefangenschaft nach Karlsrube zu- rückgekommen, Die Bewältigung von Hun- ger und Wohnungsnot war in den ersten Nachkriegsjahren eine Hauptaufgabe. Dazu kamen die Sorgen um Arbeitsplätze und Ausbildungsstellen. Unter solchen Verhält- nissen konnte es kaum eine Jugendgruppen- arbeit mit Heimabenden und Lagerfeuer- und Zeltlagerromantik geben. Es ist deshalb auch zu verstehen, daß nur wenige Frauen und 260 Männer bereit sein konnten, sich als Jugend- leiter zur Verfugung zu stellen. Trotzdem wurde in unseren Städten und Gemeinden mit Jugendarbeit begonnen. Blick: War die Gründung des Stadtiugend- ausschusses im Jahre 1951 auch ein Ausfluß amerikanischer Vorstellungen von Jugendar- beit, und welchen Einfluß nahm die Be- satzungsmacht? W. w.: Schon zu Beginn meiner Tätigkeit als Jugendgruppenleiter im Jahre 1947 hatte ich mehr oder weniger regelmäßig Kontakte mit Jugendleitern anderer Organisationen. Wir trafen uns auf Einladwlg des damaligen Oberstadtschulrates Hang im Stadtschulamt - einem wenig zerstörten Gebäude -, um über ak1uelle Fragen zu sprechen. Insbesondere aber, unI hin und wieder staatliche und städtische Gelder fur die Jugendarbeit zu verteilen. Diese Zusammenkiinfte von Karls- ruber Jugendverbandsvertretern waren recht unverbindlich. Allerdings gab es schon damals als Zusanunenschluß der Karlsruber Jugendorganisationen den Jugendring, der bereits im Juni 1949 eine Jugendfestwoche veranstaltete. Außerdem existierte ein Jugend- ausschuß im Jugenderziehungswerk Karlsru- he und ab 1948 ein Kreisjugendausschuß . Diese Einrichtungen waren nach dem Kriege die von den damals tätigen Jugendvertretern geschaffenen Sprachrohre der Karlsruber Jugend gegenüber den deutschen Behörden und gegenüber der Militärregierung. In diesen Jahren des Neubeginns wurde die Jugendar- beit von dem Wunsch nach geeigneten Jugendgruppenräumen bestinunt. Keine der neugebildeten Jugendorganisa- tionen konnte einfach dort beginnen, wo am Ende des Krieges die " Staatsjugend" aufge- hört hatte zu existieren. Es war aber auch nicht möglich, die Jahre 1933-1945 aus der "Geschichte der Jugend" auszulöschen und ohne weiteres an die Tradition der Jugendbe- wegung vor der "Machtübernahme", anzu- schließen. Zwangsläufig mußten neue For- men der Jugendarbeit entwickelt und die Generation neuer Jugendleiter auf diese Aufgabe vorbereitet werden. Der Karlsruher Jugend wurde dabei von der amerikanischen Besatzwigsmacht nicht nur materielle Unter- stützung zuteil, sondern auch im Rahmen von Jugendclubs ein vielseitiges Programm ange- boten. Von besonderer Bedeutung fiir die Jugendorganisationen waren die von den Amerikanern fiir uns veranstalteten Jugend- leiterschulungen. Die Zusammenarbeit zwi- schen den zuständigen amerikanischen Stei- len und den fiir die Jugendarbeit verantwortli- chen deutschen Institutionen blieb nicht frei von Reibungen und Spannungen. Aber gerade deren Bewältigung hat den "demokratischen Lernprozeß" erheblich befruchtet. Mit dem Abstand von fiinf Jahrzehnten ist zu sagen, daß die Amerikaner in den Nachkriegsjahren fiir die deutsche Jugend sehr viel getan haben und ohne ihre Hilfe auch in der Jugendarbeit in Karlsruhe sich vieles wesentlich langsamer entwickelt hätte und manches garnicht ge- gangen wäre. Trotz ausgezeichneter Kontakte und gegen- seitiger Informationen zwischen den Karlsru- her Jugendorganisationen gab es manches Nebeneinander und Verzetteln von Kräften. Auch bei Gesprächspartnern und Behörden wurde immer wieder eine gemeinsame von der Jugend autorisierte Ansprechstelle ver- mißt. Deshalb habe ich 1950 in den ver- schiedenen Karlsruher Jugendgremien dafiir plädiert; eine von allen gemeinsam getragene und anerkannte Vertretung der Karlsruher Jugend ins Leben zu rufen. Im März 1951 war es dann soweit. Der Stadtiugendausschuß Karlsruhe konnte sich konstituieren. Im Ge- gensatz zu den ersten Nachkriegsjahren brauchten wir dazu keine Genehmigung der Besatzungsmacht mehr. Die Vollversamm- lung des Stadtjugendausschusses hat mich von 1951 bis 1964 zum Vorsitzenden ge- wählt. N alurgemäß habe ich mich, nachdem ich 1964 zum Bürgermeister gewählt wurde, in den zwei Jahrzehnten als Jugenddezernent dem Stadgugendausschuß besonders verbun- den gefuhlt. Dabei war es selbstverständlich, Eigenständigkeit und Selbstverwaltung des Stadtiugendausschusses zu fOrdern, aber auch zu respektieren. Blick: In der zweiten Hälfte der 60er Jahre hat sich auch in Karlsruhe unter anderem mit einer Jugendgruppe im Basler-Tor-Turm in Durlach eine kritische junge Generation zu Wort gemeldet. Wie sind die offiziellen Stei- len in Karisruhe damit umgegangen und wei- che Auswirkungen hatte diese 68er-Bewe- gung auf die städtische Jugendarbeit? W. w.: Noch Ende der 50er Jahre konnte ich anIäßlich einer Berichterstattung im damali- gen Jugendwohlfahrtsausschuß des Gemein- derats von einer "staatsbejahenden Jugend" sprechen. Die Entbehrungen und Schwierig- keiten der unmittelbaren Nachkriegsjahre ha- ben m. E. bei der Jugend ein Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefuhl bewirkt, das heute kaum nachvollziehbar ist. In den folgenden Jahren des Wirtschaftswunders war eine neue junge Generation herange- wachsen! Deren recht selbstbewußtes An- spruchsdenken in Verbindung mit teilweise extremen Ausdrucks- und VerhaItensformen überraschten unsere Gesellschaft und stellten . uns vor neue Aufgaben. Dabei war eine durchaus positiv zu bewertende "Aufbruch- stimmung" bei den jungen Menschen spürbar zu erkennen. Mit den später "Die 68er" ge- nannten jungen Männern und Frauen konnten wir "Etablierten" jedoch nur selten wirkliche Gespräche fuhren. Vor allem gab es in den sich "autonom" nennenden Gruppierungen kaum wirkliche Verhandlungspartner.· Wenn 261 es da und dort einmal zu einem Besprechungs- ergebnis mit Sprechern solcher Gruppen gekommen war, traten schon Stunden später andere Sprecher mit anderen Vorstellungen auf. Darüber hinaus hatte ich den Eindruck, daß kein einzelner dieser ,,Autonomen" bereit war oder bereit sein durfte, Verantwortung z. B. gegenüber einem Vertragspartner zu über- nehmen. Nach meiner Erinnerung wurde der Basler-Tor-Turm schon 1968 der Deutschen Jungenschaft als Jugendheim in Selbstver- . waltung übergeben. Dieser Versuch, ein "autonomes Heim." einzurichten, ist schließ· lieh gescheitert an völlig überzogenen Vor- stellungen von gruppenorientierter Eigenge- setzlichkeit, die zur Gesetzlosigkeit ausarte- te. Nachdem wir im Basler-Tor-Turm ver- sucht hatten, einvernehmlich wieder geordne- te Verhältnisse herzustellen, sahen wir im Bürgermeisteramt keine andere Möglichkeit mehr, als den Turm Ende Juli 1969 nach einem entsprechenden Gerichtsurteil polizei- lich räumen zu lassen. Der Stad~ugendausschuß nahm in diesen Monaten eine klare Position ein: Selbstver- waltung - JA, Gesetzlosigkeit - NEIN. Na- türlich haben die Erfahrungen mit den ,,68ern" auch den Stadtjugendausschuß ver- arilaßt, Arbeitsmethoden und Arbeitsinhalte immer wieder zu überprüfen und, wo erforderlich, neu zu gestalten: Das "Prinzip Demokratische SelbstvelWaltung" hat da- mals eine nicht leichte Bewährungsprobe hervorragend gemeistert. Blick: Im Jahre 1969, als die Auseinander- setzungen mit der jungen Generation in Karlsruhe ihren Höhepunkt erlebten, konnten Sie im benachbarten Frankreich in Baerenthal die Jugendfreizeit- und Bildungsstätte, als de- ren Gründungsvater Sie gelten, ihrer Bestim- mung übergeben. Wie schätzen Sie heute aus der Rückschau von 40 Jahren die Bedeutung und Wirksamkeit von "Baerenthai" rur die Aussöhnung zwischen Deutschland und 262 Frankreich ein und welche wesentlichen Aufgaben hat "Baerenthai" in der Zukunft? W. w.: Das Jugendzentrum Baerenthal hat unter den zahlreichen Initiativen des Stadt- jugendausschusses einen besonderen Stellen- wert.1n den Jahren meiner Tätigkeit als Vor- sitzender des Stad~ugendausschusses war es immer mein Anliegen, das Zusammengehö- rigkeitsgefiihl der Jugendverbände unter dem Dach des Stad~ugendausschusses - selbst- verständlich unter Wahrung ihrer Eigenstän- digkeit-zu vertiefen. Dieerste Gemeinschafts- aufgabe hieß "Heim und Herberge fiir die J u- gend". Mit Eröffnung des Jugendheims am Engländerplatz 1954 war dieses erste Ziel erreicht. Ab 1956 haben als nächste Gemein- schaftsaufgabe einige hundert Karlsruher Jugendliche alljährlich viele tausend Arbeits- stunden geleistet, um die beiden deutschen Soldatenfriedhöfe in der Vogesengemeinde Baerenthal zu pflegen. Daraus ist dann die be- deutende Gemeinschaftsaufgabe "Jugend- zentrum Baerenthal" als "Projekt der vielen Möglichkeiten" entstanden. In dieser Zeit wurde es fiir die Karlsruher Jugendgruppen immer schwieriger, fiir die Durchführung von Zeltlagern geeignete Plätze zu fmden. Deshalb versuchte der Stad~ugendausschuß, im Schwarzwald einen Zeltlagerplatz zu kau- fen oder zu mieten. Das ist aber - vor allem aus Kostengründen - nicht gelungen. Da war es naheliegend, nun auch Baerenthal - wenn auch im Ausland gelegen - in die diesbezügli- chen Überlegungen einzubeziehen. Zumal ja dort seit 1956 alljährlich für die Kriegsgräber- pflege Zeltlager veranstaltet wurden. Der Stadtjugendausschuß beschloß 1959 einmü- tig, in Baerenthal zunächst einen großen Zelt- lagerplatz und später ein Jugend- und Be- gegnungszentrum einzurichten. Zu den La- gern rur die Kriegsgräberpflege kamen ab 1961 "Aufbaulager" für das neue Projekt. Meine persönlichen Eindrücke aus den ersten Begegnungen mit Bürgern der vom Krieg stark in Mitleidenschaft gezogenen französi- schen Gemeinde werden unvergessen blei- ben. Die Teilnehmer jener Zeltlager konnten damals auf den einfachen Holzkreuzen der Soldatengräber lesen, daß die Gefallenen der Jahre 1944 und 1945 gerade 20 Jahre alt waren, als sie aus dem Leben gerissen worden waren. Vielleicht war gerade dieses Erleben entscheidend rur den Willen, sich zur deutsch- französischen und internationalen Verständi- gung und Freundschaft zu bekennen. In den folgenden Jahren wurde Baerenthal zu einem gern angesteuerten Ziel rur Jugendgruppen. Dank der aufgeschlossenen Berichterstat- tung in den Medien begann Baerenthal bereits injener Zeit, fur die Karlsruher Bevölkerung ein Begriff zu werden. So entwickelten sich vielseitige persönliche Kontakte, und auch so manche Freundschaft wurde geschlossen. Baerenthal entwickelte sich hervorragend und konnte im Laufe der Jahre erweitert werden. Zahlreiche nationale und internationale Begegnungen in der heutigen Jugendfreizeit- und Bildungsstätte sind nach meiner Über- zeugung den jeweiligen Teilnehmern in prägender Erinnerung geblieben. Eine politi- sche Wertung der Jugendarbeit kam in einem Grußwort des Bürgernleisters von Baerenthal, Edourd Jund, 1993 zum Ausdruck: "Baeren- thai hat mit dem Karlsruher Jugendzentrum am Robert-Schumann-Platz eine ehrenhafte Stelle in der Familie der freien Völker Euro- pas cingcnonunen." Ein besseres Zeugnis kann der in Baerenthal seit Jahr und Tag ge- lebten und erlebten deutsch-französischen Freundschaft nicht ausgestellt werden. Die Zul ... mft Baerenthals ist nach meiner Meinung auf Jahre gesichert! In einem vor kurzem herausgegebenen Prospekt des Stadt jugend ausschusses " Baeren- thai 2000" umreißt der heutige Vorsitzende die Aufgaben wie folgt: . "Auf der sicheren Grundlage einer lebendigen Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland wer- den wir Menschen aus verschiedenen Regio- nen Europas eine Stätte des friedlichen und h?rmonischen Zusanunenlebens bieten. Wir werden uns der permanenten Diskussion stellen, damit die Jugendfreizeit- und Bildungs- stätte sowohl Wegbereiter neuer Ideen sein, als auch bewährte, erfolgreiche Konzepte weiterfuhren kann." Dies ist wohl der richtige Weg flir "Bae- renthal", auf dem meine besten Wünsche den Stadtjugendausschuß begleiten. Die Fragen slellle ManJred Koch 263 Biographien Karoline von Günderrode (1780-1806) Die Dichterin Karoline von Günderrode gilt vielen als die romantische Frau schlecht- hin, und das weniger wegen ihres Werkes als vielmehr wegen ihres Todes. Am 11. Februar 1780 kam sie in Karlsruhe zur Welt und erdolchte sich, nur 26 Jahre alt, am 26. Juli 1806 in Winkel am Rhein. Sie hinterließ ein schmales Werk - Gedichte, Dramalette, Briefe -, das lange Zeit in Vergessenheit geriet. 1840 veröffentlichte Bettina von Arnim, geb. Brentano, den Briefroman "Die Günderrode", der den von ihr überarbeiteten Briefwechsel zwischen den beiden Frauen enthält. 1920 erschien dann das dichterische Gesamtwerk der Günderrode, 1978 gab Christa Wolf ausgewählte Schriften der Dichterin heraus. Wolfs einleitender Essay war der erste Versuch, die Günderrode aus dem Bild der in schwärmerischer Sentimentali- tät aufgelösten Romantikerin zu befreien, in die die Nachwelt die Dichterin gesperr! hatte. Sie zeichnet dagegen eine junge Frau, deren Leben durch einen nüchtern-klaren Blick auf ihre Zeit und illre eigenen Möglichkeiten geprägt war. Schon 1801 schrieb die Günderrode an Gunda Brentano: "Ich habe keinen Sinn rur weibliche Tugenden, fur Weiberglückseligkeit" und meldete damit einen Anspruch an ein Leben an, den ihr ihre Zeit nicht erfullen wollte. Karoline kam als erstes von sechs Kindern des markgräflichen Kammerherrn Hector Freiherr von Günderrode auf die Welt. Der Vater starb, als Karoline sechs Jahre alt war. Die Mutter zog mit ihren Kindern nach Hanau. Als .17jährige wurde das verarmte Fräulein von Günderrode in einem Frankfur- ter Stift rur unverheiratete adlige Damen aufgenommen. Hier in Frankfurt und auf Reisen erwarb sie einen Freundeskreis, zu dem Bettina und Clemens Brentano, Carl von Savigny und Lisette Nees von Esenbeck zählten. Sie widmete sich dem Studium der Geschichte und Philosophie und las die Werke ihrer Zeitgenossen Goethe, Schiller, Hölderlin usw. 1m August 1804 lernte sie den Altertumswissenschaftier Friedrich Creuzer kennen. Die Liebe der bei den blieb unglück- lich, denn Creuzer war schon verheiratet. Doch gab es Momente in ihren Begegnungen, die es möglich scheinen ließen, als könnte man Liebe und Arbeit verbinden. Die Günderrode halte schon unter dem Pseudo- nym "Tian" - weibliche Autorschaft war damals kaum denkbar - " Gedichte und Phantasien" veröffentlicht. Creuzer nun machte sich daran, die Publikation eines weiteren Bandes vorzubereiten, der wlter dem Pseudonym "Jon" erscheinen sollte. Als er dann, weil er seine Ehe nicht auflösen konnte, im Juli 1806 die Beziehung zu der Günderrode beendete, bedeutete dies rur die 265 Frau nicht nur das Ende einer Liebe, sondern letztlich auch das Ende ihrer Möglichkeiten als Dichterin. Und das vor allem wollte sie sein. 1804 schrieb sie in einem Brief an Clemens Brentano: "Denn immer neu und lebendiger ist die Sehnsucht in mir, mein Leben in einer bleibenden Form auszuspre- chen, ... die würdig sei, zu den Vortrefflich- sten hinzutreten, sie zu grüßen und Gemein- schaft mit ihnen zu haben." Für eine Frau damals ein maßloser Wunsch. Über ihren Tod meinte die Freundin Lisette Nees: "Sie fiel, ein Opfer der Zeit, mächtiger in ihr wirkender Ideen ... eine unglückliche Liebe war nur die Form, unter der dies alles zur Erscheinung kam." Auch andere Zeitgenossen - Hölderlin und Kleist z. B. -scheiterten an ihrer Zeit. Die Günderrode gehört, wie Anna Seghers meinte, in ihre Kreise - jenseits aller "Weiberglückseligkeit" . Susanne Asche Helmuth Klotz (1894-1943) Nur selten wird einem Lebensweg nachge- gangen werden können, der so dramatisch, so exemplarisch verlaufen ist wie der des Dr. Helmuth Klotz. Dramatisch deshalb, weil die Stationen seines Lebens oft einer zwingenden Notwendigkeit zu gehorchen scheinen, exem- plarisch, weil sein Weg die Zeit des politischen Ungeistes erkennen läßt, der das Leben von Helmuth Klotz ausgelöscht hat. 1909 kommt der Vater, Dr. jur. Adolf Klotz, als großherzoglich-badischer Verwal- tungsgerichtsrat mit seiner Frau und den Kindern Erika und Helmuth nach Karlsruhe. Der 1894 geborene Helmuth konnte, da die Einberufung als Seekadett der Kaiserlichen Marine vorlag, die Abiturprufung an der Helmholtz-Oberrealschule vorzeitig ablegen. Als hochdekorierter Offizier der Kaiserl i- chen Marine beginnt Helmuth Klotz sofort nach Kriegsende ein Studium. Rostock, Freiburg und Frankfurt sind die Studienorte, bereits 1921 wird Helmuth Klotz in Frankfurt zum Doktor der Staatswissenschaften promo- viert. 1922 reist Klotz als Vorsitzender der Deutschvölkischen Freiheitspartei in Frank- furt nach München zu Hit1er. Mit Handschlag besiegelt er mit Hitler ein Bündnis, das verhängnisvoll wird. Wie viele junge Welt- 266 kriegsteilnehmer trieben auch ihn Enttäu- schung und Verbitterung über den vermeintli- chen Verrat der "Novemberverbrecher" 10 die Arme der Völkischen". Die Teilnahme am Hitlerputsch am 9. November 1923 ist eine der Notwendigkeiten in seinem Leben. Die Ernüchterung während der Haft in Landsberg, das "Kennenlernen" Hitlers und die anschließende Trennung von ilun und seiner Partei markiert die nächste Station. Klotz hat erkannt, daß Hitler den Sozialismus nur als Mittel · zum Zweck der Massengewinnung auf seine Fahnen ge- schrieben hat, aber keinesfalls gewillt war, ihn zu verwirklichen. Gar manche Feinde hat sich Klotz durch seine Abkehr von der NSDAP bereits zugezogen, Hitler, Göring, Rosenberg und Streicher. Klotz wird zu einem unerbittlichen Gegner der sich immer ungezügelter zeigenden NSDAP. Dr. Goebbels versucht durch üble Verleumdungen diesen seit 1929 zur SPD gehörenden Neuorganisator der Gegenpropa- ganda mundtot zu machen. Zum Ärger des späteren Reichspropagandaministers erwei- sen sich die Unterstellungen stets als Lügen, und Goebbels bleibt ein weiterer Hasser. Als Klotz 1932 die "Röhm-Briefe" flir die SPD unter seinem Namen veröffentlicht und sogenannte "Ehrenranglisten" der fUhrenden Männer in der NSDAP herausgibt, die die schändlichen Verfehlungen bis hin zu Mordtaten anprangern, verprügeln vier Reichstagsabgeordnete der NSDAP ihren Widersacher Klotz im Foyer des Reichstages. Im Februar 1933 flieht Klotz nach Prag. Im Mai desselben Jahres beginnt fur Helmuth Klotz und seine Frau Maria in Paris die bittere Zeit eines Lebens im Exil. Klotz schweigt nicht; das "Tagebuch eines Reichswehr- generals", ein "Weißbuch" über die Morde des 30. Juni 1934, "Der neue deutsche Krieg" waren Veröffentlichungen, die die National- sozialisten stark beunruhigten. Die Zusam- menarbeit mit Max Braun, dem saarländi- schen Gegner Hitlers, der wiederholte Versuch zur Bildung einer Volksfront und einer Deutschen Legion sind die vorletzten Stationen des Helmuth Klotz im Kampf gegen Hitler. Im Juli 1940 wird Helmuth Klotz von der Vichy-Regierung der Gestapo ausgeliefert. KZ Sachsenhausen und Plötzensee sind die letzten Stationen aufseinem Weg. HaßerfUllt verkündet Roland Freisler in seinem ersten Prozeß dem Angeklagten das Todesurteil. Am 3. Februar 1943 stirbt Helmuth Klotz in PJötzensee. "In mir ist kein Gefiihl der Anklage gegen meine irdischen Richter .. . Die Stunde ist gekommen ... Gott segne Dich meine Maria", i~t in seinem letzten Brief an seine Frau zu lesen. Herberl Linder Georg Bredig (1868-1944) Fritz Haber unterschied einmal bei den Wissenschaillern "Nomaden" und "Acker- bauern" : Erstere streiften auf ihrem Fachge- biet umher und entdeckten Neuland; letztere aber machten es urbar. In Habers schlesi- schem Landsmann Georg Bredig, 1868 in Glogau geboren, begegnet uns der hart arbeitende Ackersmann. Er gehörte noch zur ersten Generation derer, die das gerade entdeckte Neuland umbrachen - hier das Terrain der Physikalischen Chemie, das sich hinter der organischen und anorganischen Chemie auftat. In dem Leipziger Physikochemiker Ost- wald, gewissermaßen einem der "Nomaden", fand der Doktorand und Assistent einen erstklassigen Lehrmeister. Doch das genügte Bredig noch nicht, und er holte sich zusätzliche Kenntnisse bei vergleichbaren Kapazitäten in Amsterdam, Paris und Stockholm ein, bei van t'Hoff, Berthelot und Arrhenius. Er war längst gut bekannt, als er 1911 fUr die Nachfolge auf den renommierten Karlsruher Lehrstuhl fur Physikalische Che- mie und Elektrochemie im Gespräch war. Die sehr wählerische Fakultät zögerte nicht, Bredigs Berufung mit überschwenglichen Bewertungen vorzuschlagen: Breite und Tiefe seines Wissens, augenfallig in den bemerkenswert vielen wissenschaillichen Veröffentlichungen, sowie die Zahl seiner Schüler flößten ihr Respekt ein. Bredig erhielt 267 den Ruf und nalun ilm anstandslos an. Die Karlsruher Idylle währte nur kurz: Der Kriegsausbruch von 1914 erschütterte den sensiblen Forscher zutiefst. Zuviel verdank1e er den geistigen Reichtümern Europas, dem Humanismus zumal, als daß er ihre nachhaltige Beschädigung oder ihren Verlust je hätte verwinden können. Der vermeintlich stille Gelehrte fOhlte sich daher bald zu politischen Bekenntnissen gedrängt: Er ließ sich eine pazifistische und demokra- tisch-republikanische Einstellung anmerken, und wenn es sein mußte, tat er es deutlich wahrnehmbar. Etwa 1919/ 20, als er gegen we antisemitischen Aufwallungen in der Karlsruher Studentenschaft entschieden Front machte, oder 1922123, auf dem Höhepunkt der politischen Wirren in Deutschland, als er das schwierig gewordene Rektoramt versah. Die letzten Jahre seiner aktiven Profes- 268 sorenzeit wurden bereits von den Folgen mehrerer Operationen überschattet. Es sollte aber noch schlimmer werden: 1933 bekam er den explodierenden Antisemitismus mit aller Wucht zu spüren. Sogar aus seiner nächsten Umgebung stanunten einige der ebenso dununen wie gehässigen Denunziationen. Bredig wehrte sich tapfer; Kollegen und Schüler suchten ebeufalls, die Anschwärzer zum Schweigen zu bringen. Doch es genügte, daß Bredig Jude war, was er nie verhehlt hatte. Demgegenüber wog sein wissenschaft- licher Ruf nichts mehr - die zweifache Ehrendoktorwürde, die Mitgliedschaften in in- und ausländischen Akademien, von anderen Ehrungen ganz zu schweigen. Nur mit Mühe vermochte Bredig seine Entlassung abzuwenden und die ordnungsgemäße Emeri- tierung durchzusetzen. Für dieses Recht mußte er - es ist unfaßbar - sich schriftlich verpflichten, "der deutschen Regierung keinerlei Schwierigkeiten zu machen". Leider vereinsamte Brcdig schnell. Seine Frau war schon gestorben, die beiden Kinder emigrierten bald in die USA, im übrigen schloß er sich verängstigt gegen seine Umwelt ab. Im Sommer 1939 gestattete man ihm die Übersiedlung nach Holland, und im März 1940 genehmigte ihnl das Reichserziehungs- ministeriunl (einstweilen bis 1942), zu seinen Kindern zu ziehen. So entging Bredig mit knapper Not der deutschen Besetzung Hollands, 1944 beschloß er in New York, gebrochen und verarmt, sein ehedem glanz- volles Gelehrtenleben. Klaus-Pe/er Hoepke Wilhelm Nokk (1832-1902) Bei seiner Verabschiedung 1901 war er siebenmal zu Dr. h.c. und außerdem zum einzigen "Ehrendiplomingenieur" jenes Polytechnikums ernannt worden, das unter seine Ägide 1885 zur Technischen Hochschu- le erhoben wurde, und der Stadt Karlsruhe blieb er als Ehrenbürger verbunden. 1832 als Sohn eines Gymnasialprofessors in Bruchsal geboren, trat er 1860 nach einem Rechtsstudium in den badischen Staatsdienst ein. Als Sekretär des neuerrichteten Ober- schulrats geriet er mitten in den Kulturkampf, und so wirkte er arn ersten deutschen Schulaufsichtsgesetz 1864 mit, in dem der Staat die Funktion der geistlichen Aufsicht in den Volksschulen übernahm. Als Referent in Kirchensachen im Innenministerium erlebte er den Aufstieg seines Freundes Jolly zum Minister, dem er eng verbunden blieb, wenn auch als Katholik weniger stringent in seinen Maßnahmen als sein kombattanter protestan- tischer Vorgesetzter. Die Mitarbeit am "Kultur-Examensgesetz" - staatliche Pflicht- prüfungen fur junge Theologen -, das Ringen um die Ortsschulräte, die der bald sich formierende politische Katholizismus ab- lehnte, und manch andere, nicht gerade liberale Aktionen der Nationalliberalen, fur die er 1867-70 ein Abgeordnetenmandat in der 11. Kammer wahrgenommen hatte, machten ihn auch in Preußen bekannt. Doch das "Babyion" Berlin schreckte den Karlsru- her ab und zudem die I 000 Gulden minderen Jahreseinkommens, um als Vortragender Rat unter Bismarck seine Kulturkampferfahrungen einzubringen. Sein Bleiben wurde 1874 mit dem Direktionsposten des Oberschulrats belohnt, wobei er entgegen der üblichen Verwaltungspraxis auch noch die Aufsicht über die Hochschulen behielt, eines seiner Steckenpferde. Das Simultanschulgesetz er- regte weite Teiie der Bevölkerung in einem Maße, daß Großherzog Friedrich I. Jolly entließ und Abstand davon nahm, daß die Mehrheitsfraktion auch die Minister steilte. 1881 wurde nach einer Neuordnung der Staatsregierung Nokk Minister flir Justiz und Kultur flir zwei Jahrzehnte, 1893 Präsident des Staatsministeriums, also Regierungschef. Seiner vorsichtigen, taktvollen Art verdankte er es - bei aller Loyalität gegenüber der Krone - die Kulturkampfgesetzgebung lang- sam abbauen zu können. Partner war ihm dabei der neue Erzbischof Orbin, der nach 14jähriger Vakanz dem Freiburger Ordinari- at vorstand. Bedenkt man, daß 1874 ein ganzer Jahrgang junger Priester in Haft genommen worden war, über 400 Pfarreien unbesetzt blieben und katholische Bevöl- kerungsteile unversöhnt dem badischen Staat gegenüberstanden, so verdient das friedens- stiftende Werk des breit gebildeten, beschei- denen und unermüdlich fleißigen Wilhelrn 269 Nokk jene Anerkennung, die ihm die Nachwelt zollte, während er freilich in den Kampljahren Gegner in beiden Lagern fand. Auch mit seinem Großherzog mußte er ringen, der ihm 1899 schrieb: "Die Schwar- zen und die Roten sind noch schlimmere Feinde als der Gegner von 1870", so einem Nachlaß zu entnehmen, den jüngst das Generallandesarchiv angekauft hat. Die Neuzulassung der Männerklöster wurde in Baden sogar erst kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs zugelassen, weil man bestimmte Institutionen immer noch zu den "Reichs- feinden" zählte und auch Katholiken es schwer machte, in ftihrende Positionen zu gelangen. Daß ein wahrlich Liberaler wie Nokk, der dem Doktrinarismus eines natio- nalliberalen Lagers sehr skeptisch begegnete, tiefe Gräbern zuschütten half, ist von all seinen Meriten am meisten zu schätzen. Leonhard Maller Magdalena Neff geb. Meub (1881-1966) Als im September 1893 das erste Mädchen- gymnasium Deutschlands inder Sophienstraße 12 eröffuet wurde, war unter den Schülerin- nen, die gleich den Jungen eine humanistische Schulbildung erhalten sollten, auch die zwölljährige Magdalena ("Lina") Meub. Im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen, die aus allen Teilen Deutschlands kamen, wurde ihr die Chance in ihrer Heimatstadt Karlsruhe geboten. Ihre Eltern - der Vater war 270 Bäckermeister - bewiesen mit der Entschei- dung, ihrer Tochter eine Mädchen bisher verwehrte Schulbildung zu ermöglichen, viel Mut und Weitblick. Nach Jahren angestreng- ten Lernens - die Schülerinnen, die z. B. Latein in kürzester Zeit nachlernen mußten, waren anfangs mißtrauisch beobachtete Objekte nicht nur pädagogisch-behördlicher Neugier - legte Lina zusammen mit drei anderen Mädchen am 19. Juli 1899 als erste nicht externe Abiturientinnen die mündliche Abschlußprüfung ab. Sie entschied sich, Apothekerin zu werden. Wie lange üblich, gehörte dazu erst eine praktische Ausbildung in der Apotheke. Ein Zeitgenosse bewertete ihren Eintritt in die Krauss 'sche Apotheke in Elzach als "allerer- ste gleich den jungen Männern vorbereitete Elevin" zum "Beginn einer neuen Ära". Die Pionierin in einem Berufsfeld, in dem heute sehr viele Frauen arbeiten, erhielt in Elzach eine . gute Ausbildung und bestand nach zweijähriger Lehrzeit die Gehilfenprüfung mit "sehr gut". Drei Gehilfenjahre in LichtenthaI, Karlsruhe und Kehl schlossen sich an. Für Frauen war es damals extrem schwer, eine Lehr- und GehilfensteIle zu finden . Sie trafen auf die Zurückhaltung, ja Ablehnung von Lehrherren und Behörden, in vielen Teilen des Kaiserreichs wurden die Frauen nicht zur Gehilfenprüfung zugelassen. Im Großherzogtum Baden und im Königreich Württemberg waren die Bedingungen noch am günstigsten (offizielle Zulassung 1899). Viele Apothekenbesitzer zogen es vor, Männer einzustellen oder erwarteten von den Frauen Sonderdienste. Lina Meub empörte sich einmal: "Die übrigen betrachten ein Engagement offenbar als ein Gnaden- geschenk und stellen Bedingungen, daß einem vor Verwunderung die Haare zu Berge stehen .. . Unter anderem wollte er Auskunft über meine Stellung zur Hausfrau und deren Arbeitsfeld. Wir sollen also offenbar in unserer ohnehin knapp bemessenen freien Zeit uns mit Haushaltungsarbeiten, Wäsche in Stand halten u. dgl. beschäftigen?" Die damaligen Jungapothekerinnen waren sich ihrer Vorreiterrolle sehr bewußt. Sie standen untereinander in Kontakt und gründeten auf Initiative Lina Meubs und Sophie Wißmars, ,einer anderen angehenden Apothekerin, einen streng organisierten Berufskreis. In ihren Rundbriefen schufen sich die Pionierinnen, die vielfaltigen persönlichen und praktischen Problemen ausgesetzt waren, eine sehr moderne Form der Selbstvergewisserung, der gegenseitigen Beratung und Unterstützung. Die Briefe dieser Aktion werden von Rüdiger Rombach, Enkel Lina Meubs und Apotheker wie sie, aufbewahrt. Nach Abschluß ihrer Gehilfen- jahre begann Meub 1904 ein viersemestriges Pharmaziestudium an der Technischen Hoch- schule Karlsruhe. Auch die Studienjahre waren geprägt von harter Arbeit, großem Einsatz und wenig komfortablen Verhältnis- sen. Das Staatsexamen bestand die Karlsru- her Abiturientin mit "sehr gut". Sie heiratete einen Kollegen, den Apotheker Adolf Nett. Die Eheleute erwarben die Löwen-Apotheke in Ehingen an der Donau und fiihrten sie gemeinsam nahezu 50 Jahre lang. 1964 wurde Magdalena Neff als der ersten deutschen Apothekerin und Bahnbrecherin in diesem Beruf die Lesmüller-Medaille, die höchste Auszeichnung des Deutschen Apotheker- bundes, verliehen. Magdalena Neff starb 1966. Margarele Kraft Ernst Wagner (1832-1920) In einem Nachruf auf seinen Tod am 2. März 1920 hieß es, er sei unter den Karlsruher Behördenleitern "die Exzellenz unter den Exzellenzen gewesen". So als Geheimrat geehrt, verdankt er dies Großher- zog Friedrich 11., dem er als Prinzenerzieher bis zu dessen Abitur verbunden war. 1832 als Sohn eines Pfarrers zwar in Karlsruhe , geboren, aber in Württemberg aufgewach- sen., studierte er in Tübingen Theologie, Philologie und Naturwissenschaften und begann nach Promotion und theologischen Staatsprüfungen mit dem Lehramt. Zwei Jahre war er in England Erzieher im Haus Russel, dem Außenminister der Regierung Palmerston. Nach Deutschland heimgekehrt, schlug ihn der geistige Intimus des Großher- zogs Friedrich 1., Professor Gelzer, als Erzieher des Erbprinzen vor, und in der eigens gegründeten "Friedrich-Schule" , de- .ren Leitung Wagner anvertraut wurde, unterrichtete der breit Gebildete sowohl moderne Fremdsprachen wie Mathematik und Naturwissenschaften. Zugleich Mitglied des Oberschuirats, nahm der Hofrat am Umbruch des badischen Schulwesens teil. Sein vertrau- 271 ensvolles Verhältnis zum Großherzogs-Paar war nicht ohne pädagogische Spannung, zumal er "trotz höfischem Rock mit starkem altdemokratischem Öl gesalbt war" - Erinnerungen an 1848. Nach Großjährigkeit des Erbprinzen 1875 wurde er im Nebenamt "Großherzoglicher Conservator der Altertümer und der mit ihnen vereinigten Sammlungen", das erst 1891 sein Hauptamt wurde. Diese Sammlungen waren auf engem Raum zusammengepfercht; erst 1872 wurde nach dem Vorbild des Bayeri- sehen Nationalmuseumsjener Neubau fertig- gesteIlt, der heute "Museum am Friedrichs- platz" heißt. Später schrieb Wagner über diesen Bau, er sei "ein Muster, wie er nicht sein sollte; der Fassade zulieb wenig Licht, allzu gleichformige Räinne ohne Beziehung zum Inhalt". Man hatte zu wenig Erfahrung mit modemen Museen und meinte, die Wände 272 "bis an die Decke hinauf mit Sammlungs- gegenständen reich auszieren" lassen zu können. Die Berichte der folgenden Jahre sind angeflillt von Wagners Bitten um eine Verbesserung der Präsentation. Die Samm- lungen wuchsen nicht zuletzt durch Wagners eifrige Tätigkeit als - autodidaktischer - Archäologe in Baden, von Funden aus der Steinzeit bis zu den Merowingern, und die mehrbändige Reihe über die Fundorte zeugen vom immensen Fleiß des Oberschulrats, der Dienstreisen zu Abiturprüfungen mit Ausgra- bungen verband. Dem Pädagogen war wichtig, das Museum auch als Lehrinstitut zu gestalten, und noch als 80jähriger übernahm er Führungen rur Arbeiterbildungsvereine. 1881 war Wagner treibende Kraft fur den "Karlsruher Altertumsverein" , dem er als l. Vorsitzender 30 Jahre diente. 1885 erreichte diese Gesellschaft einen Höhepunkt mit der Ausrichtung der 16. Versammlung der " DeutschenAnthropologischen Gesellschaft" in Karlsruhe. Als imN ovember 1918 Friedrich II. das Schloß verlassen hatte, schlug man diesen Ort als Sitz des neuen "Badischen Landesmuseums" vor. Bittere Kritik übte das "Karlsruher Tageblatt" am bisherigen Zustand des Museums, das Wagner selbst nicht ohne Skepsis betrachtete, "barbarische Einrichtungen mit dem Moder- geruch eines Herbariums". Seinen Antrag auf Pensionierung richtete der 87jährige an die "Vorläufige badische Volksregierung", und als er vor 75 Jahren starb, trauerten Kundige einem unb.ürokratischen Initiator nach, von "unnachahmlicher Heiterkeit, Schlagfertig- keit des Geistes und unbezwingbarer Lie- benswürdigkeit des Auftretens." Leonhard MillIer Fridel Dethleffs-Edelmann (1899-1982) Früh schon stand der Berufswunsch von Fridel Edelmann fest, die 1899 in Hagsfeld bei Karlsruhe geboren wurde und hier ihre Kindheit und Jugendzeit verbrachte: Sie wollte Malerin werden. Doch ein solches Berufsziel war im frühen 20. Jahrhundert - zumal ftir eine Frau - keineswegs selbstver- ständlich und war nur unter äußerst er- schwerten Bedingungen möglich. Das Studi- um an der Karlsruher Akademie blieb Frauen - wie auch an den meisten anderen Kunst- hochschulen in Deutschland - bis 1919 ver- wehrt. Erst der in der Weimarer Verfassung verankerte Gleichheitsgrundsatz der Ge- scWechter bewirkte schließlich die generelle Öffnung staatlicher Ausbildungsinstitute. So wurde Fridel Edelmann zunächst Privatschülerin von Wilhelm Trübner. 1916/ 17 besuchte sie kurzzeitig die Badische Kwtstgewerbeschule und anschließend die Malerinnenschule in Karlsruhe, die 1885 wtter dem Protektorat der Großherzogin gegründet worden war. In einem seit 1915 handschrifUich gefuhrten " Arbeitskalender" äußerte sie sich 1917 wenig begeistert über den Unterricht, der ihr offensichtlich zu wenig professionell ausgerichtet war. Seit 1921 wird ihr Name in den Schülerlisten der nwt "Badische Landeskwtstschule" genannten Akademie in Karlsruhe geftihrt; sie besuchte den Unterricht im figürlichen Zeichnen bei Herrnann Gehri wtd trat 1923 in die Graphikklasse von Ernst Würtenberger ein wtd wurde 1925 seine Meisterschülerin. 1928/29 folgten Studienaufenthalte in Paris wtd Florenz. In den frühen 20er Jahren entstanden, oft im engen kiinstlerischen Austausch mit dem Maler Hans Schöpflin, zahlreiche Land- schaftsbilder in der Nachfolge Hans Thomas, vorwiegend mit Motiven aus dem Schwarz- wald, darüber hinaus aber auch skizzenhaft- impressionistische Aquarelle. Blumenstücke wtd Portraits im Stil der Neuen Sachlichkeit bilden die Schwerpunk1e in der Malerei der späten zwanziger und dreißiger Jahre, die wohl die produktivste Schaffenszeit der Künstlerin gewesen sind. Anerkennwtg und erste Erfolge stellten sich bald ein : 1926 wurden die auf dunklem Grund gemalten "Winterastern" ftir die Kwtstsammlwtgen der Stadt Karlsruhe erworben, 1930 erhielt ihr Blumenbild "Altmodischer Strauß" in der Ausstellwtg "Das Badische Kunstschaffen" eine silberne Medaille. Zwei Jahre später errang sie mit ihrem "Selbstportrait" , das 1933 von der Staatsgalerie München ange- kauft wurde wtd heute zu den bekanntesten Arbeiten der Künstlerin zählt, den I . Preis im Wettbewerb "Die Frau im Bilde", der vom badischen Staat und der Stadt Karlsruhe gemeinsam ausgeschrieben worden war. Selbst in der NS-Zeit hatte die Malerin Erfolge: Ihre Werke waren regelmäßig auf beachteten Ausstellwtgen vertreten, -insbe- 273 sondere auf der "Großen Deutschen Kunst- ausstellung" in München. 1931 heiratete Fridel Edelmann den Fabrikanten Arist Dethleffs aus 1sny im Allgäu und führte seither den Doppelnamen Dethleffs-Edelmann. Ihre einzige Tochter Ursu1a, die später ebenfalls Künstlerin wurde, kam 1933 auf die Welt. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter- nahm das Ehepaar mehrere Auslandsreisen mit einem eigens zum Atelier ausgebauten Wohnwagen. Mit den Kriegsjahren fand die künstlerische Tätigkeit jedoch zwangsläufig ein Ende - Arist Dethleffs wurde zum Kriegsdienst eingezogen, seine Frau über- nahm die Leitung der Campingwagenfabrik in Isny. Nach 1945 wandte sich Fridel Dethleffs- Edelmann einer völlig gewandelten, im Zwischenbereich von Gegenständlichkeit und Abstraktion angesiedelten Bildsprache zu. Ihr Themenrepertoire änderte sich gleichwohl nicht - auch im Spätwerk dominierten Blu- menbilder und Landschaften, die die Eindrük- ke zahlreicher Reisen widerspiegeln. Ge- meinsam mit ihrem Mann grundete sie 1947 die "Sezession Oberschwaben-Bodensee", der so bekannte Künstler wie Max Acker- mann, RAP Grieshaber und Otto Dix bei- traten. Ursula Merkel Hermann Levi (1839-1900) Als Nachfolger des siebzigjährigen Hofka- peilmeisters Joseph Strauß, der seit 39 Jahren die großherzogliehe Badische Hofkapelle geleitet hatte, verpflichtete der Theaterdirek- tor Eduard Devrient ab 1864 den Dirigenten der Deutschen Oper in Rotterdam Herrnann Levi . Da der Großherzog Friedrich I. am 4. Oktober 1862 mit dem Gesetz über die bür- gerliche Gleichstellung der Juden die Eman- 274 zipation der etwa 24 000 Juden in Baden legalisiert hatte, gab es keine Bedenken, den hochbegabten Kapellmeister, der aus einer jüdischen Rabbinerfamilie stammte, in eine exponierte Position zu berufen. Levi war allerdings im ersten Jahr mit dem seit 1854 am Hoftheater wirkenden Dirigenten Wil- helm Kalliwoda, der ebenfalls in die erste Position strebte, gleichgestellt. Nach einem einjährigen edlen Wettstreit, wobei beide in Sinfoniekonzerten abwechselnd dirigierten und als Pianisten zusammen auftraten, konn- te sich Levi als der dynamischere Orchester- leiter für die leitende Chefposition durchset- zen. Mit Levi, der bei Vincenz Lachner in Mannheim und am Leipziger Konservatorium studiert hatte, kam zum ersten Mal ein Or- chesterleiter moderner Prägung nach Karlsru- he. Schon bei der Probe fur seine Antrittsvor- stellung "Lohengrin" bemerl.1e Devrient, daß der Kapellmeister nicht durchspielen ließ, sondern häufig unterbrach, um einzelne Passagen auszuarbeiten. Der Münchener Intendant Ernst von Possart hat Levi so beschrieben: "Mit dem kurzen Emporrecken seines geistreichen Kopfes, einem Blitz des ausdrucksvollen Auges, befeuerte er die Sänger auf der Bühne, und der lebhaft wechselnde Ausdruck seines Gesichtes sprach beredter zu den Musikern, als es die pomphafte Geste eines landläufigen Kapell- meisters je vermochte." - Die Karlsruher Hofkapelle umfaßte in der Ära Levi 48 Musiker. Auf dem Repertoire standen jährlich etwa 40 Opern, aber auch bei großen Schauspielen wirkte die Hofkapelle mit; man gab "Egmont" mit der Musik von Beethoven, "Sommernachtstraum" mit Mendelssohns Bühnenmusik. Eduard Devrient bevorzugte die Opern von Gluck und Mozart, die er in eigenen Bearbeitungen aufführte. Levi, der die französische und italienische Sprache beherrschte, verbesserte das verstaubte Operndeutsch mit eigenen Übersetzungen. Durch Levis Initiative erschienen nun die Werke Wagners immer häufiger im Karlsru- her Repertoire. Unter seiner Leitung wurden 1869, wenige Monate nach der Münchener Uraufführung, "Die Meistersinger von Nürn- berg" erstaufgefiihrt, eine Großtat des Badischen Hoftheaters, WOM jeder Mitwir- kende vom Großherzog eine Extra-Gratifika- tion erhiel t. In den 8 Jahren der Ära Levi gab es viele bemerkenswerte Neueinstudierun- gen, unter anderem "Alkeste" , "Annida" und "Iphigenie auf Tauris" (Gluck), "Medea" (Cherubini), "Lohengrin" und "Rienzi" (Wag- ner)' ,,Afrikanerin" und "Prophet" (Mcyerbeer) sowie alle großen Mozart-Opern. In "Barbier von Sevilla" mit der berühmten Pauline Viardot-Garcia als Rosine stellte Levi erst- malig die. Rezitative der Originalfassung wie- der her. 1867 dirigierte er die Erstaufführung der Oper "Genoveva" von Robert Schumann, eine besondere Huldigung an Cl ara Schu- mann, die damals mit ihren Kindern in Baden ansässig war. Sie kam oft nach Karlsruhe, musizierte mit Levi, trat in Konzerten auf und besuchte ihren Sohn Ludwig, der hier zur Schule ging und bei der Familie des Kon- zertmeisters Will wohnte. Wenn Levi mittwochs die Gastvorstellun- gen der Karlsruher Oper in Baden-Baden dirigierte, besuchte er die Familie Schumann und traf meist auch Johannes Brahrns, der die Sommermonate in Lichtental verbrachte. Mit Brahrns entwickelte sich eine innige Freund- schaft, so daß der Komponist häufig bei Levi in Karlsruhe logierte, zuerst in der Herren- straße 48, ab 1865 in der Grünwinkler Allee I (heute Bismarekstraße 31). Unter Levis Leitung spielte Brahrns im Museumskonzert 1865 sein Klavierkonzert op. 15 mit großem Erfolg, nachdem die Uraufführung sechs Jahre zuvor im Leipziger Gewandhaus ein vi'lliger Mißerfolg gewesen war. Brahrns ließ jetzt mit Vorliebe seine neuen Werke unter Levi in Karlsruhe aufführen. So erklangen in diesen Jahren hier als Uraufführungen: 10 Liebesliederwalzer op. 52 (1869), das "Schicksalslied" (1871) und das "Triumph- lied" (1872). Levi brachte 1869, kurz nach der Bremer Uraufführung, "Ein Deutsches Requiem" und erreichte, daß Brahrns zur Wiederholung nach Karlsruhe kam und selbst dirigierte. Als Levi die "Matthäus-Passion" leitete, spielte Brahrns den Orgel part. Die Freundschaft Levi - Brahrns war im Grunde eine Dreierbeziehung: der dritte im Bunde war der Graphiker Julius Allgeyer, der in Karlsruhe ein Foto-Atelier unterhielt und sich mit Brahrns schon zehn Jahre zuvor bei Begegnungen in Düsseldorfer Künstlerkrei- sen befreundet hatte. An freien Abenden tra- fen sich die Freunde bei der musikfreudigen Familie Veit Ettlinger in der Zähringerstraße. Sehr gerne speisten sie im Nassauer Hof, wo sie die jüdische Küche der Familie Reutlinger schätzten. Man diskutierte viel über Opern- projekte; denn Levi wollte aus Brahrns un- bedingt einen Opernkomponisten machen und 275 veranlaßte einige Autoren seiner Bekannt- schaft, Libretti ftir Brahms zu schreiben. Der evangelische Pfarrer an der Karlsruher Stadtkirehe Emil Zittel dramatisierte den alttestamentlichen Stoff"Sulamith", A1lgeyer bearbeitete Calderons " Lautes Geheimnis", Anna Ettlinger verfaßte eine "Melusine". Auf Levis Anregung entwarf selbst Paul Heyse in München einen Operntext fur Brahms, ohne daß es gelang, den Komponisten als Konkur- renten von Wagner ftir das Musikdrama zu geWinnen. Als sich 1870 der Theaterdirektor Devrient in den Ruhestand zurückzog, strebte Levi weg von Karlsruhe. Mit dem Nachfolger Wilhelm Kaiser, der wenig Sinn ftir die Oper hatte, verstand er sich nicht. Einer ehrenvollen Berufung an das Bayerische Hoftheater konnte er nicht widerstehen, obwohl ihm der Großherzog dieselbe Gage ,vie München bot, das doppelte der bisherigen Bezüge. In München lockte ein erstklassiges Orchester von hundert Musikern und die Aussicht, neben "Tristan und Isolde " demnächst als erstes deutsches Opernhaus Wagners "Ring" geschlossen aufzuftihren. Am 5. Juni 1872 fand in Karlsruhe mit der Urauffiihrung des "Triumphliedes" von Brahms ein festliches Abschiedskonzert statt, bei dem der Bariton Julius Stockhausen mitwirkte, WOM Brahms eigens einige Lieder instrumentierte hatte. Clara Schumann spielte das Klavierkonzert ihres Mannes, und Levi dirigierte dazu die Achte Sinfonie von Beethoven. Damit endete glanzvoll die achtjährige Ära Levi in Karlsruhe. Mit Freund A1lgeyer siedelte er nach München über, wo er als Bayerischer Hofkapellmeister und Dirigent des Bayreu- ther "Parsifal" internationale Reputation erwarb. FrilhjofHaas Großherzog Friedrich I. (1826-1907) Das badische Herrscherhaus hat auf unübersehbare Weise Anteil an der Ge- schichte des Deutschen Kaiserreiches. Der badische Thronfolger Prinz Max von Baden verkündete 1918 als letzter Reichskanzler die Abdankung Kaiser Wilhelms II. Er beendete damit, was sein Onkel Großherzog Fried- rich I. 1871 in Versailles als Sprecher der deutschen Fürsten mit der Proklamation Kaiser Wilhelms I. eingeleitet hatte. Anton von Werner hat diese Szene im Auftrag Friedrichs I. in einem Bild festgehalten, des- sen Kopie in Baden-Baden ebenfalls verstei- gert wurde. Großherzog Friedrich I. war mit einer 55jährigen Regentschaft ein " Glücksfall" ftir Baden. Er wurde am 9. September 1826 hineingeboren in die unruhige Zeit des Biedermeier und des Vormärz. Friedrich war 276 der zweite Sohn des seit 1830 regierenden Großherzogs Leopold und seiner Frau, der schwedischen Prinzessin Sophie. Zusammen mit seinem älteren Bruder erhielt er eine mehr bürgerliche als militärische Erziehung. Bei seinen Studien 1843-45 in Heidelberg und im Winter 1847/48 in Bonn befaßte er sich, angeleitet durch die Professoren Häusser, Schlosser und Dahlmann, mit den Ideen des Liberalismus und des Nationalstaates. Sie bestimmten später die Leitvorstellungen seiner Regentschaft. Diese mußte er 1852 ftir seinen geisteskranken Bruder antreten, 1856 nahm er die Würde des Großherzogs an. Kurz danach heiratete er Luise von Preußen, die Tochter des späteren Kaisers Wilhelm 1., mit der er zwei Söhne und eine Tochter hatte. Das Großherzogspaar gewann schnell die Sympathien der Landesbewohner, und die Skandalgeschichten um die Thronfolge der Nachfahren Großherzog Karl Friedrichs aus zweiter Ehe verstununten. Großherzog Fried- rich I. gelang es, die NachwirJ,;ungen der Revolution von 1848/49 und deren Nieder- schlagung durch preußische Truppen mit einer gegen jede Reaktion gerichteten Politik zu überwinden. Vertrauen bei der Bevölke- rung und Autorität gewann er endgültig mit seiner Osterproklamation von 1860. Sie leitete eine "Neue ÄIa" der badischen Politik ein. Eine Verwaltungs- und Justizreform, die Aufhebung des Zunftzwangs und die Emanzi- pation der Juden brachten dem Land einen großen gesellschaftlichen und wirtschaftli- chen Modernisierungsschub. Im Kulturkampf mit der katholischen Kirche wurde die konfessionelle Simultanschule und die Zivil- ehe eingefUhrt. Friedrichs Eheschließung mit einer preußi- schen Prinzessin war auch Ausdruck seines politischen Kurses. Dieser zielte auf die Schaffung eines leistungsfahigen klein- deutschen Nationalstaates unter preußischer Führung. An dieser Haltung hielt der Groß- herzog trotz der 1866 durch Verträge er- zwungenen Stellung gegen Preußen an der Seite Osterreichs in der schleswig-holsteini- schen Frage fest. Danach förderte er noch entschiedener als zuvor die Erreichung seines Lebenszieles. Daß der badische Fürst in Versailles das erste Hoch auf den deutschen Kaiser ausbrachte, hatte Symbolkraft. Wie kein anderer opferte er zugunsten der Nation eigene Souveränitätsrechte. Die badische Armee wurde preußischerTruppenteil , Baden verzichtete auf eine eigene Telegraphen- und PosIverwaltung .. Die Versuche Friedrichs 1., auch auf die Ausgestaltung der Reichsinstitutionen Ein- fluß zu nehmen, insbesondere eine stärkere Stellung der BundesfUrsten zu erreichen, blieben erfolglos. Seinem idealistischen Wollen fehlten klare Reformideen und die Fähigkeit zu machtpolitischem Kalkül. Bei aller sprichwörtlichen Liberalität blieb Fried- rich I. ein Gegner des Parlamentarismus. Diese monarchischen Vorstellungen waren aber, so sein Biograph W. P. Fuchs, " längst zum Untergang reif, bevor der Sturm über sie kam". Man/red Koch Luise Riegger (1887-1985) Im hohen Alter bezeichnete Luise Riegger sich selbst einmal als ein "wandelndes Geschichtsbuch". Geboren am 7. Januar 1887, erlebte sie den Ersten Weltkrieg und das Ende des Kaiserreiches . Doch sie "erduldete" den Lauf der Geschichte nicht, sondern versuchte stets, ihn aktiv mitzu- gestalten. So engagierte sie sich fUr das 277 Frauenstimmrecht und, trat nach Erlangung desselben 1919 der Deutschen Demokrati- schen Partei bei, der sie bis zu ihrer Auflösung 1933 angehörte. Von 1922 bis 1930 war sie in Karlsruhe Stadtverordnete sowie Mitglied des J ugend- und Schul aus- schusses. Hier verband sie politisches Engagement und Ehrenamt mit dem Beruf. 1909 war Luise Riegger mit der Jugendbe- wegung in Berührung gekommen. Bis 1913 leitete sie den Karlsruher Mädchen-"Wan- dervogel". Auch beruflich schlug sie den Weg der Jugendbildung ein. Sie hatte zunächst die höhere Mädchenschule besucht. Den in jener Zeit flir eine Frau noch ungewöhnlichen Wunsch, Juristin zu werden, verweigerten ihr die Eltern jedoch. So absolvierte sie eine zweijährige Frauenschule, besuchte eine Haushaltungsschule in Frankreich, um schließ- lich von 1905 bis 1909 im elterlichen Haushalt mitzuarbeiten. Anläßlich einer Einladung der Großherzogin - Rieggers Vater war Regierungsrat im badischen Innenministerium - traf sie eine ehemalige Schulkameradin, die inzwischen das Lehrerinnenseminar besuchte. Ohne das Wissen ihrer Eltern meldete sie sich daraufhin arn Prinzessin-Wilhelm-Stift an. " Ein Haus- halt braucht viele Hände, aber nur einen Kopf' , bemerkte sie zu ihrem Entschluß, dem elterlichen Hauswesen den Rücken zu kehren und das Lehrerinnenstudium aufzunehmen. Ihre erste Stelle trat sie 1913 in Zell im Wiesental an. Während des Ersten Weltkrie- ges begann sie sich mit der Geschichte der Frauenbewegung zu beschäftigen. Als Luise Riegger 1917 wieder nach Karlsruhe zurück- kehrte, war aus der Jugendbewegten auch eine Frauenbewegte geworden. Bis zu ihrem Tod sollte sie die Geschichte der örtlichen Frauenbewegung wesentlich mitprägen. Sie knüpfte Kontakte zu Gertrud Bäumer und Helene Lange und wurde 1931 zur Vorsitzen- den des "Badischen Verbandes flir Frauen- 278 bestrebungen" gewählt. Das vielfaltige Engagement dieser "aufrechten Demokratin" wurde durch den Nationalsozialismus unter- brochen. Im Juni 1933 teilte sie den Karlsruher Frauenverbänden mit, daß nach der Auflösung des "Badischen Verbandes flir Frauenbestrebungen" durch die Beauftragte der badischen Regierung und spätere Reichs- frauenfuhrerin Gertrud Scholtz-Klink auch die Karlsruher Ortsgruppe des Verbandes aufgehört habe zu bestehen. Die folgenden Jahre verbrachte Luise Riegger in "passivem Widerstand" . Als Lehrerin sah sie keine Möglichkeit, sich einer Aufnahme in die NS- Frauenschaft zu widersetzen. Doch schaffte sie es, einer Übernahme in die NSDAP entgegenzutreten. N ach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes beteiligte sich Luise Riegger aktiv am demokratischen Wiederaufbau. Sie war 1945 an der Wiedergründung der Demokrati- schen Partei, der späteren FDP, beteiligt. Allerdings räumte die Partei der erfahrenen Kommunalpolitikerin bei den folgenden Wahlen nie einen aussichtsreichen Listen- platz ein. Erst 1964 gelang ihr als N achrückerin der Einzug in den Stadtrat. 1946 rief Luise Riegger die überparteiliche Karlsruher Frauengruppe - später "Deut- scher Frauenring" - ins Leben, deren Vorsitz sie bis 1972 innehatte. Es war ihr ein Anliegen, daß Frauen lernen, Verantwortung zu tragen und flir ihre Rechte einzustehen. Die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Frauen- organisationen ehrte die große alte Dame der Karlsruher Frauenbewegung zu ihrem 95 . Geburtstag, indem sie ihrem Treffpunkt am Festplatz den Namen "Luise-Riegger-Haus" verlieh. Nach fast einem Jahrhundert gelebter Geschichte verstarb Luise Riegger am 8. Februar 1985. Barbara Guttmann Peter Treutlein (1845-1912) Ein Lehrerleben, wie manches in seiner Zeit: in Wieblingen bei Heidelberg geboren, studierte Treutlein dort an der Universität Mathematik und Naturwissenschaften, unter- richtete seit 1866 am Karlsruher Gymnasium, gab Lehrbücher heraus, die noch in der Weimarer Zeit benutzt wurden, und galt neben seinem Fleiß und seiner umfassenden Bildung als interessanter Lehrer. Bekannt wurde er wegen einerIdee, die vor 100 Jahren im "Schulkrieg" realisiert werden sollte. So martialisch nannte man die Auseinanderset - zung um die Mittelschulen, die heutigen Gymnasien. 1867 hatte die Regierung den 30jährigen Direktor Gustav Wendt aus Preußen sowohl als Leiter des hiesigen Gymnasiums wie als Oberschulratsmitglied berufen, um mit ande- ren dem Neuhumanismus neue Impulse zu geben, schien doch der Geist der Antike sich im philologischen Formalismus zu verflüchti- gen, wie es in erregten Landtagsdebatten hieß. Und das Gymnasium verfugte über eine Macht: die allgemeine Hochschulreife und das " Einjährige", nachdem Schüler mit Obersekundareife nur ein Jahr beim Militär zu dienen hatten. Die Gymnasialreform - spezieller als je die Oberstufenreform von 1972 - war ein Fortschritt, aber auch eine Verteidigung gegen die Versuche anderer Schul arten, dieses Monopol zu brechen. Nach verschiedenen Anläufen hatte sich erst 1863 eine Höhere Bürgerschule in Karlsruhe etabliert, einem Zug mit und einem ohne Latein, um die sich die "Realisten" im Unterschied zu den "Humanisten" scharten. Diese Schule spaltete sich bereits flinf Jahre später in ein Realgymnasium und eine Realschule, die dann zur Oberrealschule auf gestockt wurde. Da nicht nur die Latinität zum gesellschaftlichen Bewußtsein gehörte, "der anerkannt gebildeten Klasse anzugehö- ren", sondern z. B. auch die Mehrzahl der TH-Professoren einen Horror vor lateinlosen Studenten hatten, um nicht das Sozialprestige des alten Polytechnikums gegenüber den Universitäten beeinträchtigt zu sehen, fand 279 das Realgymnasium emen deutlichen Zu- spruch von Schülern. PetetTreutlein erwies sich in diesem Disput als weiterer Schrittmacher, denn er entwarf eine Stundentafel, in der in einem "Unter- gymnasium" Französisch als erste, dann Englisch als zweite Fremdsprache gelehrt werden sollte, der Unterricht in alten Sprachen aber erst aufdem "Obergymnasium" erfolgen konnte. In diesem als "Einheits- schule" bezeichneten "Refonngymnasium" sollten sich die Schüler möglichst spät für die Antike und damit für die allgemeine Hochschulreife entscheiden. Treutleins Plan wäre Papier geblieben, wenn sich nicht Oberbürgermeister Karl Schnetzier für ihn eingesetzt hätte. Dm interessierte dessen preisgekrönte Arbeit unter dem Titel "Woher rührt die Überflillung der sogenannten gelehrten Fächer, und durch welche Mittel ist derselben am wirksamsten entgegenzutre- ten?" Treutleins Entwurf wurde scharf angegriffen, und der sonst so liberale Wendt fragte, warum man sich ausgerechnet so intensiv mit der Sprache des "Erbfeindes", des Französischen, beschäftigen solle. Auch dem Oberschulrat erschien der Plan zu radikal, und so einigte man sich auf einen Kompromiß. 1896 konnte Treutlein, seit 1894 Direktor des Realgymnasiums, nach einem Beginn mit Französisch in Klasse 5, mit Latein in Klasse 8 und der Gabelung nach Griechisch oder Englisch in Klasse 10 mit dem Reformgymnasium beginnen, deren Sexta schon am Aufang 114 Schüler anzog. Als 1905 die ersten Oberprimaner ihr Abitur ablegten, war das Gymnasialmonopol bereits durchbrochen. Treutleins Schule, für die er den Namen "Goetheschule" vorschlug, wur- de so groß, daß sie bald mit einer zweiten, der Hurnboldtschule, einen festen Bestandteil im Karlsruher Schulwesen bildete. Und seine Fächerfolge neue, alte, neue Fremdsprache existiert als neusprachlieher Zug bis heute. Le·onhard Maller Kathinka Himmelheber (1898-1977) Sie gehörte 1945 zu den "Frauen der ersten Stunde". Kathinka Himmelheber, die früh den verbrecherischen Charakter des national- sozialistischen Regiroes erkannt hatte und den Abtransport einer ihrer besten Freundinnen nach Gurs erlebte, hatte im Frühjahr 1945 den festen Willen, am Neuaufbau mitzuarbeiten. "Es sind so viele gute Kräfte da, es gibt so viele wertvolle, gescheite und tatkräftige Frauen, warum sollten sie keinen Einfluß gewinnen können?", schrieb sie an eine nach Israel emigrierte Freundin. Es war ihr ein Anliegen, an die Tradition der deutschen Frauenbewegung vor 1933 anzuknüpfen, ohne einen Schritt zurückzugehen. Vielmehr wollte sie den Frauen Mut machen zum 280 "Vonvärtsgehen in die schwere Zukunft". So war es nur folgerichtig, daß sie 1946 zusammen mit anderen politisch aktiven Frauen wie Luise Riegger und Elisabeth Großwendt die "Karlsruber Frauengruppe" gründete, deren erste Vorsitzende sie wurde. Kathinka Himmelheber war bereits in ihrer Jugend durch ein weltoffenes, demokratisch gesinntes Elternhaus geprägt worden. Sie wurde am 16. Mai 1898 als Tochter des Regierungsassessors Max Herrmann und seiner Ehefrau Marguerite Chevalley, einer französischen Schweizerin, in Karlsrube geboren. Von 1905 bis 1917 besuchte sie die Viktoriaschule, ein privates "Töchter-Insti- tut". Wie viele andere Frauen der Karlsruber Frauenbewegung absolvierte sie sodann das Lehrerinnenseminar. Ihren eigentlichen Berufstraum vef\virklichte sie jedoch nach dem Lehrerinnenexamen 1918 mit dem Eintritt als Anwärterin rur den mittleren Bibliotheksdienst an der Technischen Hoch- schule. 1921 volontierte sie jeweils zwei Monate an der Nationalbibliothek in Wien, der Universitätsbibliothek München und der Deutschen Bücherei Leipzig. Im Frühjahr 1926 heiratete Kathinka Herrmann den Architekten Bernhard Himmelheber. Er war ein Sohn eines der bekannten Möbelfabrikan- ten Gebrüder Himmelheber und übernahm später gemeinsam mit seinem Bruder diese Firma. Kathinka Himmelheber schied nach ihrer Verheiratung aus dem Bibliotheksdienst aus. 1927 und 1929 gebar sie zwei Söhne. In jenen Jahren verfolgte sie die politische Entwicklung in Deutschland mit Besorgnis. Für sie war es durchaus vorhersehbar, daß die Nazis einen Krieg vom Zaun brechen würden. Der Krieg brachte die Einberufung Bernhard Himmelhebers und die zeitweise Evakuie- rung Kathinka Himmelhebers und ihrer Söhne nach Tübingen. Bei einem Luftangriff am 3. September 1942 wurde die Möbelfa- brik fast vollständig vernichtet. Infolge des kriegsbedingten Personalmangels war Ka- thinka Himmelheber als Buchhalterin in die Firma eingetreten. Bei Kriegsende, als beide Firmeninhaber zum Volkssturm eingezogen waren, flihrte sie die Geschäfte selbständig weiter und brachte die Fabrik wieder in Gang. In den folgenden Jahren war ihr die Frage der Friedenssicherung ein wichtiges politi- sches Anliegen. Ihre Tätigkeit im Ausschuß "Völkerfrieden" sowie in dem im Oktober 1949 gegründeten "Deutschen Frauenring", dem sich auch die "Karlsruber Frauen- gruppe" anschloß, brachte sie mit engagierten Kriegs-und Atomwaffengegnerinnen wie der Physikerin Freda Wuesthoff zusammen. Die ambivalente Haltung vieler Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung in der Frage der deutschen Wiederbewaffnwlg enttäuschte Kathinka Himmelheber. Sie zog sich zuneh- mend aus der Vorstandsarbeit der Frauen- gruppe zurück. Mit Freude und Engagement richtete sie in dieser Zeit jedoch innerhalb der Künstlerinnenvereinigung GEDOK die Ab- teilung "Kunstfreundinnen" ein. In ihrer Jugend durch einen musikalischen Vater geprägt, wandte sie sich im Alter wieder vermehrt der Musik zu. Sie verfolgte die neuesten Entwicklungen der Musikkultur und pflegte Kontakte zu jungen Karlsruher Komponisten. Zeitgenossinnen ist sie als eine weltgewandte, k.,.lturell bewanderte Dame in Erinnerung, in deren Haus namhafte Persön- lichkeiten der Kunst-und Kulturszene verkehrten. Kathinka Himmelheber verstarb am 9. Dezember 1977 in Bad Bellingen. Barbara Gullmann 281 Inge Stahl berg (1921-1985) Schon als sie siebzehn war, beschloß sie, einmal " irgendwie mit Büchern zu tun zu haben". Sie war die Tochter eines von den Nationalsozialisten amtsenthobenen Bürger- meisters einer kleinen Stadt im Hunsrück. Er sorgte ftir eine katholische Erziehung seiner beiden Kinder abseits der NS-Jugend-Er- fassung. Im Abiturzeugnis - 1941 - stand als Berufsziel Bibliothekarin. Da war der Bruder bereits gefallen, und auf die Tochter konzentrierten sich. alle Hoffnungen. Sie studierte erst Volkswirtschaft, hatte Statistik und Paragraphen aber bald satt und wechselte zu den Zeitungswissenschaften, den erträum- ten Druckmedien schon ein Stück näher. Daneben studierte sie Germanistik, Kunstge- schichte, Theologie und Psychologie. Im März 1945 schloß sie in Heidelberg im Hauptfach mit der Promotion ab. Bald nachdem die letzte Kriegsphase mit ihren schrecklichen Zerstörungen überstan- 282 den war, fand sie eine Stelle als Lektorin im "Badischen Buch-Verlag" in Karlsruhe. Hier kam sie in Kontakt mit der Militärregierung, entdeckte ihr organisatorisches Genie, bat die Eltern um Unterstützung und wagte es, eine eigene Verlagslizenz zu beantragen. Am 8. März 1946 - sie war eben erst 25 geworden- erhielt sie die Lizenz zur Gründung des Karlsruher Stahlberg-Verlages. Die Herstel- lung der Bücher in den Nachkriegsjahren war abenteuerlich: Vom Papier bis zum Faden mußte alles erst mühselig aufgetrieben werden, in den Druckereien fehlte es selbst an Blei. Das Verlagsprogramrn hatte zunächst restaurativ-humanistischen Charakter. Am wichtigsten: deutsche Erzähler des 19. Jahr- hunderts und die Reihe "Ruf der Jugend", mit der sie ihren schwer geprüften, noch unbekannten Altersgenossen ein Forum bieten wollte. Dies brachte sie in Kontakt mit Hans Werner Richter und den Autoren der Zeitschrift "Der Ruf ' in München, die frei- lich links gerichtet war. Sie zeigte sich jedoch flexibel und lud beide Autorenkreise 1947 zu einer gemeinsamen großen Tagung im oberbayrischen Neubeuern ein, unterstützt von der Gräfin Degenfeld. Zur Fusion kanl es nicht, aber die Tagung löste die Entwicklung der sogenannten " Gruppe 47" aus, die jahrzehntelang fur die progressive junge Literatur in Deutschland stand. Die Wäh- rungsreform brachte den jungen Verlag ins Schleudern; dennoch erschienen bis 1950 über ftinfzig Titel. Es war das Jahr der Wende. Inge Stahlberg tat sich mit kapital- kräftigen Gesellschaftern zusammen: mit Ernst Krawehl, aus einer Essener Industriellen- familie stammend, und dem Literatur- wissenschaftler Gerhard Heller, der beste Kontakte zu französischen Autoren mitbrach- te. Dies fuhrte zur Öffnung des Verlages ftir die internationale Szene. Unter den hochkarä- tigen Autoren wurden der Deutsch-Italiener Malaparte und der sprachgeniale Außenseiter Arno Schmidt die umstrittensten, die sogar Strafverfahren auslösten. Die Förderung anspruchsvoller Inhalte blieb ihr als Verlege- rin ausdrücklich wichtiger als wirtschaftliche Rendite. Ein Vierteljahrhundert lang steuerte sie das Verlagsschiff durch schwierigste Gewässer. 1968 zog Ernst Krawehl, der Betreuer Arno Schmidts, seine Anteile aus dem Unternehmen zurück. 1971 mußte sie endgültig an Holtzbrink verkaufen. Sieben Jahre später erhielt sie flir ihre profilierte verlegerische Tätigkeit das Bundesverdienst- kreuz am Bande. Sie lebte bis 1985. Im Karlsruher Frau + Zeit Verlag ist soeben anIäßlich des 50. Jahrestages ihrer Verlags- gründung eine kleine Biographie erschienen: "Fräulein Doktor wird Verleger. Inge Stahl- berg 1946". Sie selbst hatte in den drama- tischen Nachkriegsjahren einmal ihre Me- moiren versprochen, doch ihr Versprechen leider nie eingelöst. Heima Haslers Hermann Billing (1867-1946) Als 1905 sein Brunnen auf dem Stephan- platz in Betrieb genommen wurde, war der Skandal perfekt: 3468 "Frauen und Jungfrau- en der Stadt Karlsruhe" unterschrieben eine Protestschrift "gegen den das weibliche An- standsgeftih! verletzenden Brunnen". Aber auch so mancher männliche Bürger ereiferte sich über die Jugendstil-Formen, mit denen sich der neue Schmuckbrunnen als avantgar- distisches Kunstwerk präsentierte. Wieder einmal machte Hermann Billing seinem Ruf als kompromißloser Neuerer in seiner Hei- matstadt alle Ehre. 1867 geboren, hatte er sich nach ganzen vier Semestern Studium an der Technischen Hochschule und praktischer Tätigkeit in Ber- liner Büros bereits 1892 als freier Architekt in Karlsruhe niedergelassen. Bald schon zog er mit spektakulären Einsendungen rur Wett- b~werbe überregionale Aufmerksamkeit auf sich, und erste Aufträge stellten sich ein. Mit Werken wie der Hofapotheke in der Kaiser- straße oder der Bebauung der Baischstraße (vgl. S. 316f.) fuhrte er um die Jahrhundert- wende seine Vorstellungen von einer indivi- duellen, phantasievollen und farbigen Bau- kunst vor, die mit den Prinzipien des akade- mischen Bauens des Historiums radikal brach. In der Fachwelt war seine Anerkennung groß. Seit dem Ende der I 890er Jahre gab es kaum eine deutschsprachige Bau- oder Kunst- zeitung, die nicht regelmäßig Hermann Bil- lings neueste Projekte vorstellte. Doch auch in ganz Europa und den USA wurde sein Schaffen zur Kenntnis genommen, vor allem durch seine Raumausstattungen auf interna- tionalen Kunstgewerbeausstellungen, so zum Beispiel 1902 in Turin oder 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis. Renommierte 283 Großaufträge stellten sich nach 1903 ein, er- wähnt seien nur das Kieler Rathaus, die Kunsthallen in Mannheim und Baden-Baden, das Kollegiengebäude der Universität in Frei- burg und die Rheinbrücke in Duisburg. In Karlsnme konnte er dagegen in dieser bis 1911 dauernden Hauptschaffensphase - von öffentlichen Auftraggebern nach der Affare um den Brunnen auf dem Stephanplatz eher gemieden - keinen einzigen Großbau reali- sieren. So blieb etwa der qualitätvolle Wett- bewerbsentwurf f1ir den Hauptbahnhof auf dem Papier, obwohl er dafür den ersten Preis errungen hatte. So mußte sich Billing in der Stadt seines Wirkens mit vielen kleineren Privataufträgen zufriedengeben. Darüber hin- aus fand er Anerkennung in der Lehrtätig- keil: 1903 erhielt er eine Professur an der Akademie, 1907 wurde er zudem an die T ech- nische Hochschule berufen. 1m Laufe der Jahre glättete sich Bil1ings Stil hin zu ruhigeren, monumentalisierenden Formen und mündete schließlich unter dem Einfluß seines Hochschulkollegen Friedrich Ostendorf noch vor dem Ersten Weltkrieg in einen kühlen Neoklassizismus, der mit sei- nem früheren künstlerischen Gestalten kaum mehr etwas zu tun hatte. In den zwanziger Jahren war aus dem Avantgardisten der Jahr- hundertwende ein etablierter Lehrstuhlinha- ber und zeitweiliger Direktor der Landes- kunstschule geworden, nach dem man sogar schon zu Lebzeiten eine Straße benannte. Sein Spätwerk, das sich mit den zeitgenössischen Strömungen auseinandersetzt, ist jedoch nicht mehr stilprägend wie sein Schaffen vor 1911 , und nach seinem Tod 1946 geriet Billing mehr und mehr in Vergessenheit. Gerhard Kabierske Franz JosefLanzano "Der Strudel des Jahres 1849 erfaßte wie so viele auch mich; besinnungslos riß mich derselbe mit fort aus der teuren Heimat. Auf- richtig bereue ich meine Verirrung ... " So äußerte sich Franz Josef Lanzano in einem Gnadengesuch an den badischen Großherzog Friedrich 8 Jahre nach den revolutionären Ereignissen, die zu' einer deutlichen Zäsur in seinem Leben, jedoch nicht in den wirtschaft- lichen Ruin geflihrt hatten. 1856 war Lanzano schon seit längerem angesehener Bürger von Solothurn. So war er auch lediglich an einer Streichung aus der Liste der gesuchten Hoch- verräter interessiert, galt er doch als einer der wichtigsten radikaldemokratischen Unruhe- stiller aus der badischen Residenz. Seit 1841 war er Bürger Karlsruhes gewesen. In der Kronenstraße 5, nicht weit vom Schloß, be- trieb er eine Essigsiederei . Wie viele Bürger 284 engagierte er sich in verschiedenen Vereinen. Die Mitgliedschaft im Arbeiterbildungs- und im Turnverein deuten allerdings bereits auf seinen politischen Standort hin. Lanzanos Verhalten gegenüber den Behörden gehörte zum Katz- und Mausspiel der radikalen Op- position, wie die wiederholte Neuforrnienmg der Vereine nach Verboten unter anderem Namen. Die Aussagen einiger Wirte belegen weiter, daß Kaufinann Lanzano zu dieser Zeit einer der Hauptorganisatoren des politischen Vereinslebens in Karlsruhe war. Doch auch jenseits der Stadtgrenze versuchte Lanzano, im Sinne der Demokraten politisch zu wir- ken. Allerdings nicht immer mit Erfolg: in Rintheim löste sich ein noch in den Anfängen steckender Volksverein nach seinem Besuch sogar wieder auf. Ein schwäbischer Danton, der seine Zuhörer mitriß, scheint Lanzano demnach nicht gewesen zu sein. Im benach- barten Hagsfeld, wo er vor dem Volksverein und bei einer Volksversammlung auftrat, war er jedoch erfolgreicher. Durch die Revolution 1848 ruckte Lanzano dann zu einem der höchsten Funktionsträger im Karlsruher Raum auf. Der regierende Lan- desausschuß setzte ihn arn 14. Mai als Zivil- kommissär fur den Landarntsbezirk Karlsru- he ein. Außerdem gehörte er dem Sicherheits- und Wehrausschuß der Hauptstadt an. Für die - ähnlich wie Karlsruhe selbst - der Re- volution überwiegend ablehnend gegenüber- stehenden Landgemeinden des Bezirks be- deutete seine Wahl harte Zeiten, denn er war beispielsweise nicht bereit, ihre Hinhaltetaktik bei der Mobilisierung des I. Aufgebots hin- zunehmen. Belegt sind von ihm veranlaßte " Exekutionszüge" nach Linkenheim und Teutschneureut, um die Dörfler mit militäri- schem Druck zur Räson zu bringen. Als die politischen Spannungen in der revolutionären Führung zwischen dem eher zaghaft agieren- den Lorenz Brentano und dem entschiedenen Republikaner Gustav Struve eskalierten be- kannte Lanzano eindeutig Farbe. Auf die Ende Mai umlaufenden Gerüchte von einem kon- terrevolutionären Putschversuch reagierte er mit der Aufstellung einer Sicherheitswache, und arn 6. Juni gehörte er zu jenen Mitglie- dern von Struves "Klub des entschiedenen Fortschritts" , die Brentano mit Hilfe der Karlsruher Bürgerwehr im Rathaus festset- zon ließ - und so den Machtkampf [ur sich entschied. Die Konsequenzen seiner Zugehö- rigkeit zur unterlegenen Radikalopposition sind ebensowenig bekannt, wie der Zeitpunkt von Lanzanos Flucht aus Karlsruhe. Nach einem Aufenthalt in Peterstal im Juli 1849 verliert sich seine Spur, bis er 1851 in Solo- thum auftaucht. Eine Auslieferung hatte er trotz Bemühens der badischen Behörden nicht zu fürchten, da er nicht zur obersten revolu- tionären Führungsebene gehörte. Vom "poli- tischen Treiben" hielt er sich nach Auskunft des Solothumer Ammanns seither zugunsten seines " ziemlich ausgedehnten F abrikge- schäfis" fern . A lexander Mohr Theodor11unz(1868-1947) Im Mai 1932 wurde der Leiter des renom- mierten, im Jahre 1899 gegründeten Munz- sehen Konservatori ums Theodor M unz we- gen seiner "Verdienste bei der Gestaltung des israelitischen Gottesdienstes" in 40jäh- riger Tätigkeit von dem Karlsruher Stadt- rabbiner Dr. Hugo Schiff geehrt. Ein Zei- tungsbericht hob hervor, daß Munz es ver- standen habe, "den Synagogenchor auf eine anerkannte künstlerische Stufe zu heben", und daß er auch durch eigene synagogale Kom- positionen hervorgetreten sei, die voti "fei- 285 nem Einfuhlungswesen in das Wesen dieses Zweiges geistlicher Musik" zeugten. Bis 1936, als ihn die nationalsozialistischen Machthaber zum Rücktritt zwangen, leitetete Munz den Chor. Theodor Munz war am 11. Mai 1868 in Seelbach bei Lahr als neuntes Kind des Schuh- machers und Landwirts Jakob Munz geboren worden. Sein Vater übte außerdem auch noch die Ämter des Gemeinderechners und des Waisenrichters in der kleinen Gemeinde aus. In seinem Geburtsort gründete der jugendli- che Munz den Männergesangverein Lieder- kranz, der auch seine ersten Kompositionen auffuhrte. Den begabten Musiker flihrte der Weg nach Abschluß seiner schulischen Aus- bildung am Gymnasium in Lahr in die badi- sche Residenzstadt Karlsruhe, wo er an dem von Heinrich Ordenstein geleiteten Groß- herzoglichen Konservatorium ausgebildet wurde. Sofort nach der erfolgreichen Ab- schlußprüfung im Jahr 1890 erhielt er dort auch eine Anstellung als Klavierlehrer. Noch während seiner Lehrtätigkeit am Konserva- torium übernahm er Organistendienst und Chorleitung an der Synagoge. Außerdem di- rigierte er verschiedene Chöre, darunter die beiden Mühlburger Männergesangvereine Liederkranz und Frohsinn. 1904 übernahm er flir fast 25 Jahre die Leitung des Karlsru- 286 her Instrumentalvereins, dessen "abwechs- lungsreiche Programme" von einem "anhäng· lichen Publikum" geschätzt wurden, wie ein zeitgenössischer Kenner der Karlsruher Mu- siklandschaft 1915 vermerkte. Zu diesem Zeit- punkt hatte Munz bereits zum zweiten Mal geheiratet. Aus der Ehe mit seiner ersten Ehe- frau Johanna waren drei Kinder hervorge- gangen, mit seiner zweiten Frau Ida, gebore- ne Issleiber, hatte er noch eine Tochter. Das eigene Konservatorium in der Amalien- straße 65 gründete er im September 1899 als "Pädagogium flir Musik". Da die Räume dort rasch zu klein wurden, zog das inzwischen in "Munzsches Konservatorium" umbenannte Institut in die Waidstraße 79. Dort erlebte die Musikschule, die im Jahr 1919 staatlich anerkannt wurde, in den 20er Jahren ihre Blütezeit. Zeitweise 1.500 Schüler wurden von den rund 50 Lehrkräften unterrichtet, Fi- lialen bestanden in Durlach, Ettlingen, Bretten und Bruchsal. So war es gewiß nicht über- trieben, wenn anläßlich seines 70. Geburtsta- ges festgestellt wurde, daß Theodor Munz in ftinf Jahrzehnten "Generationen von jungen Menschen und Schülern zu künstlerisch emp- findsamen Menschen, zu Musikfreunden und nicht zuletzt zu ausübenden oder schaffenden Tonkünstlern praktisch ausgebildet" hat. Sein bekanntester Schüler war der spätere Kom- ponist Hans Erich Apostel. Als weiterer Höhepunkt in der Entwick- lung des Munzschen Konservatoriums war im September 1932 der neue Konzertsaal auf dem Rückgelände des Anwesens Waidstraße 79 in Betrieb genommen worden. Dieser blieb im Gegensatz zum stark beschädigten Haupt- gebäude von Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg verschont, so daß er nach dem Krieg zunächst vom Kammertheater genutzt werden konnte. Theodor Munz starb am 28. Juli 1947. Ein Nachruf würdigte den "Kirchenkomponisten Theodor Munz", den Gründer des "landauf, landab als vorzügliche Musikerziehungsan- stalt bekannten Munzschen Konservatoriums, der das Institut fast ein halbes Jahrhundert hindurch mit unverminderter und sprichwört- lieh gewordener Tatkraft und Umsicht be- treute". Nach seinem Tode übernahm Sohn Theodor das Institut, das nach dessen Tod im Jahr 1975 geschlossen wurde. Ernst 0/10 Bräunehe Christian Friedrich Müller (1776-1821) Mit dem I. September 1797 beginnt ein bedeutendes Kapitel der Karlsruher Buch- handelsgeschichte, denn dieses Datum trägt die UrkWlde, mit der dem 21jährigen Buch- händler Christi an Friedrich Müller das Privi- leg zur Errichtung einer Buchhandlung erteilt wurde. Wenig später erhält er auch die Ge- nehmigung zur Anschaffung einer Buch- druckpresse. Damit war die formelle Grund- lage f1ir die Entwicklung der C. F. Müller' sehen Hofbuchhandlung geschaffen. Christi an Friedrich Müller war das achte Kind des Karlsruher Hofbuchbinders Chri- stian Andreas Müller. Nachdem ihn sein Va- ter in die Anfangsgründe des Buchbinder- handwerks eingeflihrt hatte, macht sich der junge Mann von 1791-1796 auf eine ftinf- jährige berufsbildende Wanderschaft, wäh- rend der er sich in wichtigen Städten des Buchhandels wie NÜfnberg, Leipzig, Prag und Frankfurt aufhielt. Er hatte sich entschlossen, Buchhändler zu werden. Diesem Ziel stellten sich indes unerwartete Hindernisse entgegen. Seine an die markgräfliehe Verwaltung ge- richteten Anträge versuchten vor allem die eingesessenen Konkurrenten Macklot und Schmieder zu Fall zu bringen. Ein an seinem bereits angernieteten Laden- lokal in der Langen Gasse - heute etwa zwi- schen Lamm- und Ritterstraße gelegen - an- gebrachtes Firmenschild "Müller' sehe Buch- handlung" läßt die Stadtverwaltung auf Be- treiben seiner Gegner entfernen. Sein Privileg erhält der zielstrebige junge Mann schließlich durch direkte Intervention des Markgrafen Karl Friedrich, der ihn aller- dings auf das wirtschaftliche Risiko seines Unterfangens ausdrücklich hinweisen ließ. Auch die strikten Zensurvorschriften der Zeit behindern publizistische Tätigkeit. Alle Druckprodukte mit mehr als 16 Seiten waren dem Zensor vorzulegen. Chr. Fr. Müller for- dert die Zensur - durch Kenntnis ihrer Lük- ken - wiederholt heraus, etwa durch anony- me Verfasserangaben oder durch fiktive Ver- lagsorte. Als anschauliches Beispiel konnte ein Titel wie der folgende gefunden werden: "Geheime und wichtige Nachrichten von Bruchrhein ( ... ). Für Bürger und Landleute, auch fur Staatsmänner lesbar. Rheinstram 1797". Müller erhält aber bereits 1803 das Privileg f1ir den Verlag des "Provinzialblattes der Badischen Markgrafschaft". 1804 wird eine Kupferdruckerei errichtet. 1806 bezieht die Familie und das Unternehmen das von 287 Chr. Fr. Müller errichtete zweistöckige Ge- schäftshaus in der Herrengasse 26 - heute Herreilstraße (später Sitz der Drogerie Roth). In diesen Jahren ensteht ein imposantes Ver- lagsprogramm, dessen Höhepunkt das Privi- leg flir die Herausgabe des Code Napoleon als Badisches Landrecht sowie die dazuge- hörigen 6 Bände der Erläuterungen von Staats- ratJ. F. N. Brauer in den Jahren 1809-1812 markieren. Die noch heute berühmte "Flora Badensis A1satica ( ... )" von Carl Christian Gmelin erscheint in wel1Voller Ausstattung 1805-1807. Die frühe Bekanntschaft mit Jo- hann Peter Hebel fuhrt dazu, daß dessen Er- ben der Witwe von Chr. Fr. Müller später die Rechte am gesamten literarischen Nachlaß des Dichters übertragen. Im Jahre 1807 stirbt seine Frau Wilhelmi- ne. die Ehe war kinderlos geblieben. Schon ein Jahr später heiratet Chr. Fr. Müller in Rastatt die Schwester seines Studienfreundes Carl Friedrich Bougine. Emestine war die Tochter von Carl Joseph Bougine, dem Amts- vorgänger von J. P. Hebel als Rektor des Gymnasiums. Aus dieser Ehe überlebten 2 von 5 Kindern, die Söhne Wilhelm und Carl, die später von ihrer Mutter die Geschäfte übernahmen. Kaum in die Herrengasse über- siedelt, beginnt Chr. Fr. Müller nach Plänen von Friedrich Weinbrenner mit dem Bau grö- ßerer Geschäftsgebäude auf dem Gelände Ecke Rittergasse - Zirkel, das sich später bis zur Lammstraße ausdehnt (heute Peek & Cloppenburg). Es bleibt flir 150 Jahre Sitz der Firma. Mit dem Erfolg beginnt sich die Gesundheit des rastlos tätigen Mannes zu ver- schlechtern. Christian Friedrich Müller, "nicht imstande ruhiges Verhalten zu üben", stirbt am 31. August 1821. ChrislojMüller-Wirlh Luise von Baden (1838-1923) Die Beerdigung der verstorbenen Großher- zogin von Baden vor 75 Jahren, am 27. April 1923 in Karlsruhe, war eine große Veranstal- tung. "In ununterbrochenem Zug bewegten 288 sich Tausende und Abertausende von Teilnehmern aus allen Schichten der Bevöl- kerung an der Aufbewahrungsstätte vorbei", berichtete der " Badische Beobachter". Ver- treter der republikanischen Regierung fehl- ten, aber ein Ministerialrat legte im Auftrag des Staatsministeriums am Sarge einen Kranz nieder mit der Schleifenaufschrift " Der Wohltäterin der badischen Heimat". Und das war auch der Grund für die Anhänglichkeit funf Jahre nach dem I. Weltkrieg an eine Preußin, die bei ihrem ersten Empfang in Baden 1856 wahrlich nicht all jene Erinnerungen an ihren Vater, Prinz Wilhelm, auslöschen konnte, der als "Kar- tätschenprinz" 1849 die badischen Re- volutionstruppen zerrieben hatte. Mit 15 lernte sie, die geborene Berlinerin, Friedrich v. Baden kennen. Eine Liebesheirat, auch wenn Ehemann und Vater politische Aspekte mit der Anlehnung Badens an Preußen verbanden, und ihre glückliche Ehe in 51 Jahren galt als Vorbild im Lande. Mit Intensität, die ihr ganzes Leben kennzeichne- te, versenkte sie sich in die badische Geschichte, ging als junge Fürstin häufig in das Theater und protokollierte Lektüre, Gespräche, Gedanken. Eine Tochter, Victoria, später Königin von Schweden, und zwei Söhne wurden geboren. Der Jüngste, Ludwig, starb mit 23 Jahren 1888. Der Älteste wurde 1907 der letzte badische Großherzog Fried- rich 11. Anfangs nahm sie an den Konferenzen ihres Mannes mit den Ministern teil, wenngleich sie manche politischen Schachzü- ge nicht ohne Mühe akzeptieren konnte, ja Tränen standen in ihren Augen, als sie 1866 badische Truppen gegen die preußische Main-Annee ausrücken sah. Um so stolzer war der Augenblick, als im Januar 1871 ihr Mann im Versailler Schloß das Hoch auf ihren Vater, Kaiser Wi1helm 1., ausrufen konnte. Aber sie beschränkte sich nicht auf das übliche Hofleben. Frühzeitig, 1859, gründete sie den "Badischen Frauenverein" in der Nachfolge von Organisationen, die schon die Großherzoginnen Stephanie 1813 und Sophie 1831 ins Leben gerufen hatten. Luise empfand sich hier nicht als reine Repräsen- tationsfigur, sondern als mitreißende Organi- satorin, die landauf landab fuhr, um in den kleinsten Gemeinden dieser Schwester, jener Helferin - bei blendendem Narnensgedächtnis bis ins hohe Alter - mit einem Bild, einer Medaille als Anerkennung flir jene Solidarität zu danken, die bei wachsenden sozialen Problemen im rasch sich industrialisierenden Baden nötig wurde. Die 6 Abteilungen des Frauenvereins betreuten Krankenpflege wie Kliniken, Kin- derkrippen wie Altersheime. Besonderer Wert wurde auf die Frauenbildung gelegt, und das fing bei Kochschulen an und reichte bis zur Vorbereitung zur Haushaltungslehrerin. Mit dem Mädchenschulwesen nahm Baden eine flihrende Position ein, und in der "Frauenfrage" galt Luise als jene, der es gegeben war, "aus dem Alten in das Neue hineinzugehen." In der refornlierten Gemein- deordnung 1910 war es verpflichtend, daß in "Kommissionen für das Annenwesen, für Unterrichts- und Erziehungsangelegenheiten, fur das öffentliche Gesundheitswesen Frauen als Mitglieder angehören müssen", ja ein Viertel mit Sitz und Stimme einnehmen sollten. Getragen wurde Luise von tiefer Religiösität, rur manche in sehr pietistischem Sinne. Diese gab ihr wohl auch die Gelassenheit, als sie nach plötzlichem Abzug aus dem Karlsruher Schloß im November 1918 und der Abdan- kung ihres Sohnes ihre letzten Lebensjahre verbrachte oder war es Unverständnis fur den Umbruch der Zeiten? "Ich möchte 150 Jahre alt werden", sagte sie, "um die Wiederauf- richtung des deutschen Volkes zu erleben." Die Trauerfeier in der Weimarer Republik war jedenfalls mehr als eine Reverenz der alten Minister und Beamten. Die Badener hatten eine Preußin als "Wohltäterin ihrer Heimat" erlebt. Leonhard Müller 289 Leopold Rückert (1881-1942) Am 11. November 1942 starb in Karlsnme ein Versicherungsvertreter an einem Herz- schlag. Angeblich soll er kurz vor seinem Tod von der Gestapo verhört worden sein. Der Mann hieß Leopold Rückert. Mit seiner Geburtsstadt Karlsruhe, wo Rückert arn 20. April 1881 zur Welt ge- kommmen war, blieb er stets eng verbunden. 1905 übernahm er die GeschäftsfUhrung des Metallarbeiterverbandes in Karlsruhe und empfahl sich mit Tatkraft und Sachverstand als effizienter Interessenvertreter seiner Kli- entel. So erfolgte 1909 die Wahl des SPD- Politikers in den Bürgerausschuß und die Karlsruher Stadtverordnetenversarnmlung. Die Tatsache, daß in Karlsruhe im No- vember 1918 die Weichen fUr die politische Zukwtft Badens im Zuge der Revolution ge- stellt wurden, katapultierte ihn schlagartig in die erste Reihe der Politik. Am Vormittag des 10. November 1918 spielte Rückert bei der Erstellung der Ministerliste fUr die provisori- 290 sehe badische Regierung im Karlsruher Rat- haus die fUhrende Rolle, wobei er sich be- mühte, Männer fUr Regierungsämter zu ge- winnen, die auch jeweils bei den anderen Parteien geschätzt wurden. Er suchte in der Stunde des Umsturzes eine möglichst breite Grundlage fUr die provisorische Regierung mit ihren sch\vierigen Aufgaben. Dabei ging er so zurückhaltend vor, daß er auf die Frage, welches Ressort er, Rückert, zu übernehmen gedenke, antwortete, er könne sich doch nicht selbst auf die Ministerliste setzen. Schließ- lich trat er an die Spitze des neugebildeten Verkehrsministeriums. Rückert ließ sich fUr die SPD auch fur die Parlamentswahlen des Januar 1919 aufstel- len. Er wurde nicht nur als Vertreter des Wahl- kreises Karlsruhe in die Badische National- versammlung gewählt, sondern auch in die Deutsche NationalversammlUng in Weimar. Auf Reichs- und Landesebene beteiligte sich Rückert maßgeblich an den Arbeiten zur Schaffung neuer verfassungsmäßiger Grund- lagen. Er befUrwortete eine starke Position der Reichsregierung und den Abbau der Reservatrechte der Länder, war aber ein Geg- ner der Finanzreform Erzbergers, die die Reichsfmanzen und damit die Zentralgewalt sehr stärkte. Daher forderte Rückert, die Län- der müßten auf grund ihrer wichtigen kultu- rellen und sozialen Aufgaben das Zuschlags- recht zur Einkommens- und Körperschafts- steuer bekommen. Bei der Neuformation der Staatsregierung nach der neuen Verfassung im Frühjahr 1919 wechselte Rückert, dessen bisheriges Mini- sterium aufgelöst wurde, an die Spitze des Sozial- und Arbeitsministeriums. In den Jah- ren nach Ende des Krieges mit seinen zahl- reichen Problemen der Reintegration von Sol- daten ins Arbeitsleben, Arbeitslosigkeit, Nah- rungsmittelmangel, Preistreiberei u. a. war der Minister auch hier wieder besonders ge- fordert und setzte alles daran, die Lage be- sonders der änneren Bevölkerungsschichten zu bessern. Im Zuge eines in Konkurs gerate- nen Siedlungsunternehmens, fiir das er sich sehr eingesetzt hatte, geriet Rückert politisch stark unter Druck. Er trat am 19. Januar 1921 von seinem Amt zurück. Fortan konzentrierte er sich neben seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsfiihrer im Zentralverband der Angestellten und Landes- vorsitzender der freien Angestelltenverbände auf seine parlamentarischen Aufgaben. Als Parlamentarier vermochte Rückert eine rege und vielgestaltige Tätigkeit zu entfalten. Die SPD-Fraktion wählte ihn 1925 zum 3. , 1928 zum 2. und 1931 schließlich zu ihrem I. Vor- sitzenden. Ende Juni 1931 wurde Rückert vom Land- tag zum Staatsrat gewählt. Ein Jahr später wurde er mit der Wahrnehmung der Geschäf- te des Innenministers betraut, d. h. er tat die Arbeit, fuhrte aber nicht den Titel eines Mi- nisters. Als letzter Vertreter der SPD in der Regierung vom Zentrum dominierten Regie- rung hatte Rückert die schwere Aufgabe zu meistern, zugleich den Einfluß der SPD im Kabinett geltend zu machen und mit seinen Kollegen von den anderen Parteien gut zu- sanunenzuarbeiten, um den rein sachlichen Erfordernissen seines Amtes genügen zu kön- nen. Im November 1932 trat er als Staatsrat und Leiter des Innenministeriums zurück. Die von den Nationalsozialisten ausge- hende Gefahr erkannte Rückert sehr deutlich. Mit scharfen Worten trat er im Landtag der verleumderischen Agitation der National- sozialisten entgegen, die den Parlamentaris- mus und den freien Willen des Volkes kne- beln wollten und selbst zu keiner konstrukti- ven Leistung fahig seien. Im Frühjahr 1933 w-.trde der 52jährige in "Schutzhaft" genom- men. Als Rückert neun Jahre später starb, war er körperlich, aber nicht geistig ein gebrochener Mann. Frank Raberg 291 Carlsruher Blickpunkte Der Gutenbergplatz. Von der Richtstätte zum Marktplatz Plätze in der Stadt erfullen vielfaltige Funktionen. Sie gliedern den Stadtraum und sind somit Orientierungspunkte. Sie sind zentrale Orteftir Märkte und Feste, dienen als Verkehrsverteiler oder grüne Oasen inl Häu- senneer. Zugleich spielen sie aber auch eine Rolle bei der Selbstdarstellung der Stadt durch die geltenden Baubestimmungen und die dort aufgestellten Denkmäler, Brunnen oder Freiplastiken. Es gibt städtische Plätze, die über Jahrhunderte im wesentlichen unverändert ihre Zweckbestimmung beibe- hielten. Andere aber wandelten unter dem Einfluß der Zeitläufe ihren eharak1er entscheidend. Hier soll als Beispiel eines solchen Platzes der Gutenbergplatz in den Blickpunkt gerückt werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schickte sich Karlsruhe an, aus einer kleinen Resi- denzstadt zur Hauptstadt eines deutschen Mittelstaates zu werden. Damals lag weit vor den Toren der Stadt zwischen Weiden, Wiesen und Hardtwald auf dem Weg nach Mühlburg die Richtstätte des Stadtbannes Karlsruhe. Dorthin strömten am 27. März 1829 zahlreiche Schaulustige, um die Hin- richtung der Brüder Damian und Qualibert Maisch mitzuerleben. Sie hatten fast zwei Jahre zuvor einen Raubmord an dem Melker Johann Reinhard verübt. Bürgerkavallerie und Militär war aufgeboten, die Menge im Zaum zu halten und den geordneten Ablauf des Vollzugs der Todesurteile zu sichern. Der Scharfrichter trennte "durch zwei glückliche Streiche die Köpfer beider von ihrem Rumpfe, und zwar zuerst jenen des Qualibert, und dannjenen des Damian", der als Anstifter der Tat den Tod seines Bruders miterleben mußte. Das durchaus nicht unübliche Spek1a- Hinrichtung der Brüder Qualiberlllnd Damian Maisch am 27. März 1829. kel, die Köpfe auf Pfahle aufzustecken, war auf Befehl des Großherzogs unterblieben. Wie sich herausstellte, sollte dies die letzte Hinrichtung auf dieser Richtstätte sein. Die öffentliche Vollstreck"UIlg eines Todesurteils fand in Baden zum letzten Mal 1854 in Rüppurr statt. Die ehemalige Richtstätte zwischen der nach Mühlburg fuhrenden Allee und dem Landgraben verpachtete die Stadt im Jahre 1865 an die Schützengesellschaft. Deren Verbleib auf dem Gelände an der Rüppurrer-/Schützenstraße machte der Bau der Südstadt unmöglich. 1867 wurden mit einem festlichen Landesschießen das neue Vereinsheim und die Schießstände an der Mühlburger Allee eingeweiht. Wo vonnals zum Tode Verurteilte hingerichtet wurden, fanden nun Schießübungen statt. Das Wachstum der Stadt holte den Schützenverein 293 jedoch schon 24 Jahre später ein. Im Jahre 1886 war Mühlburg eingemeindet worden und entlang der in Kaiserallee umbenannten Straße nach Mühlburg wuchsen neue Stadt- viertel. 1891 bezog die Schützengesellschaft ein neues Heim im Hardtwald. Zwischen Kaiserallee und Kriegs- bzw. Weinbrennerstraße entstand ein Quartier aus Miethäusern, Handwerks- und Industriebetrie- ben. Hier lebten Arbeiter, Angestellte und kleine Gewerbetreibende. Stadtteilprägendes ZentrunI der Weststadt sollte nach dem Willen der Karlsruher Stadtplaner der Gutenbergplatz werden. Für die Anlage eines Platzes waren sicher die Gedanken von Reinhard Baumeister maßgeblich. Er gilt mit seiner Schrift " Stadterweiterung in techni- scher, baupolizeilicher und wirtschaftlicher Beziehung" als Begründer des wissenschaft- lichen Städtebaus. Begrünte Freiflächen waren bei der Neuplanung von Stadtteilen nach seiner Auffassung unbedingt notwendig. Baumeister, Professor an der Tec1mischen Hochschule, war 1891-1908 zugleich Stadt- verordneter in Karlsruhe. Von 1897-1911 entstand der 'Gutenberg- platz und seine Randbebauung. 1904 war entschieden, daß entgegen Baumeisters Vorstellungen eine Parkanlage nicht möglich war. Der bisher in der Sophienstraße- sie war nach der Überdeckung des Landgrabens entstanden - abgehaltene Markt wurde auf den neuen Platz verlegt. Eine Doppelreihe Linden und ein 1908 enthüllter monunlentaler Brunnen von Friedrich Ratzel gaben ilml sein charakteristisches Aussehen. An seiner Nord- 294 seite entstanden 1898-1902 und 1905-1908 die Gebäude für eine Mädchen- und eine Knabenvolksschule. An der Sophienstraße im Süden erhielt die Gutenbergschule mit dem Neubau des Mädchengymnasiums von 1908- 1911 ein bauliches Gegenüber. "Unter der Führung ihrer Lehrer und Lehrerinnen zogen am Vormittag des 1. Okiober 1900 die Schülerinnen mit klingen- dem Spiel und fliegenden Fahnen nach dem neuen Heim auf dem ehemaligen Schützen- platze. " Sie kamen aus dem Schulhaus Wald- straße 83, das von den Schülerinnen des Mädchengynmasiums benötigt wurde. Acht Jahre später sagte der Leiter der neuen Knabenvolksschule bei der Eröffnung, mögli- cherweise inspiriert von dem entstehenden Brunnen auf dem Gutenbergplatz: " Möge das neue Gebäude ein Bromlen der Volksbildung werden, dessen Strahlen ausgehen zum Segen der Schule, der Gemeinde und des Vaterlan- des." Nach dem Heaker und den Schützen hatten nun also die Pädagogen und ihre Schützlinge dem Platz eine neue friedfertige- re Funktion gegeben. Seit 1923 erfullen einmal im Jahr die Kinder auch den neuen Platz mit Leben. Der Bürgerverein Weststadt veranstaltete damals das erste Lindenblütenfest, mit dem der Jugend einige Stunden ungetrübter Lebens- freude geschenkt werden sollte. Zentrum der Weststadt, Marktplatz, Festplatz, das ist der Gutenbergplatz seitdem geblieben. Die zusätzliche Aufgabe, Parkplatz zu sein, erhielt er erst im Laufe der zmlelmlenden Motorisierung mlserer Tage. Man/red Koch Der Wettbewerb um ein Denkmal für die Fliegeropfer des Ersten Weltkrieges Karlsruhe zählt zu den wenigen Städten in Deutschland, die nicht erst im Zweiten Weltkrieg, sondern bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts den schrecklichen Folgen der modemen Luftkriegstechnik ausgesetzt wa- ren. Die verheerendsten Folgen hatte die französische Fliegeroffensive vom 22. Juni 1916, als die etwas zu früh ausgelösten Bomben, die eigentlich das alte Bahnhofs- gebäude an der Kriegsstraße treffen sollten, in eine Menschenmenge aru Festplatz fielen. Dort gastierte gerade der Zirkus Hagenbeck; einige hundert Besucher, vor allem Kinder und Jugendliche, befanden sich im Zirkuszelt. Bilanz des Blutbades aru Fronleichnamstag 1916: 169 Verletzte und 120 Tote, darunter 71 Kinder. Fürdie Fliegeropfer des Ersten Weltkrieges wurde seit 1915 auf dem Karlsruher Haupt- friedhof ein gemeinsarues Bestattungsfeld angelegt. Zwei Grabreihen bildeten zunächst ein spitzes, offenes Dreieck, in dessen Innern im Verlauf der Kriegsjahre !Unf weitere Reihen angelegt werden mußten. Die Stadt Karlsruhe übernahm die Kosten fur die Beerdigung der getöteten Zivilpersonen; die gartenarchitektonische Gestaltung und die Pflege des Gräberfeldes wurde der Städti- schen Gartendirektion übertragen. Zunächst markierten einfache schwarze Holzkreuze die einzelnen Ruhestätten, Ende der zwanziger Jahre wurden sie durch einheitliche Gedenk- steine ersetzt. Für die äußere Reihe des dreieckigen Feldes wählte man schlichte Stelen, !Ur die Gräber der Innenfläche stili- sierte Steinkreuze. Die Idee, auf der Ruhestätte ein kollektives Erinnerungszeichen !Ur die Opfer der Flieger- angriffe in Karlsruhe zu errichten, war von Wetlbewerbsmodell von Karl Walllllnd Wladimir Zabo/in. Anfang an mit den Planungen der Anlage verbunden gewesen. Konkrete Formen nahm das Vorhaben seit Oktober 1919 an, als sich der "Künstlerverband Badischer Bildhauer" mit der Bitte an die Stadt wandte, die schlechte wirtschaftliche Lage der freiberuf- lich arbeitenden Bildhauer durch öffentliche Ankäufe und Wettbewerbe zu verbessern. Dabei brachte man auch das projektierte Denkmal fur die Fliegeropfer und das Ehrenmal auf dem Kriegerfriedhof wieder in Erinnerung. Der Vorschlag fand positive 295 Resonanz; bereits wenige Monate später konnten die vom Städtischen Hochbauamt ausgearbeiteten Wettbewerbsbedingungen bekanntgegeben werden. Bis zum Abgabeterrnin im Dezember 1920 gingen 14 Entwürfe flir das Denkmal auf der Grabstätte der Fliegeropfer und 21 Modelle für das Soldatenehrenmal ein. Die Jury, der auch die Bildhauer Alfred Lörcher aus Stuttgart und Hubert Netzer aus Düsseldorf angehörten, verlieh den ersten Preis für das Fliegeropferdenkmal einstinunig der Ge- meinschaftsarbeit von Karl Dietrich und Arthur Valdenaire. Sie zeigt eine neoklassizi- stische Wandarchitekiur mit einer sitzenden Frauengestalt, die ein kleines Kind in ihren Armen hält. Der zweite Preis wurde dem Entwurf von Emil Sutor zugesprochen, der gleichfalls eine Mutter-w1d-Kind-Gruppe eingereicht hatte, dieser jedoch durch die anklagend-verzweifel te Gebärdensprache sei- ner Figuren eine ungleich ausdrucksstärkere Wirk=g verlieh. Den dritten Preis vergab die Jury schließlich an Herrnann Binz, dessen Modell eine weibliche Gestalt veranschau- licht, die mit pathetischer Geste vor ihrem toten Kind kniet. Auffallend ist, daß sich nur wenige der eingesandten Arbeiten nicht auf das Grundmotiv der Mutter mit ihrem Kind zurückführen lassen, das offensichtlich be- sonders geeignet erschien, um an den gewaltsamen Tod der Zivilpersonen und insbesondere der zahlreichen Kinder und 296 Jugendlichen zu erinnern. Zu diesen andersar- tigen Entwürfen gehört auch der von der Jury nicht beachtete Vorschlag von Karl Wahl und Wladirnir Zabotin, die gemeinsam bereits für den Wettbewerb um das Kriegerehrenmal auf dem Hauptfriedhof eine ungewöhnliche Kon- zeption erarbeitet hatten. Ihr Modell für das Fliegeropferrnonument fuhrt eine gleichsam wörtliche Umsetzung des Geschehens vor Augen: An einem hohen, schlanken Obelis- ken stürzt das Verderben aus der Luft herab, während unten am Boden ein sterbendes Opfer liegt. 1m Anschluß an die Denkmalskankurrenz wurden im Verlauf der zwanziger Jahre immer wieder Anstrengungen untemanunen, um das projektierte Erinnerungszeichen auf dem Gräberfeld der Fliegerapfer zu errichten. Doch alle Bemühungen un1 seine Realisie- rung scheiterten letztlich an den mangelnden finanziellen Möglichkeiten. Erst in jüngster Vergangenheit, als man des 75 . Jahrestages der ersten Luftangriffe van ·1915 und vor allem 1916 gedachte, wurde erneut der Wunsch geäußert, auf der Ruhestätte der Flie- geropferdes Ersten Weltkrieges ein Mahmnal aufzustellen. Seit 1993 erhebt sich an dem ursprünglich dafür vorgesehenen Ort die von Gerhard Huber geschaffene Gedenksäule: eine schmale Stele, bekrönt von einem auf die Spitze gestellten Würfel, dessen instabile Lage sinnbildhaft an den gewaltsamen Tod aus der Luft erilmert. UrslI!a Merke! Ehemaliges Zeughaus beim Durlacher Tor Nur wenige Gebäude der Zeit vor 1800 haben sich in der Karlsruher Kemstadt er- halten. Der tiefgreifende wirtschaftliche und städtebauliche Wandel, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, aber nicht zuletzt auch die geringe Identifikation einer breiteren Öf- fentlichkeit mit den eher schlichten Einzel- bauten fUhrten bis in unsere Gegenwart hinein immer wieder zu Abbrüchen originaler Bau- substanz aus der Frühzeit von Karlsruhe. Um so bedeutender sind die noch vorhandenen baulichen Dokwnente, die etwas vom ur- sprünglichen Charakter der kleinen Residenz- stadt des 18. Jahrhunderts vermitteln. Zu ihnen zählt eine nur selten beachtete Gebäudegruppe am Beginn der östlichen Kaiserstraße unweit des Durlacher-Tor- Platzes, die heute Teil des Areals der Univer- sität ist. Schon auf den ersten Blick erkennt man den städtebaulichen Anspruch der sym- metrisch angeordneten zwei- bis dreigeschos- sigen Bauten. Wie bei einer barocken Schloß- anlage flankieren einheitliche Häuser einen zurückliegenden höheren, von einem Dach- reiter bekrönten Hauptbau. Der so entstehen- de Vorhof wird an der Straße von Stake- tengittem zwischen hohen Sandsteinpfeilem abgeschlossen. In der Mittelachse öffnet sich ein monumentales Tor. Proportionen, Gliede- rungen und Schmuckformen der Architektur verweisen auf den sogenarmten Louis-Seize- oder Zopfstil, wie er in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebräuchlich war. Tatsächlich handelt es sich um ein Werk des ftihrenden Vertreters dieses spätbarocken Stils in Karlsruhe, des markgräflichen Bau- inspektors Wilhelm Jeremias Müller (J 725- 180 I), von dem neben der Kleinen Kirche und dem früheren Archivbau am Zirkel eine große Anzahl von heute verschwundenen Schloß- nebengebäuden und Wohnhäusem stammten. Er hatte 1777 den Auftrag zur Neuerrichtung des Durlacher Tores erhalten, das zuvor ein unanselmlicher Bretterdurchlaß war. Wäh- rend der Planung schlug Müller vor, ebenfalls notwendig gewordene. Neubauten ftir das Jagdzeughaus, das Hofgärtner- und das Rü- denmeisterhaus in einer geschlossenen Anla- ge zusammenzufassen und diese in unmittel- barer Nähe zum neuen Tor anzuordnen. In Verbindung mit dem ebenfalls nach den Vor- stellungen des Architekten auf der gegenüber- 297 liegenden Südseite der Langen Straße er- richteten " Gasthaus zum Grünen Baum" soll- te so rur den damals am meisten frequentier- ten Stadtzugang ein würdiges Entree geschaf- fen werden. Die Ausruhrung dieses Projekts zog sich in mehreren Bauabschnitten bis 1786 hin. Im Hauptbau fanden dann die Utensilien rur die markgräfliche Jagd - Kutschen, Pfer- degeschirr, Gewehre, Netze, Hörner etc. - ei- ne angemessene Unterbringung. Die Lage dieses Zeughauses am Rand des Fasanen- gartens, dem Ausgangspunkt rurstlicher Jagdbelustigungen, die damals im höfischen Zeremoniell noch eine feste Rolle spielten, konnte nicht besser sein, ebenso wie die Plazierung der seitlichen Dienstwohnhäuser fur den Verantwortlichen der markgräflichen Hundemeute und rur den Hofgärtner, dessen geometrisch gegliederte Küchengärten sich unweit vor dem Durlacher Tor beiderseits der geradlinigen Pappelallee nach Durlach aus- dehnten. Eine grundsätzliche Veränderung in der Nutzung brachten die Napoleonischen Kriege mit sich. 1804 wurde das Jagdzeughaus dem neu organisierten Militär als Arsenal rur Feldgeschütze, Handfeuerwaffen, Beklei- dung und sonstige Heeresausrüstung überlas- sen. Der Bau wurde dafur bis 1806 um ein Stockwerk erhöht und erhielt dabei sein heu- tiges Aussehen. Die neuc militärische Funk- tion konnte man nun am Außenbau durch Bauschmuck des Bildhauers und Hofstuk- kateurs Tobias Günther ablesen, neben einem 298 Wappenrelief im Giebel zwei T rophäengrup- pen mit lebensgroßen Figuren von Mars und Minerva rechts und links am Hauptportal, die unverständlicherweise in den 1960er Jahren beseitigt wurden. Am 13 . Mai 1849 war das Zeughaus Schauplatz eines blutigen Straßen- kampfes, als Revolutionäre versuchten, den Bau zu stürmen, um der darin gelagerten Waffen habhaft zu werden. Zwar blieb die Verteidigung durch Soldaten und Karlsruher Bürgerwehr erfolgreich; der Aufruhr veran- laßte die großherzogliche Familie indes, schlewligst aus der Stadt zu fliehen. Noch bis Zunl Ende des Ersten Weltkrieges hatte das Heer im Zeughaus das Sagen, die beiden Nebengebäude dienten zeitweise teils Wolm-, teils Verwaltungszwecken. Im Zweiten Welt- krieg brannte der Hauptbau aus, in ilml gingen wertvolle Exponate des Badischen Verkehrs- museunIS zugrunde, das in den zwanziger Jahren hier eingerichtet worden war und an das heute nur noch eine im Freien aufgestellte Lokomotive erinnert. Nach dem Wiederauf- bau in den alten Außenrnauem, der 1953 bis 1955 erfolgte, zog das Verkehrstechnische Institut der Hochschule ein. Und schließlich beherbergt der Zeughauskomplex seit weni- gen Jahren noch eine weitere Einrichtung der Universität: das Südwestdeutsche Archiv rur Architektur und Ingenieurbau, das in seinen angeschlossenen Ausstellungsräumen der "Architekturgalerie am Zeughaus" von Zeit zu Zeit Einblicke in seine Bestände präsen- tiert. Gerhard Kabierske Bunkerreste auf dem Turmberg Nahe dem Rittnerthof zweigt von der Jean- Ritzert-Straße ein Feldweg zur Ringelberghohl nach Grötzingen ab. Spaziergänger werden das kleine Dickicht aus niedrigen Bäumen, Büschen und Brombeerhecken links des Weges kaum beachten. Es birgt jedoch einen besonderen Blickpunkt zur Karlsruher Stadt- geschichte: Im Sommer durch Blattwerk nahezu völlig verdeckt, findet man hier einige Stufen, die zu einer schweren Eisentür hinabfuhren. Dies sind die Bunkerreste einer Feuerstellung ftir Flugabwehrkanonen (Flak) aus dem Zweiten Weltkrieg. 1941 zwangen die zunehmenden britischen Luftangriffe weit hinter der Front zu einer Verstärkung der Luftabwehr. Zum Schutz der Stadt errichtete das zuständige Flakartillerie- kommando ringsum auf Acker- oder Garten- fl ächen insgesamt 15 FlaksteIlungen. Den städtischen Akten über die dabei entstande- nen Kriegsschäden ist zu entnehmen, daß als erste 1941 die Batterie Fritschlach in Dax- landen eingerichtet wurde. Im selben Jahr folgten noch drei weitere. Die 1943 ausge- baute Groß batterie Deckelhaube nördlich von Knielingen verfugte als größte Stellung über 18 der 8,8-cm-Geschütze. Sie hatte die Form eines Dreiecks mit einer Seitenlänge von je rund 250 Metern. Andere Stellungen wie die bei der Deutschen Waffen- und Mu- nitionsfabrik (später IWKA) oder die auf dem Turmberg waren etwas kleiner. Neben den Geschützen und den besonders gesicherten Funkeinrichtungen gehörten zu einer Stellung auch die Baracken fur etwa 11 0 Mann Be- satzung. Als sich die Niederlage der 6. Armee in Stalingrad abzeichnete, begann die national- sozialistische Führung mit der Ausschöpfung aller Kraftreserven, mit dem "totalen Krieg". Bereits am 5. Dezember 1942 ordnete die Reichsstelle rur Schuhvcsen in Berlin die na- mentliche Erfassung der Schüler der Jahr- gänge 1926127 und der Schülerinnen der Jahrgänge 1925 und älter an. Um etwa 170000 Flaksoldaten an die Front schicken zu können, sollten 250 000 Jungen als Luft- waffenhelfer (LwH), die Mädchen bei den Scheinwerferbatterien und in, Funkdienst eingesetzt werden. Bis zu 50 Prozent des Personals - oft auch mehr - stellten fortan die LwH, die ihre Abl.iirzung ironisch als "Letzte Hoffnung" lasen. In Karlsruhe erhielten die betroffenen Schüler am 12. Februar 1943 ihre Einberu- fung. Die Auftistung der Tagesereignisse ei- neS Luftwaffenhelfers zeigt, daß die 16jähri- gen nicht nur an den Kanonen ausgebildet, sondern auch mit mehrfachem Nachtexer- zieren "geschliffen" wurden. Zun, Schießen kanlen die Jungen 1943 nur 17 mal, einen Angriff auf die Stadt erlebten sie nicht. Ganz anders erging es den Jahrgängen 1927128, die 299 Anfang 1944 einrückten. Einer von ihnen, der nördlich Hagsfeld eingesetzt war, erinnert sich aß die Bombennacht vom 24.125. April 1944: "Mitten in der Nacht wurden wir alarmiert. Ein Inferno folgte. In immer neuen Wellen luden die englischen Nachtbomber ihre tödliche Fracht über Hagsfeld und Rintheim ab. Schon nach der ersten Welle waren wir schießunnihig gebombt. Sämtliche Unterkünfte brannten. Für mich ein Wunder: Unter den Geschützbesatzungen gab es keine Toten." Die zu Soldaten gemachten Kinder waren aber zugleich noch Schüler, die in ihren Stellungen unterrichtet wurden - eine Dop- pelbelastung, die die Grenzen der Leistungs- fahigkeit oft überschritt. Da "aus den Reihen dieser Schüler künftig der Nachwuchs ftir die geistig ftihrenden Berufe unseres Volkes gestellt werden soll" , sei diesem Unterricht besondere Aufmerksamkeit zu widmen, for- derte der badische Kultusminister im Februar 1943. Anfangs war ein sinnvoller Unterricht mit 18 Wochenstunden noch möglich, da die Klassen geschlossen in die Stellungen ein- gewiesen wurden. Von einem geregelten Notunterricht war aber nicht mehr zu spre- chen, als die Luftwaffenhelfer seit August 1943 mit ihren Batterien auch weit außerhalb der Landesgrenzen verlegt wurden. 1944 waren Schüler von 72 auswärtigen Schulen hier im Einsatz. Die Eltern und der Karlsruher Betreutingslehrer zeigten wenig Verständnis daftir, daß Salzburger Schüler in Karlsruhe, Karlsruher in Sachsen und Würt- 300 temberger in Salzburg eingesetzt wurden. In Berlin aber tobte Hermann Göring, als sich die Beschwerden häuften: "Im Großdeutschen Reich hat bis jetzt keiner zu meutern gewagt! Wollen ausgerechnet die Eltern von Pimpfen jetzt den Anfang machen?" Als man die ersten Flakhelfer im Januar 1944 entließ, urteilte einer in seinen 1944 niedergeschriebenen Erinnerungen: "So war ein Jahr herumgebracht, vielleicht das leerste meines Lebens." Die Jungen karnen zum Reichsarbeitsdienst, dem der Kriegsdienst folgte. Die gymnasialen Achtkläßler erhielten ein Reifezeugnis, bei dessen Ausstellung "männliche Reife" und " soldatische Einsatz- bereitschaft" besonders berücksichtigt wer- den sollten. Sicher fuhlten sich die Schüler- soldaten schon als Männer und verbaten sich das Mitleid jener, die die "armen Kinder" bedauerten. Ihr Erleben ging aber seit den schweren Angriffen auf die Stadt 1944 weit über kindgemäße Erfahrung hinaus. Sie ließ sich nun nicht mehr mit Leere als vielmehr mit Schrecken und Grauen umschreiben. Was die Überreste der FlaksteIlung auf dem Turmberg 50 Jahre nach den schweren Lnft- angriffen auf die Stadt Zunl BlickpUnkt macht, ist nicht allein das Versagen der Lnftabwehr, die mit unzulänglichen Mitteln eine erdrük- kende feindliche Luftüberlegenheit abwehren sollte. Diese Überbleibsel des vom national- sozialistischen Deutschland entfesselten Zwei- ten Weltkrieges erinnern auch an die um einen Teil ihrer Jugend betrogenen Lnftwaffen- helfer. Manfred Koch Das Durlacher Bismarck-Denkmal in der Kanzlerstraße Die hochrangigen Vertreter der Staats- und Gemeindebehärden, die Offiziere des hiesi- gen Trainbataillons, der Militärverein, der Artilleriebund St. Barbara, der Leibgrenadier- Verein Durlach, eine Abordnung der Freiwil- ligen Feuerwehr, die Schützengesellschaft, Turnverein und Turnerbund, die Beamten der Gritznerschen und Seboldschen Fabrik und zahlreiche Zuschauer waren am 20. Oktober 1907 bei der Kreuzung Bismarckstraße und Palmeienslraße erschienen, um der Einwei- hung des Durlacher Bismarck-Denkmales beizuwohnen. Anläßlich der Enthüllung wa- ren zahlreiche Musik- und Wortbeiträge vor- gesehen. Amtmann May würdigte in seiner Festrede das Wirken des ehemaligen Reichs- kanzlers. Der Vorstand des Bismarckvereins berichtete über den Werdegang des Projektes. Stadtpfarrer Specht brachte einen Toast auf Kaiser und Großherzog aus, und Hauptlehrer Kasper endete seine Ausführung zum Wesen des deutschen Volkes ebenfalls mit einem Toast. Das Durlacher Wochenblatt berichtete in zwei Ausgaben ausführlich über das Ereignis und das Monunlent: "Das Denkmal, der gewaltige Granitblock in seiner urwüch- sigen Kraft des ersten, des eisernen Reichs- kanzlers, der im politischen Sturm auch stets unerschütterlich dastand wie ein Fels." Ein hoch aufgerichteter, monolithischer Granitblock, der sich nach oben verjüngt, nimmt auf seiner flachen Seite das reliefierte " Bildnis des Fürsten auf. Es wurde leicht vertieft angebracht. Otto von Bismarck ist in strengem Profil olme Kopfbedecl<lmg wie- dergegeben. Er trägt die charakteristische Unifornl mit Stehkragen. ' Der Geburtstag des ReichsgTÜnders, der sich am I. April 1995 zum 180. Male jähren wird, wurde auch in Badenjedes Jahr festlich begangen. Zu seinem 80. Geburtstag erhielt Bismarck zahlreiche Geschenke und wurde mit Ehrungen regelrecht überhäuft. Eine Delegation der neun badischen Städte der 301 Städteverordnung überbrachte ihm in Frie- drichsruh am 12. Juni 1895 die gemeinsame Ehrenbürgerurkunde. Der Direktor der Karls- ruher Kunstgewerbeschule Professor Her- mann Götz hatte sie entworfen. Nach dem Tode Bismarcks 1898 setzte eine wahre Denkmalsflut ein. So rief die deutsche Stu- dentenschaft landesweit zur Errichtung von Bismarck-Türmen auf, die sich auf den Bergen des Reiches erheben sollten. Hierzu gehört die Bismarck-Säule der Karlsruher Studentenschaft, die 190 I am Südhang des Wattkopfes in Ettlingen nach dem Entwurf von Friedrich Ratzel erstellt wurde. In der Residenzstadt Karlsruhe sammelte man seit 1898 ebenfalls Spenden rur ein Bismarck- Denkmal. Das Standbild vor der Festhalle konnte jedoch erst 1904 enthüllt werden. Das Durlacher Monument ist ein Beispiel fur die zahlreichen einfacheren und vor allem kostengünstigeren Ausfuhrungen. Dieser Ty- pus wurde häufig verwendet: So ließ Karl Egon III. von Fürstenberg dem Holkapell- meister Wenzel Kalliwoda 1902 im Schloß- park von Donaueschingen einen Findling mit Bildnisreliefzur Erinnerung setzen. Auch das Monument rur Bismarck auf dem Feldberg, ein Obelisk aus wenig behauenen Stein- quadern mit Bildnisreliefkann hierzu gezählt werden. In Durlach ging die Initiative von dem 1902 gegründeten Bismarckverein aus. 1905 fragte sein Vorsitzender in einem Schreiben an die Großherzogliehe Forst- wld Domänendirek- tion, ob es möglich sei, im Durlacher Schloß- garten ein Bismarck-Denkmal zu errichten. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Auf der Generalversammlung am 16. März 1906 be- schlossen die Mitglieder, daß "das Denkmal auf dem freien Platz der Bismarckstraße er- 302 richtet werden soll ." In einem Schreiben an die Stadtverwaltung baten sie um die Geneh- migung des Projektes. Darüberhinaus hofften sie auf die Unterstützung durch die Stadt. Diese sollte die Kosten fur die Fundamen- tierung, rur die gärtnerische Anlage und fur den Urnfassungszaun übernehmen. Der Gemeinderat war mit diesem Vorschlag ein- verstanden und das Projekt konnte verwirk- licht werden. In den Akten findet sich weder ein Hinweis auf den entwerfenden Künstler noch auf eine ausfahrende Firnla. Doch während der Einweihungsfeierlichkeiten wur- de Bildhauer Heinrich Bauser gedankt. Der Aufstellungsort rur das Denkmal liegt am Rande Durlachs, wo die Gärten im Süden nahe an die Stadt heranreichen. Nordöstlich erhebt sich die 1900 fertiggestellte kath. Kirche St. Peter und Paul und westlich davon steht die 1895 eröffnete Festhalle mit einem zeitgenössischen Wohnhaus. Sonst wurde die Straße zum damaligen Bahnhof, an dessen Stelle heute die Post steht, kaum von Häusern gesäumt. Als sie nun 1905 den Namen Bis- marckstraße erhielt, war der Aufstellungsort rur das Monunlent gefwlden. Zwischen 1913 und 1925 gab es immer wieder Pläne zur Umgestaltung der Straßen- ruhrung und der Denkmalaufstellung. 1933 schlug Friedrich Eberle sogar vor, das Monu- ment auf den Platz vor den Bahnhof zu ver- setzen, weil es dort besser zur Geltung käme. Heute steht der Obelisk in einer erhöhten, von einer Mauer unlgebenen Anlage. Hohe Büsche fassen ihn ein, Das Bildnisrelieffehlt. Wahrscheinlich wurde es im Zuge der "Be- schlagnalunung und Einziehwlg von Bronze- denkmälern" Im Zweiten Weltkrieg einge- schmolzen. Brigille Baumstark Überwundener Nationalsozialismus - Adler am Bunker bei der Appenmühle Herrisch schlägt er mit den Flügeln, in den riesigen Fängen hält er majestätisch Schwert und Siegeslorbeer. Kein Zweifel : Schon auf den ersten Blick gibt sich dieser Adler als charakteristisches Zeugnis des " Dritten Rei- ches" zu erkennen, ein "Hoheitszeichen", wie das deutsche Wappentier in jenen zwölf Jahren bezeichnet wurde. Kraft, Macht und Sieg des NS-Staates, die uns dieses Symbol suggerieren möchte, sind jedoch auf aussage- kräftige Weise gebrochen: Der Adler hat seinen Kopf verloren. Die Umstände lassen sich zwar nicht mehr genau klären, es dürften aber die alliierten Soldaten unmittelbar nach Kriegsende gewesen sein, die durch gezielte Schüsse oder Hammerschläge der prahlend vorgetragenen Überheblichkeit ein jähes Ende bereiteten. Im lädierten Zustand hat die in Beton gegossene Plastik die letzten Jahrzehnte überstanden - glücklicherweise muß man sagen, denn es gibt in Karlsruhe wohl kein sprechenderes Denkmal fur das Ende der Gewaltherrschaft des Nationalso- zialismus vor nunmehr fiinfzig Jahren. Nur wenige Karlsruher werden davon Notiz genommen haben; obwohl Tausende täglich an der Rheinhafenstraße in Daxlanden daran vorbeifahren. Der Adler ist dort an der Fassade eine Gebäudes angebracht, das sich in Höhe, Ausdehnung und Dachforrn den Wohnhäusern der Nachbarschaft anzupassen sucht. Beim näheren Hinschauen entpuppt es sich aber nicht nur wegen des ungewöhnli- chen plastischen Schmucks als Fremdkörper. 303 Die Außenwände bestehen aus nacktem Beton, die Fenster sind zu kleinen Schlitzen reduziert, was zusanunen mit dem überdi- mensionierten Konsolgesims einen äußerst abweisenden Eindruck macht. Es handelt sich um einen Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der nach der nahen Appenmühle seinen Namen erhielt. Paul Brömme vom Städtischen Hochbauamt, der "Generalbeauf- tragte des Oberbürgenneisters rur das Luft- schutzwesen", plante den Bau 1942 gleich- zeitig mit anderen Großbunkern im Stadtge- biet - zu einem Zeitpunkt, als deutlich wurde, daß es mit der von der Propaganda ver- kündeten Sicherheit rur die Zivilbevölkerung nicht weit her war und die Alliierten als Reaktion auf deutsche Bombardements vor allem englischer Städte ihre Luftangriffe auf Deutschland verstärkten. Von der Anbrin- gung des Adlers als siegverheißendem Bau- schmuck bis zu seiner " Enthauptung" sollten keine drei Jahre vergehen - fUr die be- trolTenen Menschen indes eine furchtbare Zeitspanne. Gerhard Kabierske Kleine Kirche bald in frischen Farben "Lieber Gott, eine alte Frau, die vor 57 Jahren hier konfinniert wurde und zum harten Kern von Pfarrer Hanns Löw gehörte, bittet Dich herzlich, den zuständigen Baudezer- nenten beim Oberkirchenrat die Erleuchtung zu geben, daß er mal Geld gibt, um endlich unser kleines schmuckes Kirchlein zu reno- vieren. Danke." Das Gebet, am 12. April dieses Jahres im Gästebuch der Kleinen Kirche aufgeschrie- ben, ist schon erhört. Gleich nach den Hand- werkerferien im Sommer wird das älteste Karlsruher Gotteshaus - fUr viele zugleich eins der schönsten in der Fächerstadt - im in- neren gründlich renoviert. Die geschätzten Mindestkosten 390000 DM tragen die Evan- gelische Kirchengemeinde Karlsruhe und zum kleineren Teil die Pfarreien der A1t- und Mittelstadtgemeinde. Die "Erleuchtung" ist 304 in der Tat Sache des badischen Oberkirchen- rats: Das landeskirchliche Bauamt hat auf Bitten der baupflichtigen Kirchengemeinde die nicht ganz einfache "architekionische Leistung" übernommen, in enger Zusammen- arbeit mit der Landesdenkrnalbehörde und in der Hoffuung auf ihren auch fmanziellen Beistand. Schon 1719, im selben Jahr, als mit dem Bau der lutherischen Konkordienkirche auf dem Marktplatz begonnen worden war, fand nahebei am schloßnahen Ende der Kreuz- straße die Grundsteinlegung rur ein refor- miertes Kirchlein statt. (Erst 1821 kam es zur Union der beiden Konfessionen.) Der Holz- bau verfiel allerdings schon bald, so daß Baumeister Heinrich Arnold bereits 1749 den " Riß" rur steinernen Ersatz vorlegte. Zu- gleich entwarf er als Pendant in der Lamm- straße einen "Bronnenthurm", nachdem die anne katholische Gemeinde die Mittel fur ein eigenes Gotteshaus an dieser Stelle nicht zusammengebracht hatte. (Das Brunnenhaus ging 1764 in Betrieb, wurde aber 1833 ent- gegen dem Wunsch des 1826 verstorbenen Friedrich Weinbrenner wieder abgerissen.) Wilhelm Jeremias Müller gab der erst im Juli 1775 eingeweihten Kleinen Kirche - ei- nem Bauwerk aus "rohem Grötzinger Sand- stein in französischem Stil" - die heutige Ge- stalt. Daß keine Baupläne erhalten geblieben sind, erwies sich vor allem nach der Zer- störung des Gotteshauses am 27.128. Septem- ber 1944 als Mangel. Dennoch präsentiert sich das Innere seit dem von Hermann Zelt geleiteten Wiederaufbau von 1949 relativ stilrein im Louis-Seize-Stil. Getreu dem reformiert-theologischen Erbe, das Wort und Sakrament als Einheit versteht, blieb die Kanzel erhöht über dem Altar und unter der Orgel Mittelpunkt und Blickfang des bewußt schlicht gehaltenen Raumes. Die orthodoxen Gemeinden der Griechen, Serben, Türken und Armenier, die die Kleine Kirche seit Jahrzehnten mitbenutzen dürfen, haben mit ihren Ikonenwänden Farbe hineinge- bracht. Der Rauch ihrer Stearinkerzen hat allerdings die Verdüsterung der Wände beschleunigt. Daß einst auch die reformierten Gesangbücher vom Wachslicht erhellt wur- den, verraten die erst später mit Glühbirnen bestückten Wandleuchter noch heute - die gesamte Elek1rik muß dringend erneuert werden. Entgegen dem von den Großherzögen einst geschätzten Einheitsgrau soll bald ein farb- lieh abgesetzter Innenanstrich Stuckzierat, Holzwerk und architektonische Gliederung wieder hervorheben und die künstlerische Qualität des Innenraumes vor Augen fuhren . Selbst an Vergoldung ist gedacht, ein schon 1976 bei der 200-Jahr-Feier geäußerter Wunsch, dessen Erfullung am Geld scheiter- te. Aber haben nicht schon Zunl Bau der ersten Kirche Christen, damals auch die Glaubens- geschwister aus dem Elsaß und der Schweiz, fehlende Mittel beigesteuert? Das Schmuckstück, das sie einst war, soll die Kleine Kirche wieder werden, ein an- heimelndes Gotteshaus nicht nur fur stilvolle Hochzeiten. Pfarrer Dr. Dieter Splinter hom ebenso wie seine Kollegin, die mit ihm die Arbeit in der Stadtmitte teilt, daß sie mehr noch als bisher zum gern ausgesuchten "Ort der Stille" im Trubel der City wird, eine Heimat fur alle, auch jene, die "ein distan- ziertes Verhältnis zur Kirche haben, sich aber trotzdem mit ihr verbunden fuhlen". Zugleich soll sie Experimentierfeld fur die Studenten- gemeinde und fur Gruppen bleiben, die neue Gottesdienstformen suchen. Als geschichts- trächtiger Ort, der an die frühe Zeit der Fächerstadt, hat die Kleine Kirche allemal Aufmerksamkeit verdient. Dara/hea Schmill-H alls/ein 305 Das Kriegerdenkmal vor der Friedrich-Realschule in Durlach Bald nach dem Deutsch-Französischen Krieg wurde in Durlach ein großes Bauvorha- ben verwirklicht. Der Markgräfliche Spei- cher, am westlichen Stadteingang an der Hauptstraße gelegen, der sich schon auf dem Stich Merians markant abzeichnet, mußte einem Neubau weichen. Man empfand das alte Gebäude nicht mehr als zeitgemäß, wie ein Kommentar im Durlacher Wochenblatt am 8. Februar 1870 belegt: "Wenn ein Fremder von der Eisenbahn herkommt, so fallt ihm zuerst das uralte, ganz zwecklose und äußerst finstere, die Stadt verdunkelnde Speichergebäude auf, was einen äußerst schlechten Eindruck auf Fremde rur den Eingang einer Stadt machen muß." Als nun 306 die Stadt rur ihre Schulen ein neues Gebäude benötigte, entschloß sich die Verwaltung zu einem Neubau anstelle des alten Speichers, den man bereits 1874 erworben hatte. Baurat Professor Heinrich Lang plante den gesamten Komplex aus Schulhaus und separater Turnhalle. Er rückte ihn leicht von der Straße ab, so daß ein kleiner Platz entstand. Die Anlage entwarf er im Stil der Neorenaissance. Ein triumphbogenartiger Mittelrisalit be- tont die Mitte des ruhigen, 13achsigen Haupt- gebäudes und nimmt darüberhinaus den Eingangsbereich auf. Vor der Mittelachse des Mittelrisalites erhebt sich ein Kriegerdenk- mal rur die Gefallenen der Stadt im Deutsch- Französischen Krieg 1870171, von den Karlsruher Bildhauern Hirschen und Volke ausgeftihrt. In den Proportionen und im Stil bezieht es sich auf das Schulgebäude. Auf einem Sockel aus Quadersteinen, der mit einer auskragenden Platte abschließt und die Sockelline des Bauwerkes aufnimmt, erhebt sich das eigentliche quadratische Postament. Es verjüngt sich im oberen Bereich und ist mit Girlanden geschmückt. Auf dem hohen Postament steht ein nahezu nackter, antikisch anmutender Krieger, mit den Attributen des Sieges ausgestattet. Als Stand11äche dient ihm der runde Schild eines besiegten Feindes. Die Beine in Schritt- stellung, den kräftig modellierten Körper frontal und nur leicht aus der Achse gedreht, blickt der Krieger, den Kopf nach rechts gewandt, in die Ferne. Ein reich gestalteter Helm mit Volutenbekrönung und Greif ruht auf seinem Haupt. Seine Blöße bedeckt ein faltenreiches, üppiges Tuch. Der Krieger hält mit seiner erhobenen linken Hand die Fahne, auf deren zusammengerallen Tuch sich der Reichsadler abzeichnet. Seine Rechte wnfaßt das mit Lorbeer bekränzte Schwert. Hinter dem rechten Fuß und dem Schwert des siegreichen Kämpfers liegen weitere Trophä- en: ein Helm und eine zerbrochene Fahne. Auf drei Seiten des hohen Sockels sind Inschriften angebracht. Auf der Vorderseite heißt es: "Den Kämpfern fur / Deutschlands / Einheit und Größe / in den Jahren / 1870- 1871/ die dankbare Stadt/Durlach." Das mit Lorbeer und Eiche umkränzte Eiserne Kreuz ziert die Rückseite. Auf der Westseite wird an die Kämpfe in Straßburg, Etival, Nompatelize, Dijon, Nuits, Mömpelgard und Belfort erinnert. Gegenüber, nach Osten, stehen die Namen der 12 gefallenen Durlacher. Zu der feierlichen Eröffnung der Vereinig- ten Schulen aus Pädagogium mit höherer Bürgerschule, Gewerbeschule und Volks- schule sowie zur Enthüllung des Denkmales am 22 . September 1878 fanden sich zahl- reiche Ehrengäste in der festlich geschmück- ten Stadt ein. Der Großherzog hatte sein Kommen zugesagt und auch General August von Werder nahm an den Feierlichkeiten teil. Er hatte das XIV. Armeekorps bei der Schlacht um Belfort erfolgreich befehligt, weshalb ihn die Stadt Freiburg schon zwei Jahre zuvor auf einem vielfigurigen Denkmal gewürdigt hatte. Viele Besucher aus dem Um- land waren zugegen. Carl Friedrich, seit 1872 Bürgermeister der Stadt, hielt die Eröffnungs- ansprache. Zunächst erwähnte er befriedigt, daß die veranschlagte Bauswnme nicht überschritten wurde und daß sogar noch ein Betrag fur das Kriegerdenkmal verwendet werden konnte. Seine Rede und seine Ge- danken zu dem Monument druckte das Dur- lacher Wochenblatt in gekürzter Fassung ab: "Der Jugend aber möge das Denkmal ein Sporn sein, fortzubilden den schönen großen Gedanken, den Vätern gleich zu werden, stets eingedenk der Opfer, welche in dem großen Kampfe gebracht wurden. Es sei das Denkmal ein steter Mahnruf, in Liebe und Treue fur Fürst und Vaterland aufzuwach- sen." Die Zeitung berichtete weiter: "Bei dem von der Menge begeistert dreifach erwiderten Hoch auf Wilhelm den Siegreichen und Friedrich den Gesegneten und sein Haus fiel unter Musik und unter Absingen der Wacht am Rhein die Hülle des Denkmals, auf dessen Stufen zwölf Festiungfrauen Eichenkränze niederlegten. " Gustav Fecht, vor allem als Verfasser der 1869 erschienenen "Geschichte der Stadt Durlach" bekannt, zog als Direktor von Pädagogium und höherer Bürgerschule mit se,nen Schülern ebenfalls in das Gebäude ein. Zu dessen Einweihung hielt er einen Vortrag über die Entwicklung des Schulwesens. Im 19. Jahrhundert und vor allem in den Jahren nach 1871 wurden in ganz Deutschland und auch in Baden zahlreiche Denkmäler errich- tet. In Durlach wurden zwischen 1871 und 1915 vier Denkmäler gesetzt: das besproche- ne Kriegerdenkmal, das Bismarck-Denkmal, das Hengst-Denkmal und das des Großher- zogs Friedrich I. Mit dem Baukomplex der Vereinigten Schulen setzte der Wandel Durlachs von der ländlichen Amtsstadt zur modemen Bürger- stadt ein. Bald folgten weitere Neuerungen, die diesen Wandel mittrugen. So wurde 1896 der Viehmarkt in eine öffentliche Parkanlage umgewandelt mit Denkmal und Zierbrunnen zu Ehren des Gründers der Freiwilligen Feuerwehr Christian Hengst. Wenig später wich die städtische Kelter dem Neubau der neugotischen katholischen Kirche. Brigille Baumstark 307 Von Karlsruhe nach Chicago. Ein schmiedeeisernes Tor im Stadtgarten Das Tor der Wolff-Anlage vor den Umbau- ten zur Bundesgartenschau 1967. Wendet man sich als Besucher des Stadt- gartens nach Süden zur Wolffanlage, trifft man auf ein schmiedeeisernes Tor, das einen von Hecken gesäwnten Weg abschließt. Schon der Aufstellungsort macht deutlich, daß hier fur das Tor nicht die Funktion des Verschliessens im Vordergrund steht, son- dern die Präsentation eines kunstgewerbli- chen Objektes. Es besteht aus zwei seitlichen Rahmenelementen, die ein Bogen verbindet. Dazwischen hängen die beiden niederen Tür- flügel. Die einzelnen Elemente sind in neu- barocken Formen gestaltet. Die seitlichen Lisenen sind mit filigranen Stäben und mit Blattwerk gestaltet. Plastisch geformte vege- tabile Einrollungen leiten über Zunl ebenfalls stark plastischen und reich verzierten Bogen. Über dessenMitte erhebt sich eine asymetrisch gestaltete Kartusche mit dem stilisierten badi- 308 sehen Wappen und der bekrönenden Fürsten- krone. Die niederen Tore werden im unteren Be- reich von Flächenornamenten stabilisiert. Die zarten Gitterstäbe darüber beginnen und enden in C-Schwüngen, Einrollungen und floralen Schmuckformen. Über dem oberen Querbalken entwickeln sich von der Mitte der Türflügel zu den Seitenteilen hin ansteigend Blatt- und Pflanzenelemente, die immer wie- der in Einrollungen enden. Diese Zweige und Blätter bilden zusammen mit der Rundung des Aufsatzes eine ovale Rahmung, die emen "point de vue" hervorhebt. Das Tor bildete zusammen mit zwei kleineren Seiten toren die Begrenzung und den Auftakt der badischen Abteilung auf der Weltausstellung 1893 in Chicago zum Ehren- hof hin und war Teil des badischen Ausstel- lungsgutes. Unter dem badischen Wappen des mittleren Tores hing damals eine Tafel mit dem Landesnamen "Baden". Der Direktor der Großherzoglieh Badischen Kunstgewer- beschule in Karlsruhe, Hermann Götz, hatte es entworfen, und Fritz Bühler aus Offenburg, ein ehemaliger Schüler, hatte es ausgefUhrt. Darüber hinaus war das badische Kunsthand- werk mit zahlreichen Gegenständen vertre- ten, darunter war der mehrteilige Tafelauf- satz, den das erbgroßherzogliche Paar zu seiner Hochzeit von den badischen Städten erhalten hatte. Die Karlsruher Nachrichten berichteten über die Tätigkeit von Götz und Badens An- teil an der Weltausstellung: "Baden, der Garten Deutschlands, blühend und gedeihend unter einem hochherzigen Fürsten, hat auf der Chicagoer Ausstellung, im Industriepalast besonders, Wunder geleistet, eine Entfaltung seines Kunstgewerbes zu Stande gebracht, wie sie großartiger von einem größeren Bundesstaate Deutschland nicht hätte erwar- tet werden können." Auch das Groß herzogtum Baden nahm nach dem Deutsch-Französischen Krieg starken wirtschaftlichen Aufschwung. Die gründerzeitlichen Stadtteile der Residenz- stadt und auch der kleineren badischen Gemeinden verdeutlichen den neuen Reich- tum. Für die Ausnihrung der bis ins Detail aufwendig durchgestalteten Verwaltungsbau- ten sowie der Wohn- und Geschäftshäuser bedurfte es hochqualifizierter Handwerker. Diese Fachleute standen seit 1867 und in größerer Zahl seit 1878 zur Verfugung, nach- dem zuerst die kunstgewerblichen Kurse an der Landesgewerbehalle und später die Kunstgewerbeschule die Lehrtätigkeit aufge- nommen hatten. Diese Schulen boten nicht nur Unterricht in den Fachklassen rur Architektur, Bildhauerei, Dekorationsmalerei, Ziselieren und Keramik, sondern bearbeiteten im Zeichenbüro Aufträge von Firmen sowie öffentlicher und privater Auftraggeber zu den unterschiedlichsten Anlässen. Zum Beispiel entwarf Götz im Auftrag des Großherzogs alljährlich den "Großen Preis" fur das Pferderennen in lfTezheim. Die Ausfuhrung lag häufig bei ehemaligen Schülern. Ein wesentlicher Aufgabenbereich fur Direktion, Lehrer und Schüler war die Pla- nung und Bestückung der badischen Abtei- lungen auf nationalen und internationalen Ausstellungen. Hier konnten sich die ver- schiedenen Sparten des Kunsthandwerks prä- sentieren. Auftakt und Blickfang, und somit wichtiger Teil der Ausstellungsarchitektur, war meist ein schmiedeeisernes Gitter. Für die deutsch-nationale Kunstgewerbeausstel- lung 1888 in München entwarf Götz ein dreiteiliges Gitter zur Kapelle. Ebenfalls ein anfwendiges schmiedeeisernes Tor, nun in den Formen des floralen Jugendstils, zeichne- te Götz fur die Weltausstellung 1900 in Paris. Die Arbeit wurde mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Schon vor 1893 hatte man sich in Karlsruhe besonders um diese k-unsthandwerkliche Technik bemüht, als der Kunstgewerbeverein im Auftrag der deutschen Kunstgewerbe- vp,reine einen Wettbewerb unter den deut- schen Kunstschmieden ausschrieb und die Ergebnisse in der Fachausstellung fur Schmiedeeisen in der Orangerie präsentierte. 1892 veröffentlichte Eugen Bischoff, Profes- sor rur Architektur an der Kunstgewerbe- schule, ein umfangreiches Fachbuch zum Thema SchnJiedeeisen. Nach der Rückkehr aus Chicago wurde das Tor zunächst im Karlsruher Kunstgewerbe- museunI ausgestellt. Später gelangte es in städtischen Besitz. Es fand seinen Platz im Stadtgarten und gehört heute zum S=lungs- bestand der städtischen Galerie im Prinz- Max-Palais. Brigitte Baumstark Ein Platz zur Zierde der Innenstadt Vor 140 Jahren notierte die groß- herzogliche Hofverwaltung, die im Schloß untergebrachte Hofbibliothek und weitere wissenschaflliche S=lungen bedürften dringend der Erweiterung. Der Auftrag fur die Vorentwürfe erging an Karl Joseph Berckmüller (1800-1879) vom Hofbauamt. Während die Hofverwaltung über Baupro- gramme, Kosten und alternative Bauplätze diskutierte, verstrichen sechs Jahre. Im Som- mer 1862 gab das Ständeparlament seine Zustimmung fur einen Neubau, der die Ver- 309 einigten Sammlungen aufuehmen und in "mo- derner Renaissance" gehalten sein sollte. Diese Stilempfehlung hatte geradezu avant- gardistischen Charakter im Vergleich zum Stand der überregionalen Architekturdiskus- sion. Zugleich wurde das Programm flir den nördlichen Erbprinzengarten entworfen: In der Flucht des Landgrabens (heute Bankhot) sind sechs dreieinhalbgeschossige Privathäu- ser vorgesehen, deren gewerblich genutztes Erdgeschoß und das Zwischengeschoß hinter Schutz bietenden Arkaden liegen. Vor- oder zurücktretende Fassaden, geringe Unter- schiede bei Traufuöhen, Balkonformen und Fensterrahmungen wirken rhythmisierend der Gefahr eines uniformen Aufrisses entgegen: Wohl geordnet stehen die Privathäuser in respektvollem Abstand vor dem Hofgebäude. Sechs weitere Häuser gleicher Bauart werden östlich der zu verlängernden Lammstraße errichtet. Damit diese Verlängerung den Platzcharakter nicht stört, wird zwischen den an der Nordostecke des Platzes gelegenen Häusern VI wld VII ein dreiachsiger Ab- schluß in Form eines Triunlphbogens mit Plattform eingefligt (eine ähnliche Begren- zung begegnet uns 40 Jahre später anl Haydn- platz). Das Haus I (heute Baden-Württembergi- sehe Bank und letzter Zeuge der ursprüngli- chen Bebauung) wollte der Großherzog, so- fern sich kein Bauherr fande, als Musterhaus selbst bauen lassen. 1863 wurden flir beide Bauprojekte internationale Architektenwett- bewerbe ausgeschrieben, im badischen Bau- wesen ein dem neuen Liberalismus der Staats- flihrung zuzuschreibendes Novum, das erst 1905 flir das Empfangsgebäude des Karlsru- her Hauptbahnhofs wieder aufgegriffen wer- den sollte. Das Interesse an den beiden Wett- bewerben war groß, die Teilnahme gering: Für das Sammlungsgebäude wurden 9, flir die Privathäuser 14 Vorschläge eingereicht. Ein erster Preis wurde nur flir das Privathaus- projekt an den heute unbekannten Basler Architekten Gmelin vergeben. Berckmüller bekam anschließend den zweifellos unange- nehmen Auftrag, die prämierten Entwürfe weiter zu bearbeiten. Als er im April 1879 starb, wurde an seinem 1865 begonnenen Hauptwerk immer noch gearbeitet: Zahlreich waren die ihm abgeforderten Planänderungen Der Friedrichsplatz vor dem Zweiten Weltkrieg. noch während der Bauzeit, zwei Krie- ge unterbrachen den Fortgang, rasante Material- und Lohn- erhöhungen nach 1871 zogen fmanzi- elle Engpässe nach sich. 1875 wurde der von AdolfHelb- ling (1824-1897) geplante Neubau der Eisenbahnverwal- tung fertiggestellt. Sein vergleichswei- se plumpes Erschei- nungsbild dürfte Berckmüller umso 310 weniger begeistert haben, als der krasse Geschmackswandel zu Beginn der Gründer- jahre auch die vom Großherzog beabsichtigte ästhetische Wirkung verletzte. Im Jahr 1902 bot Großherzog Friedrich anIäßlich seines 50jährigen Regierungs- jubiläums der Stadt Karlsruhe den Friedrichs- platz als Geschenk an. In die offizielle Freude mischten sich auch kritische Untertöne im Hinblick auf die Folgekosten und den gerade " teuer" bezahlten Bauplatz fur das neue Städtische Krankenhaus im fürstlichen Hardtwald. Zehn Jahre später wurden die begrenzenden Eisengitter entfernt, die 1874 von earl Steinhäuser fUr das Sanunlungs- gebäude geschaffene Gruppe Orest und Pylades in den Botanischen Garten versetzt, um Platz fUr ein Großherzog-Friedrich- Denkmal zu erhalten; nach Kriegsende fehlte in der Republik das Interesse an der Aus- fuhrung dieses Denkmals. Die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg haben wenig Bausubstanz übrig gelassen. Der AuJbauwillc nach 1945 zeigte trotz der ihm im allgemeinen nachgesagten ahistori- schen Motivation überraschend viel Gespür fiir die ursprüngliche Anlage: Der mitten- betonte Neubau der Handelskammer (1957, Architekt Erich Schelling) erinnert an das ehemalige Gegenüber von monumentalem Hofgebäude - es war um etwa ein Drittel größer als das ResidenzscWoß - und ein- drucksvoller Flucht groß bürgerlicher, durch "Gewerbefleiß" erworbener Häuser; Bäume, Brunnen und Platzgestalhmg - diese sogar nach Fertigstellung der Tiefgarage (im No- vember 1976), deren praktische Zu- und Aus- fahrten nicht störend auffallen - folgen auch heute noch den ursprünglichen Vorgaben. Mit Wehmut freilich denken wir an den ehemals überk'Uppelten Mitteltrak1 des Muse- ums am Friedrichsplatz. Wi/fried RIJß/ing Kaiserliche Präsenz: Die Hauptpost in Karlsruhe Sie ist kaum zu übersehen, ein ganzes Karree in bester Innenstadtlage beansprucht sie fUr sich allein: die Karlsruher Hauptpost. Der gewaltige Gebäudeblock beherrscht sowohl den Europa- als auch den Stephans- platz. Die voluminösen Fassaden aus gelbem Sandstein, bewegt gegliedert und aufwendig dekoriert in üppig-schwellenden Formen, lassen an barocke Palastarchitektur denken und fUhren auch dem heutigen Betrachter vor Augen, daß hier der Wunsch nach Repräsen- tation eine besondere Rolle gespielt haben muß. Dabei standen bei der Entstehung zunächst rein technische Belange im Vordergrund. Die Posteinrichhmgen, die nach 1871 unter dem Vorzeichen \virtschaftlichen Aufschwungs und technischen Fortschritts eine ungeahnte Entwicklung nahmen, sollten an der Stelle der alten Grenadierkaserne einen gemeinsamen Neubau erhalten. Die Planung, auf grund der zentralistisch organisierten Postverwaltung von Berlin aus betrieben, unter Beteiligung von nicht weniger als vier beamteten Ar- chitekten, wurde 1896 von der Königlich- Preußischen Akademie des Bauwesens in Berlin begutachtet. So sehr dabei die kom- plexe RaunlVerteilung vom eigenen Elektrizi- tätswerk über die Telegraphen- und Fern- sprechsäle bis hin zu den Dienstwohnungen Zustimmung fand, so sehr rügte das Gremium die Gestalhmg der Fassaden. Die Entwürfe wurden daraufhin von dem Berliner Architek- ten Wilhelm Walter nochmals geändert. Er 311 schaffte es, trotz begrenzter Mittel, d;e Wirkung des Äußeren und der Schalterhallen wie gewünscht ins PrunI..-volle zu steigern. Als die Hauptpost schließlich im Jahr 1900 erö/fuet wurde, konnte der Bau kaum als Zeugnis moderner Architektur gelten. Gleich- zeitige Beispiele Karlsruher Architekten, wie Billings Hofapotheke oder Curjel & Mosers Bankhaus Hamburger, setzten in dieser Beziehung ganz andere Maßstäbe. Aber er war zu einem Manifest jenes auftrumpfenden und mit nationalen Anspielungen agierenden Stils des "wilhelminischen" Historismus geworden, wie ihn der Kaiser persönlich vertrat. In der Person Wilhelms 11. gipfelte folglich auch das komplizierte ikonografische Programm der Bildhauerarbeiten an der 312 Hauptfassade und der üp- pige malerische Schmuck im Innern. Am Mittelbau präsent durch Kaiserkrone und Initialen, wurde er als Schützer des Verkehrs, der Einheit des Reiches, des Nähr- wld des Wehrstan- des gefeiert, wurde in sei- nem Namen an deutsche Ansprüche in der Welt erinnert. Der badische Landesvater, Großherzog Friedrich 1., mußte sich dagegen bei seiner Nen- nung mit einer zweitrangi- gen Plazierung zufrieden- geben. Nach dem Ersten Welt- krieg empfand man offen- sichtlich selbst im wenig zum Bilderstunn neigen- den Karlsruhe diese Ge- genwart des Kaisers als zu aufdringlich. Die Krone über dem Reichswappen und das große " W" in der Kartusche über dem Mittelbalkon wurden abgeschlagen. Seine Funktion erfullt der Bau mit manchen inneren Veränderungen, denen erst in den 60er Jahren die neobarocken Schalterhallen weichen mußten, bis in unsere Tage. Der wechselvollen deutschen Geschichte entspre- chend mußten dabei die monumentalen vergoldeten Lettern am Hauptgiebel von Zeit zu Zeit abgeändert werden. Aus " Kaiserli- eher Oberpostdirektion" wurde "Reichs- post", und heute ist dort nach einigen Jahren ohne Text "Deutsche Bundespost" zu lesen. Ob hier wohl bald - charakteristisch fur unsere Zeit - in rosa Neonschrift auf einen glitzernden Konsunlstempel hinter wilhelmi- nischer Fassade hingewiesen wird? Gerhard Kabierske Das Ende der Achsen Am Anfang standen sich weltliche und kirchliche Macht, als Residenzschloß und Konkordienkirche symbolisiert, in voller Eintracht gegenüber. Beide Bauwerke mar- kierten Beginn und Ende der Stadt in nordsüdlicher Richtung. 100 Jahre später dokumentierten die am Marktplatz einander gegenüber gelegenen Neubauten der Evange- lischen Stadtkirche und des Rathauses mit dem Schloß und der axial angeordneten Pyramide über dem Grab des Stadtgründers das zum Dreieck erweiterte, nachrevolutionäre Machtgeflecht von Landesherr, Landeskirche und Bürger. Als landesherrliche Fortsetzung entstanden das Denkmal Großherzog Lud- wigs (ein lebensspendender Brunnen), der Rondellplatz mit "Verfassungssäule" und das Ettlinger Tor: Die "Fürstenachse" als "via triumphalis" vom Schloß, vorbei an den Gebäuden hoher Verwaltungsbehörden, zunl Stadtausgang - der Sonne entgegen - war geschaffen worden. Ganz anders stellt sich die Stadt in ihrer Erstreckung von Ost nach West dar: Seit Anfang der I 770er Jahre stand das Durlacher Tor am Beginn der Kaiser- straße, wo gegenüber dem mißtrauisch beäugten "Dörfle" auch Teile des Militärs untergebracht worden waren, während das westliche Ende der Kaiserstraße bis 1817 vom Mühlburger Tor an der Karistraße (!), seitdem am späteren Kaiserplatz markiert wurde. Auch auf dieser Seite der Stadt war auf dem Gelände der heutigen Hauptpost Militär angesiedelt gewesen. Dazwischen liegen die überwiegend bürgerlichen Wohn- und Ge- schäflshäuser, die sich in geradezu undiszipli- nierter Weise bis auf den heutigen Tag keiner einheitlichen Architektursprache bedienen, an der "Bürgerachse", der "via civilis". Allen staatlichen und städtischen auf Vereinheitli- chung gerichteten Absichten zum Trotz obsiegten hier Ausdehnungsbestreben und Bauherrnwille. Als nach 1871 Siegeseupho- rie und Reichsgründung die Stadttore auch symbolisch überflüssig gemacht hatten, ging der Blick nach ihrem Abbruch ins Freie, in die "weite Welt" - städtebaulich allerdings ins Leere! Waren Planung und Realisierung einer " zeitgemäßen" Neugestaltung und Fortset- zung nach Süden zunächst von der Eisen- balmverwaltung, später durch mangelnde Solidarität zwischen Stadt und Staat, schließ- lich durch die "Sachzwänge" in neuerer Zeit verhindert worden, entstanden bis zum Jahrhundertwechsel am westlichen und östli- chen Stadtrand zwei städtebauliche Akzente mit heute auf den ersten Blick nicht mehr erkennbarem politischem Charakter: Das Denkmal Kaiser Wilhelms I. und die katho- lische Bernharduskirche. Wilhelm I. ist nun aber nicht als Kaiser oder Herrscher, sondern als Feldherr, Kämpfer und Soldat im per- sönlichen Einsatz dargestellt; er reitet von Westen (!) kommend in die Stadt. Aus den schriftlich überlieferten Äußerungen des Großherzogs entnehmen wir die Hinweise auf die historische und damals aktuelle Bedeu- tung. Schon als Prinz und König schützte Wilhelm das Großherzogtum vor dem äuße- ren wld inneren Feind: 1848/1849 vor den Umtrieben demokratischer Chaoten, 1870/ 1871 vor der Besatzungsgefahr aus dem "Westen". Den königlichen Schutz hatte sich die badische Monarchie, wie es die bei den Sockelreliefs belegen, durch ihren militäri- schen Anteil am Sieggegen die Franzosen und durch den persönlichen Einsatz des Großher- zogs bei der Kaiserkür allerdings verdient. Der historische Aspekt wurde durch die Wabl des Datums rur die Enthüllungsfeier unter- mauert: Es war der Jahrestag der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig 313 \ \ \. Ost-West-Achse Kaiserstraße. und der Krönung Wilhelms zum König von Preußen. Die Niederlage badischer Truppen im Deutschen Krieg 1866 gegen preußisches Militär wird freilich verschwiegen! Der Denkmalcharakter hatte jedoch auch einen ganz aktuellen Bezug: die Angst der Mo- narchisten vor der stärker werdenden Sozial- demokratie, die lII1verblümt als "innerer Feind" bezeichnet wurde. Vergleichsweise spät hatte sich in der Haupt- und Residenz- stadt Industrie als Wirtschafismacht entwik- kelt. Das erste, den Namen verdienende Ar- beiterviertel war in den 1860er Jahren als Eisenbahnerstadtteil, abgetrennt von der Kernstadt, in der Südstadt entstanden. Be- zeichnenderweise wurden hier 1889 und 1892 auch die ersten beiden Stadtteilkirchen fertiggestellt: Christliche Betreuung als Teil sozialer Sicherheit und Zunl Schutz der be- stehenden Gesellschaftsordnung. Die nach 314 dem Kulturkampf wieder hergestellte Einig- keit zwischen Staat und katholischer Kirche wurde indessen zu derselben Zeit mit der Bernharduskirche demonstriert: Der Groß- herzog schenkte der Kirchengemeinde den Bauplatz. Alle Beteiligten waren sich der großen Geste und der exponierten Lage des Platzes bewußt: " ... einem Kirchenbau fallt dort nicht nur die dominierende Stellung über die nächste Umgebung, sondern geradezu die Beherrschung der Stadt .. . naturgemäß zu"; die Kirche wird dazu beitragen, daß die ärmeren Schichten den "VerlocJ,;ungen der Socialdemokratie" zu widerstehen lernen - so lauteten die Dankadressen der Kirchenver- waltung, die darüber hinaus den Seligen Bernhard, einen Vorfahren des Großherzogs, zum Patron bestimmte. Als ob die gleichsam rasante Ausdehnung der Stadt in der "Bürger- achse" gebremst werden sollte, markieren beide Denkmäler Achtung gebietend, fast drohend, das eine vorwärtsschreitend und schmal, das andere himmelstürmend und breit, die Grenze zwischen "Kernstadt" und "Neustadt". Staatsstruktur, gesellschaftliche Ordnung und Vorkehrungen flir die innere Sicherheit haben sich in dieser Anordnung niedergeschlagen. Weder die Verlock"Ullgen der Sozialdemokratie noch die Ausdehnung der "Bürgerachse" konnten freilich aufgehal- ten werden: Kurz nach der Enthüllungsfeier des Kaiserdenkmals, noch vor der Fertigstel- lung der Bernharduskirche wurde die SPD bei den Reichstagswahlen 1898 stärkste Partei; gleichzeitig wurden bis 1900 bzw. 1907 West- und Oststadt zu vollwertigen Stadttei- len mit eigenen (evangelischen) Kirchen ausgebaut. Die beiden Denkmäler sind zu "historischen Inseln" geworden. Wi/fried Rößling "Eva im Glashaus" von Jürgen Goertz Wer erinnert sich nicht an die kontroversen, viele Monate andauernden Diskussionen, die seine phantasievoll-skurrilen Plastiken in der Öffentlichkeit hervorgerufen haben? Der umstrittene "Musengaul" vor dem Badischen Staatstheater von 1981 oder die auf dem Kopf stehende Figur der "Europa" vor der gleich- namigen Großsporthalle auf dem Beiertheimer Feld haben nachhaltig Aufmerksamkeit erregt und den Schöpferdieser figürlichen Werke, den 1939 geborenen Bildhauer Jürgen Goertz, in Karlsruhe einem breiten Publik'Ul11 bekannt gemacht. Die kritischen bis ablehnenden Stimmen über seine Arbeiten sind zwar zu keinem Zeit- punkt völlig verstwnmt, doch zählt Goertz längst zum Kreis der arrivierten, mit vielen öffentlichen Aufträgen betrauten Künstler. Dies gilt in besonderem Maße flir die Fächer- stadt: Kaum ein anderer Bildhauer ist im Karlsruher Stadtgebiet mit seinen Plastiken so häufig vertreten wie er. Weitere, durchaus prominente Werkbeispiele des ehemaligen Loth-Schülers an der Karlsruher Kunstaka- demie sind der 1978 aufgestellte "Herren- brunnen" im Fußgängerbereich der Kaiser- straße oder die Säulenbekrönungen am postmodernen Neubau der Landeskreditbank. Aber auch an weniger exponierten Stellen lassen sich Plastiken von Jürgen Goertz entdecken, so etwa auf der nördlichen Seite des Waldhornplatzes. Dort befmdet sich seit 1982 ein Glaskastenobjekt, das arn Hauptein- gang zum kurz zuvorfertiggestellten Verwal- tungsgebäude des Badischen Gemeindeun- fallversicherungsverbandes die Blicke auf 315 sich zieht. "Eva im Glashaus", so der Titel dieser Skulptur, ist als Auftragswerk der Gemeindeunfallversicherung entstanden. Der zuständige Bauausschuß nutzte die von der Aufsichtsbehörde für "Kunst am Bau" genehmigte Summe, um in zweifacher Weise auf die seit 1971 bestehende Aufgabe des Versicherungsverbandes als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung fur Kinder in Kindergärten, Schüler und Studenten aufmerksam zu machen: Im Inneren des Gebäudes mit themenbezogenen Majolika- Keramiken von Jürgen und Christa Goertz und im Außenbereich mit jener "Eva im Glashaus", zu der die 1974 geborene Tochter des Bildhauers Modell stand. Über einem gekachelten Sockel erhebt sich der hochrechteckige gläserne Kasten, der als schätzende Hülle fur das aus farbigem Kunststoff geformte Ebenbild der Tochter dient. Mit starrem Blick sieht das in auffallend naturalistischer Weise dargestellte Mädchen den Passanten entgegen. Es lehnt sich aufrecht an einen hölzernen Zaun, von BläUern umrankt. Seine geflochtenen Zöpfe sind über den Ohren zu Schnecken zusam- mengefaßt; die nackten Füße stehen auf einem groben Sandboden. "Am besten, das letzte bißehen heile Welt um einen herum ins Glashaus sperren, damit kein Regentropfen das Liebste erschlage", liest der Betrachter in dem erläuternden Text, den der Künstler verfaßt und seinem Werk beigegeben hat. UrslIla Merkel Die Baischstraße "Ich sag Dir mein Lieber, das ist etwas Kolossales", schrieb 1904 Bruno Taut sei- nem Bruder Max nach Königsberg. Und auch Charles-Edouard Jeanneret, bekannt gewor- den als Le Corbusier, äußerte sich 1910 in einem Brief an seine Eltern in der Schweiz begeistert über das, was er gesehen haUe. Beide damals noch junge Architekten, die in der 20er Jahren als Protagonisten des Neuen Bauens internationale Bedeutung erlangen sollten, haUen in Karlsruhe Station gemacht, um sich mit eigenen Augen ein Bild zu ver- schaffen von der damals lebendigen Ar- chitekturszene in der badischen Residenz, über die die zeitgenössischen Bau- und Kunst- zeitschriften so häufig berichteten. Es war vor allem ein Werk, das - in einem BlaU als " Beispiel neuer deutscher Bauweise" geprie- sen - eine besondere Anziehungskraft auf sie ausübte, "eine einheitliche, sehr schöne Stra- ße, die viel Zauber hat" , wie Jeanneret no- tierte. Er meinte die Bebauung der Baisch- 316 straße, deren Einfluß auf Bruno Taut sich sogar noch vier Jahre nach seinem Besuch an dessen erstem eigenen Bau, einem Mietshaus in Berlin, nachweisen läßt. Zweifellos war die Baischstraße, erbaut 1900-1903, ein zentrales Werk der Karlsru- her Jahrhundertwende-Architektur und ihr Schöpfer Herrnann Billing neben Cwjel & Maser der Hauptvertreter jener Generation, die sich damals die Überwindung des Histo- rismus auf ihre Fahnen geschrieben hatte (vgl. S. 283). Dabei war Billings Aufgabe keines- wegs einfach. Der private Bauherr haUe in erster Linie finanzielle Interessen und wollte das zentral am Kaiserplatz gelegene, aber äußerst ungünstig geschnittene handtuch- artige" Grundstück von etwa 31 auf 200 Me- tern möglichst lukrativ verwerten. Die lö- sung mit einer Stichstraße, gesäumt von sechs Einfamilienhäusern und einem großen Dop- pelhaus mit Mietwohnungen, das die Straße am Zugang vom Kaiserplatz her torartig über- baut, erwies sich als städtebaulich glückliche Disposition, fur die sich allenfalls in Paris Vorbilder finden lassen. Entscheidend war freilich, daß Hermatm Billing diese "Villenkolonie", deren Häuser erst nach Fertigstellung an Interessenten ver- kauft wurden, im Sinne des Jugendstils bis in Details wie Gartenzäune oder Straßenlater- nen eigenhändig gestalten konnte. Sein Kon- zept ging dabei von einer außergewölmlichen Vielfalt der Einzelbauten aus. So zeigte sich jedes Haus in differenzierter Form, unter- schiedlichem Material und ungewohnt bunter Farbigkeit als Individuum, wobei die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks aufkonservati- ve Zeitgenossen schockierend wirkte. Bei al- ler Vielgestaltigkeit war es Billing jedoch gelungen, die Häuser zu einem stimmigen Gesatntensemble zusammenzubringen. Für das Doppelhaus am Zugang zur Straße engagierte sich Billing besonders, wie die Bauakten zeigen. Innerhalb von flinf Mona- ten legte er 1902 nicht weniger als drei An- träge vor, obwohl bereits die ersten Planun- gen die Zustimmung der Behörden gefunden hatten. Die mächtige Schaufassade und ihre beiden unterschiedlichen Giebel wurden zu einem bestaunten Kabinettstück freier Inter- pretation von Formen des 16. Jahrhunderts, wobei die expressive Plastizität des hellen Sandsteins ursprünglich durch leuchtende, geradezu freche Farbakzente in Gold und heI- lem Blau noch unterstrichen wurde. Wie nach ihrer Fertigstellung, so könnte die Baischstraße auch heute noch ein überre- gional bedeutendes Aushängeschild flir Karls- ruhe sein - wäre der Charakter des "Gesamt- kunstwerks" nicht weitgehend verloren ge- gangen. Dies ist nicht allein dem Zweiten Weltkrieg zuzuschreiben, der vor allem atn Torgebäude Schäden hinterließ. Die Zerstö- rung fand eher in den Jahrzehnten danach statt, als bei Wiederaufbau, Umbau und Re- novierung die künstlerische Qualität nicht er- katmt wurde, oder allein wirtschaftliche As- pekte zählten. So bietet das Ensemble nurmehr ein rudimentäres Bild, das ohne jede gestalte- rische Rücksicht auf die Architektur durch Garagen, Autoabstellplätze, veränderte Fen- ster und Türen, Dachgauben, Etemitverklei- dungen und Aufstoc\.'Imgen verunstaltet wird. Weitere negative Eingriffe in dieses überre- gional bedeutende Kulturdenkmal sind selbst gegenwärtig zu beflirchten. Dabei hat der Eigentümer des Hauses Baischstraße 5 Anfang der neunziger Jahre demonstriert, wie man den Bestand in denk- malpflegerisch vorbildlicher Weise sanieren katm, wobei sogar die ursprüngliche Farbig- keit wiederhergestellt wurde. Gerhard Kabierske 317 Der Heckerhut im Pfinzgaumuseum 1998 wird das 150jährige Jubiläum der Badischen Revolution 1848/49 gefeiert. In ganz Baden und speziell in Karlsruhe wird man dieser demokratischen Bewegung durch zahlreiche Veranstaltungen gedenken. Doch während die revolutionären Ereignisse 1848/ 49 die badische Residenz nur wenig in Mit- leidenschaft zogen, kam es im nahegelegenen Durlach am 25 . Juni 1849 an der Obermühle zu einem schweren Gefecht zwischen den Revolutionären und den preußischen Trup- pen, die Großherzog Leopold zu Hilfe geru- fen hatte. Zahlreiche Einwohner des "rothen Durlach" sympathisierten mit den Aufständi- schen. Einige wenige schlossen sich den ab- ziehenden revolutionären Truppen an. Im Pfmzgaumuseum in Durlach sind einige interessante Objekte zur Badischen Revolu- tion 1848/49 ausgestellt, die wohl auch auf der großen Landesausstellung im Badischen 318 Landesmuseum zu sehen sein werden. Das Glanzstück der Präsentation ist der sogenannte Heckerhu!. Er mag auf den ersten Blick als malerisches Accessoir erscheinen, ist aber in Wirklichkeit ein hochpolitischer Gegenstand. Benannt wurde er nach dem Mannheimer Ju- risten und Mitglied der 11. Badischen Kam- mer Friedrich Hecker, der seinen Zug zur Einftihrung der Demokratie in Deutschland mit I 000 Revolutionären am Hochrhein be- gann. Doch dieser wurde rasch aufgerieben. Die militärischen Niederlagen setzten mit der Unterredung zwischen Hecker und dem Kom- mandeur der Regierungstruppen General von Gagern auf der Brücke bei Kandern ein. Hecker hatte, auf seine glänzende Rhetorik vertrauend, die Regierungssoldaten zum Über- laufen bewegen wollen, aber der General ließ die Trommeln schlagen und erstickte die Rede. Dieses legendäre Ereignis wurde auf zahlrei- ehen Graphiken verbreitet. Es findet sich auch als Darstellung auf einem Pfeifenkopf im Pfinzgaumuseum. Doch kehren wir zurück zum Heckerhut. Er besteht aus weichem Filz und sein Kopfteil geht ohne Knick in die breite Krempe über. So ergibt sich eine we- nig definierte, fließende Form. Als Schmuck- elemente weist er zwei Fasanenfedern auf, die durch den Filz hindurchgesteckt sind, so- wie eine schwarz-rat-goldene Kokarde. Sein Widerpart, der Zylinder, war zunächst eben- falls ein revolutionäres Kleidungsstück, zog doch der Dritte Stand 1789 mit Zylinder und Frack in die Pariser Nationalversammlung ein und setzte damit ein Zeichen gegen die bunte höfische Kleidung des Adels. Mit der Etablierung des Bürgertums wurde dessen Kleidung und damit auch der Zylinder zur Bekleidungsnorm. Wie auch der steife Kra- gen, der "Vatermörder", stand der Hut für Charakterstärke und strenge moral ische Grundsätze. Die Revolutionäre von 1848/49 sahen ihn jedoch als Sinnbild ftir Erstarrung und Unbeweglichkeit an. Dagegen erhoben sie den weichen Filzhut mit langer Feder zum weithin sichtbaren Zeichen ihres politischen Widerstandes. Der Heckerhut gehört zusam- men mit einer weiten Bluse zur "Unifonn" der Aufständischen. Wie ihr Anftihrer trugen die meisten langes Haar und einen Bart. Als Bewaffnung dienten ihnen unter anderem ge- radegestellte Sensen, wie sie der Durlacher Karl Leußler der Bürgerwehr vorantrug. Auch davon sind zwei Exemplare im Pfinzgau- museum zu sehen. Die eigenwillige Kleidung und Bewaffuung der Revolutionäre erweckte bereits bei den Zeitgenossen die Vorstellung vom Räuberhauptmann und Volkshelden, der, ähnlich wie der legendäre Robin Hood, die Armen gegen die Reichen verteidigt. Doch die ReaJ..1ion versuchte die Aufständischen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung als un- gebildet und gewalttätig zu diffamieren. Aber auch der Heckerhut verwandelte sich vom politischen Abzeichen zum modischen Kleidungsstück. In den 1880er Jahren ließ sich der " Reichsgrunder" Otto von Bismarck von dem Münchener Gesellschaftsmaler F ranz von Lenbach mit dem weichen Filzhut por- trätieren. Brigille Baumstark Ein Wandkatalog in der Oststadt Wer seinen Getränkevorrat in der Oststadt deckt, den hat sein Weg vielleicht schon mal in die Gerwigstraße 38 geftihrt. Hier, wo sich heute im Hof eine entsprechende Handlung befindet, war ursprünglich das Baumate- rialiengeschäft L. Reiss beherbergt. Eine In- schrift über dem Tor des Vorderhauses, das von dem bekannten Karlsruher Architekten HernJann Billing 1905 gebaut worden ist, weist heute noch auf den Bauherrn hin. Auffallig und zumindest in Karlsruhe ein- malig ist die Ausstattung der Torfahrt. Zum Teil wunderschöne Fliesen bekleiden hier beidseitig die unteren Wandflächen. Es han- delt sich um 1-2 qm große Musterflächen, die nebeneinandergesetzt sind wie in einem Katalog. Und genau dies war auch ihre Funk- tion. In Zeiten, in denen Hochglanzprospekte die Briefkästen überquellen lassen, mag es schwer vorstellbar sein, daß es zu Anfang dieses Jahrhunderts noch kaum möglich war, seine Ware attraktiv anzupreisen. Reklame war teuer und ging über ein Firmensignet in der Tageszeitung kaunJ hinaus. Auch war an Farbe kaum zu denken. So fmden sich immer wieder Beispiele, in denen pfiffige Handwerker Musterflächen an ihren Häusern oder Hofinauern angebracht 319 Hausflur Genvigstraße 38. haben, um der Kundschaft die Qualität und mögliche Vielfalt ihrer Arbeit anschaulich zu machen. Sicherlich hat sich so mancher Haus- besitzer viel eher zum Kauf auch einer teure- ren Fliese entschließen können, wenn sie, statt nur einzeln in einer Kiste zu liegen, in der vollen Entfaltung ihres Dekors großflächig angebracht war. Die glasierten Kacheln mit z. T. floralen Mustern und reich verzierten Abschlußleisten waren für die repräsentative Ausgestaltung von Hauseingängen gedacht. Eher fur die Wände einer Küche wurden die weißen Ka- cheln mit kleinen blauen Musterfeldern ver- wendet. Auch Fußbodenbeläge sind hier vor- gestellt, so z. B. die typischen Schachbrett- muster in rot-weiß oder schwarz-gelb, die noch heute auf zahlreichen Karlsruher Kü- 320 chenböden und in Hausfluren zu finden sind. Eine Besonderheit ist leider kaum zu sehen: Verdeckt durch das hochgefahrene Tor befin- det sich an der Wand ein Kachelbild mit einer Darstellung der Burg Lichtenstein. Die Verwendung von Fliesen erfreute sich schon aus hygienischen Gründen großer Be- liebtheit. Gerade im Eingangsbereich von Treppenhäusern und in Torfahrten, die einer starken Versclunutzung ausgesetzt sind, wa- ren Wandfliesen eine pflegeleichte und dau- erhafte - wenn auch teurere - Alternative zum einfachen Ölanstrich. Selten wurden be- sondere künstlerische Ansprüche an das Pro- dukt gestellt, daher war es sehr gut für eine industrielle Fertigung geeignet. Eines der fuh- renden Unternelunen fur Baukeramik war die bereits 1748 gegründete F. Villeroy & Boch in MettlachlSaar. Die Karlsruher Majolika, berühmt fur ihre aufwendigen baukerarnischen Raumausstat- tungen, nahm reine Fliesenbeläge erst in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts in ihr Reper- toire auf. Ulrike Plate Zwangsarbeit in Karlsruhe 1939-1945 Beim ZKM erscheint allein das Gebäude der ehemaligen Deut- schen Waffen- und Munitionsfa- brik (DWM) schon imponierend. Um diesem Industriebau eine be- sondere historische Dimension zu geben, hat die Stadt eine Tafel arn Portal anbringen lassen, die den Be- sucher an die hier tätigen Zwangs- arbeiter während des Zweiten Welt- kriegs erinnern soll . Ca. 17000 Frauen und Männer waren es, de- ren Schicksal Jürgen Schuhladen- Krämer in seiner Magisterarbeit geschildert hat, erschienen als Band 3 in der Schriftenreihe des Stadt- archivs. Die Situation dieser Frauen und Männer war unterschiedlich; wäh- rend in bäuerlichen Betrieben und in Haushalten erträgliche Verhält- nisse herrschen konnten, war die Lage in Fabriken wesentlich här- ter. Bei mangelhafter Arbeit gab es Strafen, Aufsässigkeit gegen die oft anzutreffende Willkiir von Lagerleitern fUhrte zur "Schutz- haft" in "ArbeitserziehWlgslagem'\ die als "Weg durch die Hölle" charakterisiert wur- den. Auch in der DWM bestand ein solches Lager, in dem mindestens täglich 12 Stunden gearbeitet werden mußte. Besonders krass war der Unterschied, den die Aufsichtsbehörden aus rassischen Grün- den zwischen Angehörigen aus West- und Ostländern machten. Wer von den Polen, ei- nem "fUhreriosen Arbeitervolk", sich " einer deutschen Frau unsittlich nähert, wird mit dem Tode bestraft", so die hiesige Polizeibehörde, und häufig genug wurde solches vollstrecki. Während Russen als besonders "schlecht- rassig" eingestuft wurden, versuchte man die Ukrainer davon zu unterscheiden, weil man sie als "slawische Hilfsmannschaften" zu ge- winnen suchte. Sie hätten "einen stark dinari- schen, also uns verwandlen Rasseeinschlag auf- zuweisen" und gehörten nicht zu den Nord-, sondern zu den Südslawen, wie die abstrusen Konstruktionen der obersten "Rasseaufsichts- behörde" der SS lauteten. 321 Für den Fall einer längeren Krankheit oder gar bei Invalidität plante man zunächst eine Abschiebung ins Herkunftsland, um Kosten zu sparen. Mit der Rückverlegung der Fron- ten gegen Ende des Krieges entfiel diese Mög- lichkeit. In der Albuferstraße 4-10 enichte- ten darum im Oktober 1943 die Städt. Kran- kenanstalten ein Ausländerkrankenhaus. Da sowjetische Ärzte mit Dolmetschern dort ein- gesetzt wurden, galt es vor allem als Baracke für Ostarbeiter. Ein Drittel der "Fremdarbei- ter" waren Frauen, die wegen ihrer Arbeits- leistung in den Betrieben geschätzt wurden. Unerwünscht waren aber die hohen Geburten- zahlen, besonders bei Polinnen und Russin- nen. Darum wurden hier bei Abtreibungen - für deutsche Frauen verboten - Sonderrechte eingeräumt. Für die Arbeiter waren eigene Bordelle eingerichtet, wobei "Dirnen germa- nischen Volkstums (z. B. Holländerinnen, Norwegerinnen)" abgelehnt wurden, selbst- verständlich auch Deutsche. Dagegen waren " Polinnen bevorzugt einzusetzen. Auf 300- 400 Arbeiter soll eine Dime konunen", so die Regelung der behördlichen Zuhälterei. Während polnische Frauen' nicht geschla- gen werden sollten, galt rur Männer diese Regelung: "Das Züchtigungsrecht steht je- dem Betriebsftihrer rur die Landarbeiter pol- nischen Volkstums zu, sofern gutes Zureden und Belehrungen ohne Erfolg waren. Der Be- triebsführer darf in einem solchen Fall von keiner Dienststelle deswegen zur Rechen- schaft gezogen werden." So stand z. B. am Güterbahnhof ein höchstens 16jähriger HitIer- junge, berichtet ein Zeitzeuge, "und hielt eine 322 Peitsche in der Hand, mit der er unter Ge- brauch herablassender Ausdrücke einen so- '\Cietischen ,Zivilarbeiter' Zunl schnelleren Entladen eines Waggons antrieb." Zwischen wirtschaftlichen Interessen der Industrie - möglichst viele leistungsfahige Arbeitskräfte - und rasseideologischen Prin- zipien der NS-Führung kam es also häufig zu Konflikten, die mit dem Komprorniß "Brot und Peitsche" gelöst werden sollten. Der Hö- hepunkt des Einsatzes wurde im Spätsommer 1944 erreicht, als ca. 10 000 Zwangsarbeite- rinnen und -arbeiter sich in Karlsruhe befun- den haben. Der Haß gegen das deutsche "Herrenvolk" äußerte sich nach 1945 in manchen Übergrif- fen. Die Allüerten begegneten den "Displaced persons" nicht inuner entgegenkonmlend, zu- mal zahlreiche nicht in die von So\\Ciets be- setzten Länder zurückkehren wollten. Insgesamt ist dies ein trauriges Kapitel in der Historie der 40er Jahre, bei dem man neben dem harten äußeren Druck nicht die Verlassenheit des einzelnen, die seelischen Konflikte, den Verrat durch Zuträger verges- sen sollte. Bei der Enthüllung der Gedenkta- fel sah der ehemalige Zwangsarbeiter Oe Ruyter aus den Niederlanden diese als eines der Zeichen, "die alte Gräben überwinden hilft" . Bei einem Zentrum rur die H. Modeme von morgen sollte darum der Blick zurück in die jüngere Geschichte nicht fehlen. (Jürgen Schuhladen-Krämer, Zwangsarbeit in Karls- ruhe 1939- 1945, Ein unbekanntes Kapitel Stadtgeschichte, Karlsruhe 1997, 170 S., DM 25,-). LeonhardMrlller Der Narrenbrunnen Seit dem I!. I!. 1997 ist die ehemalige ba- dische Residenz wieder um einen weiteren Brunnen reicher, so daß man Karlsruhe bald mit dem Beinamen "Stadt der Brunnen" versehen könnte. Die Fastnachter um ihren Festausschußpräsidenten Jürgen Olm sowie Oberbürgermeister Prof. Dr. Seiler und der Künstler Markus Lüpertz weihten unter reger Anteilnahme der Bevölkerung den neuen Narrenbrunnen auf dem Kronenplatz ein. Stadt und Karnevalsvereine teilten sich die Kosten des Brunnens in etwa zur Hälfte. Der Künstler selbst steuerte ebenfalls einen nicht unerheblichen fmanziellen Beitrag bei. Nun thront ein farbig gefaßter bronzener Harlekin in lässiger Haltung " auf einem wackligen Sitz aus Backsteinen" etwas außerhalb der Mitte einer hellblau gemusterten Brunnenschale aus Terrazzobetonstein, nach den Worten des Künstlers in dieser Größe eine Weltneuheit, die nicht leicht herzustellen gewesen sei. An der Einfassung der Brunnenschale sind die Embleme von allen 24 dem FKF angeschlos- senen Karlsruher Karnevalsvereinen sowIe Sockel der Brunnenfigur sprudelnde Naß gleichsam zum Bestandteil des Kunstwerks. Welche Rolle die Harlekinfigur im Selbst- verständnis und im Werk des Künstlers spielt, hat Erika Rödiger-Diruf 1991 in ihrem Bei- trag zum Katalog der Lüpertz-Ausstellung im Prinz-Max-Palais gewürdigt. Dem karm man auch entnehmen, daß Lüpertz fiir die Ge- staltung des Narrenbrunnens auf eine bereits vorhandene Bronzeskulptur zurückgriff: "Die Bronzeligur des sitzenden Harlekin von 1984, die mit der Bezeichnung " Pierrot lu- naire" den Gemäldeserien aus dem gleichen Jahr zuzuordnen ist, strahlt durch die kräftige, dominant rot-grüne Bemalung (,N arren- fa~ben '), eine gewisse Heiterkeit aus .. .. Ei- nen Blickfang bilden die großen Hände, die ineinander verschränkt auf dem Schenkel ruhen, und die hochovale Kopfform ... " Rödiger-Diruf wies dabei auch auf entspre- chende Bilder von Picasso hin, die den Künstler zu seinen Harlekindarstellungen an- geregt hätten. Trotzdem kann man mit dem Brunnen doch einige historische Erinnerun- das Stadtwappen in Form von Majolikake- ramiken angebracht worden. Lüpertz, seit langem ein internatio- nal gefeierter Avant- gardekünstler, schuf da- mit ein Kunstwerk, das nicht nur in der Kar- nevalssaison seine Wür- digung linden soll, denn gerade in der wärmeren J ahreszei t wird j a durch die Inbetriebnahme des Brunnens erst sein ei- gentlicher Zweck er- reicht und das aus dem Der Ki/nsl/er Marklls Lüpertz Imd sein Harlekin bei der Einweih,mg des Narrenbnmnens 0111 dem Kronenp/atz am 1/.11./997, 11.11 Uhr. 323 gen verbinden, die, wenn auch wohl eher zufdllig, die Ursprünge der Karlsruher Fast- nacht betreffen. Der Harlekin entstammt der italienischen Commedia dell'arte des 16. bis 18. Jahrhun- derts und ist vermutlich eine verfeinerte Form der mittelalterlichen Narrenfigur. Kennzei- chen des Narren waren schon im Mittelalter gestreifte oder gefleckte Gewänder mit den Narrenfarben gelb, rot, grün oder blau, die Narrenkappe mit Schellen sowie Schnabel- schuhe. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurden im Karlsruher Hoftheater sogenannte Harlekinaden aufgeführt, die als kurzweilige und humorvolle Lustspiele ein begeistertes Publikum fanden. Harlekin wurde bald in Hanswurst eingedeutscht und fand berühmte Darsteller, die sich auf dieses Genre spe- zialisiert hatten. Nicht von ungefahr wurden Harlekin und sein "alter ego" Hanswurst daher auch zu Hauptfiguren der Karlsruher Fastnacht im Vormärz. 1844 war "seiner al- lemärrischsten Majestät", dem König Hans- wurst, sogar der ganze Umzug gewidmet. "Harlekins umschwärmten in· lärmender Ge- schäftigkeit den Zug, und noch verschiedene Masken reihten sich an und bildeten einen langen Schweif', berichtet die 1845 verfaßte Karlsruher Narrenchronik. "Auf dem Markt- platz angelangt, nachdem die besuchtesten Straßen der Stadt durchpassirt waren, bestieg Hanswurst den ftir 'ihn prachtvoll bereiteten, erhabenen Thron im glänzenden Geleite seiner Kronbeamten. " Dort fanden Hans- wurst zu Ehren Eselsturniere, der Empfang von fremden Gesandtschaften und eine Or- densverleihung statt. Erst in der zweiten Hälf- te des 19. Jahrhunderts sollte sich Prinz Karneval nach rheinischem Vorbild durchset- zen und damit Harlekin und Hanswurst in Karlsruhe verdrängen. So ist der Harlekin des Narrenbrunnens neben seiner künstlerischen Bedeutung auch eine Symbolfigur fur die 324 Anfange der Karlsruher Fastnacht. Aber auch der Standort des neuen Brunnens ist mit der Karlsruher Karnevalsgeschichte verknüpft. Befand sich doch hier und in der Umgebung die alte Taglöhnersiedlung "Dörf- le", die 1715 mit der Stadtgründung entstan- den war und mit der Flächensanierung in den 60er Jahren zum größten Teil verschwunden ist. Das Dörfle wurde im 19. Jahrhundert mit dem Übernamen "Pfannenstiel" belegt, der ursprünglich nur fur den östlichen Teil der Kaiserstraße ab Höhe der Waldhornstraße gegolten hatte, da dieser aus dem Fächer- grundriß herausfiel. Ein anderer Erklärungs- versuch von Fritz Hirsch aus den 20er Jahren erscheint recht originell, ist aber historisch als eher fragwürdig einzustufen. Er meinte, das Dörfle mit der Waldhornstraße sei in der Plananlage der Stadt mit einem Pfannenstiel zu vergleichen, wenn man den Zirkel um das Schloß als geschlossene Tellerscheibe be- trachtet, die somit die "Pfanne" ausmachen würde. Jedenfalls nannte sich die erste, 1843 gegründete Karnevalsgesellschaft der Stadt "Narrenverein von Pf3IU1cnstielhausen", wo- mit allerdings die ganze Stadt gemeint war. Spekulationen, daß dieser Verein im heute noch bestehenden Gasthaus "ZunI Pfannen- stiel" gegründet worden sei, entbehren jeder Grundlage, da diese Wirtschaft erst in der Gründerzeit errichtet worden ist und ein Wirtshaus gleichen Namens nicht vorher bestand. Das Vereinslokal des alten Narren- vereins befand sich in der nicht mehr be- stehenden Brauerei Görger in der nördlichen Waidstraße, also weit entfernt vom " Pfannen- stiel" , Ein wichtiges Element der Fastnacht der 1840er Jahre war die Zopfmiliz, die der Wirt zum Goldenen Kreuz gegründet hatte und die mit ihren Uniformen an napoleonische Zeiten erinnern sollte. Das Wirtshaus "Zum Golde- nen Kreuz" befand sich früher an der Kreu- zung der Zähringer- mit der Kreuzstraße hin- ter der Kleinen Kirche, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum "Dörfle". Vielleicht hat der Wirt seine Mannschaft aus jungen Bur- schen des Dörfle rekrutiert, und der Name des Narrenvereins "Pfannenstielhausen" steht damit in Zusammenhang. Letztlich wird sich dies aber nicht mehr eindeutig klären lassen. Trotzdem erscheint der Platz des Narren- brunnens auch unter den hier geschilderten Gesichtspunkten nicht schlecht gewählt. Außerdem sorgt er rur eine Belebung des erst mit der Dörflesanierung entstandenen Kronen- platzes, der ja nun von recht monumental wirkenden Neubauten umgeben ist. Zu einer Belebung wollen auch die Karnevalsvereine beitragen. So soll hier regelmäßig am 11. 11. der Karneval eröffnet und arn Aschermitt- woch beendet werden sowie ein jährliches Brunnenfest staUfmden. Dabei könnte urunit- telbar an das historische Vorbild angeknüpft werden. Hatten doch die Narren 1843 und 1844 auf dem Marktplatz einen Jahrmarkt abgehalten, auf dem mit zahlreichen an das Mittelalter erinnernden Kostümierungen Kö- nigin Fastnacht und König Hanswurst gehul- digt wurden. Dabei kam auch das leibliche Wohl und die geistige Nahrung nicht zu kurz, wie wir der Narrenchronik entnehmen: " .. .in der Gegend des Brunnens (des Ludwigs- brunnens auf dem Marktplatz) stand der geräumige Glückshafen, und an diesen reihten sich die Buden der Narrenliteratur, des Wunderdoctors, des pfeifenverkäufers, des Tabakhändlers, der Bier- und Wein- schenken, des Fastnachtsküchlebäckers, der Wurstler und Anderen an .... Liebhaber von Punsch fanden an der Ecke der Zähringer- straße volle Befriedigung wie auch freundli- che Bedienung. Kurz, es war rur alles gesorgt, was ein Volksfest in seinem Gefolge haben m'.ill." Wir dürfen gespannt sein, ob am Karlsruher Narrenbrunnen auf dem Kronen- platz wieder etwas Ähnliches entsteht. Pe/er Pre/sch Hinter der Autobahn Bis vor kurzem gab es noch so etwas wie ein "Niemandsland" zwischen Karlsruhe und Durlach, denn an der Betriebsbrücke über die Autobahn ging es rur die Öffentlichkeit nicht weiter. Kaumjemand kannte die Ecke" hinter der Autobahn" und auch heute wird kaum einer der Brückenbenutzer auf dem Gelände der Autobahnmeisterei etwas besonderes ver- muten. Wer jedoch hinsieht, kann dort über- raschend gute Architek1ur entdecken: ein repräsentatives Verwaltungsgebäude und den langgestreckten Baukörper der Fahrzeug- halle. Beide Gebäude zeigen Sichtmauerwerk aus regelmäßig behauenen Sandsteinen mit Eckquaderung, die den repräsentativen An- spruch unterstreicht, fein geschnittene Profil- rahmen an Fenstern und Türen zeugen von großem handwerklichem Anspruch, Rundbo- genfenster und Schieferdächer lassen an Weinbrennerbauten denken. Solche Qualität rur reine Funktionsbauten? Die Autobahnmeisterei ist Teil des größten Bauprojekts in der Geschichte Deutschlands, dem Bau der Autobahn. Die Autobahnpla- nung, die in den 20er Jahren ihren Anfang nahm, wurde von den Nationalsozialisten aufgegriffen und erhielt durch das Gesetz über die Errichtung eines "Unternehmens Reichsautobahnen" von 1933 eine reichsweit einheitliche Organisation. Die Nationalso- zialisten sahen im Autobahnbau nicht nur den technisch-ökonomischen Nutzen und eine Möglichkeit der Arbeitsbeschaffung. Sie er- kannten insbesondere das ungeheure propa- 325 gandistische Potential, das in diesem Projekt lag und das später auch zum militärischen Autimirsch fur den geplanten Krieg dienen sollte. Die Energie, die in den Autobahnbau gesteckt wurde, spiegelt sich im raschen Bau- tempo: Bereits im Oktober 1935 konnte der Generalinspekteur fur das deutsche Straßen- wesen, Dr. Todt, die Fertigstellung des Streckenabschnitts Viernheim-Mannheim- Heidelberg bekanntgeben. Im September 1936 war die Strecke bis Bruchsal fertig, im Oktober 1937 wurde der Abschnitt bis KarIs- ruhe freigegeben und im Dezember 1938 konnte das Autobahndreieck von Karlsruhe bis Ettlingen bzw. bis Pforzheim eröffnet werden. Bei aller Schnelligkeit stand die Ästhetik stets im Vordergrund. Für die technisch- konstruktiven Fragen wurden hochkarätige Ingenieure hinzugezogen, wie zum Beispiel Fritz Leonhardt fur den Brückenbau; er hat 1955 den Stuttgarter Fernsehturm gebaut. Es gab künstlerische Berater, von denen hier nur der Architekt des Stuttgarter Hauptbahnhofs, Paul Bonatz, genannt sei. Die Autobahn bot den Nationalsozialisten die Möglichkeit der 326 Selbstdarstellung, sie stand ftir Fortschritt und Technik, gleichzeitig sollte sie die enge Verbundenheit mit der Landschaft im Sinne von Heimat, Vaterland und Geschichte zei- gen. Autobahnstrecken wurden zum Teil so geftihrt, daß sie historische Sehenswürdigkei- ten vom Auto aus erleben ließen: bekanntes Beispiel hierftir ist der Dom von Limburgf Lahn. Besonderer Wert wurde auf die Qualität der Autobahnarchitektur gelegt. Ingenieurlei- stungen wie Brücken und Tunnel symbolisier- ten Fortschritt und Modernität. Raststätten, Tankstellen und eben auch AutobaIuunei- stereien sollten dagegen nach Form und hand- werklicher Ausfuhrung dem landschafllieh überkommenen Baustil folgen und den Um- landbewohnern den zeitgemäßen Stil vor Au- gen fuhren, um sie so zur Nacheiferung anzu- spornen. Typisch.fur die Ideologie der Nazi- architektur ist hierbei, daß landschaftsgebun- denes Bauen im Vordergrund stand; selbst bei besten Entwürfen war keine reichsweite Vereinheitlichung des Stils vorgesehen. Au- tobahn- bzw. Straßenbaumeistereien bestan- den üblicherweise aus einem um ein bis zwei Werkhöfe gruppiertem Gehöft, bestehend aus einem Bürogebäude mit Ferruneldevermitt- lung, Aufenthalts-, Wasch- und Umkleide- räumen, einer Fahrzeughalle und einer Tankstelle. Da Residenzpflicht herrschte, gab es auch eine Dienstwohnung fur den Straßen- baumeister sowie weitere Betriebswohnungen. Von hier aus wurde zunächst der Streckenbau organisiert; bis heute aber gehören die Si- cherheit der Autobahnen, regelmäßige Kon- trollen und Reparaturen von Straßendämmen und Brücken sowie der Winterdienst zu den Aufgaben der Straßenmeister. Mit dem Bau der Autobahnmeisterei in Durlach wurde 1938 begonnen. Wegen des Kriegsausbruchs konnte die Anlage nicht vollendet werden, erst 1950 wurden die notwendigen Gebäude ergänzt, 1970-1972 kam es zu einer Er- weiterung. Bis 1940 waren nur das Verwal- tungsgebäude und die Fahrzeughalle fertigge- steIlt worden, erbaut im rätlichen Sandstein der Grötzinger Steinbrüche, die Form wurde mit Anklängen an die für Karlsruhe typische klassizistische Architektur gewählt. Der Ar- chitekt, Paul Schmitthenner, Professor an der TH Stuttgart, war der Hauptverfechter eines traditionellen Baustils und einer der deut- schen Architekten, die überzeugt für den Nationalsozialismus eintraten. Er hat die ästhetischen Ansprüche an landschaftliche Gebundenheit in Material und Stil sowie an handwerkliche Qualität in den Gebäuden der Autobahnmeisterei Iß Karlsruhe-Durlach umgesetzt. Ulrike Plale 327 Bücher-Blick Bilder im Zirkel, 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe. Hrsg. v. Jutta Dresch u. Wilfried Rößling, Karlsruhe 1993,400 S., DM 50,- Ausstellungskataloge und Festschriften werden zu einem gegebenen Anlaß häufig nur ftir ein kleineres Umfeld komponiert. Dieser großformatige Band, der allein durch seine ansprechende Gestaltung herausragt, bietet weit mehr und ist ein Stück Kulturgeschichte dieser Stadt in den letzten beiden Jahrhunder- ten. Aufliterarischem Gebiet hatte Karlsruhe weniger zu bieten, eher schon im Bereich der Musik, des Theaters. Weit über Baden be- kannt ist aber der Bereich der bildenden Künste - freilich: jene breite Bürgerinitiative zum Erwerb für Museen, wie z. B. in Mann- heim, ganz zu schweigen in den Hansestäd- ten, fand man in der badischen Residenz seltener, weil man sich auf das Mäzenat kunstverständiger Großherzöge verließ. Des- halb hatte der Kunstverein, der" vornehmste Verein in ganz Baden" , eine notwendige Mittlerfunktion, die von den 15 Autoren in vielfacher Weise beschrieben wird. Um nur einige zu erwähnen, schildert die Her- ausgeberin Jutta Dresch prägnant die Or- ganisation der Kunstvereinsausstellungen bis 1860 und ihre spätere Reform sowie die "vortreillichen Photographien" von J. A. Lorent um die Mitte des letzten Jahrhunderts, wobei - wie in anderen Beiträgen - zahl- reiches, noch unveröffentlichtes Material herangezogen wurde. Wilfried Rößling be- leuchtet die vielfaltigen Kontakte zum Rheinischen Kunstverein, Dieter Hein den Kunstverein im bürgerlichen Aufbruch des frühen 19. Jahrhunderts, Peter Pretsch im Zeitalter der Industrialisierung, Eva-Maria Froittzheim, Marlene Angermcyer-Deubner, Michael Koch und Christoph Zuschlag in den folgenden Epochen unter spezifischen Frage- stellungen. Die Skizze von Hans-Werner Schrnidt "Die 'Verbindung für historische Kunst ' 1854- 1933" stößt auf ein aktuelles Interesse, denkt man an die heutige Diskussion um Denkmale und die Rückwirkung auf die nationale Identifikation. So galten Bilder zum deut- schen Mittelalter mit ihren Kaisergestalten im 19. Jahrhundert zunächst für eine groß- deutsche Lösung, die nach 1871 entfiel. Darstellungen zur Geschichte der Reformati- on und des Dreißigjährigen Krieges flankier- ten eher Bismarcks Bestrebungen, Pro- testantismus und Preußentum als Gegenpart zum Katholizismus in Einklang zu bringen. Ursula Merkeis Amnerkungen zum staatli- chen Porträtwettbewerb und zur Ausstellung ven 1930 unter dem Thema "Selbstbildnisse badischer Künstler" schildert einen Vorgang, der eine offizielle wie private Aufinerksarn- keit ,vie kaum eine andere Ausstellung erzielt hat, weil sie zu heftigen Kontroversen fUhrte. In einer von Karl Hubbuch und anderen herausgegebenen Monatsschrift erschien eine Lithographie von Ef\vin Spuler, wie er sich die Erschießung der Jwy vor dem Portal der Kunsthalle vorstellte, ein faszinierender Bericht, der die Auseinandersetzungen im "Dritten Reich" erahnen läßt. Die Liste der Jahresgaben ab 1832 konzentriert ein Stück Kunstgeschichte auf knappem Raum, wobei die 30er und 40er Jahre ausgespart wurden. Mit über 100 Schwarzweiß- und 31 farbigen Abbildungen - darunter das auseinandergeschnittene Werk "Nero überschaut das brennende Rom" von Ferdinand Keller wird auch fur jene, die die Ausstellung nicht besuchen konnten, die breite Palette der Exponate sehr anschaulich vorgefUlut. In sununa: eine fesselnde Lektüre und zugleich ein Nachschlagewerk. Leonhard Mal/er 329 100 Jahre Mädchengymnasium in Deutsch- land. Hrsg. Stadt Karlsruhe, G. Braun Verlag, 131 S., DM 10,- Diese Publikation, von P. Behringer und G. Zeipert-Haßinger redigiert, ist umfassender als eine landläufige Festschrift, und viele Interessenten aus ganz Deutschland haben nach ihr gefragt, weil sie am Beispiel zweier Schulen neben dem Lokalen das Grundsätzli- che von Mädchenbildung aufgreift. Aufgrund von sorgfaltigen Akten- und Literaturstudien sind gerade die einftihrenden Aufsätze von Eva Hirtler, vor allem auch über die NS-Ära von Ilse Weigel sehr anschaulich und differenziert. Erhard Hottenroth schildert das Gründungsumfeld, und Erinnerungen von Zeitzeuginnen geben den nüchternen Fakten Farbe und Plastizität. Die Schülerbeiträge sind hier knapp, quasi als Kostprobe gehalten, weil die Historie dominiert. Ein Drittel ist dem Thema "Koedukation" gewidmet - heute wieder modem, wie man dem sachkundigen Interview von Susanne Asche und Annette Niesyto mit den Ministe- rinnen Dr. Schultz-Hector und Unger-Soyka entnehmen kann. Insofern fUhrt die Aufsatz- sammlung mitten in die Diskussion jener Gleichberechtigung der Geschlechter, deren Bedingungen und Möglichkeiten die Diskus- sion unserer Tage prägt. Daß historische Rückblicke nichts anderes sind, als "die aus- dauernde Befragung der Vergangenheit im Namen der Probleme der Gegenwart" (F. Braudei), wird an diesem Heft besonders einleuchtend, das zu Gesprächen einlädt, was innerhalb der bildwlgspolitischen Literatur eher eine Rarität ist. Die vorzügliche Bild- ausstattung eröffnet zudem beredte Eindrük- ke von dem Wandel der Generationen. Leonhard Mal/er 330 Karlsruher Stadtteile, Bulach, Ausstel- lung der Stadtgeschichte im Prinz-Max- Palais zur SOO-Jahrfeier. Hrsg. Stadt Karlsruhe, Badenia Verlag, 52 S., DM 6,50 Dieser sechste Stadtteil ist von Peter Pretsch, dem Sammlungsleiter, innerhalb einer Reihe in bewährter Form nicht nur als ein hilfreicher Ausstellungsfiihrer beschrie- ben worden, sondern er ist auch ein Beitrag zu einer künftigen neuen Karlsruher Stadtge- schichte. Ortshistorie, Gebäude, Industrie und Gewerbe sowie gesellschaftliches Leben sind die Markiermlgspunkte, die einen Über- blick zur Entwicklung des von ' Papst Coe- lestin III. bereits benannten Dorfes ver- mitteln, der in einer Zeittafel noch einmal zusanllllengefaßt wird. In der lebendigen Bildauswahl findet man zahlreiche Exponate der sehenswerten Ausstellung wieder. Leonhard Mill/er Horst Schlesiger/Josef Werner: Die 50er Jahre. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1993, 120 S. , DM 36,- Die 50er Jahre, ihre Filme, ScIllager und Moden finden seit einiger Zeit die ölIentliche Aufmerksamkeit der Medien, doch auch der wissenschaftlichen BetrachtlUlg. Darin schwingt zunächst eine nostalgische Verklärung der Wirtschaftswwlderzeit mit, die aber dalUl einen Blick freigibt auf ein außerordentlich spannungsreiches Jahrzehnt. Geprägt von Aufbruch und Neuanfang, war es zugleich voll von Kontrasten und Schattenseiten wie kein anderes Nachkriegsjahrzehnt. Es ist ein Glücksfall fUr Karlsruhe, daß fiir den vorliegenden Band die Bilder des " Chroni- sten mit der Kamera", Horst Schlesiger, von dem "Chronisten mit der Feder", JosefWerner, ausgewählt und knapp kommentiert wurden. Beide haben über mehrere Jahrzehnte flir die Badischen Neuesten Nachrichten gearbeitet. In mehr als 40jähriger Tätigkeit schufSchiesi- ger ein Bildarchiv, das Werner zu Recht als "einzigartig und stadtgeschichtlich wertvoll" bezeichnet. Aus diesem Fundus entstand ein Kaleidoskop, in denen die flinfziger Jahre eindrucksvoll Revue passieren. Die Fotos Schlesigers sind in dem von Robert Dreikluft gut gestalteten Band in sie- ben Abschnitte gegliedert, denen JosefWerner nach einem Rückblick auf die unmittelbare Nachkriegszeit jeweils eine kurze Einleitung voranstellt. Aber diese Gliederung gibt nur eine grobe Orientierung, denn viele der Bilder entziehen sich dank ihrer Aussagekraft ein- deutigen thematischen Zuordnungen. Sie zeigen zum einen in vielfliltiger Brechung die äußere Gestalt der Stadt. Neben den Bildern der Kriegszerstörung stehenjene, die die nach- trägliche Zerstörung historischer Bausubstanz im Zeichen der zeitbedingten Abrißmentalität dokumentieren. Eindringlich \vird der Verlust bei Betrachtung des 1945 erhaltenen ersten Karlsruher Hauptbahnhofs an der Kriegs- straße. Gezeigt werden aber auch der beein- druckende Wiederaufbau und Neubau der Stadt - wie die erhaltene Idylle in den Außen- stadtteilen. Viele Fotografien Schlesigers spiegeln zu- dem das Lebensgeftihl der Menschen, die in dieser sich wandelnden Stadt lebten. Nicht das "offizielle" Karlsruhe der Empfange und feierlichen Anlässe stand bei der Auswahl im Blick. Menschen bei der Arbeit, vom Profes- sor über den Bauarbeiter bis zum Bauern, bei den Arbeitspausen, beim Schwatz auf der Straße, bei Freizeit und Vergnügen sind zu sehen. Den wirtschaftlichen Aufschwung zei- gen nicht allein die Aufuahmen vom Wieder- aufbau, sondern auch die vom Einkaufsgewühl in der Kaiserstraße und von Kabinenrollern, Autos und der technischen Errungenschaft Fernsehen, die aus dem Kreis der Familie einen Halbkreis formte. Daneben erzählen manche Bilder Geschichten von der Not des Alltags der 50er Jahre: Flüchtlingselend, Kinder vor Barackenwohnungen, ein Rentner in einer Behelfswohnung und Auswanderer im Hauptbahnhof. Die Texte von Josef Werner dienen dem Betrachter zur Orientierung in der Zeit oder auch zur Erinnerung an jene Jahre. Er nennt als Chronist Ereignisse und Entwicklungen, ohne sich gelegentlich eines deutlichen Kommentars zu enthalten. Der sichtbare Verkaufserfolg des Bandes sollte den Verlag ermutigen, die geplante Fortsetzung mit Bildern der sechziger Jahre in Angriff zu nehmen. Manfred Koch Alexander Mobr: Die Stadt Durlacb in der Badischen Revolution von 1848/49. Ein Beitrag zur Revolution in der Provinz. Hrsg. Freundeskreis Pfmzgaumuseum Dur- lach e.V., Karlsruhe 1993, 170 S. , DM 49,80 Durlach sei "ein Tummelplatz der Blut- roten", wußte der preußische Offizier Staroste über die damals noch selbständige Stadt im Osten Karlsruhes in der Zeit der Revolution von 1848/49 zu berichten. Bekannt ist bis heute auch, daß bei der Durlacher Obermühle ein Gefecht zwischen der badischen Revolu- tionsarmee und den preußischen Truppen, die die Revolution niederschlugen, stattfand. Zwei in dem Gebäude eingemauerte Kanonenkugeln zeugen von der Schlacht. Manche wissen noch, daß der Durlacher Konrad Lenzinger in Rastatt wegen Beteiligung an der Revo- lution hingerichtet wurde. Aber mehr war nicht bekannt über die Rolle der Durlacher in der ersten demokratischen Revolution und der ersten Republik Deutschlands. Durlach war ein zu unbedeutendes Städtchen im Schatten Karlsruhes, als daß die Geschichtsforschung 331 sich seiner bisher angenommen hätte. Nun hat Alexander Mohr seine Forschungsergeb- nisse uber Durlach in der Badischen Revolu- tion von 1848/49 veröffentlicht. In dem 170 Seiten umfassenden, gut bebilderten Band schildert Mohr mit wissenschaftlicher Ge- nauigkeit und doch anschaulich das Durlacher gesellschaftliche, wirtschaftliche und politi- sche Leben der 1840er Jahre, um vor diesem Hintergrund die Durlacher Auseinander- setzungen in den Revolutionsmonaten zu beschreiben. Deutlich wird dabei, daß die Durlacher Einwohnerschaft geprägt war durch ein Bürgerselbstbewußtsein, das sich auch gegen die aus Karlsruhe kommenden Ge- setzes- und Verwaltungsregelungen zu wehren wußte. Einigkeit allerdings herrschte unter den Durlachern nicht - es gab den radikal- demokratischen Bürgerverein und den konser- vativen Vaterländischen Verein. Mohr ver- steht es, die unterschiedlichen politischen An- schauungen, die in dieser Zeit aufeinander- prallen, auch an Personen und den einzelnen Problemen, die diese zu lösen hatten, deutlich zu machen. Da steht der Revolutionsgegner und Gründer der Feuerwehr Christian Hengst dem Radikaldemokraten und Studierten Dr. earl Steinmetz gegenüber, dazwischen der Revolutionsbürgerrneister und Kronenwirt Eduard Kraft. An Fragen, wie der, welche Farbe z. B. die Fahne der Bürgerwehr haben solle - weiß oder rot -, erhitzten sich die Ge- müter. Aber Mohr fückt nicht nur die Männer in das Blickfeld, sondern er vergißt nicht den Beitrag der Frauen - weder den zum Alltags- leben in dem kleinen Landstädtchen noch den zur Revolution. Dabei hat Mohr mehr verfaßt als nur ein Kapitel Durlacher Stadtgeschichte. Es gelingt ihm durchaus, die Durlacher Ereignisse so in den zeitgeschichtlichen Rah- men zu stellen, daß sein Buch tatsächlich ein allgemeiner Forschungsbeitrag zur Revolution in der Provinz ist und damit mehr als eine Ortschronik. Der Verein der Freunde des 332 Pfinzgaumuseums hat Alexander Mohrs Arbeit als Band I seiner neu gegründeten Reihe " Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pfinzgaus" herausgegeben. Daß das so lesenswerte Ergebnis von Mohrs Forschun- gen nun einer breiten Öffentlichkeit vorliegt, ist ein großes Verdienst dieses Durlacher Ver- ems. SI/sanne Asche Stadt Karlsruhe (Herausgeber) Straßen- namen in Karlsruhe, Karlsruher Beiträge, Nr.7 G. Braun Verlag, Karlsruhe 1994, 216 S , DM 24,80 Wußten Sie, daß die "Steinstraße" ihren Namen vom Steintransport auf einem Kanal hat, der früher offen an ihr entlang zur Innenstadt fUhrte? War Ihnen bekannt, daß der " Lauschige Weg" in Rüppurr ein Wort- spiel darstellt um einen Karlsruher Stadtpla- ner naruens Lausch? Dies und anderes mehr kann man aus dem neuen Buch des Stadtarchivs und des Liegen- schaftsarutes zum Verfahren von Straßen- benennungen lernen. Die ganze Fülle des Stoffes entfaltet sich dann im vollständigen alphabetischen Verzeichnis aller Straßenna- men. Stets ist das Jahr der Namengebung vermerkt, zusätzlich werden frühere Bezeich- nungen derselben Straße angegeben. Bei Straßenbezeichnungen, die auf Personenna- men beruhen, fallt die Erläuterung richtiger- weise knapp aus, wenn es sich um allgemein bekannte Größen handelt. Soweit eine Bezie- hung der bekannten Persördichkeit zu Karlsruhe besteht, verdient diese natürlich Beachtung. Weniger knapp sind sinnvoller- weise die Mitteilungen über jene Nanlenge- ber ausgefallen, welche in erster Linie lokale Bedeutung auszeichnet. Hier erfahrt der Le- ser viel Wissenswertes über Künstler, Politi- ker, Forscher, Fürsten und andere Prominente der Stadtgeschichte. Das Buch der Straßenna- men erweist sich als Fundgrube fUr Informa- tionen, deren mühsames Zusammensuchen die Autoren dem Leser abgenommen haben. Aus Platzgründen mußte wohl manches wegbleiben, auch sind bei der Vielfalt der Fakten kleine Ungenauigkeiten kaum auszu- schließen. So war Reinhold Frank nicht unmittelbar am Attentat auf Hitler beteiligt. Joseph Scheffel legte sein Abitur 1843 am Karlsruher Gymnasium ab, das natürlich noch nicht Bismarck-Gymnasium hieß (so endgültig erst 1954). Robert Gerwigs Kar- riere wurde gekrönt durch das Amt des technischen Chefs der gesamten badischen Staatsbahn; die Schwarzwaldbahn hat er vor der Gotthardbahn gebaut. Johann Peter He- bel, der mehr als nur "humorvoll" war, hat nicht den "Rheinischen Hausfreund" geschrie- ben, sondern Kalendergeschichten fUr den von ihm herausgegebenen "Rheinländischen Hausfreund". Ludwig Windhorst, den man nicht als "Grunder" der Zentrumspartei be- zeichnen kann, wäre als "hannoverscher Justizminister" längst vergessen. Seine wich- tigste Rolle war die des OppositionsfUhrcrs gegen Bismarck im Reichstag. Zur Bezeichnung "Alter Friedhof' würde ein Hinweis auf den benachbarten alten jüdi- schen Friedhof passen. Den Dammerstock sollte man schon als Pionierleistung und Mu- ster der Bauhaus-Architektur kenntlich ma- chen. Der Katalog von Straßennamen verschafft einen Eindruck davon, welche Persönlichkei- ten die Karlsruher zu verschiedenen Zeiten ehren und in Erinnerung behalten wollten, und erzählt auch davon, welche Worte denjewei- ligen Gemeinderäten angenehm in den Ohren klangen. Das neue Buch ermöglicht auch, Bilanz zu ziehen und dabei eine Entschei- dungsgrundlage zu gewinnen, wessen künftig bei der Benennung von Straßen und Plätzen gedacht werden sollte. Glanzpun\..1e des neuen Namenbuches sind die vorzüglich abgedruckten alten Fotografi- en von Karlsruher Straßen. Sie stellen den Lebensraum der Eltern und Großeltern oder auch der eigenen Kindheit lebhaft vor Augen. Ihr Vergleich mit dem heutigen Zustand zeigt den Wandel des Stadtbildes. In den Straßen- namen selbst spiegelt sich dagegen eher Kontinuität, abgesehen von den Verwertun- gen der Naziherrschaft und den Veränderun- gen beim Hinzutritt alt-neuer Stadtteile zur Kemstadt. Die drei einfuhrenden Aufsätze (E. O. Bräunehe, J. K. Mehldau, Annette Niesyto) bieten interessante Grundlagen fUr weitere Diskussionen. Insgesamt ist dieses Nachschlagewerk daher sehr zu begrüßen. Klaus Oes/erle Ulrike Grimm: Das Badische Landesmu- seum in Karlsruhe. Zur Geschichte seiner Sammlungen. Hrsg. v. Harald Siebenmorgen, G. Braun Verlag, Karlsruhe 1993,272 S., DM 28,- Diese Geschichte eines Museums geht über den Rahmen der Institution hinaus und ist aufgrund breiter Forschungen auch ein Stück badische Kulturgeschichte. Beginnend mit der Sammelleidenschaft fUr Münzen durch Markgraf Friedrich VI. im 17. Jahrhundert wird der Bogen über Hofbibliothek, Zeichen- akademie, Kunsthalle, Gipssamm\ung, Tür- kenbeute und verschiedene Ankäufe zum Neubau fUr die "Ghzgl. Sammlungen fUr Altertums- und Völkerkunde" am Friedrichs- platz 1875 geschlagen. Zu Recht wird die zentrale Bedeutung Ernst Wagners (1832- 1920) herausgestellt. 47 J ah,.e widmete sich das ehern. Mitglied des Oberschulrats und Erzieher des Erbprinzen - daher ein Mann besonderen Vertrauens fUr Friedrich I. - der Neuordnung des kostbaren Kunstbesitzes und "schuf mit seiner systematischen Inventari- 333 sierung eine verläßliche Grundlage flir wissenschaftliche Museumsarbeit - unver- zichtblir bis heute". Der Charakteristik des Kunstgewerbemu- seums 1890 bis 1918 unter besonderer Wür- digung von Hennann Götz schließt sich die Schilderung des neuen Badischen Landesmu- seums im Schloß unter Hans Rott (1876- 1942) an, der den Residenz-Bezug sprengte und " im wesentlichen die südwestdeutschen Kunst- und Kulturbeziehungen" deutlich werden ließ, dementsprechend auch die Ankäufe vergab - in den Notzeiten der Wei- marer Republik recht spärlich. Welches Glück dieses Museum mit seinen Direktoren hatte, erkennt man auch an den Nachkriegs- leistungen. Arthur v. Schneider konnte ab 1948 die kaum überschaubaren Auslagerun- gen während der Kriegswirren wieder erfassen und mit Restaurierungen beginnen, war doch der Erhaltungszustand mancher Kunstschätze "fast hoflhungslos". Für seine Bundesgerichte hat Karlsruhe nicht nur mit dem Abriß des alten Hollheaters Vorleistun- gen erbracht; auch die abrupte Verlagerung der Exponate in das Telegrafenamt 1952, um das Erbgroßhzgl. Palais rur den BGH zu räumen, verursachte bei den Sanunlungen manche Umzugs schäden. Dafur konnte später mit einer modemen Inneneinrichtung des ausgebrannten Schlosses eine zeitgemäße Präsentation geschaffen werden, die viele Gäste Karlsruhes bewundern. Die ziel be- wußte, qualitätsbestimmte Ankaufstätigkeit der Direktorate unter Rudolf Schnellbach 1952-1967, Ernst Petrasch 1967- 1981 und VolkerHimmelein 1981-1991 aufgrundauch der Lotto- und Toto-Mittel sowie eine rege Ausstellungsaktivität haben diese Institution zu einem wichtigen Kulturzentrunl werden lassen, dessen ÖLTentlichkeitsarbeit nun weitere breite Kreise erfaß!. Leonhard Müller 334 900 Jahre Gottesauc. Spurensuche, Spu- rensicherung. Hrsg. v. Förderverein des Generallandes- archivs Karlsruhe, Karlsruhe 1994, 92 S., DM 20,- Wer sich bislang mit dem Thema Gottesaue befaßte, mußte sich auf die Suche nach einer verstreuten und teilweise veralteten Literatur begeben. Das Erscheinen des hier anzuzei- genden Titels hat diesem Mißstand abgehol- fen. Entstanden als Begleitband zur gleichna- migen Ausstellung im Schloß Gottesaue aus Anlaß der 900. Wiederkehr der Gründung des Benediktinerklosters Gottesaue, widmet sich der Band auf seinen knapp 100 Seiten einem Thema, dessen Reiz, so H. Schwarzmaier im Geleitwort, " in der Kontinuität eines seit 900 Jahren besiedelten, überbauten und auf die verschiedenste Weise genutzten Platzes" liegt, "der heute wieder Anlaß zu Planungen und neuen Bauvorhaben gibt". Ziel der Spurensuche war das Zusammen- tragen von schriftlichen und dinglichen Überresten und ihre Sicherung fur die Zu- kunft. Wie die Autoren betonen, wurde dabei der krasse Widerspruch oLTenkundig, der "zwischen der Bedeutung des alten Siedlungs- kerns Gottesaue und der Kenntnis über ilm" bestanden habe. Dieser Aussage ist zuzustim- men, nicht zuletzt auch in Erinnerung der Tatsache, daß das 900jährige Gottesaue als eine der Wurzeln des viel jüngeren Karlsru- hes zu gelten haI. In der heutigen Verstreuung der Spuren spiegelt sich das 11,ema Gottesaue in seiner vielfaltigen Dimension. Der Begleitband bündelt diese Vielfalt in vier Schwerpunkte. Der erste Schwerpunkt widmet sich der "Klosterzeit" und behandelt die ersten zwei Jahrhunderte des Klosters, die klösterliche Grundherrschall, Bauwesen und geistliches Leben im ausgehenden Mittelalter, die Auf- lösung des Klosters, die Klosterbibliothek und den archäologischen Befund. Der zweite Schwerpunkt ist überschrieben mit " Schloß und Kammergut"; hier geht es, wiederum unter Einbeziehung der Archäologie, um die Baugeschichte und die Ausstattung des Schlosses sowie um die Restitution des Klosters und seine Umwandlung als herr- schaftliches Kammergut. Von "Militär und Polizei" und ihrem Gottesauer Kasernement handelt das dritte Hauptkapitel, das auch die Übergangsnutzung des Areals seit 1945 mit einbezieht. Die "Perspektive 2001 " lenkt schließlich den Blick auf die Überlegungen zur städtebaulichen Neugestaltung und Auf- wertung von " Karlsruhe-Südost" . Abgerundet wird der Band durch ca. 90 Abbildungen. Ein Literaturverzeichnis und ein chronologischer Überblick samt Quellen- verweisen dienen der schnellen Orientierung und laden zur weitergehenden Beschäftigung ein. Bedauerlich ist das Fehlen eines Kapitels, das den Wiederaufbau des Schlosses doku- mentiert hätte. Rainer GlIljahr Josef Werner: Bauen und Wohnen. 75 Jahre Hardtwaldsiedlung Karlsruhe. Hrsg. von der Hardtwaldsiedlung Karlsruhe e. G., Karlsruhe 1994,120 S. Jubiläen von Firmen, Institutionen und Or- ten initiieren häufig Publikationen über deren Geschichte. Auch die Baugenossenschaft Hardtwaldsiedlung hat zu ihrem 75jährigen Bestehen eine Publikation vorgelegt. Als Au· tor konnte JosefWerner, ehern. Leiter der Lo· kalredak1ion der Badischen Neuesten Nach- richten und Autor stadtgeschichtlicher Publi- kationen, gewonnen werden. In Karlsruhe herrschte nach dem I. Welt- krieg wie in allen deutschen Großstädten ein eklatanter Wohnungsmangel. Auf Initiative von Albert Braun, Inhaber der Papierwaren- fabrik und Druckerei Braun & Co. in Grün- winkel, zwischen 1919 und 1930 mehrfach Karlsruher Stadtrat der linksliberalen Deut- schen Demokratischen Partei (DDP), fand deshalb am 3. März 1919 die Gründungsver- sammlung der dritten Karlsruher Baugenos- senschaft nach dem Mieter- und Bauverein (1897) und der Gartenstadt (1907), der "Bau- genossenschaft der Bauhandwerker" im Gros- sen Rathaussaal statt. Erst 1926 erhielt sie ihren heutigen Namen nach ihrem ersten großen Projekt, der Hardtwaldsiedlung. In- zwischen war der Mitgliederkreis über die Bauhandwerker hinaus erweitert worden, so daß mit der Umbenennung auch die Gemein- nützigkeit des Vereins erreicht wurde. Schon bald dehnte man die Bautätigkeit über die Hardtwaldsiedlung aus: Die Lohfeldsiedlung, die Parkstraße und vor allem die Dammer- stocksiedlung sind Beispiele fur Walmbau- ten, die bis heute das Stadtbild mitprägen. Zu Beginn des Jubiläumsjahres verfugt die Ge- nossenschaft über I 549 Wohnungen, die Zahl der Mitglieder hat 5 000 überschritten. J. Werner zeic1met die Geschichte der Hardtwaldsiedlung detailliert und kenntnis- reich bis in die Gegenwart nach und liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Erfor- schung der Baugeschichte der Stadt Karlsru- he. Das bebilderte Bändchen ist bei der Hardtwaldsiedlung erhältlich. Ernst 0110 Bräunehe Herbert Maiseh: Bulacher Ortschronik. Vom Kirchdorfam Wald zum Stadtteil an der Autobahn. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Karlsru- he· Bulach, Karlsruhe 1994, 240 S., DM 42,50 (erhältlich in Bulach bei den Vorsitzenden der Vereine, der Kirchengemeinde, der Volks- bank und der Sparkasse). Im vergangenen Jahr feierte Bulach den 800. Jahrestag der urkundlichen Erster- 335 wähnung. Nun liegt mit H. Maisehs Bulacher Ortschronik auch das Buch zur Geschichte des 1929 nach Karlsruhe eingemeindeten Ortes vor. In zwei Kapiteln gibt der Autor einen knappen Überblick zur Geschichte Bulachs bis zum Beginn des 18. Jhs. Es folgen zwei Kapitel über die Kirchen- und Schul- geschichte, die bis zur Gegenwart reichen. In elf weiteren Kapiteln werden verschiedene Aspekte der Ortsgeschichte festgehalten, so die Gemarkung und Verwaltung der Gemein- de, das Gewerbeleben und die Bevölkerung sowie die Eingemeindung nach Karlsruhe, die mit dem Abdruck des Vertrages dokumentiert wird. Nachlesen kann man hier auch über Sitte und Brauchtum, über kleine Kulturdenk- mäler und über die wechselvolle Geschichte der Bulacher Vereine. Ein interessantes Kapitel über die Landwirtschaft während und nach dem Zweiten Weltkrieg steuerte Dieter Nagel bei. Er macht die erst jüngst vergan- gene bäuerliche Lebenswelt in der Großstadt Karlsruhe noch einmal bewußt. Die Geschich- te des erst 1926 nach Bulach eingemeindeten Schlosses Schei benhardt wird in dem Artikel von Wilhelm Hausenstein, dem in Karlsruhe zur Schule gegangenen späteren Schriftstel- lers und Diplomaten, aus dem Jahre 1928 le- bendig. Herbert Maisch versteht sich selbst als Bar- fußchronist, der mit Fachhistorikem nicht konkurrieren möchte. Auch wenn aus dieser Sicht der eine odet andere Aspekt der Orts- geschichte etwas zu kurz kommt, dürfte das vorliegende Buch mit seinen zahlreichen Abbildungen doch eine Fundgrube histori- schen Wissens sein. Manfred Koch 336 Horst Schlesiger/Josef Werner: Die 60er Jahre. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bil- dern. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1994,120 S., DM 36,- Alexander Mobr/Martin Walter: Karlsru- be. Ein verlorenes Stadtbild. Gudensberg-Gleichen 1994, 71 S., DM 29,80 Den 60er Jahren gilt anders als den 50em noch nicht der nostalgisch verklärende Rück- blick. Zu sehr ragen die Umbrüche dieser Jah- re, ihre weitreichenden Planungen und Be- schlüsse bis in die Gegenwart. Regionale Vemetzung, Verkehrsplanungen, Stadtbau- programme und wirtschaftsstruktureller Wan- del dokumentieren das Ende der Nachkriegs- zei t. Verbunden damit war zudem eine stär- kere Auseinandersetzung mit der NS-Ver- gangenheit, ein auf mehr Partizipation ge- richtetes Demokratieverständnis und ein be- ginnender gesellschaftlicher Wertewandel. Dies spiegelt sich in dem von Robert Drei- kluft (G. Braun Verlag) gestalteten Band mit den Bildern von Horst Schlesiger und den Texten von Josef Wemer eindrucksvoll für die Karlsruher Verhältnisse wider. Wie der Band über die 50er Jahre ist auch dieser in einzelne Kapi tel gegliedert, denen Wemer eine knappe EinieitlUlg voranstellt. So berichtet eines über "Schmerzliche Verluste" historischer Bausubstanz durch stadtplaneri- sche Veränderungen. Hier sind z. B. die Rui- nen des Theaters, des Ständehauses, aber auch der intakte Malschbrunnen, das Wachhaus am Karlstor, der Kühle Krug und das Altstadt- milieu zu sehen. Das Kapitel " Regatta, Rhein- stadt und andere Utopien" zeigt einiges vom damaligen Glauben an die Machbarkeit alles Wünschenswerten: ein Klein-Manhattan in der Altstadt, eine Lagunenstadt am Rhein, das Rafl.ineriegelände und den Ölhafen, die riesige Waldflächen verschlangen. Am Ende des Jahrzehnts zwangen dann leere Kassen, aber auch erwachendes Um- weitbewußtsein zum Abschied von Utopien. Es blieb den kommenden Generationen die Rheinstadt wie auch die Zerstörung der Rheinauen fiir eine 2 km lange Regattastrecke erspart, und die Neubauten in der Altstadt wurden den Karlsruher Maßstäben angepaßt. Die interessanten und die Gegensätze des Jahrzehnts widerspiegelnden Bilder von Schlesiger sowie die infonnativen, aber notgedrungenen knappen Texte - gelegentlich meint man Werners Bedauern zu spüren, sich kurz fassen zu müssen-wecken das Interesse, mehr über dieses fiir die Stadtgeschichte so entscheidende Jahrzehnt zu erfahren. Einen Zeitraum von etwa 60 Jahren - etwa zwischen 1870 und 1930 - Karlsruher Ge- schichte erschließt der von Alexander Mohr und Martin Walter zusammengestellte Bild- band. "Ein verlorenes Stadtbild" titelte der Verlag, die Bearbeiter aber betonen in ihrem Vorwort, daß Karlsruhe von dem "so viele ebenmäßige Idealansichten existieren ... stets eine pulsierende Baustelle" war. Dennoch habe die Stadt "bis heute mehr Profil bewahrt als viele vergleichbare Städte". Anhand von 67 historischen Aufnahnlen, die allesamt aus den Beständen des Stadtarehivs Karlsruhe stanlffien, läßt sich das auch leicht nachvoll- ziehen. Die Bildauswahl zeigt, wo inwler möglich, Ansichten der Stadt mit ihren Be- wohnern. Das vermittelt gute Eindrücke vom Alltagsleben der Zeit und lädt zum Venveilen ein. Zu sehen sind auch historische Ereignisse wie ein Zeppelinflug über die Stadt oder eine Szene nach dem ersten Bombenangriff vom Jahre 1915. Die Texte sind, entsprechend dem Verlagskonzept, auf das Allernotwendigste beschränkt, so daß weitergehendes IIlteresse nicht befriedigt werden kann. Dies tut der mit diesem Bildband vermittelten Schaulust aber nur unwesentlich Abbruch. Manfred Koch Roland Eichier: Die West stadt im Spiegel der Geschichte. Festschrift zum toO-jäh- rigen Bestehen des Bürgervereins der Weststadt Karlsruhe e.V. Hrsg. in Zusanlffienarbeit mit der Landesbild- stelle Baden, Karlsruhe 1994,60 S. Die Karlsruher Bürgervereine kommen in die Jahre. Über 100 Jahre gibt es den in der Südstadt bereits und jetzt folgt mit dem runden Jubiläum der in der Weststadt. Andere werden sich anschließen. Roland Eichier hat flir den Bürgerverein Weststadt zum Jubiläum in einer kleinen Festschrift die Geschichte des Stadtteils in seinen Grundzügen nachgezeichnet. Dabei wird in zahlreichen Abbildungen mit infor- mativen Bildunterschriften der Stadtteil lebendig. Der Autor blickt weit zurück in die Zeit vor der Bebauung des Gebietes zwischen Mühlburger Tor und Mühlburg, zwischen der Alb im Süden und dem Hardtwald im Norden. Er berichtet über die Hinrichtungsstätte und danach das Schützenhaus auf dem heutigen Gutenbergplatz, über die Eiskeller der Brau- ereien als Vorläufer der Besiedelung, die Militärschwimmschule an der Alb, den Bahn- hof anl Müh.lburger Tor wld die Industriean- siedlungen. In liebevoll ausgewählten Auf- nahmen von Straßenzügen und Detailbildern werden die wechselnden Baustile vorgeflihrt, aber auch die Zerstörungen durch den von den Nationalsozialisten verursachten Zweiten Weltkrieg. Portraits der Gutenbergschule, des Lessing- und Helmholtzgyrnnasiums sowie des Städtischen Klinikums runden das empfehlenswerte Bändchen ab. Der Bürgerverein Weststadt verdankt seine Entstehung im übrigen einer Bürgerinitiative zur Überbauung des damals noch offenen und übelriechenden Landgrabens entlang der Sophienstraße. Auch der Bürgerverein Süd- stadt entsprang einer Bürgerinitiative, die eine bessere Verkehrsanbindung des' durch 337 die Bahnlinie von der Kemstadt getrennten Stadtteils erreichte. Andere Bürgervereine entstanden ebenfalls zur Durchsetzung von Bürgerinteressen gegen die Stadtverwaltung. Die unterschiedlichen Formen und der Wandel der Interessenwahrnehmung fiir die jeweiligen Stadtteile durch die Bürgervereine harren noch einer eingehenderen Untersu- chung. Manfred Koch Renate Ehrismann: Der regierende Libe- ralismus in der Defensive, Verfassungs- politik im Großherzogtum Baden 1876- 1905. Verlag Peter Lang FrankfurtlM., Berlin. Diss. Freiburg 1993,579 S., DM 137,- Mit Lothar Galls Habilitationsschrift " Der Liberalismus als regierende Partei" liegt seit 1958 eine mustergültige Analyse badischer Geschichte vor. Die Autorin hat nun in die folgende Zeit eine Schneise geschlagen, die sich zwar auf die Verfassungsreform be- schränken muß, dabei aber die ganze innen- politische Entwicklung dieses Mittelstaates einbezieht, auch wenn z. B. die wirtschafth- ehe Entwicklung nur in Fußnoten gestreift wird. Erlebte man bis zum Sturz von Staats- minister Julius Jolly 1876 den Liberalismus- fiihrend in Deutschland - im festen Zugriff auf die Modeme, so trim das Titelwort " De- fensive" fur die folgenden Jahrzehnte zu. Mit der Scheu vor dem allgemeinen, direkten Wahlrecht, das seit 1871 fiir den deutschen Reichstag galt, war fiir die Nationalliberale Partei der "Zwang zur Arbeit" verbunden, wie ein Vertreter schon 1868 erklärte. "Denn bei einer Verkürzung des Wahlmandates um die Hälfte (vier Jahre) und bei direkter Stimmabgabe würde ein gewisses Maß an Bequemlichkeit verloren gehen ... und es gäbe auch nicht mehr den kleinen Kreis der Wahlmänner, mit dem der Landtagsabgeord- 338 nete allein in Kontakt treten müßte. Nein, dann müßte der Kandidat die Stimme eines jeden Urwählers zu gewinnen suchen." Nach kraftvollen Politikern wie Roggenbach oder Mathy leiteten nun zwar vorzügliche Fach- leute - Turban, Nokk, v. Brauer - das Staats- ministerium, der Schwung jener 60er Jahre ging ihnen aber ab, weil man errungene Positionen nur verteidigen wollte. Dazu trug die Schwäche der Parteiorganisation bei, das geringe Engagement bei Wahlkämpfen, das blinde Vertrauen in die bisher breiten Wäh- lerschichten und eine geringe Bereitschaft, Probleme erkennen und bereinigen zu wollen. So vollzog sich seit 1866 nicht nur der Wan- dei vom linken zum rechten Nationalismus, sondern auch vom fortschrittlichen zum eingeschränkten Wahlrecht. Im Kulturkampf gewann die Badische Volkspartei fur den politischen Katholizismus einen Landtagssitz nach dem anderen. Mit "Demokraten", " Frei- sinnigen" und Sozialdemokraten (seit 1891) forderte diese Opposition das fur sie gün- stigere allgemeine Wahlrecht. Erst 1893 setzte bei den Liberalen ein Umdenken ein, und 190 I brachten sie den entscheidenden Vorschlag zur Einfuhrung des direkten Wahl- rechts ein. Bei der Wahl zur 11. Kammer 1905 wurde erstmals danach gewählt. Es war ein widerwillig beschrittener Weg, voller Hin- dernisse, mit dem aber Baden sich erneut die freiheitlichste und modernste Verfassung in Deutschland gegeben hatte. Daß wiederum der Liberalismus in Baden - einzig in Deutsch- land - bis zum Ersten Weltkrieg sich behaup- tete, verdankt er der Stütze in der I. Kammer, einer gemäßigt liberalen Regierung, der libe- ralen Großherzöge Friedrich I. und 11. und schließlich dem Bündnis mit den Sozialdemo- kraten seit 1905. Insofern war aus dem reagierenden Libera- lismus wieder ein agierender geworden, gezwungen durch die Verluste in der Kam- mermehrheit, die er aber trotzdem nicht wie- der wett machen konnte. ln den Landtagswah- len 1909 errangen die Liberalen nur siebzehn, 1913 zwanzig Mandate und damit herbe Verluste. Gewinner blieben die Sozialdemo- kraten und das Zentrum, und die Zentrums- partei bildete in der Zweiten Kanuner die stärkste Fraktion. Wenn man also das liberale Baden feiert, sollte man überdenken, ob man nur eine Geisteshaltung meint, oder ob eine politische Bewegung wie, wann und wo gewürdigt werden soll. Renate Ehrismann, 1960 in Lahr geboren, schildert diese Entwicklung in unpretenziösem Stil, anschaulich und außerordentlich grund- lieh. Von 1818 beginnend, wird der badische Liberalismus mit all seinen Vertretern vor- gestellt. Über 250 Kurzbiographien bilden in dieser inunensen Fleißarbeit allein schon ein komprimiertes Personallexikon. Farbig wirkt auch das Porträt des Großherzog Friedrich 1., der, wie die regierende Partei, "seinen Libe- ralismus inuner konservativer" einflirbte. Mit 27 Seiten Angaben zu Quellen und Sekundär- literatur ftir dieses Forschungsfeld bietet die Arbeit zugleich einen letzten Stand zur badischen Bibliographie. Leonhard Müller Emma Wilderer: Numme net hudle. Ge- schichten aus meinem Leben . (Eigenverlag), Karlsruhe 1992, 127 S. Lebenserinnerungen von Karlsruhern sind rar und deswegen flir die Stadtgeschichte begrußenswert. Das gilt umso mehr, wenn es sich um die Lebensgeschichte einer Frau handelt, die in vielen Episoden mit wachem Blick den politischen und gesellschaftlichen Wandel des Jahrhunderts in der Schilderung des eigenen Lebens einfängt. Die in gutbürgerlichen Verhältnissen auf- gewachsene und lebende Autorin gibt Ein- blicke in das Leben ihrer Familie, lüftet die Geheimnisse ihrer Küche und erinnert sich an die späte Kaiserzeit, das "Dritte Reich", Krieg und Nachkriegszeit. Selbst in den Kü- chenrezepten findet man alltagsgeschichtliche Hinweise wie diesen: "Zu meiner Zeit waren die Samstage recht anstrengend flir die Haus- frau . Freitags hat sie die Wohnung geputzt und samstags war dann noch die Treppe naß aufzuwischen .. .. Außerdem mußte man beim Metzger und auf dem Wochenmarkt einkau- fen , dem Vater Sonntagszigarren besorgen und so manches mehr. Auch war der Sonn- tagskuchen noch zu backen." Aber auch von zeitbedingten Änderungen des Rollenverhal- tens der Frauen in der Nachkriegszeit, als Hamsterfahrten und Schwarzmarktgeschäfte zum Alltag gehörten, berichtet Enuna Wil- derer: " Ein großer Teil der Heimkehrenden fsad ihr Zuhause sehr verändert. Sie waren nicht mehr Herr im Hause. Die Kinder kann- ten ihren Vater oft nur von Urlaubstagen und vom Erzählen. Die Frauen waren selbständig geworden. " Es sollten mehr Karlsruher und Karlsruhe- rinnen bereit sein, wie Enuna Wilderer zur schriftlichen Überlieferung des Lebens in Karlsruhe beizutragen. Manfred Koch Erich Bauer/JoserWerner: Die 40er Jah- re. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1995, 132 S., DM 38,- Mit diesem Band liegen nun drei Jahrzehnte der Karlsruher Stadtgeschichte in Bildern vom Ende der 30er bis zum Ende der 60er Jahre vor. Sie ergeben ein beeindruckendes Panorama von dem historischen Karlsruhe und seiner Zerstörung bis zum allmählichen Wiederaufbau und Neubau der Stadt. Sie zeigen aber auch in vielen Bildern Ausschnit- te aus dem alltäglichen Leben der Menschen und spiegeln damit die Mitte dieses Jahr- 339 hunderts vom Beginn des von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieges bis zum Ende der Nachkriegszeit. Sichtbar werden die Umbrüche und Spannungen von der Blitz- kriegseuphorie zur militärischen Niederlage, vom Nachkriegselend zum Wirtschaftswun- der, von weitgreifenden Planungsutopien zu einem beginnenden gesellschaftlichen Werte- wandel. Wie in den vorangegangenen Bänden über die 50er und 60er Jahre hat die historische Kommentierung der Bilder wieder JosefWer- ner übernommen. Anders als bei den voran- gegangenen Bänden stanunen die Aufnahmen nicht von Horst Schlesiger, sondern von dem bekannten, 1984 verstorbenen Karlsruher Berufsfotografen Erich Bauer. Unverändert geblieben ist die sorgfaltige Auswahl und die gute Reproduktion der Bilder sowie die ge- lungene Gestaltung des Bandes durch Robert DreikJuft vom Braun Verlag. Auch flir die 40er Jahre gibt Werner in einem einleitenden "Schuld und Sühne, Tod, Not und neuer Anfang" überschriebenen Ka- pitel eine Charakteristik des Jahrzehnts. Da- bei rallt seine notgedrungen knappe Einschät- zung des Nationalsozialismus etwas zwie- spältig aus. Einerseits benennt er die Verbre- chen des NS-Systems, die auch in Karlsruhe flir alle sichtbar waren, deren Schreckens- bilanz nach 1945 "von denkenden Menschen bald als eine nicht tilgbare deutsche Schuld erkannt" wurde. Andererseits verweist er auf die schon damals einsetzende Verdrängung, und er betont - selbst Zeitzeuge des " Dritten Reiches" - weniger differenzierend das Ver- trauen der Deutschen zur Führung, ihre Blen- dung durch die "Erfolge" des Systems und den Betrug und Mißbrauch der Bevölkerung durch die Machthaber. Solche Erklärungs- versuche könnten aber nolens volens eine Entlastung der Deutschen von der Verantwor- tung bewirken. Die folgenden sechs knappen Kapitelein- 340 leitungen emllen im übrigen ihren Zweck, durch chronikalische Mitteilungen Orientie- rung in der Zeit zu geben, wobei historisch wichtige Daten und Karlsruher Alltagsgesche- hen in gelungener Weise gemischt werden. Vier davon sind der Kriegszeit und zwei der Nachkriegszeit gewidmet. Dies erscheint insofern kein Ungleichgewicht, als in dem Band über die 50er Jahre schon auf die zweite Hälfte der 40er Jahre zurückgegriffen wurde. Allerdings haben sich dadurch wenige Kop- pelungen nicht vermeiden lassen. Die Fotos aus den 40er Jahren zeigen in beeindruckenden Bildern, wie auf die Begei- sterung der Karlsruher und Karlsruherinnen vom Anfang der 40er Jahre über die Kriegs- erfolge Not und Elend im Bombenkrieg und in der Niederlage folgten, wie die noch stark von Weinbrenners Bauten und Dörfleromantik geprägte vormalige Residenzstadt in eine Trümmerwüste zerfiel. Sie zeigen die Men- schen, die dies erlebt haben, die gejubelt, Me- tall gespendet, um Lebensmittelkarten ange- standen haben. Man sieht Schüler als Flak- helfer, alte Männer als letztes Aufgebot im Volksstunn, Soldaten in Gefangenschaft, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene sowie französische Soldaten beim Einmarsch. Es folgen schließlich Bilder von Karlsruhern und Karlsruherinnen beim Trümmerräunlen, ein Unfall des "Schuttbälmle" und Handel auf dem Schwarzmarkt. Vieles mehr bleibt zu entdecken, das die Schaulust und die Nach- denklichkeit des Betrachters anzuregen ver- mag. Manfred Koch Eiga Roellecke: Die Munitionsfabrik - Das "Zündhütle" 1897-1972. Chronik ' Wolfartsweier. Hrsg. v. Verein rur die Geschichte von Wol- fartsweier, Karlsruhe 1994, 85 S., DM 19,50 Eine zuverlässige Ortsgeschichte des 1261 erstmals urkundlich erwähnten Wolfartsweier existiert bislang nicht. Dies zu ändern hat sich der "Verein rur die Geschichte von Wolfarts- weier" vorgenommen und einen durchaus praktikablen Weg eingeschlagen. Verschie- dene, in loser Folge erscheinende Hefte sollen zusammen schließlich eine Chronik des 1973 nach Karlsruhe eingemeindeten Ortes erge- ben. Mit der von Elga Roellecke verfaßten Geschichte der früheren Munitionsfabrik im heutigen Wohngebiet "Zündhütle" liegt hier- zu nun ein erstes Arbeitsergebnis vor. Auf rund 80 Seiten zeichnet die Verfasserin an- hand schriftlicher Quellen und Zeitzeugen- aussagen die 75jährige Geschichte der Fabrik nach, die im 20. Jahrhundert die Entwicklung Wolfartsweiers entscheidend mitprägte. 1897 von Ernst Schreiner als Fabrikationsstätte rur Zündhütchen gegründet, wurde die Firma 1903 von Gustav Genschow übernommen und konnte dank eines geschickten Manage- ments in den folgenden Jahren erheblich expandieren. Hatte man bislang vor allem "Friedensproduktion", d. h. Jagdmunition hergestellt, wurde es nun durch den Erwerb neuer Präzisionsmaschinen möglich, Militär- patronen zu produzieren. Von nun an sollte das Geschick der Firma im Wesentlichen von der Rüstungsproduktion und damit der je- weiligen politischen Situation abhängen. Lag die Zahl der Beschäftigten 1907 bei ca. 150, erreichte sie im Ersten Weltkrieg eine erste Re-kordmarke von 700. Nach Anpassungs- schwierigkeiten konnte sich die Firma in den zwanziger Jahren insbesondere durch Liefe- rungen ins Ausland rasch erholen. Starke Ab- satzeinbußen infolge der Weltwirtschaftskrise konnten ab Mitte der dreißiger Jahre wie-der wettgemacht werden, freilich im Zuge der Kriegsvorbereitungen des nationalsozialisti- schen Regimes. 1944 zählte die Fabrik schließlich 1200 Beschäftigte, wovon die Hälfte ausländische Zwangs arbeiter/innen waren. Zumindest an dieser Stelle wäre eine kriti- sche Reflexion hinsichtlich der historischen Bedeutung rüstungsproduzierender Firmen zu erwarten gewesen. Der Verlauf der deut- schen Geschichte wird hier zu sehr vor der Folie der Firmengeschichte gesehen, was sich insbesondere im Hinblick auf den von den Nationalsozialisten entfachten Weltkrieg als problematisch erweist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Munitionsfabrik als Arbeitgeber einen wichtigen Faktor im Wol- f.,tsweierer Gemeindeleben spielte, eine hi- storische Darstellung sollte aus der Distanz jedoch auch eine kritische Einschätzung dieses Produktionszweiges erlauben. 1972 wurde die inzwischen im Besitz der Dynamit Nobel AG befindliche Fabrik stillgelegt. Auf weiten Teilen des 1982 von der Stadt Karls- ruhe erworbenen ehemaligen Firmengeländes ist inzwischen ein Neubaugebiet entstanden, allein der Schrotturm blieb als sichtbares industriehistorisches Zeugnis bestehen. Ein Verdienst der vorliegenden Arbeit ist es, die Firmengeschichte nicht nur aus der Perspektive der Unternehmer zu beleuchten, sondern auch einen Blick auf die Arbeitsbe- dingungen und Löhne der dort arbeitenden Frauen und Männer zu werfen. Zur Anschau- lichkeit der Darstellung trägt die reiche Auswahl von Bildern, Plänen und Tabellen bei. Abgerundet wird das interessante Bänd- chen zu einem Aspekt der Wolfartsweierer Geschichte im 20. Jahrhundert schließlich durch einen Anhang mit Lageplänen, die die Baugeschichte der Fabrik nachvollziehbar machen. Barbara Guttmann 341 Karlsruhe in alten Ansichten. Von Ernst Otto Bräunehe und Manfred Koch, "Europäische Bibliothek", Zaltbommel, Nie- derlande 1995, 142 S., DM 32,80 Alte Ansichtskarten, zumal mit Grüßen und Marginalien versehen, haben einen besonde- ren Reiz. Sie zeigen zwar fast ausschließlich die Schokoladenseiten einer Stadt, heben jedoch hervor, was der entsprechenden Epo- che wichtig war. So findet "Die Damals-Rei- he" des Zaltbommel-Verlags sicher ein Echo, und es ist erfreulich, daß nun auch von Karlsruhc ein bestimmtes Bild geboten wird, das sich von anderen Publikationen zur alten Stadt streckenweise deutlich unterscheidet. Von 1870 bis 1930 reicht die Auswahl aus einer nahezu unüberschaubaren Zahl von Postkarten. Neben den Kernstücken - Schloß, Markt- platz, Kirchen, Plätze - findet man originelle Beispiele, z. B. den Blick in das "Automati- sche Restaurant" (ehemals Kaiserstraße 201 und Waidstraße), die Kaiser-Wilhelm-Passa- ge (KaiserIEcke Waidstraße), Interieurs von Moningers Kapitelsaal, aus·dem "Krokodil", aus dem "Colosseum", jenem Varietetheater in der Waidstraße. Die Vision vom Lauter- berg im Jahr 2000 hat insofern einen gewissen Realitätsbezug, als man einen neuen Bahnhof erhome. Sonst hat sich aber der erwartete Rummel um diesen "Berg" mit Seilbahn, Hotels, Ballonverkehr (Karlsruhe - New York) und Autorennbahn erfreulicherweise nicht ein- gestellt. Auf manchen Karten scheint die Zeit still zu stehen, denn noch heute trifft man diese Bauten fast unverändert an. Andere wie z. B. die Synagoge, das Hoftheater, das Stän- dehaus sind unwiederbringlich verschwun- den. Auch den Charme mancher Straßen, oft üppig begrünt wie die Kriegsstraße, die Rüp- purrer Straße, kann man in unserer auto- gereehten Zeit nachempftnden, wo man sich damals noch weitgehend mit einem Spazier- 342 gang erreichen konnte. Die Karten, pro Seite eine, sind von den Autoren sachkundig erläutert, wobei dadurch eine kleine Geschichte Karlsruhes entstanden ist, die durch die Einleitung noch ergänzt wird. Die sichere Auswahl und der anspre- chende Text verlockt, öfters in diesen grif- figen DIN-A5-Band hineinzuschauen. Überraschend ist freilich der Verkaufs- preis. Da die Postkartenfotos nunmehr frei verfugbar sind, kosten sie nichts. Die Autoren haben mehr fur die Ehre als fur den Gewinn gearbeitet. Bleibt wohl der kleine Käuferkreis fur eine solch lokal-spezifische Publikation. Delilloch ist da wohl etwas hochgegriffen worden, und dies wird manchen abschrecken, diese Erin- nerungsrevue zu erwerben. Inhalt und Form verdienen es aber, sich un, dieses Bändchen zu kümmern. Leonhard Müller Gerhard Söllner: Für ·Badens Ehre. Die Geschichte der Badischen Armee, Forma- tion Feldzüge Uniformen Waffen Ausrü- stung 1604-1832. Info Verlag, Karlsruhe 1995, DM 98,- Der Verfasser widmet das Buch seiner Frau, die "mehr als 30 Jahre meinen Spleen verständnisvoll ertragen und meine Arbeit ... angespornt hat". Was der Ingenieurwissen- schaftler und Forscher in einem großen Kon- zern als sorgfaltige Sanunlung vorlegt, ist al- les andere als ein Spleen, vielmehr ein Sektor lebendiger Geschichte, die lange Zeit ver- nachlässigt wurde. Drum hat Söllner jenes Buch selbst verfaßt, das er vermißte. Man erinnere sich an die Diskussionen um die neu- en Uniformen der Bundeswehr vor 40 Jahren und ihre Rangabzeichen, die denen der Na- toarmeen angeglichen waren, an die Über- nahme preußischer Militärriten durch die NY A und die Angleichung an Usancen des Warschauer Paktes, um auch den äußeren po- litischen Stellenwert des jeweiligen Militärs zu erkennen. Gegliedert wird der Stoff nach Truppentei- len: Garde du Corps, Jäger und leichte Infan- terie, Leib-Grenadier-Garde und Husaren. Die Kapitel werden mit einem kurzen Über- blick zur militärischen Entwicklung und Or- ganisationsstruktur eingeleitet, und zwischen den nüchternen Zeilen spürt man die wech- selnde Geschichte Badens, z. B. in dem Jahr- zehnt napoleonischer Kriege. Der Außenpoli- tik entsprechend stand Frankreich auch bei badischen Uniformen und Rangabzeichen Pate. Nach dem Übertritt zu den Alliierten 1813 trat dann die Leib-Grenadier-Garde, immer in Karlsruhe stationiert, sogleich mit preußischen Uniformen und Tschakos auf, und dieser Stil blieb fernerhin prägend. Die Husaren hatten um 1800 zunächst als Gen- darmerietruppe den Auftrag, Patrouillen- dienst zur "Aufrechterhaltung der Polizei und Sicherheit des Landes im Betreff der Va- gabunden und Diebereien" zu verrichten. Erst 1806 wurden sie Kampftruppe, meistens beritten, weil im Falle des Ausfalls von Pferden "Dragonern eher zuzumuten war, Dienst zu Fuß zu machen als den Husaren". Die wenigen Reste des Regiments nach dem Rußlandfeldzug 1812 fuhrte ein Leutnant nach Baden. Das Jägerbataillon wurde 1803 vom Fürst- bistum Speyer übernommen und aufgelöst. Eine dann neu gebildete Einheit, der kein Rekrutierungsbezirk zugeteilt war, die daher ihren Ersatz aus dem ganzen Land bezog, wurde 1805 z. B. am Bodensec eingesetzt, um als Kordon das Übergreifen des gelben Fie- bers von der Schweiz nach Baden zu ver- hindern. Auf "französischen Fuß" gebracht, zählte im Jahr 1809 das Bataillon 6 Kompa- nienzuje 141 Mann. 1811 sind von den mehr als 800 Mann nur 4 Offiziere und 49 Soldaten aus Rußland nach Baden zurückgekehrt. So verbirgt sich auch hier unter nüchternen Auflistungen das Schic!::31 vieler Deutscher und ihrer Familien, deren Empfmdungen sich nicht von den Kriegsverlusten in allen Zeiten unterschied. Diese Darstellung ist freilich auch ein Nachschlagewerk fur Spezialisten. Bis ins Detail der einzelnen Epauletten trug der Verfasser aus vielerlei Quellen die Angaben zusammen. Mit 113 Bildtafeln, die er selbst gezeichnet und koloriert hat, wird die Szene- rie der badischen Truppen anschaulich, und schon diesen Teil durchzublättern, ist einen Griff nach diesem Buch wert. Die 410 Lite- raturangaben beweisen die Sorgfalt des Au- tors bei seinen Untersuchungen, wobei er Lücken vorbehaltlos angibt, die ihn an man- chen Stellen zu eigenen Ergänzungen zwan- gen. Als Elektrotechniker, der an der Univer- sität Karlsruhe promoviert wurde, ist er eine präzise Arbeit gewohnt, und man spürt diesen Geist in der ziselierten Methodik, die nicht Meinungen zelebriert, sondern Fakten fur sich sprechen läßt. Wer möchte da von einem "Hobby-Historiker" sprechen. In summa ein repräsentatives Werk von einem Autor, der sich bescheiden hinter eine Sache stellt, bei der er aber eine Autorität ist. Leonhard Müller Bräunehe, Ernst Otto: Die Karlsruher Ratsprotokolle des 18. Jahrhunderts. Teil I: 1725-1763. Forschungen und Quellen zur Stadtgeschich- te, Band 2 Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe, Karlsruhe 1995,339 S., DM 38,- Im September 1992 wurde hier die Arbeit von Christina Müller über "Karisruhe im 18. Jahrhundert. Zur Genese und sozialen Schich- tung einer residenzstädtischen Bevölkerung" angezeigt und besprochen. Nun kann als Band 2 der "Schriftenreihe des Stadtarehivs Karls- 343 ruhe" die Edition der Ratsprotokolle von 1725-1763 vorgestellt werden. Der glückli- che Fund des Stadtarchivars Dr. E. O. Bräun- ehe brachte 1985 die bis dahin verlorenge- glaubten Quellen wieder ans Tageslicht und ermöglichte die fundierte Arbeit von eh. Müller. Es gehört ja zu den Aufgaben eines Archivars, schwer lesbare, aber wichtige Quellen zugänglich zu machen. Erfreulicher- weise hat sich der Stadtarchivar diese Mühe gemacht und in einem ersten Anlauf die Ratsprotokolle von 1725-1763 ediert. Leider sind einige Jahrgänge offensichtlich verschol- len. Dennoch sollen die geretteten Bände publiziert werden, und nach der Lektüre des vorliegenden Bandes kann man eine Fortset- zung nur wünschen. Delill wer sich einmal in die Diktion der ftir uns schwerfallig wir- kenden Sprache des 18. Jahrhunderts eingele- sen hat, der gewinnt einen umfassenden Ein- und Überblick in die Politik und Gesellschaft der jungen Residenzstadt Karlsruhe. Fand die erste Sitzung des jungen Stadtrates erst am 24. November 1718 statt, weil die "Dringlichkeit der Geschäfte nicht sehr groß gewesen zu sein" schien, so linderte sich dies mit dem Anwachsen der Stadt sehr bald, und die Aufgabengebiete, mit denen sich der Rat zu befassen hatte, machten regelmäßige Sitzungen erforderlich. Daneben hatten die Ratsherren "auch allerhand vorfallende bür- gerliche Strittigkeiten" zu "erörtern und überhaupt gut Zucht und Ehrbarkeit mit Bestrafung aller vorgehenden Frevel und Muthwilligkeit" zu halten. Zu Anfang der Ratstätigkeit nahmen diese Aufgaben ein Bürgermeister, sechs Gerichts- und Ratsher- ren wahr. Aus ihren Reihen hatten sie fol- gende Ämter zu besetzen: Almosenpfleger, Baumeister, Brotwieger, Fcuerbeschauer, Fleischschätzer, Gewicht- und Maßeicher, Kaulhausinspektor, Kirchenrüger, Markt- meister, Quartiermeister, Stadtleutnant, Um- gelder, Waisenrichter und WeinsiegIer. Zie- 344 hen wir einige zeitbedingte Ämter ab, so blei- ben immer noch die konmlunalen Kernauf- gaben, wie sie auch heute noch in modernerer Bezeichnung existieren. In den Ratsproto- kollen spiegeln sich naturgemäß die Arbeiten dieser Märmer wider (Frauen gab es in der Bürgervertretung zu dieser Zeit bekanntlich nicht). Einen großen Raum nehmen Eintra- gungen ein, die den Grundstücksverkehr zwi- schen den Bürgern amtlich festhalten. Mit den knappen Beschreibungen der Objekte sowie den Angaben über ihre Lage und die Nach- barn ließe sich die Topographie der Stadt detailliert beschreiben, und was die Bewoh- ner selbst betriffi, so liefern die zahlreichen Bürgeraufnahmeprotokolle genügend EinzeI- informationen, um das Anwachsen der städti- schen Bevölkerung individuell nachzuvoll- ziehen. Das tägliche Leben der Bürger findet im amtlichen Schriftverkehr - auch heute - zumeist dann seinen Niederschlag, wenn es zu Schwierigkeiten mit der Polizei oder der städtischen Verwaltung · kommt. Insofern geben die Ratsprotokolle ausftihrlich Aus- I"mft über Streitigkeiten zwischen den Bür- gern, über Vergehen und Ordnungswid- rigkeiten. Soziale Probleme lassen sich aus den zahlreichen Bittgesuchen verschuldeter oder verarmter Einwohner ablesen. Aber auch die städtische Finanzlage, damals nicht viel besser als heute, wird aus der mangelnden Bereitschaft, durch die Stadtkasse Unterstüt- zungen zu gewähren, sehr deutlich. Wenn auch die Kompetenzen des Karlsru- her Stadtrates 1725 bis 1763 nicht allzu weit- reichend waren und immer mit den furstlichen Behörden geteilt werden mußten, so bietet die Edition der Protokolle ein unschätzbares Hilfsmittel fur jeden, der sich mit der Karls- ruher Stadtgeschichte des 18. Jahrhunderts befaßt. Michael Martin Peter Rückcrt (Hrsg.): Gottesaue - Klo- ster und Schloß. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1995, 120 S., DM 32,- Wer mit dem Zug oder auf der Autobahn von Norden nach Karlsruhe kommt, sieht heute wieder in seiner ganzen Pracht das Schloß Gottesaue, "ein unverwechselbares Meisterwerk in der Schlösserlandschaft am Oberrhein" (JI. Wiese). Die Karlsruher Mu· sikhochschule ist dort seit dem gelungenen Wiederaufbau 1989 des im Zweiten Welt- krieg schwer zerstörten Gebäudes unterge- bracht. Die beiden letzten Beiträge des hier vorzustellenden, 120 Seiten umfassenden, mit 86 zum Teil farbigen Abbildungen reich und sorgfaltig bebilderten Buches gelten deshalb dem Wiederaufbau (K. Schwirkmann) und der Musikhochschule (F. Solter). Zuvor wird in dreizehn weiteren Aufsätzen die bis ins 11. Jh. zuruckreichende Geschich- te behandelt. "Die Anfange des Klosters Gottesaue" (H. Schwarzmaier) sind durch die "Gottesauer Annalen" belegt, die von der Klostergründung im Jahr 1094 berichten. Da diese Quelle aber erst im 17. Jahrhundert ge- schrieben wurde, liefert das erste verbürgte Datum das Privileg König Heinrichs V. aus dem Jahr 1110. Die Bedeutung des Reforrn- klosters Hirsauer Prägung und des Adels- klosters einer mächtigen Familie, an dessen Gründung "alle Protagonisten in den politi- schen und geistigen Auseinandersetzungen jener Zeit" beteiligt waren, war nie mehr so groß wie in seinen Anfangsjahren. In die Frühzeit des Klosters fuhren auch die Beiträge von U. Michels über ,,Abt Wilhelm von Hirsau, das benediktinische Musikleben im hohen und ausgehenden Mittelalter und seine Spuren im Kloster Gottesaue" und P. Rückert, der das " Geistliche Leben im Klo- ster Gottesaue" und "Die Klosterbibliothek" erforscht. Archäologische Untersuchungen (0. Teschauer) und mittelalterliche Funde (U. Gross) runden den ersten Teil über das Klo- ster Gottesaue ab. Mit dem Schloß Gottesaue befassen sich die Beiträge des n. Teils. Die Baugeschichte des Schlosses, das Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach in den Jahren 1588 bis 1591 an der Stelle des 1556 säkulariserten Klosters bauen ließ, untersucht W. Wiese. Die Stuck ausstattung des Schlosses ist The- ma des Beitrags von B. Herbach-Schmidt. Beobachtungen und Entdeckungen beim Wiederaufbau schildert G. Sicheneder. Mit der Restitution des Klosters im dreißigjähri- gen Krieg befaßt sich F. Maier. Auch der Ver- such, im 17. Jahrhundert ein markgräfliches Kammergut einzurichten, scheiterte letztlich, wie M. Salaba nachweist. Nach diesem mißglückten Experiment diente das Schloß seit 1824 dem badischen Militär als Artilleriekaseme. Mit dem Land Baden hatte auch dessen Militär an Umfang zugenommen. Über "Soldaten nach Gottes- aue" schreibt K. Hochstuhl, baugeschichtliche Daten zu dieser Nutzung des Schlosses und der anderen militärisch genutzten Gebäude liefert W. Rößling. Daß historische Jubiläen die Geschichts- schreibung befördern, bewahrheitete sich auch im Fall Gottesaue: 900 Jahre nach der Klostergründung hat das Generallandesar- chiv in der Musikhochschule eine sehenswer- te Ausstellung über Gottesaue präsentiert, ein Jahr später liegt nun die fach\..W1dige Publi- kation zum Thema vor. Wenn die Geschichte der Stadt Karlsruhe auch erst im Jahr 1715 beginnt, so ist das Buch dennoch ein wert- voller Beitrag zur Stadtgeschichte, da es nicht zuletzt nachweist, daß das spätere Stadtgebiet vor der Stadtgründung kein geschichtsloser Raum war. Ernst 0110 Briillnche 345 Frithjof Haas: "Zwischen Brabms und Wagner- Der Dirigent Hermann Lcvi". Attanlin Musikbude-Verlag 1995, 396 S., DM 58,- Karlsruhe als Klein-Bayreuth ist im Be- wußtsein vieler Karlsruher fast ausschließ- lich mit dem Namen des legendären Diri- genten Felix Mottl verknüpft. Es ist eines der Verdienste des vorliegenden Buches von FrithjofHaas, langjähriger Kapellmeister und Studienleiter am Badischen Staatstheater, bewußt zu machen, daß im Vorfeld dieses großen Dirigenten eine bemerkenswerte per- sonelle und kulturgeographische Konstellati- on glückliche Voraussetzungen flir Mottl's Tätigkeit bot: etwa an Vinzenz Lachner und Hermarm Levi, die besondere kulturelle Rolle des mittelbadischen Raumes Baden-Baden, Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg und Künstler wie Brahms und Clara Schumann, die sich hier gerne bewegten. Insofern ist dieses Buch auch ein wertvoller Beitrag zum unterentwickelten Selbstbewußtsein des west- lichen Baden-W ürttembergs! Levi, 1839 in Gießen geboren, kam nach Studien in Mannheim und Leipzig über die Kapellmeister-Stationen Saarbrücken und Rotterdam nach Karlsruhe, wo ein gutes Hoftheater und ein verständnisvoller Landes- furst einem genialen jungen Mann aussichts- reiche Möglichkeiten boten. Vinzenz Lachner - in Mannheim Levis Lehrer - hatte mit seiner Empfehlung zu Levis Wahl als Karlsruher Hofkapellmeister beigetragen. Das liberale Klima in Baden mag fur den Juden Levi ein übriges bedeutet haben. Levis Tätigkeit am Hoftheater war hinsicht- lich der Fülle des Repertoires und der zusätz- lichen, zum Teil freiwillig übernommenen Aufgaben wie Neueinrichtungen von Opern, Neuübersetzungen von Texten, Erstellung von Konzertprogrammen, Übernahme von Liedbegleitungen, erschlagend intensiv. Aber 346 seiner Lebenskraft genügte dies nicht: Er wurzelte sich tief in das städtische gesell- schaftliche Leben ein: Dies nicht nur bei musikalischen Unternehmungen wie bei der Leitung des bürgernahen "Philharmonischen Chores", sondern auch im eigentlichen ge- sellschaftlichen Leben. Der gutaussehende, hochgebildete, herzensgute Marm eroberte mit seinem Temperament die Herzen seiner Karlsruher und war an vielen Abenden eine der Leuchten des bürgerlichen Parketts. Es versteht sich von selbst, daß ein Hofkapell- meister von der "eigentlichen" guten Gesell- schaft, nämlich der des großherzoglichen Hofes, ausgeschlossen blieb. Der verzehren- de Einsatz in Musikleben und Gesellschaft hatte dramatische Folgen flir die Gesundheit von Levi . Immer wieder erlebte er Krisen. Aber während Levis außerordentliche musi- kalische Talente ihn auf die Erfolgsbahn zu- rückfuhrten, bedrohten von anderer Seite schwere innere Gefahrdungen seine Existenz. Der von Levi nie wirklich verarbeitete Bruch mit seinem Jugendidol Johannes Brahms und der Unterwerfungsprozeß unter den Wagner- sehen Genius passen nicht zum Bild des Erfolg gewölmten Dirigenten. Hier zeigt sich ein Daseinszwang, den Haas in seinem Buch sehr klug auf seine entscheidenden Wurzeln zurückfuhrt: Auf den verzweifelten Kampf des Juden Levi, als Deutscher und nicht als Jude zu gelten. Haas beschreibt die Stationen dieses Lebens mit großer Ausflihrlichkeit, stilistisch kühl, aber mit warmherziger Anteilnahme. Das Buch bietet über das Biographische hinaus auch einen faszinierenden Überblick über wesentliche kulturelle und gesellschaft- liche Bewegungen des 19. Jahrhunderts. Warum der Musiker Levi, der in seiner Karlsruher Zeit eine tiefe, freundschaftliche Beziehung zu Johannes Brahms hatte, der Musik von Richard Wagner geradezu gren- zenlos verfiel, gehört zu den unerklärlichen SchicksalsfUgungen. Daß er aber sich von Wagner als prominenten Dirigenten seiner Opern, als Wegbereiter seines Stiles, als Diri- gentenstar des "Parsifal" systematisch einset- zen ließ und dabei gleichzeitig wirklich in Kauf nahm, als Jude von dem fanatischen Antisemiten Wagner durchaus als Mensch zweiter Klasse behandelt zu werden, dies ist schon erschreckend. Haas breitet diese Si- tuation mit vielen Belegen aus. Levi ging sogar so weit, die Wagnersehen antisemiti- schen Schmähungen zu akzeptieren und teil- weise selbst zu vertreten. Schließlich brach Levi unter diesem Druck zusammen und beendete seine Kapellmeistertätigkeit. Paul Wehrte Peter Pretsch, "Geöffnetes Narren-Tur- ney" Geschichte der Karlsruher Fast- nacht. Veröffentlichung des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16, Karlsruhe 1995,208 S. , DM 34,- "Narretei ist eine ganz ernste Angelegen- heit" - heißt es nicht nur im Kölschen Klün- gel. Und Fastnacht in Karlsruhe? Wer den neuen Band "Geöffnetes Narren-Turney" zur Hand nimmt, kann auch in der badischen Residenz Eitelkeiten, Interessenverflechtungen und Politik entdecken. Der Band ist aus der Dissertation von Peter Pretsch, dem Leiter der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Karls- ruhe, entstanden, Pretsch ist es gelungen, eine kölfzweilige Darstellung vorzulegen mit einer lesenswerten Einleitung über die spannende Entwicklung der Fastnachtsforschung. Ge- lungen ist die Arbeit vor allem, weil nicht das mühsam aus Archiven, Zeitungen wld Vereinsbeständen zusammengetragene Ma- terial nacherzählt wird. Die Karlsruher Ereig- nisse werden vielmehr vor ihrem gesell- schaftspolitischen Hintergrund ausgebreitet und dadurch verständlicher. So folgt die Glie- derung des Buches nach politischen Grenz- jahren, und jedem Kapitel wird ein kurzer - nicht immer geglückter - Abriß der poli- tischen Situation vorausgeschickt. Den Be- ginn macht der Vormärz, wo Pretsch zeigen kann, daß die Gesellschaft Eintracht, 1835 gegründet, Motor der Bewegung wird, die 1841 im ersten spontanen F aschingsurnzug einen frühen Höhepunkt erreicht. Diese Ge- sellschaft, dominiert von Gewerbetreibenden und Beamten, fUhrte neben Gott Bacchus auch Napoleon und in Erinnerung an den Freiheitskämpfer Andreas Hafer Tiroler Schützen mit. Die politischen Ansprüche des Karlsruher BürgertlUus nach Freiheit treten da in der Fastnachtsmaske auf - ähnlich in Mannheim, wo 1841 Friedrich Hecker als Pfälzer General lmd der Liberale Friedrich BasserrnaIm als Pierrot mitrnarschierten. N arrenzei t wlgen - eben das N arren-T urney - übten Kritik, anfangs ohne mit der Zensur zu kollidieren ; die Spießbürger waren Ziel des Spotts. Die Niederlage der Revolution 1849 hat dem Straßen treiben ein Ende gemacht. Erst 10 Jahre später trauten sich die Karlsruher wieder heraus, während die Kölner schon 1852 mit dem bezeiclmenden Motto "ich hab ' s gewagt" durch die Straßen zogen. Wer so durch die Zeiten schlendert, merkt, daß Karlsruhe inuner etwas bieder war. Politik stand bei den Themenwagen nicht wie an- derswo im Zentrum, und es wirkt typisch, daß zweimal (1933 wld 1951) der Verkehrsverein als Pate an der Wiege der Grokage stand. Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielten eben- so mit wie der Spaß an der Freud. Deutlich politischer wurden die Umzüge in der NS-Zeit geprägt. Die schließlich straffe Durchsetzung der NS-Ideologie, die die Fast- nacht als urgennanisches Brauchtum ansah, förderte bei den Umzügen Themenwagen, die unliebsame Personen wie den SPD-Reichs- tags abgeordneten Ludwig Marum oder Per- 347 sonengruppen - insbesondere Juden - denun- zierten und verächtlich machten. Hier schreibt Pretsch vorsichtig abwägend, und der Leser erschrickt über die Verkehrung, die das Kri- tikinstrument Fasching in dieser Zeit erlebt. Pretsch beendet die Karlsruher Fastnachts- geschichte 1969 und zurück bleibt der Wunsch, öfter in dem reich bebilderten Band zu blättern. Clemens Rehm Hermann Ebeling, Karlsruhe - Ein Fä- cher der Möglichkeiten. G. Braun Verlag, Karlsruhe, 2. Aufl. 1995, 108 S., DM 39,80 Der "Ebeling" des Braun-Verlags ist schon ein Standardwerk geworden, das nun in einer weiter entwickelten Auflage als Geschenk- und Erinnerungsband seine Interessenten fm- den dürfte. Blickt man auf die 1988 erschie- nene Ausgabe " Karlsruhe - Stadt zwischen Reißbrett und Phantasie" zurück, so handelte es sich damals um einen großformatigen, 180 Seiten umfassenden Band, in dem zum deut- schen Text im gleichen Umfang die englische und französische Übersetzung angeboten wurde. Für die erste Auflage 1990 " Ein Fächer der Möglichkeiten" wurde, wohl aus Absatz- gründen, ein kleineres Fonnat mit rund 100 Seiten gewählt, wo einem neuen deutschen Text nur zwei Kurzfassungen in Englisch und Französisch auf jeweils zwei Seiten beigefugt wurden. 1992 erschien zwischendurch eine noch kürzere Ausgabe "Stadt der Perspekti- ven", die nur 60 Seiten wllfaßte, freilich jetzt schon vollständig mit Farbfotos ausgestaltet. In der nun publizierten 2. Auflage des "Fä- chers der Möglichkeiten" sind die 29 schwarz- weißen Fotos von 1990 ausgeschieden, ob- wohl darunter sehr gelungene waren. Der heutige Käufer erwartet wohl alles Optische in Farbe, wobei auch diese Fotos vor allem 348 dann einen ästhetischen Reiz ausstrahlen, wenn mit Unschärfe oder besonderen Licht- verhältnissen eine Stimmung beschworen werden soll in der an sich nüchternen Stadt- k-ulisse. Über die Auswahl der Fotos kann man im Einzelfall streiten; doch der gesamte Bestand von 94 Bildern hinterläßt schon einen umfassenden Eindruck, einmal von den historischen Bauten und der modernen Archi- tektur, zum anderen von Menschen, wie sie - auch - in dieser Stadt typisch sind. Die relativ kurze Stadtgeschichte wird feuilletonistisch dargeboten ohne großes Zah- lenwerk, und auch hier soll das Atmosphäri- sche, das geistige Klima Karlsruhes eingefan- gen werden, so daß Text und Bild sich er- gänzen. Vergleicht man die verschiedenen Auflagen, erkennt man, wie die Zahl der Se- henswürdigkeiten zuninunt, z. B. mit der neu- en Stadtbibliothek im interessanten Neubau auf dem Standort des Ständehauses . So wird man wie bei einer weiteren Auflage sehen, daß ein Besuch Karlsruhes jedenfalls für jene sich lohnt, die nicht nur der Dienst in diese Stadt fuhrt. Leonhard Müller "Für Baden gerettet", Enl'erbungen des Badischen Landesmuseums 1995 aus der Sammlung der Markgrafen und Großher- zöge von Baden. Hrsg. v. Harald Siebenmorgen, G. Braun Verlag, Karlsruhe 1996,342 S. , DM 38,- Nachdem über die besonderen Umstände der Rettung badischen Kulturguts anläßlich der Versteigerung bei Sotheby's im Herbst 1995 genug berichtet wurde, interessiert nun die Bestandsaufnahnle, zu der der Direktor des Badischen Landesmuseums einen stattli- chen Katalog herausgegeben hat. Unter der Redaktion von Rosemarie Stratmann-Dähler sind Texte zusammengestellt worden, die mehr als nur Objektbeschreibungen bieten. Brigitte Herbach-Schmitt erläutert so das Wesen einer Kunstkammer wie der badi- schen, die an furstlichen Höfen des Barock erstrebenswert waren, und 17 Angehörige des Museums beschreiben die einzelnen Expona- te wie auch jene zur Kunst- , Kultur- und Landesgeschichte, die nach Epochen geglie- dert sind. Neben der Redakteurin leitet Brigitte Heck speziell zu den Jubiläumsge- schenken ein, denen eine besondere Bedeu- tung zukommt. Unter ihnen findet man man- ches, was wahrlich nicht unserem heutigen Kunstempfinden entspricht, aber als Zeit- dokument um so wichtiger ist. Vom Holleben Friedrichs I. ist so viel schriftlich nicht auf- zufinden, weil es nach geordneten, fast bür- gerlichen Regeln verlief, ohne Skandale und Affaren. Ergebenheitsadressen entsprachen der zeit- genössischen Form und waren nicht immer wörtlich zu nehmen. Die Anhänglichkeit der Bevölkerung an den liberalen, verbindlichen Fürsten und "seine Luise" zeigte sich aber in den z. T. aufwendigen Präsenten anIäßlich zahlreicher Jubiläen während der langen Regierungszeit. Gerade eine Bronze wie die von Herman Volz "Zeitgeist und Staats- schiff' 1896, von acht großen badischen Städten für viel Geld gestiftet und für viel Geld heute erworben, spiegelt wie kaum ein anderes Objekt das Staatsbewußtsein vor 100 Jahren wider. Landesmuseen sind zwar auch Kunstkabi- nette - man denke an die zusätzlichen Tafeln zum Marienaltar von Salem, einem Höhe- punkt der Malerei zu Beginn des 16. Jhs -, sie sollen aber zudem Einblicke in Zeitver- hältnisse bieten, in deren Spiegel uns das Bild der Gegenwart deutlicher werden kann. Insofern bedeuten neben vielen Erwerbungen eines hochentwickelten Kunsthandwerks ge- rade die zahlreichen Dokumente des "Zeitgei- stes" eine zusätzliche Bereicherung der bis- herigen Sammlung. Angesichts der besonderen Finanzresourcen fur den Erwerb ist dieser Katalog auch eine Reverenz gegenüber den zahlreichen Spen- dern, die mit großen und kleinen Gaben beitrugen, daß Kulturgut aus dem markgräfli- chen Haus "fur Baden gerettet" wurde. In nobler Form wird all denen gedankt, die das Jahrhundertereignis nicht unberührt an sich vorbeiziehen ließen. Insofern wird der sorgfaltig erarbeitete und repräsentativ ge- staltete Katalog später als Quelle dienen, wie sich eine Gesellschaft gegenüber ihrer Ver- gangenheit in finan zschwachen Zeiten zu verhalten bemühte. Leonhard Miiller Dieter Vestner: Durlach im Wandel der Zdten. Eine Dokumentation in Wort und Bild. Eigenverlag, Karlsruhe 1995, 104 S. mit zahlreichen Abbildungen, DM 54,80 Einen "geschichtlichen und aktuellen Streifzug durch unser geliebtes Durlach" nennt Dieter Vestner arn Schluß sein Buch. Damit beschreibt er präziser als der Klap- pentext sein Vorhaben, denn dort ist - eher irreführend - von der Aufzeichnung der "Geschichte Durlachs", von "umfassender" Information "über die Geschehnisse und die Entwicklung der alten Markgrafenstadt" die Rede. Der Streifzug durch Durlach ist mit zahlreichen aktuellen Bildern versehen, die der Autor zumeist selbst aufgenonunen hat. Ergänzt werden sie von einigen historischen Bildern und Fotografien. Vestner gliedert seinen Streifzug in sieben Kapitel. Er beginnt zunächst mit sehr knappen Hinweisen zur Geschichte Durlachs, wobei die verbrecherische Naziherrschaft keine Erwähnung findet. Darin spiegelt sich weit- gehend die Forschungslage zur Geschichte Durlachs wider. Wer neue Forschungsergeb- 349 nisse zur Geschichte Durlachs erwartet, muß sich daher bis zum Erscheinen der Stadtge- schichte im September 1998 gedulden. In den folgenden Kapiteln fuhrt Vestner seine Leser und Leserinnen zu Gebäuden der Altstadt, erläutert Industrie und Verkehr, zeigt Denkmäler, Brunnen und Plätze sowie Kirchen, Friedhöfe und Grünanlagen, streift dann durch das neue Durlach und stellt abschließend Gesellschaft, Kultur und Verei- ne vor. Diese Streifzüge versieht Vestner - manchmal mehr, manchmal weniger - mit Hinweisen zur Geschichte von Gebäuden und auf vergangene Ereignisse, so daß sie fast schon Beschreibungen historischer Stadt- spaziergänge sind. Eine in Einzelfallen subjektiv erscheinende Bildauswahl und die irrtümliche Vorverle- gung des ersten Altstadtfestes von 1977 auf 1975 tun der Liebeserklärung eines Dur- lachers an seine Heimatstadt keinen Abbruch. Wer den Band zur Hand nimmt, wird Vestners Zuneigung zu Durlach verstehen, wenn nicht teilen. Man/red Koch Reiner Haehling von Lanzenauer: Düstere Nacht, helliehler Tag. Erinnerungen aus dem 20. Jahrhundert. Badenia Verlag, Karlsruhe 1996, 165 S., DM 29,80 " Das Verfassen von persönlichen Memoi- ren ist eine Angelegenheit berühmter oder bekannter Leute." Einspruch Herr Staatsan- walt, möchte man aus der Sicht der Lokal- und Regionalgeschichtsschreibung Haehling von Lanzenauer zurufen. Denn wie die "große" Geschichtsschreibung bedarf auch sie zu einer lebendigen und plastischen Darstellung der Lebenserinnerungen von Menschen, die Geschichte, wenn auch nicht gestaltend, so doch bewußt erlebt haben. Von Lanzenauer gehört der on zitierten Flakhelfergeneration 350 an, die gegen Ende des Krieges aus der Schule herausgerissen und in die FlugabwehrsteI- lungen kommandiert wurde. Nach dem Krieg gehörte sie zu denen, die nach den Erfah- rungen der Diktatur und des Krieges bewußt fur eine friedliche, freiheitliche und demokra- tische Staatsordnung eintraten. Der Zeitraum, den der Autor behandelt, er- streckt sich, da er auch die bildungsbür- gerlichen Wurzeln der Familie vorstellt, vom 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Zeit der Nazidiktatur und der Nachkriegszeit. Kurz aber prägnant schildert von Lanzenauer die behütete Kindheit in Karisruhe, das durch Denunziantentum gefahrdete Alltagsleben im Dritten Reich, die Indoktrination durch Schule und HJ, der die Eltern gegensteuer- ten, die Erfahrung des Judenpogroms 1938, die zwangsweise Rekrutierung als 15jähriger zum Flakeinsatz 1943 und die Lazarett- gespräche über die Geschehnisse des 20. Juli 1944. Mit 17 Jahren wurde dem Autor das ganze Ausmaß der Verbrechen des NS-Deutschland und die den kommenden Generationen damit aufgeladene moralische Schuld bewußt. Mit dem Kriegsende, das der Autor in Baden- Baden erlebte, entstand die aus der Besat- zungspolitik resultierende Not, aber auch die beginnende Versölmung mit den Franzosen, die er aktiv gefordert hat. Die Problematik der Entnazifizierung, die Karrieren hochgestell- ter Nazis in der jungen Demokratie nicht verhinderte, beschäftigt ihn im weiteren Verlauf seiner Erinnerungen ebenso wie die Ermittlungen und Prozesse gegen nationalso- zialistische Gewaltverbrecher, in denen er als Staatsanwalt tätig wurde. Aus dem Berufsle- ben wird zudem mancher spek-takuläre Fall wie der des "Monsieur X" oder des promi- nenten Baden-Badener Juwelenräubers - hier kritisiert Haehling von Lanzenauer die Höhe des Urteils - erinnert. Viele Begegnwlgen mit bekannten Persönlichkeiten aus Kunst und Politik werden skizzenhaft geschildert. In großer Dichte, aber dennoch immer flüssig geschrieben, werden auch die 68er-Bewe- gung, die Asylpolitik oder die Wiedervereini- gung gestreift. Von deutlicher Sprache sind die Feststellungen des ehemaligen Staatsan- walts zur Bildung des Südweststaates: Er spricht vom "Verfassungsunrecht von 195 II 52", von einer " in der deutschen Geschichte einmaligen Abstimmungsverschleppung" bis 1970 und von der Bitterkeit, die "Zentralisie- rung, Fusionszwänge und einseitige Personal- politik in den Herzen der Badener" zurück- lassen. Breitgefacherte Erinnerungen, sachliche Darstellungen und deutliche Wertungen er- lebter Zeitgeschichte machen diesen kleinen Band zu einem lesenswerten Kaleidoskop des Geschehens am Oberrhein in diesem Jahrhun- dert. Manfred Koch Die elektrisierte Gesellschaft. Bearbeitet von Gisela Grasmück, Badisches Landesmuseum - Badenwerk, Karlsruhe 1996, 230 S., DM 28,- Das Thema ist doppeldeutig. Die Elektrizi- tät "elektrisierte" in der Tat die Gesellschaft, machte die Nacht zum Tag, schuf neue in- dustrien und Berufe und öffuete damit neue Horizonte. Der Band ist zugleich Festschrift fur das 75jährige Badenwerk, das den damit verbundenen Ausstellungskatalog großzügig gestaltete. Die Bearbeiterin hat kundige Mit- wirkende gefunden, die Technikgeschichte verständlich darstellen können, und das nicht nur im chronologischen Abriß, sondern auch in Spezialthemen wie "Der elek1:rische Landwirt", "Frauenarbeit unter Strom - Bü- roarbeit im Wandel vom Kontorbuch Zunl Computer" oder "Von der Elektrisiermaschi- ne zur Elektrotherapie - Eine kurze Ge- schichte der Elektromedizin". Der Aspekt "Elektrizität und Kunst" zeigt z. B. , daß es sich hier um ein besonderes kulturgeschichtli- ches Phänomen handelt, das in seinem Variantenreichtum Ausstellung wie Katalog widerspiegeln. Dabei bleibt auch die Politik nicht ausgespart, und zwar nicht nur im Kapitel "Badenwerk in dunkler Zeit", also unter dem NS-Regime; auch zu propagandi- stischen Effek1en diente die Elek1rizität, ob zur nationalen Darstellung auf Weltausstel- lungen oder als Lichtdom bei Nürnberger Reichsparteitagen. Bei der reichen farbigen Bildausstattung sei besonders auf das Plakat hingewiesen, das flir die "Elektrische Ausstellung Karlsruhe" vor ca. I 00 Jahren warb (siehe S. 238). Es zeigt, daß auch kleinere Städte sich bemühten, die Fockel des großen Fortschritts in ihr lokales Gewerbe zu tragen. So kann wohl die jeweils als junge Frau symbolisierte Elektrizität auf dem rollenden Rad der Technik gedeutet wer- den, wobei freilich als Stromquelle kein Kraftwerk, sondern die Sonne dient. Natürlich wird dem Alltag ein besonderer Platz eingeräumt. Bis vor 150 Jahren kochte man über offenem Feuer oder in schwelender Glut, eine schmutzige, langwierige und zugleich gesundheitsschädliche Arbeit, heute allenfalls in der Freizeitatmosphäre noch ro- mantisch verklärt. Und unser Blick auf ma- lerische Burg- und Schloßküchen erfaßt nicht die harte Arbeit vorwiegend der Frauen, die hier die Nahrung zubereiteten. Nicht zuletzt hat die Elek1rifizierung des Haushalts dazu beigetragen, daß Frauen andere Berufe als den der Hausfrau ergreifen konnten, da die Hausarbeit von verschiedenen Mitgliedern mitgetragen werden kann. So verfugen heute in den Haushalten z. B. 98 % über einen Kühlschrank, 97 % über ein Bügeleisen, 92 % über eine Waschmaschine. Die Zusam- menarbeit von Industrie und Landesmuseum wirkt sich an diesem Thema sehr fruchtbar 351 aus und dient nicht nur dem üblichen Spon- soring. Der schier nicht absehbare Verwen- dungsnutzen der Elektrizität macht Lesern wie Ausstellungsbesuchern bewußt, daß das uns heute Selbstverständliche neu registriert werden muß, im Wirtschaftlichen, Sozialen wie im Kulturellen, und daß die politische Diskussion um Energiegewirmung und - nutzung kein Randproblem ist, sondern in die Mitte von Beruf und Alltag fuhrt. Der preiswerte Band unterscheidet sich insofern von den üblichen Selbstdarstellungen und bietet weit mehr als eine reine Firmenge- schichte. Leonhard Maller Erich Lacker: Zielort Karlsruhe. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg. Mit einer Photo dokumentation zur Zerstö- rung der Stadt im Zweiten Weltkrieg von Manfred Koch. Veröffentlichwlgen des Karlsruher Stadt- archivs Bd. 18, Badenia Verlag, Karlsruhe 1996, 232 S., DM 49,80 Mit seinem Buch zieht Erich Lacker die Swnme einer langjährigen intensiven Bemi:- hung um das Thema; eigenes Erirmern, das Befragen von Zeitzeugen, die Auswertung von Material aus einer Vielzahl von Archiven und das Heranziehen einer beeindruckenden Literaturfulle dienten als Grundlage fur die minutiöse Darstellung einer Zeitsparme, in der sich das Gesicht Karlsruhes tiefgreifend veränderte. fleiß und Gewissenhaftigkeit des Autors spiegeln sich auch im Vnuang des An- merkungsapparats. Charakteristische Merk- male der Darstellung sind die persönliche Betroffenheit des Autors - Karlsruher des Jahrgangs 1930 - , seine naturwissenschaftli- che Kompetenz, dank derer meteorologische, geologische, physikalische und technische Aspekte des Phänomens Luftkrieg ihren gebührenden Rawn erhalten, sowie nicht 352 zuletzt die christlich geprägte Weitsicht, mit der Lacker dem heillosen Geschehen gegen- übertritt, das als Folge der nationalsozialisti- schen Politik auch und besonders über Karlsruhe hereinbrach. Ausgehend von der Beobachtung, daß Karlsruhe in der Geschichte des Luftkrieges eine besondere Rolle spielte, zeichnet der Au- tor diese Geschichte bis in den 2. Weltkrieg hinein nach, um darm die Luftangriffe, denen Karlsruhe ausgesetzt war, detailliert darzu- stellen. Damit wird ein Zeitraum abgedeckt, der mit dem Abschuß einer französischen Aufklärungsmaschine über KarIsruhe am 8. September 1939 begimll wld mit dem letzten (mißlungenen) Groß angriff auf die Stadt am 2. Februar 1945 bzw. mit den fortgesetzten Jabo-Angriffen bis zur Besetzung Karlsruhes am 2. April 1945 endet. Lacker gliedert seine Darstellung nach Jahren und ordnet das Karlsruher Luftkriegsgeschehen ein in die Entwicklung der militärischen Gesamtlage - hier hätte sich stellenweise eine Straffung angeboten - sowie der Waffen-, N avigations- und Flugzeugtec\mik. Fragen der Luftkriegs- strategie und -taktik wird gebührender Rawn gewidmet. Die Stichworte Luftabwehr, Brand- bekämpfung, Schadensbehebung wld Hilfs- maßnahnlen bringen die Perspektive der von den Angriffen betroffenen Menschen ins Spiel , wobei auch die Rolle der NS-Institu- tionen zur Sprache kommt; da hätte man sich in diesem Bereich mehr Ausführlichkeit vor- stellen können. Jenseits der nüchternen Be- schreibung wld schieren Statistik erschließen besonders h~rausgehobene Zeitzeugen berichte sO\vohl das Leid als auch die wlgeheuren Leistungen, die von einzelnen angesichts der unvorstellbaren Not erbracht wurden. In seiner Schlußbetrachtung widmet sich der Autor der heiklen Frage nach der moralischen Wertung der "Terrorangriffe" gegen Städte und ZivilbevölkefWlg. Er konnut dabei zu der wichtigen Feststellwlg, daß hier eine Enl\,"ck- lung auf die Menschen in Deutschland zu- rückschlug, die von Deutschland ihren Aus- gang genommen hatte und von der deutschen Propaganda entsprechend begleitet worden war. Die Darstellung der Schäden, die der Luft- krieg im Stadtgebiet Karlsruhes verursachte, wird durch eine Reihe sorgfaltig und über- sichtlich erstellter Kartenbeilagen ergänzt und veranschaulicht. Ein Ortsregister er- schließt den Darstellungstei\. Angeschlossen ist ferner eine sehr nützliche "Dokumentati- on", die in tabellarischer Form alle 135 ge- zählten Luftangriffe verzeichnet mit Angaben u. a. über jeweilige Dauer von Alarm und Angriff, die Zahl der Flugzeuge, Abschüsse, abgeworfenen Bomben und der Bevölkerungs- verluste, die besonders betroffenen Stadtteile. Manfred Koch hat dem Buch eine "Photo- dokunlentation" von nahezu 95 kommentier- ten Photos, hauptsächlich aus den Beständen des Stadtarchivs und der Landesbildstelle Baden, beigegeben. Ein Teil dieser Photos, die teilweise unter Umgehung des Verbots, Luftkriegsschäden abzulichten, entstanden sind, werden hier erstmals veröLTentlicht. Die Aufnalmlen belegen das Ausmaß der Verän- derungen im Stadtbild, die der Luftkrieg ver- ursachte wld sind ferner beeindruckende Zeugen daflir, wie der Luftkrieg "weitab von der Front, Frauen, Kinder und Greise zu Kriegsteilnelunern machte". Zusammenfassend: ,,zielort Karlsruhe" ist ein Werk, das ein weites Publikunl anspricht. Es erlaubt die seimelle Infornlation, es bietet solide Darstellung, es öffnet Wege zu vertiefender Forschung und leistet eindrucks- volle Veranschaulichung. Mit seiner War- nung vor den Folgen politischer Gedankenlo- sigkeit weist das Buch über den lokalen und regionalen Rahmen hinaus. Es sollte deshalb viele Leser und Besitzer finden . Rainer Glitjahr Susanne Asche, Olivia Hochstrasser: Durlach, Staufergründung, Fürstenresi- denz, Bürgerstadt. Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtar- ehivs Bd. 14, Badenia Verlag, Karlsruhe 1996,558 S., DM 62,- Aus Anlaß des Stadt jubiläums Durlach erschien diese repräsentative Stadtgeschich- te. Die beiden Verfasserinnen sind ausgewie- sene Fachkräfte. Susanne Asche hat bereits eine Geschichte der benachbarten Gemeinde Grötzingen vorgelegt. Es war richtig, die Ar- beit zwei nicht in Durlach ansässigen Histo- rikerinnen anzuvertrauen. Sie gingen vorur- teilslos an ihre Arbeit heran und hatten keine Scheu, mit Legenden aufzuräumen. Der Orts- name Durlach ist nicht keltischen Ursprungs, u,.d eine früher in das Jahr 1161 datierte Urkunde, in der der Name Durlach erstmals auftaucht, ist nach Ausweis der Namen und der Zeugenreihe,. eindeutig erst 100 Jahre später anzusetzen. Offen bleibt allerdings ob nicht schon vor der Ersterwähnung von 1196 eine Siedlwlg bestand, von der es archäo- logische Spuren gibt. Dies würde auch erklären, daß für die Neugründung genügend Bewohner da waren und man nicht mit einem kleineren Grundriß der ersten Anlage reclUlen muß. Die Staufergründung Durlach hatte nie die Chance, Reichstadt zu werden, da sie schon 1219 in die Hände der Markgrafen von Baden kam. Lange Zeit blieb Durlach eine Klein- stadt, an der die Hauptstraße aber vorbeizog und nur durch einen kleinen Umweg durch das Basler Tor hinein und nach einem Knick durch das Blumentor wieder hinaus an den Hauptverkehrsweg angebunden war. Die Verlegung der Residenz von Pforzheim nach Dllriach (1563) ist weniger der damaligen Größe Durlachs zu verdanken als der Tat- sache, daß es viel zentraler im Herrschafts- gebiet der Markgrafen von Baden lag. Die 353 Entwicklung als aufblühende Residenz wurde 1689 jäh unterbrochen, als französische Truppen die Stadt in Schutt und Asche legten und Markgraf Karl Wilhelm, kaum war der Neubau eines Stadtschlosses begonnen, dem Zug der Zeit folgend, sich eine neue Residenz im nahen Hardtwald baute: Karlsruhe. Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt im 19. und 20. Jahrhundert. Dies ist verständlich, denn die bisher vorliegende, veraltete Ge- schichte Durlachs von Gustav Fecht aus dem Jahr 1869 spart diese Jahrhunderte ganz aus. Aber gerade jetzt kann die Darstellung in die Breite gehen und das Leben der Bewohner, ihre zahlreichen Vereine und kleinen Vergnü- gungen einbeziehen. Wer wußte schon, daß Durlach bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein Schwimmbad mit vorgewärmten Wasser besaß und in der Weimarer Republik eine politische Gruppierung, der vor allem Frauen angehörten (Kommunale Volkswirtschafts- partei). Das Buch ist reichlich bebildert und durch drei Register erschlossen, die von drei verschiedenen Verfassern stammen, was wahrscheinlich auf Zeitdruck bei der Abfas- sung zUfÜckzufuhren ist. DelUl die Register sind nicht gut aufeinander abgestimmt. Daß die Gastwirtschaften im Sachindex und noch ausfUhrlicher im Orts index vorkommen, ist bei einer lebenslustigen Weinbaugemeinde noch verständlich; wieso das Gefangnis und die Hardtwald-Orte, die Fabriken und die Leih- und LesebiblIothek aber Sachen sind, bleibt unverständlich. Die Register berück- sichtigen offensichtlich auch nicht die Bildunterschriften. Wer sich, angeregt von dem Bild auf Seite 361 , fUr das Schwimmbad interessiert, sucht vergeblich das Stichwort Schwimmbad in den Registern. Erst wer herunlblättert, stößt 42 Seiten vorher auf einen kurzen Text, der auch den ursprüngli- chen Namen " Luft- wld Schwimmbad" verrät und daher unter 'L ' im Orts index steht. Nur, wer sucht schon unter ' L' ? Die Anhänge 354 geben Auskunft über die Durlacher Vereine, die Gasthäuser und Bierbrauereien, Straßen- umbenennungen, die Schultheißen, Bürger- meister, Stadtamtsleiter und Ortsvorsteher sowie die Bevölkerungsentwicklung. Ein kur- zes Glossar erläutert die Fachausdrücke. Trotz dieser Flüchtigkeiten im Detail ist das Buch ein gelungener Wurf. Die Autorinnen haben es verstanden, ein wissenschaftlich fundiertes Werk so zu schreiben, daß es jeder versteht und mit Gewinn und Genuß lesen kann. Wer in letzter Minute noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk ist, sollte an dem Buch nicht vorbeigehen. Gerhard Kaller Elga Roellecke: Wasser und Straßen, Quellen und Wege. Chronik Wolfarts- wcicr. Hrsg. v. Verein für die Geschichte von Wolfartsweier, Heft 2, Karlsruhe 1996, 219 S., DM 27,- Mit diesem Heft geht das Projekt Wolfarts- weier Ortschronik - nach dem erfolgreichen Verkauf des ersten Buches, dessen Herstel- lung durch die fmanzielle Unterstützung der Stadt Karlsruhe gesichert worden war - in die zweite Runde. Dieser und die folgenden Bände sollen durch den Erlös der jeweils letzterschienenen Teilc1lronik finanziert wer- den; ein Konzept, das bislang durch das gro- ße Interesse der Wolfartsweierer an illrer Ge- schichte tragfahig scheint. Die einzelnen Tei- le der Ortsgeschichte,jeweils von einem Ver- fasserleiner Verfasserin verantwortlich bear- beitet, stellen die "politische Entwicklung" , "das soziale Leben" und - wie der vorliegen- de zweite Teil - "das Dorf und seine Umge- bung" vor. Nachdem Elga Roellecke bereits den ersten Band zur Munitionsfabrik "Zünd- hütle" vorgelegt hat, ist sie nun auch flir die- ses zweite Heft verantwortlich. Der erste Teil (Kapitel 5 von Band Il der Ortschronik), überschrieben mit "Der Wetter- bach, das Bnmnenwesen, die Wasserversor- gung und das Schwimmbad", listet auf mehr als 80 Seiten chronologisch geordnet vieles auf, was zu diesem Thema an Quellen in den verschiedenen Archiven zu finden war. Die interessierten Leserinnen und Leser erfahren von den Problemen, die die Naturgewalten des Wassers im Laufe der Jahrhunderte im- mer wieder flir die Dortbewohner darstellten. So brachte etwa ein großes Unwetter im Jahr 1837 Wolfartsweier an den Rand des Ruins, und nur mit großem Einsatz der meist armen bäuerlichen Bevölkerung und mit Hilfe von Spenden aus ganz Baden konnten die ent- standenen Schäden nach und nach behoben und die zerstörten Häuser wieder aufgebaut werden. Das von der Autorin aufbereitete Material läßt auch die Schwierigkeiten einer gerechten Verteilung der Hilfsgüter und die Konflikte zwischen arm und reich im Dorf erahnen. Wasser und Wasserwege konnten jedoch auch militärischen Zwecken dienen. Als wäh- rend des polnischen Erbfolgekrieges Reichs- truppen am 10. Juni 1734 durch eine künstli- che Überschwemmung eine riesige Fläche zwischen dem Rüppurrer Wald, Ettlingen und den Wiesen in Richtung Gottesaue unter Was- ser setzten, um die in der Festung Philipps- burg lagernden Franzosen am Vorrücken ge- gen die Ettlinger Linien zu hindern, sorgte dies auch in Wolfartsweier fur Unruhe in der Bevölkerung, die um ihre Ernte fUrchten muß- te. Ein weiterer Aspekt, der sich dem aufmerk- samen Leser aus der Fülle des aufgeflihrten Materials erschließt, ist das, was wir heute Umweltprobleme nennen würden. Sauberes Trinkwasser und eine geregelte Abwasser- entsorgung beispielsweise wurden auch in Wolfartsweier mit wachsender Einwohner- zahl gegen Ende des letzten Jahrhunderts als wichtige Voraussetzungen fur die Gesund- heit der Dorfbewohner erkannt. Doch die Fra- ge, wer wieviel daftir zu bezahlen hatte, und in wessen Verantwortung die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur lag, war im- mer wieder umstritten. Daß der technische Fortschritt Folgepro- bleme mit sich bringt, mußten und müssen die Wolfartsweierer Bürgerinnen und Bürger nicht nur bei den "Wassernöten" zur Kennt- nis nelunen. Auch die Straßen, denen sich, unter anderem, das Kapitel 6, "Wege, Stra- ßen und Brücken, Post und Verkehr", auf mehr als 100 Seiten widnlet, sind ein Thema, das in Wolfartsweier bis heute nichts an Bri- sanz verloren hat. Waren es in früheren Jahr- hWldertcn de Auseinandersetzwlgen zwischen herrschaftlichen, militärischen und den Inter- e~senten der Dorfbewohner, wenn es um die Fragen von Instandhaltung oder von Weg- gebühren ging, so müssen die Wolfartswei- erer heute feststellen, daß die ungebremste Mobilisierung ihren Preis hat, wie die immer noch andauernden Auseinandersetzungen um eine Orts umgehung fur die B3 zeigen. Dieser zweite Band der Ortsgeschichte Wolfartsweier bietet, was hier nur angedeu- tet werden konnte, eine Fülle von Details zu den oben genannten Themen, wobei an man- chen Stellen eine größere Straffung und der Versuch einer Einordnung in größere regio- nal- und allgemeingeschichtliche Zusammen- hänge wünschenswert gewesen wäre. Ufe Grall Ernst 0110 Bräunchcffhomas Schnabel (Hrsg.): Die Badische Verfassung von 1818 Verlag Regionalkultur, 76698 Ubstadt-Wei- her, 1996, 80 S., DM 24,- Das Gebäude an der Ritterstraße neben St. Stephan nannte man " Ständehaus"; das darin tagende badische Parlament hieß "Stände- 355 versammlung". Aber in der zweiten Kammer dieses Parlaments saßen keine Vertreter ver- schiedener Stände, sondern Abgeordnete des ganzen Volkes, die nach gleichem Wahlrecht der volljährigen Bürger bestinmlt wurden. Dies war einzigartig in allen deutschen Staa- ten, und insofern stand in der Fächerstadt die Wiege der parlamentarischen Demokratie Deutschlands. Das 1822 im klassizistischen Stil errichtete Ständehaus - ältestes deutsches Parlamentsgebäudc - wurde wie fast die ge- samte Innenstadt im Bombenkri eg 1944 sclnver getroffen und fi el ei ner späten Trüm- merbeseitigung 196 1 zum Opfer. 1993 weih- te die Stadt auf einem Teil des Geländes das "Neue Ständehaus" ein, welches die Stadtbi- bliothek und eine Erinnerungsstätte beher- bergt. Mit dem Einzug in dieses neue Haus verband sich die 175-Jahr-Feier dcr badi- schen Verfassung von 1818. Aus diesem An- laß fand ein wisscnschafili ches Symposium statt , das in vorliegendem Band dokumentiert ist. Den wichtigsten Inhalt des reich illustrier- ten Buches bilden drci Vorträge, die ein über- aus anschauliches lmd vielseitiges Bild der badischen Politik und Volksvertretung im 19. Jahrhundert ergeben, eingebettet in die allge- meine hi storische Entwick lung. Elisabeth Fehrenbach erklärt die Verfassung von 181 8 aus der Lage des neu entstandenen Großher- zoglums, das seine Bürger gewinnen mußte. Sie analysiert die ersten Wahlen von 181 9 wld belegt die maßgeb liche Mitwirkung wei- tester Volkskreise. Paul Nolte schildert die badische Verfassungskultur im Vormärz. Er betont die ungeheure Popularität dcr Verfas- sung, deren 25jähriges Bestehen 1843 in ge- radezu kultischen Fonnen begangen wurde. Daran anknüpfend wagt er den Ausblick auf die Gegenwart mit dem Bundesverfassungs- gericht in Karlsruhe. Auch Hartwig Brandt, der sich mit Baden vor der Gründung des Deutschen Reiches von 187 1 befaßt, baut die 356 Brücke zur aktuellen Politik, indem er die Wende von 1866 mit der von 1989 vergleicht. Beide Ereignisse brachten, so sieht er es, den Abschied aus einer abgeschirnlten Idylle und den Übergang auf das wei te Feld realer Machtpolitik . Aus dem GeOecht politischer und sozialer Kräfte sowie dem Wirken ein- zelner Persönlichkeiten in Baden vor 1866 macht cr verständlich, warum sich hier er- staunlich früh eine rechtsstaatliche Kontrolle der Verwaltung und vor allcm ein Ministeri- um aus der Mitte des Parlamcntes entwickeln konntcn. Soll man diese Idylle vor der Wende als Glück in der Beschränkung interpretieren oder als Beschränktheit von Krähwinkel? Das Bändchen zur badischen Vcrfasslmg bictet cine lohnende Lektlire, die zum Nach- denkcn anregt. Es ergänzt die 1993 erschie- nene unentbehrliche Gesamtdarstellung ,, 175 Jahre badische Verfassung" von Hans Fcnskc. Zusätzlich enthält das Buch eine Eillfühnmg in die Gedenkstätte dureh den Leiter des Karlsruher Stadtarchivs Ernst OUo Bräunche und eine Betrachtung zur Lage des deutschen Föderalismus heute aus der Feder des Staats- sekretärs im Staatsministcriul11s von Baden- Würtlemberg Lothar Menz. Klaus Oeslerle Rolf-Hcincr Bchrcnds (Hrsg.): Faustkeil - Urne - Schwert. A rchiiologie in der Re- gion Karlsruhe. Badenia Verlag, Karl smhe 1996 , 208 S., DM 49,- Die hier anzuzeigende Veröffentlichung schließt eine bisher immer wieder bedauerte Lücke im lokal- bzw. regionalgeschichtlichen Schrifttum. Sie versteht sich als " Handbuch" der Archäologie rur die Stadt und den Land- kreis Karlsruhe und einige angrenzcnde Rand- gebiete; wissenschaftl ich exakt erarbeitet, richtet sie sich an eine breitere interessierte Öffentlichkeit und wird mit Sicherheit zum unverzichtbaren Handwerkszeug all derer gehören, die sich mit der Geschichte dieses Raumes befassen. Es ist das Verdienst des Herausgebers, ein kompetentes Autorenteam ftir die Bearbeitung der einzelnen Themenbe- reiche gewonnen zu haben; neben längst aus- gewiesenen Wissenschaftlern kommt eine Reihe junger Ur- und Frühgeschichtlicher bzw. Archäologen zu Wort. Der Titel des Buches umreißt die abgedeckte ZeitspaIUle, die von der Altsteinzeit bis zu den Merowin- gern reicht. Als bislang ältestes Zeugnis ftir das Auftreten des Menschen in der Region \\~rd ein mittelsteinzeitlicher Faustkeil aus den Grabungen in der Bruchsaler Flur "Aue" präsentiert - die alemannische bzw. merowin- gerzeitliche Siedlungstätigkeit hat die Wur- zeln eines Großteils der bis heute bestehen- den Orte gelegt. Der Band gliedert sich in zwei Abteilun- gen. Abteilung I, Die "Vor- und Frühgeschich- te in der Region Karlsruhe", lenkt den Blick zunächst auf die erdgeschichtliche Entwick- lung des Rheingrabens sowie auf die Traditi- on der archäologischen Forschung in der Re- gion, um sich dann der Darstellung der ar- chäologischen Entwicklung in der genannten zeitlichen Umgrenzung zu widmen. Hierbei werden die archäologischen Befunde aus der Region in einen größeren Rahmen gestellt, Zusammenhänge aufgezeigt und damit an- hand der Funde die Vor- und Frühgeschichte des Karlsruher Raumes dargeboten. Das je- weilige archäologische Fundstück findet da- bei stets seine ihm zustehende Würdigung. Zahlreiche Karten, graphische Darstellungen, Tabellen, Zeitleisten, Photographien der Fun- de und Ausgrabungsplätze sowie Zeugnisse der Luftbildarchäologie unterstützen die Aus- ftihrungen und liefern wertvolles Anschau- ungsmaterial. Auf ein besonderes Interesse in dieser Abteilung dürfte nicht zuletzt die Prä- sentation der erst in den letzten Jahren er- folgten Ausgrabung der jungsteinzeitlichen Siedlung im Bruchsaler Gewann "Aue" sto- ßen, die wichtige neue Erkenntnisse zur "Mi- chelsberger Kultur" beisteuerte, deren end- gültige Auswertung freilich noch zu leisten sein wird. In einer Zeit, in der die Umwelt- problematik stets ein Thema ist, müßten auch die Aussagen der Archäologen beachtet wer- den, denenzufolge die heutige Oberflächen- gestalt des Kraichgaus auf die Zerstörung des Waldes in bandkeramischer Zeit zurück- geht, die eine Bodenerosion stärksten Aus- maßes nach sich zog. Teil II behandelt "Ausgewählte archäolo- gische Funde und FundsteIlen" in chronolo- gischer Abfolge. Die Funde werden beschrie- ben, in ihrer Bedeutung erläutert und einge- ordnet; diesen Zwecken dient auch die Be- schreibung der FundsteIlen. Die Erläuterung der Fundumstände liefert z. T. aufschlußrei- che Einblicke in die Alltagsarbeit der Ar- chäologen. Auch · hier sind Text und Abbil- dungen aufeinander bezogen. Ein Ortsregister erleichtert schließlich den Zugriff auf die ar- chäologisch gesicherte Vergangenheit des je- weiligen Ortes. Rainer Gutjahr Rosemarie Stratmann-Döhler, Harald Sic- benmorgen: Das Karlsruhcr Schloß. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1996,72 S., 70 Farb- und s/w-Abbildungen, DM 28,- An Literatur über Stadt und Schloß fehlt es nicht. Dennoch ist diese Publikation notwen- dig geworden, weil manche früheren Beiträ- ge veraltet erscheinen und wir heute in der Bildausstattung bessere Qualitäten erwarten. Die beiden Autoren ergänzen sich gut in ihren Aufsätzen: "Schloßgründung und Bau- geschichte" und "Leben am Hof' von Rose- marie Stratrnann-Döhler sowie "Schloß und Stadtanlage" und "Das Schloß als Badisches Landesmuseum" von Harald Siebenmorgen. 357 Endlich geistern nicht mehr die zahlreichen Anekdoten um die Gründung herum, und aus den "Tulpenmädchen" ist kein " Harem" ge- worden, was sonst andere Autoren trellich von einander abschrieben. Man erkennt so- gleich bei der Verfasserin das genaue Studi- um der Quellen, die dem Leser aber sehr ein- gängig nahegebracht werden. Es bleibt nicht bei Daten, Namen und Fakten; R. Stratmann- Döhler erläutert das Prinzipielle einer Resi- denz im 18. Jh., die Prägung fur die Stadt, weist auf sozialgeschichtliche Aspekte hin und erfullt die Darstellung mit Leben, was man an anderen kunsthistorischen Monogra- phien oft vermißt, wo alles nur zu Stein er- starrt zu sein scheint. Gerade die farbige Be- schreibung eines Tagesablaufs im höfischen Alltag hilft uns, die Gedankenwelt vergange- ner Jahrhunderte zu verstehen, in der politi- sche Entscheidungen heranreiften. Unter dem alternden Großherzog Friedrich I. wurde es stiller im Schloß, und Bälle fanden kaum statt, zumal die Großherzogin Luise einen glaubens- strengen Stil pflegte. Das Verhältnis zum Erbgroßherzog Friedrich war sehr herzlich, wie dessen Briefe an seine Eltern erkennen lassen, so daß das Verbleiben in seinem Pa- lais an der Kriegsstraße nach dem Tod seines Vaters 1907 wohl kaunl auf ein Zerwürfnis mit der Mutter schließen läßt. Die Druckfeh- ler bei den Todesjahren von Karoline Luise und Friedrich I. sollten in einer Neuauflage verbessert werden: Harald Siebenmorgen stellt Schloß- und Stadtanlage in den europäi- schen Kontext und hält sie fur den "bedeu- tendsten Beitrag des 18. Jhs. zur europäi- schen Stadtbaukunst". Das heutige Badische Landesmuseum wird nur kurz, aber einpräg- sani skizziert. Ganz vorzüglich ist die Bebilderung gelun- gen, die vom Fördervercin des Generallandes- archivs Karlsruhe unterstützt wurde, der den Band als Jahresgabe seinen Mitgliedern ver- teilte. Manfred SchaelTer hat den Bauten und 358 Plastiken einen Zauber verliehen, daß man sich in mediterrane Gefilde versetzt mhlt, von wo aus ja viele Ideen in den Schloßbau einströmten. Aber auch Robert Dreikluft sollte erwähnt werden, der diese lesenswerte Publi- kation gestaltete und dem der Braun-Verlag schon viele gute Bücher zu verdanken hat, die allein beim Durchblättern einen ästheti- schen Reiz ausmachen und selbst im !nternet- Zeitalter bestehen bleiben. Doch dies ist nicht nur ein Geschenkbuch; man gewinnt mit ihm einen neuen Kontakt zu Stadt und Schloß, und das ist viel. Leonhard Milller 100 Jahre Bürgerverein Oststadt. Jubi- läumsbuch 1996. Hrsg. v. Bürgerverein der Oststadt e.v., Karlsruhe 1996, 176 S., DM 10,- Von der Hirschbrücke zum ZKM. Hun- dert Jabre Bürgerverein der Südweststadt Karlsrube. Hrsg. v. Bürgerverein der Südweststadt e.V., Karlsruhe 1996, 299 S. , DM 35,- Im vergangenen Jahr konnten zwei weitere Sürgervereine der Stadt Karlsruhe nach der Süd- und Weststadtl OOjähriges Jubiläum fei- ern. Diesen Jubiläen verdanken wir Ulnfang- reiche und lesenswerte Darstellungen der Ge- schichte der Oststadt Ulld der Südweststadl. Seide sind von Historikerinnen verfaßt wor- den und durch zahlreiche historische Fotos sehr anschaulich illustriert. Ute Grau Ulld Annette Michel erläutern in vielen Facetten die Entwicklung der Oststadt. Sie wurde auf den ehemaligen großherzog- lichen Küchengärten und dem Militärareal der Kaserne Gottesaue als Wohn- und Indu- strieviertel fur eine sozial gemischte Einwoh- nerschaft geplant. In den 1880er Jahren be- gonnen, urufaßt der Stadtteil heute etwa das Gebiet zwischen Kapellenstraße, Durlacher Tor, Friedhof, Neues Badenwerk-Gebäude, Bahnlinie und Kriegsstraße Ost. Die Autorinnen schildern die bauliche Ent- wicklung im Überblick und geben dann in Einzeldarstellungen weitergehende Informa- tionen z. B. über das sehenswerte Ensemble der Jugendstilhäuser in der Melanchthonstras- se, über die drei Volksschulbauten und die Umwandlung des Viktoriapensionats in die Karlsrnher Kinderklinik. Über den Stadtteil hinaus weist die Bedeutung der Bernhardus- kirche, die 190 I zum Symbol der Aussöh- nung zwischen badischem Staat und katholi- scher Kirche nach dem erbittert geftihrten Kulturkampf wurde. Spannend und aufschlußreich ftir die Ent- wicklung des Stadtteils aber auch der Gesamt- stadt sind die Abschnitte über die Industrie und die Infrastruktureinrichtungen, die den Strukturwandel der vergangenen 100 Jahre widerspiegeln. Traditionsreiche Firmen wie Haid & Neu oder Wolff & Sohn, die mit ihren Fabrikbauten zu den Gründern des Stadtteils gehörten, stellten in der Nachkriegs- zeit ihre Produktion ein, Gaswerk, Milch- zentrale (und bald auch der Schlachthof) wur- den aufgegeben. Die Technologiefabrik, der Badische Ge- meindeversicherungsverband und das Baden- werk kamen bzw. kommen neu in den Stadt- teil. Ein Kapitel über das älteste Bauwerk des Stadtteils, Schloß Gottesaue, informiert über dessen wechselvolle Geschichte bis zur Einrichtung der Musikhochschule, mit der die Oststadt ein kulturelles Zentrum erhielt. Der Bürgerverein, dem ebenfalls ein Kapitel ge- widmet ist, hat sich lange und hartnäckig ftir den Wiederaulbau eingesetzt. Die Geschichte der Südweststadt erzählt Ute Grau in chronologischer Folge und nicht wie im Oststadt-Buch themenorientiert in ein- zelnen Kapiteln. Dies macht zum einen die Vermittlung historischer Zusammenhänge leichter, offenbart zum anderen aber auch, wo Lücken in der Überlieferung sind bzw. die ereignislosen Phasen der Entwicklung. Die Bebauung der Südweststadt, die sich heute zwischen Kriegsstraße, Ettlinger Stra- ße, Hauptbahnhof und Beiertheimer Feld er- streckt, beginnt 1865. Die Verfasserin schil- dert anschaulich die Entwicklungsprobleme der Südweststadt: Die Notwendigkeit ständi- gen Geländeenverbs von Beiertheim, auf des- sen Gemarkung der Stadtteil wuchs, das all- mählich störende erste Karlsruher Industrie- gebiet zwischen Beiertheimer Allee und der späteren Karistraße und die Bahnlinien durch die spätere Mathy- und Jollystraße. Dem Bahnproblem verdankt der Stadtteil mit der 1891 errichteten Hirschbrücke sein Wahr- zeichen. Zu dieser Zeit war das Stadtviertel ein bür- gerlich geprägtes Wohnquartier, das im Ver- gleich mit anderen Stadtteilen eine geringere Vereins- und Gasthausdichte aufzuweisen hatte. Zentrale Einrichtungen ftir die Stadt wie Stadtgarten und Festplatz werden ebenso behandelt wie etwa das Vincentius-Kranken- haus und der Konsumverein. Wie in der Ost- stadt stellt Ute Grau auch in der Südwest- stadt am westlichen Rand nach dem Krieg einen Struktunvandel fest. Im Beiertheimer Feld und auf dem Gelände der IWKA, vor 1945 eine der größten Rüstungsschmieden im deutschen Südwesten, entstanden Venval- tungs-, Schul-, und Krankenhausbauten, die Europahalle und die Günther-Klotz-Anlage. Über das ZKM, das im Herbst in den Hallen- bau A einziehen wird, hat dessen Leiter einen an die Südweststädter adressierten Beitrag geschrieben. Angehörige der Hochschule ftir Gestaltung, die dort ebenfalls residiert, ha- ben dem Buch ein besonderes graphisches Layout gegeben. Marthamaria Drützler-Heil- geist hat ftir das Buch sehr lesenswerte und informative, in der Regel biographische Er- läuterungen zu allen Straßennamen des Stadt- 359 teils verfaßt. Die "bekeIUlende" Südwest- städterin Doris Lott steuerte drei Kurzge- schichten bei. Bürgervereine sind eine "Er~ findung" des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die im Dritten Reich verboten und nach 1945 wieder gegründet wurden. In bei den Bänden wird die Geschichte der jeweiligen Vereine und ihr Einsatz fur die Belange des Stadtteils gegenüber der Stadtverwaltung in Umrissen dargestellt. Bei ihren Bemühungen, Quartierbewußtsein zu schaffen, bewegen sich die Bürgervereine auf einem schmalen Grat. Das machen so- wohl die Darstellungen der Historikerinnen wie die Geleitworte des Oberbürgermeisters deutlich: Es gelte, Stadtteilegoismen vorzu- beugen und den Blick fiir das Wohl der gan- zen Stadt zu wahren. Man/red Koch Gerhard Kabicrske: Der Architekt Her- mann Billing (1867-1946) . Leben und Werk. G. Braun Verlag. Karlsruhe 1996, 335 S. , DM 79,- Der Architekt Hermann Billing ist den mei- sten Karlsruhern zumindest durch die nach ihm benannte Straße am Festplatz bekannt. Manch einer kennt noch eines seiner Karlsru- her Hauptwerke, die Hofapotheke oder die Baischstraße. Kaum einem ist jedoch bewußt, wie stark Billings Handschrift besonders im Bereich der West- tmd Südweststadt noch heute das Karlsruher Stadtbild prägt. Aber kann eine kunstgeschichtliche Dis- sertation dem Lebenswerk eines der bedeu- tendsten Karlsruher Architekten gerecht wer- . den? Im Falle Hermann Billings ist dies si- cher die beste werkgemäße Perspektive, die denkbar ist. DelUl Billing, im JahrzelUlt vor dem 1. Weltkrieg einer der meistbeachteten deutschen Vertreter des Jugendstils, war vor allem Künstler, ein "Fassaden-Künstler" im 360 besten Sinne. Nicht zufrillig ging er immer wieder geschäftliche Verbindungen mit an- deren Architekten ein, denn die technische Seite des Bauens war weit weniger seine Stär- ke, als es die Souveränität vermuten ließe, mit der er die Natursteinfassaden seiner Hauptwerke durchformte: Nicht nur in den von ihm allein geplanten Kopfbauten der Baischstraße am Kaiserplatz kritisierten die Bewohner den unvorteilhaften Schnitt der Wohnungen. Hermann Billings Interesse galt vor allem der Fornl, dem "Design" . Gerade deshalb sind auch die Verluste so schwerwie- gend, die den meisten seiner Bauten durch die Zerstörungen des 2. Weltkriegs und die meist wenig einftihlende Wiederherstellung der Nachkriegszeit zugeftigt wurden. Nur bei den wenigsten wird das schon auf den ersten Blick so deutlich, wie im Falle der "zersäg- ten Jungfrau", des bereits erwähnten Doppel- haustorsos am Kaiserplatz. Wie sehr die auf die Gesamtwirkung zielenden Elemente häu- fig fehlen , machen die sorgfriltig ausgewähl- ten Fotos aus der Entstehungszeit und die knappen Erläuterungen in der Werkübersicht deutlich. Wer sich ftir Karlsruhers Architek- tur interessiert, wird hier vorbildlich bedient und wünschte sich höchstens ein fahrrad- tauglicheres Fornlat ftir die anstehenden Ex- kursionen in die städtische Architekturge- schichte. Alexander Mohr Gottfried Leiber: Friedrich Weinbren- ners städtebauliches Schaffen für Karls- ruhe, Teil!: D~e barocke Planung und die ersten klassizistischen Entwürfe Wein- brenners . G. Braun Verlag, Karlsruhe 1996, 400 S., 220 slw Abbildungen, DM 148,- Ein Gesamtbild der Tätigkeit Friedrich Wein- brelUlers als Stadtplaner ftlr Karlsruhe - sein Wirken als Baumeister des Klassizismus ist vielfaltig erforscht - ist das Ziel einer auf zwei Teile angelegten Abhandlung. Deren erster, jetzt vorgelegter Teil behandelt die barocke Stadtplanung und -entwicklung von der Stadt- gründung bis zu den ersten richtungweisen- den Vorstellungen Weinbrenners am Ende des 18. Jahrhunderts. Ganz unabhängig da- von, daß damit nur die Voraussetzungen für Weinbrenners Schaffen erläutert werden sol- len, bereichert der Autor damit die Stadt- geschichtsschreibung um ein grundlegendes Werk zur Stadtbaugeschichte im 18. Jd. Auf der Grundlage ausgedehnter und sorg- faltiger Studien der Akten und Pläne macht Leiber den Lesern und Leserinnen sowohl die Rahmenbedingungen wie die EinzeIinteres- sen der am Planungsprozeß Beteiligten nach- vollziehbar. Zunächst schildert er die Stadt- planung aus der "Totalen" und unterscheidet vier Phasen: Planung und Bau von Schloß und Stadt bis zum Tod des Stadtgründers 1738, die stadtplanerische Stagnation bis 1764, dann die Entwürfe des langsam und schrittweise umgesetzten "Hauptplanes" der Stadtentwick- lung von 1764/1768 und abschließend die Überlegungen in den I 790er Jahren zur Stadt- erweiterung. Überzeugend legt Leiber die Entstehung des typischen Karlsruher Grundrisses aus ei- ner zunächst nur als Jagdstern gedachten An- lage dar, die sich "als grundlegende Entwurfs- figur in allen Entwicklungsstufen behaupten konnte". So auch in dem "Hauptplan" von 1764/68. Hier sind die Erweiterung nach Sü- den, die Anlage eines Markt- und des Rondell- platzes sowie der heutigen Markgrafen- und Erbprinzenstraße festgelegt. Zu den Vorga- ben und Problemen dieser Entwicklung fur Weinbrenners Schaffen zählt Leiber u. a. den neuen Friedhof, der die Entwicklung im Osten hemmte, die Probleme des Geländeerwerbs von Beiertheim zum Bau der Kriegsstraße, die Größe der Baublöcke, die durch die Ver- längerung der Radialstraßen entstand, und den Viehtriebweg von Beiertheim, der westlich der Waidstraße abweichend vom Strahlen- system der Straßen angelegt worden war. Aus ihm machte Weinbrenner die Akademiestraße, ein Faktum, das nur wenigen Spezialisten be- kannt sein dürfte. Vor allem aber war in der Stadt die" via triumphalis" nur in Ansätzen verwirklicht. Spannend ist, wie Leiber in manchen Fuß- noten stadtgeschichtliche Details zurechtrückt. Wenn er aus vergleichendem Quellenstudium erschließt, daß der festliche Akt der Grund- steinlegung am 17. Juni 1715 so wie bisher überliefert nicht stattgefunden haben kann. Oder wenn er eher en passant den in jüngster Zeit vorgelegten "geomantischen" Interpreta- tionen der Stadtgründung und -gestalt rational überprüfbare Fakten entgegenhält. N ach dem Blick aufs Ganze geht der Autor dann ins Detail, d. h. er verfolgt Planung und Ausbau von Teilräumen der Stadt. Hier er- fahrt man viele unbekannte Einzelheiten über die Straßen und Gassen. So auch, daß die Erbprinzcnstraße dem Verlauf eines lange exi- stierenden Weges folgte und der Symmetrie halber dazu die heutige Markgrafenstraße ge- plant wurde. Weiter werden Platzanlagen, da- runter ausfuhr lieh der Marktplatz und die Ide- en behandelt, auf denen Weinbrenner auf- bauen konnte. Stadttoren, Gartenanlagen, Be- gräbnisplätzen, Wasserwegen und Zimmer- plätzen sind weitere Kapitel gewidmet. Vier Exkurse u. a. zu den Leitideen und Vorbil- dern der Karlsruher Stadtgründung und zu "Klein-Karlsruhe" sowie häufig zitierte Do- kumente etwa zur Stadterweiterung von 1764/ 68 ergänzen die Darstellung, deren sach-, personen- und ortsorientierte Erschließung Register erleichtern. Es ist begrüßenswert, daß alle Erörterungen Leibers sich anband der 201 z. T. bisher unveröffentlichten Pläne oder Planausschnitte gut nachvollziehen las- sen. Daß man bei manchen Plänen zur Lektü- re die Lupe zu Hilfe nehmen muß, ist unum- 361 gänglich, daß die Herstellungskosten trotz des hohen Verkaufspreises keine Farbabbildungen zuließen, ist bedauerlich. Gottfiied Leiber kermt als langjähriger stellvertretender Chef des Karlsruher Stadtplanungsamtes "das Span- nungsfeld zwischen Wünschbarem und Mach- barem" , in dem sich Stadtplaner zu allen Zei- ten bewegen. Aus historischer Erkenntnis und eigener Erfahrung - und die gilt wohl auch fiir die aktuellen Pläne zum Ausbau der "via triumphalis" - schlußfolgert er: "Die Karlsruher Stadtanlage entspricht weder von vornherein einer rein kiinstlerischen Idee, noch wird sie allein sonstigen Regeln untergeordnet. Sie ist eine Synthese der Vernwill nach Abwägung aller zum jeweiligen Zeitpunk1 wichtigen Ent- scheidungsbedingungen." Manfred Koch Neues Bauen der 20er Jahre - Gropius, Haesler, Schwitters und die Darnmerstock- Siedlung in Karlsruhc 1929. Hrsg. v. Harald Siebenmorgen, Info Verlag, Karlsruhe 1997, 256 S., DM 48,- Parallel zur Ausstellung über die Dammer- stocksiedlung, die noch bis 7. September im MuseunI am Markt zu sehen ist, hat das Ba- dische Landesmuseum einen Text- und Katalogband herausgebracht. In 14 Beiträ- gen wird der Leser ausHihrlieh über die Sied- lung und eine Vielzahl zeitgeschichtlicher Zu- sanunenhänge unterrichtet. Einleitend schreibt Brigitte Franzen, der auch die gelungene Aus- stellungskonzeption zu danken ist, über den Wettbewerb Dammerstock, den Inhalt des Ausschreibungstextes, die genauen Festlegun- gen für das "Neue Bauen", nennt die Betei- ligten und resümiert die Ergebnisse. Die Reihe der Einzelthemen eröffnen Ernst Otto Bräunehe mit einer durch Zahlen beleg- ten Untersuchung über Wohnungsnot und Wohnungsmarkt in Karlsruhe in der Zeit von 1918 bis 1928 und Michael Ruck, der die öf- 362 fentliche Wohnungsbauförderung eben jenes Zeitraums untersucht. Harald Ringler legt die bisher nicht bekannten Viten der an der Pla- nung und Realisierung der Dammerstock- siedlung mitwirkenden Karlsruher Politiker, Stadtplaner und Architekten offen, voran die des engagierten Baubürgermeisters Hermann Schneider. Den Wechselwirk'ungen zwischen Dammerstock und der Karlsruher Architek- tur geht Andreas Schwarting nach, und An- nemarie J aeggi versucht den Platz der Damm- erstocksiedlung im Werk von Walter Gropius zu bestimmen. Die Siedlungsbauten Otto Haeslers sind Gegenstand der Abhandlung von Simone Oelker, die auch eingehend des- sen Planungsziele, so entscheidend ,,kein raunl ohne sonne" erörtert. In ihrem zweiten Bei- trag diskutiert Brigiue Franzen über das Schaffen des Künstlers und Architektur- theoretikers Kurt Schwillers und seine typo- graphischen Arbeiten Hir Dammerstock. Der " Typenwohnung" sollen "TYP.ennlöbel" ent- sprechen: dieser Leitidee fiir Dammerstock widnlet Peter Schmitt u. a. seine AusHihrun- gen zur " Gebrauchtwolmung". Besonderes Interesse verdienen der Auf- satz von Michael Peterek, ein Vergleich zwi- schen den Siedlungen Danmlerstock und Gar- tenstadt Rüppurr mit ihren unterschiedlichen städtebaulichen Ansätzen, nicht weniger die Darlegungen zum " Zeilenbau in den 20er Jah- ren und heute" von Günther Uhlig, Annette Rudolph-Cleff und Rob van Goal. Über die DammerstocksiedhUlg als Kulturdenkmal und die an den Bauwerken aullretenden Problemc Hir Denkmalschutz und Denkmalpflege be- richtet Konrad ~reyer, ergänzt durch die Schil- derung langjähriger Erfahrungen dortiger Be- wohner, die Bernhard Schnütt aufgezeiclmet hat. Und mit der Beschreibung eines CD- Rom-Projekts der Hochschule rur Gestaltung (Andrea Gleiniger) schließt die Reihe dcr überaus infornJativen Aufsätze. Der Anhang: der Katalog der ausgestellten Pläne, Fotos, Modelle und anderen Stücke sowie ein ausfiihrliches Literaturverzeichnis. Hervorzuheben bleibt das vorgelegte umfang- reiche Bildmaterial. Insgesamt: eine wichtige Veröffentlichung zur jüngeren Stadt- und Stadtbaugeschichte Karlsruhe, die als Anreiz dienen könnte, noch weitere Siedlungen der Stadt in ähnlicher Weise zu würdigen. GOltfried Leiber Fritz Ehret: Sozial bauen - Gesund woh- nen. 192 S., zahlreiche Schwarz-Weiß- und Farb- bilder. Für Nichtmitglieder erhältlich beim Mieter- und Bauverein, DM 30,- Diesen ebenso anspruchsvollen wie ange- messenen Titel trägt eine Publikation, die zum 100jährigen Bestehen des Mieter- und Bau- vereins, Karlsruhe ältester Baugenossen- schaft, erschienen ist. Um dies gleich vorweg zu sagen: Dem Mieter- und Bauverein gelang mit seinem Jubiläumsbuch über die eigene Chronik hinaus eine hochinteressante Dar- stellung des historischen, stadtplanerischen und gesellschaftspolitischen "Umfelds", der letzten I 00 Jahre. Die Einbindung der Genos- senschaftsgeschichte in Karlsruhe, ja deut- sches Gesamtgeschehen ist demnach ein wich- tiges Merkmal dieses Buchs geworden. So- mit ist "Sozial bauen - Gesund wohnen" auch ein wertvoller Beitrag zur Stadtgeschichte. Der Verfasser hat andererseits geradezu minutiös, dabei ungemein sparmend, die Ent- wicklung vom ursprünglich als " Mieter- Schutz-Verein" geplanten Verbund zu einem Großunternehmen geschildert, das heute ei- nen Bestand von über 6 500 Wohnungen vor- weisen kann. Dabei sind aus der Sicht der Karlsruher Bürgerschaft zwei Faktoren hoch anzurechnen. Zum einen der städtebauliche Beitrag des Mieter- und Bauvereins zum heu- tigen Gesicht der Stadt. Wobei, stellvertre- tend, nur der sogenannte " Meidinger Block" auf dem Gelände des alten Bahnhofs, der sogenannte "Gottesauer Block" mit 429 Woh- nungen, das Hochhaus eingeschlossen, die Bebauung des Schnliederplatzes sowie die Rheinstrandsiedlung genarmt seien. Der zwei- te auJIallige Aspekt ist die - bis hin zur Miet- preisgestaltung erkennbare - soziale Kompo- nente der Genossenschaft. Es gibt heute keinen Karlsruher Stadtteil, in dem der Mieter- und Bauverein nicht Zei- chen gesetzt hätte, die allerersten in der Süd- stadt-Ost (Ranke-, Scherr- und Sybelstraße), später in der Südweststadl. 1m "Dritten Reich" war der Siedlungsgedanke groß geschrieben. Die Abkehr von Blockbauten fuhrte zu der die frühe Rheinstrandsiedlung prägenden Ein-, Zwei-Familien- sowie Reihenl1äusern, eine später nicht wieder praktizierte Großzü- gIgkeit im Umgang mit teurem Bauland. Üb- rigens sollte diese Siedlung, wie Ehret re- cherchierte, nach .dem Wunsch NS-beflisse- ner Vorstandsmitglieder "Adolf-Hitler-Sied- lung" heißen. Gaulei ter Robert Wagner je- doch, aus welchen Gründen auch immer, un- tersagte diese Namensgebung. Der lesenswerten Chronik entnimmt man, daß Firmen wie Junker & Ruh, Hammer & Helbling und die Brauerei Hoepfner zu den ersten Mitgliedern des Mieter- und Bauvereins gehörten oder daß Großherzog Friedrich l. und seine Gemahlin Luise der Genossenschaft schon bald nach der Gründung ein zinsgün- stiges Darlehen von 100 000 Goldmark ga- ben. Berichtet wird aber auch, daß die Do- mäne die Genossenschaft verpflichtete, den über 24 qm großen ehemaligen Gottesauer Exerzierplatz - fur 13,52 - in toto und mit der Auflage zu übernehmen, den heutigen Gottesauer Platz der Stadt kostenlos zu über- lassen. Dies, weil das Domänenamt sich mit der Stadt wegen des Preises ,,nicht rumbalgen" wollte... losefWerner 363 Manfred Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zur Großstadt, Karlsruhe in Plänen, Karten und Bildern, 1834-1915. Badenia Verlag, Karlsruhe 1997, 80 S., DM 25 ,- Carolsruhe - der Name war Programm; der Stadtgründer, Markgraf Karl WilheIm, woll- te zunächst einmal seine Ruhe: Er ging Kon- flikten mit den Bewohnern des alten Residenz- städtchens Durlach aus dem Wege und such- te Raum fUr ein großzügiges Schloß. Er dürf- te kaum daran gedacht haben, daß die weite Ebene langfristig auch beste Chancen fUr die Entwicklung einer Großstadt bot. Der Hof reichte aber als Motor ftir einen raschen Auf- schwung nicht aus. Zudem liefen die Ver- kehrslinien im Osten und Westen vorbei, ohne die kleine Residenz zu berühren. Die Vergrößerung des Landes zwischen 1771 und 1806 brachte zwar ein Anwachsen der Hauptstadt von etwa 4 000 auf 10 000 Einwohner, aber die Zahl 100000 und damit den Status einer "Großstadt" erreichte Karls- ruhe erst hundert Jahre später. Diese Ent- wicklung war weniger dem steigenden Personalbedarf von Ämtern und Militär zu- zuschreiben als der IndustTialisierung. 1838 erölfuete Baden die erste staatliche Eisen- bahn Deutschlands. Mit dem Anschluß an die Rheintalschiene im April 1843 konnte ftir Karlsruhe die Fahrt ins IndustTiezeitalter be- glllnen. Das dadurch angestoßene Wachstum der Stadt dokumentiert der von Manfred Koch vorgelegte Katalog einer Ausstellung, die aus Anlaß des 81. Geodätentags 1997 im Neuen Ständehaus zu sehen war. Den Schwerpunkt bilden verkleinerte Wiedergaben von 31 Stadtplänen, Planausschnitten und Umge- bungskarten, denen Bilder markanter Bau- projekte und Stadtansichten beigeben sind. Zu jedem Kartenblatt wird von verschiede- nen Autoren eine archivalische Beschreibung 364 geboten, der nützliche Erläuterungen des Kar- teninhalts folgen . Der Benutzer wird in den Stand gesetzt, sich die Stadtentwicklung Schritt fUr Schritt vor Augen zu fUhren . Be- sonders eindrucksvoll gestaltet sich die Infor- mation über die großen Projekte der Jahrhun- dertwende, den Rheinhafen und die Verle- gung des Hauptbahnhofes. Aufschlußreich ist die Momentaufnahme der Landtagswahl- ergebnisse von 1897. Weitere Karten geben Ausl"lIlft über die Verteilung der zahlreichen Gastwirtschaften von 1898, die Kanalisie- rung 1882 wld die Lokalbahnen 1911 . Einen historischen Gesamtüberblick bietet die knappe und klare Einftihrung des Heraus- gebers. Ein Aufsatz von Joachim Neunlann verhilft zum Verständnis der Kartentechnik und Landvermessung. Arthur Bauer infonlliert über die Entwicklung der Gemarkungsgrenzcn und Probleme der Bodenordnung. Die frühe Einftihrung des metrischen Sy- stems 1829 wld ein Gesetz gegen die Zer- splitterung von Liegenschaften 1854 ftigen sich in die Reihe gesetzlicher Regelungen, durch die Baden ftir Deutschland vorbildlich wurde. Die Entwicklung des Großherzog- tums und seiner Hauptstadt erhielt unlgekehrt durch den Aufschwung nach der Reichsgrün- dung mächtige Impulse. Karlsruhe erreichte 1903 den Rhein, aber noch nicht den Schwarz- wald. Die vorliegende Sanmllwlg von Karten macht es möglich, den Prozeß der Urbanisie- rung des 19. Jahrhunderts an einem über- sichtlichen Beispiel zu studieren. Für den Be- wohner der Stadt wld ihres Umlandes k01lUnt das lokalhistorische Interesse dazu. Die Lan- desbildstelle B~den hat einen inhaltsgleichen Folienband erstellt, der zu Kauf und Auslei- he verftigbar ist. Durch die Projektion errei- . ehen die Karten eine Größe, die das Studium von Einzelheiten erleichtert. Als Hilfsmittel ftir den Schulunterricht ist diese Publikation vorzüglich geeignet. Die Lernenden werden den früheren Zustand des Stadtbildes, viel- leicht auch ihrer eigenen Wohngegend, er- mitteln und Probleme der Stadtentwicklung erkennen. Auch außerhalb der Schulen dürfte die Folienreihe Interesse finden. Ein Blick auf diese Dokumentation kann daher kom- munalen Gremien empfohlen werden, denen es obliegt, die aus früheren Tagen überkom- mene Struktur der Stadt sinnvoll in die Zu- k'llllft zu entwickeln. Klaus Oesterle Karlsruhes neues Kulturzentrum Hrsg. Stadt Karlsrube, G. Braun Verlag, Karlsrube 1997, DM 68,- Bd 1 Kunstfabrik im Hallenbau A, Redak- tion Hermann Winkler, 124 S. Der erste der beiden Bände bietet einen Überblick zur Geschichte des ZKM, von dem OB Prof. Seiler betont, daß diese "Kunst- fabrik eine der größten Herausforderungen in meiner Amtszeit" gewesen sei, sowohl in sei- nen finanziellen Folgen als auch in seinem Inhalt, zu dem der Initiator, Kulturreferent Michael Heck, einen schlüssigen Bericht von der "Vision bis zur Realität eines Medien- zentrums" liefert. Prof. Klotz, als Realisator seit 1989, schildert die weitere Entwicklung, Aufträge und Ziele in seiner Art: unprätenti- ös und durchsichtig. Über den gewaltigen Bau, in fünf Jahren mit neuem Leben erfüllt, ver- mittelt Prof. P. Schweger mit seinen Mitar- beitern einen instruktiven Überblick. Neben dem ZKM darf die Städt. Galerie nicht übersehen werden. "Bilderschätze für Bürger" heißt der Beitrag von M. Heck und Erika Rödiger-Diruf, die als Leiterin seit 1993 die intensive Sanlß1eltätigkeit ihrer Vorgän- gerin weiterführt. Mit 15000 Kunstgegenstän- den reicht der Fundus über die Region hinaus und könnte mit einem nun größeren Raum für Wechsel ausstellungen einen weiteren Anzie- hungspunkt für größere Besucherzahlen bie- ten. Bd 2 lenseits der Brauerstraße, Redakti- on losefWemer, 164 S. "Der Hallenbau A krönt eine neue Stadt- landschaft" heißt der Untertitel, und J. Wer- ner schildert den Weg des Dorfs Beiertheim, das "dem Sog der Stadt erlag" und als Südweststadt mit der Brauerstraße sich vom grauen Industriearreal abgrenzte. Als Jour- nalist und Lokalhistoriker skizziert er farbig, wie jenes Quartier mit dem Wegzug der IWKA einen neuen Entwicklungsschub er- hielt. Der Geschichte des Hallenbaus widmet sich Manfred Koch, von der Metallpatronen- fabrik des Ingenieurs Wilhelm Lorenz 1872 zum Rüstungskonzern der DWM 1896, mit einem besonderen Augenmerk für die Arbei- ter, zunehmend Arbeiterinnen, zwar besser gestellt als andere Werktätige, aber nicht min- der deprimiert durch den Niedergang nach 1918. Waffen wurden wieder im Krieg 1939- 1945 verlangt, diesmal zusammen mit einer Zwangsarbeiterschaft. Von der wechselvollen Entwicklung nach 1945 erzählt Horst Zajonk, Amtsleiter für Wirtschaftsförderung, als die IWK den Wie- deraufbau und die Demontage erkämpfen mußte. Egon Martin, langjähriger Stadtpla- nungsleiter, umreißt die Ziele seines Amts seit Kriegsende, und Konrad Freyer würdigt als Denkmalpfleger die Umbaumaßnahmen. Harald Ringler und Michael Hübl beschrei- ben die "Umnutzung für die Kunst". Her- mann Winkler illustriert das neue Profil einer alten Straße, zu der die Anrainer, Walter Röhrig für das Arbeitsamt, Kay Nehm für die Bundesanwaltschaft anschauliche Beiträ- ge liefern. Die Bildausstattung erhöht den Reiz dieser Bände, mit denen eine Stadtteil- geschichte dargestellt wird, mehr als nur das Kulturzentrum. Leonhard Maller 365 Amalie Heck: 200 Jahre Karlsruher Flug- und Luftfahrtgcschichtc. Vom Gleit-Flug zum Verkehrs-Flug - vom Exerzierplatz zum Baden-Airport Badenia Verlag, Karlsruhe 1998, 128 S., 94 Abb., DM 26,80 Die badische Landeshauptstadt konnte auf- grund ihrer Lage in der Rheinebene frühzeitig und leicht an die modernen Verkehrsnetze des Industriezeitalters Anschluß finden. Dies ist bekannt fur die Entwicklung der Eisenbah- nen, Fernstraßen und Wasserwege, es gilt aber nicht weniger mr den Flugverkehr. Wenn andere Regionen, insbesondere der mittlere Neckarraunl, ihre ursprünglichen Standortnachteile mit erheblichen techni- schen Aufwand mehr als ausgleichen kOlm- ten, so hat dies ausschließlich politische Ursachen. Seit den Anfangen des Linienflugverkehrs Mitte der 20er Jahre bestanden, was weit- gehend vergessen ist, vom Karlsruher Flug- platz auf dem ehemaligen Exerziergelände nordwestlich der Kernstadt weitreichende Flugverbindungen ins In- und Ausland. Doch die Flügel wurden schnell gestutzt, weil sich die nat.-soz. Reichsregierung im Zuge ihres harten Kurses gegenüber Frankreich derarti- gen Investitionen im GrenzraunI abgeneigt zeigte. Deshalb dominierten bei der Nutzung des Fluggeländes von 1933 an militärische Gesichtspunkte; dabei blieb es auch nach dem II. Weltkrieg unter den Besatzungsmächten. Inl Gefolge der Länderneugliederung fehlte es am politischen Druck zur Wiederbelebung des Flughafens. Für die Karlsruher Bürger blieb immerhin das Flughafen-Restaurant und das Tanzlokal eine Zeitlang Anziehungs- punkt mit einem Hauch der großen weiten Welt. Anlalie Heck bietet erheblich mehr als eine Belebung solcher Erinnerungen. Sie spannt den Bogen von den ersten Flugversuchen ein- 366 zelner " Residenzler" gegen Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gründung des Verkehrs- flughafens "Baden-Airport" bei Söllingen unweit Rastatt im Mai 1997. Dazwischen ent- faltet sie einen bunten Fächer von wissens- werten Infornlationen, entreißt denk "würdige Ereignisse der Vergessenheit und mllt so eine spürbare Lücke in der lokalen Geschichts- schreibung. Sie schildert die Karriere des Karlsruher ScImeiders Werzinger als Ballon- fahrer im 19. Jahrhwldert, dokumentiert Flug- pläne der Zivilluftfahrt im 20. Jahrhundert und berichtet über Aktivitäten der Flugsport- vereine, darunter der berülmIten "Akaflieg" von Angehörigen der tecImischen Universität. Mit Recht breiten Raum erhält die Sensation des Zeppelin-Luftschiffs und seiner viel um- jubelten Landung auf dem Flugplatz 1930. Geschildert werden auch Bemühungen, in der Rheinebene einen Zeppelin-Flughafen einzu- richten. Nicht ausgespart werden die verder- benbringenden Flugbewegungen der Welt- kriege, ein Thema, zu dem neuerdings die ausflihrliche Darstellung von Erich Lacker vorliegt. Auf der Grundlage eigenen intensi- vcn Aktenstudiums schildert Amalie Heck das Tauziehen zwischen der Stadt, staatlichen Stellen und den Anlerikanern über die Wei- tere NutZWlg des Flughafengeländes, zu- nächst noch flir zivilen Flugverkehr, dann fur Wohnbebauwlg. Den Abschluß bildet die Vor- stellung des zukunftweisenden Projektes eines Verkehrsflughafens für den mitteibadi- schen Raunl auf dem ehemaligen Flugplatz der kanadischen Luftstreitkräfte. Dieses neue, privatwirtschaftlich konzipierte Angebot wird sich zwischen mehreren Großflughäfen um die nötige Nachfrage bemühen müssen. Das Buch von Anlalie Heck dürfte auf leb- haftes Interesse stoßen, zumal die anschau- liche Darstellung durch eine Vielzahl von Bil- dern und Grafiken in vorzüglicher Weise er- gänzt wird. Klaus Des/erle Revolution im Südwesten. Stätten der Demokratiebcwegung 1848/49 in Baden- Württemberg. Info Verlag, Karlsruhe 1997, DM 39,80 Alfred Georg Frei; Kurt Hochstuhl: Wegbereiter der Demokratie. Die badi- sche Revolution 1848/49. Der Traum von der Freiheit. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1997, DM 20,- 782 Seiten, reich bebildert-welm auch nur schwarz-weiß - , klar gegliedert, so präsen- tiert sich ein neuartiger und, um dies gleich vorwegzunelmlen, gelungener Versuch, ein wichtiges Kapitel baden-württembergischer und auch deutscher Geschichte darzustellen und vor allem fern jeder akademischen und elitären Form auch zu vermitteln. Dem Stadt- archivar von Karlsruhe und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Archi- vare im Städtetag Baden-Württemberg, Ernst Otto Bräunehe, ist zuzustimmen, wenn er die- ses Buch als notwendige Ergänzung zu all dem " Revolutionstrubel", der das Bundes- land in der nächsten Zeit erfullen wird, an- sieht. Inmitten der sich immer mehr in Deutschland zu jeder passenden und unpas- senden Gelegenheit ausbreitenden ,,J ubiläums- pest" tut es gut, ein seriöses Handbuch als Lektüre oder präzises Nachschlagewerk zur Verfugung zu haben, auch und gerade, wenn es sich um einen auch heute noch durchaus kontrovers diskutierten Zeitabschnitt unserer Geschichte handelt. Denn die Frage nach dem Scheitern oder Erfolg der Revolution 1848 muß unbeantwortet bleiben. Die knappe, aber dennoch ausführliche Einftihrung von Ernst Otto Bräunehe und Ute Grau beschreibt Ausgangspunkt und Ziel der hauptsächlich von kommunalen Archivaren des Landes geleisteten Arbeit. Sie gibt über- dies eine klare Übersicht über Vorgeschichte, Entwicklung und letztendlich Scheitern der Revolution. Nach der Zeittafel beginnt mit dem Kapitel Aalen die lange Kette von Orten, die direkt oder indirekt mit der Revolution zu tun hatten. Schon in dieser Aufeinanderfolge, illustriert durch zwei Karten in den Deckblät- tern, wird die flächendeckende Unruhe dieser Jahre verdeutlicht. Die Einzelkapitel sind alle nach dem glei- chen Muster gestaltet. Die lokalen Ereignisse dieser Jahre werden geschildert, es folgt ein Absclmitt "Spuren" mit der Darstellung noch vorhandener Örtlichkeiten. Zusammen mit Kurzbiographien und Literaturhinweisen er- geben die Einzelkapitel ungeachtet verschie- dener Bearbeiter ein geschlossenes Bild der Revolution. Es wäre ungerecht, nur auf die großen Städte und Stätten der Demokratie- bcwegwlg hinzuweisen. Gerade die Vielfalt und die Hereinnahme von kleinen Orten in das Handbuch lassen es zu einem rur die Zukunft unverzichtbaren Arbeitsmittel fur Heimatfor- scher und Landeshistoriker werden. Als Pendant zu diesem Kompendiunl sei auf eine andere Publikation zu dem Thema hin- gewiesen, die in recht wlorthodoxer Weise sich mit dem Thema "Badische Revolution" nähert. Das Buch "erzählt allgemein verständ- lich, knapp und historisch fundiert die Ge- schichte der badischen Revolution mit ihren Hauptereignissen und Hauptpersonen", wie der Werbetext verspricht. Allerdings tut es dies in einer wenig übersichtlichen Art, und den Verfassern kann nur zugestinunt werden, wenn sie im Nachwort schreiben, "daß dieses Buch Appetit darauf machen soll, sich vertieft mit der Badischen Revolution zu beschäfti- gen", Als Appetithappen erscheint es dem Rezen- senten wiederum zu wenig verdaulich, und er greift dann lieber schon zu dem eingangs vorgestellten Handbuch. Michael Martin 367 Martin Einseie; Andrea Kilian (Hrsg.): Stadtbausteine Karlsruhe . . Elemente der Stadtlandschaft. Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen, Uni- versität Karlsruhe, Karlsruhe 1997, 162 S., DM 28,- Sich einer Stadt und ihrer Baugeschichte über Literatur anzunähern, kann auf unter- schiedliche Weise und mit unterschiedlichem Tiefgang geschehen. Von Stadtfuhrern, Bild- bänden, Chroniken, Monographien, Ausstel- lungskatalogen, Architekturfuhrern bis zur (meist selten vorhandenen) Stadtbaugeschich- te. Die vorliegende Veröffentlichung läßt sich keiner dieser Gattungen zuordnen. Die bau- liche Entwicklung auf dem heutigen Stadtge- biet wird mit Hilfe von "Stadtbausteinen" skizziert. Dazu zählen ausgewählte Bauge- biete bzw. Siedlungen, chronologisch geord- net und nach Baufornlen diITerenziert. Ausgehend von historischen Stadt- und Dorfkernen wie Durlach, Mühlburg, Bulach und Hohenwettersbach über die eigentliche Gründungsstadt mit ihren späteren Stadter- weiterungen des 19. Jahrhunderts bis zu den wichtigsten Siedlungsprojekten wie Garter.- stadt, Dammerstock, Waldstadt etc. Weitere Stadtbausteine betreITen "Freiflächen im Siedlungskontext" wie das Albgrün, die Hil- dapromenade, Schloßplatz und -garten, Fest- platz und Stadtgarten. Als Elemente der Stadtlandschaft werden auch einige ältere und neuere Gewerbegebiete, der Hauptbahnhof mit Vorplatz und Sonderbauflächen wie das ehemalige lWKA-Gelände mit seinen neuen Nutzungen vorgestellt, Jedem "Baustein" ist eine Doppelseite mit Planausschnitten, Fotos und einer Kurzbeschreibung gewidmet. Die- sem Hauptteil vorangestellt sind die zwei wichtigen einleitenden Kapitel über die naturräumlich-ökologischen Gegebenheiten und über Siedlungsflächenentwicklwlg bis heute. 368 Die Publikation eignet sich hervorragend als Pflichtlektüre und "Orientierungshilfe" fur alle mit Architektur und Stadtplanung befaßten Studierenden der Karlsruher Hoch- schulen. Die an ihrer Stadt interessierten Be- wohner finden hier einen guten Überblick und Anregungen für Stadterkundungen. Harald Ringler Dieter Langewiesche (Hrsg.): Demokra- tiebewegung und Revolution 1847-1849- Internationale Aspekte und europäische Verbindungen. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1998, 232 S., gebunden, DM 36,- Wenn das Kulturamt Offenburg hier Beiträge eines wissenschaftlichen Kolloqui- ums vom September 1997 veröffentlicht und sein Leiter in einem pointierten Aufsatz den "Versuch einer lokalen Aufarbeitung des Erinnerns an die Demokratiebewegung 1847 bis 1849" mit seinen Höhen und Tiefen beschreibt, dann handelt es sich nicht allein um Lokalgeschichte. Der Herausgeber, Die- ter Langewiesche, hält zwar die von der deutschen Geschichtswissenschaft vernach- lässigte Regionalgescllichte für eine neue vergleichende Sicht der Revolution im europäischen Kontext für sehr wesentlich, weil sie differenzieren hilft. Die von pro- filierten Historikern verfaßten Studien gehen aber weit über die badische Revolution hinaus, und im Vergleich mit verschiedenen Schaubülmen \yerden Aspekte deutlich, die in der herkönilnlichen Literatur weniger prä- gnant beschrieben werden. Helge Berger und Mark Spoerer bezweifeln den allgemeinen Ansatz der politikhistorisch orientierten deutschen Historiographie, wo- nach die ökonomische Krise seit 1845 "ein Faktor von vielen" gewesen sei; vielmehr möchten sie mit der Analyse der "Wirtschaft- lichen Entwicklung im Vonnärz und Revolu- tion 1848 in Deutschland und Europa" unter der Fragestellung "nicht Ideen, sondern Hunger?" den Funken beschreiben, "der die Mine zündete" , wobei sie mit ausflihrlichen Statistiken und Diagrammen ihre These zu belegen suchen. Wie in diesem Tableau be- tont auch Rudolf Jaworski im Beitrag "Völ- kerfrühling 1848" die unterschiedlichen Ver- hältnisse der revolutionären Gruppen. Wäh- rend die Liberalen eher national agierten, ftihlten sich die Radikalen eher europäisch gesOlmen. Nicht internationalistisch, aber in feudaler Unterstützung sicht Johannes Paulmann die "Europäischen Monarchien", Der persönli- che Briefwechsel wlter den Fürsten nahm zwar außerordentlich zu, um sich zu infor- mieren und assistieren, doch eine "erste wahr- hafte Internationale" der " Reaktion" - ein Begriff, den der Adel streng vennied - gab es trotz der "Heiligen Allianz" nicht, weil ein zentrales Organ fehlte. Bei Manfred Botzenharts Beitrag "die Außen- und Innenpolitik der provisorischen Zentralgewalt zwischen Anspruch und Wirk- lichkeit" wird lediglich skizziert, daß die Ein- richtung eines deutschen Nationalstaats in der Mitte Europas ftir die Großmächte "ein schweres Problem bedeutete" und man des- halb "eine abwartende Haltung einnahm". Hier hätte man die häufig vertretene These, ob es 1848 zu einem Krieg gekommen wäre, gern diskutiert gesehen, die lange Zeit in der deut- schen Geschichtsschreibung dominierte, und welche zwiespältige Rolle insbesonders Großbritannien eingenommen hat, das ja im preußisch-dänischen Waffengang am "Bos- porus des Norden" eher den Dänen zuneigte. Aufschlußreich Wolfram Siemanns Begriffs- klärung von "Asyl, Exil und Emigration" in bei ihm gewohnter Treffsicherheit und solider Interpretation der breiten Literatur. Der He- rausgeber selbst überzeugt mit der Unter-su- chung "Kommunikationsraum Europa" , wie um die Mitte des 19. Jahrhunderts Infor- mation und Reaktionen möglich waren und wie unterschiedlich man darauf reagierte. V er allem sei hervorgehoben, daß sich Lange- wiesehe gegen die "grobmaschige Fonn des Deutungsmusters 'deutscher Sonderweg'" wendet, "weil mit ihnl im Grunde zwei Fik- tionen verglichen wurden: die Fiktion, die Grundzüge der modemen deutschen Geschich- te ließen sich auf die Besonderheit eines ' Sonderweges in Europa reduzieren, und die Fiktion eines klaren, einheitlichen westlichen Gegenmodells." (S. 187) Im Unterschied zu vielen Publikationen wirkt das Regionale und Lokale in der ver- gleichenden europäischen Sicht nuancenrei- cher und erhält spezifische Akzente, womit d"s Ergebnis dieser Offenburger Tagung aus der manclunal etwas oberflächlichen Bücher- flut zu 1848/49 sichtbar herausragt. Die sehr umfangreichen Amnerkungen weisen zudem auf neueste Forschungen hin, so daß man nach angeregter Lektüre auch auf Fundgruben flir weitere Jnfornlationen stößt. Leonhard Müller 1848/49 Revolution der deutschen Demo- kraten in Baden. Hrsg. v. Badischen Landesmuseum, Baden- Baden 1998,538 S., DM 39,- Der Katalog, der später im Buchhandel ftir 68,- DM zu erhalten sein wird, ist weit über diese Landesausstellung interessant, denn es wird ein breiter Bogen von der Französischen Revolution bis in unsere Tage geschlagen und damit ein Durchgang durch deutsche Ge- schichte vollzogen. Zwischen den präzisen Beschreibungen von 728 Exponaten sind kurze Artikel über fast alle notwendigen Teilbereiche eingefligt, z. B. Staatsgründung und Konsolidierung Badens, die dörfliche 369 Lebenswelt im Vonnärz, der badische Adel, Handwerk, Bürgertum, Militär, Kirchen, die Arbeiter, die Frauen, der geistige Umbruch an den Universitäten und vieles mehr. Der Ablauf dieses "Tollen Jahres" wird auch für denjenigen anschaulich, der nicht die Ausstel- lung besucht hat, zumal die Abbildungen eine einmalige Zusammenschau vennitteln. Eine große Zahl von Mitarbeitern hat unter der Gesamtleitung von Harald Siebenmorgen in mehrjähriger Arbeit Fakten erkundet und zusarmnengetragen, wobei hier nur die Katalogredakteure genannt werden können: Julla Dresch, Jan Ballweg, Alfred Georg Frei und Volker Steck, olme das andere wichtige Gebiete wie Ausstellungskonzeption, Foto- grafie, Fotoredaktion u. a. unberücksichtigt bleiben sollten. Die Texte sind, bei aller Sympathie fur die revolutionäre Sache, sachlich und fur jeden anschaulich fonnuliert. Erstaunliches findet man dagegen im Ausklang "Was bleibt". Da wird die DDR als "brav und bieder" (S. 483) bezeichnet, deren NVA 1968 die freiheitliche Bewegung in der CSSR niederwerfen half wie 1849 die Preußen die revolutionären Badener, von den Toten an der Mauer ganz zu schweigen. Und Hennann Glaser beschwört im Nachwort wieder eimnal die These vom "deutschen Sonderweg" , daß also "die erforderliche Demokratie" nicht vorangetrie- ben worden sei , traditionelle Eliten sich behaupteten und man angesichts imlerer Spannungen nur im Krieg einen Ausweg sah, so der Diskussionsstand 1990. Von dieser "grobmaschigen Fonn" der Deutungsmuster verabschiedet sich Dieter Langewiesche, Mitautor an diesem Katalog, weil hier nur zwei Fiktionen verglichen werden: "die Fiktion, die Gnmdsätze der modernen deutsche Geschichte ließen sich auf die Besonderheiten eines Sonderweges in Europa reduzieren, und die Fiktion eines klaren, einheitlich westlichen Gegenmodells" , wobei 370 er fragt, warum unsere Geschichte "fast durchweg nur mit dem Westen" verglichen wird? (Demokratiebewegung und Revolution 1847 bis 1849, Braun Verlag Karlsruhe 1998). Insofern ist Glasers Beitrag ein Nachklapp auf eine Diskussion, die zwar anregend war, jedoch überholt ist. Solche Einseitigkeiten mindern aber nicht den Wert des - hochsubventionierten - Bandes, dessen Erwerb man deshalb nicht versäumen sollte, denn er wird später eine Rarität darstellen. Leonhard Müller Barbara Guttmann: "Zwischen Trüm- mern und Träumen". KarIsruherinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegs- zeit. Portraits. Karlsruhe 1997, 124 S., Schutzgebühr DM 5,- (erhältlich im Stadtarchiv und im Büro der Frauenbeauftragten). "Sind Frauen fahig, den gleichen Anteil am öffentlichen Leben zu nelunen wie die Männer, oder nicht?" Diese Frage eines öffentlichen Fonuns des Stuttgarter Radio- Senders im November 1947 im Karlsruher Konzerthaus wurde unterschiedlich beant- wortet. Die Männer wollten Frauen auf eine Betätigung in den sozialen Belangen be- schränken. Die Frauen forderten hingegen ihre gleichberechtigte Mitarbeit in der Politik. Angesichts der in den Trünmlern des Zweiten Weltkrieges bewiesenen Arbeitskraft und Fähigkeit zur Neuorganisation des Lebens ein berechtigtes Verlangen. Was daraus in Karls- ruhe geworden ist, wird derzeit von B. Gut!- mann erforscht und soll 1999 veröffentlicht werden. Die hier vorab publizierten 13 Portraits von Frauen, die sich nach 1945 im weiteren Sinn politisch engagiert haben, stehen stellvertre- tend ftir die über ISO erfaßten Frauen, denen eine weit größere Zahl an der Basis aktiver Frauen enlspricht. Vorgeslelll werden Sladl- rätinnen des erslen Nachkriegsjahrzehnls (Kunigunde Fischer, Hanne Landgraf, Anna Waleh, Luise Naumann und Toni Menzinger), in Parteien aktive Politikerinnen (Ruth Grimm, Elisabeth Großwendt, Luise Riegger), in kirchlichen bzw. überparteilichen Organi- sationen engagierte Frauen (Gertrud Ham- mann, Hertha Nachmann, Gisela Walter, Kalhinka Himmelheber und Erna Seherner). Dabei sind die Grenzen oftmals fließend , da die Tätigkeit in mehreren politischen oder karitativen Organisationen häufig vorkam. Viele der Frauen fanden sich zudem in der 1947 gegründeten überparteilichen Karlsru- her Frauengruppe in dem Bestreben zusam- men, die Spaltwlg der Frauenbewegung in unterschiedliche politische Flügel zu über- winden. Die jeweils k"Urz gefaßten Biographien infonuieren dennoch präzise über den Lebenslauf, die Motive zum politischen Handeln und die einzelnen Arbeitsschwer- pw"'te der Frauen. So gewinnen Leserinnen und Leser auch Einblicke in persönliche Schicksale im " Dritten Reich" wie berufliche Zurückstufung, Emigration, Internierung in Gurs, Widerstand und Verfolgung, Kriegs- verletzungen. Sichtbar werden zudem Proble- me der bundesrepublikanischen Nachkriegs- gesellschaft, nationalsozialistisches Unrecht wenigstens materiell wiedergutzumachen, und die Ausgrenzung jener Frauen, die sich auf seiten der politischen Linken gegen WiederbewafInung und atomare Rüstung einsetzten. Die Autorin benennt auch die Motive und Ziele des politischen Engage- ments und verdeutlicht deren Spannweite. Einerseits das Festhalten an dem Geschlechter- modell der Kaiserzeit und der Beschränk"Ußg auf den Bereich des Sozialen, wie es Kuni- gunde Fischer praktizierte. Andererseits die Forderung nach einer Neudefinition der GeschlechteITollen und dem Streben nach der Verwirklichung der im Grundgesetz garan- tierten völligen Gleichberechtigung durch die erste Bundesverfassungsrichterin Erna Scheff- ler. Das schmale Bändchen gibt einen facet- tenreichen Einblick in die politische Partizi- pation von Frauen in der Karlsruher Nach- kriegszeit und weckt Erwartungen wie Neu- gier auf die fur 1999 versprochene ausftihrli- ehe Darstellung. Manfred Koch Institut für Baugestaltung, Baukonstrukti- on und Entwerfen I der Universität Karls- ruhe, Arno Lederer (Hrsg.): Architektur in Karlsruhe 1971 bis 1996. Eigenverlag, Karlsruhe 1997, 184 S., Abb., Lit. , DM 38,- Die erste sich als Architekturftihrer ftir Karlsruhe bezeichnende Publikation erschien 1971. Joachim Göricke stellte über 200 Bauwerke anband von Zeichnungen und Fotografien ohne weitere Erläuterungen vor. Das Architekteuregister mit kurzen biogra- fischen Hinweisen und ein Stadtplan mit den Standorten der Objekte ergänzen dieses erste Verzeichnis über "Bauten in KarlsruheH , Es begilmt mit dem Durlacher Schloß und schließt mit bis 1970 fertiggestellten oder projektierten Wolmungsbauten, Kirchen, Institutsgebäuden wld Verkehrsbauwerken. Die neue Broschüre, ein Ergebnis eines Studienprojektes, setzt diesen Weg fort . StudienanHinger an der Architekturfakultät befaßten sich mit beinahe 160 ilmen vorge- gebenen Hochbauten bzw. Innenraum- gestaltungen in Karlsruhe. Sie erstellten vereinfachte Grundrisse, fotografische An- sichten und kurze Texte, was gegenüber dem Vorgängerwerk ein Fortschritt ist. Das qualitativ bemerkenswertere Architektur- geschehen in Karlsruhe seit den 70er Jahren liegt nun stadtbereichsweise, aber ohne chro- nologische Abfolge vor. Die grafische Ge- 371 staltung einschließlich der Fotografien ist von bemerkenswert guter Qualität. "Die Auswahl der Projekte erfolgte nach dem subjektiven Qualitätsempfinden des Lehrstuhis". Objek- te, die ab Mitte der 80er Jahre fertiggestellt worden sind, bilden das Übergewicht. Die 70er Jahre sind mit über 30 Beispielen zurückhaltend vertreten. Hier mag die heute vorhandene Distanz zur damaligen Archi- tekturauffassung eine Rolle gespielt haben. So sind derartige Verzeichnisse immer auch Dokumente des Zeitgeistes und nicht Spiegel der baulichen Entwicklung einer Stadt im Sinne einer Stadtbaugeschichte. Architektur bezieht sich immer auf einen Ort. Ob und wie auf die unmittelbare Stadt reagierend gebaut wird, bestimmt neben anderen Kriterien die Qualität von Architektur. Was auch diese verdienstvolle Sammlung nicht zum Archi- tekturfuhrer einer Stadt werden läßt - wohl nicht beabsichtigt -, ist das Aufzeigen der Lage der Objekte im städtischen bzw. land- schaftlichen Zusammenhang. Harald Ringler Badische Synagogen aus der Zeit von Großherzog Friedrich in zeitgemäßen Photo graphien. Hrsg. v. F. J. Ziwes, G. Braun Verlag, Karlsruhe 1997, 96 S., DM 49,- Unter den Archivalien, die das General- landesarchiv Karlsruhe 1995 aus dem mark- gräflichen Besitz erwerben konnte, sind diese 13 Photographien badischer Synagogen in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen sind es, fur die Zeit um die Jahr- hundertwende, technisch hervorragend gelun- gene Aufnahmen, die die architektonische Wirkung dieser Bauten, in Karlsruhe z. B. das von Josef Durm erbaute Gotteshaus in der Kronenstraße, sehr anschaulich festhalten. Zum anderen zeigen sie, welche Bedeutung 372 den Juden im GroßherzogtunI eingeräumt wurde, so daß - besonders im präzisen Bei- trag von Lore Schwarzmaier - die Distanz Friedrichs I. zum aufkommenden Antisemi- tismus deutlich wird. Mitarbeiterdes General- landesarehivs haben in weiteren Beiträgen diese wertvolle Jubiläumsausgabe zum 70. Geburtstag des Großherzogs kommentiert: H. J. Ziwes als sorgfaltiger Herausgeber der auch drucktechnisch sehr gefalligen Publika- tion, H. Schwarzmaier in der Charakterisie- rung des jüdischen Oberrats als Initiator und Überbringer der Festgabe, W. Rößling in seinem Beitrag zur Architektur und Zunl Baustil sowie M. Preuß Zunl Synagogenritus und seine Veränderungen im 19. Jahrhundert. Neben ihnen haben zahlreiche andere Archivare die einzelnen Standorte beschrie- ben, und dies ist besonders wichtig, da viele Bauten der Zerstörungswut des NS-Regimes zum Opfer gefallen sind. Das inhaltsreiche und repräsentative Verlagswerk des Braun- Verlags wird nicht nur Leser, sondern auch Sponsoren zufrieden stellen. Leonhard Müller Personenregister Abt, Komponist 60 Adorno, Theodor W. 183 Agricola, Carl 119 Albers, Hans 187 Albikcr, Karl 37,39 Albrecht, Herta 206 Alker, Hermann Reinhard 28,45,46 Allgeyer, Julius 275,276 Anderseh, Alfred 183, 185 Andreae, Jakob 212 Angermeyer-Deubner, Marlene 329 Anneke, Mathilde Franziska 97 Antes, Horst 158,181,182 Apostel, Hans Erich 286 Arnim, Bettina von, geb. Brentano 265 Amold, Heinrich 304 Arrhenius 267 Asche, Susanne 330,353 Aster, Niclaus 202, 205 Auer, Leopold 172 Augstein, Rudolf 240 Babberger, August 178 Babo, Lambert von 101 Bach, Johann Sebastian 166, 172 Back, Will i 62 Backhaus, Hermann 32 Baden, von - Bernhard, Markgraf 314 - Friedrich 1., Großherzog 47, 52, 84, 86, 104, 109-112, 116, 120, 123, 157, 158, 169, 174, 175,226,241-244,247, 249, 253,269, 271, 274, 276, 277, 284, 288, 307, 311 , 312, 333, 338, 350, 358,363, 372 - Friedrich 11., Großherzog 110, 116, 117, 222,271,272,289,338,359 - Hilda, Großherzogin 110 - Jakob IIl., Markgraf 209,211,212 - Karl, Großherzog 116 Bearbeitet von Katia Linder - Karl Friedrich, Markgraf 35, 116, 134, 138, 140,146,223,277,287,307 - Karoline Luise, Markgräfin 116, 122,288, 358 - Leopold, Großherzog 36, 56, 83 , 85, 118, 123,157,276,318 - Ludwig, Großherzog 22,110,157,313 - Ludwig 11., Erbprinz 119 - Ludwig Wilhelm 174 - Luise , Großherzogin 49, 104,110, 120, 123, 276,289,358,363 - Max, Prinz von 61,64,122,165,276 - Maximilian, Margraf 118 - Rudolfl. , Markgraf 11 3 - RudolfIl ., Markgraf 113 - Stephanie, Großherzogin 11 9,257, 289 - Sophic, Großherzogin 11 8, 289 - Wilhelm, Marllgraf 249, 251 - Wilhelm, Prinz 84, 85, 97, 288 Baden-Baden, von - August Georg, Markgraf 135 Baden-Durlach, von - Augusta Maria, Markgräfin 249, 250 - Christoph 1., Markgraf 249 - Ernst Friedrich, Markgraf 132, 209, 210, 345 - Friedrich VI., Markgraf333 - Friedrich Magnus, Markgraf 249,250 - Georg Friedrich, Markgraf 209, 211 - Kar! Wilhelm 22, 34, 51 , 122, 134, 142, 143, 145, 177,209,354,364 - Kar! II. 124,132,209, 210,249 Ballweg, Jan 370 Barlow, James 228 Barthlott, Friedrich 82 Bassermann, Friedrich 347 Bauer, Arthur 364 Bauer, Erich 339 Bauer, Oberforstrat 46 Baumann, Georg Ernst 205 373 Baumeister, Reinhard I, 294 Bäumer, Gertrud 278 Baumgarten, Herrnann 84 Baumgärtner, Geheimer Rat 129 Bauser, Heinrich 302 Bayer, August von 120 Bayern, von - Jakobe, Herzogin 108 - Ludwig I., König 162 - Maximilian 11. Joseph, König 162 BebeI, August 85 Becker, Oberst 93, 94 Becker, Ralph W. 33 Beethoven, Ludwig van 172, 275, 276 Behrends, Rolf-Heiner 356 Behringer, Peter 330 Bekk, Johann Baptist 91 Bensemann, Walter 61-63 Benstz, Gerhard 63 , 64 Bentmann, Friedrich 183 Bercken, EIsa von 167 Berckmüller, Karl Joseph 309, 310 Berger, Helge 368 Bergmann, Julius 175 Berlioz, Hector von 170, 172 Bernard, Emile 158 Bernstein, Eduard 87 Berthelot 267 Billing, Herrnann 2, 3, 24, 283, 284, 312, 316, 317, 319, 360 BingIer, Architek-t II Binz, Herrnann 24, 296 BischolT, Eugen 309 Bismarck, Otto von 240-244, 246, 301 , 302, 319,333 Bizet 170 Black, Mr. 144 Blanchard 155 Blenker, Elise 97 Blind, Karl 67 Blos, Eduard 87 Blum, W. 65 Böcklin, Amold 166 Boeckh, von, Advokat 100 374 Boeckmann, Johann Lorenz 136-142 Böhning, Georg 97 Bonatz, Paul 326 Bora, Catharina von 212 Bornhäuser, Prälat 209 Borns, Stephan 76 Botzenhart, Manfred 369 Bougine, Carl Friedrich 288 Bougine, Carl Joseph 288 Bougine, Ernestine 288 Brahms, Johannes 165-168,172,275, 276, 346 Brandt, Hartwig 356 Braque, Georges 158 BraudeI, Fernand 330 Brauer, Arthur v. 338 Brauer, J.F.N. 288 Braun, Albert 335 Braun, Max 267 Bräunehe, Ernst Olto 333 , 342, 343, 355, 356, 362,367 Braunfels, Walter 168 Brecht, Bertoll 188 Bredig, Georg 267, 268 Brentano, Clemens 265,266 Brentano, Gunda 265 Brentano, Lorenz 91 , 93 , 94,97, 285 Broadwell, Louis Welles 39 Brömme, Paul 304 Brosinsk)', Harro 32 Broszniewski, Kavallerie-Offizier 93 Bruckner, Anton 168, 172 Brunn, Friedrich Leopold 51 , 54 Büchner, Georg 88 Bühler, Fritz 308 Bürklin, Albert 56 Bürklin, Kirc~enrat 134 Busoni, Ferruccio 172 Buß, Franz Joser 76 Bussmann, Georg 158 Buzengeiger, 196 Calderon 276 Calvin 212 Campe, Joachim Heinrich 155 Carossa, Hans 184 Chabrier, Emanuel 170 Chappe, Claude 136, 137 Chappe, Abb6 136 Cherubini 275 Chevalley, Marguerite 281 Coelestin III., Papst 330 Creuzer, Friedrich 265 Cuno, Wilhelm 87 Cwjel, Robert 37 Daffmger, Moritz Michael 119 Dahlberg, Erik Jönsson 104 Dahlmann 276 Daler, Ludwig 70, 79 Danou 136 Dänzer, Kar! 70, 74 Dauber, Roland 61,145 Daum, Gebtiider 116 De Ruyter, Marinus 322 Degenfeld, Gräfin 282 Deimling, Hofdiakon 129 Delors, Jacques 159 Dessoff, Otto 168 . DethleITs, Arist 274 DethleITs-Edelmano, Ursula 274 Dethleffs-Edelmann, Fridel 273,274 Devrient, Eduard 168, 169,274-276 Dietrich, Kar! 296 Döblin, Alfred 185 Douglas, Christoph Graf 105, 114 Dreikluft, Robert 331,336,358 Dresch, Jutta 329,370 Dtiitzler-Heilgeist, Marthamaria 359 Dullenkopf, Otto 159,233, 258 Dürer, Albrecht 118 Durm, Josef 192, 372 Dürr, Wilhelm 123 Dürr, Karl 75 Dürr, Johano Konrad 75 Duse, Eleonora 169 Dziekonski, Bogdan 94 d' Albert, Eugen 172 d' Andrade, F rancesco 169 Ebeling, Herrnann 348 Eber!e, Friedrich 302 Eberstein, Kunigunde von 113 Ebert, Friedrich 87 Eckart, Architekt 29 Edelini ,Abt 249 Egler, Ludwig 183 Ehret, Fritz 363 Ehrismano, Renate 338,339 Ehrle, Peter 105, 107 Eichier, Roland 337 Eierrnann, Egon 3 Einseie, Martin 368 Eisendeeher, v. 245 , 247 Eiseniohr, August 245 Ellstätter, Moritz 244 Engler, Minister 159 Erbacher, Herrnano 216 Ervig, Lola 183 Erzberger, Matthias 87, 290 Esenbeck, Lisette Nees von 265, 266 Ettlinger, Anna 276 Ettlinger, Veit 275 Falmenberg, Freiherr von 129 Faßbender,Zdenka 173 Fecht, Kar! Gustav 146,307,354 Fehrenbach, Elisabeth 356 Feigle, Hanns Georg 201 , 202 Fenske, Hans 356 Femel, Jean 209 Feuerstein, Ernst 183 Fickler, Joseph 91 Fikentscher, Otto 251,252 Fink, Ernst Friedrich 213-216 Fischer, Theodor 1,2, 164 Fischer, Kunigunde 371 Flenmling, Graf von 245 Fontane, Theodor 241 Förderer, Walter 5 Frank, Reinhold 198,333 Frank, Heinrich 108 375 Franzen, Brigitte 362 Frei, Alfred Georg 367, 370 Freisler, Roland 267 Freydorf, Rudolf v. 245 Freyer, Konrad 362,365 Freyheit, Otto 123 Fribolin, Herrnann 45 Friedrich August 1., Kurftirst von Sachsen 142, 144 Friedrich (der Gesegnete) 307 Fritz, Walter Helmut 186,188, 189 Froittzheim, Eva-Maria 329 Fromholzer, Joseph 148-151 Fronunel, Carl Ludwig 120, 123 Fuchs, Wa!ther Peter 277 Fugmann, Johannes 204, 205 Fürstenberg , Kar! Egon 111 . von 302 Füeßlin, Christian Kar! 59 Fux, Baumeister 80 Gaertner 30 Gagem, General von 318 Gajewski, Artillerie-Offizier 93 Gall, Lothar 241 , 338 Galle, Emile 116 Gallwitz, Klaus 158, 181, 182 Gärtner, Alfred 33 Gauguin, Paul 158 Gehres, Fabrikant 250 Gehri, Herrnann 273 Gelzer, Heinrich 242, 271 Genschow, Gustav 341 Geppert, Kar! 61, 62, 65 Geraldy, Flora 118 Gerbert, Martin 103 Gervinus , Georg Gottfried 84 Gerwig, Robert 225, 226, 333 Giavina, Erhard 150 Gillen, Otto 183 Gitzinger, Oskar 184 Glaenz, August 123 Glaser, Herrnann 370 Gleiniger, Andrea 362 Gluck, Christoph Willibald 275 376 Gmelin, Carl Christian 288, 310 Goebbels, Joseph 45 , 47, 266 Goegg, Amand 97 Gogh, Vincent van 158 Goertz, Christa 316 Goertz, Jürgen 315, 316 Goethe, Johann Wolf gang v. 124, 169,253, 265 Gool, Rob van 362 Göricke, J oachim 371 Göring, Herrnann 266, 300 Götz, Hermann 302,308,309, 334 Grasmück, Gisela 351 Grau, Ute 358,359,367 Grethe, Carlos 175 Griesbach, Handelsmann 129 Grieshaber, Albert 48 Grimm, Ruth 371 Grimm, Ulrike 333 Grod, C.M. 4 Groos, Emil 100 Gropius, Walter 4,27,364 Groß, Landrat 252 Gross, Uwe 345 Große, Martin 145 Groß mann, Hans 2, 25 Großwendt, Elisabeth 281 , 371 Grothues, Bernhard 123 Guise, C. 108 Günderrode, Karoline von 265 Günderrode, Hector von 265 Günther, Tobias 298 Gustav Adolf von Schweden 109 Guttmann, Barbara 370 Haas, Frithjof 346,347 Haber, Fritz" 267 Haehling von Lanzenauer, Reiner 206, 350 Haesler, Otto 4, 362 Haley, Bill 188 Hanmlann, Gertrud 371 Hämmer!e, Gcr!indc 116 Händel, Georg Friedrich 166 Hang, Oberstadtschulrat 260 Harris, Luftmarschall 191 Haus, A1exia 240 Hausenstein, Wi1helm 336 Hauser 107 Häusser, Ludwig 94,276 Haydn, Franz Joseph 172 Hebel, Johann Peter 105, 123, 288 , 333 Hebenstreit, Johann Ernst 142-146 Heck, Amalie 366 Heck, Brigitte 349 Heck, Michael 365 Heckei, Erich 158 Hecker, Friedrich 66, 68 , 69,98,318,319, 347 Hein, Dieter 329 Heinemann, Gustav 89 Heinemann, Johann Nepomuk 105, 108 Heinkel, Gustav 177, 178, 179 Heinrich V., König 345 Helbling, Adolf 310 Heller, Gerhard 282 Helmle, K. 151 Heltrnann, poln. Demokrat 94 Hengst, Christi an 81 , 307, 332 Herbach-Schmitt, Brigitte 345, 349 Herrmann, Max 281 Heuß, Theodor 88 Heyse, Paul 276 Himmelein, Volker 334 Himmelheber, Bernhard 281 Himmelheber, Kathinka 280, 281 , 371 Hirsau, Wilhelm von 345 Hirsch, Fritz 324 Hirschen, Bildhauer 306 Hirt, Aloys 161 Hirtler, Eva 330 Hitler, Adolf 189,198,266, 267, 333 Hocheder, C. 1 Hochstrasser, Olivia 353 Hochstuhl, Kurt 345, 367 Hofer, Andreas 348 HofImeister, Louis 97 Hohenlohe-Langenburg, Fürst 247 Hölderlin 265, 266 Holtzmann, Georg 1 00 Homburger 312 Honsell, Max 52 Hottenroth, Erhard 330 Howard, John 128 Hubbuch, Karl 158, 329 Huber, Gerhard 296 Hübl, Michael 365 Hübsch, Heinrich 160, 161-164,169, 192 Hübscher, Johann Georg 203, 205 HüfIel, Prälat 129 Jaeggi, Annemarie 362 Jakubeit, J. 6 Jawlens[,,'Y, Alexej von 158 Jaworski, Rudolf 369 Jeanneret, Charles-Edouard 316 JefIries 155 Jr.lly, Julius 242, 245 , 269, 338 Jordan, Reichart 251 Jund, Edourd 263 Jung, Hans W. 33 Kabierske, Gerhard 360 Kachel, Ludwig 100 Kaercher, Amalie 120 Kaiser, Wilhelm 276 Kaiser, Friedrich 97 Kalckreuth, Leopold Graf von 174-177 Kalckreuth, Stanislaus von 120 Kalliwoda, Wenzel 302 Kalliwoda, Wilhelm 172, 274 Kallmorgen, Friedrich 174, 175 Kanunerer, Ottilie 220 Kandins[,,'Y, Wassily 158 Kanoldt, Alexander 158 Kaufinann, Johann Ernst 205 Keller, Ferdinand 174, 175,329 Keßlau, Friedrich von 35 Keßler, Emil 101,102 Kilian, Andrea 368 Kirchner, Ernst Ludwig 158 Kirner, Johann Baptist 97, 123 Kleber, General 137 377 Kleist, Heinrich von 266 Klotz, Maria 267 Klotz, Helmuth 266, 267 Klotz, Adolf 266 Klotz, Heinrich 367 Klotz, Günther 5, 12,13, 41 , 30,33,34,62, 359 Klotz, Franz 62 Knobloch, Ursula 206 Kobe, Eduard 148 Koch, Konrad 60 Koch,Mrurured 342,353,354,366 Koch, Michael 329 Koch, Robert 125 Kodaly, Zoltan 58 Koflka, Wilhelm 60 Kohler, Karl 25 Kohts, Adolf 62 Kohts, Leoni 62 König, Franz 82 König, Ludwig 178 Kraft, Eduard 83,332 Kramer, Gernot 5 Krawehl, Ernst 282, 283 Kreglinger, Johann Sebald 20 I Kreutzer, Komponist 60 . Krumm, Margot 187 Kücken, Komponist 60 Kuhhirt 202 Kühl, Uwe 240 Kusel, Rudolf 77, 100 Laclll1er, Vincenz 274,346 Lacker, Erich 352,366 Lacroix, Emil 145 Landgraf, Hanne 371 Lang, Heinrich 306 Lange, Helene 278 Langewiesche, Dieter 90, 368-370 Langhein, Cart I 75, 176 Lanzano, Franz Joseph 70, 93, 284, 285 Lauer, Hans 32 Läuger, Max 25 Lausch, Willi 332 378 Lederer, Arno 371 Leiber, Gottfried 360, 361 Lenbach, Franz von 319 Lenzinger, Konrad 331 Leoohardt, Fritz 326 Leußler, Kart 319 Levi, Hermann 168, 170,274-276, 346, 347 Lichtwark, Alfred 174, 176 Lilienthai, Olto 152, 156 Lindner, A. 166 Liszt, Franz 168, 170 Lörcher, Alfred 296 Lorenz, Wilhelm 365 Lott, Doris 360 Louis Philipp, König 243 Löw, Hanns 304 Ludwig, Christian Gottlieb 142, 145 Lüpertz, Markus 323 Luther, Martin 211-213 Mahler 167 Maier, Franz 345 Maiseh, Damian 293 Maiseh, Herbert 335 Maiseh, Qualibert 293 Malaparte, Curzio 283 Malseh, Jakob 77, 100 Manby 228 Männing, Kart 100 Mare, Franz 158 Margendorff, W. 184 Marschner, Heinrich August 60 Martin, Egon 365 Martin, Kurt 182 Martinssohn, GWlI1ar 5 Marurn, Ludwig 347 Mathy, Karl 99; 102, 338 Maul , Johann Wilhelm 217,218, 220, 222 Maul , Frieda 221 Maul, Alfred 217,219,222 May, Amtmann 301 May, Ernst 3 Mcerwein, Cart Fricdrich 151-156 McITcr, M. 33 Mehldau, Jochen Karl 333 Mehring, Franz 87 Mehrtens, H. 4 Melanchthon, Philipp 103, 209,211,212 Mendelssohn, Arnold Ludwig 275 Menz, Lothar 356 Menzinger, Toni 371 Merian, Matthäus 103,306 Merkei, Ursula 329 Mertens, Dieter 105 Metternich, Fürst von 58 Mettemich, Gennain 97 Meyerbeer, Giacomo 275 Michel, Annette 358 Michels, Ulrich 345 Mieroslawski, Adam 94 Mieroslawski, Ludwig 92,93,94 Miller, Kriegskommissar 93 Mittemlaier, Kar! Joseph Anton 128, 129 Moest, Friedrich 246 Moh, Heinz 164 Mohr, Alexander 331 , 332, 336 Möhrle, Karl 231 Moldenhauer, R. 102 Mone, Franz 76 Montgolfier 153 Moser, Kolman 257 Moser, Karl 37 Mottl, Felix 168-170, 172, 173,346 Mozart, Wolf gang Amadeus 170, 172,275 Müller, Carl 288 Müller, Christian Andreas 287 Müller, Christian Friedrich 287, 288 Müller, Christina 343 Müller, Martin 202, 205 Müller, Wilhelm 100,288 Müller, Wilhelmine 288 Müller, Willi 62 Müller, Wilhelm Jeremias 192,297, 305 Munz, Theodorsen. 285, 286 Munz, Theodorjun. 287 Munz, Jakob 286 Munz, [da, geb. [ssleiber 286 Nachmann, Hertha 371 Nagel, Dieter 336 Nägeli, Hans Georg 58 Napoleon Bonaparte 135, 313,347 Naumann, Luise 371 Neff geb. Meub, Magdalena 270,271 Nehm, Kay 365 Nett, Adolf 271 Netzer, Hubert 296 Neumann, Angelo 170 Neumann, Joachim 364 Neumeister, Albert 2 Niddanus, Catharina 211 Niddanus Pistorius dJ. , Johannes 209-213 Niddanus Pistorius d. Ä. 211 Niesyto, Annette 330, 333 Nohe, Friedrich Wilhelm 63 Nokk, Wilhelm 269, 270, 338 Nalte, Paul 356 Norden, Albert 89 Norden, v., Architekt 33 Oelker, Simone 362 Olm, J ürgen 323 Oncken, Hennann 87 Orbin, Erzbischof 269 Ordenstein, Heinrich 286 Ostendorf, Friedrich 25, 284 Ostwald, Wilhelm 267 Otto, Julius 60 Panzer, Friedrich 184 Paulmann, Johannes 369 Paumgartner, Hans 168 Paur, Max 172 Pecht, August 122, 124 Pestalozzi, Johann Heinrich 58, 128 Peter, Johann Hebel 104 Peterek, Michael 362 Petrasch, Ernst 255,334 Pettenkofer, Max von 125 Pfeifer, Architekt 25 Pflästerer, Karl 3 Philipp, Franz 166 379 Philipp (der Großmütige), Landgraf 213 Picasso, Pablo 158, 323 Pieck, Wilhelm 88 Pierot, Joseph 20 I, 205 Platz, Fritz 29 Poetzelberger, Robert 175 Possart, Ernst von 275 Presley, Elvis 188 Pretsch, Peter 329,330, 347,348 Preuß, Hugo 87 Preuß, Monika 372 Preußen, Friedrich Wilhelm IV., König 98, 314 Printz, Eduard 150, 151 Pullitz, Edler zu 169 Raab, Friedrich 10 Raeder, G. 148 Rathenau, Walther 87 Ratzei, Friedrich 294,302 Reger, Max 165-167 Reich, Lucian 105, 108 Reichwein, Wilibald 206:209 Reichwein, Herta 206 Reinhard, Johann 293 ReinIe, Heinrich 196, 198 Reiss, L. 319 Reuchlin, J ohanoes 103 Reutlinger, Elkan 250 Reullinger, Moritz 147 Richter, Hans Werner 183,282 Riegger, Luise 277, 278,279,281 ,371 Ringler, Harald 364, 367 Riphan, W. 4 Ritter, Caspar 175 Rödiger-Diruf, Erika 323,367 Roellecke, Eiga 341 , 356 Roggenbach, Franz von 339 Rohe, Mies van der 3 Röhl, Johan C. G. 248 Röhrig, Walter 367 Roller, Christian F. W. 214 Roller, Otto Konrad 146 Rombach, Rüdiger 271 380 Rosenberg, Alfred 266 Rosenberg, Hans 243 Rösiger, Hans Detlev 28 Rösiger, Dellef 4 Roßkotten, Architekt 4 Rößler, Fritz 2 Rößling, Wilfried 329, 345, 372 Rossmann, Erich 8,33 Rotermund, H. 8 Rothärmel, Josepha 148 Rott, Hans 334 Roux, Karl 124 Ruck, Michael 364 Rückert, Leopold 290 Rückert, Peter 346 Rüdiger, Kurt 185, 186, 187 Rudolph 11., Kaiser 213 Rudolph-Cleff, Annette 364 Rupprecht, Rainer 39 Russel , engl. Außenminister 271 Rutsclunano, Finanzrat 129 Sachs, Johann Christian 210 Sachsen-Teschen, Albert, Herzog von 141 Salaba, Marie 346 Sauekel, Fritz 193 Savigny, Carl von 265 Schaefer,Oda 183, 188 Schaeffer,Manfred 360 Schaffuer, Martin 113, 114, 118 Scharbach, Johano Friderich 201,205 Scheffel, Joseph Victor von 73 , 184, 333 Schell er, Erna 371 Schelling, Erich 12, 311 Schiff, Hugo 285 Schiller, Frieru:ich von 122, 124, 169,265 Schirmer, Johano Wilhelm 120 Schlechter 107 ScWesiger, Horst 330,336,340 Schlettwein 155 Schloms, Oskar 32 Schlosser 276 Schmidt, Arno 283 Schmidt, Hans 2 Schmidt, Hans-Werner 329 Schmidt-Rottluff, Karl 158 Schmitt, Bernhard 362 Schmi tt, Peter 362 Schmitthenner, Paul3, 327 Schnabel, Franz 88 Schnabel, Thomas 355 Schnarrenberger, Wilhelm 158 Schneeberger, Gottfried Abraham 143, 146 Schneider, Arthur v. 334 Schneider, Herrnann 2, 27, 70, 362 Schneider, W. 216 Schnellbach, Rudolf 255, 334 SchnetzIer, Karl 37, 232, 280 Scholl, Karl Benjamin Friedrich 55, 58,59 Scholtz, Julius 157 Scholtz-Klink, Gertrud 278 Scholz, Georg 158 Schönberg, Arnold 166, 167 Schönleber, Gustav 37, 174, 175 Schöpflin, Johann Daniel 103, 210 Schöpflin, Hans 273 Schrag, Otto 183 Schreiner, Ernst 341 Schricker, Ivo 62 . Schubert, Franz Peter 60, 167, 172 Schuberth, Christian Friedrich 142, 145 Schuhladen-Krämer, Jürgen 102, 321,322 Schultz-Hector, Marianne 330 Schultze-Naumburg, Paul 4 Schumacher, Johannes 204 Schumacher, Augusta, geb. Vortisch 204, 205 Schumann, Clara 275 , 276, 346 Schumann, Ludwig 275 Schumann, Robert 275 Schurth, Carl 175 Schwarting, Andreas 362 Schwarz, Benedikt 56 Schwarz, Michael 158 Schwarzmaier, Hansmartin 105, 335, 346, 372 Schwarzmaier, Lore 372 Schwedhelm, Karl 184 Schweger, Peter P. 365 Schweizer, Herbert 252 Schweizer, Otto Ernst 10, 11,33 Schweykert, Friedrich 35 Schwind, Moritz von 164 Schwirkmann, Klaus 345 Schwitters, Kurt 362 Sedlmayr, Walter 187 Seemann, Oskar 2 Seghers, Anna 266 Seidl, Anton 170 SeidIitz, Woldemar von 176 Seiler, Gerhard 323, 365 Seippel, Friedrich II Selg, Karl 5,34 Seurat, Georges 158 Shaw, Bernard 170 Shaw, Thomas 142 S'cheneder, Godehard 345 Siebenmorgen,Harald 333, 348, 357, 362, 370 Siegrist, Geschäftsflihrer 184 Siegrist, Karl 222 Siemann, Wolfram 369 Sieverts, Thomas 6, 7 Sigel, Franz 90,91 , 93 , 94 Signac, Paul 158 Smetana, Bedrich 172 Söllner, Gerhard 342 Solter, Fany 345 Sophie von Schweden 276 Späth, Lolhar 159 Specht, Stadtpfarrer 301 Spieß, Adolf 218 Splinter, Dieter 305 Spoerer, Mark 368 Spuler, Erwin 178, 329 Stahlberg, Inge 282, 283 Stamm 90,91 Standhartner, Henriette 172 Stargard, Johann Michael 205 Staroste, Offizier 331 Steck, Volker 370 Steinhäuser, Carl 311 381 Steinhäuser, Christoph Ernst 80 Steinmetz, Karl 67, 332 Stellwag, Ernil 207 Stetten, Leo von 100 Steyrer, Philipp Jakob 108 Stier, Bembard 240 Stimmer, Tobias 118 Stockhausen, Julius 276 Stockhorn, F. von 123 Stösser, Ludwig v. 244 Stratmann-Döhler, Rosemarie 348,357 Straub, H. 208 Straube, Karl 167 Strauss, Richard 172 Strauß, Emil 184 Strauß, Joseph 167, 168, 274 Streicher, Julius 266 Streidel, C. W. 64 Streidel, A. 64 Strigel, Bernhard 113, 115,117, 118 Struve, Gustav 66-68 , 70, 285 Stüber, Jakob 100 Stürmer, Michael 240 Sutor, Emil 178, 296 Sutter, Friedrich 82 Sybel, Heinrich von 85 Sznayde, General 94 Taut, Bruno 3 16 Taut, Max 316 Teschauer, Otto 345 Tetsch, Johann 48 Theilmann, Rudolf 119 Thiebauth, Phi li pp Adam 70 Thoma, Hans 104,157,158,273 Thorne, Oberst 94 Thran, August Theodor 146 Thran, Christian 142-146 Thran, Johann Christi an 146 Thran, Rosina, geb. Kummer 146 Tiedemann, Gustav Nikolaus 92 Tobian, Oberleutnant 94 Todt, Fritz 4,326 Treitschke, Heinrich von 85 382 Treutlein, Peter 279, 280 Troeltsch, Ernst 87 Trübner, Wilhelm 273 Tunis, Bey von 144 Turban, Ludwig 244, 338 Tyrahn, Gcorg 175 t'HolT, van 267 Uhland, Ludwig 123 Uhlig, Günther 362 Unger-Soyka, Brigitte 330 Valdenaire, Arthur 296 Valentin, Veit 87, 89 Varnbühler, AmtmaJUl 212 Veit, Hennann 88 Verdi, Giuseppe 170 Vesalius, Andreas 209 Vestner, Dieter 349 Viardot-Garcia, Pauline 275 Victoria, Königin von Schweden 109,289 Vittali, Wilhelm 2 Vogel, Johann Georg 100 Volke, Friedrich Wilhelm 306 Volkmann, Hans von 175 Volz, Hennann 112, 116, 349 Wach, Architekt 4 Wagner, Ernst 271,333 Wagner, Cosima 170 Wagner, Richard 168, 169, 170, 172, 272, 275,276, 346, 347 Wagner, Robert 45 , 363 Wagner, Siegfried 170, 172 Wahl, Karl 295,296 Wahrer, Karl 81, 82 Wa\ch, Anna . 371 Wäldele, Walther 260 Walder, Hernlann 48 Wallenstein 157 Walter, Giscla 371 Walter, Hennann 11 , 29 Walter, Martin 336 Walter, Wilhelm 311 Weber, Carl Maria von 60 Weech, Friedrich von 210 Wehler, Hans-Ulrich 242 Weigel,Ilse 330 Weinbrenner, Friedrich 14-16, 22,23,37, 123,146, 161 , 162, 192,224,288,305,340, 360,361 Weinbrenner, Johann Ludwig 203 Wendt, Gustav 61 , 279, 280 Wenger, Arzt 93 Werder, August von 307 Werner, Josef 330,331,335,336,339,365 Werner, Maximilian 90 Werzinger 366 Westenfeld, Karl 39 Westermann, General 137 Wetzlar 129 Wiehern, Johann Heinrich 213,214 Wied und Neuwied, Maximilian Prinz zu 104, 107 Wiese, Wolf gang 345 Wilderer, Emma 339 Wilhelm (der Siegreiche) 307 Wilhelm 1., deutscher Kaiser 86, 110, 276, 289, 313,314 Wilhelm 11., deutscher Kaiser 86, 247, 248, 276, 312 Will, Konzertmeisters 275 Willett, Alexander 11 , 29 Willms, Johannes 241 Windhorst, Ludwig 333 Winkler, Hermann 365 Wirth, Helmuth 165 Wißmar, Sophie 271 Wolf, Christa 265 Wolfensberger, W. 216 WolJI, Friedrich 47,48 Wollf, Gottlob Friedrich 47 Wollf, Vera 47 Wucherer, Hofrat 141 WuesthoJI, Freda 281 Würtenberger, Ernst 273 Würthle, Friedrich \04, \05 Y saye, Eugene 172 Zabotin, Wladimir 295, 296 Zajonk, Horst 365 Zehender, Gerhard 116 Zeipert-Haßinger, G. 330 Zelt, Hermann 305 Z ~lter, Carl Friedrich 58 Zeppelin, Ferdinand Graf von 15 Ziegler, Julius 129 Ziegler, Karl 70 Zimmer, Hermann 100 Zippelius, Hans 28 Zittel, Ernil 276 Ziwes, Franz-Josef 372 Zumkeller, Verena 365 Zumpe, Hermann 172 Zurkowski, Alexander 93 Zuschlag, Christoph 329 Zweibrücken-Veldenz, Anna von 249 Zwickel, Caspar 203, 205 Zwingli, Ulrich 212 383 Bildnachweis S.3 Bildstelle der Stadt Karlsnme S. 7 Bildstelle der Stadt Karlsnme S. IO Bildstelle der Stadt Karlsruhe S.1I Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 12 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S.15 StadtAK 7/N1 Pflästerer S. 16 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 17 Harald Ringler S. 19 Harald Ringler S.22 Hirsch, F.: 100 Jahre Bauen und Schauen S. 23 StadtAK SIPBS oXlIlb 259 S. 26 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 27 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 2S Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 31 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 32 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 33 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 35 StadtAK 8IPBS oXIVa 1965 S.3S Curjel&Moser, Städtebauliche Akzente Wl1 1900 in K ' he, S. lOS S. 40 StadtAK SIPBS oXlV g 23 S. 43 StadtAK S/Diaslg. XIVg 77 S. 46 StadtAK IrrBA 40S S. 49 StadtAK S/Diaslg. XlVf95 S. 52 StadtAK S/Diaslg. XlVa S66 S. 57 StadtAK SIPBS X 3435 S. 59 Schwarz: Chronik der Gesellschaft Eintracht S. 62 Festschrift: 90 Jahre Karlsruher Fuß- ball verein, S. 4S S. 69 StadtAK SIPBS XIVe 154 S. 73 StadtAK SIPBS 111 12S4 S. 75 StadtAK SIPBS III 2S4 S. 77 StadtAK SIPBS III S43 S. 79 StadtAK S/Diaslg. V 16 S. SI StadtAK 8IPBS oXIVa 1409 S. 92 StadtAK SIPBS V 343 S. 96 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. 10 I StadtAK SIPBS 111 7S5 S. 104 Badische Landesbibliothek Karlsruhe 3S4 S. 105 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 106 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 107 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 109 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 110 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 112 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. 113 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. IIS Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 119 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 120 Staatliche Kunst11alle Karlsruhe S. 122 Sotheby's, Band V Gemälde & Druck- graphik Nr. 3393 S. 127 Kulm, K. : Die Gewerbeschule Karls- ruhe, 1927, S. 107 S. 129 StadtAK S/Diaslg. CD 0742 Nr. 33 S. 133 Landesbildstelle Baden S. 137 Heinz Straub S. 139 Heinz Straub S. 143 StadtAK S/StS 18 B 36 S. 147 StadtAK SIPBS XlVa 600 S. 14S privat S. 152 Heinz Straub S. 153 Heinz Straub S. 157 Badischer Kunstverein S. 159 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 161 StadtAK SIPBS 0111 322 S. 163 StadtAK SIPBS oXIVa 6S6 S. 164 StadtAK SIPBS XlVc 8S S. 166 Max-Reger-Institut Karlsruhe S. 169 StadtAK SIPBS 0111541 S. 171 privat S. 174 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 175 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 179 Landesdenkmalamt Karlsruhe S. ISI StadtAK SIPBS oXlIlc 397 S. IS2 StadtAK 8IPBS oXIIIc 396 S. 190 Landesbildstelle Baden S. 195 Jürgen Schuhladen-Krämer S. 199 "DerFührer", 4. März 1934 S. 207 StadtAK 7/N1 Reichwein 74 S. 20S StadtAK SIPBS oXIVc 196 S. 210 StadtAK 8IPBS oXIIIa 307 S. 211 Hans-Jürgen Günther S. 214 Landeskirchliches Archiv Karlsruhe S. 217 StadtAK 8IPBS III 1014 S. 221 StadtAK 8IPBS XI 1343 S. 224 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 225 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 226 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 229 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 230 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 231 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 233 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 234 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 235 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 238 Hamburg, electrum • Das Museum der Elektrizität S. 246 StadtAK 8IPBS oXIVb 24 S. 249 StadtAK 8IPBS I 558 S. 251 Herbert Schweizer S. 253 "Badische Landeszeitung", 24. De- zember 1898 S. 255 privat S. 258 privat S. 260 StadtAK 8IPBS oIII 1279a S. 265 StadtAK 8IPBS III 519 S. 267 privat S. 268 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 269 StadtAK 8IPBS III 11 02 S. 270 Deutsche Apotheker-Zeitung 121. Jhrg. 1981, Nr. 7, 12.2.1981, S. 345 S. 272 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 273 Sammlung Dethleffs, Isny S. 274 StadtAK 8IPBS oIII 464 S. 277 StadtAK 8IPBS 01 3 I S. 278 BNN-Archiv S. 279 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 280 StadtAK 8IPBS oIII 1728 S. 282 Heima Hasters S. 283 Südwestdeutsches Archiv fur Archi- tektur S.285 StadtAK 8IPBS oV II S. 286 StadtAK 8IPBS oIII 1761 S. 287 privat S. 288 StadtAK 8IPBS I 422 S. 290 Generallandesarchiv Karlsruhe S.293 Weech, F.v.: Geschichte der Stadt Karlsruhe Bd. I, S. 448 S. 295 StadtAK 8IPBS XIVb 218 S. 297 StadtAK 8IPBS oXIV a 1646 S. 299 Manfred Koch S. 301 StadtAK IIHBA 38 S 303 Gerhard Kabierske S. 304 Gerhard Kabierske S. 305 StadtAK 8IPBS oXIVc 59 S. 306 StadtAK IIHBA 40 S. 308 StadtAK 8IPBS oXIVb 594 S. 310 StadtAK 8IPBS oXIlIb 58 S. 312 StadtAK 8IPBS oXIVa 353 S. 314 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 315 Walter Dukek S. 317 Südwestdeutsches Archiv fur Archi- tektur S. 318 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 320 Landesdenkmalamt Karlsruhe S.321 StadtAK 8IPBS oXIVb 908 S. 323 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 326 Landesdenkmalamt Karlsruhe 385 l I Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Dr. Susanne Asche, Stadtarchiv Karlsruhe Dr. Brigitte Baumstark, Städt. KunstsammJungen Karlsruhe Prof. Dr. Erich Beyer, Universität Karlsruhe Dr. Ernst Otto Bräunehe, Leiter des Stadtarehivs Karlsruhe Dr. Jutta Dresch, Kunsthistorikerin Dr. Peter Michael Ehrle, Leiter der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe Ute Grau M.A., Historikerin Hans-Jürgen Günther, Oberstudienrat Rainer Gutiahr, Oberstudienrat Dr. Barbara Guttrnann, Historikerin Prof. Frithjof Haas Reiner Haehling von Lanzenauer, Jurist und Historiker Heima Hastcrs, Verlegerin Amalie Heck, Rektorin a.D. Dr. Michael Heck, Kulturreferent der Stadt Karlsruhe Dr. Kurt Hochstuhl, Staatsarchiv Stuttgart Priv. Doz. Dr. Klaus-Peter Hoepke, Universität Karlsruhe Dr. Siegmar Holsten, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Dr. Gerhard Kabierske, Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau an der Universität Karls- ruhe 386 Dr. Gerhard Kaller, Archivdirektor a.D. U1rich Kinzier, Staatl. Forstamt Karlsruhe Prof. Dr. J an Knopf, Universität Karlsruhe Dr. Manfred Koch, Stadtarehiv Karlsruhe Dr. Margarete Kraft, Oberstudiendirektorin Hans-Jürgen Kremer M.A. Historiker Erich Lacker, Oberstudienrat a.D. Dr. Gottfried Leiber, Ltd. Baudirektor a.D. Dr. Herbert Linder, Historiker Dipl.-Ing. Dieter Ludwig, Leiter der Verkehrsbetriebe Dr. Michael M artin, Leiter des Stadtarehivs Landau Dr. Ursula Merkei, Städt. Kunstsammlungen Karlsruhe Alexander Mohr M.A. , Historiker Dr. Leonhard Müller, Forum für Stadtgeschichte und Kultur Dr. Christof Müller-Wirth Albrecht Münch, Präsident des Bad. Sängerbundes Dr. Klaus Oesterle, Direktor des Markgrafengyrnnasiums Wolfgang Paech,- Direktor der Heinrich-Meidinger-Schule Dr. Ulrike Plate, Landesdenkmalamt Karlsruhe Dr. Peter Pretsch, Leiter der Stadtgeschichtlichen Sammlun- gen Karlsruhe Dr. Frank Raberg Kommission rur geschichtliche Landes- kunde Baden-Württemberg Dr. Clemens Rehm, Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe Dr. Harald Ringler, stellv. Leiter des Stadtplanungsamtes Karlsruhe Dr. Wilfried Rößling, Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe Dr. Herrnann Rückleben, Leiter des Landeskirchlichen Archives Karlsruhe Angelika Sauer, Stadtarchiv Karlsruhe Prof. Dr. Harald Siebemnorgen, Leiter des Badischen Landesmusewlls Karlsruhe Dr. Christof Schiller, Rechtsanwalt Armin Schlechter, Badische Landesbibliothek Karlsruhe Dr. Heinz Schmitt, Amtsleiter Stadtbibliothek, Archiv, Sarnm- lungen der Stadt Karlsruhe Dorothea Schmitt-Hollstein, Journalistin Markus Schneider, Stadtwerke Prof. Andreas Schröder, Musikhochschule Karlsruhe Jürgen Schuhladen-Krämer, Historiker Prof. Dr. Hansmartin Schwarzmaier, Leiter des Badischen Generallandes- archivs Karlsruhe a.D. Diana Stöcker, Badenwerk Karlsruhe Dipl.-Ing. Heinz Straub Prof. Dipl.-Ing. Jürgen Ulmer, Leiter der Stadtwerke Paul Wehrle, Gymn. Prof. a.D. JosefWerner, Journalist Gerda Willig, Stadtwerke 387 l ISBN 3-7617-0091-1
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmClFyyGegjB/Blick%20in%20die%20Geschichte%201993-1998.pdf
Chronik der Landeshauptstadt Karlsruhe 1918/1919 Inhalt für 1918. Seite I. Entwicklung der Gemeinde a ls solcher ( 0 ; Gem eindever- w altnng (2) l II. Bauliche Entwicklung der S t a d t .......................................................... >6 III. Kirche (>), Schule (2) und Kunst ( z ) ....................................................... 21 IV. Politisches, industrielles und v e r e in s le b e u .................................................28 1. Politisches Leben: Kriegsverhältuisse bis zur Revolution und zum W affen­ stillstand .....................................................................................................38 L) Andere politische Vorgänge bis zur Revolution . . . . g3 O) Revolution und W affen stills tan d ........................................ ?3 v ) Politische Vereine und P arte ien vor und nach der R evolution >38 2 . Handel, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft . . . . 142 z. V o re in sleb en ...................................................................................................>61 V. Leistungen des G em einsinns; A rm en- und Krankenpflege . . >6? >. Leistungen des G em eiusinns .................................................... >67 2. Armeuwesen und J u g e n d f ü r s o r g e .................................................... >82 3 . K r a n k e n w e s e n .............................................................................................>8g VI. Versammlungen, Feierlichkeiten und Festlichkeiten, Ausstellungen, S e h e n s w ü rd ig k e ite n ........................................................................................>Y8 >. V ersam m lungen .............................................................................................>g8 2. Feierlichkeiten, Festlichkeiten..................................................................... 202 3 . A u s s t e l l u n g e n ............................................................................................ 2 0 -> S e h e n s w ü rd ig k e i te n .................................................................................205 VII. V e rk e h rs w e se n ...................................................................................................206 VIII. W itterungsverhä ltn isse ............................................................................... 2 >7 IX. Levölkerungsvorgänge (>), Totenschau (2) 222 X. verschiedenes........................... 23 4 XI. >. Vorträge . ............................................................................................ 242 2 . Werke K arlsru h er S c h r i f ts te l le r ....................................................... 250 B e i l a g e n . I. Schülerzahl K a rlsru h er S c h u l e n ........................................ 25 > II. Statistik der B ev ö lk eru n g sv o rg än g e ......................................................... 25 4 Verzeichnis der Abbildungen. Seite 126/^27. S tadtrechtsrat Ludwig Becker. „ H3L/H37. S tad tra t K arl B önning , Buchdruckereibesitzer. „ l7 2 /t?3 . A lt-S tad tra t Friedr. w ilh . Doering, R aufniann „ 2Z8/2II. G eh. R a t v r . Josef Ourm. Geh. ksofrat A arl lhoffacker. „ tS v /tS t. S ta d tra t Ludwig Rappele. ,, 288/28Y. Geistl. R a t Or. A nton Rnoerzer. S tad tra t w ilh eln i Aolb, Redakteur. „ 37S/577. S tad tra t Jakob M öloth. ,, 35^/355. S tad tra t G tto M üller, Fabrikant. „ 258/25I. Kom m erzienrat K arl Schremxp. „ 232/233. Geh. B a u ra t Or. G tto W arth . Vorbemerkung. A m 29 . J a n u a r s 9 2 3 ist der l a n g j ä h r i g e V erfa sse r der L t a d t - chronik, H e r r G e h . H o f r a t v r . R o b e r t G o ld s c h n i t t h e i m g e g a n g e n . Leine Persönlichkeit w i r d in dem betreffenden J a h r g a n g g e w ü r d ig t w erden , h ie r sei v o rg re i fen d seiner g r o ß e n V erdienste u m die v e r ­ s tä n d n isv o l le n n d gew issenhafte B e a r b e i t u n g der C h r o n i k gedacht. B e i seinem T o d e h in te r l ieß er d a s M a n u s k r i p t f ü r den J a h r g a n g l 9 s 8 , d a s in fo lg e der U n g u n s t der V erhä l tn isse nicht h a t t e gedruckt w e rd e n können, u n d d a s u n vo l len de te M a n u s k r i p t f ü r l 9 l 9 > D e r L t a d t r a t h a t nach dem M ie d e r e in t r i t t in konstan te V erh ä l tn is se beschlossen, die C h r o n i k w ieder i m D ruck erscheinen zu lassen. U m d ies zu erm ögl ichen u n d a l lm ä h l i c h w iede r a u f s L a u f e n d e zu k o m m e n , sollen die b i s h e r ig e n C i n z e l j a h r g ä n g e durch D o p p e lb ä n d e ersetzt w erden . Z u n ä c h s t w e rd e n h ie r m i t die J a h r g ä n g e s 9 s 8 u n d l 9 l 9 in e inem B a n d v e re in ig t der Ö ffen t l ichke it ü b e rg e b en . Z u r V e r ­ m e id u n g a l lz u g r o ß e n U m f a n g s w u r d e n al le A bsch n i t te d u rc h g e p rü f t u n d gekürzt. C s m u ß z. B . bezüglich v o n E in z e lh e i te n der zahlreichen V e r e in s v e r a n s t a l t u n g e n a u f die Z e i tu n g s b e r ic h te ve rw iesen w erden . A u ß e r d e m w u r d e die Ü bers ich t ü b e r die haup tsäch l ichs ten E re ign is se der B e r i c h t s j a h r e w eggelassen , d a sie ü b e r den ör tl ichen R a h m e n h in a u s g re i s t . Der Herausgeber. Chronik 1918 I. Entwicklung -e r Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung. 1. Entwicklung der Gemeinde. E i n w o h n e r z a h l der S t a d t K a r l s r u h e b e t r u g nach I I der B e r e c h n u n g des S ta tis t ischen A m t s a u f E n d e D ez em b e r des B e r i c h t s j a h r e s sH2 2 2 7 * ) j l 9 s 7 : sH5 6 9 7 * ) j . D a s e rg ib t seit 3 s . D ez em b e r s Z s ? eine A b n a h m e v o n 2,HH °/g. g m V o r j a h r e b e t r u g die A b n a h m e ( , 3 0 A n L eb e n d g eb o ren e n ( a u f d a s g a h r berechnet) k a m e n i m B e r i c h t s j a h r e a u f ( 0 0 0 E i n ­ w o h n e r ( 2 , 6 6 ( ( 2 , 5 ( ) , a n S te r b e f ä l le n (oh ne die ge fa l lenen oder gestorbenen K r i e g s te i ln e h m e r ) ( 6 , 0 7 ( ( 3 , 6 5 ) . S ä u g l i n g e ( K in d e r b i s u n te r ( g a h r ) s ta rb en 2 ( 3 ( 2 ( 6 ) , d. i. v o n ( 0 0 L ebend- geborenen ( ( , 8 3 ( ( ( , 3 0 ) . U n t e r den 2 ( 3 ( 2 ( 6 ) w a r e n ( 5 9 ( ( 5 7 ) ehelich u n d 5H (59) unehelich geb o re n . A n s t a t t des G e b u r t e n ü b e r ­ schusses w a r w ied e r w ie i m V o r j a h r e ein Ü b e r sc h u ß a n G e ­ storbenen zu ve rze ichnen ; er b e t r ä g t 3 , Hs ( ( 9 ( ? : ( , 3 5 , ) berechnet a u f ( 0 0 0 E i n w o h n e r u n d a u f s J a h r . g m g a h r e ( 9 ( 3 w a r e n in B ü r g e r q u a r t i e r e n u n t e r ­ gebrach t : *) Die Abwesenheit der hiesigen K riegsteilnehm er und andererseits die stärkere Belegung der S tad t mit T ruppen ist hierbei nicht berücksichtigt. M onate G en er al e L m ü br ig e (O ff iz ie re Fe ld w eb el . ^ 8 U nt er ­ of fi zi er e G em ei ne T ag e J a n u a r ............................. 4 104 5 3 30 64 3450 Februar ....................... — 7 101 1 4 33 70 2730 M ä r z ............................. — 8 79 4 3 33 64 2704 A p r i l ............................. — 12 84 2 4 38 75 2410 M a i ................................... 1 2 65 6 4 29 74 2567 I u n i ................................... — 8 76 2 10 29 77 2478 J u l i ................................... — 4 73 4 10 24 64 2423 A u g u s t.............................. 1 1 93 2 3 30 63 2631 S ep tem b er........................ — 7 98 8 5 24 63 2728 G k t o b c r ....................... — 6 153 14 10 27 77 3240 N o v em b er........................ 3 46 752 92 33 265 4108 24634 D e z e m b e r........................ 1 25 158 32 11 29 98 4230 Zusam m en . . 6 130 1836 172 100 591 4897 56225 A b e r die F i n a n z l a g e der S t a d t e n tn e h m e n w i r dem städtischen R echensch a f tsbe r ich t fo lgende A n g a b e n : D ie W i r t ­ s c h a f t s e i n n a h m e n f ü r d a s J a h r 19 s 8 w u r d e n im V o ra n sc h la g v o m B ü r g e r a u s s c h n ß in der S i tz u n g v o m s5 . A l ä r z 1 9 1 8 a n s .................................................................. . . 10 7 7 8 2 6 5 A lk . u n d der du rch U m l a g e n a u fz u b r in g e n d e G e m e in d e ­ a u f w a n d a u s ................................................................... 7 198 9 0 6 „ z u s a m m e n . . . 17 9 7 7 s 7 l A l k . festgesetzt, w elcher S u m m e die W i r t s c h a f t s a u s g a b e n i m gleichen B e t r a g e geg e n ü b e rs ta n d en . D a s m i t den V o ra n s c h la g s s ä tz e n zu vergleichende R e c h n u n g s ­ e r g e b n i s gestaltet sich jedoch nach A b sc h lu ß der S ta d th a n p lk a s se - R e c h n u n g f ü r 19 s 8 f o l g e n d e r m a ß e n : L s be t ru g e n im „ H a t " die E i n n a h m e n a u s f rü h e re n J a h r e n A lk . n ac h A b z u g des B e t r i e b s f o n d s ................................. 3 5 8 s 6 3 s . 7 2 die la u fe n d en orden tl ichen W i r t s c h a f t s e in n a h m e » einschließlich U m l a g e n ................................................. 16 3 8 3 3 5 9 .3 7 D ie S u m m e der L in n a h m e i l belief sich daher a u f 1 9 9 6 ( 1 9 9 1 . 0 9 Diesen stehen g e g e n ü b e r : D U . A u s g a b e n a u s f rü h e re n f a h r e n 2 3 3 .7 7 T au fen d e ordentliche W i r t s c h a f t s a u s - g a b e n .......................................... l I 3 8 6 2 6 5 . W D ie B e i t r ä g e der W i r t s c h a f t : a) zu r S c h u ld e n t i lg u n g l 3 0 3 5 0 t - s - 6 8 6 . . . . l 3 0 5 ^ 8 7 .— b) zu r V e r s tä rk u n g städtischer F o n d s ................................. 0 0 0 . — c) a u ß e ro rd e n t l ic h e Z u f ü h r u n g zun i G run ds to ck a u f G r u n d besonderer Beschlüsse . . 7 5 s 2 8 ^ . 6 2 6 ) zu r G ru n d s to c k se rg ä n z u n g fü r I n s ta n d s e tz u n g des R a t ­ h a u s e s ................................. s2 0 5 s . — e) G u t h a b e n des G ru n d s to ck s a n die W i r t s c h a f t . . . . 5 7 5 0 7 0 . 8 5 G e s a m t a u s g a b e n ...................... B l k . s7 5 s 2 072 .5-s S o m i t h a t die W i r t s c h a f t des J a h r e s s 9 s 8 e inen Ü b e r s c h u ß der E i n n a h m e n ü b e r die A u s g a b e n ergeben , v o n 2 <s52 9 s 8 l l l k . 7 5 P f . oder, w en n dieser B e re c h n u n g d a s „ S o l l " der R e c h n u n g z u g r u n d e gelegt w i r d , v o n 3 7 5 8 7 7 5 B lk . sH P f . G e g e n ü b e r d e m R e c h n u n g s a b s c h lu ß des J a h r e s s 9 s 7 t r a t eine V e r m e h r u n g des W ir t sch a f tsü b e rsch u sses n ac h d em „ H a t " u n i 5 5 9 3 9 B lk . 9 P f . u n d nach d em „ S o l l " u m 926 9 6 3 B lk . 5 0 P f . ein. Dieser Ü b e r sc h u ß ist i m wesentlichen a u f W e h r a b l i e f e r u n g e n des W a sse r- u n d des E le k t r i z i t ä t sw e rk e s , den B l e h r e r t r a g der G e ­ b äu d e , des la n d w ir t sch a f t l ich e n G e l ä n d e s u n d der W a l d u n g e n u n d a u f bedeutende B l e h r e i n n a h m e n a n s U m l a g e n a c h t r ä g c n , V e r k e h r s ­ u nd W a r e n h a u s s t e u e r , G r u n d b u c h g e b ü h r e n , endlich a n Z in s e n v o r ­ übergehend ange leg te r A n le h e n s k a p i t a l i e n zu rückzuführen . F e r n e r h a b e n R h e in h a f e n u n d S t a d t g a r t e n die vo rgesehenen Zuschüsse zu einem wesentlichen B e t r a g nicht in A n s p r u c h g e n o m m e n u n d die S t r a ß e n b a h n statt des vo rgesehenen , w e n n au ch n ich t n a m h a f t e n Zuschusses, einen sehr erheblichen Ü b e r sc h u ß ab g e lie fe r t . A u ß e r d e m w u rd e bei den B l i t t e l - u n d F achschu len , d em A u f w a n d fü r die U n te r - t * H a l tu n g der S t r a ß e n , W e g e u n d K a n ä l e , f ü r die öffentliche B e ­ le u ch tu n g sow ie f ü r die S t r a ß e n - u n d G e h w e g r e in ig u n g nicht u n b ed e u te nde E r s p a r n i s s e erzielt. U n g ü n s t ig a u f den W i r t s c h a f t s ü b e r s c h u ß w irk ten die W e n ig e r ­ a b l i e f e r u n g des G a s w e r k s , d a s ge r in g e re E r g e b n i s der a l lgem einen U m l a g e u n d B ie rs te u e r , die M e h r a u s g a b e n f ü r die la n d w i r t s c h a f t ­ liche» G runds tücke , die F u h r v e r w a l t u n g u n d den F u h r p a r k , die V o lksschu len , d a s U r a n k e n h a u s , soziale F ü r s o r g e , die V iehzucht u » d F e ld h u t , die e r s tm a l ig e E i n r i c h t u n g des W o h n u n g s a m t s u n d die Zuschüsse f ü r die S o l d a t e n r ä t e , der e rhö h te A u f w a n d fü r die B e a m te n , A ngeste l l ten u n d A u s h i l f e n , der W i t w e n - u n d W a is e n g e ld e r in fo lge d es K r i e g e s , sow ie a n jDassivzinsen u n d v e r m e h r t e n U m la g e rü c k ­ v e r g ü tu n g e n . u) V o n den la u fe n d e n E i n n a h m e n des Z a h r e s s ß s Z im G e ­ sa m ts o l l b e t r a g e v o n 6 ^ 7 0 ^ 2 M k . en t fa l len a u f : 1. D i e U m l a g e n ..................................................................... y s s z q s s M k . — 5 3 , o > 2. Die V erbrauchssteuern ......................................... s»H9> ^ 0,3 „ 5. Die Verkehrs-, W ertzuwachs- und W aren- h a u s s t e u e r n ............................................................. 2>->800 „ — >,2 „ D i e G e b ä u d e , G r u n d s t ü c k e , W a l d u n g e n . . > 6 2 - ^ 2 8 7 „ — 9 , 2 „ 3. Die G ebühren fü r Verrichtungen der G e­ m eindebeam tungen ............................................... 6 5 22H „ — o,-^ „ 6 . D i e G e b ü h r e n v o n W e g e n , R a n ä l e n u n d A n l a g e n , s o w i e f ü r U n t e r h a l t u n g d e r f r ü h e r e n L a n d s t r a ß e n s t r c c k e n .......................................... . > > 4 3 2 6 „ ---- o , s „ *7. D as G a s w e r k .................................................... 3t02ZO „ — >,8 „ 8 . D a s W a s s e r w e r k ....................................................... 5 0 2 > 8 2 „ — 2 , 8 ,, 9 . D as E le k triz itä tsw e rk ........................................... 3 6 - > 6 > 3 „ — 2 ,> „ > o . D i e S t r a ß e n b a h n > oo> 2 7 7 „ — 5 , 7 „ >>. D i e s o n s t i g e n L i n n a h t n e n - > 0 3 6 > 4 7 „ — 2 2 , 9 „ >7 647 0 4 2 M k . — >0 0 ,0 °/o D ie A b l ie fe ru n g e n f ü r V e rz in su n g u n d T i l g u n g des A n l a g e ­ k a p i t a l s sow ie des R e i n e r t r a g s , fe rn e r die Zuschüsse a u einzelne B e t r ie b e gehen a u s fo lg en d e r Z u s a m m e n s t e l l u n g h e r v o r : — 5 — B e t r i e b T ilgung und Z in s R einertrags- abliefernng Zuschuß der S tad t Ulk. Mk. Mk. G a s w e rk .............................................. 491854 310 230 — W asserw erk ......................................... 230 697 502 182 — E le k tr iz itä ts w e rk ............................. 434 913 364613 — R h e in h a fe n ........................................ 275050 — 82 760 S t r a ß e n b a h n ....................... . 751 758 1001277 — v o ro r ts b a h n e n .................................. 113 693 — — Schlacht- und vichhof . . . . 171876 — 234 446 S tadtgarten und Festhalle . . . 101 870 — 34 748 v ie ro rd tb a d ........................................ 40 770 — 59763 Schwimm-- und Sonnenbad . . 15 674 — 14 870 Friedhof mit K rem atorium . . 41936 357 9 — G n ts v e r w a l tn n g ............................. 52 603 — 135 912 F u h rp a rk .............................................. 5832 — 26660 F n h r v e r w a l tn n g ............................. — — 103 870 b ) v o n den A u s g a b e n des J a h r e s s 9 i 8 i m G e s a m t b e t r a g s v o n s H 6 s 3 5 7 6 A lk . w u r d e n v e rw e n d e t a u f : >. D i e p l a n m ä ß i g e S c h u l d e n t i l g u n g u . V e r z i n s u n g 4 7 8 4 2 5 9 M k . — 2 2 , 7 °'o 2 . D i e M i t t e l - u n d V o l k s s c h u l e n ............................... 2 9 45 0 2 6 „ — 2 0 , 2 „ 2 . D i e ö f f e n t l i c h e n B r u n n e n , t v e g e , P l ä t z e , G e ­ w ä s s e r u n d d e r g l e i c h e n ........................................... 1 0 5 0 8 8 4 — 7 , 2 „ 4 . G e s u n d h e i t s p f l e g e e in s c h l i e ß l i c h S t r a ß c n - r c i n i g u n g u n d K e h r i c h t a b f u h r ......................... 4 6 t 0 7 0 „ — ,, 5 . D i e A r m e n - u n d K r a n k e n p f l e g e ......................... t 5 s t 7 Z 4 t ---- 9 , 6 „ s . D i e P o l i z e i ................................................................... 2 0 Y 2 H „ - - - ' , 4 7 . D i e K r e i s u m l a g e ....................................................... 2 2 7 7 2 t ,, — 2,2 „ 8 . D i e G e w e r b e , K n u s t u n d W i s s e n s c h a f t . . 5 5 2 6 0 1 „ — 2 .8 „ g . D i e G e m e i n d e v e r w a l t u n g ..................................... 1 8 4 6 5 0 2 „ — >2,6 „ 10 . D i e Z u s c h ü s s e f ü r R h e i n h a f e n ......................... 8 2 7 6 0 „ — 0 ,6 „ „ „ S c h l a c h t - u n d V i e h h o f . . 2 2 4 4 4 6 „ — 1,6 „ S t a d t g a r t e n ......................... 2 4 7 4 « „ — 0 , 2 „ „ „ B ä d e r ..................................... 7 4 6 2 2 „ — 0 , 5 „ „ „ G u t s v e r w a l t u n g . . . . 1 2 5 9 1 2 - - 0 , 9 „ 1 >. D e r F u h r p a r k u n d d i e F n h r v e r w a l t u n g . . 1 2 0 5 2 0 „ — 0 , 8 12 . S o n s t i g e A u s g a b e n ................................................. 2 . 4 .. 1 4 6 1 2 5 7 6 M k . — 100,0 °/o c) V e r ä n d e r u n g e n i m Liegenschaftsbesitz: I m J a h r e s 9 s 8 h a t die S t a d tg e m e in d e G ru nds tü ck e i m F l ä c h e n ­ g eh a l t v o n 38952 c^m z u m P re i s e v o n 98 0 6 0 A lk . a n g e k a u f t u n d 6 6 0 7 8 czm z u m P r e i s v o n 6 9 9 2 3 4 s A lk . ve rk a u f t . D ie A n l e h e n s s c h u l d e n b e t ru g e n : Bezeichnung der Anlehen S tan d auf 1. J a n u a r 19>8 Tilgung im J a h re 1918 S tand auf 1. J a n u a r 1919 s. G egen A usgabe von Schuld- Verschreibungen. 1. zprozeutiges Anlehen von 1886 2. 3 „ „ „ 1889 3. 3 „ „ „ 189S 4. 3 „ „ „ 1897 5. 3 '/s „ „ „ 1900 S. b'/i> „ „ „ 1902 7. 3^2 „ „ 1903 8- 4 .. ,, 1907 9- 4 ,, .. Id 12 3 277 100 — 1 730 200.— 1 239 900.— 2 692 500.— 4 969 8 0 0 . - 3 819 000. - 8 632 800 — 4 722 400.— 7 000 0 0 0 . - 365 0 0 0 . - 121000 - 4 9 0 0 0 . - 93 0 0 0 . - 105 200.— 77 600.— 166 9 0 0 . - 64 000 - 85 600 — 2 912 100.— 1 609 200 — 1 190 900.— 2 599 500 — 4 864 600.— 3 7 4 1 4 0 0 .- 8 465 900.— 4 658 400 — 6 914 4 0 0 . - b. Sonstige Anlchen. io . 3^/s Prozent. Anlehen von 1892 bei der Versicherungsanstalt B a d e n ............................................... 561000 — 28 0 0 0 . - 533 0 0 0 . - 11 . 4 prozentiges D arlehen des All­ gemeinen Deutschen versiche- rnngsvereius A .-G . in S tu t t­ ga rt von 1910 ............................. 1 0 0 0 000.— 1 0 0 0 0 0 0 .— 12. 4prozentiges D arlehen der K arlsru h er Lebensversicherung von 1 9 1 0 ......................................... 4 000 000 — 4 000 000.— 13. Desgl. von 1 9 1 2 ........................ 3 000 0 0 0 . - - - 3 000000.— 14 . 4 V2 prozentiges D arlehen der G o thaer Lebeusversicherungs- bankanf Gegenseitigkeit, G olha, von 1 9 1 2 ............................. ..... . 1 870 200.— 29 2 0 0 . - 1 841 0 0 0 . - 15. 4 prozentiges D arlehen der S taatsschuldenverw altung von 1915 und 1916 zur Förderung g emcinnütziger Bantätigkeit. 16 . Unverzinsliches Darlehen der S taatsschuldenverw altung von 1916 fü r das ksoftheater . . 494 960.— 79 600.— 100 000 — 27040 4 1 6 . - 49 219.60 79 184 — 100 000.— c. Schwebende Schulden . . 33 640 000 — 6120000 — 42 265 000—. Sum m e . . 82 383 990 — 7305186 40 89 823 803.60 D a die W i r t s c h a f t die nach den S c h u ld e n t i lg n n g s p lä n e n zur A m o r t i s a t i o n u u fz u w e n d e n d e n L u m m e n dein G rund s tock je w e i ls a b l ie fe r t , so h a t dieser die noch im Rest stehenden, gekündig ten , a b e r nicht eingelöstcn S ch u ld v e rsc h re ib u n g e n m i t 2 2 3 2 0 0 A U . a u s eigenen M i t t e l n zu bestreiten. D ie v o n der W i r t s c h a f t zu r S c h u ld e n t i lg u n g noch a u fz u b r in g e n d e S u m m e stellt sich d a h e r a m l . J a n u a r s y l d a u f 8 9 8 2 3 8 0 5 A U . 6 0 P f . — 2 2 5 2 0 0 A U . — 8 9 6 0 0 6 0 5 A U . 6 0 P f . Ü b e r die B e w e g u n g der zu r G e m e i n d e u m l a g e pflichtigen S t e u e r k a p i t a l i e n g ib t fo lgende T a b e l l e A u f s c h lu ß : G a t t u n g d e r S t e n e r k a p i t a l i e n 1918 td l? G e g e n ü b e r lg 17 Z u g a n g A b g a n g IM . Ulk. Utk. Utk. ». L i e g e i i s c h a s t s v e r m ö g e » . 475 287 570 469 977 400 5 310170 — b. B e t r i e b s v e r m ö g e n . . . 307 040 500 283 449 200 24 491 300 — c . K a p i t a l v e r m ö g e n . . . 606 021 200 563 149 100 42 872 100 — ä. L i n k o m m e n s t e n e r s ä t z e . . 5 696 414 4 813116 883 298 — D e r U m l a g e f u ß w u r d e l 9 f 8 a u s der gleichen k^öhe festgesetzt w ie seit t 9 s 3 , n ä m l ic h f ü r die G e s a m ts t a d t v o n i S t e u e rw e r t des L iegenschaf ts - u n d B e t r i e b s v e r m ö g e n s a u f 3 7 P f . v o n tOO B l k . S te u e rk a p i ta l , b e im K a p i t a l v e r m ö g e n a u f f 6 P f . v o n fOO A lk . S te u e rk a p i ta l , a u f 5 9 ,2 P f . , d. H. den l , 6 fachen B e t r a g des U m ­ lagesatzes v o n 3 7 P f . , a u f s A U . der E iuk o m m en s te u e rsä tze . D och sind a u f G r u u d der V e r e i n b a r u n g bei der E i n g e m e i n d u n g v o n G r ü n w in k e l die S te u e rk a p i t a l i e n dieses S t a d t t e i l s n u r zu e inem T e i le m i t dem a l lg e m e in e n U m l a g e f n ß zu r U m l a g e beizuziehen. S o w e i t sie zu e inem e r m ä ß ig t e n U m l a g e f u ß h e ra n g ezo g e n w erd en , b e t ru g der A nsatz bei L iegenschaf ts - u n d B e t r i e b s v e r m ö g e n 2 0 P f . , bei K a p i t a l v e r m ö g e n sO P f . u n d der A u fs c h la g bei der E i n k o m ­ mensteuer 3 2 P f . D a s G e s a in t v e r m ö g e n der S ta d tg e m e in d e b e t r ä g t . . . s s6 f 8 9 9 0 7 A U . 7H P f . w ä h r e n d die d a r a u f r u h e n d e » S ch u ld e n sich a u f . . . . t 09 l 3 6 9-13 „ 9 2 ,, be lau fen . E s e rg ib t sich so m i t ein R e in v e r m ö g e n v o n . . . 7 0 5 2 9 6 3 A U . 8 2 P f . d. i. g eg e n ü b e r d em V o r j a h r e eine V e r m in d e r u n g v o n H 8 s 7 9 5 3 A U . 8 5 P f . U n te r den G e m e in d e v e rm ö g e n im B e tr a g e v o n f s 6 s 8 9 9 0 7 M k . 7H P f . sind e n th a l te n : I. E r t r a g b a r e s v e r m ö g e n : 4. D as G asw erk , Lrstellungskosten . . . . 9 056 409 Mk. 96 P f. 2 . D as Wasserwerk, Lrstellungskosten . . . -4 §67 -402 „ oz „ Z. D as Elektrizitätswerk, Lrstellungskosten . 6 4 86 282 „ 58 „ Die S traßenbahn, Lrstellungskosten . . . 9 5 8 8 - 4 9 0 „ 27 „ -4a Die Lokalbahn, Lrstellnngskosten . . . . 4 9 6 8 9 2 5 „ - - „ 5 . Der Schlacht-und Viehhof, E rtrag sw ert . . 7 9 4 2 0 0 „ — „ s. D er R heinhafen, Gebäude im Feuerver­ sicherungsanschlag von 4 404 0 0 0 Mk. und G elände im Steuerw ert von 652 765 Mk., sowie die Fahrnisse und maschinellen An­ lagen m it 4 6 4 0 854 M k 5 5 -4-4 6 I 6 „ — „ 7 . Die B adeanstalt, Feuerverstcherungsanschlag 557 0 0 0 „ — „ 8. Die Festhalle m it Nebengebäuden . . . 8 5- 4900 „ — „ ks, D as K o n z e r th a u s ............................. I 07 9 0 0 0 „ — „ 8t> Die A usste llungsha lle ......................................... 588 0 00 „ — „ 9 . D as R a th a u s m it den G ebäuden K arl- Friedrich-Straße N r. 8 und Z ähriuger S traße N r. 9 6 / 400 , Feuerversicherungsanschläae . 4 2 4 8 2 0 0 „ — „ 40 . Die Geschäfts- u. W ohnhäuser K aiser-S traße N r. 4-45 und 4-45, Feuerversicherungsanschläge - 426700 „ — „ 4 4. Die sonstigen G ebäude, die zu Gemeinde- zweckeu dienen oder a ls W ohnungen vermietet sind, im Gesamtversicherungsanschlag von . 4 855 -400 „ — „ 42 . Die W aldungen im Steuerw ert von . . . 5 3 9 7 3 0 „ — „ 43 . Die Äcker, w iesen, Lagerplätze u. dergl., die größtenteils verpachtet oder im Ligenbetrieb sind, im Steuerw ert v o n 9 - 4 7 5 7 9 2 Mk. — „ 4-4. Die verzinslichen Forderungen, W ertpapiere und die Kassenvorräte im B etrage v o n . . 5 0 2 7 0 3 5 4 „ 55 „ 45 . Vorräte des N ahrungsm itte lam tes . . . 5 575 625 66 „ Sum m e I . . 85 870 275 Mk. 05 Pf. II. w e r t e , d i e k e i n e n f i n a n z i e l l e n E r t r a g a b w e r s e n : 4. Die Einnahmerückstände im B etrage von . 6 3 - 4 6 2 2 2 Mk. 08 P f. 2 . Gebäude, die zu Schul-, K ranken-, Arm en- und sonstigen Zwecken dienen, im Fener- versicheruugs- bezw. Steueranschlag von . >6 >2-4 650 „ — ., Sum m e II . . 22-470 872 Mk. 08 Pf. III. V o r r ä t e a n N a t u r a l i e n , M a t e r i a l i e n u n d G e r ä t s c h a f t e n , soweit nicht unter I angeführt, im w ertbetrage v o n ............................. 5 870 403 Mk. 74 P f. - 9 - N u n d ü r fe n a b e r in die nach der S t ä d t e r e c h n u n g s a n w e i s u n g gefertigte V e r m ö g e n s s t a u d s - D a r s t e l l u n g die G e b ä u d e n u r m i t ih r e m G e b ä u d e v e rs i c h e ru n g sa n sc h la g , die G rund s tücke n u r m i t i h r e m S te u e r ­ w e r t u n d die gew erb l ichen E in r i c h t u n g e n n u r m i t den A ulagekos teu , sonach nicht m i t ih r e m wirklichen v e r k e h r s w e r t a u s g e n o m m e n w erd en , b v ä r e letzteres gestattet, d. H. d ü r f te n die G e b ä u d e u n d G rund s tücke m i t i h r e m m u tm a ß l i c h e n v e r k e h r s w e r t u n d die g ew erb l ichen A n l a g e n m i t ih re n i E r t r a g s w e r t in B e r e c h n u n g gezogen w e rd e n , so w ü r d e sich d a s R e in v e rm ö g e n v o n 7 0 5 2 Y 63 A lk . 8 2 P f . a u s 92 8 s l 2 3 8 M k . 7 5 P f . e rh öhen . D ieses w i r d w ie fo lg t n ac h g e w ie se n : 1. Die Gebäude und Grundstücke sind nach dem in dein Liegenschaftsinventar fü r : 9f 8 beigesetzten, nach Friedenspreisen berechneten »intmaßlichen verkehrs­ wert auf >. J a n u a r t I t g geschätzt auf .............................5 : 4 7 9 3 7 5 Mk. — P f. I n den Vermögensstand sind sie ausgenommen mit 33 894 499 ,, — ,, Demnach M ehrw ert d e r s e l b e n ............................. (7 585 376 Mk. — Pf. 2 . Der nach dem dreijährigen Durchschnitt des E rtra g s bemessene 4 prozentige W ertanschlag b e trä g t: u) für das G asw erk . . 23 5 :8 487 Mk. 75 P f. b) für das Wasserwerk . fg 798 5 24 „ 50 c) für das E lektrizitäts­ werk 20-V 079S ,, so „ cl) für den Schlacht- und V ie h h o f 7g t 2 0 0 „ — „ e) für die S traß en b ah n . 3 3 4 3 4 5 5 0 „ — „ k) für die Lokalbahn . 2 277 750 .. — ZOO 25 t 308 Mk. 75 Pf. Eingestellt sind für diese Unternehmungen in den vermögensstaud . . 32 058 409 Mk. 84 Pf. Som it M e h r w e r t ............................................................... 68 Z72 898 Mk. 9 : Pf. Hierzu das Reinverm ögen m i t 7 0 5 2 9 6 3 „ 82 „ Sum m e des wirklichen reinen Verm ögens der Stadtgem einde nach Friedensw ert . . . 92 8 f : 2 3 8 Mk. 7 3 P f. N e b e n diesem v e r m ö g e n der S t a d tg e m e in d e besitzen noch A k t iv v e rm ö g e n : f . D i e S p a r - u n d P f a n d l e i h k a s s e K a r l s r u h e . f 6 7 45 4 M k . 28 P f . 2 . Die weltlichen B r t s s t i f t u n g e n ..................... 2 4 2 2 : 3 5 04 .. 2 5 8 g 5 8 9 M k . 3 2 P f . A u ß e r d e m besitzt die S ta d tg e m e iu d e ^9 D e n k m ä le r , Z i e r b r u n n e n uud öffentlich aufgestellte F i g u r e n i m A u s c h a f f u u g s w e r t v o n s s06 73 s M k. I n den städtischen G a s w e r k e n w n r d e n i m B e r i c h t s j a h r e 18 6 9 3 1 0 0 k b m ( 1 9 1 7 : 19 7 2 6 -sOO I rbm ) G a s erzeugt. A bgegeben w u r d e n f ü r öffentliche B e le u c h tu n g 2 6 8 0 2 3 I rb m ( 1 9 2 8 5 5 f ü r p r i v a t e , B e h ö r d e n u n d S t a d t 1 7 0 1 6 2 0 9 ^ b m P 7 6 H 5 2 8 l r b m ) . G a s r n e s s e r w a r e n a m 3 s. D ez e m b e r 1 9 1 8 aufgestellt f ü r Leucht-, A o c h - u n d H e iz g a s 3 2 171 S tück ( 2 0 121), M ü n z g a s m e s s e r 1 1 7 6 0 S tück P f 2 5 0 ) . Ö ffen t l ic h e L a te rn e n b r a n n t e n E n d e D ezem ber 1 9 1 3 g a n z n ä c h t ig 5 8 3 ( 5 6 9 ) Stück. V o m E l e k t r i z i t ä t s w e r k w n r d e n i m B e r i c h t s j a h r e 1 6 9 9 8 2 5 9 kurvst ( 1 9 l ? : 15 8 6 5 6 3 2 X v s k ) S t r o m abgegeben . Anschlüsse w a r e n E n d e D ez em b e r 3 8 1 3 Stück ( 3 7 6 2 ) v o r h a n d e n m i t 7 1 1 6 A b n e h m e r n . E in g e r ic h te t w a r e n E n d e D ezem ber 1 1 9 1 8 8 G l ü h l a m p e n ( 1 1 1 1 5 1 ) , 8 3 6 ( 8 5 b ) B o g e n l a m p e n , 2 3 0 2 M o t o r e n ( 2 2 1 6 ) m i t 8 7 7 6 ? S ( 8 1 1 7 ? 8 ) , 7 8 1 7 L le k tr iz i tä tsz äh le r ( 7 1 2 7 ) u n d 1 1 3 7 S c h a l tu h r e n . B e i m W a s s e r w e r k b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e der G e s a m t ­ w a s s e r v e r b ra u c h 8 0 6 0 125 I rb m ( 1 9 1 7 : 7 8 0 0 7 6 8 I rbm ) . D ie stärkste T a g e s a b g a b e b e t ru g 3 2 1 1 5 I rb m (29 7 0 8 Irbm), die schwächste 15 0 2 5 I rb m P 5 3 8 0 l rb m ) . F ü r S t r a ß e n g ie ß e n , S p r i n g ­ b r u n n e n u s w . w u r d e n 1 9 3 3 6 9 ( ^ 7 7 0 3 8 lrbm ) abgegeben. Ö ffen t l ic h e B r u n n e n w a r e n 8 5 Stück ( 8 1 ) v o r h a n d e n , 151 9 öffentliche F e u e r h a h n e n u n d 16 öffentliche S p r i n g b r u n n e n , beide w ie i m B o r j a h r e . 2. Gemeindeverwaltung. D e r S t a d t r a t h ie lt i m B e r i c h t s j a h r e 5 6 S itzun gen a b ( 1 9 1 7 : 5 1 ) , in denen 3 0 f 5 ( 2907) G eg e n s tä n d e der B e sc h lu ß ­ fa ssu n g u n te r l a g e n . B o n den s t ä d t i s c h e n A s m M i s s i o n e n h a t te die B a n ­ ko m m iss io n 5 2 ( l 9 f 7 : 5-1) S i tzu n g e n , der B e r w a l t u n g s r a t der S p a r - u n d P fa n d le ih k a s se 6 (5 ) , die F r ie d h o fk o m m is s io n 2 (1), die A o m m is s io n f ü r A r m e n - u n d J u g e n d f ü r s o r g e 5 (5), die B e ir ä te der G oeth esch u le , der H u m b o ld ts c h u le , der R e a l sch u la n s ta l te n , der h ö h e re n L e h ra n s ta l t e n f ü r M ä d c h e n je 3 ( je 2 ) . Die B a d e a n ­ s ta l tenko m m iss ion 2 (3), der G e w e r b e s c h u l r a t 2 (1), die G a s - u n d W a sse rw e rk sk o m m is s io n (1 ) , die A r a n k e n h a u s k o m m i s s io n (1 ) , der G r t s g e s u n d h e i t s r a t (1 ) , die S ch la ch t- u n d B ie h h o fk o m m is s io n (2), — u — die S ta d tg a r t e n k o m m is s io n (>), öie S c h u lk o m m is s io n (5) u n d der H a n d e ls s c h u l r a t (3) je eine S i tzu n g . Z n d a s S t a d t r a t s k o l l e g i u m n eu g e w ä h l t w u r d e n : R e c h t s ­ a n w a l t v r . L e o A u l l in a n n (25. A p r i l ) anstelle d es vers to rbenen S t a d t r a t s A o l b (soz. P a r t e i ) u n d Architek t A a r l T r i e r ( i ch O k to b e r ) anstelle des v e rs to rb enen S t a d l r a t s A ä p p e l e (de in . P a r t e i ) . A m 25. F e b r u a r w u r d e S t a d t v e r o r d n e t e r A u g u st S c h w a l l z u m S te l lv e r t r e te r des O b m a n n s des g eschäfts le i tenden V o r s t a n d s der S t a d tv e r o r d n e t e n u n d S t a d tv e r o r d n e t e r H e r m a n n E i c h h o r n zu m l l l i t g l i e d des V o r s t a n d s g e w ä h l t . D e r B ü r g e r a u s s ch u ß h ie lt im B e r i c h t s j a h r e 8 (9) S i tzungen a b . in denen 6 8 (H7) G e g e n s tä n d e verabschiedet w u r d e n . E r bew il l ig te die V e r w e n d u n g v o n A n le h e n s m i t t e l n f ü r nachstehende Z w ecke*) : A n k a u f zweier G rund s tücke i m G e w a n n „ O b e r e r S e e " , A a u f - p r e i s : 30 35H A lk . , A n k a u f e ines G ru n d s tü ck e s a n der östlichen A r i e g s - S t r a ß e , A a u f p r e i s : f3 700 A lk . , A n k a u f e ines G ru n d s tü ck e s a n der A r e u z u n g der H a r d t - , S t ö ß e r - u n d G r a b e n - S t r a ß e , A a u f ­ p r e i s : s3 600 A lk . A n k a u f v o n G run ds tü ck e n i m V o r o r t R ü p p u r r : A a u f p r e i s : 52 700 A lk . , A n k a u f v o n G run ds tü ck en im G e w a n n O b e r f e ld , A a u f p r e i s : 925 800 A lk . Herste llung eines V e r b in d u n g s g le i s e s der S t r a ß e n b a h n m i t der E i l g u t v e r l a d e r a m p e des P e r s o n e n b a h n h o f e s , A u f w a n d : 38 500 A lk . A n sc h lu ß des städt. G a s w e r k s a n d a s S t r a ß e n b a h n n e t z , A u f ­ w a n d : 5 9 ^ 0 0 A lk . , H erste llung e ines S t r a ß e n b a h n g l e i s e s in der Z ä h r i n g e r - S t r a ß e f ü r den A l i lc h - u n d l l l a r k tv e r k e h r u n d E i n ­ f ü h r u n g in die A li lc h ze n tra le , G e s a m t a u f w a n d : 6^ 700 A lk . A n ­ schluß des städt. V i e r o r d t s - B a d e s a n die s täd t. S t r a ß e n b a h n , A u f w a n d : s9 8 0 0 A lk . E r h ö h u n g des zu r A n s c h a f f u n g v o n 25 T r i e b - u n d 20 A n ­ h ä n g e w a g e n f ü r die städt. S t r a ß e n b a h n b e w il l ig te n A u f w a n d s v o n 572 500 A lk . u m 357 900 A lk . , d e s g l . f ü r sO T r i e b w a g e n f ü r die A a r l s r u h e r L o k a lb a h n e n v o n s 65 000 A lk . u m f08 500 A lk . *) D i e B e w i l l i g u n g v o n B e t r ä g e n u n t e r t o 0 0 0 N lk . b l e i b t u n b e r ü c k s i c h t ig t . — 12 — B e sc h a f fu n g e ines elektr. G ü te r t r i e b w a g e n s f ü r die städtische S t r a ß e n b a h n , A u f w a n d : 2 5 -fOO 717k., desg l . v o n 5 offenen G ü t e r ­ w a g e n u n d 5 A a s t e n k ip p w a g e n , zus. 5 7 ß 5 0 717k., desg l . v o n 3 m e h r s p u r ig e n T a f e l w a g e n m i t 2 Dachgestellen fü r die A a r l s r u h e r L o k a lb a h n e n , A u f w a n d : 2 - 1 0 0 0 A lk . B e sc h a f fu n g v o n 3 T a f e l ­ w a g e n f ü r die s tädt. S t r a ß e n b a h n e n . A u f w a n d : 13 5 0 0 7Ak. A u fs te l l u n g e iner v o r lä u f ig e n W el lb lech ha l le f ü r S t r a ß e n b a h n ­ w a g e n a n der H o n s e l l - S t r a ß e . G e s a m t a u f w a n d : 6 s 3 0 0 717k. A n s c h a f f u n g e iner D r e h b a n k zu r I n s t a n d h a l t u n g der B e t r i e b s ­ m it te l der S t r a ß e n b a h n . A u f w a n d : 2 H 2 3 0 717k. A u fs te l lu n g eines zweiten B e che rw erkes i m G a s w e r k . A u f ­ w a n d : 5 0 0 0 0 717k. H ers te l lung e ines P l a tz e s zu r B e a r b e i t u n g v o n R e i n i g u n g s ­ m asse b e im G a s w e r k I I . A u f w a n d : 18 0 0 0 717k. S t r a ß e n - u n d P f la s te rh e rs te l lu n g i m G a s w e r k . A u f w a n d : 2 - 1 0 0 0 717k. E in r i c h t u n g e n zu r B e f ö r d e r u n g u n d A u f b e r e i tu n g der A o h le n f ü r d a s E le k t r i z i t ä t s w e rk . A u f w a n d : 8 0 0 0 0 717k. A n sc h a f fu n g e n f ü r den s tädt. F u h r p a r k . A u f w a n d : 5 0 0 0 0 717k. B a u v o n A l e i n w o h n h ä n s e r n i m B o r o r t D a x la n d e n . A u f ­ w a n d 3 5 5 0 0 717k. E i n r i c h t u n g v o n N o t w o h n u n g e n in städt. G e b ä u d e n . A u f ­ w a n d : 2 5 0 0 0 717k. B e w i l l i g u n g v o n verz ins l ichen D a r le h e n a n H ausbesitzer zu r E i n r i c h t u n g v o n N o t w o h n u n g e n . A u f w a n d : 5 0 0 0 0 7I7k. G e w ä h r u n g e in es D a r l e h e n s v o n 2 0 0 0 0 0 717k. a n den B a d . B a u b u n d G . m . b . H . zu r B e s c h a f fu n g neu e r W o h n u n g s e in r i c h tu n g e n f ü r M in d e r b e m i t t e l t e u n d v o n 1 0 0 0 0 0 717k. ebenso zu r B e w i r t ­ s c h a f tu n g v o n A l tm ö b e ln . P a c h t u n g d es A lo s te rh o fe s u n d des T a l h o f e s (A m tsb ez irk E n g e n ) . I ä h r l . P a c h t z i n s zus. 7 5 0 0 717k., a u ß e r d e m fü r B e w i r t ­ sc h a f tu n g e i n m a l i g 7 0 0 0 0 717k. A n s c h a f f u n g zw eier P f e r d e s a m t G esch ir ren u . a . f ü r die v o r ­ g e n a n n te n H öfe . G e s a m t a u f w a n d : 3 0 0 0 0 717k. P a c h t u n g der H o fg ü t e r B a c h z i m m e r n bei Z m m e n d i n g e n u n d D re i le rchenhof bei G e is ing en einschl. V o r r ä t e n u n d B e t r i e b s m i t t e ln . G e s a m t a u f w a n d : s 6 I 0 0 0 B lk . B e sc h a f fu n g v o n T i e r e n u n d G e r ä t s c h a f te n , B a u l i c h e V e r ­ ä n d e r u n g e n u n d E r h ö h u n g des B e tr iebss tockes . G e s a m t - A u f w a n d : 3 ^ 0 0 0 B l k . G e w ä h r u n g eines zu 5 verz ins l ichen D a r l e h e n s a n den K r e i s a u s s c h u ß in H öhe v o n 5 0 0 0 0 0 B lk . G e w ä h r u n g v o n B e ih i l f e n a n A n g e h ö r ig e d es M i t t e l s t a n d e s b i s z u m H öchstbetrage v o n 5 0 0 0 0 0 B lk . W ei te re Beschlüsse des B ü r g e r a u s s c h u s s e s b e t r a f e n : A u f n a h m e v o n A n le h e n b i s z u m B e t r a g e v o n s 5 B l i l l . M a r k . Z e i c h n u n g a u f die 8 . K r i e g s a n l e i h e im B e t r a g e v o n 5 B l i l l . M a r k u n d a u f die 9- K r i e g s a n l e i h e im B e t r a g v o n sO B l i l l . M a r k B e r a t u n g des städt. V o r a n s c h l a g s f ü r d a s J a h r l 9 l ^ . A u ß e ro rd e n t l i c h e r A u f w a n d in : J a h r e l 9 l 8 , die A u f r e c h t ­ e r h a l t u n g v o n Restkrediten u n d die E rg e b n is se der K r ie g s b e t r ie b e , sowie der K r i e g s f ü r s o r g e a u f w a n d in den Z a h r e n l 9 l 6 u n d l 9 l ? > V erbescheidung der s tädt. R e c h n u n g e n f ü r d a s J a h r l 9 l 5 u n d V e rk ü n d ig u n g der s tädt. R e c h n u n g e n f ü r d a s J a h r l 9 l 6 . B e r ic h t des E r n ä h r u n g s a u s s c h u s s e s der S t a d tv e r o r d n e t e n ü b e r die M i l c h - u n d F e t tv e r s o rg u n g . E r r i c h t u n g eines s täd t. W o h n u n g s a m t s . V e rk a u f v o n G e lä n d e i m B a n n w a l d . K a u f p r e i s : H 2 0 7 2 B lk . B e w i l l i g u n g v o n T e u e r u n g s b e ih i l f e n u n d K r i e g s z u l a g e n f ü r die städt. B e a m t e n , L eh re r u n d A rb e i t e r . D ie n s ta u f w a n d e n t s c h ä d ig u n g f ü r den d r i t te n B ü r g e r m e is te r . D ie n s tv e r t r a g m i t d e m D ire k to r d. s tädt. B a h n a m t s , S c h m i d t m a n n . D ie n s tv e r t r a g m i t dem V o r s t a n d des s tädt. G r u u d b u c h a m t s , S t a d t r e c h t s r a t V r . A m m a n n . Ä n d e r u n g der D ienst- u n d G e h a l t s o r d n u n g der B e a m t e n . „ „ B e s t a t t u n g s o r d n u n g . „ „ S a tz u n g e n der S p a r - u n d P fa n d le ih k a s se . „ „ des T a r i f s der s täd t. S t r a ß e n - u n d L o k a l b a h n . Festsetzung der G a s - u n d S t r o m p r e i s e . O r t s s t a t u t ü b e r die E r h e b u n g v o n M a h n - u n d V e r s ä u m n i s ­ gebühren . V e r l ä n g e r u n g des O r t s s t a t u t s ü b e r den B e d ü r f n i s n a c h w e i s bei E r r i c h t u n g v o n G a s t - u n d S ch an k w ir ts c h a f te n a u f weitere 5 J a h r e . A b s e u d u n g einer V o rs te l lu n g a n die zus tänd igen R e ichs- un d S t a a t s b e h ö r d e n w egen E i n b e r u f u n g e iner deutschen N a t i o n a l ­ v e r s a m m l u n g . D a s G e w e r b e g e r i c h t erled ig te s 9 s 8 in HZ S i tzn ngen ( l 9 l ? : H8) s 3 2 ( 2 0 2 ) S tre i tsa ch e n u n d z w a r 5 s (65 ) durch U r t e i l , ZH (66) durch V erg le ich , sZ ( s 7 ) du rch Z u r ü c k n a h m e der U l a g e ; b e r u h e n b l ieben 3 3 (53 ) S a c h e n , s ( s ) A n e rk e n n tn is e r fo lg te . I n den 5 s Rechtsstre it igkei ten , die durch U r te i l entschieden w u r d e n , la u te ten die letzteren in 2 0 F ä l l e n g a n z nach dem A n t r a g der U la g e , in s 5 F ä l l e n w u r d e die U l a g e g a n z u n d in s6 te i l­ weise ab gew iesen . I n den 5 s Rechtsstreit igkei ten w a r e n a l s U l ä g e r 3 A r b e i tg e b e r u n d H8 A r b e i t n e h m e r au fg e tre te n . A lle 3 v o n A rb e i tg e b e r n e rh o b e n en U l a g e n w u r d e n g a n z nach d em A n t r a g der U l a g e entschieden. V o n den H8 v o n A r b e i tn e h m e r n e rhobenen U l a g e n , w u r d e n s7 g a n z nach d em A n t r a g der U l a g e entschieden, s5 g a n z u n d s 6 teilweise ab g e w iesen . I n den 8 s nicht durch U r t e i l er led ig ten Rechtsstre it igkei ten w a r e n a l s U l ä g e r 6 A r b e i t ­ geb e r u n d 7 5 A r b e i t n e h m e r a u fg e tre te n . — D e r Vorsitzende v e r ­ m it te l te in e in em F a l l zwischen e inem A rb e i tg e b e r u n d dessen A r b e i tn e h m e r n w egen R e g e l u n g der Lohnsätze. D e r E i n i g u u g s - versuch scheiterte. A l s beg u tach tend e u n d an trags te l lend e B e h ö rd e t r a t d a s G e w e rb e g e r ic h t n icht in T ä t ig k e i t . D a s U a u f m a n n s g e r i ch t er ledigte s 9 s 8 in s7 Sitzungen ( s 9 s ? : s 8 ) HO (39) S tre i tsa ch e n u n d z w a r s5 (9) durch U r te i l , sH (2 s) durch Vergle ich , H (s) durch Z u r ü c k n a h m e der U l a g e ; b e ru h e n b lieben 7 (8). I n den s5 Rechtsstre it igkei ten , die durch U rte i le entschieden w u r d e n , la u te te n die letzteren in 8 F ä l l e n g an z nach d em A n t r a g der U la g e , in H F ä l l e n w u r d e die U l a g e g an z und in 3 teilweise ab ge w iesen . I n den s5 F ä l l e n w a r e n 3 U a u f le u te u n d s 2 H a n d lu n g s g e h i l f e n a l s U l ä g e r au fg e tre ten . V o n den 3 v o n U a u f l e u t e n e rh o b e n en U la g e n , w u r d e s g a n z nach dem A n ­ t r a g entschieden u n d 2 teilweise ab gew iesen . V o n den s 2 durch H a n d lu n g s g e h i l f e n e rh o b e n en U l a g e n w u r d e n 6 g a n z nach dem A n t r a g der U l a g e entschieden, H g a n z u n d 2 teilweise abgew iesen . - (5 - I n den 2 3 nicht durch U r te i l er led ig ten R echtss tre it igkei ten w a r e n ( A a u f m a n n u n d 2H H a n d lu n g s g e h i l f e n a l s A l ä g e r a u fg e t re te n . E i n e T ä t ig k e i t des U a u f n i a n n s g e r i c h t s a l s E i n i g u n g s a i u t , a l s begutach tende oder au trags te l len de B e h ö r d e h a t nicht s ta t tge fundeu*) . D ie U ) o h n u n g s st a 1 i st i k der S t a d t U a r l s r u h e f ü r ( 9 ( 7 u n d ( 9 ( 8 zeigt fo lgende E r g e b n i s s e : J a h r Z a h l d e r n e u e n t s t a n d e n e n G e b ä u d e Z a h l d e r n e u e n t s t a n d e n e n W o h n u n g e n m i t Ü b e r - H a u p t du rch l ̂ 2 ̂ 3 I - » . 5 ^ » . m e h l N e u b a u U m b a u Z i m m e r ( n ) ( o h n e Z u b e h ö r s >d>7 l d l « l 3 l H 6 — 1 2 l l 3 I ^ h r Z a h l d e r R ü c h e n Z a h l d e r a u f d e i n g l e i c h e n B a n g r u n d s t ü c k a b g e g a n g e n e n z u d e n l v o k n u n g e n m i t Ü b e r - H a u p t > I 2 ! 3 I H n . 5 ^ » . m e h r Z i m m e r ( n ) g e b ä n d e n i n l a e n l ? l 7 l S l « l H s — 1 2 l l 3 3 >.2 * ) D i e Z a h l d e r v o n d e m A m t s g e r i c h t l d l s e r l a s s e n e n Z a h ­ l u n g s b e f e h l e b e t r u g ( l d l ? : 2 6 6 H), d i e d e r V o l l s t r e c k n n g s b e f e h l e 3 S2 (SS7), die d e r v o r g e n o m m c n e n F a h r n i s p f ä n d u n g e n 7 7 5 ( l 2 5 5 ), d i e d e r v o l l - z o g e n e n F a h r n i s v o l l s t r e c k n n g e n HZ (zz ) . 7 K o n k u r s e w u r d e n e r ö f f n e t , l3H ( 2 S l ) l v e c h s e l p r o t e s t e u n d 2 S c h e c k p r o t e s t e a u s g e n o m m e n . B e i d e m N o t a r i a t w a r e n i m B e r i c h t s j a h r lHH ( l ? l ? : l 7 l ) Z w a n g s ­ v o l l s t r e c k u n g e n a n h ä n g i g . E r l e d i g t w u r d e n 3 H (52) n n d z w a r l g ( 37 ) d u rch V e r s t e i g e r u n g , l 5 ( i s ) durch V e r w a l t u n g . I n l 2 ( 2 8 ) F ä l l e n w u r d e d a s v e r - s t e i g e r u n g s v e r f a h r e n a u f g e h o b e n u n d 7 ( g ) F ä l l e d u r c h g e f ü h r t . A m l - J a n u a r l g l ? w a r e n g o Z w a n g s v e r w a l t u n g e n a n h ä n g i g . II. Bauliche Entwicklung -e r S la -t. er U m f a n g der städtischen G e m a r k u n g b lieb im B e r i c h t s ­ j a h r u n v e r ä n d e r t . D ie B a u t ä t i g k e i t h ie lt sich b i s z u m L u d e des K r i e g s in m ä ß i g e n G re n z e n . N e n n e n s w e r t e au ß e ro rd en tl ich e A r b e i te n w u r d e n b i s gegen Z a h r e s s c h l u ß nicht a u s g e f ü h r t . A lle U n t e r h a l t u n g s a r b e i t e n a n S t r a ß e n u n d K a n ä l e n w u rd e n a u f d a s tunlichst ger ingste U 7 a ß beschränkt. E r s t a l s bei E i n t r i t t des W a f fe n s t i l l s ta n d e s i m Z u s a m m e n h a n g m i t der D e m o b i lm a c h u n g u n d den E re ig n is s e n des 9- N o v e m b e r erhebliche A rbe its los igke i t d ro h te , w u r d e eine R e ih e v o n N o t s t a n d s a r b e i t e n in A n g r i f f ge­ n o m m e n . D ie schon l a n g e zurückgestellte P f l a s t e r u n g der S o p h i e n ­ s t raß e zwischen Scheffel- u n d K u r v e n s t r a ß e w u r d e b e g o n n e n , der B a u des westlichen E n t l a s t u n g s k a n a l s — d a s S c h lu ß g l i e d der du rch die E i n f ü h r u n g der S c h w e m m k a n a l i s a t i o n erforderl ichen B a u t e n — zunächst i m E ig e n b e t r i e b a u s g e n o m m e n u n d d a n n a n zwei g r ö ß e re B a u f i r m e n ü b e r t r a g e n . D ie V o r a r b e i t e n zu r H ers te l lu ng des H o c h w a s s e r d a m m e s f ü r d a s V . R he inhafenbecken w u r d e n eingele ite t . Ü b e r den S t a n d der A u f w e n d u n g e n f ü r die verschiedenen B a u t e n ist nachstehende Übersicht g e fe r t ig t : Gegenstand Dom Bürger- ausschuß bewilligt am L e- w illigter Aufw and A uf­ wand im J a h r 1918 91 Des B au es I n früheren Jahre»« begonnene, IY18 noeh nicht vollendete B auten . I. S t r a ß e n b a u t e n . t. Bahnhofsplatz und einmiindende Straßen . . . . 29. VII. 12 332600 6 . XII. 12 2 . R üppurrer Straße, U m b a u ....................... 26. IX. 13 369248 28. V. 14 z. R arl-W ilheli» . S t r a ß e ....................... 7. VII. 14 255400 23.XI. 14 4 . Straßen in den W eiheräckern. . . 28. IV. 14 89494 4.1.15 ?. Albuferanlagen zwi­ schen Oerschubbahn- hof und R üppurr sowie S traßen im Weiheräcker- und Dammerstockgebiet . 11.VII. 16 113800 17507 49 17. V. 15 Zusamm en . . 1360542 - 17507 49 II. R a n a l b a n t e n . t- Erstellung eines vier­ ten Beckens des städt. R heinhafens . . . 4. XI. 12 251600 - 9646 52 12.VII.15 — ll. I n früheren Jahre«» begonnene und fyI8 vollendete B auten . Reine. 6. Zn» Jah r i«M begonnene und vollendete Baute»». Reine. It. In« J a h r M 8 begonnene und nicht »»»ehr vollendete Baute»». I. S t r a ß e n b a n t c n. Sophien - S traße zwi­ schen Scheffel- und R örner-S traße Westlicher L ntlastnngs- k a n a l ....................... 7. VII. 14 87900 32051 72 25. XI. 18 II. R a n a I b a n t e n. 7. VI. 10 425100 12199 57 9. XII. 18 — 18 — D ie A rb e i t e n f ü r die B a u f lu ch te n fe s t leg u n g u n d B a u p l a t z - u n i l e g u n g e n r u h t e n fast v o l ls tän d ig . F ü r die A rb e i t e n zu r H ers te l lung der A l b u f e r a n l a g e n im D a m m e rs to c k u n d f ü r la n d w i r t s c h a f t l ic h e A n l a g e n b e im K lä r w e r k in N e u r e u t , so w ie i m städt. F u h r p a r k , dessen V e r w a l t u n g a m 1. J a n u a r a n d a s T i e f b a u a m t ü b e r g e g a n g e n w a r , w a r e n noch 12 K r i e g s - g e fa n g en e , I t a l i e n e r u n d R ussen , beschäft ig t , a n weiblichen A r b e i t s ­ k rä f te n neben den W a r t e f r a u e n der B e d ü r f n i s a n s t a l t e n 3 0 F r a u e n he ra n g ezo g e n . D a s E r g e b n i s der K ü ch e n a b f a l l s a m m l u n g , der im H inblick a u f die E r n ä h r u n g s l a g e f o r td a u e r n d e besondere A u f ­ m erk sa m k e i t geschenkt w u rd e , ist leider im B e r i c h t s j a h r w e i te rh in zu rückgegangen . D ie U rs a c h e n la g e n in der Z u n a h m e der K le in - t i e r h a l t u u g u n d in der K n a p p h e i t der K a r to f f e lv o r r ä t e . D ie G e s a m t m e n g e b e t r u g 13 6 3 3 Z t r . gegen 17 OHO Z t r . ( 1 9 1 ? ) D ie T a g e s m e n g e . . . H5.HH „ „ 55,3 „ D ie A b f a l l m e n g e a u f den K o p f u n d T a g . . . l 5 § r . „ 2 0 ^ r . D ie L a m m e lk o s te n e ines Z e n t n e r s stellten sich a u f H3 P f . gegen 3 3 P f . i m V o r j a h r . I m B e r i c h t s j a h r 1 9 1 8 w u r d e n seitens des H o c h b a u a m t s neben den a l lg e m e in e n I n s ta n d s e tz u n g e n fo lgende B a u a r b e i t e n a u s g e f ü h r t : D ie 1 9 1 6 eingerichtete st ä d t. M i l c h z e n t r a l e in der Z ä h r i u g e r s t r a ß e H5/H7 e rh ie l t zu r E r z i e l u n g e iner geregelten M i l c h - z u f u h r d u rch v e r l e g e n eines G le i s e s in der Z ä h r i n g e r s t r a ß e u n ­ m i t t e l b a r e n L t r a ß e u b a h u a u s c h l u ß v o m M a r k t p l a t z her . w o d u rc h sich e in ige B a u v e r ä n d e r u n g e n w ie E r w e i t e r n der östlichen T o r ­ e i n f a h r t u n d a n d e r e s a l s n o tw e n d i g erw iesen . D ie K osten fü r diese A r b e i t e n einschließlich der G le i s z u f ü h r u n g b e t ru g e n 31 6 0 0 U lk . D ie A n l a g e e r f u h r a u ß e r d e m eine V erbesse run g durch E i n b a u e ines w e ite ren S e p a r a t o r s u n d eines M i l c h k ü h l a p p a r a t s m i t e inem K o s t e n a u f w a n d v o n H 0 0 0 U lk . A u c h i m städt. G u t s h 0 f R ü p p u r r b ed u rf te es zu r F ö r ­ d e r u n g des B e t r i e b e s e in ige r e rg ä n zen d e r A rb e i te n . S o g e la n g te im F r ü h j a h r eine H eu sc h ro tm ü h le zu r A u fs te l lu n g . Dieselbe durch E l e k t r o m o t o r be t r ieben , d ien t nicht n u r z u m S ch ro ten u n d M a h l e n — l9 — v o n H eu u n d S t r o h , so n d e rn au ch z u m Z e r k le in e r n der du rch die städt. M ü l l a b f u h r g esa m n ie l te n u n d a u f der D a r r e getrockneten A ü ch e n ab fä l le . D ie R o s te n h ie r f ü r b e t ru g e n s ? 5 0 0 M k . U m den d a u e r n d e n Wechsel der la n d w i r t s c h a f t l i c h e n A rb e i t e r nach M ög l ich ke i t einzuschränken , w u r d e n gegen E n d e d es J a h r e s in dem w ä h r e n d des A r i e g e s a l s R u s s e n la g e r v e rw en d e ten B ü r o ­ gebäud e desselben A n w e s e n s f ü r die L a n d w i r t s c h a f t s l e h r l i n g e e in ige W o h n r ä u m e hergerichte t , h i e r b e i e r g a b e n sich m i t e in em A u f ­ w a n d v o n 6 5 0 0 M k . s S c h l a f s a a l ( W B e t t e n ) , H W o h n z i m m e r u n d l W a sc h - u n d B a d e r a u m . Z u r L i n d e r u n g d e r W o h n u n g s n o t , die sich schon in den letzten R r i e g s j a h r e n f ü h l b a r m a ch te , sind seitens der S t a d t teils in städtischen, te i ls in P r i v a t h ä u s e r n eine R e ih e v o n N o t ­ w o h n u n g e n geschaffen w o rd e n . I m L a u fe des S o m m e r s k on n ten zunächst in den H ä u s e rn L e o p o ld f t r a ß e H7 u n d Hs), welche v o n der „ A r u p p v o n B o h l e n u n d h a lb a c h 's c h e n V e r w a l t u n g " in a n e r k e n n e n s ­ w er te r W eise der S t a d t b i s a u f w e i t e re s unen tge l t l ich zu r V e r f ü g u n g gestellt w u rd e n , 8 Z w e i - u n d 7 D r e i z i m m e r w o h n u n g e n hergerich te t w erden . L s fo lg te der E i n b a u v o n 2 E i n z i m m e r w o h n u n g e n , 6 Z w e i - u n d 2 D r e i z im m e r w o h n u n g e n i m a l te n S c h w e s t e r n h a u s in B e ie r th e in i , i m a l te n S c h u l h a u s in D a x l a n d e n , i m a l te n u n d neuen R a t h a u s iu R i u th e i m , so w ie i m H a u s e Z ä h r i u g e r s t r a ß e sOO. D e r E i n b a u dieser N o t w o h n u n g e n kostete e t w a sH 6 0 0 M k . N a c h d e m seit M i t t e des J a h r e s au c h die F r a g e des A le i n - w o h u u n g s b a u e s e ingehend b e h a n d e l t w o r d e n w a r , w u r d e n v o n den R l e i u h a u s g r u p p e » im S t a d t t e i l D a x la u d e u im G k t o b e r die ersten 3 H ä u s e r m i t je 2 Z i m m e r » , W o h n k ü c h e u n d R le iu t i e r s t a l lu u g beg onn en . D ie f ü r d a s au s gehe nde M a u e r w e r k u r s p rü n g l i c h v o r ­ gesehene paetz 'sche L e h m d r a h tb a u w e i s e h a t sich n ich t b e w ä h r t , d a sich der a m G r t e v o r h a n d e n e L e h m a l s ung ee ig n e t e r w ie s . D ie endgü l t ige A u s f ü h r u n g der S t o c k m a u e r n e r fo lg te in A a lk s a n d - schlackenbetou. F ü r die g e n a n n te n 3 R l e i u h ä u s e r w a r ein R r e d i t v o n 3 5 0 0 0 M k . vorgesehen . D a der W o h n u n g s m a n g e l u n m i t t e l b a r n ac h A b s c h lu ß des W affens t i l l s tandes in fo lg e der raschen E n t l a s s u n g der T r u p p e n noch stärker h e r v o r t r a t u n d sich h i e r a u s eine N o t l a g e entwickelte, der m a u m i t a l len M i t t e l n beg egn en m u ß te , d u r f te auch die E r s t e l l u n g 2* — 20 — v o n B e h e l f s b a u t e n - ( M o h n b a r a c k e n ) nicht a u ß e r acht gelassen w erden . 5 o w u r d e i m D ez e m b e r m i t den B a r a c k e n a n der D n r m e r s h e i m e r 5 t r a ß e in G r n n w i n k e l b e g o n n e n . D o n den u rsp rü n g l ic h g ep lan te n 5 B a u t e n g e la n g te n jedoch n u r zwei B a ra c k e n v o n je s O X ä O in G r u n d f lä c h e m i t je H Z w e i - u n d s D r e i z im m e r w o h n u n g zur A u s ­ f ü h r u n g . D e r h ie r f ü r bew il l ig te K r e d i t b e t ru g 7 0 0 0 0 A lk . A n i s . J a n u a r l 9 ( 8 t r a t e n fo lgende Ä n d e r u n g e n a n H a u s n u m m e r n in K r a f t : Nc L Straße E i g e n t ü m e r Lgb.N r. H au- a l t e -N r. n e u e Leinerkuiigcn 1 H erder-S traße Amolsch, Friedrich, in der Goethe- Blechnermeister . . 88075 8 94 Straße 2 M athy- Straße B auplätze . . . . — — 1 - 7 vorgesehen 3 K arl-S traße Bereinig, alter Herren in der M athy- des Korps S a x o n ia . 3437b 61a 9 Straße 4 M ath y -S traß e Bauplätze . . . . — — 11-15 vorgesehen 5 Bertsch. Ludwig, Sekretär, E rb en . . 3641 1 17 6 Böhm e, B ., G beriua. 3642 3 19 7 Roll, Heinrich, p r iv a t 3643 5 21 8 Freytag , K arl, P riv a t, W itw e . . . . 3644 7 23 ö G ros, Lhrist., P r iv a t 3645 9 25 10 Hummel, Anton, B rauereiverw . . . 3645a 11 27 II Specht, M ath ., p riv a t 3645b 13 29 12 N agel, I . , Fabrikant 3646 15 31 13 Meeß, L.,Schlossermstr. 3646a 17 33 14 Audriano, Em m a, Schriftstellerin . . 3646b 19 35 15 Bauplätze . . . . — — 2—10 16 Häuser, K .,p riv .,w iv . 3714 2 22 17 H artm anu , Jakob, P riv a t, W we. . . 3713 4 24 18 Hummel, H., E hefrau ^3708 6 26 13 Kunkel, Jakob, Schuppen auf ge­ Kutschereibesitzer 6a 28 packt. Gelände 20 D erselbe....................... 3681 8 30 21 v. pritzelwitz, A nna und A gnes . . . 3651 10 32 22 K rntino, Friedrich, G eh. R a ts W we. . 3652 12 34 23 Frank, G eorg und G ertel, H erm ann . 3775 14 36 24 Dieselben . . . . 3776 18 38 25 G ärtner, K arl, W we. und K inder . . . 3777 23 40 26 Vivell, F .,P r io ., F rau 3778 22 42 III. Kirche, Schule und Kunst. 1. Kirche. ^ ^ o m ^3. J a n u a r a n w u r d e » die G o t te sd ie n s te in der I o h a n n e s - I / kirche w eg e n H eizungsschw ier igkei ten in d a s E v a n g e l i s c h e G e m e i n d e h a u s der S ü d s t a d t ver legt. A m 2 0 . J a n u a r v e ran s ta l te te der evangel ische B u n d in der A a r l - F r i e d r i c h - G e d ä c h tn i s - A i r c h e eine gottesdienstl iche F e ie r , S t a d t ­ v ika r M ü l l e r sp rach ü b e r „ E v a n g e l i s c h e u n d deutsche F r e i h e i t " . E i n e zweite F e ie r f a n d a m lO. F e b r u a r in der L h r i s tu sk i r c h e sta tt , bei der D iv i s i o n s p f a r r e r I ) r . O t t dis „R e l ig iö se L a g e a n der F r o n t " behandel te . A m 3. J u n i w u r d e die D iö z e s a n -S y n o d e A a r l s r u h e - S t a d t un te r dem Vorsitz des D e k a n s E b e r t a b g e h a l t e n . A nsch l ieß e n d a n einen V o r t r a g v o n S t a d t v i k a r S chu lz a u s B r u c h s a l ü b e r „ D ie S te l l u n g der A irche z u r A r i e g e rh e im s tä t t e n b e w e g u n g " w u r d e eine E n ts c h l ie ß u n g g e f a ß t , w o d u rc h die A irch e ih re ta tk r ä f t ig e M i t ­ a rb e i t h ie r fü r zusicherte. D e r Vorsitzende u n d die ü b r ig e n M i t ­ g lieder des A usschusses w u r d e n w ied e r g e w ä h l t . A o m m e r z i e n r a t D ü r r , der seit 3 0 J a h r e n R e c h n u n g s f ü h r e r w a r , t r a t w egen h o h en A l t e r s zurück, s ta tt seiner w u r d e O b e r r e c h n u n g s r a t R in k le r g e w ä h l t . V o m 7. J u l i a n f a n d in der G r a b k a p e l l e i m F a s a n e n g a r t e n jeden 2 . S o n n t a g a b e n d s 6 U h r öffentlicher G o t te s d ie n s t s ta tt . A m S o n n t a g , H. A u g u s t w u r d e in den H a u p tg o t te s d ie n s te n der evangelischen G e m e in d e n des L a n d e s in G e b e t u n d p r e d i g t des E i n t r i t t s in d a s neue A r i e g s j a h r gedach t . — 22 — A u f S o n n t a g , den 2 0 . O k t o b e r h a t te die E v a n g e l i s c h e G b e r - k i rchenbehörde in A n b e t r a c h t der ernsten L ag e des V a te r l a n d e s e inen a l lg e m e in e n L a n d e s b e t t a g a n g e o r d n e t . I n der a m 2 8 . u n d 2 9 . N o v e m b e r u n te r dem Vorsitz des A i r c h e n r a t s S c h m i t t h e n n e r a u s H u g s w e ie r ta g en d e n G e n e ra lsy n o d e berichte te der P r ä s i d e n t d es G b e r k i r c h e n r a t s eingehend ü b e r die E re ig n is se i n n e r h a l b der A irch e seit ( 9 l ^ u n d d a ß d a s A irch e n - r e g im e n t , n a c h d e m der G r o ß h e r z o g anch a l s L andesb ischo f zurück­ getre ten sei, du rch ein p ro v iso r i s c h e s Gesetz festgesetzt sei. E s w u r d e eine E n t s c h l i e ß u n g a n g e n o m m e n , in der es u . a . h e iß t : D ie G e n e r a l s y n o d e h ä l t eine vö ll ige T r e n n u n g v o n S t a a t u n d A irch e f ü r beide T e i le schädlich. S ie f o rd e r t die B e ib e h a l t u n g d e s R e l ig i o n s u n te r r i c h t s u n d die E r h a l t u n g des kirchlichen Selbs t­ b es teu e ru n g s re ch ts . A m s 5 . D ez em b e r f a n d in der S tad tk i rche ein gottesdienstlicher V o r t r a g des P r ä l a t e n V . S c h m i t th c n n e r s ta tt ü b e r „ D ie Z u k u n f t der A irche u n d ih re E i n p a s s u n g in die neuen V e rh ä l tn is se ." I n e iner v o m V b e r k i r c h e n r a t a u s g e h e n d e n A n sp ra c h e w u rd e n i m S y lv es te rg o t te sd ien s t die he im gekeh rten A r i e g e r w i l lk o m m e n gehe ißen , sow ie der G e f a n g e n e » , der I n v a l i d e n u n d der G efa l len e n gedach t . D e r B e r i c h t des D iö ze sanau sschusses f ü r A a r l s r u h e - S t a d t be to n t die s tö renden W i r k u n g e n der A o h l e n n o t i m W i n t e r u n d der h ä u f ig e n F l i e g e r g e f a h r fü r den G o t te sd ie n s t , so w ie die sittlichen M i ß s t ä n d e der N a c h k r ieg sz e i t . N a c h d e m B e r ic h t w o h n e n in der G e s a m ts t a d t (einschl. der D i a s p o r a B u l a c h ) 6 6 6 s 7 E vang e lische . A n : 2H. M ä r z ( P a l m s o n n t a g ) w u r d e iu a l len katholischen A irc h e n der H i r t e n b r i e f d es E rz b i s c h o f s verlesen m i t der A u f ­ f o r d e r u n g , au ch in diesem J a h r die e r h o lu n g s b e d ü r f t i g e n S t a d t ­ k inder a u f d e m L a n d e a u f z u n e h m e n . A m 7. J u l i b e g in g S t a d t p f a r r e r A n d r e a s A u g u s t Link die F e ie r se ines 2 ü j ä h r i g e n P r i e s t e r j u b i l ä u m s u n d seiner ebenso langen T ä t ig k e i t h ie r . N a c h seiner P r ie s te rw e ih e a n i 5 . J u l i ( 89Z k a m er a l s A a p l a n a n die P f a r r e i A . L. F r a u , a m H. Dezem ber s 8 9 8 nac h S t . B o n i f a z (seit ( 9 W P f a r r e r ) . D o m k a p i t u l a r F ritz gedachte — 23 — in der F es tp red ig t v o r a l le in der V erd ienste des J u b i l a r s u m den B a u der 5 t . B o n i fazk irche . B e i der an sch ließ en den F e ie r i m P f a r r h a u s b rach te G e h . F i n a n z r a t S t a i n e r die G lück w ünsche der p f a r r k i n d e r u n d eine G a b e f ü r E r n e u e r u n g des W e iß z e u g s der A irche d a r . E b e n s o g r a tu l i e r t e n S t a d t p f a r r e r S t u m p f n a m e n s der p f a r r v o r s t ä n d e , S t a d t r a t B l o s n a m e n s des S t i f t u n g s r a t s v o n S t . S t e p h a n . A u c h der « O b erbü rge rm eis te r h a t H e r r n P f a r r e r Link n a m e n s der S t a d t v e r w a l t u n g G lü ck - u n d S e g e n s w ü n s c h e üb e rm i t te l t . A m 2 3 . J u l i w u r d e in den katholischen A irc h e n d a s Fes t des seligen B l a r k g r a f e n B e r n h a r d v o n B a d e n b e g a n g e n . D a m i t w a r die F e ie r des sog. J u g e n d - S o n n t a g s v e r b u n d e n , w o r a n sich die J u g e n d - , G ese llen- u n d A rb e i te r in n e n v e re in e , die I u n g f r a u e n - ko n g re g a t io n e n u . a . bete il ig ten . A u ß e r der kirchlichen f a n d eine weltliche F e ie r i m A p o l l o s a a l m i t A n s p r a c h e n u n d verschiedenen D a r b i e tu n g e n s ta tt . A m S o n n t a g , A u g u s t w u r d e in den katho lischen A irch e n des L a n d e s die P r e d i g t i m Hinblick a u f den B e g i n n d es 5 . A r i e g s - j a h r e s gestaltet u n d ein D a n k - u n d B i t tg o t t e s d ie n s t a b g e h a l t e n . S o n n t a g , den s 3 . O k t o b e r w u r d e n a u f A n o r d n u n g des E r z ­ bischofs in den P f a r r k i r c h e n der E rzd iözese drei a u f e in a n d e r f o lg e n d e B e ts tu n d e n a b g e h a l te n , in denen d a s F r i e d e n s g e b e t des P a p s t e s gebetet w u r d e . A u ch in den p r e d i g t e n w u r d e zu in s t ä n d ig e m G e b e t u m b a ld ig e n F r ie d e n a u f g e fo r d e r t . D a s A n z e ig e b la t t der Erzd iözese v o m s 2 . O k t o b e r g ib t die B i l d u n g einer A irch eng em eind e R a r l s r n h e - R ü p p n r r b e k a n n t . S ie u m f a ß t die A a th o l ik e n , die nordöstl ich durch die L in ie der R a n g i e r ­ b a h n , i m ü b r ig e n durch die f rü h e re G e m a r k u n g R ü p p u r r be­ grenzt w i rd . S t a d t p f a r r e r I s e m a n n v o n der S t . P e t e r - u n d P a u l s - P f a r r e i ver l ieß a u f s. D ezem b er a u s G esundhe its rücksich ten seine hiesige S telle u n d ü b e r n a h m die P f a r r e i A le i n l a u f e n b u r g . 2. Schule. D e r A u f w a n d d e r S t a d t g e m e i n d e f ü r d i e S c h u l e n ohne den f ü r die G e w e r b e - u n d H a n d e ls sc h u le b e t r u g i m B e r i c h t s ­ j a h re 2 9 - f 5 0 Z q M k . ( s 9 s 7 : 2 3 H 7 7 3 s M k . ) . I n dieser S u m m e - 2 - ( sind 67H ( 2 7 M k . f ü r M i e t w e r t der städtischen S c h u lg e b ä u d e i n ­ b e g r i f f e n ; sie erscheinen a l s die Z in s e n der f ü r E r r i c h t u n g der G e b ä u d e v e rw e n d e te n R a p i t a l i e n . N a c h A b z u g dieser L u m m e n b e t r u g der B a r z u s c h u ß f ü r die V olksschule 2 069 ( 3 3 M k . ( ( 6^6 6 5 5 M k . ) , f ü r die R e a l g y m n a s i e n 5 7 2 7 9 M k . (66 § 6 3 M k . ) , f ü r die R e a l s c h u la n s ta l te n 3 7 ^ 2 M k . ( 5 3 2 7 6 A lk . ) u n d f ü r die hö h e re n M ä d c h e n s c h u le n ( 0 7 0 5 ( M k . ( ( 0 6 9 (0 M k . ) . D e r B a r ­ zuschuß f ü r die G ew erb e sch u le b e t ru g 8H 7 2 0 Akk. ( 7 ( ^ 6 0 M k . ) u n d der au fgerechne te M i e t z i n s 8 2 ( 0 9 M k . D e r B a rz u s c h u ß fü r die H a n d e ls s c h u le b e t r u g 3 8 0 7 3 M k . ( 2 8 05H M k . ) . A u ß e r d e m w u r d e n f ü r U nterr ich tszw ecke Zuschüsse a n verschiedene A n s ta l te n u n d E i n r i c h t u n g e n gegeben . I n der V o l k s s c h u l e s tanden a m 7. J a n u a r ( 9 (8 nach A b z u g der z u m H eeresd ienst e inb eru fe n en u n d der w egen K r a n k h e i t b e u r l a u b t e n 3 6 5 L e h rk rä f te zu r V e r f ü g u n g , a m 2 3 . M ä r z (S c h lu ß des S c h u l j a h r e s ( 9 ( H ( 8 ) , 3 5 5 . F ü r die zu B e g i n n des S c h u l ­ j a h r e s ( 9 ( 8 / ( 9 u n H eeresd ienst stehenden (3^( m ä n n l ic h e n L e h r ­ k rä f te k o nn ten weibl iche H i l f s k r ä f te n u r in sehr beschränkter Z a h l ( e tw a 3 0 ) zugew iesen w o r d e n . D a z u fehlten i m m e r noch in der lVeststadt die G u te n b e r g s c h u le I u n d I I , in der Südwest« u n d S ü d ­ osts tadt die be iden S ü d e n d sc h u len u n d d a s D o p p e l s c h u lh a u s der N e b e n iu s sc h u le u n d in der M i t t e l s t a d t die G a r t e n s t r a ß - S c h u le . U n t e r diesen V e rh ä l tn i s s e n w a r ein geo rd n e te r S ch u lb e tr ieb w ie in der F r ie d e n sz e i t i m m e r noch nicht d u r c h f ü h r b a r . I n den in der M i t t e l s t a d t zu r V e r f ü g u n g stehenden S c h u lh ä u s e r n , sow ie in den R ä u m e n , die in den be iden L e h r e r s e m in a r ie n , in der a l ten A k a ­ dem ie, i m G y m n a s i u m , in der G o e th e - u n d in der O b e r re a l s c h u le der V olksschu le ü b er la ssen w u r d e , sow ie in e in igen gem iete ten R ä u m e n der M i t t e l - u n d M e s ts tad t m u ß t e n m eis tens m e h re re S c h u le n g e m e in s a m u n te rg e b ra c h t w erd en . D u rc h möglichst w e i t ­ gehende A u s n ü t z u n g der R ä u m e in d e r Z e i t v o n 8 b i s ( U h r u n d v o n 2 b i s 5 U h r konnte i m S c h u l j a h r (9 ( 7 / ( 8 die b i s d a h in a l lzu seh r beschränkte U n te r r ic h t s z e i t u m einige S t u n d e n a u s g e d e h n t w e rd e n . E i n e em pfind l iche S t ö r u n g er l i t t der U n te r r ic h t durch den A u s b r u c h der G r i p p e i m M o n a t O k t o b e r l 9 ( 8 . D a a m ( 9 . O k t o b e r v o n ( 5 9 H8 K i n d e r n 5 0 H2 a l s e rk ran k t gem eldet w u rd e n , m u ß t e n sä m tl ich e S c h u le n der S t a d t b i s N o v e m b e r geschlossen — 25 — w erden . J e d o c h schon a m sch N o v e m b e r m u ß te n al le V o lk s ­ schulen g e r ä u m t w erd en , u m die zurückkehrenden T r u p p e n u u te r - zu b r ing en . A l s die S c h u lh ä u s e r v o n T r u p p e n w ie d e r f re i w a r e n , nötig te die R o h l e n k n a p p h e i t v o n n e u e m auszusetzen. D a die h ö h e re n Schu len nicht aussetzen m u ß te n , konnte w en igs ten s in den d o r t a b ­ getretenen sowie in den gem ie te ten R ä u m e n a m 2 6 . N o v e m b e r , v o m s2 . D ezem b er auch w ieder in der T u l l a - , der R a r l - W i l h e l m - , der S ch il le r - , der Hebel- , M a r k g r a f e n - u n d in der R ü p p u r r e r Schule der U n te r r ic h t w iede r a u f g e n o m m e n w erd en . B e d ü r f t i g e n R i n d e r n der V olksschu le k a m e n fo lgende W o h l - f a h r t s e i n r i ch t u n g e n z u g u t : u . F re ie L eh rm i t te l a n 6535 (sZs?: 5907) R i n d e r , A u f ­ w a n d 37 95H M k . ( s 6 6 6 5 M k . ) b. w a r m e s F rühstück s9s8/s9*): s s 9 5 6 8 ( l9 s? /s8 : s83-s8ch P o r t i o n e n , A u f w a n d i m J a h r s9s8: sO s ŝs M k . ( l9 (7 : s6 2-ls2 M k . ) a . S ch ü le r sp e isu n g : D urchschn i t t l ich 6s5 ( > 9 l ? : 695) R i n d e r täg l ich , s 8 ^ 7 6 (230 226) P o r t i o n e n , A u f w a n d ä . S c h ü le rh o r te : s 9 s 8 / s 9 : 6 R n a b e n - u n d 7 M ä d c h e n h o r t e w ie im V o r j a h r e . B e such 296 (583) R n a b e n , 555 (H20) M ä d c h e n . D a z u H G a n z t a g s h o r t e . Z a h l der Z ö g l i n g e s96(Zs5). A u f w a n d s9s8: 3 8862 M k . ( s 9 s 7 : 55 s sO M k . ) s . F e r ie n k o lo n ie n : A u s w ä r t i g e R o l o n i e n s9 s8 : ^ s s O ( s 9 s 7 : ^ 77) R i u ben u n d H92 (5^8) M ä d c h e n . Landpflegeste llen in einzelnen F a m i l i e n s99 (sOOO) R n a b e n u n d H-sH (s793) M ä d c h e n . I m g an z en w a r e n s o m i t s5H 5 ( 3968 ) R i n d e r u n te rg e b ra c h t . D a s G r o ß h e r z o g s p a a r , G r o ß h e r z o g i n Luise, F ü r s t u n d F ü r s t i n v o n H o h en z o l le rn , P r i n z u n d P r in z ess in M a x lu d e n s 9 s 8 a u f die Schlösser od e r S c h lo ß g ü te r s ^ 7 ( s9 s7 : s56) R i n d e r a l s G ä s t e ein. Z m E r h o l u n g s h e i m des F r a u e n v e r e i n s in M a r x z e l l w a r e n s s 3 (s80) R i n d e r u n te rg e b ra c h t . E n d l i c h stellte der V ere in zu r H e i lu n g v o n A lk o h o lk ra n k e n sein H e im in R enchen u n d die S t a d t v e r - *) Da sich das Schuljahr und das Kalenderjahr nicht decken, haben wir in den Berichten über das Schulwesen jeweils bemerkt, ob jenes oder dieses unter den Angaben zu verstehen ist. w a l t u n g K a r l s r u h e i h r E r h o l u n g s h e i m in B a d e n zur V e r f ü g u n g . D u rc h den T a r i t a s v e r b a u d , A b te i l u n g K a r l s ­ r u h e konn ten 3 8 7 u n d durch den V ere in jüd ischer F r a u e n ­ b u n d 3 2 A i n d e r u n te rg e b ra c h t w erden . — D e r A assen- bericht des „ A u s s c h u s s e s fü r F e r ie n k o lo n ie n " verzeichnet in E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n die S u m m e v o u 7 6 3 3 s A lk . 7 6 P f . . U n t e r den E i n n a h m e n befinden sich die f re i ­ w i l l ig en B e i t r ä g e a u s den A re ise n un se re r S t a d t m i t (6 ( 6 7 U lk . ( 3 P f . , der B e i t r a g der S ta d tg e m e in d e m i t 2 0 0 0 0 U lk . ( ( 9 ( 7 : ( 5 000 U lk .) . A u ß e r d e m ü b e r n a h m die S ta d tg e m e in d e e inen T e i l der A ostcn , die dem A u s s c h u ß durch deu A u f e n t h a l t der A o lo n i e n im E r h o l u n g s h e i m erw uchsen . L. S o lb a d k u r e n : v o m B a d isc h e n F r a u e n v e r e in w u r d e n im B e ­ r i c h t s j a h r e 2 (H A i n d e r ( ( 9 ( 7 : 2 3 7 ) in S o l b ä d e r n u n t e r ­ g e b ra c h t . D e r G e s a m t - A u f w a n d d a f ü r b e t r a g ( 7 5 3 7 U lk . ( ( 7 7H ( U lk .) , d a v o n Z u s c h u ß der S t a d tg e m e in d e ( ( 2 0 7 U lk . ( 9 9 3 6 ) . W ä h r e n d des S o m m e r s f a n d auch i m B e r i c h t s ­ j a h r e a u f d em S o n n ta g p la t z , L u th e rp la tz u n d im S a l l e n w ä l d - chen bei g u te m W e t te r täg lich v o n f fs5 — r/,7 U h r eine L e i tu n g der A in d e rsp ie le durch K in d e r g ä r tn e r i n n e n statt, v o r z u g s w e i s e h a n d e l t es sich u m A i n d e r i m A l te r v o n 3 b i s 8 J a h r e n . D ie A osten bestri tt die S t a d t a u s S t i f t u n g s m i t t e l n . v o n den S c h u l ä r z t e n w u r d e n ( 9 ( 8 / ( 9 J a h r ­ g a n g I 2 3 3 ((9 ( 7 / ( 8 : 2 6 6 ) u n d a n s d em J a h r g a n g I I — V I I I 5 2 2 (-(07) E r k r a n k u n g e n gem elde t. D ie Z a h l der U b e r w a c h u n g s k in d e r b e t ru g in a l len Schu lbez irken z u s a m m e n 8 5 5 — 5, ( "/» ( ( 0 5 8 — 6 , ( °/<>) der G e s a m ts c h ü le rz a h l . I m S c h u l j a h r e ( 9 ( 8 / 1 9 ist " a c h Ansicht der S ch u lä rz te eine wesentliche V ersch lech terung gegen f rü h e r in der E r n ä h r u n g eingetre ten , w o v o n die j ü n g e re n Z a h r g ä n g e w en ig e r be­ tro ffen zu sein schienen, a l s die ä l te ren . D e r B e r ic h t bem erk t weiter , d a ß die reichen U l i t t e l , die die S t a d t zu r E r n ä h r u n g der V o lk s ­ schu lju gen d a u f w e n d e , e inen s ich tba ren R ü c k g a n g in der A o n s t i tu t io n der A i n d e r i m letzten A r i e g s j a h r e n icht zu v e r h in d e rn v e rm o c h t habe . D ie B e h a n d l u n g k o p f u n r e i n e r A i n d e r g in g w ä h r e n d der A r i e g s j a h r e u n u n te rb r o c h e n w eite r . D ie Z a h l der E in z e lb e h a n d ­ — 27 — lun gen in der R l in ik h a b e n ( 9 ( 6 / ( 7 u n d ( 9 ( 2 / ( 8 ü b e r ( ( 0 0 u n d ( 2 0 0 b e t ra g e n u n d sind ( 9 ( 8 / ( 9 a u f ( 5 0 0 gestiegen. D e r S p r a c h h e i l u n t e r r i c h t w a r seit B e g i n n des S c h u l j a h r e s ( 9 ( 6 / ( 7 w ieder m ö g l ich g e w o rd e n . W ä h r e n d f r ü h e r der g e s am te U n te r r ich t in e inem ze n tr a l gelegenen S c h u lh a u s e er te il t w o r d e n w a r , w u rd e n jetzt in verschiedenen S c h u lh ä u s e r n b i s in die N e b e n o r t e h i n a u s A b te i lu n g e n u n te rg e b ra c h t . B ie le E l t e r n b r in g e n freilich diesein U n te r r ic h t noch nicht d a s r ich t ige B e r s t ä n d n i s en tgegen . D ie Z a h l der v o n den U la s se n le h re rn u n d S c h u lä rz te n a l s sp rac h - oder schw ergehörle ideud festgestellten S c h ü le r übers te ig t die Z a h l der R i n d e r , die sich zu m U n te r r ic h t einstcllen, g ew öhn l ich u m d a s doppe l te b i s dreifache. I m J a h r e ( 9 ( 8 / ( 9 n a h m e n a m S p ra c h h e i lu n te r r i c h t 2 (H ( ( 9 ( 7 / ( 8 (8H) R i n d e r teil, ( 3 5 ( ( 0 5 ) R n a b e n u n d 7 9 (7 9 ) U läd chen , 9 3 (8 3 ) w a r e n S t a m m l e r , 5 ( ( 8 8 ) S to t t e r e r u n d HO ( ( 3 ) S c h w erh ö r ig e . A m S c h w i m m u n t e r r i c h t n a h m e n ( 9 ( 8 / ( 9 H29 ( ( 9 ( 2 / ( 8 6 3 3 ) R n a b e n u n d H2H (3H2) U ää d ch e n teil . S c h u lb ä d e r w u r d e n l 9 l 8 s 5 0 7 6 7 ( s 8 2 7 7 3 ) , B a d e k a r t e n f ü r d a s v i e r o r d s b a d zu ( O p f . d a s Stück 5 l 5 8 ( ( 9 ( 2 : ( 2 H 2 3 ) a n S c h ü le r u n d S c h ü le r in n e n abgegeben. I n e in igen S c h u lh ä u s e r n w u r d e n in den A b e n d s tu n d e n B o lk s b ä d e r abgegeben ( 9 ( 8 : 6 8 8 8 ( (H 2 8 2 ) a n U u l i t ä r p e r s o n e n w u rd e n i m B e r i c h t s j a h r 5 8 0 6 ( (82 5 0 7 ) B ä d e r in S c h u le n abgegeben. I n der H i l f s s c h u l e f ü r s ch w a ch b e f ä h i g t e R i n d e r b e t ru g die Z a h l der S c h ü le r ( 9 ( 8 / ( 9 2 8 6 ( ! 9 ( 7 / ( 8 2 6 8 ) , die der R lassen (. S tu f e 2 (2 ) , 2 . S tu fe ( ( ( ( ( ) . D e r Z e i c h e n u n t e r r i c h t fü r f re iw il l ige T e i l n e h m e r konnte im S c h u l j a h r ( 9 ( 2 / ( 8 w iede r b eg o n n e n w erd e n . I n diesem J a h r e w u rd e n 3HH S ch ü le r in ( 5 A b te i lu n g e n u n d ( 9 ( 8 / ( 9 298 in in ( 2 A b te i lu n g e n u n te rw ie se n . A m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s ( 9 ( 7 / ( 8 w a r e n noch ( 6 8 u n d ( 9 ( 8 / ( 9 noch (39 B e su ch e r ü b r ig . F ü r den R n a b e n h a n d f c r t i g k e i t s u n t e r r i ch t be­ standen a m S c h lu ß des J a h r e s ( 9 ( 7 / ( 8 8 ( R la s se n m i t ( 3 8 5 Schü le rn , d a v o n (3 3H B o lkssch ü le r , a m S c h lu ß ( 9 ( 8 / ( 9 8 6 R las se n m i t ( 6 ( 7 S ch ü le rn , d a v o n ( 5 ( 5 B o lksschü ler . D ie S c h ü l e r k a p e l l e zäh lte z u m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s ( 9 ( 7 / ( 8 im Z u s a m m e n s p i e l (5H T e i ln e h m e r , d a v o n 5 6 B o lksschü le r , H S ch ü le r — 23 — h ö h e re r L e h ra n s ta l t e n , 9 ^ w a r e n nicht m e h r schulpflichtig, l 9 l 8/ l 9 sind die en tsprechenden Z a h l e n s5H, 8 0 , 3 , 7 s. D ie A a p e l l e spielte w ä h r e n d des A r i e g e s 3 8 m a l zu r U n t e r h a l t u n g unse re r F e ld g r a u e n in den verschiedenen L a z a re t te n . A u ß e r d e m t r a t sie w ä h r e n d des A r i e g e s sH m a l bei verschiedenen A n lässen u n d a n verschiedenen G r t e n a u f . I n den H eeresd ienst t r a t e n i m L au fe der A r i e g s j a h r e 3 2 Z ö g l i n g e ; 6 v o n ih n e n sind g e fa l len . B e i den F l ie g e ra n g r i f f e n l 9 l 5 u n d l 9 l 6 w u r d e n H getötet. F ü r M i t w i r k u n g im G rchester erh ie l ten nach 5 j ä h r i g e r Z u g e h ö r ig k e i t l 9 s 6 / l 7 2 8 , l 9 l ? / s 8 20 u n d l 9 l b / l 9 2 s Z ö g l i n g e d a s silberne E hrenze ichen . D ie Z a h l der 5 ch ü l e r b i b l i o t h ek e n b e t r ä g t 2 8 , die G e ­ s a m tz a h l der B ä n d e l 9 l 6 / s 7 2 0 6 s 6 , d a v o n neu angeschaf t 2 2 7 9 , l 9 l 7 / s 8 2 3 3 2 3 , n eu s 3 3 0 , l 9 s 8/ l 9 2 3 7 6 6 neu D ie Z a h l der B e n ü tz e r b e t ru g in den drei S c h u l j a h r e n 8 6 5 0 , 7 6 5 8 , 8 s 9 5 , der A u f w a n d belief sich a u f 3 5 s 8 M k . 3 3 5 5 M k . , 3 6 0 9 ^ k . D ie kurz v o r d em A r i e g g eg rü nde te B ib lio thekgese llschaf t der L e h r e r b i b l i o t h e k zäh lte s 9 s 6 3 8 H , l 9 s 7 3 9 2 u n d s 9 s 8 ^ M i t ­ g l ie d e r . D ie Z a h l der en t l iehenen B ä n d e b e t ru g in den g e n a n n te n drei J a h r e n 7 H 56 , 8 s 0 6 , 9 3 6 2 , die der E n t l e ih e r 2 90 , 2 6 3 , 3 0 5 . D ie B e i t r ä g e der M i t g l i e d e r beliefen sich in den drei J a h r e n a u f 6 7 6 M k . , 696 M k . , 7 5 0 M k . D ie B ib l io th e k e r h ä l t v o n der S t a d tg e m e in d e jä h r l i c h s sOO M k . A u ß e r diesem Z u s c h u ß stellt die S t a d t den R a u m u n d die E in r i c h tu n g s g e g e n s tä n d e u n d t r ä g t die A os ten f ü r B e le u c h tu n g , H eizu ng u n d B e d ie n u n g des B ib l io th e k ­ r a u m e s . D ie B ib l io th e k z ä h l t a m S c h lu ß des J a h r e s l 9 s 8 H695 B ä n d e . D ie G o e t h e s c h u l e ( R e a l g y m n a s i u m m i t G y m n a s i a l a b ­ te i lu n g ) zäh lte l 9 l 7 / s 8 2 3 ( l 9 l 6 / l 7 22) A lassen . A u ch in diesem S c h u l j a h r m u ß t e n die U n te r r ic h t s s tu n d e n in einzelnen F ä c h e r » ge­ kürzt, a u ß e r d e m der U n te r r ic h t in den schwächer besuchten P a r a l l e l ­ a b t e i l u n g e n der ob e re n A lasse in w e i tg eh e n d em M a ß z u s a m m en g e leg t w e rd en . D e r w a h l f r e ie U n te r r i c h t m u ß t e au ch l 9 l 7 / s 8 a u s fa l l e n . D e r Z e i c h e n u n te r r i c h t konn te i n besch ränk tem M a ß du rch g e fü h r t w e rd e n , ebenso der T u r n u n t e r r i c h t . I m L a u f e des S c h u l j a h r e s t r a t e n 6 3 S c h ü le r i n s H eer e in , s o d a ß seit A r i e g s b e g in n 2 7 6 S ch ü le r der G oetheschu le e ingetre ten sind. D a v o n sind i m L a u f e dieses - 29 - S c h u l j a h r e s 9 gefa lle» . Z m e i S c h ü le r sind l 9 l 8 ges torben . I m F r ü h j a h r l 9 l 8 w u r d e n säm tl iche ü b e r l 6 J a h r e al te S ch ü le r m i l i tä rä rz t l ic h a u f ih re T a u g l ic h k e i t f ü r la n d w i r t s c h a f t l i c h e H i l f s ­ a r b e i t u n te rsuch t , v o n 2 ^ 6 U n te rsu c h ten erw iesen sich l 9 5 — 89 ,^ °/o a l s ta ug l ic h . A m S chluffe des S c h u l j a h r e s w a r e n 2H S ch ü le r bei V e r w a n d te n , 5 in f r e m d e n B e t r i e b e n i m la n d w i r t sch a f t l ich e n H ilfsd iens t , l 3 in a n d e re n H ilfsd iens ten tä t ig . I m R o t e n A re u z w a r e n i m L a u f e des J a h r e s 2 6 S c h ü le r a l s H i l f s a r b e i t e r b e ­ schäf tig t . D ie A n s ta l t beteil igte sich a n den v o r n R o t e n A re u z veran s ta l te ten u n d verschiedenen a n d e r e n S a m m l u n g e n . D ie R e i f e ­ p r ü f u n g der G b e r p r i m a f a n d m i t Rücksicht a u f die E in s te l lu n g e n i n s Heer A n f a n g U l a i l 9 l 8 s ta tt . J u r u n m i t t e l b a r e n A n s c h lu ß d a r a n w u r d e f ü r die e in b e ru fe n en U n t e r p r i m a n e r , sow ei t sie irr die G b e r p r i m a versetzt w a r e n , eine fü rso rg l iche R e i f e p r ü f u n g a b g e ­ h a l ten . D a r a n beteil ig ten sich 3 0 S c h ü le r . D ie H u m b 0 l d t s ch u l e ( R e a l g y m n a s i u m ) u m f a ß t e im S c h u l j a h r e l 9 l < / l 8 w ie i m V o r j a h r e l 5 A las sen . A u c h in dieser A n s ta l t m u ß te n U n te r r ic h t s s tu n d e n verkürzt u n d A lassen z u s a m m e n ­ gelegt w erd en . I m L a u fe des S c h u l j a h r e s w u r d e n 2 L eh re r u n d 3 l S ch ü le r i n s Heer e in b e ru fe n . l 5 S c h ü le r der A n s t a l t sind w ä h r e n d des A r i e g e s g e fa l len . D e r I u g e n d w e h r g e h ö r te n 39 S chü le r a n . A l s H i l f s s a n i t ä t e r w a r e n bei E n t l a d u n g v o n L azare t tzügen g ru p p e n w e ise l 6 S c h ü le r t ä t i g ; d em R o t e n U re u z s tanden l 5 zu H ilfsd iensten zu r V e r f ü g u n g . Z n l a n d w i r t s c h a f t ­ lichen H ilfsd iensten w a r e n l 9 l ? l 5 , l 9 l 8 7 S c h ü le r b e u r l a u b t ; dem A r i e g s w i r t s c h a f t s a m t h a t te n sich im S o m m e r l 9 l ^ 2 6 u n d i m S o m m e r l 9 l 8 3 S c h ü le r z u r V e r f ü g u n g gestellt. 9 5 ü b e r l 6 J a h r e a l te S c h ü le r w u r d e n i m U l ä r z a u f ih re T a u g l i c h k e i t z u m la n d w ir t sch a f t l ich e n H i l fsd iens t u n te rsuch t u n d 8 l , 6 ta u g l ic h befunden . A n der L a n d e s s a m m l u n g f ü r die A r i e g s - u n d Z i v i l ­ g e fa n gen en a u s B a d e n beteil ig ten sich m e h r e r e S c h ü le r , a n der S a m m l u n g f ü r die G r o ß h e r z o g s g e b u r t s t a g s s p e n d e 6H, a n der V o lk s z ä h lu n g h a l fe n H8 S c h ü le r m i t . W a h l f r e i e r U n te r r i c h t w u r d e i m G riechischen, i n : T ü rk ischen u n d in der S t e n o g r a p h i e er te il t . D e r T u r n u n t e r r i c h t einzelner A la s se n m u ß t e in die G o etheschu le verlegt w e rd e n . I n : g an z en f a n d e n b i s zu E n d e des S c h u l j a h r e s meist in fo lge v o n E i n b e r u f u n g e n m i t der o rden tl ichen 9 R e ife - — 30 — P r ü f u n g e n sta tt , die fü rso rg l iche R e i f e p r ü f u n g f ü r die U n t e r p r i m a n e r i m A n sc h lu ß a n die ordentl iche R e i f e p r ü fu n g . D ie V b e r r e a l s ch u l e zäh lte 1 9 1 7 /1 8 w ie i m V o r j a h r e l ö K las sen . w e g e n L e h r e r m a n g e l s m u ß te der U n te r r ic h t im T u r n e n f ü r V I b i s O I I I u n d der G e s a n g s u n te r r i c h t g a n z a n s - f a l l e n ; fe rn e r m u ß t e in a l len U lassen die S tu n d e n z a h l m e h re re r F ä c h e r v e r m i n d e r t w e rd e n , w a h l f r e i e r U n te r r ic h t w u rd e in L a te in u n d in der S t e n o g r a p h i e er te il t . D ie R e i f e p r ü f u n g fü r O I f a n d i m M a i statt . I m L a u f e des U l o n a t s J u n i w u r d e n die A b i tu r i e n t e n u n d a u ß e r d e m 2 1 S c h ü le r der ü b r ig e n G berk la ssen x ' z u m H eeresdienste e ingezogen . V o n den S c h ü le rn , die der B b e r - rea lschule bei A u s b r u c h des K r i e g e s noch a n g e h ö r te n , sind w ä h r e n d des S c h u l j a h r e s 1 9 1 7 / ( 8 2 gefa llen . D ie R e a l s c h u l e zäh l te 1 9 1 7 / ( 8 w ie im V o r j a h r e ( 3 K l a s s e n . D ie A n s ta l t h a t w ied e r u n te r den gleichen, durch den K r i e g ge­ bo tenen B e s c h r ä n k u n g e n der S c h u l r ä u m e u n d der L e h re rza h l a rbe i ten m üssen w ie ( 9 1 6 / ( 7 . I m J a h r e s b e r i c h t ist u . a . b em erk t : „L e id er h a t die R e a lsch u le in d iesem J a h r e e inen beso n d e rs schweren V e r ­ lust zu bek lagen . A m 10. A p r i l d. I . ist H e r r P ro fe s s o r R u d o l f B i t t r o l f v o u e in em l a n g e » u n d schweren Leiden durch den T o d erlöst w o r d e n . " A n der R e a lsch u le w a r er schon in den J a h r e n ( 8 8 9 — 91 a l s P r a k t i k a n t t ä t ig gewesen. 1 9 9 8 w u rd e er a u f se inen W u n s c h a l s P ro f e s s o r w ieder a n die R e a lschu le in K a r l s r u h e versetzt. B e i A u s b r u c h des K r i e g e s h a t sich P ro fe s s o r B i t t r o l f a l s K r i e g s f r e iw i l l i g e r iu den Dienst des V a te r l a n d e s gestellt. M i t de m E i s e r n e n K re u z ausgeze ichnet u n d z u m L e u t n a n t d. L. befö rd e r t , h a t er nach zwei J a h r e n w egen le idender G e su n d h e i t den H eeresd ienst w ied e r ver lassen m üssen . A u c h v o m Schuldienst m u ß t e er b a l d e inen lä n g e re n U r l a u b n e h m e n , leider vergeblich . — Z u m H eeresd ienst sind im S c h u l j a h r 1 9 1 7 / ( 8 16 S ch ü le r ein­ b e ru fe n w o r d e n . V o n e h e m a l ig e n S c h ü le rn der A n s ta l t sind 5 in d iesem S c h u l j a h r e g e fa l len . — w a h l f r e i e r U n te r r ic h t w u r d e in der S t e n o g r a p h i e erteilt . F ü r die L e s s i n g sch u l e (H ö h e re M ä d c h e n sc h u le m i t M ä d c h e n g y m n a s i u m ) b rac h te d a s S c h u l j a h r 1 9 ( 7 / 1 8 keine w esent­ liche Ä n d e r u n g der du rch den K r i e g b ed in g ten V erhäl tn isse . N o ch m u ß t e sich die A n s t a l t m i t der F ichteschule in die B e n ü tz u n g ih r e s > - 31 — S c h n lh a n s e s teil-:», ebenso w ie in fo lg e des W a n g e l s a n R a u m u n d a n L eh rk rä f ten die V e rk ü rz u n g der S tu n d e n z a h l bestehen blieb . D ie Lessingschule u m f a ß t e 1 9 1 ? /1 8 2 2 R la s se n w ie i m V o r j a h r e , n ä m l ic h 3 (H) Vorschulklassen, 12 ( 1 1 ) R la s se n u n d 1 F o r t b i l d u n g s ­ k u r s der H öheren W ä d c h e n sc h u le u n d 6 G y m n a s ia lk la s s e n , I n den letzteren ist E n g l i s c h w a h l f r e i , im F o r t b i l d u n g s k u r s I t a l i e n i s c h , H a n d a rb e i t e n u n d R o c h en , v o n den 8 i m H eeresd ienst stehenden L eh re rn ist P r a k t i k a n t R a r l F ö rs te r a m 2 0 . S e p t e m b e r 1 9 1 ? gefa llen . E r w a r m i t dein E i s e rn e n R r e u z I. R la sse u n d d em R a r l - F r i e d r i c h s - G r d e n ausgezeichnet. A n den verschiedenen S t r a ß e n - s a m m l u n g e n fü r v a te r län d isch e Zw ecke w irk ten die S c h ü le r in n e n m i t , zu r W e ih n a c h tsb e sc h e ru n g a r m e r R i n d e r der V olksschule spendeten sie G a b e n a n G e ld , R le id ung ss tü ck en u n d S p ie lz eu g . E i n e m „ u n g e n a n n t e n W o h l t ä t e r " , h a t t e n zwei S c h ü le r in n e n einen v ie rm o n a t l ich e n E r h o l u n g s a u f e n t h a l t in G r a u b ü n d e n zu v e rd a n k en . D a s W ä d c h e n g y in n a s iu m , d a s a m 16. S e p t e m b e r 1893 eröffnet w o rd e n w a r , vollendete 191?/18 d a s 25. J a h r se ines B es tehens . D e r E r n s t v e rb o t eine F e ie r . D a g e g e n h a t P ro f e s s o r v r . S i g m u n d Reichenberger in e iner g r ö ß e r e n S c h r i f t *) einen geschichtlichen Rückblick a u f die E n tw ic k lu n g des W ä d c h e n g y m n a s i u m s v e r f a ß t . E r beh a n d e l t die Geschichte dieser j u n g e n P f la n z e a l s p r i v a t s c h u le 1893— 1898, ih re V e r e i n ig u n g m i t der H ö h e re n W ä d c h e n s c h u le vor­ deren T e i lu n g 1898— 1911 u n d d a s W ä d c h e n g y m n a s i u m i m neuen H e im der Lessingschule seit 1 9 p . D ie F i c h t e s c h u l e (H öh e re A lädc hensch u le ) zäh l te I 9 l ^ / s 8 2H R lassen (1916/1? 26). D e r J a h r e s b e r i c h t bem erk t u . a . , d a ß die S c h ü le rz ah l eine merkliche E i n b u ß e durch A u s t r i t t e in fo lg e E rk r a n k u n g e n der S c h ü le r in n e n o d e r W e g z u g s der E l t e r n , h ä u f ig w egen der F l i e g e r g e f a h r er l i t ten h a b e . — G b e r r e a l l e h r e r F r a n z A R il le r ist nach 5 0 j ä h r i g e r T ä t ig k e i t i m S c h u lfac h in den R u h e ­ stand getre ten . D e r J a h r e s b e r i c h t s a g t v o n i h m : „ E r w a r nicht n u r ein ausgezeichneter L eh re r , so n d e rn auch ein h e r v o r r a g e n d e r E rz ie h e r . " A m 9- J u n i 1918 ist P ro f e s s o r E u g e n B o u g i n e ge­ fallen. Ü b e r i h n h e iß t e s i m J a h r e s b e r i c h t : „ S e i n offenes, *) D a s A arlsrnher M ädchengymiiasiui». A arlsrn he, Malsch A Vogel. — 32 — g e r a d e s u n d w a r m h e r z i g e s W e se n , seine strenge Gerechtigkeits l iebe u n d sein h o h e s P f l i c h tg e fü h l e r w a r b e n i h m die Liebe der S c h ü le r in n e n u n d die H o c h a c h tu n g der A m ts g e n o s s e n . " — A m H a u s h a l t u n g s - u n d R o c h u n te r r ic h t bete il ig ten sich H5 S c h ü le r in n e n . D a s G y m n a s i u m zäh lte w ie i m V o r j a h r e 17 A lassen . W a h l f r e i e r U n te r r ic h t w u r d e im E n g l i s c h e n , i m H ebrä ischen , im Z e i c h n e n u n d in der S t e n o g r a p h i e er te il t . 16 S c h ü le r sind im J a h r e 1918 ge fa l len oder i h r e n V e r w u n d u n g e n er legen . A m 2 . A k a i 1918 s ta rb P r o f e s s o r R i e g e r . D e r J a h r e s b e r i c h t sa g t ü b e r h i n : „ w i r b e d a u e r n tief, d a ß sein H erze n sw u n sch , d a s i h m im J u l i 1917 a n u nse re r S c h u le ü b e r t r a g e n e L e h r a m t anzu tre ten , sich n ich t v e rw irk l ic h te ." L a n d g e r i c h t s p r ä s id e n t V r . T re f z e r m achte z u m A n d e n k e n a n seine beiden S ö h n e , die f rü h e r die A n s ta l t be­ suchten, eine S t i f t u n g v o n HOOO Akk., denen er sp ä te r weitere 1000 h in z u fü g te , deren Z i n s e r t r ä g n i s w ü r d ig e n S c h ü le rn des G y m n a s i u m s zugu te k o m m e n soll. I m S c h u l j a h r e 1917/18 w u rd e d a s S t i p e n d i u m e r s tm a l s e in em S c h ü le r ver l iehen . D a s L e h r e r s e m i n a r I u m f a ß t e 1917/18 w ie i m V o r j a h r e 3 I a h r e s k u r s e in 5 A las sen . w ä h r e n d des S c h u l j a h r e s w u rd e n 3 2 S c h ü le r z u m H eeresd ienst e iu b e ru fe n . I m Heeresdienst be fa n d en sich der D i re k to r u n d v ie r w eite re L eh re r . 6 S ch ü le r sind ge­ f a l len . — D e r U n te r r ic h t w u r d e l c h r p l a n m ä ß i g e r te i l t ; n u r der U n te r r ic h t in H a n d fe r t ig k e i t u n d B ü r g e r k u n d e fiel a u s . Z u l a n d ­ w ir tsch a f t l ich en A rb e i t e n w u r d e n 2 2 Z ö g l in g e des S e m i n a r s a u f 8 b i s 1H T a g e b e u r l a u b t . D ie HOO j ä h r i g e W ie d e rk e h r des G e ­ b u r t s t a g e s der R e f o r m a t i o n w u r d e in schlichter w e i s e gefe ier t : P r o f e s s o r W a g n e r sp ra c h ü b e r „ D ie B e d e u t u n g L u th e r s f ü r unsere Z e i t " , der s te llvertre tende D ire k to r ü b e r „ L u t h e r a l s E rz ie h e r . " D a s L e h r e r s e m i n a r I I zählte 1917/1,8 w ie im V o r j a h r e 3 I a h r e s k u r s e in H A las sen . I m L a u f e des S c h u l j a h r e s w u rd e n 51 S c h ü le r z u m H eeresd ienst e ingezogen . I n f o l g e d a v o n konnte der U u r s I V (u u n d b ) in einen U u r s z u s a m m e n g e le g t w erden . 7 S c h ü le r sind i m L a u fe des S c h u l j a h r e s gefa l len . — D ie S ch ü le r der M i t t e l s c h u le n u n d der S e m i n a r e bete il ig ten sich rege a n der Z e i c h n u n g zu r 7 . u n d 8 . A r i e g s a n l e i h e . D e r U n te r r i c h t in der B a u g e w e r ke s ch u l e w u r d e auch 1917/18, d a d a s A n s t a l t s g e b ä u d e m i t e in em L a z a re t t belegt w a r , — 53 — in den R ä u m e n der K un s tgew erbeschu le erte il t . F ü r die u n te re n K lassen sollte der U n te r r ic h t in a l len A b te i l u n g e n s ta ttf inden , in den höheren A lassen a b e r n u r d a n n , w e n n bei g e n ü g e n d e n A n ­ m e ld u n g en die n ö t ig e n V o r b e d in g u n g e n e r fü l l t w e rd e n konn ten . A m 3. N o v e m b e r ( 9 ( 1 w u r d e die A n s t a l t m i t 2H neuen u n d 2 3 f rü h e re n S c h ü le rn eröffnet u n d diese in 7 K la f f e n un te rr ich te t . U n te r ih n e n b e fa n d e n sich 2 8 K rieg sb e sc h ä d ig te , ( 3 s t a m m e n a u s K a r l s r u h e . D e n B e r u f s a r t e n nach sind 2 0 M a u r e r , 6 Z i m m e r - leute, 5 B a h n a r b e i t e r , M a sch inensch lo sse r , je ( ist B a u sc h lo f f e r u n d Elektro techniker. V o n in s g e s a m t 7 3 7 S c h ü le rn der A n s t a l t stehen 6 3 2 b e im Heere. F ü r die A b h a l t u n g des U n te r r i c h t s stehen (H p l a n m ä ß i g e L eh re r zu r V e r f ü g u n g ; v o n diesen sind m e h re re b e im R o te n K re u z u n d b e im K r i e g s h i l f s d i e n s t t ä t ig . H eeresdienste leisten ( 6 Lehrer , ( K a n z le ig eh i l fe u n d 2 D ien e r . 3. Kunst. D a s G r o ß h e r z o g l i ch e H o f t h e a t e r g a b ( 9 l ? / l 9 l 8 (sO. S e p te m b e r s s t l ? b i s ( 6 . J u n i ( 9 l 8) in K a r l s r u h e 2 6 7 V o r ­ stellungen, in B a d e n 29 u n d z w a r 2 8 i m G r o ß h . T h e a t e r u n d s a u f der N e u e n K u r h a u s b ü h n e . V o n den 2 6 7 V o rs te l lu n g e n in K a r l s r u h e w a r e n (3H S c h a u s p ie l - , 125 G p e r n - u n d 8 gem ischte A bende und z w a r s 9 8 M ie tv o r s te l lu n g e u u n d 69 S o n d e r v o r s t e l l u n g e n . V o n den letzteren w a r e n ( 5 a l lg em e in e , 5 M ä r c h e n a u f f ü h r u n g e n u m die W e ih n a ch tsz e i t , ( 5 f ü r die R ü s tu n g s a r b e i t e r , ( f ü r die V a te r län d ische V e r e in ig u n g , 8 S c h ü le rv o rs te l lu n g e n m i t d az u e in ­ gerichteter M ie te , ( f ü r die a n G s t e r n z u r E n t l a s s u n g k o m m e n d e n Volksschüler , f ü r den V ere in V o lk s b i l d u n g , ( ( E h re n g a s ts p ie le (2 E l l e n Petz, 2 Z o h n F o rse l l , 6 H ein r ich Hensel, ( F r i t z F e i n h a l s ) , 2 G esa m tg a s tsp ie le (je ( H o f th e a te r M a n n h e i m u n d N e u e s T h e a t e r F r a n k f u r t a . N I . ) , 2 f ü r w o h l t ä t i g e Zwecke (je ( f ü r die H o f ­ th e a te rp e n s io n sa n s ta l t u n d die M o h l f a h r t s k a s s e f ü r D eutsche B ü h n e n ­ m itg l ied er) u n d 3 F re iv o rs te l lu n g e n f ü r V e r w u n d e te , a u ß e r d e m d a s Festkonzert a m G e b u r t s t a g des G r o ß h e r z o g s u n d ( A u f f ü h r u n g des „ H e i m a t f r o n t t h e a t e r s " zu r festlichen B e g e h u n g seiner 2 0 0 . A u f ­ f ü h r u n g a m 2 8 . J u l i , v o n d em letzteren w u r d e die K le in s ta d t- K o m ö d ie v o n P a u l ^ u e n s e l „ D a s A l t e r " gegeben. 3 — 3§ — I m S täd t i sch e n A o n z e r t h a u s w u r d e n 5 6 V o rs te l lu ng en gegeben, d a r u n t e r ^ G e s a m tg a s t s p i e le : Z A o n r a d D re h e r u n d s v o n M i t - g l iedern d es H o f t h e a t e r s M a n n h e i m . D ie S o m m e r o p e r e t t e daselbst w u r d e a m 8 . J u n i eröffnet. I m H o f th e a te r u n d i m A o n z e r t h a u s z u s a m m e n w a r e n A u to r e n m i t m in d e s te n s 5 A u f f ü h r u n g e n v e r t re ten u n d z w a r im S c h a u s p ie l : A n z e n g r u b e r , G o e th e , Heyse u n d S c h ö n th a n m i t je 5 , H a r t w i g u n d S h a k e s p e a re m i t je 6 , H ebbe l u n d M e y e r - F ö r s t e r m i t je 7, M eis t , S u d e r m a n n u n d T h o m a m i t je 8 , G ö t t m i t 9 , Schil ler m i t sO, F u l d a m i t s 3 ; in der O p e r : A ien z l u n d N e d b a l m i t je 5 , J o ­ h a n n S t r a u ß m i t 6 , B e r t h ö — S c h u b e r t u n d L ortz ing m i t je 8, V e rd i m i t sO u n d R i c h a r d M a g n e r m i t s8 . U r a u f f ü h r u n g e n w a r e n 2 , n ä m l ic h die beiden S chausp ie le „ A d a m " v o n S t a d e l u n d „ H e i m a t " v o n S t e r n b e r g , E r s t a u f f ü h r u n g e n 2 s i m S c h a u s p ie l , d a r u n t e r „ E d e l w i l d " v o n G ö t t , „ B a u m e i s t e r S o l n e ß " v o n I b s e n , T o l s to i : „ D a s Licht leuchtet in der F in s te r n i s " u n d „ D ie M o r a l " v o n T h o m a , in der O p e r 5. A n a u s w ä r t i g e n B ü h n e n w u r d e n 2 2 G as tsp ie le v e ra n s ta l te t : 8 in H e ide lbe rg , 5 in F r e i b u r g , H in R a s t a t t , je s i m N e u e n T h e a t e r in F r a n k f u r t a . M . , i m H o f th e a te r in M a n n h e i m , in M ü l h a u s e n i. E . , i n N e u s t a d t a . H . u n d in v i l l i n g e n , a u ß e r d e m 3 5 G astsp ie le a n der F r o n t , u n d z w a r v o m 8. J u l i b i s s. A u g u s t s s i l ? a n der O s t f r o n t bei der H e e re s g r u p p e L ins ingen ssi V o rs te l lu ng en , v o m 2 3 . b i s 3 0 . S e p t e m b e r s y s O sO V o rs te l lu n g en in Lille u n d v o m s7 . b i s 2 2 . J a n u a r ( 9 s 8 H V o rs te l lu n g en b e im X X V I . R eserve­ k o r p s . D ie M i t g l i e d e r des S c h a u s p ie l s u n d der O p e r ve rans ta l te ten a u ß e r d e m G as tsp ie le in e iner A n z a h l v o n S t ä d t e n der H e im a t f r o n t . I n i H o f th e a te r h ie r w a r e n es 2 5 s 7 s 3 zah lende B esucher , im A o n z e r t h a u s (o h n e S o m m e r o p e r e t t e ) H 6 9 5 ( u n d i m T h e a t e r in B a d e n s 0 2 5 3 , v e r w u n d e t e m i t f re iem E i n t r i t t s H 6 9 3 . — A n f a n g D ez em b e r w u r d e b e k a n n t g eg e b en , d a ß m i t G e n e h m i g u n g des M i n i s t e r i u m s M i l i t ä r p e r s o n e n b e im Besuch des T h e a t e r s a u f a l le n P lä tz e n h a l b e P re i s e zah len . E i n e B e sc h rä n k u n g der P l a t z ­ a n w e i s u n g n ac h dein R a n g v o n M i l i t ä r p e r s o n e n h a b e w egzufa l len . N e u e ingetre ten s in d : S ä n g e r A a r l S ey de l , die S chausp ie le r R o b e r t B ü r k n e r u n d O s k a r H u g e l m a n n ; S ä n g e r in n e n N e l l y S c h la g e r — 35 — und F r i e d a E i s e n h a r t ( a u s g e t r e te n a m ( . N o v e m b e r ) , S c h a u ­ spielerin R u t h Linke. G e s to rb e n : K a m m e r m u s i k e r V o l l r a t h G r ü s c h o w a m ( 7 . J a n u a r , H o fm us ik er H einr ich A p e l a m 2H. M ä r z ( 9 ( 8 . H M i t g l i e d e r t r a t e n in den R u h e s t a n d . A m s. S e p t e m b e r ( 9 ( 8 sind 6 M i t g l i e d e r a u s g e t r e te n , d a r u n t e r H ofkonzer tm eis te r R u d o l f D e m a n , die S ä n g e r in n e n M a r g a r e t e B r u n t s c h u n d M a r g a r e t e v o n M e d u n a , S c h a u s p ie le r in E d i t h D e m a n , die S c h a u s p ie le r H a n s K r a u s u n d R e in h o ld L ü t t j o h a n n . U n te r der F a h n e s ta n d en HO M i t g l i e d e r . V o m ( . N o v e m b e r a n spielte den M o n a t h in d u rc h i m K o ­ losseum d a s B a y e r i s c h e B a u e r n t h e a t e r J o s e p h M e t h P ossen , S ch w än k e u n d derg l . S e h r g r o ß w a r w ie d e r u m die Z a h l der K o n ze r te , w i r m üssen u n s a u f A n f ü h r u n g der haup tsäch lichsten beschränken. D a s H o f o r c h e s t e r g a b K o n ze r te a m 9 . J a n u a r , 2 0 . F e ­ b r u a r , ( 5 . A p r i l , ( 6 . M k to b e r u n d 2 ( . N o v e m b e r . H o fk a p e l l ­ meister E o r t o le z i s h a t te die L e i tu n g m i t A u s n a h m e des 2 . K o n z e r t s , d a s K ap e l lm e is te r Lorentz d ir ig ie r te . V o n S o lis ten w irk ten m i t H e lm u t N e u g e b a u e r , B r u n o Z ie g le r , B e a t r i c e L a u e r - K o t t l a r ( G e ­ s a n g ) , H ofkonzertmeiste r S c h i e r i n g - D a r m s t a d t , J o s e p h p e isch e r (V io l in e ) , K o n r a d A u s o r g e - B e r l i n , P ro f e s s o r S c h m i d t - L i n d n e r ( K la v ie r ) u n d G r g a n i s t T h e o d o r B a r n e r ( G r g e l ) . A u f g e f ü h r t w u rd e n M erke v o n B a c h , B e e th o v e n , B r a h m s , E h o p i n , I . E r b , H änd e l , H a y d n , M o z a r t , R e g e r , S chub er t -L isz t , S c h u m a n n , G g . Szell. A m ( 8 . A u g u s t v e ra n s ta l te te d a s Hoforchester u n te r L e i tu n g v o n E o r to le z i s m i t verschiedenen M i t g l i e d e r n des H o f t h e a t e r s eine M o r g e n a u f f ü h r u n g des schweizer isch-ungarischen R o t e n K re u z e s , v o n einheim ischen K ü n s t le rn , die a l s S o l is ten in besonderen K o n ­ zerten hier a u f t r a t e n , sind zu n en n e » der P i a n i s t G e o r g M a n t e l , die P i a n i s t in n e n F r a u B e n z iu g e r , F r ä u l e i n A l ic e K r i e g e r , J o h a n n a K u n z , M a t h i l d e R o t h , die V io l in i s t in M a r g a r e t e S c h w e ik h a r d , die L ä n g e r v a n G o r k o m u n d N e u g e b a u e r - P e c z ; a u ß e r d e m v e ra n s ta l te ten die S ä n g e r in n e n E v e l y n Fech t , E l i s a b e t h G u t z m a n n u n d F r a u Helene J u n k e r je e inen S c h ü le r in n e n - A b e n d . E i n K o m p o s i t i o n s - A b e n d A r t h u r K us te re r u n d eine R e ih e m usikalischer M o r g e n a u f f ü h r u n g e n , zusam m geste ll t u n d eingeleitet du rch B r u n o S t ü r m e r , seien a n g e f ü h r t . — v o n a u s w ä r t i g e n Solis ten t r a t e n die S ä n g e r i n n e n D o r a P o p p e n , A u n y G a u t z h o r n u n d E l e n a G e r h a r d t , die P i a n i s t i n H e d w ig F a ß ­ b e n d e r -Z ü r ic h a u f . I n e in em A o n z e r t zuguns ten des B a d ischen H e im a td a n k s w irk ten H e r t a I a y — v o n Seldencck (V io l in e ) , B e a t r i c e L a u e r - A o t t l a r ( G e s a n g ) u n d H e d w ig M a r x - A i r s c h ( A la v ie r ) in it . D e r deutsche A r i e g s m ä n n e r c h o r L a o n v erans ta l te te einen L iederabend zuguns ten der A r i e g s w o h l f a h r t s p f l e g e . A u ch in L a z a re t ten fan d e n w ied e r musikalische D a r b i e t u n g e n statt . D ie kirchenmusikalischen V e r e in ig u n g e n g a b e n die j ä h r l i c h w iederkehrenden A onzerte , d e s ­ gleichen die hiesigen G e s a n g v e r e in e u n d der B a c h v e re in . D ie H ebel­ feier des L iederk ranzes f a n d der F l i e g e r g e f a h r w egen i m Aonzert-- h a u s sta tt . D a s G r o ß h e r z o g l i c h e K o n s e r v a t o r i u m f ü r M u s i k v e ra n s ta l te te a m s. D ez em b e r s y s ? zu r F e ie r des G e b u r t s t a g s der G r o ß h e r z o g i n einen F estak t. I m L a u fe des S c h u l j a h r e s l 9 j 7 / l 8 f a n d e n t 5 V o r t r a g s ü b u n g e n u n d tH P r ü f u n g s k o n z e r t e statt . V o r ­ t r ä g e hie lten l 9 l 7 / s 8 : S t a d t p f a r r e r V . Hesselbacher ü b e r „ N e u e r e L i t e r a t u r " , P ro f e s s o r V r p r e i s e n d a n z ü b e r „A ltgriech ische D ic h tu n g " u n d H o f r a t O rd e n s te in ü b e r die „D eu tsch e M u s ik v o n Hektor B e r l i o z a n b i s z u r G e g e n w a r t " , m i t letzteren: w a r e n musikalische D a r b i e t u n g e n v e r b u n d e n . D e r „ G r o ß h e r z o g i n - L u i s e - S t i f t u n g " zu­ gu ns ten der L e h re r in n e n w u r d e n v o n e iner der A n s ta l t nahestehenden P ersö n lichk e i t 5 0 0 M k . u n d der E r t r a g der P r ü f u n g s k o n z e r t e m i t 5 0 0 M k . üb e rw ie sen . D ie S ta d tg e m e in d e leistete einen Z u s c h u ß v o n 6 0 0 0 M k . D e m A n d e n k e n v o n P ro fe s s o r J u l i u s Scheid t w id m e t der J a h r e s b e r i c h t fo lgend en N a c h r u f : „ D e r V ers torbene , der der L eh re rsch af t fast seit B e g r ü n d u n g der A n s ta l t ang ehö r te , h a t sich u m i h r A u f b l ü h e n g r o ß e u n d n a c h h a l t ig e Verdienste er­ w o r b e n . E r w a r ein h o c h b e g a b te r vie lseit iger M u s ik e r u n d ein du rch p f l ic h t t r e u e u n d H in g a b e a n seinen B e r u f vo rb i ld l ich er P ä d a g o g e . S e in A n d e n k e n w i r d in D a n k b a rk e i t h o chge ha l ten w e rd e n ." E i n e n w eite ren V er lu s t e r l i t t die A n s ta l t du rch den T o d des A a m m e r - m u s ik e rs V o l l r a t h G r ü s c h o w , au c h er w i r d „ i n der Geschichte der A n s t a l t i m m e r einen E h r e n p l a t z e i n n e h m e n ." I m M u n z ' s c h e n A o n s e r v a t o r i u m hielt B r u n o S t ü r m e r u n te r M i t w i r k u n g des V io l in is ten O t t m a r V o ig t u n d E l i s a b e t h Schultze eine V o r l e s u n g ü b e r die V io l in s o n a te v o n i h r e n ersten A n f ä n g e n b i s zu r neuesten Z e i t . D ie neu gegründe te T h ea te rh o c h sc h u le A a r l s r u h e w u r d e der A n s ta l t a n g e g l ie d e r t ; L e i tu n g — 37 — A a m m e r s ä n g e r B u s s a r d , D r a m a t u r g O r . Roennecke u n d K a p e l l ­ meister S t ü r m e r . I n der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m 7. A A rrz w u r d e der A n k a u f je eines G e m ä l d e s v o n P ro f e s s o r W a l t e r G o n z , P ro f e s s o r L u d w ig D il l u n d a u s d e m N a c h l a ß des P r o f e s s o r s G u s t a v A a m p m a n n fü r die städtischen S a m m l u n g e n g en e h m ig t . A l s w e r tv o l l e S t i f t u n g des A o m m e r z i e n r a l s O r . lr. c . N keier- S t r a u s ist b e im neuen G i n g a n g des S t a d t g a r t e n s eine r u h e n d e „ F l o r a " v o n B i l d h a u e r P ro fe s s o r G e o r g S c h re y ö g g aufgestellt w o rd e n . IV. Politisches, industrielles und Vereinslrbrn. 1. Politisches Leben. A r i e g s v e r h ä l t N i s s e b i s z u r R e v o l u t i o n u n d d e i n W a f f e n s t i l l s t a n d . > ^ ^ u c h i m J a h r e l 9 s 8 g in g der K a m p f zunächst a u f a l len I K r ie g s sc h a u p lä tz e n in dein se itherigen U m f a n g e w eiter . M i t R u ß l a n d , u n d in fo lg e d a v o n auch m i t R u m ä n i e n , w u rd e z w a r F r i e d e n geschlossen, a b e r z u m n o r m a l e u F r ic d e n sz u s ta n d a n der O s t - u n d L ü d o s t f ro n t k a m es doch nicht. D ie B e z ieh u n g en zu d e m bolschewistischen R u ß l a n d w a r e n zu unsicher, R u m ä n i e n v o l le n d s erk lä rte , s o b a ld es du rch den U m s c h w u n g i m Westen freie H a n d h a t te , w ie d e r den K r i e g a n D eu tsch land . Ü b e r d ie s w u rd e n durch den W a f fe » s t i l l s t a n d s v e r t r a g die F riedenssch lüsse v o n B re s t -L i to w sk u n d B u k a re s t f ü r u n g ü l t i g e rk lä r t . I m Tarife des J a h r e s w u ch s die Z a h l un se re r G e g n e r . A m 2 3 . A p r i l e rk lä rte G u a t e m a l a a n D e u ts c h la n d den A r i e g , a m 7. M a i N i c a r a g u a , a n i 2^s. M a i E o s t a r i c a , a m s 2 . J u l i H o n d u r a s , B r a s i l i e n , d a s m i t u n s schon i m J a h r e t y s ? in K r i e g s z u s ta n d getre ten w a r , e rk lä r te a m sH. S e p ­ te m b e r a n Ö s t e r r e i c h - U n g a r n den A r i e g , zu einer Z e i t a lso , in der die D o n a u - M o n a r c h i e b e re i ts der A u f lö s u n g n a h e w a r . M ex iko u n d A r g e n t in i e n l ießen sich nicht in den A r i e g tre iben , letzteres h a t te s o g a r ü b e r seine deutsch-freundliche G e s in n u n g keinen Z w e ife l gelassen. F re i l ic h h a t t e n die K r i e g s e r k l ä r u n g e n dieser am erikanischen S t a a t e n keinen n e n n e n s w e r te n E i n f l u ß a u f den G a n g des K a m p f e s . S i e ko nn ten u n ges tö r t deutsche Schiffe oder a n d e r e s deutsches E i g e n t u m w e g u e h m e n , d a s w a r w o h l a l le s . - 39 - W i r beschränken n n s a u f diesen kurzen B e r i c h t ü b e r die a l l ­ gem eine K r i e g s l a g e i m J a h r e l 9 l 8 . H ie r in d iesem A b sc h n i t t w i rd , w ie in den v e r g a n g e n e n K r i e g s j a h r e n g e n a u e r geschildert, wie w e it die kriegerischen E re ig n is se m i t ih r e n F o l g e n u n d die du rch den K r i e g bed in g ten M a ß n a h m e n die S t a d t K a r l s r u h e u n m i t t e l b a r be rü h r ten . D u rc h den K lü n g e l a n K o h le n u n d R oh s to f fen w a r e n die D e u t s c h e n M a s s e n - u n d M u n i t i o n s f a b r i k e n v o m 2 2 . D ezem ber l 9 l ? ^ l 6 . J a n u a r l 9 l 8 zu u n f r e iw i l l i g e m F e ie rn gezw u n g en w o rd e n . W e g e n der E n t s c h ä d ig u n g der A r b e i t e r f ü r den a u s fa l l e n d e n L o h n w u rd e erst du rch V e r h a n d l u n g e n i m R e ic h s ­ w i r t s c h a f t s a m t in B e r l i n E i n i g u n g erzielt. A m l 5 . J a n u a r veröffen tlich te d a s G e n e r a l k o m m a n d o eine B e k a n n t m a c h u n g des K r i e g s m i n i s t e r i u m s ü b e r B e s c h l a g n a h m e u n d B e s t a n d s a u f n a h m e v o n sogen , u n e c h t e m S e e g r a s . D urch B e k a n n t m a c h u n g des M i n i s t e r i u m s des I n n e r n v o m s 6. J a n u a r w u rd e f ü r d a s E r g r e i f e n v o n I n s a s s e » f e i n d ­ l i c h e r F l u g z e u g e eine B e l o h n u n g b i s zu sOOO M k . ausgesetzt . A n f a n g F e b r u a r t r a f e n s 8 B a d e n e r , die zu den m i t E n g l a n d a u s g e t a u s ch t e n G e f a n g e n e n g e h ö r te n , h ier ein u n d w u r d e n in L azare t ten h ie r u n d in E t t l i n g e n u n te rg e b ra c h t . L a u t B e k a n n t m a c h u n g v o m 6 . F e b r u a r soll ten k ü n f t ig bei d roh en de r F l i e g e r g e f a h r n a c h t s die gleichen W a r n u n g s z e ic h e n (S i r e n e n u n d S ig n a lb o m b e n ) w ie a m T a g e a b g e g e b e n w erd e n . A m 9- F e b r u a r legte die S t a d t a u f die N a c h r i c h t v o m F r i e d e n s ­ s c h l u ß mi t der U k r a i n e F la g g e n sc h m u c k a n , ebenso a m s s. w egen des F r i e d e n s m i t R u ß l a n d , u n d es w u r d e m i t G locken geläute t . A u ß e r d e m spielte die K a p e l l e des s. E r s . - B a t . des Leib- G r e n . - R e g t s . s09 e inige w e i s e n . A m sO. F e b r u a r f a n d in i E v a n g e l i s c h e » G e m e i n d e h a u s der S ü d s ta d t eine v a t e r l ä n d i s c h e v o l k s f e i e r s ta t t m i t V o r t r a g des S ta d tv e r o rd n e te n R ü c k e r t : „ M e i n e E r le b n is s e bei m e in e r Reise a n der W e s t f r o n t . " A m s 6 . F e b r u a r veröffentlichte d a s G e n e r a l k o m m a n d o eine B e k a n n tm a c h u n g des K r i e g s m i n i s t e r i u m s ü b e r B e s c h l a g n a h m e u n d B e s t a n d s e r h e b u n g v o n H o l z s p ä n e n a l le r A r t . - HO — A m 2 s. F e b r u a r sp rachen a u f V e r a n l a s s u n g des A a th o l isc h en F r a u e n b u n d e s F r a u C l a r a P h i l i p p u n d F r ä u l e i n L illy S c h m id t ü b e r B r e n n s t o f f e r s p a r n i s u n d A r i e g s s a m m e l d i e n s t . U b e r A n p f l a n z u n g , S a m m l u n g u n d V e r w e r tu n g der B r e n n -- n e s s e l sp ra c h a m 2 2 . F e b r u a r a u f V e r a n l a s s u n g des H a u s f r a u e n ­ b u n d e s D ire k to r R u m s w i n k e l a u s A o b lenz . E i n v a t e r l ä n d i s c h e r F a m i l i e n a b e n d f a n d a m sO. M ä r z i m A r b e i t e r i n n e n - A b e n d h e i m ( H i l d a h a u s ) un d a m sH. e b e n d a ein V o r t r a g ü b e r S p a r s a m k e i t u n d E in t e i l u n g im H a u s h a l t s ta tt . N a c h A u f l ö s u n g der m i t E in z i e h u n g der B e s tä n d e a n 5 p a r - m e t a l l e n f ü r d a s g an z e L a n d b e a u f t r a g t e n v e r t r a u e n s s te l l e in M a n n h e i m w u r d e f ü r den hiesigen B ez i rk bei der M a s c h i n e n b a u ­ gesellschaft eine v e r t r a u e n s s t e l l e eingerichtet. A m sH. M ä r z e r g in g eine B e k a n n t m a c h u n g des G e n e r a l ­ k o m m a n d o s ü b e r B e s t a n d s e r h e b u n g u n d B e s c h la g n a h m e v o n A u t s ch w a g e n - B e r e i f u n g e u , aussch ließ l ich A r a f t w a g e n - b e re i fun gen . A m s 5 . M ä r z v e r fü g te d a s G e n e r a l k o m m a n d o die B e s c h la g ­ n a h m e u n d M e ld e p f l ic h t v o n g e s a m m e l te n ro h e n M e n s c h e » - h a r r v e » / m i t A u s n a h m e der e igenen zu H a u se gesam m elte n . A m s 3 . M ä r z f a n d eine v o l k s t ü m l i c h e v o l k s f e i e r m i t R e z i t a t i o n e n u n d M u s i k v o r t r ä g e n statt . A m s 6 . M ä r z v e ra n s ta l te te d a s G e n e r a l k o m m a n d o eine P r e s s e b e s p r e c h u n g u n d a m s7 . eine um fassende B esp rechu ng f ü r die G esa m tb e z irk e des südwestdeutschen A o r p s in fo rm a to r i s c h e r A r t . D ie Z e i c h n u n g s f r i s t f ü r die 8 . A r i e g s a u l e i h e lief v o m s 8 . M ä r z b i s s 8 . A p r i l . E i n e le b h a f te W e rb e tä t ig k e i t f a n d auch d i e s m a l sta tt . A n sch l ieße nd a n eine B e s p r e c h u n g , zu der der (O b e rb ü rg e rm e is te r H e r re n u n d D a m e n verschiedener S t ä n d e einge- la d e n h a t te , bilde te sich eine W e r b e a u s s c h u ß v o n 2 6 M i tg l i e d e r n . Z n e inem v o n i h m erlassenen A u f r u f h ie ß es u . a . „Unsere Mitbürger und Mitbürgerinnen bitten wir wieder»»!, zu einem guten Ergebnis der 8. Kriegsanleihe in unserer Stadt nach Kräften beizutragen. Diese B itte richten wir namentlich auch an die Besitzer kleiner Ersparnisse. — — Der großen Anzahl kleiner Zeichnungen in S tad t und Land verdanken unsere bisherigen Kriegsanleihen zn einem wesentlichen Teil ihre hocherfrei - lichen Erfolge. Auch diesmal darf das Vaterland erwarten, daß alle, Hoch und Nieder, ihre Schuldigkeit tun! L s gilt für den Schlußakt des schweren Kampfes, den unsere Söhne und Nrüder zu unauslöschlichem Danke des Vaterlandes bis dahin so eifolg- reich bestanden, dem Reiche die notwendigen Geldmittel zum Dnrchhalten bis zum guten, wie wir hoffen dürfen, nahen Ende zn sichern." A u ß e r d e m fo rde r ten die Z e i t u n g e n w ie d e rh o l t zu r Z e i c h n u n g a u f . D u rc h V e r f ü g u n g des F i n a n z m i n i s t e r i u m s w u r d e den S t a a t s b e a m t e n u n d s taat l ichen A rb e i t e r n durch V e r re c h n u n g a u f ih r e B e zü g e die B e te i l ig u n g a n der A n le ih e erleichtert. Z n äh n l ic h e r W eise w ie s der S t a d t r a t die städtischen K assen a n , Z e i c h n u n g e n der städtischen B e a m t e n u n d L eh re r b i s zu r H ö h e v o n des j ä h r l ic h e n D iens t­ e in k o m m e n s en tg eg e n zu n e h m en u n d die vorgeschossenen B e t r ä g e durch m o n a t l ic h e angem essene G e h a l t s a b z ü g e w ied e r zurückzuerheben. Die S t a d t v e r w a l t u n g selbst beteil ig te sich du rch W i t t e l der S t a d t ­ kasse u n d S p a rk a s se m i t 5 M i l l i o n e n M a r k a n der A n le ih e . W erbeschrif ten w u r d e n a u f den S t r a ß e n ver te il t u n d W a h n u n g e n h e r v o r r a g e n d e r P ersön lichkeiten , w ie z. B . des G e n e r a l f e ld m a r s c h a l l s v. H inde i ib u rg , in verschiedener W eise bekann tgegebcn . L i n a m j 7 . A p r i l v o m Exerz ierp la tz aufges t iegcner F l i e g e r w a r f F l u g b l ä t t e r u n d P o s t ­ kar ten a l s W e r b e m i t t e l a b . N a c h Fests te llung der hiesigen R e ic h s ­ bankstelle w u r d e n in K a r l s r u h e a u f die 8 . K r i e g s a n l e i h e i m g anzen s 2 H 3 H 0 8 0 0 W k . gezeichnet (57HOOOOOO W k . in g a n z B a d e n ) . B e i der städtischen S p a rk asse b e t ru g e n die Z e i c h n u n g e n sO M i l l i o n e n M a r k . D ie S a m m e lz e ic h n u n g der K a r l s r u h e r V o lksschu len e r g a b e n 66 7 2 9 W k . L i n e V e r f ü g u n g des M i n i s t e r i u m s des I n n e r n v o m 2 s . M ä r z gestattete die O f f e n H a l t u n g v o n G a s t h ä u s e r n , T h e a t e r n u n d L i c h t s p i e l h ä u s e r n in S t ä d t e n v o n m indes tens sOOOO L i n w o h n e r n v o m s. A p r i l a n b i s p K h r n a c h t s . D ie M u s t e r u n g d e r L a n d st u r m p f l i ch t i g e n des G e b u r t s j a h r e s l 900 f a n d f ü r die S t a d t K a r l s r u h e v o m 2 2 . M ä r z b i s m i t sO. A p r i l statt. D e r S i e g d e r d e u t s c h e n O f f e n s i v e i m S o m m e - g e b i c t w u r d e a m 2 3 . M ä r z du rch F lag g e n sc h m u c k der H ä u s e r — §2 — u n d G lo c k e n g e läu ts gefeiert. D ie R a p e l l e des L a n d w e h r - I n f . - R e g t s . N r . (09 spielte u in 2 U h r a m . M ü h l b u r g e r T o r , u m 3 U h r a u f d e m M a r k t p l a t z . A m 2 6 . M ä r z e r g in g eine B e k a n n t m a c h u n g des G e n e ra l» k o m m a n d o s ü b e r B e s c h l a g n a h m e , E n t e i g n u n g n n d M eld ep f l ic h t v o n E i n r i c h t u n g s g e g e n s t ä n d e n sow ie freie A b l ie fe ru n g v o n verschiedenen G e g e n s tä n d e n a u s R u p f e r , Nickel u n d deren L e g ie ru n g e n , A l u m i n i u m , Z i n n u n d a m 9- A p r i l eine solche w egen L u m p e n u n d n eu e n S to f f a b f ä l l e n . A m sO. A p r i l f a n d e n i m R e s e rv e -L a z a re t t 8 musikalische V o r t r ä g e s ta tt . V a te r lä n d is c h e A b e n d e v e ra n s ta l te ten a m sH. A p r i l der F r a n e n v e r e i n u n d der S t a d t t e i l R i n t h e i m m i t A n sp ra c h e n u n d M n s i k v o r t r ä g e n . A m 20 . A p r i l veröffentl ichte d a s G e n e r a l k o m m a n d o eine V e r o r d n u n g des R r i e g s m i n i s t e r i u m s üb e r B e s c h l a g n a h m e u n d B e s t a n d s e r h e b n n g v o n R a u t s ch u k - B i l l a r d b a n d e n u n d a m s. M a i desgleichen w egen G e h ä u s e n v o n R o n t r o l l - , R e g i ­ s t r i e r - n n d 5 ch r e i b k a s s e n . A m selben T a g e r g in g eine V e r ­ o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s des I n n e r n ü b e r B u c h f ü h r u n g b e im H a n d e l m i t g e b r a u c h t e n M ö b e l n , B e t t e n u. dg l. A m s7 . M a i e r l ieß der R e ic h skanz le r eine V e r o r d n u n g , w o ­ nach v o m 2 H. M a i a n der H a n d e l m i t P a p i e r , R a r t o n u n d P a p p e n u r solchen P e r s o n e n gestattet w i r d , die d ies vor­ d em s. J a n u a r s 9 s6 g e t a n h a b e n . A m 22 . M a i t r a f e n v o n der B e sa tzu n g S . M . S c h i f f „ W o l f " , d a s n ac h s 3 m o n a t l i c h e r e r fo lgre icher R r e u z e r f a h r t u n te r F ü h r u n g des R a p i t ä n l e u t n a n t s B e r g e r in die H e i m a t zurück­ gekehrt w a r , a u f E i n l a d u n g der G r o ß h e r z o g i n Luise, sO M a n n , B a d e n e r , h ie r ein. N a c h d em E m p f a n g i m S c h lo ß a m 2 3 . w u r d e n sie i m R a t h a u s v o m (O be rb ü rg e rm e is te r b e g r ü ß t u n d m it L ie b e s g a b e n bedacht . A m 29 . M a i veröffen tlich te d a s G e n e r a l k o m m a n d o eine B e k a n n t m a c h u n g des R r i e g s m i n i s t e r i u m s ü b e r B e s c h l a g n a h m e u n d V o r r a t s e r h e b u n g v o n G u m m i b e r e i f u n g f ü r K r a f t ­ f a h r z e u g e jeder A r t . — HZ — I n einer V e r s a m m l u n g der I v e h r m ä n n e r der f r e i w i l l i g e n B ü r g e r w e h r berichtete G e h . F i n a n z r a t Z i m m e r m a n n ü b e r ih re T ät igkei t . D ie M i t g l i e d e r z a h l h a t sich b e s o n d e rs in fo lg e v o n E in b e r u f u n g e n a u f l ? 0 — l 3 0 v o n a n f a n g s 6 0 0 v e r m i n d e r t . S e i t A r i e g s b e g in n b i s f . J u n i sind 2 3 0 0 0 B efeh lsze t te l a u s g e g e b e n w o rd e n . A m f 5 . J u n i e rg in g eine B e k a n n t m a c h u n g des Z i v i l v o r ­ sitzenden d e r E r s a t z k o m M i s s i o n des A u s h e b u n g s b e z i r k s A a r l s - ru h e , w o n a c h sich alle ged ien ten u n d u n ged ien ten Leute, die in fo lg e V er lu s te s der bü rger l ichen E h re n r e c h t e v o m Heeresdienst a u s g e ­ schlossen w a r e n , sow eit sie nach dem l- A u g u s t l8 6 f l geb o re n sind, zwischen d em 2 0 . u n d 2 2 . J u n i zu m e lden h a t te n . Z u m G edenken der O p f e r d e s F l i e g e r u n g l ü c k s v o m F r o n l e i c h n a m w u r d e n a m 2 2 . J u n i a n der G r a b ­ stätte A rä u z e der G r o ß h e r z o g i n Luise , der S t a d t v e r w a l t u n g u n d des V e r e in s la z a r e t t z u g s v i , dessen P e r s o n a l sich seinerzeit bei B e r g u n g der v e r w u n d e t e n b e tä t ig t h a t te , n iederge leg t. E n d e J u n i w u r d e n in A a r l s r u h e ( R in th e im e r Allee sO), M a n n h e i m u n d R a s t a t t N a c h - u n d A b s c h u b ü b e rw a c h u n g s s te l l e n eingerichtet, u m die O b je k te v o n u n d nach der F r o n t zu sichern. A u f A n o r d n u n g des G e n e r a l k o m m a n d o s h a t t e n sich die L and s tu rm pfl ich t igen , die zwischen d em p A p r i l u n d d e m 3 0 . J u n i d a s l ? - L e b e n s ja h r vo llendeten , v o m H.— 6. J u l i zu r S t a m m ­ rolle an z u m e ld en . A m l- A u g u s t e rg in g eine B e k a n n t m a c h u n g des G e n e r a l k o m ­ m a n d o s ü b e r B e s c h l a g n a h m e , B e s t a n d s e r h e b u n g u n d H ö c h s t p r e i s e v o n L e i c h t ö l , R o h b e n z o l , B e n zo l , B e n z in u n d sonstigen benzol- oder b en z in a r t ig e n A ö r p e r n . A m 7. A u g u s t t r a f e n m e h re re h u n d e r t A u s t a u s c h g e ­ f a n g e n e a u s F ra n k re ic h ei». S i e w u r d e n u n te r B e g le i tu n g einer M i l i t ä r k a p e l l e u n d e iner g r o ß e n M e n s c h e n m e n g e z u m S a m m e ld e p o t in der Hochschule geleitet. A m 2 3 . A u g u s t g a b d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t b e k a n n t , d a ß die v o n der R e ichsbekle idungss te lle b e s c h la g n a h m te n S o n n e n - v o r h ä n g e u . a . nach d e m B e s ta n d v o m 2 8 . J u l i s f lsZ b i s längstens S e p te m b e r ab z ug eb e n seien. — — A i » 2 . S e p t e m b e r w u r d e g e m ä ß V e r o r d n u n g des B u n d e s - r a t s eiue a l lg em e in e V i e h z ä h l u n g durch die Schu tzm an nsch af t v o r g e n o m n i e n , die sich a u f P f e r d e , R i n d v ie h , S chafe , Schw eine , Z ie g e n , F e d e rv ie h u n d z a h m e K a n in c h e n erstreckte. A u f V e r a n l a s s u n g des G e n e r a l k o m m a n d o s sp rach A n f a n g S e p t e m b e r F r e i h e r r v . L e r s n e r v o r hiesigen M a n n s c h a f t e n über seine E r leb n is se in f r a n z ö s i s c h e r G e f a n g e n s c h a f t und bot ein t r a u r i g e s B i l d v o n der u n w ü r d i g e n B e h a n d l u n g durch den h a ß e r fü l l t e n G e g n e r . D a s s e lb e berichtete neben der m a n g e lh a f t e n E i n r i c h t u n g der meisten L a z a re t te a m s8 . S e p te m b e r R it tm eis te r G ö r i n g v o n der A u s t a u s c h s t a t i o n f ü r K r i e g s v e r w u n d e te in Koiis tanz bezüglich der B e h a n d l u n g v e r w u n d e t e r i n F r a n k r e i c h . A m l9 - S e p t e m b e r f a n d w ied e r f ü r die S c h r i f t l e i t e r u n d V e r l e g e r der in den A rm e e k o rp sb e z i rk e n S ü d d e u t s c h la n d s er­ scheinenden Z e i tu n g e n eine K o n fe re n z statt . A m 2 s. S e p t e m b e r h ie lt die O r t s g r u p p e K a r l s r u h e des R e i c h s b u n d s d e r K r i e g s b e s c h ä d i g t e n u n d e h e m a l i g e r K r i e g s t e i l n e h m e r eine V e r s a m m l u n g a b . G e n e r a lk o m ­ m a n d o , S t a a t r e g i e r u n g , S t a d t r a t u n d L a n d e s a u s s c h u ß der K r i e g s ­ besch ä d ig ten fü rso rg e h a t t e n V e r t r e te r en tsan d t . D e r B u n d u m f a ß t gegen HOO O r t s g r u p p e n m i t H5 0 0 0 M i t g l i e d e r n , der G a u B a d e n sHO O r t s g r u p p e n m i t 2 3 0 0 M i t g l i e d e r n . B u n d e s s e k re tä r R o ß - m a n u . a u s B e r l i n sp rac h ü b e r die soz ialpoli t ischen F o r d e r u n g e n hinsichtlich der K r ie g sb e sc h ä d ig te n . D a r a n ansch ließend tag te a m 2 2 . S e p t e m b e r der G a u B a d e n des R e ic h s b u n d e s , w o b e i K a r l s ­ r u h e a l s V o r o r t b e s t im m t w u rd e . A m 2 s. S e p t e m b e r veröffentlichte d a s G e n e r a lk o m m a n d o eine B e k a n n t m a c h u n g ü b e r B e s ta n d s e r h e b u n g , B e s c h l a g n a h m e u n d Höchstpreise v o n w e i d e n . D ie F r i s t zu r Z e i c h n u n g der 9- K r i e g s a n l e i h e erstreckte sich v o m 2 3 . S e p t e m b e r b i s 6. N o v e m b e r einschließlich. Die W e r b e tä t ig k e i t w u r d e äh n l ic h w ie d a s le tztemal g eü b t ( W e r b e a u s ­ schuß, F lu g sc h r i f te n , T ä t i g k e i t der P resse) . Z n K a r l s r u h e w u rd e n i m g an z en 8 5 M i l l i o n e n M a r k gezeichnet, die S t a d t v e r w a l t u n g selbst beteil igte sich m i t sO M i l l i o n e n M a r k . A m 2-s. S e p te m b e r e r l ieß d a s G e n e r a l k o m m a n d o un te r A n ­ d r o h u n g v o n G e f ä n g n i s s t r a f e ein V e r b o t gegen jede b ö s w i l l i g e , - 45 - fü r die öffentliche R u h e u n d O r d n u n g schädliche R n n d g e b u n g , ebenso ü b e r die V e r b r e i tu n g u n w a h r e r N a c h r ic h te n , üb e r den A r i e g u n d die deutsche K r i e g f ü h r u n g . A m s. O k t o b e r e r l ieß d a s G e n e r a l k o m m a n d o eine B e k a n n t ­ m a c h u n g ü b e r B e s c h l a g n a h m e v o n M e b - , T r i k o t - , M i r k - u n d S t r ick g a rn e n a n s N u n st w o l l e . N a c h fo lg e n d geben w i r die neuen B e s t im m u n g e n ü b e r die Befugn isse des städtischen G i n i g u n g s a m t s nach der B e k a n n t ­ m a c h u n g des B ü r g e r m e i s t e r a m t s v o m 7. O k t o b e r a n : „ D as E inigungsamt kann auf Anrufen eines Mieters ». über die Wirksamkeit einer Kündigung des Vermieters und über die Fortsetzung des gekündigten Mietverhältnisses jeweils bis zur Dauer eines J a h r e s bestimmen, b, ein ohne Kündigung ablaufendes Mietverhältnis jeweils bis zur Dauer eines J a h r e s verlängern, 2 . ans Anrufen eines Vermieters einen mit einem neuen Mieter abge­ schlossenen Mietvertrag, dessen Erfüllung von einer Entscheidung gemäß N r. s oder von einem vor dem Einigungsam te geschlossenen vergleiche betroffen wird, mit rückwirkender K ra f t aufheben. Bestimmt in den Fällen des Abs. : N r . : das E in igungsam t die Fo r t ­ setzung oder Verlängerung des Mietverhältniffes, so kann es dein Mieter neue Verpflichtungen auferlegen, insbesondere den Mietzins erhöhen. Der Antrag des Mieters über die Wirksamkeit der Kündigung des Vermieters zu entscheiden (Abs. : N r . i») ist unverzüglich, nachdem die Kündigung ihm zngegangen ist, zu stellen. Der Antrag, ein ohne Kündigung ablaufendes Mictoerhältnis zu ver­ längern (Abs. s Nr. il>), ist so frühzeilig zu stellen, wie es von dem Mieter unter Berücksichtigung der Interessen des Vermieters verlangt werden kann. Der Antrag kann in beiden Fällen nicht mehr gestellt werden, wenn die Mictzeit abgelanfen ist oder die Parteien die Fortsetzung des Mietverhältniffes vereinbart haben. 8 2. ksat sich ein Vermieter einer öffentlichen Behörde gegenüber verpflichtet, die Festsetzung des Mietzinses oder andere Bestimmungen des Mietvertrags durch das Einigungsam t bewirken zu lassen, so setzt dieses die Bestimmungen des Mietvertrags ans Antrag der Behörde oder des Vermieters fest. 8 -l- Die E r laubn is des Vermieters, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiter zu vermieten (8 5 -sg Abs. s des Bürgerlichen Gesetzbuchs) wird durch die E rlaubn is des — §6 — E in igungsam ts ersetzt. D as Liii igungsanit soll die E rlaubnis versagen, wenn der Vermieter sie au s einem wichtigen G runde verweigert hat. H ierzu o rdne te d a s M i n i s t e r i u m des I n n e r n a m P . N o v e m b e r f ü r N a r l s r u h e - S t a d t a n : „ 1- daß die Vermieter von M ohnräum en ein Mietverhältnis rechtskräftig n u r mit vorheriger Zustimmung des L in igungsam ts kündigen können ins­ besondere, wenn die Kündigung zum Zweck der Mietssteigerung erfolgt, 2 . daß ein ohne Kündigung ablaufendes Mietverhältuis als auf un­ bestimmte Zeit verlängert gilt, wenn der Vermieter nicht vorher die Zustim­ mung des E in igungsam ls zu dem Ablauf erwirkt hat." U m dem M a n g e l a u Z a h l u n g s m i t t e l n i m V erkeh r abzuhelfen , beschloß der S t a d t r a t a m f 7 . O k to b e r städtisches N o t g e l d a u s - zugebeu u n d z w a r F ü n f m a r k - u n d Z w a n z ig m a r k s c h e in e im G e s a m t ­ b e t r a g b i s zu 5 M i l l i o n e n M a r k . D a s s e lb e w u r d e bei säm tlichen städtischen u n d s taat l ichen N assen in Z a h l u n g g e n o m m e n , ebenso bei der P o s t , der R e ic h s b a n k u n d den a n d e r e n B a n k e n , sow ie in den v o n der S t a d t belieferten N a u f l ä d e n . S e in e L au fze i t w u r d e b i s s . F e ­ b r u a r s 9 l 9 ^ g e s e t z t , d a n n sollte es eingelöst w erden . D ie F ü n f ­ m arkscheine erh ie l ten einen ge lben U n te r g r u n d u n d b r a u n e V e r ­ z i e r u n g e n , die Z w a n z ig m a r k s c h e in e e inen g rü n l ich en U n te r g r u n d m i t b r a u n e n V erz ie ru n g e n , sie zeigten e inerse i ts M a r k t p l a t z m i t P y r a m i d e , an d e re r se i t s den F ä c h e r p l a n . B e id e t r u g e n a u ß e r d e m den T rock en s tem pe l des S t a d t r a t s u n d die faksim ilierte U n te rsch r i f t des O b e r b ü r g e r m e i s t e r s . A m H. N o v e m b e r w u r d e n die ersten Scheine zu r A u s z a h l u n g der F a m i l i e n - U n te r s tü t z u n g e n v e rw end e t . D en S t ä d t e n D u r l a c h u n d E t t l i n g e n w u r d e a u f A nsuchen je ein B e t r a g des N o tg e l d e s über la ssen . A u ch v o n den p o s ta u s ta l t e n der N a c h b a r ­ o r te , sow ie den N assen der L o k a l b a h n S pöck— D u r m e r s h e i m w u rd e n die Scheine in Z a h l u n g g e n o m m e n . D u rc h S t a d t r a t s b e s c h lu ß w u r d e der B e t r a g des a u s z u g e b e n d e n N o tg e ld e s a u f 2 0 M i l l i o n e n M a r k e r h ö h t . I m B e r i c h t s j a h r e e r fo lg te n nachstehende F l i e g e r a n g r i f f e a u f unsere S t a d t : A m J a n u a r , s 2 U h r 5 2 M i n u t e n n a c h ­ m i t t a g s , w u r d e n B o m b e n a b g e w o r f e n . E i n e B o m b e fiel süd­ lich des W a s s e rw e rk s in den W a l d u n d h o b einen T r i c h te r v o n e t w a 2 — 2 ' / z m a u s . E i n e a n d e r s fiel a u f G l e i s 5 , a u f e inen leeren E i s e n b a h n w a g e n , i m R a n g i e r b a h u h o f . D re i in der N ä h e - §7 - stehende W a g e n , die m i t S t r o h b e lad e n w a r e n , f ingen F e u e r , ebenso ein W a g e n m i t T a b a k . T i n e d r i t te B o m b e beschädig te d a s S t e l l ­ w erk 3 , die W eiche u n d d o r t ig e B a h n a n l a g e n . T i n e t r a f e inen m i t K o k s be lad e n en G ü t e r w a g e n a u f dem R a n g i e r b a h n h o f u n d zündete e b e n fa l ls . T i n e a n d e re fiel a l s B l i n d g ä n g e r in die s tä d ­ tischen G a r t e n a n l a g e n des K in d e r h e i m s , o h n e S c h a d e n a n z n r ich te n . T i n e B o m b e z e r t rü m m e r te eine H o lzhü t te i m H ause S c h e r r s t r a ß e s6 , a u ß e r d e m w u r d e n durch den L uftd ruck T ü r e n u n d F en s te r dieses H a u se s stark beschädigt. D ie B e w o h n e r , die sich i m K e l le r des H in te rg e b ä u d e s au fh ie l te n , er l i t ten d u rch d a s sich entwickelnde S c h w e f e lg a s leichte V e r g i f tu n g e n . A u f d a s G e l ä n d e der T i s e n - b a h n h a u p tw e r k s tä t t e fielen drei B o m b e n u n d z w a r ein B l i n d g ä n g e r e tw a 2 0 m östlich der L iebenste ins traße a u f f re ies S ch ienenge lände , eine B o m b e z e r t rü m m e r te d a s D a c h der m echan ischen W erk s tä t te u n d setzte den K leiderkasten der A r b e i t e r in B r a n d . D u r c h S p l i t t e r w u r d e eine P e r s o n leicht verletzt. D ie d r i t te B o m b e fiel in die W erkstä t te des H a u p t b a h n h o f s , z e r t r ü m m e r t e d a s D a c h u n d v e r ­ schiedenes U k a te r i a l . B o n w ei te ren v ie r B o m b e n fiel eine i m R a n g i e r b a h n h o f n ieder , eine i m R ü p p u r r e r W a l d , eine a u f dem W iesen ge länd e bei der B a h n ü b e r f ü h r u n g K a r l s r u h e — H eide lbe rg u n d die v ierte in der N ä h e des S te l lw e rk s I a m R a n d e d es D n r l a c h e r W a l d e s ( G e m a r k u n g D u r l a c h ) , die m e h re re B ä u m e beschädigte. D ie v ierzehnte B o m b e fiel i m K i l l i s f e ld n ieder . D u rc h A bw ehrgeschosse w u r d e n fo lgende städtische B a u t e n b e s c h ä d ig t : A n der O b e r r e a l ­ schule ( K a is e r -A l le e 6) 4 G la s d a c h sc h e ib e n , a n i W a sse rw e rk s3 Fensterscheiben u n d d a s Schieferdach , a m K o n z e r t h a u s d a s S ch ie fe r ­ dach, Z ie g e ld ä ch e r a m F a r r e n s t a l l im S ta d t t e i l B e i e r t h e im in der T ä c i l ie n s t r a ß e , a m W o h n h a u s B r e i t e S t r a ß e 6 6 , a m S t e p h a n i e n ­ b a d , a n der Lessingschnle u n d a n der S ü d en dsc hn le I u n d II, T i n zweiter F l i e g e r a n g r i f f e r fo lg te a m 3 s . R l a i , v o r m i t t a g s 9 U h r . A n fo lg en den S te l len fielen B o m b e n n ie d e r : A n s die G leise s s , 2 s , 5 5 u n d 3 6 im R a n g i e r b a h n h o f fielen 4 B o m b e n . P e r s o n e n w u r d e n nicht verletzt. T i n e B o m b e t r a f den L a g e rp la tz der K o h l e n h a n d l u n g in der W iese n s t raß e . D a b e i w u r d e der h ie r w o h n h a f te K o r b m a c h e r F r a n z Beck u n d seine T h e f r a u , w ä h r e n d sie in i h r e m K le i n g a r te n friedlicher A r b e i t o b la g e n , getö te t . O h n e j e m a n d zu verletzen fiel eine B o m b e a u f d a s H a u p t g l e i s K a r l s - - 48 - r u h e — D u r l a c h u n te r der S ig n a lb r ü c k e u n d zerstörte die G leise , eine zwischen die B a h n b ö s c h u n g e n der Strecken K a r l s r u h e — D u r l a c h u n d K a r l s r u h e — H a g s f e l d u n d eine a u f die B ö sch u n g . D a g e g e n w u r d e durch einen a n d e re n B o m b e n w u r f , der a m P r o v ia n td e p o t i n der Z i m m e r s t r a ß e n i e d e r g in g , der M i l i t ä r p o s t e n , I n g e n i e u r L u d w ig Z u ck e r v o n h ie r , getötet , a u ß e r d e m w u r d e der L a n d s t u r m ­ m a n n E m i l S e l ig e r a n s W e r d e r ( P r o v i n z B r a n d e n b u r g ) schwer v e r w u n d e t , n a c h m i t t a g s 4 V« e r l a g er seiner V erle tzung. W e i te re B o m b e n fielen bei diesem A n g r i f f a m 3 ( . M a i u n d z w a r eine in die G ä r t e n a n der W iese n s t raß e , eine in den H of des A n w e s e n s K a r l s t r a ß e 6 3 u n d in den d az u geh ö r ig e n B a u p la t z , je eine M a t h y s t r a ß e 7 u n d 9 , je eine in den H o f r a u m A n g u s ta - s t r a ß e 5 u n d in den G a r t e n des H a u s e s Boeckhstraße 2 5 . D u rch die le tz tgenann te w u r d e n die G e b ä u d e der N a c h b a r s c h a f t ziemlich s ta rk beschädig t. E r h e b l i c h e n G e b ä u d e s c h a d e n v e ru rsach te eine a u f die G i e b e l m a u e r des H a u s e s V o rh o l z s t r a ß e 5 6 n iederfa llende B o m b e . G h n e S c h a d e n zu b r in g e n fiel eine B o m b e a u f d a s freie F e ld h in te r der M u n i t i o n s f a b r i k , eine in die Geschützhülsen­ putzerei dieser F a b r i k u n d eine in deren G e s c h o ß fa b r ik a t i o n . D a ­ gegen tötete eine in den L uftschacht des N e u b a u e s g e n a n n te r F a b r i k e in d r in g en d e B o n i b e den in d e m S ch ac h t stehenden russischen K r i e g s ­ g e f a n g e n e n T i s c h o n M o t o w i l o w , drückte die S a n d sa c k fü l lu n g e n der F en s te r d es a l s U n te r s t a n d eingerichteten K e l l e r s nach in n e n u n d verletzte e t w a 7 0 P e r s o n e n , d a r u n t e r 4 schwer. D e r Sach sch aden der F a b r i k w a r bedeu ten d . D u rc h die A b w e h r m a ß r e g e l n w u rd e ein fe indl iches F lu g z e u g abgeschoffen . E s fiel a u f d a s D ac h der W e r k z e u g - M a s c h i n e n f a b r ik H a n s a s t r a ß e 9 u n d v e ru rsach te einen kleinen B r a n d , der a b e r b a l d gelöscht w e rd en konnte . D ie beiden I n s a s s e n des F lu g z e u g e s fielen to t i n n e r h a lb des F a b r ik g e b ä u d e s h e r a b . E i n zw eites fe ind liches F lu g z e u g fiel bei D a x la n d e n in d a s W a s s e r bei der Z iege le i . — I m g a n z e n w u r d e n 8 P e r so n e n schw er, a b e r nicht le b en sg e fä h r l ich verletzt, die in d a s städtische K r a n k e n h a u s v e r b r a c h t w u r d e n , leicht v e r w u n d e t 8 8 P e r s o n e n , die sich in a m b u l a n t e r B e h a n d l u n g b e fa n d e n . S achscha den erwuchsen der S ta d tg e m e in d e durch B e s c h ä d ig u n g a n Scheiben oder D ächern a n der G oetheschu le , a n der F es tha l le , a m A u ss te l lu n g s g e b ä u d e , a n der L eopoldschule , a m S ch la ch th o f , a n der G a r te n s t r a ß sc h u le , — 49 — der S üd en dsch u le I u n d II , a u der S ch u le in M ü h l b u r g u n d a m H a u s H a r d t s t r a ß e 7 . D e r S c h a d e n w u r d e i m g a n z e n a u f 696 M . H2 P f . berechnet. A u ß e r d e m w u r d e n in verschiedenen S ta d t t e i l e n a n 7 6 Stellen m e h r oder m in d e r starke S a c h s ch ä d en e rm i t te l t u u d z w a r die meisten a n F ens te rn , R o l l ä d e n u n d de rg l . , doch sind auch F a s sa d en - u n d D ac h b e sc h ä d ig u n g e n v o r g e k o m m e n , in m e h re re n H ä u se rn auch M o b i l i a r ge t ro f fen . S o w u r d e n , u m n u r ein ige besond ers zu n ennen , V o rh o lz s t r a ß e 5 6 der D a c h s tu h l u n d A a m m e r - c in b a u te n z u m g r o ß e n T e i l zerstört. I n der Z i m m e r s t r a ß e w u r d e n T ü r e n , A a n ä l e , T r e p p e n , A b f a l l r ö h r e n , elektrische L e i tu n g en , p u t z a n Decken u n d W ä n d e n , G l ü h l a m p e n u n d B i r n e n beschäd ig t . — B o n „ U n g e n a n n t " sind f ü r die O p f e r dieses F l i e g e r a n g r i f f s b e im O b e r b ü rg e r m e is te r 5 0 M k . e in g e g a n g e n . D e r S t a d t r a t beschloß, den H in te rb l ieb e n en der G e tö te te n seine T e i l n a h m e schriftlich k un dzugeben u n d die O p f e r des A n g r i f f s a u f d em städtischen H a u p t f r i e d h o f e in T h r e n g r ä b e r n beizusetzen. D e r O b e r b ü rg e r m e is t e r v o n F r e i b u r g h a t n a m e n s des d o r ­ tigen S t a d t r a t s die herzlichste T e i l n a h m e z u m A u s d r u c k g e b ra c h t . D ie B e s t a t t u n g der G e tö te te n e r fo lg te in feierlicher W eise a m H. J u n i . I m B o r h o f e des F r i e d h o f s v e r s a m m e l te n sich neben den A n g e h ö r ig e n der F l i e g e r o p fe r die V e r t r e te r der verschiedenen M i l i t ä r - u n d Z i v i l b e h ö r d e n u n d viele P e r s o n e n a u s der B ü r g e r ­ schaft. A u c h der G r o ß h e r z o g w a r erschienen. T i n a n d e r e r F l i e g e r a n g r i f f e r fo lg te a m 2 5 . J u n i , v o r m i t t a g s nach 7 U h r . D a b e i w u r d e n n a c h der ersten A u f n a h m e n e u n B o m b e n festgestellt. N a c h g e n a u e r e r B e s ic h t ig u n g e r g a b e n sich a u f hiesiger G e m a r k u n g a n 5 5 S te l l e n u n d a u f G e m a r k u n g B u l a c h a n H S te l len m e h r oder m in d e r starke B e s c h ä d ig u n g e n . D e r g rö ß te der b is h e r ig e n F l ieg e rsch ä d en t r a f d a s H a u s U r i e g s - s traße 5 s. T i n e B o m b e m i t V e r z ö g e r u n g s z ü n d u n g fiel daselbst du rch d a s D ac h des T r e p p e n h a u s e s a u f d a s unterste P o d e s t der S te in t r e p p e u n d zerstörte , m i t A u s n a h m e der S t r a ß e n f a s s a d e , den g r ö ß te n T e i l des H a u s e s . F a s t d a s g an ze I n v e n t a r w u r d e zerstört u n d verschütte t. D e r zu r B e w a c h u n g des H a u s e s zurzeit al le in in dem selben w o h n e n d e L a n d s t u r m m a n n P a u l A r t m a n n a u s H eide lberg w u r d e , i m B e t t e l iegend, in fo lg e V e r sc h ü t tu n g durch Trsticken getötet . D ie F e u e r w e h r w u r d e a l a r m i e r t u n d erschien 4 50 — a l s b a l d , u m die A u s r ä u m n n g s a r b e i t e n A r i e g s s t r a ß e 5 s v o rz u n e h m en . Z u r w e i te ren D u r c h f ü h r u n g dieser A rb e i t e n stellte d a s G a r n i s o n s ­ k o m m a n d o a u f E r s u c h e n des B e z i r k s a m t s m il i tä r is ch e Hilfe zur V e r f ü g u n g . V o n den zah lre ichen sonst igen B e s c h ä d ig u n g e n a n H äu se rn verschiedener S ta d t t e i l e seien fo lgende g e n a n n t : E i n e starke B e ­ s c h ä d ig u n g er l i t t d a s H a u s B o eckhstraße 5 a n der F a s sa d e u nd i m I n n e r n . I n derse lben S t r a ß e w u r d e n a n den H ä u s e rn s, 3, 7 , s5 , s 7 , 2 s, s 6 , s 6 u u n d s 8 F ens te r , D äc h e r , L äd e n u n d F assa d en beschäd ig t . I n der G a r t e n s t r a ß e sH fiel eine B o m b e a u f den linksse i t igen B r a n d g i e b e l gegen den H o f zu, zerstörte den D achs tuh l sow ie d a s O b e r l i c h t ü b e r d em T r e p p e n h a u s g a n z ; B e s c h ä d ig u n g e n i m I n n e r n w u r d e n festgestellt. I n der G a r t e n s t r a ß e w u rd e d a s R I a l e r a t e l i e r i m D a c h z u m g r ö ß te n T e i l g a n z zerstört. I n der L enzs traße 3 , 5 , 7 , 9 , p , s3 , H, 8 u n d sO w u rd e n D a c h ­ flächen u n d F e n s te r beschäd ig t , v o m H a u s 8 auch der B r a n d g i e b e l u n d A a m i n . V erschiedene B e s c h ä d ig u n g e n t r a f e n die H ä u s e r in der p u t l i t z s t r a ß e 3 , 5 , 7 , 9 , l l , l 3 , 8 , sO, s 2 , sH, s6 u n d s 8 . E i n e B o m b e fiel in die A l e i n g ä r t e n a n der N e u e n B a h n h o f s t r a ß e s u n d w a r f einen T r i c h t e r v o n e t w a 5 m D u rch m esser aus» E i n e a n d e r e B o m b e fiel i m H o fe des städtischen W a s s e rw e rk s nieder, e t w a s 5 m v o m A esselhause e n t fe rn t . D a b e i w u r d e n a m Aessel- h a u s e u n d a m N k a s c h in e n h a u s , sow ie a n d em D ie n s tw o h n g e b ä u d e zah lre iche S ch e ib en u n d die D achflächen teilweise z e r t rü m m e r t . E i n e B o m b e fiel in den G a r t e n des ka tholischen P f a r r h a u s e s Z e p p e l in s t r a ß e H2 ( S t a d t t e i l G r ü n w i n k e l ) , r ichtete starken S ch ad e n a n der R ückfassade, D ach fläch en , F en s te rn , R o l l ä d e n u . a . a n , auch die N o tk irch e u n d d a s S c h w e s t e r n h a u s w u r d e n beschädigt. A u f G e m a r k u n g B u l a c h fiel eine B o n i b e in den B le ic h g a r te n (N e u e A n l a g e s3 ) u n d w a r f einen e t w a 8*/z m i m D urchm esser g ro ß e n u n d e t w a 3 m tiefen T r i c h t e r a u f u n d beschädigte die D ächer e in iger u m l ie g e n d e r H ä u s e r . A m 2 6 . J u n i , m i t t a g s , e r fo lg te ein neu e r A n g r i f f . 3 3 A b ­ w urfs te l len w u r d e n a u s g e n o m m e n . W i r f ü h re n d a v o n folgende a n : A m R a n g i e r b a h n h o f stürzte eine B o m b e d a s H ä u sc h e n neben d em S te l lw e r k s g e b ä u d e u m u n d z e r t rü m m e r te e s vö ll ig . D ie S c h o t te r ­ u n d P flas te rs te ine , die a u s d em T r i c h t e r geschleudert w u rd e n , — 5( — beschädigten die D ä c h e r der u m l ie g e n d e n G e b ä u d e . E i n e zweite B o m b e fiel bei der G l e i s a n l a g e 2 östlich der S t r a ß e n b r ü c k e in eine Weiche, zerstörte diese sow ie viele S che ib en a n den D ie n s tg eb ä u d en fü r W e ic h e n w ä r te r a n der F a u t e n b r u c h s t r a ß e . A m städtischen W asse rw erk schlugen zwei B o m b e n in die B r u n n e n a n l a g e n in den eingefriedigten W a l d t e i l h in te r den G e b ä u l ic h k e i ten e in . D ie a n der E insch lags te lle stehenden B ä u m e w u r d e n e n tw u rz e l t . J e v ie r B o m b e n fielen in G e m a r k u n g D u r l a c h u n d G e m a r k u n g A u e n ieder , ohn e g rö ß e re n S c h a d e n anzu r ich ten . I n der N a c h t z u m 3 0 . J u n i w u r d e unsere S t a d t w ie d e r u m v o n feindlichen F l i e g e r n an g e g r i f f e n u n d m e h re re B o m b e n a b g e ­ w o rfen . S o w u r d e u. a . in der D u r m e r s h e i m e r S t r a ß e ( S ta d t t e i l G rü n w in k e l ) N r . 5 7 u n d 5 9 in der d o r t ig e n F a ß p e c h h a l l e die T r a n s p o r t a n l a g e stark beschädig t, ebenso ein g r o ß e r T e i l des W e l l ­ b lechdaches u n d die R ü c k w a n d der offenen H a l l e . N e u n B o m b e n fielen in der G e m a r k u n g U n ie l in g e n a u f o f fenem F e ld e n ieder , w o d u rc h ein S a c h sch a d en v o n e t w a 900 Akk. a n den U u l t u r e n ents tand . D e r S c h a d e n , der der S ta d tg e m e in d e durch die F l i e g e r a n g r i f f e a m 2 5 . , 2 6 . u n d 2 9 /3 0 . J u n i e r w u c h s , w u r d e i m g a n z e n a u f 5 5 ( 5 U lk . 8H P f . berechnet. A m ( ( . A u g u s t , v o r m i t t a g s ( 0 N h r ( 5 W i n . , e r fo lg te ein neuer A n g r i f f . ( 3 B o m b e n w u r d e n a b g e w o r f e n . V o n diesen richtete eine, die a u f d a s H in te rg e b ä u d e E r b p r i n z e n s t r a ß e ( 9 fiel, bedeu tenden S ach sch a d en a n . E i n e zweite B o m b e fiel in den G a r t e n der Schm ieder 'schen B a u p lä t z e , o hne g r ö ß e r e n S c h a d e n zu veru rsachen . I m G e b ie t des H a u p t b a h n h o f e s fielen elf B o m b e n . D a v o n fielen zwei in die U n t e r f ü h r u n g der E t t l i n g e r s t r a ß e m i t erheblichem S c h a d e n a n den G le isen u n d a m U l a u e r w e r k . D ie Decke der U n t e r f ü h r u n g w u r d e a n zwei S te l len durch löcher t . E i n e B o m b e fiel a u f den B a h n s te ig H a u ß e r h a l b der östlichen A u s f a h r t . D e r P o s tw a g e n u n d ein W a g e n I. u n d II . U lasse des kurz v o r h e r e in fa h re u d en S c h n e l lzu g s a u s R i c h tu n g G f f e n b u r g w u r d e du rch den L uftdruck in die H öhe g ehob en , a u s d e m G l e i s g e w o r fe n u n d schwer beschädigt. D a b e i er l i t t e in P ostassis ten t du rch a u s s t r ö m e n d e s G a s des zerplatz ten G a s b e h ä l t e r s eine leichte G a s v e r g i f t u n g . E i n e andere B o m b e fiel bei der E i l g u t h a l l e ( U l i l c h r a m p e ) a u f d a s Z u - 4 * — 52 — f a h r t s g l e i s , beschädig te d as se lb e u n d w a r f einen leeren G ü t e r w a g e n u m . G i n 2 5 m l a n g e s G le i s jo c h w n r d e losgerissen u n d e tw a tO m in die L u f t geschleudert. B e i n i N ie d e r fa l le n r i ß es einen T e i l der F a h r l e i t u n g der S t r a ß e n b a h n m i t h e r u n te r , w o d u rc h der B ü g e l d es e t w a s 6 m v o n der G insch lagste lle der B o m b e stehenden N o t o r g ü t e r w a g e n s v e rb o g e n w u rd e . D e r M i lc h g ü te rv e rk e h r w a r b i s 6 N h r a b e n d s g e s tö r t ; die M i l c h w u r d e durch F u h rw e r k e b e fö rd e r t . B o n den ü b r ig e n der o b en g e n a n n te n in d a s G eb ie t d e s H a u p t b a h n h o f e s f a l len d en elf B o m b e n durchschlug eine a m M a x a u b a h n h o f d a s D a c h , d a s O b e r g e s c h o ß n n d platzte im G r d - geschoß, w o sie in den i R a u m der G i lg u tb e s tä t te re i g an z erheb­ lichen S c h a d e n anr ich te te . G in e a n d e re fiel dicht a m östlichen F l ü g e l d es B a h n h o f g e b ä u d e s u n m i t t e l b a r v o r der M a u e r in die d o r t ang e le g ten S c h r e b e rg ä r te n u n d v eru rsach te sehr erheblichen S c h a d e n a m G e b ä u d e . D a b e i w u r d e n sechs P e r s o n e n durch G l a s ­ sp l i t te r leicht verletzt. D i p l o m i n g e n i e u r J o s e p h D o r e r u n d F r ä u l e i n L a u r a D o r e r ü b e r g a b e n d em O b e r b ü r g e r m e i s t e r „ a l s A n e r k e n n u n g fü r d a s rasche G in g r e i f e n der F e u e r w e h r bei B e s c h ä d ig u n g ih r e s H a u s e s G r b - p r in z e n s t r a ß e s 9 durch eine F l i e g e r b o m b e 7 5 M k . " . D ie S u m m e w u r d e zuguns ten der bete il ig ten M a n n s c h a f t e n v e rw end e t . A m 2 2 . A u g u s t v o r m i t t a g s 9 N h r e rfo lg te ein F l ie g e r a n g r i f f , der schwere O p f e r fo rder te . G in e B o m b e fiel a u f d a s H a u s S ü d e n d s t r a ß e s 5 . I n d iesem w u r d e n 9 P e r s o n e n tödlich getroffen, Z schwer u n d 2 leicht v e r w u n d e t . G in e r der S c h w e rv e rw u n d e te n , J o s e p h G b e r l e , e r l a g seiner V erle tzung , n a c h d e m er in d a s B in c e n t iu s - h a u s v e r b r a c h t w o rd e n w a r . G in e B o m b e t r a f d a s H a u s A r i e g s - s t r a ß e s 2 3 , eine fiel a u f den G e h w e g g egenüb er B o r h o lz s t r a ß e 29 u n d eine in d a s A n w e s e n P u t l i t z s t r a ß e 9 / s s . B i e r B o m b e n fielen in die M u n i t i o n s f a b r i k e n , eine a u f die D e v r ie n ts t r a ß e u n d zwei in den G a r t e n des N e u e n B i n c e n t i u s h a u s e s , S ü d e n d s t r a ß e 6 0 . D ie H ä l f t e des G e s c h w a d e r s , 5 F l ie g e r , w u r d e durch unsere A b w e h r m i t t e l vern ich tet . D ie B e sa tz u n g e n fielen te ils to t , te i ls lebend in unsere H a n d . v o n den O p f e r n des A n g r i f f s w u r d e n sechs a m 2H. A u g u s t h ie r beigesetzt, n ä m l i c h A a u f m a n n F r a n z A a s tn e r , V b e r r e v i s o r A a r l S c h n a b e l u n d dessen G h e f r a u , l v i l h e l m i n e A n d re , P o s ts e k re tä r s ­ — 53 — g a t t in , ih re T o c h te r H i ld e g a rd , G b e r p r i m a n e r i n , u n d ih re M u t t e r W i lh e ln r in e E la u s s in g . I n S in z h e in i b . B a d e n w u r d e n bes ta t te t : R a d sch u h leg e r J o s e f O b e r l e , seine E h e f r a u u n d sein a n d e r t h a l b J a h r e a l te s A i n d J u l i u s , so w ie R le id e r m a c h e r in R o s a Z o l l e r . E i n e g ro ß e A n z a h l L e id t ra g e n d e r h a t te sich zu r F e ie r a m A b e n d des 2H. a u f d em H a u p t f r i e d h o f e in g e fu n d en , d a r u n t e r d a s G r o ß ­ h e r z o g s p a a r , sow ie die S pitzen m il i tä r i s c h e r u n d z iv iler S te l len . D e r G b e r b ü r g e r m e is te r v o n F r e i b u r g h a t n a m e n s der Schw ester­ s tad t w ieder die herzliche T e i l n a h m e a u s g e sp ro c h e n . A r t h u r S u ß m a n n sa n d te d e m S t a d t r a t 5 0 0 M k . z u r V e r ­ te i lung u n te r die b e d ü r f t ig e n M p f e r bezw . deren F a m i l i e n b e im F l i e g e r a n g r i f f a u f d a s H a u s S ü d e n d s t r a ß e s5 in d e m der S p e n d e r w o h n te . B e i e inem A n g r i f f in der N a c h t z u m 2 6 . A u g u s t w u r d e n u r ein iger S ach sch a d en v e ru rsac h t . B e i dem a m s 5 . S e p t e m b e r u a c h t s kurz nach sO U h r a u f R a r l s r u h e u n d U m g e b u n g e r fo lg te n F l i e g e r ­ a n g r i f f h a t d a s T i e f b a u a m t 2 0 B o m b e n a b w u r f s t e l l e n e rm i t te l t . M e h r e r e B o m b e n fielen a m W e s t a u s g a n g v o n B e ie r th e im a u s f re ies F e ld . D ie G e b ä u d e B re i te s t ra ß e s ^ 7 , s 5 s , s 5 3 , a u ß e r d e m die W a s c h a n s ta l t S ü p f le in B u l a c h w u r d e n u nerheb lich beschädig t. E i n e B o m b e g in g in der M o l t k e s t r a ß e v o r dem G e b ä u d e des F e l d a r t l . - R e g t s . 5 0 n ieder . E i n e P e r s o n w u r d e schwer, d rei leicht verletzt. S ie b e n A l l e e b ä u m e w u r d e n vern ich te t u n d 2 0 A l le e b ä u m e sow ie 5 B aum sc h u tzk ö rb e beschäd ig t . D e r S ach sch a d en b e t ru g e t w a 5 3 0 M k . A u ß e r d e m en ts tand a n der G f f iz ie r s - S p e is e a n s ta l t , a n dem G e b ä u d e der v e rh e ira te te n U ntero ffiz ie re u n d a n der A a s e rn e des g e n a n n te n R e g i m e n t s erheblicher S c h a d e n . I n der N ä h e dieser G e b ä u d e w u r d e auch die B o r d s t e in a n l a g e u n d die S c h o t t e r f a h r b a h n beschädigt. D ie R o s ten der W ied e rh e rs te l lu n g der letzteren einschließ­ lich der A u f r ä u m u n g s a r b e i t e n w u r d e n a u f r u n d s 5 0 M k . berechnet. I m S ta d t t e i l D a x la n d e n fielen d re i B o m b e n in die F e d e r b a c h . B e i der A b w e h r feindlicher F l i e g e r a m s6 . S e p t e m b e r n a c h ­ m i t t a g s zwischen 2 u n d 3 U h r fiel i n der R a is e ra l le e , Ecke der Sch illers traße , ein B l i n d g ä n g e r v o n e in em A b w e h r g e s c h o ß a u f die Schienen der S t r a ß e n b a h n L in ie s . D a s G esc h o ß exp lod ier te u n d schlug die S ch ienen z u m T e i l d u rch . D u rc h S p l i t t e r des Geschosses erli tten verschiedene Fensterscheiben der a n g re n zen d e n H ä u s e r S c h a d e n . — — A u ß e r d e m w u r d e a n dieser S te l le die F a h r l e i t u n g durch einen G e ­ scho ßsp li t te r an g e sc h lag e n u n d die S ch e ib en e in iger w a g e n z e r t rü m ­ m e r t . Sprengstücke v e ru r sa c h te n a n verschiedenen O b e r l i c h te r n der W a g e n h a l l e S c h a d e n . A m 2 0 . S e p t e m b e r u n d in der N a c h t z u m 2 s. e rfo lg ten die l e t z t e n F l i e g e r a n g r i f f e a u f die S t a d t K a r l s r u h e . A m 2 0 . a b e n d s 9 U h r w u r d e n s l B o m b e n n ie d e rg e w o r fe n . E i n e fiel a u f den S t r a ß e n k ö r p e r v o r d e m H a u s e B r a h m s s t r a ß e 2H. D a b e i w u rd e eine P e r s o n a u f dein W e g e z u m K elle r leicht verletzt. E t w a 2 0 m nordöstl ich v o n dieser A b w u rf s te l le fiel eine B o m b e in die in der P h i l i p p s t r a ß e an g re n z e n d e n S c h r e b e rg ä r te n u n d eine, e t w a s S i n v o n der letzteren S te l le in südwestlicher R ic h tu n g en tfe rn t , a u f den G e h w e g g e g e n ü b e r de in H a u s e P h i l i p p s t r a ß e f 7 . D a b e i w u rd e n zw ei P e r s o n e n , w o h n h a f t i m H a u se P h i l i p p s t r a ß e 2 l , a u f d em W e g e in dieses H a u s die eine schwer, die an de re leicht verletzt. Diese drei B o m b e n richteten a n den b e n a c h b a r t e n H ä u s e rn der B r a h m s - u n d der P h i l i p p s t r a ß e erheblichen S ch ad e n a n . D ie U m z ä u n u n g der S c h r e b e rg ä r te n u n d diese selbst lit ten bedeutend u n t e r der W i r k u n g dieser B o m b e , ^ m G e b ie t des R h e in h a f e n s g in g e n 8 B o m b e n n ieder , eine a n der K r e u z u n g der w e r f t - u n d A u e r s t r a ß e a u f den S t r a ß e n k ö r p e r u n d beschädigte diesen, eine e tw a 5 m n eben dieser v o r d a s d o r t stehende B a h n w a r t s h ä u s c h e n , d a s erheblichen S c h a d e n litt, eine in u n m i t t e l b a r e r N ä h e a u f die G l e i s ­ a n l a g e n u n d a u f die G le ise der S t a a t s e i s e n b a h n . B i e r B o m b e n fielen a u f die G le ise g eg e n ü b e r der M e r f th a l l e I I I nordöstlich der W e r f t s t r a ß e u n d der S t ro h m e y e r s c h c n K o h le n l a g e r . D ie städtischen G e b ä u d e ( V e r w a l t u n g s g e b ä u d e , W e rk s ta t t , B a u b ü r o , w e r f t h a l l e I, I I u n d I I I ) , der G etre idespe icher , T r a n s f o r m a t o r e n , F e u e r m e ld e ­ le i tu n g , T e l e p h o n le i tw a g e n , B a h n a n l a g e n , die G e b ä u d e der F i r m e n A l t s c h u l - S im o n , die M a l z k a f f e e - F a b r i k K a t h r e i n e r , sow ie die A n ­ la g e n der F i r m a S t r o h m e y e r h a b e n S c h a d e n er l i t ten . B e i e in em w e i te ren , u m 3 U h r n a c h t s e r fo lg ten A n g r i f f , w u r d e n B o m b e n a b g e w o r f e n u n d z w a r eine v o r d em H ause f 7 2 der K r i e g s s t r a ß e . Diese t r a f e inen A l l e e b a u m , ze r t rü m m e r te diesen u n d beschädigte die g e g e n ü b e r l iegenden H ä u s e r zum T e i l erheblich . sZ B o m b e n g in g e n g e g e n ü b e r den H ä u s e rn M o l t k e - s t r a ß e ( 7 — 3 f u n d W este n d s t raß e 8 s (K uns tgew erbeschu le ) , n ieder . — 55 — V o n diesen krepierten elf. B l i n d g ä n g e r h a b e n verschiedene B ä u m e ausg er issen u n d beschädigt, a u ß e r d e m a n H ä u s e r n F en s te r z e r t r ü m m e r t . V o n säm tl ichen F l i e g e r a n g r i f f e n w u r d e ein p l a n , in d e m die A b w u rfs s te l le n kenntlich g em ac h t sind, in d re i fach er F e r t i g u n g h e r ­ gestellt u n d z w a r e iner f ü r den G r o ß h e r z o z , e ine r f ü r d a s B e z i r k s ­ a m t u n d einer f ü r d a s städtische A rc h iv . H ie r fo lg en w ie in den v e r g a n g e n e n A r i e g s j a h r e n die M i t ­ te i lungen über die w ich t ig e ren M a ß n a h m e n , die zu r R e g e l u n g d e s w i r t s c h a f t l i c h e n L e b e n s i m B e r i c h t s j a h r e v o n R e ich , S t a a t u n d G e m e in d e ge tro f fen w u r d e n . D ie meisten Ä n d e r u n g e n bezweckten w ie b i s h e r die S iche rs te l lung der E r n ä h r u n g unse re r B e v ö lk e ru n g , an d e re bezogen sich a u f sonstige G e g e n s tä n d e des täg lichen V e r b r a u c h s . A u c h A n r e g u n g e n a u s der E in w o h n e r s c h a f t , die in diesen Z u s a m m e n h a n g g ehö ren , w e rd e n h ie r , sow ei t tun l ich , mitgete il t . M i r beg in n en m i t der kurzen D a r s t e l lu n g der ( O r g a n i ­ s a t i o n d e s A o m m u n a l v e r b a n d e s n ac h den v o n zus tän ­ diger Se i te veröffentlichten M i t t e i l u n g e n . F o lg e n d e ( O r g a n e der V e r w a l t u n g bes tanden f ü r die V e r s o r g u n g : N a h r u n g s m i t t e l ­ v e r so rg u n g , k . B e k le id ung , L . B r e n n s to f f v e r s o r g u n g , O . A b l i e f e r u n g vo n A r ie g s ro h s to f fe n . F ü r die N a h r u n g s m i t t e l v e r s o r g u n g w u r d e d a s „ N a h r u n g s - m i t t e l a m t d e r S t a d t A a r l s r u h e " ( H a u p t b ü r o A r i e g s - s traße P b ) errichtet, d a s zugleich a l lg em e in e G eschäftss te lle des A o m m u n a l v e r b a n d e s w a r . E s h a t te f ü r die B e s c h a f fu n g u n d L a g e ru n g a l le r öffentlich bew ir tschaf te ten L e b e n s m i t te l zu so rg en , auch solche zu beschaffen, die nicht der öffentlichen B e w i r t s c h a f t u n g u n te r l a g e n ( F r e i h a n d e l s w a r e n ) , die G r u n d l a g e f ü r die V e r te i lu n g a l le r M a r e n zu geben, auch f ü r d ie jen igen , f ü r die, w ie f ü r M i l c h , F e t t , A a r to f f e ln u n d Fleisch besondere Ä m t e r bes tanden . D u r c h d a s A m t g in g auch die V e r te i lu n g v o n P e t r o l e u m , B r e n n s p i r i t u s und Seife. I h m u n te rs tan d die A ar ten s te l le (k leiner F e s th a l le s a a l ) , deren H a u p t a u f g a b e die A u s g a b e der L e b e n s m i t t e l m a r k e n , die F ü h r u n g der A und en l i s te n u n d R ü c k v e r rech n u n g der M a r k e n w a r , a u ß e r d e m die L a g e r v e r w a l t u n g ( A r i e g s s t r a ß e 5 a ) . D a s A m t g a b — 56 — du rch H V erk au fss te l len ( A a i s e r s t r a ß e 7H, A r i e g s s t r a ß e 80 , A a r l - s t raß e 2 3 , A m a l i e n s t r a ß e 2fl) W a r e n u n m i t t e l b a r a u die V e r ­ b r a u c h e r a b . G b s t u n d G e m ü s e w u r d e noch in den städtischen L ä d e n der L a n d w ir t s c h a f t l i c h e n H a u s f r a u e n v e r e in i g u n g e n (A a is e r - f t r a ß e 2 2 s), sow ie in den städtischen V e r k a u f s b u d e n a u f dem M a r k t e a b g e g eb e n . D ie meiste» W a r e n a b e r w u r d e n v o n dem A m t a u f d em W e g e ü b e r 8 G r o ß v e r t e i l e r a n die A le in v e r k a u f s - geschäfte v e r te i l t . S o lch e r w a r e n r u n d 3 6 0 fü r Z ucker u n d a l l ­ g e m e in e r L e b e n s m i t te l v o r h a n d e n , f ü r G ie r 3 2 3 , f ü r F e t t 2 f l l - B r o t u n d M e h l w u r d e n in s 7 5 B äckere ien v e r a b f o lg t . V b s t u n d G e m ü s e w u r d e n a u ß e r d em e r w ä h n t e » V e r k a u f in den M a r k t ­ s tä n d en a n e t w a 200 H ä n d l e r u n d H ä n d le r in n e n ab ge gebe n . I m g a n z e n w a r e n r u n d 3 6 6 0 0 H a u s h a l t u n g e n m i t e t w a l s 6 0 0 0 Z i v i l ­ pe rso n e n zu v e r s o r g e » ; h ierzu k a m e n zahlreiche M i l i t ä r p e r s o n e n , die sich h ie r in G a r n i s o n , a b e r n icht in m i l i tä r is ch e r V e rp f leg u n g b e f a n d e n ; f e rn e r die U r l a u b e r . W e i te r m u ß t e n 3 s O W ir t sch a f te » , zahlre iche A a n t i n e n , A n s ta l te n , A r a n k e n h ä u s e r u n d L azare t te be­ liefert w e rd e n . D ie Z a h l der j e w e i l s au s g e g e b e n e n A o p f m e n g e n belief sich a u f r u n d l 3 0 0 0 0 fü r jedes L eb e n sm it te l . N e b e n d e m N a h r u n g s m i t t e l a m t bes tanden a l s se lbständige Ä m t e r : d a s städtische M i l c h a m t ( Z ä h r i n g e r s t r a ß e H5 ), d em die B e s c h a f fu n g u n d V e r te i lu n g v o n M i l c h u n d F e t t o b l a g , fe rne r d a s städtische A a r t o f f e l a m t (A a ise ra l le e s s), d em e t w a 7 0 A ar to f fe lv c rk a u fs s te l l e u u n te r s t a n d e n u n d d a s selbst A a r to f f e ln in g rö ß e re n M e n g e n a n die B e v ö lk e ru n g a b g a b ; d a s städtische F l e i s c h a m t ( b e im S c h la ch t- u n d V ie h h o f - A m t ) , d a s d a s V ieh zu beschaffen u n d d a s F leisch durch fl6 M e tz g e r u n d W u rs t l e r zur V e r te i lu n g zu b r in g e n h a t te . D e m S t a t i s t i s c h e n A m t der S t a d t l a g neben der Z ä h ­ l u n g der V e r b r a u c h e r u n d der V iehbestände , die Fests tellung der B e s tä n d e a n L e b e n s m i t t e ln a l le r A r t , n a m e n t l ic h bei den E rz e u g e rn o b , fe rn e r die R e g e l u n g u n d Ü b e r w a c h u n g der S e lbs tverso rger m i t G e tre id e , H ü lsen frü ch ten u n d A a r to f f e ln , sow ie die F ü h r u n g der W i r t s c h a f t s k a r t e n . E s leitete au c h die M e t a l l a n n a h m e u nd die G u m m i s a m m l u n g . D a s städtische A r i e g s s p e i s e a m t ( V e r w a l t u n g im s täd ti­ schen A r a n k e n h a u s ) g a b E ssen a u s der A riegsküche im S ch la c h th o f — 57 — a n sO ü b e r d a s S ta d tg e b ie t ver te il te A bg ab e s te l len a u s ; i h m u n te rs tan d fe rn e r eine D ö r r a u l a g e ( S tö s s e r - S t r a ß e sy ) u n d eine M a r m e l a d e n f a b r i k ( im S ch la ch th o f ) . D a s städtische G a r t e n a m t beschaffte S a m e n u n d Setzlinge fü r die A le in g a r ten b e s i t ze r ; fü r A a r t o f f e l s a a t g u t so rg te die städtische G u t s v e r w a l t u u g . Z u r V e r s o r g u n g der B e v ö lk e ru n g m i t A l e i d e r n u n d mi t B r e n n s t o f f e n w u r d e die städtische B e k l e i d u n g s st e l l e u n d d a s A o h l e n a m t (G r tsk o h len s te l le ) e ingerichtet. D e r B e k le id u n g s ­ stelle ( A a i s e r - S t r a ß e 9 ; ) u n te r s t a n d e n die Bezugscheinstellen , fe rn e r die E in r i c h t u n g e n , die sich n i i t der A n n a h m e g e t r a g e n e r A l e i d u n g s - stücke u n d deren A u s b e s s e r u n g (Flickstube u n d Schuhflickerei) sow ie m i t ih r e m V e r t r ieb beschäftig ten . D e m A o h l e n a m t ( A a i s e r - S t r a ß e 2 6 ) un te rs tan d e n H6 A o h le n v e rk a u f s s te l le n , v o n denen eine A n z a h l zu einer G ese llschaf t „ S t a d t l a g e r A a r l s r u h e r A o h l e n h ä n d l e r " z u s a m m e n ­ geschlossen w a r . M i t dein A o h l e n a m t w u r d e i m B e r i c h t s j a h r e auch ein B r e n n h o l z a m t v e r b u n d e n , dem die R e g e lu n g der B r e n n ­ ho lz v e rso rg u n g u n te r M i t w i r k u n g e iner n eu geg rü n d e ten E i n - u n d V erkaufsgese l lschaft A a r l s r u h e r H o lz h ä n d le r o b l a g . A m s s. F e b r u a r w u r d e n den L eb e n sm i t te lk a r te n z u m e r s te n m a l sogenann te H a u s h a l t u n g s k a r t e n b e ig e fü g t , die den Z w eck ha t ten , die V e r te i lu n g der jen igen W a r e n zu rege ln , die n icht n ac h A o p f - menge sondern nach H a u s h a l t u n g e n v er te i l t w u r d e n . D ie A a r t e ^ g a l t f ü r H a u s h a l t u n g e n b i s zu 3 P e r s o n e n , die A a r t e 8 f ü r solche m i t H oder m e h r P e r s o n e n . D ie D a u e r der H a u s h a l t u n g s - kar ten w a r zeitlich u n beg renz t , sie w a r e n a u f z u b e w a h r e n b i s sie au fg e ru fe n w u rd e n . v o n s l l G e m e in d e n , die M i l c h o d e r B u t t e r n ac h A a r l s r u h e zu liefern h a t ten , konnte a n l g d a s e i n g e r a h m t e B i l d des G e n e r a l ­ f e ld m arsch a l ls v o n H i n d e n b u r g (v g l . E h r o n i k s H s ? S . sH2 ) a l s ä u ß e r e s Z e ichen des D a n k e s f ü r vo l ls tän d ig e E r f ü l l u n g der L ie fe rungspflich t gegeben w e rd e n . W e i te r erh ie l ten 22 G e m e in d e n , die in zufriedenstellender W eise E i e r a b g e l ie fe r t h a t te n , d a s un g e - r a h m t e B i ld . A m ( 6 . F e b r u a r w u r d e bekan n tg egeben , d a ß die V e r s o r g u n g d e r A i n d e r , d e r S c h w a n g e r e n , d e r W ö c h n e r i n n e n u n d s t i l l e n d e n F r a u e n in fo lg en d e r W e ise n eu geregelt — 58 — w u r d e : ( . R i n d e r i m A l t e r b i s zu ( 2 M o n a t e n einschließlich ( S ä u g l in g e ) scheiden a u s der a l lg e m e in e » V e r s o r g u n g a u s und e r h a l t e n : u) in den ersten 6 M o n a t e n täg l ich ( L iter V o llm ilch , f ü r je (H T a g e 6 0 0 Z r Haferflocken od er G ers te u n d 5 0 0 § r Z u c k e r . b ) v o m 7. b i s ( 2 . M o n a t einschließlich täglich ( Liter- V o l lm i lc h u n d f ü r je (H T a g e 5 0 0 § r U in d e r m e h l , 5 0 0 § r W eizen- g r i e ß o d e r ein ä h n l ic h e s N ä h r m i t t e l u n d 5 0 0 Z r Z u c k e r ; 2 . S c h w a n g e r e , W ö c h n e r in n e n u n d stillende M ü t t e r e rha l ten neben der a l le m e in e n V e r s o r g u n g fo lgend e Z u s ä t z e : a ) S c h w a n g e re t ä g ­ lich ^ L ite r V o l lm i lc h u n d f ü r je ( ^ T a g e ( 5 0 0 Z r B r o t und 2 T i e r ; b ) W ö c h n e r in n e n f ü r die D a u e r v o n H W o c h en nach der G e b u r t f ü r je (H T a g e ( 5 0 0 § r B r o t , 2 0 0 § r Z ucker und H T i e r . F e r n e r h a b e n sie f ü r die D a u e r v o n H W o chen A n sp ru c h a u f U r a n k e u b r o t s ta tt R o g g e n b r o t ; c) S t i l le n d e M ü t t e r e rh a l ten i m A n s c h lu ß a n die W ö c h n e r in n e n v e r s o r g u n g f ü r die D a u e r des S t i l l e n s , jedoch f ü r lä n g s te n s 9 M o n a t e nach der G e b u r t fü r je (H T a g e ( 5 0 0 ^ r B r o t , 2 0 0 Z ucker u n d H T i e r . Z n A u s f ü h r u n g dieser A n o r d n u n g des S t a d t r a t s w u r d e i m A n sc h lu ß a n die U a r te n s te l len eine besondere A b te i l u n g eingerichtet, die die B e z e ic h n u n g „ V e r s o r g u n g v o n M u t t e r u n d U i n d " führte . U m eine G r u n d l a g e f ü r die neue V e r s o r g u n g zu g e w in n e n , m u ß ­ ten a l le nach d e m 5 0 . A p r i l ( 9 ( 7 g eb o re nen S ä u g l in g e , b i s spä tes tens 2 5 , F e b r u a r ( 9 ( 8 bei der U ar tens te l le a n g e m e ld e t w erd e n . A m 2 7 . F e b r u a r w u r d e bek ann tgegeb en , d a ß b i s a u f w e i te res a u ß e r den S ä u g l i n g e n in der zweiten H ä l f te des ersten L e b e n s j a h r e s au ch noch die 'U le inkinder i m 2 . u n d 5 . L e b e n s ja h re d a s U i n d e r n ä h r m i t t e l e r h a l t e n sollen. A m ( 5 . M ä r z fo rde r te die U r i e g s a m ts s t e l l e U a r l s r u h e a u f G r u n d des Gesetzes f ü r den v a te r län d isch e n H ilfsd iens t F r a u e n u n d M ä d c h e n zu r f re iw i l l ig en M e l d u n g f ü r la n dw ir t sch a f t l ich e A rb e i t e n a u f , in sb e so n d e re solche, die v e r m ö g e ih r e r H erk u n f t v o m L a n d e oder f rü h e re r B e s c h ä f t ig u n g U enn tn isse in l a n d w i r t s c h a f t ­ lichen A rb e i t e n h ä t te n . T i n s V e r o r d n u n g des R e ic h sk an z le r s v o m 2 ( . M ä r z v e r fü g t die T r h e b u n g v o n A n b a u - u n d T r n t e f l ä c h e n . D ie T r h e b u n g e r fo lg te gcm eindew eise durch B e f r a g e n der T i g e n t ü m e r u n d B e w ir t s c h a f t e r . — 59 — A m 29 . M a i w u r d e die R e ic h s g e t r e id e o r d n u u g f ü r die L r n t e ( 9 ( 8 erlassen, die äh n l ich der f ü r ( 9 ( 7 lau te te (v g l . iL h ron ik ( 9 ( 7 , 5 . (2 7 ) . D ie V o l l z u g s v c r o r d u u u g zu der V e r f ü g u n g des R e ic h s ­ kanzlers durch d a s M i n i s t e r i u m e r fo lg te a m ( 8 . J u l i der Z ( 6 . Dieselbe b e s t im m te : „ A n B r o t d a r f n u r R o g g e n b r o t hergestellt w e rd e n ; fü r A r a n k e ist die B e r e i t u n g v o n lva sserw eck u n d Z w ie b a c k zu läss ig ." Z m Z ( 7 h e iß t e s : „ R o g g e n b r o t ist in Stücken v o n 7 5 0 u n d ( 5 0 0 § r zu be re i ten ." ß ( 9 l a u te t e : „ D a s B e re i te n v o n R ü chen , welche in län d isches W e iz en - u n d R o g g e n m e h l e n th a l t e n , ist v e rb o te n . Diese V o rs c h r i f t f indet a u f die H ers te l lung v o n G b s t - kuchen in p r iv a t e n H a u s h a l t u n g e n keine A n w e n d u n g . " v o m s. b i s ( 0 . J u n i v e ra n s ta l te te der H a u s f r a u e n b u n d eine A u s s t e l l u n g „ D u r c h h a l t e n " im M r a n g e r i e g e b ä u d e . U n te r den A u ss te l le rn w a r e n n eben den verschiedenen F r a u e n ­ o r g a n i s a t io n e n d a s B a d isc h e L a n d e s p r e i s a m t , die L a n d w i r t s c h a f t s - k a m m c r , der S a m m e l - u n d H elferd iens t des R o t e n A re u z e s , die städtischen S c h u le n u n d die S ch la ch th o fd irek t io n v e r tre ten . A uch einige s ? r iv a t f i r m e n h a t t e n ausgeste l l t . D ie A u s s te l lu n g u m f a ß t e fo lgende A b te i l u n g e n : >. Schuhflickerei, 2 . Stnunpfflickerei, z. Stoffverwertung jeder Art zur Anfertigung von Kleidungsstücken, -r. bfandarbeiten und Weißnäherei, 5 . Pap ier ­ stoffe und deren Verarbeitung, s. Ncssclvcrwertung, 7. Sammeltätigkeit, 8. Spiel­ zeug aus wertlosem, 9. Einmachen, 10 . Dörrgemüse, 11 . Knochenverwertung, 12 . Seife und ihr Ersatz, 13 . Kochgeräte, >-4. wildgemiise und Ersatznahrungs- nnttel, >5. viohfutter, 16. Kostproben, 1?. Nene Gedanken, 18. Kriegsschriften. J e d e n N a c h m i t t a g f a n d e n kurze, e r lä u te rn d e V o r t r ä g e statt. D e r S t a d t r a t h a t te a m ( 8 . A p r i l der A u s s te l lu n g e inen B e i t r a g b i s zu ( 0 0 0 M k . bew il l ig t . I m S i tz u n g s b e r ic h t des S t a d t r a t e s v o m (Z . Z u m s tan d zu lesen : „Das K r i e g s s p e i s e a m t teilt mit, daß in der Zeit vom 1. J u n i 191? bis 31. M ai 1918 täglich durchschnittlich 2285 Liter Essen aus der städt. Kriegsküche abgegeben worden sind. Davon sind täglich durchschnittlich 198 Liter für die Schülerspeisung, städtische und private Betriebe und 1787 Liter an den Abgabestellen an die Bevölkerung ausgegeben worden. Der Aufwand für 1 Liter Essen bewegte sich in der erwähnten Zeit zwischen 11 ,9 und 57,1 Pf. für l Liter, im Durchschnitt betrug er 51 ,9 P f . für das Liter. Seit der letztmaligen Erhöhung der Preise ( 1. J u l i 19 1?) wurden fü r 1 Liter Essen durchschnittlich 35 Pf. erlöst. Der ungedeckte Aufwand betrug im J a h r e — 60 — durchschniltlich für 1 Liter Essen 19,2 P f . , wovon die Staatskosse 6,9 Pf. und die Stadtkasse 12,2 P f . trägt. I m ksinblick hierauf und da mit weiterer E rhöhung der Gestehungskoste» zu rechnen ist, wird auf Antrag der Ariegs- speisiingskommission beschlossen, die Teilnehmerpreise mit Wirkung vom Z. k. M ts. an zu erhöhen aus je HO Pf . bei Abnahme von 1— ö Liter Essen, je 25 Pf. bei Abnahme von H und mehr Litern." Ü b e r die N u tz u n g la n d w ir t s c h a f t l i c h e n G e l ä n d e s f ü r G e m ü s e ­ b a u w u r d e n fo lgende A n g a b e n m i tg e te i l t : „Das Tiefbauamt hat im J a h r e 1918 rund 1,27 b» städtisches Gelände bei der Abwasserreinigungsanlage nächst Renrent zum B a u von Gemüse landwirtschaftlich genutzt. Die Ernte (5*/r Z tr . Rhabarber, soo Büschel R a ­ dieschen, 1000 Stück Rettiche, H,6 Z tr . Rosenkohl, >7 Z tr . Spinat, §2 ioo Stück Aopfsalat, l o s o o Stück Endiviensalat, i ? ' / - Z tr . Apfelkohlrabi, 12 Ztr . Roi- - rüben, H,7 Z tr . Erbse», 2,7 Z tr . Zuckcrerbsen, 75 Z tr . Gelberllbe», 15 Z tr . Blumenkohl, Hvoo Gurken, 129 Z tr . Wirsing, H,8 Z tr . Zwiebeln, 2 H Ztr . Busch- und Stangenbohne», 100 Z tr . Weißkraut, 50 Z tr . Rotkraut, 28 Z tr . 1 Tomaten, 2 Z tr . Aürbis , 7,7 Z tr . Sellerie, 86 Z tr . Bodenkohlraben, 27 Z tr . wiuterkohl, H,8 Z tr . Lauch, 102 Z tr . Weißrübe», 5 Z tr . Welschkorn, 5 - Schwarzwurzeln, 2 S Z tr . Mangold, H Z tr . Mairüben, 16,5 Icg Birnen, V2 Ztr. (puitten) wurde an das städt. Nahrnngsmitte la int und an den städt. Fuhrpark abgeliefert. Die E innahm en hieraus betrugen 18 117 Mk. (gegen 6215 Mk. für die Ern te im J a h r e 1917); die Ausgaben 8 H20 Mk., so daß sich eine Reineinnahme ergibt von 9 687 Mk. gegen 2 0 0 0 Mk. im Vorjahre." I m A n s c h lu ß a u diese a l lg em e in e » A k i t te i lun gen fo lge» n u n ­ m e h r die A n g a b e » ü b e r die A n o r d n u n g e n , die f ü r die e i n z e l n e n N a h r u n g s m i t t e l u n d a n d e r e G e g e n s t ä n d e d e s t ä g ­ l i c h e n V e r b r a u c h s i m B e r i c h t s j a h r e e r g a n g e n sind. I m wesentlichen b le iben die v o r j ä h r i g e n V e r o r d n u n g e n bestehen. A m s-s. J a n u a r t r a t e n a n S te l le der Bäckere ien, die b i s h e r K r a n k e n d r o t hergestellt h a t t e n , an d e re Bäckere ien. A m 3 s. J a n u a r w u r d e der P r e i s f ü r R o g g e n b r o t fü r 750 § r a u f 3H P f . , f ü r den g r o ß e n L a i b (s500 § r ) a u f 68 P f . am tl ich festgesetzt. A u f G r u n d einer V e r o r d n u n g der Reichsgetreidestelle w u r d e d a s B r o t v o m s s. F e b r u a r m i t K a r t o f f e l m e h l g e s t r e c k t , u n d d e s h a lb die B r o t m e n g e e rh ö h t . F ü r die S o n d e r m a r k e n 79 u n d 80, die sich u n te r den B ro ts c h e in e n b e f a n d e n , w u rd e n s ta tt K a r to f f e ln 250 § r R o g g e n b r o t v e r a b fo lg t . A m 2 8 . J u n i g a b d a s N a h r u n g s m i t t e l a m t der S t a d t K a r l s ­ r u h e b e k a n n t , d a ß v o m s. J u l i a b die au szug e b en d e B r o t - - 6f - m e n g e f ü r den A o p f der B e v ö lk e r u n g u n d f ü r T a g e v o r ü b e r ­ gehend a u f 3 0 0 0 § r herabgesetzt werde. A m 2 7 . J u l i setzte der S t a d t r a t w eg e n der zu r H ers te l lung v o n B r o t n o tw e n d ig g ew o rd en e n V e r w e n d u n g v o n G e r s te n m e h l den P r e i s f ü r einen kleinen L a i b B r o t v o n 7 5 0 § r a u f 3 6 P f . , f ü r einen g r o ß e n L a i b B r o t v o n f 5 0 0 § r a u f 7 2 P f . fest. H a u s h a l t u n g e n , die n u r b i s 2 0 . M a i s 9 f 8 mi t A a r t o f f e l n v e r so rg t w a r e n , konn ten f ü r die Z e i t b i s 8. J u l i eine w eitere A o p f - m enge v o n 5 0 P f u n d z u m P r e i s v o n H M k . e rh a l te n . Ü b e r die A a r t o f f e l v e r s o r g u n g e r g in g a n i f 8 . J u l i eine V e r o r d n u n g des B u n d e s r a t e s . Z n derse lben w u r d e u . a . g e s a g t : „ D ie A ar to f fe le r z e u g e r sind verpflichtet , die A a r to f f e ln sach­ g e m ä ß zu ern ten . D e r A o m m u n a l v e r b a n d k a n n A a r to f f e ln , die einer o r d n u n g s m ä ß i g e r g a n g e n e n A u f f o r d e r u n g zu w id e r nicht a n ­ gezeigt oder entzogen w erd en , o h n e Z a h l u n g e iner E n t s c h ä d ig u n g zugunsten des A o i n m u n a l v e r b a n d e s f ü r v e r f a l l e n e r k lä re n ." A m 2 7 . Z u l i er l ieß d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t in E r g ä n z u n g des M i n i s t e r i u m s fo lgende B e k a n n t m a c h u n g : „ f . D a s E r n t e n der f e ld m ä ß ig a n g e b a u t e n A a r to f f e ln ist v o n jetzt a b ges tat tet, sow ie die A a r to f f e ln v o l ls tä n d ig a u s g e r e i f t sind. 2 . l v e r S p e isek ar to f fe ln geerntet h a t , k a n n sie zu r E r n ä h r u n g f ü r sich u n d die A n g e h ö r ig e n seiner W i r t s c h a f t v e rw e n d e n , u n d z w a r d a r f er f ü r den T a g u n d die P e r s o n höchstens p / r P f d . v e r b r a u c h e n . 3 . D ie ü b r ig e n M e n g e n d a r f er n u r a n d a s S t ä d t . A a r t o f f e l a m t ab g e b e n . H. D ie A u s ­ f u h r v o n A a r to f f e ln in e inen a n d e r e n A o m m u n a l v e r b a n d ist n u r m i t G e n e h m i g u n g des S t ä d t . A a r to f f e l a m te s gestattet, die A u s f u h r in e inen a n d e re n B u n d e s s t a a t n u r m i t G e n e h m i g u n g der B a d . A a r to f f e lv e r s o r g u n g (A k a d e m ie s t ra ß e s) . 5 . Z u w i d e r h a n d l u n g e n w erden n i i t G e f ä n g n i s b i s zu 6 M o n a t e n o d e r m i t G e ld s t ra f e b i s zu s 5 0 0 M k . b e s t ra f t . " N a c h der B e k a n n t m a c h u n g des A a r t o f f e l a m t s a m 2 9 . Z u l i w u rd e n F r ü h k a r t o f f e l n in sieben verschiedenen G eschäf ten nebst deren Z w e ig n ie d e r la s su n g e n sow ie in säm tl ich en V erk au fss te l len des L e b e n s b e d ü r f n is v e r e in s gegen A a r to f f e lm a r k e n ab g e g eb e n . D e r V e r k a u f s p r e i s b e t ru g s2 P f . f ü r d a s P f u n d , die A o p f m e n g e v o r lä u f ig höchstens 2 P f u n d f ü r die W o c h e . — 62 D ie V e r o r d n u n g des B u n d e s r a t e s v o m 2 . S e p te m b e r üb e r S a a t k a r t o f f e l n a u s der E r n t e l 9 l 8 besagte in H f : „ S a a t ­ ka r to f fe ln d ü r fe n n u r a n K o m m u n a l v e r b ä n d e , landw ir tscha f t l ich e B e r u f s v e r t r e t u n g e n o d e r a n solche P e r s o n e n abgesetzt w erd en , die sie selbst zu r A u s s a a t v e rw e n d e n w o l l e n ." D u rc h die V e r o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s v o m 3 . S e p te m b e r w u r d e die V e r s o r g u n g m i t K a r t o f f e l n f ü r die Z e i t v o m f5 . S e p t e m b e r b i s z u m S c h lu ß des W i r t s c h a f t s j a h r e s geregelt. S ie en tsp ra ch i m wesentlichen den f ü r d a s V o r j a h r e rg a n g en en V o rs ch r i f t en . D e r u n m i t t e l b a r e B e z u g des l v i n t e r b e d a r f s durch die V e r b r a u c h e r b e im E r z e u g e r in H ö h e v o n 2 Z e n t n e r n f ü r den K o p f m it te ls t des B e z u g s s c h e in v e r fa h r e n s w u r d e w ied e r zugelassen. B e i L ie fe ru n g der K a r to f f e ln durch den E rz e u g e r v o r d a s H a u s d es V e r b r a u c h e r s , d u r f te f ü r den Z e n t n e r höchstens 6 Akk. 8 0 P f . v e r l a n g t w erd en . U b e r die V e r s o r g u n g m i t K a r to f f e ln veröffentlichte d a s K a r t o f f e l a m t a m 6. S e p t e m b e r dazu n äh e re B e s t i m m u n g e n , die denen des V o r j a h r e s g e n a u en tsp rachen . ( L h r o n i k f ß f ? , S . l 3 7 / f 3 8 . ) A m 2 f . N o v e m b e r m a ch te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t ü b e r A b ­ l i e f e r u n g v o n S p e i s e k a r t o f f e l n fo lg en des b e k a n n t : D ie hiesigen A n b a u e r v o n K a r to f f e ln dü r fe n v o n ih r e r E r n t e zurück­ b e h a l t e n : a ) z u r menschlichen N a h r u n g fü r sich u ü d die A n ­ g eh ö r ig e n i h r e r H a u s h a l t u n g täg lich f ü r die P e r s o n l , 5 P f d . , d. i . v o m f 6 . S e p t e m b e r s y s 8 b i s fH. A u g u s t l 9 l 9 5 Z e n t n e r ; b ) a l s S a a t g u t f ü r den A r 0 , 3 5 Z e n t n e r ; c) die K a r to f f e ln , die kleiner a l s 2 , 7 2 c m s in d ; 6 ) S e lb s tv e rso rg e r m i t B r o tg e t r e id e zur B ro ts t re ck u n g f ü r die P e r s o n w öchentlich H2 P f d . , im ganzen höchstens 0 , 5 5 Z e n t n e r . A l le ü b r ig e n K a r to f f e lm e n g e n h a t der A n b a u e r ab z u lie fe rn . A m f 8 . D ez em b e r m a c h te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t fo lgendes b e k a n n t : D e m g r ö ß e r e n T e i l der Beste ller konnte die vorgesehene M e n g e K a r to f f e l» (2 Z t r . a u f den K o p f f ü r die Z e i t v o m f7 . N o ­ v e m b e r l 9 l 8 ^ f 9 . M a i l 9 l 9 ) rechtzeitig geliefert w erden . E i n e m kleineren T e i l e der Beste lle r d ag e g en konnte der V o r r a t noch nicht z u g e f ü h r t w e rd e n , w e i l die „ B a d i s c h e K a r to f f e lv e r s o r g u n g " d em K o m m u n a l v e r b a n d die b e n ö t ig te n M e n g e n b i s h e r nicht h a t l ie fern können . E s besteht au ch keine A u ss ich t m e h r , d a ß die — 63 — erforderlichen M e n g e n noch zu e r h a l t e n sind. „ D e r städtische A o m m u n a l v e r b a n d K a r l s r u h e v e r m a g a lso ohn e sein V ersch u lden diesen H a u s h a l t u n g e n den W i n t e r v o r r a t n icht m e h r zu beschaffen. D ie noch nicht bel ieferten H a u s h a l t u n g e n e r h a l t e n a b e r n ac h w ie v o r die A a r to f f e lm a r k e n , die sie z u m B e z u g ih r e s W o c h e n b e d a r f s in den A ar to f fe lg esch ä f te n b r a u c h e n . D ie L ie fe ru n g dieses W o c h e n ­ b e d a r f s ist v o r l ä u f ig sichergestellt." D e n m i t W i n t e r v o r r a t v e r ­ sehenen H a u s h a l t u n g e n w u r d e d r in g e n d g e ra te n , m i t ih r e n A a r to f f e ln so s p a r s a m wie m öglich u m z u g e h e n u n d sie m i t R ü b e n u n d A r a u t zu strecken, d a die V e r w e n d u n g s f r i s t w o h l ü b e r den l g . M a i s g l 9 h i n a u s a u s g e d e h n t w urde . D ie B e f ö r d e r u n g der M i l c h durch die S t r a ß e n b a h n w a r seit M i t t e J a n u a r in v o l le m G a n g e . D ie M i l c h k a n n e n w u r d e n v o m M i l c h a m t in der Z ä h r i n g e r s t r a ß e mit te ls t F u h r w e r k s a n die H a l t e ­ stellen der S t r a ß e n b a h n Ecke A r o n e n - u n d A a i s e r s t r a ß e geschafft u n d v o n d o r t a u s du rch „zweistöckige" T r a n s p o r t w a g e u der S t r a ß e n ­ b a h n nach den verschiedenen S ta d t t e i l e n be fö rd e r t , w o sie a n den Haltestellen v o n den M i l c h v e r te i l e rn a b g e h o l t w u r d e n . F ü r den Rückweg w u r d e n die leeren A a n n e n n ac h der A r o n e n s t r a ß e beförder t . D a s M i n i s t e r i u m bes t im m te m i t W i r k u n g v o n i l- M ä r z eine E r h ö h u n g des E r z e u g e r p r e i s e s f ü r V o l l m i l c h in a l len G e m e in d e n u m H Os- f ü r e inen L ite r u n d eine E r h ö h u n g des V e r b ra u c h e rp re i s e s b i s zu dein gleichen B e t r a g e ; f ü r M a g e r - u n d B u t t e r m i l c h d u r f te n die E rz e u g e rp re i s e b i s zu s 8 O s. b e t r a g e n . Z n den städtischen A o m m u n a l v e r b ä n d e n d u r f te n die V e rb ra u c h e rp re i s e a u f 2 8 O s. festgesetzt w e rd e n . Z m Hinblick a u f den bes tänd ig en R ü c k g a n g d e r M i l c h ­ l i e f e r u n g , der zu den ernstesten B e f ü r c h tu n g e n f ü r den k om m en den W i n t e r A n l a ß g a b , besch loß der S t a d t r a t a m sO. G k to b e r , a n d a s M i n i s t e r i u m des Z n n e r u die d r in g en d e B i t t e zu r ichten, die B e z i r k s ä m te r in den L ie fe run gsb ez i rken te leg raph isch anzuw eisen , u n te r eigener V e r a n t w o r t u n g d a f ü r S o r g e zu t r a g e n , d a ß v o n setzt a b : „I. unter keinen Umständen in irgend einem Lieferungsbezirk ein w ei­ terer Rückgang in der M ilch, und Fettlieferung mehr eintritt. — 64 — 2 . daß jedes Zurückbleiben hinter der vorgeschriebenen Sollmenge vom t- Tage des Zuwiderhandelns an unnachfichtlich in wirksamster Weise geahndet wird, und daß 2 . auch im übrigen die Vorkehrungen für eine geregelte Ablieferung, wie die ordnungsgemäße Umlegung der Lieferungsmenge, die richtige B e ­ setzung und Überwachung der Ulilchausschüsse, sowie die sonstigen Bestim­ mungen der Verordnung Großh. Ministeriums des I n n e r n restlos durchgeführt werden. Ferner beschließt der S tad tra t , alsbald eine Abordnung zu dem Herrn Staatsminister und Minister des I n n e r n zu entsenden, die die vorstehenden Anträge, unbeschadet ihrer unverzüglichen weiteren Behandlung, durch münd­ liche Aussprache noch näher begründen soll." L i n e A u s s p r a c h e ü b e r die M i l c h - u n d F e t tv e r s o r g u n g der S t a d t f a n d a m l 4 . G k t o b e r i m B ü r g e r a u s s c h u ß s ta tt . A u ch d a w u r d e d a r a u f a u f m e r k s a m g e m ac h t , d a ß die M i l c h l i e f e r u n g in m a n c h e n B ezirken g u t , in m a n c h e n ziemlich g u t , in a n d e re n a b e r u n g e n ü g e n d sei. M a n zog d a r a u s den S c h lu ß , d a ß die B e z i rk s ­ ä m t e r n icht in gleichen! M a ß e ih re P f l ich t tä te n u n d d a ß d a s M i n i s t e r i u m , d em diese V erhä l tn isse b ek a n n t sein m ü ß te n , a l s obere A u fs ic h ts b e h ö rd e seinen B e z i rk s b e a m te n nicht m i t d em n ö tigen N a c h ­ druck zu r E r f ü l l u n g i h r e r P f l ich t a n h a l t e . E s w u r d e beschlossen, die E r k l ä r u n g des B ü r g e r a u s s c h u s s e s den zus tänd igen S te l len m i t ­ zuteilen u n d den E r n ä h r u n g s a u s s c h u ß u m 2 M i t g l i e d e r zu v e r ­ m e h re n . N a c h d e m d a s M i n i s t e r i n m b e s t im m t h a t te , d a ß m i t M i r k u n g v o m s. N o v e m b e r a b der E r z e u g e r p r e i s f ü r s L i te r V o l l ­ m ilch in a l len G e m e in d e n u m 5 P f . zu e rhöh en sei, beschloß der S t a d t r a t a m 3 s . G k t o b e r a u f A n t r a g des M i lch a u ssch u sses , v o m gleichen Z e i t p u n k t a n den V e r b r a u c h e r p r e i s f ü r M i l c h in hiesiger S t a d t w ie fo lg t festzusetzen: V o l lm i lc h f L ite r 5 0 P f . , 3/4 L ite r 5 8 P f . , i/s L i te r 2 5 P f . , ^4 L ite r f 3 P f . ; M a g e r m i l c h s L ite r 5 2 P f . ; i n F la sc h e n abge fü l l le F r is ch m ilch f L i te r 7 2 P f . A i n N o v e m b e r f a ß te der S t a d t r a t fo lgenden B e sc h lu ß : „ I m Hinblick ans den andauernden Tiefstand in der Milch- und Fett­ lieferung für die hiesige S tad t können bis auf weiteres die Kinder vom 7 bis Lebensjahre, die nach den Bestimmungen der hiesigen Milchordnung Vollmilch statt Fett beziehen, statt V2 1 nur noch ein viertel Liter Vollmilch täglich erhalten. Auch muß von nächster Woche an die Kopfmenge an Fett von ;oo G ra inm auf 80 G ra m m für Tage herabgesetzt werden." — 65 — D ie F i r m a D . G e b h a r d t L G o . in B e r l i n h a t te , w ie a m 2 s. F e b r u a r m itge te i l t w u rd e , w ie in ä n d e r n S t ä d t e n auch im hiesigen S c h la c h th o f eine K u o c h e n - G n t f e t t u n g s a n l a g e e r ­ richtet u n d a m sH. F e b r u a r in B e t r i e b g e n o m m e n . I m A n s c h lu ß d a r a n g a b der S t a d t r a t der A n o r d n u n g v o m sH. F e b r u a r s ß s ? ü b e r den B e rk e h r m i t K n o c h e n m i t s o fo r t ig e r W i r k u n g fo lgende F a s s u n g : Knochen, die in Haushaltungen, Wirtschaften und Anstalten abfallen, dürfen nicht verbrannt, vergraben oder auf andere Weise vernichtet, noch un ­ verarbeitet zu Düngezwecken verwendet werden, sondern sind so rasch als möglich an den Metzger zurückzuliefern, von dem die Haushaltungen, W ir t ­ schaften und Anstalten Fleisch beziehen. 2 . Diese Knochen werden in der im Schlachthof errichteten Kuochcu- entfettungsanlage zur G ew innung von Speisefett verarbeitet. z. D as gewonnene Fett wird an die Haushaltungen, die Knochen ab­ geliefert haben, nach Maßgabe der abgelieferten Knochenmengen durch die Metzger verkauft." N a c h A n o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s t r a t e n a m s. M ä r z f ü r B u t t e r u n d B u t t e r s c h m a l z fo lgende Höchstpreise in K r a f t : F ü r s P f u n d S ü ß r a h m t a f e l b u t t e r b e im V e r k a u f d u rch den Hersteller frei seiner nächsten S t a t i o n einschließlich V e rp a c k u n g 2 B l k . 6 0 P f . , b e im W e i te rv e rk a u f i m K le i n h a n d e l 2 M k . ßO P f . , f ü r s P f u n d sonstige B u t t e r g u te r B eschaffenheit 2 M k . 3 5 P f . bezw . 2 M k . 8 0 P f . , f ü r s P f u n d w en ig e r gu te , a b e r z u m m enschlichen G e n u ß noch geeignete B u t t e r ( a b fa l len d e W a r e ) s M k . 8 0 P f . bezw . 2 M k . sO P f . ; f ü r B u t ­ te rschm alz stellten sich die entsprechenden P re is e a u f 2 M k . 8 0 P f . , bezw. 3 M k . sO P f . D e r P r e i s f ü r s L ite r R a h m ( K u h s a h n e ) m i t m indestens 250/0 F e t t g e h a l t d u r f te b e im V e r k a u f d u rch den E r ­ zeuger höchstens l M k . 7 0 P f . b e t r a g e n . A m 8. G k to b e r e r in n e r te der S t a d t r a t v o n n e u e m a n die f rühe re B e k a n n t m a c h u n g e n , n ac h welchen K n o c h e n so rasch a l s m öglich a n den M e tz g e r zurückzuführen sind, v o n d e m d a s Fleisch bezogen w o rd e n w a r . H o te l s , S p e is e w ir t sch a f ten u n d S p e ise a n s ta l t e n , die ih r e r A b l ie fe ru n g s p f l i c h t te i l s g a r n icht, t e i l s n u r m a n g e l h a f t nachkam en , w u r d e eine entsprechende K ü r z u n g der zugeteilten F le isch ­ menge a n g e d r o h t . M in d e s t e n s sO P r o z e n t des G e w ic h t s der e r h a l ­ tenen F le ischm enge m ü ß te n ab g e lie fe r t w e rd en . — 66 — A m s 2 . O k t o b e r m a c h te d a s städtische G a r t e n a m t b ek a n n t : „ w e r Bucheckern s a m m e l t , k a n n diese z u m P re ise v o n f Akk. 6 5 P f . f ü r d a s b e im städtischen G a r t e n a m t , der S a m m e ls te l le fü r den S ta d tb e z i rk , a b l ie f e r n . J e d e r A b l ie fe re r h a t A n s p r u c h en t­ w ed e r d a r a u f , Bucheckern b i s zu r H ö he der abgelie fer ten M e n g e a u f G r u n d eines S ch lagsch e in es selbst schlagen zu lassen od er eine b es t im m te M e n g e G l zu v e r l a n g e n . " - A m s. N o v e m b e r t r a t e n f ü r B u t t e r u n d B u t t e r ­ s c h m a l z fo lgende Höchstpreise in K r a f t : S ü ß r a h m t a f e l b u t t e r b e im V e r k a u f du rch den Hersteller 3 M k . 2 5 P f . , i m K le in h a n d e l 3 M k . 6 0 P f . d a s P f u n d , f ü r sonstige B u t t e r 3 M k . bezw. 3 Akk. 5 0 P f . fü r w e n ig e r g u te 2 M k . H5 P f . , bezw. 2 M k . 8 0 P f . u n d f ü r B u t te r s c h m a lz H M k . bezw . H M k . 3 5 P f . Die m i t T a f e l - u n d L a n d b u t t e r belie­ fer ten K o m m u n a l v e r b ä n d e k o nn ten einen einheitlichen K le i n h a n d e l s ­ p r e i s v o n höchstens 3 M k . 5 5 P f . f ü r ein P f u n d festsetzen. A m 2 6 . J u l i w u r d e n f ü r G e t r e i d e , B u c h w e i z e n u n d H i r s e fo lgende Höchstpreise b e k a n n t geg eben : D e r P r e i s f ü r die T o n n e in länd isch en R o g g e n s , a u s der E r n t e l 9 l c h d u rf te im G r o ß h e r z o g t u m bei d e m V e r k a u f du rch den E rz e u g e r 3 f 5 M k . n icht überste igen, f ü r in länd isch en W eizen 3 3 5 M k . D ie ^gleichen P re i s e g a l t e n f ü r S p e lz , E u r e r u n d E i n k o r n . A u s f rü h e re n E r n t e n b e t ru g der H öchs tp re is f ü r R o g g e n s 8 0 M k . , für- w e i z e n 2 0 0 M k . D ieser H öchs tp re is g a l t auch f ü r M is c h u n g e n v o n R o g g e n u n d W eizen der E r n t e l 9 s 8 m i t solchen a n s f rü h e re n E r n t e n . F ü r H a f e r u n d G ers te b e t r u g der H öchstpre is f ü r die T o n n e b e im V e r k a u f du rch den E r z e u g e r 3 0 0 M k . , fü r M a i s H 5 0 M k . , f ü r ungesch ä lten B u c h w e iz en 6 0 0 M k . u n d f ü r ge­ schälten 8 0 0 M k . , f ü r w i ld e n B u c h w e iz en 5 0 0 M k . , f ü r ungeschälte H irse 6 0 0 M k . u n d f ü r geschälte 9 7 0 M k . D e r H öchstpre is fü r die T o n n e H a f e r u n d G ers te a u s f rü h e re n E r n t e n od er a u s M i ­ schungen der E r n t e s 9 f 8 m i t solchen a u s f rü h e re n b e t ru g s 7 0 M k . D e r H öchs tp re is f ü r M a i s v o n H 50 M k . g a l t auch f ü r M a i s a u s f rü h e re n E r n t e n , f ü r B u c h w e iz en u n d H irse a u s f rü h e re n E r n t e n w a r e n die Höchstpreise u m sOO M k . g e r in g e r a l s die angegebenen . A m 2 . A u g u s t m a ch te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t a u s den B e ­ s t i m m u n g e n der R e ic h s g e t r e id e o r d n u n g ü b e r den V e r k e h r m i t G e t r e i d e , H ü l s e n f r ü c h t e n , B u c h w e i z e n u n d H i r s e — 67 — a u s der E r n t e s 9 s 8 , die f ü r den A o m m u n a l v e r b a n d A a r l s r u h e - S t a d t haup tsäch l ich in B e t r a c h t k o m m e n d e n b e k a n n t . D ie B e ­ s t im m u n g e n decken sich i m wesentlichen m i t denen des V o r j a h r e s . A m s2 . A u g u s t m ach te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t b e k a n n t , d a ß die m i t B e g i n n des s6 . A u g u s t v o r h a n d e n e n A k e n g e n a n G e tre id e , A kehl, H ü lsen früch ten a u s f rü h e re n E r n t e n , so w ie die V o r r ä t e v o n a u s lä n d i s c h e in G e t r e id e , A k eh l u n d Hülsenfrückflen anzugeben sind. A m 2 . O k to b e r w ie s d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t w ie d e rh o l t d a r a u f h in , d a ß zu r A u f r e c h t e r h a l t u n g der V e r s o r g u n g der N ich tse lbs t­ v e r so rg e r u m g e h e n d a b z u l i e f e r n s in d : u ) B r o tg e t r e id e u n d Gerste a n die G ese llschaf t D in n e r in G r ü n w i n k e l , b ) H a f e r a n d a s L a g e r des P r o v i a n t a m t s ( A r i e g s s t r a ß e 2 2 2 ) , c ) H ü lsen frü ch te a n die F i r m a N . Z . H a m b u r g e r ( A r o n e n s t r a ß e 5 0 ) . A m s. A k ä rz e r g in g a n die H ü h n e r h a l t e r der S t a d t K a r l s r u h e über die A b l ie f e r u n g v o n E i e r n i m w esentlichen dieselbe A u f ­ f o rd e ru n g w ie i m V o r j a h r e (v g l . C h r o n i k s f l s ? , 5 . s ^ 8 f s . ) . D e r E rzeu gd rhöchs tp re is f ü r jed es E i b e t r u g 2 2 P f . D ie je n ig e n H ü h n e r h a l te r , die der A b g a b e p f l i c h t v o l l n a c h k a m e n , erh ie l ten Z u ­ schläge u n d z w a r 3 P f . f ü r d a s E i , w e n n sie die Z a h r e s m e n g e fü r die Z e i t b i s z u m sH. F e b r u a r s 9 s 9 schon b i s 3 s . J u l i s 9 s 8 abgelie fer t h a t ten , u n d 2 P f . f ü r d a s E i bei L ie fe ru n g der I a h r e s - pflichtmenge b i s spä tes tens 3 s . A u g u s t s f l s 8 . H ü h n e r h a l t e r , die nach dem 3 s. A u g u s t ü b e r ih re p f l ic h tm e n g e h i n a u s w eite re E i e r ab l ie fer ten , erhie lten f ü r jed es w eite re E i 2 5 P f . A m 9- A k ärz g a b d a s N a h r u n g s m i t t e l a m t fo lgende Höchst- u n d R ichtpreise f ü r F l e i s c h - , W u r s t , u n d s o n s t i g e F l e i s c h - w a r e n b e k a n n t : s. Rindfle isch (Fleisch v o n O c h s e n , R i n d e r » , ju n g e n A ü h e n u n d j u n g e n F a r r e n ) : a ) f ü r a l le Stücke m i t A n o c h e n - be igabe s Akk. 8 0 P f . , b ) fü r a u s g e b e in te Stücke o h n e A n o c h e n - be igabe 2 Akk. 2 0 P f . , c) f ü r L u m m e l 2 Akk. 6 0 P f . 2 . A a l b - fleisch: a) Stücke m i t A n o c h e n b e ig a b e s kkkk. 6 0 P f . , b ) Schnitzel 2 Akk. 3 0 P f . 3 . H am m elf le is c h : f ü r a l le Stücke m i t A n o c h e n - beigabe 2 Akk. -s. Schw einef le isch : a) Stücke m i t A n o c h e n b e ig a b e s Akk. 5 0 P f . , b ) Stücke o h n e A n o c h e n b e ig a b e s Akk. 8 0 P f . , c) fü r gesalzenes (gepäckeltes) F le isch s Akk. 7 0 P f . , 6 ) f ü r 5 * — 6 8 — g e rä u c h e r te s ( Akk. 90 P f . , e ) frisches S chw einefe t t ( kkkk. 8 0 P f . , a u s g e la s se n e s 2 Akk. 2 0 P f . , f) f ü r frischen Speck ( Akk. 8 0 P f . , gesalzenen 2 Akk., g e rä u ch e r te n 2 Akk. 2 0 P f . , Z) f ü r Schinken : r o h i m g an z en 2 Akk. 2 0 P f . , r o h i m A u fs c h n i t t (o h n e S c h w a r te ) 2 Akk. 8 0 P f . , gekocht i m A u fs c h n i t t (ohn e S c h w a r te ) 3 Akk. 5 . W u r s t : u) frische L e b e rw u rs t ( Akk. 5 0 P f . , geräucher te ( Akk. 7 0 P f . , b ) B l u t w u r s t ( kkkk., c) S c h w a r t e n m a g e n ( ro te r u n d w e iß e r ) ( Akk. HO P f . , derselbe g e rä u c h e r t ( Akk. 6 0 P f . , 6) F leisch­ w u rs t ( Akk. 8 0 P f . , e) frische B r a t w u r s t ( Akk. 7 0 P f . , f) L a n d ­ j ä g e r 2 Akk. S o n s t ig e F le i s c h w a r e n : a ) Leber v o m R i n d ( Akk. 6 0 P f . , v o m A a l b 2 Akk., b) N ie r e n ( Akk. 8 0 P f . , c) Z u n g e , frisch 2 Akk. 3 0 P f . , g e rä u c h e r t 3 Akk. 5 0 P f ' , 6) A a lb s g e k r ö s ( Akk., e) H i r n v o m R i n d , d a s Stück ( Akk. 6 0 P f . , v o m A a l b d a s S tück ( Akk. 5 0 P f . B e i säm tl ich en W a r e n , a u ß e r den beiden zuletzt g e n a n n te n , sind die P re i s e a u f ( P f u n d berechnet. — v o m ( . A p r i l a b w u r d e n f ü r Rindfle isch u n d F le ischw urs t neue Höchst­ preise festgesetzt. F ü r Rindfle isch s ta t t w ie oben ( Akk. 8 0 P f . , ( Akk. 90 P f . , f ü r a u s g e b e in te Stücke 2 Akk. 5 0 P f . , f ü r L u m m e l 2 Akk. 7 0 P f . , f ü r F le is ch w u rs t ( Akk. 90 P f . Höchstpreise v o m 3 0 . S e p t e m b e r : Rindfle isch 2 Akk., o h n e A n o c h e n b e ig a b e 2 Akk. HO P f . , L u m m e l 2 kkkk. 8 0 P f . , L e b e rw u rs t ( Akk. 6 0 P f . , g e r ä u c h e r t ( Akk. 8 0 P f . , B l u l w u r s t ( Akk. ( 0 P f . , S c h w a r t e n ­ m a g e n ( Akk. 5 0 P f . , g e r ä u c h e r t ( Akk. 7 0 P f g . , F le ischw urs t 2 Akk., B r a t w u r s t ( Akk. 8 0 P f . , L a n d j ä g e r 2 Akk. Höchstpreise f ü r l e b e n d e G ä n s e a u s dem J a h r e l 9 ( 8 od e r a u s f rü h e re n J a h r e n ( V e r o r d n u n g v o m 2 . A k a i) , be im v e r k a u f du rch den Z ü c h t e r oder A käs ter f ü r d a s Stück w e n n die L ie fe ru n g e r fo lg t : i m A k a i ( 2 Akk., im Z u m (H Akk., i n : Z u l i ( 6 Akk., i m A u g u s t ( 7 Akk., nach d em 3 f . A u g u s t ( 9 Akk. B e i m W e i te r v e r k a u f d u r f te den P re i s e n ein B e t r a g b i s zu 5 Akk. zugesch lagen w erd e n . D e r H öchstp re is f ü r geschlachtete G ä n s e fü r d a s P f u n d b e t ru g b e im v e r k a u f a n den H ä n d le r 3 Akk. 5 0 P f . , a n den V e r b r a u c h e r H Akk., b e im v e r k a u f durch den H ä n d le r a n den A l e i n h ä n d l e r H kkkk., a n den V e r b r a u c h e r H Akk. 5 0 P f . D ie f ü r den v e r k a u f a n den V e r b r a u c h e r festgesetzten P re ise e rh öh ten sich, w e n n der v e r k a u f a n V e r b r a u c h e r in G e m e in d e n erfo lg te , die m e h r a l s ( 0 0 0 0 0 E i n w o h n e r zäh len , u m 2 5 P f . — 69 — A m s. J u l i ve ro rd n e te d a s M i n i s t e r i u m , d a ß b i s a u f w e i ­ teres die A u f z u c h t u n d M ä s t u n g v o n F e r k e l n u n d L ä u f e r s ch w e i u e u n u r noch durch solche B e tr ieb e u u d P e r s o n e n betrieben w erd en dürfe , denen die d az u n ö t ig e » R ä u m lic h k e i te n u u d F u t t e r m i t t e l zu r V e r f ü g u n g s tänden . G leichzeit ig s a h die V e r ­ o r d n u n g v o r ü b e rg e h e n d die gänzliche E in s te l lu n g des H a n d e l s m i t Ferke ln u n d L äu fe rsc h w e in e n v o r . A u ß e r d e m v e r b o t die V e r ­ o r d n u n g , S ch w e in e m i t e inem L ebendgew ich t v o n w e n ig e r a l s 8 0 P f u n d zu schlachten. E i n e V e r o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s v o m Z u l i in V o l lz u g der V e r o r d n u n g des A r i e g s e r u ä h r u n g s a m t e s v o m s 4 . J u n i ü b e r P f e r d e f l e i s c h besag t in A s : „ v o m s. A u g u s t l 9 s 8 a b ist der A n k a u f v o n P f e r d e n zu r S c h la c h tu n g , der B e t r i e b des P f e r d e ­ m etzgergew erbes u n d der H a n d e l m i t Pferdefle isch a u ß e r den A o m - in u n a lv e r b ä n d e n n u r solchen P e r s o n e n u n d S te l len gestattet, denen v on der F le ischv e rso rg uu gss te l le eine besondere G e n e h m i g u n g h ierzu erteilt w o rd e n ist ." A m J u l i m ach te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t fo lg en d e s b e k a n n t : „ J ü r Vermehrung der Schweinehaltung sollen mit den Schweinehaltern Verträge über die Haltung uud Lieferung von Schweinen abgeschlossen uud für die danach gelieferten Schweine statt des z. At. geltenden Preises ein einheitlicher P re is von ^30 Ulk. für den Zentner Lebendgewicht bezahlt werden. Falls es im Herbst nicht möglich sein sollte, den Haltern von Vertragsschweinen Kraftfutter zur Ausmast der im Laufe des Sommers vorgemästeten Schweine zur Verfügung zu stellen, uud infolgedessen ein Abruf der Schweine vor dem 30. November t d i8 notwendig werden sollte, wird den Schweinehaltern außer dem Pre is von :zo !Ilk. für den Z entner Lebendgewicht noch ein Zuschlag von 33 Mk. für jedes frühzeitig abgenommene Vertragsschwein vergütet. w i r fordern die im Stadtbezirke wohnhaften Schweinehalter auf, sich zum Abschluß von Schweinchaltungsverträgen sofort beim Bürgermeisteramt mündlich oder schriftlich anzumelden." V e r o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s v o n dem selben T a g ü b e r H öchst­ preise f ü r S c h l a c h t s c h a s e , S c h a f f l e i s c h u n d Z i e g e n ­ f l e i s c h : B e i m v e r k a u f v o n S ch lach tsch afen durch den S c h a f h a l t e r fü r den Z e n t n e r L ebendgew ich t: s . f ü r fette L ä m m e r u n d H ä m m e l sOO Akk. 2 . F ü r g u tg e u ä h r te , fleischige L ä m m e r , H ä m m e l u n d juitge S chafe 92 M k . 3 . F ü r w e n ig e r g u tg e n ä h r t e s S c h a f v ie h jeden A l t e r s u n d ju n g e Böcke 8H Akk. H. F ü r g e r in g g e n ä h r t e s m a g e re s S c h a fv ie h u n d a l te Z uchtböcke 7 0 M k . H öchs tp re is f ü r — 70 — ein P f u n d S c h a f - ( H a m m e l - ) F l e i s c h m i t K u o c h e n b e ig a b e 2 Akk. ( 5 P f . , f ü r Ziegenfleisch t M k . 8 0 P f . A i n 2 5 . J u l i v e ro rd u e te d a s M i n i s t e r i u m , d a ß der V e r sa n d v o n lebenden oder geschlachteten z a h m e n K a n in c h e n u n d a u s K a ­ ninchenfleisch hergestellten F le i s c h w a r e n nach au ß e rb a d is c h e n O r t e n der G e n e h m i g u n g der F le is choe rso rgun gss te l le b edürfen . D u rc h V e r o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s v o m s 2 . A u g u s t w u rd e n f l e i s c h l o s e W o c h e n angesetzt f ü r die Z e i t v o m b i s 2 5 . A u g u s t , 9- b i s ( 5 . S e p t e m b e r , 3 0 . S e p t e m b e r b i s 6 . O k to b e r u n d 2 s. b i s 2 7 . O k t o b e r . Z n diesen W o c h en d u r f te F leisch in den M etzg e re ie n u n d G a s t h ä u s e r n n icht a b g e g eb e n w erd en . D a s V e r ­ b o t bezog sich nicht a u f die den S ch w ers t - u n d R ü s tu n g s a r b e i t e r n , sow ie K r a n k e n zustehenden F le ischzu lag en . D e r ü b r ig e n B e v ö lk e ru n g w u r d e n in den fleischlosen W o c h e n E r s a tz in a n d e re n N a h r u n g s ­ m i t te ln g e w ä h r t . D ie a m 2 3 . A p r i l 1 9 ( 7 festgesetzten H ö c h s t p r e i s e f ü r P f e r d e f l e i s c h w u r d e n v o m sO. D ez em b e r a b i m B ezirk des K o m m u n a l v e r b a n d e s K a r l s r u h e - S t a d t u m 2 0 P f . f ü r d a s P f u n d herabgesetzt . S ie b e t ru g e n d em n a c h f ü r s P f u n d Lendeubratf lelsch , Leber, F r i s c h w u rs t o d e r F e t t s M k . 2 0 P f . , s P f u n d M uske lf le isch o h n e K n o c h e n s M k . , s P f u n d Herz u n d E in g e w e id e , Kopffleisch u n d an d e re g e r in g e re S o r t e n Fleisch , a u s g e n o m m e n Leber, 8 0 P f . A u f den K o p f der B e v ö lk e ru n g konn ten ver te i l t w erd en a n Fleisch u n d W u r s t : in s W och e 3 0 0 § „ 3 W o c h e n 2 5 0 8 „ 2 6 „ 2 2 5 8 „ s 5 „ 2 0 0 ^ „ 3 „ l ? 5 ^ H W o c h e n w a r e n , w ie bem erk t , f leischlos. A m s s . O k t o b e r w u r d e n f ü r w i l d fo lgende Höchstpreise festgesetzt: B e i m V e r k a u f du rch den Z ä g e r R o t - u n d D a m m w i l d s P f u n d j A lk . 3 0 P f . , W ild sc h w e in e (m i t S c h w a r te ) s P f u n d s M k . 2 0 P f . , R e h w i ld ( P f u n d s M k . 5 0 P f . , H asen m i t B a l g i P f u n d s M k . 2 0 P f . , F a s a n e n h ä h u c h e u s S tück 6 Akk., F a s a n e n ­ h en n e n l Stück u n d w i l d h e n u c n ( Stück je 5 M k . Z m K le i n ­ h a n d e l a n die V e r b r a u c h e r bei R o t - u n d D a m m w i l d b e im V e rk a u f D a r u n t e r in l W oche 7 5 8 W u r s t , in den ü b r ig e n W o c h en 5 0 8 W u r s t — 7 f — in g a n z e n Stücken l P f u n d l B lk . HO P f . , Rücken u n d A eu le f P f u n d 2 B lk . 5 0 P f . , B l a t t u n d B u g f P f u n d f B l k . 8 0 P f . , Aochfleisch ( R a g o u t ) l P f u n d 6 0 P f . W i ld sc h w e in e , Rücken u n d A eu le l P f u n d 2 B lk . 5 0 P f . , B l a t t oder B u g f B l k . fiO P f . , Aochfleisch f P f u n d f l l l k . R e h w i l d b e im V e r k a u f in g a n z e n Stücken f P f u n d i B l k . 7 5 P f . , Rücken u n d A e u le l P f u n d 3 B lk . , B l a t t oder B u g 2 B lk . , Aochfleisch f P f u n d 8 0 P f . H a se n in ganzen Stücken, m i t oder o h n e B a l g , l P f u n d l B l k . HO P f . , Rücken u n d Schlegel f P f u n d 2 B lk . 6 0 P f . , Aochfleisch f P f u n d 8 0 P f . , F a s a n e n h ä h n e f S tück 7 B lk . , F a s a n e n h e n n e n f Stück u n d W i ld e n t e n l 5 tück je 6 B lk . D ie E i n f u h r v o n S e e f i s c h e n h a t , w ie d a s N a c h r i c h t e n a m t a m 3 0 . J u n i bek a n n t g a b , so g u t w ie a u f g e h ö r t . B a d e n w u r d e in der H a u p ts a c h e a u f die F ischere ie r trägn isse a n B o d ensee - , T e ich - u n d F lußfischen des eigenen L a n d e s an g e w iesen . A n Teichfischen w a r e n fü r den B ezirk A a r l s r n h e die E r t r ä g n i s s e a u s den D o m ä n e n ­ teichen des F i n a n z a m t e s V i l l in g e n u n d des R e n t a m t e s S a l e m b e s t im m t u n d a n Rheinfischen jene der Bezirke Hochstetten b i s I l l i n g e n m i t einer Uferstrecke v o n e t w a H5 l rm . D ie L e i tu n g der F lu ß f i s c h ­ v e r s o rg u n g l a g in den H ä n d e n des P r o f e s s o r s O r . A u e r b a c h e r h ie r . I n den ersten sechs B l o n a t e n des B e r i c h t s j a h r e s w u r d e n nach A a r l s r n h e a n Bodensee- , T e ich - u n d F lu ß f i sch e n fo lgende B l e n g e n g e l ie fe r t : J a n u a r lHW P f u u d , F e b r u a r W57 P f u n d , B l ä r z W f77 P f u n d , A p r i l W 680 P f u n d , B l a i W5H6 P f u n d , J u n i 6Y50 P f u n d , z u s a m m e n 50275 P f u n d . N ic h t inbe g r i f fen in diesen Z a h l e n w a r e n die v o n kleineren F ischen u n d P r iv a t f i s c h e r n erzielten E r t r ä g n i s s e , die i m m e r h i n ein ige Z e n t n e r i m B l o n a t a n s m a c h te n . G e d ö r r t e G e l b e r ü b e n g a b d a s N a h r u n g s m it te la m t in der W oche v o m 2 8 . J a n u a r b is 3. F eb ru a r a b und z w a r W O § r für jede P erso n . B l i t t e A p r i l w u r d e n fo lgende Höchstpreise festgesetzt: S p a r g e l I .S o r te d a s P f u n d 6 0 P f . , I I . S o r t e 3 5 P f . , S u p p e n s p a r g e l 2 0 P f . , S p i n a t b i s f 5 . B l a i 2 0 P f . d a s P f u n d , R h a b a r b e r fO P f . d a s P f u n d . A m 2 8 . J u n i w u r d e b ek a n n t gegeben , d a ß in B a d e n W e i ß ­ k r a u t , R o t k r a u t , W i r s in g k ra u t , B l a i r ü b e n , G e lb e r ü b e n u n d A a r o l t e n f ü r sich oder z u s a m m e n m i t a n d e r e n E rz e u g n is sen a u f der E i s e n ­ — 72 — b a h n n u r m i t G e n e h m i g u n g der B a d is c h e n G e m ü s e v e r s o r g u n g v e r ­ s a n d t w e rd e n dü r fe n . F ü r G e m ü s e w u r d e n f ü r A n f a n g J u l i fo lgende Höchst- u n d R ich tp re ise festgesetzt: W e iß k r a u t 8 0 P f . , W i r s in g 3 0 P f . , S p i n a t 3 0 P f . , g r ü n e E r b s e n H8 P f . , A a r o t t e n HO P f . , rote S p e i s e m ö h r e n o h n e A r a u t 3 0 P f . , gelbe R ü b e n 2 5 P f . , ro te R ü b e n 3 0 P f . , A o h l r a b i HO P f . , A o p f s a l a t i 5 tück l O — s 5 P f . , E n d i v i e n ­ s a l a t t S tück s 2 — 2 0 P f . , W a n g o l d 2 0 P f . , S e lle r ie m i t A r a u t 5 0 P f . , S c h n i t tk o h l 2 0 P f . , Rett ich s S tück 8 — s8 P f . , R a d ie sch en s B u n d 6 — 3 P f . , E i s z a p f e n u n d W i e n e r l B u n d 8 — lO P f . , G u r k e n s S tück 8 0 P f . b i s A lk . , R h a b a r b e r Stück 2 5 P f . , Z w i e b e l n m i t R o h r ̂ S tück W P f . , R u n k e l r ü b e n b lä t t e r ̂ Stück 8 P f . , M a i r ü b c h e n s S tück s5 P f . D ie P re is e g a l te n bei a l len W a r e n , bei denen n ich t s S tück o d e r B u n d g e n a n n t ist, f ü r l P f u n d . — F ü r die erste N o v e m b e r w o c h e b e t ru g e n die Höchstpreise f ü r P f u n d S p i n a t 3H P f . , f ü r s P f d . ro te S p e is e m ö h re n f 5 P f . , gelbe s s P f . , f ü r ro te R ü b e n f P f d . P f . , f ü r w e iße 6 P f . , s P f d . A o h l ­ r a b i 3 2 P f . , ̂ P f d . A ü r b i s t » P f . u n d f ü r i P f d . R h a b a r b e r 2 5 P f . E i n e V e r o r d n u n g ü b e r den V erkehr m i t G b st e rg in g a m 2 7 . M a i . D a r n a c h h a t te der A u f k a u f u n d A bsatz v o n G b s t wie i m V o r j a h r e einschließlich durch die Geschäftsste lle der B a d ischen G b s t v e r s o r g u n g zu geschehen. F ü r d a s F r ü h o b s t w u rd e die V e r ­ s e n d u n g i m a l lg e m e in e n v e rb o te n u n d n u r a u s n a h m s w e i s e zugclassen, w e n n es sich u m den B e z u g eigenen M b s te s v o n a u ß e r h a l b des W ohns i tzes des Besitzers gelegenen G runds tücken h an d e l te . D a s B e e r e n s a m m e l n w a r f re igegeben. D ie g e s a m m e l te n B e e re n d u rf ten b i s z u r M e n g e v o n 6 P f u n d a u f den A o p f m i t g e n o m m e n , d a ­ gegen v o n a n d e r e m G b s t n u r ein M u n d v o r r a t (2 P f d . a u f den A o p f ) m i t g e f ü h r t w e rd e n . F o lg e n d e Höchstpreise gel ten f ü r je ein P f u n d : E r d b e e r e n , E rz eu g e rh ö c h s tp re i s 5 5 P f . , V e r b ra u c h e rp r e i s 7 5 P f . , M u s e r d b e e r e n 3 0 P f . bezw . HO P f . , W a ld e rd b e e r e n ̂ M k . 2 0 P f . bezw . s M k . 5 0 P f . , J o h a n n i s b e e r e n 2 5 P f . bezw. 3 8 P f . , S tac h e lb e e ren 2 8 P f . bezw . HO P f . , H im b e e re n 6 0 P f . bezw. 7 5 P f . , H eide lbeeren 3 5 P f . bezw. 5 0 P f . , A irschen (g roß f rüch t ige ) 3 5 P f . bezw . H5 P f . , kleine B re n n k i rsc h en 2 0 p f g . Z n den S t ä d t e n m i t ü b e r 2 0 0 0 0 E i n w o h n e r n d u r f te der V erb ra u c h c rh ö c h s tp re i s v o m A o m m u n a l v e r b a n d e t w a s e r h ö h t w erden . — 73 — A m ( 5 . J u n i m a ch te d a s N a h r u n g s m i t t e l a m t b e k a n n t : D ie G b s t e r n t e dieses J a h r e s ist w e it g e r in g e r a l s n a m e n t l ic h die K irschenern te ist sehr klein a u s g e f a l l e n , die Z u f u h r in E r d ­ beeren in fo lge der T ro c kenhe i t seh r g e r in g gew esen . U m d a s e in ­ gehende G b s t in r ich t iger W eise u n te r die B e v ö lk e ru n g zu b r in g e n , w u rd e n H ä n d le r zugelassen ( in der A l t s t a d t einschließlich U l ü h l - b u r g sH7, in den ü b r ig e n V o r o r t e n z u s a m m e n 8) , a n die d a s N a h r u n g s m i t t e l a m t d a s a n k o m m e n d e G b s t täg l ich z u r V e r te i lu n g in ih r e n V erkaufss te l len a b g a b . A u f den M ä r k t e n w u r d e nach v o r lä u f ig e r B e s t i m m u n g G b s t nicht v e rk a u f t . D a s A m t o rdnete fe rne r versuchsw eise a n , d a ß d a s zu r V e r te i lu n g g e la n g e n d e G b s t n u r a u f die H a u s h a l t u n g s m a r k e a b g e g eb e n w e rd e n dürfe . V ie l fach l a u t g ew o rd en e K l a g e n u n d B e s c h w e r d e n üb er die G b s tv e r s o r g u n g v e r a n l a ß t e n den Leiter derse lben, G e h . G b e r r e g i e r u n g s r a t L r o n , die V e r t r e te r der P resse a m ( 8 . J u n i zu einer B e sp rec h u n g e in zu la d en . D e r B e r a t u n g w o h n te auch O k o n o m i e r a t V r . M ü l l e r a n . Festgestellt w u r d e , d a ß o h n e b e h ö r d ­ liche R e g e lu n g der G b s t v e r s o r g u n g die G b s tp re i s e a u f eine f ü r den M in d e rb e m i t t e l t e n unerschw ingliche H öhe g e k o m m e n w ä r e n . E i n e n breiten R a u m der B e s p r e c h u n g b e t r a f die L ie fe ru n g v o n G b s t a n V e r w a n d te der E rz e u g e r . H ie rb e i w u r d e an g e re g t , die F re izüg igke it e tw a s w eite r au s z u d e h n e n , e t w a a u f 5 P f u n d f ü r den K o p f . D ie V erso rgungss te l le w ie s a u f die B e s t im m u n g e n h in , nach denen es den E rz e u g e r n e r l a u b t sei, m o n a t l i c h b i s zu 3 0 P f u n d G b s t a n ih re A n g e h ö r ig e n zu schicken. Z n der Z e it v o m s. b is 7. Z u li g a lten hier für G b st fo lgen de H ö c h s t p r e i s e : K irschen 5 0 P f . , E rdbeeren 8 0 P f . , H eidelbeeren 6 0 P f . , H im beeren H5 P f . , J o h a n n isb e e r e n 8 0 P f . , Stachelbeeren H5 P f ., bei a llen S o r te n für ein P fu n d . A m ( 8 . Z u l i w u r d e n f ü r die F r ü h z w e t s ch g e n - u n d F r ü h p f l a u m e n - E r n t e fo lgende Höchstpreise festgesetzt: s. E r ­ zeugerhöchstpreise f ü r F rü h z w e tsc h g en u n d g r o ß e P f l a u m e n 5 5 P f . fü r s P f u n d , f ü r E r n t e p f l a u m e n 2 0 P f . f ü r s P f u n d . 2 . K l e i n ­ handelshöchstpreise f ü r F rü h z w e tsc h g en u n d g r o ß e P f l a u m e n in G em e in d e n b is zu 2 0 0 0 0 E i n w o h n e r n HO P f . f ü r s P f u n d , in G em e in de n über 2 0 0 0 0 E i n w o h n e r n 5 0 P f . - - V o m 29 . J u l i a b w u r d e n O b s t k a r t e n au sg eg e b en , a u f G r u n d deren eine a n t e i l m ä ß i g e V e r te i lu n g des O b s t e s d u rch ge füh r t w e rd en sollte. A m 8. O k t o b e r w u r d e der E rz e u g e rh ö c h s tp re i s f ü r f P f u n d w e i ß e A m e r i k a n e r - T a y l o r - T r a u b e n a u f f A lk . 2 0 P f . , der A l e i n h a n d e l s p r e i s a u f f A lk . 6 0 P f . festgesetzt. G leichzeit ig e r fo lg te auch die B e s t i m m u n g ü b e r Höchstpreise f ü r E d e lk a s ta n ie n : sie b e t ru g e n f A lk . 2 3 P f . bezw. s 5 0 P f . I n S tä d te n m i t m e h r a l s 2 0 0 0 0 E i n w o h n e r n d u r f te der A o m m u n a l v e r b a n d den H öchstp re is im A le i n h a n d e l u m je 5 P f . d a s P f u n d erhöhen . A n f a n g M ä r z berichtete d a s N a c h r i c h t e n a m t ü b e r die H er ­ ste llung v o n A l a r m e l a d e n in städtischen O bstküchcn . D a r n a c h e r g a b sich i m V e r la u f e der A r ie g sz e i t die N o tw e n d ig k e i t , A l a r m e l a d e i m städtischen B e t r i e b herzustellen. N a c h d e m v o m R e i c h s e r n ä h r u n g s ­ a m t der S t a d t die G e n e h m i g u n g zu dieser F a b r i k a t i o n erteilt w o rd e n w a r , w u r d e eine der A r iegsk üc hen i m S ch la c h th o f benützt, u n d a l s diese nicht a u s re ich te , eine weitere O bstküche in R enchen eingerichtet, w o d a s in je n e r obstreichen G e g e n d zu r V e r f ü g u n g stehende O b s t v e r a rb e i te t w u rd e . B i s zu d e m oben an gegebenen Z e i tp u n k te konnten v o n dieser städtischen A l a r m e l a d e 3 6 0 0 Z e n t n e r ab g e g eb e n w erden . A m s 8 . A p r i l besuchten V ertreter staatlicher und städtischer B eh ö rd en so w ie der P resse die A l a r m e l a d e f a b r i ke n von S in n e r und v o n S tern A E ie . I m B e t r i e b der G ese llschaf t S i n n e r legte O r . B ovenschen , der A b te i lu u g s c h e f der Reichsstelle f ü r G e m ü s e u n d O b s t , die B e d e u tu n g der A l a r m e l a d e f a b r i k e n f ü r die V o l k s e r n ä h r u n g d a r . D ie F i r m a S i n n e r stellte jä h r l i c h gegen 2 0 0 0 0 0 Z e n t n e r A l a r m e l a d e her . D ie F a b r i k S t e r n E ie . ist n u r a u f H erste llung v o n A l a r m e l a d e eingerichtet . D ie täg l iche Höchst le is tungsfäh igkeit der F a b r i k b e t r u g s 5 0 0 0 0 K i lo A l a r m e l a d e . A m H. J u n i m a c h te d a s N a h r u n g s m i t t e l a m t b e k a n n t : M i r geben i n i L a u f e des M o n a t s J u n i E i n m a c h z u c k e r a b un d z w a r 5 P f u n d fü r die P e r s o n , m i t A u s n a h m e der E in ze lp e rson en o h n e eigenen H a u s h a l t u n d ohne feste B e z ieh u n g en zu e inem F a m i l i e n ­ h a u s h a l t . A m P . A p r i l erließ d a s M in is te r iu m eine V erord n u n g über den Verkehr m it H o n i g . D a rn a ch sind die B ienenzüchter v er­ — 75 — pflichtet, die H älfte des H o n ig e r tr a g s ihrer B ien en vö lk er a n den B adischen L an d esvere in für B ien en zu ch t, e. V . , in K a r lsr u h e a b ­ zuliefern. D ie andere H ä lfte verb le ib t zu ihrer freien V e r fü g u n g . N a c h der B e k a n n t m a c h u n g v o m 2 0 . F e b r u a r w u r d e n f ü r G b s t w e i n des J a h r g a n g s l 9 l 7 fo lgend e Höchstpreise festgesetzt: B e i m V e r k a u f durch den Hersteller a n den H a n d e l u n d a n den V e r b ra u c h e r 7 5 Vs- f ü r den Lite r, b e im W e i te rv e r k a u f i m H a n d e l 9 0 Pf- A m 2 . A p r i l e rg in g eine V e r o r d n u n g des U U n i s t e r i u m s ü b e r den V erkehr m i t B i e r u n d E r s a t z b i e r . D ie Höchstpreise beinr A u s s c h a n k in G a s t - u n d E ch a n k w ir t s c h a f t e n w a r e n : B i e r bei 0 , 3 L ite r l 5 Vf., E r s a tz b ie r ^8 Vf-, bei 0 , 3 5 L ite r l 8 Vf-, f 7 Vf-, bei 0 , 5 Liter 2 5 Vf-, 2 3 Vf-, bei 0 ,7 L ite r 3 5 Vf-, 3 2 Vf-, f L ite r 5 0 Vf-, Hb P f . N a c h der V e r o r d n u n g v o r n l 3 . 5 e p t e m b e r d u r f te sich der A u ssc h a n k p re is f ü r B i e r u n d E r s a tz b ie r höchstens b e t r a g e n : bei 0 ,3 Liter l 8 Vf-, bei 0 , 3 5 L ite r 2 l Vf-, bei 0 , 5 L i te r 5 0 P f- , bei 0 ,7 L ite r H2 P f . , t L i te r 5 0 P f . A m 2 7 . U l a i w u r d e d a s g esam te E r n t e e r t r ä g n i s des J a h r e s l 9 f 8 a n W i e s e n - u n d K l e e H e u f ü r den K o m m u n a l v e r b a u d , in dessen B ezirk es sich b e fa n d , b e s c h la g n a h m t . D ie K o m m u n a l ­ ve rb ä n d e h a t t e n den E r t r a g der H eu e rn te in ih re n B ez irk en g e n a u zu erheben u n d der H a u p tv e r s o rg u n g s s te l l e auzuzeigen. A m 2 b . J u l i m a ch te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t b e k a n n t , d a ß die A u s f u h r v o n E t r o h u n d H ä c k s e l a u s dem K o m m u n a l - v e rb a n d e K a r l s r u h e - 5 t a d t a u f G r u n d des A 3 der B a d . U U n is te r ia l - v e r o r d n u n g v o m 9- ^ u l i l 9 l 8 v e rb o te n sei. E i n e V e r o r d n u n g des K r i e g s e r n ä h r u n g s a m t e s v o m 5 0 . J u l i bes timm te, w iev ie l die U n te r n e h m e r la n d w i r t s c h a f t l ic h e r B e t r i e b e a u s ih re n se lbs tgebauten F rü c h te n zu r F ü t t e r u n g des im B e t r ie b e gehaltenen V ieh e s v e r b r a u c h e n d ü r fe n , z. B . v o n H a f e r oder a n G em e n g e a u s H a f e r u n d G ers te f ü r P f e r d e u n d U k a u l t ie r e 3 P f d . fü r den T a g , fü r die zu r F e ld a r b e i t v e rw en d e ten Z u g o c h se n s */g Pfd- fü r den T a g . — 76 — D o m 2. J a n u a r a n m u ß t e in fo lg e des K o h l e n m a n g e Is */s9 b i s ^ f f U h r v o r m i t t a g s , ^ 2 b i s 5 U h r n a c h m i t t a g s u n d Hz f f U h r a b e n d s ( S a m s t a g s H s f 2 U h r ) b i s 5 U h r m o r g e n s G a s ­ spe rre d u r c h g e fü h r t w e rd e n . A m f . A p r i l w u r d e die S p e r r e a u f ­ gehoben . A m 2 0 . J a n u a r e r g in g eine D e r o r d n u n g ü b e r M e ldep f l ich t f ü r gew erb l iche D e r b r a u c h e r v o n K o h l e , K o k s u n d B r i k e t t s ü b e r fO T o n n e n m o n a t l i c h im F e b r u a r f y f 8 . D ie M e l d u n g e n ü b e r K o h le n v e r b r a u c h u n d - b e d a r f w a r e n v o m f. b is spä tes tens 5 . F e b r u a r e rn e u t zu ersta tten . A u f E m p f e h l u n g des S t a d t r a t e s a n die K o h le n h ä n d le r , durch S c h a f f u n g v o n D o r r a t s p l ä t z e n i n n e r h a l b d e s S t a d t ­ g e b i e t s dem P u b l i k u m den B e z u g v o n H a u s b r a n d zu erleichtern, w u r d e A n f a n g M ä r z u n t e r d e m N a m e n „ S t a d t l a g e r K a r l s r u h e r K o h l e n h ä n d l e r " eine G ese llschaf t g e g r ü n d e t , deren A u f g a b e die E r r i c h t u n g eines K o h l e n l a g e r s in zen tra le r L ag e der S t a d t w a r , a u s d em die K u n d e n der der G ese llschaf t a n g e h ö r ig e n f f F i r m e n kleinere M e n g e n v o n K o h le n selbst a b h o le n konn ten . Z u m G e sc h ä f t s ­ f ü h re r der G ese llschaf t w u r d e der L ei te r des städtischen K o h l e n a m t s , L eop o ld S te in e l , b e s t im m t . Z u n ä c h s t errichtete m a n ein S t a d t l a g e r a m a l te n B a h n h o f , Ecke K r i e g s - u n d E t t l i n g e r S t r a ß e . Ü b e r die B r e n n st o f f v e r s o r g u n g f ü r die Z e i t v o m f . M a i f <j f 8 b i s 3 0 . A p r i l f H l d w u rd e fo lg en des b e s t im m t: D ie H a u s h a l t u n g e n sind u n te r B erücksich t igung der Z a h l der Z i m m e r , die n o tw e n d ig e rw e ise geheizt w e rd en müssen, u n d der z u m H a u s h a l t g e h ö r ig e n P e r s o n e n sow ie der sonstigen besonderen D erhä l tu isse der M a h n u n g od e r H a u s h a l t u n g in 8 B e d a r f s g r u p p e n ( ^ . — b l) e in ­ geteil t . D ie den G r u p p e n zugeteilten H öchstm engen a n K o h le n o d e r K o k s b e t rug e i l f ü r m o n a t l ic h 2 Z e n t n e r , f ü r L u n d L je 3 , fü r D H, f ü r K ö , f ü r 6 , f ü r 6 8 u n d fü r b l fO Z e n tn e r . D ie b i s h e r ausges te l l ten B ren n s to f fk a r te n b l ieben gü l t ig . A u f jeder K a r t e w a r e in g e tr a g e n , zu welcher G r u p p e die H a u s h a l t u n g gehörte. A n s p r u c h a u f L ie fe ru n g der vo llen Höchstm enge bes tand nicht. E b e n s o ­ w e n ig konnte die L ie fe ru n g b e s t im m te r K o h le n s o r te n v e r l a n g t w erd en . S o w e i t i rg e n d m ö g l ich m u ß t e K o k s v e rw en d e t w erden . D o n den E n d e G k t o b e r f ü r den S ta d tb e z i rk K a r l s r u h e fest­ gesetzten K l e i n h a n d e l s - K o h l e n p r e i s e n geben w i r fo lgende — 77 — a n : R u h r -S tü c k k o h le n F e t ts ch ro t in offenen F u h r e n fre i v o r s H a u s 3 A lk . 2 5 P f . der Z e n t n e r , in A ö r b e n od er Lücken fre i i n s H a u s 3 A lk . H5 P f . A u t h r a c i t - N u ß k o h l e n I nachges . H A lk . bezw. ^ A lk . 2 0 P f . , I I q A lk . 2 5 P f . bez. q A lk . § 5 P f . , R u h r - S t e i n - kohlenbriketts 3 A lk . 6 5 P f . bezw. 3 A lk . 8 5 P f . , S a a r - S tü c k k o h le n 2 A lk . 7 0 P f . bezw. 2 A lk . HO P f- A b S t a d t l a g e r w a r der Z e n t n e r s 5 P f . u n d a b R h e in h a f e n 2 5 P f . b i l l ige r a l s offen in F u h r e n frei v o r s H a u s . A m 2 3 . N o v e m b e r w u rd e zur E r s p a r n i s v o n B r e n n ­ s t o f f e n und B e le u c h tu n g sm itte ln v ero rd n et: ^G ast-, S p e ise - und Schankw irtschaften , A a ffe e s so w ie V e re in s - und G ese llsch a ftsrä u m e, in denen S p eisen oder G etränke verabreicht w erden , sind v o n fO U h r abend s ( S a m s t a g s a b f f U h r ) b is 1 0 U h r v o r m it ta g s zu schließen. D ie B etrieb e sind a u f die un bed ingt n ötigen R ä u m e zu beschränken. T h eater, L ichtspielhäuser, R ä u m e , in denen Sch au ste llu n gen statt­ finden, so w ie öffentliche V erg n ü g u n g sstä tten a ller A r t sind spätestens um sO U h r ab en d s zu schließen. (Offene V erkaufsste llen m üssen von 6 U h r ( S a m s t a g s v o n 7 U h r) a b en d s b is H U h r v o r m it ta g s , sow ie a n S o n n - und F eier ta g en geschlossen b leiben . S o la n g e sie geschlossen sind, dürfen sie nicht beleuchtet w erd en . A lu seen , S a m m ­ lungen und sonstige A u sste llu n g srä u m e dürfen nur in so w eit geheizt werden, a ls es erforderlich ist, u m eine S c h ä d ig u n g der A u ss te l lu n g s ­ gegenstände durch F rost zu verhüten . D ie V ero rd n u n g tra t a m 2 7 . N o v e m b e r in U r a f t .* ) A m 2 8 . beschloß der S ta d tr a t , im In teresse der U o h le n e r sp a r n is den B a h n v erk eh r a u s der S tr a ß e n ­ b a h n und der L okalb ahn und die öffentliche B e leu ch tu n g , so w eit irgend a n g ä n g ig , einzuschränken, au ß erd em b is a u f w eiteres im großen R a th a u s s a a l und im S itz u n g ssa a l des S ta d tr a ts g a r nicht m ehr, d a s R o n ze r th a u s n u r noch a n den S a m s ta g e n und S o n n ­ tagen Heizen zu lassen. A m 2 6 . J u n i m ach te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t b e k a n n t : D ie P re i s p r ü fu n g s s te l l e f ü r B r e n n h o l z h a t die P re ise b i s a u f w eite res ") Line ähnliche Verordnung w a r am 28. November 19 >7 ergangen. Sie war für die verkanfsstellen an, 2 H. Marz : 9 t s außer K ra f t getreten. Die Wirtschaften, sowie die Theater , Lichtspielhäuser usw. durften von, April >8 ab bis t t Uhr abends geöffnet bleiben. — 78 — w ie fo lg t festgesetzt: B u c h en h o lz g esäg t u n d g r o b gespal ten a b L a g e r der Z e n t n e r H M k . 5 0 P f . , n u r g e s ä g t , nicht gespal ten H M k . sO P f . , g e säg t u n d g r o b g e s p a l ten frei K e l le r 5 B lk . , T a n n e n - u n d F o r le n h o lz , gesäg t u n d fein g e sp a l ten , a b L a g e r der Z e n t n e r 5 M k . 5 0 P f . , n u r gesäg t n ich t g esp a l ten , 5 B l k . , B u c h e n h o lz der S t e r u n g e s ä g t a b L a g e r 3 7 B lk . 5 0 P f . , v o r s H a u s HO B lk . , T a n n e n - o d e r F o r l e n h o lz der S t e r u n g e s ä g t a b L a g e r 3 s B lk . 5 0 P f . , v o r s H a n s 3H B lk . A m 9 . A p r i l o rd ne te d a s B l in i s t e r iu m a u f G r u n d der B u n d e s r a t s v e r o r d n u n g a n , d a ß g e t ra g e n e S c h u h w a r e n , sow ie A l t l e d e r (d. H. g e b r a u c h te s Leder) entgelt lich n u r a n die v o n der Reichsstelle f ü r S c h u h v e r s o r g u n g zugelassenen P e r s o n e n u n d S tellen v e r ä u ß e r t u n d auch n u r v o n diesen w eite r v e r ä u ß e r t w erden d ü r f te n . A m s 7 . A p r i l m a ch te die städtische B ek le idungss te lle üb er B a u m w o l l n ä h f a d e n bek a n n t , d a ß die G e s a m t z a h l der in K a r l s r u h e m i t N ä h a r b e i t e n beschäf t ig ten A r b e i t e r u n d A rb e i t e r in n e n e inem E r l a ß der Reichsbek le idungss te l le zufolge festzustellen seien. D ie A r b e i tg e b e r h a t t e n b i s spä tes ten s 20 . A p r i l die Z a h l der b i s s . D ez em b e r s s t s ? beschäft ig ten A r b e i t e r u n d A rb e i t e r i n n e n schrif t­ lich an z u g e b e n . B e t r ie b e , in denen d a u e r n d m e h r a l s s 5 P e r s o n e n m i t N ä h a r b e i t beschäft ig t w a r e n , u n te r l a g e n der M e ld e p f l ic h t nicht. A m sO. M a i w u r d e m i tg e te i l t : „ D e r O b e r b ü r g e r m e is te r h a t der A u f f o r d e r u n g der R e i c h s s t e l l e f ü r S c h u h v e r s o r g u n g z u m E i n t r i t t i n i h r e n A u s s c h u ß der V e r w a l t u n g s b e a m t e n en t­ sprochen . D e r A u s s c h u ß h a t die A u f g a b e , die Reichsstelle n a m en t l ich i n F r a g e n zu unterstützen, in welchen die gem eind l ichen I n te r e s s e n bei der V e r s o r g u n g der B e v ö lk e ru n g m i t S c h u h w e rk in F r a g e k o m m e n ." D e r N a t i o n a l e F r a u e n d ie n s t v e ra n s ta l te te K u r s e i m A n ­ f e r t i g e n u n d F l i cke n v 0 n S ch u h e n in verschiedenen S t a d t ­ teilen. D e r erste K u r s f a u d in der K a r l - M i l h e l m - S c h u l e v o m s 3 . b i s s 8 . M a i statt . A u s der V e r o r d n u n g der Reichsstelle f ü r S c h u h v e r s o r g u n g v o m 8 . J u n i f ü h re n w i r a n : „ D ie A u s b e s s e r u n g v o n S c h u h w a r e n d a r f n u r a u s f ü h r e n , w e r Leder v o n der K o n t r o l l ­ stelle f ü r f re igegebenes Leder zugeteilt e r h ä l t . D ie s g i l t auch fü r A u sb es se ru n g en , fü r die n u r Ersatzsto ffe v e r w a n d t w e r d e n ." „ V e r ­ bo te n ist der V e r t r ieb v o n M a ß s c h u h w e r k in L u x u s a u s f ü h r u n g . " A m 2. A u g u s t f a u d i m g r o ß e u R a t h a u s s a a l u n te r d em V o r ­ sitz des O b e r b ü rg e r m e is t e r s eine V e r s a m m l u n g s ta tt , in der S t a d t r a t v r . T r e m p e r a u s B e r l i n , D i re k to r der V e r w a l tu n g s s te l l e der Reichsbekle idungsste lle , ü b e r A u f g a b e n u n d M a ß n a h m e n dieser Stelle einen V o r t r a g hie lt . D a z u w a r e n V e r t r e te r s taa t l icher u n d städtischer B e h ö r d e n u n d der interessierten G e w e r b e a u s d em g anzen L an d e erschienen. D e r V o r t r a g e n d e schilderte , w ie die R e ic h s ­ bekleidungsstelle zunächst a u f S p a r s a m k e i t i m V e r b r a u c h der B e ­ stände h inw irk te , d a n n jedoch die u n m i t t e l b a r e V e r s o r g u n g der B e v ö lk e ru n g ü b e r n a h m , h ins ich t l ich der Ersatzstoffe be ton te er, d a ß die F r a g e technisch z w a r gelöst sei, die W i r k u n g jedoch nicht so rasch ein tre ten könne. D ie Z e n t r a l i s i e r u n g bezeichnete er a l s bedauerliche N o tw e n d ig k e i t , oh ne die m a n n ich t d u rchk äm e. A m 9- D ezem ber ve ra n s ta l te te die S c h u h f l i c k e r e i des F r a u e u v e r e in s e inen Z w e i t a g e s c h u h k u r s u s . E s w a r der letzte S c h u h k u r s v o r W e ih n a c h te n . Die F ü r s o r g e t ä t i g k e i l f ü r d i e 1 i r i e g e r f a m i l i e n durch die S ta d tg e m e in d e u n d d i e ü b r i g e n M a ß n a h m e n d e r W o h l t ä t i g k e i t , die die S t a d t , d a s R o t e A re u z u n d a n ­ dere V e r b ä n d e ge troffen h a t t e n , g in g e n auch i m B e r i c h t s j a h r e weiter , ebenso w ie sich die O p fe rw i l l ig k e i t einzelner P e r s o n e n betä tig te . A n r e i c h s g e s e t z l i c h e n U n t e r s t ü t z u n g e n w u r d e n i m B e r i c h t s j a h r e 9 l 8 s 6 0 s M k . 2 3 P f . ( l 9 s 7 : 6 3 6 ^ 3 7 ^ M k . ) bezahlt . D a v o n b e t ru g e n die v o m Reich zu e rs ta t tenden M i n d e s t ­ sätze 3 8 5 0 09 s M k . 3 7 P f . (3 8 8 ^ 9 8 8 M k . ) . D e r R e ichszuschu ß b e läu f t sich a u f s 7 0 3 8 5 3 M k . D e r v o n der S ta d tg e m e in d e a l s L ie fe ru n g sv e rb a n d zu leistende M e h r b e t r a g b e t ru g 3 6 2 7 6 5 6 M k . 3 6 P f . ( 2 2 H 0 3 9 l M k . ) . D ie Z a h l der i m J a h r e s 9 s 8 im G e ­ n u ß der R e ich su n te rs tü tzung s tehenden F a m i l i e n b e t ru g H 9 ^ 3 ( E n d e D ezem ber s 9 s 7 9 ^ 9 ) . D u rc h B u n d e s r a t s v e r o r d n u n g v o m O k t o b e r s 9 l 8 w u r d e n die Sätze f ü r die reichsgesetzliche F a m i l i e n u n te r s tü tz u n g a b s . N o - — 80 — v e m b e r (9 (8 u m je 3 U lk . m o n a t l i c h f ü r jede unterstützte P e r s o n e rh ö h t . A u f A n t r a g der R r ie g s u n te r s tü tz u n g s k o m m is s io n beschloß der S t a d t r a t au ch eine E r h ö h u n g des v o m L ie fe ru n g s v e rb a n d festzusetzenden städtischen Z usch usses zu den reichsgesetzlichen U n te r ­ stützungssätzen e in tre ten zu lassen. D e m n a c h sollen a b ( . N o v e m b e r die U n te rs tü tzu ng e n (M in des tsä tze des R e ic h s u n d städtische Zuschüsse) m o n a t l i c h b e t r a g e n : F ü r die E h e f r a u e n 30 u n d 20 — 50 U lk . ( b i s h e r 25 u n d (5 — HO U lk .) , f ü r R i n d e r u n d Geschw ister 20 un d (0 ^ -3 0 U lk . ( b i s h e r (5 u n d 9 — 2H M k . , f ü r d a s ( . b i s H. R i n d u n d f ü r d a s 5. u n d je d es w eite re R i n d je (5 u n d 5 — 20 U lk.) , f ü r den E l t e r n t e i l 20 u n d b i s zu 30 — 20— 50 U lk . ( b i s h e r (5 und 2 5 - ^ H O U l k ) , f ü r sonstige B e re ch t ig te : G r o ß e l t e r n , S ch w iege re l te rn jede P e r s o n 20 u n d b i s zu 30 U l k . — 20— 50 U lk . ( b i s h e r je (5 u n d U lk . ) , f ü r ( R i n d in f re m d e r p f le g e 20 u n d 20 ^ HO U lk . ( b i s h e r (5 u n d (5 — 30 U lk .) D e r M e h r a u f w a n d fü r die S t a d t berechnet sich m o n a t l i c h a u f e t w a (80 000 U lk . Z u r e r g ä n z e n d e n R r i e g s f ü r s o r g e w u r d e n v o n der S ta d t im J a h r e ( 9 ( 8 au fg ew en d et fü r : U l i e t b e i h i l f e .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( 387 75 ( .— U lk . L e b e n s m i t t e l .............................. (60 907.H8 „ S p e i s u n g e n .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( 259.28 „ R i n d e r f ü r s o r g e ......................... 65 8H9-(8 „ Ä rztliche B e h a n d lu n g , H eilm itte l usw . (03 (08.76 „ R o h le n und H olz ..................... (H7 90H.52 „ R on firm a n d en b ek leid u n g . . . . 253H2.— „ A rb eitssto ffe und S o n stig e s . . . 93 36H.83 „ lv e ih n a c h tsg a b e n . . . . . . . (00.— „ Z u sch lä g e zur R eichsunterstützung . H82 8(5 .90 „ H in te r b lie b e n e n fü r so r g e .............. 250 556.86 „ p ersön lich er A u f w a n d ... . . . . . . . . . . . . 38 H56.62 „ S ach lich er A u f w a n d ........ ..... ..... .. H 969.52 „ 2 762 383.95 U lk . E i n e Z u s a m m e n s t e l l u n g e r g a b , d a ß v o m A u g u s t ( 9 ( H b i s D ez em b e r ( 9 ( 8 in R a r l s r u h e a n reichsgesetzlichen F a m i l i e n u n t e r ­ s tützungen 23 506 727 U lk . v e r a u s g a b t w u rd e n . D a v o n en tfa l len a u f die M indestsä tze , die v o m Reich ersta tte t w erden , (H 787 H83 U lk . , - 8s - w ä h r e n d die ü b r ig e n 8 ? l 9 2 ^ v o in L i e f e r u n g s v e r b a n d a l s Z u s c h u ß gegeben w e rd e n w u ß t e n . Z n diesen A u s g a b e n w i r d w ieder ein D r i t te l v o m Reich a l s R o s te n der K r i e g s w o h l f a h r t s - pflege ersetzt, w ä h r e n d der Rest m i t r u n d 6 M i l l i o n e n en d g ü l t ig der S t a d t K a r l s r u h e zu r Last b le ib t . D ie e rgänzende K r i e g s f ü r s o r g e e r fo rd e r te a u ß e r d e m 9 Hö8 6-s9 M a r k . Diese A u s g a b e n w u r d e n teilweise gedeckt du rch die öffen t­ lichen S a m m l u n g e n u n d G p f e r t a g e , du rch A n te i le a n f re iw i l l ig en G e h a l t s a b z ü g e n der städtischen B e a m t e n u n d L eh re r , du rch f re i­ w il l ige S p e n d e n K a r l s r u h e r F i r m e n , a u s d em E r l ö s a u s N ä h - u n d S tickarbe iten*) . D och b le ib t f ü r die S t a d th a u p tk a s s e a l s e n d ­ g ü lt ige r A u f w a n d der e rg ä n zen d e n K r i e g s f ü r s o r g e der B e t r a g v o n a b e r m a l s r u n d 6 M i l l i o n e n . Reichsgesetzliche u n d e rgänzend e K r i e g s f ü r s o rg e z n s a m m e n g e n o m m e n h a b e n sonach der S ta d tg e m e in d e w ä h r e n d der g an z en K r ie g sz e i t b i s E n d e einen i h r a l le in zu Last b le ibenden G e s a m t a u f w a n d v o n r u n d s 2 M i l l i o n e n M a r k veru rsach t . M i t diesen re in finanzie l len L eis tungen ist die T ä t ig k e i t der K r i e g s f ü r s o rg e k e in esw egs erschöpft . D e r W e r t der A r b e i t , die v o n den e h re n am tl ich e n H i l f s k r ä f te n , M ä n n e r n u n d F r a u e n , des K r i e g s u n te r s tü tz u n g s a m te s geleistet w o r d e n ist, überste ig t , au ch w e n n sie durch Z a h l e n nicht e i n m a l a n g e d eu te t w e rd e n k a n n , bei w e i t e m den G e ld w e r t der a n g e f ü h r te n G e s a m t s u m m e . Diese T ä t ig k e i t e r ­ streckte sich w ä h r e n d der K r ie g sz e i t a u f r u n d s 5 0 0 0 K r i e g e r ­ f a m i l i e n , die in den B e z u g der reichsgesetzlichen U n te rs tü tzu ng ge lan g te n u n d in sbeson dere a u f s tä n d ig e t w a ^ 0 0 0 F a m i l i e n , die i m W e g e der e rgänzenden K r i e g s f ü r s o r g e unters tü tz t w o r d e n sind. G r o ß h e r z o g u n d G r o ß H e r z o g i n stellten d e m S t a d t r a t 3 0 0 0 M k . , die D irek t io n der N e u e n K a r l s r u h e r S c h i f f ­ f a h r t s - A k t i e n - G e s e l l s c h a f t HOO M k . f ü r die K r i e g s ­ unterstützung zu r V e r f ü g u n g . H e r r Z a k o b L a n d a u e r stiftete zur E r i n n e r u n g a n sein ve rs to rb e n es S ö h n c h e n L eon 5 0 0 M k . fü r *) F ü r die U n t e r s t ü t z u n g d e r z u m K r i e g s d i e n s t e e i n - b e r u f e n e n w e h r p f l i c h t i g e n gingen im Berichtsjahre teils an ver­ schiedenen Sammelstellen durch einmalige Beiträge, teils an fortlaufenden einmaligen Gaben im ganzen tS 4 2 5 0 Mk. 63 P f . ein. 6 — 82 — w ü r d i g e israelit ische A r m e , 5 0 0 M k . f ü r christliche u n d 5 0 0 A lk . f ü r israelit ische A r i e g s w a i s e n . A m f 7 . D ezem ber e rh ie lt die A r i e g s - u n te rs tü tzu n g sk o m m iss io n v o n der F i r i n a p f a n n k u c h L T o . 2 0 0 G u tsche in e i m W e r te v o n je 5 M a r k zu r V e r te i lu n g a n b e d ü r f t ig e hiesige A r i e g e r f a m i l i e n a l s W e ih n a c h t s g a b e n . D ie A k t i e n g e s e l l s c h a f t f ü r M e t a l l - I n d u s t r i e v o r m a ls G u sta v R ichter, hier, übersandte a m 2 2 . Dezem ber dein O berb ürgerm eister 2 0 0 M k . a l s W eih n a ch tsg a b e für die A a r ls - ruher Lazarette. A u f V e r a n l a s s u n g des R o t e n A re u z e s f a n d e n v o m . 5 . b i s 2 0 . F e b r u a r h ie r H a u s s a m m l u n g e n v o n A l t p a p i e r und A l tn i a t e r i a l i e n s ta tt . D ie S a m m e l t a g e f ü r die einzelnen S tad t t e i l e w u r d e n j e w e i l s bek a n n t gegeben . A n Z e i t u n g e n , Z e i tsch r if ten : B ü c h e r n , A k ten , P a p i e r a b f ä l l e u n d derg l. w u r d e n im ganzen e t w a 2 8 3 0 0 l r§ g e s a m m e l t , A lte isen u n d W eißb lechdosen Y 50 I<§, L u m p e n 7 0 0 F r a u e n h a a r e 2H l<§, sow ie verschiedene kleinere M e n g e n v o n S p a r m e t a l l e u , S t a n i o l , G u m m i u n d derg l . A n f a n g M ä r z w a r e n b e r e i t s 3 3 0 0 lc^ A e i t u n g s p a p i e r a n hiesige T r u p p e n ­ teile kostenlos a b g e g eb e n . A u s den S itzu n gen des R o t e n R r e u z e s führen w ir fo l­ g en d es a n : A u r 2 . F eb ru a r berichtete v r . S tro eb e n o c h m a ls über die W eih n a ch tssen d u n g . D a rn a ch überschreitet der W ert säm tlicher a n die F ro n ten g eg a n g en en P akete den B e tr a g v o n über HOOOOO M a r k . D urch den V erk au f der A r ie g sp fa n n e w u rd en fHOOO M k . erlöst. D ie im a lten und neuen B a h n h o f errichteten Ü b ern a ch tu n g s­ stationen sind v o n über 2 0 0 0 0 S o ld a te n in A n spruch g en om m en w o r d e n . I n derselben S itzu n g berichtete P riv a td o zen t V r . Lust a u s H eidelberg über die Z ie le des B a d isch en L and esausschusses für S ä u g l in g s - und A leinkinderpflege. S o d a n n hielt F . V . B r ep o h l a u s B a d N a s sa u einen V o r tr a g über die T ä tig k e it der evangelischen B lä tte r v e r e in ig u n g für S o ld a te n und kriegsgefan gen e Deutsche. D er T v . G berk irchenrat h a t a u f A n re g u n g des P r ä la te n V . S ch m itt- henner a l s erste kirchliche B eh ö rd e die V ere in ig u n g unterstützt und ein besonderes bad isches G esan gb u ch herau sgegeb en . — I n der S itzu n g a m f f . A p r i l w u rd e m itg ete ilt , d a ß , u m die S a m m lu n g e n d es R o te n A reu zes nicht zu stören, in A u ssich t genom m en e öffen t­ liche S a m m lu n g e n durch größere B e trä g e abgelöst w ü rd en . S o — 83 — erh ie lt der A u s s c h u ß fü r f a h r b a r e L a z a re t tb ü ch e re ien sOOOO Akk., zu e iner f ü r die B a l t e n bes t im m ten S a m m l u n g w u r d e n 3 0 0 0 Akk. u n d f ü r die R e ichsko lon ia lk r iege rsp end e w u r d e n fOOOO Akk. gegeben . F ü r die zurückkehrenden Z i v i l - u n d K r i e g s g e f a n g e n e n u n d die fü r sie nötige F ü r s o r g e e n t fä l l t a u f B a d e n ein B e t r a g v o n e t w a t 0 0 0 0 0 Akk. A u s d em P r i n z - A k a x - F o u d s kö nnen d az u 6 0 0 0 0 A k ark gegeben w e r d e n ; der Rest soll a u s der G e f a n g e n e n s a m m l u n g a u f g e b ra c h t w erden . B o n der K ö n i g i n v o n S c h w e d e n ist eine S p e n d e , bestehend in ach t K is ten S tre ic h h ö lze rn , e in g e g a n g e n . D ie T r e u e n in G o t e n b u r g h a b e n w ied e r fOOO Akk. g e s a n d t . Z m A k ä rz ist eine besondere L ie b e s g a b e n s e n d u n g a n die W e s t f r o n t geschickt w o rd e n , w i e a n d e r w ä r t s h a t sich au ch h ie r ein O r t s ­ au s sch u ß fü r S a m m e l - u n d H elferdienst geb ildet . — Z n der S i tz u n g a m 6. A k a i w u r d e der B e r i c h t ü b e r die T ä t ig k e i t der hiesigen H a u p tsam m els te l le ersta tte t. D a r n a c h sind f ü r L ie b e s g a b e n a n unsere T r u p p e n i m F e ld e sow ie a n v o r ü b e r k o m m e n d e E in z e l - m a n n sc h a f te n 2 7 0 0 0 0 0 Akk. u n d f ü r L az a re t te , G e n e s u n g s h e i m e , E rf r isc hu ngss te l len u sw . 7 0 0 0 0 0 Akk a u fg e w e u d e t w o r d e u . N a c h dem R e c h n u n g s e r g e b n i s des L a n d e s v e r e i n s b e t ru g e n die G e s a m t ­ e in n a h m e n seit K r i e g s b e g in n b i s f . A p r i l f 9 l 8 H l 8 s 9 8 s Akk., die G e s a m t a u s g a b e n H ^ 3 8 7 3 8 Akk. N a c h d e m R e c h n u n g s ­ erg e b n is des O r t s a u s s c h u s s e s K a r l s r u h e b e t ru g e n in derselben Z e i t die G e s a m t - E i n n a h m e n h 8 5 6 H 8 l Akk., die G e s a m t ­ a u s g a b e n s 8H7 0 7 3 Akk. A m S c h lu ß der S i t z u n g w id m e te G e h . R a t A kü lle r dem jü n g s t v e rs to rben en l a n g j ä h r i g e n S c h r i f t ­ fü h re r u n d v e rd ien ten A k i ta rb e i te r G e h . H o f r a t Z ie g le r W o r t e d a n k b a r e r E r i n n e r u n g . — Z n der S i tz u n g a m 3 . Z u m w u r d e u. a . m itge te i l t , d a ß d a s R o te K re u z f ü r die V e r s o r g u n g der F e ld la za re t te m i t B ü c h e r n lO 0 0 0 Akk. m i t der B e s t i m m u n g gegeben hab e , d a ß die S p e n d e n b e s o n d e r s den B a d e n e r n zu gu te k o m m e n sollen u n d d a ß in den letzten W o c h e n zw ei neue L i e b e s g a b e n - sendungeu a n die F r o n t a b g e g a n g e n seien u n d z w a r a n d a s L e ib - g re n a d ie r -R e g im e n t u n d d a s A r t i l l e r i e - R e g im e n t „ G r o ß h e r z o g " . Z n der S i tzun g w u r d e d a n n noch der hiesigen S a n i t ä t s k o l o n n e f ü r ih r m u s te rgü l t iges V e r h a l t e n bei d em letzten F l i e g e r a n g r i f f be so n ­ dere A n e rk e n n u n g gezollt . — Z n der S i tz u n g a m 8. Z u l i w id m e te der Vorsitzende dein ve rs to rbenen O b e r l e u t n a n t a . D . E d . H e p p s * - S t ­ einen N a c h r u f , w o b e i er be ton te , w ie viele ersprießliche Dienste der E n ts c h la f e n e der A b te i l u n g I des F r a u e n v e r e i n s u n d d em H a u p t - v o r s ta n d des R o t e n A re u z e s geleistet hä t te . M i t D a n k w u rd e v e rm e rk t , d a ß die D i re k t io n des S t a d t g a r t e n s B l u m e n zu r A u s ­ schm ückung der L a z a re t te zu r V e r f ü g u n g stelle. A m S c h lu ß der S i tz u n g sag te der Vorsitzende, G e n e r a l L im b e rg e r , d em v o n K a r l s ­ r u h e scheidenden L a n d g e r ic h ts d i re k to r v r . D ö l te r f ü r seine dem R o t e n A re u z geleisteten vo rzü g lich en Dienste, be so n d e rs w ä h r e n d d es A r i e g e s , au f r ich t ig s ten D a n k . — I n der S i tz u n g a m H. N o ­ v e m b e r w ie s der Vorsitzende a u f die E re ign is se der letzten M o n a t e h in u n d g a b seiner F r e u d e A u s d r u c k ü b e r die E r n e n n u n g des P r i n z e n M a x , des E h re n v o rs i tz en d e n des bad ischen R o te n A reuzes , z u m R e ic h sk an z le r . M i t beson dere r D a n k b a rk e i t e r w ä h n te er die T ä t i g k e i t der i m R o te n - A r e u z - D ie n s t stehenden P e r s o n e n in den L a z a re t te n . F ü r i h r t r e u e s A u s h a l t e n u n d ih re O p fe rb e re i t s c h a f t g e b ü h r te a l len F r a u e n u n d M ä d c h e n B e w u n d e r u n g . V r . S t ro e b e berichtete ü b e r d a s G e s a m t e r g e b n i s der G r o ß h e r z o g - G e b u r t s t a g s - S a m m l u n g . D a r n a c h h a t die V o r s a m m l u n g 2 3 0 000 M k . , die S p e n d e n a m G e b u r t s t a g des G r o ß h e r z o g s I Z 8 0 0 0 M k . ergeben, so d a ß sich der G e s a m t b e t r a g f ü r d a s R o te A re u z 6 8 8 0 0 0 M k . b e l ä u f t . M i t E i n r e i h u n g des v o n den B e z i rk s - u n d O r t s a u s ­ schüssen zurückgehal tenen D r i t t e l s e r g a b die S a m m l u n g den B e t r a g v o n ß 0 7 000 M k . — I n der letzten R o te - A r e u z - S i t z u n g w a r e n a u c h al le D a m e n v e r s a m m e l t , die b i s h e r i m S a m a r i t e r - D i e n s t a m a l te n B a h n h o f t ä t ig gew esen sind. D e r Vorsitzende, G e n e r a l L im - b e rg e r sp rach diesen D a m e n , die v ie r J a h r e h in d u rc h u n e rm ü d l ich pf l ich t t reu bei der A n k u n f t so v ie le r V erw u n d e te n z ü g e im Dienst d es R o t e n A re u z e s s tanden , herzlichen D a n k u n d volle A n e rk e n n u n g a u s . D iesen ane rken n en d e n M o r t e n schloß sich R e g . - R a t R u p p , dessen L e i tu n g der D iens t a m a l te n B a h n h o f u n te r s t a n d , a n ; er d ank te v o r a l l e m jenen , die seit A r i e g s b e g in n d o r t m itgeho lfen h a b e n . H o f u h r m a c h e r p e c h e r e r w ä h n t e , d a ß in die D a n k e s w o r te au c h die S a n i t ä t s m a n n s c h a f t e n e inzubeziehen sind, ebenso die F r e i ­ w i l l ig e F e u e r w e h r u n d die H i l f s k r a n k e n t r ä g e r , die S c h ü le r der H ö h e r e n S c h u le n , die sich a l le du rch P fl ich te ife r u n d H i l f sbere i tsch af t v o l l b e w ä h r t h a b e n . D a n k w u r d e fe rn e r gesag t der D irek t ion der S täd t i sch e n S t r a ß e n b a h n e n u n d d em S t a d t r a t f ü r die unentgelt liche — 85 — Ü b er la s su n g der S a n i t ä t s s t r a ß e n b a h n z ü g e . S chließ lich berichtete G e h . H o f r a t R ehbock noch ü b e r die T ä t i g k e i t der T r a n s p o r t ­ ab te i lu n g a i n A l te n B a h n h o f u n d die V e r w e n d u n g der F a h r r ä d e r . A l s seinerzeit der A u f r u f a n die B e v ö lk e r u n g e r g a n g e n w a r , F a h r ­ räd e r dein R o te n K re u z z u m V e r w u u d e t e n t r a n s p o r t zu r V e r f ü g u n g zu stellen, w u r d e n d e m R o t e n K re u z s 2 l R ä d e r ü ber lassen , v o n denen 8H b r a u c h b a r w a r e n , die d a n n w ie d e r u m H2 T r a n s p o r t ­ r ä d e r g a b e n , m i t denen ü b e r 5 0 0 0 V e r w u n d e te v o m B a h n h o f nach L az a re t ten v e r b r a c h t w o r d e n sind. — I m w ei te ren V e r l a u f der S i tzung w u r d e die L ag e der zurückkehrenden S chw es te rn e r ö r t e r t ; einige badische Schw estern befinden sich noch in P a l ä s t i n a , in R e v a l , in A l i t a u u n d i m E l s a ß . F r a u G e n e r a l v o n O t i u g e r w u r d e a n läß l ich ih re s R ü c k t r i t t s v o n der L a z a r e t t le i tu n g v o n dein V o r ­ sitzenden herzlicher D a n k g esag t . Z u m L c h lu ß der B e r a t u n g e n berichtete noch V r . S t ro e b e ü b e r die T ä t i g k e i t der H a u p t s a m m e l - stelle die w ä h r e n d des T r u p p e n r ü c k m a r s c h e s seh r in A n s p r u c h g e n o m m e n w a r ; zu jener Z e i t w u r d e n täg l ich r u n d 6 0 0 A l a u n abg e fe r t ig t . D ie v o r h a n d e n e n l V a r e n w u r d e n ih n e n unentgelt l ich überlassen. D e r 5 . , ^ . , 5 . u n d 6 J a n u a r w a r e n I V e r b e t a g e f ü r den O r t s a u s s c h u ß K a r l s r u h e des B a d i s c h e n H e i m a t d a n k e s . S chü le r hiesiger L e h ra n s ta l t e n ver te i l ten a n diesen T a g e n A u f r u f e m i t V ordrucken f ü r die B e i t r i t t s e r k l ä r u n g . D e m H e i m a t d a n k g in g e n i m B e r i c h t s j a h r e v o n hier folgende g rö ß e re B e i t r ä g e z u : D e r G r o ß h e r z o g ü b e r w ie s dem H e im a td a n k eiue i h m zu r V e r f ü g u n g gestellte S u m m e v o n t 00 000 l l l a r k . V o n u n g e n a n n te r S e i te e rh ie l t der S t a a t s m i n i s t e r die S u m m e v o n 5 0 000 A lk . in deutscher K r i e g s a n le i h e . A n lä ß l i c h der E r n e n n u n g des G e s c h ä f t s f ü h r e r s in K a t h r e i n e r s A la lzkaffee fab rikeu z u m kgl. B a y e r . G e h . K o m m e r z i e n r a t h a t die Gesellschaft u . a . der S t a d t K a r l s r u h e den B e t r a g v o n 3 5 000 A lk . überm it te l t , der zu r V e r m e h r u n g der v o r j ä h r i g e n S t i f t u n g v o n HO000 A lk . dient (v e rg l . T h r o n i k s ß s k , S . ^ 8 2 /8 3 ) . K o m m e r ­ zienrat S t a d t r a t F r i tz H a m b u r g e r w ie s d e m O r t s a u s s c h u ß des H e im a td a n k es 5 0 0 0 A lk . in 5 p ro z e n t ig e r deutscher K r i e g s a n l e i h e zu. V o n den T e i l h a b e r n des B a n k h a u s e s V e i t L. H a m b u r g e r / K o m m e rz ie n r a t F r i tz H a m b u r g e r u n d O r . P a u l H a m b u r g e r , w u r d e — 86 — d e m H e im a td a n k die w eitere G a b e v o n 3 0 000 M k . zugewendet. P a u l S c h rö d e r in S t u t t g a r t spendete „ a u s a l te r A n h än g l ich k e i t a n seine V a te r s t a d t K a r l s r u h e " de in H e im a td a n k sOOOO M k . A lb e r t B a e r , I n h a b e r der D a m p f b r a n n t w e i n b r e n n e r e i u n d L ik ö rfab r ik H e in r ich B a e r 6c S ö h n e , h a t d em « O r t s a u s s c h u ß K a r l s r u h e des H e im a td a n k e s 5 0 0 0 M k . ü b erw ie sen m i t der B e s t i m m u n g , d a ß die H ä l f t e dieser S u m m e f ü r b e d ü r f t ig e K i n d e r der S t a d t v e rw ende t w i r d , deren V a t e r i m F e ld e gefa l len ist. D e r B ez i rk sv e re in K a r l s ­ r u h e des V e r b a n d e s südwestdeutscher I n d u s t r i e l l e r ü b e r w ie s dem O r t s a u s s c h u ß des H e im a td a n k e s H 2 5 0 M k . B r a u e r e id i r e k to r K a r l S c h r e m p p , E h r e n b ü r g e r u n se re r S t a d t , überreichte d em O b e r b ü r g e r ­ meiste r a u s A n l a ß des J a h r e s w e c h s e l s die S u m m e v o n 3 0 0 0 M k . f ü r den O r t s a u s s c h u ß des H e im a td a n k e s , K a u f m a n n L o u i s S te r n , I n h a b e r der F i r m a L o u i s L. S t e r n L C o . , ü b e r w ie s d em O r t s ­ a u s s c h u ß den B e t r a g v o n 3 0 0 0 M k . V o n zwei T e i l h a b e r n einer hiesigen F i r m a w u r d e n dem O r t s a u s s c h u ß je 2000 M k . zugew endet. K a u f m a n n B e r n h a r d W ü r z b u r g e r ü b e r w ie s d em O r t s a u s s c h u ß einen e i n m a l ig e n B e i t r a g v o n s200 M k . ; a u ß e r d e m t r a t er dem V ere in H e im a td a n k m i t e in em f o r t l a u f e n d e n J a h r e s b e i t r a g v o n sOO M k . bei . J e sOOO M k . spendeten : B a n k d i r e k to r w . Hoff- m a n n , die P a p i e r w a r e n f a b r i k A . B r a u n L T ie . , der p r e u ß isc h e G e s a n d te G e h e i m r a t v o n E isendech er , K o m m e r z i e n r a t O r . R o b e r t K oelle , K o m m e r z i e n r a t L u d w ig Utz, F r a u G e n e r a l l e u t n a n t I ä g e r - schm id , die B a d is c h e n Lederw erke K a r l s r u h e - M ü h l b u r g , die V e r ­ e in s b a n k K a r l s r u h e , die O b e r k o - W e r k e G . m . b. H . , h ie r , F a b r i ­ k a n t K . H . M i m p f h e i m e r . G leichzeit ig t r a t H e r r l v i m p f h e i m e r d em H e im a td a n k m i t e in em J a h r e s b e i t r a g v o n sOO M k . a l s M i t ­ glied bei. — D ie g r o ß e Z a h l der B e i t r ä g e u n te r sOOO M k . k a n n h ie r n ich t w iede rg eg eb en w erd e n , sie w u r d e v o n Z e i t zu Z e i t in der T a g e s p r e s s e veröffen tl ich t. — A u s einer i m J a h r e s 9 l 9 v e r ­ öffentlichten Ü bers ich t der T ä t i g k e i t des V e r e in s H e im a td a n k füh ren w i r fo lg en d e s a n : „ I n den J a h r e n s 9 i 5 b i s m i t l 9 s 8 erreichten die A u f w e n d u n g e n des L a n d e sa u s sc h u s se s a l le in ü b e r s 8 00 000 M k . I n diesem B e t r a g sind die recht erheblichen A u s g a b e n der B e z i rk s ­ u n d O r t s a u s s c h ü s s e n ich t e n t h a l t e n . " „ E i n bedeutender T e i l der A u s g a b e n , u n d z w a r r u n d 8 7 0 0 0 0 M k . , en t fä l l t a u f die K r i e g s ­ b esch ä d ig te n fü r so rg e a m o r th o p äd isch -ch iru rg isc h en R e se rv e laz a re t t — 87 — E t t l i n g e n . D a v o n k on n ten a l l e r d in g s e t w a 3 5 0 0 0 0 Akk., du rch eigene E i n n a h m e n (A rb e i t s le i s tu n g e n u sw . ) gedeckt w e r d e n ." F ü r die a m s. u n d 2 . J u n i s ta ttf indende S a m m l u n g zu r L u d e n d o r f f - S p e n d e erschien nachstehender A u f r u f : „Deutschland kämpft seinen schwersten K am pf; das R in gen drängt zum Ende. Tausende und Abertausende der K äm pfer in Heer „nd F lotte kehren zurück, die G lieder verstümmelt, die Gesundheit erschüttert. I h r e Kraft dem deutschen W irtschaftsleben zurückzugewinnen, ihre Zukunft zu sichern, ist Dankespflicht der H eim at. D ie Rentenversorgung liegt ausschließlich dem Reiche ob. Soziale Fürsorge muß sie ergänzen. S ie auszuüben, sind die im Reichsausschuß der Kriegsbeschädigtenfürsorge znsam m engefaßten O rganisationen berufen. D a s gew altige soziale Merk ausznbauen, ist das Z ie l der Luden- dorff-Speude. Darum gebt! N acht au s sorgenvollen O pfern des K rieges freudige N itarbeiter an Deutschlands Z ukunft! Ehret die N ä n n e r , die für u n s kämpften und litten! N u r w enn alle zusammenstehen, wird das hohe Z ie l erreicht. v. Hindenburg, Generalfeldmarschall. v r . G ra f von H ertling, Reichskanzler, v. Stein , Ariegsm inister. Or. K äm pf, Präsident des R eichstages. Der Ehrenvorsitzende: Ludendorff, Erster G eneralquartiermeister, G enera l der In fan terie . A n B a d en s M änner und F rauen! Folgt dem R uf Eurer F üh rer! Eure G aben dienen den badischen K äm pfern. Der Vorsitzende des B ad . H eim atdankes: S taatsm inister Freiherr von B odm an. Der kommandierende G en eral: I sb e r t , G eneral der In fa n te r ie . Der Vorsitzende des Ortsausschusses K arlsruhe des B ad . H eim atdankes: Oberbürgermeister Siegrist. D e r G r o ß h e r z o g u n d die G r o ß h e r z o g in g a b e n zu r L udend o rf f« S p e n d e 3 0 0 0 Akk., G r o ß h e r z o g i n Luise 2000 Akk. D e r S t a d t r a t bew il l ig te a u s der S tad tkasse 5 0 0 0 Akk. A u ß e r d e m g in g e n a n h öh eren B e i t r ä g e n f ü r die S p e n d e e i n : V o n A o m m e r z i e n r a t F r i tz l f o m b u r g e r (0000 A kk ., v o n e iner S a m m l u n g der D irek to ren , A rb e i t e r u n d A ngestell ten der G ese llschaf t S i n n e r 8 2 7 0 2kkk. 3 0 s^f., v o n der A kasch inenbaugese l lscha f t , v o n den B a d is c h e n L ederw erken , v o n der L a n d e s v e r s ic h e ru n g s a u s ta l t . B a d e n , v o n U o m m e r z i e n r a t O r . S t r a u s u n d v o n U n g e n a n n t je 5 0 0 0 Akk., v o n Dyckerhoff 8c k v i d m a n n HOOO Akk., v o n der F i l i a l e der R h e in ischen E r e d i t b a n k un d v o n L o u i s L. S t e r u je 3 0 0 0 Akk., v o n der F e u e r v e r s i c h e r u n g s ­ bank , v o n der F a b r i k F . W o l f s 8c S o h n , v o n F ffannkuch 8c E o . u n d v o n V o g e l 8c S c h n u r m a n n je 2000 Akk. D ie g r o ß e Z a h l der ü b r ig e n B e i t r ä g e w i r d in der B e i l a g e N r . 3 der „ K a r l s r u h e r Z e i t u n g " v o m 6 . Z a n u a r s 9 l 9 veröffentl icht. D ie S t r a ß e n s a m m - lu n g in K a r l s r u h e a i n s. u n d 2 . J u n i e r g a b den B e t r a g v o n t l 5 3 7 M k . 2 7 P f . D e r B ezirk K a r l s r u h e e r g a b i m ganzen 2 0 f 5 3 H Akk. 8 0 P f . D a s G e s a m t e r g e b n i s der S p e n d e im G r o ß ­ h e r z o g tu m belief sich a u f 2 H 7 3 H H 8 B l k . 3 2 P f . W i e l 9 l ? e r g in g w ie d e r u n d z w a r i m B e r i c h t s j a h r e e r s tm a ls a m f 6 . Z u m ein A u f r u f z u S a m m l u n g e n f ü r eine G r o ß h e r z o g s - G e b u r t s t a g s s p e n d e . D e r A u f r u f sch loß m i t den W o r t e n : „B eteilig t Euch au der G roßherzogs-G eburtstcigssxeude, helft dem Roten Areuz seine A ufgaben erfüllen, cs sind heilige Pflichten, die » n s rufen." D a s G r o ß h e r z o g s p a a r w ende te der S p e n d e 3 0 0 0 Akk. zu, G r o ß h e r z o g i n Luise fOOOO Akk. u n d die K ö n i g i n v o n S chw eden 2000 Akk. A l s E r t r ä g n i s der v o n der S t a d tg e m e in d e a m 9- Z u l i i m S t a d t g a r t e n zu G u n s t e n der S p e n d e v e ra n s ta l te ten Akusik- u n d G e s a n g s a u f f ü h r u n g e n w u r d e n d em L a n d e s v e r e in v o m R o t e n K re u z 7 0 0 Akk. ü b erw iesen . D ie H a u s - u n d S t r a ß e n s a m m l u n g f ü r die G r o ß h e r z o g s - G e b u r t s t a g s s p e n d e a m 7 . u n d 9 . Z u l i e r g a b in der G e s a m ts t a d t K a r l s r u h e r u n d 96OO Akk. A m f 9 . S e p t e m b e r besch loß der S t a d t r a t d e m L a n d e sv e re in v o m R o t e n K re u z auch in diesem Z a h r e w iede r fü r die W e ih n a c h t s ­ s e n d u n g a n bad ische T r u p p e n s ö OOO Akk. a u s der S ta d th a u p tk a s s e u n te r d em B o r b e h a l t e zu bew il l ig e n , d a ß m i t den d a r a u s zu be­ schaffenden G a b e n tunlichst die K a r l s r u h e r T r u p p e n te i l e bedacht w ü rd e n . — D ie S t r a ß e n s a m m l u n g a m 6. M k to b e r f ü r die W e i h ­ n a c h ts sp e n d e e r g a b h ie r den B e t r a g v o n 6 8 0 0 Akk. A b e r die T ä t i g k e i t des N a c h r i c h t e n b ü r o s f ü r d a s n e u ­ t r a l e A u s l a n d w u r d e n E n d e G k t o b e r nachstehende M i t t e i l u n g e n verö f fen t l ich t : D e r V e r s a n d v o n A u fk l ä r u n g s s c h r i f t e n u n d Z e i ­ tu n g e n f ü r d a s n e u t r a le A u s l a n d belief sich a u f e t w a HOO 0 0 0 Stück. D a s B ü r o v e rm i t te l te au ch den L eb e n sm i t te lb e z u g f ü r in D eutsch­ l a n d lebende S c h w e iz e r f a m i l ie » . B e i S e q u e s t r a t io n deutschen E i g e n ­ t u m s i m A u s l a n d w u r d e n a u f d e m B ü r o S chadenersa tzansprüche w eg e n G e w a l t t ä t ig k e i t e n in H öh e v o n 2 5 6 8 H 2 7 Akk. 6H P f . a n ­ gem elde t. E t w a 3 0 0 0 0 K r i e g s a u s k ü n f t e in G e fa n g e n en sa ch e n erte ilte d a s B ü r o u n d g a b te leg raph ische N a c h fo r sc h u n g e n nach V e r m i ß t e n w e ite r . B e i der B a d is c h e n G e ld e in z ah lu n a ss te l le w u r d e n — 89 — b i s ü b e r s 5 0 0 0 E i n z a h l u n g e n in t G e s a m t b e t r a g v o n 2 5 0 0 0 0 W k . geleistet, die A u f f in d u n g v o n G r ä b e r n G e f a l l e n e r bewerkstell igt. D e r Besuch der U riegschre ibe- u n d P acks tube belief sich a u f 2 0 0 0 0 P erson en . D a s B ü r o b earbe i te te G esuche u m I n t e r n i e r u n g v o n G e f a n g e n e n in der S chw eiz . E s w a r W e i te r le i tu n g ss te l le f ü r P o s t ­ sendungen H e e re sa n g e h ö r ig e r in der S chw eiz . A b e r s0 0 0 0 0 B r ie f e w u rd e n w eite rb e fö rd e r t , gegen 5 0 0 0 A n f r a g e n nach d e m v o n den F ra n z o s e n besetzten G e b ie t des G b e re l s a s se s w eite rgeg eben . E i n e Lesegelegenheit f ü r v e rw u n d e te U r i e g e r w a r de in B ü r o an g e g l ie d e r t . E t w a 5 0 0 0 0 0 Z e i tu n g e n w u r d e n z u g e sa n d t . — D o m B ü r o e r g in g folgende D a n k s a g u n g : „Anläßlich der Einstellung unseres Geschäftsbetriebs beehren w ir u n s, allen staatlichen und städtischen Behörden für das u n s in hohem M aße er­ wiesene Entgegenkomm en ergebensten Dank ansznsprechen. Auch werden w ir stets mit ganz besonderer Dankbarkeit der u n s in nunmehr fast q J a h ren zuteil gewordenen H ilfe unserer Ehrenm itglieder und unserer freiw illigen H elferinnen gedenken." I m J a n u a r m ach te die H a n d w e r k s k a m m e r b ek a n n t , d a ß a u f A n r e g u n g des L a n d e s g e w e r b e a m t e s die B e sc h a f fu n g v o n A l e i n - W o h n u n g s e i n r i c h t u n g e n in u n s e r m L a n d e in die W e g e geleitet, a n d e r n f a l l s eine A u s s te l lu n g v o n U lu s t e r z im m e r n u n d E in z e lm ö b e ln in A u ss ic h t g e n o m m e n sei, deren D u r c h f ü h r u n g die H a n d w e r k s k a m m e r in A a r l s r u h e f ü r ih re n B ez irk ü b e r n o m m e n hab e . D ie he im kehrenden U r i e g s g e t r a u t e n soll ten sich g u t g e a r ­ beitete W ö b e l zu a n n e h m b a r e n P re i s e n u n d a u f dem W e g e der T e i l z a h lu n g e rw e rb e n können . A uch solle den he im kehrenden H a n d w e rk sm e is te rn G e le g en h e i t gegeben w erd e n , den du rch J a h r e stilliegenden B e t r i e b zu e rö f fnen u n d t a tk r ä f t ig w e i t e r z u fü h re n . D ie A a m m e r w a n d te sich a n alle A re ise m i t der B i t t e , dieses U n t e r ­ nehm en durch S p e n d u n g f re iw i l l ig e r B e i t r ä g e zu unterstützen. A n ­ f a n g N o v e m b e r w u r d e m itge te i l t , d a ß sich die W ö b e la u s s te l lu n g e n der H a n d w e r k s k a m m e r u n d des B a d is c h e n B a u b u n d e s , v o n d a a n vere in ig t im B a u b u n d h a u s A a r l - F r i e d r i c h s t r a ß e 2 2 , befindet. A m 8. N o v e m b e r w u rd e m itge te i l t , d a ß der B a u b u n d neben d em V e r ­ trieb v o n neuen W ö b e l n in V e r b i n d u n g m i t der S t a d t v e r w a l t u n g auch die B e w i r t s c h a f t u n g der A l t m ö b e l ü b e r n e h m e ; i m H a u se S ch lo ßp la tz w erd e h ie r fü r eine besondere V erkau fss te l le „ A l t ­ m ö b e l st e l l e A a r l s r u h e " eingerichtet . D ase lbs t solle g e b ra u c h te r — 90 — H a u s r a t , den die A ltm öb e ls te l le käuflich e rw e rb e oder schenkungsweise ü b e rn e h m e , g e b r a u c h s f ä h ig hergerichte t , a u b ed ü r f t ig e A n trag s te l le r , i n sb e so n d e re K r i e g s t e i l n e h m e r zu m ä ß ig e n P re isen ab geg eb en w erden . D a s A b e n d h e i m f ü r A r b e i t e r i n n e n , d a s die F ü r - so rg c v e rm i t t lu n g s s te l le der K r i e g s a m ts s t e l l e im H i l d a h a u s , Scheffel­ s t raß e 3 7 f ü r A r b e i t e r i n n e n a l le r B e t r ie b e eingerichtet ha t te , w u rd e a m 2 s. J a n u a r e röffne t, ( täg l ich 6— 9 U h r ) . D e n A rb e i te r in n e n soll te in dein H e im die Uköglichkeit gegeben w erd en , nach ih re r T a g e s a r b e i t in w a r m e n R ä u m e n m i t ih r e n B e ru fsg e n o ss in n e n S tu n d e n der E r h o l u n g zu gen ießen . « I m J a n u a r w u r d e zwecks B e s c h a f f u n g v o n K l e i d u n g s - s t ü c k e n f ü r b ed ü r f t ig e K o n f i r m a n d e n u n d K o m m u n i k a n t e n die R l i l d - tä t igke i t a n g e r u fe n . E s h a n d le sich dab e i , w ie d a s städtische N a c h ­ r i c h t e n a m t m it te i l te , nicht u m die K le i d u n g f ü r den T a g der K o n - f i r m a t i o n u n d ersten K o m m u n i o n , so n d e rn u m die A n sc h a f fu n g e ines besseren A n z u g e s f ü r die i n s Leben tre tenden j u n g e n Leute, die m i t diesem L e b e n sa b s c h n i t t v ie lfach die K ind erk le ide r ab legen m ü ß t e n . U m eine D o p p e lv e r s o r g u n g zu v e rm e id e n u n d den G e b e rn die G e w ä h r zu bie ten , d a ß ih re S p e n d e n auch den j u n g e n Leuten zu k ä m e n , denen ih re F ü r s o r g e gelten solle, h a b e d a s K r i e g s u n te r - s t ü t z u n g s a m t die V e r m i t t l u n g bei dein w o h l t ä t i g e n W erke ü b e r ­ n o m m e n . D a s L a n d e s g e w e r b e a m t beabsichtigte , w ie E n d e J a n u a r b ek a n n t gegeben w u rd e , a m s . W ä r z e ineu besonderen V o r b e r e i t u n g s - k u r s f ü r s o l c h e K r i e g s b e s c h ä d i g t e , die in fo lge ih re r V er le tzung i h r e m f rü h e re n B e r u f nicht m e h r nachgehen könnten u n d in e in em a n d e r e n — im v o r l ie gend en F a l l k a u fm ä n n isc h en — B e r u f e B e s c h ä f t ig u n g suchten, a n der K a r l s r u h e r H an de lsschu le a b z u h a l t e n . D ie D a u e r des K u r s e s w a r a u f 3 U k o n a te bei e t w a 3 5 lV o ch ens tun den berechnet; er sei unentge lt l ich . D ie K osten fü r die V e rp f le g u n g t r a g e der L a n d e s a u s s c h u ß fü r K rie g sb e sc h ä d ig te ; zu den K u r s e n w ü r d e n a b e r n u r solche K r ieg sb e sch ä d ig te zugelassen, die sich durch ih re F ä h ig k e i te n u n d ih re V o r b i l d u n g f ü r eine k a u f ­ m ä n n isc h e T ä t ig k e i t eigneten . S e i t E n d e J a n u a r ließ die R e ic h s b a n k den A n k a u f v o n S i l b e r s a c h e n d u rch die G o ld a n k a u f s s te l le a u f n e h m e n . F ü r d a s G r a m m S i lb e r m e ta l l w u r d e ein E i n h e i t s p r e i s v o n ( 3 P f . - 9 l - festgesetzt. D ie G in l ie fe re r v o n S ilb e r s a c h e n erh ie l ten ein künstlerisch ausges ta t te te s G e d e n k b la t t . — V o m s7 . b i s 2 H. F e b r u a r f a n d eine G o ld a n k a u f s w o c h e s ta tt . G o l d , S i l b e r , P l a t i n u n d J u w e l e n w u r d e n a n g e n o m m e n , die z u m V e r k a u f a n g e b o te n e n Iuw elenschm uckstücke m u ß te n einen M in d e s tw e r t v o n 5 0 0 M k . u n d einzelne S te in e oder p e r l e n e inen M in d e s tw e r t v o n 200 Akk. besitzen. J e d e m G in l ie f e re r w u r d e bei der A u s z a h l u n g ein G h r e n d i p l o m u n d bei G in l i e f e r u n g e n ü ber 5 M k . eine D en k m ü n z e e in g e h ä n d ig t . J e w e i l s der sOO. G in l ie fe re r sollte ein G e d e n k b la t t nach d em G e m ä l d e v o n P r o f . K e m p f : „ G o l d g a b ich f ü r G ise n , V o lk s o p f e r s 9 i 8 " m i t W i d ­ m u n g e rh a l te n . I m g an z en e r fo lg te n e t w a 8 5 0 G o ld a b l i e f e r u n g e n . D ie wertvo lls te A b l i e fe ru n g w a r die der P r in z ess in M a x . Ü b e r ­ h a u p t ließen die G r o ß h . H er rs ch a f te n G o l d - u n d Iu w e le n s c h m u c k , sow ie S i lb e r g e rä te in sehr h o h e m W e r t e a b g e b e n . 5 5 0 S i l b e r ­ ab l ie f e ru n g e n e r f o lg te n , d a r u n t e r solche m i t m e h re re n w e r to l len Stücken. Diese Stücke, n a m e n t l i c h T a fe lsch m u c k en th a l t e n d , w u r d e n p h o to g ra p h i sc h a u s g e n o m m e n . A u c h B r i l l a n ts c h m u c k b i s zu 7 0 000 M k . W e r t w u rd e ü b e rg e b en . G n d e J a n u a r h a t F r e i h e r r v o n B o d m a n , in fo lg e seiner G r n e n n u n g z u m S t a a t s m i n i s t e r die S te lle des T e r r i t o r i a l - delsgierten der f re iw i l l ig en K ra n k e n p f le g e n iederge leg t, zu se inem N a c h fo lg e r w u r d e M in i s t e r i a ld i r e k t o r G e h . R a t P f is te re r e r n a n n t . G n d e F e b r u a r ü b e r w ie s die B a d i s c h e B a n k M a n n h e i m - K a r l s r u h e d em M i n i s t e r i u m des I n n e r n sOOOO M k . f ü r Zwecke der M i t t e l s t a n d s h i l f e . A m 2 5 . u n d 2 6 . M ä r z v e ra n s ta l te te die K r ie g su n te r s tü tz u n g sk o m m is s io n zwei W i n d e l t a g e . A l le s w a s zu r A u s s t a t t u n g ei»es kleinen K i n d e s n o tw e n d i g ist, w u r d e durch M ä d c h e n der oberen Schulk lassen (kenntlich a n w e iß e n A r m ­ binden) in a l len S ta d t t e i l e n e in g e s a m m e l t u n d v o n S c h ü le rn a u f H a n d w a g e n zu den H a u p ts a m m e ls te l l e n g e f a h re n . D a s G r g e b n i s der S a m m l u n g w a r g u t ; es w u r d e n neben vie lerle i K in d e rw ä sc h e auch K ind erschu he , S p ie lz eu g u n d selbst kleine B r t tc h e n abg e l ie fe r t . A uch die G r o ß h e r z o g in H i ld a u n d Luise h a t t e n schöne G a b e n gespendet. D ie g e s a m m e l te n Wäscheschätze w u r d e n g eo rd n e t u n d nach u n d nach a n bedü r f t ig e F r a u e n ab g e g eb e n . A m i- M a i e r l ieß d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t eine B e k a n n t m a c h u n g über S a m m l u n g g e t r a g e n e r 2 ) b e r k I e i d u n g . D a r i n h ieß es u . a . : Z u r te ilweise» Deckung des B e d a r f s a u G b e r - k le idung der iu den k r iegsw ich tig en B e t r ie b e n beschäftig ten A rb e i te r h a t die Reichsbek le idungss te l le die S a m m l u n g a n g e o rd n e t . D e r K o m m u n a l v e r b a n d K a r l s r u h e - S t a d t soll h ie rzu eine v o n der L a n d e s z e n t r a lb e h ö rd e festgesetzte A n z a h l v o n A n z ü g e n beisteuern. E s w u r d e e r w a r t e t , „ d a ß die e rfo rde r l ichen A n z ü g e i m N)ege der f re iw i l l ig en A b g a b e a u f g e b r a c h t w erd en , u m so strengere M a ß ­ n a h m e n der R e ichsbekle idungsste lle zu v e r m e id e n " . „ D ie K o m m u n a l - v e r b ä n d e sind a u f g r u n d der B u n d e s r a t s v e r o r d n u n g e rm ä ch t ig t , P e r s o n e n , v o n denen a n z u n e h m e n ist, d a ß sie eine g rö ß e re A n z a h l G b e r k le id e r besitzen, die B o r l e g u n g e in es Verzeichnisses ü b e r ih ren B e s ta n d a n G b e r k le id e r n u n d zu r A n f e r t i g u n g solcher geeigneten S to f f e n au fz u e r leg e n , f a l l s sie nicht w en ig s tens e i n e n A n z u g a b ­ liefern soll ten, auch sind sie e rm ä c h t ig t , solchen F a l l e s die R ichtigkeit des Verzeichnisses n a c h z u p rü fe n u n d die h ierzu erforderl ichen M a ß ­ n a h m e n zu t re f fen " . A m S c h lu ß der B e k a n n t m a c h u n g h ieß e s : „ A u die w ir tschaf t l ich besser gestellten E i n w o h n e r des K o m m u n a l - v e r b a n d e s w i r d d a s d r in g en d e E r s u c h e n gerichtet, diese S a m m l u n g , deren E r g e b n i s fü r d a s w ir tscha f t l iche D u r c h h a l t e n un se re s V olkes i m K r ie g e v o n h o h e r B e d e u t u n g ist, o p fe r f r e u d ig zu unterstützen u n d m öglichst viele A n zü g e a b z u l ie fe rn ." D e r V e r k e h r s v e r e i n K a r l s r u h e zeigte in m e h rfac h en F ü h r u n g e n den hiesigen L a z a r e t t i n s a s s e n die S e h e n s ­ w ü rd ig k e i t e n der S t a d t u n d i h r e r n ä h e r e n U m g e b u n g . D a b e i w a r j e w e i l s f ü r B e w i r t u n g u n d f ü r musikalische sowie andere U n t e r h a l t u n g g eso rg t . Z m g a n z e n w u r d e n 6 0 0 P e r s o n e n g efü h r t . D ie K os ten b e t ru g e n r u n d 2000 M a r k u n d w u r d e n durch f re i ­ w i l l ige S p e n d e n a u f g e b ra c h t . Z u r K o l o n i a l - K r i e g e r - S p e n d e b ew il l ig te der S t a d t r a t a m 29 . A u g u s t e inen e in m a l ig e n B e i t r a g v o n sOOO M a r k . A m 8 . S e p t e m b e r w u r d e eine V o r f ü h r u n g zu G u n s te n der A u s b i l d u n g v o n K r i e g s b l i n d e n - F ü h r e r h u n d e n im K o n z e r t h a u s v e ra n s ta l te t , bei der H o f r a t S z a m a to l s k i a u s F r a n k ­ f u r t a . M . e inen e in fü h re n d e n V o r t r a g hielt, dem F i lm d a r s t e l l u n g e n fo lg te n , dieselben w u r d e n a m 9 . w iede rh o l t . A m H. D ez em b e r überre ich te F a b r i k a n t Z o s e p h K r a p p n a m e n s der T i s c h g e s e l l s c h a f t „ B ü r g e r m ä n n e r " s i m - 93 - Hotel K a r p f e n ) d e m O b e r b ü r g e r m e i s t e r 2 0 0 0 M k . a l s S ch en k u n g fü r den O r t s a u s s c h u ß des B a d isc h en H e im a td a n k s z u r V e r w e n d u n g f ü r K a r l s r u h e r bedü rf t ig e K r i e g s b l i n d e . A m s^ . D ez em b e r w u r d e der A b te i lu n g K r i e g s b l i n d e n f ü r s o r g e der B l in d e n v e r e in ig u n g K a r l s - ruhe v o n der s. K l a s s e d e r V i k t o r i a - P r i v a t s c h u l e der E r l ö s a u s e in em w o h l t ä t i g k e i t s v e r k a u f im B e t r a g e v o n 3 5 8 M k . übergeben . A u ß e r d e m h a t die W i tw e des W e rk m e is te r s a . D . E m i l Z o o s , K a t h a r i n a g e b . K a l t e n m e i e r letztwillig 3 0 0 M k . f ü r e rb lindete K r i e g e r v e rm a c h t . L . A n d e r e p o l i t i s c h e V o r g ä n g e b i s z u r R e v o l u t i o n . A m 8. J a n u a r w u rd e L a n d g e r i c h t s p r ä s id e n t O r . Z e h u t e r ­ in H eide lberg z u m P r ä s id e n t e n des V b e r l a u d e s g e r i c h t s e r n a n n t u n d a m s s . A u g u s t in die E rs te K a m m e r b e ru fen . A l s E r s a t z m a n n f ü r den ve rs to rbenen A b g e o r d n e t e n K o l b w u rd e R e d a k te u r A n t o n W e i ß m a n n a u s F r e i b u r g m i t (von ^ 5 6 ) S t i m m e n f ü r K a r l s r u h e - W est g e w ä h l t . D ie n ich t­ soz ialdemokrat ischen P a r t e i e n h a t t e n ih r e n M i t g l i e d e r n W a h l e n t ­ h a l tu n g e m p fo h len . D ie sOOte W ied e rkeh r des T a g e s a n d e m B a d e n seine V e r ­ fassung e rh a l te n h a t , w u r d e a m 2 2 . A u g u s t in w ü r d i g e r , dem E r n s t der Z e i tv e rh ä l tn is se en tsprechender w e i s e b e g a n g e n . L . R e v o l u t i o n u n d W a f f e n s t i l l s t a n d . A u ch iu diesem A bschn i t t gehen w i r n u r a u f die V o r g ä n g e in K a r l s r u h e n ä h e r ein. Z n K a r l s r u h e t r a t e n a m s9 . O k t o b e r a u f E i n l a d u n g des S t a a t s m i n i s t e r s die P rä s id ie n beider K a m m e r n u n d die ersten F rak tionsvors i tzenden der zweiten K a m m e r zu e iner B e r a t u n g m i t d e n M i n i s t e r n z u s a m m e n . F r e i h e r r v o n B o d m a n be­ sprach zunächst die m il i tä r is ch e u n d polit ische L ag e , in sb e so n d e re auch die G r u n d l a g e des deutschen F r i e d e n s a n g e b o t e s . D a n n w a n d te er­ sieh den inn e ren A nge le g en h e i te n zu. D e r M i n i s t e r u n d die A b ­ geordneten a n e r k a n n te n , d a ß die e r fo lg te P a r l a m e n t a r i s i e r u n g im - 94 - Reiche n icht ohn e F o l g e n f ü r die E in z e l s t a r t e n ble iben könnte. D e m g e m ä ß w erd e die R e g ie r u n g , w ie F r e ih e r r v o n B o d m a n m i t ­ teilte, d em nächsten orden tl ichen L a n d t a g e G ese tzesen tw ürfe vor legen , w ie sie d u rch die in A u ss ic h t g e n o m m e n e polit ische V e r ä n d e r u n g b e d in g t seien. E i n e A n r e g u n g , den L a n d t a g so fo r t e inzuberu fen , f a n d keine ungeteil te Z u s t i m m u n g . D ie R e g ie r u n g wünschte Z e i t f ü r die A u s a r b e i t u n g der a n g s k ü n d ig te n G ese tzen tw ürfe . D a g e g e n w u r d e a n e r k a n n t , d a ß v o n a u ß e n h e r V erh ä l tn isse e in tre ten könnten, die die so fo r t ig e E i n b e r u f u n g des L a n d t a g e s fo rde r ten . Z u einer f r iedlichen E n tw ic k lu n g der Z u s t ä n d e u n d W e i te r b i ld u n g der E i n ­ r ic h tu n g e n i m Reiche u n d in den B u n d e s s t a a t e n sollte es indes n icht k o m m e n . A m 3 . N o v e m b e r m e u t e r t e n A I a r i n e m a n n s ch a f t e n in A ie l . A m ih re F o r d e r u n g e n durchzusetzen w ä h l t e n sie einen S o l d a t e n - u n d A r b e i t e r r a t . H erbeigezogene L a n d t r u p p e n g in gen zu den A ufs tän d is ch e n ü b e r . D ie U n r u h e n e rgr if fen zunächst die b e n a c h b a r t e n G eb ie te u n d v erb re i te ten sich auch über S ü d d e u tsc h la n d . A m 8 . N o v e m b e r w u r d e in M ü n c h e n , a m 9- b i B e r l i n die R e ­ p u b l ik v e rk ü n d ig t . A m 9- N o v e m b e r h a t te der (O b e rbü rge rm e is te r zu r B i l d u n g eines W o h l f a h r t s a u s s c h u s s e s b e h u f s A u f r e c h t ­ e r h a l t u n g v o n G r d n u n g u n d S iche rhe i t in der S t a d t die F ü h r e r a l le r P a r t e i e n m i t e in ig en a n d e re n P a r t e i m i t g l i e d e r n a u f 6 U h r n a c h m i t t a g s in d a s R a t h a u s e inge laden . E b e n f a l l s a m 9-, n a c h m i t t a g s H U h r , b e g a b sich eine A b ­ o r d n u n g v o n M i t g l i e d e r n der F o rtsch r i t t l ich e n V o lk s p a r te i , der N a t i o n a l l i b e r a l e n , S o z ia ld e m o k ra t i s c h e n u n d Z e n t r u m s p a r t e i z u m S t a a t s m i n i s t e r u n d v e r l a n g te den R ü c k t r i t t d e s G e s a m t ­ m i n i st e r i u m s u n d a l s b a l d i g e E i n b e r u f u n g des L a n d t a g s . D e r A b o r d n u n g h a t te sich auch der V izepräs iden t der Z w e i t e n U a m m e r , A b g . G e i ß , der v o n M a n n h e i m h ie r e ingetroffen w a r , angeschlossen. D o r t w a r e n n ä m l i c h a m T a g e v o r h e r ähn l iche Beschlüsse ge fa ß t w o r d e n . F r e i h e r r v o n B o d m a n teilte der A b o r d n u n g m it , d a ß d a s M i n i s t e r i u m b e re i ts a n : V o r m i t t a g den G r o ß h e r z o g u m seine E n t l a s s u n g gebeten h a b e . A m A b e n d des 9 . erschien fo lg en d e r A u f r u f d e s G r o ß - H e r z o g s : — 95 — „ A n d a s B a d i s c h e V o l k ! Angesichts der sich überstürzenden Ereignisse im Reiche wende ich mich, gestützt auf die Überzeugung von der Unerschütterlichkeit des V ertrauensverhält, nisses, das in B aden Fürst und Volk in guten und schlimmen T agen vieler Jahrzehnte verbunden hat, heute unm ittelbar an das badische Volk. B aden hat sich bisher der volkstümlichsten Einrichtungen im Reiche erfreut, so daß hier am wenigsten G rund vorlag, zu übereilten Entschlüssen zu schreiten. E s ist aber mein fester W ille, in A nlehnung an die Entwicklung des deutschen Volksstaates den Landständen den A usbau auch der badischen Verfassung und die N eugestaltung der R egierung in dem Z inne vorzuschlagen, wie er den w ünschen der überwiegenden M ehrheit des badischen Volkes ent­ spricht. Der Landtag ist ans den lS- Novem ber 1918 einberufen. M it der vorn vertrauen des Volkes getragenen R egierung wird dieser Landtag die Ver­ fassungsfragen zu erörtern haben. Ich gebe mich der festen Hoffnung hin, daß das badische Volk, nachdem es die unendlichen Beschwernisse von vier Kriegsjcihren m it R uhe und K raft ertragen hat, auch jetzt in den w enigen T agen , die bis zum Zusam m entritt der Laudstände noch vergehen werden, R uhe und B esonnenheit bewahren wird. N ur eine friedliche Entwicklung kann in dieser schwersten Z e it, die über das deutsche Volk gekommen ist, die künftige W ohlfahrt des Landes verbürge». K a r l s r u h e , den 9. Novem ber t9 l8 . von Bodm an." F r i e d r i c h . Unterdessen w u ch s die A u f r e g u n g in der S t a d t , in sb e s o n ­ dere u l s die A b d a n k u n g des K a iser s und die E reign isse in B e r l in hier bekannt w urden . Fre iherr v o n B o d m a n hatte bereits die erwähnte A b o r d n u n g d a r a u f a u fm erk sa m gem acht, d a ß sich viel zuchtloses V o lk a u f der K aiserstraße und a u f dein M a r k t ­ plätze herumtreibe. I n der T a t schwoll die M e n g e im m e r m ehr an. D is z ip l in lo s gew ordene S o ld a te n rissen Mffizieren K okarden und Achselstücke ab . D ie A n s a m m l u n g die sich an: B a h n h o f gebildet hatte, schilderte der d a m a l ig e S t a d t r a t S a u e r , der sich v o m R a t h a u s dorthin begeben hatte, in seiner E r in n e r u n g a m ersten J a h r e s t a g der R e v o lu t io n in folgender W eise: „ A l s ich a u f dem B a h n h o f s p la t z a n k a m , w a r der weite P latz v o n einer unübersehbaren M en sc h e n m en g e angefü llt . E in e Droschke w urde a l s Rednerbühne benützt. U n z ä h l ig e Reden wurden meistens v o n unbekannten P er so n en g eha lten . K a u m hatte ich m ir G eh ö r verschafft, da ertönte ein lauter R u f : „ H a l t ! E i n Verräter hat sich eingeschlichen, dieser M a n n , der sich a l s Vertreter — 96 — der A rb e i te r s c h a f t vorstellt , h a t die A rbe i te rs ch a f t schon seit 20 J a h r e n v e r r a t e n . D ieser M a n n w o l l te m o r g e n a b e n d a m U o n z e r t h a u s g e m e in s a m m i t den bü rg e r l ic h en P a r t e i e n a l s R e d n e r au f t re ten , u m f ü r die E r h a l t u n g der M o n a r c h i e e in zu tre ten ." D och S t a d t r a t L a u e r w u ß t e sich trotz des L ä r m s G e h ö r zu verschaffen , w en n auch der R u f „ V e r r ä t e r " v o n n e u e m er tön te . Schließ lich v e r ­ s tänd ig te er sich m i t d em i h m persönlich b i s d a h i n u n b ek a n n te n M e t a l l a r b e i t e r B r ü m m e r . H e r r S a u e r e r z ä h l t n u n f e r n e r : „ M i r w a r e n u n s , d. H. B r ü m m e r u n d ich, d a r ü b e r k la r , d a ß so nicht w e ite r gew urs te l t w e r d e n könnte , u n d ich m a c h te den V o rsch la g , m i t nach d em R a t h a u s zu k o m m e n , w o m a n einen S o l d a t e n r a t g r ü n d e n könne, der d a n n m i t d em in der B i l d u n g begriffenen W o h l f a h r t s - A u s s c h u ß d a s w eitere v e ra n la ssen solle. E n d l ic h g e l a n g e s die M o r t f ü h r e r zu v e ra n la ssen , nach d em R a t h a u s zu z iehen ; die Droschke w a r die Spitze , die M a s s e n h in te n d r e in ." I n z w i s c h e n h a t te sich der W o h l f a h r t s a u s s c h u ß gebildet, S a u e r in dessen A b w e se n h e i t z u m Vorsitzenden g e w ä h l t u n d beschlossen, einen A u f r u f a n die E i n w o h n e r s c h a f t zu r ichten, a l s die aufständischen S o l d a t e n i m R a t h a u s erschienen, u m einen S o l d a t e n r a t zu b ilden. D r a u ß e n flutete die M e n g e , w ie b i s h e r , A n s p r a c h e n w u r d e n v o m B a l k o n des R a t h a u s e s g e h a l te n , auch H e r r S a u e r e rg r if f noch e i n m a l d a s M o r t u n d m a h n t e vergeblich zu r R u h e . E t w a 3 0 P e r s o n e n w a r e n m i t S a u e r in d a s R a t h a u s g e g a n g e n . S ie ta g ten i m g r o ß e n S a a l e , b i lde ten daselbst einen S o l d a t e n r a t u n d b es t im m ten B r ü m m e r z u m Vors itzenden, w ä h r e n d der W o h l f a h r t s a u s s c h u ß im kleinen S a a l b i s gegen sO U h r a b e n d s b e i s a m m e n blieb . D ie Leute, die den S o l d a t e n r a t w ä h lte n , ver langten v o n dem O berbürgerm eister , er solle ihnen Straffre iheit garantieren . Dieser lehnte es m i t der B e g r ü n d u n g ab, d a ß er weder p o l ize i - noch G e r ic h ts g e w a lt besäße. U m 9 R h r überreich te der S o l d a t e n r a t den i W o h l f a h r t s a u s s c h u ß seine F o r d e r u n g e n . S ie v e r h a n d e l te n m i t e in a n d e r d a r ü b e r u n d v e ra b re d e te n die F o r ts e tz u n g der B e r a t u n g a u f S o n n t a g den sO., v o r m i t t a g s 9 Dh^'- D e r S o l d a t e n r a t blieb die N a c h t h in d u rch a u f d e m R a t h a u s . M ä h r e n d dieser Z e i t w a r e n S o ld a te n , w iederum begleitet v o n einer g e w a lt ig e n M e n g e Z iv i lb e v ö lk e ru n g , nach den U a f e r n e n - 9 7 gezogen, u m deren Ü b er g a b e durchzuführen. D ie Leibgrenadiere schlossen sich nach kurzer V e r h a n d lu n g dem L o ld a te n r a t a u , ebenso die M a n n sch a f ten in den übrigen A a sern en . B e i dem E in d r in g e n der M e n g e in die Grenadierkaserne kam es zu W a f fe n - und anderen P lü n d er u n g en , auch Schüsse w u rd en gewechselt. A u demselben Abend wurden der B a h n h o f , die T e le g ra p h e n - und T e le p h o n ­ zentrale, die P o s t und d a s B e z irk sa m t besetzt, a u s der S tr a fa n s ta lt die militärischen und politischen G efa n g en en freigelassen. U m sO U h r hatte sich der (Oberbürgermeister v o m R a t h a u s in seine W o h n u n g begeben. B a l d d a r a u f w u rd e er telephonisch v o m G e n e r a l k o m m a n d o ersucht, m i t G en er a l le u tn a n t v o n L ieg i n s R a t h a u s zu gehen, der n a m e n s des U o m m a n d o s m it dem L o lda tenra t verhande ln solle. D er O b erb ürgerm eister erklärte sich dazu bereit. Diese V e r h a n d lu n g die v o n gegen s s b i s f 2 U h r na chts dauerte, drehte sich lediglich u m die A n n a h m e der F o rd er u n g en des L o ld a ten ra tes durch d a s G e n e r a lk o m m a n d o . Der O b e r b ü r g e r ­ meister erhielt die Versicherung, er und die S t a d t v e r w a l t u n g über­ haupt könnten ungestört weiter ihres A m t e s w a lte n . U m s 2 U h r stellte der L o ld a te n r a t dem U o m m a n d o eine halbstündige Frist für die A n n a h m e der F o rd eru n g en . G en er a l le u tn a n t v o n L ieg sagte die E in h a l t u n g dieser Frist zu. D a r a u f kehrte der O berbürgerm eister in seine W o h n u n g , G en era l leu tn a n t v o n L ieg in d a s G e n e r a l ­ k o m m a n d o zurück. Der oben erw äh nte A u f r u f des W o h lfa h r t sa u ss c h u ss e s w a r v o m L oldatenrat v o r seiner V erb re itun g b esch lagnah m t w o rd en . E r hatte folgenden W o r t la u t gehabt: „ A n d i e E i n w o h n e r s c h a f t d e r S t a d t K a r l s r u h e ! Die politischen Ereignisse und U m w älzungen, die a u s den verschiedenen Teilen des Reiches gemeldet werden, lassen es auch siir unsere Stadt geboten erscheinen, Einrichtungen und Vorkehrungen zu treffen, die für die Aufrecht­ erhaltung der R uhe und G rdnung, die Sicherstellnng des Verkehrs, für die regelmäßige Ernährung der Bevölkerung, für den ungehinderten F ortgang des W irtschaftslebens und die Sicherheit des staatlichen, städtischen und privaten Eigentum s notw endig sind. Z u diesem Zweck hat sich ein W ohlfahrtsausschuß gebildet, dem neben den Vertretern der M ehrheitsparteien vor allem Vertreter der Arbeiterschaft angehören. 7 — 98 — I n den W ohlfahrtsausschuß sollen Soldatenräte gew ählt werden, derselbe wird sich sofort m it der M ilitärbehörde in verbindnng setzen, um die geordnete W ahl der Soldatenräte zn ermöglichen. I n Verbindung m it den ihm angehörenden Vertretern des Soldatenrates wird der W ohlfahrtsausschuß die vorgebrachten Wünsche der Z ivilisten und Soldaten prüfen und mit aller Entschiedenheit für die Erfüllung aller berechtigten Forderungen eintreten. D ie Einwohnerschaft der Stadt und die Soldaten werden aufgefordert, den W ohlfahrtsausschuß zu unterstützen nnd seine Anordnungen zu befolgen. W ir ersuchen die B ürger und Soldaten , die R uhe und Besonnenheit zn bewahren und damit den Ü bergang au s der jetzigen schweren Z eit in ruhigere und friedlichere Zeiten zu erleichtern. K a r l s r u h e , R a th a u s, 9. Novem ber td l8 , abends y Uhr. D e r W o h l f a h r t s a u s s c h u ß . U ntersch r ieb en h a t t e n den A n f r u f S t a d t r a t H einr ich S a u e r a l s V ors itzender, O b e r b ü r g e r m e i s t e r L iegris t , die drei B ü rg e rm e is te r , einzelne a n d e re U U tg l ie d e r des S t a d t r a t s u n d der S ta d tv e r o rd n e te n ­ v e r s a m m l u n g , P a r t e i f ü h r e r u n d V er t r e te r der A rb e i te rs ch a f t , w ie i m A bsatz 2 des A u f r u f s e r w ä h n t ist, i m g an z en 3 s P e r s o n e n . D ie F o r d e r u n g e n d e s S o l d a t e n r a t e s (nach dem K ie le r A K ister) w u r d e n v o m G e n e r a l k o m m a n d o a n g e n o m m e n u n d a m sO. N o v e m b e r m i t nachstehender K u n d g e b u n g veröffentl icht: K am eraden, B ürger und B ürgerinnen! Die politische Entwicklung der letzten Wochen hat zum Umsturz des allen versklavten System s geführt. E in e neue Z e it der Freiheit ist angebrochen. Laßt u n s ihrer w ürdig sein. Dem Beispiel anderer S iädte folgend hat sich auch hier ein S oldaten- und Arbeiterrat gebildet, der die Interessen des werktätigen Volkes und des B ü rgers im feldgrauen Rock vertreten wird. H altet zu ihm , vertraut ihm. S orgt selbst für Ruhe und V rdnung, die un­ bedingt im Interesse der A llgem einheit gew ahrt werden muß. D er Sold aten - nnd Arbeiterrat hat angeordnet, daß derjenige, der sich G ew alttätigkeiten (Plünderung, Mord ». a. m.) zu schulden kommen läßt, so­ fort standrechtlich erschossen wird. S ein e Forderungen sin d : t. Freilassung sämtlicher In h a ftier ten und politischen G efangenen. 2. vollständige Rede- und Preßfreiheit. z . Unterlassung der Briefzensur. -t- Sachgemäße B ehandlung der M annschaft durch die Vorgesetzten. 5 . S traffreie Rückkehr sämtlicher Kam eraden in die Kasernen. 6. A lle Schutzmaßnahmen durch Blutvergießen haben zn unterbleiben. - 99 - 7. Alle M aßnahm en znni Schuhe des privaten E igen tu m s werden vom Soldatenrat festgesetzt. 8. E s g i b t a u ß e r D i e n s t k e i n e V o r g e s e t z t e n m e h r . 9. Unbeschränkte persönliche Freiheit jedes M an n es von der B eendigung des Dienstes bis zum B eg in n des nächsten Dienstes. ;o . D ie V ffiziere, die sich mit den M aßnahm en des jetzt bestehenden Soldateurates einverstanden erklären, begrüßen w ir in unserer M itte. Alle übrigen haben ohne Anspruch auf Versorgung den Dienst zu quittieren. t t . Jeder Angehörige des Soldatenrates ist von jeglichem Dienst zu befreien. Sämtliche in Zukunft zu treffenden M aßnahm en sind nur m it Z u ­ stimmung des Soldateurates zu treffen. Diese Forderungen sind für jede M ilitärperson die Z ie le des So ldatenrates. D a s Generalkommando erklärt sich mit den Forderungen des So ld aten ­ rates einverstanden und hat zngesagt, sich sämtlichen A nordnungen zu fügen. I m Aufträge des Soldaten- und A rbeiterrates: B r ü m m e r . W eser. A m V o r m i t t a g d e s jO. N o v e m b e r trat der W o h l ­ f a h r t s a u s s c h u ß im R a t h a u s w ieder z u sa m m e n . M itg l i e d e r des S o ld a te u r a te s ua h in eu a u seiueu B e r a tu n g e n im V e r la u fe des V o r m i t t a g s teil. In z w is c h e n w a r auch in der «Öffentlichkeit der Rücktritt des b isherigen M in is t e r iu m s bekannt g e w o rd en . N a c h ­ richten v o n a u s w ä r t s brachten die M it t e i l u n g über die W a h l v o n S oldatenräten in M a n n h e i m , F r e ib u r g und anderen badischen Städten . Bürgerliche M itg l i e d e r des W o h lfa h r t sa u ss c h u ss e s betonten die N o tw en d ig ke it der B i l d u n g einer v o r lä u f ig e n R e g ie r u n g , u m d a s Tand v o r unabseh baren E rschütterungen zu b e w a h re n ; auch M ehrheitssoz ia lis ten verhielten sich nicht ab lehnend. A b e r es w a r nicht leicht, zur E i n i g u n g zu g e la n g en . D ie M itg l i e d e r der U n ­ ab h ä n g ig en S o z ia ld em ok rat ie w o l l ten a n f a n g s v o n e inem Z u s a m ­ mengehen m it den B ürgerl ich en und m it den M eh rh e itssoz ia l is ten nichts wissen. N a c h la n g en A use inanderse tzungen g a b jedoch der Vorstand des S o ld a te n r a t e s sein E in v e r s tä n d n is zur B i l d u n g einer gem einsam en v o r lä u f ig en R e g ier u n g . Schließlich g e la n g es auch, die bei der A u s w a h l der P erso n en entstandenen Schwierigkeiten zu beheben. D a n n w u rd e die M inister l is te dem b ish er ig en S t a a t s ­ minister übergeben. Freiherr v o n B o d m a n erklärte sich nach a n ­ fänglichen verfassungsrechtlichen Bedenken bereit, dem G r o ß h e r z o g die Beschlüsse der V e r s a m m lu n g zu unterbreiten. D ie letztere sprach noch die E r w a r t u n g a u s , d a ß die A n t w o r t des Landesherrn u m h a lb drei U h r n a c h m it ta g s da sei. Z u r festgesetzten S tu nd e erschien F re ih err v o n B o d m a n im R a t h a u s wieder und teilte fo lgendes m it: „Leine Königliche Hoheit der Großherzog haben mich beauftragt, Ih n e n fo lgen des zu eröffnen: Der G roßherzoz begrüßt es lebhaft, daß nach Ih r e r aller Ansicht B aden unter allen Umständen ein Bestandteil des deutschen Reiches bleiben soll. D ie Errichtung einer provisorischen R egierung lediglich durch in K arls­ ruhe wohnende Parteivertreter und M itglieder des Soldatenrates vermag der Großherzog zw ar a ls verfassungsm äßig nicht anzuerkennen, w ill jedoch in an- betracht der durch die Jeitum stände geschaffenen besonderen Lage einen W ider- sxruch gegen die beabsichtigten M aßnahm en nicht erheben. Folgenw eise nimmt der Großherzog lediglich K enntn is von der Errichtung einer provisorischen Volks­ regierung und der Absicht der B erufung einer verfassunggebenden Versammlung. Der Großherzg gibt sich der Hoffnung hi», daß die provisorische R egie­ rung ihr Z ie l, unserer geliebten Heimat R uhe und O rdnung zu erhalte», er­ reichen möge. Leine Königliche Hoheit haben geruht, die gegenw ärtigen M inister in G naden ihrer Äm ter zu entheben und in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen." D ie V e r s a m m lu n g dankte Fre iherrn v o n B o d m a n für sein B e m ü h e n und b a t ib n e in m ü t ig , auch dem G ro ß h e rz o g ihren D a n k zu überm itteln . A u r z nach vier U h r trat S ta d tr a t S a n e r m i t dem W o h l ­ fa h r t sa u ssc h u ß und dem gesa m ten S o ld a te n r a t a u f deu B a lk o n des R a t h a u s e s uud g a b folgende A u n d g e b u n g bekannt:*) „An das badische Volk! w ir geben bekannt, daß sich heute eine provisorische R egierung für B ad en gebildet, welche die N acht übernommen hat. L ie besteht au s folgenden Personen: Vorsitzender A n t o n G e i ß , W irt, Landtagsabgeordneter, M annheim , M inisterium des A u sw ä rtig en : Oberbürgermeister H e r m a n n D i e t r i c h , Landtagsabgeordneter in Konstanz, M inisterium für soziale Fürsorge: M etallarbeiter A d o l f L c h w a r z , Vor­ sitzender des Arbeiter- und Loldatenrates in M annheim , M inisterium für militärische A ngelegenheiten: Landstnrmmann J o h a n n B r ü m m e r , Schmied, Vorsitzender des Loldatenrates in K arlsruhe, M inisterium des In n e r n : R echtsanw alt Vr. L u d w i g H a a s , Rechtsanwalt, Reichstagsabgeordneter, K arlsruhe, M inisterium der F in an zen : Professor V r. J o s e p h W i r t h , R eichstags­ abgeordneter, Freibnrg, S ie erschien am ändern T ag in den Zeitungen. - sO ( - Ministerium der Justiz: R echtsanw alt L u d w i g M a r u m , Landtagsabgeord­ neter in K arlsruhe, M inisterium des Verkehrs: Geschäftsführer L e o p o l d R ü c k e r t in K arlsruhe, Ministerium des Unterrichts: F r i t z S t o c k i n g e r , B eam ter der D r ts - krankenkasse und Stadtrat, Landtagsabgeordneter in Pforzheim , Ministerium für E rnährungsw esen: R echtsanw alt G u s t a v T r u n k , S tad t­ rat in K arlsruhe, M inisterium für Übergangswirtschaft und W ohnungsw esen: Arbeitersekretär P h i l i p p M a r t z l o f f in Freiburg. D ie neue R egierung wird eine auf G rund des allgem einen W ahlrechts hervorgegangene Landesversam m lung darüber entscheiden lassen, welche S ta a ts - sorm, ob Monarchie oder Republik für B aden maßgebend sein soll. V h n e Rücksicht darauf, w ie diese Entscheidung ausfällt, soll B aden für die Z ukunft ein Bestandteil des deutschen Reiches bilden. W ir fordern das badische Volk auf, den Anordnungen der neuen R egierung Folge zn leisten, und die R uhe und V rdnung zu bewahren. D ie B eam ten bleiben in ihren S tellungen und haben in treuer W eise ihre psticht zu erfüllen. Die Soldaten werden aufgefordert, in die K asernen zurückzukehren und den dienstlichen Anforderungen zu gehorchen, soweit sie nicht für den So ld aten ­ rat in Anspruch genom men werden. N ur w eun diesem R ufe Folge geleistet wird, ist es möglich, R uhe, V rd ­ nung und gute Verpflegung durchzuführen. K a r l s r u h e , den io . N ovem ber ty tS . D e r S o l d a t e n r a t : B rüm m er. W eser. D e r W o h l f a h r t s a u s s c h u ß : ls. Sauer, Stadtrat, Vors. Ersing, Gewerkschaftssekretär. Baschang, Stadtverordneter. R ebm ann, Landtagsabgeordneter." H e r r L a u e r m a h n t e d a u n noch e i n m a l zu r R u h e u n d V r d ­ n u n g u n d schloß m i t e in em Hoch a u f d a s freie bad ische V o lk , in d a s die u n te n v e r s a m m e l te M e n g e l e b h a f t e in s t im m te . D ie e in ­ zelnen N a m e n der neuen M i n i s t e r w u r d e n m i t B e i f a l l a u s g e n o m m e n . L t a t t v i e r M i n i s t e r , die b i s h e r die G esc h äf te g e f ü h r t ha t ten , w a r e n n u n e l f eingesetzt w o rd e n , 5 S o z i a ld e m o k r a t e n der a l ten R ic h tu n g ( G e iß , M a r u m , S tock inger , Rückert u n d M a r t z lo f f ) , 2 der u n a b h ä n g i g e n R i c h tu n g ( B r ü m m e r u n d S c h w a r z ) . 2 v o m Z e n t r u m ( T r u n k u n d l v i r t h ) , s v o n der F o r ts ch r i t t l ich e n V o lk s ­ par te i ( H a a s ) u n d s N a t i o n a l l i b e r a l e r (D ie tr ich ) . U n m i t t e l b a r nach der K u n d g e b u n g h ielt die R e g ie r u n g , sow ei t ihre M i t g l i e d e r in K a r l s r u h e an w e se n d w a r e n , i m kleinen R a t h a u s ­ s a a l un te r dem Vorsitz des M i n i s t e r s H a a s ih re e r s t e S i t z u n g — s02 — ab . Herr G e i ß kam erst a m nächsten T a g e v o n M a n n h e i m hier­ her. G r w o l l te a n f a n g s d a s ih m zugedachte A m t nicht annehm en , entschloß sich aber a u f dr ingend es Z ureden schließlich doch dazu. A u s der ersten Ä t z u n g meldete D r . H a a s dem Reichskanzler Gbert in B e r l in die B i l d u n g der neuen badischen R eg ierun g . M n 6 U h r g in g S t a d t r a t S a u e r m it D r . H a a s , B r ü m m e r und W eser a u f d a s G e n e r a l k o m m a n d o , u m den neuen M in is te r für militärische Angelegenheiten in sein A m t einzuführen. D ie U n terred u n g dauerte daselbst e tw a zwei S tu n d en . Herr B r ü m m e r ü b e r n a h m fo r ta n die G e g e n z e i c h n u n g der V erfü g u n g en des G e n e r a lk o m m a n d o s . Verschiedene andere wichtige B eh ö rd en wurden g le ich fa l ls v o n M itg l i e d e r n des S o ld a te n r a te s a l s U o u tro l lb e a m te besetzt. N o c h a m sO. N o v e m b e r g in g v o m M i n i s t e r i u m d e s I n n e r n a n die B ez irk sä m ter fo lg en d e s T e l e g r a m m : „ I m Hinblick auf die gegenw ärtige Lage wird m it Zustim m ung 5 . K gl. Hoheit des G roßherzogs bestimmt: D ie B eam ten haben auf ihrem Posten zu verbleiben und ihren Dienstverrichtungen nachzugehen. 5 ie fügen sich den Bestim m ungen der provisorischen R egieru n g , deren Bestellung heute hier erfolgt ist. I . A .: K leingärtner." A m s s. N o v e m b e r w u rd en nach der A n o r d n u n g B r ü m m e r s in säm tlichen U a ser n e n die W a h l e n z u m S o l d a t e n r a t v o r g e n o m m e n . D a B r ü m m e r M in is ter g ew ord en w a r , w urde n u n W eser, b ish er A o r p o r a l , Vorsitzender. A u ch die A r b e i t e r schufen sich erst a m f f . eine geordnete Vertretung. Zunächst erklärte sich d a s Gew erkschaftskartel l a l s A rbe iterra t und w äh lte einen engeren V o rsta n d . Dieser bestimmte zu seinem ersten V o r ­ sitzenden G a u le i t e r R ichard H orter, zum Schriftführer Buchdrucker- G u s t a v E r b . F erner w u rd e beschlossen, d a ß a u s den fün f großen B etr ieb en Arbeiterdelegierte dem A rbe iterra t zu g e w ä h lt werden sollen. A rb e iterra t und S o ld a te n r a t verschmolzen sich dan n und erließen a m s2 . nachstehenden A u f r u f : „A n die Einwohnerschaft von K arlsruhe! Gestern abend hat sich für K arlsruhe ein Arbeiterrat gebildet und im R ath aussaa le getagt. E r besteht au s gew ählten Vertretern der organisierten Arbeiterschaft und zw ar der freien, christlichen und Hirsch-Duuckerschen G e- werkschaften sow ie Vertretern der geeinigten sozialdemokratischen Parteien. D er Arbeiterrat betrachtet a ls seine Aufgabe, im Einvernehm en mit dem — f OZ — Soldatenrat, dessen Forderungen und Richtlinien er anerkennt, die R uhe und V rdnung in der Stadt aufrechtzuerhalten. Der Arbeiterrat tritt ein sür eine gerechte und sichere Versorgung der Bevölkerung mit N ahrungsm itteln sowie Heiz- und B rennstoffen ; M ith ilfe in der Schaffung und R egelung der A rbeitsgelegenheit und Arbeitslosenfürsorge sowie Arbeiterschutz für das werktätige Volk. Fürsorge in der W ohnungsfrage, Regelung der Verhältnisse bei der Rückkehr unserer Soldaten , sowie R at und Hilfe in allen Fragen, die in dieser ernsten Z eit u n s bestürmen. Die M itglieder des A rbeiterrats sind erkenntlich an einer roten A rm ­ binde init dem Aufdruck „Arbeiterrat". Den Anordnungen der Arbeiter- und Soldatenräte ist Folge zu leisten. Au die Einwohnerschaft richtet der Arbeiter« und Soldatenrat das dringende Ersuchen, R uhe und V rdnung unter allen Umständen zu w ahren. A nsam m lungen usw. auf dem Marktplatz sind zu unterlassen, abends von 6 Uhr ab haben alle Kinder unter zq J a h ren der S traße fernzubleiben. G le ich fa l l s a m f f . erg ing fo lgende B e k a n n t m a c h u n g d e r v o r l ä u f i g e n R e g i e r u n g u n d d e r A r b e i t e r - u n d S o l d a t e n r ä t e B a d e n s : „Die neue Volksregierung hat heute N achm ittag mit den Arbeiter- und Soldatenräten des ganzen Landes getagt. S ie hat die Einrichtung der Soldatenräte begrüßt und gutgeheißen. Die Soldatenräte haben sich a ls Landesausschuß badischer Arbeiter- und Soldatenräte konstituiert. S ie haben die militärische G ew a lt in Händen und stellen sich m it diese N acht hinter die vorläufige R egierung. Die R egierung wird m it Hilfe der Soldatenräte die öffentliche R uhe und V rdnung aufrechterhalten. Dazu ist erforderlich, daß alle Jivilbehörden bis zuin letzten M ann einwandfrei weiter arbeite»; aber auch, daß die bisherigen militärischen O rganisationen im Einvernehm en mit den Soldatenräten ihre Aus­ gaben w ie bisher lösen. R egierung und Landesausschuß der Soldatenräte fordern die Soldaten auf, V rdnuug in den Kasernen zu halten und Gehorsam im Dienst zu leisten; insbesondere den Anordnungen der Soldatenräte und der militärischen Vorgesetzten Folge zu leisten, w enn die Soldatenräte A n ­ ordnungen der R egierung durchführen. v o r G ew alttaten und Zuchtlosigkeiten wird nochmals au fs schärfste gewarnt. R uhe und V rdnung, Sicherheit von Leben und E igentum sind allein unsere Rettung. Badische Sold aten ! Unser freies, sckönes Land wird zerstört, wenn Unordnung und Zuchtlosigkeit einreißt. — Macht Front gegen gefähr­ liche Elemente. Nächste Aufgabe der R egierung ist Sicherstellung der Verpflegung der städtischen Bevölkerung, Fürsorge sür einen geordneten Durchzug und für Verpflegung der zurückflutenden Truppen." Der Arbeiter- und S oldatenrat: I . A .:H o r te r . I . A .: Weser. - soH - I m L a u fe des l s . N o v e m b e r ve rb re i te ten sich b e u n r u h i g e n d e G e r ü c h t e in der S t a d t . B a l d h ie ß es , die A ufs tänd isch en w oll ten die B a n k e n p lü n d e r n u n d a b e n d s e inen A n g r i f f a u f d a s S c h lo ß u n te r n e h m e n . B a l d sp rac h m a n v o n einer G e g e n r e v o lu t io n durch B r u c h s a l e r D r a g o n e r od er die E t t l i n g e r Unteroffiz ie rschule . D a s G e r ü c h t v o n der B e d r o h u n g des Schlosses w a r auch d e m P r in z e n M a x * ) m itg e te i l t w o rd e n . E r g a b F r e i h e r r n v o n B o d m a n d a v o n K u n d e u n d dieser un te rr ich te te die n e u e n M in i s t e r . B e r e i t s a m v o r m i t t a g h a t t e n sich der G r o ß h e r z o g u n d die G r o ß h e r z o g in a u f den R a t des M i n i s t e r s O r . H a a s , den der G b e r b ü r g e r m e is te r v e r ­ m it te l te , a u s i h r e m P a l a i s iu d a s S c h lo ß begeben , w o die G r o ß ­ h e rz o g in Luise u n d die K ö n i g i n v o n S ch w e d e n w o h n te n . I n d a s S c h lo ß w a r e n a m N a c h m i t t a g s 2 b ew affne te Schutzleute iu Z i v i l gelegt w o r d e n , die i h r W a c h lo k a l a m H a u p t p o r t a l h a t ten . 3 0 b i s HO W a n n I n f a n t e r i e m i t e in em M a s c h in e n g e w e h r w a r e n im M i n i s t e r i u m d es I n n e r n a m S c h lo ß p la tz u n te rg e b ra c h t . E i n e g r ö ß e r e W a c h e m i t M a s c h in e n g e w e h r e n l a g i m R a t h a u s . Die S c h lo ß w a c h e a m E i n g a n g iu den in n e re n S c h lo ß h o f w a r m i t e in em v iz e fe ld w e b e l , e in em S e r g e a n te n , s 6 M a n u T a g e s - u n d 8 M a n » N a c h tp o s te n au fgezogen . D er T a g verlies b i s in die späten Abendstunden ohne S tö r u n g . N a c h t s nach sO U h r entstand aber a m S c h lo ß eine Schießerei. I h r U rheber w a r der G b e r m a tr o se G t t o Heinrich K l u m p p . B e i m A u sb r u c h der R e v o lu t io n hatte er sich in H a n n o v er , da n n in K a r l s ­ ruhe agitatorisch betät igt . S c h o n n a c h m it ta g s des s s . prahlte er unter S c h im p fw o r te n a u f die Fürstlichkeiten in der S tr a ß e n b a h n , d a ß nachts e t w a s passieren werde. N a c h t s sO U h r a lso kam er m it e in igen w e n ig e n S o ld a te n a u die S ch lo ß w a ch e , erkundigte sich, ob der G r o ß h e r z o g und die G ro ß h e rz o g in im S c h lo ß seien. A l s seine F r a g e m it N ichtw issen beantw orte t w u rd e, g in g er a u f die S t r a ß e , brachte dort e t w a 2 0 bewaffnete S o ld a te n z u sa m m e n und marschierte m i t diesen durch d a s westliche P o r t a l in den S c h lo ß ­ garten v o r die T ü r e , die gegenüber dem Seepferdbruunen in d a s *) P rinz M ax w ar an, S a m sta g , den >o-, abends mit den, Perzog und der p erzogin von Braunschweig hier einget, offen. D ie Fürstlichkeiten wurden von der Bahnhosskom m andantur des Soldatenrates begrüßt und in s P a la is d es.P r in zen geleitet. — (05 — Schloß führt. D o r t rief er unter S c h m ä h u n g e n a u f den G r o ß ­ herzog, d aß der Fürst heru n terk o m m e, und kom m a n d ier te eine G ew eh rsa lv e . A a m m e r h e r r v o n R ö d er fragte nach seinem B e ­ gehren. A l u m p p trat m it zwei S o ld a te n in den G a n g und wieder­ holte, der G ro ß h e rz o g solle heruuterkom m en . G r sei m i t seiner B eg le i tu n g v o m S o ld a te n r a t bea uftra g t , den G r o ß h e r z o g zu holen . Röder erbot sich, sie zum G r o ß h e r z o g zu führen . D a s w o l l te A l u m p p nicht. Röder entfernte sich und kam nach e in igen M i - nuten m it G berhofm eistcr Fre iherr v o n G ä le r wieder. Dieser fragte A l u m p p , w a s er hier wünsche, und erhielt zur A n t w o r t , sie hätten g a r nichts zu wünschen. D a r a u f fragte er n o c h m a l s : „ W a r u m sind sie hier e in g e d r u n g e n ? " A l u m p p erwiderte: „ D a u n haben w ir überhau pt nichts zu verh a n d e ln ." G r w u ß te w o h l selbst nicht m ehr recht, w a s er w ollte , denn er w a r betrunken. G r ließ seine beiden B eg le i ter A eh r t m achen und g in g m it ihnen zur T ü r e h in a u s . B o r der T ü r e w u rd en n o c h m a ls S a l v e n a b ­ gegeben, da n n führte A l u m p p seine Leute zum Sch lo ß g a rten h i n a u s in die A n la g e n hinter die zweite Aettenreihe, w o wieder eine größere Schießerei a u f dem westlichen F lü g e l des Schlosses eröffnet w u rd e . M eh rere Dutzend A n g e ln trafen d a s G e b ä u d e , te ils über der T ü r e gegenüber dem Seepferd , m ehr noch a n der schm alen Stirnseite des südwestlichen F lü g e l s . B iele A n g e ln durchschlugen, meist in den oberen Stockwerken, Fenster und F en sterrahm en, den Dachkandel, T ü ren und Läden und beschädigten auch im I n n e r n des G e b ä u d e s B ild er , B a s e n und andere G egenstände. W ährend der Schießerei kamen die M in is ter H a a s und T r u n k an d a s S ch lo ß . A l s wieder eine S a l v e l o s g i n g , beeilten sie sich, T r u p p en herauzuziehen. T r u n k hatte aber bei dem S o ld a te n r a t , den er aufforderte, M i l i t ä r zur S icheru ng des Schlosses ho len zu lassen, keinen G r f o lg . D ie Leute hielten d a s Schießen für ein A n ­ zeichen der G eg en rev o lu tio n . M in is ter B r ü m m e r g in g jedoch zum R a t h a u s , u m dort die W a che zu holen . Unterdessen ließ B r . H a a s die Sicherheitsm aunschaften , die i m M in is te r iu m la g en , antreten und eilte m it ihnen nach dem S c h lo ß . G r brachte die Leute aber nur b is zur S ch lo ß w a ch e . A l s ihnen dort v o n der Schloßküche her Schüsse entgegeukam en, zogen sie sich in d a s linke W a c h t h a u s zurück und deckten sich. B r . H a a s g in g da n n a lle in m it ( oder 2 Artilleristen, — (06 — die e r an g e tro f f e n , gegen den westlichen S c h lo ß g a r t e n e i n g a n g u n d b e g a b sich in d a s S c h lo ß . S p ä t e r k a m e n die S o ld a t e n in d a s S c h lo ß nac h . A l u n i p p w a r m i t seinen Leuten abgezogen . W ä h r e n d der V o r g ä n g e b e im S eep fe rd g in g ein S c h u tz m a n n , der zu r S ch lo ß b e sa tz u n g gehörte , a u f d a s R a t h a u s , u m Hilfe zu ho leu , erh ie l t a b e r keine. W a n w oll te nicht g la u b e n , d a ß S o ld a t e n i n s S c h lo ß e in g e d r u n g e n seien, u n d w u ß t e v o n e inem A u f t r a g dazu n ic h ts . S p ä t e r k a m e n noch a n d e re Schutzleute a u s dein S ch lo ß i n s R a t h a u s . A u f d e m M a r k t p l a t z g a b es noch eine Schießerei u n d einen g r o ß e n D u rc h e in a n d e r . S o l d a t e n m i t M a s c h in e n g e w e h re n besetzten d a s B e z i r k s a m t . A n d e r e M a n n s c h a f t e n m i t M a s c h i n e n ­ g e w e h re n zogen v o r d a s S c h lo ß , w o schließlich e t w a 6 0 S o ld a te n m i t H M a s c h in e n g e w e h r e n b e i s a m m e n w a r e n . E i n i g e S o ld a t e n m i t e in em M a s c h in e n g e w e h r d r a n g e n in d a s S c h lo ß ein u n d du rch ­ suchten es n ac h versteckten T r u p p e n , doch w o h l in dem G l a u b e n a n die angeb liche G e g e n r e v o lu t io n . D ie G r u p p e n , die gegen d a s S c h lo ß zogen, schossen d e s h a l b gegen jene a m S c h lo ß u n d u m ­ gekehrt . D a d u r c h en ts tand eine kurze H in - u n d Herschießerei, durch die a b e r glücklicherweise n i e m a n d verletzt w u rd e . E t w a u n i ( ( U h r ließ W e se r , u m die Leute, die sich in g r o ß e r Z a h l a u f der S t r a ß e a n g e s a m m e l t h a t te n , zu zerstreuen, die S i r e n e n e r tö nen . I h r in A a r l s r u h e n u r zu g u t bek a n n te s G e h e u l übte trotz des W a f fe n s t i l l s ta n d es dieselbe W i r k u n g a u s , w ie in der A r i e g s - zeit bei den feindlichen F l i e g e r a n g r i f f e n . A m (3 . veröffentlichte d a s M i n i s t e r i u m f ü r m i l i tä r is ch e A ng e le g en h e i t fo lgende B e k a n n t ­ m a c h u n g : „ U m B e u n r u h i g u n g e n der hiesigen B e v ö lk e ru n g zu v e r ­ m e id en , w i r d festgestellt, d a ß der vo rges tr ige F l i e g e r a l a r m lediglich zu r A u f r e c h t e r h a l t u n g der G r d n u n g gegeben w u rd e . B e i m E r t ö n e n der S i r e n e w i r d d a s P u b l i k u m ersucht, sich u nv erzüg lich in die H ä u s e r zu b eg e b en ." D er G r o ß h e r z o g hatte a m N a c h m i t t a g , a l s ih m Freiherr v o n B o d m a n v o n den beunruhigenden Gerüchten M it t e i lu n g machte, den G edanken einer Abreise abgelehnt. B o d m a n besprach sich jedoch m i t E r m ä c h t ig u n g des G r o ß h e r z o g s m it v r . H a a s über e tw a ig e S ich e rh e i t sm a ß re g e ln . A n der B e r a t u n g n a h m e n auch die M in is te r T r u n k und B r ü m m e r teil. S ie hielten die Gerüchte zum mindesten für übertrieben, w en n nicht für ganz g r u n d lo s . — so? — W e n n die Herrschaften R a r l s r u h e verlassen w ol l ten , w ü rd e in a n für zuverlässige B e g le i tu n g sorgen. A m A b e n d hatten die H err­ schaften die Abreise vorbereitet. A l u m p p w a r zw a r , w ie erw ä h n t , abgezogen, doch die B e fü rch tu n g w a r nicht abzuw eisen , d a ß er m it Verstärkung wiederkehren werde. I n w e n ig e n M in u t e n w a r e n der G roßherzog , seine G e m a h l i n , seine M n t t e r und seine Schwester reisefertig. S ie begaben sich, nachdem die Schießerei nachgelassen, a u f der G artenseite durch die R ä u m e des Schlosses nach dessen östlichem F lü g e l . V o n da über die Brücke in den gegenüberliegenden B ib l io th ck bau und v o n hier durch ein Fenster in den F a s a n e n ­ garten. A u f zwei bereitstehenden A r a f t w a g e n fuhren sie noch in der N a c h t nach dem S c h lo ß A w in g e n b e r g bei E b erb a ch . A l s Vr. H a a s und kurz »ach ih m F re ih err v o n B o d m a n , den m a n telephonisch v o n der Schießerei benachrichtigt ha tte , i m S c h lo ß erschienen, hörten sie, d a ß die Herrschaften abgereist seien. G eg e n den U r h e b e r des Ü b e r fa l le s w u rd e strafrechtliche Untersuchung ungeordnet. A m 2 s. D ezem ber h o b aber die S t r a f ­ kammer den H aftbefeh l a u f und setzte A l u m p p a u ß er V e r fo lg u n g , da sie seine T a t a l s eine politische und d e m g e m ä ß nach dem Am nestieerlaß des R a t e s der V o lk sb e a u f tr a g ten des R eiches v o m s2 . N o v e m b e r d a s S tr a fv er fa h r e n a l s niedergeschlagen a n sa h . A m s2 . N o v e m b e r erschienen Vertreter des A r b e i t e r - u n d S o l d a t e n r a t e s bei dem (Oberbürgermeister und ver la n g ten die Unterstellung des S ta d tr a te s unter den A . - u. S . - R . D er (Ober­ bürgermeister lehnte dieses unter H in w e is a u f d a s gesetzliche Recht der Se lbstverw altung der G em e in d e a b . D a s E r g e b n i s der B e ­ sprechung w a r ein Ü b ere in kom m en , d a s a m sZ. v o m S t a d t r a t gebill igt und v o n ih m g e m ein sa m m it dem A . - u. S . - R . veröffent­ licht wurde. E s lautete: „Uber das V erhältnis der Stadtverw altung zum Arbeiter- und Soldatenrat Karlsruhe ist zwischen diesem und dem Stadtrat vereinbart worden, daß die Verwaltung der S tadt durch den Stadtrat im E invernehm en mit dem Arbeiter­ lind Soldatenrat geführt werden soll. M aßnahm en des Arbeiter- und Sold aten ­ rates, die iin Interesse der öffentlichen Sicherheit und G rdnung getroffen werden, wird die Stadtverw altung sich fügen. Der Arbeiter- und Soldatenrat wird sich mit seinen die städtischen A ngelegenheiten betreffenden W ünschen — s08 — und A nordnungen stets an den Stadtrat wenden und sich unmittelbarer E ingriffe in die Tätigkeit der städtischen Stellen und Betriebe enthalten. Der S ta d tra t: Siegrist. Der Arbeiter- und Soldatenrat: Harter, Weser." v o n p rak t ischer B e d e u t u n g ist d a s Ü b e r e in k o m m e n nicht g e w o rd e n . E i n e V e r o r d n u n g der B a d isc h e n v o r lä u f ig e n R e g ie r u n g v o m s 2 . N o v e m b e r v e r fü g te n i i t s o fo r t ig e r W irk sa m k e i t die A b l i e f e ­ r u n g d e r W a f f e n u n d M u n i t i o n , die a u s m il i tä r ischen B e s tä n d e n in die H ä n d e der Z iv i l b e v ö lk e r u n g g e l a n g t w a r e n . B e i rechtzeitiger A b l ie fe ru n g w u r d e u n b e d in g te S t r a f f r e ih e i t zugesichert, a b e r zugleich b e s t im m t , d a ß P e r s o n e n , die nach A b l a u f der F r i s t noch i m Besitz v o n W a f f e n u n d M u n i t i o n g e n a n n te r A r t betroffen w ü r d e n , m i t G e f ä n g n i s b es tra f t w ü rd e n . B e k a n n t m a c h u n g v o m s3 . N o v e m b e r : „ D e r A rb e i t e r - u n d S o l d a t e n r a t h a t einen S i c h e r h e i t s - A u s s c h u ß gebildet , der f ü r die öffentliche O r d n u n g , R u h e u n d S ich e rhe i t in der S t a d t sorg t. E r a r b e i te t m i t a l len P o l iz e i - u n d S i c h e rh e i t s o r g a n e n z u s a m m e n . W e r sich gegen L eben , E i g e n t u m u n d S iche rhe i t der B ü r g e r s c h a f t v e rg e h t o d e r den v e r s u c h d a z u m a c h t , w i r d standrechtlich erschossen. E b e n s o w i r d jedes U n te r n e h m e n m i t dem T o d e bes tra f t , d a s sich gegen die bestehenden E in r i c h t u n g e n in S t a a t u n d S t a d t w e n d e t ." B e r e i t s a m s 2 . w a r v e r e in b a r t w o rd e n , d a ß sich d a s B e z i r k s a m t i n B e z u g a u f den S iche rh e i tsd iens t den Beschlüssen des A r b e i t e r ­ u n d S o l d a t e n r a t e s unterstelle u n d dieselben unterstütze. A m s 3 . t r a t au ch der V e r k e h r s a u s s ch u ß des A r b e i t e r ­ u n d S o l d a t e n r a t e s der S t a d t K a r l s r u h e z u s a m m e n . I h m u n te r ­ s tan d in der A b te i l u n g f ü r ä u ß e r e A n g e le g e n h e i te n : O r g a n i s a t i o n u n d K o n t r o l l e der B a h n p o l i z e i ; Ü b e r w a c h u n g des G ü te r v e r s c h n b s , W a g e n g e s te l lu n g e n u . a . ; U r l a u b e r u n d F e l d t r a n s p o r t e ; B a h n h o f - k o m m a n d a n t n r ; L i n i e n k o m m a n d a n t u r . D ie A b te i l u n g f ü r innere A n g e le g e n h e i t u m f a ß t e : K o n t r o l l e des P o s t - u n d T e l e g r a p h e n w e s e n s ; G e s te l lu n g v o n F a h r z e u g e n , P f e r d e n f ü r a l le Z w ec k e ; die K r a f t - w ag e n s ta f f e l des S o l d a t e u r a t e s ; A nge le g en h e i te n der S t r a ß e n - u n d K l e i n b a h n e n einschließlich A l b t a l b a h n b i s S ta d tg re n z e A a r l s r u h e ; B e tr ieb s s to f fb e sch a ffu n g f ü r K r a f t w a g e n ; U r l a u b s e r t e i l u n g für- säm tl iche M i l i t ä r p e r s o n e n ; A u s s te l lu n g v o n A u s w e is e n jeder A r t f ü r M i l i t ä r - u n d Z iv i l p e r s o n e n . - W9 - N a c h d e m d a s Reich zu r R e p u b l ik e rk lä r t w a r , au ch in den B u n d e s s ta a t e n die m o narc h isc h en R e g ie ru n g e n g e fa l len w a r e n , schien der Z u s t a n d i n B a d e n , w o seit d e m sO. N o v e m b e r der G r o ß ­ herzog ta tsächlich nicht m e h r reg ierte , a b e r auch die R e p u b l ik nicht a u s g e ru fe n w a r , u n h a l t b a r u n d g e fä h r l ich . I m E inb lick d a r a u f stellte im G e s a m tm iu i s t e r i u m M i n i s t e r T r u n k , w ie er selbst einige T a g e sp ä te r in e iner V e r s a m m l u n g m it te i l te , den A n t r a g , es sei der G r o ß h e r z o g objek tiv v o n den V e rh ä l tn is se n zu u n te r r ic h te n u n d ein E n t s c h lu ß zu fassen. D a s M i n i s t e r i u m t r a t d e m A n t r a g bei. U m e in ig e r m a ß e n K l a r h e i t zu schaffen, reisten a m sZ. F r e i h e r r v o n B o d m a n u n d P r ä s id e n t G e i ß nach Z w i n g e n b e r g z u m G r o ß ­ herzog. D o r t h a t te B o d m a n eine lä n g e re U n te r r e d u n g m i t d em F ü rs ten , nach der au ch G e i ß e m p f a n g e n w u r d e . A l s E r g e b n i s der B e r a t u n g richtete der b i s h e r ig e S t a a t s m i n i s t e r fo lg en d e s S c h re ib e n a n die v o r lä u f ig e R e g i e r u n g : „ S e i n e K ö n ig l ic h e H o h e i t der G r o ß ­ herzog h a b e n mich gestern, M i t t w o c h , den s3 . N o v e m b e r l ß s 8 , b e a u f t r a g t , der p rov iso r ischen R e g ie r u n g seine fo lgende E r k l ä r u n g zu ü b e r m i t t e ln : „ I c h w i l l k e i n H i n d e r n i s de r je n ig en N e u g e s t a l t u n g der staatsrechtl ichen V erh ä l tn is se des bad ischen L a n d e s sein, welche die ve rfassunggebende V e r s a m m l u n g beschließen w i r d . B i s zu deren E n tsc he idu ng v e r z i c h t e i c h a u f d i e A u s ü b u n g d e r R e g i e r u n g s g e w a l t . I c h w ünsche au ch f ü r den F a l l , d a ß die p rov isor ische R e g ie r u n g es f ü r ein G e b o t der S t u n d e erach ten sollte, die repub likan ische S t a a t s f o r m schon v o r der E n ts c h e id u n g der v e r fassunggebenden V e r s a m m l u n g zu beschließen, d a ß die B e a m t e n im In te r e s se der A u f r e c h te r h a l tu n g der R u h e , M c d n u n g u n d S ic h e r ­ heit ih ren D i e n s t w e i t e r f ü h r e n u n d d a ß n i e m a n d sich durch Rücksicht a u f m eine P e r s o n od er die T r e u e u n d A n h ä n g l i c h k e i t f ü r mich u n d m e in H a u s a b h a l t e n l ä ß t , die A n o r d n u n g e n der neuen R e g ie ru n g zu befo lgen . G o t t schütze m e in l iebes B a d n e r L a n d ! " G leichzeit ig m i t dieser E r k l ä r u n g des G r o ß h e r z o g v e rö ffen t­ lichte die v o r lä u f ig e R e g ie r u n g fo lgende K u n d g e b u n g : „z. Ver Großherzog hat auf die A usübung der R egieruugsgew alt verzichtet. 2. Alle S taa tsg ew a lt ist in den Händen der Badischen vorläufigen Volks­ regierung. 2. w ir erklären hierdurch, daß B ad en eine f r e i e V o l k s r e p u b l i k ist. - U0 - 4. E ndgültig über die S taatsform entscheidet die badische N a tio n a l­ versam m lung. 5. D ie N ationalversam m lung wird am Son n tag , deu 5. J a n u a r td ld , g ew äh lt; sie tritt innerhalb ;o T agen nach der W ahl in K arlsruhe zusammen. s . D ie W ahl zur N a t i o n a l v e r s a m m l u n g findet nach den, gleichen, geheim en, direkten und allgem einen W ahlrecht auf Grund des V erhältn is­ wahlsystem s durch alle mindestens 20 J a h re alten männlichen und weiblichen Personen statt, welche am T age der W ahl B adener sind. K arlsruhe, N ovem ber ;y ;8 . Die Badische vorläufige Volksregierung. Der Präsident: Geiß." A m sZ. N o v e m b e r erfolgte nachstehende K u n d g e b u n g d e r b a d i s c h e n B e a m t e n u n d A t a a t s a r b e i t e r : „D ie badischen B eam ten nud S taatsarbeiter fühlen, daß für das badische Volk die Stunde gekommen ist, in der über ihr und ihrer geliebten Heimat Schicksal entschieden wird. S ie sprechen die zuversichtliche Hoffnung aus, daß die provisorische R egierung das badische Volk und unser teueres Heim atland vor Anarchie, Auflösung und Verwüstung bewahren wird. Um der R egierung die Erreichung dieses großen Z ie les zu ermöglichen, treten die B eam ten und Arbeiter in vollen, G efü h l ihrer V erantw ortung m it festem W illen auf den B oden des demokratischen Volksstaates und stellen alle ihre K räfte der neuen Volks­ regierung zur V erfügung. Gleichzeitig treten sie an die provisorische Regierung heran und unterbreiten ihr alle ihre Sorgen , Wünsche und Hoffnungen, mit der B itte , sich auch ihrer in diesen schweren Z eiten harter N ot anzunehmen. Der Herr M inister der F inanzen wird gebeten, der Ubermittler dieser Kund­ gebung an die provisorische R egierung zu sein." Unterschrieben w a r e n : Der V e rb a n d der B e a m t e n - und Lehrer­ vereine B a d e n s ; D er V e rb a n d der badischen G b e rb ea m ten v ere in e ; D e r badische L i s e n b a h n e r v e r b a n d ; D er V e rb a n d des deutschen V e rk eh rs p e rs o n a ls ; D er L a n d esv er b a n d der städtischen B e a m te n B a d e n s . A m s 3 . N o v e m b e r erte ilte die v o r lä u f ig e R e g ie r u n g den B e z i r k s ä m t e r n fo lgenden A u f t r a g : „In n erh alb 20 T agen müssen große T eile B ad en s, darunter wichtige Städte, militärisch geräum t werden. Außerdem werden alsbald die zurück- fluteuden Truppen in große» M engen durch B aden durchziehen. Z ur Aufrccht- erhaltung der G rdnung sind daher sofort volksw ehren zu bilden. D ie Bezirksämter werden angew iesen, diese G rgan e in der W eise zu bilden, daß Bezirkshauptleute im E invernehm en m it etwa vorhandenen Soldaten- und Arbeiterräten au f­ gestellt werde», welche mit dem vorhandenen Grundstock an Sicherheitsorganen, an G endarm erie, Forst-und Grenzschutzpersonal geschlossene Wehrkörper aufstellezi. I n allen Städten ist die vo lk sw eh r so stark zu bemessen, daß ständig eine große Truppe zum E ingreifen bercitsteht, die auch starken B anden, die - m - sich bilden, entgegenzutreteu die Macht hat. Besonders starke volksw ehren sind an den Rheinbrückenköpfen anfznstellen, um ungeordnet zurückkonimenden Soldaten die W affen abzunehmen. Linzustellen sind zuverlässige, ehrenhafte M änner, die zu besolden sind. A lleiniges Z ie l ist die Anfrechtcrhaltung der V rdnung, Sicherung der ver- pstegung des Landes, Schutz von Frauen und Rindern. W affenbedarf ist beim M inisterium des In n e r n telegraphisch zu melden." Hier wurde fo lgender A u f r u f zur B i l d u n g der V o lk s w e h r veröffentlicht: „Die Sicherheit und V rdnung in unserer S tadt ist für alle B ürger die erste Forderung. Der Arbeiter- und So ldatenrat hat sich m it der S tad t­ verwaltung und dem Bezirksam t über die Errichtung einer vo lk sw eh r geeinigt. Die volksw ehr übernimmt den Sicherheit;- und Wachdienst in der Stadt, da durch die W affenstillstands.B cdinguugen K arlsruhe von Truppen geräum t werden muß. A u f b a u u n d O r g a n i s a t i o n . t. D ie Stärke der Volkswehr soll zunächst bis auf > ooo M aun gebracht werden. 2. Die B rganisatiou der volksw ehr übernimm t der Arbeiter- und Soldatenrat. z. Den ständigen M annschaften werden Tagegelder von io Mark bew illigt. Die Einstellung der M annschaften erfolgt vertraglich m it ^ tä g ig e r K ündigung. 5. Die volksw ehr hat die Rechte und Pflichten der staatlichen p o lize i- mannschaften. s . Für die Anm eldung zur vo lk sw eh r werden Vordrucke auf den P o lize i­ wachen ansgegeben und nach A usfü llung daselbst wieder entgegengenom m en. W ir fordern waffenkundige, zum Wach- und Patrouillendienst geeignete junge M änner auf, sich für die vo lk sw eh r zu melden. K arlsruhe, sH. Novem ber >yl8 . Der Arbeiter- uud Soldatenrat: kforter. W eser. Der S tad trat: Siegrist. Bezirksam t uud Polizeidirektion: Weitzel." I u einer zweiten V e r s a m m l u n g d e r S o l d a t e n r ä t e B a d e n s a m f 2 . N o v e m b e r w u rd e ein L a n d esa u ssc h u ß gebildet uud a u s diesem W eser v o m S o ld a te n r a t K a r l s r u h e und A ö u iu g e r v o m S o ld a te u r a t F r e ib u r g zu Vertretern i m M in is t e r iu m für militärische A ngelegenheiten g e w ä h l t . I n der m it der R e g ier u n g getroffenen V e re in b a ru n g w urde u. a . best im m t: „Die Soldatenräte verpflichten sich, w enn sie B eanstandungen der B ehörden erheben wollen und w enn sie M aßnahm en, die einen E ingriff in die Tätigkeit der Behörden, insbesondere der Lebensmittelversorgnng derselben, für not­ wendig finden, das zuständige M inisterium zu verständigen, welches seinerseits für Abhilfe sorgt und den zuständigen Soldatenrat benachrichtigt." - U2 - S t a t t W e se r w u r d e der inn e re b i sh e r ig e 2 . Vorsitzende, V iz e ­ fe ldw ebel B u e r , l - Vors itzender des K a r l s r u h e r S o ld a t e u r a t e s . A i n sch N o v e m b e r bildete sich h ie r a u f A n r e g u n g der L a n d ­ w i r t s c h a f t s k a m m e r u n d der a n d e r e n la n d w ir t sch a f t l ich e n K ö r p e r ­ schaf ten B a d e n s ein L a n d e s b a u e r n r a t , der f ü r die In te r e s s e n d es la n d w i r t s c h a f t l ic h e n B e r u f s s t a n d e s fü r die nächste Z e i t in B a d e n ein tre ten u n d v o r a l l e m d a h i n w irken w ollte , d a ß die l a n d w i r t ­ schaftliche P r o d u k t i o n a u f rec h t e rh a l te n w erde u n d sich die E r n ä h r u n g v o n V o lk u n d Heer in g eo rd n e te r W eise vollziehe. D e m L a n d e s ­ b a u e r n r a t g e h ö r te n vo re rs t s 2 P e r s o n e n a n , d a r u n t e r a u s K a r l s ­ r u h e O r . W ü l l e r u n d G e n e ra ls e k re tä r S c h u ep f . Z u r A u f r e c h t e r h a l t u n g d e r V o l k s e r n ä h r u n g v e r b o t die R e ic h s le i tu n g den A rb e i t e r - u n d S o ld a t e u r ä t e n , ü b e r die B e s tä n d e a n W e h l , G e tre id e u . ä . zu v e r fü gen . D a auch in B a d e n d e r a r t i g e E in g r i f f e v o r g e k o m m e n w a r e n , fo rde r te die v o r lä u f ig e R e g ie r u n g a m lch N o v e m b e r die A rb e i t e r - u n d S o l d a t e n r ä t e a u f , solche kün f t ig zu un te r lassen , w e n n nicht „d ie L e b e n s m i t te lv e r s o rg u n g der G e s a m t h e i t a u f s schwerste gestört w e r d e n " soll. D e r a u f den s 5 . e inberu fen e L a n d t a g t r a t nicht m e h r z u s a m m e n . D ie E i n b e r u f u n g w a r v o n der v o r lä u f ig e n R e g ie ru n g b e re i ts a m H2 . r ü c k g ä n g ig g e m a c h t w o rd e n . D a g e g e n v e r s a m m e l te n sich die F r a k t i o n e n der Z w e i t e n K a m m e r a m s 5 . z u r v e r t r a u ­ lichen A u s s p r a c h e ü b e r die L a g e . A b e r die B e r a t u n g e n w u rd e n ic h ts veröffentl icht. A m s5 . w u r d e i m I n te r e s s e der A u f r e ch t e r h a l t u n g d e r O r d n u n g u n d S i c h e r h e i t v o m B e z i r k s a m t , i m E i n ­ v e r n e h m e n m i t d em S ic h e rh e i t s a u s s c h u ß des A rb e i te r - u n d S o l d a t e n ­ r a t e s , a n g e o r d n e t : „ I. D ie W irtschaften, K affees, T heater, Lichtspielhäuser und andere öffentliche V ergnügungsstätten sind um 10 Uhr abends zu schließen. 2. D a s zwecklose verw eilen von Kindern unter 15 J ah ren auf öffent­ lichen Straßen und Plätzen ohne B egle itu n g Erwachsener nach 7 Uhr abends ist verboten. E ltern , Vormünder und andere Personen, welche die ihrer Aufsicht unter­ stellten Kinder von einer Übertretung dieser Anordnung nicht abhalten, sind strafbar. z . verkehrsstörende A nsam m lungen auf öffentlichen Straßen und Plätzen haben zn unterbleiben." — U3 — I n einer v o m A r b e i t e r - u n d S o l d a t e n r a t a m l 5 . N o ­ v e m b e r e in beru fenen V e r s a m m l u n g sp ra c h zuerst der V orsitzende H o r te r üb er den G a n g d e r R e v o l u t i o n i m Reich u n d in B a d e n . E r betonte, d a ß bei u n s die erste A r b e i t v o n den S o l d a t e n geleistet w o rd e n sei, denen d a f ü r der D a n k g e b ü h re . A l lm ä h l ic h seien auch die A rb e i te r a u f d em p l a n erschienen. D a n n h ä t t e n a n d e re R re ise A n sch lu ß gesucht. D ie m i t t le re n badischen B e a m t e n , V e r t r e te r der S tu den ten schaf t , die S ch u tz m a n n s c h a f t , V e r t r e te r der geistigen A rb e i t e r seien a n den S o l d a t c n r a t h e ra n g e t r e t e n . S ie seien w i l lk o m m e n gewesen, sow ei t sie sich d em S o l d a t e n r a t un terste ll t h ä t te n . I n der nächsten Z e i t w erde m a n auch m i t der L a n d b e v ö lk e r u n g F ü h l u n g n ehm en . W e n n n ac h d em W a f fe n s t i l l s ta n d der S o l d a t e u r a t v e r ­ schwinde, w erde die v o l k s w e h r a n seine S te l le tre ten . B i s z u m Z u s a m m e n t r i t t der bad ischen N a t i o n a l v e r s a m m l u n g müsse al le W a c h t in den H ä n d e n der R ä t e o d e r der v o l k s w e h r l iegen. J u s t i z - m in iste r W a r u m w a n d te sich gegen eine D ik t a tu r . E r sag te u. a . : „ W i r h a b e n die R e t te n nicht abgestre i f t , u n i neue anzu leg en . > N ic h t die D ik t a tu r , so n d e rn die R e p u b l i k m u ß un se r Z i e l se in ." D e s h a lb soll die g e g e n w ä r t ig e R e g ie r u n g keinen T a g l ä n g e r d a u e r n , a l s es n o tw e n d ig ist, u m d a s ganze V o lk zu r E n t s c h e id u n g k o m m e n zu lassen. E s w u r d e eine E n t s c h l i e ß u n g a n g e n o m m e n , w o n a c h die V e r s a m m l u n g v o n der T ä t ig k e i t des A rb e i t e r - u n d S o l d a t e n r a t e s m i t B e f r i e d ig u n g R e n n t n i s n e h m e u n d sich d a m i t e in vers tan den erkläre. S ie stehe geschlossen h in te r den , A r b e i t e r - u n d S o l d a t e n r a t u n d der v o r lä u f ig e n R e g ie ru n g . S o l l te eine G e g e n b e w e g u n g v e r ­ sucht w erd en , w ü r d e der A rb e i te r - u n d S o l d a t e n r a t al le W a c h t m i t t e l au w e n d en , u m O r d n u n g u n d F re ih e i t hochzu ha l teu . A m s6 . N o v e m b e r e r l ieß die badische v o r lä u f ig e R e g ie r u n g a n d i e B e a m t e n u n d A r b e i t e r i n S t a a t s b e t r i e b e n folgende E r k l ä r u n g : „ s . D e n B e a m t e n u n d A r b e i t e r n , einschließlich den Z uruhegese tz ten u n d H in te rb l ieb e n en , ve rb le ib en u n v e rk ü rz t a l le gesetzlichen A n sp rü ch e u n d A n w a r t s c h a f t e n . 2 . D ie s taa t l ichen B e a m t e n u n d A rb e i t e r h a b e n vo lle F r e ih e i t in der B e t ä t i g u n g ih r e r politischen G e s in n u n g u n d d a s a b s o lu te R ech t der fre ien M e i n u n g s ­ ä u ß e r u n g . J e d e polit ische A g i t a t i o n i m D iens t u n d in den D iens t­ r ä u m e n ist u n te r s a g t . Z. S ie h a b e n fe rn e r zu r V e r t r e tu n g ih r e r In te re s sen d a s Recht , sich frei u n d u n g e h e m m t b e ru f l ich z u s a m m e n - 8 zuschließen u n d a u ß e r h a l b des D iens tes zu diesem Zwecke sich zu v e r s a m m e ln . D ie be ru f l ichen ( O r g a n i s a t io n e n w e rd e n a l s die o rden tl ichen V e r t r e te r der I n t e r e s s e n i h r e r M i t g l i e d e r a n e r k a n n t . H. A l le en tgegenstehenden A n o r d n u n g e n sind a u f g e h o b e n . M i t N r . 26Y a m s7 . N o v e m b e r erschien die „ K a r l s r u h e r Z e i t u n g " z u m e r s te n m a l i m n euen G e w ä n d e . D e r T i t e l „ L t a a t s - anze ig er f ü r d a s G r o ß h e r z o g t u m B a d e n " w u rd e in „ B a d i s c h e r A t a a t s a n z e i g e r " n m g e ä n d e r t u n d d a s seitherige M a p p e n w eggelassen. I n der N a c h t v o m ( 7 . zu m s8 . N o v e m b e r siedelte die G r o ß ­ h e r z o g l i c h e F a m i l i e v o n Z w i n g e n b e r g in d a s G rä f l i c h D o u g la s ' s c h e 5 c h l o ß L an ge ns te in ( A m ts b e z i r k Atockach) üb er . Die M i n i s t e r D ie t r ich , H a a s , M a r u m u n d T r u n k , sow ie eine Schutz­ t r u p p e v o n 8 S o l d a t e n begleite ten den S o n d e r z u g . D ie T r u p p e b l ieb au c h w e i t e rh in z u m Schutze der H errscha f ten in L angenste i» . A m 2 0 . N o v e m b e r b e g a b sich F r e i h e r r v o n B o d m a n d o r th in u n d t r u g d e m G r o ß h e r z o g die G r ü n d e v o r , a u s denen der v o r lä u f ig e n R e g ie r u n g eine en d g ü l t ig e A b d a n k u n g des F ü rs te n n o tw e n d ig schien. D e r G r o ß h e r z o g en tsch loß sich u n te r d e m D ruck der V erh ä l tn isse hierzu. D ie A b d a n k u n g s u r k u n d e , die a m nächsten T a g e veröffentlicht w u rd e , lau te te w ie f o lg t : „A n das badische Volk! w i e ich am 16. N ovem ber i y >8 erklärt habe, w ill ich kein H indernis sein derjenigen N eugestaltung der staatsrechtlichen Verhältnisse des badischen Landes, welche die verfassunggebende Versam m lung beschließen wird. Nachdem mir nun bekannt geworden ist, daß viele B adener sich durch den Treueid, den sie a ls B eam te, Soldaten oder S taatsbü rger geleistet haben, in ihrem Gewissen gehem m t fühlen, bei der Vorbereitung der W ahlen zur verfassunggebenden V ersam m lung sich so zu betätigen, w ie sie es nach den tatsächlichen Ver­ hältnissen und insbesondere nach der Lage im Reich für geboten erachten entbinde ich die B eam te» , Soldaten und Staatsbürger ihres Treueides und verzichte au f den Thron. Diesen Verzicht erkläre ich mit Zustim m ung m eines V etters, des P rinzen M ax von B aden , auch für ihn und seine Nachkommen­ schaft. M ein und meiner Vorfahren Leitstern w ar die W ohlfahrt des badischen L andes. S ie ist es auch bei diesem m einem letzten schweren Schritt. M eine und der M ein igen Liebe zu m einem Volke höret nimmer ans. G ott schütze m ein liebes B adner Land! Schloß Langenstein, den 22. N ovem ber ly 18. Friedrich." G leichzeit ig m i t dieser V erö ffe n t l ic hu ng er l ieß die R e g ie ru n g fo lgende K u n d g e b u n g : - U5 - „ D ie badische v o r lä u f ig e V o lk s r e g ie r u n g e r k l ä r t : G r o ß h e r z o g F ried r ich II. h a t dein T h r o n en tsag t . G r u n d seine F a m i l i e , ih re F re ih e i t , ih re E h r e , i h r E i g e n t u m u n d i h r Leben gen ießen den Schutz der bad ischen R e p u b l ik . D ie Ä n d e r u n g der S t a a t s v e r f a s s u n g ist die F o lg e der w eltpo lit i sche» u n d g esam tdeu tschen E n tw ic k lu n g . D e r G r o ß h e r z o g h a t i m In te r e s s e des bad ischen V o lk es die F o lg e r u n g e n a u s der v o n ih m persönlich nicht verschuldeten L a g e gezogen. D a s badische V olk an e rk en n t die Liebe zu r bad ischen H e i m a t , die der G r o ß h e rz o g auch w iede r in den E n t s c h l i e ß u n g e n der letzten T a g e be tä t ig t h a t . E s gedenkt der M e rk e edler M enschlichkeit der G r o ß ­ h e r z o g in - M u t te r u n d der Verd ienste d es P r i n z e n M a x u m die D em o k ra t is ie ru n g D e u t s c h la n d s u n d u m die G e d a n k e n der V ö lker­ ve rs tä n d ig u n g . E i n e neue Z e i t ist a n g e b ro c h e n . A l le B a d e n e r ru fen w i r a u f zu r M i t a r b e i t a m V o lk fü r die F re ih e i t u n d d a s gleiche Recht . V o r w ä r t s m i t a l le r A r a f t ! E s lebe die R e p u b l ik B a d e » ! A a r l s r u h e , den 2 2 . N o v e m b e r I 9 s 8 . D ie v o r lä u f ig e badische V o l k s r e g i e r u n g : G e i ß , M in i s t e r p r ä s i d e n t . B r ü m m e r , D ietrich , O r . H a a s , M a r t z lo f f , M a r u m , Rückert , S c h w a r z , S tock inger , T r u n k , O r . M i r t h . " I n der S i tz u n g des B ü r g e r a u s s c h u s s e s v o m 2 6 . N o v e m b e r richtete O b e r b ü r g e r m e i s t e r S ieg r is t a n die V e r s a m m l u n g fo lgende M o r t e : „vo n den gew altigen Ereignisse» der letzten Z e it berührt keine unserer Stadt so nahe w ie der V e r z i c h t d e s G r o ß h e r z o g s a u f s e i n e n T h r o n und der Übergang von der M onarchie zum Freistaat. E s w äre der Residenzstadt nicht ganz würdig, w ollten w ir an diesem schicksalsschweren W endepunkt der Geschichte stillschweigend vorübergehen. S e it 200 J a h ren ist K arlsruhe, gegründet durch einen badischen Fürsten, Wohnsitz des badischen Fürstenhauses gewesen. Zahlreiche freundliche B eziehungen haben sich in dieser Z e it zwischen dem Fürstenhaus und der K arlsruher Bürgerschaft entwickelt und oftm als haben w ir seststellen können, daß Freud und Leid in Fürstenhaus und Bürgerschaft geteilt worden sind. L in e große Z a h l von Stätten der Kunst, Wissenschaft und B ildung, eine große Z a h l von Anstalten kultureller und sozialer B edeutung sind in unserer Stadt entstanden zum T eil aus A nregung, zum T e il durch die Freigebigkeit des Fürstenhauses oder seiner M itglieder, w i r wissen insbesondere auch, daß fürstliche Frauen, allen voran unsere ehrwürdige Großherzogin Luise, in hingebender w e ise sich der Fürsorge für A rm e, Kranke und Schwache gewidmet haben. D ie Großherzöge Friedrich I. und Friedrich II. haben w ir 8 * — (16 — persönlich gekannt a ls edle und großzügige M änner, die sich an Liebe zum Vaterland und deutschen Volk und Land von keinem haben übertreffeu lassen. D a s badische Fürstenhaus hat in seinem letzten Thronfolger dem deutschen Reiche den ersten demokratischen Reichskanzler gegeben, der in der kurzen Zeit seiner A m tsführung vielleicht die schwerste A ufgabe zu lösen hatte, die je einem deutschen Reichskanzler beschiedeu w ar. Unter all diesen Umständen null es manchem badischen B ürger und mancher badischen Frau nicht passend erscheinen, daß auch der badische Großherzog sein Szepter niederlegen mußte. Aber der Großherzog selbst hat erklärt, daß die Z e itlage dies erfordert, er hat erkannt, daß die Volksseele durch das Leid der laugen K riegszeit in ihren tiefsten T iefen so aufgew ühlt, daß sie es glaubte nicht mehr ertragen zu können, daß, w ie bisher^ einem einzigen M ann auf Grund der Geburt eine so große Z a h l von Vorrechten und Machtbefugnissen zngeteilt w ar. Ich glaube, daß der Großherzog selbst diese Lage erkannt und daß er darauf den Entschluß gefaßt hat, der Krone zu entsagen. D ie vornehme n»d würdige Art und w e ise , w ie er diesen Entschluß betätigt hat, wird ihm für alle Z eit zur Ehre und zum Lobe gereichen. Der Übergang von der Monarchie zum freien Volksstaat wird von den einen a ls E rfü llung lang gehegter wünsche, von den anderen m it w ehm ütiger E ntsagung betrachtet; ich glaube aber, daß wir alle diese E ntsagung üben können nach dem Vorbild des Großherzogs. J ed en fa lls können w ir » n s heute vereinigen m it dem Ausdruck der Dank­ barkeit für a lles , w a s das badische Fürstenhaus unserem Land und unserer S tad t G u te s getan hat, und können u n s dem Wunsche anschließen, mit dem Großherzog Friedrich sich von seinen: Volke verabschiedet hat: „G ott schütze unser badisches H eim atland!" A m ( 8 . N o v e m b e r w u r d e bekm in t gegeben , d a ß sich zu r W a h r u n g u n d V e r t r e tu n g der geistigen A r b e i t der R a t d e r g e i s t i g e n A r b e i t e r A a r l s r u h e geb ildet h a b e . D e r R a t setze sich m i t den ü b r ig e n R ä t e n geistiger A r b e i t B a d e n s in V e r ­ b in d u n g u n d h a b e in den A r b e i t e r - u n d 5 o l d a t e n r a t e inen V er t re te r a b g e o r d n e t . D ie A l i t t e i l u n g t r u g fo lgende U n te rsch ri f ten : „Prof. Dr. K arl B a a s (Verein K arlsruher Ärzte), Felix Banuibach (Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger, «Ortsgruppe K arlsruhe), Dr. L . Dietz (K arlsruher A nw altsvereiu ), Stadtschulrat P rof. Heinrich Dürr (Vertreter der Volksschulen). Dr. mell. A lfon s Fischer (Badische Gesellschaft für soziale Hygiene), Albert Herzog (Verein K arlsruher Presse), Stadtpfarrer Friedrich Hindcnlang (Vertreter für die evangelische Geistlichkeit), Baukdirektor Robert Nikolai (Ver­ treter der K arlsruher Banken und B ankiers), Hofrat P rof. H. Vrdenstein (Lehrkörper des G roßh. K onservatorium s), G eh . Hofrat Prof. Dr. Adolf v. Gechelhaeuser (Lehrkörper der Techn. Hochschule), Dr. K arl Pfeiffer (Ver­ treter der K arlsruher Studentenschaft), G eh. Hofrat Edm. Rebm ann (Vertreter der höheren Schulen). Stadtpfarrer A ng. S tum pf (Vertreter für die katholische Geistlichkeit), Architekt W ilhelm V itta li (Verein bildender Künstler)." — U? — A l s V e r t re te r w u r d e C h e f r e d a k te u r A lb e r t H erzog g e w ä h l t . E i n e v e r s a n i m l u n g der A r b e i t e r - u u d 5 o l d a t e u r ä t e B a d e n s a i n 2 l . u n d 2 2 . N o v e m b e r iu B R n n c h e in : e rk lä r te sich a l s V o r p a r l a m e n t , setzte eiueu L a u d e s a u s s c h u ß a u s l l V e r t r e t e rn ein u u d z w a r a u s den L a n d e s k o m m i s s a r i a t e n M a n n h e i n : ch K a r l s ­ ruh e 3 , F r e i b u r g u n d R o n s ta n z je 2 . A u s seiner M i t t e w ä h l t e der L a n d e s a u s s c h u ß einen engeren A u s s c h u ß v o n 3 R i i t g l i e d e r n , der, m i t dem Sitz in K a r l s r u h e , in en g e r F ü h l u n g m i t der v o r ­ läu figen R e g ie r u n g derges ta l t se ines A m t e s zu w a l t e n h a b e , d a ß ohne seine Z u s t i m m u n g keine g r u n d le g e n d e H a n d l u n g se itens der. R e g ie ru n g e r fo lgen dü r fe . D e n D r e i e r - A u s s c h u ß b i lde ten E d u a r d K lu g e - P f o r z h e im , E m i l M a i e r - H e i d e l b e r g u n d A d a m R e m m e le - M a n n h e i m . E i n e v e r s a n i m l u n g der A rb e i t e r - u n d L o l d a t e n r ä t e B a d e n s , v o m L a n d e s a u s s c h u ß der L o ld a t e u r ä t e (Vorsitzender W e se r , wie oben a n g e fü h r t ) a u f den 2 5 . nach K a r l s r u h e b e ru fen , e rk lä rte sich m i t den M a n n h e i m e r Beschlüssen e in v e rs ta n d en . N e b e n e in a n d e r ta g ten n u n der f rüh e re L a n d e s a u s s c h u ß der L o l d a t e n r ä t e (ver tre ten durch W eser) u n d u n te r Ä n d e r u n g des T i t e l s die L a n d e s z e n ­ t r a l e der A rb e i t e r - , B a u e r n - u n d V o lk s r ä t e ( E l f e r - u n d D re ie r - A u s s c h u ß ) . A n : 2 5 . N o v e m b e r t r a t die L a n d e s z e n t r a le in F ü h l u n g m i t der R e g ie ru n g . L ie g a b au ch ein „ M i t t e i l u n g s b l a t t f ü r die A rb e i te r - , B a u e r n - u n d V o lk s r ä t e B a d e n s " h e r a u s , d a s a m 5 0 . n o c h m a ls erschien. D a s B l a t t en th ie l t in der ersten N u m m e r „R ic h t l in ie n u n d G ru n d s ä tz e f ü r die A r b e i t e r - , B a u e r n - u n d V o l k s ­ r ä te B a d e n s . " Z n der S i tz u n g v o n : 2 8 . N o v e m b e r sp rac h der L t a d t r a t s ä m t ­ lichen W e h r m ä n n e r n der B ü r g e r w e h r f ü r ih re M p fe rw i l l ig k e i t , m i t der sie w ä h r e n d der l a n g e n K r ie g sz e i t den o f t recht beschw er­ lichen Dienst f re iw i l l ig u n d zun : T e i l neben i h r e r B e r u f s a r b e i t a u f sich g e n o m m e u h ä t ten , n a m e n s der K a r l s r u h e r E i n w o h n e r s c h a f t herzlichen D a n k a u s , ebenso den: R o m m a n d a n t e n sow ie den K o m - p a g n ie f ü h re rn . E s w u r d e in A uss ic h t g e u o m m e n , den M i t g l i e d e r n der w e h r , a l s Z e ichen der A n e r k e n n u n g fü r ih re B e t ä t i g u n g g u te n B ü r g s r s in n s ein G e d e n k b la t t zu überre ichen . — N a c h d e m die v o l k s ­ w eh r iu T ä t ig k e i t getre ten ist, w u r d e die B ü r g e r w e h r a u f s . D ez em be r aufgelöst. R u n d 2 5 000 M a n n h a b e n seit A u g u s t l ß l H w a c h - un d postendienst geleistet u n d z w a r e t w a ^5 d a v o n N ach td iens t , — U8 — */s T a g e s d i e n s t . D ie H öchstzah l der täg l ich z u m N a c h td ie n s t b e fo h ­ lenen N e h r m ä n n e r w a r 90 , die M in d e s t z a h l 9 . S o w e i t es die B e w a c h u n g städtischer E i n r i c h t u n g e n zuließ, w a r e n auch E i n r i c h ­ tu n g e n des R o t e n K re u z e s u sw . (L a za re t te , W a r e n l a g e r ) bew ach t w o r d e n . D ie M i t g l i e d e r z a h l der W e h r b e t r u g bei i h r e r E r r i c h t u n g 8^9 u n d zuletzt noch s s s , d a v o n 92 tä t ig e . A m 3 0 . N o v e m b e r m a ch te der L a n d e s b a u e r n r a t der R e g ie r u n g durch ein S c h re ib e n M i t t e i l u n g v o n der üb e r d a s ganze L a n d v erb re i te ten B a u e r n r a t s o r g a n i s a t i o n in F o r m v o n B e z i rk s ­ u n d O r t s b a u e r n r ä t e n . D ie O r g a n i s a t i o n erk lä r te sich dabe i fü r g le ichberechtig t m i t den O r g a n i s a t i o n e n der A rb e i t e r - u n d S o l d a t e n ­ r ä t e u n d v e r l a n g te n v o n der R e g ie r u n g dieselbe Berücksichtigung u n d M i t w i r k u n g bei der A u s ü b u n g der R e g ie ru n g s t ä t ig k e i t w ie die A r b e i t e r - u n d S o ld a t e n o r g a n i s a t i o n e n . A m s . D ez em b e r t r a t in g a n z D e u ts c h la n d der a c h t s t ü n d i g e A r b e i t s t a g in K r a f t . H ie r h a t der S t a d t r a t a n : 2 8 . N o v e m b e r beschlossen, d a ß die ach ts tünd ige A rb e i tsz e i t , sow ei t sie bei den s täd­ tischen Ä m t e r n u n d B e t r i e b e n nicht schon bes tände, so b a ld a l s möglich e in g e f ü h r t w e rd e n solle. A m 2 . D e z e m b e r f a n d h ie r eine V e r s a m m l u n g v o n V e r ­ t r e t e r n d e r L a n d w i r t s c h a f t a u s den Bezirken K a r l s r u h e u u d E t t l i n g e n s ta t t . N a c h e iner A u s s p r a c h e erfo lg te die W a h l der B e z i r k s b a u e r n r ä t e f ü r die beiden Bezirke , w o b e i L a n d t a g s a b g e o r d ­ n e te r N ec k -E g g e n s te in Vors itzender der R ä t e des B e z i rk s K a r l s r u h e . w u r d e . A m H. D ez em b e r ta g te h ie r u n te r d em Vorsitz v o n O k o n o m ie - r a t S a e n g e r der L a n d e s b a u e r n r a t. Z u g e g e n w a r e n a u ß e r den M i t g l i e d e r n die V e r t r e te r n a h e z u sä m tl ich e r B e z i r k s b a u e r n r ä te B a d e n s , z u r Z e i t ü b e r 5 0 m i t m e h re re n l 00 000 w ah lbe rech t ig te n S t i m m e n . V o l le s E i n v e r s t ä n d n i s e r g a b sich bei der A u s s p r a c h e m i t den s 5 P r o g r a m m p u n k t e n des R a t e s n ä m l i c h : N o tw e n d ig k e i t engen Z u s a m m e n s c h lu s s e s a l le r w ir tscha f t l ichen u n d genossenschaftlichen O r g a n i s a t i o n e n des la n d w i r t s c h a f t l ic h e n B e r u f s s t a n d e s , eigene ge­ schlossene u n d se lbs tänd ige I n t e r e s s e n v e r t r e t u n g , höchst mögliche A u s n ü t z u n g a l le r G d lä n d e r e i e n , V e r m e h r u n g der bäu e r l ich en N i r t - s c h af tsb e t r ieb e , zw eckm äßige B o d e n v e rb e s se ru n g u n d B o d e n b e w i r t - s c h a f tu u g , I n t e n s i v i e r u n g u nse re r L a n d w ir t s c h a f t , in sbe son dere der - U 9 — K le in w ir t scha f t , u m die E x is tenzm öglichkeit au ch des se lbs tänd igen kleinsten B a u e r n zu sichern, A n w e n d u n g der k a u f m ä n n is c h e n u n d technischen V o r te i le des G r o ß b e t r i e b s a u f den K le in b e t r ie b , D u r c h ­ f ü h r u n g zw eckm äßige r F l u r b e r e i n i g u n g , r a t io n e l le W i r t s c h a f t s w e ise , g ründliche praktische u n d theoretische A u s b i l d u n g der B a u e r n s ö h n e a u f geeigneten L e h r g ü te rn , H e b u n g des soz ia len N i v e a u s des B a u e r n ­ s tandes u n d seine polit ische E r z i e h u n g . D ie Z a h l der V o l k s w e h r m ä n n e r w u r d e , w ie a m H. D ezem ber b ek a n n t gegeben w u r d e , a u f ( 5 0 0 e r h ö h t , d a d a s G a r ­ n i s o n k o m m a n d o zu r B e w a c h u n g v o n m il i tä r i s c h e n G e b ä u d e n auch V o l k s w e h r m ä u n e r v e r l a n g te . F ü r den E i n t r i t t in die V o lk s w e h r w u rd e n 2 0 J a h r e a l s unterste A l te r sg re n z e festgesetzt u n d beschlossen, Leute m i t erheblichen V o r s t r a f e n w eg e n D ie b s ta h l s , S i t t l i ch ke i ts ­ verbrechen u n d dergl. n ich t a u f z u n c h m e n . D a s M i t g l i e d des A r ­ beiter- u n d S o l d a t e n r a t s , K o p p , w u r d e z u m K o m m a n d e u r der V o lk sw e h r , V r . K u l l m a n u z u m juris t ischen B e r a t e r ( A d j u t a n t e n ) g e w ä h l t . D e r V o r s t a n d des V o l k s r a t e s K a r l s r u h e sp ra c h sich m i t ( ( : 5 S t i m m e n f ü r b a ld ig e E i n b e r u f u n g der deutschen N a t i o n a l ­ v e r s a m m lu n g a u s . Z n e iner V e r s a m m l u n g der B e a m t e n - u n d L e h r e r ­ s c h a f t a m 5 . D ezem ber sp rach der Vorsitzende des B e a m t e n - u n d L e h re rv e rb a n d e s , G b e r r e v i s o r T r a u t m a n n , ü b e r die N e u o r d n u n g u n d die B e a m te n s c h a f t . A b g e o r d n e t e r K ö h le r sp rach ü b e r die L a g e der B e a m t e n in V e r g a n g e n h e i t u n d in Z u k u n f t . S e in e A u s f ü h ­ r u n g e n gipfel ten in den H F o r d e r u n g e n : W ü r d i g u n g der B e a m t e n ­ schaft im öffentlichen Leben, f re iheitlicher u n d ze i tg e m ä ß e r A u s b a u des g esam ten B e a m te n r e c h t s , V e r t r e tu n g der B e a m te n s c h a f t in B e am te n a u s sc h ü s se n u n d B e a m t e n k a m m e r n , g ro ß z ü g ig e N e u o r d n u n g des B e s o ld u n g s w e s e n s . A m st. D ezem ber veröffentlichte der S t a d t r a t ü b e r die V o l k s ­ w e h r fo lgende M i t t e i l u n g : D a s Kommando der volksw ehr hat unterm -4. ds. N its, auf Grund eines Beschlusses der V olksw ehrversam m lurg vom gleichen T age beim Stadtrat Karlsruhe den A ntrag gestellt, für jeden Volksm ehrm ann vom t. Dezember an einen Z u s c h u ß d e r S t a d t in Höhe von 5 Ntk. täglich zu den b is­ herigen Bezügen von täglich m Ntk. zu leisten und zur B egründung dieses Anspruches auf das B eispiel der Städte M annheim und Freiburg verwiesen. — 120 — Der Stadtrat verm ag dem A ntrag nicht zu entsprechen, vor allem w eil dies Forderung im Widerspruch mit der zwischen dem Arbeiter- und Soldatenrat und dem Stadtrat unterm v. M s . getroffenen Vereinbarung steht, wonach die Tagegelder für die ständigen M annschaften der Volkswehr nach dein Vor­ schlag der R egierung auf 10 M . festgesetzt wurden und von der Staatskasse zu tragen sind. E in höheres Tagegeld ( i s Mk.) wird nur in M annheim (nicht in Freiburg) gew ährt und zwar auch dort aus der Staatskasse. Der Volkswehr wird daher anheim gegeben, sich w egen der gewünschten Erhöhung der Tagegelder an die vorläufige Volksregierung zu wenden. I n einer V ersam m lung der volksw ehr, die sich am 7. d. M ts. neuerlich m it der Frage des Zuschusses befaßt hat, ist zur B egründung der Forderung w eiter u. a. angeführt worden, daß diese Vergütung a ls Ausgleich für die E i n b u ß e n an Lohn und Verm ögen dienen solle, welche die K riegsteil­ nehmer während des Feldzuges erlitten hätten. D em gegenüber ist aber geltend zu machen, daß nicht nur die Volksw ehr­ m änner, sondern auch alle ändern K riegsteilnehm er an s Arbeiter- und B ürger­ kreisen (in hiesiger S tad t etw a to ooo) solche Einbußen erlitten haben. L s w äre daher ein großes Unrecht gegen die w eit überwiegende Z ah l, wollte m an den Volkswehrm ännern eine derartige Entschädigung zugestehen, die allen ändern nicht zuteil wird. F ür die G ew ährung solcher S ilfe an die K riegs­ teilnehm er müssen allgem eine O rganisationen eintreten, w ie sie z. B . in der N ittelstandshilfe schon bestehen. S ie kann nicht einseitig durch höhere E ntlohnung der Volksw ehrm änner ohne Unterschied geregelt werden. D ie B e w illig u n g des erbetenen Zuschusses von täglich 5 Mk. für jeden W ehrm ann würde bei einem M annschaftsstand von lo o o bis iso o tägliche A usgaben von so o o bis 7ooo Mk. verursachen, w a s einem monatlichen A uf­ w and von 180 000 b is 225 000 Mk. und einem Ia h resa u fw a n d von 2 ISO 000 b is 2 700 ooo Mk. gleichkäme. I m übrigen scheint dem Stadtrat eine T ages­ gebühr von io N k . für achtstündigen Nachtdienst nicht unangemessen zu sein und dürfte den vergleich m it den hier üblichen Löhnen für gelernte und un­ gelernte Arbeiter aushalten können. L s ist zu hoffen, daß es dem nunm ehr mit der Verm ittlung betrauten Volksrat gelingt, eine alle T eile befriedigende Lösung zu erzielen. Erfreulicherweise w iesen in der erw ähnten Versamm lung alle Redner das Gerücht, a ls p lanten V olksw ehrm änner einen putsch oder einen Streik, m it Entrüstung a ls gänzlich unbegründet zurück. Auch an den Gerüchten, a ls seien V olksw ehrm änner an B eraubungen beteiligt, ist glücklicherweise kein w ah res W ort. D ie G e n e ra ld i r e k t io n der B a d isc h e n S t a a t s e i s e n b a h n e n w ie s u n te r dein s s . D ez em b e r d a r a u f h in , d a ß in der A n b r i n g u n g r o t e r F a h n e n oder sonst iger Abzeichen, die m i t e iner ro ten F l a g g e verw echsel t w e rd e n können , a n den E i s e n b a h n w a g e n oder a n den a u f diesen v e r la d e n e n F a h r z e u g e n eine B e t r i e b s g e f a h r zu - s2s — erblicken sei. D a s M i n i s t e r i u m er l ieß ein d em en tsp rech end es V e r b o t . I n e iner V o l l v e r s a m m l u n g des V o l k s r a t e s A a r l s r u h e a m l l - D ezem ber w u r d e der A rb e i t s l o s e n f ü r s o rg e besondere A u f ­ merksam keit geschenkt u n d dab e i gew ü nsch t , d a ß , u m die Z a h l der A rb e i t s lo se n zu v e r r in g e r n , auch in a l len s taa t l ichen B e t r i e b e n so ­ fo r t der A ch ts tu n d en tag e in zu fü h re n sei. M i t t e D ezem ber w u r d e h ie r b e k a n n t gegeben , d a ß nach den : A u f r u f des R a t s der V o lk s b e a u f t r a g t e n a n d a s deutsche V o lk v o m 12. N o v e m b e r d a s Gesetz ü b e r den v a t e r l ä n d i s c h e n H i l f s ­ d i e n s t au fg e h o b e n sei. A u f den W u n s c h d e s V o l k s r a t e s e rk lä r te sich der S t a d t r a t v o m sy . D ezem ber g rundsä tz l ich bereit, V e r t r e t e r d e s ­ selben in die städtische» A u s s c h ü s s e , in sb e so n d e re f ü r N a h r u n g s ­ m i t t e lv e r s o rg u n g , E r w e r b s l o s e n f ü r s o r g e u n d A r b e i t s n a c h w e i s zu berufen . A u ch dem M a n s c h e des V o l k s r a t e s a u f ein en ges Z u ­ s a m m e n a r b e i t e n seines L eb e n sm it te lau ssc h u sse s m i t d em städtischen N a h r u n g s m i t t e l a m t beschloß der S t a d t r a t e n tg c g e n zu k o m m en . V o n den h a r t e n B e s t im m u n g e n des a m l l - N o v e m b e r b e ­ g innen den W a f f e n s t i l l s t a n d e s b e r ü h r te n A a r l s r u h e u n m i t t e l ­ b a r fo lg en de : A u f d e m rechten R h e in u f e r w i r d eine n e u t r a le Z o n e v o n 3 0 b i s HO 1cm gezogen. S ie ist v o n deutschen T r u p p e n in elf T a g e n zu r ä u m e n . D ie A r i e g s g e f a n g e n e n in D e u tsch la n d sind zurückzugeben, die g e fa n g en en D eutschen b le iben b i s z u m A b ­ schluß des en dg ü l t ig e n F r i e d e n s in G e fa n g e n sc h a f t . D ie B lockad e besteht w eiter . D ie T ie fe der n e u t r a le n Z o n e w u r d e nach ein igen T a g e n a u f s 8 1cm e r m ä ß i g t . D ie G r e n z l i n i e d e r n e u t r a l e n Z o n e zog östlich unserer S t a d t , v o r D u r l a c h . I n der B ü r g e r a u s s c h u ß s i t z u n g v o m s s . N o v e m b e r m a ch te der O b e r b ü r g e r m e i s t e r b e re i t s d a r a u f a u f ­ m e rk sa m , es sei d a m i t zu rechnen, d a ß A a r l s r u h e in die n e u t r a le Z o n e k o m m e . M i t der R e g ie r u n g u n d der M i l i t ä r v e r w a l t u n g habe er V e r h a n d l u n g e n eingeleitet, u m f ü r den Z e i tp u n k t , a n d em unsere T r u p p e n die S t a d t ve r l ieß en , S iche rh e i t zu schaffen. N a c h dem A b z u g der T r u p p e n h a b e die B ü r g e r w e h r g a n z an d e re A u f ­ g ab e n zu erfüllen a l s b i s h e r . A b e r e tw a ig e E i n q u a r t i e r u n g seien — s22 — se itens der M i l i t ä r v e r w a l t u n g noch keine A n o r d n u n g e n getroffen , i m m e r h i n solle sich die B ü r g e r s c h a f t a u f E i n q u a r t i e r u n g vorbere i ten . E n d l i c h teilte der «O b erb ü rge rm eis te r m i t , d a ß die M i l i t ä r v e r w a l t u n g zu g e sa g t h a b e , f ü r die E r n ä h r u n g der he im keh ren d e n T r u p p e n zu so rg en . D e r S t a d t r a t h a t te ü b r ig e n s , w ie a u s der S i tz u n g v o m sH. berichtet w u r d e , der M i l i t ä r v e r w a l t u n g v o r lä u f ig säm tliche V o lk ssc h u lg eb ä u d e zu r V e r f ü g u n g gestellt, u m die U n t e r b r i n g u n g der durchz iehenden T r u p p e n in M a s s e n q u a r t i e r e n zu erm öglichen . B e r e i t s a m sH. N o v e m b e r b e g a n n die D u r c h f a h r t m il i tä r is che r L a s t a u to s , fast d u rc h w e g m i t ö s t e r r e i c h i s c h e n T r u p p e n besetzt, du rch die A a i s e r s t r a ß e in der R i c h tu n g D u r l a c h — P f o r z h e im . Die T r u p p e n w u r d e n v o n d e m P u b l i k u m le b h a f t b e g r ü ß t . D a s M i n i s t e r i u m e r l ieß a n : s6 . in A n g e le genh e i t der n e u t r a l e n Z o n e fo lgende A n o r d n u n g : „Nach Anordnung des R eichsdem obilm achungsam tes verbleiben die Reichs-, S ta a ts - und Gemeindebehörden in den von u n s nach den lvasfenstillstands- bedingungen militärisch zu räuinenden G ebieten auf ibren Posten. Der Z iv il­ bevölkerung ist schleunigst bekanntzugeben, daß das verlassen des m lcin breiten S treifen s östlich des R h ein es verboten ist. Reisen sind nur gegen besondere A usw eisscheine gestattet. A usgenom m en ist nur der Arbeiter« und B eru fs­ verkehr. . . . L in e umfangreiche Personenbeförderung würde den durch Rück­ führung der Truppen au fs äußerste iu Anspruch genom menen B ah n e» unmöglich sein und größte Lrnährungsschwierigkeiten würden eintreten." . . . V o n der G e n e ra ld i r e k l io n der bad ischen S t a a t s e i s e n b a h n e n w u r d e a i n s 6 . m i tge te i l t , d a ß v o m s 7 . N o v e m b e r b i s a u f w eiteres der g e s a m te Z i v i l p e r s o n e n v e r k e h r b e i a l l e n S c h n e l l ­ z ü g e n v o r ü b e r g e h e n d g es p e r r t w ü rd e . A u c h der p e r s o n e n z n g - verkehr müsse m öglichs t a u f den B e r u f s v e r k e h r e ingeschränkt w erden . A m s 6 . N o v e m b e r veröffentlichte die v o r lä u f ig e R e g ie r u n g in den Z e i t u n g e n fo lgend e B e g r ü ß u n g a n die he im kehrenden S o l d a t e n : „A n die badischen Sold aten ! Euch badischen Soldaten, die I h r jetzt in das Vaterland zurückkehrt, nnsern G ruß und D ank! M it Euch gedenken w ir in tiefer tvehm ut der in heldenm ütiger A ufopferung für das Vaterland gefallenen Kameraden. I n dankbarem M itgefühl grüßen w ir ihre Hinterbliebenen. Nicht besiegt uud geschlagen kommt I h r zurück. G egen eine lv e lt von Feinden habt I h r die Heim at verteidigt. N ie hat eine Armee Größeres geleistet. Nicht I h r habt die harten waffenftillstandsbediugungen verschuldet. — 123 — D as Reich wurde das D p fer des alten S ystem s; eine falsche Politik und der maßlose Übermut des M ilitar ism us haben das Unglück verursacht. I h r Soldaten aber habt durch Eure Tapferkeit die H eim at vor dem Schlimmste», vor den Verwüstungen des K rieges bewahrt. Spätere J a h r ­ hunderte werden noch von Eurem R uhm e sprechen. S old aten ! I h r werdet jetzt B ürger in einem freien S ta a t. Eure Arbeit im Frieden sei gesegnet! Der Fleiß und die Tüchtigkeit des badischen Volkes, dessen bester T eil I h r seid, verbürgt u n s eine gute Zukunft." A m 17. veröffentlichte der S t a d t r a t g e m e in s a m m i t d em A r b e i t e r ­ u n d S o l d a t e n r a t fo lgenden A u f r u f : „Dank den heimkehrenden Truppen. I n diesen Tagen kehren die Truppen, die Söhne unserer S tadt, in ihre H eim at zurück. I n jahrelangem , heldenmütigem K am pfe unter D p fer, E n t­ behrungen und Anstrengungen, die unvergleichlich w eit über das hinausgehen, w a s die Daheim gebliebenen zu tragen hatten, haben sie die Schrecken des K rieges von unserem Land und damit von unserer S tad t ferngehalten, lv e r wird ihnen nicht dafür au s tiefstem Herzen unauslöschlichen Dank für alle Zeiten bew ahren! A ls erstes äußeres Zeichen dieser G esinnung soll unsere Stadt zum E m pfang unserer heimkehrenden Truppen ein festliches Kleid an- legen. D arum beflaggt unverzüglich die Häuser und schmückt die S tad t nach besten Kräften." S e i t dem 1?. n a h m e n die D u r c h z ü g e zurückkehrender T r u p p e n g rö ß e ren U m f a n g a n . I m m e r neue G r u p p e n v o n K a v a l l e r i s t e n , K r a f t f a h r e r n u n d M a n n s c h a f t e n m i t B a g a g e w a g e n zogen v o m R h e in u fe r ü b e r die K a i s e r -A l l e e u n d K a i s e r - S t r a ß e ein, a l le m i t T a n n e n z w e ig e n u n d B l u m e n geschmückt. A u c h m i t F ä h n c h e n in deutschen u n d badischen F a r b e n zierte m a n die S o ld a t e n . M i t der E i s e n b a h n k am en g le ich fa l ls in diesen T a g e n zahlreiche T r u p p e n a n . D a s E r s a t z b a t a i l l o n des G r e n a d i e r r e g i m e n t s w a r schon a m 16. h ier e ingetroffeu. A m S o n n t a g , den 1 ? . , w u r d e in den katho lischen K i r c h e n ein H i r t e n s c h r e i b e n d e s E r z b i s c h o f s verlesen, d a s a u f die schweren W a f fe n s t i l l s ta n d s b e d in g u n g e n h in w ie s u n d m a h n te , nicht den M u t zu v e r l ie ren . J e d e r solle seine P f l ich t e r fü l len . E s sei eine P f l ich t der G erechtigke it , a l le n S o l d a t e n , die z u m Schutz des V a te r l a n d e s B l u t u n d Leben eingesetzt h ä t te n , a u s in n ig s tem Herzen zu danken . — A u ch der E v a n g e l i s c h e G b e r k i r c h e n r a t h a t einen E r l a ß zu r V e r k ü n d ig u n g v o n der K a n z e l h e r a u s g e g e b e n , in denen die jüngsten V o r g ä n g e in D eu ts c h la n d besprochen u n d d a n n — ^ — u . a . ge sag t w u r d e : J e d e r sei a n se inem P la tz , u n e rm ü d l ic h in schlichter E r f ü l l u n g seiner P f l ich t . N a c h d e m o b en e r w ä h n t e n A u f r u f ü b e r den E m p f a n g der A a r l s r u h e r A r i e g e r b e g a n n die S t a d t F la g g e n sch m u ck anzu legen . S c h ü le r der G oe th esch u le rüsteten sich, den B a h n h o f zu schmücken. S e i t d e m l9 - t r u g e n auch die W a g e n der S t r a ß e n b a h n F a h n e n ­ w im p e l . D ie S t a d t t r u g in dieser g an z en u n d in der fo lgenden W o c h e Festschmuck. A l s sich a m Ij8. d a s G e r ü c h t verbreite te , d a ß , die L e ib g re n a d ie re a m A b e n d h ie r e in treffen w ü rd e n , rüsteten sich T a u s e n d e , u m den H e im k eh ren d e n einen w ü r d i g e n E m p f a n g ' z u bere iten . G e d u ld i g w a r te te n die Leute b i s in die N a c h t h in e in , doch d a s G e r ü c h t e r w ie s sich a l s falsch. A m N a c h m i t t a g des 2 3 . erst t r a f d a s l - u n d 2 . B a t a i l l o n des R e g i m e n t s h ier ein. D a w a r e n gegen ö U h r die E i n z u g s s t r a ß e n v o n W e n sc h en m a ssen dicht u m ­ s ä u m t . M i t ju b e ln d e n Z u r u f e n w u r d e n die T r u p p e n b e g r ü ß t , m i t B l u m e n geschmückt, L ie b e sg a b e n a l le r A r t ih n e n en tgegengebrach t . D o m R a n g i e r b a h n h o f zogen sie u n te r U o r a n t r i t t e iner W usikkape lle i n e ine in w a h r e n T r i u m p h z u g zu r A a s e rn e . — D a s 3 . B a t a i l l o n der L e ib g re n a d ie re t r a f s p ä te r , a m B o r m i t t a g des 2 ^ . , h ie r ein, u n d z w a r die ersten A o l o n n e n b e re i ts u m 3 U h r . E i n i g e S tu n d e n s p ä te r k a m eine zw e i te ; sie w u r d e w ie die v o r ig e v o n der Ukusik- kapelle a b g e h o l t u n d trotz der f r ü h e n S tu n d e zahlreich b e g rü ß t . D a inzwischen au ch die U k a s c h in e n g e w e h r - A o m p a g n ie des R e g im e n t s in der a l te n G a r n i s o n e ingetro f fen w a r , w a r e n al le T e i le des G r e n a d i e r - R e g i m e n t s sOß w iede r in der H e im a t . A m 2 3 . N o v e m b e r richtete der stellvertretende k o m m a n d ie re n d e G e n e r a l Z s b e r t u n d d a s U U n is te r iu m f ü r m il i tä r isch e A n g e le g e n ­ hei ten a n die zurückkehrenden S o ld a t e n fo lg en den W i l l k o m m e n g r u ß : „D en heimkehrenden Feldtruppcn zum G ruß! Über H J a h re habt I h r in heldenmütigem R ingen die Heimat beschirmt. U nvergänglich werden Eure Taten in der Geschichte fortleben. B e i der Rück­ kehr in die H eim at entbietet Lnch das freie deutsche Vaterland herzlichen M llkom m engruß und innigsten D ank! Auch in der Heim at werden wieder große und schwierige A ufgaben an Luch herantreten. L s gilt, unser staat­ liches und wirtschaftliches Leben neu aufzubauen, um möglichst rasch zur geordneten Friedenswirtschaft zu gelangen . Voraussetzung hierfür ist eine geregelte Dem obilmachung. F ügt Euch darum w illig den hierüber ergangenen A nordnungen. R einer verlasse etwa eigenmächtig seinen Platz, jeder warte, — (25 — bis er ordnungsm äßig entlassen wird. I h r diirst überzeugt sein, daß die Entlassungen so rasch a ls irgend möglich durchgeführt werden. M a s unserem Vaterland jetzt in erster Linie nottnt, ist R uhe und G rdnung. D ie Heim at rechnet darauf, daß die heimgekehrten Truppen an diesen Fundam enten dieses staatlichen Lebens nicht rütteln. N u r dann werden die Feinde mit u n s Frieden schließen, nur dann wird es möglich sein, schwere Schäden zu heilen, die der Krieg unserem Vaterland und unserem Volk geschlagen." A uch die T a g e s z e i t u n g e n w id m e te n den h e im k eh ren den T r u p p e n in kürzeren o d e r l ä n g e r e n A r t ik e ln l v i l l k o m m e n g r ü ß e ; a n b eg rü ß e n d e n E in s e n d u n g e n in g e b u n d e n e r R ede fehlte es eben­ f a l l s nicht. D e r f e i e r l i c h e E m p f a n g des L e i b g r e n a d ie r - R e g im e n t s N r . (Oß u n d e iner A b t e i l u n g des F e l d a r l i l l e n e - R e g i m e u t s N r . (H f a n d a m v o r m i t t a g des 2 7 . N o v e m b e r sta tt . L a n g e v o r */« ( ( U h r s tand eine zah llose M e n g e dicht g e d r ä n g t in den festlich geschmückten S t r a ß e n , durch die die T r u p p e n bei i h r e m E i n m a r s c h v o m B a h n ­ ho f her ziehen soll ten , v o m B a h n h o f m a rsc h ie r te n sie du rch die E t t l i n g e r - u n d R a r l f r i e d r i c h - S t r a ß e n ac h de in M a r k t p l a t z . A u f der R a t h a u s t r e p p e h a t t e n sich au fg es te l l t : D e r (O b e rb ü rg e rm e is te r m i t den B ü r g e r m e is te rn , S t a d t r ä t e u n d S t a d t v e r o r d n e t e ; S t a a t s ­ p räs iden t G e i ß u n d an d e re M i n i s t e r ; der ste llvertr . k o m m a n d ie re n d e G e n e r a l I s b e r t ; v o r ih n e n A b g e o r d n e t e des L e ib g re n a d ie r - V e r e in s u n d des A r t i l l e r i e b u n d e s S t . B a r b a r a . G e g e n */z ( ( U h r kündeten P au k en sch lä g e die A n k u n f t der A r i e g e r a n . A l s d a n n die M u s i k ­ kapelle des R e g im e n t s e t w a a m B e z i r k s a m t erschien, d a b ra c h ein b ra u s e n d e r I u b e l r u f a u s . Geschmückt m i t B l u m e n u n d R e ise rn , m i t F ä h n c h e n in badischen F a r b e n zogen die l a n g E r w a r t e t e n ein. D ie T ü c h e r f la t te r ten , B l u m e n regnete es in F ü l l e . N a c h d e m sich die ber i t tenen G ff iz ie re des R e g im e n t s , a n i h r e r Spitze i h r A o m - m a n d e u r , (O b e rs t le u tn an t F r h r . v . F o r s tn e r , geg e n ü b e r der R a t h a u s ­ treppe aufgestellt h a t ten , t r a t (O b e rb ü rg e rm e is te r S ieg r is t v o r u n d hielt fo lgende A n s p r a c h e : „Hochverehrte Herren K om m andeure! Liebe G renadiere und K anon iere! N am ens der Stadt K arlsruhe und deren gesamten Einwohnerschaft entbiete ich Ih n e n bei Ih r e r Rückkehr au s dem Feindeslands den herzlichsten und wärmsten M illkomm engrnß! v o r über M onaten sind auch die K arlsruher Regimenter hinausgezogen, um den im deutschen Lande eingedrungenen Feind über die Grenzen zurückzuwerfcu. Seitdem habt I h r in unzähligen beispiel­ losen Kämpfe gleich kühn und tapfer im Angriff, w ie zäh und unüber- — 126 — wiudlich in der V erteidigung die übermächtigen Feinde von den Gefilden und S tätten Eurer geliebten H eim at ferngehalten und trotz aller N ot, Entbehrung und Todesgefahr unbezw unge» Stand gehalten, b is höhere Mächte den W affen R uhe geboten. F ür diese ew ig ruhinesw ürdigen T aten sagen w ir Luch heute tiegbew egt unfern heißen, nie erlöschende» D ank! Dieser Dank gilt im gleichen M aße auch all den vielen, die heute in Eueren Reihen fehlen, den gefallenen Helden, die in der kühlen Erde ruhen, w ie den ändern, die noch in G efangenschaft schmachten oder die krank oder verstümmelt die W affen nicht mehr führen können. Und unser heißer Dank gilt in gleicher w eise den M annschaften w ie den «Offizieren und K om inandeuren. S o oft ich ein R egiinent zu seinen glänzenden E rfolgen beglückwünschen durfte, immer hat mir der K om m andeur erwidert, daß diese E rfolge nur den über alles Lob erhabenen Leistungen seiner braven Leute zu verdanken seien. w i e lange schon haben w ir K arlsruher den T ag des W iedersehens mit den geliebten R egim entern hcrbeigesehnt, in deren R eihen so viel Söhne unserer S tad t kämpften und bluteten! N u n er da ist, w ir Euch tiefbewegt vor uns stehen sehen, I h r tapferen Beschirmer Eurer Heimat, nun grüßen w ir Luch au s dankerfülltem H erzen! Seid u n s willkommen, herzlich w ill- kommen in K arlsruhe! M eine M itbürger bitte ich, m it mir unserer Dankbarkeit und W ieder­ sehensfreude begeisterten Ausdruck zu verleihen m it dem R u fe: D a s t-Badische Leibgrenadier-R egim ent N r. tog und das t- Badische Feldartilleric-Regim ent N r. tH und ihre verehrten K om m andeure leben hoch!" M i t ju b e ln d e r B e g e i s te ru n g , u n te r T ü c h e r - u n d Hüteschwenken, s t im m te die M e n g e in d a s Hoch ein. O b e r s t l e u tn a n t v . F o r s tn e r e rw id e r te m i t fo lgend en W o r t e n : „Herr «Oberbürgermeister! I m N am en der hier versammelten Truppen, In fa n te r ie und Artillerie, danke ich herzlichst für den schönen E m pfang der Stadt K arlsruhe und die freundlichen W orte, die S ie an uns gerichtet haben. I n treuester W affenbrüderschaft haben die zwei Regim enter init vielen K arls­ ruher S öhnen in ihren R eihen in den ernsten K äm pfen gestanden und ver­ hindert, daß der Feind in s Land eintrat. D a s ist uns gelungen. S tolz und erhobenen H auptes marschieren w ir heute in die alte G arnisonsstadt zurück, v o n Herzen wünschen w ir, daß die guten B eziehungen, die vor unserem Ausmarsch stets geherrscht haben zwischen G arnison und Bürgerschaft, auch unter den neuen veränderten Verhältnissen bestehen m öge», w enn w ir nach Friedensschluß zurückkehren. J u r Bekräftigung dieses W unsches bitte ich einzustimmen in den R u f: Unsere schöne G arnisonsstadt K arlsruhe, Hurra!" D iesen W u n s c h bek rä f t ig ten die T r u p p e n w ie die B ü r g e r s c h a f t m i t e in em begeisterten d r e im a l ig e n H u r r a . N a c h d e m auch der F ü h r e r der A r t i l l e r i e - A b t e i l u n g , M a j o r v o n p oseck , d e m O b e r b ü r g e r m e i s t e r seinen D a n k au sg esp ro c h e n Phot. Gebr. pirsch Sllldtrechtsrat Ludwig Vecker — (27 ha t te , zogen die T r u p p e n weiter , die G r e n a d i e r e w e s t w ä r t s , die R a n o n i e r e o s tw ä r t s der A a i s e r - S t r a ß e , n ac h den A a s e r n e n . — D e r A o m m a n d e u r des G r e n a d i e r - R e g i m e n t s sp rach d em S t a d t r a t n o c h m a l s schriftlich a m ( 8 . seinen D a n k a n s „ f ü r den schönen E m p f a n g des R e g im e n ts u n d f ü r die Ü b e r w e is u n g v o n (000 L i te r v o n den hiesigen B r a u e r e ie n gestifteten B i e r e s " . S o n n t a g , den ( . D ezem ber, en tb o t der S ta d t t e i l B e i e r t h e i m den heiingekehrten R r ie g e r n einen feierlichen M i l l k o m m e n g r u ß . U m */g ( 0 U h r f a n d G o t te sd ie n s t f ü r beide Bekenntnisse statt. D a r n a c h marschierten die T r u p p e n u n te r den A l ä n g e n der M u s i k durch dis festlich geschmückten S t r a ß e n des S t a d t t e i l s , ü b e r a l l f r e u d ig begrüß t . Hiernach f a n d U n t e r h a l t u n g m i t G e s a n g u n d M u s i k s ta tt . Auch der E m p f a n g des 3 . B a d is c h e n F e ld a r t i l l e r i e - Reg im en ts N r . 5 0 a m 6. D ezem b er gestaltete sich zu e iner feier­ lichen D ankku ndg ebu ng der A a r l s r u h e r B ü r g e r s c h a f t . D ie festlich geschmückten S t r a ß e n , du rch die d a s R e g im e n t zog, w a r e n w ieder dicht u m s ä u m t v o m P u b l i k u m , d a s die 5 0 e r ju b e ln d b e g rü ß te . A m D urlacher to r überre ich ten V o r s t a n d s m i tg l i e d e r des A r t i l l e r i e ­ bundes S t . B a r b a r a d e m R e g i m e n t s k o m m a n d e u r , O b e r s t l e u tn a n t vo» Z as t ro w , einen S i lb e rk ra n z . A u f der R a t h a u s t r e p p e h a t t e n sich außer den V e r t r e te rn der S t a d t der k o m m a n d ie re n d e G e n e r a l des aktiven (H. A r m e e k o r p s , G e n e r a l l e u t n a n t v o n G o n t a r d m i t seinem S ta b e ingefunden . A u r z v o r ( 2 U h r k a m d a s R e g im e n t , dessen Offiziere, M a n n s c h a f t e n , P f e r d e u n d G e r ä t e m i t B l u m e n reich geschmückt w a r e n , v o n der A r i e g s - S t r a ß e her m i t k l in ge nd em Spiel angerückt. N a c h d e m sich die be r i t tenen O ff iz ie re v o r dem Haupteingang des R a t h a u s e s aufgeste l l t u n d ein g r o ß e r T e i l der Geschütze a u f dem freien P la tz e zwischen R a t h a u s u n d S tad tk i rc h e aufgefahren w a r , richtete O b e r b ü r g e r m e i s t e r S ieg r is t v o n der R a t ­ haustreppe fo lgende B e g r ü ß u n g s a n s p r a c h e a n d a s R e g i m e n t : „hochverehrter Herr Kom mandeur, liebe K anoniere! Abermals hat heute die K arlsruher Bürgerschaft die Ehre und Freude, eines ihrer lieben G arnison-R egim enter bei seiner Rückkehr au s Feindesland in ihren Mauern wiederzusehen und herzlichst zu begrüßen. M it höchster Bewunderung gedenken w ir dabei der zahllosen blutigen K äm pfe, die das Regiment in den so M onaten des mörderischsten aller K riege siegreich und ruhmvoll bestanden, aller Leiden und E ntbehrungen, die es in opferfreudiger Hingebung für das deutsche Vaterland auf sich genom men hat. Erfüllt von — s28 — innigster, unauslöschlicher Dankbarkeit stehen w ir vor den tapferen M ännern deren standhaftem Heldenmut w ir die Verschonung der Heim at vor feindlichem E infalt und Verwüstung zu verdanken haben, denen w ir es mitzuverdanken haben, daß auch unsere Stadt im ganzen unversehrt den langen Krieg über­ dauert hat. Unsere Dankbarkeit gilt ohne Unterschied allen (Offizieren und M annschaften, die in den Reihen des R egim ents gekämpft und geblutet habe», darunter auch so viele Söhne unserer S ta d t; sie gilt aber vor allem auch den toten H elden, die ihr Leben au f dein Felde der Ehre gelassen haben und allen jenen, die verstümmelt, siech oder gefangen heute in den R eihen des R egim ents fehlen. L s soll unsere hohe Ehrenpflicht sei», ihnen und Luch unsere unvergängliche Dankbarkeit auch durch die T at, nicht bloß mit W orten zu bekunden! Euch aber, die I h r das Glück habt, die so treu beschirmte H eim at heil und gesund wieder zu schauen, Euch gilt heute unser freudiger W illkom m eugruß! Ich bitte m eine M itbürger, den heimkehrenden K riegern den dankbaren G ruß der S tadt K arlsruhe m it mir zum Ausdruck zu bringen in dem begeisterten Z u rn f: D a s badische Feldartillerie-R egim eut N r. s o , seine tapferen (Offiziere, Unteroffiziere und K anoniere leben hoch!" B egeis te r t s t im m te die V o lk s m e n g e in d a s Hoch ein. N a c h v e r k l i n g e n des M u s ik tu sch e s e rg r i f f G e n e r a l l e u t n a n t v o n G o n t a r d d a s M o r t zu fo lg en d e r A n s p r a c h e : „ v o r w enigen T agen erst mit dem Generalkommando in K arlsruhe eingerückt, drängt es mich a ls kommandierender G eneral des aktiven (H. Armee­ korps, Ih n e n für den herzlichen, fröhlichen und patriotischen Em pfang, den S ie allen badischen Truppen, die in K arlsruhe eiutrafen oder durch K a rls­ ruhe gezogen sind, bereitet haben, tiefgefühlten Dank ausznsprechen. Wahrlich, sie haben es um das Vaterland, um das badische Land und um die Stadt K arlsruhe verdient. Ich hoffe zuversichtlich, daß die guten Beziehungen, die vor dem K riege zwischen der S tad t und der G arnison stets gew altet haben, auch im Frieden aufrecht erhalten bleiben. K am eraden vom bad. Feldartillerie-R egim eut N r. s o ! Ich habe die Freude und Ehre, Luch in der alten G arnison von ganzem Herzen zu begrüßen. A ls G eneral des (H. Armeekorps trete ich Euch zum erstenmale gegenüber. Habe ich doch im K riege nicht die Ehre gehabt, Euch unter meinem Kommando zu haben. Trotzdem seid I h r mir nicht fremd. D enn Euer K riegsruhm ist auch zu mir gedrungen. Ich w eiß , daß I h r auf vielen Kampfplätzen gestanden, w a s I h r geleistet, geduldet und gelitten habt. Seid deshalb von Herzen hier auf badischem B oden in Eurer G arnison begrüßt. Jetzt handelt e s sich für Euch, auf Eurem Ruhm weiterzubauen und treue Friedensarbeit zu verrichten. D a s ist nur möglich auf dem B oden des gegenseitigen V ertrauens, das u n s um fangen hat, «Offiziere und M annschaften. Erhaltet Euch die treue Blutbrüderschaft und Kameradschaft und verpflanzt sie auf Eure jungen K am eraden, auf Eure Nachkomme», die dermaleinst auch — 129 — zum bad. Feldartillerie-Regim ent N r. so kommen werden. Leistet w eiter gute Arbeit, seid pflichttreu, diensteifrig, fleißig, auch w enn Luch niem and sieht, ohne Kontrolle. D a s ist das alte deutsche pflichtbewnßtsein. Arbeitet w eiter zum Heile E ures badischen V aterlandes und des ganzen Deutschen Reiches." «O berstleutnant v o n Z a s t r o w dankte den beiden R e d n e r n n a m e n s des R e g im e n t s f ü r den herzlichen E m p f a n g . D a n n setzte sich die A ap e l le w iede r a n die Spitze d es R e g i m e n t s u n d u n t e r frischen M ä r s c h e n zogen die 5 0 er durch die S t a d t h in d u rc h nach i h r e m v o r lä u f ig e n G a r n i s o n s o r t I D e in g a r te n . B e i m A b rü cken des R e g i m e n t s w u r d e n je d e r A b t e i l u n g se itens der S t a d t L ie b e s g a b e n in F o r m v o n Z i g a r r e n überre ich t . A u ß e r d em o b en e r w ä h n t e n D ank sch re iben e rh ie l t der O b e r ­ bü rg e rm e is te r noch fo lgende D a n k s a g u n g e n : A m s 7 . N o v e m b e r dankte die I a g d g r n p p e „ R a l e n " te leg raph isch „ f ü r den f reund lichen E m p f a n g , der i h r bei i h r e m D u rc h m a rs c h durch die S t a d t bere ite t w o r d e n " sei. — E i n T e l e g r a m m v o m 2 2 . la u te t e : „ F ü r den ü b e r a u s herzlichen E m p f a n g bei der Rückkehr v o n der F r o n t du rch die B e v ö lk e ru n g v o n A a r l s r u h e b i t ten w i r , dieser u n se ren D a n k zu sagen . F u ß a r t . - B a t t e r i e H 5 0 : E g g e r t , L e u t n a n t u n d B a t t e r i e ­ fü h re r . A r t i l l e r i e - A r a f t z u g w e r k 9 : Zeck, L e u t n a n t u n d A o lo n n e n - f ü h r e r " . — I n e in em T e l e g r a m m v o m 2 5 . h ie ß e s : „ D e n B e ­ w o h n e r n v o n D a x la n d e n f ü r den herzlichen E m p f a n g u n d die a u f o p f e r u n g s v o l l e Gast l ichkeit unse ren herzlichen D a n k ! E s w a r u n s nach in e h r a l s H J a h r e la n g e n A ä m p f e n , S t r a p a z e n u n d E n t b e h r u n g e n der erste u n s so w o h l tu e n d e M l l k o m m e n g r u ß der a l ten deutschen H e i m a t , der u n s u n v e rg e ß l ich sein w i r d . D a s II. B a t a i l l o n S äch s . I n f . - R e g t s . N r . s 7 9 . " — I n e in em T e l e g r a m m a u s H ü g l in g e n sp rach d a s G f f iz ie r k o r p s des B a y e r i s c h e n L a n d w e h r - I n f . - R e g t s . N r . sO u n d der S o l d a t e n r a t des R e g i m e n t s „ d e r E i n ­ w o h n e rsch a f t v o n A a r l s r u h e f ü r den herzlichen E m p f a n g , sow ie die reichlichen S p e n d e n v o n B l u m e n u n d L ie b e s g a b e n den inn igs ten D a n k a u s . " — A m 9- D ez em b e r w u r d e veröffentl icht, d a ß dein S t a d t r a t v o n sächsischen T r u p p e n ein S c h re ib e n z u g e g a n g e n sei, in dem diese der E i n w o h n e r s c h a f t v o n A a r l s r u h e „ in n ig s te n D a n k " und herzlichstes „ V e rg e l t s G o t t " sa g e n „ f ü r den begeisterten E m p f a n g , der den S achsen bei ih r e m D u r c h m a r s c h durch die bad ische L a n d e s ­ h au p t s ta d t bereitet w o r d e n " sei. — F e r n e r h a b e „ d ie II. A b te i l u n g S — 130 — des F e l d a r t . - R e g t s . N r . 1^ dein S t a d t r a t den w ä r m s te n D a n k a u s ­ gesprochen f ü r die gespendeten L ie b e s g a b e n " . — D e m O b e r b ü r g e r ­ meister g in g , w ie i m D ez em be r veröffen t l ich t w u r d e , v o n dem F e ld ­ w ebe l der s . K o m p . B a y e r . L a n d w . - I n f . - R e g t s . N r . 2 ein lä n g e re s S c h re ib e n zu, „ i n d em der F e ld w e b e l n a m e n s der K o m p a g n i e der B ü r g e r - n n d E i n w o h n e r s c h a f t der S t a d t K a r l s r u h e D a n k a u s ­ sp rac h f ü r die ü b e r a u s herzliche A u f n a h m e , die die K o m p a g n i e bei ih r e m D u rc h m a rs c h a m 2 3 . N o v e m b e r in K a r l s r u h e g efun den h a t . " I n d e m S c h re ib e n w u r d e noch b eso n d e rs h e r v o r g e h o b e n , „ d a ß die baye r ischen S o l d a t e n nicht n u r bei d iesem A n l a ß , so n d e rn bei a l len G e le g en h e i te n ( U r l a u b s f a h r t e n , L a z a r e t t a u f e n l h a l t e n usw .) die a u s ­ n e h m e n d herzliche F reu n d l ic h k e i t der B a d e n e r den S o ld a t e n gegen­ ü b e r b e s o n d e r s w o h l tu e n d e m p f u n d e n h a b e n . " A m s 6 . N o v e m b e r e r l ieß d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t ü b e r H e r g a b e e n t b e h r l i c h e r K l e i d u n g s - u n d W ä s c h e s t ü c k e folgende B e k a n n t m a c h u n g : „D ie Versorgung der heimkehrenden Krieger mit Kleidungsstücken und Wäsche nim m t infolge der schnellen Dem obilisierung einen w eit größeren U m fang an, a ls anfänglich zu erwarten w ar. W enn auch alle zur Verfügung stehenden M engen jetzt herangezogen werden, so genügt dies doch nicht, um den B edarf zu decken. W ir richten daher an alle, die dazu in der Lage sind, die B itte , durch A blieferung getragener K leidungr- oder Wäschestücke (oor allem Hemden) die Versorgung dieser M änner zu unterstützen. A uf Antrag wird für die abgelieferten Gegenstände angemessene Vergütung gewährt." A m 2 7 . N o v e m b e r ließ der S t a d t r a t veröffen tl ichen , d a ß n a m e n s der S t a d t L i e b e s g a b e n den a u s d em F e ld e zurück- kehrenden , in K a r l s r u h e w o h n h a f t e n u n d nach K a r l s r u h e entlassene» K r i e g e r n überre ich t w u r d e n . S c h o n v o r dieser B e k a n n t m a c h u n g w a r e n b e im S t a d t r a t verschiedene S p e n d e n f ü r die heim kehrenden T r u p p e n e ing e lau sen , an d e re e r fo lg ten nach derselben. B o n g rö ß e ren G e b e r n f ü h re n w i r a n : j ) r i n z M a x spendete 3 0 0 0 A lk . , U n g e n a n n t 1 0 0 0 Akk., B a n k h a u s B e i t L. h o m b u r g e r 1 0 0 0 U lk . Z i g a r r e n spe n d e te n : G e b r ü d e r W e i l l in G r a b e n 5 0 0 0 , R a u c h t a b a k f a b r ik L. M a i e r h ie r 3 0 0 0 , Z i g a r r e n f a b r i k U). R ie g g e r 8c T ie . 1 0 0 0 0 , Z i g a r r e n f a b r i k K n i p p e n b e r g 8c L in den 5 0 0 0 , Z i g a r r e n g r o ß h a n d l u n g H e r m a n n M e y l e 1 0 0 0 Z i g a r r e n u n d 2 0 0 0 Z ig a r e t t e n . A u s der S t a d t r a t s s i t z u n g v o m 19- D ez em b e r w u r d e m itge te i l t , d a ß a n die - (31 - entlassenen K r i e g e r b i s d a h i n i n s g e s a m t s 0 6^ P äckchen i m W e r te v o n durchschnittl ich 6 M k . a u s g e g e b e n seien. D ie Päckchen e n t ­ h ie lten neben R a u c h w a r e n a l le r le i sonstige G a b e n ( T a b a k s p f e i f e n , Taschenm esser, H a a r b ü r s t e n , Z a h n b ü r s t e n , R a s i e r a p p a r a t e , H o sen ­ t r ä g e r , B r i e f p a p i e r , N o t iz b ü c h e r , Lesestoff u n d v erg l . ) . D ie D u r c h ­ f ü h r u n g dieses L iebesw erkes w ä r e d a d u rc h m ög l ich gewesen, d a ß der L an d e sv e re in v o m R o t e n K re u z der S t a d t sehr erhebliche W e n g e n v o n G a b e n a l le r A r t f ü r diese» Z w eck über la ssen h a b e . D e r S t a d t r a t dankte dem G e s a m tv o r s t a n d des R o t e n K re u z e s f ü r diese U nters tü tzung des U n te r n e h m e n s . T r dankte f e rn e r d em N o lk sschu l- rek to ra t u n d den zah lre ichen L e h re r in n e n , die bei der A n f e r t i g u n g und A u s g a b e der Päckchen b e re i tw i l l ig u n d e i f r ig m i tg e a rb e i t e t h ä t ten . A m 2 8 . N o v e m b e r beschloß der S t a d t r a t , d a ß b ed ü r f t ig e H i n t e r b l i e b e n e g e f a l l e n e r K r i e g e r auch in d iesem J a h r e W e i h n a c h t s g a b e n a u s R ü t t e l n städtischer K r i e g s ­ fü rso rge e rh a l te n sollen. D ie u n te r der L e i tu n g des S t a d t r a t s O r . B in z n a m e n s des S t a d t r a t s v e ra n s ta l te te S a m m l u n g v o n G e ld g a b e n e r g a b i m g a n z e n 3 s 8 5 M k . A m 3 0 . N o v e m b e r veröffentl ichte der L a n d e s v e r b a n d v o m R o te n K re u z u n d d a s M i n i s t e r i u m f ü r m i l i tä r is ch e A n ge le g en he i te n fo lgenden A u f r u f : „Unsere im September begonnene S a m m l u n g v o n L i e b e s g a b e n für unsere tapferen Truppen wird weitergeführt. I m E invernehm en mit dem Ministerium für militärische A ngelegenheiten ist beschlossen worden, die V er­ teilung auf W eihnachten derart vorzunehmen, daß die entlassenen A ngehörigen des Uorpsbereichs des zq. Armeekorps diese beim zuständigen B ezirk s-(G rts-) Ausschuß vom Roten Kreuz, die unter den W affen stehenden Truppen dagegen durch Verm ittlung ihrer Truppenteile erhalten. E inem Wunsche des M inisterium s für militärische A ngelegenheiten entsprechend, werden auch die in der neutralen J o n e befindlichen Sicherheitstrnppen w eihnachtsgaben erhalte». Darnit w ir allen diesen Anforderungen in reichem M aße gerecht werden können, bitten w ir , uns mit G aben und G eldm itteln tatkräftig unterstützen zu w ollen, um unseren hochverdienten badischen Truppen ein frohes w eihnachtsfest bereiten zu können." A n die « O r g a n i s a t i o n e n d e s R o t e n K r e u z e s in B a d e n ü b e rsa n d te der L a n d e s v e r e in , w ie a m S c h lu ß des Z a h r e s veröffentlicht w u rd e , zu r A b g a b e a n die zu r E n t l a s s u n g k o m m e n d e n M a n n s c h a f t e n 5 3 H 5 0 P a k e te i m G e s a m t w e r t v o n 2 6 7 5 0 0 M k . Diese S e n d u n g e n e rg ä n z te n die v o n den G r t s - u n d B ez irk sa u ssc h ü ssen des R o te n K re u ze s a u s eigenen M i t t e l n bereitgestellten G a b e n . S * — (32 — D ie V e r s o r g u n g der bad ischen G a r n i s o n e n m i t l v e ih n a c h t s g a b e n e r fo rd e r t e e inen A u f w a n d v o n 2 7 0 0 0 0 A I? . I n s g e s a m t h a t der B a d isc h e L a n d e s v e r e in e tu m 6 3 0 0 0 0 A lk . zu I v e ih n a c h t s - g a b e n v e rw en d e t , gegen 3 5 0 0 0 0 A lk . i m V o r j a h r e . A m 2 ( . N o v e m b e r veröffentlichte der S t a d t r a t die B e s t im m u n g e n ü b e r die E r w e r b s l o s e n f ü r s o r g e der S t a d t K a r l s r u h e . S ie u m f a ß t e n ( 5 P a r a g r a p h e n , l v i r f ü h re n d a r a u s fo lgende Sätze a n : D ie F ü r s o r g e t r i t t f ü r solche E r w e r b s l o s e ein, die in K a r l s ­ r u h e w o h n h a f t sind, oder , sow ei t es sich u m K r i e g s te i ln e h m e r h a n d e l t , v o r i h r e r E i n z i e h u n g z u m H eere in K a r l s r u h e g e w o h n t h a b e n . D ie F ü r s o r g e w i r d n u r a r b e i t s f ä h ig e n u n d a r b e i t s w i l l ig e n über (H J a h r e a l te n P e r s o n e n g e w ä h r t , die sich in fo lge des K r ie g e s d u rch E rw e rb s lo s ig k e i t in b e d ü r f t ig e r L age befinden, v o n der F ü r ­ so rge sind solche E r w e r b s l o s e ausgeschlossen, die nach I n k r a f t t r e t e n dieser B e s t i m m u n g e n ih re letzte A rbe i tss te l le du rch eigenes Verschulden v e r lo re n h a b e n , od er in fo lg e v o n K ra n k h e i t , A n f a l l od e r I n v a l i d i t ä t vo l l a r b e i t s u n f ä h i g i m S i n n e der R . V . M . sind. D ie F ü r s o r g e g e w ä h r t , f a l l s keine A r b e i t , auch keine N o t s t a n d s a r b e i t v e rm i t te l t w e rd e n k a n n , G e ld u n te rs tü tz u n g en , K ra n k e n f ü r s o rg e . bei wöchentt. täg lich D a s T a g e g e l d g e w ä h r t : u) f ü r eine ledige P e r s o n üb e r 2 ( J a h r e n o d e r a l le ins tehen­ den I v i t w e r ....................... b ) f ü r eine ledige P e r s o n v o n (6 b i s zu 2 ( J a h r e n . . c) f ü r J u g e n d l i c h e zwischen (H u n d (6 J a h r e n . . . . cl) f ü r ein E h e p a a r o h n e K in d e r e) f ü r je d es K i n d u n te r ( 5 J a h r e n , zu dessen U n t e r h a l t der E r w e r b s l o s e verpflichtet ist, u n d d a s nicht selbst z u m B e z u g der E r w e r b s l o s e n ­ un te rs tü tzung berechtig t ist rm. B ezug für die Woche Mk. beihalbnionatl. B ezug für den halben M onat Mk. 5 .H 0 3 7 . 8 0 8 ( - H .80 3 3 . 6 0 7 2 . - 3 . — 2 ( . - § 5 — 6 . ^ 0 q I . 8 0 9 6 . — 7 ,— ( 5 - — 133 — D a s T a g e g e ld d a r f jedoch i n s g e s a m t n ich t m e h r a l s 7 0 °/<> des letzten täg lichen A rb e i t sv e rd ie n s te s b e t r a g e n . L s ist z u r B e s t r e i tu n g des g esam ten L e b e n s u n te r h a l t s einschließlich der M i e t e b e s t im m t. A n ledige P e r s o n e n k a n n in gee igneten F ä l l e n a n S telle des T a g e ­ geldes U nters tü tzung durch S ach le is tu n g en ja u ch u n m i t t e l b a r e M i e t - z a h lu n g a n den H a u s e ig e n tü m e r ) g e w ä h r t w e rd e n . A m 2 5 . N o v e m b e r er l ieß der S t a d t r a t a u f g r u n d der E r m ä c h t i g u n g des M i n i s t e r i u m s A n o r d n u n g e n z u m S c h u t z d e r M i e t e r u n d üb er M a ß n a h m e n gegen w o h n u n g s m a n g e l . D a r n a c h w u r d e u. a . b e s t im m t : D ie V e r m ie te r v o n W o h n u n g e n h a b e n d em städtischen W o h n u n g s a m t u n verz ü g l ich A nze ige zu ers ta t ten , w e n n bei der V e r ­ m ie tu n g ein h öh e re r M i e t z i n s a l s b i s h e r angesetzt ist. D a s A n ­ t r a g s re c h t der G e m e in d e a u f H erab se tz u ng des M ie tz in s e s w u rd e dem städtischen W o h n u n g s a m t u n d die L u t s c h e id u n g ü b e r den A n t r a g dem städtischen L i n i g u n g s a m t ü b e r t r a g e n . F e r n e r w u r d e b es t im m t: w e r G e b ä u d e oder T e i le v o n G e b ä u d e ab b recheu , R ä u m e , die b i s z u m s. M k to b e r 1 9 1 8 zu W o h n u n g s z w e c k e n b e s t im m t od er benutzt w a r e n , zu a n d e r e n Z w ecken v e rw e n d e n w i l l , h a t die Z u ­ s t im m u n g des W o h n u n g s a m t e s e inzuh o len . S o b a l d eine W o h n u n g , oder F a b r i k r ä u m e , o d e r sonstige R ä u m e u n benu tz t sind, h a t der V e r fü g u n g sb e rec h t ig te d em W o h n u n g s a m t u n verzüg lich A nze ig e zu erstatten. H a t d a s W o h n u n g s a m t d em V e r fü g u n g s b e r e c h t ig te n f ü r eine unbenutzte W o h n u n g oder f ü r a n d e re u nb enu tz te R ä u m e , die zu W o h n u n g szw ec k en geeignet sind, e inen w o h n u n g s u c h e n d e n bezeichnet u n d k o m m t zwischen ih n e n ein M i e t v e r t r a g nicht zus tande, so setzt a u f A n r u f e n des W o h n u n g s a m t e s d a s L i n i g u n g s a m t den M i e t ­ v e r t r a g fest. A u f A n f o r d e r u n g e n des W o h n u n g s a m t s h a t der V e r fü g u n g sb e rec h t ig te der G e m e in d e unbenutzte R ä u m e zu r H e r ­ r ich tun g a l s w o h n r ä u m e gegen V e r g ü t u n g zu ü ber lassen . D ie E r r i c h t u n g des städtischen W o h n u n g s a m t s w a r a u f A n t r a g des S t a d t r a t s v o m B ü r g e r a u s s c h u ß a m H . N o v e m b e r 1 9 1 8 g e n e h m ig t w o rd e n . A m 2 7 . N o v e m b e r e r l ieß der S t a d t r a t fo lgende B e k a n n t - m a c h u n g : „Da in der Stadt nur noch sehr w en ige W ohnungen leer stehen, muß damit gerechnet werden, daß unsere an s dem Feld zurückkehrenden M itbürger keine W ohnung finden. Durch den V a u von W ohnnngsbaracken kann dem — 13-4 — w oh n u n gsb ed arf n»r zum T eil genügt werden. E s ist daher ein dringendes G ebot der S tu n d e, daß, sow eit irgend möglich, entbehrliche Räum e (auch einzelne Z im m er) in vorhandenen W ohnungen an Dritte vermietet werden, w ir haben daher angeordnet, daß in den nächsten T agen in jeden» einzelnen Hause festgestellt werde, ob und welche R äum e unter Berücksichtigung aller Verhältnisse zu diesem Zwecke zur Verfügung gestellt werden könnten/' I n e iner V e r s a m m l u n g der « O r t s g ru p p e des R e i c h s b u n d e s der K r i e g s b e s c h ä d i g t e n u n d e h e m a l i g e n K r i e g s t e i l » n e h m e r a m 2 7 . N o v e m b e r e r lä u te r te der G au v o rs i tz en d e des R e ic h s b u n d e s die F o r d e r u n g e n der K r ie g sb e sc h ä d ig te n u n d K r i e g s ­ te i ln e h m e r a n die G ese tzgebung u n d A l lg e m e in h e i t . D ie anw esen den M i n i s t e r B r ü m m e r u n d T r u n k e rk lä r ten , d i e v o r g e t r a g e n e n F o r d e r u n g e n 's e i e n d u r c h a u s gerecht, sie w ü r d e n v o n der R e g ie ru n g gebill ig t , au ch sow ei t u n d s o b a ld a l s m ög lich e r fü l l t w erden . E n d e N o v e m b e r b e g a n n die Reichsbekle idungsste lle m i t g rö ß e re m A b b a u d e s B e z u g s c h e i n v e r s a h r e n s . S cheuer tücher, M a n ­ schetten, T a sc h en tü ch e r , K o rs e t te n , Schlafröcke f ü r M ä n n e r , leinene Stickerei- u n d Spitzenstoffe, alle T ü l l e , S p i e l w a r e n , K r a g e n , H a n d ­ schuhe u n d an d e re G eg e n s tä n d e ähn l ich e r A r t w u r d e n v o n dem B e z u g s s c h e in v e r f a h r e n befre it . A u ß e r d e m w u r d e n fü r die Z e i t b i s 8. J a n u a r s y s 9 f ü r jede weibl iche P e r s o n zwei Bezugscheine für F r a u e n - u n d M ä d c h e n - G b e r k l e i d u n g a u f A n t r a g er te i l t , ferner w ä h r e n d derselben Z e i t f ü r jede m ä n n l ic h e P e r s o n a u f A n t r a g ein Bezu gsche in a u f einen M ä n n e r - oder K n a b e n - M i n t e r m a n t e l . A i n s . D ez em b e r besetzte» F r a n z o s e n a u f g r u n d der l v a f f e n - s t i l l s ta n d sb e d in g u n g e n die R he in b rü ck e bei M a x a u . D e r E i s e n b a h n ­ v erkehr ü b e r die Brücke w u r d e v o r l ä u f ig g esperr t , auch der ü b r ig e V erkeh r ü b e r dieselbe e instweilen u n t e r b u n d e n ; n u r die zahlreichen K r a f t w a g e n , die den G e g n e r n a u s z u l i e f e rn sind, f u h re n über die Brücke . A m 2 . D ezem ber rückte ein T e i l des K a r l s r u h e r D r a g o n e r - R e g i m e n t s h ie r ein. M i t f la t te rn d e n L auzen fäh n c h en zogen die L e i b - D r a g o n e r d u rch die K a i s e r - S t r a ß e zu r K a se rn e . A m 3 . D ez em b e r e r l ieß die L a n d e s z e n t r a l e der A r b e i t e r - , B a u e r n - u n d V o l k s r ä t e eine V erö ffen t l ichu ng , w o n a c h i m G e b ie t der n e u t r a l e n Z o n e S o l d a t e n r ä t e nicht fortbestehen d ü r fe n , a b e r auch sonst n u r in G a r n i s o n e n i n n e r h a l b der T r u p p e n te i l e geb i lde t w e rd e n sollen. — 135 — A » , ch D ezem ber h o b d a s B e z i r k s a m t säm tl ich e z u m S c h u t z g e g e n F l i e g e r a n g r i f f e g e t ro f fenen A n o r d n u n g e n a u f . A m 6. D ezem ber m ach te der L a n d e s k o m m i s s ä r f ü r die A re ise A a r l s r u h e u n d B a d e n b ekann t , d a ß f ü r die w i r t s c h a f t l i c h e D e m o b i l m a c h u n g in diesen A re ise n , aussch ließ l ich des A m t s ­ bezirkes P f o r z h e im , ein D e m o b i l m a c h u n g s - A u s s c h u ß in A a r l s r u h e errichtet w o rd e n sei. Vorsitzender ist D b e r a m t m a n n O r . kjardeck, s te llvertretender Vorsitzender R e c h t s a n w a l t S t a d t r a t F r e y , h ie r . A u ß e r d e m w u r d e n in den A u s s c h u ß a l s V er t r e te r je 8 A rb e i tg e b e r u n d A r b e i tn e h m e r u n d je 8 S te l lv e r t r e te r be ru fen . B e r a t e n d e s U A tg l ied w u r d e der D irek to r des G e w c r b e a u f s i c h t s a m ts o d e r sein S te l lv e r t re te r , S t a d t r a t U A il le r , h ie r . A m 5 . D ezem ber fo rde r te eine V e r s a m m l u n g v o n e h e m a l ig e n A n g e h ö r i g e n d e s E r s a t z - B a t l . L a n d w . - Z n f . --R e g t. N r . sOfi in e iner A u n d g e b u n g die badische R e g ie r u n g a u f , „d ie E i n b e r u f u n g des R e i c h s t a g s so fo r t i n s W e r k zu setzen, u m v o r A b l a u f des W a f fe n s t i l l s ta n d s eine V o lk s v e r t r e tu n g zu h a b e n , m i t der unsere F e in d e v e r h a n d e ln m ü ssen" . Die badische Z u g e n d w e h r w u r d e nach der B e k a n n t m a c h u n g v o m 7. D ezem ber u n te r Z u s t i m m u n g der v o r lä u f ig e n R e g ie r u n g m i t so fo r t iger W i r k u n g aufgelöst. A m fl. D ezem ber o rdnete der S t a d t r a t a u f g r u n d der R e g i e r u n g s ­ v e r o r d n u n g v o m 3 0 . N o v e m b e r a n , d a ß P e r s o n e n , die g e w e r b s ­ m ä ß i g g e b r a u c h t e W ö b e l , B e t t e n u n d d e r g l . a n - u n d verkaufen , verpflichtet sind, a l s b a l d ein B e s ta n d s -V e rz e ic h n is e inzu­ reichen, A u s k u n f t üb er die V e r t r ä g e zu geben, k ra f t denen sie L ie fe ru n g d e ra r t ig e r G egen s tä n d e v e r l a n g e n könnten u n d V o r r ä t e a u f V e r ­ la n g e n dem A o m m u n a l v e r b a n d käuflich zu über lassen . A uch sonstige P e r s o n e n , die g eb ra u ch te G eg e n s tä n d e g e n a n n te r A r t v e r ­ ä u ß e r n w olle» , w u r d e n zu r A nze ige verpflichtet . G h n e G e n e h m i g u n g des A o m m u n a l v e r b a n d e s d u r f te n solche G e g e n s tä n d e n ich t nach a u ß e r h a l b des V e r b a n d s b e z i r k s v e r ä u ß e r t w e rd en . N a c h der B e k a n n t m a c h u n g v o m jO. D ez em b e r w u r d e die ö f f e n t l i c h e B e w i r t s c h a f t u n g der g e t ra g e n e n U n i f o r m e n u n d die B e s c h l a g n a h m e der i m Besitze v o n A l t h ä n d l e r n u n d ähnlichen G e w e rb e t re ib e n d e n befindlichen g e t ra g e n e n U n i f o r m e n — 1 3 6 — a u f g e h o b e n , ebenso die B e s c h l a g n a h m e der W ä sc h e in G a s t w i r t s ­ u n d ä h n l ich e n B e t r i e b e n , sow ie in W äsch e-V erle ihg eschä f ten . U m s 2 . D ez em b e r t r a t e n die B e s t im m u n g e n des W a f f e n ­ s ti l ls tandes ü b e r die n e u t r a l e Z o n e in K r a f t . D e m g e m ä ß h a t t e n säm tl ich e nicht o r d n u n g s g e m ä ß a u s d em Heeresdienst en t­ lassenen M i l i t ä r p e r s o n e n lä n g s te n s b i s z u m 11. die n e u t ra le Z o n e zu ver la ssen . B e r e i t s a m 10., v o r m i t t a g s 10 U h r , l ieß d a s G e n e r a l ­ k o m m a n d o die F a h n e n u n d S t a n d a r t e n des 1H. A . - A . du rch eiu B a ­ ta i l lo n m i t R e g im e n t s m u s ik nach E t t l i n g e n b r in g e n . ( D a s B a t a i l l o n n a h m a u f d e m M a r s c h e durch K a r l s r u h e fo lgenden W e g : E t t l i n g e r - S t r a ß e — K a r l F r i e d r i c h - S t r a ß e — M a r k t p l a t z — K a i s e r - S t r a ß e —K a r l - S t r a ß e — S e m i n a r - S t r a ß e — B i s m a r c k - S t r a ß e —H a n s T h o n m - S t r a ß e - S t e p h a n i e n - S t r a ß e — K a r l - S t r a ß e — K a i s e r - S t r a ß e — M a r k t p l a t z — K a r l F r i e d r i c h - S t r a ß e — E t t l i n g e r - S t r a ß e . D e r S t a d t r a t h a t te die B e w o h n e r dieser S t r a ß e n gebeten , zu E h r e n der beteil igten T r u p p e n die H ä u s e r festlich zu be f la g g en .) S ch a re n w e ise B e g le i tu n g fo lg te d e m B a t a i l l o n a u f d e m Z u g e d u rch die S t a d t , m a n c h e g in g e n b i s E t t l i n g e n m i t , u n z ä h l ig e B lu m e n s p e n d e n w u r d e n den F a h n e n t r ä g e r n u n d m i l i tä r i s c h e n B e g le i t e r n überre ich t . — D ie R e se rv e la z a re t t ­ d i rek t ion K a r l s r u h e w u r d e nach E t t l i n g e n ver leg t , die R eserve­ la z a re t te in der n e u t r a le n Z o n e a u fg e lö s t ; bestehen b lieben h ie r die R e se rv e laz a re t te N e u e s V i n z e n t i u s h a u s u n d D ia k o n i f f e n h a u s . A lle K r a n k e n h ä u s e r w u r d e n v o m 12. a n a l s Z iv i l k ra n k e n h ä u s e r beh a n d e l t . A u c h die G a r n i s o n s v e r w a l t u n g w u r d e ausgelöst . A n die S te lle der K r i e g s a m ts s t e l l e K a r l s r u h e t r a t d a s h ie r errichtete L a u d w i r t s c h a f t s a m t , d a s a l s Z i v i l v e r w a l t u n g d e m M i n i s t e r i u m f ü r Ü b e r g a n g s w i r t s c h a f t u n d W o h n u n g s w e s e n un terste ll t w u r d e . — D ie Z iv i l b e v ö lk e ru n g der n e u t r a l e n Z o n e w a r R e isebesch ränku ngen a n sich nicht u n t e r w o r f e n , d ag e g e n , w ie schon o b en e r w ä h n t , d a s d a u e rn d e v e r l a s s e n der Z o n e v e rb o te n . A u s w ich t igen , n am e n t l ic h w ir tsch a f t l ich en G r ü n d e n konnte d a s B e z i r k s a m t eine A u s n a h m e ­ b e w i l l ig u n g erte ilen. N a c h d e m d a s G e n e r a l k o m m a n d o des ak t iven 1H. A r m e e k o r p s die G eschäf te des s te llvertre tenden G e n e r a l k o m m a n d o s ü b e r n o m m e n ha t te , veröffentlichte der au ssche idende stellvertretende k o m m a n d ie re n d e G e n e r a l Z s b e r t u n te r d em 13. D ez em b e r eine D a n k s a g u n g . — 137 — A m 13. D ez em b e r w u r d e durch V e r o r d n u n g der R e g ie r u n g der gesam te K r a f t w a g e n b e t r i e b in B a d e n g esper r t . D ie Dringlichkeit bei B eru fszw ecken w a r e ingehend zu b eg rü n d e n . A u f dem L a u t e r b e r g , a u f d e m seit K r i e g s b e g i n n ein hochragender H o lz t u r m a l s B e o b a c h tu n g s s t a t i o n f ü r m i l i tä r is ch e Zwecke err ichtet w o r d e n w a r , w u r d e der a l lg e m e in e V e rk eh r , der in der K r ieg sz e i t g e sp err t w a r , A n f a n g D ez em be r w ied e r f re igegeben . A m 17. D ezem ber rückte ein T e i l des L e i b g r e n a d i e r - R e g im e n t s w ieder h ie r ein. D ie K o m p a g n i e n zogen m i t N lu s ik durch die E t t l i n g e r - , K a r l F r i e d r i c h - u n d K a i s e r - L t r a ß e n ac h der K a se rn e , in der a l te n G a r n i s o n v o n der E in w o h n e r s c h a f t l e b h a f t b e g rü ß t . D ie G r e n a d i e r e t r u g e n w eiße A r m b i n d e n , d a s Z e ichen der P o l i z e i t r u p p e n , denen der A u f e n t h a l t in der n e u t r a l e n Z o n e e r l a u b t ist. D ie O r t s g r u p p e des R e ic h s b u n d e s der K r i e g s b e s c h ä d i g t e n u n d e h e m a l i g e n K r i e g s t e i l n e h m e r h ie lt a m 2fi. D e ­ zember G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . G e s c h ä f t s - u n d K assen ber ich t w u rd e erstattet. A m 16. N o v e m b e r b e t r a u te die v o r lä u f ig e R e g ie r u n g fo lgende K a r l s r u h e r H erren , R e c h t s a n w a l t V r . E d u a r d Dietz ( W e h r h e i t s - sozialist), L t a a t s r a t v r . K a r l G löckne r ( n a t i o n a l l i b e r a l ) u n d G b e r - la n d esg e r ich tsp rä s id en t V r . J o h a n n Z e h n t e r ( Z e n t r u m ) , m i t der A u s a r b e i t u n g d e s E n t w u r f s e i n e r V e r f a s s u n g fü r B a d e n ; nach ein igen T a g e n w u r d e zu den G e n a n n t e n noch R e c h t s ­ a n w a l t O r . F r ie d r ich W e i l ! v o n h ie r (F o r tsch r i t t l iche V o lk s p a r te i ) berufen . Dieser V ie r e r a u s s c h u ß t r a t a m 3 . D ez em b e r zu seiner ersten B e r a t u n g z u s a m m e n . D ie v e r f a s s u n g g e b e n d e V e r s a m m l u n g w a r , w ie oben e r w ä h n t ist, nach der V e r f ü g u n g der v o r lä u f ig e n R e g ie r u n g v o m 1^. N o v e m b e r nach d em gleichen, g eh e im en , direkten u n d a l lg e m e in e n W a h lre c h t a u f G r u n d des V e r h ä l t n i s w a h l s y s t e m s durch alle m in des tens 2 0 Z a h r e a l ten m ä n n l ic h e n u n d w eib l ichen P e r s o n e n , die a m T a g e der W a h l B a d e n e r sind, zu w ä h le n . F ü r die W a h l w u r d e d a s L a n d im A n sch lu ß a n die Bezirke der L a n d e s k o m m is s ä r e in H W a h lk re is e eingeteilt . D ie K re ise K a r l s r u h e u n d B a d e n b i lde ten den d r i t te n W a h lk r e i s u n d h a t te n 3 s A b g e o rd n e te zu w ä h le n . D ie W a h l l i s te n — s.Z8 — w a r e n v o m 2 0 . b i s einschließlich 2 7 . D ezem ber zu j e d e r m a n n s E in s ic h t a u s g e le g t , B e a n s t a n d u n g e n der tristen spä testens a m ZO. D e ­ zem b er v o r z u b r in g e n . D ie M a h l selbst h a t te a m 5 . J a n u a r ( 9 l 9 s ta ttzufinden . D ie W a h l a g i t a t i o n , sow ei t sie sich noch s y s 8 abspiel te , w i r d in V e r b in d u n g m i t d e m B erich te ü b e r die T ä t ig k e i t der polit ischen V ere ine e r w ä h n t . V . p o l i t i s c h e V e r e i n e u n d P a r t e i e n v o r u n d n a c h d e r R e v o l u t i o n . D ie T ä t ig k e i t der polit ischen V ere in e t r a t b i s N o v e m b e r , wie in der g a n z e n U r ie g sz e i t äu ß e r l ic h zurück, u m so le b h a f te r entfa lte te sie sich nach der R e v o lu t i o n , z u m a l auch die A g i t a t i o n fü r die M a h l e n z u r bad ischen v er fa ssu n g g e b en d e n V e r s a m m l u n g einsetzte. D ie U m g e s t a l t u n g der in ne rpo l i t ischen V erh ä l tn isse k a m in einer solchen der P a r t e i e n z u m A u s d r u c k . V o n der soz ialdem okrat ischen F r a k t i o n h a t te sich schon eine G r u p p e g e t r e n n t , die a l s „ U n a b h ä n g i g e soz ia ldem okra t ische P a r t e i " se lbständig a u f t r a t . Die F o rts ch r i t t l ich e V o lk s p a r t e i t r a t zu der in B e r l i n neu b egründe ten „D e u tsc h -D e m o k ra t i s c h e n P a r t e i " üb e r , in der au ch die seitherige N a t i o n a l l i b e r a l e P a r t e i a u f g in g . N u r ein T e i l erh ie l t sich a l s „D eu tsche V o l k s p a r t e i " ; er t r a t zunächst in B a d e n nicht a u f . A u s der V e r b i n d u n g der A o n s e r v a t i v e n u n d der R e ic h s p a r te i en t­ s ta n d die „ D e u t s c h - n a t io n a le V o lk s p a r t e i " , in B a d e n m i t dem U n te r ­ titel „C h r i s t l i c h e V o l k s p a r t e i " . A l le in d a s Z e n t r u m blieb a l s solches bestehen. A m (st. M ä r z h ie lt der A l l d e u t s c h e V e r b a n d ( O r t s ­ g r u p p e ) u n te r Vorsitz v o n V r . F e l lm e th seine J a h r e s v e r s a m m l u n g a b . D ie D e u t s c h - n a t i o n a l e V o l k s p a r t e i h ie lt e r s tm a ls a m ZO. D ezem b er eine öffentliche V e r s a m m l u n g a b , in der G e h . G b e r k i r c h e n r a t F r ie d r i c h M a y e r u n d R e d a k te u r A d a m R ö d e r sprachen . E i n e V e r s a m m l u n g der D e u t s c h e n V a t e r l a n d s p a r t e i ( G r t s v e r e i n ) a m (Z . M ä r z b e fa ß te sich m i t der F r a g e der B e f r e iu n g des B a l t e n l a n d e s , desgleichen der V e r b a n d d e r D e u t s c h ­ t u m s v e r e i n e U a r l s r u h e a m ( 8 . F e b r u a r , der b e im R e ic h s ­ kanz le r d esw e g en vors te l l ig w u rd e . 139 D ie F o r t s c h r i t t l i c h e V o l k s p a r t e i v o r der R e v o l u t i o n : Anstelle v o n P ro fe s s o r H e lb in g w u r d e O r . L u d w ig H a a s z u m l. Vorsitzenden g e w ä h l t . A m 9- O k t o b e r sp rac h S t a d t r a t V r . F r ie d r ich W e i l l ü b e r die M ö g l ic h k e i t e in es F r i e d e n s u m N e u j a h r s 9 s 7 , a n i 2 s. O k to b e r — in der L a n d e s v e r s a m m l u n g — V r . H a a s über die b e d e u tsa m en V o r g ä n g e der letzten Z e i t u n d a m 2 7 . O k ­ tob e r über „D eutsche P o l i t ik in G e g e n w a r t u n d Z u k u n f t " . N a c h der R e v o l u t i o n : a m s5 . N o v e m b e r g a b die P a r t e i ih re politischen F o r d e r u n g e n in e inem A u f r u f kun d . I h r e letzte Ä t z u n g a l s solche hielt sie a m 2 5 . N o v e m b e r a b ; es sp rachen S t a d t r a t V r . M e il l , S t a d t p f a r r e r V . Hesselbacher u n d P ro fe s s o r V r . v. Schultze- G ä v e rn i tz , letzterer über die G r ü n d e u n se re s Z u s a m m e n b r u c h s . Z n einer V e r s a m m l u n g des N a t i o n a l l i b e r a l e n - u n d des Z u n g l i b e r a l e n V e r e i n s a m 7. O k t o b e r berichtete G e h . H o f r a t R e b m a n n ü b e r die politische L ag e , ebenso a m 2 s . N o v e m b e r M in i s te r D ietrich, a m 2 2 . b rach te ein öffentlicher A u f r u f d i e F o r d e r u n g e n der P a r t e i zu m A u sd ru c k . Z n zwei V e r s a m m l u n g e n n a t i o n a l - l ibe ra le r F r a u e n a m 2 7 . N o v e m b e r u n d a m 2 . D ez em b e r sp rachen F r a u B e r t h a M a y e r - P a n t e n i u s u n d F r l . V r . Z u l i e Schenck, sow ie V r . A lb e r t A n i t te l . D ie o ben e r w ä h n t e V e r e i n ig u n g der n a t i o n a l - l ibe ra len P a r t e i , die sich seit s . D ez em b e r „ B a d i s c h e V o l k s ­ p a r t e i " n a n n t e , m i t der F o r ts ch r i t t l ich e n V o lk s p a r t e i k a m in B a d e n a m sO. D ezem ber zus tande. v o r der V e r e in ig u n g m i t den N a t i o n a l l i b e r a l e n t a g te die D e u t s c h e d e m o k r a t i s c h e P a r t e i a m 29 . N o v e m b e r ; R e d n e r w a r e n G en e ra ls e k re tä r D ees u n d S t a d t r a t I ) r . F r i e d r i c h M e i l l . N a c h dem B e i t r i t t der f rü h e re n N a t i o n a l l i b e r a l e n : D e r z u m s. V o r ­ sitzenden des V r t s v e r e i n s g e w ä h l te S t a d t p f a r r e r V . Hesselbacher behandel te a m s6 . D ezem ber die F r a g e : „ M a s h a t die F r a u in der P o l i t ik zu t u n ? " Z n e iner F r a u e n v c r s a m m l u n g ä u ß e r te sich auch P ro f e s s o r H u m m e l ü b e r : „ D ie P o l i t i k u n d die F r a u e n . " A m s8 . D ezem ber sp rachen P ro f e s s o r H u m m e l u n d M i n i s t e r D ie t r ich , a m 2 s. D ezem ber O b e r s t a d t r e c h n u n g s r a t M e i l e r u n d G h em ik e r L u d w ig O d e n w a l d . V o r e iner V e r s a m m l u n g der F r a u e n a b t e i l u n g fü r die weib l ichen H a u s a n g e s te l l te n sp rachen F r l . R i e g g e r u n d . V r . G ö n n e r . A m 2 7 . D ez em be r stellte sich die a l s A a n d i d a t i n f ü r die badische N a t i o n a l v e r s a m m l u n g ausgestellte F r a u M a y e r - — s§0 — p a n t e n i u s v o r . W e i te re W a h l v e r s a m m l u n g e n w u r d e n a b g e h a l t e n : a m 2 7 . D ez em b e r in der W es ts tad t , R e d n e r S t a d t p f a r r e r v . Hessel­ b acher u n d A rch itek t D e in e s , a m 2 8 . in der S ü d s ta d t , O r . G ö n n e r , a m 29 . in G r ü n i v in k e l , H a u p t l e h r e r Reich u n d F r a u A a m p f e r , in D a x la n d e n , O r . G ö n n e r , a m 3 0 . in U a r l s r u h e - O s t , A a m m e r - s t e n o g ra p h F r e y u n d F r a u L u i t g a r d H im m e lh e b e r . D ie öffentliche W irk sa m k e i t des S o z i a l d e m o k r a t i s c h e n V e r e i n s bezw. der P a r t e i v o r der R e v o lu t i o n . A m so . J a n u a r ta g te die A r e i s l e i t u n g des sO. bad ischen R e ic h s ta g s w a h lk r e i s e s hier, L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r R o l b sp rach ü b e r die Z ie le der P a r t e i . A m sH. A p r i l sp rac h L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r S t r o b e l a u s W a n n - h e im in R ü p p u r r ü b e r : „ S o z i a ld e m o k r a t i e , U r i e g u n d F r ie d e n . " A m 2 s. A u g u s t ve ra n s ta l te te der V ere in eine V e r fa ssu n g s fe ie r , bei der L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r W e i ß m a n n ein B i l d des badischen S t a a t s v o n s 8 ( 8 b i s s 9 ( 8 g a b . D erse lbe h ie lt a m 5. O k to b e r einen V o r t r a g ü b e r : „ D ie S o z ia ld e m o k ra t i e u n d die L ö su n g der R e ic h s ­ krise ." A m 5 0 . O k t o b e r sp rac h A b g e o r d n e t e r W a r u m ü b e r die polit ische L a g e , w o z u O r . Dietz e rg ä n zen d e A u s f ü h r u n g e n m ach te . N a c h der R e v o l u t i o n : E i n e a m 2 0 . N o v e m b e r v o m S o z i a l ­ dem okra t ischen V ere in a b g e h a l te n e V e r s a m m l u n g in R ü p p u r r — B e r ich te rs ta t te r B o s s i — e rk lä r te sich e invers tanden m i t den B e s t r e b u n g e n des A rb e i t e r - u n d S o l d a t e n - R a t s u n d bekannte sich zu r v o r lä u f ig e n V o lk s r e g ie r u n g . Z n einer V e r s a m m l u n g a m 2 3 . N o ­ v e m b e r sp rachen S t a d t r a t Geck u n d W i n i s t e r W a r u m , letzterer ü b e r : „ D i e R e v o l u t i o n u n d die W a h l e n , " sow ie R e c h t s a n w a l t O r . U u l l m a n n ü b e r : „ W o n a r c h i e u n d R e p u b l ik . " D ie V e r s a m m l u n g g a b die E n t s c h l i e ß u n g a b : „S ie unterstützt die vorläufige Volksregierung in B aden und verpflichtet sich, dazu beizutragen, daß die bisherigen Errungenschaften der Revolution nicht nur festgehalten, sondern noch weiter ansgebaut werden. S ie unterstützt die gegenw ärtige Reichsregiernng und verlangt dringend die E inberufung der deutschen N ationalversam m lung." A m s. D ez em b e r sp rac h W i n i s t e r W a r u m in R ü p p u r r , a m s 3 . W i u i s t e r Rückert in W ü h l b u r g u n d H e r r H ursch ig in R ü p p u r r ( „ D ie F r a u u n d d a s neue W a h l r e c h t " ) . A u f den sH. Dezem ber h a t te der S o z ia ld em o k ra t isc h e W a h l a u s s c h u ß 8 V e r s a m m lu u g e u in den verschiedenen S ta d t t e i l e n e in b e ru fe n m i t der T a g e s o r d n u n g : „U nse re p h o l. G eb r. yirsch Redakteur Wilhelm Kolli ötadtra t W ü h l a r b e i t u n d S t e l l u n g n a h m e z u m E n t w u r f der K a n d id a te n l i s t e . " A m 3 0 . D ez em b e r sp rach in R ü p p u r r F r a u H a a s ü b e r . „ D ie F r a u u n d die N a t i o n a l w a h l e n . " N o n der T ä t i g k e i t der U n a b h ä n g i g e n S o z i a l d e m o ­ k r a t i e v o r der R e v o lu t i o n ist zn b e r ic h ten : E i n e K a r l M a r x - F e ie r f a n d in V e r b i n d u n g m i t der M a i f e i e r s t a t t ; L a n d t a g s - abg e o rd n c te r A d o l f Geck h ielt die Festrede. A m 2 3 . J u n i sp rach R e ic h s ta g s a b g e o r d n e te r V o g t h e r r ü b e r die poli t ische L a g e . N a c h der R e v o lu t i o n : A m 2H. N o v e m b e r sp rach M i n i s t e r B r ü m m e r , wobei er z n m V e r t r a u e n a u f die neue R e g ie r u n g au f fo rd e r t e , a m 27. D ezem ber N r . A h lb o r n , der f ü r die R ä t e r e p u b l ik e in t r a t . D ie Z e n t r u m s p a r t e i nach der R e v o l u t i o n : A m s 6. N o v e m b e r erließ die Z e n t r u m s f r a k t i o n des bad ischen L a n d t a g s e inen A u f r u f , in dem die v o r lä u f ig e R e g ie r u n g der Z u s t i m m u n g versichert, der E in f lu ß nord ischer r a d ik a le r S e n d l in g s f ü r L a d e n jedoch streng abge lehnt w u r d e . Z n e iner V e r s a m m l u n g a m s7 . N o v e m b e r änßer ten sich M in i s t e r T r u n k u n d G eis tl . R a t O r . S ch o fe r zu r U m ­ gestaltung der V erh ä l tn isse . A m s 8 . sp rach en A b g e o r d n e t e r K ö h le r , G ew erkschastssekretär E r s in g , F in a n z m in i s t e r I ) r . W i r t h , sow ie F r a u K l a r a P h i l i p p . Z n e iner E n t s c h l i e ß u n g w u r d e die freie V olksrepublik g eg e n ü b e r der soz ia l is t isch -d ik ta to r ischen R e p u b l ik gebil l ig t . A m H. D ez em b e r sp rach en M i n i s t e r T r u n k u n d G eis tl . R a t O r . Schofer, a m 8. in R ü p p u r r F r a u Z n s p e k to r G e ig e r . A m 9 . D ezem ber w u rd e n zwei F r a u e n v e r s a m m l u n g e n d es Z e n t r u m s in der S ü d s ta d t ab g e h a l te n , in denen B a u a s s i s te n t S i m o n , H a u p t ­ lehrer W i l h e l m M a y e r u n d S e k r e tä r A . K ü h n sp rachen . D ieselben Redner t r a t e n a m sO. in zwei V e r s a m m l u n g e n der S ü d s t a d t a u f . E in e F r a u c n v e r s a m m l u n g a m f f . in der w e s t s t a d t n a h m nach A u s f ü h r u n g e n v o n F r a u K l a r a S ie b e r t eine E n t s c h l i e ß u n g a n , wonach v o n der R e ic h s re g ie ru n g so fo r t ig e E i n b e r u f u n g des R e ic h s ­ tags v e r l a n g t w u rd e . A n d e r n f a l l s soll ten V e r h a n d l u n g e n m i t den anderen B u n d e s s t a a t e n zu r H e r b e i f ü h r u n g eines S o n d e r f r i e d e n s angeknüpft w e rd e n , u m H u n g e r s n o t u n d B e sa tz u n g v o n der bad ischen Heimat f e r n z u h a l te n . E i n e V e r s a m m l u n g a m s8 . D ez em b e r in der S ü d s tad t b ra c h te a l s R e d n e r die H e r re n F i n g e r , K ö h l e r u n d D erbandsvorsitzenden M ü l l e r , eins a m 2 7 . in der M i t t e l s t a d t a b ­ gehaltene die H e r re n G b e r b a u r a t F u c h s u n d G ew erk sc h a f ts se k re tä r E r s i n g . I n e iner V e r s a m m l u n g f ü r F r a u e n in M ü h l b u r g sp rachen F r a u S i e b e r t , H a u p t l e h r e r M e y e r u n d H e r r M i t t m a n n . — I n e iner V e r s a m m l u n g a m 3 0 . D ezem ber , zu der v o r a l le m die Kreise der B i l d u n g a u f g e ru f e n w u r d e n , sp rachen G e h . F i n a n z r a t Schweizer, R e c h t s a n w a l t v r . A r t h u r M ü l l e r - E i f e r t , G b e r l a n d e s g e r i c h t s r a t V r . B e r n a u e r u n d L e h r a m t s p r a k t i k a n t H o l l a n d . A m selben T a g f a n d eine g r o ß e F r a u e n v e r s a m m l u n g statt , F r l . A n n a K u h n - R a s t a t t sprach ü b e r die B e d e u t u n g der M a h l e n , d a r n a c h der b ish e r ig e R e i c h s t a g s ­ p rä s id e n t F e h r e n b a c h , der a m S c h lu ß einen A p p e l l a n die F r a u e n zu r M i t a r b e i t a m W i e d e r a u f b a u richtete. S chrif ts te ller A l b e r t S e x a u e r berief a u f 2^(. N o v e m b e r eine V e r s a m m l u n g ein zu dein Zwecke, die b i s h e r ig e n N ic h tw ä h le r zu e iner neuen P a r t e i (Deutsche F r e ih e i t s p a r t e i ) zusam m enzusch ließen , der V ersuch scheiterte jedoch. D ie E n t s e n d u n g v o n T e c h n i k e r n in d a s P a r l a m e n t v e r ­ l a n g te d a s K a r t e l l d e r 3 t e c h n i s c h e n V e r b ä n d e ( B u n d der technisch-industr ie llen B e a m t e n , D eutscher T e c h n ik e r - V e r b a n d u n d D eutscher M e r k m e i s t e r - V e r b a n d ) u n d die V e r e i n i g u n g t e c h n i s c h e r V e r e i n e K a r l s r u h e in V e r s a m m l u n g e n a m 2 2 . bezw. 3 0 . D ezem b er . 2. Handel, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft. U b e r den V e r b r a u c h der w ichtigsten G e n u ß - u n d N a h r u n g s ­ m it te l in unse re r S t a d t liegen fo lgende A n g a b e n v o r : D e r M e i n v e r b r a u c h b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e 3 ( ( ( 6 H ekto l i te r ( s y s ? : 3 7 0 9 3 ) , d. i. 2 s , 5 5 L ite r ( 2 5 , HO) a u f den K o p f der B e v ö lk e ru n g . A n B i e r w u rd e h ie r g e b r a u t u n d v e r b r a u c h t 8 5 5 5 9 Hekto­ l i te r ( ( 9 ( 7 : ( 0 3 ( 5 2 ) , e in g e fü h r t w u r d e n u n d z w a r a u s badischen B r a u e r e i e n 5 7 3 6 ( 3 ( 3 9 ) H ekto l i te r , a u s a u ß e r b a d i s c h e m Z o l l i n l a n d ( 7 2 5 (H635) Hektol i ter, a u s d em Z o l l a u s l a n d w ie im V o r j a h r e n ic h ts , m i t h i n i m V e r b r a u c h i m g an z en 9 3 0 2 0 ( s ( 2 9 2 6 ) Hekto­ l iter , d. i. a u f den K o p f der B e v ö lk e ru n g 6H,H3 ( 7 7 ,3 2 ) Liter. D e r F l e i s c h v e r b r a u c h b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e 2 3 8 5 5 2 0 , 8 0 lc§ ( ( 9 ( 7 : 2 7^ss 7 ^ 6 , 6 0 I<§). B e i e iner m i t t le re n E i n w o h n e r z a h l v o n ( H H 5 6 9 ( m i t V o ro r te n ) belief sich s o m i t der — ^ 5 — F le is ch ve rb rauc h , ab gesehen v o n F ischen , IV i ld p re t u n d G ef lüge l , f ü r den K o p f a u f ( 6 , 5 2 l r§ (gegen ( 8 , 7 7 lrZ in i V o r j a h r ) . D ie G ro ß v ie h s c h la c h tu n g e n im städtischen S c h la c h th o f h a b e n im B e r i c h t s j a h r e u m 7 8 5 S tü c k — 7 ,35" /o z u g e n o m m e n , d ag e g e n sind die S c h la c h tu n g e n a n K le in v ie h u m (2^(2 Stück — 7 ,6 7 " /o zu­ rückgegangen . D ie Z u n a h m e der G ro ß v ie h s c h la c h tu n g e n ist a u f die v o n der Z e n t ra le in k a u f sg e n o s s e n sc h a f t h ie r geschlachteten 7fl7 Stück G r o ß v i e h , die a l s H eeresrese rve i n der G e f r i e r h a l l e e in g e la g e r t w u r d e n , zu rü ckzu fü h ren , w ä h r e n d die A b n a h m e der K le i n v i e h ­ sch lach tungen aussch ließ lich durch die v e r m in d e r te Z a h l der S c h w e in e ­ sch lach tungen en ts tanden ist. I m einzelnen b e t ru g e n die S c h la c h ­ tu n g e n a n G r o ß v i e h : Gchsen Kiihe Rinder Farren I. II. I I I 11 I I I I. 11 I I I 11 III. Summe Schwere Schwere Schwere Schwere 1918 624 410 2975 1161 1518 5 227 3660 138 736 11 454 1917 717 897 2481 1314 1459 14 426 2761 146 454 10 669 Hiervon entfielen auf die Militärbehörde im J a h r e i g i8 . . 3 211 im J a h r e 1) 1? - 2 5 5 5 D ie S c h la c h tu n g e n a n K le in v ie h b e t r u g e n : J a h r Kälber Hammel Ziegen Schweine Ferkel Kitzlein Summe 1918 . . 7067 4955 728 1614 17 557 14 938 1917 . . 6501 2020 294 6781 2 582 16180 Hiervon entfielen auf die Militärbehörde im J a h r e t d l s . . 739 im J a h r e td 17 - - 124 1 D ie S c h la c h tu n g e n a n P f e r d e n b e t ru g e n ( - (66 Stück (gegen 5 3 l im V o r j a h r e ) , w o m i t die Z a h l derselben eine b i s d a h i n noch nicht verzeichnete H ö h e erreicht h a t te . D ie F le is ch e in fu h r a u s d em I n l a n d u n d a u s d em A u s l a n d zeigt im B e r i c h t s j a h r e w ie d e r u m einen beträch t l ichen R ü c k g a n g . D a s a u s dem I n l a n d e ing e fü h r te u n d zu r B e s c h a u gestellte F leisch belief sich a u f 6 ( 0 7 lr§ ( ( 9 l 7 : ( 3 ( 3 3 le^) u n d z w a r Rindfle isch 221(9 ( 6 6 5 6 I<§), K albf le isch ( ( 9 ( ' 3 3 leZ), Schweinefleisch — ( ^ — 3 5 6 KZ (HH (2 KZ), H am m elf le isc h 5 6 8 3 KZ ( ( ( (2 2 KZ), P f e r d e ­ fleisch 0 ( ( 3 KZ). A n F le i s c h w a r e n u n d F e t te n w u r d e n im Sch lach t- Hof, H a u p t z o l l a m t u n d i m städt. R h e in h a fe n im g an zen un tersucht 2 6 packstücke (9((7) i m G e s a m tg e w ic h t v o n ( 3 3 KZ (((853 KZ). I m einzelnen bes tanden die S e n d u n g e n a u s 7 S tück S chinken im G e s a m tg e w ic h t v o n ( 6 KZ, ( 8 Stück S p e c k — 2 8 KZ u n d ein p a c k ­ stück S chw ein e sc hm alz — 3 9 KZ. D ie Schinken k a m e n a u s D ä n e m a r k , S ch w e d e n u n d der S chw eiz , der Speck a u s F ra n k re ic h , D ä n e m a r k , R u ß l a n d , (Österreich u n d U n g a r n , d a s S chw eineschm alz a u s der Schw eiz . D o n ( ( H 5 ( ( i m städtischen S c h la c h lh o f geschlachteten u n d der B e s c h a u un terste ll ten G roß v iehs tück en w u r d e n a l s n icht b a n k w ü r d ig e r k lä r t u n d der F r e i b a n k überw iesen , 97 S tück u n d ^ 4 ( ( 9(7 v o n ( O 669 G roß v ieh s tücken ( 2 ( S tück u n d " ^ 4). A l s g e n u ß u n ta n g l i c h w u r d e n e rk lä r t u n d dem v e r b r a u c h gänzlich entzogen 6 Stück (2) u n d a n einzelnen G r g a n e n ( 7 2 9 5 tück (2 ((85). D o n ( ( ( 9 3 8 ge­ schlachteten S tück A le in v ie h ( ( 6 ( 8 0 ) w u r d e n ( 8 0 Stück u n d ( 526 ^ / 4) a l s n ich t b a n k w ü r d i g a u f die F r e i b a n k verw iesen . A l s g e n u ß u n t a u g l i c h w u r d e n 2H Stück (33) u n d a n einzelnen G r g a n e n H67H Stück ( 3 ( 8 H ) d em D e r b r a u c h gänzlich en tzogen . D o n ( ((66 ( 5 3 s) geschlachteten P f e r d e n w u r d e n 2 ( S tück (3 s) a l s g e n u ß u n ­ ta u g l ic h der Abdeckerei ü berw iesen u n d a n einzelnen G r g a n e n 279 Stück ( 6 ^ ) vern ich te t . I m B e r i c h t s j a h r e w u r d e n v o n den a u s d em I n l a n d e in ­ g e fü h r te n F le i s c h w a r e n a u f T r i c h in e n u n te rsu ch t 5 S tück Pökelfleisch u n d 2(( Z t M Sch inken u n d v o n jenen a u s de in A u s l a n d ( 8 Stück Pökelfleisch u n d 7 Stück S ch inken . T r i c h in e n w u r d e n in keinem F a l l e g e fu nd en . G i n n a h m e n u n d A u s g a b e n des S ch la ch t- u n d D ie h h o fe s b e t ru g e n im B e r i c h t s j a h r e 9 0 5 3 2 9 lU k . ( ( 2 8 3 5 3 8 l l l k . ) . U n te r den r e c h n u n g s m ä ß i g e n G i n n a h m e n befindet sich der Z u s c h u ß der S tad tk a sse m i t ( 7 ( 8 7 6 U lk . zu r V e rz in s u n g u n d T i l g u n g des A n l a g e k a p i t a l s u n d 6 2 5 7 ( B l k . Z u s c h u ß z u m B e t r ie b , w ä h r e n d i m V o r j a h r e f ü r den e r s tg e n an n ten P o s te n n u r 3(( H09 U lk . Z u ­ schuß e r fo rde r l ich w a r , f ü r den zweiten n ic h ts . D ie Z a h l der L i e g e n s c h a f t s U m s ä t z e durch R a u f b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e ((83 ( ( 9 ( 7 : 2 7 8 ) m i t e in em G e s a m tw e r t e v o n — 1^5 1 3 9 9 5 0 9 9 M k . (5 7<17 7 2 5 M k . ) , d a r u n t e r 198 (72 ) b e b a u te L iegenschaften i in W e r te v o n 12 1 1 8 1 5 9 M k . (<1107 6 6 8 M k . ) ; u n b e b a u te 2 5 5 (1 6 6 ) i m w e r t e v o n 1<122 8 5 0 M k . (1 <131057 M k . ) u n d b e b a u te m i t u n b e b a u te n 3 0 ( ^ 0 ) i m w e r t e v o n H5H 1 1 0 M k . (209000 M k . ) . H y p o t h e k e n w u r d e n i m B e r i c h t s j a h r e 509 ( 1 9 1 2 : 19 2 ) neu bestellt m i t e in em B e t r a g v o n 5 H 5 5 H H 0 M k . (2 5 8 8 4 9 9 M k . ) ; gelöscht 6 7 1 (H23) m i t e inem B e t r a g v o n 6 9 2 8 <189 M k . (<1920 5 8 5 M k . ) . B o n den neubestellten H y p o th ek e n entfielen a u f b i s h e r freie G rund s tücke 0 (0). Z w a n g s w e i s e w u r d e n 9 (31) be­ stellt i m B e t r a g e v o n 69 <109 M k . (11 ( 0 0 M k . ) . Ü b e r die hiesigen G e l d - u n d A r e d i t a n s t a l t e n ist f o l ­ gendes zu ber ich ten : D e r J a h r e s b e r i c h t der S täd t i sch e n S p a r - u n d j ) f a n tz- l e i h k a s s e bem erk t: „Die Ergebnisse des Berichtsjahres wären glänzend gewesen, wenn nicht der unglückliche A usgang des Krieges gekommen wäre. Der Einlagebestand vermehrte sich um ; s s o - ; 7 t 9 mk. 3 Pf., also mehr wie jem als seit Bestehen der Sparkasse. Der Giro- nnd Scheckverkehr nahm weiter in befriedigender Meise zu. Die Z ah l der Teilnehmer an demselben stieg von 20^7 auf s o : ? . Auch das ksinterlegnngsgeschäst entwickelte sich gut. Der unglückliche Ausgang des Krieges machte diese glänzenden Aussichten der Anstalt zu nichts. Die Kurse, namentlich der Kriegsanleihen, fielen in geradezu beängstigender Meise, und diese Bewegung setzte sich in das J a h r 1 9 : 9 fort. Obgleich seitens der Staatsaufsichtsbehörde gestattet war, nur verhältnismäßig kleine Abschreibungen am K urs der erworbenen Kriegsanleihen zu machen, glaubte der v e rw a l tu n g sra t von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch machen zu sollen und stellte die Papiere durchweg zu den Stenerkursen, wie solche auf 3t- Dezember >9;s festgesetzt worden waren, in die Vermögensberechnung ein. Da die Kriegs­ anleihen schon damals Kursrückgänge von nahezu io"/» aufwiesen, mußte diese vermögensanfstellung die Linzehrung des Reservefonds bis aus einen kleinen Rest zur Folge habenck Z n der S p a r k a s s e w u r d e n i m B e r i c h t s j a h r e i m g an z en eingelegt 3 2 2 - ^ 2 1 9 M k . , a b g e h o b e n ( 8 0 6 6 698 M k . 8 7 P f . , so m i t Ü b e r sch u ß der E i n l a g e n 1<1 1 7 7 5 2 0 M k . 13 P f . A n Z in s e n fü r 1 9 1 8 w u r d e n gu tgeschrieben 2 <127 198 M k . 90 P f . , Z u n a h m e des E in la g e b e s ta n d e s ( 6 60 < 1719 M k . 3 P f . , der sich d a d u rc h v o n 5 6 6 1 6 <(25 M k . 1 P f . nac h den: S t a n d a u f 5 1 . D ez e m b e r 1 9 1 7 a u f 7 3 2 2 1 1<1<1 M k . <1 P f . nach d e m S t a n d a u f 3 f . D ez em b e r 1 9 1 8 hob . to - ( 4 6 - D ie Z a h l der E in l e g e r stieg v o n 6 4 0 ( 3 a u f 7 0 0 7 3 , so d a ß a u f e inen E i n l e g e r a u f I a h r e s s c h l u ß ein durchschnittl iches G u t ­ h a b e n v o n (O 44 R K . 9 3 P f . ( ( 9 ( 7 : 884 R K . 45 P f . en t fä l l t . D ie Z a h l der A b f e r t i g u n g e n b e t r u g : E i n z a h lu n g e n ( 5 3 4 7 3 , R ü c k z a h lu n g e n 69 4 3 6 , re ine Z i n s z a h l u n g e n (die G a n z a b h e b u n g e n un gerechnet) ( 2 7 2 , z u s a m m e n 2 2 4 2 0 s ( ( 9 7 0 7 0 ) . D ie flüssig g ew o rd en e n G e ld e r w u r d e n w ie in den V o r j a h r e n fas t aussch l ieß l ich in K r i e g s a n l e i h e n a n g e le g t . Z u r 8 . K r i e g s ­ a n l e i h e w u r d e n ( 0 ( 0 ( 6 0 0 R K . u n d zu r 9 . A n le ih e ( 0 0 0 ( 0 0 0 R K . gezeichnet, z u s a in m e n 2 0 (0 2 6 0 0 R K . D a v o n entfielen a u f eigene Z e i c h n u n g e n der K asse zu r 8 . A n le ih e 5 9 6 s 3 0 0 R K . , zu r 9 . A n ­ leihe 7 6 3 9 3 0 0 R K . , z u s a m m e n ( 3 6 0 0 8 0 0 R K . Rechnet m a n e t w a 8 0 0 000 R K . f ü r Z e i c h n u n g e n bei B a n k e n u n d sonstigen G e ld in s t i tu te n , w o f ü r die R K t t e l a u s S p a r g u t h a b e n e n t n o m m e n w u r d e n , so e r g ib t sich f ü r ( 9 (8 e in G e s a m t b e t r a g v o n 2 0 9 0 2 6 0 0 R K . D ie Z e i c h n u n g e n zu r s . b i s 7. K r i e g s a n le ih e beziffern sich a u f e t w a 49 8 4 5 5 0 0 R K . S o m i t w u r d e n i m g an z en seit K r i e g s a u s ­ b ru ch e t w a 7 0 748 (00 R K . den B e d ü rfn is s e n des Reiches n u tz b a r g e m ac h t . A n H e im s p a r b ü c h s e n w u r d e n 2 4 (0 Stück ( 2 5 8 4 ) m i t e inem I n h a l t v o n ( 2 8 6 5 ( R K . 5 0 P f . (96 7 8 8 R K . 4 P f . ) entleert. I m Ü b e r t r a g b a r k e i t s v e r k e h r w u r d e n 447 ( 5 8 5 ) G u t h a b e n m it (22 7 3 8 R K . 9 ^ P f - ( 2 8 6 004 R K . (8 P f . ) v o n a u s w ä r t i g e n S p a r k a s s e n a n die hiesige ü berw iesen , w ä h r e n d 3 7 5 (24 ( ) G u t h a b e n m i t 45 2 4 3 8 R K . 40 P f . (2 4 ( 7 9 0 R K . 84 P f . ) a n a u s w ä r t i g e S p a r k a s s e n a u s g e z a h l t w u r d e n . T e i l n e h m e r a n G i r o - u n d Scheckverkehr w a r e n , w ie v o r ­ e r w ä h n t , zu B e g i n n des J a h r e s 2047 v o r h a n d e n , 4094 g in g e n neu zu, (24 g in g e n a b , so d a ß ein B e s ta n d v o n 3 0 s 7 ve rb l ieb . Diese z a h l te n in 5 s (42 P o s te n 2 3 848 984 R K . 3 3 P f . ein u n d e r h o b e n i n ( ( 5 ( 4 3 P o s te n 2 (9 2 4 4 6 9 R K . 20 P f . Ü b e rsch u ß der E i n l a g e n ( 9^4 3 ( 5 R K . 3 3 P f . B e i H in z u n e h m u n g der g u t ­ geschriebenen Z in s e n m i t 8 5 0 2 7 R K . 66 P f . e r g a b sich eine Z u ­ n a h m e d es E in l a g e b e s t a n d e s v o n 2 0 0 9 5 4 2 R K . 99 P f . E r e r h ö h te sich d a d u rc h v o n 2 3 8 6 040 R K . 68 P f . nach d e m S t a n d a u f 3 s . D ez e m b e r ( 9 ( 7 a u f 4 5 9 5 5 8 3 R K . 6 7 P f . nach dem S t a n d a u f 3 s . D ez em b e r ( 9 ( 8 . — 1 4 7 — D ie G eschäf te der H in te r leg u n g ss te l le entwickelten sich f o l ­ g e n d e r m a ß e n : Sparbücher Uriegsanleihestücke Stück: Uontenzahl: B e trag : Z u B e g i n n des J a h r e s w a r e n h in te r leg t . . . . 5 1 1 2 2 s 8 s 4 3 6 4 3 0 0 B l k . N e u k a m e n h in zu . . 2 0 H 8 1 0 3 7 2 3 H 3 H 0 0 „ Z u r ü c k g e u o m m e n w u r d e n S t a n d a u f 3. D ezem ber 1 9 1 8 6 2 6 0 2946 6 0 4 1 2 0 0 „ A u G e b ü h r e n g in g e n 7 9 5 8 B lk . 7 5 P f . gegen 5 3 2 s B lk . 5 0 P f . i m V o r j a h r e ein. Z n die A r ie g s sp a rk a s se w u r d e n 1 9 1 8 eingelegt in 13 6 6 0 P o s te n l 6 3 0 2 6 B l k . 95 P f . , rückerhobeu in 1 9 8 4 P o s te n 8 4 242 B lk . 3 5 P f . , B l e h r c in l a g e n s o m i t 7 8 7 8 4 B lk . 6 0 P f . H ierzu gutgeschriebene Z in s e n f ü r 1 9 1 8 9 3 0 s B lk . 6 2 P f . , Z u n a h m e 88 0 8 6 B l k . 2 2 P f . S t a n d a m 3 1 . D ezem ber 1 9 1 ? I 2 9 8 O4 B lk . 1 P f . , a m 3 s . D ez em b e r 1 9 1 8 2 1 7 8 9 0 B l k . 2 3 P f . D ie Z a h l der T e i l n e h m e r b e t ru g a m 3 1 . D ez em b e r 1 9 1 7 6 8 8 0 , Z u g a n g 2 6 7 5 , A b g a n g 1 5 2 3 , S t a n d a m 3 1 . D ez em be r 1 9 1 8 8 0 3 2 . Z n der p f a n d l e i h k a s s e ist ein w e i te re s Z u rü c k g e h e n des G esc h ä f tsv e rk e h rs zu berichten . ( G r ü n d e v g l . T h r o n i k 1 9 1 6 S . 2 0 1 ) . Z m B e r i c h t s j a h r e w u r d e n 1 3 3 6 1 ( 1 9 1 7 : 13 1 4 9 ) F a h r n i s p f ä n d e r eingesetzt m i t 183 8 7 8 B lk . ( 1 6 0 2 5 1 l l l k . ) , e rn e u e r t 2 5 8 0 ( 4 0 2 8 ) m i t 6 4 7 0 6 B l k . ( 7 3 171 B lk . ) , eingelöst 14 7 1 5 ( 1 4 8 7 2 ) m i t 2 0 2 9 5 8 B lk . (1 5 7 8 5 4 B lk . ) , verste igert 4 1 3 ( 5 1 1 ) m i t 4437 B lk . (4745 B lk .) . D e r g esam te p f ä u d e r v e r k e h r u m f a ß t e s o m i t 3 1 0 6 9 Stück ( 3 1 5 6 0 ) m i t 4 55979 B l k . (396 0 2 1 B lk . ) . D e r p f ä u d e r - bestand sank v o n 6 1 5 4 Stück m i t 104 6 7 0 B l k . a u f 4 3 8 7 Stück m i t 81 1 53 B lk . Die G i n n a h m e n a u s d em t e i h h a u s b e t r i e b berechnen sich fü r 1 9 1 8 a u f 19 0 0 6 l l l k . 2 5 P f . H ie r v o n a b f ü r n o r m a l e V e rz in ­ sung der a u f P f ä n d e r au sg e l i e h e u e n S u m m e 3 */? m i t r u n d 2 8 4 0 B lk . , Rest s o m i t 16 1 6 6 B l k . 2 5 P f . D ie v e r w a l tu n g s k o s t e n betrugen 31 3 2 7 B l k . 5 5 P f . D a r n a c h ungedeckter V e r w a l t u n g s ­ a u f w a n d 15 161 B lk . 3 0 P f . gegen 14 3 9 2 B l k . 8 3 P f . i m V o r ­ j a h r e . D e r B e s ta n d a n D a r le h e n a u f W e r tp a p i e r e stieg v o n 7 5 Stück m i t 7 8 8 8 0 l l l k . a u f 84 S tück m i t 117 6 5 0 M k . m * - s§8 - A l s R e c h n u n g se rg eb n is s e der S p a r - u n d P fa nd le ihk asse sind zu verze ichnen : E i n n a h m e n 3 § s O § s 9 A lk . 99 P f . ( s 9 s 7 : 2 6§6 8 s 8 M k . 3 8 P f . ) , A u s g a b e n 3 0 0 s s 90 A lk . 5 5 P f . , Ü b e r ­ schuß § 0 9 2 2 9 A lk . § § P f . ( 2 8 9 9 § 0 A lk . 5 0 P f . ) so m i t Z u ­ n a h m e s sch 2 8 8 M k . 9 § P f . D a s re ine V e r m ö g e n b e t ru g a m 3 s . D ez em b e r des B e r i c h t s j a h r e s s 6 7 § 5 § M k . 2 8 P f . ( s 7 7 7 6 s 2 M k . 2 7 P f . ) m i t h i n eine A b n a h m e v o n s 6 sO s 3 7 M k . 9 9 P f . , w ä h r e n d d a s V o r j a h r gegen s 9 > 6 eine Z u n a h m e v o n 669 6 6 § M k . 6 s P f . e r g a b . Z u r V e r m e h r u n g des V e r m ö g e n s t r u g b e i : Ü b e r s c h u ß der la u fe n d e n E i n n a h m e n ü b e r die la u fe n d en A u s g a b e » § 3 s 9 8 2 M k . 39 P f . , Z u n a h m e der Aktivstückzinsen s s 8 8 6 M k . 7 § P f . , A u r s a u s g l e i c h f o n d s f ü r W e r tp a p i e r e 39 M k . 7 5 P f . , z u s a m m e n .............................. § § 3 9 0 8 M k . 8 8 P f . Z u r V e r m i n d e r u n g t r u g b e i : A b ­ n a h m e des A u r s w e r t e s . . . 2 0 5 3 3 § 9 M k . 87 P f . des Z n - v e n t a r - w e r te s 7 l 9 M k . — P f . 2 0 5 § 0 6 6 M k . 87 P f . A b n a h m e w ie o b en s 6 s O l 5 9 A lk . 99 P f . B e i e inen : E in l a g e b e s t a n d der S p a rk a s se , der G i r o - u n d Scheck- kasse, der A r ie g s sp a rk a s se u n d der S chu lspa rkasse im G e s a m tb e t r a g v o n 7 8 sOO s 6 9 M k . 9 l P f . , m ü ß t e der R e se rv e fo n d s nach H 7 der S a tz u n g e n 3 9 0 5 0 0 8 M k . 5 0 P f . b e t r a g e n A n V e rm ö g e n sind n u r s 6 7 § 5 § M k . 2 8 P f . v o r h a n d e n , es fehlen s o n n t b i s zu r gesetzlichen h ö h e 3 7 3 7 5 5 § M k . 2 2 P f . D e r A assenu m sa tz berechnet sich f ü r s 9 s 8 a u f 3 2 s 3 3 6 0 5 s M k . 6 0 P f . ( s 8 8 8 9 9 9 5 7 M k . 5 3 P f . ) Z n der S ch u l s p a r k a s s e w u r d e n s 9 s 8 e ingelegt 7 7 3 3 8 M k . sO P f . P 9 s 7 : 3 8 s 3 3 M k . 7 0 P f . ) in s 0 5 s 2 ( 9 3 ( 5 ) P o s ten , rückerhoben 2 § 5 3 s M k . ( 3 0 2 § 7 M k . ) in §§9 (69 s) P o s ten . M e h r e i n l a g e n 5 2 8 0 7 M k . sO P f . ( 7 8 8 6 M k . 5 P f . ) . h i e rz u 7 9 5 s M k . 2 5 P f . f ü r gutgeschriebene Z in s e n , g ib t 6 0 7 5 8 M k . 3 5 P f . , V e r m e h r u n g des E in l a g e b e s t a n d e s , der d a d u r c h v o n 2 0 § 7 8 8 M k . 5 5 P f . a u f 2 6 5 5 § 6 M k . 90 P f . stieg. D ie Z a h l — ^ 9 — der E in le g e r b e t ru g 8666 ( 8 3 3 3 ) . E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n sind n i i t ( 0 6 0 3 A lk . 3 7 P f . , V e r m ö g e n u n d S c h u ld e n m i t 2 6 7 3 Z 7 A lk . 8 9 P f . berechnet. D e r R e s e r v e fo n d s der S chu lsp a rk a sse ist, w ie a u s o b ig e m h e rv o rg e h t , u n te r deni der S p a r - u n d P fa n d le ih k a s se en th a l t e n . I m B ez irk der R e i c h s b a n k s t e l l e A a r l s r u h e wickelten sich i m B e r i c h t s j a h r e fo lgende G eschäf te a b : W echsel- u n d Scheck­ a n k a u f 2 0 8 8 8 Stück ( ( 9 ( 7 : ( 6 ( 0 7 ) m i t 5 5 3 2 6 H 0 0 W k . ( W 8 5 0 W O l l l k . ) , eingezogene W echsel u n d Schecks 5 9 3 2 Stück ( ( 0 5 7 ( ) m i t 2 3 0 3 6 3 0 0 A lk . ( W 9 0 2 0 0 0 M k . ) , G i r o v e r k e h r 5 6 3 6 5 l Stück (H20 3 8 q ) m i t ( 5 9 6 ( 3 5 ( 0 0 0 l l l k . ( ( 2 0 9 8 8 2 0 5 0 0 Alk.) , E i n z a h lu n g e n v o n N i c h t k o n t e n - I n h a b e r n 3 9 9 2 Stück ( ( 9 3 7 ) m i t 3 7 7 5 0 7 W O M k . (3 5 7 0 3 3 8 0 0 W k . ) . D e m G esc h ä f tsb e r ich t der B a d i s c h e n B a n k e n tn e h m e n w i r fo lgende A n g a b e n : W echselverkehr in E i n g a n g ( ( 0 9 7 9 ( 8 6 A lk . 9 P f . ( ( 9 ( 7 : WO 5 9 9 5 l 3 r i l k . 6 3 P f . ) , in A u s g a n g W 9 W 5 W H ^Uk. 69 P f . (99 5 7 6 8 7 2 A lk . 2 6 P f . ) . D i s k o n t - E r t r a g 9 3 6 2 - p r m . 3 5 P f . ( 9 ( 5 7 2 9 A lk . ( ( P f . ) L o m b a r d ­ verkehr a u s g e l ieh en 3 5 0 6 ( 0 5 0 A lk . ( W 6 0 ( 8 8 0 A lk . ) , zurück­ gezahlt 3 ( ( 9 3 7 6 0 A lk . ( W 0 3 2 3 5 5 !U k .) . L ffek tenv e rk eh r a n ­ gekauft f ü r 5 W ( 2 2 7 2 6 A lk . 86 P f . ( 3 9 8 2 6 6 O W W k . 7 P f . ) , b eg e b en , sow ie a n Z in s e n v e rb u c h t 5 3 9 0 9 7 6 (9 A lk . 9 ( P f . ( 3 9 5 5 0 6 928 A lk . 90 P f . ) . G i r o - u n d S c h e c k v e rk e h r -E in z a h lu n g e n 3 6 3 9 6 3 3 0 3 0 A lk . ( 5 P f . (2 6 0 3 3 5 7 929 A lk . 5 6 P f . ) , A u s ­ z a h lu n g e n 3 5 6 2 3 5 5 ^ ( 7 A lk . 3 0 P f . (2 5 9 5 9 5 6 (98 A lk . 7 5 P f . ) . D e r G e s a m t b e t r a g der in B e t r i e b gegebenen B a n k n o t e n belief sich a u f 2 8 5 0 0 000 A lk . ( 2 7 000 000) . D e r durchschnittl iche N o t e n ­ u m l a u f b e t ru g 2 6 8 3 7 7 0 0 A lk . (2 -( 2 7 6 000 A lk . ) , die d u rchschn i t t ­ liche Deckung ( 2 2 7 ^ 3 0 0 A l k . - (5 ,66« /o ( ( ( 2 0 3 0 0 0 A l k . - W , ( 6 ° / g ) . A m 5 ( . D ezem ber ( 9 ( 7 w a r e n i m U m l a u f 2 5 9 7 ^ 9 0 0 A lk . , im L a u fe des J a h r e s w u r d e n v e r a u s g a b t 5 0 3 5 6 W O A lk . u n d 2 7 860900 A lk . eingelöst, m i t h in b lieben a m 3 ( . D ez em b e r ( 9 (8 im U m l a u f 2 8 W O W O A lk . D e r R e in g e w i n n ist im B e r i c h t s j a h r a u f ( 0 0 (8 6 8 W k . 68 P f . berechnet ( ( 3 9 7 9 ( 5 A lk . 90 P f . ) . D ie D iv idende b e t ru g 7 o/ ̂ ( 7 h s °/o). D er U m sa tz der A a r l s r u h e r F i l i a l e der R h e i n i s c h e n E r e - d i t b a n k b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e 2 6 ( 6 0 6 3 3 8 9 l l l k . 93 P f . ( ( 9 ( 7 : 2 2 9 5 (9 2 2 0 9 A lk . 60 P f . ) . — 150 — D ie M ü h l b u r g e r K r e d i t b a n k zählte a m S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s 3 3 3 M i t g l i e d e r ( 1 9 1 ? : 3 1 7 . D e r U m sa tz der B a n k b e t ru g 12 7 2 1 1 1 9 M k . 6 0 P f . ( 3 2 5 2 3 8 5 5 M k ) . D e r V e r e i n s b a u k K a r l s r u h e g ehör ten a n i S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s 1 8 9 2 ( 1 9 1 ? : 1 8 9 3 ) M i t g l i e d e r a u . D e r R e in g e w in n der B a n k b e t ru g 2 3 1 0 0 1 M k . 5-1 P f . (2-18 2 5 0 M k . 2 6 P f . ) . die D iv id e n d e 6«/o w ie 1 9 1 ? - G e s a m tu m s a tz belief sich a u f 6 3 2 5 6 7 5 0 8 M k . 6 8 P f . ( 1 5 9 6 6 5 6 7 2 M k . 8 7 P f . ) D ie G e ­ sc h ä f tsa n te i le der M i t g l i e d e r b e t ru g e n a m 3 s. D ezem ber des B e ­ r i c h t s j a h r e s 3 1 8 1 2 9 1 M k . 3 8 P f . (3 0 0 2 8 0 2 M k . 7 9 P f . ) . die g e s a m te n R e se rv e n 3 2 , 1 8 °/g ( 3 3 ,5 1 °/o) der G e s c h ä f t s g u th a b e u . 3 , 8 9 °/o ( 5 ,5 °/o) des B e t r i e b s k a p i t a l s . Z u den beiden letzten K r i e g s a n le ih e n konnte die B a n k Z e i c h n u n g e n v o n ü b e r 7 M i l l i o n e n M a r k a n ­ m e ld e n , so d a ß sich ih re Z e i c h n u n g e n a u f al le n e u n A n le ih e n a u f 2 7 Hs M i l l i o n e n M a r k b e lau fen . D ie M i t t e l d e u t s c h e K r e d i t b a n k h a t te 1 9 1 8 einen G e s a m tu m s a tz v o n 3 0 M i l l i a r d e n M a r k ( 1 9 1 ? : 20 M i l l i a r d e n ) . D e r R e in g e w i n n belief sich a u f 1 8 1 9 9 1 0 M k . 99 P f . (1 8 5 2 100 U lk . 3 2 P f . ) . D ie D iv id e n d e b e t ru g 7 "/„ w ie 191 7 . D ie G e w e r b e - u n d V o r s c h u ß b a n k K a r l s r u h e h a t te 1 9 1 8 eine B i l a n z v o n 8 7 1 0 2 5 M k . 69 P f . ( 1 9 1 7 : 7 5 7 0 8 2 M k . 3 5 P f . ) in A k t iv e n u n d p a s s iv e n . D e r R e in g e w i n n b e t ru g 11 8 5 1 rN k . 17 P f . ( 1 3 7 9 1 M k . 7 7 P f . ) . D ie D iv id e n d e 1 > (5 °/<>). D ie S ü d d e u t s c h e D i s k o n t o g e s e l l s c h a f t h a t te im B e r i c h t s j a h r e e inen G e s a m tn m s a t z v o n 1 129060 2 3 3 M k . 7 P f . D ie P r i v a t - S p a r g e s e l l s c h a f t i n K a r l s r u h e zählte i m B e r i c h t s j a h r e 10 8 7 8 M i t g l i e d e r ( 1 9 1 ? : 1 0 6 0 2 ) . D e r A k t iv ­ stand b e t ru g 1 5 ? 3 2 7 5 5 M k . 15 P f . ( 1 5 5 7 8 6 5 5 M k . 3 5 P f . ) , der p a s s iv s t a u d 1 1 9 2 7 6 1 6 M k . 6 7 P f . ( H 8 2 0 8 7 1 M k . H P f . ) , d a s re ine G e se l l s c h a f t sv e rm ä g e n s o m i t a m 31 . D ez em be r des B e ­ r i c h t s j a h r e s 8 0 5 108 M k . 1 8 P f . (757 783 M k . 9 1 P f . ) . D e r R e se rv e fo n d s b e t r ä g t 7 9 0 0 0 0 M k . ( 7 5 1 0 0 0 M k . ) . A n Z in se n w u r d e n 5 3 1 8 8 0 M k . 6 1 P f . (1?1 6 s 2 M k . 5 1 P f . ) u n d a n D i ­ v id e n d en 1 1 ^ 1 5 M k . 6 0 P f . ( 3 6 8 9 0 M k . 6 1 P f . ) gutgeschrieben. B e i der B a d i s c h e n G e b ä u d e v e r s i ch e r u n g s a n st a l t b e t ru g die b e i t r ag sp f l ic h t ig e G e s a m tv e r s ic h e ru n g s s u m m e 5 0 2 0 0 5 6 50 0 - ( 5 ( - M k . ( ( 9 ( 7 : H9H7 0H 0 2 3 5 U lk . ) . A i n 3 ( . D ez em b e r (9(8 b e t ru g d a s re ine V e r m ö g e n der A n s ta l t 7 8 8 3 ( 3 9 U lk . ( 9 P f - (6 222 5 6 8 U lk . 2 5 P f . ) D u rc h U m l a g e sind ( 9 ( 9 ZU decken 6 2 ( H 3 9 ( Ulk. ( P f . ( 3 H 7 3 0 3 3 A U . 3 3 P f . D ie U m l a g e w u r d e a u f ( 5 P f . ( ( 0 P f . ) festgesetzt. B e i der B a d i s c h e n F e u e r v e r s i c h e r u n g s b a n k i n R a r l s r u h e b e t ru g a m L u d e des B e r i c h t s j a h r e s die V e r s ic h e r u n g s ­ s u m m e in der F e u e rv e rs ich e ru n g 2 2 ( H 6 3 ( 8 5 7 U lk . ( ( 9 ( 7 : ( 5 6 H 7 0 5 9 ( 7 l l l k . ) , in der E in b r u c h d ie b s ta h ls v e rs i c h e r u n g 9 7 0 8 3 690 U lk . (66 2 (8 7 9 3 U lk . ) . D ie S c h ä d e n beliefen sich bei der ersten a u f 2 3 ( 5 H 8 H l l l k . 92 P f . (2 ( 8 7 9 7 6 U lk . 8 5 P f . ) bei der letzteren a u f ( 6 5 029 N k . 2 8 P f . ( 6 ( H63 M k . 8 0 P f . ) . Die G e w i n n - u n d V er lu s t r e ch n u n g weist einen G e w i n n v o n (00 7H0 U lk . 5 5 P f . ( ( 0 ( H 8H U lk . 3 6 P f . ) a u f . A n D iv id e n d e n w u rd e n w ie im V o r j a h r e HO 000 U lk . bezah l t . B e i der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t B a d e n b e t ru g e n i m J a h r e ( 9 (8 die E i n n a h m e n a u s B e i t r ä g e n 8 ( H 3 2 5 8 U lk . § 9 P f - ( ( 9 ( 7 : 7 6H8 9 s 2 U lk . 96 P f . ) , a u s Z in s e n 3 ( (8 2 8 0 U lk . 8 5 P f . (3 ( 6 6 H88 l l l k . H3 P f . ) . D e r M e r t der N u tz u n g e n w u r d e m i t ( 2 5 289 U lk . 7 5 P f . ( ( ( 3 8 ( 0 U lk . 6 5 P f . ) berechnet. D ie A u s g a b e n f ü r vers icher te b e t ru g e n a n R e n te n 6 2 7 2 2 5 9 99 P f . (5 9 2 H 9 6 9 69 P f . ) , a n e in m a l ig e n L eis tungen 3 0 5 0 3 U lk . 8 3 P f . (3 Z H 6 5 U lk . 2 7 P f . ) , a n H e i lv e r f a h re n einschließlich F a - m il ienu n te rs tü tzu ng ( 7 H 6 H 6 7 M k . 79 P f . ( s 5 0 7 2 6 6 M k - 88 P f . ) . D ie A u s g a b e n f ü r die V e r w a l t u n g beliefen sich a u f 960 7 2 7 N k . HH P f . D a s G e s a m tv e r m ö g e n der A n s ta l t ( R e in v e r m ö g e n ) b e t ru g a m 3 s. D ezem ber des B e r i c h t s j a h r e s 79 3 3 8 8H9 U lk . 5H P f . (8 ( 8 3 7 0 9 3 U lk . 6 3 P f . ) , d a v o n g ehö ren d em G e m e in v e r m ö g e n 9 9 5 5 8 8 7 U lk . (9 P f . (9 8 ( 7 ( 6 3 U lk . 5 7 P f . ) , d em S o n d e r ­ v e rm ö g e n 69 3 3 8 8H9 l l l k . 5H P f . ( 7 2 0 (9 9 3 2 U lk . 6 P f . ) , d a r u n t e r verzinsliche R a p i t a l i e n 6H ( 5 8 0 3 8 U lk . 8 0 P f . (6 7 2 3 ( 9 2 7 U lk . 67 P f . ) . 0 » i B e r i c h t s j a h r e la g e n ( 3 9 9 ? Rentengesuche u n d ( 9 3 ( Gesuche u m e in m a l ig e L eis tungen zu r V erbesche idung v o r . V o n den ( 3 9 9 ? G esuchen w u r d e n 8 9 , ( ° / » , v o n den ( 9 3 ( G esuchen 92 ,30/0 er led ig t . D a s H e i lv e r f a h re n e r fo rde r te i m B e r i c h t s j a h r e (00 8 5 3 T a g e (86 6H0 ) ; h i e ru n t e r sind die V e r p f l e g u n g s t a g e der S o ld a te n , n äm lic h H9 0 9 3 ( 5 0 0 6 8 ) nicht inb eg ri f fen . D e r V o rs ta n d — ^ 5 2 — h a t 1 9 1 8 16 S i tzu n g e n ( 1 0 ) a b g e h a l t e n , die A u s sc h u ß k o m m is s io n u n d der A u s s c h u ß je eine (1 ) . D ie Z a h l der B e a m t e n (oberen , m i t t le r e n u n d un te re n ) b e t r u g a m Z s . D ez em b e r des B e r i c h t s j a h r e s 9H (95 ). F ü r die z u m Heere e iugezogenen B e a m t e n u n d Angestell ten w a r e n 5 0 P e r s o n e n (5 0 ) zu r A u s h i l f e b e ru fen w o rd e n . — A n f a n g D ez em b e r w u r d e b ek a n n t gegeben , d a ß die A n s ta l t , „ u m den Zw eck e iner nachdrücklichen B e k ä m p f u n g der G eschlech tskrankhe iten zu d ie n en " , v ie r B e ra tu n g s s t e l l e n i m L a n d e err ichte t h a b e . D ie B e ­ r a tu n g s s te l le A a r l s r u h e ( in : G e b ä u d e der A n s ta l t ) u m f a ß t die A m ts b e z i rk e A c h e ru , B a d e n , B r e t t e n , B r u c h s a l , B ü h l , D u r l a c h , E t t l i n g e n , A a r l s r u h e , A e h l , G b e rk i r c h , G f f e n b u r g , P f o r z h e im u n d R a s t a t t . Lei ter der S te l le ist F a c h a r z t l l r . S c h w a b , die Sprechzeit f ü r M ä n n e r a m 1., f ü r F r a u e n a m 5. S a m s t a g jeden M o n a t s . D ie A a r l s r u h e r L e b e n s v e r s i c h e r u n g a u f G e g e n ­ seitigkeit ( v o r m a l s A l lg e m e in e B e r s o r g u n g s a n s t a l t ) zäh l te a m S c h l u ß des B e r i c h t s j a h r e s 155 8 6 7 ( 1 9 l ? : 1 5 H 5 9 6 ) V ers icherungen i m B e t r a g e v o n 8 1 8 117 1 1 6 M k . ( 7 9 3 8 2 0 9 9 1 M k . ) . D e r e r ­ zielte I a h r e s ü b e r s c h u ß stellte sich a u f 7 9H7 0 8 8 M k . (12 0 7 0 7 8 2 M k . ) . A n D iv id e n d e n w u r d e n 8 2 5 9 187 M k . (7 8 9 8 7 5 7 M k . ) bez ah l t . D a s G e s a m t v e r m ö g e n der A n s t a l t b e t ru g a m S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s 5H9 0 8 5 8 2 6 M k . (5H2 5 7 1 7 8 0 M k . ) . D u rc h T o d e s ­ f a l l sind 17 2 0 H 5 5 6 M k . P 5 5H 0 5 5 2 M k . ) , du rch E r l e b e n des b ed u n g e n e n E n d a l t e r s 10 8 1 2 9 9 6 M k . (9 6 8 8 5 1 7 M k . ) fä l l ig g e w o rd e n . B o n den T o d e s f ä l l e n entfielen a u f die A r ie g ss te rb e fä l le 7 295 2 0 0 M k . ( 5 2 0 6 900 M k . ) . v o n den beiden i m B e r i c h t s j a h r e au fg e le g te n A r i e g s a n l e i h e n h a t die A n s t a l t 2 6 ,2 M i l l i o n e n M a r k gezeichnet, d a v o n die H ä l f te a u f eigene R e c h n u n g . D ie g e s a m te n durch die A n s t a l t v e rm i t te l te n Z e i c h n u n g e n a u f a l le 9 A r i e g s a n le i h e n b e t ru g e n 1^1 M i l l i o n e n M a r k , d a r u n t e r 7 5 M i l l i o n e n a u f eigene R e c h n u n g D ie A r i e g s o p f e r a u s d e m A re ise der A n s t a l t s b e a m t e n h a b e n sich u m drei w eite re v e r m e h r t , i h r e G e s a m t z a h l h a t sich d a m i t a u f 5 f o d e r einschließlich e ines in der H e i m a t durch eine feindliche F l i e g e r b o m b e getöteten B e a m t e n a u f 5 2 e rh ö h t . D ie H a n d e l s k a m m e r h ie lt i m B e r i c h t s j a h r e 9 V o l l ­ v e r s a m m l u n g e n ( 1 9 1 ? : 5) u n d 5 8 ( H P A u ssc h u ß s i tz u n g e n a b . F e r n e r n a h m die A a m m e r a n 5 7 (25 ) S i tzu n g e n u n d B e sp rec h u n g en v o n B e h ö rd e n , A ö rp e r s c h a f te n , w ir tsch a f t l ichen I n t e r e s s e n v e r t r e tu n g e n — ^53 — chw. teil. D ie Z a h l der L i n - u n d A u s g ä n g e b e t r u g r u n d 3 3 0 0 0 ( 3 0 0 0 0 ) . M ü n d l i c h e A u s k ü n f t e a u f der Geschäftsste lle selbst w u r d e n 7 0 0 0 ( 9 7 3 2 ) erte ilt , durch F e rn sp re ch e r ( 0 0 0 0 ( ( 2 2 ^ 0 ) . N e u ­ g eg rü n d e t w u rd e ein A n g e s te l l t e n a u s s c h u ß , der g le ic h m ä ß ig a u s V e r t re te rn der G e s c h ä f t s i n h a b e r u n d A ngestell ten zusam m engese tz t ist, ferner ein besonderer G r o ß h a n d e l s a u s s c h u ß . D e r g le ich fa l ls n e u ­ gegründe te I n d u s t r i e a u s s c h u ß entwickelte eine b e s o n d e r s le b h a f te T ä t ig k e i t . E r n a h m S te l l u n g zu e iner A n z a h l F r a g e n , die du rch die D e m o b i lm a c h u n g a u f g e w o r f e n w u r d e n , w ie W ied e re in s te l lu n g v o n A rb e i te rn u n d Angestell ten , A c h ts tu n d e n ta g , A o h le n f r a g e , A b ­ b a u der H e e re s a u f t r ä g e usw . w e i t ü b e r den B ez i rk der A a m m e r h i n a u s erstreckte sich die T ä t ig k e i t des i n n e r h a l b der V e r e in ig u n g S üdwestdeutscher H a n d e l s k a m m e r n g e g rü n d e ten A ussch usses f ü r H o te lgew erbe u n d F re m d e n v e rk e h r . Z u m V o r o r t dieses A u s ­ schusses w u rd e die H a n d e l s k a m m e r K a r l s r u h e g e w ä h l t . L i n e n erheblichen A u s s c h n i t t a u s der T ä t i g k e i t der A a m m e r bildete d a s B esche in ig uu gsw esen . N a m e n t l i c h h an d e l te es sich u m A u s w e is e zur L r l a n g u u g v o n P ässe n , D r ing l ich ke itsb esche in igu iige» , R e ise ­ e r lau b n is se n ; A u s - u n d D u r c h f u h r v e r b o te m a c h te n die L r t e i l u n g vieler A u s k ü n f te n ö t ig . D ie A a m m e r regte fe rn e r die E r r i c h t u n g eines eigenen M i n i s t e r i u m s f ü r H a n d e l u n d G e w e r b e a n u n d stellte einen A n t r a g a u f B e s te l lu n g eines D ezernen ten f ü r H a n d e l u n d I n d u s t r i e b e im badischen M i n i s t e r i u m a u f Ü b e r g a n g s w i r t s c h a f t . D e m A n t r a g w u r d e sta ttgegeben. B e i d em A u s b a u der w i r t ­ schaftlichen In te r e s s e n v e r t r e tu n g e n B a d e n s in B e r l i n w u r d e n a u f die v o n der A a m m e r en tfa lte te W e rb e tä t ig k e i t v o n der I n d u s t r i e des B ezirks fü r d a s erste J a h r zunächst 3 2 0 0 0 M k . du rch f re i ­ w ill ige S p e n d e n a u fg e b ra c h t . Z u m Vorsitzenden des neu konsti tu ierten A l e i n h a n d e l s a u s - schusses w u r d e in e iner T a g u n g i m F e b r u a r der b i sh e r ig e V o r ­ sitzende A a r l L a y h v o n h ie r , z u m S te l lv e r t r e te r S t a d t r a t G e o r g L r t e l v o n R a s t a t t g e w ä h l t . I n der V o l l v e r s a m m l u n g der H a n d e l s k a m m e r im M ä r z w u rd e der V o ra n s c h l a g f ü r 1 9 ) 8 b e ra te n . A u s diesem sind zu e r w ä h n e n : E in s te l lu n g v o n ( 0 0 0 M a r k zu r F ö r d e r u n g der v o n d e m K a u f ­ m änn ischen V ere in K a r l s r u h e i n s Leben g eru fenen H a n d e l s h o c h ­ schule (w ie b i sh e r schon), a u ß e r d e m w ie b i s h e r : ( 0 0 0 M k . zu der K a r l s r u h e r H a n d e l s j a h re s s c h u le , 6 s O M k . zu r G e w ä h r u n g v o n B ü c h e r - u n d G e ld p re is e n a n die S c h ü le r der k au fm ä n n isc h e n F o r t ­ b i ld u n g s sch u le , bezw. H an d e ls s c h u le des K a m m e r b e z i r k s . D e r U m l a g e f u ß w u r d e w ie i m V o r j a h r e a u f f P f . fü r fOO U lk . steuer­ p f lich tiges K a p i t a l festgesetzt. I n der V o l l v e r s a m m l u n g im N o v e m b e r b e h a n d e l te die K a m m e r u . a . die F r a g e der angem essenen B e z a h lu n g der k a u f m ä n n is c h e n L e h r l in g e . F e r n e r w u r d e die N o tw en d ig k e i t der Ä n d e r u n g des W a h l v e r f a h r e n s bei der N e u w a h l der H a n d e l s ­ k a m m e r a n e r k a n n t . M i t g r o ß e m B e d a u e r n n a h m die V e r s a m m ­ l u n g K e n n t n i s v o n d em A u ssc h e id e n des l a n g j ä h r i g e n M i t g l i e d e s , G e h . K o m m e r z i e n r a t e s R o b e r t S in n e r . S ie beschloß, seinen S o h n , D i re k to r R u d o l f S in u e r , a l s E rs a tz m i tg l i e d m i t A m t s d a u e r b is z u r nächsten N e u w a h l zu b eru fen . E n d l i c h w ä h l t e die K a m m e r B a n k d i r e k to r R o b e r t N ik o la i zu ih r e m Rechner. A n f a n g D ezem ber w u r d e beschlossen, m i t d em V o l k s r a t d a h i n F ü h l u n g zu n eh m en , d a ß ein V e r t r e te r des G r o ß h a u d e l s a u s s c h u s s e s der H a n d e l s k a m m e r Sitz u n d S t i m m e i m V o l k s r a t e rh a l te . B e r i c h t w u r d e erstattet ü b e r die G r ü n d u n g der K a r l s r u h e r V er tr iebsgese l lschaf t m . b. H .. die i m E in v e r n e h m e n m i t der R e g ie r u n g v o n der H a n d e l s k a m m e r , der H a n d w e r k s k a m m e r u n d hiesigen B a n k e n zu r Ü b e r n a h m e und V e r w e r t u n g v o n W a r e n a l le r A r t E n d e N o v e m b e r e r fo lg t w a r . E n d l i c h w u r d e ü b e r die T ä t i g k e i t des A ngeste ll tenausschusses B e r ic h t erstattet, i n sb e so n d e re die V e r s a m m l u n g u n i G e n e h m i g u n g eines A u f r u f s a n die I n d u s t r i e l l e n u n d K a u f l e u t e des K a m m e r b e z i r k s ersucht. D e r A u f r u f sp rac h sich in sb e so n d e re f ü r die W ied e r- e iuste llung der a u s d em F e ld e h e im gekehrten A ngestell ten a u s und n a h m fe rn e r S te l l u n g gegen die E n t l a s s u n g vo rgeb i ld e te r weiblicher A ngeste ll ten , die schon v o r dem K r ie g e im k a u fm ä n n isc h e n B e ru f e t ä t ig w a r e n . E r e m p f a h l angem essene B e z a h lu n g sowie E i n ­ f ü h r u n g der ach ts tünd igen A rb e i tsz e i t , w o b e i A u s n a h m e n V o r ­ b e h a l te n b le iben sollen. D ie H a n d w e r k s k a m m e r h a t ü b e r ih re T ä t ig k e i t w ä h r e n d der K r ie g sz e i t einen gedruckten, 2 f O S e i te n um fassenden B e r ich t veröffentl icht. E r erstreckt sich a u f die Z e i t v o m f . A u g u s t lf lsH b i s s . A p r i l s ß s s t . W i r teilen d a r a u s die w ich t igeren A n g a b e n , i n s ­ besondere die a u s d e m J a h r e f 9 s 8 b i s s. A p r i l in K ü rz e m it . A m E n d e der B e r i c h t s p e r io d e w a r M a le r m e i s t e r E d u a r d I s e n m a n n — ( 5 5 — a u s B r u c h s a l Vorsitzender des K a m m e r v o r s t a n d e s . A u s K a r l s r u h e gc- g ehör ten dem K a m m e r v o r s t a n d a n B u c h b in d e rm e is te r G t t o Schick (stell­ ve r tre ten de r Vorsitzender) u n d B lechnerm eis te r L o u i s A n se lm e n t . D u rc h die a n d a u e r n d e V e r m e h r u n g der A r b e i t erwiesen sich die G e s c h ä f t s r ä u m e (S te in s t raße 23 ) a l s nicht m e h r au s re ich e n d . In fo lg e d e s s e n beschloß die V o l l v e r s a m m l u n g a m ( 3 . M ä r z ( 9 ( 9 e in s t im m ig , d a s H a u s F r ie d r i c h sp la tz 4 käuflich zu e rw e rb e n . D ie K a m m e r hielt ( 9 s 6 / ( 9 3 V olls i tzungen u n d ( 2 V o r s t a n d s ­ sitzungen a b . D ie E i n n a h m e n b e t ru g e n 7 ( 8 7 2 Akk. 95 P f . , die A u s g a b e n 7 ( H 7 H Akk. 8 8 P f . , d a s R e in v e r m ö g e n a m 3 ( . M ä r z ( 9 ( 3 - ( 5 ^ 8 Akk. ( ( P f . , a m 3 ( . M ä r z ( 9 ( 9 ^9 ( 8 3 Akk. 3 9 P f . A m E n d e der B e r ic h ts p e r io d e bes tanden i m A m ts b e z i rk K a r l s r u h e , Sitz K a r l s r u h e , (H I n n u n g e n , 4^( H an d w erk e rfach gen ossenschaf ten u n d -Vere ine , 5 H an d w e rk e rv e re in e u n d 2 G e w e rb e v e re in e . E i n g r o ß e s un d erfo lgreiches T ä t ig k e i t s g e b i e t w ä h r e n d des K r i e g e s w a r die V e r m i t t l u n g u n d Ü b e r n a h m e v o n H ee re s l ie fe ru n g e n . F e r n e r erstreckte sich die T ä t ig k e i t der K a m m e r a u f die F ü r s o r g e be tre ffs F o r t f ü h r u n g der B e t r ie b e der e ingezogenen H a n d w e r k s m e is t e r , R e ­ g e lu n g der K re d i tv e rh ä l tn is se , F ü r s o r g e f ü r k r iegsbeschäd ig te H a n d ­ werker u n d G e w erb e tre ib e n d e , sowie f ü r a u s d em F e ld e h e im k eh ­ rende H a n d w e rk e r , endlich a u f d a s L e h r l in g s w e se n . I n e iner a m ( 5 . D ezem ber ( 9 ( 8 a b g e h a l t e n e n K o n fe re n z w u r d e n neue R ic h t ­ l in ien aufges te l l t : „ D e r A c h ts tu n d en tag m a g w o h l f ü r die I n d u s t r i e eine B e re c h ­ t ig u n g f in d e n , b e im H a n d w e r k a b e r ist die M ö g l ic h k e i t seiner D u r c h f ü h r u n g v o n weitre ichender B e d e u t u n g " . . . „ E i n e e igen­ a r t ig e N eben e rsch e in u n g des A c h ts tu n d e n ta g e s , die nicht n u r den H a n d w e rk e rn , so n d e rn v o r a l le m auch den G ew erk sc h a f ten zu denken g ib t , ist die S u c h t v ie ler A r b e i t n e h m e r n ac h bezah l te r N eb e n b e sc h ä f ­ t i g u n g . " A b b a u der Z w a n g s w i r t s c h a f t , W i e d e r a u f b a u des H a n d w e r k s , bestmöglichste R o h s to f fzu w e isu n g , B e s e i t ig u n g v o n G e f ä n g n i s - u n d R e g ie a rb e i t . R e g e lu n g u n d D u r c h f ü h r u n g des S u b m i s s i o n s v e r f a h r e n s , der V e r t r a g s - u n d L o h n v e rh ä l tu is se , B i l d u n g e iner besonderen A b ­ te ilung f ü r d a s G e w e r b e in e inem M i n i s t e r i u m . Zw eckentsprechende S teu e rn . N e u r e g e lu n g des L e h r l in g s w e s e n s . F ü r s o r g e f ü r K r i e g s ­ beschädigte. M i t w i r k u n g der H an d w erk sk re i s e bei S c h a f f u n g v o n M o n o p o l e n u n d bei A b sc h lu ß v o n H a n d e l s v e r t r ä g e n , V e r l ä n g e r u n g — 156 — der G läub ig e rsch u tz f r i s ten f ü r heeresen tlassene H a n d w e rk e r u n d so­ ziale F ü r s o r g e f ü r H a n d w e r k e r . I m ü b r ig e n v erw eisen w i r a u f den e r w ä h n t e n B e r ic h t der H a n d w e r k s k a m m e r ( K a r l s r u h e ( 9 1 9 ) - A m ( 6 . J a n u a r h ie lt der D irek to r der L a n d w i r t s c h a f t s - k a m m e r , G k o n o m i e r a t Or. M ü l l e r , v o r L a n d t a g s a b g e o r d n e t e n einen D o r t r a g ü b e r die E r w e i t e r u n g de r A u f g a b e n der K a m m e r durch den K r i e g . A l s H a u p t a u f g a b e ble ibe die P r o d u k t i o n s ­ s te ige rung i m L a n d e . D ie ( 2 . ordentl iche V o l l v e r s a m m l u n g a m H. A p r i l w u r d e v o n M k o n o m i e r a t L ä n g e r eröffnet, der die L a n d ­ w ir te zu r M i t a r b e i t a m A u sg le ic h zwischen S t a d t u n d L a n d au f fo rd e r te . S t a a t s m i n i s t e r v o n B o d m a n sp rach ane rkennende M o r t e f ü r die L eis tungen der L a n d w i r t s c h a f t . I ) r . M ü l l e r erstattete den T ä t ig k e i t s ­ ber ich t. D ie B e te i l i g u n g n i i t 6 0 0 0 0 0 M k . a n der zu err ichtenden L a n d b a n k w u r d e beschlossen. I n der S i tzu n g v o m 5 . A p r i l w u r d e u . a . der A n k a u f des H a u s e s S t e f a u i e n s t r a ß e H5 b e w il l ig t u n d der V o r ­ a n s c h la g f ü r 1 9 1 8 a n g e n o m m e n . A m 15. D ez em b e r w u rd e eine au ß e ro rd e n t l ic h e V o l l v e r s a m m l u n g in A n w e se n h e i t des M in i s t e r s f ü r E r u ä h r u u g s w e s e n , T r u n k , a b g e h a l t e n . N achstehende E n t ­ s ch ließung w u r d e a n g e n o m m e n : „Die Vollversammlung der Badischen Landwirtschaftskammer erklärt ihre volle Übereinstimmung mit den vom Vorsitzenden und dem Vorstande abgegebenen Erklärungen, die eine rückhaltslose Unterstützung der vorläufigen Regierung zum Zweck der Aufrechterhaltung einer geordneten Lebensmittelversorgung von Volk und Truppen, sowie der E rha l tung und Steigerung der landwirtschaft­ lichen Produktion aussprechen. S ie begrüßt ferner die Errichtung des Landesbauernrats und die Schaffung von örtlichen und Bezirksbaucrnräten a ls der augenblicklichen Lage ent­ sprechende weitere V rgane zur W ahrung der landwirtschaftlichen Interessen und der Mitwirkung bei der Regelung der Volksernährung. Sie vermißt bei Bildung der vorläufigen Regierung die Berücksichtigung der Landwirtschaft und ersucht dringlich, sofort nachträglich ein Ministerium für Landwirtschaft zu bilden, nachdem auch für Arbeiter und Soldaten-Angelegenheiten besondere Ministerien errichtet worden find." D o s G e w e r k s c h a f t s k a r t e l l K a r l s r u h e h ie lt a m 2 s. M ä r z seine G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . D e r J a h r e s b e r i c h t ü b e r 1 9 1 ? w u rd e erstattet. 19 S i tzu n g e n h a b e n s ta t tge fu ndeu , w ie der B e r ic h t e r w ä h n te . F e r n e r g eh t a u s i h m h e r v o r , d a ß d a s K a r t e l l der E r n ä h r u u g s - f r a g e u n d der B r e n n s to f f v e r s o r g u n g viel Z e i t u n d M ü h e g e w id m e t — 5̂7 — h a t . L i n e g r o ß e A n z a h l v o n E i n g a b e n u n d B e sc h w e rd e n w u r d e den B e h ö rd e n ü b e rm i t te l t . D a s K a r t e l l sei au ch i m a b g e la u fe n e n J a h r e v o n der S t a d t v e r w a l t u n g in a n e r k e n n e n s w e r t e r M e ise finanziell unterstützt w o rd e n . D a s A rb e i te r s e k re ta r i a t w u r d e v o n 3 2 s 7 ( 1 9 1 6 : 5 0 s 2) A u sk u n f tsu c h e n d e n i» A n s p r u c h g e n o m m e n , die sich a u s 3 0 0 7 ( 2 8 0 8 ) A r b e i t n e h m e r n u n d deren A n g e h ö r ig e n ( s 7 6 9 m ä n n l ic h en u n d s 2 3 8 w eib l ichen), s 7 8 ( s ? 9 ) sonstigen P e r s o n e n ( s s 8 m ä n n l ic h e u n d 6 0 weibliche) u n d 3 2 ( 2 5 ) V ere in en u n d K ö rp e rsch a f te n zusam m ense tz teu . V o n den A u sk u n f t su c h e n d e n w o h n te n s 5 0 6 ( s 6 6 6 ) in K a r l s r u h e , s 7 s s k a m e n a u s a n d e re n G r t e n . G ew erkschaf tl ich o rg a n is i e r t w a r e n s 2 0 2 (9 9 8 ) P e r s o n e n — 37 ,H o/g (53 , s o/g). D ie Z a h l der erte ilten A u s k ü n f te b e t ru g 5-sOH ( 3 3 3 s) , d a v o n m ünd l ich 2 9 5 6 ( 3 0 6 7 ) u n d H-s8 (26<s) schriftlich. Die Z a h l der an ge fe r t ig ten Schriftsätze b e t ru g s 2 0 3 ( s s ^ 9 ) . P e r ­ sönliche V e r t r e tu n g e n e r fo lg ten in 3 2 F ä l l e n f ü r 5 2 P e r s o n e n . Z n einer V e r t r e t e r v e r s a m m lu n g v o m 6. Z u m w u r d e m itg e te i l t , d a ß eine U l i tg l i e d e rz u n a h m e zu verzeichnen sei, fe rner d a ß a n U nters tü tzungen i n s g e s a m t 7 3 6 5 0 Akk. a u s b e z a h l t w o r d e n w ä r e n . H e r r p r u l l un te rzog die dem R e ic h s ta g v o r l ie g en d e A r b e i t s k a m m e r ­ v o r la g e einer K r i t ik , die in e iner E n t s c h l i e ß u n g n iederge leg t w u rd e . A m s 6 . A u g u s t berichtete H e r r H o f ü b e r die W o h n u n g s f r a g e u n d U U e te in ig u n g s ä m te r . D ie Ansicht der V e r s a m m l u n g w u r d e in e inem Schriftstück niedergelegt, in dem es h i e ß : „ D a s G e w e r k s c h a f t s ­ kar te ll b i l l ig t die b ish e r ig e H a l t u n g u n d d a s V o rg e h e n der K o m ­ m ission in der W o h n u n g s f r a g e u n d spr ich t denselben D a n k a u s . " A m 3 0 . Z u n i h ie lt d a s V o l k s b ü r o u n d A r b e i t s - s e k r e t a r i a t f ü r K a r l s r u h e u n d U m g e b u n g seine G e n e r a l ­ v e r s a m m lu n g a b . D e r Z a h r e s b e r i c h t zeigte, w ie sehr die E i n ­ r ich tung , beso nd ers in H eeressachen , in A n s p r u c h g e n o m m e n w u rd e . 1 9 s 7 w u rd e n s 2 9 s A u s k ü n f te er te ilt u n d 5 2 5 Schriftsä tze an g e fe r t ig t . A u ß e r d e m ü b e r n a h m S e k re tä r Beltzer v ie lfach die V e r t r e tu n g der B i tts te lle r bei B e h ö r d e n u sw . Z n einer V e r s a m m l u n g der c h r i s t l i c h e n A r b e i t e r s c h a f t a m 2H. N o v e m b e r fo rd e r te G ew erk sc h a f ts se k re tä r E r s i n g die christlich gesinnten A rb e i t e r u n d A rb e i t e r i n n e n z u m A n s c h lu ß a n die christ­ lichen G ew erkschaf ten a u f . — s58 — A u f s o . J u l i h a t te der O b e r b ü r g e r m e i s t e r V e r t re te r v o n B e h ö r d e n , der G eis tlichkeit , der B a n k e n , des H a n d e l s u n d der I n d u s t r i e , des G e w e r b e s , der A rb e i t e r - u n d B e a m te n s c h a f t zu einer B e s p r e c h u n g ü b e r den b a r g e l d l o s e n Z a h l u n g s v e r k e h r e in g e la d en . D a s R e f e r a t h a t t e R e ic h sb an k d irek to r Dietz. An Hand von Umsatzzahlen der Reichsbank lieferte er den Beweis , wie wichtig für das gesamte wirtschaftliche Leben des Deutschen Reiches die Ver­ besserung der Ia h lu n g s f i t ten durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr ist. Durch das Steigen des Papiergeldumlaufes und den Abfluß an „Gold" ins neutrale Ausland und sonstige durch den Krieg bedingte Umstände ist unsere Valuta so gesunken, daß wir beispielsweise in der Schweiz für Ware, die dort tvo Franken kostet, 1H5 Mark bezahlen müssen. E s müsse mit allen Mitteln auf eine Besserung der Valuta hingearbeitet werden. Dies aber könnte am besten und leichtesten erzielt werden durch die Einbürgerung des bargeldlosen Verkehrs in allen Kreisen unseres Volkes. E s sei eine Tatsache, daß in Deutschland noch große Sum m en von Bargeld ungenützt herumliegen. J e stärker die Metalldeckung der Reichsbauk für die im Umlauf befindlichen Roten, um so höher der Kredit des Reiches und um so besser die Valuta der deutschen Mark im neutralen Ausland, w i e aus diesem Gebiete noch gesündigt wird, sei daraus zu ersehen, daß bei der Einziehung der Zweimarkstücke im Geschäftsbereich der Reichsbankstelle Karlsruhe allein zwei Millionen dieser Geldart eingelöst wurden, ein Beweis , welche große Snmme an Hartgeld immer noch von den einzelnen Familien aufgestapelt werden. Die dringende Notwendigkeit , hier eine Besserung z» erzielen, habe zur Bildung einer Zentralstelle in Berlin geführt, die die Aufgabe hat, (Organisationen zur Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im ganzen Deutschen Reiche zu gründen. Der Redner schloß seinen belehrenden und aufklärenden Vortrag mit der Bitte an die Anwesenden, sich zu einer Landes- und (Ortsgruppe zusammenzuschließen, um der Zentralstelle bei ihrer Aufgabe behilflich zu sein. A u f G r u n d e iner A u s s p r a c h e bildete sich ein A r b e i t s a u s s c h u ß , d em der O b e r b ü r g e r m e i s t e r , B ü r g e r m e is te r O r . A le in sch m id t , G e h . R a t S e u b e r t , K o m m e r z i e n r a t H a m b u r g e r , R e ic h sb an k d irek to r Dietz u n d D ire k to r H u b e r v o m Postscheckam t a n g e h ö re n . A m s 8 . N o v e m b e r g a b d a s B e z i r k s a m t b ek ann t , d a ß der L a n d e s v e r b a n d der bad ischen G e w e r b e - u n d H a n d w e r k e r - v e r e i n i g u n g e n in R a s t a t t du rch den G e w e r b e v e r e in K a r l s r u h e eine B e r a t u n g s s t e l l e h i e r eingerichtet habe . G in e V e r s a m m l u n g der g e w e r b l i c h e n V e r e i n i g u n g e n a m 2H. N o v e m b e r fo rd e r te die polit ische M i t w i r k u n g u n d G le ich ­ b e re ch t ig u n g des gew erb l ichen M i t t e l s t a n d e s i m neuen S t a a t . A m 3 . D ezem ber w u r d e z u m V o l lz u g der B e s t i m m u n g des R e ic h s a m ts ü b e r die R e g e lu n g der A r b e i t s z e i t g e w e r b ­ l i c h e r A r b e i t e r v o n der B a d is c h e n v o r lä u f ig e n V o lk s r e g ie r u u g eine V e r o r d n u n g erlassen, deren w esentlicher I n h a l t a lso l a u t e t e : „Die achtstündige tägliche Arbeitszeit darf nicht vor 7 Uhr morgens beginnen und sich nicht über 4 Uhr nachmittags erstrecken. Ausgenommen sind hiervon Arbeiten der in K tvö c Ziff. z der Reichsverordnung erwähnte Art, sofern sie nicht innerhalb der angegebenen Zeit vorgenommen werden könne». I n Betrieben mir zwei oder mehr Arbeitsschichten soll eine Schicht innerhalb der im Abs. t Batz t angegebenen Jei tgrenzen liegen." A i n 7. D ezem b er e r g in g a n die E i n w o h n e r s c h a f t U a r l s r u h e s fo lgende r A u f r u f i m A u f t r ä g e s ä m tl ich e r H a n d w e r k e r u n d G e w e r b e t r e i b e n d e r der S t a d t : „Die Abrüstung hat eine große Z a h l Handwerker und Gewerbetreibende ihrem Berufe wiedergegcben. L s fehlt aber an Arbeit für die Arbeitgeber und damit auch für die Arbeitnehmer. Helft der großen B o t dadurch steuern, daß I h r Arbeiten ansführen läßt, die während der letzten vier J a h r e liegen geblieben sind. Zögert nicht, wenn irgend möglich, neue oder tVieder- herstelluugsarbeiten in Auftrag zu geben. I h r entlastet damit den Arbeits­ losenmarkt und tragt zugleich eine Dankesschuld ab, besonders an alle Feld- grauen, die während des Krieges ihre Geschäfte haben im Stich lassen müssen und dadurch schwere wirtschaftliche Verluste erlitten haben." I n e iner V e r s a m m l u n g der A rb e i t s g e m e in s c h a f t der k a u f ­ m ä n n i s c h e n V e r b ä n d e a m 9- D ez em b e r w u r d e a u f die U nzuläng lichkei t der G e h ä l t e r der H an d e lsa n g e s te l l t e n h in gew iesen un d « O rg a n is a t io n v e r l a n g t , u m die F o r d e r u n g e n v e r t re ten zu können . E i n e V e r s a m m l u n g der V e r e in ig u n g sä m tl ich e r H a n d w e r k e r u n d G e w e r b e t r e i b e n d e n a m s9- D ez em b e r be ton te die N o t ­ wendigkeit der ( O r g a n i s a t io n a l le r H a n d w e r k e r u n d berichtete ü b e r S chrit te , die b e im M i n i s t e r i u m zu r W ie d e rb e le b u n g des H a n d w e r k s er fo lg t sind. A m 2H. D ezem b er f a n d eine zahlreich besuchte E r w e r b s ­ l o s e n - V e r s a m in l u n g statt . A u f G r u n d a m t l ic h e n M a t e r i a l s w u rd e e r w ä h n t , d a ß sich b i s d a h i n b e im städtischen A r b e i t s a m t r u n d 6 0 0 ste llungslose U a u f le u te gem elde t h a b e n , v o n denen H28 o r tsan säss ig seien. U b e r die a n d e re n B e r u f e feh lten statistische Z a h l e n . E s sollte B e sch lu ß g e f a ß t w erd en , w ie d em a l lg em e in e n A r b e i t s m a n g e l u n d der d a r a u s e rw ach senen persönlichen N o t der E r w e r b s l o s e n a m w irk sam s ten zu beg egn en w ä r e . N a c h l ä n g e r e r ^60 — B e r a t u n g e in ig te i n a n sich a u f die W a h l e iner F ü n fe rk o m m iss io n , bestehend a u s je 2 V e r t r e t e rn der H a n d lu n g s g e h i l f e n u n d A rb e i t e r bezw . H a n d w e r k e r u n d 1 V e r t r e te r der technischen Angestell ten , die i m E i n v e r n e h m e n m i t den bestehenden B e r u f s o r g a n i s a t i o n e n und d e m G ew erk sc h a f tsk a r te l l a u f E r f ü l l u n g fo lg en de r F o r d e r u n g e n h in a rb e i t e n so l l : „ 1. Zulassung vorgenannter Kommission zu den Sitzungen der betr. städt. Ausschüssen usw. zwecks W ahrung der Interessen der Arbeitslosen. 2 . Entlassung aller während des Krieges eingestellten weiblichen Hilfs­ kräfte und Pensionäre au s staatlichen, kommunalen und privaten Betrieben, sofern die zu Entlassenden nicht unbedingt auf Erwerb angewiesen sind. Z. Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für alle Erwerbslosen u. a. durch Einstellung in die vorstehend erwähnten freiwerdenden Stellen und evtl. durch allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit. Mindestverdienst von täglich 8 Mark, wozu im Bedürftigkeitsfalle aus Mitteln der Lrwerbslosen-Fürsorge ein Unter­ schiedsbetrag bis zur Höhe der znstehenden Erwerbslosen-Unterstützung zu zahlen wäre. q. E rhöhung der durch Stadtrats-Beschluß vom 2t- November ;g ;8 festgesetzten Erwerbslosen-Unterstützung mit Wirkung vom Lntlassnngstage bis zur Arbeitsaufnahme auf monatlich 2H0 Mark für einen ledigen E rw erbs­ losen, Zoo Mark für einen verheirateten Erwerbslosen ohne Kind, 22 0 Mark für einen verheirateten Erwerbslosen mit t Kind unter 15 J a h r e und fernere 20 Mark monatlich für jedes weitere Kind unter 42 J a h r e und erwerbs­ unfähige Kind über ;5 Ja h re ." D ie B a d is c h e v o r l ä u f ig e V o lk s r e g ie r u n g h a t eine V e r o r d n u n g e r la ssen , w o n a c h B e t r i e b e der M e t a l l - u n d c h e m i s c h e n I n d u s t r i e , u m l i o h l e zu s p a r e n , a m 2 ^ . D ezem ber 19 l 8 b is einschließlich H. J a n u a r 1 9 1 9 s t i l l z u l e g e n sind, so fern in ihn en m e h r a l s 3 0 A r b e i t e r beschäft ig t w e rd en . A u s g e n o m m e n bleiben die B e t r i e b e der S t a a t s e i s e n b a h n - V e r w a l t u n g ; fe rn e r die P r i v a t ­ be t r ieb e , die m i t d r ing l ichen A u f t r ä g e n der S t a a t s e i s e n b a h n - V e r w a l t u n g b e f a ß t , sow ie die B e t r ie b e der G o l d w a r e n - I n d u s t r i e . D ie fe ie rnden A r b e i t e r e r h a l t e n fü r den L o h n a u s f a l l E n t s c h ä d ig u n g . Diese w i r d f ü r 7 W e r k ta g e g e w ä h r t u n d b e t r ä g t 8 5 °/o des ' rege l­ m ä ß i g e n G e s a m t t a g e s v e r d ie n s te s . A u f N a c h w e i s der A u s z a h l u n g e rs ta tte t die G e m e in d e des B e tr ieb sb es i tze rs dem A rb e i tg e b e r die geleisteten E n t s c h ä d ig u n g e n b i s z u r H ö h e v o n 7 0 0/0 des rege l­ m ä ß i g e n G e s a m t t a g e s v e r d ie n s te s zurück; den Rest h a t der A r b e i t ­ geb e r en d g ü l t ig zu t r a g e n . — ( 6 1 — 3. Vereinsleben. u) V e r e i n e f ü r k ü n s t l e r i s c h e u n d w i s s e n s c h a f t l i c h e B e t ä t i g u n g . De r B a d i s c h e I r u n s t v e r e i n zäh lte i m B e r i c h t s j a h r e 999 M it g l i e d e r ( ( 9 ( 7 : ( 0 5 3 ) m i t ( 0 (9 ( ( 0 5 6 ) A n te i lscheine» . D ie Z a h l der B esuche r der A u s s te l lu n g m i t E i n t r i t t s k a r t e n zu 5 0 P f . be t ru g 3 2 0 0 ( 3 5 2 ( ) , m i t K a r t e n zu (0 P f . 99 (90 ), m i t S c h ü le r ­ kar ten zu 2 M k . H9 (H8) , i m g a n z e n s o m i t 3 3 H 8 ( 3 6 5 9 ) . A u s ­ w ä r t ig e K ün s t le r h a t te n 98 H (8H5), hiesige ( 0 3 5 ( 729) W erke a u s ­ gestellt. V e rk äu fe f a n d e n i m w e r t e v o n 7 0 0 (8 M k . ( 3 0 7 5 5 3 M k . ) s ta tt . D ie N a c h l a ß a u s s t e l l u n g e n bes tanden a u s W e rk en v o n F r i tz B ö h l e - F r a n k f u r t a . M . , P ro f e s s o r G . K a m p m a n n - G r ö t z i n g e n , G . T y r a h n - K a r l s r u h e , P ro fe s s o r H . E i c h f e l d - M a n n h e i m , P ro f e s s o r v o n K e l l e r - S t u t t g a r t u n d N a t h a n a e l S c h m i t t - K a r l s r u h e . D e r V ere in beschloß, a n S te l le der a l l jä h r l i c h e n V e r e i n s g a b e u n d der S o u d e r v e r lo s u n g in diesem J a h r e a n l ä ß l i c h se ines (OO- jä h r i g e n B e s te h en s (g eg rü n d e t ( 8 ( 8) a n die M i t g l i e d e r eine a n dieses E r e i g n i s e r in n e rn d e P la k e t te zu ü ber re ic hen ; diese w u r d e v o n B i l d h a u e r H einr ich E h e h a l t d a h i e r in S t a h l geschnitten u n d in der K u n s tp r ä g e a n s t a l t B . H . M a y e r in P f o r z h e i m g e p r ä g t . D e r P lake t te , die i m D ezem ber ( 9 (8 v e r te i l t w u rd e , w a r eine v o n G e h e i m r a t V r . G b s e r v e r f a ß te D enkschrif t ü b e r die ersten Z e i t e n des Bestehens des V e r e in s be igefügt. A u ß e r d e m w u r d e beschlossen, in E r i n n e r u n g a n d a s J u b i l ä u m a u s der d ie s m a l ig e n W e i h n a c h t s ­ a u s s te l lu n g bad ischer K ü n s t le r K u ns tw erke i m B e t r a g v o n 3 0 0 0 M k . an zukau fen u n d zu r V e r lo s u n g u n te r die M i t g l i e d e r zu b r in g e » . D e m g e m ä ß w u r d e n 6 W erke der P la s t ik u n d M a l e r e i a n g e k a u f t u n d verlost . Z m g an z en h a t der V e re in ( 9 (8 f ü r diesen A n k a u f , f ü r die P la k e t te u n d die a l lg em eine V e r lo s u n g v o n Anrechtscheinen ( 5 000 M k . v e r a u s g a b t . E n d l i c h w u r d e b e ­ schlossen, v o m ( . J a n u a r ( 9 (9 e inen G e s c h ä f t s f ü h r e r zu be­ stellen, d em neben der B e s o r g u n g der ü b r ig e n geschäftl ichen A n ­ gelegenheiten in sb e so n d e re die V e r m i t t l u n g v o n V e r k ä u f e n der i m K uns tvere ine ausgeste ll ten W e rk e ob l ieg en soll. H ierzu w u r d e der f rü h e re S e k r e tä r des V e r e in s , H a u p t m a n n a . D . R ich te r , bestellt. U — H62 — D ie E i n n a h m e n des V e r e in s b e t ru g e n i m B e r i c h t s j a h r e 2 8 F 3 0 , M k . 99 P f . ( ( 9 ( 7 : 3 2 ( 0 6 B l k . 98 P f . ) , die A u s g a b e n 2 8 5 9 7 M k . ( 6 P f . ( 3 3 0 5 5 M k . ) . D a s v e r m ö g e n ist a u f 7 8 5 7 0 M k . 8 3 P f . ( 7 8 ^ 2 B l k . 2 ( P f . ) berechne!. I m B l ä r z h ie lt der B a d i s c h e K u n s t g e w e r b e v e r e i n G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . N a c h d e m B e r ic h t hielten sich M i t - g l ieders tand u n d K asse a u f ziemlich gleicher H öhe , w ie b ish e r- Z w e i F r a g e n f ü h r te n in der V e r s a m m l u n g zu e inem leb haf ten M e i n u n g s a u s t a u s c h : D ie N e u s c h a f f u n g einer V ereinsze itschrif t a n ­ stelle d es b i s h e r ig e n K u n s tg e w e rb e b la t t e s u n d die E in r i c h t u n g einer B e ra tu n g s s t e l l e f ü r K u ns tg e w e rb e tre ib e n d e . H ie r h a t sich ein K u n s t - u n d K u l t u r r a t f ü r B a d e n gebi lde t . I m D ez em b e r t r a t er m i t einein A u f r u f , der v o n einer g r ö ß e r e n A n z a h l K ü n s t l e rn , K u n s t f r e u n d e n u n d wissenschaftlich ge­ bilde ten M ä n n e r n unterzeichnet w a r , v o r die (Öffentlichkeit. M i r geben h ie r den a l lg e m e in e n T e i l des A u f r u f s w iede r . D ieser la u te t : „Der Kunst- und K nl tu rra t bezweckt die W ahrung der Rechte des Geistes und der Kunst in allen öffentlichen Angelegenheiten geistiger und künstlerischer Art. E r sucht dies zu erreichen durch Aufklärung der «Öffentlichkeit (ins­ besondere der politischen Parte ien und amtlichen Stellen) über die geistigen und künstlerischen Grundbegriffe und Grundtatsachen; durch Vorschlag von Reformen der bestehenden und Begründung neuer Kunst- und Bildungs­ anstalten; durch B era tung der amtlichen Stellen in allen öffentlichen Kunst- und Geschmacksfragen, insbesondere in Fragen der Repräsentation des S taates durch B auten , Denkmäler, Münzen, Banknoten, Wertzeichen, Urkunde»; durch Überwachung der Ausführung des Beschlossenen, wenn nötig durch Kritik und Protest. Die Grundsätze für seine Tätigkeit sind hierbei folgende: E r fordert eine Kunst, die weder der Unterhaltung und dem Luxus, noch einseitiger Pflege der Sinne und des In tellekts dient, sondern als Ausdruck der höchsten seelischen w e r te der Nation sich an die Gesamtheit des Volkes wendet, E r fordert eine Wissenschaft, die nicht Erforschung und Registrierung des W ißbaren für Fachgelehrte ist, sondern die durch W ahl und W ertung den toten Wissensstoff belebt und damit der Volksgesamtheit ein anschauliches geistiges Weltbild schafft. - Sein Ziel ist der einheitliche Aufbau einer wahren Volkskultur, die das geistige Erbe der Nation und der Menschheit allen zugänglich macht und die Vorrechte des Geldes und der Bildung nicht mehr anerkennt." A m 7. D ez em b e r w u r d e u n te r M i t w i r k u n g einer g r o ß e n A n z a h l T echn iker die K a r l s r u h e r H 0 ch s ch u l v e r e i n i g u n g g eg rü nde t , — 1 6 3 — die sich zur A u f g a b e stellt, die B e z ie h u n g e n zwischen technischer P r a x i s u n d W issenschaft enger zu gestalten,, in sb e so n d e re au c h der F r i d e r i c i a n a M i t t e l zu r V e r f ü g u n g zu stellen z u r B e a r b e i t u n g v o n F r a g e n , die a u ß e r h a l b des B e re ic h es der s taa t l ichen A u f g a b e n liegen. D u rc h S t i f tu n g e n m e h re re r M i t g l i e d e r v e r f ü g t die V e r e in i ­ g u n g b ere i ts ü b e r ein ansehn lich es v e r m ö g e n . v o m V ere in f ü r ( O r i g i n a l - R a d i e r u n g in A a r l s r u h e ist w ie a l l jä h r l i c h z u m w e ih n a c h t s f e s t die u n te r L e i tu n g v o n P r o ­ fessor T o n z h e ra u sg e g e b e n e M a p p e erschienen. S ie en th ie l t R a ­ d ie ru n g e n v o n T o n z , A u p fe r s c h m id , R ie d e l u n d T h o m a , fe rn e r L i th o g r a p h i e n v o n E g l e r , G o e b e l , H au e ise n u n d v o n V o l k m a n n . Diese M a p p e schließt zugleich eine 2 5 j ä h r i g e T ä t ig k e i t des V e r e i n s a b . b ) v a t e r l ä n d i s c h e , l a n d s m a n n s c h a f t l i c h e , H a u s ­ b e s i t z e r - u n d S t a n d e s v e r e i n e . De r B u n d d e u t s c h e r B o d e n r e f o r m e r h ie l t a m 2 5 . J a n u a r u n d 13. M ä r z V e r s a m m l u n g e n a b . D e r L e i b g r e n a d i e r v e r e i n v e ra n s ta l te te a m 10. F e b r u a r eine va te r länd ische Z u s a m m e n k u n f t . A m 2 2 . J u l i h ie lt der M i l i t ä r v e r e i n G e n e r a l v e r s a m m ­ lu n g a b . A m s2 . O k t o b e r f a n d a u f E i n l a d u n g des A l b - u n d p f i n z g a u - M i l i t ä r v e r e i n s v e r b a n d e s eine Z u s a m m e n ­ kunft der G a u m i tg l i e d e r v o n A a r l s r u h e s ta tt . A m 29 . M a i legte der i m v o r ig e n J a h r e g eg rü n d e te „ B u n d f ü r d e u t s c h e F a m i l i e u n d V o l k s k r a f t " in öffentlicher V e r s a m m l u n g seine Z ie le d a r . D ie G e n e r a l v e r s a m m l u n g des G r u n d - u n d H a u s b e s i t z e r ­ v e r e i n s f a n d a m 7. M a i s t a t t ; er z ä h l t zurzeit 200H M i t g l i e d e r . A m 2 7 . J a n u a r h ie lt der v e r b a n d d e s d e u t s c h e n V e r k e h r s p e r s o n a l s , V e r w a l tu n g s s te l l e A a r l s r u h e I, eine G e ­ n e r a l v e r s a m m l u n g a b , die h a u p tsäc h l ic h L o h n f r a g e n beh and e l te . D ie V e r s a m m l u n g e n des w i r t e - v e r e i n s a m 3 0 . Z a n u a r u n d a m 10. A p r i l b e fa ß te n sich m i t den E r s c h w e r u n g e n der V e r ­ s o rg u n g m i t L e b e n sm i t te ln u n d G e t r ä n k e n . D e r d e u t s c h - n a t i o n a l e H a n d l u n g s g e h i l f e n v e r b a n d veransta l te te a m 9- F e b r u a r , 19. M ä r z u n d 9 . M a i V o r t r a g s a b e n d e . N * 164 - A m 13 . F e b r u a r h ie lten der V r t s v o r s t a n d d e r B e a m t e n ­ v e r e i n e u n d a m 17. F e b r u a r der G e m e i n d e a r b e i t e r v e r ­ b a n d V e r s a m m l u n g e n a b . D ie G e n e r a l v e r s a m m l u n g der K rankenzuschußkasse des M e r k - m e i s t e r - B e z i r k s v e r e i n s f a n d G n d e F e b r u a r statt. A m 5 . J u n i w u r d e die G e n e r a l v e r s a m m l u n g des V e r e i n s K a r l s r u h e r P r e s s e a b g e h a l t e n . A m 17. N o v e m b e r t a g te n der Z w e ig v e r e in des D e u t s c h e n B a n k b e a m t e n v e r e i n s , a m 2 s . N o v e m b e r die g a s t w i r t ­ s c h a f t l i c h A n g e s t e l l t e n u n d a m 2 s . N o v e m b e r die drei v e r b ä n d e t e c h n i s c h e r A n g e s t e l l t e n . D ie orden tl iche M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n g des B e z i rk sv e re in s K a r l s r u h e des V e r b a n d e s S ü - w e s t d e u t s c h e r Z n d u s t r i - e l l e r f a n d a m 2 8 . N o v e m b e r sta tt . A m 1. D ez em b e r h ie lten die G r t s g r u p p e des A l l g e m e i n e n D e u t s c h e n A I u s i k e r v e r b a u d e s eine V e r s a m m l u n g u n d a m 16. D ez em b e r die der H a n d l u n g s g e h i l f e n u n d H a n d l u n g s ­ g e h i l f i n n e n D e u t s c h la n d s ih re G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . c ) K o n f e s s i o n e l l e V e r e i n e . De r K a t h o l i s c h e G e s c h ä f t s g e h i l f i n n e n - u n d B e ­ a m t i n n e n v e r e i n b e g in g a m 3 . F e b r u a r sein 18. S t i f tu n g s fe s t . D e r K a t h o l i s c h e A r b e i t e r v e r e i n h ie lt a m 3 . M ä r z seine G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . A m 14. A p r i l b e g in g der S c h u t z e n g e l b u n d der p f a r r - gem ein de U . L. F r a u d a s Fes t der A u f n a h m e neu e r M i t g l i e d e r . D e r K a t h o l i s c h e A I ä n n e r v e r e i n d e r S ü d s t a d t h ie lt a m 2 7 . A p r i l seine G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b u n d veran s ta l te te a m 16. Z u m m i t d em Z u g e n d v e r e in einen v a te r län d isch e n A b e n d . A m 2 8 . A p r i l h ie l t der K a t h o l i s c h e F r a u e n b u n d , A w e ig v e re in K a r l s r u h e , G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . D e r K a t h o l i s c h e Z u g e n d v e r e i n d e r V s t s t a d t be­ g in g a m 2 . M a i die A u f n a h m e der S chu len tla ssenen m i t e iner A b e n d u n t e r h a l t u n g . A m 2 9 . S e p t e m b e r b e g in g d a s K r e u z b ü n d n i s (V ere in ab s t in e n te r K a th o l ik e n ) d a s G e d ä c h tn i s seines ze h n jä h r ig e n B es tehens . — ^65 — A m 15. D ezem b er v e ra n s ta l te ten die v e r e i n i g t e n K a t h o ­ l i s c h e n V e r e i n e v o n M ü h l b u r g eine B e g r ü ß u n g s f e i e r f ü r die he im gekehrten S o ld a t e n , a n dem selben T a g e ebenso der K a ­ t h o l i s c h e I u n g m ä n n e r v e r e i n B e i e r t h e i m . D e m R echenscha ftsber ich t des M ä n n e r - V i n z e n t i u s - V e r e i n s fü r d a s J a h r 1 9 1 8 e n tn e h m e n w i r fo lgende A n g a b e n : D ie K o n fe re n z v o n S t . S t e p h a n zäh lte 15 tä t ig e M i t g l i e d e r ( 1 9 1 7 : 1H) u n d 173 ( 2 1 8 ) T e i ln e h m e r u n d T e i ln e h m e r in n e n . D ie e n t ­ sprechenden Z a h l e n sind f ü r die L ie b frau e n k o n fe re n z 9 ( 1H) u n d 25H (2 8 1 ) , f ü r S t . B e r n h a r d H ( 11) u n d 12 s ( 1 2 3 ) , f ü r S t . B o n i - f a t i u s 7 ( 1) u n d 8 5 (7 6 ) u n d f ü r S t . P e t e r u n d P a u l 5 (5) tä t ig e M i t g l i e d e r . D ie G e s a m t e i n n a h m e n des V e r e in s beliefen sich a u f 10 9 7 6 M k . HO P f . , die A u s g a b e n a u f 10 2 5 2 M k . H3 P f . . d a s G e s a m tv e r m ö g e n a u f 15 2 8 8 M k . 9 7 P f . Unterstü tzt w u r d e n im g an zen 3 8 F a m i l i e n m i t z u s a m m e n 11 6 P e r s o n e n . H K i n d e r w a r e n a n s K osten des V e r e in s in A n s ta l t e n u n te rg e b ra c h t . D e r B o r r o m ä u s - V e r e i n f ü r d a s D e k a n a t K a r l s r u h e ha t te im verflossenen J a h r e 6 5 2 3 M k . ( 1 9 1 7 : HH25 M k . ) E i n ­ n a h m e n u n d 5 5 1 3 M k . (H 3 6 2 M k . ) A u s g a b e n . D ie V e r e i n s ­ an g e h ö r ig en erh ie lten B ü c h e r g a b e n i m W e r t e v o n 38H 7 M k . (3 2 9 3 M k . ) . F ü r V e r m e h r u n g der B ü c h e re ien h a t die Z e n t r a l ­ stelle 8 5 0 M k . zu r V e r f ü g u n g gestellt. A n B ü c h e r z u m A u s l e ih e n w a r e n 1 1 6 5 3 B ä n d e v o r h a n d e n ; 3 2 7 6 8 ( 2 6 9 H0) B ä n d e w u r d e n ausg e l ieh en . 6 . S p o r t - u n d a n d e r e V e r e i n e . A m 17. F e b r u a r v e rans ta l te te der 3 . B e z i rk des 10. K re is e s des A r b e i t e r - T n r n e r b u n d s h ie r ein S c h a u t u r n e n u n d a m 7. J u l i a u s A n l a ß des 2 5 j ä h r i g e n B e s tehens d es A r b e i t e r - T u r n e r ­ b u n d s in D e u tsch la n d ein F e s t tu rn e n in B u l a c h . D ie V e r e i n i g t e n K a r l s r u h e r T u r n v e r e i n e hie lten a m 16. M ä r z einen v a te r län d isch e n A b e n d a b . A m 29 . S e p t e m b e r veransta l te ten der obere K r a i c h t u r n g a u u n d der K a r l s r u h e r T u r n g a u g e m e in s a m ein v o lk s tü m l ic h e s lV e t tu r n e n in B r e i t e n . D e r K a r l s r u h e r M ä n n e r t u r n v e r e i n g a b a m H . D ezember f ü r die a u s d e m F e ld e he in igekehrten M i t g l i e d e r einen B e g r ü ß u n g s a b e n d . — ^66 — A m Z. S e p t e m b e r f a n d ein A r i e g s - W o h l t ä t i g k e i t s - W e t t s c h w i m m e n i m v i e r o r d t b a d s ta tt , a n dem sich s8 V ere ine beteil ig ten . D ie F u ß b a l l - W e t t s p i e l e , die a n S o n n - u n d F e ie r t a g e n zwischen den hiesigen V ere inen oder gegen a u s w ä r t i g e z u m A n s t r a g k a m e n , w a r e n zu zah lre ich , a l s d a ß sie h ie r a u f g e f ü h r t w erden könn ten . E s m u ß a u f die S p o r t b e i l a g e n der T a g e s z e i tu n g e n v e r ­ wiesen w erd en . A m s3 . J a n u a r hie lten der K a n i n ch e n z u ch t v e r e i n , S t a m m v e r e i n K a r l s r u h e u n d a m s 3 . F e b r u a r der T i e r s c h u t z - v e r e i n G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . V. Leistungen Ärs Gemeinstnns. Arnren- und Krankengstege. IN J a h r e 1 9 1 8 w u r d e n i in städtischen V i e r o r d t b a d i n s ­ g e s a m t 495298 ( ^ ^ 7 : 209 3 0 8 ) B ä d e r a b g e g eb e n , d a r u n t e r S c h w i m m b ä d e r 9 5 9 0 2 ( 1 1 6 3 8 9 ) , H e iß lu f t - u n d D a m p f ­ bäd e r 798H <7322), M a n n e n b ä d e r 8 1 8 1 8 (7 9 7 1 2 ) u n d K u r b ä d e r 6 5 9 1 ( 5 3 8 5 ) . B o n den 195 298 (209 3 0 8 ) B ä d e r n w u r d e n zu e r m ä ß ig te n P re i s e n (V o lk sb ä d e r ) i m g a n z e n a b g e g eb e n 1 3 117 (55 7-18) u n d z w a r 12 6 8 0 ( 5 1 8 7 7 ) S c h w i m m b ä d e r u n d 1 6 7 (871 H eiß lu f t - u n d D a m p f b ä d e r . A u f 1 0 0 E i n w o h n e r v o n A l t - K a r l s - ru h e k a m e n i m B e r i c h t s j a h r e 1 5 5 ,5 (16-1,2) B ä d e r , in der G e s a m t ­ stadt 1 3 5 ,3 (1-13,3). I m städtischen S c h w i m m - u n d S o n n e n b a d — geöff­ net in den M o n a t e n M a i b i s S e p t e m b e r — w u r d e n im g an z en 2 9 5 3 2 ( 1 9 1 7 : 12 8 3 8 ) B ä d e r ab ge gebe n . D a v o n entfielen a u f M ä n u e r u n d K n a b e n 22 108 ( 3 1 286), d a r u n t e r 5 1 3 3 ( 8 6 9 1 ) V o lk sb ä d e r , a u f F r a u e n u n d M ä d c h e n 7 1 2 6 ( 8 5 5 2 ) , d a r u n t e r 120 5 ( 1 8 2 7 ) v o l k s b ä d e r . I m S t a d t g a r t e n w u r d e n i m J a h r e 1 9 1 3 i n s g e s a m t 2 6 1 1 6 7 E iu z e lk a r t e n ( 1 9 1 2 : 2 3 5 8 0 7 ) v e rk a u f t u n d z w a r a n E r ­ wachsene 7 5 3 3 9 zu 3 1 1 6 5 M k . 90 P f . , a n K i n d e r 10 7 7 1 zu 8 8 6 7 M k . 90 P f . , a n S o n n t a g V o r m i t t a g e n a n E r w a c h s e n e 133 9 5 5 zu 13 3 9 5 M k . 5 0 P f . u n d a n K in d e r 1 1 3 9 9 zu 7 1 9 95 P f . I m g a n z e n w u r d e n s o m i t 5 7 1 1 9 M k . 2 5 P f . (12 2 7 3 M k . 3 0 P f . ) f ü r diese E in z e lk a r t e n e in g e n o m m e n . I a h r e s - 1. Leistungen des Gemeinsinns. — 168 — k a r te n w u r d e n i m g an z en 10 102 ( 5 9 1 0 ) Stück zu 3 6 7 1 9 ( 1 9 6 6 1 M k . 5 0 P f . ) ab g e g eb e n , u n d z w a r H a u p tk a r t e n 3 2 4 1 (1 7 1 5 ) , B e ik a r t e n u n d S ch ü le rk a r t en 6 8 6 1 ( ^ 1 9 5 ) . K o n z e r tk a r t e n w u r d e n 1 3 6 7 8 4 ( 1 0 8 9 3 1 ) zu 7 1 0 7 1 M k . 9 5 P f . (48 4 7 8 M k . 8 0 P f . ) v e rk a u f t . D ie K onze r te w erd en v o n der S t a d t a u f eigene R e c h n u n g v e ra n s ta l te t . D ie K a p e l l e n e rh a l ten feste V e r g ü tu n g e n . B o o t s k a r t e n w u r d e n 1 6 8 222 ( 1 5 1 7 5 3 ) zu 22 5 5 4 M . 90 P f . ( 1 5 1 7 5 M k . 3 0 P f . ) v e rk a u f t . E i s k a r t e n , R e i t - , F a h r - u n d W a g e k a r t e n 24 1 4 5 ( 4 0 7 5 4 ) zu 2 6 6 7 M k . ) 7 3 5 0 M k . 7 0 P f . V o m f . F e b r u a r g a l t e n z u m e in m a l ig e n B esuch des S t a d t ­ g a r t e n s fo lgende E i n t r i t t s p r e i s e : F ü r eine erw achsene P e r s o n 5 0 P f . , f ü r eine M i l i t ä r p e r s o n in U n i f o r m v o m F e ld w e b e l a b w ä r t s 2 5 P f . , f ü r ein R i n d i m A l t e r v o n 2— 10 J a h r e n 2 5 P f . , bei e r m ä ß ig te n E i n t r i t t s p r e i s e n a n S o n n - u n d F e ie r t a g e n f ü r jedes K in d b i s zu 10 J a h r e n 5 P f . K a r te n h e f te w u r d e n nicht m e h r a u s g eg e b en . A m 3 f . D ez em b e r des B e r i c h t s j a h r e s e r g a b sich i m S t a d t g a r t e n fo lg en d e r T i e r b e s t a n d : R a u b t i e r e 12, W i ld sc h w e in e 4 , H u ft ie re 3 1 , R a u b v ö g e l H , N a g e t i e r e 102 , B e u te l t ie re 1, A ffen 9 , S it t iche u n d P a p a g e i e n 12. S i n g - u n d Z i e r v ö g e l : K örn e rf re s se r 2 , H ü h n e r 64 , F a s a n e n 18, S t r a u ß 1, G ä n s e 6 , E u l e n 3 5 , W a l d h ü h n e r 1, P f a u e n 9 , T a u b e n 9 , S c h w ä n e 12, S u m p f v ö g e l 3 , R e p t i l i e n 9 , F ische 1 3 8 . F ü r die M i t g l i e d e r des V e r e i n s V o l k s b i l d u n g f a n d a m 3 . F e b r u a r eine F ü h r u n g du rch d a s K u n s tg e w e rb e m u s e u m u n te r L e i tu n g des D i r e k to r s Hoffacker statt . D ie H a u p t v e r s a m m ­ lu n g w u r d e a m 15. M ä r z a b g e h a l t e n . D e m J a h r e s b e r i c h t ist zu e n tn e h m e n , d a ß der V ere in trotz der K r ie g sz e i t erfolgreiche T ä ­ tigkeit en t fa l te t h a b e . D e r K assen ber ich t e r g a b ein g u te s B i l d der V e r e in s la g e . D e r B a d isc h e L a n d e s v e r e in der K a i s e r - W i l h e l m - S t i f ­ t u n g f ü r deutsche I n v a l i d e n a u s d em F e ld z u g 1870/71 h a t im G e s c h ä f t s j a h r 1918/19 6 6 3 I n v a l i d e n u n d 591 H in te rb l iebene im G e s a m t b e t r a g v o n 4 3 3 1 6 M k . 5 0 P f . unterstützt. V o n dieser S u m m e h a b e n die B e z i rk sv e re in e z u s a m m e n 34596 M k . 5 0 P f . , der Z e u t r a l f o n d s des L a n d e s v e r e i n s 10 7 2 0 Alk. a u fg e b ra c h t . — (69 — D er Z e n t r a l f o n d s h a t sich i m la u fe n d e n G e s c h ä f t s j a h r v o n 6 ( 3 H 8 M k. a u f 5 ( 5 0 2 Alk. v e r m in d e r t . D ie M i t g l i e d e r z a h l der G a r t e n s t a d t A a r l s r u h e b e t ru g a m ( . J a n u a r des B e r i c h t s j a h r e s ^ 9 5 ( ( 9 ( ^ : 5 26) m i t 93H (958) G esc h ä f tsa n te i len . G in g e t re te n sind w ä h r e n d des J a h r e s 5 2 M i t ­ g lieder m i t 5 2 A n te i l e n , 2 ( w eite re A n te i le w u r d e n v o n M i t g l i e d e r n ü b e r n o m m e n . A u sgesch ieden sind 3 ( M i t g l i e d e r m i t 3 ( A n te i le n , so m i t S t a n d a m 3 t . D ez em b e r des B e r i c h t s j a h r e s 5(H M i t g l i e d e r m i t G e sc h ä f t s a n te i le n . D ie H a f t s u m m e b e t ru g a m Schluffe des B e r i c h t s j a h r e s ( 9 5 2 0 0 Alk. ( t 8 6 8 0 0 Alk.) V e r ­ m ö g e n u n d V erb ind l ichkei ten sind m i t ( 8 6 H 7 9 ( ^ 9 ( (8 - ( 7 - ( 2 2 Alk. 3 3 P f . ) berechnet. D e r M i e t e r - u n d B a u v e r e i n zäh lte a m ( . J a n u a r des B e r i c h t s j a h r e s (H28 ( ( 9 ( " : ( H l? ) M i t g l i e d e r m i t (5 9 3 ( (5 8 5 ) G esc h ä f ts a n te i le n . I m L a u fe des J a h r e s ( 9 ( 8 sind 2 0 ( M i t ­ glieder n i i t 2 0 ( A n te i le n e ingetre ten . ( ( w eite re A n te i le w u r d e n ü b e r n o m m e n . M i t S c h lu ß des J a h r e s schieden H6 M i t g l i e d e r m i t 5 3 A n te i len a u s . S t a n d a m ( . J a n u a r ( 9 ( 9 ( 5 8 3 M i t g l i e d e r m i t ( 7 5 2 A n te i le n . D a s G e s c h ä f t s g u t h a b e n der M i t g l i e d e r h a t sich i m J a h r s ( 9 ( 8 u m 2 7 8H5 M k . 6 2 P f . ( 5 7 0 7 M k . 3 0 P f . ) v e r m e h r t . D ie G e s a m t h a f t s u m m e b e t r u g a m ( . J a n u a r ( 9 ( 8 3 ( 8 6 0 0 M k . , a m S c h lu ß des J a h r e s 3 6 ( 0 0 0 M k . V e r m ö g e n u n d S chu lden sind a u f den 3 ( . D ez em b e r ( 9 ( 8 m i t 3 6 0 0 0 7 9 2 5 P f . (3 2 9 ( 8 7 3 M k . 9 ( P f . ) berechnet. D e r L e b e n s b e d ü r f n i s v e r e i n h ie lt a m 2 ( . M ä r z ( 9 ( 9 G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . D e r G e s a m tu m s a tz des B e r i c h t s j a h r e s b e t ru g 6 ( 3 0 6 2 5 M k . ( ( 9 ( 7 : 5 3 ( 6 ^ 3 5 M k . ) . D e r M e h r u m s a t z entfiel in der H a u p ts a c h e a u f d a s M a r e n - u n d M e in g esc h ä f t . D e r R e in g e w in n b e l ä u f t sich a u f - ( 0 7 ^ 5 ^ M k . 5 8 P f . ( 3 6 ( ^ 6 8 M k . 8 5 P f . ) . D ie A nkosten sind im B e r i c h t s j a h r a u f r u n d ( 2 3 0 0 0 M k . gew achsen. D e r höhere R e in g e w i n n e rm ög l ich te w ie d e r u m neben einer 5 " /» ig e n V e rz in su n g der G e s c h ä f t s a n te i le eine D iv id e n d e v o n 6°/o- D e r R e se rv e fo n d s w u r d e v o n ( 2 0 0 0 0 M k . a u f ( 6 0 0 0 0 M k . erhöht, dem D i s p o s i t i o n s f o n d s u n d dein G r n e u e r u n g s f o n d s je ( 0 0 0 0 M k . dem A r a f t w a g e n k o n t o 2 0 0 0 0 M k . u n d d em U n t e r ­ stü tzungsfond 3 3 2 A lk . 89 P f . ü b erw iesen . D a s G e s c h ä f t s g u t ­ h a b e n der M i t g l i e d e r belief sich a m 3 ( . D ez em b e r ( 9 ( 8 a u f — (70 — 6 7 7 21(8 M k . 3 0 P f . (669039 M k . 5 0 P f . ) . D ie Z a h l der M i t ­ g lieder b e t ru g a u f ( . Z a n u a r ( 9 ( 9 f 2 0 ( ^ ( ( ( 2 2 2 9 ). — D er G e ­ sc häf tsbe r ich t gedachte der a u f d e m F e ld e der E h r e gefallenen A ngestell ten u n d e r w ä h n t e die B e s c h ä d ig u n g e n die d a s V e re in s - an w e se n in der p u t l i t z s t ra ß e bei den F l i e g e r a n g r i f f e n a m 2 5 . J u n i u n d 2 2 . A u g u s t e r l i t ten h a t . w ä h r e n d a m 2 5 . J u n i d a s Bäckere i­ g e b ä u d e durch B o m b e n s p l i t t e r beschäd ig t w u rd e , fiel bei dem A n g r i f f a m 2 2 . A u g u s t eine B o m b e a u f d a s G l a s d a c h des V e r e in s ­ g e b ä u d e s u n d richtete h ie r einen S c h a d e n v o n üb e r 6 7 0 0 0 M k . a n . D a n n schloß sich a n den G esc h ä f t sb e r i c h t eine A u s s p r a c h e an , w o r a u f die E r n e u e r u n g s w a h l in den A u fs ic h t s r a t erfo lg te . A u ß e r ­ d e m W a h l v o r s c h l a g d es V e r w a l t u n g s r a t e s l a g ein solcher des G e w e r k s c h a f t s k a r te l l s v o r . D e r letztere erh ie l t die M e h r h e i t . D e r V e r k e h r s v e r e i n K a r l s r u h e h a t fü r ( 9 ( 8 einen gedruckten J a h r e s b e r i c h t h e r a u s g e g e b e n . Z n der M i t g l i e d e r ­ v e r s a m m l u n g , die a m 8. M ä r z ( 9 ( 9 a b g e h a l t e n w u r d e , g a b der S c h r i f t f ü h r e r , G b e r s ta d ts e k re tä r L a c h e r , einige E r l ä u t e r u n g e n zu d em B e r ic h t . E r be ton te in sb e so n d e re , d a ß sich die öffentliche A u sk u n f ts s te l le des V e r e in s ( B a h n h o f s p l a t z 6 ) f o r td a u e r n d g u t entwickelt h a b e . M i t d em M i t t e l e u r o p ä i s c h e n R e ise b ü ro in B e r l i n ( G . m . b. H . ) u n d der E u r o p ä i s c h e n G ü t e r - u n d Reisegepäck- V e r s i c h e r u n g s - A . - G . w u r d e ein A b k o m m e n getroffen , w o n a c h die A u sk u n f ts s te l le ih r e V e r t r e tu n g e n ü b e r n i m m t u n d die R e isen ­ den in sb e so n d e re die M ö g l ic h k e i t der V ers ich erung ih r e s G epäcks h a b e n , w e i t e r w u r d e bem erk t , d a ß der F r e m d e n v e rk e h r in K a r l s r u h e w ie ü b e r a l l in fo lg e des K r i e g e s zu rückgegangen , d a ß a b e r in der zweiten H ä l f te des Z a h r e s ein S te ig e n zu verzeichnen gewesen sei. — E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n f ü r ( 9 ( 8 b e t ru gen r u n d 2 2 0 0 0 M k . D e r V o r a n s c h l a g fü r ( 9 ( 9 sieht ( 0 ^ 5 0 M k . E i n n a h m e n v o r , d a r u n t e r Z uschüsse v o n der S t a d t 5 5 0 0 M k . , A u s g a b e n ( 3 0 0 0 M k . D e r F e h l b e t r a g soll, sofern nicht ein erheb licher M i t g l i e d e r z u w a c h s eintrete , du rch E i n s p a r u n g e n beseitigt w e rd e n . W e g e n E r h a l t u n g des B o ta n is c h e n G a r t e n s , der A n ­ la g e n a u f dem S c h lo ß p la tz , des F a s a n e n g a r t e n s n n d der A b w e n d u n g der d a u n d d o r t a n g e re g te n te ilweisen A u ss tockung des H a r d t w a l d e s h a t der V e re in S c h r i t te bei den m a ß g e b e n d e n B e h ö r d e n g e ta n . — (7( — D er V e r e i n z u r B e l o h n u n g t r e u e r D i e n s t b o t e n hielt a m 2 2 . M a i in A n w e se n h e i t der G r o ß h e r z o g i n Luise die jä h r l ich e P r e i s v e r t e i l u n g . V o n den v o n G r o ß h e r z o g i n Luise ge­ stifteten A u sz e ic h n u n g e n erh ie l ten 8 D ien s tbo ten d a s s i lberne E h r e n - kreuz fü r eine Dienstzeit v o n 2 3 J a h r e n , ein D iens tbo te d a s s i lber­ vergolde te f ü r eine Dienstzeit v o n HO J a h r e n u n d ein D iens tbo te d a s s i lber-ve rgolde te m i t K r a n z u n d der Z a h l 5 0 f ü r eine D iens t­ zeit v o n 5 0 J a h r e n . V o n : V ere in erh ie l ten HZ D iens tb o ten eine B e l o b u n g f ü r 3 - b i s 6 j ä h r i g e Dienstzeit . P re is e w u r d e n i m g anzen a n 5Y D ien s tbo ten f ü r 6 - b i s H 5 jä h r ig e Dienstzeit gegeben . V o n diesen m i t P r e i s e n bedachten D iens tbo ten erh ie l ten 9 a u s der L je in r i c h -V ie ro rd t -S t i f tu n g eine Z u l a g e v o n je 5 M k . w egen l a n g ­ j ä h r i g e r Dienstzeit, 2 eine Z u l a g e a u s derselben S t i f t u n g v o n je 5 M k . w egen a u f o p f e r n d e r K ra n k en p f le g e . E i n e besondere A n ­ e rkennung w egen K ra n k en p f le g e erh ie lten 3 D iens tbo ten . — D e r V ere in zä h l t H 8( ( ( 9 ( 7 : ^ 6 2 ) M i t g l i e d e r . D ie E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n b e t ru g e n im R e c h n u n g s j a h r ( 9 ( 6 / ( 7 3 0 8 6 M k . 7 0 P f . (257 ( M k . 95 P f . ) . D a s V e r m ö g e n des V e r e in s beziffert sich a u f 3 5 0 5 7 M k . 5 s P f . ( 3 H 7 6 6 M k . 90 P f . ) . D ie K a r l - F r i e d r i c h - L e o p o l d - u n d S o p h i e n - S t i f t u n g ( p f r ü n d n e r h a u s ) zäh lte a m S chluffe des B e r i c h t s j a h r e s 6 5 ( ( 9 ( < : 68) P f r ü n d n e r erster u n d H5 (56) P f r ü n d n e r zw eite r K lasse . D ie la u fe n d e n E i n n a h m e n b e t ru g e n ( ( 7 3 H 3 M k . 2 0 P f . ( ( 0 8 (69 M k . 3 7 P f . ) , die A u s g a b e n ( 3 H 5 ( ( M k . 7 0 P f . ( ( 0 3 8 ( 0 M k . ( 5 P f . ) . F ü r den G run ds to ck g in g e n dein P f r ü n d n e r h a u s i n : B e r i c h t s j a h r keine M i t t e l zu. D ie B u c h d ru c k e r -Z n v a l id e n k a s s e „ G u t e n b e r g - S t i f t u n g " h a t te im a b g e la u fe n e n Z a h r e 3 0 f l6 M k . 95 P f . o rden tl iche E i n ­ n a h m e n u n d 2 H 6 0 M k . ( 0 P f . orden tl iche A u s g a b e n . D a s V e r ­ m ö g e n b e t ru g a m ( . Z a n u a r des B e r i c h t s j a h r e s 5 9 OH8 A lk . 2 ( P f - — D ie H in terb l iebencnkasse der K a r l s r u h e r B u c h d r u c k e r ­ g e h i l f e n h a t te 6 7 5 M k . 7 5 P f . E i n n a h m e n u n d 6 7 6 M k . 5 P f . A u s g a b e n . D a s v e r m ö g e n b e t ru g ( 2 0 0 0 M k . 2 8 P f . D er B a d i s c h e S c h w a r z w a l d v e r e i n ( D r t s - u n d B e ­ z i rk sg ru ppe K a r l s r u h e ) zäh l te a m S c h l u ß des B e r i c h t s j a h r e s r u n d ( 3 0 0 M i tg l ie d e r . D ie E i n n a h m e n des V e r e in s b e t ru g e n 7 H ( 2 M k . — (72 — 6 0 P f . ( 1 9 ! ? : 7 H ( ( M k . 5 0 P f . ) , d a r u n t e r 5 0 M k . v o n G r o ß ­ herz o g in Luise u n d H 30 M k . v o n der S ta d tg e m e in d e K a r l s r u h e . D ie A u s g a b e n beliefen sich a u f 68 H 6 M k . 9 P f . ( 5 3 9 ( M k . 2 7 P f . ) . D a s v e r m ö g e n ist a u f 7 8 7 5 M k . 2 3 P f . ( 7 3 0 8 M k . 7 2 P f . ) berechnet. F ü r die F r e i w i l l i g e F e u e r w e h r h a t te die L ta d tg e m e in d e in den V o r a n s c h l a g des B e r i c h t s j a h r e s e inen B e i t r a g v o n 96 6 0 0 M k . ( ( 9 ( 7 : 8 9 3 ^ 2 M k . , w irk licher v e r b r a u c h 7 9 9 H 6 M k . ) eingesetzt. Die H a u p t ü b u n g der F e u e r w e h r der A l t s t a d t f a n d a m 2 7 . S e p te m b e r s ta tt . D ie F e u e r w e h r d es S t a d t t e i l s M ü h l b u r g h ie l t ih re F r ü h j a h r s ­ ü b u n g a m ( ( . M a i , die H e r b s tü b u n g a m (9- V k t o b e r a b . D e r engere A u s s c h u ß des B a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n s h ie lt a m 5 . J u n i in G e g e n w a r t der G r o ß h e r z o g in n e n H i ld a u n d Luise seine Z a h r e s s i t z u n g a b . D e r G e n e ra ls e k re tä r ersta tte te über die L a g e des V e r e i n s u n d ü b e r die T ä t ig k e i t desselben im a b g e la u fe n en J a h r e B e r ic h t , w o b e i sich A u s s p r a c h e n m i t den V e r t r e te rn der Z w e ig v e re in e anschlossen. A u c h ü b e r d a s R e c h n u n g sw e se n der Z e n t r a l f o n d s w u r d e B e r ic h t ers ta t te t .* ) D e r ( 9 ( 7 err ichtete „ S o z i a l e K u r s " (verg l . T h r o n i k ( 9 ( 7 S . 2 7 2 ) w u r d e i m L a u f e des B e r i c h t s j a h r e s iu eine „ S o z i a l e F r a u e n s ch u l e " u m g e w a u d e l t . N e b e n der „ S o z i a l e n F r a u e n ­ schule" richtete der V ere in einen besonderen „ R u r s f ü r A u s b i l d u n g soz ialer H i l f s k r ä f t e " ein. v o n der v o m F r a u e n v e r e i n u n te rh a l te n e n v o l k s b i b l i o t h c k g in g e n (H S e n d u n g e n m i t z u s a m m e n 5 5 6 B ä n d e n a n die L a n d o r te . D ie hiesige A us le ihes te lle g a b i m g an z en 3 3 6 0 ( ( 9 ( 7 : lOHH) B ä n d e a u f 8 3 gelöste A u s l e ih k a r t e n a b . Z n der S ä u g l i n g s f ü r s 0 r g e des F r a u e n v e r e i n s b e t ru g die Z a h l der in der A l t s t a d t u n d in M ü h l b u r g ü b e rw ac h ten A i n d e r ( 2 0 9 ( ( 9 ( 7 : 989). D ie a l lw öchentlich s ta tlf indende B e r a t u n g s - s tunde f ü r d a s A le in k in d ( R i n d v o m 2 . b i s 6 . L e b e n s j a h r ) w u rd e j e w e i l s v o n e t w a 2 0 A i n d e r n besucht. Z n der M ä d ch e n f ü r s 0 r g e des F r a u e n v e r e i n s stellten sich ( 3 s M ä d c h e n u n te r den Schutz des V e r e in s . — D a s F ü r s o r g e h e im *) S ieh e im einzelnen den gedruckten Bericht des B ad . Frauenvereins. Phot- Oskar Slick K a u fm a n n Friedrich W ilh e lm D o e r in g fllt-Stadtrat — (75 — (Oienstbotenschule) in S c h e ib e n h a rd t w a r zu B e g i n n des J a h r e s ( 9 ( 8 von 6 Z ö g l in g e n besetzt. N e u a u f g e n o m m e n w u r d e n ( 3 . I m A s y l u n d E r z i e h u n g s h a u s S c h e i b e n h a r d t befanden sich a m ( . J a n u a r ( 9 ( 8 H S Z ö g l i n g e ( 5 0 k a t h o l . , ( 6 e v a n g e l . ) . I m T au fe des J a h r e s g in g e n ( 3 zu, s o m i t 39 , 2H w ied e r a b , som it S t a n d a m I a h r e s s c h l u ß 3 3 (23 k a th o l . , ( 0 e v a n g e l . ) . D ie 59 s tanden säm tl ich u n te r Z w a n g s e r z i e h u n g . V o n den 2 -( ab g e h e n d e n M ä d c h e n k a m e n ( ( in Dienststellen, ( ( nach H au se , 2 g in g e n f lüchtig. D a s V e rm ö g e n ist a u f 5 ( . D ezem ber ( 9 (8 m i t 3 ^ 8 3 Akk. berechnet . D a s G e s c h ä f t s g e h i l f i n n e n h e i m des F r a u e n v e r e i n s w a r im L a u f e des g a n z e n J a h r e s stets v o l l besetzt. D ie Z a h l der p e n s io n s t a g e b e t ru g ( 3 ( 3 7 ( ( 9 ( 7 : ( 3 3 9 3 ) . D ie a n S ta d tg ä s te ve rabre ich ten M i t t a g e s s e n beliefen sich a u f (8 3 3 9 ( ( 7 0 5 2 ) , die Abendessen 7 ^ 5 9 (6 3 6 8 ) . A l s V e r m ö g e n besitzt d a s h e i m a m S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s den A n te i l a m H e im g e b ä u d e m i t ( 7 3 0 6 M k . , a n sonst igem V e r m ö g e n 9 7 5 8 U lk . — F ü r d a s A rb e i te r in n e n h e im w u rd e ein eigenes H a u s ( S o n n t a g s p l a t z 2 ) e r w o rb e n . A n k a u f s p r e i s 7 0 H 0 0 M k . A m 2 7 . O k t o b e r w u r d e d a s neue h e i m m i t einer kleinen F e ie r e ingew eih t . D ie E r ö f f n u n g des A b e n d H e i m e s f ü r A r b e i t e r i n n e n al le r B e tr ieb e i m h i l d a h a u s ( S c h e f f e l - S t r a ß e 3 7 ) f a n d a m 2 ( . J a n u a r statt . D e r A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n v e ra n s ta l te te a m 2 ( . J a n u a r u n te r M i t w i r k u n g v o n A ü n s t l e rn des H o f th e a te r s einen V o r t r a g s ­ ab e n d . A m 2H. J u n i erstattete S t a d t r a t O r . B i n z in der H a u p t ­ v e r s a m m lu n g d e s I u g e n d b i l d u n g s v e r e i n s den G e sc h ä f tsb e r ich t fü r (9 ( 7 / ( 8 . Die Z a h l der M i t g l i e d e r b e t ru g a m S c h lu ß des G e s c h ä f t s ­ j a h r e s ( 3 ( . M ä r z ( 9 ( 8 ) H85. D ie körperliche, geistige u n d sittliche E r t ü c h t ig u n g der vo lksschulen tlassenen J u g e n d ist der H aup tzw eck des V e re in s . A n E in r i c h t u n g e n , die diesen: Z w eck d ienen sollen, sind in den S a tz u n g e n u . a . v o rg e se h e n : V e r a n s t a l t u n g e n z u r B e ­ le h ru n g und U n t e r h a l t u n g der J u g e n d , E l t e r n - A b e n d e m i t D a r ­ b ie tung en der J u g e n d , S p o r t , B ib l io th e k u n d Lesehalle. E i n J u g e n d h e i m w u rd e in d e m H a u s e U a i s e r - S t r a ß e (H 5 p ro v iso r isch e ingerichtet. D ie j u n g e n Leute f inden d o r t S p ie le u n d Lesestoff - s?4 - Z u A n f a n g des B e r i c h t s j a h r e s h a l t e n sich die B e r u f s - b e r a t u n g s st e l l e n des „ N a t i o n a l e n F r a u e n d ie n s te s " u n d des „ A a th o l i s c h e n F r a u e n b u n d e s " zu g e m e in s a m e n U n te r n e h m u n g e n u n d V e r h a n d l u n g e n zusam m engesch lossen . D ie kostenlosen S p re ch - stunden f a n d e n , w ie b i s h e r , g e t re n n t s ta t t , u n d z w a r die des „ N a t i o n a l e n F r a u e n d ie n s t e s " , Z ä h r i n g e r - S t r a ß e sOO, die des „ A a th o l i s c h e n F r a u e n b u n d e s " , B l ü c h e r - S t r a ß e 3 . D ie A l e i n k i n d e r b e w a h r a n s t a l t e n (Aleinkinderschulen) w u r d e n a m s . D ez em b e r s f i s 8 v o n 6 s ^ ( s 9 s < - 220) A in d e r n besucht, 5s^s (36 8 ) A n a b e n u n d 5 0 0 (532) M ä d c h e n . v o n den 6 sH A i n d e r n besuchten 6 3 die S chu le i m M u t t e r h a u s fü r A in d e r - schwestern, sO-s die i in H i l d a h a u s , 2 -sO die i m G e m e i n d e h a u s der S ü d s ta d t , 89 die in der R u d o l f - S t r a ß e , 8 5 die in der B e l f o r t - S t r a ß e u n d 5 5 die in der A k a d e m ie - S t r a ß e . — D a s M u t t e r h a u s h a t t e i m B e r i c h t s j a h r e s-s2 a u s w ä r t i g e S t a t i o n e n m i t 2 s 5 ( s 9 s 7 : 2 0 7 ) S ch w es te rn besetzt, j 7 ( s5 ) Schw estern w a r e n b e u r la u b t , s 5 (s-s) befinden sich i m R u h e s ta n d , ss) (20 ) S chw esternzöglinge w a r e n i m H au se . D a s g ib t z u s a m m e n 2 6 2 (256) Schw estern . Z m S t . E l i s a b e t h e n h a u s ü b e rn ach te ten i m B e r i c h t s j a h r e 5 s 5 ( s 9 s 2 : 2 s 0 ) M ä d c h e n m i t s 6 8 3 ( s s 86) Ü b e rn a c h tu n g e n . 8 3 6 ( s s 0 5 ) D ien s tm ä d ch en suchten S telle , 2 s sO (2 6 5 5 ) D ienstgeber suchten M ä d c h e n , 5 f i6 (60 6 ) S te l len w u r d e n v e rm i t te l t . 2 6 0 (5 7 s ) s tänd ige u n d v o r ü b e rg e h e n d e P e n s io n ä r i n n e n b e w o h n te n die A n s ta l t , s^sO (60) Z ö g l i n g e besuchten die N äh sc h u le . I m S t . F r a n z i s k u s h a u s w u r d e n i m B e r i c h t s j a h r e fi6 ( s 7 0 ) S te l len v e rm i t te l t . s 5 8 (229 ) D iens tm äd ch en suchten S te l len , 7-s5 ( s 0 5 6 ) D iens tgeber suchten D iens tbo ten . 5 0 H a u s h a l t u n g s ­ zög l inge besuchten d a s H a u s , ŝO ( ^ ) P e n s io n ä r i n n e n be fa n d en sich i m D a m e n h e i n i . D a s S t . I o s e p h s h a u s b eh e rberg te im B e r i c h t s j a h r e sOO M ä d c h e n ( s s i0 7 : s3 5 ) n i i t 2-s^8 (720 ) Ü b e r n a c h tu n g e n . s 5 2 S te l len w u r d e n v e rm i t te l t . s 7 0 ( s 2 H) M ä d c h e n suchten S te l len , s0^s5 (6 2 0 ) H er rs cha f ten suchten D iens tm ädchen . s 8 0 ( s 6 0 ) M ä d c h e n besuchten die F r a u e n a r b e i t s s c h u l e . 2^s (2^s) s tänd ige P e n s io n ä r e b e fa n d en sich i m D a m e n h e i m , v o rü b e rg e h e n d e P e n s io n ä r e w a r e n 3 2 . D a s M a r t h a h a u s b eh e rberg te im B e r i c h t s j a h r e 3 5 s M ä d c h e n u n d F r a u e n ( s f i s 7 : 5 9 s ) m i t 7 5 0 0 (7 7 6 H ) Ü b e r n a c h tu n g e n . — (75 — D a z u k a m e n 3 2 (^2) P e n s io n ä r i n n e n m i t 6 2 0 3 (5Y20) v e r p f l e g u n g s ­ ta g e n . 2 0 7 9 (2-s09) H errsch a f ten h a b e n H a u sa n g e s te l l t e u n d -(68 (582) H ausan ges te l l te h a b e n S te l len gesucht, ( 6 6 (22-() h a b e n S te l len gefunden . H a u p t l e h r e r S c h i l l i n g h a t , w ie a u s d e m S t a d t r a t s b e r i c h t v o m Z. J a n u a r h e r v o r g e h t , der S t a d t K a r l s r u h e zu r V e r w e n d u n g im Z e ichenun te r r ich t der S c h i l le r -S ch u le eine S a m m l u n g v o n k ö rp e r ­ lichen V o r b i ld e r n geschenkt, die er persön lich hergestellt h a t . A m 5. J a n u a r w u r d e b ek a n n t g eg e b en , d a ß der G r o ß ­ h e r z o g der S t a d t K a r l s r u h e ( 5 0 S t e r B r e n n h o l z u m den E r s a tz der Z u r ic h tu n g s k o s te n zu r V e r f ü g u n g gestellt h a b e . N a c h einer M i t t e i l u n g v o m ( ( . J a n u a r h a t G r o ß h e r z o g i n L u i s e der S t a d t K a r l s r u h e z u m A n k a u f v o n B ren n s to f fe n f ü r die W ä r m e s tu b e n den B e t r a g v o n lOOO B l k . u n d z u r B e sc h a f fu n g v o n Lesestoff f ü r die W ä r m e h a l l e n , l a u t M i t t e i l u n g a u s der S t a d t ­ ra tss i tzung v o m 2 3 . J a n u a r , ( 0 0 M a r k zu r V e r f ü g u n g gestellt. D e r S t a d t r a t sp rach der G r o ß h e r z o g i n h ie r f ü r ehre rb ie t igs ten D a n k a u s . A m ( 6 . J a n u a r ü b e r w ie s G r o ß h e r z o g i n L u i s e dein F a b r i k - a r b e i te r iu n e u h e im 5 0 0 0 B l k . A u s der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m l 7 . J a n u a r w u r d e m i tg e te i l t : „ D e r v o r kurzem in A c h e rn vers to rbene p r i v a t g e l e h r t e G u s t a v W a g n e r h a t dem städtischen A rc h iv eine S a m m l u n g v o n K u p f e r - und sonstigen S che idem ün zen der a l ten W ä h r u n g ( v o r ( 8 7 3 ) , sow ie B i ld e r u n d D ok u m en te , die sich a u f A l t - K a r l s r u h e beziehen, v e r m a c h t . D e r S t a d t r a t beschließt die A n n a h m e des V e rm ä c h tn is s e s . " — „ D ie G e n e r a l in te u d a n z der G r o ß h . Z iv i l l i s te h a t a u s d em E r l ö s der G e b ü h r e n f ü r den B esuch des G r o ß h . W i l d p a r k s i m Z a h r e ( 9 ( 7 den B e t r a g v o n 3 0 0 M k . dem W o h l t ä t i g k e i t s f o u d s zu r V e r f ü g u n g gestellt. D e r S t a d t r a t spr icht d a f ü r ve rb ind l ichs ten D a n k a u s . " A m 2 6 . J a n u a r veröffentlichte der (O b e rb ü rg e rm e is te r , d a ß i h m die E r b e n der v e rs to rbenen F r a u H e n r i e t t e W i l l s t ä t t e r , geb. H a m b u r g e r , zu r V e r te i lu n g u n te r w ü r d ig e A r m e christlicher Konfessionen die S u m m e v o n ( 0 0 0 M k . überre ichen l ießen , w e i t e r e S p e n d e n erhielten v o n den E r b e n der F r a u W i l l s t ä t t e r : S t a d t ­ r a b b in e r O r . A p p e l ( 0 0 0 M k . zu r V e r te i lu n g a n w ü r d ig e israelit ische A r m e , die D irek t ion des V e r e in s zu r R e t t u n g sittlich v e r w a h r lo s t e r K i n d e r 5 0 0 M k . , der O b e r b ü r g e r m e i s t e r 5 0 0 0 M k . f ü r die O r t s ­ — s76 — g r u p p e K a r l s r u h e des „ B a d i s c h e n H e im a td a n k e s " , s500 M k . fü r die städtische H in te rb l ie b e n e n fü rs o rg e , 500 A K . f ü r d a s städtische A l t e r s h e i m , die K o m m is s io n des israeli t ischen K r a n k e n h a u s e s 500 Akk., der N a t i o n a l e F r a u e n d ie n s t 800 A lk . , der A u s s c h u ß fü r K o l o n i e n sOOO A lk . , der I s r a e l i t i s c h e F r a u e n v e r e in s500 Abk., der B o r s t a n d d es I s r a e l i t i s c h e n B r e n n m a t e r i a l - V e r e i n s 500 W k . , der V ere in F r a u e n b i l d u n g — F r a u e n s t u d i u m 200 A K . , die B l in d e n - v c r e in ig u n g v o n K a r l s r u h e u . U m g . , A b t . K r i e g s b l i n d e n f ü r s o rg e , 500 M k . A u s der S t a d t r a t s s i t z u n g v o m Z s . J a n u a r w u rd e mitgete il t , d a ß K a u f m a n n L o u i s K e m m der städtischen H ande lsschu le d a s H a n d - u n d L e h rb u c h : „ D a s B u c h des K a u f m a n n s " v o n G g . O b s t m i t der B e s t i m m u n g geschenkt hab e , es a u f O s te rn e inem fle iß igen S c h ü le r der A n s ta l t zuzuw enden . F r a u D i r e k t o r H u m m e l h ie r , h a t , w ie E n d e J a n u a r veröffen tl ich t w u rd e , z u m A n denke n a n ih re n H eim gegangenen G a t t e n f ü r d a s L u d w i g - W i l h e l m - K r a n k e n h e i m 3 0 0 0 A K . gespendet. A m 9 . F e b r u a r w u r d e m itge te i l t , d a ß ein W o h l t ä t e r , der schon w ie d e rh o l t der A l lg e m e in h e i t reiche S chen kun gen h a b e z u k o m m e n lassen, d e m O b e r b ü r g e r m e i s t e r zu r w eite ren A u ssc h m ü ck u n g des S t a d t g a r t e n s 5 0 000 A K . zu r V e r f ü g u n g gestellt h ab e . Diese S t i f ­ t u n g soll zu r V e r v o l l s t ä n d ig u n g des R o s e n g a r t e n s , in sbesondere seines künstlerischen S ch m u c k s im S t a d t g a r t e n dienen. A m sO. F e b r u a r teilte S t a d t r a b b i n e r O r . A p p e l m i t , d a ß i h m v o n e in em H e r r n , der nicht g e n a n n t sein w olle , f ü r drei israelit ische V ere in e ZOO A K . üb e rg e b en w o rd e n seien. A m s 6 . F e b r u a r veröffentlichte der O b e r b ü rg e r m e is te r , d a ß i h m v o n F r a u Vr . S e e l i g m a n n a l s eh re n d es A n denken a n i h r e n ve rs to rbenen G a t t e n , den praktischen A r z t O r . R ic h a r d S ee l ig ­ m a n n , der B e t r a g v o n sOOO A K . m i t der B e s t im m u n g ü bergeben w o r d e n sei, d a v o n 500 A K . a n w ü rd ig e A r m e zu ver te ilen u n d die w e i te ren 500 N K . dein „ B a d . H e i m a t d a n k " zuzuw enden . D e r O b e r b ü r g e r m e i s t e r sp ra c h f ü r diese reiche S p e n d e n a m e n s der B e ­ dach ten den herzlichsten D a n k a u s . W e i te r spendete F r a u V r . S e e l i g m a n n i m A n d e n k e n a n ih r e n v ers to rbenen G a t t e n dem I s r a e l i t i s c h e n F r a u e n v e r e i n , d em I s r a e l i t i s c h e n W ä n n e r - K r a n k e n - ve re in u n d f ü r w ü r d i g e israelit ische A r m e je 500 A K . D e r S t a d t r a t s b e r i c h t v o m 2 s. F e b r u a r teilte fo lg en d e s m i t : „ D e r vers torbene K a u f m a n n K a r l H a a s h ie r h a t u . a . der S ta d tg e m e in d e K a r l s r u h e einen E r b t e i l v o n e t w a 3 9 0 0 0 M k . m i t der A u f l a g e v e rm a c h t , d a m i t eine „ H e r m a n n - u n d H e n r i e t t e - H a a s - S t i f t u u g " zu er r ich ten , deren E r t r a g zu a l lg e m e in e n W o h l t ä t i g k e i t s ­ zwecken v e rw en d e t w e rd en soll. D ie L u m m e f ä l l t der S t a d t nach dem A b le b e n dre ie r w eite rer E r b e n a n . D e r S t a d t r a t beschließt, die E r b s c h a f t a n z u u e h m e n u n d den N a m e n des S t i f t e r s in die S t i f te r ta s e l im R a t h a u s e iu g r a b e n zu lassen ." D ie B rau e re ig e se l lsch a f t v o r m a l s S . B k o u i n g e r u n d die Gese llschaf t f ü r B r a u e r e i , S p i r i t u s - u n d P r e ß h e f e - F a b r i k a t i o n v o r ­ m a l s G . S i n n e r h a b e n , w ie a u s der S t a d t r a t s s i t z u n g v o m 7. N l ä r z berichtet w i r d , der S t a d t au ch f ü r d a s la u fe n d e J a h r w ieder je einen m i t K ü h lb e h ä l t e r versehenen E i s e n b a h n g ü t e r w a g e n f ü r die Zwecke der A K lc h b e fö rd e ru n g a u f der B a h n w ä h r e n d der w ä r m e r e n J a h r e s z e i t unen tge l t l ich zu r V e r f ü g u n g gestellt. D e r S t a d t r a t sp rach bei den G ese llschaf ten „ f ü r dieses f reu nd lich e u n d w er tv o lle E n tg e g e n k o m m e n den ve rb ind l ichs ten D a n k a u s " . A m sH. N 7 ä r z f a ß te der S t a d t r a t den B e sc h lu ß , der S t a d t K r e u z n a c h zu r L in d e ru n g i h r e r du rch die H o ch w asse rk a ta s t ro p h e der N a h e h e rv o rg e ru fe n e n g r o ß e n N o t l a g e einen B e i t r a g v o n sOOONIk. a u s der S tad tkasse zu bew il l ig en . A u s der S t a d t r a t s s i t z u n g v o m 2 s . N l ä r z w i r d ber ich tet : „ H e r r u n d F r a u L. k . h a b e n a n l ä ß l i c h des H inscheidens ih r e s L o h n e s der S t a d t die S u m m e v o n sOOOO M k . a l s Geschenk m i t der A u f l a g e ü berw iesen , die Z in s e n f ü r die Zw ecke der F e r i e n ­ kolonien zu v e rw end e n . D e r S t a d t r a t h a t beschlossen, diese S c h e n ­ kung a n z u u e h m e n u n d den Schenkern den D a n k f ü r ih re hochherzige G e s in n u n g u n d treuen A n h ä n g l i c h k e i t a n die S t a d t K a r l s r u h e au szu sp rec h en ." A m 3 0 . M ä r z ü b e r w ie s G e h e i m e r K o m m e r z i e n r a t D r . in § . F r i e d r i c h W o l f s , a u s A n l a ß des T o d e s t a g e s seiner G e m a h l i n d en : (O b e rb ü rg e rm e is te r sOOO M k . zuguns ten des städt. K in d e r h e im s . E n d e M ä r z h a t d a s G r o ß h e r z o g s p a a r der B a d is c h e n L a n d e s w o h u u n g s - S t i f t u n g einen g e m e in s a m e n B e i t r a g v o n sOOOOMk. zugew endet. G r o ß h e r z o g i n L u i s e h a t f ü r den gleichen Z w eck — s78 — eb e n fa l l s sOOOO M k . gespendet. M i t diesen beiden B e i t r ä g e n beziffert sich d a s v e r m ö g e n der S t i f t u n g A n f a n g M a i des B e r i c h t s ­ j a h r e s a u f 6 6 0 8 7 0 M k . A m s s . A p r i l h a t S t a d t r a b b i n e r O r . A p p e l a u s A n l a ß e ines F a m i l i e n f e s te s dem «O berbürgerm eis te r die S u m m e v o n 2 0 0 M k . ü b e rg e b en , die nac h den : W u n sch e des S t i f t e r s fü r christliche A r m e v e rw e n d e t w erd en soll. A u s der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m 2. M a i w u r d e berichtet, d a ß der G r o ß h e r z o g die in se inem Besitz befindlichen B r ie fe Schef­ fe ls (6 s Stück) a n den e h e m a l ig e n M ü n c h e n e r R e c h t s a n w a l t u n d Reiseschriftsteller L u d w ig L t e u b , e inen F r e u n d S cheffe ls , dem städtischen S c h e f fe lm u seu m u n d - A r c h iv a l s L e ih g ab e zugewiesen h a b e . D e r S t a d t r a t sp rac h d em G r o ß h e r z o g „ f ü r diese w er tvo lle B e re ic h e r u n g des g e n a n n te n M u s e u m s seinen eh r fu rch tsv o ll s ten u n d w ä r m s te n D a n k " a u s . A m 2 . M a i beschloß der S t a d t r a t , d em i m S c h w a r z w a l d zu er r ich tenden E r h o l u n g s h e i m e s t ä d t i s c h e r B e a m t e n , f ü r d a s der L a n d e s v e r b a n d einen jä h r l i c h e n B e t r ie b s z u sc h u ß v o n z u s a m m e n sOOOO M k . v o n den S t ä d t e n der S t ä d t e o r d n u n g erbeten h a t te , den a u f A a r l s r u h e fa l lenden A n te i l a n diesem Z u s c h u ß m i t 2 0 . 0 0 0 M k . zu r V e r f ü g u n g zu stellen. A u ß e r d e m dem L a n d e s ­ v e r b a n d z u r B i l d u n g e in es B e tr iebss tockes ein zu H °/o verz ins liches D a r l e h e n v o n HO— 3 0 0 0 0 M k . a u f ein J a h r — b i s s . M a i s ß s ß — zu bew il l ig e n . D e r L a n d e s a u s s c h u ß der D eu tsch land sp end e f ü r S ä u g l i n g s ­ u n d A i n d e r s c h u t z veröffentl ichte fo lgend en A u f r u f : „Draußen kämpfen M illionen wackerer M änner für Deutschlands Sein und w erd en . Deutschlands Zukunft aber liegt in unseren Kinder». Ih n e n ein glücklicheres Dasein zu sichern, a ls es u n s selbst beschieden w ar, dafür setzen heute M illionen blühender Menschen ihr Leben täglich ein , haben ksunderttausende es schon freudig hingegeben. D ie I h r in der kseimat Eure Pflichten erfüllt, an Luch ist's nicht minder, für unserer Kinder Los m it­ zusorgen. Nicht mehr w ie vor dem K riege dürfen alljährlich ffnnderttausende im Deutschen Reich, kaum geboren, wieder dahinschwinden. J e d e s junge Menschenleben ist heute doppelt wert, behütet und erhalten zu werden. Nicht m it Lurem B lu te , m it Lurem G u te sorgt für unserer Kinder W ohl. D afür die M ittel zu geben, ist eines jeden Deutschen Pflicht. G em einsam m it allen anderen T eilen des Reiches w ollen auch w ir B adener an dem G elingen dieses - j7Y - großen Liebeswerkes m ithelfen. D ann werden w ir auch in B aden neue S tätten schaffen können, um Gesundgeborene gesund zu erhalten, kseilungsbediirftige wieder gesunden zu lassen. A u s N ot und B ed rän gn is blühe neues Leben!" F ü r diesen bad ischen K i n d e r h i l f s t a g f a n d h ie r a m S o n n t a g , den 5 . M a i eine H a u s - u n d S t r a ß e n s a m m l u n g s ta tt . S c h ü le r u n d S ch ü le r innen stellten sich zu r V e r f ü g u n g u n d b e t r ieb en in e ifr igster W eise die S a m m l u n g u n d den V e r k a u f des W e r b e m a t s r i a l s in den H ä u s e r n , a u f S t r a ß e n u n d öffentlichen P lä tz en . D ie S a m m ­ lu n g b rac h te in der A l t s t a d t u n d den V o r o r t e n z u s a m m e n s 2 6 3 8 M k . 6 3 P f . E in z e ln e G a b e n f ü r die D eu tsch la n d sp en d e liefen h ie r seit M o n a t e n ein. D a s G r o ß h e r z o g s p a a r u n d die G r o ß h e r z o g i n Luise spendeten je sOOOO M k . , a u ß e r d e m ü b e r w ie s G r o ß h e r z o g i n Luise dem L a n d e s a u s s c h u ß der D eu tsch lan dspende jOOO M k . , die i h r zu r V e r f ü g u n g gestellt w o r d e n w a r e n . D ie K ö n i g i n v o n S ch w ed e n sand te dem L a n d e s a u s s c h u ß sOOO M k . F ü r G r ü n d u n g eines K in d e rk ra n k e n h a u se s in K a r l s r u h e g in g e n d em L a n d e s a u s s c h u ß v o n K o m m e r z i e n r a t O r . M . A . S t r a u s u n d der P a r f ü m e r i e - u n d T o i ­ le tteseifenfabrik F . W o l f s je sOOOO M k . zu, v o n der K a r l s r u h e r F i l i a l e der S üdd eu tsch en D isk o n to -G e se l l s c h a f t s 5 0 0 0 M k . , v o n K o m m e r z i e n r a t F r i tz H o m b u r g e r u n d O r . P a u l H a m b u r g e r sOOOO M k . , v o n der B rau e re ig e se l ls c h a f t S i n n e r 2 0 0 0 0 M k . A u ß e r d e m w u r d e n zahlreiche B e i t r ä g e v o n 3 0 0 0 b i s zu 2 5 M k . gegeben. D ie N a m e n der S p e n d e r w u r d e n j e w e i l s in den T a g e s ­ b lä t t e rn veröffentlicht. N a c h e iner Z u s a m m e n s t e l l u n g v o m 2 6 . J u n i sind b i s d a h i n s ^ s 2 6 0 M k . f ü r d a s K a r l s r u h e r K i n d e r ­ k r a n k e n h a u s gegeben w o rd e n . F r ä u l e i n P h i l i p p i n e H a n s j a k o b in H a s l a c h h a t der S ta d tg e m e in d e , w ie der S t a d t r a t s b e r i c h t v o m s 5 . J u n i m i t te i l t , ein B i l d n i s ( Ö l g e m ä l d e ) ih r e s v e rs to rben en B r u d e r s , des S c h r i f t ­ stellers u n d S t a d t p f a r r e r s H e in r ich H a n s j a k o b , z u m Geschenk ge­ m a ch t . D e r S t a d t r a t n a h m „diese w i l lk o m m e n e S ch e n k u n g m i t herzlichem D a n k e " a n u n d w ie s sie den : i m A n s c h l u ß a n d a s „ S c h e f f e l - M u s e u m " g e p la n te n „ M u s e u m bad ischer D ic h t e r " zu. G r o ß k a u f m a n n J u l i u s K a l l e r h a t , w ie a m 6 . J u l i m i t - geteilt w u rd e , a u s A n l a ß e in es F a m i l i e n f e s te s d e m O b e r b ü r g e r ­ meister 5 0 0 0 M k . ü b e r s a n d t m i t der B i t t e , diesen B e t r a g f ü r die K a r l s r u h e r F er ien k o lo n ien des S o m m e r s s 9 s 8 v e rw en d e n zu w o l le n . >2 * — s80 — A u s der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m 2 5 . J u l i w u r d e berichtet, d a ß der v e rs to rben e P r i v a t m a n n P h i l i p p D o m b e r g der S t a d t ­ g em e in de 2 0 0 0 A lk . m i t der A u f l a g e v e r m a c h t h a b e , a u s dem Z i n s e n e r t r ä g n i s die G r ä b e r der F a m i l i e V o m b e r g a u f d em hie­ sigen F r i e d h o f zu u n te rh a l t e n . N a c h A b l a u f des E ig e n tu m s r e c h t s a u den G r ä b e r n sollen die Z in s e n dem A r m e n r a t zu r V e r te i lu n g a n hiesige A r m e a n s g e h ä n d i g t w erd e n . D e r S t a d t r a t n a h m d a s V e r m ä c h t n i s m i t der e r w ä h n t e n A u f l a g e a n . A m 2 6 . J u l i veröffentlichte der V e r w a l t u n g s r a t des W a i s e n ­ h a u s e s , d a ß F r ä u l e i n A m a l i e M a c k l o t letztwillig d a s W a i s e n ­ h a u s m i t e in em V e r m ä c h t n i s v o n sOOO A lk . bedacht h ab e . A m s 5 . A u g u s t m a c h te der «O berbürgerm eis te r b ekann t , d a ß i h m P r i v a t m a n n A r t h u r L o e b z u m A n den k e n a n seine v e r ­ s torbene G e m a h l i n 5 0 0 M k . z u r V e r te i lu n g u n te r die hiesigen A r m e n ü berre ich t h a b e . Dieselbe S u m m e v o n 5 0 0 M k . spendete H e r r Loeb f ü r israelit ische A r m e . I m (Oktober m ach te der V o r ­ s ta n d der B l in d e u v e r e in ig u n g b e k a n n t , d a ß derselben a u s dem N a c h l a ß der F r a u A l a j o r W a g n e r , geb. N o n e l l a , ein V e r ­ m ä c h t n i s i m B e t r a g v o n e t w a sOOOO A lk . u n d die L u m m e v o n 5 0 0 A lk . a u s dem N a c h l a ß des G b e r r e c h n u n g s r a t e s L u d w i g W e b e r zugew iesen w o rd e n sei. K u n s t m a l e r A u g u s t L a m e y in M a n n h e i m h a t der S t a d t , w ie der S t a d t r a t s b e r i c h t v o m s 7 . (Oktober m it te i l te , ein v o n ih m selbst hergestelltes B i l d n i s se ines ve rs to rbenen V a t e r s , des G e h e i m r a t s O r . A u g u s t L a m e y , E h r e n b ü r g e r s der S t a d t K a r l s r u h e , f ü r d a s R a t h a u s z u m G eschenk gernach t . D e r L t a d t r a t sp rach H e r r n L a m e y „ f ü r diese w e r tv o l l e Z u w e n d u n g verb ind l ichs ten D a n k " a u s . A m 3 0 . (Oktober w u r d e fo lgende M i t t e i l u n g veröffen tl ich t: „ D ie h ie r v o r k u rzem vers to rb ene F r a u A u g u s t e M o m b e r t h a t du rch le tztwillige V e r f ü g u n g b e s t im m t, d a ß a u s i h r e m N a c h ­ l a ß der v o n ih r e m S o h n F r a n z M o m b e r t g em ac h ten S t i f t u n g f ü r F e r ie n k o lo n ie n die S u m m e v o n 2 0 0 0 0 M k . be ige füg t w erde . D ie S t i f t u n g soll in Z u k u n f t den N a m e n „ F r a n z - u n d A u g u s t e - M o m b e r t - S t i f t u n g " f ü h r e n . " A m 2 . N o v e m b e r g a b der (O b erb ü rge rm e is te r bekann t , d a ß i h m F r a u I d a M ü n z e s h e i m e r h ie r , z u m A n denk e n a n ih re n — s8s — versto rbenen G a t t e n , Z a h n a r z t M ü n z e s h e i m e r , 5 0 0 M k . zu r V e r ­ w e n d u n g f ü r die A r m e n hiesiger S t a d t ü b erw iesen h a b e . A m 5. D ezem ber veröffentlichte der S t a d t r a b b i n e r O r . A p p e l , d a ß er v o n F r a u I d a K a u f m a n n , geb. S t r a u ß , z u m eh ren den A ndenken ih r e s v e re w ig ten S o h n e s , des B a u i n s p e k to r s v r . A r t h u r K a u f m a n n , den B e t r a g v o n sOO M k . f ü r israelit ische A r m e e rh a l ten hab e . A u s der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m s 2 . D ez em b e r w u r d e fo lg en d e s berichtet: „ I m M a i d s . I s . h a t der S t a d t r a t beschlossen, a u s den Reslbeständen des f ü r d a s S t a d t j u b i l ä u m g e s a m m e l te n F o n d s den B e t r a g v o n 6 0 0 0 0 M k . den städtischen m i ld e n F o n d s zu w o h l tä t ig e n Zw ecken zuzuw eisen u n d diesen B e sc h lu ß a m 3. D ezem b er sH sZ in d a n k b a r e r A n e r k e n n u n g der Verd ienste der G r o ß ­ h e r z o g in -M i tw e Luise u m die p f le g e der W o h l tä t ig k e i t sow ie die K ra n k e n f ü r s o rg e zu vollz iehen. D ie G r o ß h e r z o g i n h a t d a r a u f in e inem herzlichen S c h re ib e n a u den G b e r b ü r g e r m e i s t e r g e d a n k t . " A m s6 . D ezem ber teilte der G b e r b ü r g e r m e i s t e r m i t , d a ß er v o n M e d i z i n a l r a t O r . K a r l G u t m a n n a u s A n l a ß des A b ­ lebens seiner M u t t e r 3 0 0 M k . zu r V e r w e n d u n g f ü r christliche A r m e e rh a l te n h a b e . A u ß e r d e m spendete v r . G u t m a n n 3 0 0 M k . zu r V e r te i lu n g a u israelit ische A r m e u n d 3 0 0 M k . d e m israe li t ischen F r a u e n v e r e in . A n W e i h n a c h t s g a b e n g in g e n d em G b e r b ü r g e r m e i s t e r zu : V o n der B i e r b r a u e r e i A . p r i n t z f ü r verschiedene W o h l t ä t i g k e i t s ­ a n s ta l ten 7 0 0 M k . ; v o n der K a r l s r u h e r B rau e re ig e se l ls c h a f t v o r ­ m a l s K . S c h r e m p p zu r V e r te i lu n g a n verschiedene n ä h e r bezeich­ net« V ere ine u n d A n s ta l te n s 5 0 0 M k . ; v o n der B ra u e re ig e se l lsch a f t v o r m a l s S . M o n i n g e r z u m gleichen Z w eck s 2 0 0 M k . ; v o n Brauere ibes i tzer F r . H o e p f n e r z u m gleichen Z w eck sOOO M k . ; v o n der K a r l s r u h e r F i l i a l e d e r R h e i n i s c h e n G r e d i t b a u k zu m gleichen Z w eck sOOO M k . V o n F a b r i k a n t L o u i s L. S t e r n fü r a r m e hiesige K in d e r 3 0 0 M k . F e r n e r w u r d e n gespendet v o n B a h n b o f w i r t K a r l S t e l z e r ^ 0 0 0 M k . ( d a v o n 5 0 0 M k . f ü r den O r t s a u s s c h u ß K a r l s r u h e des „ B a d i s c h e n H e im a ld a u k " u n d 5 0 0 M k . fü r d a s K r ü p p e lh e im ) . V o n R a u f m a n u G i n s b e r g e r zu m Andenken a n die vers to rbene b ish e r ig e Z i c h a b e r m der F i r m a S . R osenbusch , F r a u S a r a S a l o m o » , f ü r W o h l tä t igkei lszw ecke — (82 — 200 A lk . A m ( 7 . D ezem ber g a b P f a r r e r W e ide m eie r b ek ann t , d a ß der E v a n g e l . I u n g f r a u e n b u n d a u s d em E r l ö s fe ines W e ih n a c h t s v e r k a u f s der kirchlichen A rm e n p f le g e der N e u - M sts tad t 200 A lk . ü berw iesen hab e . A m ( 8 . D ezem b er , d e m G e d e n k ta g e v o n N u i t s , h a t der L e i b - G r e n a d i e r v e r e i n e iner A n z a h l b ed ü r f t ig e r V e te ra n e n a u s d e m F e ld z u g e (870/7 ( der N o t der Z e i t entsprechend G e l d ­ spenden überre ichen lassen. A m ( ß . D ezen iber w u r d e b e k a n n t gegeben, d a ß die v o n R o m m e r z i e n r a t U t z h ie r gestiftete B r o n z e g r u p p e , zwei b e in ah e le b e n s g r o ß e F lo re t t fec h te r i m Z w e i k a m p f , a m südlichen E n d e der U n t e r f ü h r u n g des S t a d t g a r t e n s aufgeste l l t sei. A m 2 ( . D ez em b e r erh ie l t der israelit ische F r a u e n v e r e i n v o n F r i e d r i c h A. S t r a u s eine S p e n d e v o n (00 A lk . A m 23. D ez e m b e r w u r d e m itge te i l t , d a ß der G r o ß H e r z o g dem katho l. G ese l len vere in eine W e i h n a c h t s g a b e v o n (00 M k . üb erw iesen h a b e . D a s städtische N a c h r i c h t e n a m t m a c h te a m 28. D ezem ber b e k a n n t , d a ß ein B ü r g e r u n s e r e r S t a d t , der nicht g e n a n n t sein w olle , d em O b e r b ü r g e r m e i s t e r (00 000 A lk . ü b e r s a n d t h ab e , m i t der B i t t e , sie f ü r die hiesige Technische Hochschule zu v erw enden . 2. Mrmenwesen und Jugendfürsorge. D e r städtische A u f w a n d f ü r die A r m e n p f l e g e b e t ru g im B e r i c h t s j a h r 955 345 M k . (9O6 O40 A lk .) . D a r u n t e r Z u s c h u ß der S ta d th a u p tk a s s e 635 790 A lk . (6 2 2 (5 0 M k . ) — 5,04 (4,55) a u f den R o p f der B e v ö lk e ru n g . I n der offenen A rm e n p f le g e w u r d e n v e r a u s g a b t 292 447 A lk . (225 045 A lk .) , in der geschlossenen 252 363 A lk . (255947 A lk .) u n d f ü r die R i n d e r - u n d J u g e n d p f l e g e 286 707 A lk . (272274 A lk.) . D e r V e r w a l t u n g s a u f w a n d b e t ru g ( 0 5 8 2 8 A lk . (8964 t A lk .) . I n der W o h l t ä t i g k e i t s k a s s e w u r d e n v e r e in n a h m t f ü r die E n t h e b u n g v o n N e u ja h r s b e s u c h e n u n d A b s e n d u n g v o n K a r t e n 887 M k . (897 A lk .) . A u s Geschenken u n d V erm ä ch tn is sen flössen der R a sse zu (2 754 A lk . (5 s 044 A lk .) . D ie R a sse v e r a u s g a b t e fü r U n ters tü tzungen 8977 A lk . ((2 576 A lk .) , f ü r R l e i d u n g a r m e r R o n f i r m a n d e n 655 A lk . ((052 A lk .) u n d f ü r die S c h ü le rsp e isu n g 22 (85 A lk . (2978( Alk.) . D ie G e s a m tz a h l der in offener A rm e n p f le g e s tä n d ig dnrch W o c h en - , S t a a t s - o der M ie tb e ih i l f e » unterstützten P e r s o n e n ( F a m i l i e n ) belief sich E n d e f 9 ( 8 a u f e t w a 6 0 0 . A n e t w a 5 0 0 W i t w e n w u r d e n zu r E r z i e h u n g v o n R i n d e r n so g e n a n n te E r z i e h u n g s b e i t r ä g e g e w ä h r t . D e r G e s a m t a u f w a n d fü r d a s städtische A l t e r s h e i m b e t ru g im B e r i c h t s j a h r e 5H sstO M k . (>(9)7: H )758 M k .) , die G e s a m t z a h l der V e r p f l e g u n g s t a g e 2H 6s)0 (22 728). D e r durchschnittl iche G e s a m t ­ a u f w a n d f ü r e inen V e r p f l e g u n g s t a g berechnete sich a u f 2 M k . ( 9 P f . ( ( M k . 8 3 P f . ) , f ü r e inen I n s a s s e n j ä h r l i c h 7st7 M k . (67H M k .) . D e r G e s a m t a u f w a n d f ü r d a s städtische R i n d e r h e i m b e t ru g im B e r i c h t s j a h r e ( Z 5 6H3 M k . ( ) ) ) (30 M k . ) . D e r d u rch sc h n i t t ­ liche A u f w a n d f ü r einen V e r p f l e g u n g s t a g 2 M k . HO P f . (2 M k . ( P f . ) , f ü r ein R i n d im J a h r 8 7 5 Akk. (708 M k .) . D urchschnitt l iche B e le g u n g in den einzelnen A b te i l u n g e n : in der S ä u g l i n g s a b t e i l u n g HO (H4), in der A b te i l u n g f ü r kleine R i n d e r H7 (H5), in der f ü r S chu lk inde r 67 (70). A u s d em B e r ic h t des A rz te s ü b e r die E in f lüsse des A r i e g e s a u f die G e su n d h e i t sv e rh ä l tn i s s e der R i n d e r i m S tä d t i s c h e n R i n d e r ­ h e im in den J a h r e n l s t l 7 u n d ( 9 ( 8 teilen w i r fo lg en d e s m i t : Z u n ä c h s t zeigte sich eine a l lg em eine , leichte nervöse E r r e g b a r k e i t der R i n d e r in fo lge der F l ie g e ra n g r i f f e , b e s o n d e rs n a c h d e m e i n m a l e in ige B o m b e n in a l lernächster N ä h e der A n s ta l t gefa l len w a r e n . A u ch in der A n s ta l t w a r eine Z u n a h m e der T u b e r k u lo s e zu b eo ba ch ten . D ie R a c h i t i s h a t nicht nachgelassen , e t w a YO b i s st5 °/g a l le r e in ­ gelieferten R i n d e r w a r e n m e h r od er w e n ig e r rachitisch . D ie H a u t ­ au s sc h lä g e h a t t e n erheblich z u g e n o m m e n . A u f al le ü b r ig e n R r a n k - heiten konnte kein E i n f l u ß des R r i e g e s beobach te t w e rd e n . Die E r f a h r u n g e n , die der A r z t in den beiden J a h r e n in der A n s t a l t s a m m e ln konnte u n d die du rch seine U n te r su c h u n g e n in der N e b e n i u s - schule bes tä t ig t w u rd e n , berechtig ten ih n , w ie e r h e r v o r h e b t , zu der A n n a h m e , d a ß „d ie v e r m in d e r te u n d v e r ä n d e r te N a h r u n g s z u f u h r a u f die E n tw ic k lu n g der R i n d e r i m a l lg e m e in e n v o n n u r sehr ger ingen nach te i l igen F o l g e n gew e sen " seien. D a s Wesentlichste a b e r sei, d a ß die R i n d e r durchschnittl ich n ic h ts a n F rische , Lebendigkeit und L eis tungsfäh igke i t v e r lo re n h ä t te n . D a g e g e n h a b e sich (.die W i r k u n g der letzten R r i e g s j a h r e a m al lerdeutl ichsten „ i n der V e r ­ schlechterung der M o r a l " gezeigt. E s sei le ider „e ine V e r k o m m e n h e i t - (8-( - u n d eine G le ichgü lt igk e i t der E l t e r n ih re n eigenen R i n d e r n gegen­ ü b e r festzustellen, die a l le s b i s h e r D ag e w e se n e überste ige" . N a t u r ­ g e m ä ß h a b e sich „ d i e s auch bei den R i n d e r n in Verschlechterung der L i t t e n , Z ucht los igke it , v e r m i n d e r te r F o lg s a m k e i t " u sw . gezeigt, so d a ß a n d a s P f l e g e p e r s o n a l die a l l e r g r ö ß te n A n f o r d e r u n g e n h ä t te n gestellt w e rd e n m üssen . D ie i m J a h r e ( 9 ( 5 eingerichtete Z w eigs te l le der A n s ta l t im A l te n B a h n h o f m u ß t e i m J u n i ( 9 ( 8 geschlossen w erd e n , d a die R ä u m e a n d e r w e i t ig in A n s p r u c h g e n o m m e n w u rd e n . D e r G e s a m t a u f w a n d f ü r V e rp f le g u n g , E r z i e h u n g u n d E r w e r b s ­ b e f ä h ig u n g der in A r m e n p f le g e stehenden R i n d e r b e t ru g im B e r i c h t s ­ j a h r e ( 5 H 6 7 6 A lk . ( ( 9 ( 7 : ( 6 ( (§-( M k . ) . D ie Z a h l der Z w a n g s z ö g l i n g e belief sich ( 9 ( 8 a u f 8 3 R n a b e n ( ( 9 ( 7 " : 96) u n d 6 3 (63) M ä d c h e n . D e r dem A r m e n ­ v e r b a n d R a r l s r u h e zu r L ast b le ibende A u f w a n d der R os ten der Z w a n g s e r z i e h u n g b e t ru g ( 9 ( 8 i m g an zen 5 7 6 7 9 A lk . (H3 9 0 6 A lk .) . D ie Z a h l der a u f R o s ten des A r m e n v e r b a n d e s un te rg e b ra ch ten b l in d e n , t a u b s t u m m e n o d e r schwachsinn igen („n ic h t v o l ls in n ig en") R i n d e r b e t r u g i m B e r i c h t s j a h r e (9 ( ( 3 ) R n a b e n u n d ( 8 ( (7 ) M ä d c h e n , der d a d u rc h en ts tandene A u f w a n d 8 2 2 s A lk . ( 7 5 ( 5 A lk . ) . Z n der­ l e i ! - u n d P f le g e a n s ta l t f ü r k rü p p e lh a f t e R i n d e r in H eide lbe rg w a r e n ( 9 ( 8 H R i n d e r u n te rg e b ra c h t ( ( 9 ( 7 : der A u f w a n d belief sich a u f ( ( 6 0 A lk . ( 8 3 2 A lk .) D ie R o m m is s i o n des Z u g e n d a m t s e r f u h r i m L a u fe des Z a h r e s ( 9 ( 7 eine E r w e i t e r u n g durch Z u w a h l v o n V e r t r e te rn der evangel ischen u n d katho lischen R i rc h e , bezw. der evangelischen M is s io n u n d des E a r i t a s v e r b a n d e s , d e s n a t i o n a l e n F r a u e n d ie n s te s , des freien G e w e rk s c h a f t s k a r te l l s u n d B e z i rk s v e re in s f ü r Z ugendschu tz u nd G e f a n g e n e n f ü r s o r g e . Z m Z a h r e ( 9 ( 8 w u r d e der V o rs ta n d des Z u g e n d a m t e s in den V o r s t a n d des le tz tgenannten V e r e in s a u s ­ g e n o m m e n . D a s Z u g e n d a m t h ie lt ( 9 ( 8 2 2 (2H) S i tzu ngen a b . Z n diesen w u r d e n 89 (8H) F ä l l e der Z w a n g s e r z i e h u n g b ehand e l t , 2 8 ( 2 5 ) F ä l l e nach tz ( 6 6 6 B . G . B . , 98 ( ( 2 6 ) L chu tzau fs ich ts f ragen , 6 ( (62) L ehr- u n d D ie n s tv e r l r ä g e , ( 6 6 ( ( 7 3 ) U n t e r b r i n g u n g in pf legeste llen u n d (92 ( ( 88) sonstigen A n g e le g en h e i te n . Ü b e r w a c h t w u r d e n H2H3 ( ^ 9 ^) M i n d e r j ä h r i g e bezw . deren V o r m ü n d e r u n d ^39 ( - ( ( ( ) v o l l ­ — 185 — j ä h r i g e . D e n lv a i s e n k o n t r o l l e u r e n w u r d e n 1271 (1117) A u f t r ä g e gegeben. 17 1 0 6 (21248 ) Schriftstücke g in g e n ein. N e u a n - u n d A b m e l d u n g e n v o n P fle g ek in d e rn f a n d e n 432 (495) sta tt . D a s R ech t , P flegek inder zu h a l t e n w u r d e in fO (14) F ä l l e n v e r s a g t . B e r u f s - v o r in u n d sc h a f te n w u rd e a m S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s ü b e r 1251 (1088) R i n d e r a u s g e ü b t . D ie S ta d th a u p tk a s s e h a t a n U n t e r h a l t u n g s ­ geldern f ü r M ü n d e l 149 959 U lk . 26 P f . (97 119 Akk. 92 P f . ) v e r e in n a h m t . 90 (63) M ü n d e l s p a r b ü c h e r bes tanden a m J a h r e s ­ ende , h i e r a u f w a r e n 67 276 U lk . 80 P f . (36277 M k . 88 P f . ) eingelegt. A n M ü n d e l g e l d e r n w u r d e n zu r 7. K r i e g s a n l e i h e 95OO M k . gezeichnet, zu r 8 . 20 400 M k . u n d zu r 9 . 17 200 M k . U b e r die v o n der A b te i l u n g I I des F r a u e n v e r e i n s u n te rh a l t e n e n A r i p p e n ist fo lg en d e s zu b e r ic h ten : D ie a n S te l le der L u ise n ­ kr ippe eingerichtete R r i e g s k n p p e ( B a u m e i s t e r - S t r a ß e 5) bes tand auch in i B e r i c h t s j a h r e noch f o r t . S t a n d der P f l e g l in g e zu A n f a n g des B e r i c h t s j a h r e s 3 8 ; neu a u f g e n o m m e n 137 , n ä m l ic h 7 6 R n a b e n u n d 6 f M ä d c h e n . B o n den n e u a u f g e n o m m e n e n R i n d e r n w a r e n 73 evangelisch, 54 katholisch, fO israelitisch. A u s g e t r e t e n sind v o n z u sam m en 1 75 R i n d e r n 1 18 , so d a ß L u d e D ez em b e r des B e r i c h t s ­ j a h r e s noch 5 7 eingew iesen w a r e n . U n t e r den 1 3 7 n e u a u f g e ­ n o m m e n e n w a r e n Hs u n te r 1 J a h r a l t , ( b i s 2 J a h r e 44 , ü b e r 2 J a h r e 3 2 . D ie Z a h l der v e r p f l e g u n g s t a g e b e t ru g 8 8 3 6 ( 1 9 1 7 : 1 2 6 7 7 ) , der G e s a m t a u f w a n d 29449 M k . (2 3 3 1 5 U lk .) . A n P f legege ld ern g ingen 1 0 6 3 5 U lk . (10 7 7 2 U lk .) ein, a n Geschenken u n d sonstigen E i n n a h m e n 50-18 U lk . (2 5 5 1 A lk .) , so d a ß neben dem B e i t r a g der S t a d t m i t 6 0 0 0 U lk . ( 3 2 5 3 U lk . ) ein Z u s c h u ß v o n 9746 U lk . (6 7 3 9 U lk .) a u s der A b te i lu n g sk a sse e r fo rde r l ich w u rd e . B e i e in em reinen V e r p f l e g u n g s a u f w a n d v o n 2 8 162 U lk . (2 5 111 U lk .) e r fo rderte ein R i n d e inen täg lichen A u f w a n d v o n 5 U lk . 1 8 P f . (1 U lk . 7-1 P f . ) . — Z n der R r i p p e i m H i l d a h a u s w a r e n zu A n f a n g des J a h r e s -12 R i n d e r eingewiesen, w o z u in i L a u f e des J a h r e s 8-1 n e u a u s ­ g e n o m m e n w u r d e n u n d z w a r 4 5 R n a b e n u n d 39 M ä d c h e n ; -11 evangelisch, 4 3 katho lisch ; u n t e r 1 Z a h r 6 0 , 1 b i s 2 Z a h r e 14, über 2 Z a h r e 10. M ä h r e n d des Z a h r e s g in g e n 90 a b , so d a ß a m Z a h r e s - schluß noch 3 6 P f le g l in g e e ingew iesen w a r e n . D e r B esuch w a r auch in diesem J a h r e sehr u n r e g e lm ä ß i g . Z a h l der V e r p f l e g u n g s t a g e 8 7 4 5 (9852). D e r seit 1 9 1 6 in dieser R r i p p e eingerichtete T a g - u n d — (86 — N a c h tb e t r i e b e r f reu te sich des s tän d ig en Z u s p r u c h s . D e r G e s a m t ­ a u f w a n d belief sich a u f 2 3 3 8 9 A lk . ( ( 9 2 ^ 5 A lk .) . A u p f le g e - ge ld e ru g in g e n ( 3 2 8 ^ A lk . (7 7Y5 A lk .) ein, Geschenke u n d sonstige E i n n a h m e n b e t ru g e n 6 5 3 6 A lk . ( 2 7 2 3 A lk .) , so d a ß in fo lge des B e i t r a g s der S t a d t m i t 6 0 0 0 A lk . ( 3 2 5 3 B lk . ) ein Ü b e r sc h u ß v o n 2 2 3 ( M k . erzielt w u r d e , w ä h r e n d i m V o r j a h r e ein Z u s c h u ß der A b te i lu n g sk a s se v o n 5H7H A lk . e r fo rde r l ich w a r . — D ie Z a h l der in der A r i e g s k r ip p e L e o p o l d - S t r a ß e 5 ( (v e rg l . L h r o u i k ( 9 ( 7 S e i te 2 8 5 ) u n te rg e b ra c h te n T a g - u n d N a c h lk in d e r b e t ru g durchschnittl ich 2 0 b i s 25 , die der v e r p f l e g u n g s t a g e 2 9 9 ( . D ie E i n n a h m e n beliefen sich a u f ( 5 6^(6 A lk . , d a r u n t e r ( 2 6 8 7 A lk . P f legege ld u n d ein B e i t r a g v o n 2 0 0 0 A lk . v o m A r i e g s a m t , die A u s g a b e n a u f ( 8 6 5 5 A lk . , so d a ß die A b te i l u n g 3 0 0 7 A lk . zuschießen m u ß te . A m E n d e des B e r i c h t s j a h r e s w u r d e die A r i e g s k r ip p e , die sich des erhofften Z u ­ s p ru c h s nicht e r f reu te , a u fg e h o b e n . Lehrkurse z u r A u s b i l d u n g v o n A i n d e r p f l e g e r i n n e n w u r d e n i m V o r j a h r e i m H i l d a h a u s u n d s ta tt i m L u is e n h a u s i m A in d e r h e im a b g e h a l t e n . I m B e r i c h t s j a h r e ist ein A u r s im H i l d a ­ h a u s m i t 8 S c h ü le r in n e n beendet u n d a m ( . O k to b e r der ( 3 . A u r s m i t 5 S c h ü le r in n e n b e g o n n e n w o rd e n . I m A in d e r h e im w u rd e n 2 A u r s e v o n je 6 A l o n a t e n zu r A u s b i l d u n g v o n B e ru f s p f le g e r in n e n a b g e h a l t e n u n d 3 7 (37) S ch ü le r in n e n a u s g e b i ld e t . A u ß e r d e m fan d e n i m H i l d a h a u s u n d in der A r i e g s k r ip p e (B a u m e is te r s t r a ß e ) zwei­ j ä h r i g e A u r s e fü r A lä d c h e n m i t V o lk s sc h u lb i ld u n g statt . I m B e r i c h t s ­ j a h r e b e fa n d e n sich i m H i l d a h a u s 5 (5) solcher S c h ü le r in n en , in der A r i e g s k r ip p e ( 2 ( ( ^ ) . I m F r ö b e l s e m i n a r w a r e n zu B e g i n n des B e r i c h t s ­ j a h r e s a n S c h ü le r in n e n a n w e s e n d : i m A u r s f ü r A i i id e r g ä r tn e r in n e n 2 7 ( ( 9 ( 7 : 27 ) , in d em f ü r F röb e l 'sche A in d e rp f leg e r in n en 7 ( (8 ) , d a v o n g in g e n nach b esonderer P r ü f u n g 8 ( ( 7 ) A i i id e r g ä r tn e r in n e n u n d 7 ( ( 8 ) A in d e rp f le g e r in n e n O s t e r n a b . N a c h O s t e r n w a r e n in je n e m A u r s 2H, in d iesem ( 3 S c h ü le r in n e n an w e sen d . I m Herbst g in g e n 7 n ac h bes tandener P r ü f u n g a b . I n f o l g e Z u g a n g s im H erbs t w a r e n a m S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s w iede r 3 0 A iu d e r - g ä r tn e r i n n e n u n d in fo lg e A b g a n g s ( 3 A in d e rp f le g e r in n e n anw esend . D ie Z a h l der A in d e r in d em m i t d em S e m i n a r v e rb u n d e n e n A i n d e r g a r t e n b e t ru g im l v i n t e r durchschnittl ich 8 0 , i m S o m m e r 60 , — (87 — i m F i l i a l - K i n d e r g a r t e n HO b i s 5 0 , die drei A n g a b e n w ie ( 9 ( 7 . D e r B e t r i e b der A n s ta l t e r fo rd e r te e inen A u f w a n d v o n 2 7 2 0 5 A lk . ( 2 2 0 H 0 Alk.) , der durch ( 2 2 7 0 A lk . ( ( 0 9 8 2 A lk . ) S chu lge lder , den B e i t r a g der S t a d t m i t 3 0 0 0 A lk . (wie im V o r j a h r e ) u n d durch Z u s c h u ß a u s M i t t e l » des V e r e in s i m B e t r a g v o n ( ( 9 3 5 A lk . (7 9 5 2 M k . ) gedeckt w u rd e . Z u der A b te i lu n g I V des F r a u e n v e r e i n s ( A r m e n p f l e g e u n d W o h l t ä t i g k e i t ) h a t 7V der S o p h i e n - F r a u e u v e r e i n i m B e r i c h t s j a h r e a n N a h r u n g s m i t t e l n u n d K o h le n o d e r b a r e U nterstü tzungen i m G e s a m t b e t r a g v o n 3 H 2 0 A lk . ( ( 9 ( 7 : 2 9 6 7 M k . ) g e w ä h r t . N a c h L a g e der V erhä l tn isse m u ß t e n a n S te l le v o n L e b e n s ­ m i t te ln u n d K o h le n ö f te r s G e ld g a b e n zu r S e lb s tb eschaffung des N ö t ig e n ve ra b re ich t w erd en . D e r S o p h i e n - F r a u e n v e r e i n h a t a n 2 (H (257 ) K in d e r S o lb a d k n r e n g e w ä h r t , ( ( ( K n a b e n u n d ( 0 5 M ä d c h e n , u n d z w a r in D ü r r h e i m 3 ( , in R a p p e n a u 9 ( , in B a d isc h R he in se lden 92 . D e r A u f w a n d f ü r diese A u r e n belief sich a u f (7 5 3 7 M k . ( ( 7 7 H ( A lk . ) , er w u r d e du rch fo lgende B e i t r ä g e gedeckt: v o n den K rank enk assen (7H A l k . , v o m A r m e n r a t u nd A r i e g s u n te r s tü tz u n g s a m t ( ( 2 0 7 M k . , v o n E l t e r n u n d W o h l t ä t e r n H969 M k . , v o m F r a u e n v e r e i» ( ( 8 7 A lk . — L . V o m E l i s a ­ b e t h e n v e r e i n w u r d e n i m B e r i c h t s j a h r e a n a r m e K r a n k e u n d W ö c h n e r in n e n U nte rs tü tzungen im w e r t e v o n 2 6 9 7 M k . ( ( 9 ( 7 : 2 7 0 8 M k . ) a n s g e te i l t . Volksküchenessen w u r d e n in G e s t a l t v o n 5H2 ( ( 889) S u p p e n u n d ( 0 6 0 ( 695) M i t t a g e s s e n i m G e s a m t ­ b e t r a g v o n 5 ( 6 M k . (5 0 7 A lk . ) v e ra b re ic h t u n d f ü r K o h le n 3 6 A lk . ( 3 2 3 A lk .) an fg e w e n d e t . A m ( . M a i konnte der V ere in d a s 7 0 j ä h r i g e J u b i l ä u m seines B e s te h en s begehen . D e r Z e i t l a g e entsprechend w u r d e die F e i e r a u f eine Festsitzung m i t A n s p r a c h e n beschränkt. A u s A n l a ß des Z u b i l ä u m s sind d em V e re in a n G a b e n zugeflossen: v o n der G r o ß h e r z o g i n 5 0 0 A lk . , v o n der G r o ß ­ herzogin Luise ( 0 0 0 A lk . , v o n der S t a d tg e m e in d e „ i n d a n k b a r e r A n e rk e n n u n g der w o h l tä t ig e n W irk sa m k e i t des V e r e i n s " , in sb e so n d e re auch der h in geb end en T ä t ig k e i t seiner v e rd ie n ten Vors itzenden , F r l . M a g d a v o n Beck, i m Dienst der städtischen K r i e g s f ü r s o r g e ( 0 0 0 A lk . , sowie a u ß e r d e m v o n zah lre ichen S p e n d e r n ü b e r ( 5 0 0 M k . D e r V ere in h a t te einschließlich der Geschenke la u fe n d e E i n n a h m e n m i t ( ( 0 8 7 A lk . (7H97 A lk . ) u n d A u s g a b e n m i t 7 0 8 7 M k . (7H97 A lk . ) . D a s v e r m ö g e n des V e r e i n s belief sich a m I a h r e s s c h l u ß a u f 9000 A lk . ( 5 0 0 0 M k . ) . A u c h i m B e r i c h t s j a h r e w a r e n v ie r V o l k s k ü c h e n in T ä t ig k e i t : ( . D ie V olksküche a m A l te n B a h n h o f ( a u f K r i e g s d a u e r a n S telle der V olksküche ^ im L u is e n h a u s ) . 2 . die Volksküche L ( R i t t e r - S t r a ß e 7) . 3 . die V olksküche L im H i l d a h a u s . H. D ie K r i e g s - speisehalle a m D u r l a c h e r T o r (K üche I ) K a i s e r - S t r a ß e 3). J e d e K ü ch e g a b täg lich M i t t a g e s s e n u n d K af fee a b ; die A u s g a b e v o n T e e u n d L i m o n a d e m u ß t e eingestellt w e rd e n . Abendessen w u rd e n u r in der K üche L u n d V v e r a b f o lg t . T i n vo lle s M i t ta g e s se n m i t F leisch oder b v u r s t kostete 5 0 P f . u n d v o m ( . G k to b e r a b 6 0 P f . , a n fleischlosen T a g e n HO bezw. 5 0 P f . S u p p e ohne Fleisch kostete ( 5 P f . , v o m ( . G k t o b e r a b 20 P f . D e r P r e i s des A b e n d ­ essens, in d em in der R e g e l kein Fleisch en th a l t e n w a r , b e t ru g HO P f . bezw. 5 0 P f . , eine dicke S u p p e a l le in 2 5 bezw. 5 5 P f . T i n e g r o ß e S ch a le K af fee m i t M i l c h u n d Z ucker oder S üß s to f f w u rd e zu (0 P f . , d a s S tück B r o t zu 5 P f . ab g eg eb en . D ie K üche L lieferte b i s zu r H e im s e n d u n g der K r i e g s g e f a n g e n e n f ü r diese a u f besondere B e s te l lu n g ( 0 8 5 0 2 M i t t a g e s s e n zu 7 5 P f . ( ab ( . G k to b e r 8 5 P f . ) u n d 8HH A bendessen zu 6 0 bezw. 7 0 P f . (p /s P o r t i o n e n ) . I m B e r i c h t s j a h r e w u r d e die H erb e isch a ffu n g der N a h r u n g s m i t t e l noch schw ier iger a l s i m V o r j a h r e , so d a ß der B e t r ie b die K r a f t u n d Z e i t der le itenden D a m e n , der B e i r ä t e u n d des P e r s o n a l s in h o h e m M a ß e in A n s p r u c h n a h m . I n der K üche v h ä t te ih r e s beschränkten R a u m e s u n d starken P e r s o n a l m a n g e l s w egen im S p ä t j a h r die H ers te l lung der A bendkost a u ß e ro rd e n t l ic h eingeschränkt w e rd e n m ü ssen , w e n n nicht die S t a d t v e r w a l t u n g durch tägliche L ie fe ru n g e in ig er h u n d e r t P o r t i o n e n T in to p fe s sen a u s der städtischen K r i e g s s p e i s u n g die A u f r e c h t e r h a l t u n g des A b end tisches e rm ög l ich t h ä t te . I m g an z en w u r d e n ab g e g eb e n in der K üche ( 9 7 3 2 7 (29 s 6 5 5 s P o r t i o n e n , in der K üche L (H 5 0 8 H ( ( 5 6 2 3 0 ) , in der K üch e L H 0 8 H 3 7 ( 5 0 2 8 3 6 ) u n d in der K üche v 3 6 9 OH ( ( H l 3 8 7 5 ) , z u s a m m e n ( ( ( 9 8 8 9 ( ( 3 6 H 5 9 6 ) P o r t i o n e n . D er V erkehr in den V olksküchen n a h m i m g an z en u m 2 H H 7 0 7 S p e ise p o r t io n en a b — n a h e z u (8 °/o, w ä h r e n d in den beiden V o r j a h r e n wesentliche S te ig e r u n g e n zu verzeichnen w a r e n . D ie A b n a h m e i m g anzen wie bei den T sse n i m b esonderen ist nach dem J a h r e s b e r i c h t des F r a u e n - Vereins zun : T e i l d a r a u f zu rückzuführen , d a ß durch d a s E in rü c k e n der letzten R eserven eine weitere S c h w ä c h u n g der R re ise , a u s denen die M e h r z a h l der m ä n n l ic h e n V olksküchengäste s t a m m t , e ingetre ten ist. A u ß e r d e m seien m i t E i n t r i t t des W a f fe n s t i l l s ta n d es du rch S t i l l e g u n g zahlreicher k r iegsw ir tsch af t l iche r B e t r i e b e , T a u s e n d e v o n F r a u e n und M ä d c h e n a n s den F a b r ik e n entlassen u n d i h r e n F a m i l i e n w iedergegeben w o rd e n . Diese V e r ä n d e r u n g h a b e noch g r ö ß e r e n E i n f l u ß a u f den R ü c k g a n g des R ü c h e n v e rk e h rs a u s g e ü b t ; auch d a s A usscheiden der b i s h e r beköstigten G e f a n g e n e n h a b e i m gleichen S in n e gew irk t . A n selbstzahlende G ä s te w u r d e n in den v ie r R ü c h en 3 4 7 9 6 s ( 3 7 9 0 0 7 ) M i t t a g e s s e n , ( 5 6 6 5 8 ( ( 6 6 ( 7 3 ) A bendessen (diese, w ie o ben bem erk t , n u r in R ü c h e L u n d O ) , 2 0 0 8 4 ( 5 0 3 7 4 ) einfache S u p p e n , 2 95425 (3 ( ( 5 7 5 ) R a ffe e u n d 5 0 996 ( ( 0 6 9 5 9 ) 5 tück B r o t a b g e g eb e n . D ie A b g a b e n i m B e t r i e b ( M ä g d e usw .) b e t ru g e n 7 8 6 4 9 (87 ( 7 2 ) P o r t i o n e n , A b g a b e n a u f A n w e is u n g des A r m e n r a t s , R r i e g s u n t e r s t ü t z u n g s a m ts , der A r m e n ­ vereine 4 l 229 (4 5 4 8 9 ) , A b g a b e n a u f A n w e i s u n g v o m S t a d t r a t fü rS c h ü le r sp e is u n g (23904 ( 6 5 3 4 ( ) , f ü r G e f a n g e n e ( 4 2 0 3 9 ( ( 7 ( 5 6 9 ) > D ie E i n n a h m e n der v ie r R ü c h e n b e t ru g e n 395466 M k . 2 0 P f . ( 4 2 ( 8 3 3 M k . ) , die A u s g a b e n 3 9 ( 2 0 8 M k . 5 7 P f . ( 4 ( 7 2 4 ( M k . ) . D ie R o c h - und F l i c k s c h u l e so w ie der F l i c k v e r . e i n des F ra u en v ere iu s w a ren geschlossen, erstere, w e il die R ä u m e im L uisen­ h a u s v o m L azarett belegt w a ren , die letzteren w eg en S to ffm a n g e l . I m B e s c h ä f t i g u n g s v e r e i n des F r a u e n v e r e i n s a rb e i te ten zu B e g i n n des J a h r e s 2 5 0 F r a u e n , die sich a l lm ä h l i c h b i s a u f 64 h e r a b m in d e r te n , meist R r i e g e r w i tw e n u n d ä r m e r e , ä l te re , a l l e in ­ stehende F r a u e n . E s w u r d e n n u r A u f t r ä g e der H e e r e s v e r w a l t u n g erledigt. A n A r b e i t s l ö h n e n u n d V e r s ic h e ru n g sb e i t rä g e n w u r d e n r u n d ( 4 5 0 0 0 M k . ( ( 2 2 5 3 9 M k . ) v e r a u s g a b t , v o n U n g e n a n n t erh ie lt der V ere in a n Geschenken ( 0 0 M k . D a s v e r m ö g e n h a t z u g e n o m m e n . 3. Nrankenwesen. I m S t ä d t i s c h e n R r a n k e n h a u s , d a s 6 8 2 R ran k en - betten enthält, w u rd en im B e r ich tsja h re 6 7 ( ( ( ( 9 ( 7 : 5 3 6 2 ) R rank e an zusam m en ( 6 6 2 3 4 ( ( 4 2 5 3 2 ) T a g e n verp flegt. D urchschnittlich w aren täglich 4 5 5 (390 ) R rank e im H a u se . I n den einzelnen M o n a te n bew egte sich der R rankenstand zwischen fo lgen den Z a h le n : - ,9 0 - J a n u a r . . 3 5 0 — 420 K ranke J u l i . . . 4 ,2 — 4 6 , K ranke F eb ru a r . 4 , 5— 460 „ A u g u st . . 3 9 4 — 4 5 3 „ M ä r z . . 423— 4 6 , ,, S ep tem b er . 4 , 9 —453 „ A p r il . . 4 3 2 — 5 0 5 „ O k to b er . . 4 3 , - 5 7 5 „ M a i . . . 4 6 7 — 4 9 2 „ N o v e m b e r . 4^,0— 5 5 4 „ J u n i . . 456— 493 „ D ezem ber . 4O8 —495 „ D er K rankenstand w a r a m höchsten a m 2 7 . O ktober m it 5 7 5 P erso n en ( , 9 , 2 a m 2 5 . J a n u a r m it 499 P erson en ). U n ter den K ranken befanden sich 2 3 3 ( , 2 8 ) kranke und verw undete S o ld a ten und O ffiz iere , die a n zu sam m en , 0 5 6 7 (8245 ) T a g e n im K ranken­ h a u s verpflegt w u rd en . I m laufenden J a h r e w urde d a s H a u s stärker v o n der Z iv ilb e v ö lk e ru n g ausgesucht, da w en ig M i l i t ä r ­ personen zur A u fn a h m e kam en. A m S ch lu ß w a ren noch 3 (4) O ffiziere und 3 8 ( , 2 ) S o ld a te n im H ause. D ie la u fe n d e n E i n n a h m e n des K r a n k e n h a u s e s be t ru g e n , 3 7 7 4 3 6 M a r k ( ,0 4 2 3 8 2 M k . ) , die la u fe n d e n A u s g a b e n , 3 9 2 3 0 , M k . ( , , , 0 3 , 9 M k . ) . D ie S ta d th a u p tk a s s e h a t te zu den B e tr iebskosten 4 , 0 , 6 8 M k . (279 9 2 6 M k . ) , d a s sind f ü r jeden K ra n k e n v e r p f le g u n g s ­ t a g 2 M k . 47 P f . ( , M k . 96 P f . ) zu leisten. I m g anzen h a t te die S t a d th a u p tk a s s e f ü r d a s K r a n k e n h a u s einschließlich des A u f ­ w a n d e s f ü r V e rz in su n g u n d T i l g u n g der A nlagekosten , 9 ,8 eine» Z u s c h u ß v o n 6 3 4 0 , 8 M k . ( 5 0 3 8 2 6 M k . ) oder 3 M k . 8 , P f . (3 A lk . 5 3 P f . ) f ü r den V e r p f l e g u n g s t a g zu zah len . V o n den hauptsächlichsten A u sg a b e n betru gen : , 9 l » l 9 , 2 , . M i e t z i n s a n die S t a d th a u p tk a s s e 2 2 3 8 5 0 M k . 2 2 3 8 5 0 M k . 2 . B a u u n t e r h a l t u n g , H e izung , B e ­ le u c h tu n g , R e i n i g u n g , M a s s e r - v e r b r a u c h ........................................ 2 6 4 5 4 0 „ , 6 5 6 9 2 3. G e h a l t u n d L ö h n e ....................... 4 0 , 2 2 5 „ 3 , 2 4 7 4 ,/ H a u se in r i c h tu n g s g e g e n s tä n d e , I n ­ s t ru m e n te , A p p a r a t e . . . . 5 9 2 2 4 „ 3 6 6 9 9 5. A rzne ien , V e rb a n d s to f f e u . a . . 9 2 5 2 5 „ 6 6 0 4 8 6. S p e i s u n g s k o s t e n ............................. 2 9 4 9 9 2 „ 2 6 5 6 , 9 // D a s E r h o l u n g s h e i m der S t a d t w u r d e v o m 8. J u n i b i s , 3 . S e p t e m b e r a l s F e r ien k o lo n ie f ü r , 8 3 K a r l s r u h e r Schu lk inder Ludwig Mppele Stadtrat - (9 l - benützt. V o m ( 7 . S e p te in b e r w u r d e n e r h o lu n g s b e d ü r f t i g e weibl iche P e r s o n e n a u s g e n o m m e n . ( V o m s. N o v e m b e r a n w a r d a s H e im f ü r den W i n t e r geschlossen.) 39 e rw achsene weibl iche P e r s o n e n h a t te n u m A u f n a h m e nachgesucht, die a n 6 7 5 T a g e n verp f leg t w u rd e » . D ie la u fe n d e n E i n n a h m e n b e t ru g e n ( 5 4 7 6 M k . , die A u s g a b e n ( 5 0 3 3 M k . F ü r die s t ä d t i s c h e D e s i n f e k t i o n s a n s t a l t la g en (- (86 A u fträ g e ( ( 9 ( 7 : ( 9 6 3 ) v o r , die w egen nachverzeichneter A n lässe erfo lg ten : D iph therie 2 6 6 , N a sen le id en ( , Genickstarre ( , H alsen tzü n d u n g 2 , In f lu e n z a 8 , A rätze ( 3 5 , A r e b s 5 , A eu ch - husten ( , A r u p p ( , L ungen en tzü nd un g ( , T h o lera v erd a ch t 2 , A e h l- kopfschw und ( , A le id er lä u se ( , M a la r ia ( , M a se r n ( ( , A in d b ett- fieber ( 3, pockenverdacht 2, R u h r 295 , R u h rverd ach t ( 9 , R e in ig u n g ( 0 9 , Scharlach ( 96 , T uberku lose 3 7 9 , T y p h u s ( 7 , T y p h u sv e r d a c h t ( 6 . F ü r d a s A ra n k en h a u s selbst w u rd en a u ß er den in den A p p a r a ten desinfizierten B etten und K leidungsstücken 47 ( ( 3 2 ) Z im m e r und S ä le m it 5 9 4 5 , 2 5 c b m ( 2 3 ( (2 c b m ) I n h a l t desin fiz iert. D ie A u sg a b e n der A n sta lt betrugen 2 6 9 7 6 M k . D a b e i sind aber die A u sg a b e n für die V erz in su n g , B e leu ch tu n g und W asser nicht berücksichtigt. A n G eb üh ren g in gen ( (4 2 9 Akk. ( ( - ( 6 3 8 M k .) ein , v o n denen die S ta d t 9 4 6 0 M k . ( ( 2 0 5 8 M k .) ü b ern ah m . I m L u d w i g - w i l h e l m - R r a n k e n h e i m w u r d e n ( 9 (8 in der F ra u e n k l in ik ( ( 5 3 ( ( 9 ( 7 : ( ( 0 8 ) P e r s o n e n m i t ( 6 3 4 9 ((6 3 6 6 ) T a g e n , i m W ö c h n e r in n e n h e im ( 7 ( ( ( 6 2 ) P e r s o n e n m i t 2 3 7 0 ( 2243) T a g e n , i m W ö c h n e r in n e n a s y l 6 ( 3 ( 7 8 0 ) P e r s o n e n m i t 6 2 9 9 ( 6 ( 2 ( ) T a g e n , in der A u g en k l in ik 2 ( 4 (3 2 5 ) P e r s o n e n m i t 6 5 2 7 ( 7 9 5 2 ) u n d i m V e r e in s la z a r e t t I I 4 7 8 (3 8 0 ) P e r s o n e n m i t 2 3 2 9 7 ( 2 0 ( ( 4 ) T a g e n verp f leg t . D ie Z a h l der P e r s o n e n , die P r iv a tp f l e g e in A n s p r u c h n a h m e n , b e t ru g 89 ( 7 3 ) , v o n denen 2 8 (25) a u ß e r h a l b der S t a d t K a r l s r u h e w o h n te n . D ie E i n n a h m e n a u s der P flege tä t igke i t , einschließlich des L a z a r e t t s i m A r a n k e n h s i m b e t ru g e n 3 6 5 7 2 8 M k . ( 2 8 2 3 0 3 M k . ) . D ie g e s a m te n B e t r i e b s ­ e in n a h m e n beliefen sich m i t E in s c h lu ß e in es a u ß e ro rd e n t l ic h e n B e i t r a g s v o n 7 0 0 0 0 M k . se itens der R e g ie r u n g a u f ( 0 9 7 9 5 ( Nkk. ( 7 9 4 0 0 0 M k . ) , denen a n A u s g a b e n ( ( 2 2 4 3 0 M k . ( 8 6 6 6 7 0 M k . ) gegenübers tanden . D e r ungedeckte A u f w a n d m i t 2 4 4 7 9 M k . (7 2 6 7 0 M k . ) f a n d auch ( 9 ( 8 seinen A u sg le ic h durch einen seitens - )Y2 der V e r m ö g e n s v e r w a l t u n g der G r o ß h e r z o g i n Luise in gleicher H ö he gegebenes u n v e rz in s l ic h e s D a r le h e n . D e r L az a re t tb e t r ie b im A r a n k e n - h e im w u r d e i m D ez em b e r aufge löst . — V o n den zwei P r ü f u n g e n , die f ü r H ilfsschw este rn a b g e h a l t e n w u rd e n , f a n d eine h ie r s ta tt u n d z w a r m i t 29 T e i l n e h m e r in n e n . A n d em A u r s zu r A u s b i l d u n g v o n H elfe r in n e n in K a r l s r u h e n a h m e n 2 0 P e r s o n e n teil. I n der E v a n g e l i s c h e n D i a k o n i s s e n - A n s t a l t w u rd e n ) 9 ) 8 b e h a n d e l t u n d v e rp f le g t : ) 0 0 7 ( ) 9 ) 7 : ) 0 3 2 ) P e r s o n e n a n 3 0 6 9 ) (3 s 5 8 5 ) V e r p f l e g u n g s t a g e n . D ie Z a h l der verpflegten M i l i t ä r p e r s o n e n b e t ru g 6 ) ) a n ) 9 8 2 H V e r p f l e g u n g s t a g e n . I m N e u e n S t . V i n z e n t i u s h a u s b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e die G e s a m t z a h l der ve rp f leg te» Z iv i l v s r s o n e n 2 0 2 3 ( ) 9 ) 7 : 209H), der M i l i t ä r p e r s o n e n ) 0 6 5 ( 9 5 2 ) ; V e r p f l e g u n g s t a g e f ü r erstere 3 2 H ) 9 ( H 3 7 ) 5 ) , f ü r letztere § 2 ) 8 ) ( 2 8 5 ) ) ) . I m I s r a e l i t i s c h e n A r a n k e n H a u s w u r d e n i m B e r i c h t s ­ j a h r e § (2) Z iv i l p e r s o n e n m i t § 7 3 ( ) ) 8 ) V e r p f l e g u n g s t a g e n u n d § 9 ( 2 s ) v e rw u n d e te o d e r k ranke S o l d a t e n m i t 2 8 0 7 ( 2 ) 9 3 ) V e r ­ p f l e g u n g s t a g e n b eh a n d e l t . I n der A b te i l u n g V des F r a u e n v e r e i n s , B e k ä m p f u n g d e r T u b e r k u l o s e , f a n d e n i m B e r i c h t s j a h r e ) 6 S i tzu ngen des B e z i rk s - bezw. V r t s a u s s c h u s s e s s ta tt , in denen 5 6 ) F ä l l e b e h a n d e l t w u r d e n , ) ) 3 F ä l l e w a r e n v o n a u s w ä r t s , § § 3 v o n hier. I m L a u f e des J a h r e s ) 9 ) 8 w u r d e f ü r A a r l s r u h e u n d den A m tsb e z i rk eine in der A ra n k e u p f le g e u n d d e m sozia len A u r s des F r a u e n ­ v e r e in s a u s g e b i ld e te T u b e rk u lo se -F ü r so rg e sc h w e s te r angestellt . I n der F ü rso rges te l le i m S tä d t i s c h e n A r a n k e n h a u s f a n d e n alle ) § T a g e B e r a t u n g s s t u n d e n s ta tt . I n 2 0 dieser S t u n d e n w u r d e n ) 5 2 P e r ­ sonen u n te rsu c h t : 6 7 A i n d e r u n d 8 5 E rw a c h s e n e . B e i § 8 P e r s o n e n w u r d e T u b e r k u lo s e festgestellt, 2 2 v o n diesen w u r d e n in H eils tä tten od e r län d l ic h en A r a n k e n h ä u s e r n a u f g e n o m m e n . D ie R o s ten des V r t s a u s s c h u s s e s A a r l s r u h e b e t ru g e n f ü r V e r p f l e g u n g v o n hiesigen L u n g e n k ra n k e n in H eils tä t ten ) 2 2 9 8 M k . , f ü r A n s te l lu n g einer H a u s p f le g e 3 0 0 M k . , f ü r M i l c h - u n d Fleisch Unterstützung a n hiesige A r a n k e ) ) 2 8 M k . , die A u s g a b e n f ü r die A a r l s r u h e r T u b e r k u lo s e ­ fürsorges te l le ) 7 ) 3 M k . - 193 D e m G e sc h ä f tsb e r ich t der d e m K a r l s r u h e r K a s s e n v e r b a n d e a n g e h ö r ig e n T r ä g e r der r e i c h s g e s e t z l i c h e n K r a n k e n v e r ­ s i c h e r u n g f ü r d a s B e r i c h t s j a h r e n tn e h m e n w i r fo lgende A n g a b e n : U n te r d em E i n f l u ß des K r i e g s t r a t eine u n g e h e u r e B e l a s tu n g der K rankenkassen ein. D ie w achsende H ö h e des K ra n k e n g e ld e s w a r in f rü h e re n J a h r e n meist du rch e inen schlechten G e s c h ä f t s g a n g beg rü n d e t . I m J a h r e 1 9 1 8 d a g e g e n w a r e n die g a n z u n g e w ö h n ­ lichen K ra n k h e i t s z i f f e rn in der H a u p ts a c h e zurückzuführen a u f die durch die E r n ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e ( U n t e r e r n ä h r u n g ) b ed ing te g e r inge re W id e r s ta n d s fä h ig k e i t des K ö r p e r s gegen K r a n k h e i t e n , a u f den A r b e i t s ­ z w a n g vie ler a l te rsgebrech l ichen u n d kränklichen P e r s o n e n , a u f die E i n ­ sc h ränk ung des A rbeite rschutzes , n a m e n t l i c h a u f die A u s d e h n u n g der A rb e i tsz e i t durch Ü b e r s tu n d e n u n d a u f die h äu f ig e re N a c h t a r b e i t , sow ie nicht zuletzt a u f die beträchtl ichen Leistungen a n die K r i e g s te i ln e h m e r . D a z u k a m die G r i p p e - E p i d e m i e , die den K r a n k e n s t a n d v o r ü b e r g e h e n d a u f ü b e r 1 0 °/g der M i t g l i e d e r em po rschn e l len l ieß. D ie Z u n a h m e der K ra n k h e i t s f ä l l e (22 5 8 0 ) stieg g eg e n ü b e r d e m V o r j a h r e u m 6 6 7 5 u n d der K r a n k h e i t s t a g e (464 7 2 6 ) u m 16 8 3 2 . D ie G e s a m t m i t ­ g liederzah l b e t ru g i m J a h r e s d u r c h s c h n i t t 29 8 8 5 u n d h a t g e g e n ü b e r d em V o r j a h r e u m 4 8 0 z u g e n o m m e n , es w a r e n ( 0 8 0 7 m ä n n l ic h e u n d s 9 0 7 8 weibliche versicher te . B i s z u m A u s b r u c h des K r i e g e s w a r e n es u m gek eh r t ein D r i t te l weibl iche u n d zwei D r i t t e l m ä n n ­ liche K assenm itg l ieder . D ie g e s a m te n E i n n a h i n e n beliefen sich i m B e r i c h t s j a h r a u f 3 0 6 9 2 1 9 M k . ( 1 9 1 7 : 2 0 8 7 7 7 8 M k . ) , die A u s ­ g a b e n a u f 2 9 8 5 6 9 4 B lk . ( 1 9 3 6 3 1 4 Nkk.) A n K r a n k e n g e ld e r n a l le in w u r d e n 1 1 1 5 6 3 9 M k . v e r a u s g a b t , 6 1 8 2 3 3 M k . m e h r a l s i m V o r j a h r e . D a s G e s a m t v e r m ö g e u der G rtsk ra n k e n k a s se , 1 297 O64 M k . , v e r r in g e r te sich u m 1 0 2 864 M k . u n d die R ü ck lag e u m 2 7 2 2 M k . D a s v e r m ö g e n des K a s s e n v e r b a n d e s 137 7 8 1 M k . , v e rm e h r te sich u m 2 7 2 2 M k . D ie B e i t r a g s s ä tz e der einzelnen K assen bew eg ten sich zwischen 3 — 5 "/g der D u rc h sc h n i t t s lö h n e . D e r J a h r e s b e r i c h t der K a r l s r u h e r F a i n i l i e n k r a n k e n - k a s s e teilt m i t , d a ß d a s E r g e b n i s des G e s c h ä f t s j a h r e s 1 9 1 8 den V erhäl tn issen entsprechend befr ied ig en d gew esen sei. D ie E i n n a h m e n beliefen sich a u f 2 5 157 M k . 10 P f . , die A u s g a b e n a u f 2 4 2 5 8 M k . 3 1 P f . ( 1 9 l ? E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n 5 3 9 6 3 M k . 5 0 P f . ) . D a s G e s a m tv e r r n ö g e n b e t r u g a n i 3 s . D ez e m b e r des B e r i c h t s j a h r e s tZ 194 - 9996 N lk . s 6 P f . (8 ts76 M k . 8 3 P f . ) D e r A b sc h lu ß eines neuen Ä r z t e v e r t r a g s m i t w e ite ren F o r d e r u n g e n u n d die V e r te u e ru n g der M e d i k a m e n t e m a c h te die E r h ö h u n g der B e i t r ä g e n o tw e n d ig . D e m J a h r e s b e r i c h t der T r i n k e r f ü r s o r g e st e l l e A a r l s - r u h e e n tn e h m e n w i r fo lgende A n g a b e n : D e r A r i e g h a t in Hinsicht der T ru n k s u c h t h e i l s a m u n d erzieherisch gew irk t . Viele P f le g l in g e sind n ü c h te rn e r g e w o rd e n , a l l e r d in g s v ie lfach n u r der N o t gehorchend. B e i a n d e r e n m a c h t sich a b e r auch w ied e r g rö ß e re N e i g u n g zur T ru n k s u c h t gel tend. D ie Z a h l der fü r so rg eb e d ü r f t ig en P e r so n e n ist w ied e r i m S te ig e n begrif fen . D ie t runksüch t igen F r a u e n n eh m en w ied e r einen h o h e n P ro z en tsa tz (27 "/«) ein. D ie Fürso rges te l le w i r d e inen w eite ren A u s b a u n a m e n t l i c h nach der ärz tl ichen Sei te e r f a h r e n . E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n der R a r l s r u h e r Fürso rges te l le b e t ru gen i m B e r i c h t s j a h r e 6H 33 M k . 6 8 P f . E n d e F e b r u a r f a n d eine a u ß e ro rd e n t l ic h e G e n e r a l v e r s a m m l u n g der B e t r i e b s k r a n k e n k a s s e der bad ischen S t a a t s e i s e n b a h n e n s ta tt . S ie w a r w egen des im J a h r e l 9 s 7 en ts tandenen F e h l b e t r a g s m i t 2 s 5 8 0 2 M k . n o tw e n d i g g e w o r d e n . D ie V e r s a m m l u n g n a h m eine Ä n d e r u n g der S a tz u n g e n v o r u n d z w a r d a h in g e h e n d , d a ß die A assen le is tu ngen a u f 2 6 W o c h e n herabgesetzt w u r d e n , bei einer h a l b j ä h r i g e n B e i t r a g s l e i s tu n g . F e r n e r ersuchte eine E n ts c h l i e ß u n g d a s F in a n z m in i s t e r i u m , den F e h l b e t r a g zu decken. A m l 9 . O k t o b e r veröffentlichte die „ A a r l s r u h e r Z e i t u n g " ü b e r die A u s b r e i t u n g der G r i p p e u n d ü b e r d a s V e r h a l t e n der einzelnen ih r g eg e n ü b e r einen a u s f ü h r l i c h e n B e r ich t . W i r geben h ie r a u s dem selben den ersten A bsa tz w ied e r : „Die bereits im Som m er dieses J ah re s auch in Deutschland aufgetretene sogenannte „Spanische Krankheit" bezeichnet« G rippe hat in den letzten Wochen in allen T eilen unseres Landes eine große Verbreitung erfahren, nachdem m an schon ein Nachlassen der Epidem ie im Laufe des August und September glaubte annehm eu zu dürfen; weiterhin ist nicht zu verkennen, daß sich in letzter Z e it die Fälle m it schweren Krankheitssymptomen und gefahrdrohenden Zuständen vermehrt und zu häufigen T odesfällen an Lungenentzündung und Versagen der Herztätigkeit geführt haben." E b e n f a l l s a m s9 - f a n d u n te r dem Vorsitz des O b e r b ü r g e r ­ m e is te rs eine S i tz u n g des O r t s g e s u n d h e i t s r a t e s statt . G eg e n s ta n d der A u s s p r a c h e w a r die N a t u r , der V e r l a u f u n d die V e r b re i tu n g ( 9 5 der A rank heit, die zu ihrer E in d ä m m u n g zu ergreifenden M a ß ­ n a h m en und die V erso rg u n g der A rank en . V o n ärztlicher ö e ite w u rd e a u sg efü h r t: „Zeit A nfang J u n i dieses J a h r e s habe» w ir in K arlsruhe die sogenannte „Spanische Krankheit'', eine charakteristische In flu en za-E p idem ie. D ie Menschen erkranken ganz plötzlich an hohem Fieber, Frost, zuw eilen ausgesprochenem Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Übelkeit, Brechneigung, Rücken- und G lieder- schmerzen. J e nachdem in der Folge das eine oder andere G raan oder Drgansystem besonders befallen ist, erscheint die Krankheit in verschiedener Form . I n den meisten F ällen handelt es sich um Erkrankung der oberen Luftwege. I n den letzten T agen haben sich die Erkrankungen stark gehäuft und der v er la u s derselben erscheint w eniger harm los a ls zu B eg in n der Epidem ie. E s treten die Veränderungen der Lunge mehr in Vordergrund. Mehrfach führte die Krankheit zum Tode, te ils durch Lungenentzündung, te ils durch fast plötzliches versagen der perzkraft. E ine einigerm aßen auffallende Z u ­ nahm e der Todesfälle konnte aber nur in den letzten t-4 T agen konstatiert werden. Diese Todesfälle, die vielfach ganz junge kräftige Leute betrafen, haben zu der irrigen M einung geführt, daß eine ganz besonders gefürchtete Lungen­ seuche vorliege. G enauere Untersuchungen haben einen A nhalt hierfür nicht ergeben. Auch die vielfach verbreitete Ansicht, daß die epidemische Verbreitung der Krankheit in Unterernährung begründet sei, trifft nicht zu. D ie Krankheit befällt jung und alt, gut und w eniger gut genährte Menschen.' Die Infektion wird meistens leicht überw unden, in w en igen T agen läuft die Krankheit ab, oft ohne daß eine ärztliche B ehandlung stattfindet. E s ist deshalb die vielfach herrschende, öfters nachteilige Angst nicht gerechtfertigt. A llerdings erfolgt die Ansteckung sehr leicht, es ist daher Vorsicht im Verkehr mit Kranken und KrankheitsverdLchtigen geboten, da w ir mit einer Kontaktinfektion zu rechnen haben. D ie Krankheitskeimo sind udiguitör (an keinen bestimmten G rt gebunden), desw egen erscheint eine erfolgreiche Prophylaxe sehr schwierig, eine strenge Absonderung der B efa llen en untunlich. A ngezeigt ist es, daß sich die Menschen vor Erkältungskrankheiten in acht nehmen, auf richtige Lüftung und Tem perierung ihrer W ohnräum e sehen. Z u w arnen ist vor den unnötigen Besuchen von «Örtlichkeiten, w o viele Menschen gedrängt beisammen sind, vor überfüllten E isenbahnzügen, Sitzungen, Vorträgen usw. w o in den Schulen ein großer Prozentsatz der Schüler erkrankt ist, sollen diese geschlossen werden. E inen allgem einen Schulschluß empfiehlt der M rtsgesundheitsrat nicht. Auch für den polizeilichen Schluß des Theaters, der K inos und der Kinderkrippen verm ag er sich nicht zu entscheiden, besonders mit Rücksicht auf die Jeitverhältnisse. B e i den letzteren sollten die Arzte und das Pflegepersonal ein wachsames A uge darauf haben, daß erkrankte (5 * Kinder ferngehalten werden, und es sollten insbesondere die «Litern ihre Rinder beim geringsten U nwohlsein zu Hause behalten. M it Rücksicht auf die außerordentlich rasche Verbreitung der Krankheit und der Unsicherheit eines E rfo lges soll auch von ausgedehnteren Desinfektionen abgesehen werde». Zweckmäßig ist es aber, die Krankeuwäsche und die Taschentücher ausznkochen und den A u sw urf zu desinfizieren, auf peinliche Sauberkeit der Hände zu achten. B e i ernsteren Krankheitserscheinungen ist die Z uziehung eines Arztes geboten. D ie Kranken sollen das B ett hüten, bis alle Krankheitszeichen geschwunden sind, w a s sich in einzelnen F ällen lange hinziehen kann. E s ist dieses schon deshalb zu empfehlen, w eil die Z a h l der Rücksälle in letzter Z eit auffallend groß ist. B e i leichterer Erkrankung und bis zur Ankunft des Arztes sind Schwitzprozeduren, reichlich w arm e Getränke geraten, allenfalls Sa lyzil- xräparate, w ie A spirin, S a lixyrin . L in spezifisches Heilmittel gegen die Krankheit gibt es aber bis jetzt nicht und es muß insbesondere vor den markt­ schreierisch angeboteneu Medikamenten gew arnt werden. B e i der Ernährung der Kranken muß leider auf manches verzichtet w erden, w enn aber die w eniger B edürftigen sich etw as bescheiden, ist für die Kranken ausreichend gesorgt. Auch die ärztliche Versorgung und die Krankenhäuser werden ausreichen, w enn nur das Publikum einige Rücksicht übt, sie nicht unnötig beansprucht, insbesondere die B estellung dem Arzte so rechtzeitig meldet, daß er seine G än ge entsprechend einrichten kann. A n M edikam enten besteht ein M an gel für die Kranken nicht." A m 2 3 . (Oktober berichteten einzelne T a g e s z e i tu n g e n , d a ß , wie a u s ä rz tl ichen A re ise n m i tg e te i l t w erde , v o n e inem A b n e h m e n der G r i p p e i n A a r l s r u h e noch n ic h ts zu bem erken sei, e s k a n n v ie lm e h r v o n e iner w e i te ren A u s b r e i t u n g gesprochen w erden . I n den meisten F ä l l e n , bei denen der A r z t g e ru fe n w u rd e , n a h m die A ra n k h e i t keine sc h l im m e W e n d u n g ; die Z a h l der T o d e s f ä l l e a b e r h a b e auch h ie r z u g e n o m m e n . N a c h e iner M i t t e i l u n g der P o l ize id i rek t ion v o m 2 . N o v e m b e r h a t te die G r i p p e in A a r l s r u h e u m diese Z e i t ih ren H ö h e p u n k t ü berschri t ten u n d w a r in m erk lichem R ü c k g a n g begriffen . A m s 7 . D ez em b e r f a n d eine s o z i a l h y g i e n i s c h e B e r a ­ t u n g i m M i n i s t e r i u m f ü r soziale F ü r s o r g e statt . I ) r . m e ä . A l f o n s F isch e r fo rd e r te den A u s s c h lu ß in fek t iös A r a n k e r v o n der B e sc h ä f ­ t i g u n g m i t N o t s t a n d s a r b e i t e n , w o g e g e n n a m e n t l ic h die A a ss e n v o r - steher B ed en k e n ä u ß e r te n . (97 D e r F e u e r b e s t a t t u n g s v e r e i n K a r l s r u h e zäh lte a m s. J a n u a r des B e r i c h t s j a h r e s ) 0 ) H M i t g l i e d e r ( ) 9 ( 7 : ) 0 0 6 ) ; n eu - zu g e g an g e n sind i m L au fe des W a h r e s 8 2 , du rch A u s t r i t t , W e g z u g oder T o d v e r lo r der V ere in 6H; S t a n d a m s . J a n u a r ) 9 ( 9 : ) 0 3 2 M i t g l i e d e r . Z m hiesigen K r e m a t o r i u m w u r d e n im B e r i c h t s ­ j a h r e ) 6 ß ( ( 3 8 ) E in ä s c h e ru n g e n v o r g e n o m m e u , )H2 ( ) 0 6 ) K a r l s ­ r u h e r u n d 2 7 (58) A u s w ä r t i g e . D a v o n w a r e n 8 8 (90 ) m ä n n l ic h e n u n d 8 s (68) w eibl ichen G eschlech ts ; ) 3 ) ( ( 2 8 ) w a r e n evangel isch , ) 8 (20) katholisch, 2 (8) a l tk a tho lisch , s ä (6 ) israeli t isch u n d H sonstige ( l ) . D ie E i n n a h m e n des V e r e in s b e t ru g e n 7 ) 0 8 M k . ( 6 2 ) 7 M k . 9 3 P f . ) , die A u s g a b e n 7 0 5 6 M k . ( 6 0 9 8 M k . H7 P f . ) . D a s V e r e in s v e r m ö g e n w u r d e a u f 3 ) . D ez em be r des B e r i c h t s j a h r e s a u f ) ) 3 2 3 M k . 69 P f . ( ) 0 3 0 ) M k . 8 2 P f . ) berechnet. V o n diesem V e r m ö g e n sind 8 0 0 0 M k . in K r i e g s a n l e i h e (R e ichssc hu ld ­ buch) ange leg t . Z u den B e s ta t tu n g sk o s te n w e rd e n n ac h d e m B e ­ schluß der G e n e r a l v e r s a m m l u n g kü n f t ig fo lgende Z uschüsse v o m V ere in geleistet: B e i e iner M i tg l i e d s c h a f t v o n 2 J a h r e n 3 0 M k . , v o n 5 J a h r e n HO M k . , v o n ) 0 J a h r e n 5 0 M k . ; v o n ) 5 J a h r e n 6 0 M k . u sw . Diese Zuschüsse w e rd e n v o n der F riedho fk asse a n der K os ten berech nu ng fü r die B e s t a t t u n g in A b z u g g e b ra c h t u n d v o n dieser b e im F e u e r b e s ta t tu n g s v e r e in e rh o b e n . D e r B e r i c h t ü b e r die J a h r e s v e r s a m m l u n g , d em w i r diese A n g a b e n e n t n a h m e n , bezeichnet es a m S c h lu ß a l s a u f f ä l l ig e E r s c h e in u n g , d a ß der F e u e r b e s ta t tu n g a u s den K re isen der A rb e i te rb e v ö lk e ru n g so w e n ig Znteresse en tg eg e n ­ g e b ra ch t w erde . A nges ich ts der V o r te i le , die der V ere in n u n m e h r durch die Zuschüsse biete, w erd e hoffentlich auch a u s diesen K re isen eine regere B e te i l ig u n g zu e r w a r t e » sein. VI. Versammlungen, Feierlichkeiten und Festlichkeiten, Ausstellungen, Sehenswürdigkeiten. m s5 . J a n u a r f a n d h ie r die s7 . ordentl iche P l e n a r v e r s a m m ­ l u n g des D i r e k to r iu m s des V e r b a n d e s S ü d w e s t - d e u t s c h e r I n d u s t r i e l l e r u n d i m A n sc h lu ß h ie ra n eine V e r s a m m l u n g v o n V e r b r a u c h e r n v o n T r e i b r i e m e n in B a d e n , E l s a ß , P f a l z u n d Hessen statt. A m 2 0 . J a n u a r ta g te der G a u M i t t e l b a d e n des L a n ­ d e s v e r b a n d e s d e r b a d i s c h e n H a n d w e r k e r v e r e i n i - g u n g e n. De r D e u t s c h e M e t a l l a r b e i t e r - V e r b a n d fü r den B ez i rk A a r l s r u h e h ie lt a m 2 7 . J a n u a r J a h r e s v e r s a m m l u n g a b . I n i h r e r G e n e r a l v e r s a m m l u n g a m H. F e b r u a r beschloß die M i l ch p r o d u ze n t e n - G e n o s s e n s ch a f t A a r l s r u h e trotz der gestiegenen P ro d u k t io n s k o s te n v o n einer E r h ö h u n g des M i lc h p re is e s abzuseh en . A m 2H. F e b r u a r h ie lt die D e u t s c h - s p a n i s c h e V e r e i n i ­ g u n g ih re L a n d e s v e r s a m m l u n g u n d a m 3. M ä r z der 5 ü d - w e st d e u t s c h e L e i c h t a t h l e t i k e r v e r b a n d seinen ersten A r i e g s v e r b a n d s t a g a b . A m s7 . M ä r z ta g te der B u n d e r b l i n d e t e r A r i e g e r . D e m B e z i rk B a d e n g eh ö ren 5 ^ v o n e t w a 7 0 A r i e g s b l i n d e n a l s M i t g l i e d e r a n . I m A n s c h lu ß d a r a n w u rd e eine E i n - u n d V e r ­ kaufsgenossenschaf t der A r i e g s - u n d F r i s d e n s b l in d e n g eg rü n d e t . 1. Versammlungen. - (99 - A m 2H. M ä r z f a n d die erste G e n e r a l v e r s a m m l u n g der E i n ­ kaufsgenossenschaft B a d i s c h e r G a s t w i r t e sta tt . G le ic h fa l l s a m 2H. w u r d e der B a d i s c h e V e r b r a u c h s r - t a g a b g e h a l te n , bei d em v o r a l le n : die B e k ä m p f u n g des Sch le ich ­ h a n d e l s besprochen w u rd e . A m l3 - A p r i l f a n d die A r e i s v e r s a m m l u n g des A re is e s A a r l s r u h e sta tt . N a c h e r fo lg te m R ech ensch a ftsbe r ich t ü b e r d a s J a h r s y s ? n a h m S t a d t r a t F r e y S te l l u n g zu der i m L a n d t a g an ge reg ten Ä n d e r u n g der A r e i s v e r f a s s u n g , die er in du rch g re i fen d e r W eise nicht a l s n ö t ig beze ichn e t . W e i te r h i n w u r d e die S t r o m ­ v e r s o r g u n g M i t t e l b a d e n s ( M u r g w e r k ) b e h a n d e l t u n d nach E r l e d i g u n g verschiedener A n t r ä g e der V o r a n s c h l a g fü r ( 9 ( 8 gu tgehe ißen . A m sH. A p r i l h ie lten die B a d i s c h e n M ü h l e n b e s i t z e r , a m ( 6. der V e r b a n d 5 ü d w e st d e u t s ch e r I n d u s t r i e l l e r V e r s a m m lu n g e n a b . B e i letzterer sp rac h O r . A u g u s t W e b e r v o m R e ic h s w i r t s c h a f t s a m t ü b e r „ Ü b e r g a n g s w i r t s c h a f t u n d S t e u e rp o l i t ik . " A m 7. M a i v e rans ta l te te die R e i c h s d e u t s c h e W a f f e n ­ b r ü d e r l i c h e V e r e i n i g u n g ih re n ersten V o r t r a g s a b e n d . D e r G e s c h ä f t s f ü h r e r V r . S c h o t t e - B e r l in bezeichnet« a l s d a s Z ie l , den B u n d der V ölker der eu ro p ä isch e n M i t t e v o n in n e n h e r a u s a u s z u b a u e n . A m sH. M a i schloß sich der B a d i s c h e L e b e n s m i t t e l - g r o ß h a n d e l zu e iner A r b e i t s g e m e in s c h a f t z u s a m m e n ; die G e ­ schäftsstelle w u r d e in M a n n h e i m eingerichtet. A m M a i b e g a n n e n die T a g u n g e n der L a n d w i r t ­ s c h a f t l i c h e n G e n o s s e n s c h a f t e n v o n B a d e n . Z u n ä c h s t h ie lt die lan d w ir t sch a f t l ich e A re d i tv e rb a n d sk a s se ih re 6 . ordentl iche G e n e r a l v e r s a m m l u n g a b . S o d a n n eröffnete der V e r b a n d s d i r e k to r M k o n o m i e r a t H ö c k e r -F re ib u rg die 3H. T a g u n g des V e r b a n d e s der länd lichen A red itgenossenschafte» . A m s 6 . h ie lt die Z e n t ra lk a s s e der bad ischen L an d w ir ts c h a f t l i c h e n E i n - u n d V erk au fsg e n ossensc haf te n ih re sy . G e n e r a l v e r s a m m l u n g u n d d a r n a c h der G en o ss en sc h a f ts ­ v e r b a n d la n d w ir t sch a f t l ich e r V e r e in ig u n g e n seine H a u p t v e r s a m m l u n g ab . N a c h E r l e d i g u n g der geschäftl ichen A n g e le g en h e i te n h ie lt G en e ra lse k re tä r S ch n ep f e inen V o r t r a g ü b e r die M i t w i r k u n g der G enossenschaf ten bei der E r f a s s u n g la n d w ir t sch a f t l ich e r E rzeugn isse . — 200 A m s 8 . M a i f a n d die V e r s a m m l u n g B a d i s c h e r B r a u e r s ta tt , die in e iner E n t s c h l i e ß u n g ih re Bedenken ü b e r die Höhe der B ie r s te u e r a u s s p r a c h . A m 2 2 . M a i h ie lt die E v a n g e l i s c h e K o n f e r e n z ih re F r ü h j a h r s v e r s a m m l u n g a b , bei der u. a . die A u f g a b e n der K irche n ac h d e m K r ie g e b e h a n d e l t w u rd e n . A m 2 5 . u n d 2 6 . M a i f a n d die s . V e r t r e t e r t a g u n g des V e r ­ b a n d e s der B e a m t e n - u n d L e h r e r v e r e i n e B a d e n s statt. D i r e k to r M e tz g e r sp rac h ü b e r die S t e l l u n g der B e a m t e n im gegen­ w ä r t i g e n S t a a t e , S t a a t s a n w a l t Z e i l e r - S a a r b r ü c k e n üb e r die N o t der B e a m t e n u n d die M i t t e l zu r A b h i l f e . I m V k to b e r erstand der V e r b a n d d a s H a u s A k a d e m ie s t r a ß e 5 f ü r seine Zwecke. A m Z s . M a i n a h m der gesch ä f ts fü h ren d e A u s s c h u ß des V e r ­ b a n d e s S ü d w e st d e u t s c h e r I n d u s t r i e l l e r S te l l u n g zu m R e g i e r u n g s a n t r a g des A rb e i tsk a m m e rg e se tze s , w o r i n die A u fre c h te r ­ h a l t u n g der rechtlichen G r u n d l a g e der A r b e i t s k a m m e r n v e r l a n g t w u rd e . D ie A n f a n g J u n i s ta ttf indende M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n g des B a d i s c h e n V e r b a n d e s d e r w e b - , W i r k - u n d S t r i c k ­ w a r e n g e s c h ä f t e b e fa ß te sich m i t P r e i s b e m e s s u n g u n d F r a g e n der Ü b e r g a n g s w i r t s c h a f t . A m 2 6 . h ie lt der B a d i s c h e V i e h h a n d e l s v e r b a n d seine 2 . M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n g a b . A m 6. J u l i f a n d eine L a n d e s v e r s a m m l u n g der F r e i ­ r e l i g i ö s e n G e m e i n d e n B a d e n s statt . E i n e au ß e ro rd e n t l ic h e H a u p t v e r s a m m l u n g des L a n d e s v e r b a n d e s B a d i s c h e r R e d a k t e u r e a m s7 . J u l i beschäftig te sich m i t in n e re n A ng e le g en h e i te n des V e r b a n d e s , u. a . auch m i t der Z e n s u r f r a g e . A n dem selben T a g e h ie lt der B a d i s c h e G a s t w i r t e ­ v e r b a n d H a u p t v e r s a m m l u n g a b . E s w u r d e n aus re ichende Z u ­ te i lu n g v o n L e b e n s m i t te ln a n die G a s t s tä t te n u n d M a ß n a h m e n gegen die W e in p r e i s t r e ib e re i v e r l a n g t . D ie T a g u n g des B a d i s c h e n L a n d e s w o h n u n g s v e r e i n s a m 2 s . u n d 2 2 . J u l i w u r d e a m 2 s . m i t e in em V o r t r a g des P ro f e s s o r s V r . H . K r a f t a u s B a d e n ü b e r „ B e v ö l k e r u n g s p o l i t i k u n d W o h ­ n u n g s f r a g e " eingeleitet. L a n d e s w o h n u n g s in s p e k to r I ) r . K a m p f ­ m e y e r erstattete den G e sc h ä f t sb e r i c h t . H ie r a u f sp rachen V b e r b a u r a t P l a t z - M a n n h e i m ü b e r „ N o t s t a n d s m a ß n a h m e n zu r B e k ä m p f u n g — 20 s — der W o h n u n g s n o t " , O b e r b a u r a t S türzenucker üb e r die B e sc h a f fu n g vo n E n t w ü r f e n , v o n B a u s to f fe n u n d A r b e i t s k r ä f t e n , V r . B i t t e t ü b e r „ W o h n u n g s f r a g e u n d I n d u s t r i e " , O b e r b ü r g e r m e i s t e r A u tze r - M a n n h e i m ü b e r die A u f b r i n g u n g der M e h r b a u k o s t e n . S t a d t r e c h t s ­ r a t N e u k u iu ä u ß e r te sich ü b e r den n o tw e n d ig e n w e ite ren A u s b a u der M ie t e i n i g u n g s ä n i t e r . F r a u M a r i a S t e i n - M a n n h e i m berichtete ü b e r die S a m m l u n g u n d B e w i r t s c h a f t u n g der A l tm ö b e l . I m A n ­ schluß a n diese T a g u n g f a n d a m 2 2 . i m M i n i s t e r i u m d e s I n n e r n eine B e s p r e c h u n g s ta tt , a n der V e r t r e te r städtischer u n d ländlicher Bezirke t e i l n a h m e n ; M a ß n a h m e n ü b e r W i e d e r ­ a u f n a h m e der B a u tä t i g k e i t u n d z u m M ie te rschu tz w u r d e n e rö r te r t . A m 3 s. J u l i fo rd e r te eine M i e t e r v e r s a m m l u n g in e iner E n t s c h l i e ß u n g die D u r c h f ü h r u n g e iner a m tl ic h en E r h e b u n g der M ie ts te ig e ru n g e n , a u ß e r d e m eine schleunige E r w e i t e r u n g der B u n d e s r a t s v e r o r d n n n g ü b e r den M ie te rs c h u tz , M ie tk ü n d ig u n g e n u n d M ie t e r h ö h u n g e n seien v o n der G e n e h m i g u n g der E i n i g u n g s ­ ä m te r a b h ä n g i g zu m a ch e n . B i s d a h i n w u r d e ein E in g r e i f e n des A g l . stellv. G e n e r a l k o m m a n d o s v e r la n g t . E i n e V e r s a m m l u n g B a d i s ch e r S ch w e i n e h ä n d l e r a m s . A ugust v e r la n g te die W ie d e r f re ig a b e des S c h w e in e v e r k a u f s f ü r H ä n d le r . A m 2si. S e p te m b e r w u r d e die L a n d e s v e r s a m m l u n g d es V e r ­ b a n d e s B a d i s c h e r G e w e r b e - u n d H a n d w e r k e r ­ v e r e i n i g u n g e n a b g e h a l t e » , der V e r t r e te r des S t a a t s u n d der S t a d t b e iw o h n te n . D e r V e rb a n d sv o r s i t z e n d e A b g . N ie d e r b ü h l - R a s t a t t erstattete den J a h r e s b e r i c h t . R e g i e r u n g s r a t B u c e r i u s sp rach ü b e r „d ie R o h s to f f v e r s o r g u n g des H a n d w e r k s w ä h r e n d der A r i e g s - zeit, in der Ü b e r g a n g s w i r t s c h a f t u n d nach d em A r i e g e " . D e r V e r s a m m l u n g des badischen L a n d e s v e r b a n d e s d e s D e u t s c h e n F l o t t e » V e r e i n s a m 3 0 . S e p t e m b e r w o h n te G r o ß a d m i r a l v o n Aoester a n , der auch in e iner ansch l ieß end en öffentlichen V e r s a m m ­ lu n g einen V o r t r a g ü b e r die S e e k r ie g s f ü h r u n g hielt . M i t t e O k to b e r f a n d die G e n e r a l v e r s a m m l u n g des V e r b a n d e s b a d i s c h e r L e d e r h ä n d l e r statt . A m sy . O k t o b e r w u r d e n in e iner V e r s a m m l u n g ü b e r die Herste llung v o n A leidungsstücken a u s P a p i e r g a r n V o r t r ä g e g eha lten , u. a . v o n P ro f e s s o r V r . U b b e lo h d e , der die neuesten F o r t ­ schritte schilderte. — 202 — E n d e N o v e m b e r ve ran s ta l te te der B u n d B a d i s c h e r D e - t a i l l i s te n v e r e i n e eine A u s s p r a c h e ü b e r die w irtschaftliche D e m o b i l i s i e ru n g . S y n d i k u s V r . A r i e n e n reg te die E r r i c h t u n g eines A l e i n h a n d e l s r a t e s b e im M i n i s t e r i u m des I n n e r n a n . A m 3 0 . N o v e m b e r f a n d eine G e n e r a l v e r s a m m l u n g der B a ­ d i s c h e n P h i l o l o g e » v e r e i n e statt. A m 5 . D ez em be r t a g te n die V e r t r e te r a l le r e v a n g e l i s c h e n l a n d e s k i r c h l i c h e n V e r b ä n d e . A u f e iner a m s s. D ez em be r s ta ttf indenden V e r s a m m l u n g der B a d i s c h e n G a s t w i r t e w u r d e engere F ü h l u n g n a h m e m i t der R e g ie r u n g i m I n te r e s s e der V e r s o r g u n g m i t L e b e n sm i t te ln gefo rder t . D e r an w e sen d e E r n ä h r u n g s m i n i s t e r T r u n k g a b d ah in g eh e n d e Z u ­ sa g en . E i n L a n d e s a u s s c h u ß w u r d e g e w ä h l t . A m sZ. D ez em b e r f a n d eine V e r s a m m l u n g B a d i s c h e r A ü n s t l e r zwecks S c h a f f u n g e iner I n te r e s s e n v e r t r e tu n g statt . P r o ­ fessor U le h a t te d a s R e f e r a t . D ie V e r s a m m l u n g w ä h l t e einen A u s s c h u ß u n d z w a r die A rchitekten D e in e s u n d S e x au e r , die M a l e r G e b h a r d u n d lV o l f , die B i l d h a u e r Albicker u n d F ö r y u n d a u s den R e ih e n der A u n s tg e w e rb le r P ro f e s s o r U le u n d A lf re d Ausche. I n e iner a u f 2st. D ez em b e r v o m B u n d e d e r D e t a i l ­ l i s t e n v e r e i n e e inb eru fe n en V e r s a m m l u n g sp rach H a n d e l s k a m m e r ­ sy n d ik u s V r . A r i e n e n ü b e r d a s T h e m a : „ W i e stellt sich der A le in - h a n d e l z u r M a h l a m 3. J a n u a r ? W elche F o r d e r u n g e n m u ß er s te l le n ?" E i n e E n t s c h l i e ß u n g e rm ä ch t ig te den V o r s ta n d des B u n d e s a l le s d a r a n zu setzen, d a ß der A a u f m a n n s s t a n d in polit ischer Hinsicht m e h r zu r G e l t u n g k o m m t . E b e n f a l l s a m 2st. w a r e n die V er t r e te r der einzelnen L a n d e s - u n d F a c h v e r b ä n d e B a d e n s zu r B e r a t u n g ü b e r die A r t e ines engeren Z u ­ sam m e n sch lu s ses des g e s a m te n b a d i s c h e n H a n d w e r k s u n d G e w e r b e s v e r s a m m e l t . A b g . N i e d e r b ü h l - R a s t a t t be ton te die N o t ­ w end igke it der G r ü n d u n g einer Z en t ra ls te l le f ü r die I n te r e s s e n des g e ­ w erb l ichen M i t t e l s t a n d e s . I h r e b a ld ig e G r ü n d u n g w u rd e beschlossen. 2. Feierlichkeiten, Festlichkeiten. A m 2 3 . J a n u a r ve rans ta l te te die V a t s r l a n d s p a r t e i eine R e i c h s ­ g r ü n d u n g s f e i e r , bei der U n iv e r s i t ä t s p ro fe s s o r V r . lV ild -H e id e l- be rg die Festrede h ie lt . — 203 — A m 2 6 . J a n u a r , dem V o r a b e n d des G e b u r t s t a g e s d e s K a i s e r s , v e ran s ta l te te die S ta d tg e m e in d e i m K o n z e r t h a u s eine F e ie r . D ie v o n L a n d g e r i c h t s r a t S t r i t t g eh a l tene Festrede w a r v o n M u s i k v o r t r ä g e n u m r a h m t . D ie g ro ß h e rzo g l ich e F a m i l i e , V e r t r e te r v o n R e g ie ru n g u n d S t a d t v e r w a l t u n g , sow ie der G e n e r a l i t ä t w a r e n zugegen. G i n G lü c k w u n s c h te le g r a m m w u r d e n a m e n s der B ü r g e r ­ schaft a n den K a i s e r a b g e s a n d t . A m 2 7 . selbst f a n d e n , w ie ü b e ra l l , Festgottesdienste fü r al le K onfess ion en statt . A l s F es tv o rs te l lu n g im H o f th e a te r w u r d e M o z a r t s „ G ä r t n e r i n a u s L iebe" a u f g e f ü h r t . D ie T a g e s z e i tu n g e n berichteten ü b e r verschiedene K a is e r fe ie r n in L az a re t ten u n d V ere in en . D e r G r o ß h e r z o g ve r fü g te a u s A n l a ß des G e b u r t s t a g e s des K a i s e r s S t r a f e r l a ß fü r V erg e h e n nach denselben G ru n d s ä tz e n wie in i V o r j a h r e . D ie G i u u a h m e n der a m 2 6 . v e r ­ ans ta l te ten städtischen F e ie r b e t ra g e » , einschließlich e iner S p e n d e des G r o ß h e r z o g s p a a r e s v o n ( 0 0 M a r k , 6 9 2 , 0 8 M a r k , sie w u r d e n der städtischen K r i e g s f ü r s o r g e ü berw iesen . A m 2 0 . F e b r u a r f a n d a n l ä ß l i c h der g o l d e n e n H o c h z e i t d e s b a y r i s c h e n K ö n i g s p a a r e s in den L a z a re t ten I I I u n d V (N eue G ew erbeschu le ) eine F e ie r s ta tt . Z u m G e b u r t s t a g B i s m a r c k s v era n s ta l te te die V a t e r l a n d s ­ p a r te i eine G e d e n k f e i e r , P ro f e s s o r V r . Z ie g le r v o n der T e c h ­ nischen Hochschule h ie lt die Festrede. A m 2 . O k t o b e r , d em G e b u r t s t a g e H i u d e u b u r g s , f rü h 9 U h r , w u r d e a m H a u se K a i s e r s t r a ß e (8H, in dem der G e u e r a l - f e ld m arsch a l l seinerzeit a l s D iv i s io n ä r g e w o h n t h a t te , eine G e d e n k ­ ta fe l e ingew eih t . S ie t r ä g t in v e rgo lde ten L e t te rn fo lgende Z u s c h r i f t : „ I n diesen, ksause w ohnte und wirkte 2 e . Exzellenz Generalfeldinarschall P a u l von Lsiudenburg a ls Konimandeur der 28. Division von lS oo bis xyoz." D e r G r o ß h e r z o g , die Spitzen der Z i v i l - u n d M i l i t ä r b e h ö r d e n , P ressevert re te r u n d a n d e r e s P u b l i k u m h a t t e n sich zu der schlichten F e ie r e ingefunden . D e r stellvertretende k o m m a n d ie re n d e G e n e r a l v . Z s b e r t hielt die A n s p r a c h e ( v g l . die T a g e s b l ä t t e r ) u n d sa n d te n a m e n s der A n w ese n d en ein G lü c k w u n s c h - T e l e g r a m m a n H in d e n b u r g . — 20§ — Z a h l r e ic h e W e ih n a c h t s f e ie r n w u r d e n in gem einnützigen A n ­ sta lten u n d V ere in en ve ran s ta l te t . D e r L a n d e s v e r e in v o n : R o te n K re u z h ie lt eine solche f ü r die h ie r w e ilenden ver t r iebenen E l s a ß - L o th r in g e r a b , zu der u n g e f ä h r 3 0 0 T e i ln e h m e r erschienen w a r e n . 3. Ausstellungen. A m 2 3 . I a n u a r v e r a n s t a l t e t e d i e F r a u e n a r b e i t s s c h u l e ( F r a u e n - vere in) eine A u s s te l lu n g des v o n K a n d i d a t i n n e n des G b e r s e m i n a r s f ü r H a n d a r b e i t s l e h r e r in n e n gefe r t ig ten A rb e i te n u n d Z e ic h n u n g e n . V o m H. b i s fO. M ä r z stellte die v o m R e ic h s a m t des I n n e r n eingesetzte E r s a t z s o h l e » - G e s e l l s c h a f t i m L a n d e s g e w e rb e a m t S t ie fe l u n d S c h u h e a u s , die u n te r V e r w e n d u n g v o n E r s a t z m a t e r i a l hergestellt w a r e n . E n d e A p r i l b i s A n f a n g M a i b e fa n d sich im W a r e n h a u s Tietz eine A u s s te l lu n g u n g a r i s c h e r V o l k s k u n s t , h aup tsäch l ich T ex t i l ie n u n d Stickereien. D ie K u n s t s t i c k e r e i sch u l e v e ra n s ta l te te v o m s. b i s 3 . M a i , sow ie v o m 3 0 . N o v e m b e r b i s 2 . D ezem ber S ch u la u s s te l lu n g e n . . A n f a n g Z u l l f a n d d u rch den B a d i s c h e n B a u b u n d eine A u s s te l lu n g nebst V e r k a u f v o n W o h n u n g s - E i n r i c h t u n g e n s ta tt . I m G r a n g e r i e g e b ä u d e w u r d e v o m 6. b i s 2 2 . J u l i die K u r l a n d - A u s s t e l l u n g des Deutschen A u s l a n d s - M u s e u m s u n d I n s t i t u t s ( S t u t t g a r t ) a b g e h a l t e n . D ie feierliche E r ö f f n u n g f a n d in G e g e n w a r t des G r o ß h e r z o g s p a a r e s u n d zah lre icher V er t re te r der Ö ffen t l ichkeit statt . D e r Lei ter der A u s s te l lu n g , K o m m e r z i e n r a t W a n n e r - S t u t t g a r t , h ie lt die B e g r ü ß u n g s a n s p r a c h e . A l s Zw eck des U n t e r n e h m e n s bezeichnet« e r , V e r s t ä n d n i s f ü r die V e rg a n g e n h e i t u n d G e g e n w a r t dieser ältesten deutschen K o lo n ia l s i e d lu n g zu wecken, die d u rch die Z ei te re ign isse in den V o r d e r g r u n d des In te r e s s e s gerückt w o r d e n ist. I n den verschiedenen A b te i lu n g e n w u rd e n a n der H a n d v o n A b b i ld u n g e n , M o d e l l e n u n d sonstigen A u s s t e l l u n g s ­ gegen s tänden , sow ie v o n statistischen T a b e l l e n alle G eb ie te des s t a a t ­ lichen, wissenschaft lichen u n d w ir tsch a f t l ich en L eben s v o n K u r l a n d v e ra n sc h a u l ic h t . A m A b e n d des E r ö f f n u n g s t a g e s h ie lt der K u r ­ l ä n d e r F r e i h e r r v o n E n g e l h a r d t - M ü n c h e n einen V o r t r a g über „ D a s bal t ische D e u t s c h tu m " u n d a m A b e n d des f 2 . J u l i sprachen die P ro fe s s o re n W in k le r u n d G l ä s e r v o m A llrussischen V ere in 205 deutscher K olon isten über die „ N o t und H o ffn u n g der D eutschen in R u ß la n d " . V o m 3 . b i s sO. N o v e m b e r stellte der M a l e r i n n e n v e r e i n A q u a r e l l e , H an d z e ic h n u n g en , G r a p h i k , R u n s tg e w e r b e a l le r A r t u n d künstlerische H a n d a r b e i t e n a u s . I m A u n s t g e w e r b e m u s e u m f a n d e n fo lgende A u s s te l lu n g e n s ta t t : i m J a n u a r dekora t ive M a l e r e i e n u n d Z e i c h n u n g e n v o n M a l e r G t t o Rückert v o n M ü r z b u r g , sow ie Druckerzeugnisse der B u c h - u n d A unstdruckerei A o n r a d T r i l t s c h in D e t t e lb a c h ; i m M ä r z M e d a i l l e n , P lak e t te n , E m a i l a r b e i t e n u n d E n t w ü r f e v o n F r ie d r ic h u n d B e r t h o l d B o h l i n g e r a u s P f o r z h e i m ; a u ß e r d e m eine S a m m l u n g a l t e r A u c h e n - un d S p r in g e r l e s m o d e l l e a u s dein Besitz v o n A rchitek t P h i l i p p S c h w a r z in S t u t t g a r t ; im J u l i A rb e i t e n des A u n s t m a l e r s B a s s e c h e s - B u r g w a r t in D essau u n d seiner S c h ü le r ; fe rn e r kunstgew erb liche A r b e i t e n a u s dem U k r a in e r - L a g e r in R a s t a t t . D ie G a l e r i e M o o s b rac h te in m o n a t l i c h wechselnden A u s ­ ste llungen v o r w ie g e n d M e rk e hiesiger K ü n s t le r zu r S c h a u . S e i t M i t t e S e p t e m b e r ist die K u n s t - u n d G e m ä ld e - A u s s t e l l u n g S c h w a r z ( K a is e r s t r a ß e 2 2 5 ) e röffne t, die g le ich fa l ls v o n heimischen K ü n s t le rn beschickt w a r . 4. Sehenswürdigkeiten. V o m 9 . b i s s s. N o v e m b e r g a b der Z a u b e r k ü n s t l e r B e l l a c h i n i täglich V ors te l lu ngen . VII. Verkehrswesen. 1 f o s t - u n d T e l e g r a p h e n v e r k e h r v o n K a r l s r u h e im J a h r e s 9 s 8 : E insch reib b riefsen d u ngen ............................................................. ab 402 237 Stück an 453 Y8 l „ Pakete ohne W ertan gab e.............................................................. ab I 441 08 4 ,, an I 03 6 149 E in sch reib p akete................................................................................ ab lS 503 an l 5 8 , 9 „ Pakete, B r ie fe und Kästchen mit W ertangabe . . . ab ISO 040 ,, an , 5 , 780 „ N a ch n a h m e sen d u n g en .................................................................... an 1 ,4 S73 „ P o s t a u f t r ä g e ...................................................................................... ab l d l d an 2 I I I P o sta n w eisu n g en ................................................................................. ab 393 522 an 44S 2 7 , „ B etrag der P o s t a n w e i s u n g e n ............................... ab 26 33 4 74S Mk. an 3 0 §43 737 „ A ufgegebene Z a h lk a r t e n ............................................................. ab 34 4 181 Stück B etrag der Z a h l k a r t e n ........................................... 2 I 2 7 I I 038 Mk. E in gegangene Z a h lu n g sa n w eisu n g en ..................................... an 138 I I I Stück B etrag der Z ah lu n gsan w eisu n gen . . . . 24 298 87 8 Mk. T e le g r a m m e ...................................................................................... ab 5 00 594 Stück an 45 6 245 „ Z a h l der Gespräche im O r tsv e r k e h r ..................................... 8 8 03 563 Z a h l der Gespräche im V ororts- und Nachbarortsverkehr 23 8 632 Z a h l der Gespräche im F ern v erk eh r ..................................... 2 56 6 125 Z a h l der m it Fernsprecher überm ittelten Telegramm e und sonstigen N a c h r ic h te n ................................................. 2 , 082 20? H m Vergle ich m i t dem V erk eh r v o n l 9 l ? zeigen die E i n ­ schre ibsendungen a b u n d a n , die P a k e te , B r ie fe u n d A ästchen a b u n d a n , die N a c h n a h m e s e n d u n g e n , die P o s t a n w e i s u n g e n a n , der B e t r a g derselben a b u n d a n , der B e t r a g der Z a h l k a r t e n der Z a h l u n g s a n w e i s u n g e n in der S tückzah l u n d i m B e t r a g , der T e l e ­ g r a m m e a b u n d a n , die Z a h l der G e s p r ä c h e i m O r t s v e r k e h r , sowie im V o r o r t s - u n d N a c h b a r o r t s v e r k e h r u n d die Z a h l der m i t F e rnsp rech e r ü b e rm i t te l ten T e l e g r a m m e u n d sonstigen N a c h r ic h te n eine Z u n a h m e , die ü b r ig e n Sätze eine A b n a h m e . D ie Z a h l der gew öhn lichen B r i e f s e n d u n g e n ( B r i e f e , P o s tk a r t e n , Drucksachen , G e s c h ä f t s p a p ie r e u n d W a r e n p r o b e n ) w u r d e n auch l 9 l 8 , w ie in den v o rh e rg e h e n d e n A r i e g s j a h r e n , nicht e rm it te l t . H m B e r i c h t s j a h r e un te rb l ieb auch die Fests tellung ü b e r den w e i h n a c h t s - u n d N e u j a h r s ­ verkehr. V o m 2 . b i s z u m sO. H u l i w a r w egen zah lre icher E r k r a n k u n g e n u n d der g ro ß e n S chw ier igke i ten , die sich der G e w i n n u n g gee igneter E rsa tz k rä f te entgegenstellten, die Z a h l der w erk täg l ichen G r t s b r i e f - bestellungen v o n 3 a u f 2 ( u m 7 U h r v o r m i t t a g s u n d 3 U h r n a c h ­ m i t t a g s beg innend) beschränkt. A m sO. O ktober berichteten die Z e itu n g e n , d a ß nach M it - te ilu n g der O berpostd irek tion die B rie fb este llu n g bei D unkelheit, w e il für die L aternen der B r ie fträ g e r kein B ren n sto ff erhältlich sei, nur in den H äusern a u sg e fü h r t w erden können, bei denen die Z u ­ g ä n g e und T rep p en h ä u ser beleuchtet seien. A m 2 . H a n u a r w urde der G en erald irek tor der S ta a tse ise n b a h n en , S t a a t s r a t A u g u s t R o t h , a u f sein A nsuchen w egen vorgerückten A lte r s und leidender G esund heit „ u n ter A n erkenn un g seiner la n g ­ jä h r ig en , treuen und ersprießlichen D ienste und unter E r n e n n u n g zum w irk lich en G eh eim en R a t" in den R u hestand versetzt. A u seinem N a ch fo lg er a l s G en erald irektor w urde M in ister ia ld irek to r L ta a tsr a t H u liu s Schu lz ernannt. D ie 6 6 . S i tz u n g des B a d i s c h e n E i s e n b a h n r a t s f a n d a m 9 . F e b r u a r sta tt . A u f der T a g e s o r d n u n g s tand die E r h e b u n g eines A r ie g sz u sc h la g s v o n ( 5 "/» i m G ü t e r - u n d T ie rv e rk e h r u n d N e u r e g e lu n g des M o n a t s k a r t e n t a r i f s . B e id e n M a ß n a h m e n s t im m te der E i s e n b a h n r a t zu. ° - 208 V o m ( . 2 l p r i l a n t r a t e n fo lgende V e r ä n d e r ü i t g e i t i n t P e r s o n e n v e r k e h r der bad ischen S t a a t s e i s e n b a h n e n e in : I n den P e r s o n e n z ü g e n w u r d e die H. W a g en k la sse e ing efü h rt , die a b e r du rchw eg m i t S itzplätzen a u s g e s ta t te t ist. ( D a m i t fiel f ü r die 3 . A lasse die se itherige U n te rsc h e id u n g v o n I I I a u n d IH K w eg.) M o n a t s k a r t e n w u r d e n au c h f ü r die H. A lasse a u s g e g e b e n . D ie M o n a t s k a r t e n s .— 3 . A lasse g a l t e n n u n m e h r n u r zu E i l - u n d P e r son en z ü gen . F ü r S chnellzüge w u r d e ein beso nd ere r P re i s z u s c h la g e rh o b e n . S c h ü le r ­ k a r te n w u r d e n f ü r die 3 . u n d H. A lasse a u s g e g e b e n . I n P e r s o u e n - zügen o h n e W a g e n 3 . A lasse oder bei P l a t z m a n g e l in 5 . A lasse g a l t e n S c h ü le rk a r t e n 3 . A lasse f ü r die H. A lasse . D ie P re i s e der A r b e i t e rk a r t e n b l ieben u n v e r ä n d e r t . D ie unentgelt l iche M i t n a h m e v o n T r a g l a s t e n in den G e p ä c k w a g e n fiel w eg . F ü r solche T r a g ­ lasten w u r d e n u n m e h r eine feste G e b ü h r v o n 2 0 P f g . e rhoben . A m s. A u g u st w urde in A a r ls r u h e — H asen ein G ü t e r a m t fü r den unbeschränkten öffentlichen Frachtgutverkehr eröffnet. Z u r A b fe r t ig u n g v o n E i lg u t ist dieses G ü te r a m t im U b erfu h rverfah ren zuständig . A m ss). D ezem ber m achte d a s M in is ter iu m für m ilitärische A n g eleg en h e iten bekan nt, d a ß die A r a f t f a h r b e r e i t s c h a f t in A a r lsr u h e m it ihren P er so n en - und L astk raftw agen a u f B estellun g fü r B eh ö rd en , D ienststellen und G em ein d everb än d e, sow ie für p r iv a te F a h r ten gegen B e z a h lu n g a u sfü h re . D ie B e t r i e b s l ä n g e der S t ä d t i s c h e n S t r a ß e n b a h n b e t ru g 2 2 , 5 6 l r m I 9 s 7 : 2 0 , b m) , die G l e i s l ä n g e ^ 8 , ^ 8 l rm , die S p u r ­ w eite s ,H 3 5 m . D ie A b w ick elu n g d es S tr a ß e n b a h n b e tr ieb s gestaltete sich im J a h r e s Hs Z im w esentlichen unter den gleichen V erhältn issen w ie in den V o rk r ieg sja h ren . D ie V erkehrssteigerung h ielt an und konnte ohne nenn en sw erte S tö r u n g e n b e w ä lt ig t w erden . D er M a n g e l a n geeigneten A r b e it s ­ kräften wirkte im m er fü h lb a rer a u f die B e tr ieb sfü h r u n g ein , ebenso d a s F eh len v o n B a u sto ffen und R o h m a te r ia lie n a ller A r t und die V erw en d u n g g er in g w ertig er E rsa tzm itte l für die U n ter h a ltu n g der A n la g e n und B e tr ie b sm itte l. D ie w irtschaftliche A u sn ü tzu n g der A n la g e n w u rd e durch die behördlichen V orschriften stark beeinträchtigt. D ie B e e n d ig u n g des A r ieg szu sta n d es brachte keine wesentlichen — Lüg — E r le ic h te ru n g e n . D e m P e r s o n a l m a n g e l w u r d e durch die Rückkehr des s tänd igen F a h r - u n d W e r k s tä t t e n p e r s o n a l s ges teue r t ; ein g r o ß e r T e i l der weib l ichen F a h r d i e n s t - A u s h i l f e n schied infolgedessen f r e i ­ w i l l ig a u s städtischen Diensten a u s . D ie s tändig steigenden P r e i s v e r t e u e r u n g e n f ü r R o h m a t e r i a l i e n u n d die durch die teuere L e b e n s h a l tu n g b e d in g ten e rh ö h te n A u s ­ g a b e n f ü r die A r iegs teuerung szu schüsse a n die B e a m t e n u n d A r b e i t e r inach ten die E i n f ü h r u n g e iner T a r i f e r h ö h u n g a b l . M ä r z n o tw e n d i g . D ie G ru n d p r e i s e fü r E in ze lfah rsche ine u n d A b o n n e m e n t s w u r d e n u m je 5 P f . die F a h r t e rh ö h t , v o m gleichen Z e i tp u n k t a b w u r d e n steuerpflichtige W o c h e n k a r t e n e in g e fü h r t . Die B e tr ieb se rg eb n isse k ö n nen trotz der du rch den A r i e g b e d in g ten v e ränder ten V e rh ä l tn is se a l s bef r ied igend bezeichnet w erd en . Die k ilometrischen Leistungen f ü r die P e r s o n e n b e f ö r d e r u n g stellen sich a u f 6 ( ( 3 6 2 ( ( 6 H ( - ( 6 2 5 ) Icm, einschließlich H l 2 5 (1 ,2 6 s) Icm fü r v e r w u u d e t e n b e f ö r d e r u n g . F ü r die G ü te r b e f ö r d e r u n g w u r d e n H7 5 6 0 lcm a b g e f a h r e n . B e fö r d e r t w u r d e n H2 ( 3 0 9 2 s P e r s o n e n gegen 3 9 2 9 ^ 9 6 0 i m V o r j a h r e , entsprechend e iner Z u n a h m e v o n 7 ,2 °/§, w ä h r e n d ( 9 ( 7 gegen ( 9 (6 eine Z u n a h m e v o n 3 0 ,9 ° / » zu verzeichnen w a r . A n den beiden p f in g s t t a g e n ( ( 9 . u n d 20 . M a i ) befö rder te die S t r a ß e n ­ b a h n r u n d 3 7 8 0 0 0 P e r s o n e n u n d h a t te eine E i n n a h m e v o n H7 3 0 0 M k . D ie G e s a m te in n a h m e n , einschließlich a l le r N e b e n e in n a h m e n , b e t ra g e n 5 0 3 2 ( 3 5 M k . gegen 3 3 9 5 0 5 s M k . i m J a h r e ( 9 ( 7 , Z u n a h m e H8 ,2 °/o. H ie r v o n b rac h ten die P e r s o n e n b e f ö r d e r u n g q 9 § ( 2 3 - ( M k . 8 0 P f . (3 2 6 2 5 7 6 M k . d P f . ) , der p o s t w a g e n ­ betr ieb ( 3 3 9 ( M k . 3 8 P f . ( ( 0 5 0 8 M k . 5 3 P f . ) , die S t r o m ­ l ie ferung a n D r i t te ( 9 ^ 7 ( M k . ( ( 0 5 0 8 M k . ) , der V e r k a u f v o n A l t m a t e r i a l ( H 2 ( 5 M k . ( 2 3 ^ 9 5 M k . ) , die R e k la m e v e r m ie tu n g H69H M k . ( 88 9 ( M k . ) ; der R e s tb e t r a g e r g ib t sich a u s verschiedenen sonstigen E i n n a h m e n . D ie G e s a m t a u s g a b e n , einschließlich der in soz ia ler F ü r s o r g e f ü r unsere A r i e g s te i ln e h m e r u n d deren F a m i l i e n a l s besondere B e t r i e b s a u s g a b e in vo l le r H ö he geleisteten G e h a l t s - u n d L o h n - f o r t z a h lu u g e n , beziffern sich a u f 3 7 3 3 6 2 9 M k . 2 5 P f . gegen 2 8H6 5H6 M k . 3H P f . i m V o r j a h r e . D ie S t e ig e r u n g b e t r ä g t -— 2 sO 3 s , s " / o . D e r P ro z e n ts a tz der B e t r i e b s a u s g a b e n geg enüb er den B e t r i e b s e i n n a h m e n b e t r ä g t 6 0 , 2 °/o (6H,3 "/»). N a c h A b z u g der f ü r V e r z in su n g u n d T i l g u n g der A n le h e n sm i t te l u n d R ü c k la g en a u f z u b r in g e n d e n B e t r i e b s k a p i t a l i e n k o n n te e in Ü b e rsc h u ß v o n s 0 0 s 2 7 7 A lk . 5 s P f . a n die S ta d th a u p tk a s s e a b g e f ü h r t w erden . D ie Z a h l der a u s B e t r i e b s m i t t e ln bezahlten G e h a l t s - u nd L o h n e m p f ä n g e r , einschließlich der i m F e ld e stehenden B e a m t e n u n d A r b e i t e r , bezifferte sich a u f 9 3 7 gegen 9 3 3 im V o r j a h r . V o n 'K r ie g s te i ln e h m e rn s ta rb e n b i s K r i e g s e n d e in s g e s a m t 7 2 A l a u n den H e lden to d f ü r s V a t e r l a n d , 8 M a n n sind v e r m i ß t u n d a l s verschollen e rk lä r t u n d 20 A l a u n sind k r ieg sg e fan g en . D e r W a g e n p a r k w u r d e durch B e sc h a f fu n g w eite rer W a g e n v e r g r ö ß e r t u n d bes tand a n s Z a h r e s s c h l u ß a u s 3 6 M o t o r p e r s o n e n - w a g e n , HO geschlossenen u n d 3 6 offenen P e r s o n e n - A n h ä n g e w a g e n , 2 P o s t m o t o r w a g e n , s Sch ien en sch le i fw age» , s S c h ie n e n r e in ig u n g s ­ w a g e n , s H i l f s w a g e n , s M o t o r g ü t e r w a g e n , s 6 G ü t e r w a g e n , 2 5 K as ten - k ip p w a g e n , s K a b e l t r o m m e l w a g e n , 3 S a l z w a g e n u n d 3 f a h r b a r e n G b e r l e i t u n g s w a g e n . D e r H i l f s w a g e n w u r d e 2 9 ( H H ) m a l b e n ö t ig t ; der S a l z w a g e n f u h r 2 (8) m a l a u s . D ie F ahrkartensteuer erbrachte für die R eichskaffe eine E i n ­ n a h m e v o n s 2 s 2 2 H A lk . ( 8 5 8 2 A lk .) . D ie B e t r i e b s - u n d S trecken länge der K a r l s r u h e r L o k a l ­ b a h n e n b e t r ä g t jetzt 3 3 , 0 3 I r m , S p u r w e i t e s ,00 m . V o n dem P e r s o n a l s tanden i m Z a h r e s 9 s 8 s 5 M a n n i m K riegsd ien s t . E n d e s 9 s 8 w a r e n v o r h a n d e n : s s zweiachsige D a m p f lo k o m o t iv e n , 5 zweiachsige elektrische T r i e b w a g e n , Hs vierachsige u n d s 3 zwei­ achsige P e r s o n e n w a g e n , 2 G ep ä ck - u n d folgende G ü t e r w a g e n : gedeckte 8 Stück, offene 20 , K i p p w a g e » s s u n d T a f e l w a g e n 3 Stück. A m Z a h r e s s c h l u ß w a r e n i n s g e s a m t 2 8 B e a m t e u n d 6 7 A rb e i t e r beschäftig t . D ie G e s a m t e i n n a h m e n b e t ru g e n 5 9 8 9 H0 A lk . 90 P f . (H08 3 2 0 A lk . 9 3 P f . ) , die G e s a m t a u s g a b e n 6 6 7 5 5 8 A lk . 6 7 P f . (3H6 85H A lk . 5 7 P f . ) . Z u r V e r z in s u n g u n d T i l g u n g der au fg e w e n d e te n K a p i t a l i e n ist ein Z u s c h u ß a u s der S t a d th a u p tk a s s e in H öh e v o n 5 7 3 5 0 A lk . s 5 P f . e r fo rder l ich . - 2 (( D ie E i n n a h m e n a u s d em P e r s o n e n v e rk e h r b e t r u g e n : 5 ( ( 5 5 2 M k . 9 5 P f . ( 3 5 3 2 6 0 M k . § ( P f . ) . P e r s o n e n w u r d e n 3 2 2 ( 3 9 3 (2 9 9 ( 0 5 3 ) b e fö rd er t . 2 0 ( 3 7 ((6 789) G ep äck ka rten a u s g e g e b e n u n d 9 8 3 ( 6 2 ( ) H u n d e b e fö rder t . A b g e f a h r e n w u r d e n 2 2 ( 5 9 ( ( 2 5 8 6 5 7 ) L o k o m o t iv k i lo m e te r u n d 3 <(82 9 8 7 (3 6 8 6 0 6 2 ) M a g e n a c h s k i l o m e t e r . A m 2 5 . J a n u a r e r l ieß d a s S t r a ß e n b a h n a m t gegen Ü b e r ­ f ü l l u n g d e r S t r a ß e n b a h n w a g e n fo lgend e B e k a n n t m a c h u n g : „ M e r a u f einen vollbesetzten M a g e n zusteigt u n d diesen trotz A u f ­ f o rd e ru n g des F a h r p e r s o n a l s nicht a l s b a l d v e r l ä ß t , h a t , abge se hen v o n der polizeilichen B e s t r a f u n g u n d der A u s w e i s u n g a n der nächsten H a l t e s t e l l e , zurückgelegte Strecke eine F a h r g e b ü h r v o n 2 M k . zu b e z a h le n ." Z u E h r e n des S t r a ß e n b a h n d i r e k t o r s B u s s e b a u m , der a m ( . A u g u s t seine S te l le a l s S t r a ß e n b a h n d i r e k t o r in H a l l e a n t r i t t , v e rans ta l te te d a s P e r s o n a l der S t r a ß e n b a h n a m 2 ( . J u l i eine schlichte F e ie r . M e h r e r e A n s p r a c h e n w u r d e n g e h a l te n , a u f die der scheidende D ire k to r d an kend a n tw o r te te . D e r G e s a n g v e r e i n „ B a d e n i a " t r u g einige T h ö r e v o r . H um o ris t ische D a r b i e t u n g e n u n d ein S o l o v o r t r a g wechselten. M i t e iner B l i t z a u f n a h m e a l le r T e i ln e h m e r schloß die F e ie r . D ie G e n e r a l v e r s a m m l u n g der A ktiengese llschaf t D r a h t s e i l ­ b a h n - D u r l a ch - T u r m b e r g f a n d a m 2 6 . A p r i l ( 9 (9 s ta t t . D e r B e t r i e b der B a h n h a t sich i m B e r i c h t s j a h r ( 9 (8 günstig entwickelt. E r w u r d e a n : 2 8 . M ä r z eröffne t u n d erstreckte sich b i s einschließlich 3 . N o v e m b e r . I n dieser Z e i t w u r d e n ( 3 3 5 2 5 P e r ­ sonen ( ( 9 l ? : ( ( 5 3 3 9 ) b e fö rd er t . A n d e m G e s a m tv e r k e h r w a r e n m i t G em e in sc h a f t s f a h r sc h e in e n A a r l s r u h e — D u r l a c h — T u r m b e r g (6 ( ( 3 P e r s o n e n beteil ig t . D ie F a h r g e l d e i n n a h m e b e t ru g i m g an z en 22 8 3 7 M k . ( ( 7 <(72 M k . ) . D e n A u s s i c h t s t u r m bestiegen (8 7 3 0 P e r s o n e n . D ie E i n n a h m e n h ie r f ü r b e t ru g e n ( 8 7 3 M k . ((599 M k . ) . Die re inen B e tr ieb skos ten beliefen sich a u f (2 ( 7 0 M k . ( 7 6 9 5 M k . ) . A l s R e in g e w in n v e rb l ieb en ( ( ( 9 <( M k . N a c h B e s c h lu ß der G e n e r a lv e r s a m m lu n g w u r d e n d a v o n (000 M k . d em S p ez ia l re se rv e ­ f o n d s zugewiesen, 6 0 0 0 M k . d em U m b a u f o n d s , 2 0 8 0 M k . b e t ru g die D iv id end e m i t ( § u f ^erie R e c h n u n g w u r d e n ((<( M k . v o r g e t r a g e n . — A n den be iden p f in g s t t a g e n w u r d e die T u r m b e r g - — 2^2 — b a h n v o n 9 3 2 0 P erso n en benützt, w o fü r eine E in n a h m e v o n 1 8 6 5 U lk . erzielt w u rd e. — D ie G e n er a lv er sa m m lu n g w ä h lte anstelle d es S tra ß en b a h n d irek to rs B u sseb a u m dessen N a ch fo lg er In g e n ie u r S c h m id tm a n n v o m 1. S ep tem b er 1 9 1 8 ab zum V orstand des U n ter n e h m e n s . A u ß erd em stim m te sie der vorgesch lagenen Ä n ­ derung der S atzu n gen zu, durch die der Sitz der G esellschaft v o n D u rla ch nach K a r lsr u h e verlegt w ird . D ie V erleg u n g w urde durch die enge V e rb in d u n g der T u r m b e r g b a h n n iit der S ta d t K a r lsr u h e n o tw en d ig , die die M e h r z a h l der A ktien besitzt und die B e r g b a h n für R ech nu ng der G esellschaft verw a lte t. B e i der A l b t a l b a h n b e t ru g die L a n g e 58,5-1 l rm ( 1 9 1 7 : 5 7 , 3 9 k m ) . P e r s o n e n w u r d e n H 6 9 6 9 0 7 (H 0 5 1 6 1 8 * ) befö rder t u n d 13 7 9 3 7 t (1 3 7 6 3 6 t) G ü t e r g e f a h re n . D ie E i n n a h m e n a u s d e m P e r s o n e n - u n d G ep äck ve rkeh r b e t ru g e n 1 0 1 9 9 9 6 U lk . ( 7 7 3 9 2 6 U lk .) , die a u s dem G ü t e r - , V ie h - u n d sonstigen V erkehr H 68 23-1 M k . ( 3 2 6 8 6 9 U tk . ) , die G e s a m t e i n n a h m e n so m i t 1 -188 2 3 0 U lk . (1 100795 U lk . ) . D ie G e s a m t a u s g a b e n einschließ­ lich R ü c k la g en in die E r n e u e r u n g s - u n d R e se rv e fo n d s beliefen sich a u f 1 -188 2 3 0 U lk . ( 9 9 3 5 7 0 M k . ) , ohne diese R ücklagen 1 H 7 1 7 2 H U lk . — 68,89 "/o ( 8 8 ,6 6 o/g) der B e t r i e b s e in n a h m e n . D ie A l b t a l b a h n b esaß a m S c h lu ß des B e r i c h t s j a h r e s 17 Loko­ m o t i v e n , d a r u n t e r ^ elektrische, 8 M o t o r w a g e n , 7H P e r s o n e n - , P o s t - u n d G e p ä c k w a g e n , 171 sc h m a lsp u r ig e G ü t e r w a g e n u n d 67 in den S t a a t s b a h n - l V a g e n v e r b a n d eingestellte G ü t e r w a g e n . I m K a r lsr u h e r R h e i n H a f e n betrug der U m sch lagsverkehr 1 2 3 3 8 5 1 t ( 1 9 1 7 : 1 1 3 5 901 t ) , so m it eine Z u n a h m e gegenüber dem V o r ja h r e u m 8 ,6 °/o, w äh ren d 1 9 1 7 gegenüber 1 9 1 6 eine A b n a h m e v o n 1 7 ,6 ° /« zu verzeichnen w a r . H inter der im J a h r e 1 9 1 3 erreichten größten V erkehrsziffer v o n 1 ^ 8 3 6 0 7 t bleibt d a s E r g e b n is v o n 1 9 1 8 noch u m 2 - 1 9 7 5 6 t — 16 ,8«/o zurück. V o n der S t a a t s b a h n s t a l i o n K a r l s r u h e H a f e n w u r d e n i m B e r i c h t s ­ j a h r e a b g e fe r t ig t i m V e r s a n d 1 2-13 3 9 2 t ( 3 9 8 0 7 2 t ) , i m E m p f a n g ^ 5 0 35-1 t ( 3 5 6 127 t ) , z u s a m m e n 1 693 7-16 t ( 1 2 5 H 1 9 9 H , so m i t *) Diese und einige andere Z ah len , die für die A lbtalbahn mit denen der Chronik von t d i? nicht ganz iibereinstiinmen, sind nach der später er­ folgten endgültigen Feststellung angegeben. — 2>3 — Z u n a h m e u m H 3 9 5 H 7 t — r u n d 3 5 ° /o , w ä h r e n d ^ 9 ^ gegen > 9 1 6 eine A b n a h m e v o n >9,5 "/o zu verzeichnen w a r . D iese r V erk eh r w a r >9 >8 s o w o h l i m V e r s a n d w ie im E m p f a n g der stärkste seit E r ö f f n u n g des H a f e n s u n d ü b e r t r a f den U m s c h la g s v e r k e h r u m 4 5 9 8 9 5 t . N a c h einer Z u s a m m e n s t e l l u n g der W o ch en sch r i f t „ D e r R h e in " s tand K a r l s r u h e im B e r i c h t s j a h r e durch seinen H a f e n ­ verkehr u n te r >5 w ich t ige ren B i n n e n h ä f e n (>4 R h e in h ä f e n u n d F r a n k f u r t a . U I . ) a n 5 . S te lle (>9 >7 a n 6 .) . I m g a n z e n sind > 5 0 3 ( > 0 2 7 ) be ladene u n d 95 (248) leere Schiffe a n g e k o m m e n , a b g e g a n g e n 4 2 5 (4 5 2 ) be laden e u n d >>97 ( 8 > 3 ) leere. I m B e r i c h t s j a h r e l ieß die F i r m a R a a b , K a r c h e r öc E i e i m H afengeb ie t ein G e b ä u d e m i t e iner W erks tä t te u n d A r b e i t e r ­ a u f e n t h a l t s r ä u m e erstellen, die F i r m a h a t die zw eite , elektrisch betriebene, f a h r b a r e V er ladebrücke m i t K r a n , deren B a u >9 >7 b eg o n n e n w u rd e , in B e n ü tz u n g g e n o m m e n . D ie S ta d tg e m e in d e h a t a n 6 F i r m e n >9 6 2 7 <^m H a f e n ­ ge lände ve rm ie te t u n d a n e b e n fa l l s 6 F i r m e n 6 0 7 9 4 h m v e rk a u f t u n d fü r letzteres z u s a m m e n r u n d 646 000 U lk . e in g e n o m m e n . I m g an z en w a r e n a m S c h lu ß d es B e r i c h t s j a h r e s 3 > 5 6 > 4 c^m ( 3 5 5 8 > 6 h in ) v e rm ie te t u n d 2 4 3 6 3 7 HM ( l 8 2 8 3 8 <^m) v e rk a u f t . A m E n d e des B e r i c h t s j a h r e s h a t t e die L t a d tg e m e in d e f ü r den R h e in h a f e n i n s g e s a m t r u n d 7 0 > 4 7 5 4 U lk . >6 946 9^6 U lk . ) au fge w e n de t . D ie B e t r i e b s e i n n a h m e n beliefen sich a u f 5 2 3 7 0 7 U lk . 7 5 P f . ( 4 3 7 0 2 5 U lk . 6 2 P f ) die A u s g a b e n aussch ließ l ich V e r ­ z insung u n d T i l g u n g des A n l a g e k a p i t a l s a u s 3 5 5 7 4 9 >8 P f . D e r erforderl iche Z u s c h u ß der S tad lk asse b e t ru g 8 2 7 6 0 U lk . >8 P f . ( > 6 0 5 4 4 U lk . 48 P f . ) . D ie B e t r i e b s e in n a h m e n sind gegen >9 >7 u m l 9 ,8 ° /o gestiegen ( > 9 > ? gegen > 9 1 6 u m 14 ,7 °/o gesunken), die B e t r i e b s a u s g a b e n u m 2 4 , 3 °/o gestiegen ( 3 ,4 °/o gestiegen). D ie G e m e in d e u m la g e n der H a f e n f i r m e n , die lediglich durch die A n la g e des H a f e n s nach K a r l s r u h e gezogen w o r d e n sind, b e t ru g e n 2> > 7 6 2 U lk . ( >7 7 2 0 8 ) . D ie V e r m e h r u n g b e t r ä g t >9,5 > ( 7 6 .7 °/„). D ie F o r t z a h l u n g der G e h ä l t e r u n d L öh ne a n die F a m i l i e n der z u m M i l i t ä r eingerückten B e a m t e n u n d A r b e i t e r des H a f e n a m t s e r fo rd e r te fü r durchschnittl ich 5 6 (6 0 ) P e r s o n e n 8 3 6 5 s M k . ( 8 0 3 2 0 M k ) . VIII. Übersicht über die Witierungsver!)ältnisie. Ziffernmäßige Darstellung der wichkigsten klimaiischen Elemente. 1917 r) Luftdruck Lufttemperatur in <2" Ü? 8 M o- >27 in) Ab- M o n a ts- in itte l Ab- wei- chung ^ 1 c» söchste D at N ied 'igste Da». J a n u a r . . 746,7 - 7 , 1 — 0,5 — 0,8 10,4 i . - 1 2 ,4 29. 20 10 Februar . . 753,6 -l-1,7 - 2 , 1 - 3 , 9 8,2 17. - 1 5 ,3 5. — 23 11 M ärz . . . 746,4 - 3 , 1 2.9 - 2 . 3 13,4 11. - 5,0 16. — 18 — A pril . . . 748,9 - 0 , 2 7,0 - 2 , 7 20,5 30. - 1,2 11. — 6 — M ai . . . 750,0 0,0 17,9 ^ -4 ,0 30,4 14. 1,7 7. 12 — — Z um . . . 752,4 -s- 1,5 19,9 -i-2 ,3 30,4 18. 7,6 24 15 — — I u l i . . . 752,3 ^ 1 , 0 18,8 ^ -0 ,1 29,8 29. 9,0 23. 10 — — A u g u st . . . 748,8 - 2 , 7 18,0 - 0 , 2 30,2 23. 10,9 26. 6 - — Septem ber 753,9 -s- 1,3 16,3 -^ 1 ,8 26,4 19. 6,3 30. 4 — — Oktober . . 748,5 — 2,5 8,6 - 1 , 1 22,2 2. - 1,6 30. — 3 — N ovem ber 754,6 -s-2,8 6,2 ^ 1 , 2 13,9 3. - 0,8 9. — 2 — Dezember . . 754,0 ch- 2,4 - 1 , 1 - 2 , 7 9,7 2. — 12,6 29. — 25 9 J a h r . . . 750,8 - 0 , 4 9,3 - 0 , 4 30,4 l 14. V. i.18,VI. — 15,3 5. II. 47 97 30 W ir bringen hier nachträglich die Übersicht über die W itterungsver­ hältnisse im J a h r e ty > 7, die in der vorjährigen Lhrouik nicht erscheinen konnten. 2) I n den S palten Abweichungen bedeutet -s- zu große. — zu kleine W erte gegenüber den durchschnittlichen. D ie M ittelw erte des Luftdruckes^be- ziehen sich auf den Z eitraum I88S— tS l» . S o m m e r t a g e sind solche, an denen das Therm om eter mindestens 25" erreicht hat, F r o s t t a g e sind solche, an denen es auf oder unter den Gefrierpunkt gefallen ist und w i n t e r - ( L i s - ) t a g e solche, an denen es auch u n tertags nicht mehr darüber gestiegen ist. — 2 ( 5 — 1917 Absolute Feuchtig- keit A b. Relative Feuchtig- keit °/° Ab- B ew ö l- kung °/° Ab- Niederschlag in min S a . mm A b . w ei- chung ') G rö ß te in 2H S tu n d e n m m D at. A nzahl der T age mit SA- ir >- NS Ja n u a r . Februar . März . . April . . M ai . J u n i . . J u li . . A u g u st . September. Oktober . N ovem ber. Dezember . 4.0 3.0 4,5 5,3 10.4 12.4 12,8 12.4 >1,5 7.2 6.3 3,7 - 0,2 1,5 0,7 0,9 ^ 2,1 - 1- 1.7 -1-0,9 4 -0 ,9 st- 1,^ - 0 , 4 -H0,6 - 1.0 - j - 4 - 1 — 11 -s-16 4 -" — 14 — 12 4- -s-16 — 11 ^ 1 1 4 - 8 — 5 43.8 20,2 63.9 31.8 38,5 98,4 57.2 106,6 37.8 104,2 41.8 29.3 — 7,3 — 23,9 4 - 5,5 - 1 8 ,7 - 2 1 ,7 -4 20,2 - 2 3 ,3 4 - 30,4 — 28,7 ^ 4 0 ,3 - 1 2 ,4 — 29,3 9.7 5.8 26,5 5.5 14.2 33.2 8.5 25,! 15.3 19.2 15.3 6.4 9. 13. 3l. 1. 31. 10. 20 . 10. 13. 28. 26. 2 . 2 3 13 5 6 1 1 Jah r 7,t ^ 0 , 3 79 66 4- 1 673,5 68,9 33,2 10 . VI. 159 >2« 34 31 0 n n e n s ch e i n d a n e r. J a n . Febr. M ärz April M ai J u n i J u li Stunden 59,3 96,8 72,5 116,6 250,3 283,9 216,6 "/» der möglichen 22 34 20 28 53 59 45 Aug. Sept. Okt. N ov. Dez. J a h r . Stunden 198,1 190,9 76,6 36,5 42,7 1640,8 °/o der möglichen 45 51 23 13 17 37 Letzter Frost: 27. April. Erster Frost: >7. Oktober. Letzter Schnee: Erster Schnee: >8. April. 28. Oktober. Längste R eg en ze it: z. bis >->. Sept. (>2 T age, jeden T a g R egen). Längste Trockenzeit: 21. J a n . bis >>. Febr., 2 t- Sept. b is 2. Vkt, (jew eils >2 T age). 9 B e i der Spalte Abweichung bedeutet 4 - zu große, — z» kleine w e r te gegenüber den durchschnittlichen. D ie M ittelw erte der Luftfeuchtigkeit und Bew ölkung beziehen sich auf den Z eitraum >871— 191Z, jene der N ieder­ schläge auf >S88— >d>7. . — 2 s 6 — 1 9 1 8 Luftdruck Lufttemperatur in 0 ° E -k: Z I N M o ­ n a ts ­ m ittel A b. M o n a ls - A b ­ wei­ chung 1 c« sächsle D at. Niedi L° igste Dui. J a n u a r . . 753,4 - 0 , 4 1,6 -f- 1,3 14,4 19. - 1 4 .7 4. 21 6 Februar . . 758,2 > 6 , 3 3 ,2 ^ 1 , 1 12,9 8 . - 7 , 6 20. — 14 1 M ärz . . . 751,3 > 1,8 5,7 > 0 , 5 18,7 24. — 6,5 27. — 14 — A pril . , . 746,0 - 3 , 1 10,2 > 0 , 5 21,4 14. 0,0 23. — 1 — M a i . . . . 750,9 > 0 , 9 16,1 > 2.2 27,9 21.22.23 4.8 28. 7 — — J u n i . . . 751,8 > 0 , 9 15,2 - 2 , 4 24,9 14. 3,5 5 > 6 . — — — J u li . . . 751,0 - 0,3 18,9 0,0 35,8 17. 7,3 1. 11 — — A u g u st . . . 751,8 > 0 ,3 18,2 0,0 31,9 22. 23. 8,6 1. 8 — — Septem ber 749,0 — 3,6 14,7 4- 0,2 24,9 7 .1 6 . 24. 5,0 21. — — — Oktober . . 752,0 4- 1,0 8,5 - 1.2 18,5 23. - 1,0 31. — 1 — Novem ber 753,8 > 2,0 1.1 - 0 , 9 14,9 6 . - 7 , 0 24. — 16 1 Dezember . . 750,4 - 1.2 6,2 4 - 4 .6 13,5 13. - 2,8 2 . — 5 — J a h r . . . 751,6 > 0 , 4 10,2 > 0 . 5 35,8 17. V II. — 14,7 4 . 1. 26 72 8 1918 Ab Fei olute chtig- eit Ab- R- Fe 7» lative uchtig- keit Ab- 8 7° ewöl- uug Ab- S a. mm Nieder in Ab- schla um Gr- 2H - S ßte in runden Dat. Ai T Z-L ZZ Zah age ä l d m -s er it s Z J a n u a r 4.8 > 0,6 88 > 1 80 ^ 6 81,9 4-30,8 37,2 8. 16 12 7 Februar . 5,0 > 0 , 5 82 -1- 1 63 — 7 19,0 -25 ,1 6,0 11.4-28. 7 6 2 — M ärz . . 5.1 — 0,1 75 0 51 — 12 42,7 -15 ,7 10,8 1. 10 10 2 — A pril . . 7,6 - i - 1.1 82 > 1 3 84 > 2 3 87,3 4-36,8 18,9 24. 18 18 — 1 M ai . . 9.7 4-1.4 72 > 2 53 — 7 44,1 -16 ,1 14,3 20. 10 10 — 2 J u n i . . 8,9 - 1 , 8 70 — 1 62 > 1 45,5 -32 ,7 9,1 17. 14 14 — 3 J u li . . 11,3 — 0,6 71 — 2 60 -1- 2 74,0 — 6,5 16,7 24. 10 10 — 2 A u g u st . . 11,6 - 0 , 1 75 0 54 2 59,2 -1 7 ,0 18,0 7. 15 15 — 5 Septem ber. 10,7 > 0 ,8 85 5 65 > 1 0 142,0 4-75,5 25,2 12. 19 19 — 4 Oktober . 7,5 - 0 , 1 90 > 6 68 — 1 40,6 -23 ,3 21,0 16. 8 8 — — N ovem b er. 5,9 > 0 ,2 92 -!- 8 73 — 4 32,2 -22 ,0 7.3 28. 12 7 — — Dezember . 6,7 > 2 ,0 92 -1- 6 80 — 1 107,1 4-48,5 14,1 31. 15 19 1 — J a h r . . 7.9 > 0 .4 81 3 66 1 775,6 4-33,2 37,2 8. I. 154 118 12 17 — 2 ( 7 — ' S o n n e n s c h e i n d a u e r. J a n . Febr. M ärz April M a i J u n i J u li Stunden 29,7 68,4 83,5 127,2 316,1 239 ,0 192,6 °/a der möglichen 14 24 23 31 67 49 40 Aug. Sept. Gkt. N ov. Dez. J a h r . Stunden 249,0 197,1 95,5 36,0 27,2 1661,3 der möglichen 56 52 29 13 11 37,3 Letzter Frost: 22. April. Längste R egenzeiten: Erster Frost: 2 (. Vktober. ( 6. bis 26. Dezember — 11 Tage. q. b is 12. Septem ber — 10 Tage. Letzter Schnee: 20. April. Längste Trockenzeit: Erster Schnee: 19. Novem ber. 2-1. J a n . bis 5. Febr. — 12 T age. 27. M ai bis y. J u n i — 14 T age, (nur 1 m al einzelne R egentropfen). 12. N ov . bis 24. N ov . — (2 T age. L. Schilderung des W ilterungsverlsufs 1917. D ie ersten v ie r M o n a t e w a r e n i m D urc h sch n i t t zu kalt, i n s ­ besondere b rach te der F e b r u a r e inen W ä r m e m a u g e l v o n r u n d (so. N a c h d e m in der ersten H ä l f te des J a n u a r v e r h ä l t n i s m ä ß i g m ild e T e m p e r a t u r e n v o r g e k o m m e u w a r e n , stellte sich d a r n a c h eine F r o s t ­ per iode ein, die fast u n u n te rb r o c h e n b i s M i t t e F e b r u a r a n h i e l t . D e r F ro s t t r a t in dieser Z e i t m e h r m a l s ziemlich stark a u f , doch sind u n g e w ö h n l i c h tiefe T e m p e r a t u r e n nicht v o r g e k o m m e n . M i t ( 5 ,3 » A ä l t e a m 5 . F e b r u a r w u r d e der tiefste B t a n d des J a h r e s erreicht. D ie N ie d e r s c h la g s s u m m e n e r g a b e n n u r i m J a n u a r u n d M ä r z a n n ä h e r n d n o r m a l e W e r t e ; im F e b r u a r u n d A p r i l b lieben sie jedoch u n i erhebliche B e t r ä g e u n te r dem l a n g j ä h r i g e n D u rchsch n i t t . I n s b e s o n d e r e w a r der F e b r u a r trocken, d a n u r a u 7 T a g e n N i e d e r ­ schläge fielen. I m G egensa tz zu den ersten v ie r M o n a t e n b rach te der M a i bei v o rw ie g e n d trockenem u n d so n n ig e m W e t t e r e r s tm a l s einen W ä r m e ü b e r s c h u ß , der im M o n a t s m i t t e l den n a m h a f t e n B e t r a g v o n (so erreichte. D ie E n tw ic k lu n g der P f l a n z e n w e l t , die in fo lg e der r a u h e n u n d kal ten W i t t e r u n g der V o r m o n a t e noch E n d e A p r i l g a n z i m Rückstand w a r , e rh o lte sich bei der h o h e n W ä r m e des M a i rasch . A l s d a n n die ü b e r n o r m a l e W ä r m e auch i m J u n i a n h i e l t u n d neben reichlichem B onn ensch e in noch h ä u f ig e u n d z u m T e i l e rg ieb ige G e w i t t e r r e g e n v o r k a m e n , w u r d e d em B o d e n die zu r — 2s8 — V e g e ta t io n s e n tw ic k lu n g nö t ige Feuchtigkei t in genüg end er M e n g e zu g e fü h r t . B e i der erreichten M o n a t s m e n g e v o n sOO Liter p r o q m lieferten die N iede rsch lä ge e inen U b e r s c h u ß v o n f F ü n f t e l des N o r m a l w e r t e s . D ie höchste T a g e s m e n g e m i t 3 3 , 2 L ite r p r o q m w u r d e a m sO. J u n i erreicht. B e m e r k e n s w e r t ist fe rne r , d a ß die höchsten W ä r m e g r a d e des B e r i c h t s j a h r s (30,H<>L) b e re i ts in den V o r s o m m e r m o n a t e n M a i u n d J u n i e in t r a te n . D ie H o c h so m m e r ­ m o n a t e J u l i u n d A u g u s t w a r e n hinsichtlich der W ä r m e v e rh ä l tn i s s e i m D urchsch n i t t n a h e z u n o r m a l . I n der ersten I u n i h ä l f t e herrschte e t w a s zu kühle W i t t e r u n g . S o m m e r l i c h e W ä r m e t r a t u m die I u l i m i t t e u n d gegen M o n a t s e n d e e i n ; im A u g u s t w a r d ies n u r a n einzelnen w en ig e n T a g e n der F a l l . A n d e r s gestalteten sich die N ied e rsch la g sv e rh ä l tn i s s e , in d e m a u f den q m im J u l i r u n d 2 5 Liter zu w e n ig , i m A u g u s t 3 0 L ite r zu viel R e g e n n iederg ing . D e r S e p t e m b e r b ra c h te w ied e r trockenere W i t t e r u n g ; v o rn e h m l ic h die zweite H ä l f te zeichnete sich durch heitere u n d sonn ige T a g e a u s . D ie T e m p e r a t u r erreichte a n m e h re re n T a g e n noch som m er l ich h o h e S t ä n d e ; k üh les W e t t e r k a m n u r selten v o r . I m G egensatz h ie rzu s tand en die W i t l e ru n g s v e rh ä l tn i s s e des G k to b e r , in dessen V e r l a u f zu t rü b e , v ie lfach regnerische W i t t e r u n g herrschte. G le ich ­ f a l l s t r ü b e s u n d v ie lfach neb l ig es W e t te r , w ie es f ü r e inen S p ä t ­ h e r b s tm o n a t charakteristisch ist, w ie s der N o v e m b e r a u f . T s konnte i m g anzen M o n a t nicht ein T a g a l s heiter bezeichnet w erd en . D ie N iede rsch lä g e e r g a b e n indessen in A a r l s r u h e ger inge re W e r te a l s n o r m a le r w e i s e i m N o v e m b e r V o rk o m m e n , w ä h r e n d i m g r ö ß te n T e i l B a d e n s ü b e r n o r m a l e M o n a t s s u m m e n erreicht w u r d e n . D ie S o n n e schien n u r 3 6 ^ S tu n d e n , o b w o h l sie i m N o v e m b e r noch 2 7 5 S t u n d e n ü b e r d em H o r i z o n t v e rw e i l t . D e r D ezem ber b rach te b e re i t s recht w in te r l ich e s W e t te r . A n 2 5 T a g e n k a m F r o s t v o r , der v o r n e h m l ic h i m letzten M o u a t s d r i t t e l s trenger a u f t r a t . N ie d e r ­ schläge w u r d e n a n n u r ß T a g e n gemessen, in 7 F ä l l e n d a v o n bes tand en sie a u s Schnee . D ie M o n a t s s u m m e b e t ru g die H ä lf te des N o r m a l w e r t e s . I m g an z en zeichnete sich d a s J a h r l ß s 7 durch einen zu kühlen u n d zu trockenen F r ü h l i n g a u s ; w ä h r e n d die V o r s o m m e r m o n a t e du rch e inen erheblichen W ä r m e ü b e r s c h u ß den f rü h e re n M a n g e l a u s g l ic h e n , w a r e n J u l i u n d A u g u s t n o r m a l w a r m u n d die fo lgend en M o n a t e gegenseitig au s g le ichend . Letzteres — 2 s 9 — g i l t au ch v o n den N ied e rsch la gen . D ie F r ü h ja h r s t r o c k e n h e i t bew irk te , d a ß , auch die I a h r e s s u m m e n g e r in g e r au s f ie le n , a l s die N o r m a l - w er te b e t ra g en . . . . N L. Schilderung des Wiklerungsverlaufs 1918. J a n u a r u n d F e b r u a r w a r e n u m ü b e r L zu w a r m g egen d a s l a n g j ä h r i g e M i t t e l . L ä n g e r a n h a l t e n d e s F ro s tw e t te r herrschte im J a n u a r n u r zu B e g i n n des M o n a t s b i s z u m 5 . , gegen M o n a t s ­ ende b i s z u m 5. F e b r u a r u n d v o m s5 . b i s 2 0 . F e b r u a r . N o m s,. b i s s s. J a n u a r l a g eine b i s zu s 5 c m a u w a ch se n d e Schneedecke. D ie N iede rsch lä g e fielen ü b e rw ie g e n d in F o r m v o n R e g e n . B e s o n d e r s der J a n u a r w a r regnerisch u n d a n h a l t e n d t r ü b , w ä h r e n d der F e b r u a r trockenes u n d h ä u f ig hei teres W e t te r a u f w ie s . I m M ä r z u n d A p r i l überstieg die m it t le re M o n a t s t e m p e r a t u r die n o r m a l e n u r u m e t w a '/s o; F rö s te k a m e n in g e r in g e r S t ä r k e i m M ä r z noch w iede rho l t , i m A p r i l n u r in der N a c h t v o m 2 2 . /2 Z . v o r ; i m ü b r ig e n b rach te dieser M o n a t b i s a u f w en ige T a g e a n g e n e h m w a r m e s F r ü h l i n g s w e t t e r . S o n s t charakteris ierte sich der M ä r z a l s trockener M o n a t m i t g e r in g e r B e w ö lk u n g , w ä h r e n d der A p r i l a l s » a ß u n d t r ü b zu bezeichnen ist. S e h r günstige W i t t e ru n g s v e rh ä l tn i s s e ha t te K a r l s r u h e i m M a i , der du rch h o h e W ä r m e , T roc kenhe i t u n d heiteren H i m m e l sich auszeichnete. D ie N ä c h te w a r e n fast d u rch w eg w a r m , n u r v o m 2 7 . /2 8 . sauk die T e m p e r a t u r a u f e t w a 5 » F rös te k am en nicht v o r . E r h e b l i c h zu ka l t u n d b e s o n d e rs in seiner zweiten H ä l f te regenreich ver l ie f der J u n i des J a h r e s . S e in e m it t le re T e m p e r a t u r blieb ü b e r 2 « gegen d a s N o r m a l m i t t e l zurück. D e r M o n a t h a t te keinen einzige» S o m m e r t a g . I n den N ä c h te n v o m H./ä. u n d 5 /6 . sank die T e m p e r a t u r a u f n a h e z u 5 « W ä r m e . J u l i u n d A u g u s t wiesen n o r m a l e T e m p e r a tu r v e r h ä l t n i s s e a u f ; die N iedersch läge b lieben h in te r d em D u rc h sch n i t t zurück. B e s o n d e r s im A u g u s t herrschte he i te res u n d trockenes, w a r m e s S o m m e r w e t t e r . E i n sehr nasser u n d t r ü b e r echter H e r b s tm o n a t w a r der S e p t e m b e r m i t sH2 m m R e g e» , a b e r n o r m a l hinsichtlich der T e m p e r a t u r . A n ist T a g e n des M o n a t s fiel R e g e n . S o m m e r t a g e k a m e n nicht m e h r v o r . E s fo lg ten ein kal ter , i m a l lg em e in e n a b e r trockener O k t o b e r u n d N o v e m b e r . D ie ersten F rös te w u r d e n in den beiden — 220 — letzten D k t o b e r t a g e n beobach te t , sie w ie d e rh o l ten sich im N o v e m b e r , der a l le in s 6 F r o s t t a g e , teilweise schon m i t T e m p e r a t u r e n b i s 7» A a l t e a u f w i e s . D e n ersten S chnee b rac h te der l9 - N o v e m b e r . Beschlossen w u r d e d a s J a h r du rch einen u n g e w ö h n l ic h m ild en , sehr n ä ß e n u n d t r ü b e n D ezem ber . D ie m it t le re M o n a t s t e m p e r a t u r überstieg u m r u n d 5 » die n o r m a l e ; n u r a n 5 T a g e n t r a t F r o s t ein. I n der zweiten M o n a t s h ä l f t e herrschte w ie d e rh o l t S t u r m , a m 2 8 . u n d 2 9 . k a m e n s o g a r G e w i t t e r v o r . T i n e Schneedecke k a m w ä h r e n d des g an z en M o n a t s nicht zustande. Überblicken w ir d a s ganze J a h r , so m n ß e s a l s e tw a s zu w a r m und ein w e n ig zu n a ß bezeichnet w erden . D ie B e w ö lk u n g s­ verh ältn isse w a ren n o r m a l. Vevölkerungsv orgänge, Tokenschau. 1. Vevölkerungsvorgänge. in J a h r e l 9 f 8 b e t ru g die Z a h l der L eb e nd gebo renen f 8 2 7 ( l 9 l 7 : l7 9 7 ) . D ie höchste Z a h l der L eb e n d g eb o ren e n w ie s der O k t o b e r a u f m i t f 7 6 ( l 9 l ? ' - J a n u a r u n d M ä r z m i t je f 7 5 ) , die niedrigste Z a h l der D ez em b e r m i t f 2 0 ( l 9 l 2 : N o v e m b e r m i t f 2 6 ) . T o tg e b o re n e w u r d e n 5 f gen ielde t ( l 9 l 2 : H6). A u f je jOOO E i n w o h n e r u n d a u f s Z a h r berechnet k a m e n f 2 , 6 6 L eb end ­ geborene ( l 9 f 7 : f 2 , 3 l ) . U n te r den f 8 2 7 w a r e n l ^ 9 8 ( j ^ 9 3 ) ehelich u n d 3 2 9 (30H) — j8 o /g ( f 6 , 9 l °/<>) unehelich geb o re n . D ie Z a h l der T o d e s f ä l l e " ) b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r 2 3 2 0 " * ) ( l 9 j 7 : l 9 9 ^ ) . D ie meisten T o d e s f ä l l e e r fo lg ten i m O k to b e r , n ä m l ic h 3 H j ( l 9 l ? in r F e b r u a r fstö) , die w en ig s ten s i m S e p t e m b e r , n ä m l ic h l 3 9 ( l 9 l 2 i m S e p te m b e r f3 H ). A u f je fOOO E i n w o h n e r u n d a u f s Z a h r berechnet k a m e n f 6 , 0 7 T o d e s f ä l l e f 3 , 6 5 ) . A n s ta t t des G e b u r te n ü b e rsch u sses w a r ein U b e r s c h u ß a n G es to rb e n e n v o n H92 ( l 9 l ? e b e n fa l l s ein U b e r s c h u ß a n G es to rb e n e n u n d z w a r v o n l 9 ? ) v o r h a n d e n . A u f die einzelnen S ta d t t e i l e v e r te i len sich die L eb end g eb o ren e n u n d G e s to rb e n en w ie f o lg t : *) N äheres über die Todesursachen vergleiche B e ila g e U. **) D ie hohe Z a h l der T odesfälle ist auf das Auftreten der G rippe zurückzuführen, die Zgq D x fer forderte. — 222 S t a d t t e i l Lebendgeborene Gestorbene 1918 1917 1918 1917 In n e r e G ftsta d t................................................. 217 222 316 288 In n e r e W e s t s t a d t ........................................... 165 161 827 288 Alter k jardtw a ld stad tte il............................... 14 10 100 58 Außere G ftsta d t................................................. 203 229 219 162 S ü d s t a d t .............................................................. 258 267 349 307 S ta d tg a r te n v ie r te l ........................................... 13 5 13 12 Südweststadt . . . . ............................... 271 262 410 376 N euer kjardtw aldstadtteil............................... 207 180 41 40 INühlburg .............................................................. 257 240 308 283 B e i e r t h e i m ........................................................ 30 36 45 30 R in t h e im .............................................................. 32 23 26 15 R ü x x u r r .............................................................. 53 59 63 51 G rünw inkel . ................................................. 32 26 23 23 D a x la n d en ................................................. ...... . 75 77 , 80 61 E h esc h l ie ß u n g e n fa n d e n i m B e r i c h t s j a h r e Y68 ( l 9 l ? : 8 8 2 ) s ta tt — 6 , 7 s (6 ,OH) a u f fOOO E i n w o h n e r u n d a u f s J a h r be­ rechnet. E h e sc h e id u n g e n , einschließlich der f ü r n ich tig e rk lä r ten E h e n , k a m e n 6 2 ( l 9 l ? : H5) v o r 0 ,H 3 ( 0 , 3 f ) . a u f fOOO E i n w o h n e r , L h e l ö s u n g e n du rch den T o d 8H7 ( 7 f f ) — 5 ,8 7 (H,87 a u f sOOO E i n w o h n e r , gelöste E h e n d e m n a c h ü b e r h a u p t 909 ( 7 5 6 ) — 6 ,3 0 ( 5 , f 8 ) a u f sOOO E i n w o h n e r . M e h r E h e sc h l ie ß u n g e n a l s Ehe-- lö su n g e n w a r e n e s 5 9 ( s 2 6 ) — 0,H f ( 0 ,8 6 ) a u f fOOO E i n w o h n e r . 2. Totenschau.*) M a x B r a u e r , g e b o re n a m 9 . M a i f 8 5 5 in M a n n h e i m , ges torben a m 2 . J a n u a r . E r besuchte d a s G y m n a s i u m seiner V a te r s t a d t , sollte G f f iz ie r w e rd e n , a b e r seine musikalische B e g a b u n g u n d die L iebe zu r M u s i k t r ieb en ih n , a n d e re N)ege einzuschlagen. V o n V ince nz L ac h n e r , d em d a m a l i g e n H ofkapel lm eis te r in M a n n ­ h e im , e rh ie l t er den ersten M u s ik u n te r r i c h t u n d besuchte s o d a n n zu seiner w e ite ren m usikalischen A u s b i l d u n g d a s A o n s e r v a t o r i u m in A ö ln . *) W egen der B estattungsfeiern vergl. die Tageszeitungen. 223 I m J a h r e s 8 8 0 t r a t M a x B r a u e r a l s M u s ik le h r e r des G y m n a s i u m s in K a i s e r s l a u t e r n seine erste S te l le a u u n d ü b e r n a h m daselbst auch die L e i tu n g des C ä c i l i e n v e r e in s u n d w u r d e s 8 8 8 a l s H ofk irchen­ musikdirektor h ie rh e r be ru fen . G r leitete h ie r den C ä c i l ie n v e r e in , b i s dieser s8c>2 e in g in g . A u f B r a u e r s A n r e g u n g w u r d e 1 9 0 3 der B a c h v e re in g e g rü n d e t , f ü r den er b i s zu se inem T o d e eine eifrige T ä t ig k e i t entfa lte te . Ü b e r h a u p t h a t er sich fü r d a s M u s i k ­ leben un se re r S t a d t h o chve rd ien t g e m a c h t , n ä m l ic h durch E i n ­ s tu d ie rung u n d L e i tu n g B a ch 'sch e r K a n t a t e n , M o z a r t ' s c h e r M e ssen u n d g r ö ß e r e r K a n t a t e n . A u ch a l s K o m p o n i s t ist der v e r s to r b e n e h erv o rg e tre ten . S e in e G p e r n „ D e r L o tse " , „ M o r g i a n e " w u r d e n in i H o f th e a te r a u f g e f ü h r t , einige seiner K am m erm u s ik s tü ck e i m K o n z e r t ­ s a a l geh ö r t . I m g an z en sind s 8 gedruckte u n d sO ungedruckte K o m p o s i t io n e n verschiedener A r t v o n i h m zu n en n e n . *) B e i der B e s ta t tu n g des V ers to rbenen w irk te der H ofk ircheuchor m i t . K a r l F r i e d r i c h G u s t a v J ä g e r s c h m i d , E xce l lenz , ge­ bo re n in M a n n h e i m a m 2 s . J u l i s8H 7, ges torben a m sO. J a n u a r . N a c h a n f ä n g l i c h e m S t u d i u m der I n g e n ie u r w is s e n s c h a f t t r a t der V ers to rbene s 8 6 7 a l s F r e iw i l l i g e r zu r G f f i z i e r s b e f ö r d e r u n g b e im F e ld a r t i l l e r i e - R c g im e n t N r . sH in G o t t e s a u e ein u n d w u r d e a n : 5 . F e b r u a r f 8 6 9 z u m S e k o n d e - L e u tn a n t e r n a n n t . I m K r ie g e s 8 7 0 / 7 s n a h m er a n der S ch la ch t bei l V ö r t h teil, m a ch te die E in s c h l i e ß u n g S t r a ß b u r g s m i t , w a r a n den G efech ten bei G g n o n u n d D i j o n beteil igt, ebenso a n der S ch la ch t bei N u i t s , d em T re f f e n bei Villersexel u n d a n der S c h la ch t a n der L is a in e , w o er v e r w u n d e t w u rd e . M i t d em E is e r n e n K re u z I I . K lasse ausgeze ichnet, w u r d e er s 8 7 6 z u n , P r e m i e r - L e u t n a n t b e fö rder t , f 8 7 8 z u m B r i g a d e - A d j u t a n t e n der II. F e ld a r t i l l e r i e - B r ig a d e in S te t t in . D o r t en ts tan d ein in n ig e s F re u n d s c h a f t s v e r h ä l t n i s n i i t d e m d a m a l i g e n G e n e r a l s t a b s h a u p t m a n n v o n H in d e n b u r g . N a c h verschiedenen E t a p p e n w u r d e J ä g e r s c h m i d s 8 9 7 h ie r z u m G b e r s t e r n a n n t , syOO z u m K o m m a n d e u r der XIII. F e l d a r t i l l e r i e - B r i g a d e , 1 9 0 s z u m G e n e r a l m a j o r b e fö rd e r t . t y 0 5 w u rd e i h n , der erbetene A bschied u n te r V e r le ih u n g des C h a r a k t e r s *) L ine ausführliche W ürdigung der musikalischen B edeutung des D ah in ­ geschiedenen findet sich in N r. >2 vom M ärz , 9 ,8 der „Pyram ide", der Wochenschrift zum K arlsruher Tagblatt. a l s G e n e r a l l e u t n a n t b ew il l ig t . S e i t s 9 s 2 w a r er erster Vorsitzender des Z w e i g v e r b a n d e s „ I u n g d e u t s c h l a n d b u n d L a d e n " . B e i K r i e g s a u s b r u c h stellte er sich der H e e r e s v e r w a l tu n g zu r V e r f ü g u n g , w u r d e zunächst m i t der D r g a n i s a t i o n der bad ischen K r i e g s ju g e n d w e h r b e a u f t r a g t , a n f a n g s s 9 s 5 a l s I n s p e k t e u r der E r s a tz - A b te i lu n g e n der F e ld a r t i l l e r i e des V I I . u n d X V I . A r m e e k o r p s nach M ü n s t e r i. w . b e ru fen . I m N o v e m b e r k a m er a l s K o m m a n d e u r e iner F e l d a r t i l l e r i e - B r ig a d e z u r F e ld t r u p p e , m a c h te den S t e l l u n g s k a m p f v o r R i g a m i t u n d e rh ie l t s 9 s 6 d a s E i s e r n e K r e u z I. K lasse , w e i t e r h i n n a h m er teil a n den K ä m p f e n gegen die R u m ä n e n , b eg in g h ie r sein 5 0 j ä h r i g e s M i l i t ä r j u b i l ä u m . N a c h e iner ü b ers ta ndene n R u h r e r k r a n k u n g z u m I n s p e k t e u r e iner E t a p p e n - I n s p e k t i o n in B ialys tock e r n a n n t , w u rd e er E n d e s 9 s 7 durch ein U n te r le ib s le id e n zu r Rückkehr nach K a r l s r u h e g e z w u n g e n ; b a l d d a r a u f s ta rb e r .* ) S e in R e g im e n t w idm e te ih m einen eh rend en N a c h r u f ; seine Beise tzung f a n d u n te r g r o ß e r m il i tä r ische r B e t e i l i g u n g statt . A n n a I u n g l e , H au p tleh rer in a . D . der höheren M ä d c h e n ­ schule (L essingschule), gestorben a m 2 7 . J a n u a r im A lter v o n 7 s J a h r e n . S ie w id m ete dieser A n sta lt den größten T e il ihrer L ehrtätigkeit. A m ( 2 . S ep tem b er s9 s -s trat sie in den R uhestand . Z a h lre ich e Schü ler in n en hatten F r ä u le in I u n g l e ihre A n hän glichkeit b is über die Schu lze it h in a u s b ew a h rt. D er V erein badischer L ehrerinnen beklagte in e in em w a r m e n N a c h r u f ihren V erlust, w a r sie doch v o n s 8 9 0 b is ( 9 ( 6 a l s M itg lie d des V o rsta n d s unerm üdlich d a r in tä tig gew esen . N a c h A u sb ru ch des K r ie g s arbeitete F rä u le in I u n g l e im N a t io n a le n F rauendienst unerm üdlich fü r die A u sland skorrespond en z in den G efa n g en en la g ern . M q x L i e b e r , geb o re n a m 2 8 . J a n u a r s 8 6 s in K o lb e rg , ges torben a m 3 s . J a n u a r . Z u e r s t C h e m ik e r , suchte er in D a r m s ta d t sich zunächst a l s A u to d id a k t künstlerisch a u s z u b i ld e n u n d siedelte d a n n h ie rh e r üb e r , w o er S c h ü le r v o n B e r g m a n n u n d S chön leber w u rd e . M o t i v e f ü r seine B i l d e r f a n d er in der U m g e b u n g v o n K a r l s r u h e u n d i m badischen S c h w a r z w a ld , v o r a l le in a b e r in N o rd d e u ts c h la n d u n d in H o l la n d . W a l d u n d w ie s e n , D äc h e rg e w ir r , einfache W e g e , rieselnde B ä c h e , w og en d e K o rn f e ld e r w a r e n , w ie ein *) verg l. N r. 6 ̂ der „K arlsruher Zeitung." — 2 2 5 — N a c h r u f sag t , die G eg e n s tä n d e seiner S c h i ld e r u n g . N o n se inem S chaffen g a b die ( 9 (6 zu L ie b e rs 6 5 . G e b u r t s t a g v o m badischen A un s tv e re in ve ran s ta l te te A u s s te l lu n g ein geschloffenes B i l d . A m den V ere in h a t te er sich a l s l a n g j ä h r i g e r Lei ter a n e r k a n n te V e r ­ dienste e r w o rb e n . W ä h r e n d des A r i e g e s a l s A u s b i ld u n g s o f f i z i e r bei der A r t i l le r i e t ä t i g u n d z u m M a j o r be fö rder t , zog er sich durch eine R ip p e n fe l l e n tz ü n d u n g den R e i m zu se inem T o d e zu. P a u l v o n L e s z c y n s k i , g eb o re n a m 29 . N o v e m b e r l 8 3 0 in S te t t in , ges torben a m ( 2 . F e b r u a r in R e p te n i m S p r e e w a l d . G r b e g a n n seine m il i tä r isch e L a u f b a h n i m 20 . I n s . - R e g t . , n a h m a n den Gefechten in B a d e n (81(9 u n d a n den F e ld z ü g en ( 86H u n d l 866 teil. l 8 6 7 t r a t Leszcynsk i a l s T h e f des G e n e r a l s t a b s in badische Dienste u n d m ach te sich u m dis M o b i l m a c h u n g der badischen T r u p p e n ( 8 7 0 v erd ien t . I n der B e l a g e r n n g s a r m e e v o r S t r a ß b u r g w u r d e er T h e f des G e n e r a l s t a b s u n d bekleidete in dein sp ä te r g eg ründ e ten (H. A r m e e k o r p s a l s O b e r s t l e u t n a n t dieselbe S te l lu n g . N a c h A b s c h lu ß der M i l i t ä r k o n v e n t i o n B a d e n s m i t P r e u ß e n t r a t er in den V e r b a n d der p reuß ischen A r m e e zurück. I m A rieg e w a r er m i t d em E is e r n e n A re u z I. A la f f e u n d d e m E ic h e n la u b des D o u r le lVlorite ausgeze ichnet w o rd e n . ( 8 9 ( e r b a t er seinen Abschied a l s k o m m a n d ie r e n d e r G e n e r a l des 9- A r m e e ­ k o rp s u n d lebte d a n n a u f seinem G u t R e p te n . L a m b e r t F r e i h e r r v o n L a b o , G r o ß h . A a m m e r h e r r , geboren (81(8 in F r e i b u r g , ges torben a m 2 5 . F e b r u a r . D e r D a h i n - geschiedenc w a r a l s A u n s tm a le r nach a u s w ä r t i g e r S tud ien ze i t Schüler v o n F e r d i n a n d A elle r , er schuf L an d sc h a f te n u n d P o r t r ä t s . G r t r a t auch a l s Schrifts te ller h e r v o r ( „ Z w e i A a i s e r " , ( 9 ( ( ) . H e r m a n n H o n s e l l , g eb o re n ( 8 H2 in A o n s ta n z , ges torben daselbst a m 2 7 . F e b r u a r . N a c h S t u d i u m des B e r g f a c h s u n d Reisen nach Schlesien, B ö h m e n u n d G a l i z i e n t r a t er in den b a ­ dischen S ta a t s d ie n s t , w u rd e ( 8 7 5 B e rg m e is te r bei der S a l i n e D ü r r ­ he im , ( 8 8 ( B e r g r a t bei der D o m ä n e n d i r e k t i o n in A a r l s r u h e , ( 8 9 3 V b e r b e r g r a t , (904 G e h . O b e r b e r g r a t . I m R u h e s ta n d zog er in seine H e im a ts tad t . A . a . r ü h r t der A b sc h n i t t ü b e r d a s B e rg w e s e n in d e m W erke „ D a s G r o ß h e r z o g t u m B a d e n " v o n i h m her.*) *) vergl. auch „Karlsruher Zeitung'' Nr. 127 vom s. J u n i ZI18 . 15 L u d w i g B e c k e r , geb o re n a m 2 . J u n i s 8 7 8 in K a r l s - rn h e , g efa l len a m 2 7 . M ä r z . N a c h A b l e g n n g der zweiten juristischen S t a a t s p r ü f u n g im J a h r e syO ö w u r d e er D iens tverw eser verschie­ dener N o t a r i a t e u n d t r a t l 9 0 3 bei der S t a d t v e r w a l t u n g K a r l s r u h e a l s D ien s tve rw ese r des G r u n d b u c h a m t s ein. S e i t l- A u g u s t l 9 0 3 s ta n d er dem selben m i t der A m ts b e z e ic h n u n g S t a d t r e c h t s r a t v o r . E r w a r ein B e a m t e r v o n scharfs in n ig em jur is t ischem U rte i l u n d v o rb i ld l ich e r p f l ic h t t reu e , der sich bei a l len m i t i h m in B e r ü h r u n g k o m m e n d e n K re ise n der B e v ö lk e r u n g durch sein schlichtes und l i e b e n s w ü r d ig e s W esen A n e r k e n n u n g u n d V e r t r a u e n e r w a r b . S e i t d em ersten M o b i l m a c h u n g s t a g e s tand er im F e ld — m i t e iner kurzen, du rch V e r w u n d u n g h e r v o r g e r u fe n e n U n te r b r e c h u n g — u n d h a t a l s K o m p a g n i e - u n d B a t a i l l o n s f ü h r e r in : L e ib g re n a d ie r - R e g im e n t m i t g e k ä m p f t bei M ü h l h a u s e n , B r u d e r s d o r f , B a c c a r a t , G e r b e r - v i l l e r s , F a y en H a ie , M a m e y , Lille, V e rm e l le s , bei de r L o re t to - hö he i m M a i ly s iö , i m S te l lu n g s k r ie g in der C h a m p a g n e , in der schweren A b w e h rsc h la c h t a n der S o m m e , bei S o m m e - P y , v o r V e r d u n u n d bei E a m b r a i . V o rü b e rg e h e n d w a r er an d e re n R e ­ g im e n te r n u n d e inem F e ld r e k r u te n d e p o t zugeteilt . I n der g ro ß e n A n g r i f f s s c h la c h t i m W esten fiel er b e im V o rg e h e n z u m S t u r m a n der Spitze seines B a t a i l l o n s . R o b e r t R u o f f , g eb o re n s 8H8 in W a l d s h u t , ges torben a m 3. A p r i l . N a c h A b s c h lu ß seiner juristischen S tu d i e n t r a t er i n den badischen S t a a t s d i e n s t , w u r d e s 8 7 5 S e k re tä r bei der G e n e r a l ­ d i rek t ion der S t a a t s e i s e n b a h n e n , l 8 7 7 R eg ie ru ngsa sse sso r , l 8 8 3 R e g i e r u n g s r a t , s 89H G b e r r e g i e r u n g s r a t . D e r H e im g eg a n g en e , M i t k ä m p f e r v o n l 8 7 0 /7 s , w a r a l s H a u p t m a n n der L a n d w e h r w ä h r e n d des W e l tk r ie g e s bei der m i l i tä r is ch e n Ü b e r w a c h u n g des B r i e f v e r k e h r s tä t ig . W i l h e l m K o l b , g e b o re n a m 2 s. A u g u s t in K a r l s r u h e , ges to rben a m s 8 . A p r i i* ) . M i t e in facher V o lk s sc h u lb i ld u n g a u s ­ gerüstet, h a t der D ah in gesch ieden e zunächst a u f seiner W a n d e r s c h a f t a l s M a l e r u n d T ünche rgese l le seine Kenntnisse e rw e i te r t . D u rc h e i f r ig e s S e lb s t s tu d iu m der poli t ischen u n d n a t io n a lö k o n o m isc h e n L i t e r a tu r g e w a n n er ein u m f a n g r e i c h e s W issen. D ieses u n d eine *) vergl. bes. „volksfreim d" v. 19. A xril. — 2 2 ? — angeborene R e d n e r g a b e öffnete i h m die B a h n des e r fo lgreichen P o l i t ik e r s . A l s 2Z jä h r ig e r h ie rh e r zurückgekehrt, ü b e r n a h m er die F i l i a l e des d a m a l s in D f f e n b u r g erscheinenden soz ia ldem okra t ischen „ p o l k s f r e u n d s " u n d w u r d e bei dessen Ü b e r s ie d lu n g h ie rh e r s 899 R e d ak teu r desselben. D a n e b e n en tfa l te te er eine rastlose T ä t i g k e i t fü r seine P a r t e i . T r w a r s 8 9 9 — l 9 0 2 , d a n n l 9 0 5 — l 9 0 8 S t a d t ­ vero rd ne te r u n d v o n l 9 0 3 a n S t a d t r a t . s 9 0 3 w u r d e er v o m HZ. W a h lk r e i s (A a r l s ru h e - W e s t s t a d t ) u n d s 9 0 5 v o m HH. W a h lk r e i s ( A a r l s r u h e - S ü d s ta d t ) in die Z w e i t e A a m m e r g e w ä h l t . Z n der G e m e in d e v e r t r e tu n g w ie i m L a n d t a g e r w a r b er sich eine fü h re n d e S te l lu n g . D e r „ p o l k s f r e u n d " w id m e te A o l b einen N a c h r u f , in dein es a m Schluffe h ie ß : „ S e i n L h a r a k t e r w a r l a u t e r u n d ge­ festigt. W e r d a s w u ß te , f a n d sich m i t seiner im p u l s iv e n u n d t e m ­ p e r a m e n ts v o l l e n A r t g e rn a b . A o l b h a t ein a rb e i t s r e ic h e s u n d a n E r f o l g e n reiches Leben h in te r sich. Z n a l len S te l len in denen er w irkte, h a t er eine f ü h lb a r e Lücke h in te r la f fe n , die so o h n e w eiteres nicht a u s g e f ü l l t w e rd en k a n n . D a n k b a r u n d tief e rg r if fen steht die badische P a r t e i a n seiner B a h r e . E r w a r ein t r e u e r S o h n seiner P a r t e i , seiner P a t e r s t a d t u n d seines P a t e r l a n d s . E i n b le ibendes u n d eh re n d es G ed enken ist i h m gesichert. D ie P a r t e i b e d a u e r t den P e r lu s t e ines ih r e r Besten , den P e r lu s t e ines g an z en A l a n n e s . " A u ch v o n S e i te n der Z e i t u n g e n a n d e r e r R i c h tu n g e n w u rd e dem p e r s to r b e n e n A n e r k e n n u n g gezollt . Z a h l l o s w a r e n die A u n d g e b u n g e n des B e i le id s , v o n der G ro ß h e rz o g l i c h e n F a m i l i e , den P e r t r e t e r n der S t a a t s b e h ö r d e n , der S ta d tg e m e in d e , des G e n e r a l ­ k o m m a n d o s , v o n F r a k t i o n e n , p e r e in e n u n d E in z e lp e rso n e n . Z n der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m 2 3 . A p r i l w id m e te der G b e r b ü r g e r m e i s t e r dem p e r s to r b e n e n einen eh renden N a c h r u f , er h o b die höchst schätzenswerten Dienste h e r v o r , die W i l h e l m A o l b seiner P a t e r ­ stadt du rch sein W i rk e n geleistet h a b e u n d w o f ü r i h m diese b le i­ benden D a n k schulde. D ie B e s t a t t u n g a m 2 0 . A p r i l f a n d u n t e r g r o ß e r B e te i l ig u n g statt*). A l b e r t Z i e g l e r , g eb o re n a m s 6 . A p r i l s 8 3 9 in A a r l s - ru h e , gestorben a m 22 . A p r i l . D e r D ah ingesch ied ene w u r d e s 3 5 3 A p o th ek e r , s 866 V b e r fe ld a p o th e k e r , s 8?0 S t a b s a p o t h e k e r u n d *) vergl. hierfür „volksfrennd" v. 2 2 . u. 2 Z . A xril 19 m A r . y z u . AH. ; s * — 223 — e r w a r b sich i m F e ld z u g ( 8 7 0 / 7 ( d a s E i s e rn e K re u z 2 . A l . ( 8 8 ( w u r d e er A p o th e k e n v is i ta to r , ( 88H technischer R e fe ren t f ü r p h a r ­ m azeutische A n ge le genhe i te n , (892 M e d i z i n a l r a t , (908 G e h . H o f r a t . E r v e r t r a t den B a d is c h e n F r a u e n v e r e i n ( 9 0 7 a u f d em I n t e r ­ n a t i o n a l e n K o n g r e ß des R o t e n K re u z e s in L o n d o n u n d (908 bei der deutschen R o t e - K r e u z - K o n f e r c n z in D re s d e n . E r gehörte zu den G r ü n d e r n des K a r l s r u h e r M ä n n e r h i l f s v c r e i n s . A u g u s t v a n d e r K o r s , geb o re n a m 2 ( . M ä r z (8^(6 in D a r m s t a d t , ges torben in M ü n c h e n a m ( 0 . M a i . D e r E n tsc h la fen e s tand H2 J a h r e i m Dienste der B a d isc h e n L a n k , seit ( 8 7 9 a l s D i rek to r der K a r l s r u h e r F i l i a l e . A m ( . O k t o b e r ( 9 ( 2 zog er sich i n s P r i v a t l e b e n zurück u n d siedelte nach W e ß l i n g ( B a y e r n ) über. L u d w i g T h e o d o r M ü h l h a u s e r , g e b o re n ( 8 6 6 in W i l f e r d in g e n , ges to rben a m l . J u n i in B a s e l . D e r D ah in gesch ie ­ dene k a m (893 a l s S t a d t v i k a r h ie rh e r u n d w u r d e z u m S t a d t p f a r r e r der O s t s t a d t g e w ä h l t . S e in e schwache G e s u n d h e i t z w a n g ih n jedoch b a l d , dieses A m t an fz n g eb en . E r g in g nach B a s e l , w o er a l s theo log ischer L eh re r a m M i s s i o n s h a u s wirkte . F r i e d r i c h W i l h e l m D o c r i u g , g e b o re n a m 2 3 . M a i ( 8 3 0 in K a r l s r u h e , ges torben a m 2 . J u n i . D e r V ers to rbene w a r B e g r ü n d e r u n d l a n g j ä h r i g e r I n h a b e r des b ekann ten S p ie l - und K o r b w a r e n g e s c h ä f t s . V o n ( 8 8 5 b i s ( 9 0 5 g ehör te er dem S t a d t - r a t s k o l l e g i u m , sow ie verschiedenen städtischen K o m m is s io n e n a n . D e r O b e r b ü r g e r m e i s t e r w id m e te D o e r in g in der S ta d t r a t s s i t z n n g v o m 6 . J u n i e inen N a c h r u f , in d e m er seine l a n g jä h r ig e n , v ie l­ seitigen u n d w e r tv o l l e n Dienste in den v o r g e n a n n te n E h r e n ä m t e r n , sow ie a l s K o m m a n d a n t der f re iw i l l ig en F e u e r w e h r h e r v o r h o b . N a t h a n a e l S c h m i t t , g eb o re n ( 8H^ in H eide lberg , ge­ s to rben a m 3 0 . J u n i . A u s e iner a l te n M a l e r f a m i l i e s ta m m e n d , s tudierte er lä n g e r e Z e i t in R o m , seit ( 88H lebte er a l s K u n s t ­ m a l e r in K a r l s r u h e u n d w a r v o r w ie g e n d a l s P o r t r ä t s m a l e r geschätzt. S o p h i e L e y , ges torben a m ( 6 . A u g u s t i m 69 . L e b e n s ja h r . E i n e g eb o re n e B a d n e r i n , h a t die E n tsc h la fe n e den H a u p t t e i l ih r e s L e b e n s in K a r l s r u h e v e r b r a c h t . A l s M a l e r i n h a t sie sich durch ih re k ra f tv o l le n B l u m e n s t i l l e b e n u n d L a n d sc h a f te n , sow ie durch L i th o g r a p h i e n e inen g u te n N a m e n e r w o rb e n . — 2 2 9 — L u d w i g A ä p p e l e , g eb o re n a m 2 8 . (Oktober ( 8 5 6 in K a r l s r u h e , ges torben a m ( 6 . A u g u s t . V o n B e r u f Aketzgermeister w a r er I n h a b e r e iner angeseh en en M e tzg e re i u n d W u rs t l e r e i , f a n d jedoch dab e i noch Z e i t zu r B e t ä t i g u n g a u f gem e in n ü tz ig e m u n d ku ltu re l lem G eb ie te . D ie letzten J a h r e w id m e te er sich diesen B e s t r e b u n g e n noch m e h r , n a c h d e m er sich v o n se inem G esc h ä f t zurückgezogen h a t te . L e ine Persön lichke it ist treffend gekennzeichnet, in dem N a c h r u f , den i h m der (O b e rb ü rg e rm e is te r in der L t a d t r a t s - sitzung v o m 2 (. A u g u s t w id m e te u n d den w i r h ie r w iede rgeben . E r la u te t : „Am Son n tag standen w ir trauernd und in tiefem Schmerz am S a rge unseres hochgeschätzten K ollegen Ludwig R äppele, der seinem schweren, stand­ haft ertragenen Herzleiden erlegen w ar. S ein Tod bedeutet für u n s Alle den Verlust eines ausgezeichneten, nnermüdlichen M itarbeiters und lieben Freundes, für unsere Stadt und Bürgerschaft aber den Verlust eines ihrer trefflichsten Bürger und treuesten Söhne. Ludwig R äppele w ar in der T at das Urbild eines tüchtigen, fleißigen, w ohlgesinnten und feingebildeten B ü rgers von echtem Schrot und Rorn. Wer ihn freilich etwa nur nach seinem Auftreten hier im Stadtrat be­ urteilen wollte, würde m eines Erachtens seinem vollen inneren W erte nicht ganz gerecht werden. D enn hier w ar sein Bestreben offensichtlich stets mehr darauf gerichtet, sich den: großen G anzen uuterzuordnen, mehr durch positiv fördernde praktische Arbeit zu leisten, a ls durch zweifelsüchtige Kritik zu glänzen. S o eindrucksvoll er seiner Überzeugung n ötigenfalls Ausdruck zu geben wußte, so war er doch vielmehr ein M an n der T at, a ls ein M ann des W ortes. Aber im trauten Gespräch, in angeregter Gesellschaft, gab er sein ganzes reiches In n en leb en , seine G em ütstiefe, seine philosophische Abgeklärtheit und seinen hohen Gedankeuslug offen zu erkennen. Manchem wird es ein R ätsel geblieben sein, w ie Räppele neben seiner eifrigen und hingebenden Tätigkeit in seinem Handwerk a ls Metzger und W urstler sich mit gleichem E ifer den schönen Künsten, der Literatur, zu widmen und alle G ebiete des geistigen und ösfeut- lichen Lebens mit lebhaftem Interesse zu verfolgen vermochte. Aber w ie H ans Sachs, der Schuhmacher und P oet, an den er mich oft in früheren J ah ren erinnerte, w enn er nach getaner M orgeuarbeit in seinem handwerksgercchten G ew and vor der Ladentüre Luft schöpfte und dabei ein Leitm otiv von Richard W agner oder eine Arie von M ozart summte, hatte sein klarer kluger Kopf und seine aus eigener K raft errungene B ild u n g ihn aus einen höheren S ta n d ­ punkt für die Betrachtung seiner B erufsarbeit und aller anderen Seiten des menschlichen Lebens geführt, von dem au s er erkannte, daß er seinen Mitmenschen ebenso nütze, w en n er ihnen gute und wohlschmeckende N ahrung liefere, a ls w enn er sie mit den G aben edler Musik und schöner Poesie erfreute. — 230 — S ein en Mitmenschen zu nützen und ihnen Freude zu bereiten, das w ar ja der M ittelpunkt seines S treb en s und W esens, sein höherer Lebenszweck; diese G esinnung leuchtete a u s jeder seiner B etätigungen klar hervor. I h r verdankt er es auch, daß er in jungen J ah ren schon, ohne daß er darnach strebte, von seinen M itbürgern in öffentliche Ehrenäm ter berufen wurde. Schon m it s ; J a h ren wurde er zum Stadtverordneten gew ählt, nachdem er vorher in der M etzgerinnung und im Liederkranz Proben seiner gemeinnützigen G esinnung und seiner B efäh igu n g für öffentliche Wirksamkeit abgelegt hatte. Schtzn nach 6 w eiteren J a h ren wurde er in den Stadtrat gew ählt, dem er nun über 25 J a h re bis zu seinem allzufrühen Ende angehört hat. w a s und w ie er in diesem Am te und darüber h inaus in den zahlreichen Koinmissionen, denen er angehörte, ferner a ls M itglied des Bezirksrats, des Schatzungsrats, des V erw altu n gsrats der Volksbibliothek, der Schremppschen A rbeiter-Stiftung und der K aiser-W ilhelm -G edächtnis-Stiftung sowie a ls freiw illiger „B linden- vater" gewirkt und gearbeitet hat, brauche ich in diesem Kreise nicht zu schildern. S ie alle wissen es a u s eigener Anschauung, daß er einer unserer tätigsten, unermüdlichsten M itglieder gewesen ist, stets hilfsbereit, nie aus persönlicher Rücksicht sich zurückhaltend. A ls er sich vor 5 J a h ren von seinem B eru f in s P rivatleben zurückzog, begann für ihn erst recht eine Periode reichster Arbeit für das G em einw ohl. Und a ls gar der furchtbare Weltkrieg ausbrach, w ar er es, der mit am eifrigsten und unermüdlichsten bei der Lösung der unserer S tadtverw altung damit gestellten neuen und ebenso schwierigen w ie verantw ortungsvollen A ufgaben Hand anlegte. Nicht mir, aber anderen K ollegen gegenüber hat er es ausgesprochen, w ie nahe ihm in dieser schweren Z eit die Sorgen und N öte seiner M itbürger und ihre K lagen über ungenü­ gende H ilfe gingen. Und so ist die Verm utung nicht von der Hand zu weise», daß die A ufregungen, welche die Tätigkeit und V erantw ortung in unserer K riegswirtschaft dem gewissenhaften M anne bereiteten, mit au der frühzeitigen Erschöpfung seines kranken H erzens schuld geworden sind. Trotzdem hat er ohne K lagen ausgehalteu und unentw egt weitergewirkt, bis der Arzt ihm H alt gebot. v o ll Trauer und W ehm ut sehen w ir heute seinen Platz in unserem Kreise verwaist. M it dem G efü h l des Schmerzes über seinen Verlust aber, den mit u n s die weitesten Kreise unserer Bürgerschaft empfinden, mischt sich die Em pfindung unauslöschlicher Dankbarkeit für seine uneigennützige, pflicht­ getreue und opferbereite Arbeit, die er solange seiner geliebten Vaterstadt und der W ohlfahrt ihrer B ew ohner, insbesondere den Kranken und Schwachen unter ihnen, geleistet. M ir geloben, sein Andenken stets in Treue und Ehren zu bewahren, indem w ir u n s zum Zeichen unserer Trauer und zu Ehren seines Andenkens von unseren Sitzen erheben." A u c h sonst w u r d e n dein v e r s to r b e n e n v o n verschiedenen A re isen eh rende W o r t e des G e d e n k e n s g ew idm et* ) . *) vergl. a. „Badische Presse" v. ;r . VIII. N r. 28s (M . B l.) . — 23s — V r . ( L a s a r B l u m , ges to rben a m H. S e p t e m b e r in B a d W i ld l in g e n im 7 0 . L e b e n s ja h re . E r h a t t e h ie r viele J a h r e h in d u rch a l s R e c h t s a n w a l t , w ie a l s ju r is t ischer B e i r a t indust r ie l le r U n t e r ­ n e h m u n g e n eine vielseitige u n d a n e r k a n n te T ä t ig k e i t en t fa l te t . B e i seinem R ück tr i t t a l s Vors itzender der A n w a l t s k a m m e r erh ie l t er­ den T i t e l G e h . H o f r a t ver l iehen . E d w i n S p r e n g e r , g e b o re n s8 Z 5 in H ü f f in g e n , ges torben a m 7. S e p te m b e r in K a r l s r u h e . N a c h abgeschlossenem S t u d i u m der K a m e ra lw is s e n sc h a f t w u r d e er 1 8 0 3 V o r s t a n d der S t i f t s sc h a fsn e i L a h r , 1 8 6 6 in O f f e n b u r g . 1 8 7 1 w u r d e er i n s H a n d e l s m i n i s t e r iu m beru fen , 1 8 7 6 z u m U U n i s t e r i a l r a t e r n a n n t . 1 8 7 8 w u r d e i h m die S telle e ines v o lk sw ir tsc h a f t l ich gebildeten K o l l e g i a l m i tg l i e d s der O b c r d i r e k t i o n des W a sse r - u n d S t r a ß e n b a u e s ü b e r t r a g e n , 1881 w u r d e er a l s G e h . O b e r r e g i e r u n g s r a t in den R u h e s t a n d versetzt. 1 8 8 9 b i s 1892 s tand er a n der Spitze der la n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e ru fsgenosseuscha f t . A l s K i r c h e n g e m e in d e r a t w u r d e er 1 9 1 0 in die evangelische G e n e ra l s y n o d e g e w ä h l t . V r . O t t o S e i d e n a d e l , g eb o re n 1 8 6 6 in B e rg h a u s e n » gestorben a m 2 5 . S e p te m b e r . N a c h A b s c h lu ß seiner S tu d ie n t r a t er in den S ta a t s d ie n s t , w u r d e 1 8 9 6 A m t m a n n in F r e i b u r g , 1898 in K a r l s ­ r u h e , 1 9 0 0 i» B u c h e n , 1 9 0 2 O b e r a m t m a n n eb e n d a . 1 9 0 2 b i s 19 08 w a r er P o l ize id i rek to r b e im B e z i r k s a m t K a r l s r u h e . N a c h kurzer T ä t ig k e i t a l s O b e r a m t m a n n i» W a l d s h u t , w u r d e S e id e n a d e l w ieder nach K a r l s r u h e b e ru fe n a l s V o r s t a n d des B e z i r k s a m ts . V r . T h r i s t o p h S c h u l t h e i ß , geb o re n a m 15. F e b r u a r 1 8 6 0 zu N ü r n b e r g , ges torben a m 9 . O k to b e r . N a c h d em S t u d i u m der A l a t h e m a t i k u n d P h y s ik u n d A b l e g u n g der S t a a t s p r ü f u n g des K a n d id a t e n des h ö heren L e h r fa c h s in B a y e r n , t r a t er 1 8 8 3 a l s wissenschaftlicher Assistent b e im Z e n t r a l b ü r o f ü r w e t e o r o l o g i e u n d H y d r o g r a p h i e h ie r in den bad ischen S t a a t s d i e n s t ein. E r p r o ­ m o v ie r te 1 8 8 5 , h ab i l i t i e r te I 890 a l s P r i v a t d o z e n t a n der T e c h ­ nischen Hochschule, w u rd e I 896 P ro fe s s o r , w a r a b 190 1 w issen­ schaftlicher H i l f s a r b e i t e r der O b e r d i r e k t i o n des W a sse r - u n d S t r a ß e n ­ b a u e s , 1892 e r fo lg te seine E r n e n n u n g z u m L a n d e s m e te r o lo g e n . I n rastloser T ä t ig k e i t h a t er in 3 2 j ä h r i g e r L e b e n s a r b e i t d a s Z e n t r a l ­ b ü r o zu einer m u s te rg ü l t ig e n A n s ta l t a u s g e b a u t . I n V o r t r ä g e n , in r e g e lm ä ß ig e n V erö ffen t l ichu ng en des B ü r o s , in G e le g en h e i tsd ru c k ­ — 232 — schrif ten u n d zah lre ichen A ufsä tzen h a t er d a s In te re s se f ü r die W e tte rk u n d e zu wecken u n d die E rg e b n is se der v ie l fä l t igen B e o b ­ a c h tu n g e n f ü r die B e d ü rfn is se in der P r a x i s in a u s g ie b ig e r w e i s e n u tz b a r zu m a c h e n gesucht. D ie S ta d tc h r o n ik ist O r . S ch u l th e iß a l s M i t a r b e i t e r zu b es o n d e rem D a n k verpflichtet . S e i t J a h r e n h a t e r h ie r f ü r dis „Ü b ers ich t ü b e r die W i t t e r u n g s v e r h ä l t n i s s e " unsere r S t a d t m i t d em g r ö ß te n E n t g e g e n k o m m e n z u r V e r f ü g u n g gestellt. F e r d i n a n d F r e i h e r r v o n B a b o , g ebo ren ( 8 5 8 in K a r l s r u h e , ges torben a m ( 2 . M k to b e r . N a c h beend ig tem S t u d i u m der I n g e n ie u r w i s s e n s c h a f t t r a t er ( 8 8 2 in den badischen S t a a t s ­ dienst, w u r d e (890 zu r G b e r d i r e k to n des W a sse r - u n d S t r a ß e n ­ b a u e s , (895 b e a rb e i te n d e r I n g e n i e u r der Brücke K e h l - S t r a ß b u r g e r n a n n t . N a c h B e e n d i g u n g dieser A r b e i t ü b e r n a h m der V e rs to r ­ bene die L e i tu n g der R h e in b a u in s p e k t io n F r e i b u r g u n d w n rd e ( 8 9 9 u n t e r E r n e n n u n g z u m B a u r a t in d a s K o l l e g iu m der G b e r d i r e k t i o n b e ru fe n . E r h a t sich u m die F ö r d e r u n g des W a s s e r b a u e s verd ien t g e m a c h t u n d v e r f a ß te u . a . eine vie lbeachtete D enkschrift ü b e r die A u s n ü t z u n g der W a sse rk rä f te in B a d e n . Z u le tz t z u m G e h . G b e r - b a u r a t e r n a n n t , w u rd e er durch ein Leiden vorze i t ig h in g e ra f f t . A d o l f M ü n z e s h e i m e r , g eb o re n in B r u c h s a l , ges torben a m ( 6 . (Oktober i m 5 3 . L e b e n s ja h re . D e r V ers to rbene h a t seit m e h r a l s 3 J a h r z e h n t e n eine a u s g e d e h n te zahnärz t l iche T ä t ig k e i t a u s g e ü b t ; er w a r s . V ors itzender der Z a h n ä r z t e k a m m e r . S e i t K r i e g s a u s b r u c h b eh and e l te er die i h m v o m K r i e g s u n te r s tü tz u n g s ­ a m t zugew iesenen Z a h n k r a n k e n unentge lt l ich . V r . G t t o W a r t h , g e b o re n a m 2 s. N o v e m b e r (8 H 5 in L im b a c h ( b a y r . P f a l z ) , ges torben a m 5 . N o v e m b e r . N a h e z u 5 0 J a h r e w a r er a n der T echnischen H ochschule tä t ig . D e r E n t ­ schlafene w u r d e in j u n g e n J a h r e n a l s Assistent a n die d a m a l ig e B a u s c h u l e der p o ly te ch n isch e n S chu le b e ru fen , ( 8 7 8 z u m o rd e n t ­ lichen P ro f e s s o r e r n a n n t , ( 8 9 ( erh ie lt er den T i t e l B a u r a t , ( 89H den T i t e l G b e r b a u r a t u n d ( 9 0 8 den eines G e h . G b e r b a u r a t s . V o n ( 8 9 ( — ( 9 0 2 w a r er o rd en tl iches M i t g l i e d der B a u d i r e k t i o n u n d n ac h deren A u f h e b u n g bautechnischer R e fe ren t i m M i n i s t e r i u m der J u s t i z , des K u l t u s u n d U n te r r i c h t s . ( 9 ( ( t r a t er u n te r B e - la s su n g a l s M i t g l i e d des G r o ß e n R a t s der Techn ischen Hochschule in den R u h e s ta n d . D ie U n iv e r s i t ä t S t r a ß b u r g v e r l ieh i h m a l s Phot. Oskar Suck Geh. G aum t I)r. Gtto Warth 233 — E r b a u e r ih re s K o l le g ie n h a u s e s , d a s i h m durch e inen W e t tb e w e r b zufiel, die E h r e n d o k to r u rk u n d e . W a r t h h a t te auch d e m B ü r g e r ­ aussch uß einige J a h r e a n g e h ö r t . I ) r . W o l f g a n g H e i n z e , ges torben in e ine in L a z a r e t t in W a rsc h a u im H6. L e b e n s ja h re . E r w a r 1 9 0 2 b e im V e r w a l t u n g s - hos a l s S e k re tä r m i t d em T i t e l A m t m a n n e ingetre ten , w a r d a n n a l s A m t m a n n bei den B e z i r k s ä m te r n U b e r l in g e n , L ö r r a c h u n d A la n u h e im tä t ig , seit 1 9 0 9 w iede r b e im V e r w a l t u n g s h o f . A l s H a u p t m a n n d. L. eingerückt, w a r er b i s zu fe iner E r k r a n k u n g Nachrichtenoffiz ier im G e n e r a lg o u v e r n e m e n t W a r s c h a u . R u d o l f S t i e f b o l d , G e n e r a l m a j o r a . D . , g e b o re n in 'K a r ls ru h e , ges torben a m 2H. D ez em be r i m 7 7 . L e b e n s ja h re . E r ­ wachte a l s L e u t n a n t b e im F e l d - A r t . - R e g t . N r . 14 den deutsch­ französischen K r i e g 1 8 7 0 /7 1 m i t , rückte rasch v o r u n d w a r zuletzt K o m m a n d e u r e ines F u ß - A r t . - R e g t s . , a l s er in fo lg e e ines U n f a l l s seinen A bschied n e h m e n m u ß te . D e r E n ts c h la fe n e siedelte w ied e r in seine V a te r s t a d t ü b e r u n d w u r d e I 893 in d a s Z e n t r a lk o m i t e e des B a d is c h e n F r a u e n v e r e i n s b e ru fen , in d em er a l s G e s c h ä f t s ­ fü h re r der A b te i lu n g I I I (K ranken p f leg e ) b i s z u m s. U l ä r z 1 9 1 8 eine erfolgreiche T ä t ig k e i t en tfa lte te . J u l i u s E m m e l e , g eb o re n 1 8 3 0 in K o n s ta n z , ges torben a m 29 . D ezem ber. E r w u r d e 1 8 7 9 H a u p t l e h r e r , I 889 G e w e r b e ­ lehrer, 1 8 9 3 R e a l l e h r e r a m L e h r e r s e m in a r I I in K a r l s r u h e , 1 9 s 1 G berze ich en leh re r . L a n g e J a h r e w a r der V ers to rb en e S c h r i f t f ü h r e r des K a r l s r u h e r G e w e r b e v e r e in s , dessen Geschichte er v e r f a ß t h a t . Auch sonst t r a t er in W o r t u n d S c h r i f t f ü r den H a n d w e r k e r - u n d G ew erbes tand ein, in denen er d a s R ü c k g ra t des g e s a m te n w i r t ­ schaftlichen L eben s erblickte. X . Verschiedenes. N e u j a h r s w e ch se l v o llzo g sich im B erich tsjah re in I I der N a ch t v o m U lo n ta g , den 3 s . D ezem ber a u f D ie n sta g , den s . J a n u a r in ruh iger U ?eise; v o n dem in früheren J a h r e n o ft zu U n fu g a u sa rten d em L ärm und G ek n all a u f den S tr a ß e n w a r , w ie v erg a n g en es J a h r , kaum e tw a s zu vernehm en . A u f d a s feierliche L in lä u te n des neuen J a h r e s m uß te verzichtet w erd en ; die m eisten G locken w a ren ja a b g en o m m en und der A rm ee­ v e rw a ltu n g zur B e ifü g u n g gestellt. Z u m Ü b er g a n g in die S o m m e r z e i t , die auch im B er ich ts­ jahre w ieder e in gefü h rt w urde, hat m a n die U h ren u m 2 U h r in der N a ch t v o m s^s. zum s ä . A p r il a u f 3 U h r vorgestellt; in der N a ch t v o m sö . a u f den s 6 . S ep tem b er w urden sie v o n 3 a u f 2 U h r zurückgestellt. I n der L a n d e s b i b l i o t h e k hat sich die B ü ch ersam m lu n g im B erich tsja h re u m 3 ^ 9 ( s 9 s 7 : H 607) B ä n d e verm ehrt. S ie u m fa ß te a m Ia h r e ssc h lu ß einen B estan d v o n 2 ^ 0 5 5 3 (2 3 6 58-s) B ä n d e n . Druckschriften, U a r ten , Ulusikstücken und Blindendrucken nebst einer A r ie g s fa m m lu n g . D ie A b te ilu n g „B ad isch es S chrifttum " zählte a lle in 3 9 8 0 0 (38 7 3 8 ) B ä n d e , darunter f>373 (ßOßO) B ä n d e L e itu n g e n ; ih r Z u w a c h s beträgt s 0 6 2 (7 3 2 B ä n d e , darunter 2 8 5 (2 s 9) Z e itu n g e n . A u sg e lie h e n w urden 2 0 8 s 5 (2 s 0 3 5 ) B ä n d e , davon in der S ta d t A a r lsr u h e s 5 8 8 2 ( s 5 ß s O ) , nach a u s w ä r ts 6 9 5 3 ( 7 s 2 5 ) ; unter den letzteren in n erh a lb B a d e n s 6 5 3 5 (66-s6) B ä n d e . D er Lesesaal w a r an 5 5 5 (555) T a g e n geöffnet und von s 7 s 5 s ( s - s 7 7 5 ) fdersonen besucht, darunter 7 0 0 (707) w eibliche, D ie Besucher setzten sich a u s b loß en Lesern der Z eitschriften und — 2 3 5 — a u s wissenschaftlich A n le i te n d e n z u s a m m e n . Diese bestellten 4 3 2 8 (4207) B ä n d e u n d benutzten 2 s 5 ( s 7 0 ) eigene u n d s s (35) f rem de H an dsc h r i f ten ; auch w u r d e n s 3 ( 18) H an dsch ri f ten nach a u s w ä r t s ver liehen . A u t Rücksicht a u f die G a s s p e r r e w a r der Lesesaal n a c h ­ m i t t a g s b i s A u t l e F e b r u a r n u r b i s 5 U h r geöffnet. D a s V e r ­ zeichnis ü b e r den Z u g a n g s 9 s 8 erschien noch in der G e s t a l t der K riegsverzeichnisse ; d a s A u t o r e n - u n d S ach reg is te r ist weggelassen, die K rieg ssch r i f ten u n d die badische L i t e r a tu r sind in besonderen A b te i lu n g e n au sg e fü h r t . D e m G e n e r a l l a n d e s a r c h i v sind i m B e r i c h t s j a h r e 4 7 ( s y s 7 : 56 ) N u m m e r n durch E in l i e f e r u n g , A n k a u f , S ch enk ung , A b sc h r i f tn a h m e , p h o tog rap h isch e R e p ro d u k t io n u n d H in te r l e g u n g n eu zu g e g an ge n , u n te r denen sich die zahlre ichen Z u g ä n g e zu r badischen B i ld e r - u n d P l a n s a m m l u n g besonders h e rv o rh e b e n . D ie B e n ü tz u n g des A rc h iv s gestaltete sich w ie f o lg t : u) zu geschäftlichen Zw ecken s y (23) H of- , S t a a t s - , M i l i t ä r - , K i rc h e n - u n d G e m e in d e ­ behörden , sowie 4 (5) P r iv a tp e r s o n e n in 5 s (57) F ä l l e n ; zu w issen­ schaftlichen Zw ecken s 8 8 (20 5 ) P e r s o n e n in 3 8 s (445) F ä l l e n . I m ganzen b e t ru g som it die Z a h l der B e n ü tz e r 2 s s ( 2 5 s ) , die der B e n ü tz u n g e n 4 3 2 (50 2 ) . A n der B e n ü tz u n g zu geschäftlichen Zw ecken w a r e n ausschließlich badische (22) B e n ü tz e r bete il ig t . B e i der B e n ü tz u n g zu wissenschaftlichen Z w ecken entfielen sOY (ss.3) Besucher a u f B a d e n , 6 7 (73) a u f die ü b r ig e n B u n d e s s t a a t e n u n d s2 ( s 9) a u f d a s A u s l a n d . B e m e r k t sei, d a ß bei diesen Z a h l e n ­ a n g a b e n die d a s ganze J a h r h in d u rch d a u e rn d e n B e n ü tz u n g e n der in K a r l s r u h e anw esenden A rc h iv b e a m te n u n d H i l f s a r b e i t e r der Bad ischen historischen K o m m is s io n nicht m i t eingerechnet sind. D ie zahlreichen E r w e r b u n g e n , die i n i B e r i c h t s j a h r e v o n den G r o ß h e r z o g l i c h e n L a m m l u n g e n , jetzt S t a a t s ­ s a m m l u n g e n ( G e m ä ld e g a le r ie , K u pfe rs t ich kab ine t t , p las tische S a m m l u n g , S a m m l u n g e n f ü r A l t e r t u m s - u n d V ölkerkunde , K u n s t ­ g ew erbem useu m ) gem ach t w u rd e n , sowie die z u g e g a n g e n e n Geschenke sind i m einzelnen in der „ K a r l s r u h e r Z e i t u n g " N r . 42 v o m s6 . F e b r u a r s y s 9 au fg e zäh l t . U n te r den V o rs ta n d s m i tg l i e d e r n der badischen A n w a l t s ­ k a m m e r befinden sich, w ie i m M o n a t M a i veröffen tl ich t w u rd e , fo lgende R e c h t s a n w ä l te a u s K a r l s r u h e : O t t o Z u t t (Vorsitzender), — 236 — A l b e r t K u se l (stellv. Vorsitzender), O r . R ic h a rd Bieleseld (Schrif t ­ fü h re r ) , J u l i u s F ischer (stellv. S ch r i f t fü h re r ) , V r . E d u a r d Dietz, M t t o G u t m a n n , W i l h e l m H än d e l . M i t W i r k u n g v o m s . A u g u s t w u rd e die S t e u e r e i n ­ n e h m e r e i K a r l s r u h e - B e i e r t h e i m a u s g eh o b e n u n d m i t dem S te u e r ­ e inn eh m ere id iens t K a r l s r u h e - S t a d t v e re in ig t . A m 9 . N o v e m b e r legte E r n s t B ie le fe ld die k o n s u l a r i s c h e V e r t r e t u n g G s t e r r e i c h - U n g a r n s nieder . D a s D e n k m a l a u f d e m K a i s e r p l a t z t r u g w ie in f rü h e re n J a h r e n auch l 9 l 8 a m 2 2 . M ä r z , dem G e b u r t s t a g e K a i s e r W i l h e l m s I., K ranzschm uck m i t K o r n b l u m e n u n d Schleife, eine W i d m u n g des V e r b a n d e s der K r i e g s f r e iw i l l ig e n v o n s 8 7 0 /7 s. A m 17. A u g u s t , d e m G e b u r t s t a g des K a i s e r s K a r l t r u g e n die m il i tä r isch en G e b ä u d e , die Reichspost, d a s badische M i n i s t e r i u m des A u s w ä r t i g e n , d a s österreichisch-ungarische K o n s u la t u n d m e h re re jD r iv a th äu se r F laggenschm uck . ) n der S tep h a n sk ir c h e f a n d Festgo t tesd ienst m i t le g i t ie r tem H o c h a m t statt. A m 2 . S e p te m b e r , d e m S e d a n t a g e , t r u g e n die m il i tä r ischen G e b ä u d e F laggenschm uck . A n lä ß l i c h der V o l l e n d u n g des 6 0 . L e b e n s j a h r e s d e r K a i s e r i n a m 2 2 . G k to b e r h a t t e n die R e ichs- , S t a a t s - , G e m e in d e - u n d m il i tä r isch en G e b ä u d e gef lagg t . D ie B e sa tzu n g S . M . S . „ K a r l s r u h e " h a t der S t a d t v e r w a l t u n g durch F e rn sc h r i f t herzliche G lückw ünsche z u m n eu en J a h r gesandt. D ie W ü n sch e w u r d e n a u f s herzlichste e rw id e r t . A n lä ß l i c h der G r ü n d u n g s f e i e r der o r thopädischen A n s ta l t der U n iv e r s i t ä t H e ide lberg a m 5 . F e b r u a r e rh ie lten v o n der medizinischen F a k u l t ä t „ z u m D an k e f ü r die hochherzigen u n d v e r ­ dienstvollen S t i f t u n g e n " die E h r e n d o k to r w ü r d e G e h . K o m m e r z i e n r a t W i l h e l m L o r e n z , V r . i n § . u n d K o m m e r z i e n r a t M a i e r S t r a u ß , v o n der juristischen F a k u l t ä t G e h . G b e r r c g i e r u n g s r a t V i k t o r S c h w o e r e r , „d e r auch jetzt der S t i f t u n g der o r th o ­ pädischen A n s t a l t der U n iv e r s i t ä t H eide lbe rg erfolgreich die W e g e b ere i te t " hab e . D ie Technische Hochschule F r i d e r i c i a n a ve r l ieh dein derzeitigen D irek to r der A k ad e m ie der b i ldenden K ü n s te , P ro fe s s o r L u d w i g D i l l , gelegentlich seines 7 0 . G e b u r t s t a g e s „ w e g e n seiner h e r v o r ­ rag e n d en künstlerischen L eis tungen u n d in A n e r k e n n u n g seiner g r o ß e n V erdienste u m die E n tw ic k lu n g u n d F ö r d e r u n g des K u n s t a u s - s te l lungsw esens in D eu tsch land" die W ü r d e e in es D o k t o r - I n g e n i e u r s . D e in E h r e n b ü r g e r der S t a d t K a r l s r u h e , G e h . K o m m e r z i e n r a t F r i e d r i c h W o l f s , überre ichte der O b e r b ü r g e r m e is te r , in dessen B e g le i tu n g sich m e h re re S t a d t r ä t e b e fanden , a m j 3 . F e b r u a r , d em G e b u r t s t a g e des H e r r n W o lfs , den v o n P ro fe s s o r G ö h l e r künstlerisch gestalteten E h r e n b ü r g e r b r i e f . Z u g le ic h ü b e rm i t te l te der O b e r b ü r g e r ­ meister H e r r n W o l fs die herzlichsten G lückw ünsche seiner V a te r s ta d t . A m 2 3 . F e b r u a r w u rd e b ek a n n t gegeben, d a ß H a n s T h o v i a z u m M i t g l i e d der A k ad e m ie der K ü n s te in B e r l i n g e w ä h l t w o rd e n ist. A m 3 . M ä r z vollendete der M i n i s t e r des K u l t u s u n d U n te r r ichts, O r . W i l h e l m H ü b s c h , sein 7 0 . L e b e n s ja h r . A u s diesem A n l a ß ver l ieh i h m die S t a d t W e r t h e i m , sein G e b u r t s o r t , d a s E h re n b ü r g e r re c h t . D e r O b e r b ü r g e r m e i s t e r sprach d em J u b i l a r n a m e n s des S t a d t r a t e s die G lückw ünsche a u s . B i l d h a u e r u n d P ro fe sso r E . F . A l o e st dankte, w ie a u s der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m ch A p r i l berichtet w u rd e , in e in e m a n den O b e r b ü rg e r m e is te r gerichteten S ch re ib en f ü r die i h m n a m e n s der S t a d t v e r w a l t u n g zu seinem 8 0 . G e b u r t s f e s te d a rg e b ra ch te n G lückwünsche. D e m G e h . O b e r r e g i e r u n g s r a t V i k t o r S c h w o e r e r ü b e r ­ reichte a m 4. M a i der D ek a n der medizinischen F a k u l t ä t der U n iv e r s i t ä t F r e i b u r g in B e g le i t u n g v o n zwei P ro fe sso re n der F a k u l t ä t d a s D ip lo m eines E h r e n d o k to r s der M e d iz i n . A m 2 7 . J u l i feierte G e h e i m r a t E r n st M ü l l e r , G e n e r a l ­ sekretär des B ad ischen F r a u e n v e r e i n s seinen 7 0 . G e b u r t s t a g . D e r F r a u e n v e r e in l ieß i h m eine Adresse überre ichen u n t e r „ d a n k b a r e r W ü r d i g u n g der m anche r le i V erd ie n s te " , die sich der J u b i l a r u m den F ra u e n v e r e in e r w o rb e n habe . D e r O b e r b ü r g e r m e i s t e r h a t dem J u b i l a r n a m e n s der S t a d t v e r w a l t u n g u n d der B ü r g e r s c h a f t G lü ck ­ wünsche ausgesprochen . A m j 2 . A u g u s t b eg in g d a s „A d e l ig e D a m e n s t i f t zu K a r l s r u h e " eine stille F e ie r seines 2 0 0 j ä h r i g e n J u b i l ä u m s . D a s S t i f t w a r 258 a m 12. A u g u s t 1 7 1 8 durch letztwillige V e r f ü g u n g der G e m a h l i n des R e ic h s f r e ih e r rn v o n u n d zu M e n tz in g e n , M a r i a A m a l i a E l i s a b e th , geb. v o n B e t te n d o r f , b eg rü n d e t w o rd e n . E s ha t te u r sp rü n g l ic h seinen Ä tz in P f o r z h e im . I m J a h r e 1 8 5 9 erfolgte die Ü b e rs ie d lu n g nach K a r l s r u h e . A i n 19- O k t o b e r feierte F r e i h e r r L u d w i g B ö c k l i n v o n B ö c k l i n s a u , G e n e r a l der I n f a n t e r i e z. D . ä l a s u i t e des 4 . G a r d e - R e g i m e n t s zu F u ß , in a l le r S t i l l e i m K re ise seiner F a m i l i e den 8 0 . G e b u r t s t a g . A m 9- B e z e m b e r vollendete G e h . H o s r a t V r . R o b e r t G o l d s c h m i t sein 7 0 . L e b e n s ja h r . D e r O b e r b ü rg e r m e is te r h a t ih m , w ie a u s d e m S i tzu n g s b e r ich t des S t a d t r a t s v o m 12. m itge te i l t w u rd e „ n a m e n s der S t a d t v e r w a l t u n g beglückwünscht u n d dabe i der V erd ienste gedacht, die er sich a l s S ta d tv e r o rd n e te r u n d l a n g jä h r ig e r O b m a n n des geschäfts leitenden V o rs ta n d e s der S ta d tv e ro rd n e te n sowie a l s A r c h iv a r u n d Geschichtsschreiber der S t a d t K a r l s r u h e u m diese e r w o r b e n " hab e . D em G eh . O b e rr eg ie ru n g sr a t V r . V i k t o r S c h w o e r e r ist v o n der Technischen Hochschule, w ie a m 12 . D ezem ber m itg ete ilt w u rde, „ in dankbarer A n erk en n u n g der hervorragenden Verdienste u m die F ö rd eru n g der technischen W issenschaften, die er sich durch seine F ü rsorge für d a s F r id er ic ia n a erw orben" habe, die W ürde e in es D o k to r -I n g e n ie u r s ehrenhalber verliehen w orden. A n i 2 5 . D ez em b e r feierte V r . H a n s B u n t e , P ro fe sso r der chemischen T e c h n o lo g ie u n d D ire k to r des chemisch-technischen I n s t i t u t s der Technischen Hochschule, seinen 7 0 . G e b u r t s t a g . D ie Technische Hochschule in H a n n o v e r h a t dein J u b i l a r die W ü r d e e ines D ok to r- I n g e n i e u r s e h r e n h a lb e r ü b e r t r a g e n . D e m P rofessor des W a sserb au es a n der Technischen Hochschule F rid er ic ia n a , T h e o d o r R e h b o c k , hat die Technische Hochschule in M ü n c h e n an läß lich der F eier ih res 5 0 jäh rigen B esteh en s die W ü rd e e in es D ok tors der technischen W issenschaften ehrenhalber verlieh en . °) v erg l. die Denkschrift von Gberlehrer Benedikt Schwarz. — 259 — F o lg e n d e n städtischen B e a m t e n u n d A r b e i t e r n w u r d e „ in A n ­ erkenn un g 2 5 j ä h r i g e r t r eu geleisteter D iens te" die E h r e n u r k u n d e der S ta d tg e m e in d e v e r l i e h e n : D e in S ta d ts e k re tä r R o b e r t S o u l i e r , dein A lasch in is ten L e o n h a rd H a r t m a n n , dem technischen B e a m t e n A u g u s t H urs t , d em B u c h h a l t e r H e r m a n n S t r a u b , deni technischen B e a m t e n A a r l A e lle r , dem technischen B e a m t e n R ic h a rd A m tsch le r , dem A u fseh er J o h a n n F u c h s , den : S ek re ta r ia tsa ss is ten ten F r ie d r ich W a n k m ü l l e r , dem L a b o r a t o r iu m s d ie n e r F r i tz S te in , d e m S ch u ld ie n e r A t a r Rcetzger u n d d em B u rea u as s is te n ten F r ie d r ich S ch eu e rp f lu g . A u s d em S ta d t r a t s b e r i c h t v o m 2 8 . F e b r u a r : „ O b e r g e w e r b e - lehrer H D e n d e l i >i E d e r l e a n der hiesigen G ew erbeschu le ist a u f sein A nsuchen w eg e n vorgerückten A l t e r s in den R u h e s ta n d versetzt w orden . D e r S t a d t r a t spricht i h m a u s diesem A nlasse herzlichen D a n k f ü r seine l a n g jä h r ig e ersprießliche T ä t ig k e i t i m G ew erb e sch u l­ dienste u n d besondere A n e r k e n n u n g d a f ü r a u s , d a ß er trotz seines A l t e r s sich h a t bere it f inden lassen, u n te r den g e g e n w ä r t ig e n besonders schwierigen V erh ä l tn is se n die L e i tu n g der G ew erb eschu le f ü r den i m Felde stehenden B o r s t a n d zu ü b e r n e h m e n u n d b i s jetzt d n rch zu füh ren ." A u s den: S ta d t r a t s b e r i c h t v o n : s 8 . A p r i l : „ D ie O b e r l e h r e r W i l h e l m S c h u m a c h e r , G e o r g E g e l u n d F e r d i n a n d S t o f f e l sowie H a u p t l e h r e r H e i n r i c h B e c k k ö nn en in den nächsten T a g e n a u f eine flO j ä h r i g e T ä t ig k e i t i n : badischen S c h u l ­ dienst zurückblicken. D e r S t a d t r a t spricht ih n e n herzlichen G lü ck ­ w unsch u n d a u f r ich t ig en D a n k f ü r ih re in : Dienste der hiesigen Bolksschule geleistete segensreiche A r b e i t a u s . " A u s den : S ta d t r a t s b e r i c h t v o n : s c . O k t o b e r : „ O b e r l e h r e r J a k o b R i t z h a u p t begeh t in den nächsten T a g e n sein flO j ä h r i g e s D ie n s t ju b i l ä u m . D e r S t a d t r a t spricht den: J u b i l a r a u s diesen: A n l a ß herzlichen G lückw unsch a u s u n d d an k t i h n : zugleich f ü r die erfolgreiche A rb e i t , die er w ä h r e n d 3 6 f a h r e n i n : Dienste der hiesigen Bolksschule geleistet h a t . " A n : s6 . J a n u a r herrschte ein orkanartiger S t u r m , der zu großen S tö ru n g en in : Fernsprechverkehr führte . I m R h ein h a fen hat der S tu rm die Verladebrücke einer S p ed itio n sf irm a gegen die — 2^0 — beiden j)rellböcke gestoßen und sodann a u s der S icheru ng gew orfen . I m S ta d tte il D a x lan d en w a r f der S tu r m d a s U iesd ach eines S ta l l und R em iseg e lä n d es vo lls tä n d ig v o m G eb äud e herunter. I n der E tt lin g e r A llee w urde durch den S tu r m a m N a c h m itta g ein großer B a p p e lb a u m entw urzelt und quer über d a s G le is der A lb ta lb a h n zwischen B a h n h o f B e ier th e im und H altepunkt U le in R ü pp urr g ew orfen . A m 2 8 . F eb ru a r n a ch m itta g s e tw a u m 2 U h r entstand im U l u se u m s g e b ä u d e (Ecke der U a iser - und R itter S traß e) ein B r a n d , der bei dem herrschenden W in d e schnell einen solchen U m fa n g a n n a h m , daß die F eu erw eh r, die gleich nach 2 U h r a la rm ier t w orden w a r , ih n nicht b ew ä ltig en konnte und die F r e iw il l ig e F eu erw eh r herbeigeholt w urde. A uch U li l i tä r wurde herangezogen und die S tr a ß e n in der N ä h e der B randstätte abge­ sperrt. D a s F eu er w a r zuerst in der D achgliederung an der R itter S tr a ß e beobachtet, w o e s sich bald über den in der R ich tun g nach dem Z irk el h ingehenden T e il ausdehn te. D a der W in d später um schlug, verbreitete sich d a s F eu er über den ganzen Dachstuhl auch nach der U a ise r -S tra ß e h in . G eg e n h a lb o U h r schlugen die F la m m e n a u s dem zw eiten Stock und den Fenstern des U a ffe es in der R itter -S tr a ß e . jAötzlich stürzte d a s D achw erk in sich zusam m en. D a s F eü er breitete sich dan n über d a s ganze G eb äu d e a u s und ergriff hierbei auch den großen S a a l . E rst gegen A b en d w a r d as F euer sow eit b e w ä ltig t , d aß ein w e iteres U m g reifen nicht m ehr zu be­ fürchten w a r . Leider fiel auch ein U lenschenleben zum G p ser . D er F eu erw eh rm a n n A lo i s W eb er, w urde v o n einstürzendem G ebälk erschlagen. B ie l W e r tv o lle s w urde vernichtet, doch ist es ge lu ngen , einen stattlichen T e il der E in r ich tu n g en , nam entlich durch die T ä tig k e it des U l i l i t ä r s , in benachbarte G eb äu d e zu schaffen. D a s anstoßende kleinere H a u s in der R itter -S tra ß e w urde v o m F eu er nicht ergriffen , so daß die dort befindliche U kuseum sbib liothek erhalten b lieb . — E in ze ln e Z e itu n g e n m achten a u f den Z u fa l l aufm erksam , daß H ofschauspieler E s s e k gerade a m A b en d des 2 8 . im U k u seu m ssaa l die dram atische S zene „ D er B randstifter" v ortra g en w o llte . N a ch ein igen T a g e n m achte der B orstan d des U cu seu m s bekannt, daß den M itg lie d e r n der G esellschaft Lesesaal und S p ie l- — 2§s — Zim m er v o m s 4 . U l ä r z o b in den R ä u m e n des A ü n s t le rh a u se s w ieder geöffnet seien. A m 2 5 . U k ä rz n a c h n n t t a g s gegen ^ A h r b rach i m U la s c h in e n - h a u s ^ e i n e r Z i e g e l e i i m S t a d t t e i l D a r l a n d e n dadurch ein B r a n d a u s , d a ß die I s o l i e r u n g der D a m p f m a s c h in e F e u e r f ing . D e r D achstuh l des U casch inenh au ses , sowie w e r tv o l l e E in r i c h t u n g s g e g e n ­ stände w u rd e n durch den B r a n d zerstört. A m s. A u g u s t b rach in der S c h e u e r des A n w e s e n s R h e in - S t r a ß e Zs6 ein F e u e r a u s . D ie S ch eu e r ist z u m g r ö ß te n T e i l a u s g e b r a n n t . D a s d a r in lag ern de H eu , e t w a 2 5 Z e n t n e r , w u rd e vö l l ig vernichtet . A m s 8 . D ezem ber , a b e n d s gegen 8 U h r , en ts tand in e in em H i n t e r g e b ä u d e der R ü p p u r r e r S t r a ß e Y O u ein B r a n d . E i n m i t leicht b r e n n b a r e n S ach e n g efü l l te r S ch o p f w u rd e dabe i ein R a u b der F l a m m e n . D e m E in g r e i f e n der F e u e r w e h r e n g e l a n g es, in kurzer Z e i t die G e f a h r g r ö ß e r e r A u s d e h n u n g zu beseit igen. S e i t A n f a n g O k to b e r erschien d a s seitherige „ A a r l s r u h e r F r e m d e n b l a t t " u n te r dein N a m e n „R es id en z -A n ze ig e r" u n d d em U n te r t i te l „ A a r l s r u h e r F r e m d e n b l a t t , U o n z e r t - u n d T h e a t e r z e i t u n g " . D ie A a r l s r u h e r W a c h - u n d S ch l i e ß g e se I l sch a f t be­ r ich te t : I m J a h r e s y s 8 w u r d e n ä s 5 3 5 H a u s t ü r e n , 8 F a b r i k - bezw. L a g e r tü re n , s s B ü r o r ä u m e , s 6 L adenlokale , 2Y W ir t s c h a f te n un d 2Y F en s te r offen g e fu nden . 5Zs8 nu tz los b re n n e n d e Lichter w u rd e n festgestellt, 5 0 P e r s o n e n eingelassen, 5 fes tgenom m en , 4 H a u s ­ schlüssel gefunden , e i n m a l F e u e r entdeckt u n d gelöscht, 2 0 5 m a l P fe rd e a u s gefäh rl icher L age befre i t oder a n g e b u n d e n . 16 XI. 1. VorLräge. IN j ) a h r e l 9 s 8 fan d e n h ier , sow eit u n s b ek a n n t w u rd e , im V g an z en sös) V o r t r ä g e * ) u n d R e z i t a t i o n e n f s s t s r : s68) statt . D ie g rö ß te A a h l w ie s der M o n a t F e b r u a r a u f m i t 2-s. E s fo lg ten M a i m i t 2 3 , M ä r z m i t 2 0 , A p r i l m i t l 9 , Ä a n u a r m i t 8 , O k to b e r u n d D ezem b er m i t je sss, N o v e m b e r m i t 9, ^ n n i m i t 8, S e p t e m b e r m i t 5 , J u l i m i t 3 u n d A u g u s t m i t 2 V o r t r ä g e n . V o n den V o r t r a g e n d e n w a r e n 8 > a u s K a r l s r u h e , 2 5 g ehö r ten d e m ü b r ig e n B a d e n u n d 3 6 a n d e re n deutschen B u n d e s s ta a t e n a n , 4 w a r e n A u s l ä n d e r . B e i f > V o r t r ä g e n w a r der R e d n e r nicht g e n a n n t . M ir lassen ein V erzeichn is der V o rträ g e hier fo lg en : Ja n u a r s . Albert S e x a u e r : „D as Ich und das A ll". (Sonutagsseier der Freireligiösen G em einde.) „ e . Missionsdirektor D i p p e l au s B a s e l: „M issionssiege im lveltkrieg in unseren afrikanischen G ebieten." (M issionsvortrag in der evangel. Stadtkirche.) „ 7. „Unser S iegeszug in I ta l ie n vom Ison zo b is zum jdiave." M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ Unteroffizier Jacha: „Lügen und Schmähungen unserer Feinde." M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsvcrein.) „ iZ .u .20. Missionsdircktor G . M . S c h u b e r t au s M ünchen: „Die B e ­ deutung der O ffenbarung Joh an n es für unsere Zeit." (Ö ffent­ licher Dortrag.) „ z s . F . L . E n d r e s , ottomanischer M ajor a. D ., Kriegsberichterstatter a u s M ünchen: „Geist und S toff im Kriege." M it Lichtbildern. (Kaufmännischer Derein.) *) Dabei sind nur die unter X I, z verzeichneten, nicht die an anderen Stellen der Lhronik in Verbindung m it sonstigen Angaben erwähnten Dorträge und R ezitationen gezählt. — 2 ^ 3 — Januar (6 . S taa tsa n w a lt Hauptm ann d. R . K u e n z e r : „D ie Leibgrenadiere bei Lam bray." ((öffentlicher Dortrag zugunsten des B ad . H eim at­ dankes, O rtsausschuß K arlsruhe). „ Z7. v r . K arl M ü l l e r von A ugustenberg: „D as W ildseem oos bei K altenbronn in: Naturschutzgebiet." M it Lichtbildern. (Schwarz­ waldverein.) „ Z7.ii.2-Z. Professor K arl W i d i n e r : „D as deutsche W ohnhaus des M itte l­ alters und der Neuzeit." (Verein Volksbildung.) „ 20.11.27. Inc. G r e i n e r vonFrankfurt a . M . : „Der Brennpunkt der Lehre Luthers." (Kirchlich-positive V ereinigung.) „ 2-z. Stadtrat Or. Eduard D i e t z : „Don L arlos." (Arbeiterjugend.) „ 25. Professor Vr. K arl P r e i s e n da n z : „Jauberw esen und Aber­ glauben auf griechischen P apyri." (A ltertum sverein.) „ 27. Albert S e x a u e r : „D as Ich und das D u." (Sonntagsfeier der Freireligiösen G em einde.) „ 28. Spielleiter v r . R olf R o e n n c k e : „D as neue D ram a." (K auf­ männischer Verein.) „ zo . v r . W o h l m a n n s t c t t e r au s B e r lin : „G rundlagen der Er- nährungspolitik Deutschlands." (Öffentlicher Vortrag.) Februar z. G eh. Hofrat P rof. Or. O tto L e h m a n n : „Flüssige Kristalle und L . Haeckels Kristallfaden." (Naturwissenschaftl. Verein.) „ z , „Die geistige Fürsorge für die deutschen K riegsgefangenen im A usland." (Öffentlicher Vortrag.) „ 5. Stadtpfarrer Gö t z au s Heidelberg: „Die R eform ation im Rahm en der Kulturgeschichte." (E vangel. Verein für Stadtm ission.) „ zo. Hauptlehrerin A nna M ü l l e r : „ w a s soll aus unseren Töchtern werden?" (Öffentlicher Vortrag.) „ zz. „ v o n R ig a zur In s e l G esel." M it Lichtbildern. (Arbeiter­ bildungsverein.) „ Z2. F rl. M artha S c h m i d t : „Einheitsschule." (N ationaler Frauen­ dienst.) „ Z5. P rof. v r . lv i l ly H e l l p a ch: „Die W andlung der Seele nach den Vorstellungen des G laubens, des A berglaubens und der W issen­ schaft." (Kaufmännischer Verein.) „ Z5. v r . M ax S c h e l e r an s B e r lin : „Der kulturelle W iederaufbau E uropas. (Öffentlicher Vortrag.) „ z-z. Derselbe: „Deutschlands Sendung und der katholische Gedanke." (Öffentlicher Vortrag.) „ Z5. Derselbe: „W esen und Zukunft des K ap ita lism u s." (Ö ffent­ licher Vortrag.) „ Z-Z. Gberforstrat Baptist J ä g e r : „ vom W ald von: Schwarzwald." (Schwarzwaldverein.) „ z-z. Rechnuugsrat W ilhelm F r i e d e r i c h : „Geschichte der Ukraine." (Katholisches G esellenhaus.) 16 * - 2 ^ - Februar i s . Oberstadtrechnungsrat Alfred W e i l e r : „Die wirtschaftlichen A u f­ gaben der nächsten Zukunft." (G rtsverband der Beam tenvereine.) „ 16. Staatssekretär Dr. S o l s : „Der K rieg und die deutsche Mission in unseren Schutzgebieten." (Deutsche Kolonialgesellschaft, O rts­ gruppe.) „ ?7. Stadtpfarrer Friedrich in d e n l a n g : „Luther, der M ann der Öffentlichkeit." (Gottesdienstliche Versammlung des Evangel. B undes.) „ 1?. Professor Dr. R i e ß e r : „Heinrich Grätz." (Verein für jüdische Geschichte und Literatur.) 1?. Albert S e x a u e r : „D as Ich und das Selbst." (Freireligiöse G em einde.) „ 18. Generalsekretär v o s b e r g au s P osen : „Die Polenfrage im R ahm en unserer K riegsziele." (verband der Deutschtumsvereine.) „ 21. Frau K lara P h i l i p p au s Pforzheim und F rl. E lly S c h m i d t von hier: „Brennstoffersparnis und Kriegssammeldienst." (Ö ffent­ licher Vortrag des kathol. Frauenbundes.) „ 23. Städtischer Gartendirektor S c h e r e r : „Kriegergräber und Krieger­ ehrung." M it Lichtbildern. (Öffentlicher Vortrag der deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.) „ 2-1. Stadtpfarrer H u ß au s M annheim : „E influß der Reform ation auf das Schulwesen." (E vangel. B und.) „ 2-1. P farrer Dr. L i ß e n l ö f s e l au s R osenberg: „M elanchthons B edeutung für Schule und Kirche." (Öffentlicher Vortrag.) „ 27. Stadtrat Dr. Eduard D ie t z : „Reform der Städteordnung." (Sozialdemokratischer Verein.) „ 28. G eh . R a t Dr. Joseph H ä u ß n e r : „ w a s u n s der K rieg lehren soll?" (B ffen tl. Vortrag des R ationalen Frauendienstes.) M ärz 1. Rechnungsrat W ilhelm F r i e d e r i c h : „Die russische Kirche." (K athol. M ännerverein S t . Stephan.) „ z . Pfarrer Die. G ö b e l au s Reustadt i. Schw .: „Die Bedeutung des Propheten D aniel für nnsere Z eit." (Kirchlich-positive Ver­ ein igung.) „ 3 . M issionar A . W e i n e r t : „Tod und w a s dann?" (Öffentlicher Vortrag.) „ -1. „Deutschland an den Fronten und in der H eim at im -1. K riegs­ jahr." M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ 5. K aplan Richard D o l d : „D ie Einheitsschule." (Krenzbiindnis, Verein abstinenter K atholiken.) „ 6 . B e h r i n g e r au s S tu ttg a r t: „G ehaltssrage der kaufmännischen Angestellten." (Arbeitsgemeinschaft der kaufmännischen verbände, O rtsgruppe.) „ 7. Oberpostsekretär Friedrich R i k l a s : „Bodenreform ." (Bund der Kriegsbeschädigten ehemaliger K riegsteilnehm er, O rtsgruppe.) — 2H5 — M ä r z 10 . A lb e r t S e x a u e r : „ T o d u n d L e b e n ." ( F r e i r e l i g iö s e G e m e i n d e . ) „ i » . v r . m e l l . V o r t i s c h . v a n v l o t e n a u s K o r k : „ L h i n a d a s L a n d d er H o f f n u n g s i ir d e u tsc h e K u l t u r ." (Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ t t . S c h r i f t s t e l l e r in F r a u G t t i l i e S t e i u : „ D ic h tk u n s t v o m s ie b e n ­ j ä h r ig e n K r ie g b i s a u f u n s e r e Z e i t ." ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) „ 1 2 . P r o fe s s o r v r . E n g e lb e r t K r e b s a u s F r e i b u r g : „ D i e W ie d e r ­ g e b u r t d e s k ir c h lic h e n L e b e n s ." „ 1-1. G e h e im r a t P r o fe s s o r v r . K a r l E n g I e r : „ D e r n a t ü r l ic h e A u s g le ic h d e r S t o f f e u n d d er W e l t k r ie g ." ( V o l k s b i l d u n g s v e r e i n , ) „ i-p . „ S p a r s a m k e i t u n d E i n t e i l u n g im H a u s h a l t ." (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g im A r b e i t e r i n n e n h e im . ) „ 16 . P r o fe s s o r v r . L u g e n K ü h n e m a n n a u s B r e s l a u : „ D e u ts c h la n d u n d A m e r ik a im W e l t k r ie g ." ( K a u f m ä n n is c h e r V e r e i n . ) „ 1 7 . M is s io n a r A . W e i n e r t : „ W ie d e r s e h e n n a c h d e m T o d e ? W a n n u n d W o ? " (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g . ) „ 18 . R e c h t s a n w a l t G t t o H e i n s h e i m e r : „ D ie U k r a in e , L a n d u n d L e n te ." M i t L ic h tb i ld e r n ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) „ l y . F r a u P r o fe s s o r L a n g - K u n z a u s - S t u t t g a r t : „ D i e F r a u e n ­ k le id u n g n a ch d e m K r ie g e ." ( V e r e in f ü r d e u tsc h e F r a u e n k le id u n g u n d F r a u e n k u l t u r ) . „ 2 -1. A lb e r t S e x a u e r : „ W ir k lic h k e it u n d W a h r h e i t ." ( F r e i r e l i g iö s e G e m e in d e . ) „ 2 6 . „ D ie H e im s tä t t e d e s A n g e s t e l l t e n ." ( D e u t s c h n a t io n a le r H a n d l u n g s ­ g e h i l f e n - v e r b a n d . ) „ 3 1 . A lb e r t S e x a u e r : „ L h r i s t u s u n d w i r ." ( F r e i r e l i g iö s e G e m e in d e . ) A p r i l 3 . P f a r r e r W ü r z a u s B a s e l : „ M is s io n u n d P a s s io n ." (« Ö ffe n t­ lic h e r M is s io n s v o r t r a g i n d e r e v a n g e l . .S t a d t k i r c h e . „ -1. G b e r l e u t n a n t v r . M ü l l e r : „ D e r K r e i s l a u f d e r M i l l i a r d e n ." M i t L ic h tb i ld e r n . (« Ö ffe n tlic h e r V o r t r a g . ) „ 7 . K a r l w e l l e r s h a u s a u s B a r m e n : „ D ie A u f r ic h t u n g d e s K ö n i g ­ r e ic h s G o t t e s b r in g t d ie A u f e r s t e h u n g d e r T o t e n , b e id e s , der G e r e c h te n u n d U n g e r e c h t e n ." ( (Ö ffe n t l ic h e r V o r t r a g . ) „ 8 . M b e r i n g e n ie u r A d o l f G ö r g e r : „ E n g l a n d u n d F r a n k r e ic h - L a n d u n d L e u te ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n . ) „ i o . G e h . H o f r a t P r o f . v r . L u d w ig K l e i n : „ Z e i t g e m ä ß e W i l d ­ g e m ü s e u n d ih r e V e r w e r t u n g i n d er K r ie g s k ü c h e ." M i t L ic h t­ b i ld e r n . (« Ö ffe n tlic h e r V o r t r a g . ) „ i o S t a d t v e r o r d n e t e r L e o p o ld R ü c k e r t : „ E in d r ü c k e v o n m e in e r R e i s e a n d ie W e s t f r o n t ." ( S o z ia l d e m o k r a t . V e r e i n , F r a u e n ­ o r g a n i s a t io n . ) „ 12 . P r o fe s s o r I . G o n s e r a u s B e r l i n : „ E i n w ic h t ig e s K a p i t e l d er J u g e n d f ü r s o r g e u n d I u g e n d f l e g e i n G e g e n w a r t u n d Z u k u n f t ." (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g . ) — 2§6 — A p r i l l Z . H a u p t m a n n v o n U l e i s t : „ D ie S c h u tz tr u p p e i n D e u ts c h -V s ta fr ik a u n d d e r e n T ä t i g k e i t im K r i e g e , s o w i e e ig e n e E r le b n is s e w ä h r e n d d e s F e l d z u g s i n A f r ik a ." M i t L ic h tb i ld e r n . (D e u ts c h e r F r a u e n ­ v e r e in v o m R o t e n K r e u z f ü r d ie K o l o n i e n . ) „ z z . O r . K a r l B i t t e l : „ W i e b e k ä m p fe n w i r d ie W o h n u n g s n o t ? " ( (Ö ffe n t l ic h e r V o r t r a g . ) „ Z 4 . G a r n j s o n s p f a r r e r J ä g e r a u s R a s t a t t : „ K r ie g u n d G la u b e ." (K ir c h lic h - p o s it iv e V e r e i n i g u n g . ) „ z-z. R e c h n u n g s r a t W i l h e l m F r i e d e r i c h : „ D i e ru ssisch e K ir c h e ." ( K a t h o l . M ä u n e r v e r e i n „ B a d e n i a " , S t a d t t e i l M ü h l b u r g . ) „ > 4 . P e t e r B e r n h a r d S t e f f e n : „ W a s is t d e s D e u ts c h e n V a t e r la n d ? " ( K a t h o l . A r b e i t e r v e r e in d e r W e s t s ta d t .) „ Z S . P f a r r e r S a u l v o n G a l ln e u k ir c h e n : „ D ie e v a n g e lis c h e L ic b e s - t ä t i g k e i t i n (Ö sterre ich w ä h r e n d d e s W e l t k r i e g e s ." ( ( ö f f e n t l ic h e r v o r t r p g i n d e r S c h lo ß k ir c h e .) „ ( 5 . R e c h t s a n w a l t V t t o H e i n s h e i m e r : „ D e u ts c h la n d s A u f s t ie g u n d H u k u n f t ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e iu . ) „ Z S. F r l . A- R o m m e l , G b e r l e h r e r in a . D . : „ L e b e n u n d W ir k e n v o n H e le n e L a n g e ." ( N a t i o n a l e r F r a u e n d ie n s t . ) „ 2 3 . M is s io n a r A . w e i n e r t : „ Z2 y o u n d Z 3Z5 T a g e ." D a n . Z2 . ( ( ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ 2 5 . L a n d t a g s a b g e o r d n e t e r F r a n z J o s e p h W i t t e m a n n : „ D ie N e u - o r i e n f i e r u n g i n B a d e n ." ( K a t h o l . A r b e i t e r v e r e in d er S ü d s t a d t .) „ 2 8 . S t a d t p f a r r e r A u g u s t S t u m p f : „ B e s e e l t e A r b e i t ." ( K a t h o l . F r a u e n b u n d , Z w e i g v e r e i n K a r l s r u h e . ) „ 2 8 . A lb e r t S e x a u e r : „ F r ö m m ig k e i t u n d R e l i g i o n ." ( F r e i r . G e m e in d e . ) M a i Z. G b s t b a u le h r e r G e o r g T h i e m v o n A u g u s t e u b e r g : „ L o h n e n d e r G b s t b a u i m K le i n g a r t e n ." ( G a r t e n b a u v e r e in . ) „ 2 . M is s io n a r V i e l h a u e r z . Z t . in R i n t h e i m : „ K r ie g s e r le b n is s e i n d?r K a m e r u n - M i s s io n ." ( ( ö f f e n t l i c h e r M is s io n s v o r t r a g im S t a d t t e i l B e i e r t h e i m . ) „ 2 . R a b b i n e r O r . V . K u r r e i n : „ I n t e r e s s a n t e R e l ig io n s g e s p r ä c h e ." ( V e r e in f ü r jü d is c h e G e sc h ic h te u n d L i t e r a t u r . ) „ 3 . P r o fe s s o r O r . R ic h a r d L o s s e n : „ A n f ä n g e v o n L a n d e s k ir c h e n tn m v o r d e r R e f o r m a t i o n ." ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) „ s . „ E l s a ß - L o t h r in g e n , d a s K r i e g s z i e l u n s e r e r F e in d e ." M i t L ic h t­ b i ld e r n . ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) „ 8 . G e h . H o f r a t E d m u n d R e b m a n n : „ E r le b n is s e a n d e r W e s t f r o n t ." ( K a u f m ä n n is c h e r V e r e in f ü r w e ib l ic h e A n g e s t e l l t e . ) „ y . P . I . G . B a l z e r e i t a u s K i e l : „ G i b t e s e in e n G o t t ? W a r u m l ä ß t G o t t d a s B ö s e z u ? " ( ( ö f f e n t l ic h e r V o r t r a g . ) „ z o . O r . v o n S t a d e n a u s B e r l i n : „ I n d i e n u n d d a s b r it is c h e W e l t ­ r e ic h ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( V e r e in f ü r d a s D e u t s c h tu m im A u s ­ la n d , F r a u e n o r t s g r u p p e . ) — 2^7 — M a i 12 . P f a r r e r O ic . G ö b e l a u s N e u s t a d t i . S c h w . : „ G r u n d l a g e n u n d G r u n d g e d a n k e n d er B f f e n b a r u n g J o h a n n i s . " (K ir c h lic h - p o s it iv e V e r e i n i g u n g . ) „ 1 2 . M a j o r W a l t e r S c h m i d t : „ D ie m i l i t ä r i s c h e L a g e ." M i t L ic h t­ b i ld e r n . ( E v a n g e l . M ä n n e r v e r e in d e r S ü d s t a d t . ) „ 1 3 . G b e r i n g e n i e n r R a h a u s M a n n h e i m : „ V e r w e r t u n g d e r B r e n n ­ sto ffe ." ( V e r e in d e u tsc h e r I n g e n i e u r e , B e z i r k s v e r e in K a r l s r u h e . ) „ 1 3 . F r e g a t t e n k a p i t ä n N e r g e r , K o m m a n d o n t S . M . S . W o l f : „ D ie K r i e g s f a h r t ." (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g z u G u n s t e n d e s L a n d e s ­ v e r e i n s v o m R o t e n K r e u z . ) M a i i s . u . 16 . F r a u D e k a n G d e n w a l d a u s R o h r b a c h : „ D ie s it t l ic h e N o t im F e ld e ." ( G f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) M ai 21 . August L e o n h a r d t a u s Düsseldorf: „Ziele und Zwecke des Deutschen W erkm eister-Verbandes." (Deutscher werkm eister­ verband, Bezirksverein K arlsruhe.) „ 2 1 . H e r m a n n B u r t e : „ E m i l G ö t t ." ( G f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) M a i 2 - l . u . 2 S . F r a u L u is e K a u t z : „ U n s e r e L e b e n s m i t t e lh a l t u n g im -1. K r i e g s ­ j a h r e . E r f a h r u n g e n m i t L r sa tz v e r s c h lü s s e n u . a ." ( Z w e i ö f f e n t ­ lic h e L in k o c h v o r t r ä g e .) „ 2 7 . O r . m e d . H e r m a n n p a u l l : „ D i e s it t l ic h e N o t u n s e r e r Z e i t ." ( K a t h o l . F r a u e n b u n d , Z w e i g v e r e i n K a r l s r u h e , M u t t e r - A b e n d . ) „ 2 8 . F r a u F r i e d a M ü l l e r a u s S t r a ß b u r g : „ D i e G e h a l t s f r a g e d er V e r k ä u f e r in n e n ." ( G f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ 2 g . P r o fe s s o r Or. L u s c h i n g a n s W i e n : „ « Ö sterre ich s k n n stg esc h ic h t- lic h e E n t w ic k lu n g ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( K u u s t g e w e r b e v e r e in . ) „ 2 g . P r o fe s s o r O r . L e o U b b e l o h d e : „ T e x t i l - E r s a t z s t o f f e ." (« Ö ffe n t­ lic h e r V o r t r a g z u G u n s t e n d e s R o t e n K r e u z e s . ) „ 3 0 . G e is t l . R a t O r . J o s e p h S c h o f e r : „ D i e S e e l s o r g e im F e ld e ." ( K a t h o l . M ä n u e r v e r e in d er G s t s t a d t . ) J u n i 2 . M is s io n a r v i e l h a u e r : „ K ä m p f e E n g l a n d s g e g e n d ie B a s l e r M is s io n ." (« Ö ffe n tlich er g o t t e s d i e n s t l . V o r t r a g i n d e r e v a n g e l . K ir c h e d e s S t a d t t e i l s R i n t h e i m . ) „ 3 . O r . m e d . H e r m a n n P a u l l : „ D ie s it t l ic h e N o t u n s e r e r Z e i t ." ( K a t h o l . F r a u e n b u n d . ) „ S . K a u f m a n n F r a n z B e i l : „ A l t - K a r l s r u h e r A u s s p r ü c h e u n d A n e k ­ d o t e n ." ( G a r t e n b a u v e r e iu . ) „ 1 3 . W i l l i G r a b : „ D i e i s m o n a t i g e K r ie g s s a h r t S . M . S . M o l s ." ( K a t h o l . M ä n n e r v e r e in d e s S t a d t t e i l s M ü h l b u r g . ) „ 1 3 . V b e r p o s t s e k r e tä r N i k l a s : „ K r ie g e r h e im s t ä t t e n ." (R e ic h s b u n d d er K r ie g s b e s c h ä d ig t e n u n d e h e m a l . K r i e g s t e i l n e h m e r , V r t s g r u p x e . „ 2 3 . F r a u D e k a n D d e u w a l d a u s R o h r b a c h : „ M u t t e r u n d S i t t l i c h k e i t ." (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g . ) „ 2S. Or. M ax M a u r e n b r e c h e r au s W eim a r: „volksgewissen oder Weltgewissen." (V aterlandspartei.) - 2^8 — J u n i 2 8 . E r b : „ M o s a is c h e W e l t s c h ö p f u n g s l e h r c u n d m o d e r n e W e l t ­ a n s c h a u u n g ." ( V e r e in N a t u r f r e u n d e . ) J u l i s . F r e ih e r r v o n E n g e l h a r d t a u s M ü n c h e n : „ D a s b a lt isc h e D e u ts c h tu m ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ 8 . S t a d t p f a r r e r A u g u s t S t u m p f : „ M u t t e r u n d T o c h te r ." ( K a t h o l . F r a u e n b u n d , Z w e i g v e r e i n . ) „ ( 3 . F r ä u l p in K ä t h e S c h i n s k y a u s H e id e lb e r g : „ D e r w ir ts c h a f t l ic h e A u f b a u n a c h d e m K r ie g e » n d d ie i n t e r n a t i o n a l e D e c k u n g der K r ie g r k o s t e n a l s K r ie g s e n t s c h ä d i g u n g ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g z u G u n s t e n d e s F r a u e n b u n d e s d e s D e u ts c h e n L u f t f l o t t e n v e r e in s . ) A u g u s t t - E r w i n M e h n e : „ W e r t d e r K a n in c h e n z u c h t ." M i t L ic h tb i ld e r n . „ M is s io n a r S t o l z : „ D a s R e ic h G o t t e s in d e r H e id e n w e l t ." S e p t e m b e r 4 . A p o t h e k e r L . H . w e l c k e r : „ A r z n e ip f la n z e n ." ( G a r t e n b a u v e r e in . ) „ 5 . H o s s c h a u s p ie le r M a x S c h n e i d e r : „ A l l e r l e i ü b e r R o tk e h lc h e n ." ( V e r e in v o n V o g e l f r e u n d e n .) „ 2 2 . W . M . B o r n g r ä d e r a u s W i e s b a d e n : „ B r e n n e n d e F r a g e n g e sc h le c h tl ic h e r S i t t l i c h k e i t ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g f ü r M ä n n e r . ) „ 2 3 . R i t t in e i s t e r F r e ih e r r v o n L e r s n e r : „ M e i n e E r le b n is s e in fr a n z ö s isc h e r K r ie g s g e f a n g e n s c h a f t ." ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) „ 2y . A lb e r t S e x a u e r : „ K r ie g u n d R e l i g i o n . " ( F r e i r e l i g i ö s e G e m e i n d e . ) V k t o b e r 2 . G e h . H o f r a t P r o f . V r . L u d w ig K l e i n : „ D ie p i lz s c h ä tz e d e s H e r b s t e s ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( G a r t e n b a u v e r e i n . ) „ 2 . P f a r r e r L a n g e a u s B e r l i n : „ K u r la n d f a h r t ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( V a t e r l a n d s p a r t e i . ) „ s . „ G e f lü g e lz u c h t ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( K l e in t ie r z u c h t - V e r b a n d .) „ 8 . E r ic h S c h e u r m a n n : „ E i n e u n f r e i w i l l i g e R e i s e u m d ie E r d e i n K r i e g s z e i t ." ( V e r e in V o lk s b i ld u n g . ) „ 8 . G e w e r b e - I n s p e k t o r R e g ie r u n g s b a u m e i s t e r E d u a r d L m e l e : „ G e w e r b e a u f s ic h t u n d S c h u tz m a ß n a h m e n f ü r d ie A r b e it e r in g e w e r b l i c h e n B e t r i e b e n ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( V e r e in deutscher I n g e n i e u r e , B e z i r k s v e r e in K a r l s r u h e . ) „ z o . P r o fe s s o r O r . R ic h a r d L o s s e n : „ D e r w ir t s c h a f t l ic h e A u f s c h w u n g D e u t s c h la n d s n a c h t 8 7 0 u n d E n g l a n d ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ — 13. Albert S e x a u e r : „p o litik u n d R elig ion ." (FreireligiöseG em einde.) „ ( 3 , P r o fe s s o r v r . N i e b e r g a l l a u s H e id e lb e r g : „ D i e R e f o r m d e s R e l i g i o n s u n t e r r i c h t s ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ z s . E r w i n D i e m e r : „ D ie A m s e l f r a g e ." (T ie r s c h u t z v e r e in .) „ 2 0 . „ W a s s o l le n w i r g la u b e n ? " ( Ö f f e n t l i c h e r r e l ig iö s e r V o r t r a g . ) „ 2 7 . A lb e r t S e x a u e r : „ S t a a t u n d R e l i g i o n . " ( F r e i r e l i g i ö s e G e m e i n d e . ) „ 2 7 . P r e d ig e r W . S c h ä f e r : „ W o h n t G o t t b e i M e n s c h e n ? " ( Ö f f e n t ­ lic h e r V o r t r a g . ) „ 2 8 . F r it z D r o o p a u s M a n n h e i m : „ H e r m a n n B u r t e . " ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) ,, zo. V r . R o l f R ö n n e k e : „ M o d e r n e L it e r a t u r " I . ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) - 2 ^ - N o v e m b e r 5 . K a p l a n E i s s l e r a u s P f o r z h e i m : „ D i e D i c h t e r i n H a n d e l - M a z e t t i ." ( V e r e in a b s t in e n te r K a t h o l ik e n . ) „ s . H o fg a r te n d ir e k to r L e o p o ld G r ä b e n e r : „ E r f a h r u n g e n im K r i e g s ­ g e m ü s e b a u ." ( G a r t e n b a u v e r e i n . ) „ ( 0 . A lb e r t S e x a u e r : „ W ir t s c h a f t u n d R e l i g i o n . " ( F r e i r e l i g iö s e G e m e in d e . ) „ x o . P . S c h i r r m e i s t e r a u s B e r l i n : „ W i e e r h a l t e » w i r u n s g e s u n d u n d a r b e i t s f ä h i g trotz K r i e g s e r n ä h r u n g u n d N o t ?" ( N a t u r h e i l v e r e i n . ) „ « 7 . A lb e r t S e x a u e r : „ F r e ih e i t u n d R e l i g i o n . " ( F r e i r e l i g . G e m e in d e . ) „ z y . W i l l y A l t e n d o r s : „ D e u ts c h e S e e l e , d e u tsc h e s R i n g e n . " ( ( ö f f e n t ­ lic h e r V o r t r a g . ) „ 2 0 . v r . R o l f R ö n n e k e : „ M o d e r n e L i t e r a t u r , I I . I b s e n . " ( « ö f f e n t ­ lic h e r V o r t r a g . ) „ 2 Z . v r . K n u d A h l b o r n a u s M ü n c h e n : „ D ie J u g e n d im n e u e n V o lk s s t a a t ." (« Ö ffe n tlic h e r V o r t r a g . ) „ 2 7 . v r . R o l f R ö n n e k e : „ M o d e r n e L i t e r a t u r , I I I . G e r h a r d H a u p t - m a n n ." (« ö f fe n t l ic h e r V o r t r a g . ) D e z e m b e r >. A lb e r t S e x a u e r : „ W ir t s c h a f t u n d R e l i g i o n . " ( F r e i r e l i g iö s e G e m e in d e . ) „ z . „ D e r A n t ic h r is t ." ( ( ( ö f f e n t l ic h e r V o r t r a g . ) „ 2 . R e c h n u n g s r a t W i l h e l m F r i e d e r i c h : „ D i e L a g e im e n g e r e n u n d w e i t e r e n V a t e r la n d ." ( K a t h o l . M ä n n c r v e r e i n d e s S t a d t t e i l s B e i e r t h e i m . ) „ s . K a p l a n R ic h a r d D o l d : „ W i e w ir d m a n e in L h a r a k t e r ." ( V e r e in a b s t in e n te r K a t h o l ik e n . ) „ -x. P r o s . v r . W a l t e r N a y : „ B a u , L e b e n s w e i s e u n d w ir t s c h a f t l ic h e B e d e u t u n g d e s R e g e n w u r m s . " ( G a r t e n b a u v e r e i n . ) „ z o . F r a u M a r i a n n e W e b e r a u s H e id e lb e r g : „ D i e B e d e u t u n g d e s F r a u e n s t im m r e c h t s u n d d a s W e s e n d er p o li t is c h e n P a r t e i e n ." (« ö f fe n t l ic h e r V o r t r a g . ) „ x z . P r o fe s s o r K a r l W i d m e r : „ K u n s t u n d R e v o l u t i o n ." ( D e m o ­ k ra tisch er V e r e in . ) , . x z . P f a r r e r H e r r m a n n a u s W i l f e r d i n g e n : „ K ir c h lic h e Z u k u n f t s ­ s o r g e n u n d - a u f g a b e n ." (K ir c h lic h - p o s it iv e V e r e i n i g u n g . ) „ x 5 . W o f in d d ie T o t e n ? " (« ö f f e n t l ic h e r r e l ig iö s e r V o r t r a g . ) „ Z 7. I u s t iz s e k r e t ä r A d o l f K ü h n : „ G e g e n w a r t s - u n d Z u k u n f t s f r a g e n ." ( F i d e l i t a s , V e r e in k a t h o l . K a u f l e u t e u n d B e a m t e n . ) „ « q . R e c h t s a n w a l t v r . J u l i u s R o s e n f e l d : „ G e g e n w a r t s f r a g e n d e s jü d is c h e n V o lk e s ." (Z io n is t i s c h e (O r t s g r u p p e K a r l s r u h e . ) „ 2 0 . S t a d t p f a r r e r A u g u s t S t u m p f : „ D r in g e n d e Z e i t f r a g e n . " ( K a t h o l . F r a u e n b u n d , Z w e ig s t e l l e K a r l s r u h e . ) „ 2 2 . A lb e r t S e x a u e r : „ D e r u n b e k a n n t e G o t t . " ( F r e i r e l i g . G e m e in d e . ) „ 2Z. V r . K a r l B i t t e I : „ D i e L e h r e n d er R e v o l u t i o n v o n Z8 -Z8/H9 ." (Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) 2. Werke K arlsruher Schriftsteller. A m m a n n , D r . , R e c h t s r a t . D e r S c h u tz d e r M i e t e r im K r i e g , a u f G r u n d d e r n e u e r e n B u n d e s r a t s v e r o r d n u n g e n b e a r b e it e t . B a b o , E r i k a , F r e i i n v o n . K r ie g s t a g e b u c h e in e r b a d isc h e n S c h w e s t e r , l f e r a u s - g e g e b e n v o m B a d is c h e n F r a u c n v e r e in . D e v i n , A d o l f , D r . in Z . W ir t s c h a f t l i c h e B e t r i e b s » u n d v e r w a l t u n g s f r a g e n . D o l l , D r . K a r l , k s o s r a t . D i e h ä u s l ic h e K r a n k e n p f le g e b e i a n s te c k e n d e n K r a n k ­ h e i t e n . F r a n k e n b e r g , E g b e r t v o n . T h e a te r k u n s t i n K a r l s r u h e . - G o l d s chm i t , Dr. R o b e r t , S t u d i e n r a t . G e sc h ic h te d er b a d isc h e n V e r f a s s u n g s ­ u r k u n d e . b s e s s e l b a c h e r , K a r l , S t a d t p s a r r e r . T r e u a u s d e m P o s t e n . I u n g m a n n , L u d w ig , B a u p t l e h r e r . D e r W e l t k r ie g . K n r z g e s a ß t e D a r s te l lu n g f ü r S c h u le u n d b s a u s . L a u t e r , A n n a . G r o ß h e r z o g in L u is e v o n B a d e n u n d ih r e W ir k s a m k e it im W e lt k r ie g . L a y h , K a r l . D i e R e l i e f a r b e i t e n v o n P r o fe s s o r R u d o l f M e y e r in K a r l s r u h e . S o n d e r a b d r u c k a u s d er F r a n k f u r t e r M ü n z z e i t u n g . M e r k , D r . W a l t e r . B a d is c h e s G e m a r k u n g s r e c h t , m i t b e s o n d e r e r B e r ü c k s ic h t ig u n g d e r E in g e m e i n d u n g e n . M i t t e i l u n g e n d e s d e u tsc h e n F o r s c h u n g s in s t i t u t s f ü r T e x t i l s t o f f e . J a h r g a n g I. M b s e r , Dr. K a r l , G e h . R a t . B e i t r ä g e z u r B a u g e s c h ic h t e d e s K lo s t e r s F r a u e n a l b , in s b e s o n d e r e im Z e i t a l t e r d e s B a r o c k . D e r s e lb e . L i n e R h e in la u f k a r t e v o m J a h r e s s s - o . S o n d e r a b d r u c k d e r M a n n ­ h e im e r G e s c h ic h t s b lä t t e r . R e i c h e n b e r g e r , D r . S i g m u n d , P r o f e s s o r . D a s K a r l s r u h e r M ä d c h e n ­ g y m n a s iu m i n s e in e n e r s te n 2 5 J a h r e n Z8 9 Z— Z y l « - R ö d e r , A d a m . K o n s e r v a t iv e Z u k u n f t s p o l i t ik . R ö t i n g e r , K a r l . Ü b e r d ie G r u n d f r a g e n d e s G e m e in d e s t e u e r w e s e n s u n d d ie S t e u e r b e s c h w e r d e n d e r G r u n d - u n d B a u s b e s i t z e r . S c h w a r z , B e n e d ik t . G e sc h ic h te d e s e v a n g e l i s c h - w e l t l i c h e n K r a ic h g a u is c h e n A d e l ig e n D a m e n s t i f t e s . S t ö c k e r , D r . A u g u s t , R e g i e r u n g s r a t , K r ie g s h in t e r b l i e b e n e n f ü r s o r g e . S t ü r z e n a c k e r , A u g u s t , G b e r b a u r a t u n d P r o f e s s o r . D a s K u r h a u s in B a d e n - B a d e n u n d d essen N e u b a u 1 9 Z2 — l d l ? - T h o m a , D r . k s a n s . S e l i g k e i t n a c h W i r r w a h n s z e i t . T e i l I I . D e r z w isc h e n Z e i t u n d E w i g k e i t f la t t e r n d e n S e e l e . — 25s - Beilage I. Schülerzahl K arlsruher Schulen. Schuljahr l . S täd t ische S chu len . 1 9 1 6 /1 7 ') 1 9 1 7 /1 8 -) G oeth esch u le .................................................................... 688 680 2. H u m b old tsch u le .............................................................. 425'-) 481 ') z. V b e r r e a ls c h u le .............................................................. 4 9 1 ' ) 5 6 0 ' ) q. R ealsch u le.......................................................................... 394 ») 458 -) 5. L essingschu le.................................................................... 609 6 7 5 °) 6. F ic h te s c h u le 837 °) 837 °) 7. G e w e r b e s c h u le 1560 ') 2575 ') 8. Dem Rektorat unterstellte Schulen: -) Erweiterte K n ab en sch u le..................................... 6 315 6 076 b) Erweiterte M ä d c h e n s c h u le ............................... 7 1 1 3 6 803 c) Hilfsschule für K n a b e n ..................................... 137 136 <t) Hilfsschule für M ä d c h e n ..................................... 140 132 e) K nabenvorschule.................................................... ... 1 062 1 0 0 4 °) k) Bürgerschule . . . . . . 754 792 8) Töchterschule.............................................................. 1 659 ») 1 731 °) b) K nabenfortbildungsschule..................................... 771 743 i) M ä d ch en fo rtb ild u u g ssch u le 792 697 Ic) Sophienschule.............................................................. 175 128 Zusam m en s .— Ic. . . 18 918 18 242 *) D ie Z a h le n beziehen sich, w en n nichts an d e res bem erkt ist, a u f den S ta n d a in Schlüsse des S chuljahres. 2) S ta n d am 46. I u n i 4947 , bezw. 16. I u n i 4 9 4 8 . 3) S ta n d am 4 . J u l i 494?, bezw. 4 . J u l i 4948. 4) S ta n d a m 4 6 . I u n i 4947, bezw. 4 6 . I u n i 4 9 4 8 . L) S ta n d a m 4 . J u l i 4948. V on den 675 Schülerinnen besuchten 4-44 (4946/47: 448) d as M ädchengym nasium . v) S tan d am 4 . J u l i 4947, bezw. 4 . J u l i 4 9 4 8 . 7) S tan d a m 4 . Dezember 4947 bezw . 4 . D ezem ber 4 9 4 8 . v) IV . Alasse a m 3 4 . J u l i aufgelöst. v) D avon besuchten 52 (4946/47 : 73) die Selekta der Töchterschule. — 2 ä 2 — Schuljahr II. S ta a t l i c h e S c h u le n . 1916/17 1917/18 y Akademie der bildenden K ü n s t e ... 29 20 10. B a n g e w e r k e sc h n le ..................................... 6 0 ' ) 4 7 ') 1) . G y m n a s iu m 496 483 12. K uustgcw erbeschulc 103 120 12. Lehrerseminar I ............................................. 56 74 14. Lehrerseminar II . . ........................... 49 52 15. Übungsschule des Lehrersem inars I . . . . 130 128 IS. Übungsschule des Lehrerseminars I I . . . . 146 162 1?. L e h r e r in u e n s e m iu a r 91 91 III. S ch u len des B a d isch en F r a u en v er e in s . > 8. Frauenarbeitsschnlc............................................................. I 606 H l 319 ") 19. H aushaltungsschule des Friedrichsstiftes . . 20 20 20. Haushaltnngsschule (H crreu-Straße 29) . . . 58 68 21. Jndustriekurse zur A usbildung von H ausarbeits- leh rerin n en : a) an V o lk ssch u len .......................... 75 67 b) an höheren Mädchenschulen . . . . 18 26 22. Schule für Kunststickerei . . . . . . . . 53") 23") 22. S em inar zur A usbildung von H au sh altnn gs- l e h r e r i n n e n ............................................. 24 24 24. H andelsschule................................................... 39 40 IV . p r iv a tsc h u le n . 25. Konservatorium für M u s i k .......................................... 904 H 1 040H 26. Muuz'sches K o n ser v a to r iu m .......................................... 797 1 0 1 0 " ) 27. P ädagogium (Schmidt und M e h l) . . . . 110 84 28. v ik to r ia sch u le ................................................................... 273 274 29. V ik to r ia p e n s io u a t .............................. 59 62 *) B ei B e g in n des W intersem esters 1916/17. 2) G esam tzah l a u s verschiedenen M onatskursen . 3) D av o n 13 in« großen R u rs (10 im V o rjah re) und 10 (Ha) im kleinen. D av o n 789 (1916/17 623) eigentliche Schüler, 215 <20l) G äste un d 36 (35 R in d er, ö) D a ru n te r 18 R in d er. d) D ie frü h e r a n dieser S te lle e rw äh n te vorbereitungsschule (A. Zecht) ist von h ier w egverlegt. — 255 — V . Ü bersicht über den B esuch der T echnischen H ochschule im W intersem ester s 9 s 7 / s 8 . wr- dentl. ordentl. ganze» A llgem eine A b te ilu n g ............................................................. ...... 41 41 A bteilung für A r c h it e k tu r .............................................................. 110 23 133 Abteilung für Z n gen ieu rw esen ....................................................... 212 9 221 Abteilung für M asch inenw esen ................................................. 276 42 318 A bteilung für E le k tr o te c h n ik ................................................. 81 12 93 Abteilung für L h e m ie .......................................................................... 130 5 135 Abteilung für F o r s t w e s e n .............................................................. 19 — 19 869 91 960 G ä s t e ............................................................................................ — — , 108 Z u s a m m e n ............................................................. 1068 D avon w aren beurlanbt, w eil im Felde stehend . . 762 81 843 M ithin haben an den Vorlesungen teilgenom m en . . . 107 10 225 U n te r den im m a tr ik u l ie r te n s tu d ie r e n d e n b e fa n d e n sich s s D a m e n , u n te r den G ä s te n 6 5 . U n te r den s t D a m e n g eh ö rte n 2 der a llg em e in e n A b te i lu n g a n , je eine D a m e d er A rc h ite k tu r u n d der E lek tro techn ik u n d 7 D a m e n d er T h e m ie . U n te r den 9 6 0 s tu d ie re n d e n w a re n ^ 7 0 a u s B a d e n , HsH a u s den ü b r ig e n deutschen B u n d e s s ta a te n u n d 7 6 a u s a u ß e rd eu tsc h en L ä n d e rn , v o n den letzteren a b e r n u r 5 2 v o lla n w e se n d . D a s S o m m e rse m e s te r s 9 s 8 b rac h te , w ie v o n dem S e k r e ta r ia t d e r T echn ischen H ochschule m itg e te ilt w u rd e , n u r unb ed eu ten d e V e rä n d e ru n g e n in dem B esuch . B eilage II. Statistik der Vevötkerungsvorgänge 1918. E s starben in den einzelnen M onaten *) T o d e s u r s a c h e n Ja n u ar F eb ru ar -8 L A pr il Ju n i A ug us t iri O kt ob er c!Q Z u - sa m m en i Angeborene Lebeusschwäche 5 5 7 3 11 1 6 4 6 9 9 4 70 2 A lterssch w äch e......................... 8 4 11 4 9 6 7 5 4 4 12 9 83 3 K in d b e ttf ie b e r ......................... — 1 — — — — 1 2 — — 3 — 7 4 Andere F olgen der G eburt und Schwangerschaft . . 2 1 1 1 1 6 5 Scharlach ..................................... 4 2 1 — 7 6 M asern und R öteln . . . — — — — 1 1 1 — — — — 3 7 Diphtherie und Krupp . . 10 3 2 1 — 1 2 2 4 — 2 2 29 8 K euchhusten............................... — — 2 — — 1 3 3 1 2 3 1 16 9 T yphus (ausschließlich P a r a ­ typhus) ............................... 1 1 1 1 4 10 Akuter G elenkrheum atism us — — — 1 — — — — — — — — 1 11 Übertragbare Tierkrankheit. — — — — — — — — — 1 — — 1 12 R o s e ........................................... — — — 1 1 1 1 1 — 1 1 3 10 13 Starrkram pf............................... — — — — — l — — 1 — — 1 3 14 B lu tv e r g if tü n g ......................... — — — 2 — 3 1 2 — 1 — 1 10 15 Tuberkulose der Lungen 29 24 25 23 35 21 27 14 11 32 21 28 290 16 Tuberkulose anderer O rgane (auch Skrofulöse) . . . 5 3 3 8 5 8 1 7 3 3 1 47 17 Akute allgem . M iliartuber, kulose ..................................... 1 1 4 1 7 18 Lungenentzündung . . . 24 12 15 12 14 7 23 5 10 21 31 15 189 19 I n f l u e n z a ............................... 2 1 2 2 1 1 31 2 3 145 139 65 394 20 venerische Krankheiten . 3 — 3 — 2 — 1 — 1 — — — 10 21 Andere übertragbare Krank­ heiten ..................................... 2 1 2 4 6 8 3 3 2 31 22 Zuckerkrankheit (ausschließ­ lich Diabetes insipiflus) 2 2 2 2 1 1 1 2 13 23 A lk o h o l i s m u s ......................... 24 E ntzündungen und Katarrhe des Kehlkopfes, der Luft­ röhre und der Bronchien 9 2 7 3 1 4 2 2 6 5 5 46 25 Sonstige Krankheiten der A tm ungsorgane . . . 5 3 3 5 7 4 3 6 2 6 3 3 50 26 Organische Herzleiden , , 11 4 8 10 11 7 9 11 12 16 11 8 118 27 Herzschlag, Herzlähmung (ohne nähere A ngabe des G rundleidens) . . . . 7 5 4 7 1 5 3 3 4 9 8 4 60 — 255 — <«< L s starben in den einzelnen M onaten *) T o d e s u r s a c h e n Ja n u ar F eb ru ar -S A pr il 'S 'Ss A ug us t B kt ob er clv Z u ­ sa m m en 28 Arterienverkalkung . . . 3 3 3 2 1 2 3 3 3 23 20 Sonstige Herz- und B lu t- gefäßkraukheiten . . . 5 4 6 5 3 4 5 1 2 3 6 44 30 G e h ir n s c h la g ......................... 12 10 11 7 7 6 9 3 11 9 8 6 99 31 Geisteskrankheit . . . . 1 — 1 1 — — — 1 — — — 3 7 32 Krämpfe (ausschließlich Zahnkräm pfe usw.) . . 2 2 1 1 2 4 6 2 2 1 4 27 33 Sonstige Krankheiten des Nervensystems . . . . 2 1 1 7 4 4 3 2 7 2 3 36 34 Atrophie der Kinder . . . 4 — — 2 1 — — 4 — 1 — 2 14 33 B rech d u rch fa ll........................ 1 — 1 — — 2 36 M agen- und Darmkatarrh, Durchs., Lkolera nostrss 2 3 3 1 1 2 1 5 9 5 5 I 38 37 Blinddarmentzündung . . — 2 — 1 3 — 1 5 1 1 1 1 16 38 Krankheiten der Leber und G a lle n b la s e ......................... 1 1 1 2 4 5 2 1 4 21 39 Sonstige Krankhenen der V erdauungsorgane. . . 5 5 2 4 3 5 2 3 3 6 4 8 50 40 N ierenentzündung. . . . 4 4 5 2 2 5 2 6 4 4 10 1 49 41 Sonstige Krankheiten der H arn- u. Geschlechtsorg. 2 3 1 2 3 2 3 2 2 24 42 K r e b s ........................................... 14 11 13 lö 21 21 17 14 16 22 16 189 43 Sonstige N eubildungen . . 6 5 2 I 3 1 2 1 1 1 25 44 Krankheiten der äußeren B edeckungen ........................ 1 2 1 1 3 10 45 Krankheiten d erL ew egu n gs- organe ..................................... 1 1 1 1 1 3 9 46 S e lb s tm o r d ............................... 2 Z 2 1 2 4 3 3 6 1 28 47 Mord und Totschlag, sowie H in r ic h tu n g ......................... 1 _ 1 1 4 48 49 Verunglückung und andere gewaltsam e Einwirkungen Andere benannte Todesurs. 4 4 7 4 2 4 5 4 l 2 4 6 2 13 1 6 3 2 3 3 4 56 33 50 Todesursache nicht angegeben — 1 — 2 — — 2 1 5 — 11 Z usam m en: Gestorbene aus« schließ!, der Totgeboreueu 194 140 150 lI 7 164 142 194 148 139 341 338 223 2320 darunter gestorben im Alter bis unter t J a h r . . . 22 13 17 16 18 10 14 18 20 27 20 18 213 Lebendgeborene . . . . >60 163 161 138 129 136 172 142 173 176 157 120 1827 Totgeborene............................... 11 2 4 4 4 4 — 2 5 7 3 5 51 Geburte»iiberschuß(4-). Über- schuß an Gestorbenen (— ) - 3 l 4-23 441 - s -3 5 - e -2 2 e 4-31 -lilS -181 ->«3 - m Chronik 1919 Inhalt für 1919. Seite I. Entwicklung der Gem einde a ls solcher ( l ) ; Gem eindever- w altung (2) ...............................................................................................................259 II. Bauliche Entwicklung der S t a d t ....................................................................277 III. Kirche ( 0 , Schule (2) und Kunst (3) .............................................................287 IV. Politisches, industrielles und v e r e in s le b e n ................................................. 309 1. Politisches Leben: >1) A llg em e in e s ............................................................................................. 309 L) E rn ä h ru n g s fra g e n ..................................................................................328 O) F ü r s o r g e tä t ig k e i t ................................................................................. 33 9 O) Politische Vereine und P a r t e i e n .................................................... 348 2. Handel, Gewerbe und I n d u s t r i e .......................................................... 353 3. vereinsleben ...................................................................... . 370 V. Leistungen des G em einsinns; Arm en- und Krankenpflege . . 377 1. Leistungen des G e m e i n s i n n s ................................................................... 377 2 . Armen und J u g e n d f ü r s o r g e ................................................................391 3 . K ra n k e n w e s e n .............................................................................................39 2 VI. Versamm lungen, Feierlichkeiten und Festlichkeiten, A usstellungen, S e h e n s w ü r d ig k e i t e n ............................................................................................397 1. Versammlungen .......................................................................................397 2. Feierlichkeiten und F e s tlic h k e iten ..........................................................401 3. A u s s t e l lu n g e n ..................................................................................... . -107 9. S e h e n s w ü r d ig k e it e n ......................................................................................108 VII. V e r k e h r s w e s e n ........................................................................................................ 410 VIII. W it te r u n g s v e r h ä ltn is s e ......................................................................................417 IX. Bevölkerungsvorgänge ( 1) , Totenschau (2) .................................................42 ; X. versch ied en es.............................................................................................................. 439 XI. 1. V o r t r ä g e .........................................................................................................44? 2 . Werke K arlsruher S c h r i f t s te l le r ..........................................................4 S4 B e ila g e n . I. Schülerzahl K arlsruher S c h u l e n ................................................................466 II. Statistik der B e v ö lk e r u n g sv o r g ä n g e ............................................................. 469 17 * P h ot. G ebr. Hirsch Kommerzienrat Karl Schrempp I. Entwicklung der Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung. 1. Entwicklung der Gemeinde. > G ^ i e E i n w o h n e r z a h l der S ta d t A a r lsr u h e betrug nach der L r B erech n u n g des Statistischen A m t s a u f E n d e D ezem ber des B erich tsja h res s3 8670 (sys 8: sH2 227). D a s erg ib t seit 3 s. D ezem ber I h s 8 eine A b n a h m e v o n 2,50°/». I m V o rja h re betrug die A b n a h m e 2,38 "/o. A n L ebendgeborenen sauf d a s J a h r berechnet) kam en im B erich tsja h re a u f sOOO E in w o h n e r ich,26 (s2,66), an S terb efä llen (ohne die gefa llen en oder gestorbenen A r ie g s - teilnehm er) s3,9H (s6,07). S ä u g lin g e (R in d er b is unter s J a h r ) starben 272 (2s3), d. i. v o n sOO L ebendgeborenen ss ,82 (ss,83). D er G eburtenüberschuß beträgt s5,32 (berechnet a u f sOOO E in - O w ohner und a u fs J a h r ) . I m J a h r e s y s 8 dagegen ist ein U b er­ schuß a n G estorbenen festgestellt, und zw ar beträgt er 3,Hs (berechnet a u f sOOO E in w o h n e r und a u fs J a h r ) — eine B eo b a ch tu n g , die schon im J a h r e sys7 (s,35) und s9s6 (0,05) gem acht w u rd e; seit dem J a h r e s872 (w eiter zurück reicht die F eststellung nicht) w a r im m er ein G eburtenüberschuß zu verzeichnen. Ü b er die F i n a n z l a g e der S ta d t entnehm en w ir dem städtischen Rechenschaftsberichte fo lg en d e s: D ie W irtsch a ftse in n a h m en fü r s y s y w u rd en im V oran sch lag v o m B ü rg erau ssch u ß in der S itzu n g v o m 5 ./6 . M a i ssiss) a u s 9 8 3 H 8 s 9 M k . und der durch U m la g e n aufzub ringend e G em ein d e ­ a u fw a n d a u f ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s H 5 y 8 8 2 H „ zusam m en . . . 2 H H 3 3 6H 3 M k , — 262 — festgesetzt, w elcher S u m m e die W irtsch a ftsa u sg a b en im gleichen B e tr a g gegenüberstehen. In z w is c h e n h ä t te die festgesetzte U m la g e n ich t h ingere ich t, u m den durch die E in f ü h r u n g des n eu e n L o h n ta r if s der S ta d ta rb e i te r , du rch n eu e den B e a m te n u n d L eh re rn zu g e w ä h re n d e A u sg le ic h s ­ zu lag e n u n d durch T e u e ru n g s z u la g e n f ü r R u h e g e h a lts e m p fä n g e r u n d H in te rb lie b e n e en tstehenden M e h r a u f w a n d zu decken. D azu k am en w eite re n o tw e n d ig e , n ich t vorgesehene A u s g a b e n . D a d u rc h h a t te n sich die W ir ts c h a f ts a u s g a b e n f ü r s 9 l 9 e rh ö h t a u s .......................................................................... 3 2 0 6 3 5 8 6 M k . denen die W ir ts c h a f ts e in n a h m e n m it . . . . 9 8 3 ^ 8 s 9 „ gegenüberstanden , so daß durch U m la g e n . . . 2 2 2 2 8 7 6 7 U lk . zu decken w a ren . I n f o l g e A rt ik e l 7 des G esetzes v o m s2 . D ezem ber s 9 l 9 , öie V e r le g u n g d es R e c h n u n g s ja h re s be tre ffend , w u rd e in H s der V e r ­ o rd n u n g v o m sh . J a n u a r s h 2 0 gleichen B e tr e f fs d a s R e c h n u n g s j a h r s h s h der G e m e in d e n u n d S tä d te b is 3 s . M ä r z s h 2 0 v e r ­ lä n g e r t , u n d v o m s . A p r i l s h 2 0 a n sind die R e c h n u n g e n derselben n ich t m e h r f ü r d a s U a le n d e r ja h r , sondern f ü r den Z e i t r a u m v o m s . A p r i l des J a h r e s b is 3 s . M ä r z des fo lgenden J a h r e s zu fü h re n . N a ch ß 3 der V ero rd n u n g w a r vorgesehen, daß die A u fste llu n g e in es V o ra n sch la g s für die Z e it v o m s . J a n u a r s h 2 0 b is 3 s. M ä r z unterb leiben kann, w en n durch G em eindebeschluß bestim m t w ird, daß fü r diese Z e it die für d a s J a h r s h s h festgestellten V o r ­ anschlagssätze, B ü r g e rg e n u ß a u fla g e n und U m la g e n , sow eit erforderlich einschl. e tw a ig er N a c h tr a g su m la g e n , zu h i gelten sollen. I n V o llz u g dieser B e stim m u n g e n hat der S ta d tra t für d as erste V ierte lja h r s h 2 0 einen neuen V oran sch lag aufgestellt und der B ü rg era u ssch u ß in der S itzu n g v o m 2 6 ./2 7 . F eb ru a r s<)20 seine Z u s tim m u n g dazu erteilt. B e i der A u fste llu n g dieses V oran sch lags w u rd en die V oranschlagssätze aber nicht einfach durch V erte ilu n g der Ansätze des V o ra n sch la g s s h s h g ew o n n en , sondern e s w urde der m u tm a ß lich tatsächliche A u fw a n d des J a h r e s s h 2 0 a u f G ru n d der dafür aufgestellten vo r lä u fig en E inzelvoransch läge verrechnet und der vierte T e i l der so g ew o n n en en B e tr ä g e den V oransch lagssätzen sh sh zugeschlagen. — 263 — H iern ach e rg a b e n sich a l s : Hs 7 B § 3 7 G e s a m t a u s g a b e n — s0 § § 9 8 6 0 M k . § s 2 6 s 8 3 8 8 G e s a m t e in n a h m e n ...... . . .. . . . — ----- - - - - - - - - - - - - - - - - — 3 s 5 § 5 9 7 Urk. 4 ______________ 29 s 8 s 0§9 ungedeckter A u fw a n d . . . . — ------------ — 7 2 9 3 2 6 3 M k . § D ad u rch h a t te n sich f ü r d a s R e c h n u n g s ja h r s . J a n u a r s ß s ß b is 3 s . M ä r z s 920 e rh ö h t die W ir ts c h a f ts a u s g a b e n a u f ........................................................................ §2 5 s 3 § § 6 M k d av o n die W ir ts c h a f ts e in n a h m e n m i t . . . s 2 9 8 9 § s 6 „ gegenüberstehen , so d a ß durch U m la g e n zu decken w a r e n .............................. .......... 2 ß 5 2 § 0 3 0 M k . D a s m i t den V o ran sch lag ssä tzen zu verg le ichende R e c h n u n g s ­ erg e b n is gestaltete sich jedoch nach A b sch lu ß der S ta d th a u p tk a sse - R e ch n u n g f ü r s ß s 9/20 f o lg e n d e rm a ß e n : die E in n a h m e n a u s f rü h e re n J a h r e n b e tra g e n M k . nach A b zu g des B e tr ie b sfo n d s im „H at" . . s 2 5 6 3 8 9 6 .3 2 die laufenden ordentlichen W irtsch a ftse in n a h m en einschließlich U m l a g e n ................................ 5 6 9 0 0 5 2 s . s 9 h ierzu W irts c h a f ts g u th a b e n a u f den G rundstock a u f s. J a n u a r s ß s ß s s 9 0 6 s 3 .7 6 also S u m m e der E in n a h m e n . . . 5 0 6 5 5 0 3 s . § 7 D ieser stehen g e g e n ü b e r : die A u s g a b e n a u s f rü h e re n J a h r e n . . . . s s 0002§§ .88 lau fen d e o rdentliche W ir ts c h a f ts a u s g a b e n . . . §2 592 39 s .3 8 h ierzu die in der A b re c h n u n g zw ischen G rundstock u n d W irtsc h a f t nachgew iesenen W ir t s c h a f ts a u s ­ g ab e n a u s s 9 s 9 . . . 2 7 0 2 0 s 8 .7 9 also S u m m e der A u s g a b e n . . . 5 6 2 ß § 6 5 5 .0 5 S o m it b le ib t eine U n zu lä n g lic h k e it im „ H a t" v o n 5 6 3 9 6 2 3 .5 8 die jedoch n u r scheinbar ist, d a a n U m la g e n a u f I a h r e s s c h lu ß w egen spä ter E rh e b u n g v o n N a c h tr a g s u m la g e n zirka 12 000 000 U lk . im „R es t" v erb lieb en . D er Uberschuß ist im w esentlichen a u f M eh re in n a h m en v o n G eb äu d en , landw irtschaftlichen G rundstücken und W a ld u n g e n , sow ie — 26H — a u f g an z bedeu tende M e h r e in n a h m e n a u s U m la g e n a c h trä g e n , V e r ­ k eh rs- , W e r tz u w a c h s - u n d L u stb a rk e itss teu e rn , a u s J a g d e n , G r u n d ­ b u c h g e b ü h ren u n d endlich a u f den G in g a n g der Z in se n a u s der E rs a tz fo rd e ru n g a n d a s R eich f ü r A rie g s w o h lfa h r ts p f le g e zurück­ z u fü h re n . A u ß e rd e m w u rd e n in e inze lnen P o s itio n e n der A u s g a b e n n ich t un b ed eu ten d e E rs p a rn is se erzielt. U n g ü n s tig a u f den W irtsc h a ftsü b e rsc h u ß w irk ten die A u s fä lle a n B e tr ie b s a b lie f e ru n g e n der G a s - , W a sse r- u n d E le k triz itä tsw e rk e u n d die M ehrzuschüsse a n die S t r a ß e n b a h n , L o k a lb ah n , a n die R h e in h a fe n - , S ch lach t- u n d V ie h h o f- u n d F u h rp a rk k a sse , sow ie der e rh ö h te A u fw a n d f ü r soziale F ü rso rg e , A u s h ilf s b e a m te , L a n d e s ­ th e a te r , V olksschu le , W o h n u n g s a m t u n d G u ts v e rw a l tu n g . V o n den la u fe n d en E in n a h m e n des J a h r e s s ß t d im G e s a m t­ b e trä g e v o n 5 0 7 H8 9 3 9 M k . e n tfa lle n a u f : 1. D i e U m l a g e n .............................................................. 2 8 2 00 3 8 0 M k . — 7 5 , 3 > 2 . D i e V e r b r a u c h s s t e u e r n ........................................... 1 0 3 7 5 0 „ — 0,2 „ 2 . D i e V e r k e h r s - , W e r t z u w a c h s - u n d W a r e n - h a u s s t e u e r .................................................................... 1 1 > > 7 7 „ — 0 ,8 „ 4 . D i e L u s t b a r k e i t s s t e u e r ..................................... 5 1 5 0 7 g — >,> . 5 . D i e G e b ä u d e , G r u n d s t ü c k e , W a l d u n g e n . . 2 2 2 2 5 0 5 „ — 1,1 6 . D i e G e b ü h r e n f ü r V e r r i c h t u n g e n d e r G e ­ m e i n d e b e a m t u n g e n .................................................. 2 8 9 8 7 5 „ — 0 ,6 „ 7 . D i e G e b ü h r e n v o n W e g e n , K a n ä l e n , ö f f e n t ­ l i c h e n A n l a g e n r c ....................................................... > 9 8 >86 „ — 0 ,1 8 . D a s W a s s e r w e r k ........................................................ 2 6 1 0 1 5 „ — 0 , 5 „ 9 . D i e F u h r v e r w a l t u n g ............................................ Y0 2 9 7 „ — 0,1 „ zo- D i e s o n s t i g e n E i n n a h m e n ............................... 8 3 9 6 5 7 5 „ — > 6 ,6 „ 5 0 7-18 92 9 M k . - - - 100,0 > V o n den la u fe n d e n A u s g a b e n des J a h r e s l 9 l 9 im G e sa m t- b e tra g e v o n Hfl-89 s 5 2 8 M k . w u rd e n v e rw en d e t a u f : 1. D i e p l a n m ä ß i g e S c h u l d e n t i l g u n g u . V e r z i n s u n g 5 9 68 98 0 M k . — > 3 , 3 "/a 2 . D i e N i t t e l - u n d V o l k s s c h u l e n ............................... 7 0 1 9 1 8 5 „ — > 5 ,7 „ z . D i e ö f f e n t l i c h e n B r u n n e n , W e g e , P l ä t z e , G e ­ w ä s s e r u n d d e r g l e i c h e n ............................................ 1 0 9 4 0 0 3 „ — 9 , 1 ,, 4 . G e s u n d h e i t s p f l e g e e in s c h l i e ß l i c h S t r a ß e n ­ r e i n i g u n g u n d K e h r i c h t a b f u h r ......................... > 9 5 1 9 9 1 ,, — 1 ,1 >, 5 . D i e A r m e n - u n d K r a n k e n p f l e g e ......................... 7 1 8 9 9 2 9 — > 6,7 „ 6 . D i e P o l i z e i .................................................................... 3 2 3 5 1 ,, — 0,> „ 7 . D i e K r e i s u m l a g e ....................................................... 1 1 1 6 0 9 „ — > ,0 „ Ü b e r t r a g . . . 2 7 0 3 2 3 5 1 M k . 6 0 , 3 "/» - 265 — Übertrag . .. . 27 0 3 2 254 Mk. — 6 0 ,3 °/u 8. G ewerbe, Kunst und Wissenschaft . . . . 2 0 0 8 467 „ — 4 .5 „ 9- Die G em e in d e v e r w a ltu n g ............................... . 5 0 8 , 93 6 „ — >1,1 „ 10. D ie Zuschüsse für R heinhafen . . . . 5 8 2 ,0 7 „ — >,2 „ „ Schlacht- und V ie h h o f . 68 2 099 ,, — 1,S ., „ „ Stadtgarten . . . . 296 0 0 , „ ^ 0 ,7 „ „ „ Straßenbahn . . . . . 1 4 2 4 S 9 9 ^ 2,1 ,, „ „ vorortsbahnen . . . 9 22 657 „ — 2 ,0 „ „ G u tsv erw a ltu n g . . . 777 8 8 0 „ — 1,7 „ 11. Den F u h rp a rk ......................................................................... 33 4 62 9 „ — 0 ,8 ., 12. Die sonstigen A u s g a b e n ............................... . 5 747 69 9 ,, >2.9 5 2 8 M k . — 1 0 0 , 0 "/<> I m J a h r e sW H hat die S ta d tg em ein d e Grundstücke im F lächengehalt v o n 2 ? 3 H5Y <^m zum P r e is v o n 8 0 3 s 3 7 A lk . angekauft und 7 s 2 8 s c;m zum P r e is v o u 798 H W verkauft. D ie A n l e h e n s s c h u l d e n b e t ru g e n : B e z e i c h n u n g d e r A n l e h e n S t a n d a u f , . J a n u a r l 9 ' 9 T i l g u n g i m J a h r e 1 9 l 9 S t a n d a u f 1. A p r i l 1 9 2 0 », G e g e n A u s g a b e v o n S c h u l d - V e r s c h r e i b u n g e n . I. 3 p r o z e n t i g e s A n l e h e n v o n , 8 8 6 2 924 500 358 800 2 565 700 2 . 3 „ „ „ , 8 8 9 1 619 900 112 600 1 507 300 3 . 3 „ „ „ , 8 9 6 1 227 000 3 1 1 0 0 1 195 900 4. 2 „ „ „ 1 8 9 7 2 613 000 67 900 2 545 100 5 . 3h - „ „ „ , 9 0 0 4 866 400 96 000 4 770 400 6. 3 h - „ „ „ 1 9 0 2 3 736 800 72 000 3 664 800 7 . 3 ' / - „ „ „ 1 9 0 3 8 475 900 148 900 8 327 000 S- 4 ., .. 1 9 0 7 4 665 500 57 300 4 608 200 9- 4 „ ., ., l 9 1 2 6 914 400 89 000 6 825 400 b . S o n s t i g e A n l e h e n . , 0 . 3 h - P r o z e n t . A n l e h e n v o n ,392 b e i d e r V e r s i c h e r u n g s a n s t a l t B a d e n ........................................... 533 000 29 000 504 000 1 , . 4 p r o z e n t i g e s D a r l e h e n d e s A l l ­ g e m e i n e n D e u t s c h e n V e r s i c h e ­ r u n g s v e r e i n s A . - G . i n S t u t t ­ g a r t v o n 1 9 , 0 ............................... 1 0 0 0 000 — 1 0 M 000 Ü b e r t r a g . . . 38 576 400 1 062 600 37 513 800 — 266 — Bezeichnung der A nlehen S tand auf 1. J a n u a r 1919 T ilgung im Jah re 1919 Stand auf 1. April >920 Übertrag . . . 38 576 400 1 062 600 37 513 800 12. 4 xrozentiges D arlehen der K arlsruher Lebensversicherung von 19 l«z............................... ...... . 4 0 0 0 000 — 4 000 000 13. D esg l. von 1912 . . . . . 3 000 000 — 3 0 0 0 OM 1-1- 4V2 prozentiges D arlehen der G othaer Lebensversicherungs­ bank auf G egenseitigkeit, G otha, von 1912............................................ 1 841 000 28 400 1 812 600 15. 4 prozentiges D arlehen der Staatsschuldenverw altung von 49 220 282 48 938 1915 und 1916 zur Förderung 7 9 1 8 4 433 78 751 gemeinnütziger Bautätigkeit . 16. Unverzinsliches Darlehen der Staatsschuldenverw altung von 1916 für das Ljoftheater . . 100 000 — 100 000 c. Schwebende Schulden . . 42 178 000 19 833 000 110 090 OM Sum m e . . 89 823 804 20 924 715 156 644 089 D a die W irtsch aft die nach den S ch u ld en tilg u n g sp lä n eu zur A m o r tisa tio n aufzuw endenden S u m m e n dem G rundstock jew eils ab liefert, so h at dieser die noch im R est stehenden, gekündigten , aber nicht eingelösten Schuldverschreibungen m it 3 3 5 7 0 0 W a r k a u s eigenen A A tte ln zu bestreiten. D ie v o n der W irtschaft zur S ch u ld en tilg u n g noch aufzub ringend e S u m m e stellt sich daher am s . A p r il sZ 2 0 a u f ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s 5 6 2 8 8 3 8 9 A lk . — P f . D a s G esa m tv erm ö g en der S ta d t beträgt 2 3 0 3 2 8 9 2 5 „ 0 2 „ die daraufruhenden Schulden belaufen sich a u f .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 0 7 ^ 3 5 3 5 ^ „ 3q>. „ E s erg ib t sich som it ein R e in v er ­ m ö g en v o n ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. i. gegen über dem V o rja h re eine V erm eh ru n g v o n ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . s 5 8 ^ 0 6 0 6 2 2 8 9 3 5 7 0 A A . 6 8 P f . „ 86 „ — 267 — B n t e r d e m b e r e c h n e t e n V e r m ö g e n i m B e t r a g e v o n 2 3 0 3 2 8 9 2 3 B l k . 0 2 P f . s i n d e n t h a l t e n : I. E r t r a g b a r e s v e r m ö g e n : >. D a s G a s w e r k , E r s t e l l u n g s k o s t e n . . . . >o 2 2 > ->69 M k . >2 P f . 2 . D a s W a s s e r w e r k , E r s t e l l u n g s k o s t e n . . . -> 6 2 9 6 7 6 „ 8 8 „ z . D a s E l e k t r i z i t ä t s w e r k , E r s t e l l n n g s k o s t e n . 6 9 > - > > 6 8 „ 2 2 „ ->. D i e S t r a ß e n b a h n , E r s t e l l u n g s k o s t e n . . . > 0 5 5 0 2 0 8 „ >-> ,, 5 . D i e L o k a l b a h n , E r s t e l l n n g s k o s t e n . . . . > 9 68 92 5 „ — ,, S. D e r S c h l a c h t - u . V i e h h o f , G e b ä u d e i m F e u e r ­ v e r s i c h e r u n g s a n s c h l a g v o n ............................... l 6 2 7 2 0 0 „ — „ 7 . D e r R h e i n h a f e n , G e b ä u d e i m F e u e r v e r - s i c h e r u n g s a n s c h l . v . > 226 8 00 M k . u . G e l ä n d e i m S t e n e r w . v . 62 2 7 6 5 !N k . , s o w i e d i e F a h r n i s s e u n d m a s c h i n e l l e n A n l a g e n m i t > 6 2 8 - > 5 2 M k . 2 5 6 2 2 : 7 „ — „ 8 . D i e B a d e a n s t a l t e n , F e u e r v e r s i c h e r u n g s a n s c h l . 5 2 7 0 0 0 „ — „ 9 . D i e F e s t h a l l e m i t N e b e n g e b ä u d e n . . . 85-> 9 0 0 „ — „ >0 . D a s K o n z e r t h a u s > 0 7 9 0 0 0 „ — >, >>. D i e A u s s t e l l u n g s h a l l e ........................................... 5 8 8 0 0 0 „ — „ >2 . D a s R a t h a u s m i t d e n G e b ä u d e n K a r l - F r i e d r i c h - S t r a ß e N r . 8 u n d J ä h r i n g e r S t r a ß e N r . 96 / > o o , F e u e r v e r s i c h e r u n g s a n s c h l ä g e . > 2>8 20 0 „ — „ >2 . D i e G e s c h ä f t s - u . W o h n h ä u s e r K a i s e r - S t r a ß e N r . >->2 u n d >->5 , F e u e r o e r s i c h e r u n g s a n s c h l ä g e ->26 7 0 0 „ — „ >->. D i e s o n s t i g e n G e b ä u d e , d i e z u G e m e i n d e ­ z w e c k e n d i e n e n o d e r a l s W o h n u n g e n v e r m i e t e t s ind , i m G e s a m t v e r s i c h e r u n g s a n s c h l a g v o n . 6 >.->-> 25 0 „ — „ >5 . D i e W a l d u n g e n i m S t e u e r w e r t v o n . . . 5 8 9 77-> „ — „ >6. D i e Ä c k e r , w i e s e n , L a g e r p l ä t z e u . d e r g l . , w e l c h e g r ö ß t e n t e i l s v e r p a c h t e t o d e r i m E i g e n b e t r i e b s in d , i m S t e n e r w e r t v o n .................................... 9 ->52 001 „ — >, >7. D i e v e r z i n s l i c h e n F o r d e r u n g e n , W e r t p a p i e r e u n d d i e R a s s e n v o r r ä t e i m B e t r a g e v o n . . 82 0 2 5 >09 „ 5 7 „ >8. D i e V o r r ä t e d e s N a h r u n g s m i t t e l a m t e s . . 2 5 296 7 1 8 „ 92 „ S u m m e I . . > 67 5 2 5 5 > 7 M k . 8 7 P f . II. w e r t e , d i e k e i n e n f i n a n z i e l l e n E r t r a g a b w e r f e u : >. D i e L i n n a h m e r ü c k s t ä n d e i m B e t r a g e v o n . 26 7 2 S 8 - > 2 M k . 0 5 P f . 2 . G e b ä u d e , d i e z u S c h u l - , K r a n k e n - , A r m e n - u n d s o n s t i g e n Z w e c k e n d i e n e n , i m F c n e r - v e r s i c h e r u n g s a n s c h l a g v o n ............................. > > 06-> 9 5 0 .. — S u m m e I I . . ->8 7 0 5 792 M k . 05 P f . III . V o r r ä t e a n N a t u r a l i e n , M a t e r i a l i e n u n d G e r ä t s c h a f t e n , s o w e i t n i c h t u n t e r I a n g e f ü h r t , i m W e r t a n s c h l a g v o n ............................... >2 962 8>-> M k . >0 P f . — 268 — N u n d ü rfe n a b e r in die nach H 3Z der E tä d te re c h n u n g sa n - w e isu n g g e fe rtig te V e rm ö g e n ss ta n d d a rs te l lu n g die G e b ä u d e n u r m it ih re m G e b ä u d ev e rs ich e ru n g sa n sch lag , die G rundstücke n u r m it ih re n : L te u e rw e r t u n d die gew erb lichen E in r ic h tu n g e n n u r m i t den A n la g e ­ kosten, sonach n ich t m i t ih re m w irk lichen V e rk e h rsw e r t a u sg e n o m m e n w erd en . W ä r e letzteres g es ta tte t, d. H. d ü rfte n die G e b ä u d e u n d G rundstücke m i t ih re n : m u tm a ß lic h e n V e rk e h rsw e r t u n d die g ew e rb ­ lichen A n la g e n m i t ih re n : E r t r a g s w e r t in B e re c h n u n g gezogen w erd en , so w ü rd e sich d a s R e in v e rm ö g e n v o n 2 2 8H3 6 0 0 N A . 6 8 P f . a u s s 0 8 s 2 s ^ 8 8 N A . 3 0 P f . e rh ö h e n . D ieses w ird w ie fo lg t nachgew iesen : l . D ie G ebäude und Grundstücke sind nach dein in dem Liegenschaftsiuventar für i g i 8 beigesetzten, nach Friedenspreisen berechneten mutniaßlichen verkehrs- w e r t a u f i . J a n u a r 1920 g e sc h ä tz t a u f . . . . 51 626 0>0 U lk . — P f . I n d e n v e r m ö g e n s s t a n d s in d s ie a u s g e n o m m e n m i t z s 8 g - : 499 „ — „ D e m n a c h M e h r w e r t d e r s e l b e n ............................... 14 7 5 , 5 1 1 Ulk. — Pf- 2 . D e r n a c h d e m d r e i j ä h r i g e n D u r c h s c h n i t t d e s E r t r a g s b e m e s s e n e 4 x r o z e n t i g e W e r t a n s c h l a g b e t r ä g t : s ) f ü r d a s G a s w e r k . . 2 5 7 4 5 4 4 7 M k . — P f . b) f ü r d a s W a s s e r w e r k . 18 148 8 5 8 „ 2 5 „ c ) f ü r d a s E l e k t r i z i t ä t s ­ w e r k ............................... 5 4 0 0 0 4 7 5 „ 5 0 „ ä ) f ü r d i e S t r a ß e n b a h n . 2 6 9 5 7 1 5 0 „ — „ e ) f ü r d i e L o k a l b a h n . 1 0 68 025 .. — .. 104 8 0 0 8 5 5 M k . 7 5 P f . E i n g e s t e l l t s in d f ü r d ie s e U n t e r n e h m u n g e n in d e n V e r m ö g e n s s t a n d . . 5 4 5 0 4 4 4 7 M k . 5 8 P f. S o i n i t M e h r w e r t ............................................................. 7 0 4 Y 6 40S „ 5 7 „ H i e r z u d a s R e i n v e r m ö g e n m i t ............................... 22 8 0 5 5 7 0 .. 6 8 S u m m e d e s w i r k l i c h e n r e i n e n V e r m ö g e n s der S t a d t g e m e i n d e n a c h F r i e d e n s w e r t . . . >08 ( 2 : 488 M k . 0 5 P f . N eb en diesem v e r m ö g e n der L tad tgem ein d e besitzen noch an A k tiv v e r m ö g e n : 1. D i e S p a r - u n d P f a n d l e i h k a s s e K a r l s r u h e 40 0 0 1 M k . 6 7 P f. 2 . D i e w e l t l i c h e n D r t s s t i f t n n a e n ......................... 2 6 1 0 5 7 7 6 , 2 6 5 0 5 7 g M k . 2 8 P f . A u ß erd em besitzt die lvtadt V D enkm äler, Z ierb ru n n en und öffentlich aufgestellte F ig u re n im A n sch a ffu n g sw ert v o n s s 0 6 7 3 s N A . — 269 — Ü b e r die B e w e g u n g d er zu r G e m e in d e u m la g e p flich tigen S te u e rk a p ita lie n g ib t die fo lgende T a b e lle A u fs c h lu ß : G attung der Steuerkaxitalien l dl d /20 ld>8 G egenüber tg m Z u gan g A bgang Mk. Mk. Mk. Mk. ». Liegenschaftsvermögen . 476 830 740 475 287 570 1 543 170 — b. B etr ieb sverm ögen . . . 327 727 800 307 940 500 19 787 300 — c. Kapitalverm ögen . . . 640 847 100 606 021 200 34 825 900 — 6. Linkommensteuersätze. . 7 776 044 5 696 414 2 079 630 --- D e r U m la g e fu ß w u rd e v o m S te u e rw e r t des L ieg en sch afts- u n d B e tr ie b s v e rm ö g e n s a u f 6 8 P f . v o n sOO U lk . S te u e rk a p ita l , b e im A a p ita lv e rm ö g e n a u f 2 5 P f . u n d a u f 2 0 4 a u f s U lk . d e r S te u e r ­ sätze der staatlichen E in k o m m e n s te u e r festgesetzt. I m städtischen G a s w e r k w u rd e n im R e c h n u n g s ja h r s 9 s 9 s 7 s 7 7 0 4 7 b b m G a s erzeug t. A b g eg e b en w u rd e n f ü r öffentliche B e le u ch tu n g 6 6 2 6 8 Icbm , f ü r p r i v a t e , B e h ö rd e n u n d S t a a t s 6 s 0 0 8 6 8 Irb m . G a sm e sse r w a re n au fg es te llt a m 5 s . U lä r z s 920 f ü r Leucht-, R o c h - u n d H e iz g a s 3 2 7 2 6 S tück . D ie l l lü n z g a s m e s s e r find w egen der G a s p r e i s e r h ö h u n g a u fg e g eb en u n d in gew öhn liche G a sm e sse r u m g e w a n d e lt w o rd e n . Ö ffen tlic h e L a te rn e n b ra n n te n E n d e U lä r z (g an zn äch tig ) 5 s 2 S tück. B o m E l e k t r i z i t ä t s w e r k w u rd e n v o m f . J a n u a r s 9 s 9 b is 3 s . U lä r z s 920 s 5 7 7 6 3 3 9 K v rs t S t r o m ab g e g eb e n . A nschlüsse w a re n a m 3 s . U lä r z s 920 4 3 2 8 m i t f f 5 2 5 A b n e h m e rn v o r ­ h a n d e n . I n s t a l l i e r t w a re n E n d e U lä r z ss)20 s 7 4 5 5 0 G lü h la m p e n , 8 3 6 B o g e n la m p e n , 2 5 s 9 U lo to re n m it 9907 ? 3 , 9 0 7 s elektrische Z ä h le r u n d s 2 5 6 S c h a ltu h re n . D ie G a s p r e i s e b e t ru g e n : v o m s. J a n u a r s 9 s 9 b is 3 0 . A p r i l s 9 s 9 l 9 Pf- für ̂ Icbm // s . U la i l 9 ( 9 b is 5 0 . J u n i s 9 s 9 . 3 0 // s . J u l i s ß s 9 l 'i s 5 s . D ezem ber s 9 s 9 45 // k/ s. J a n u a r s 920 b is 3 s . U lä r z s 920 9 5 k/ D ie S t r o m p r e i s e b e t ru g e n : v o m s. J a n u a r s 9 s 9 b is 3 0 . A p r i l s 9 s 9 5 5 Pf- für ̂ X xvst s . U la i s 9 s 9 b is 3 0 . J u n i s 9 s 9 . 6 5 — 270 — v o m ( . J u l i ( 9 ( 9 b is 5 ( . D ezem ber ( 9 ( 9 8 0 P f . für ( K vvst „ f . J a n u a r (920 b is 3 f . M ä r z (920 2 ( 0 „ „ ( „ B e im W a s s e r w e r k betrug der G esam tverbrauch 9 8 3 5 3 5 7 Icbm, die stärkste T a g e sa b g a b e 3 3 6 8 9 l<bm , die schwächste ( 5 6 9 6 llb m . F ü r S tr a ß e n g ie ß e n , S p r in g b r u n n en usw . w urden abgegeben 4 2 8 8 2 8 l lb m . Ö ffen tlich e B r u n n e n w a ren vorhand en 8 3 Stück, F eu erh a h n en ( 5 4 5 , S p rin g b r u n n en ( 6 Stück. D ie W a s s e r p r e i s e b e t ru g e n : v o m ( . J a n u a r ( 9 ( 9 b is 3 0 . J u n i ( 9 ( 9 ( 0 P f . fü r ( l lb m „ ( . J u l i ( 9 ( 9 b is 3 ( . D ezem b er ( 9 ( 9 2 0 „ „ ( „ „ ( . J a n u a r (920 b is 3 ( . M ä r z (920 3 5 „ „ ( „ 2 . G e m e in d e v e r w a l tu n g . D er S t a d t r a t h ie lt im B erich tsja h re 6 0 S itzungen ab ( ( 9 ( 8 : 5 6 ), in denen 4 5 2 7 ( 5 0 (5 ) G egenstände der B eschlußfassung un ter lagen . V o n den s t ä d t i s c h e n K o m m i s s i o n e n h a t te n die B a u ­ k om m ission 48 ( ( 9 ( 8 : 5 2 ), die G a s - u n d W asse rw erk sk o m m iss io n ( ( ) u n d die B e k le id u n g sk o m m iss io n (0) je 6 , der V e r w a l tu n g s r a t der S p a r - u n d P fa n d le ih k asse (6), die B e ir ä te der h ö h eren L eh ran s ta lten f ü r M ä d c h e n (3), d er G oetheschu le (5), der p u m b o ld tsc h u le (5) u n d der R e a lsch u la n s ta lte n (3) je 5 , die S ch lach t- u n d V ieh h o fk o m m iss io n (() , die S ta d tg a r te n k o m m iss io n ( ( ) , die S ch u lkom m ission je 4 ( ( ) , die B a d a n s ta lte n k o m m iss io n (2), die K o m m iss io n f ü r A rm en w ese n u n d J u g e n d p f le g e (5), der G e w e rb e sc h u lra t (2) je 3 , die F r ie d h o f ­ kom m ission (2), die K ra n k e n h a u sk o m m iss io n (( ) , der P a n d e ls sc h u lra t ( () je 2 u n d die R h e in h a fe n k o m m iss io n ( (0) S itzu n g . D e r B ü r g e r a u s s c h u ß h ie lt im B e r ic h ts ja h r ( 2 (8) S itzu n g en a b , in denen 9 6 (68) G eg e n s tä n d e verabsch iedet w u rd e n . G r b ew illig te die V e rw e n d u n g v o n A n le h e n s m itte ln f ü r nachstehende Z w ecke* ) A n k a u f des P a u sg ru n d s tü c k s S o p h ie n s tra ß e ( 2 . K a u f p re is 95 0 0 0 A lk . „ „ „ „ ( 6 . „ oO ( 0 0 „ „ „ p a u se s K a r l-W ilh e lm -S tr a ß e 7 . „ 4 ( 5 0 0 „ E r w e r b der M org en th a u 'sch en L agerh alle a u s dem städtischen L agerplatz a n der S ch o tter-S tra ß e . A u fw a n d 2 5 0 0 0 M k . 9 D ie B e w illig u n g von B eträgen unter tv ooo Mk. bleibt unberücksichtigt. — 271 — A n k a u f v o n 2 G rundstücken a u f eh em a lig er B e ier th e im er G em ark u n g . A u fw a n d 5 5 3 0 0 M k . E rr ic h tu n g v o n K le in w o h n h ä u se rn im S ta d t te i l D a x la n d e n . A u fw a n d 2 5 2 0 0 0 B lk . ( a u s dein u n te r dein f f . N o v e m b e r 1 9 1 8 a llg em e in g en e h m ig ten A n le h e n sk re d it v o n 1 M i l l i o n M a rk ) . E rrich tu n g v o n K le in w o h n u n g e n fü r E rb b a u p a ch t in der G artenvorstad t G rü n w in k e l. A u fw a n d 3 1 0 0 0 0 M k . (w ie zuvor). E rr ic h tu u g e in e r K le in h a u s s ie d lu n g a u f D o m ä n e n g e lä n d e zwischen K r ie g s - u n d G o t te s a u e r S t r a ß e in E rb b a u p a c h t . G e s a m ta u fw a n d (einschl. der H ers te llu n g der S t r a ß e n u n d L e itu n g en ) 1 3Z 5 0 0 0 B lk . E r r ic h tu n g e in e r K le in h a u s s ie d lu n g a u f D o m ä n e n g e lä n d e nörd lich der D u rla c h e r A llee , östlich der B a h n l in ie K a r l s r u h e — - M a n n h e im in E rb b a u p a c h t . G e s a m ta u fw a n d 7 3 6 7 0 0 M k . E rste llu n g v o n städtischen K le in w o h n u n g e n a u f dem G elä n d e östlich der T u llaschu le . G esa m ta u fw a n d 2 1 2 0 0 0 0 M k . D esg leichen . G e s a m ta u fw a n d 1 5 6 6 900 B lk . B e re its te llu n g e in es K re d its f ü r B aukostenzuschüsse zu M o h n u n g s - zwecken im B e t r a g v o n 2 M il l io n e n M a r k . E r w e rb u n g v o n G esch äftsante ilen der hiesigen B a u g en o ssen ­ schaften. G esa m ta u fw a n d 6 0 0 0 0 M k . N e u b a u e in es B e a m te n w o h n h a u s e s a u f d em B a h n h o fs g e lä n d e Spöck. A u fw a n d 5 3 0 0 0 M k . H erste llu n g der T u l l a - S t r a ß e zw ischen G e r w ig - S t r a ß e u n d T u l l a H Iatz. A u fw a n d 1 3 5 0 0 0 M k . hchasterung der L inkenheim er A llee . A u fw a n d 2 3 0 0 0 M k . M e iste ru n g der E t t l in g e r S t r a ß e zwischen K r ie g s - u n d a l te r K lo se -S tra ß e . A u fw a n d 42 0 0 0 M k . H errichtung v o n S p ielp lätzen hiesiger S p o rtv ere in e . A u fw a n d 18 0 0 0 M k . M a ld a u ss to c k u n g im D istrik t R iß n e r t bei R ü p p u r r . A u fw a n d 1 5 0 0 0 0 M k . (V o rau ss ich tlich er H o lz e r tra g 156 0 0 0 M k .) A usstockung des D is tr ik ts I I des zu m G u t I s t e i n g eh ö rig e n M a ld e s . A u fw a n d 1 6 0 0 0 M k . E r b a u u n g des fü n fte n B eckens a m R h e in h a fe n u n d E r w e i te ru n g des S tic h k a n a ls . G e s a m ta u fw a n d 7 299 0 0 0 M k . E r r ic h tu n g e in e r G a s v e r te i lu n g s a n la g e a u f dem G e lä n d e des eh e m a lig e n G a s w e rk s I . A u fw a n d 2 7 0 0 0 0 B lk . — 272 — E rrich tu n g einer G a sw a sserv era rb e itu n g sa n la g e b eim G a sw e r k II. A u fw a n d 2 5 0 0 0 0 A lk . A u sb a u der G fe n a n la g e des G a sw e r k s . A u fw a n d s 3 2 0 0 0 A lk . E r w e i te r u n g des A ab e ln e tze s u n d V e rm e h ru n g der N e tz - T r a n s ­ fo rm a to re n u n d - E ta t io n e n f ü r die städtische E le k tr iz itä tsv e rs o rg u n g . A u fw a n d 5 0 0 0 0 0 M k . E rs te l lu n g e in e r 20 000 V o lt T r a n s f o r m a to r e n - E ta t io n im E le k tr iz itä ts w e rk der städtischen E tr a ß e n b a h n im A n sch lu ß a n d a s B a h n -E le k tr iz i tä t s w e r k D u rla c h u n d die A ra f tv e rs o rg u n g der städtischen E t r a ß e n b a h n u n d der L o k a lb a h n . G e s a m ta u fw a n d sH O oO O O A lk . E tro m v erso rg u n g des E ta d tte ils B e ier th e im . A u fw a n d 220 5 0 0 A lk . A u s b a u des E chalthau ses b e im E lek triz itä tsw erk und E r g ä n z u n g der E ch a lta n la g e im E lek triz itä tsw erk . A u fw a n d 7 4 4 0 0 0 A lk . E in r ic h tu n g der elektrischen B e le u c h tu n g in der H andelsschu le . A u fw a n d 2 0 0 0 0 A lk . B e sch a ffu n g v o n 20 A a s te n k ip p w a g e n f ü r die E tr a ß e n b a h n . A u fw a n d 92 400 A lk . B e sch a ffu n g v o n 3 E tr a ß e n b a h n a n h ä n g e w a g e n . A u fw a n d 6 0 0 0 0 M k . E rs te l lu n g e in e r E chlackenste insabrik b e im G a s w e rk . A u fw a n d s 8 0 000 A lk . E r r ic h tu n g e in es städtischen E ä g e - u n d H o b e lw erk s be im E le k tr iz i tä ts w e rk . A u fw a n d 3 0 0 0 0 A lk . A u s b a u d es G u ts h o f s R ü p p u r r . G e s a m ta u fw a n d 3 2 7 5 0 0 A lk . N o ts ta n d s a rb e i te n verschiedener A r t . G e s a m ta u fw a n d 6 0 0 900 l l l k . E rw e rb s lo se n fü rso rg e . M o n a tl ic h e A u fw e n d u n g e tw a 7 0 000 A lk . W e ttb e w e rb f ü r 4 s täd tebau liche A u sg a b e n u n d A u sn a h m e architektonisch oder baugeschichtlich b ed e u tsa m er G e b ä u d e durch selbständ ige hiesige A rch itek ten . G e s a m ta u fw a n d 2 0 6 0 0 A lk . W ettb ew erb fü r die B e b a u u n g des G e lä n d es des eh em aligen G a sw e r k s I w ie zuvor. A u fw a n d HO 0 0 0 A lk . B e te i l ig u n g a m B e tr ie b s a u f w a n d des L a n d e s th e a te rs . G e s a m t­ su m m e f ü r s s t s y 2 3 0 7 0 0 A lk . V e r b i l l ig u n g d er H reise f ü r au s län d isch e L e b e n sm itte l . K re d it f ü r e in V ie r te l ja h r s ,5 M i l l io n e n M a r k höchstens 2 7 3 — B e sch a ffu n g v o n L e b e n sm itte l f ü r N o tfä l le . K re d it b is zu 2 0 M il l io n e n M a r k . l lu s n a h m e v o n A n le h e n s m itte ln b is zu 2 3 M il l io n e n M a r k . E r h ö h u n g der T e u e ru n g s b e ih ilfe f ü r die städtischen B e a m te n u n d A rb e ite r . G e s a m ta u fw a n d 3 3 0 0 0 0 B lk . W e ite re Beschlüsse des B ü rg e ra u ssc h u sse s b e t r a fe n : B e r a tu n g des städtischen V o ra n sc h la g s f ü r d a s J a h r 19 l9 - A u ß e ro rd e n tlic h e r A u fw a n d im J a h r e s y s ß u n d A u fre c h t­ e rh a ltu n g v o n R estkred iten . V e rk ü n d ig u n g der R ech n u n g e n der städtischen S p a r - u n d P f a n d ­ leihkasse u n d der S chulsparkasse f ü r l 9 s 7 . V e rk ü n d ig u n g der städtischen R e ch n u n g e n f ü r 19 l 7 . E rh e b u n g e in e r h ö h ere n U m la g e f ü r l 9 l 9 - A n d e ru n g der V e rb ra u c h s s te u e ro rd n u n g . „ „ G a s - , W a sse r- u n d S t r o m b e z u g s -O r d n u n g . „ „ G e b ü h re n o rd n u n g des s täd t. S c h la c h t-u . V ie h h o fs . „ des T a r i f s der städtischen S t r a ß e n b a h n u n d der K a r ls r u h e r L o k a lb ah n en . Ä n d e ru n g des O r t s s t a tu t s ü b e r d a s B e s ta ttu n g sw e se n . Festsetzung des Z in s f u ß e s der städtischen S park asse a u f 5 ^ 2 °/o a b s . J a n u a r s 920 . E in f ü h r u n g e in e r L ustb a rk e itss teu e r. V e rk a u f v o n G ru ndstücken a n der c h a n s -S a c h s -S tra ß e . B e te il ig u n g a n der E r r ic h tu n g e in e r g em ein n ü tz ig en G esellschaft „B ad ische T o r f g e w in n u n g " G .m .b .H . m i t e in e r E in la g e v o n 7 8 0 0 0 M k . T e u e ru n g s b e z ü g e der städtischen B e a m te n u n d A rb e i te r . T a r i f v e r t r a g f ü r die städtischen A rb e ite r . G e w ä h r u n g e in e r e in m a lig e n B e sch a ffu n g sb e ih ilfe a n die städtischen B ed ien ste ten . G e s a m ta u fw a n d 5 0 7 9 9 0 0 M k . D esgleichen f ü r die städ t. A rb e ite r . G e s a m ta u fw a n d 5 0 0 0 0 0 M k . E r h ö h u n g der S ta d tr a ts g e h ä l te r . G e b ü h re n f ü r die B eisitzer des M ie te in ig u n g s a m ts u n d der M itg l ie d e r des U n terau ssch u sses der E rw e rb s lo se n fü rso rg e . E r h ö h u n g der o r tss ta tu a ris c h e n Z a h l der B ü rg e rm e is te r a u f v ie r . D ien s tv e rträg e des O b e rb ü rg e rm e is te r s u n d d er B ü rg e rm e is te r , sow ie Festsetzung der R u h e g e h a lte f ü r O b e rb ü rg e rm e is te r a . D . S ie g r is t u n d B ü rg e rm e is te r a . D . V r. P a u l . ts — 27H — E r r ic h tu n g 2 6 w e ite re r P ro fesso renste llen a n h öheren L ehr a n s ta lte n . E r r ic h tu n g 2 2 w e ite re r H au p tleh re rs te llc n a n den V olksschulen . D ie n s tv e r tra g m i t dein V o rs ta n d des G ru n d b u c h a m ts , S ta d t r e c h ts ra t O r . R ie b e r. D ie n s tv e r tra g n n t dein städtischen S c h u la rz t O r . P a u l l . E in r e ih u n g des R e k to rs a n der städtischen V olksschule in den staa tlichen G e h a l t s t a r i f . E r r ic h tu n g e in e r e ta tm ä ß ig e n S te lle f ü r evangelische R e lig io n s le h re r a n der G oetheschu le . Ü b e r t r a g u n g der V o rs tan d ss te lle des städtischen A li lc h a m ts a n O r . B . S en d h o ff . V e r le ih u n g des E h re n b ü rg e r re c h ts a n H a n s T h o ii ia . D a die A m ts z e i t des im J a h r e s f i0 6 g e w ä h lte n O b e r ­ b ü r g e r m e i s t e r s S i e g r i s t ab g e la u sen w a r , w u rd e -— g e m ä ß A rtik e l V I I des B ad isch en G esetzes v o m so . A lä r z s s ls ß die Ä n d e ru n g der G e m e in d e - u n d S tä d te o rd n u n g betreffend — au s 2 3 . J u l i eine N e u w a h l a n b e r a u m t. B o n den s 2 2 w a h l­ berech tig ten M itg l ie d e r n des B ü rg e ra u ssc h u sse s s tim m te n ^ 7 ab , h ie rv o n en tfielen a u s O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t 3 7 S t im m e n , sO Z e t te l w a re n u n g ü l t i g ; es k am sonach eine g ü ltig e W a h l n icht zustande . D ie s h a t te zu r F o lg e , d a ß n u n m e h r u n te r dem 2 3 . J u l i die S te lle des O b e rb ü rg e rm e is te r s öffentlich ausgesch rieben w u rd e . O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t e rk lä rte sich a u f W u n sch des S ta d t r a t s b e re it, die A m tsg e sch ä f te b is zu m E i n t r i t t se ines N a c h fo lg e rs w e ite r­ z u fü h re n . A m S chluffe der S ta d tra ts s i tz u n g v o m 2 8 . A u g u s t richtete H e r r S ta d t r a t F r e y n a m e n s des S ta d tr a ts k o lle g iu m s herzliche A b sch ied sw o rte a n H e r rn S ie g r is t. E r b e ton te , d a ß der Scheidende fast 3 0 J a h r e im D ienste der S ta d t , seit s y 0 6 a l s O b e r b ü r g e r ­ m eister, g estanden u n d sich durch au ß e ro rd e n tlic h e A rb e i ts k ra f t u n d p f lic h ttre u e die H ochschätzung der V e r tre te r der B ü rg e rsc h a f t e rw o rb e n h a b e . B e i se inem W e g g a n g nach la n g e n J a h r e n erfo lgreicher T ä t ig k e i t danke ih m der S ta d t r a t n a m e n s der B ü rg e rsc h a f t fü r a l le s , w a s e r z u in W o h le der S ta d t g e ta n h a b e n n d begleite ih n m it herzlichen W ü n sch en f ü r sein fe rn e re s L eben u n d W irk e n . Nachtrag zu Seite 274. Chronik der Landeshauptstadt K arlsruhe für das J a h r ZYZY. D a s durch die N e u o rd n u n g der in n e rp o litisc h eu V e rh ä ltn isse b ed ing te Gesetz v o n , 15. U lä r z l 9 l 9 betre ffend die Ä n d e ru n g der G em e in d e - u n d S tä d te o rd n u n g schrieb im A rtik e l V I I eine N e u - w ä h l zunächst der S ta d tv e ro rd n e te n u n d so d an n der S ta d t r ä te v o r , die b is U li t te U c a i zu e rfo lg en h a tte . U n te r dem sff. A p r i l erschien in den hiesigen T a g e s z e itu n g e n eine B e k a n n tm a c h u n g des S t a d t r a t s , w onach die W ä h le r lis te n v o m 22 . b is 29 . A p r i l zu r E in s ic h t a u s ­ geleg t w a re n u n d a m 3 . U l a i eine w e ite re , w o d u rch z u r W a h l d e r S t a d t v e r o r d n e t e n sow ie der B e z irk s rä te u n d U re is - ab g e o rd n e te n a u f den s 8 . A l a i e in g e lad en w u rd e . 3 W a h llis te n w u rd e n e in g e re ic h t: v o n der S o z ia ld em o k ra tisch en P a r t e i , der D eutsch- D em okratischen P a r t e i , der Z e n t r u m s P a r te i , der D e u ts c h -N a tio n a le n B o lk sp a r te i u n d der U n a b h ä n g ig e n S o z ia ld em o k ra tisch en P a r t e i . D ie G e sa m tz a h l der ab g eg eb en en S t im m e n b e tru g 3 ^ 9 s 2 . H ie rv o n entfielen a u f : S ozia ld em o k . D eutsch- Z e n t r u m D e u tsc h -N a t. U n a b - p a r t e i D e in o k ra t. V o lk s p a r te i h ä n g ig e S o z . P a r t e i P a r t e i 8 7 p 1 0 7 3 0 8 6 8 7 3 1 7 3 5 3 8 9 D a rn a c h e rh ie lten S te lle n z u g e te ilt: S ozia ld em o k . D eutsch- Z e n t r u m D eutsch N a t . U n a b - p a r t e i D e in o k ra t. V o lk s p a r te i h ä n g ig e S o z . P a r t e i P a r t e i 2^ 5 0 2 ^ 8 sO b i s h e r : S ozia ldem okra tische P a r t e i 29 , F o rtsch rittlich e V o lk s p a r te i 18, N a tio n a l l ib e ra le P a r t e i 5 1 , Z e n t r u m 16, 'K o n se rv a tiv e P a r t e i 1, W irtschaftliche V e re in ig u n g s. A u f G r u n d dieser W a h l fa n d nach den b ish e r ig e n G r u n d ­ sätzen W 18 u n d 22 der S tä d te o rd n u n g ) die N e u w a h l d e r S t a d t r ä t e , m i t A m ts d a u e r b is N o v e m b e r 1922 , a m 2 7 . W a i im g ro ß en R a th a u s s a a l s ta tt. D a s W a h le rg e b n is w a r fo lg e n d e s : D eutsch N a tio n a le V o lk sp a r te i 1, D eu tsch -D em okratische P a r t e i 7 , Z e n t r u m 6, S ozia ldem okra tische P a r t e i 6 , U n a b h ä n g ig e S o z ia l dem okratische P a r t e i u n d U o m m u n is tisch e P a r t e i 2 , im g an z en 22 S ta d tr ä te . D ie se itherige Z u sam m en se tz u n g nach P a r te i e n w a r : N a t i o n a l ­ lib e ra le P a r t e i 8 , F o rtsch rittlich e B o lk s p a r te i ^ Z e n t r u m (h S o z ia l- dem okratische P a r t e i 6 , im g an zen g le ic h f a l l s 2 2 . W ie d e rg e w ä h lt w u rd e n fo lgende S ta d t r ä te : B l o s , B ö n n i n g , B r . D i e t z , F r e y , G e c k , B r . R u l l m a n n , P h i l i p p , S a u e r , T r i e r . N e u h in z u tr a te n : P ro fe sso r B r . p a u s P a u s r a t h (D .-N a t .) , F a b r ik a n t A lb e r t B r a u n , O b e rf in a n z se k re tä r G u s ta v J a c o b , M a le rm e is te r R a r l L a c r o i x , A n n a R i c h t e r , P ro f e s s o r s - E h e f ra u un d R a u s m a n n E m i l R u p p (D .-D em o k r.) , P ro fe sso r B r . P e r m a n n F r a n z , B äckerm eister T h e o d o r G ä r t n e r , S t a a t s r a t p e in r ic h R ö h l e r , M a r i a M a t h e i s , R e c h ts a n w a l ts - W itw e u n d A rb e i te r ­ sekretär F e rd in a n d S c h w a n ( J e n t r . ) , G a s tw i r t P e r m a n n J u n g (U .S .P .) , R e d ak teu r Z a k o b T r a b i n g e r (R o in m . P . ) . A nste lle des zum B ü rg e rm e is te r g e w ä h lte n S t a d t r a t s S a u e r (s. u .) t r a t a m 8 . O k to b e r P a u p tk a ss ie r G o t t lo b S c h w e r d t , ebenso a l s E rsa tz f ü r den v ers to rb e n en S ta d t r a t B ö n n in g R u n ig u n d e F i s c h e r , B uchd ruckers E h e f r a u : D ie lp a h l d e r B e z i r k s r ä t e ») und K r e i s a b g e o r d - n e t e n b) ergab: Demokrat. Dentsch-Bat. Sozialdeinokr. Ilnabhängige „ Partei Bolkspartei Partei Soziald . P artei Zentrum ->) 5 2 » t Z b) 7 ' A 6 2 Z ini g an zen : 1̂ 5 Bezirksräte und 2Z 2<reisabgeordnete. 275 — O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t sprach dein R e d n e r f ü r diese freund liche R u n d g e b u n g , sonne den M itg l ie d e r n des S t a d t r a t s f ü r ih re se itherige U n terstü tzu n g u n d ih re freund liche ko lleg ia le G e s in n u n g seinen herzlichen D an k a u s . E r w erde im m e r m i t G e n u g tu u n g , F re u d e u n d D an k b a rk e it a u f die Z e i t zurückblicken, in der e r h ie r M ita rb e ite n d u rfte im Z n teresse der S ta d t . M i t herzlichen W ü n sch en f ü r d a s fe rnere G ed e ih en v o n R a r l s r u h e u n d seine F ü h r e r schloß er. O b e rb ü rg e rm e is te r U a r l S ie g r is t ist a m 8 . N o v e m b e r s 8 6 2 in S äck ingen g eb o ren . A m l2 . D ezem ber ^ 9 0 w u rd e e r a l s rech tsk u n d ig e r S e k re tä r bei der S ta d tv e r w a l tu n g an g este llt. A m s7 . M a i s 8 ß 2 w u rd e e r zw eite r u n d a m s 2 . M ä r z sßO s erster B ü rg e rm e is te r . N a c h S chnetzle rs T o d w u rd e e r a m 2 2 . D ezem ber 19 0 6 v o m B ü rg e ra u s s c h u ß zu m O b e rb ü rg e rm e is te r g e w ä h lt. D a sich u n te r den B e w e rb e rn , die sich a u f d a s z u v o r e rw ä h n te A ussch re iben f ü r die S te lle des O b e rb ü rg e rm e is te r s gem elde t h a tte n , keine geeignete P ersö n lich k eit fa n d , fiel der V o rsch la g der W a h l ­ kom m ission u n d der dem okratischen B ü rg e ra u s s c h u ß f ra k t io n a u f H e r rn B ü r g e r m e i s t e r v r . J u l i u s F i n t e r in M a n n h e im , der sich seinerseits h ie rzu b e re it e rk lä rte . Z n der W a h l ta g f a h r t a m lf i. S e p te m b e r w u rd e d a n n H e r r B ü rg e rm e is te r O r . F in te r m i t 9 l v o n s)2 S t im m e n zu m O b e r b ü r g e r m e i s t e r d e r S t a d t R a r l s r u h e g e w ä h lt . D e r n e u g e w ä h lte O b e rb ü rg e rm e is te r ist a m 2 3 . F e b r u a r s 8 7 2 in F e u e rb a c h be i R ä n d e r n g eb o re n . E r bestand im Z a h r e s 8 ß 9 die zw eite juristische S ta a t s p r ü f u n g m it bestem E r f o lg , w u rd e b e re its l 900 zu m A m ts r ic h te r , s 9 0 s zu m O b e r a m ts r ic h te r u n d s 9 0 6 zu m L a n d g e ric h ts ra t in M a n n h e im e rn a n n t . D o r t w u rd e die B ü rg e rsc h a f t a u f ih n a u fm e rk sa m , a l s sie im Z a h r e s 9 0 8 e inen B ü rg e rm e is te r zu w ä h le n h a t te . D ie W a h l fiel a u s H e r rn I ) r . F in te r , der auch nach der po litischen U m w ä lz u n g im Z a h r e s f is f i m i t g ro ß e r S t im m e n m e h rh e i t w ied e r g ew ä h lt w u rd e . E b en so w ie f ü r den O b e rb ü rg e rm e is te r w a r auch f ü r den ersten u n d den d r itte n B ü rg e rm e is te r die A m ts z e i t a b g e la u fe n . D a a u ß e rd em die Z a h l der B ü rg e rm e is te rs te lle n u m eine w e ite re v e r ­ m e h r t w u rd e , w u rd e der B ü rg e ra u s s c h u ß a u f den 2 9 - S e p te m b e r zu r N e u w a h l des ersten, d r itte n u n d v ie rte n B ü rg e rm e is te r s e in g e lad en . 18 * / — 2 7 6 — E s w u rd e n g e w ä h l t : a l s s . B ü r g e r m e i s t e r : S ta d t r a t H e i n r i c h S a u e r , h ie r „ Z. „ D b e rb a u in s p e k to r H e r m a n n S c h n e i d e r in B e rm e rsb a c h jA I u rg ta l) „ „ B ü rg e rn ie is te r D r . E r i c h K l e i n s c h m i d t , h ie r. A u s A n la ß des A u ssc h e id e n s des se ithe rigen B ü rg e rm e is te rs D r . H>aul a u s dem städtischen D ienste rich tete S ta d t r a t D r . D ie tz in der S ta d tra ts s itz u n g v o rn 2 . O k to b e r herzliche A bsch ieds- u n d D a n k e sw o rte im N a m e n d er S ta d t a n denselben, w o sü r e r in v e r ­ b ind lichen W o r te n dank te . D r . K a s im ir H>aul ist a m s2 . J u l i ^8 7 3 in M a n n h e im g eb o ren u n d w a r im J a h r e l HOs) zu in ersten B ü rg e rm e is te r der S ta d t K a r ls r u h e g e w ä h lt w o rd e n . I n der S ta d tra ts s i tz u n g v o m 9 . O k to b e r b e g rü ß te der n e u ­ g e w ä h lte s . B ü rg e rm e is te r S a u e r in dieser E ig e n sch a ft d a s K o lle g iu m . I n der S ta d tr a ts s itz u n g v o m 16- O k to b e r b e g rü ß te B ü r g e r ­ m eiste r D r . H o rs tm a n n a l s d ienstä ltester B ü rg e rm e is te r u n d zugleich im A u f t r ä g e d es S ta d tr a ts k o l le g iu m s die H e rre n O b e rb ü rg e rm e is te r D r . ch in ter u n d B ü rg e rm e is te r S ch n e id er u n d en tb o t ih n e n zum A n t r i t t ih r e r A m ts f ü h r u n g herzlichen W illk o m m . O b e rb ü rg e rm e is te r D r . J i n t e r dank te f ü r d a s durch seine W a h l bew iesene V e r tra u e n , e r schloß in A n k n ü p fu n g a n den W a h lsp ru c h „ F id e l i ta s " des K a r l s r u h e r W a p p e n s m it den W o r te n : „ J a , T re u e d er S ta d t, T re u e u n s selbst, so w o lle n w i r jetzt a n die gem ein sam e A rb e i t geh en . G o t t helfe, d a ß sie der S t a d t nützlich se i." E b en so sprach B ü rg e rm e is te r S ch n e id er seinen herzlichen D a n k zu seiner B e ru fu n g a u s u n d bezeichnet« a l s R ich tsch n u r se ines H a n d e ln s den G ru n d s a tz : „ D a s W o h l des V o lk es ist d a s höchste G esetz." I n der B ü rg e ra u ssc h u ß s itz u n g v o m 7 . N o v e m b e r , der ersten u n te r se inem V orsitze, rich tete H e r r O b e rb ü rg e rm e is te r D r . J i n t e r eine A n sp rach e a n die S ta d tv e ro rd n e te n , in der e r a u s den E rn s t der Z e i t , in der e r sein A m t a n g e tre te n h ab e u n d a u f die N o t ­ w en d ig k e it a n g e sp a n n te r A rb e i t h in w ie s . D a b e i b e to n te e r die W ic h tig k e it des gedeihlichen Z u s a m m e n a rb e i te n s der beiden städtischen K o lle g ie n . S ta d tv e ro rd n e te n o b m a n n D r . F r e y dankte dem neuen — 277 — O b e rb ü rg e rm e is te r f ü r seine W o r te u n d h ieß ih n sow ie die beiden an d e ren n eu en B ü rg e rm e is te r herzlich w illk o m m e n . E r sprach die H o ffn u n g a u s , d a ß a u s dem e in träch tig en Z u s a m m e n a rb e i te n der fü h re n d en M ä n n e r m i t dein B ü r g e ra u s s c h u ß d a s G em e in w esen sich w ieder a u f w ä r t s entw ickeln w erde. B e im B ü rg e rm e is te ra m t a l s G em e in d e g e rich t w u rd e n im Z a h r e l ß l ß e rw irk t: 7 0 8 Z a h lu n g s b e fe h le , s 5 8 V o lls treckungsbefeh le , 2 sO W id e r ­ sprüche. R ech tsstre ite w a re n 7 s 6 a n h ä n g ig . H ie rv o n w u rd e n e rle d ig t: 6 ß durch abw eisende E n tsc h e id u n g e n , 3 2 5 durch v e ru r te ilen d e E n tsch e id u n g en , sOö durch V erg le ich , s 6 8 durch B e ru h e n la ssen , 5 7 durch Z u rü c k n a h m e , s 2 w u rd e n in d a s J a h r s ß 2 0 ü b e rn o m m e n . B e ru fu n g e n gegen e rg a n g en e E n tsc h e id u n g e n fan d e n in 8 s F ä l le n s ta tt : in 9 F ä l le n w u rd e die E n tsc h e id u n g b es tä tig t, in 6 a b g e ä n d e r t , in 9 durch V erg le ich , in s 2 durch B e ru h e n la sse n u n d in 9 durch Z u rü c k n a h m e erled ig t. Z n 3 6 F ä l le n w u rd e d a s E r g e b n i s dem B ü rg e rm e is te ra m t n ich t m itg e te ilt . A rre s te u n d e in stw eilige V e r ­ fü g u n g e n e rg in g e n 6 , S ü h n ev ersu ch e fa n d e n 6 3 0 s ta tt. H ie rv o n g e lan g e n 2 7 0 , m iß la n g e n H 80. D a s G e w e r b e g e r i ch t erled ig te s ß s ß in 5 2 Ä tz u n g e n ( s 9 s 8 : 5 2 ) 2 3 2 ( s 5 2 ) R e ch tsstre itig k e iten u n d z w a r 8 7 (5 s ) durch A rte il , 6H (3H) durch V erg le ich , 2 0 (33) durch Z u rü c k n a h m e der A la g e ; A n e rk e n n tn is e rfo lg te keine ( s ) ; b e ru h e n b lieb en 6 s (33 ). Z n den 8 7 v o n A rb e ite rn e rh o b e n en R ech tss tre itig k e iten , welche durch A rte il entschieden w u rd e n , la u te te n die letzteren in 2 5 F ä l le n gan z nach dem A n tr a g der A la g e ; in 3 6 F ä l le n w u rd e die A la g e g an z u n d in 2 6 teilw eise abgew iesen . Z n den sH 5 n ich t durch A rte il e rled ig ten R ech tsstre itigke iten w a re n 8 A rb e itg e b e r u n d s5 7 A rb e ite r a l s A lä g e r a u fg e tre te n . E s w u rd e n 2 2 B ew eisbesch lüsse erlassen u n d 2 0 vo llstreckbare A u s fe r t ig u n g e n v o n U rte ile n , gerich t­ lichen V erg le ichen u n d Beschlüssen e r te ilt. A l s E in ig u n g s a m t sow ie a l s begutach tende u n d a n tra g s te lle n d e B e h ö rd e t r a t d a s G e w e rb e ­ gericht n icht in T ä t ig k e it . D a s A a u f m a n n s g e r i c h t e rled ig te s 9 s 9 iu s 5 Ä tz u n g e n ( s ß s 8 : s7 ) HO (HO) S tre itsa ch e n u n d z w a r sO ( s 5 ) durch U rte il , — 278 — s7 (2 s ) du rch V erg le ich , 5 (4) durch Z u rü c k n a h m e , der A la g e ; b e ru h e n b lieb en 8 (7). Z n den 10 R ech tsstre itigke iten , welche durch U r te i l e r led ig t w u rd e n , la u te te n diese in 4 F ä l le n g an z nach dem A n t r a g d er A la g e , in 2 F ä l le n w u rd e die A la g e g an z , in 4 teilw eise ab g ew iesen . Z n diesen sO R ech tsstre itigke iten t ra te n 0 A au sleu te u n d sO H a n d lu n g s g e h ilfe n a u s . A uch in den ü b r ig e n n ich t durch U r te i l e r led ig ten R ech tsstre itig k eiten w a re n die A lä g e r H a n d lu n g s ­ g eh ilfen . L s w u rd e n 5 B ew eisbeschlüsse erlassen u n d 3 vollstreckbare U r te i l s a u s f e r t ig u n g e n e r te ilt. L in e T ä t ig k e i t des A a u s m a n n s g e r ic h ts a l s L in ig u n g s a m t sow ie a l s b egu tach tende oder an tra g ss te lle n d e B e h ö rd e h a t n ich t s ta ttg e fu n d e n .* ) *) D ie Gesam tzahl der im Jah re vom B e z i r k s a m t behandelten A nzeigen wegen innerhalb des Stadtbezirks begangenen Übertretungen belief sich auf Hooo gegen Hosy Angezeigte. Durch Einstellung wurden zqg? erledigt, durch polizeiliche Strafverfügung 2^7-0 durch Entscheidung der höheren P olize i­ behörde 4, durch richterliches U rteil 2g (22 Bestrafte, 7 Straffreie). D ie zuerkannten Strafen bestanden in ZI3 ksaftstrafen und 228; Geldstrafen. D ie F ertigung der Statistik über die einzelnen Arten der Übertretungen war auch im J a h re ;y ;y nach Anordnung des M inisterium s unterlassen worden. D ie Z ah l der vom A m t s g e r i c h t ; 9 ;y erlassenen Zahlungsbefehle betrug 32-ty ( l d l s : ;y 2 ; ) , die der vollstreckungsbefehle 770 (362), die der vorgenom menen Fahrnispfändungen 663 (775) , die der vollzogenen F ahrnis­ vollstreckungen 30 (-13), die der erösfneten Konkurse 3 (7) , die der ausgenommenen Wechselproteste ;30 (;3«0 und die der aufgenom m enen Scheckproteste t (2) . B e im N o t a r i a t waren im Berichtsjahre ( ;y ;8 : ;qh) Z w a n g s­ vollstreckungen anhängig . Erledigt wurden 78 (34) und zwar 3H (;y ) durch Versteigerung, q-z (z s ) durch V erw altung. I n ;8 (t2 ) Fällen wurde das Versteigerungsversahren aufgehoben und in 16 (7) Fällen durchgeführt. Bauliche Entwicklung der Stadt. uch i» diesem J a h r e h a t sich der U m f a n g d e r städtischen G e m a r k u n g n ich t g e ä n d e rt. D ie B a u t ä t i g k e i t n a h m z u ; e in m a l m u ß te f ü r die w achsende Z a h l A rb e its lo s e r geeignete A rb e itsg e le g e n h e it geschaffen w erd en , so d a n n z w a n g die im m e r d r in g lic h e r A b h ilfe heischende W o h n u n g s n o t zu r I n a n g r i f f n a h m e n eu e r S tra ß e n h e rs te llu n g e n . S o w u rd e n die E r d a r b e i te n f ü r den H o c h w a s se rd a m m d es V . R h e in h a fen b eck en s b eg o n n e n u n d der B a u d es w estlichen E n t ­ la s tu n g sk a n a ls fo r tg e s e tz t, die zurückgestellten L tr a ß e n b a u te n im W e ih e r ­ äckergebiet w ieder a u s g e n o m m e n , die E rs c h lie ß u n g d es e h e m a lig e n E x erz ie rp la tze s a n der G o t te s a u e r S t r a ß e du rch E r b a u u n g v o n S tra ß e n k a n ä le n e ingele ite t u n d ebenso die A n la g e der G a r te n s ta d t G rü n w in k e l ge fö rd ert, u n d d u rch H erste llung der S t r a ß e n h in te r der T u lla sc h u le die E r r ic h tu n g städ tischer S to c k w e rk sb a u te n a n dieser S te lle v o rb e re ite t. U U t den S t r a ß e n u m b a u te n im Z u s a m m e n h a n g m it dem A u s b a u des S tra ß e n b a h n n e tz e s , in sb e so n d e re der L in ie G s t— W est, w u rd e fo rtg e fa h re n u n d v o r a lle m die V e rs tä rk u n g d es L a n d g ra b e n g e w ö lb e s in der A a p e lle n s tra ß e in A n g r i f f g e n o m m e n . A l s w eitere N o ts ta n d s ­ a rb e ite n w u rd e die v o r lä u f ig e H ers te llu n g der A lb u fe rs tra ß e u n d verschiedene E rw e ite ru n g e n der A n la g e n b e im städtischen L ich t-, L u ft- u n d S o n n e n b a d d u rc h g e fü h r t. 280 U b e r den S ta n d der A u fw e n d u n g e n g ib t die nach fo lgende Ü bersicht A u fs c h lu ß : B augegenstand v o m B ürger- ausschuß bew illigt am B e - w illigter A ufw and F °q- G esam t- aufw and D es B a u es Beginn L. An früheren Jah ren begonnene, ly ly noch nicht vollendete B auten D S t r a ß e n b a u t e n . 28. V. 14 17. V. 15 I. Rüppurrer Straße, U m b a u ......................... 26. IX. 13 K 69248 — 1827 34 2 . A lbuferanlagen zw i­ schen verschubbahn- hof und Rüppurr sow ie Straßen im W eiheräcker- und Dammerstockgebiet . l l .V I I . 16 1 13800 121721 45 Zusam m en . . 4 8 3 0 4 8 — 1 2 3548 79 II. K a n a l b a n t e n . t. Erstellung eines vier­ ten Beckens des städt. R h ein h afen s . . . 4. X I. 12 2 5 1 6 0 0 8 0 0 4 4 62 12.VII.15 2 . w estl. L ntlastnngs- k a n a l ......................... 7. VI. 10 4 2 5 0 0 0 3 2 1 6 6 2 6 58 9. XII. 18 6 7 6 6 0 0 — 3 2 9 6 6 7 1 20 v . An früheren Jah ren begonnene und fy>«) vollendete Bauten. S t r a ß e n b a u t en. t . B ahnhofsplatz und eimnündende Straßen . . . . 29 . VII. 12 2. K arl-W ilhelm - S t r a ß e ............................. 7. VII. 14 3. Straßen in den Iveiheräckern . . . 2 8 . IV. 14 H. S oxh ien-S traße zw i­ schen Scheffel- und K örner-Straße . . 7. VII. 14 5 3 2 6 0 0 — 58 6 5 5 0 10 6. XII. 12 31. III 20 2 5 5 4 0 0 — 120192 72 23.X I. 14 31. III. 20 8 9 4 9 4 - 137506 84 4 .1 .1 5 31. III. 20 1 12900 121397 01 25. XI. 18 15. III. 19 9 9 0 3 9 4 — 9 6 5 6 4 6 87 — 28s — vo m Bürger- ansschuß bewilligt am B e - G esam t­ aufw and D es B a u e s Baugegenstand w illigter Aufw and « . . . . . . . . . . . 6. Zn« Aahr l<)ty begonnene nnd vollendete B auten . I. S t r a ß e n b a u te n. t. Straßen hinter der Tullaschule A uffü l­ lung der Straßen- d ü m m e ......................... 5. XII. 19 11 0 0 0 0 — 188 793 61 22 .X I.1 9 20. III. 20 II. K a u a l b a u t e u . v Straßen südlich der Tullaschule. . . . 23. I V. 19 6 6 8 0 0 0 111374 35 8. IX. 19 1». III. I!I 2 . T u lla -S tr a ß e östlich G erw ig-Straße . . 28. VII. 19 4 2 0 0 0 4 5 547 61 1. X . 19 29.IX .19 2. Gartenstadt G rü n ­ winkel ......................... 23. IV. 19 20 5 0 0 0 1 14909 81 29 .IX .19 15. II. 20 9 1 5 0 0 0 - 261831 77 III. v e r s c h i e d e n e r . I. Luft-, Licht- und I Sonnenbad . . . M ./A M . IS 16 OM — 2 2 0 1 9 53 2. VII. 19 ll. 1!II. IS I». )n» J a h r t9>9 begonnene und nicht inehr vollendete Bauten. I. S t r asi e ii b a ii t e ii. 22. V. 19 I. K rieg s-S tra ß e zw i­ schen K apellen- und Karl-Friedrich-Str. . 30. VI. 14 1 4 1550 1 27179 76 2. Schück- und Berck- inüllerstraße . . . 23. IV. 19 3 5 4 1 0 8 9 9 9 3 79 z. A lbuferstraße. . . 17. IX. 19 135 MO — 1 2 5 6 1 3 47 3 1 1 9 6 0 — 352 787 02 A I!I. I» 1 .IX .1 9 II. K a n a l b a u t e n . 1- K le in h aus-S ied lu n g an der G ottesauer- Straße . . . . . A /A M I.IS 12 9 8 0 0 3 2917 20 15.IX .19 — 282 — Gegenstand von, Bürger- ansschuß bewilligt am B c - w illigter A ufw and G esam t­ aufw and Des Baues III. v e r s c h i e d e n e s . I. kjochwasserdamm zum fünften Becken 23. IV. 19 1 4 8 9 0 0 0 — 2 2 3 2 6 9 3 61 20.11.19 2. A bleitung der Feder- b a c h ............................... 25.VII.19 2 9 7 0 0 0 _ 1 7 0 2 3 9 33 tü. sll. IS z. A usbau des Straßen- bahnnetzes, Land- grabengew ölbever- stärknng V apellen- Straße . . . . 30. VI. 14 3 7 6 0 0 — 1 4 7 1 9 3 66 tü .M l» Di e B a n p l a t z u m l e g u » g e n ru h te n , d ag e g en w u r d e n zur E r m ö g l i c h u n g eines gesteigerten W o h n u n g s b a u e s eine R e ih e v o n B a u f lu c h te n festgestellt, n ä m l i c h : 1. E r w e i t e r u n g der G a r t e n s t a d t R ü p p u r r ; 2 . G e l ä n d e a n der R r i e g s - S t r a ß e zwischen R a p e l l e n - S t r a ß e u n d G s t e n d - S t r a ß e ; 3 . G e l ä n d e zwischen G o t t e s a u e r u n d R r i e g s - S t r a ß e ; G e b ie t östlich der T u l l a - S c h u l e zwischen R i n th e i n ie r S t r a ß e u n d D u r l a c h e r A l le e ; 5 . G e b ie t östlich der W a l z s t r a ß e zwischen R i n th e i m e r u n d R a r l - W i l h e l m - S t r a ß e ; 6 . H a r d t w a l d - S i e d e l u n g h in te r d e m U a d e t t e n h a u s u n d der G r e n a d i e r - R a s e r n e ; 7. G a r t e n v o r s t a d t G r ü n w i n k e l Ecke D u r m e r s h e i m e r - u n d P f a l z ­ s traße . D ie g e t ren n te A b h o l u n g der R ü c h e n a b f ä l l e w u r d e e in ­ gestellt, d a der bereitgestellte A b f a l l d e r a r t zu rückgegangen , d a ß eine w ir tschaf t l iche V e r w e n d u n g ausgesch lossen w a r . A n m e r k u n g : D a der Bchluß des R echnungsjahres auf 20. März verlegt worden ist, beziehen sich obige A ngaben auf die Z e it vom z. I. (g bis 20. III. 20. — 283 — I m B e r i c h t s j a h r sf lsf l w u r d e n durch d a s H o c h b a u a m t neben den a l lg em e in e n I n s ta n d s e tz u n g e n der städtischen G e b ä u d e folgende B a u a r b e i t e n a u s g e f ü h r t : s . D e r l 9 s 2 begonnene N e u b a u d e r G e w e r b e s c h u l e , der bei A u s b r u c h des U r i e g e s sf lsH n a h e z u fertiggestellt w a r u n d w ä h r e n d des A r i e g e s Lazaret tzwecken diente, konnte erst i m J a n u a r seiner B e s t i m m u n g ü b e rg e b en w erd en . B i s z u m M a i w a r e n die letzten noch feh lenden A u s b a u - A r b e i t e n u n d die in fo lge der la n g e n m il i tä r is ch e n B e n u tz u n g des G e b ä u d e s n o tw e n d ig gew o rd en e n In s ta n d s e tz u n g e n verschiedener R ä u m e v o llende t . D ie bau l iche u n d künstlerische O b e r l e i t u n g w a r , w ie in der C h r o n ik v o n b ere i ts e r w ä h n t , H e r r n P ro f e s s o r Beck in U a r l s r u h e ü b e r t r a g e n . B e i der P l a n u n g des G e b ä u d e s w u r d e anges treb t , den Lidell- platz gegen O s te n in bestm öglicher W eise abzuschließen . D ie s w u r d e erreicht durch die m o n u m e n ta l e , sy m m etr ische H a u p tsch a u se i te m i t dem k rä f t ig be to n te» H a u p t e i n g a n g in der W i t te la c h se . F ü r die A n o r d n u n g der R ä u m e w a r in erster L in ie die F o r d e r u n g einer zweckdienlichen u n d prak tischen G r u p p i e r u n g derselben m a ß ­ gebend. D ie W erkstä t ten fü r M e t a l l b e a r b e i t u n g , in sb e so n d e re a lso a lle U n te r r i c h t s r ä u m e m i t schweren M a s c h in e n oder solchen B e t r ie b e n , welche starke E r s c h ü t t e r u n g e n u n d G e rä u sc h e v e ru rsac h en , w u r d e n in d a s U n te rge sch oß gelegt. W erk s tä t ten m i t leichten m asch ine l len E in r i c h t u n g e n konn ten bei der m ass iven B a u a r t des G e b ä u d e s unbedenklich in ob eren S tockw erken u n te rg e b ra c h t w erden . D ie g u t beleuchteten R ä u m e m i t N o r d l i c h t i m G e b ä u d e f lü g e l a n der M a r k - g r a f e n s t ra ß e sind a u ß e r e in igen W erks tä t ten u n d L eh rsä len der v e r ­ schiedenen H au d w e rk sz w e ig e f ü r den Z e ichen - u n d M a l u u t e r r i c h t vorgesehen . D ie V e r w a l t u n g s r ä u m e u n d die z u m a l lg e m e in e n G e b r a u c h b es t im m ten V e r s a m m l u n g s r ä u m e liegen i m m i t t le re n G e b ä u d e f lü g e l gegen den L idellp la tz. D e r F lü g e l in der S te in - S t r a ß e u m f a ß t neben verschiedenen W e rks tä t ten u n d L eh rsä len auch L a b o r a t o r i e n u n d E x p e r i m e n t i e r - R ä u m e . A l s b esond ers b e m e rk en sw e r te R ä u m e g e l ten : im U n te rgeschoß d a s S c h ü le rb ra u s e b a d u n d der du rch zwei S tockwerke gehende u n d m i t d em E rd g e sc h o ß durch eine G a le r i e v e rb u n d e n e I u s t a l l a t i o u s - r a u m der B lechn er- u n d I n s t a l l a t e u r - F a c h s c h u l e ; i m E r d g e s c h o ß — 28§ — neb en dem v o r g e n a n n te n I n s t a l l a t i o n s r a u i n der I n s t a l l a t i o n s - M u s t e r s a a l ; i m I. «Obergeschoß der A u s s t e l l u n g s s a a l fü r die ständige A u s s t e l l u n g , d a s K o n f e r e n z z im m e r , d a s R e k to rz im m e r u n d die V e r w a l t u n g s r ä u m e , sow ie die L eh re r - u n d S c h ü le rb ü c h e re i ; im II. (Obergeschoß der E h e m i e s a a l m i t V o r b e r e i t u n g s r a u n : u n d S chü le r- l a b o r a t o r i u m , die Physikklasse m i t S a m m l u n g s - u n d O o r b e r e i t u n g s ­ r a u m , sow ie der g r o ß e V o r t r a g s s a a l m i t V o r s a a l , letzterer zu r V o r f ü h r u n g v o n L ich tb i lde rn u n d m i t V e r d u n k lu n g s v o r r i c h tu n g versehen , i m D ach gesch oß d a s p h o to g r a p h i s c h e A te l ie r m i t D u n k e l ­ k a m m e r n . I n je d e m Geschosse sind 2 A b o r t g r u p p e n m i t besonderen A b te i lu n g e n f ü r L eh re r u n d S c h ü le r u n te rg e b ra ch t . F ü r die B e h e i z u n g des G e b ä u d e s ist eine N ie d e r d ru c k d a m p f ­ he izung m i t künstlicher L ü f t u n g s a n l a g e vorgesehen . D e r A n f ü h r u n g frischer L u f t d ien t ein m it te n im S c h u lh o f stehender u n d gleichzeitig a l s B r u n n e n a u s g e s ta t te te r kleiner 'K u p p e lb a u (der m i t der F r i s c h ­ lu f tk a m m e r in : K elle rgeschoß durch einen K a n a l in V e r b in d u n g steht). A u r ä u ß e r e n G e s t a l t u n g des G e b ä u d e s w u r d e n v e rw e n d e t : F i n ­ den Sockel u n d die architektonischen G l ie d e r u n g e n M ü h l b a c h e r S a n d s te in , f ü r die sc h m a len F ens te rp fe i le r der Seiten f lügel a n der M a r k g r a f e n - u n d S t e i n - S t r a ß e E is e n b e to n m i t s te inm etzm äßig b e a rb e i te te n : V o rs a tz b e to n , f ü r die M a u e r f l ä c h e n h e l lg r a u e r p u tz u n d a l s D achdeckung b r a u n e Z ie g e l in D a c h p f a n n e n f o r m . A l s Dcckenkonstruktion w ä h l t e m a n in der H a u p tsac h e E is e n - beton-Hohlstegdecken (Koenen 'sche p la n d ec k en ) . A b e r der V o r h a l l e u n d der g r o ß e n H a l le in : E r d g e s c h o ß g e la n g te n Eisenbetondeckei: m i t kassettierter N nters ich t zu r A u s f ü h r u n g . E i n beso nderes architektonisches G e p r ä g e i m I n n e r n des G e b ä u d e s erh ie l t die H a u p t t r e p p e , welche die g r o ß e H a lle in : E rd g e s c h o ß m i t den H a l l e n des I. u n d II. «Obergeschosses v e rb ind e t . I n besserer A u s s t a t t u n g w u r d e n vo i: den R ä u m e n a u s g e f ü h r t : d a s K o n fe re n z - u n d d a s R e k to r z im m e r i m I . O b e r g e s c h o ß u n d der g r o ß e V o r t r a g s - u n d V e r s a m m l u n g s s a a l in : II. O b e rg e sc h o ß . D a s S c h u l d i e n e r w o h n h a u s in : S c h u lh o f in der N ä h e der E i n ­ f a h r t v o n der S c h w a n e n s t r a ß e ist zweigeschossig erstellt u n d teilweise a n die a m b u la to r i s c h e K l in ik a n g e b a u t . E s e n th ä l t in jeden: S tockw erk eine W o h n u n g , bestehend a u s 3 A in n n e k n , K üche u n d A b o r t . 2 3 5 — D ie B a u k o s te n f ü r den g e s a m te n G e w e r b e s c h u ln e u b a u , einschl. D i e n e r w o h n h a u s , b e t ru g e n r u n d f 5 0 H 0 0 0 B lk . H ie r v o n en t fa l le n a u f die innere E i n r i c h t u n g e t w a f f HOOO B lk . 2 . D e r U m - u n d E r w e i t e r u n g s b a u d e r R e a l s c h u l e in der E n g l e r - L t r a ß e , der b e re i ts i m F r ü h j a h r s y s H b eg o n n e n w u r d e u n d bei A u s b r u c h des R r i e g e s in der H a u p t s a c h e a l s vo llendet angesehen w erd en konnte , w a r z u s a m m e n m i t dein H a u p t b a u w ä h r e n d der g anzen D a u e r des R r i e g e s v o m B l i l i t ä r in A n s p r u c h g e n o m m e n , so d a ß sich erst im J a n u a r 1 9 1 9 , n a c h d e m auch h ie r die noch fehlenden E r g ä n z u n g s a r b e i t e n u n d verschiedenen In s ta n d s e tz u n g e n a u s g e f ü h r t w o r d e n w a r e n , die M i e d e r a u f n a h m e des S c h u lb e t r i e b s erm ögl ich te . D ie E r w e i t e r u n g der R e a lsch u le e r fo lg te in der W eise , d a ß d a s dreistöckige H a u p tg e b ä u d e d u rch einen Z w is c h e n b a u m i t dem vierstöckigen L e i t e n b a u i m S c h u lh o f v e r b u n d e n w u r d e . W e g e n des durchgehenden V e r b i n d u n g s g a n g e s k a m e n z w a r 3 L eh rsä le im a l ten B a u in W e g f a l l , d a f ü r w u r d e n a b e r ein L a b o r a t o r i u m u n d ein L e h r s a a l f ü r E h e m ie , ^ L eh rsä le u n d 1 S i n g s a a l , z u s a m m e n a lso 7 S c h u l r ä u m e geschaffen, so d a ß in s g e s a m t H neue S c h u lsä le g e w o n n e n w e rd e n konn ten . A u ß e r d e m w u r d e n i m A w is c h e n b a u in 3 S tockw erken die A b o r t a n l a g e n u n te rg e b ra c h t , die sich seither in e inem besonderen A b o r t g e b ä u d e im S c h u lh o f b e fa n d e n . Schließlich erhie lt d a s ganze G e b ä u d e noch eine Z e n t r a l h e i z u n g s a n l a g e — N ie d e r ­ d ru ck d a m p fh e iz u n g — -, w o d u rc h eine wesentliche V erbesse run g der H e iz u n g sv e rh ä l tn is s e erzielt w u r d e . D ie G e s a m tb a u k o s te n f ü r die E r w e i t e r u n g einschließlich H e iz u n g s a n la g e b e t ru g e n r u n d 118 0 0 0 B lk . 3 . D e r G u t s h o f R ü p p u r r e r f u h r , u m den B e t r i e b d es ­ selben möglichst w ir tschaf t l ich zu ges tal ten , auch i m J a h r e 1 9 1 9 einige V e r ä n d e r u n g e n u n d V erbesse rungen . S o w u r d e zunächst d a s f rü h e re B l a s c h i n e n h a u s in e in W i r t ­ schaf tsgeb äu de u m g e b a u t . D ie R o s ten fü r diesen U m b a u b e t ru g e n r u n d 8 5 0 0 0 B lk . E s folgte s o d a n n der E i n b a u v o n H Z i m m e r n nebst A b o r t im e h e m a l ig e n D i r e k t o r w o h n h a n s m i t e inem R o s t e n a u f w a n d v o n e t w a f 5 0 0 0 B lk . — 286 — I m ü b r ig e n erh ie l t die S cheun e noch e inen elektrisch betriebenen A u s z u g zu r B e f ö r d e r u n g v o n H eu , S t r o h , G e tre ide , F ru c h t - u n d F u t t e r m i t t e l n . D ie R o s ten h ie r f ü r b e t ru g e n r u n d 9000 M k . H. D a s s t ä d t i s c h e S ä g e - u n d H o b e l w e r k a m R h e i n ­ h a fe n w u r d e i m N o v e m b e r l 9 l 9 b e g o n n e n . V e r a n l a s s u n g zur E r r i c h t u n g dieser A n l a g e g a b die E r w e r b u n g v o n e t w a 8 0 0 0 c b m H olz a u s H eeresbes tänden du rch die S t a d t u n d der U m s ta n d , d a ß dieses H o lz f ü r B au zw ecke nicht o h n e w eite res geeignet w a r u n d n eu geschnitten u n d geho be l t w e rd e n m u ß te . A n d e re r s e i t s w a r se itens der S t a d t v e r w a l t u n g w egen der h ohen P re is e , welche p r iv a t e S ä g e w e rk e f ü r geschnit tenes H olz fo rd e r t e n , auch d a r a u gedacht, R o h h o l z selbst zu beschaffen u n d dieses i m eigenen B e t r i e b zu b e a rb e i te n . 5 . D e r I. B a u a b s c h n i t t d e r A l e i n w o h n H ä u s e r a n d e r H o l l ä n d e r - S t r a ß e i n D a x l a n d e i ! , der im M k to b e r l 9 s 3 b e g o n n e n w u rd e , u m f a ß t e n u r 3 E i n f a m i l i e n h ä u s e r in s h z - bezw. 2 stockiger B a u w e i s e m i t je 2 Z i m m e r n , W o h n k ü c h e , A le in t ie r - s ta l lu n g u n d A b o r t . A l s I I . B a u a b s c h n i t t fo lg te im F r ü h j a h r l 9 l 9 der B a u v o n w ei te ren s2 E i n f a m i l i e n h ä u s e r n a n der H o l lä n d e r - u n d V a le n t in - S t r a ß e in g le ich fa l ls l h z - u n d 2 stockiger B e b a u u n g m i t s s D r e i ­ z i m m e r - u n d s V i e r z i m m e r w o h n u n g nebst den d a z u g e h ö r ig e n W o h n ­ küchen, A le in t ie r s t a l ln n g e n u n d A b o r t e n . I n f o l g e M a n g e l s a n Z e m e n t w a r es nicht m ög l ich , die U m f a s s u n g s w ä n d e dieser H äu se r in der gleichen W eise w ie jene der ersten 3 W o h n u n g e n in A a lk - sandschlackenbeton ( v e rg l . die E h r o n i k s y s S s herzustellen. U l a n w ä h l t e d e s h a lb luft trockene L ehm steine m i t B ru ch s te in verk le id un g a n der W ette rse ite . D e r G e s a m tk o s t e n a u f w a n d f ü r al le f 5 W o h ­ n u n g e n b e t ru g r u n d 3 9 5 0 0 0 U lk . H ie r v o n en t fa l len a u f S t r a ß e n - u n d N o tw e g h e r s t e l l u n g r u n d 5 3 0 0 0 M k . V o n : G e s a m t a u f w a n d ü b e r n a h m e n Reich u n d S t a a t a l s A n te i l a m B a u k os tenzuschuß die L u m m e v o n 2 2 6 8 0 0 M k . D ie ersten 3 H ä u s e r w u r d e n i m J u l i , die ü b r ig e n s 2 i m N o v e m b e r l 9 l d bezogen. 6 . Z u r E r s t e l l u n g w e i te re r R l e i n w o h n u n g s b a u t e n w u rd e im F r ü h j a h r s 9 l 9 d a s d o m ä n e n ä r a r i s c h e G e l ä n d e z w i s c h e n R r i e g s - u n d G o t t e s a u e r - S t r a ß e ( L o h f e l d ä c k e r ) der S ta d tg e m e in d e — 287 — in (E rbp ach t über lassen . M i t der r e c a n tw o r t l i c h e n A u s f ü h r u n g der S ie d e lu n g b e a u f t r a g te die S t a d t die n eu geg rü n d e te H a n d w e r k e r - baugenossenschast u i . b . H . D e r I. B a u a b s c h n i t t d e r L o h s e i d s i e d e l u n g w u r d e i m J u l i sflsfl m i t sO H ä u s e r g r u p p e n oder z u s a m m e n 5 2 E i n f a m i l i e n ­ h äu s e rn b eg o n n e n . J e d e s H a u s e n th ä l t eine D r e i z i m m e r w o h n u n g m i t R üche nebst A b o r t - u n d S c h u p p e n a n b a u . F ü r die N m f a s s u n g s - w ä u d e w ä h l t e m a n 3 0 c m starkes B a c k s te in m a u c rw e rk m i t L u f t - iso l ie ru n g . S ä m t l i c h e H ä u s e r w a r e n b i s E n d e s 9 s 9 i m R o h b a u fertiggestellt. D e r II . B a u a b s c h n i t t m i t 5 H ä u s e r g r u p p e n od er z u s a m m e n 2 6 D r e i z im m e r w o h n u n g e n konnte erst im N o v e m b e r s 9 i 9 in A n g r i f f g e n o m m e n w erd en . 7 . A u c h a u f dem städtischen G e l ä n d e h i n t e r d e r T u l l a - s c h u l e sind R l e in w o h n u n g e n erstellt w o rd e n , doch g e la n g te n h ie r nicht F la c h b a u te n oder E i n f a m i l i e n h ä u s e r z u r A u s f ü h r u n g w ie in D a x la u d e n u n d a u f d em Lohfe ld , so nd e rn 3^/z- u n d H stückige M e h r f a m i l i e n h ä u s e r . D e r im M a i s 9 i 9 b eg o n n e n e I. B a u a b s c h n i t t g a l t der E rs te l lu n g v o n 8 solchen M e h r f a m i l i e n h ä u s e r n m i t 8 E i n z i m m e r - , Z w e i - u n d s-s D r e i z im m e r w o h n u n g e n u n d 2 L äd e n , i n s g e s a m t a lso m i t 6H M o h n u n g e n nebst den d a z u g e h ö r ig e n R ü c h e n , B o r ­ plätzen u n d A b o r t e » . S ä m t l i c h e H ä u s e r sind in so l id em Backste in­ m a u e r w e r k , u n te r s p a r s a m e r V e r w e n d u n g v o n H au s te in a u s g e f ü h r t . B i s E n d e s 9 s 9 w a r e n die B a u t e n i m R o h b a u n a h e z u vo llendet . M i t dem II . B a u a b s c h n i t t d e r T u l l a h ä u s e r w u r d e i m N o v e m b e r beg o n n e n . Derselbe u m f a ß t g le ich fa l ls 8 M e h r f a m i l i e n ­ häu se r , jedoch n u r m i t i n s g e s a m t 5H W o h n u n g e n , d a s sind 2 E i n ­ z i m m e r w o h n u n g e n , s 9 Z w e i z i m m e r - , 3 s D r e i - u n d 2 B i e r z im m e r ­ w o h n u n g e n nebst Z u b e h ö r . B e m e r k e n s w e r t ist h ie r , d a ß d a s zw ei­ stöckige eh e m a l ig e S c h u ld i e n e r h a u s in die vierstöckigen W o h n h a u s ­ b a u t e n dieser G r u p p e einbezogen w erd en m u ß t e . D a s s e lb e erh ie l t d e s h a lb , abgesehen v o n sonstigen kle ineren Ä n d e r u n g e n , einen zwei­ geschossigen A u f b a u , w o d u rc h eine einheit liche W i r k u n g der g an zen G r u p p e erzielt w u rd e . 8. Die im D ezem b er s 9 s 8 a n g e f a n g e n e n b e i d e n W o h n - b a r a c k e n a n d e r D u r m e r s h e i m e r S t r a ß e i n G r ü n ­ w i n k e l v o n je s O > < 3 0 m G r u n d f lä c h e m i t z u s a m m e n 8 Z w e i - — 288 — u n d 2 D r e i z im m e r w o h n u n g e n nebst R ü c h e n , A e l le rn u n d A b o r t e n k on n ten i m M ä r z ist ist bezogen w erd en . D ie B a ro c k e n sind F a c h ­ w e r k s b a u t e n m i t ä u ß e r e r u n d in n e re r B r e t t e r v e r s c h a lu n g . D ie F a c h w e rk z w is c h e n rä u m e w u r d e n te ils m i t T o r f m u l l , te i ls m i t A a lk - schlackenbeton a u s g e f ü l l t . D ie B a u k o s te n b e t ru g e n r u n d 8 0 0 0 0 A lk . st. I m S o m m e r sstsst fo lg te der B a u w eite re r -s W o h n ­ b a r a c k e n i n d e r B a n n w a l d a l l e e u n d z w a r 2 v o n s O X o O m u n d 2 v o n s O X i 5 m G ru n d f lä c h e m i t z u s a m m e n s o Z w e i - u n d H D r e i z im m e r w o h n u n g e n . Hinsichtlich der A r t u n d A u s f ü h r u n g dieser B e h e l f s b a u t e n entsprechen diese g e n a u den B a ra c k e n a n der D u r m e r s h e i m c r S t r a ß e . S ä m t l i c h e W o h n u n g e n sind seit J u l i sstsst bezogen. D ie B a u k o s te n b e t ru g e n s 5 s 8 0 0 A lk . sO. D u rc h U m - u n d E i n b a u in den v o n der R e ic h s v e r m ö g e n s ­ v e r w a l t u n g der S ta d tg e m e in d e zu r V e r f ü g u n g gestellten ehem a ligen A a s e r n e u u n d m i l i t ä r i s c h e n G e b ä u d e n konn ten ist ist i n s ­ g e s a m t sOs N o t w o h n u n g e n m i t e inem A o s t e n a u f w a n d v o n 2 7 8 0 0 0 W k . erstellt w e rd e n . E s sind d ie s : in der G o t t e s a u e r A r t i l l e r i e - A a s e r n e 2 E i n z i m m e r - , 2 s Z w e i - u n d 6 D re iz im m e r ­ w o h n u n g e n , in der A r t i l l e r i e - A a s e rn e 5 0 s ŝ Z w e i z im m e r w o h n u n g e n u n d i m e h e m a l ig e n M ff iz ie rg e fa n g e n e n la g e r a m E t t l i n g e r T o r 3 6 E i n z i m m e r - , 2 s Z w e i - u n d s D r e iz im m e r w o h n u n g . S ä m t l ic h e W o h n u n g e n sind seit S e p t e m b e r bezogen. s s . A u c h in s t ä d t i s c h e n G e b ä u d e n w u r d e n durch ent­ sprechende E i n b a u t e n ein ige N o t w o h n u n g e n hergerichte t . E s w u r d e n g e w o n n e n : i m a l t e n S c h u l h a u s in R ü p p u r r 2 E i n - u n d -s Z w e iz i m m e r w o h n u n g e n , i m H a u s e S o p h i e n - S t r a ß e s 6 s Z w e i ­ z i m m e r w o h n u n g , in den H ä u s e r n B r e i t e S t r a ß e 8 8 /stO 2 Z w e i ­ z i m m e r w o h n u n g e n , i m D i r e k t o r w o h n h a u s der G oetheschu le s Z w e i ­ z i m m e r w o h n u n g , i m S c h w a r z w a l d h a u s i m S t a d t g a r t e n 2 V ie r ­ z i m m e r w o h n u n g e n u n d i m e h e m a l i g e n B a h n w a r t h a u s a m R o s e n g a r t e n s D r e i z i m m e r w o h n u n g . D ie G e s a m te in b a u k o s te n f ü r diese s 3 N o t ­ w o h n u n g e n b e t ru g e n s s t 8 0 0 N !k . P h ot. G ebr. Hirsch Geistl. Kat v r . flnton knoerzer III. Kirche, Schule und Kunst. 1. Kirche. in 3 s. J a n u a r h ie lt die n eu g e g rü n d e te v o l k s k i r c h l i c h e V e r e i n i g u n g die erste öffentliche V e r s a m m l u n g a b . S t a d t p f a r r e r R o h d e be ton te , d a ß die A irch e V olksk irche n u r g e n a i iu t w e rd en könne, w e n n sie d a s V o lk re l ig iö s u n d soz ia l zu einen v e rm ö g e , u n d fo rder te eine V e r fa s s u n g a u f dem o kra t isc h e r G r u n d l a g e . S t a d t r a t v r . Dietz sp rach ü b e r den U nterschied zwischen S ta a tsk i r c h e u n d V olkskirche . D ie A u s s p r a c h e w u r d e a m 7. F e b r u a r fortgesetzt. E v a n g e l i s a t i o n s - V o r t r ä g e fan d e n s ta t t : v o m 2 . b i s 7. F e b r u a r in der Z io n s k i r c h e ( R e d n e r : P r e d i g e r A . F r i e d r i c h - Heidelberg), v o m s 6 .— 2 3 . M ä r z in der A irch e v o n R i n t h e i m , v o m 2 3 . — 2 8 . M ä r z in der F r ie densk i rc he der M e th o d i s t e n , v o m 2 0 . — 2 6 . A p r i l in der „ E i n t r a c h t " , v o m 2 5 . M a i b i s s 5 . J u n i (deutsche Z e l tm iss io n ) . A m 5 . M ä r z f a n d i m evangel ischen V e r e i n s h a u s eine M i s - s i o n s - A o n f e r e n z statt. A n lä ß l i c h der » iederdrüekenden F r i e d e n s b e d in g u n g e n h a t t e n die A i rch enb ehö rden a u f S o n n t a g , den s 8 . M a i B i t t g o t t e s ­ d i e n s t e angesetzt. Z n den evangel ischen G e m e in d e n geschah d ies in F o r m eines a l lg em e in e n B e t t a g e s . Z n den katho lischen A irch e n / w u rd e ein H ir te n b r ie f des E rz b i s c h o f s ver lesen, der die F r i e d e n s - bed ingungeii behandel te . A u c h die a l tka tho l ische G e m e in d e v e r ­ anstaltete einen v a te r län d isch e n B i t tg o t t e sd ie n s t . D e r E vang e l isc he v e r b a n d zu r p f l e g e der w eib l ichen Z u g e n d veran s ta l te te v o m 2 0 . b i s 2 3 . M a i e inen L e h r g a n g f ü r w e i b ­ l i c h e Z u g e n d p f l e g e . 290 — V o m f 7 . b i s f 8 . J u n i ta g te die E v a n g e l i s c h e G e n e r a l ­ s y n o d e u n te r dein Vorsitz des D e k a n s S c h m i t th e n n e r v o n H u g s - w e ie r , P r ä s id e n t des G b e r k i r c h e n r a t s O r . U ib e l g a b ein B i l d üb er den Z u s t a n d der Landesk irche . D ie V e r h a n d l u n g e n erstreckten sich i m wesentlichen a u f die W a h l o r d n u n g f ü r die künftige S y n o d e . D ie D i ö z e s a n s y n o d e A a r l s r u h e - S t a d t , a m 2 5 . J u n i , w u r d e v o n S t a d t p f a r r e r W e r n e r - B r u c h s a l geleitet. N a c h seinem B e r i c h t sp rac h S t a d t p f a r r e r w e id e m e ie r ü b e r „ D ie S te l l u n g der F r a u i m kirchlichen L e b e n " . Z u m N a c h fo lg e r des vers to rbenen D e k a n s E b e r t w u r d e S t a d t p f a r r e r R a p p g e w ä h l t . A m f 5 . J u l i g e n e h m ig te d ie u n te r Vorsitz des G b e r h o f - p r e d ig e r s F isch e r a b g e h a l te n e A i r ch e n g e m e i n d e v e r s a m m - l u n g den V o r a n s c h l a g der G r tsk i rch e n kasse sow ie den R irc h en - s t e u e rv o ra n sc h la g f ü r f 9 i 9 / 2 0 . D ie A irchensteuer b e t r ä g t fü r l 9 l 9 / 2 0 2 ,5 P f . a u s fOO M a r k G e m e in d e v e rm ö g e u s s te u e rw e r t . A m f-s-. S e p t e m b e r b eg in g der E v a n g e l i s c h e V e r e i n f ü r i n n e r e M i s s i o n ( A u g s b u r g e r Bekenntn isses) in B a d e n d a s 7 0 . L a n d e s - Z a h r e s f e s t . E s sp rac h en P f a r r e r W e i s m a n n - B a s e l u n d A i r c h e n r a t M a y e r - D u r l a c h . D ie W a h l e n z u r evangel ischen G e n e r a l s y n o d e fan d e n a m 2 8 . S e p t e m b e r s ta tt . D r e i W a h l l i s t e n la g e n a u f : eine der p o s i t iv e n , eine der L ib e ra le n u n d eine der landeskirchlichen V e r ­ e in ig u n g . D e r W a h l v o r a u s g in g e n öffentliche V e r s a m m lu n g e n der g e n a n n te n P a r t e i e n . D ie A b s t i m m u n g h a t te fo lgendes E r g e b n i s : Stimmbezirk: P farrei: Liberal Positiv Laudeskirchliche Vereinigung: 1— 3 Schloß-M ittel-G st 512 S82 2-10 s — 7 N eu -G st 170 27 5 32 8 — 11 West -1-10 557 137 1 2 - 1 3 N eu-W est 2-13 ZOO -Id N — >8 Süd und Südost I 5 8 -178 55 Id B eiertheim 27 55 — Z»s. 23 5 0 2505 513 im S tadtteil Rüppurr 21 285 § A m f-f. M k to b e r t r a t die neu g e w ä h l te G e n e r a l s y n o d e z u s a m m e n . Z u m V ors itzenden w u rd e B ü r g e r m e is te r a . D . v o n H o l l ä n d e r - M a n n h e i m , z u m ste llvertre tenden V ors itzenden D ek a n v a n der F l o e - P f o r z h e i m g e w ä h l t . D e n wichtigsten P u n k t bildete die neue R irc h en v e rfa ssu n g . N a c h ih r e r A i i i i a h in e e r fo lg te die W a h l des G b e r - a in t s r i c h t e r s W u c h o w - F r e i b u r g z u m P r ä s id e n t e n des G b e r k i r c h e n r a t s . 2 l m s 6 . N o v e m b e r w u r d e S t a d t p f a r r e r W i l h e l m S c h u l z - L ö r r a c h in feierl ichem G o t te s d ie n s t in der Z o h a n n e s - kirche durch D ekan R a p p in sei» neu e s A m t a l s P f a r r e r der S ü d -- s t a d t e iu g e fü h r t . 2 l m 7 . F e b r u a r ta g te die k a t h o l i s c h e A irc h e n g e m e in d e - v e r s a m m l u u g . N a c h d e m B e r i c h t w u r d e n U l i t t e l z u m A n k a u f e ines H a u s e s f ü r die p f a r r k u r a t i e B e i e r th e im , sow ie E i n r i c h t u n g elektrischer B e le u c h tu n g in der B o n i f a t i u s k i r c h e bew il l ig t . Z u r E r t e i l u n g der F i r m u n g t r a f E r z b i s c h o f O r . N ö r b e r a m 3 . Z u l i h ie r ein u n d w u r d e v o n der G esam tge is t l ichke it , d em S t i f t u n g s r a t u n d zah lre ichen A a th o l ik e n in der B o n i f a t iu s k i r c h e feierlich e m p f a n g e n . N a c h B e g r ü ß u n g d u rch S t a d t p f a r r e r L ink h ie lt der E rz b is c h o f eine A n s p r a c h e . A m H. J u l i spendete er u n g e f ä h r ßOO P e r s o n e n d a s S a k r a m e n t der he i l igen F i r m u n g . A l s N a c h fo lg e r f ü r den l 9 f 8 v e r s to rb e n en G eis t l . R a t A n ö rz e r w u r d e S t a d t p f a r r e r L i n k a n der B o n i f a t i u s k i r c h e i m S e p ­ te m b er z u m P f a r r e r der G e m e in d e zu S t . S t e p h a n e r n a n n t . D ie feierliche E in se tzu n g f a n d a m 5. G k t o b e r s ta tt , G e n e r a l v i k a r F r i tz h ie lt die F es tp red ig t . A m 2 8 . S e p te m b e r feierte der N e u p r ie s te r P . H o l z s c h u h a u s d em J e s u i t e n o r d e n v o m B o n i f a t i u s h a u s E m m e r i c h , S o h n des G b e r s te u e r k o n t r o l l e u r s Holzschuh h i e r , in der P f a r r k i r c h e seiner H e i m a t s p f a r r e i (U . L . F r a u ) seine P r i m i z . Z e i t u n g e n m a c h te n d a r a u f a u f m e r k s a m , d a ß d ies die erste Z e s u i t e n p r im iz in A a r l s r u h e gewesen sei. A m 2 3 . G k t o b e r feierte die P f a r r e i S t . B o n i f a t i u s die E i n f ü h r u n g d es n e u e r n a n n te n P f a r r e r s R e i m u n d S c h l i n d - w e i n , b i s h e r in B u l a c h , S t a d td e k a n L ink h ie l t die F es tp re d ig t . U n te r d em 3 0 . G k t o b e r w u r d e die E r n e n n u n g des b i s h e r ig e n A a p l a n s a n der L ieb frauenk irche , U a r l B e h r i n g e r z u m S t a d t ­ p f a r r e r v o n S t . P e t e r u n d P a u l ( W ü h l b u r g ) b ek a n n t gegeben . B e i der feierlichen E i n f ü h r u n g a m 9 . N o v e m b e r h ie lt w ie d e r u m S ta d td e k a n Link die F es tp red ig t . A n : 7. S e p te m b e r h ie l t der a n S te l le des zu r R u h e gesetzten G eis tl . R a t s B odens te in g e w ä h l t e a l tka tho lische S t a d t p f a r r e r iS* — 292 — A r t u r A a m i n s k i seinen ersten G o t te sd ie n s t a b . D ie E i n ­ f ü h r u n g geschah durch j l f f a r re r O r . S t e i n w a c h s - A k a n n h e i m in V e r ­ t r e tu n g des B isch o fs . A m 2 8 . D ez em be r f a n d die N e u w a h l des A irc h e n v o rs ta n d s u n d der A i r c h e n g e m e in d e v e r t r e tu n g in der a l tka tho l ischen G em e in d e s ta tt . Z u A k i tg l ied e rn f ü r 6 j ä h r i g e A m t s d a u e r w u r d e n g e w ä h l t : P r o f e s s o r E u g e n Beck , G b e r r e c h n u n g s r a t a . D . D ie h l , L a n d ­ g e r i c h t s r a t O r . F r o m h e r z u n d F in a n z s e k r c tä r R a r c h e r . Z n die G e m e in d e v e r t r e tu n g w u r d e n ( 0 A kitg l ieder f ü r 6 j ä h r i g e u n d 2 A k i tg l ied e r f ü r 3 j ä h r i g e A m t s d a u e r g e w ä h l t . A n f a n g Z a n u a r v e r fü g te der G b e r r a t der Z s ra e l i te n , d a ß k ün f t ig a i n S a b b a t ein G e b e t zu sprechen sei, in d em G o t t die B i t t e v o r g e t r a g e n w u r d e , d a s deutsche V o lk w ieder a u s al len kV ir ren u n d T r ü b n i s s e n zu d a u e r n d e m beglückendem F r ie d e n zu f ü h re n . A u ß e r d e m richtete der G b e r r a t eine A n s p r a c h e a n die bad ischen I s r a e l i t e n , die daz u a u f f o rd e r t e , auch w e i t e rh in dem V a t e r l a n d al le A r ä f t e zu r V e r f ü g u n g zu stellen. A m 8. A p r i l w u r d e b ek a n n t gegeben , d a ß a n Ste lle des ve rs to rben en V r . A p p e l V r . V i k t o r A u r r e i n z u m S t a d t ­ r a b b i n e r e r n a n n t sei. 2. Schule. D e r A u f w a n d d e r S t a d t g e m e i n d e f ü r d i e S c h u l e n , o h n e den f ü r die G e w e r b e - u n d H and e lssch u le , b e t ru g im B e r i c h t s j a h r e 7 ( 6 0 2 ( 2 N A . ( ( 9 ( 8 : 2 9 H 5 0 5 H . Z n dieser S u m m e sind 7 5 H 0 2 2 Akk. f ü r A k ie tw e r t der städtischen S c h u l ­ g e b ä u d e in b e g r i f f e n ; sie erscheinen a l s die Z in s e n der f ü r E r r i c h t u n g der G e b ä u d e v e rw e n d e te n K a p i t a l i e n . N a c h A b z u g dieser S u m m e b e t ru g der B a r z u s c h u ß f ü r die V olksschule 3 3 9 8 6 7 6 Akk. (2 0 6 9 s 3 3 Akk.) f ü r die R e a l g y m n a s i e n 5 ( 2 6 ^ 8 Akk. (57 2 7 9 2llk.) , f ü r die R e a l s c h n la n s ta l te n ( 7 s 8 5 9 ^ k k . ( 5 7 ^ 2 Akk.) u n d f ü r die hö h e re n A kädchenschulen 3 2 3 0 0 7 Akk. ( ( 0 7 0 5 s Akk.). D e r B a r ­ zuschuß f ü r die G ew erb e sch u le b e t ru g 5 0 8 HH5 Akk. (8H 7 2 0 Akk.) u n d der au fgerechne te A k ie tz in s ( 0 2 6 3 6 Akk. (8 2 ( 0 9 Akk.). D e r B a r z u s c h u ß f ü r die H an d e ls s c h u le b e t ru g 7 9 5 5 6 Akk. (38 0 7 5 Akk.), — 293 — der aufgerechnete M i e t z i n s s 5 3 0 6 A lk . s f 2 2 ^ 5 A lk .) . A u ß e r d e m w u r d e n Zuschüsse f ü r U nterr ich tszw ecke a n verschiedene A n s ta l t e n u n d E in r i c h t u n g e n gegeben. A m A n f a n g des S c h u l j a h r e s s 9 l 9 / 2 0 (29 . A p r i l s 9 i 9 ) u m ­ faß te d a s L e h r c r p e r s 0 n a l der V o lksschu le 2 sH H a u p t l e h r e r , 6 6 H a n p t l e h r e r in n e n , 7^s U n te r l e h re r , 59 U n te r l e h re r in n e n , 2 H i l f s ­ lehrer , H2 H i l f s l e h re r in n e n u n d 6 2 H a n d a r b e i t s - u n d H a u s h a l t u n g s ­ le h re r in nen , i m g anzen s o m i t 5 l 9 L e h r k r ä f t e ; a m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s (27 . A l ä r z l 920 ) w a r e n es 2 s H, 6 3 H a u p t l e h r e r in n e n , 8 3 U n te r le h re r , 90 U n te r l e h re r in n e n , 8 H i l f s le h re r , H i l f s ­ le h re r in n e n u n d 6 5 H a n d a r b e i t s - u n d H a u s h a l t u n g s l e h r e r i n n e n , a l so a m S c h lu ß 5 3 9 L eh rk rä f te . A m 5. J u l i des B e r i c h t s j a h r e s s ta rb H a u p t l e h r e r F r ie d r i c h G e i e r , G b e r s e k r e tä r be im v o lk s s c h u l r e k to ra t . E r s tan d seit s 8 8 5 in i städtischen Schu ld ienst K a r l s r u h e s , zuerst a l s L eh re r , d a n n seit i 9 6 0 a l s S e k re tä r b e im R e k to ra t , v o n be f reu n d e te r S e i te w u r d e dem v e r s to rb e n e n fo lgende r N a c h r u f g e w id m e t : „ w e r t v o l l e Dienste leistete G e ie r der S c h u l v e r w a l t u n g u n d s o m i t der S ch u le ü b e r h a u p t a u f dem G eb ie te der W o h l f a h r t s p f l e g e , b e s o n d e r s der F e r ie n k o lo n ie n . T a u f e n d e v o n E l t e r n u n d S c h ü le r h a b e n in d a n k b a r e r E r i n n e r u n g den f reundlichen R e k to ra t s s e k re tä r , der bei der A u s w a h l f ü r die F er ien k o lo n ien u n d f ü r den L a n d a u f e n t h a l t n ich t n u r stets m i t R a t u n d T a t zu r H a n d g in g , so n d e rn es auch v e rs ta n d , in a l len K re isen f ü r diese edle u n d gem einnü tz ige S ach e F r e u n d e u n d G ö n n e r zu w erb en . Z n den K r i e g s j a h r c n h a t er sich neben seinen a n d e re n B e ru f sp f l ic h te u g e rad ezu a u fg e o p fe r t f ü r seine F e r ie n k o lo n ie n u n d L a n d a u f e n th a l t s k in d e r . " A b e r die Z a h l d e r S c h ü l e r in den einzelnen A b te i lu n g e n der Volksschule, der H ö h e ren L e h ra n s ta l t e n , sow ie ü b e r den Besuch der Technischen Hochschule vergleiche m a n B e i l a g e I. Z n der K n a b e n f 0 r t b i l d u n g s s ch u l e bes tanden 2 3 K lassen m i t 509 S c h ü le rn a m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s . D e m B e r u f e nach w a r e n es 8 3 B ä ck e r , 29 M e tzg e r , 3 2 K e l ln e r oder K öche , 2 8 6 L o h n a r b e i t e r a u s d em 7. u n d 8 . S c h u l j a h r e , 5 7 L o h n ­ a r b e i t e r a u s dem 5 . u n d 6 . S c h u l j a h r e ; 2 2 sc h w ach be fäh ig te be­ suchten die Hilfsklasse. - 294 - D ie M ä d ch e n s o r t b i l d u n g s s ch u l e zäh lte 3 8 K lassen u n d s K lasse i m H a u s h a l t u n g s s e m i n a r m i t 7 ^ S ch ü le r in n e n a m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s . F ü r den K n a b e n h a n d a r b e i t s u u t e r r i ch t bes tanden a m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s 23 K lassen f ü r W o d e l l i e r e u m i t H52 S c h ü le rn . 2 0 K la s se n f ü r P a p p e n m i t 3H s S c h ü le rn , H2 K lassen f ü r H o b e ln m i t 6 6 s S c h ü le rn , s K lasse f ü r Schnitzen m i t s8 S c h ü le rn u n d s3 K las sen f ü r U le t a l l a r b e i t e u m i t 2 0 H S ch ü le rn , s o m i t i m g a n z e n s676 T e i ln e h m e r . A u s d e m J a h r e s b e r i c h t ü b e r die T ä t i g k e i t d e s S c h u l ­ a r z t e s a n der V o lksschu le e n tn e h m e n w i r fo lgende A n g a b e n : I n der schulärzt l ichen V e r s o r g u n g der V o lksschu le t r a t eine N e u ­ g es ta l tu n g ein . A n S te l le der i m N e b e n a m t t ä t ig e n S ch u lä rz te w u r d e a l s S c h u la r z t i m H a u p t a m t I ) r . m e 6 . H e r m a n n p a u l l a b O k t o b e r angeste llt , der seit s 9 0 3 a l s n eb e n a m tl ic h e r S c h u la rz t tä t ig gew esen w a r . A l s erste S chulschw ests r w u r d e Schwester E m m a Z o r n du rch einen v o m S t a d t r a t m i t d e m F r a u e n v e r e in abgeschlos­ senen V e r t r a g angeste ll t . B e i e iner zunächst v o r g e i io m m e u e n B e ­ s ich t igung der K la s sen s— H e r g a b sich nach dem B e r ic h t ein ü b e r a u s t r a u r i g e s B i l d : „g la n z lo se A u g e n , blasse S c h le im h ä u te , e ingefallene M a n g e n , herv o rs tehend e R i p p e n , Schlüsselbeine u n d S c h u l te rb lä t t e r . I n jeder K lasse m u ß t e n a u s der G e s a m t z a h l 2 5 "/« der K in d e r a l s stark u n t e r e r n ä h r t u n d körperlich zurückgeblieben bezeichnet w e rd e n . Diese e rw iesen sich bei g e n a u e r U n te r s u c h u n g meistens a l s sk ro fu lö s . D a s s e lb e B i l d bo te n die sp ä te r besichtigten oberen K la s s e n " . N a c h d em B e r ic h t können m in d e s te n s 50°/g a l le r V o lk s ­ schulkinder in K a r l s r u h e a l s tu b e rk u lö s infiz iert be t rach te t w e rd en . W e i t e r teilt der B e r i c h t n i i t , d a ß die f ü r die V olksschule g e f u n ­ denen E rg e b n is se auch f ü r die hö h e re n S ch u le n gelten. D ie V e r te i lu n g der a u s A m e r ik a zugew ieseuen B ü chseum ilch w u r d e in den S c h u le n so v o r g e n o m m e n , d a ß n u r die a m meisten du rch U n t e r e r n ä h r u n g au f fa l l en d e n , v o m S c h u la rz t a u s g e w ä h l t e n K i n d e r z u r U U lch sp e isu u g zugelassen w u rd e n . A n der ersten, kurz v o r S c h l u ß des S c h u l j a h r e s b eg o n n e n e» U si lchkur bete il ig ten sich Hs2 K i n d e r der s. b i s H. K lasse . B e i 55,-s °/g dieser K in d e r ließ sich eine G e w ic h t s z u n a h m e (zwischen 555 § r u n d 3300 § r ) feststelleii. B e i ( 8 , s ^ g l ieß sich eine durchschnittl iche G e w i c h t s a b n a h m e v o n — 2Z3 — 5 5 § r feststellen (geringste sO O Z r, g r ö ß te 2 0 0 0 § r ) . E i n G e w i c h t s ­ stillstand w a r bei s 3 ,2 " /o zu verzeichnen u n d bei f3,Z0/<, l ießen sich a u s ä u ß e r e n G r ü n d e n keine G ew ich ts fes ts te l lu ngen erheben . G r o ß e M e n g e n e in es e b e n fa l l s a u s A m e r ik a s t a m m e n d e n L e b e r t r a n e s w u r d e n a u f besondere V e r o r d n u n g des S c h u la rz te s a n solche R i n d e r ab g e g eb e n , die a n S k ro fu lö se lit ten. A u s dem B e r ic h t der städtischen S c h u l z a h n k l i n i k e n t ­ n e h m e n w i r fo lgende A n g a b e n : I m B e r i c h t s j a h r der S c h u l z a h n ­ klinik ( f . J u n i l 9 l 9 b i s M a i ld ^ O ) b e t ru g die Z a h l der beh a n d e l ten R i n d e r f 8 2 3 , die G e s a m t z a h l der za h n ä rz t l ic h e n H a n d ­ lu n g e n f 3 7 0 8 . V o n dem A u s s c h u ß f ü r F e r i e n k o l o n i e n w u r d e n l 9 s9 3 f geschloffene a u s w ä r t i g e R o l o n i e n m i t 33H R n a b e n u n d 6 6 3 M ä d c h e n au sg esu c h t , a u ß e r d e m je 2 W a ld k o lo n i e n m i t f2H R n a b e n u n d f 2 7 M ä d c h e n . I n E in z e l f a m i l i e n in B a d e n w e r d e n 2 2 3 R in d e r ­ s t 2 2 2 ) a u f m e h re re W o c h e n u n te rg e b ra c h t , du rch den A u s s c h u ß f ü r F e r ien k o lo n ien f 7 , du rch den E a r i t a s - V e r b a n d f 8 7 , d u rch den jüdischen F r a u e n b u n d f 9 R i n d e r . F e r n e r en tsan d te der A u s s c h u ß in die Schw eiz nach D a v o s 3 0 , n ac h Z ü r i c h 3 6 R i n d e r , der E a ­ r i t a s - V e r b a n d 8 7 , der jüdische F r a u e n b u n d 6 R i n d e r nach der Schweiz . D a z u k a m noch eine R o l o n i e v o n S e lb s tz a h le rn in R in g g e n b e rg (Schweiz) m i t 3 6 R ö p f e n . I m g an z en w u r d e n f 6 6 6 R i n d e r u n te rg e b ra c h t . D e r starke A u s f a l l a n U n t e r b r i n g u n g s ­ m öglichkeiten geg e n ü b e r d e m V o r j a h r e r g a b sich a u s d e m W e g f a l l der sog. S c h lo ß k o lo n ien u n d den sp ä r l i c h e n A n e r b ie te n a u s L a n d o r t e n . A u ch die R i n d e r s c h u t z k o m m i s s i o n d e r F r a u e n ­ s e k t i o n d e s S o z i a l d e m o k r a t i s c h e n V e r e i n s v e ra n s ta l te te w ie in f rü h e re n J a h r e n f ü r a r m e R i n d e r F e r i c n s p a z i e r g ä n g e a n N a c h m i t t a g e n . H ie rb e i w u r d e n S p ie le v e r a n s ta l te t u n d ein kleiner I m b i ß gereicht. Z u den a u s S a m m l u n g e n h e r r ü h re n d e n M i t t e l n bew il l ig te der S t a d t r a t einen Z u s c h u ß v o n 5 0 0 M a r k . A u ß e r d e m w u rd e den R i n d e r n w ä h r e n d der S ch u lf e r ie n e in- oder z w e im a l fre ier Z u t r i t t in den S t a d t g a r t e n bew il l ig t . I n der G o e t h e s c h u l e w u r d e D ire k to r G e h . H o f r a t E d m u n d R e b m a n n a u f sein A n su c h e n u n t e r A n e r k e n n u n g l a n g j ä h r i g e r u n d treugeleisteter Dienste u n d „ u n t e r E r n e n n u n g z u m G e h e im e n R a t — 2Y6 - I I I . K lasse a u f S c h lu ß des S c h u l j a h r e s 1 9 1 8 /1 9 in de» R u h e s ta n d versetzt". A n seiner S te l le w u r d e O r . K a r l G t t , b i s h e r D irek to r der H u m b o ld ts c h u le , e r n a n n t . I m S c h u l j a h r 1 9 1 8 /1 9 Z^h^e die A n s t a l t 2 2 K lassen ( 1 9 1 7 / 1 8 2 2 ) . D e r U n te r r ic h t b e g a n n noch u n t e r den K r i e g s v e rh ä l tn i s s e n . D ie K las sen m u ß t e n w ie in den v o rh e r g e h e n d e n K r i e g s j a h r e n in w e i tg eh e n d em M a ß e z u s a m m e n - gelegt, die S tu n d e n z a h l der L eh r fäche r z u m T e i l erheblich gekürzt w e rd en . N a c h K r i e g s s c h lu ß kehrten die S ch ü le r , die v o r A b sch lu ß i h r e r S chulzeit e in b e ru fe n w o r d e n w a r e n , in die A n s ta l t zurück. D a z u w u r d e n i h r au ch a n d e re K r i e g s t e i l n e h m e r zugewiesen, so d a ß n ac h N e u j a h r sich die Z a h l be ider a u f 100 belief. V o n diesen w u r d e n 18 den einzelnen A b te i lu n g e n der p r i m a zugewiesen, die ü b r ig e n in 2 S on d e rk la ssen v e re in ig t v o n denen die eine m i t 3 9 T e i l n e h m e r n in e in em h a l b j ä h r i g e » , die an d e re m i t 2 3 T e i ln e h m e r n in e inem g a n z j ä h r ig e n K u r s zu r R e i f e p r ü f u n g v o rb e re i ten sollte. A m S c h lu ß des S c h u l j a h r e s b e fa n d e n sich v o n K r i e g s te i ln e h m e rn in der D b e r p r i m a noch 16, in der h a l b j ä h r i g e n S onderk lasse noch 19, in der g a n z j ä h r i g e n noch 3 9 . D ie H u m b o l d t s ch u l e zäh lte 1 9 1 8 /1 9 16 K lassen ( 1 9 1 7 /1 8 15). T i n e n g r o ß e n T e i l des 5 . K r i e g s j a h r e s ve rb rac h te die A n ­ s ta lt noch im A u l a g e b ä u d e der T echnischen Hochschule. E r s t im F e b r u a r 1 9 1 9 h a t t e jede K lasse i h r beson deres Z i m m e r i m eigenen S c h u lg e b ä u d e . D e r T u r n u n t e r r i c h t , der b i s d a h i n in der T u r n ­ ha l le der G b e r re a l s c h u le u n d G oetheschn le , od er i m F re ie n ha t te a b g e h a l t e u w erd en müssen, konnte seit d em A u s b r u c h des K r i e g e s erst­ m a l s a m 1. J u l i 1 9 1 9 in der T u r n h a l l e der A n s ta l t a b g e h a l t e n w erd en . D ie G b e r r e a l s c h u l e zäh l te 1 9 1 8 /1 9 17 K lassen ( 1 9 1 7 /1 8 15). I m ersten D r i t te l des S c h u l j a h r e s bes tanden in den U n t e r ­ r ich ts s tu n d e n dieselben T in s c h r ä n k u n g e n w ie 1 9 1 7 /1 8 , auch m u ß te der T u r n - u n d M u s ik u n te r r i c h t a u s f a l l e n . N a c h den ID e ih n a c h ts - fer ien s tan den der A n s t a l t al le R ä u m e des S c h u lg e b ä u d e s w ieder z u r V e r f ü g u n g , der T u r n u n t e r r i c h t w u r d e erst v o n der Z e i t a b a u s g e n o m m e n , a l s er in der ungeheiz ten T u r n h a l l e m ög lich w a r . N a c h A u f l ö s u n g des F e ld h e e re s kehrten viele der f rü h e re n S ch ü le r in die A n s ta l t zurück, i m g an z en H6 ; d a v o n w u r d e e iner der K lasse O l l , 1^ der K lasse N I , 9 der K lasse O l u n d 22 e iner S o n d e r ­ klasse zugewiesen. — 29? — D ie R e a l s c h u l e zäh lte l 9 >8/ l 9 ( 5 A lassen ( l 9 l 7 / s 8 s3). I m ersten D r i t t e l des S c h u l j a h r e s w a r , w ie in den v ie r v o r h e r ­ gehenden J a h r e n , die U n te r r ich tsze i t v e r m in d e r t . E r s t v o m 6 . F e b r u a r konnte der U n te r r ic h t l e h r p l a n m ä ß i g b e g in n en . Z e ic h e u s a a l u n d T u r n h a l l e w a r e n jedoch erst sp ä te r ben ü tzb a r . p r a k t i sch e Ü b u n g e n in den n a tu rw issen sch af t l ichen F ä c h e r n m u ß te n g a n z a u s - fa llen , L a te in u n d S t e n o g r a p h i e k onn ten v o n W e ih n a c h te n a b erte ilt w erden . — L e h r a m t s p r a k t i k a n t D iukelde in s ta rb a u f d e m R ück­ m a rsc h a m 2 H. N o v e m b e r s f l l b in U m a n in der U k r a in e a n der G r i p p e , n ac h d em er den g an z en F e ld z u g m i t g e m a c h t h a t te . D ie L e s s i n g s c h u l e (H öhere M ä d c h e n s c h u le m i t U lä d c h e n - g y m n a s iu m ) zäh lte l 9 l 8 / l 9 w ie i m V o r j a h r e 22 A la s sen u u d z w a r 3 Vorschulk lassen , s s A lassen u n d s F o r t b i l d u n g s k u r s der H öheren Ukädcheuschule u n d 6 G y m n a s ia lk la s s e n . D a die F ic h te ­ schule, die seit O k to b e r s f l lH in den R ä u m e n der Lessingschule uu te rg e b ra c h t w a r , G n d e U l ä r z in i h r eigenes H e im zog, konnte die Lessingschule m i t B e g i n n des S o m m e r h a l b j a h r e s ü b e r ih re Z i m m e r w ieder se lbs tänd ig v e r fü g en . D a m i t konnte f ü r al le A lassen die volle vorgeschriebene S tu n d e n z a h l w iede r eingesetzt w e rd e n . A m s7 . N o v e m b e r s f lsZ verschied nach l a n g e m schw eren Leiden die H a u p t l e h r e r in F r ä u l e i n L eo n t in e L o e s . S ie h a t te der A n s ta l t s7 J a h r e h in d u rch a n g e h ö r t . D e r J a h r e s b e r i c h t w id m e te i h r fo lgen den N a c h r u f : „ D ie E n ts c h la fe n e w a r eine L e h re r in u n d E r z ie h e r in v o n h e r v o r ra g e n d e n G a b e n des G eis tes u n d des G e m ü t e s , u n d diese G a b e n stellte sie selbstlos u n d u n e rm ü d l ic h m i t höchster p f l ic h t t r eu e iu den Dienst ih r e s B e r u f e s , m i t ernster S t r e n g e , w e n n es d a s Beste der I n g e n d v e r la n g te , a b e r zugleich m i t e iner H erzensg ü te , die ih r die Liebe u n d die V e r e h r u n g ih r e r S c h ü le r in n e n g e w in n e n m u ß t e . " — D ie G e s u n d h e i t sv e rh ä l tn i s s e der L eh re rschaf t w ie der S c h ü le r in n e n ließen nach der A n g a b e des J a h r e s b e r i c h t s vie l zu w ünschen ü b r ig . A u c h m u ß te die S chu le a u f A n o r d n u n g des B e z i r k s a m t s w egen der G r i p p e v o m s7 . O k to b e r b i s 2 . N o v e m b e r geschlossen b le iben . F ü n f S ch ü le r in n en s ta rben w ä h r e n d des S c h u l j a h r e s . A m 20 . J u n i w u rd e ein „ E l t e r n a u s s c h u ß der Less ingschule" g eg rü n d e t . D ie F i c h t e s c h u l e zäh lte w ie i m V o r j a h r e 6 A lassen der V orschu le u n d s8 der H ö h e re n A läd c h en sch u le . A m 2H. A k ä rz l d l d i 'ezog die A n s ta l t i h r eigenes H e im w ied e r iu v o l le m 2Z 8 — U m f a n g e . N u r K lasse I X m u ß l e noch i m L e h r e r iu n e n s e m in a r v e r ­ ble iben , 8 T u r n s t u n d e n in die T u r n h a l l e der N ik to r iaschu le ver leg t w e r d e n . N o n G s t e r n a b konnte der U n te r r i c h t nach dein v o r g e ­ schriebenen L e h r p l a n w ie d e r er te il t u n d der regelrechte T u rn s p ie lb e t r i e b w ied e r a u f g e n o in n ie n w erd en . A m K o c h u n te r r ic h t beteil ig ten sich HO S c h ü le r in n e n . A u c h in dieser A n s t a l t w a r der U n te r r ic h t durch zahlreiche E r k r a n k u n g e n v o n L e h re rn u n d S c h ü le r in n e n erheblich b e e in t r ä c h t ig t ; v o r ü b e r g e h e n d m u ß t e er w egen der G r i p p e g an z a u s - gesetzt w e rd e n . I n den g r o ß e n F e r ie n s ta rb H a u p t l e h r e r in F r ä u l e i n B e r t a F a i ß t . D e r J a h r e s b e r i c h t w id m e te der E n t s c h la fe n e n n a c h ­ stehenden N a c h r u f : „ S i e w a r eine v o rb i ld l i c h au sgeg lichen e P e r ­ sönlichkeit, eine op fe rb ere i te M enschensee le , eine L eh re r in , die durch i h r e n u n e rm ü d l ic h e n B e r u f s e i f e r , i h r g e r a d e s U)esen, ih re G ü te und M i l d e in den H erzen der J u g e n d n a c h h a l t ig e S p u r e n h in te r l ieß u n d die ih r e n M i t a r b e i t e r n u n d M i t a r b e i t e r i n n e n ein leuchtendes U o r b i ld h o h e r L e b e n s a u f f a s s u n g u n d g ew is sen h a f te r P f l i c h te r f ü l lu n g w a r . " -— A m H. F e b r u a r 1919 w u r d e D ire k to r J o s e p h M e t z g e r z u m D ire k to r des R e a l g y m n a s i u m s in N i l l in g e n e r n a n n t . E r ha t te der F ichteschule 7 J a h r e a l s Lei ter a n g e h ö r t . Z u se inem N a c h ­ fo lg e r w u r d e der b is h e r ig e D i re k to r der H ö h e ren M ä d ch e n sch u le u n d des L e h r e r s e m in a r s in S t r a ß b u r g , G e h e im e r S t u d i e u r a t O r . K a r l B e e t z , b e ru fen . I n der G e w e r b e s c h u l e b e g a n n d a s S c h u l j a h r a m 5 . M a i s ß s Z u n d endig te a m 3 s . M ä r z 1920. D ie A n s ta l t konnte erst­ m a l s ih re vo lle N n te r r ic h t s tä t ig k e i t i m N e u b a u a u f u e h m e u . D ie beiden L az a re t te , die w ä h r e n d des K r i e g e s i m neuen G ew erb e sch u l- h a u s u n te rg e b ra c h t w a r e n , h a t t e n d as se lb e i m J a n u a r 1 9 1 9 ge­ r ä u m t . D ie N a c h w i r k u n g e n des K r i e g e s m a c h te n sich jedoch auch i m S ch u lw esen b e m e rk b a r . I n f o l g e der g r o ß e n T e u e r u n g m u ß te die B e s c h a f fu n g n ö t ig e r S c h u le iu r ic h tu u g s g e g e n s tä u d e , v o r a l lem auch die zu r D u r c h f ü h r u n g des prak tischen U n te r r ic h t s er fo rder l ichen M e rk s ta t t e iu r ic h tu n g e n , in i h r e r M e h r z a h l fü r sp ä te re J a h r e zu ­ rückgestellt w e rd e n . D e r U )e rks tä t teuu u te r r ich t konnte d e s h a lb nicht in v o l l e m U m f a n g e eingerichte t w e rd en . — A m S c h lu ß des S c h u l ­ j a h r e s b e t ru g die Z a h l der A n s ta l t s l e h r e r 5 0 , a u ß e r d e m w a r e n a l s N e b e n le h r e r — M e rk s tä t te le h re r — w ä h r e n d des S c h u l j a h r e s 13 P e r s o n e n u n d b e im K in o v o r f ü h r e r k u r s (30 . J u n i b i s 3 0 . A ugust) P h ot. G ebr. stirsch Geh. K at Ol'. Fosef Durm ^ . 5 . - 299 2 L ehrer tä t ig . E s w a r e n P 7 M a s s e n g eb i lde t u n d z w a r H s erste, HO zweite, 3 s dr it te u n d 5 v ie rte M a s s e n . v o n den a n G s t e r n s 9 s 9 nach d r e i j ä h r ig e n , p f l ich tbesu ch ent lassenen S c h ü le rn h a t t e n sich s 5 0 z u m f re iw i l l ig en B esuch eines v ie r t e n S c h u l j a h r e s a n ­ gemeldet. D a s M i n i s t e r i u m g e n e h m ig te die E r r i c h t u n g der v ie r ten M a s s e n m i t der Festsetzung des S c h u lg e ld es a u f 6 M a r k f ü r d a s f re iw ill ige S c h u l j a h r . D ie E r h e b u n g v o n S c h u lg e ld f ü r P f l i c h t ­ schüler ist bei den G ew erb e sch u le n w ie bei den F o r tb i l d u n g s s c h u l e n nach der B e k a n n t m a c h u n g des M i n i s t e r i u m s seit 9 . M a i s 9 s 9 nicht m e h r s ta t th a f t . M ä h r e n d des S c h u l j a h r e s w u r d e n s H V o r ­ bere i tungskurse zu r M e i s t e r p r ü f u n g m i t z u s a m m e n 35H T e i ln e h m e r n u n d 2 V o rb e re i tu n g s k u rs e zu r G e s e l l e n p r ü f u n g m i t z u s a m m e n 5 s T e i l n e h m e r n a b g e h a l te n . Z u r E i n r i c h t u n g v o n S ch u lw erks tä t te n erhie lt die A n s ta l t v o n R a a b , U a r c h e r 6c T i e h ie r s O O O M k . , v o n G e h . U o m m e r z i e n r a t D r . iuZ . L orenz h ie r 5 0 0 0 M k . , v o n der M a s c h in e n b a u g e se l l s c h a f t U a r l s r u h e 5 0 0 M k . , v o n G e h . U o m - m erz ien ra t D r . inZ. F r ie d r i c h W o l f s h ie r s O O O M k . , v o n U a r l u n d S t e p h a n M o n i n g e r h ie r je 2 5 0 M k . , v o n L o u i s S t e r n 6c T i e h ier s O O O M k . , v o n B e r n e r 6c M e r la n , M a s c h in e n f a b r ik h ier H O B lk . , v o n w i n s c h e r m a n n 6c T i e G . m . b . H . h ie r s O O O M k . , v o n M a t h . S t i n n e s h ie r 5 0 0 A lk . u n d v o n L e o n h a r d , E l e k t r o - Z n s t a l l a t i o n e n hier 68 M k . H O P f . , z u s a m m e n s 0 6 0 8 M k . H O P f . S t ip e n d i e n w u rd e n im G e s a m t b e t r a g s v o n HsHH M k . 5 0 P f . ver l ieh en . Z n der H a n d e l s s c h u l e b e g a n n d a s G s t e r s c h u l j a h r s 9 s 9/20 a m s. M a i s 9 l 9 u n d endete a m 2 7 . M ä r z s 920 . D a s L e h re r ­ p e r so n a l der A n s ta l t zäh l te 2 5 P e r s o n e n i m H a u p t a m t u n d 6 i m N e b e n a m t , v o m 2 5 . F e b r u a r s 9 l 9 b i s so . J u n i s 9 i 9 diente d a s S ch u lg e b ä u d e dem F r e i w i l l i g e n - B a t a i l l o n B r u c h s a l a l s U a s e rn e , so d a ß sich der geordne te U n te r r ic h t s b e t r ie b n icht v ö l l ig d u rc h fü h re n ließ. Z u f o lg e der herrschenden U o h l e n n o t m u ß t e der U n te r r ic h t v o m 9- N o v e m b e r s 9 s9 a b a u f m e h re re W o c h e n eingestellt w e rd e n . D ie B e te i l ig u n g a n den f re iw i l l ig e n F a c h k u r se n w a r sehr rege. B i s E n d e Z u l i l 9 l 9 bes tanden s3 , v o n M i t t e D ez em b e r b i s W e i h ­ nachten s? und v o n N e u j a h r b i s B s te r s c h lu ß s s U u rs e . S t a d t s c h u l ­ a rz t D r . p a u l l h ie lt a m 2 5 . M ä r z s 920 f ü r die U n a b e n d e r 5 . U u r s e u n d a m 2 6 . M ä r z f ü r die M ä d c h e n der 3 . U u r s e e inen V o r t r a g ü b e r die G e f a h r e n des A lk o h o l s u n d der G eschlech tskrankheiten . — 3 0 0 - D a s G y m n a s i u m zäh lte im S c h u l j a h r e ( 9 ( 8/ ( 9 l 9 b l a s s e n s7). G e h e i n r r a t V r . F r e i h e r r v o n B a b o legte i in L au fe des S o m m e r s sein A m t a l s Vorsitzender des B e i r a t s n ieder. A n seine S te l le e r n a n n te d a s R l in i s t e r i u m L a n d e s k o in m is s ä r G e h . O b e r - r e g i e r u n g s r a t F l a d . F r e iw i l l i g e r U n te r r ic h t w u r d e i m E n g l isc h en , in der S t e n o g r a p h i e u n d in S e k u n d a u n d j ) r i m a im Z e ichn en erteilt. D ie B a u g e w e r ke s ch u l e eröffnete d a s W in tersem ester l 9 l 8 / l 9 u i i t 6 s S c h ü le rn , w ie in der Übersicht ( B e i l a g e I) a n ­ gegeben ist. A n f a n g s w a r e n f ü r die he im gekehrten K r i e g s te i ln e h m e r kostenlose V o rb e re i tu n g s k u r s e g e p l a n t . Diese w u r d e n d a u n a u f den W u n s c h der verschiedenen T echnischen V ere ine durch kostenlose N o t ­ semester f ü r a l le A b te i lu n g e n u n d Sem este r ersetzt. A m sH. J a n u a r s 9 l 9 konnte die E i n w e i s u n g m i t 2 7 7 U r i e g s te i ln e h m e rn erfo lgen . V o n diesen entfielen a u f die H o c h b a u - A b te i l u n g s 6 0 , a u f die B a h n - u n d T i e f b a u - A b t e i l u n g 5 0 , a u f die M a s c h i n e n b a u - 5H u n d a u f die E lek tro technische A b te i l u n g s 3 T e i l n e h m e r . D ie E r ö f f n u n g des N o tse m e s te r s e r fo lg te d u rch eine feierliche B e g r ü ß u n g der h e im ­ gekehrten A r i e g s te i ln e h m e r seitens des D ir e k to r s . V o n r u n d 8 0 0 S c h ü le rn der B a u g ew e rk e sch u le h a t t e n sich r u n d 7 0 0 a m A riege beteil ig t . D ie E r ö f f n u n g der A b te i lu n g der G e w e r b e le h r e r m u ß te w egen H ers te l lung der R ä u m e a u f den 2 s. J a n u a r zurückgestellt w e rd e n . A u c h sie e r fo lg te durch eine A n sp ra c h e des D irek to rs . E r teilte d a b e i u . a . m i t , d a ß sich u n te r den 77 gefa llenen S ch ü le rn der A n s t a l t 7 7 G e w e r b e le h r e r k a n d id a te n b e fa n d en . I m L e h r e r s e m i n a r I w u r d e n , d a nach A b sc h lu ß des W a ffe n s t i l l s ta n d e s eine g r o ß e A n z a h l e h e m a l ig e r S ch ü le r der A n s ta l t zu r F o r t s e tz u n g i h r e r S tu d i e n w iede r e i n t r a t , drei neue A lassen gebi lde t u n d z w a r entsprechend e iner V e r f ü g u n g des N l in i s t e r iu m s zwei S o nd erk lassen u n d eine F ö rd e rk la sse . A m s. J u n i l 9 l 9 w a r d a s I n t e r n a t s g e b ä u d e , d a s w ie die A u l a seit d em 20 . A u g u s t a l s L a z a re t t ve rw en d e t w u rd e , w ieder b e z u g s fä h ig . G e g e n 6 0 Z ö g ­ lin ge h a t t e n sich z u m E i n t r i t t i n d a s I n t e r n a t gemeldet. Z u r F e ie r der W ie d e re rö f f n u n g des I n t e r n a t s v e r s a m m e l te sich a m H. J u n i z u m e rs tenm a le w iede r seit f ü n f J a h r e n L eh re r u n d S ch ü le r in d em wiederhergestc ll ten F e s ts a a l der A n s ta l t . D ie F e ie r g a l t auch d em G b e r r e a l l e h r e r L e o n h a r d A n a u e r , der seit 5 0 J a h r e n dem badischen S chu ld iens t a n g e h ö r t . N a h e z u HO J a h r e w a r er — 5 0 s d a v o n a m L e h r e r s e m in a r I t ä t ig . E h r e n d e A n s p r a c h e n f ü r den J u b i l a r h ie lt der D i re k to r u n d a l s V e r t r e te r des U n te r r i c h t s ­ m in i s t e r iu m s G e h e im e r G b e r r e g i e r u n g s r a t v r . A r m b r u s t e n A m s. G k to b e r sf lsf l w u rd e H e r r A n a u e r a u f sein A n su ch e n in den R u h e s ta n d versetzt. A n der T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e f a n d a m sfl. N o v e m b e r a u s A n l a ß des R e k to ra t s w e c h se ls z u m e rs tenm a le n ac h 6 f a h r e n w ieder ein Festakt statt , zu dem sich neben dem g e s a m te n L eh rk ö rp e r u n d der S tu d e n te n sc h a f t eine g r o ß e A n z a h l g e lad e n e r G ä s te e in ­ gefun den h a t te . D e r P r o r e k t o r G e h . H o f r a t H a u s r a t h g a b eine Übersicht ü b e r die T ä t ig k e i t w ä h r e n d des verflossenen S t u d i e n j a h r e s u n d gedachte d ab e i beso n d e rs der i m F e ld e gefa l lenen P ro fe s s o re n u n d S tu d e n te n . H ie r a u f v e r l a s er die P e r s o n a l i e n der i m letzten S t u d i e n ­ j a h r vers to rbenen P ro fe sso re n S c h u l th e iß , G e h . R a t O r . D u r m u n d G e h . R a t v r . W a r t h . F e r n e r sp rac h er den i m J a n u a r v o m R e k to ra tsp o s ten a u s G esundhe its rücksich ten zurückgetrctenen G e h . R a t G r a ß m a n n den D a n k v o n R e k to r u n d S e n a t f ü r seine T ä t ig k e i t a u s u n d fü h r te der P r o r e k t o r de» neuen R e k to r , P r o s . v r . P au lc k e , in sein A m t ein. D e r letztere h ie lt e inen V o r t r a g ü b e r „ D a s E n t ­ wicklungsgesetz v o m geologischen S t a n d p u n k t a u s " . A n der T u r n l e h r e r b i I d u n g s a n st a l t f a n d i m R k a i ein L e h rk u r s fü r T u r n s p ie l e u n d v o lk s tü m lic h e Ü b u n g e n s ta tt , a n dem Hs L e h re r in n e n h ö here r R läd c h en sc h u len B a d e n s te i ln a h m e n . N e b e n den Ü b u n g e n w u r d e in V o r t r ä g e n a u f den gesundheit l ichen u n d erzieherischen W e r t v o n T u r n e n , S p i e l u n d S p o r t h ingew iesen . I m v i e r o r d t b a d ve ran s ta l te te der S c h w im m v e r e in „ P o s e i d o n " S c h w i m m v o r f ü h r u n g e n , die die R u r s t e i l n e h m e r i n n e n die Nützlichkeit u n d N o tw e n d ig k e i t des S c h w i m m e n s b e s o n d e r s auch f ü r d a s w e ib ­ liche Geschlecht erkennen l ießen, v o m 2 . b i s 6 . J u n i w u r d e ein A u r s f ü r L ehrer a n V o lk s - u n d F o r tb i l d u n g s s c h u l e n a n der T u r n ­ le h re rb i ld u n g s a n s ta l t a b g e h a l te n . 3. Kunst. A m H o f t h e a t e r b e g a n n d a s S p i e l j a h r s ß s b / s ß u m 2 5 . A u g u s t s 9 s 8 u n d schloß a m 3 0 . J u n i sß s f i - 2 R " 2 3 . N o v e m b e r s ß s 8 erh ie l t es v o n der v o r lä u f ig e n v o l k s r e g i e r n n g den N a m e n „ B a d i s c h e s — 302 — L a n d e s th e a te r in K a r l s r u h e " . W e g e n K o h le n n o t w u r d e der B e t r ie b v o n W i t t e N o v e m b e r a n e ingeschränkt u n d v o m 2 . J a n u a r ( 9 (9 a n in d a s S tä d t i sch e K o n z e r t h a u s ver leg t . E r s t a m 2 5 . M a i k on n ten die V o rs te l lu n g en i m L a n d e s th e a te r w ieder a u s g e n o m m e n w erd en . I m g an z en f a n d e n 3H8 V ors te l lu n g en sta tt u n d z w a r (-(3 ((9 ( 7 / ( 8 : 2 6 7 ) im L a n d e s th e a t e r u n d 2 0 5 (36) i m K o n z e r t h a u s . ( 5 0 S o n d e r v o r s t e l l u n g e n (69) w u r d e n gegeben u n d z w a r ( (9 a l l ­ gem eine , 9 zu b e s o n d e r s e r m ä ß ig t e n P re i s e n ( d a r u n t e r 3 f ü r die R ü s tu n g s a r b e i t e r ) 8 m i t p la tz m ie t e f ü r S ch ü le r , 3 f ü r den V ere in V o lk s b i l d u n g , 5 M ä r c h e n a u f f ü h r u n g e n , 6 f ü r w o h l tä t ig e Zwecke (je ( f ü r die he im k eh ren d e n T r u p p e n , f ü r die W o h l fa h r t s k a s s e des B ü h n e n v e r e i n s , f ü r die G en ossenschaf t deutscher B ü h n e n a n g e h ö r i g e n , f ü r d a s R o t e K re u z u n d 2 f ü r die P e n s io n s a n s t a l t des L a n d e s ­ th e a te r s ) . T s f a n d e n 5 V o r t r ä g e u n d 7 K o n ze r te statt, v o n den letzteren ( i m L a n d e s th e a te r , 3 i m K o n z e r t h a u s u n d 3 v o lk s t ü m ­ liche K o n ze r te in der F es th a l le . A u ß e r verschiedenen A u f f ü h r u n g e n der v o n M i t g l i e d e r n des L a n d e s th e a t e r s geb ildeten G a s t s p ie lg e m e in ­ schaf t g a b d a s L a n d e s th e a t e r G e sa m tg a s tsp ie le : in B a d e n ( 5 , in P f o r z h e i m 2 u n d u n d in F r e i b u r g u n d G a g g e n a u je ( . D ie S o m m e r o p e r e t t e i m K o n z e r t h a u s b e g a n n a m f . J u n i m i t ih ren A u f f ü h r u n g e n ; 5 s S c h au sp ie le m i t ( 7 2 A u f f ü h r u n g e n u n d 6 2 G p e r n u n d G p e r e t t e » m i t 3 7 5 A u f f ü h r u n g e n w u r d e n gegeben. M i t m e h r a l s 5 A u f f ü h r u n g e n ( im L a n d e s th e a te r , im K o n z e r t ­ h a u s u n d a u s w ä r t s z u s a m m e n ) w a r e n W erke v o n fo lgenden A u t o r e n v e r tre ten u n d z w a r i m S c h a u s p i e l : S ch il le r m i t ( 5 , R ö ß l e r m i t ( 3 , R e h m u n d F re h se , M ö l l e r u n d S a c h s m i t je 8 , G o e th e , S h ak esp ea re , T o l s to i u n d M e y e r - F ö r s t e r m i t je 6 ; in der G p e r u n d G p e r e t t e : M o z a r t m i t ( 8 , L or tz ing m i t ( 6 , V e r d i m i t ( 5 , R i c h a r d W a g n e r u n d G f f e n b a c h m i t je ( 0 , R i c h a r d S t r a u ß m i t 9 , B e r tö -S c h u b e r t m i t 8 , d 'A I b e r t m i t 7 , F l o t o w , K ä l m ä n , L a f i te -S ch u b e r t , Lcon- c a v a l l o u n d Noetzel m i t je 6 . A l s U r a u f f ü h r u n g w u r d e im S c h a u s p ie l „ S i m s o n " v o n B u r t e , „ P r i n z W a g e m u t " v o n K us te re r u n d „ L h a r y b d i s " v o n Z w e h l gegeben , in der G p e r „ M e i s t e r G u i d o " v o n Noetzel u n d „ S c h w a rz s c h w a n e n r e ic h " v o n S ieg f r ied W a g n e r . Z a h l e n d e B e su ch e r w a r e n es i m L a n d e s th e a te r ( ( 7 0 0 7 ( ( 9 l ? / ( 8 : 2 5 ( 7 ( 3 ) , i m K o n z e r t h a u s , oh ne S o m m e r o p e r e t t e , ( 5 5 0 5 2 ( I 6 9 3 ( ) , in B a d e n 5H 27 ( ( 0 2 5 3 ) . - - 3 0 3 — N e u eingetre ten sind die S c h a u s p ie le r G a s t u n d S chö n fe ld , die S c h a u s p ie le r in P e r s i u g , die S ä n g e r N o r d e n , M a l y - M o t t a u n d S ch w erd t , die S ä n g e r i n n e n P e tz e l - D e n n n e r , S a j i t z u n d L asc h in g e r ; a u s g e t r e te n die S ä n g e r i n B a n n i a n n . A m S c h lu ß der Spie lze i t schieden a n s G e n e r a l i n t e n d a n t B r . B a s s e r m a n n , D r a m a t u r g B r . Roenneke , die S c h a u s p ie le r Becker u n d G u g e l m a n n . B r . Roenneke g a b a m 2. M a i z u m A bschied einen V o r t r a g s ­ ab e n d . A m 29 . J u n i v e ra n s ta l te ten die M i t g l i e d e r des L a n d e s th e a t e r s dem scheidenden I n t e n d a n t e n G e h . H o f r a t B r . B a s s e r m a n n eine Abschiedsfeier . N a m e n s der M i t g l i e d e r des L a n d e s th e a t e r s r ichteten die H e r re n B a u m b a c h , D u m a s , A lebe , G iesen , L i n d e m a n n u n d A ienscherf W o r t e des D a n k e s u n d der A n e r k e n n u n g a n B r . B a s s e r ­ m a n n . B r . B a r t u i n g ü b e rm i t te l te den D a n k der R e g ie r u n g . A u ch d a s M a n n h e i m e r N a t i o n a l t h e a t e r h a t te sich bei der F e ie r v e r tre ten lassen. I n seiner E r w i d e r u n g g a b B r . B a s s e r m a n n einen kurzen Rückblick ü b e r seine T ä t ig k e i t . D e r scheidende I n t e n d a n t erh ie l t a n diesem T a g e eine R e ih e eh render T e l e g r a m m e u n d S ch re iben . V o m 2 . b i s 9 . M ä r z f a n d e n in der F es tha l le p a s s i o u s - s p i e l e nach A r t der G b e r a m m e r g a u e r , u n te r L e i tu n g der T h r i s t u s - u n d I u d a s d a r s t e l l e r A d o l f u n d G e o r g F a ß u a c h t s ta tt ( 2 5 0 M i t - w irkeude). V o m 2 . A p r i l b i s s 7 . M a i g a b A n n a D e n g ' s baye r isches B a u e r n t h e a t e r i m T o lo s s e u m B a u e r n k o m ö d ie n u . ä . A m 2 6 . M a i f ü h r te n D ars te l le r a u s B e r l i n u n d Leipzig in der F es tha l le die „ E l e k t r a " v o n S o p h o k le s a u f . V o m 3 . b i s s 5 . J u n i G a s t sp ie l des F r a n k f u r t e r I n t i m e n T h e a t e r s T r o c a d e r o im T o lo s se u m . V o m l 6 . J u n i b i s s o . A u g u s t G a s t sp ie l v o n J e a n B l a t z ­ h e i m a u s A ö l n n n t seiner T r u p p e i m T o lo s s e u m . A u f f ü h r u n g v o n S c h w ä n k e n u n d derg l. D e r J ü d i s c h e A u l t u r - u n d H i l f s v e r e i n A a r l s r u h e veransta l te le i m A p o l lo th e a t e r a m sO. u n d s s. A u g u s t V o rs te l lu n g e n der w a r s c h a u e r T h e a t e r - u n d G pere t teng ese l lsch a f t . A m s ? . , l 8 . u n d s 9 . D ez em b e r spielte i m Haseneck ( A a i s e r - S t r a ß e 2 3 l ) d a s B a u e r n - P o s s e n - E n s e m b l e H a n s D e l n b o n oberb ayer isch e Volksstücke. 30H D e n M o n a t N o v e m b e r h in d u rc h spielten d a s B a y e r i s c h e B a u e r n t h e a t e r (D ire k t io n J o s e p h M e t h ) u n d i m M o n a t D ez em b e r d a s O b e r b a y e r i s c h e B a n e r n t h e a t e r (D irek t ion H a r t i u n d J o s e p h S c h m id ) i m C o lo s se u m P o ssen u n d S chw änke . I n e iner M o r g e n v e r a n s t a l t u n g a m 7. D ezem ber der O r t s ­ g r u p p e des V e r b a n d e s zu r F ö r d e r u n g d e u t s c h e r T h e a t e r - k u l t u r i m L a u d e s th e a te r sp rach H e r m a n n M o l f g a n g v o n M a l t e r s - Hausen ü b e r V p e r n p r o b l c m e der G e g e n w a r t . A m ( p D ezem ber v e ran s ta l te te die O r t s g r u p p e des H i l f s ­ b u n d e s d e r v e r t r i e b e n e n E l s a ß - L o t h r i n g e r durch M i t ­ g lieder des f rü h e re n „ Elsässischen T h e a t e r s " die A u f f ü h r u n g „ D 'B u d d e l l (Zuetschelw asser" . D a s O r c h e s t e r d e s L a n d e s t h e a t e r s g a b S y m p h o n i e - K o n z e r t e a m 6 . M ä r z , 2 9 - O k t o b e r u n d f 2 . N o v e m b e r . A u f ­ g e f ü h r t w u r d e n M erk e v o n : B e e th o v e n , B ru c k n e r , M o z a r t , Noetzel, S c h u b e r t , S c h u m a u n , R i c h a r d S t r a u ß , M o l s . V o n S o lis ten w irk ten m i t : die H e r re n B ü t t n e r u n d S e y d e l ( G e s a n g ) , die D a m e » v o n E r n s t , P e tz l - D e m m e r u n d D e h m l o w - B e r l i n ( G e s a n g ) , H o f r a t V rd e n s te in u n d M u s ik le h r e r G e o r g M a n t e l ( K l a v i e r ) . A u ß e r d e m fan d e n v o l k s t ü m l i c h e S y m p h o n i e - K o n z e r t e des L a n d e s th e a te r ­ orchesters s ta tt a m 2 6 . M ä r z , 2 3 . A p r i l , 2 . u n d 9 . O k to b e r . A u f ­ g e f ü h r t w u r d e n M e rk e v o n : B e e t h o v e n , B a c h , G lu c k , H ände l , H a y d n , M o z a r t , S c h u b e r t , M a g u e r , M e b e r . M i t w i r k e u d e S o l is te n : die H e r re n Schöffel ( G e s a n g ) , T r a u t v c t t e r (T e i l s ) u n d S p i t t e l (Flöte), die D a m e n B r u n t s c h u n d S a j i t z (G e s a n g ) . E i n S o n d e r - S y m p h o n i e - K o n z e r t des L a n d e s th e a te r s a m 2 2 . O k t o b e r leitete K a p e l lm e is te r F r i tz B u s c h - S t u t t g a r t . J u r K o n s e r v a t o r i u m f ü r M u s i k fa n d e n a m 2 ., 3 . u n d H. A p r i l V o rsp ie le der V o rb e re i tu n g s k la s s e n statt. D e m M u n z ' s c h e n K o n s e r v a t o r i u m ist seit A n f a n g des J a h r e s eine T h ea te rh o c h sc h u le u n te r L e i tu n g v o n K a m m e r s ä n g e r B u s s a r d , D r a m a t u r g V r . Roeunecke u n d K a p e l lm e is te r S t ü r m e r an g e g l ie d e r t . D a s K o n s e r v a t o r i u m v erans ta l te te ein P a l m s o n n t a g - koitzert u n d musikgeschichtliche A u f f ü h r u n g e n a m 8. u n d ( p D ezem ber. D a s P o s t - K o n s e r v a t o r i u m g a b a m s. M ä r z eine» S o n a t e n - A b e n d u n d a m ( 6 . O k t o b e r e inen T r i o - A b e n d . 305 G r o ß w a r die Z a h l der K on ze r te , die hiesige K ü n s t le r a l le in oder m i t a n d e re n P a r t n e r n z u s a m m e n g a b e n ; eine E in z e l a u f z ä h lu n g w ü rd e zu w e it fü h re n . E b e n s o t r a t e n auch zahlreiche a u s w ä r t i g e K ü n s t le r a u f ; v o n bek a n n te re n seien g e n a n n t : W i l h e l m B a c k h a u s , H a n s B r u c h u n d U 7 ax P a u e r ( K la v ie r ) , K a r l F lesch u n d A r t h u r S c h n a b e l (V io l in e u u d K l a v i e r ) , d a s K l i n g l e r - Q u a r t e t t u n d d a s U k a n n h e im e r T r i o : ( R e h b e r g , B i r k ig t , K a r l A lü l l e r ) , H ein r ich Hensel ( a u s K a r l s r u h e ) u n d L u l a M y s z - G m e i n e r ( G e s a n g ) . D ie k irchen-m usikal ischen B e r e in ig u n g e n v e ra n s ta l te t e n ih re m i t den kirchlichen Festen im Z u s a m m e n h a n g stehenden A u f f ü h r u n g e n . D ie musikalischen V ere ine en tfa l te ten g e g e n ü b e r den K r i e g s j a h r e n eine regere T ä t ig k e i t . H ie rü b e r w ie ü b e r die v o r e r w ä h n t e n D a r b i e tu n g e n geben die T a g e s z e i tu n g e n A u fs c h lu ß . T a n z a b e n d e g a b e n : E l l e n u n d T a r i e r , W a g d a U k a r ia - H e id e l - b e r g , F i n n i R e e ( R a t h g e b e r - K a r l s r u h e ) , R u t h S c h w a r z k o p f u n d S e n t U k 'a h e sa . Z m A p r i l w u r d e n i m A u f t r a g der S t a d tg a r t e n k o m m is s io n eine R e ihe ( ( 2 ) K ü n st l e r p o st k a r t e n nach A q u a r e l l e n v o n W i lh e l m B o lz m i t D a r s te l lu n g e n des S t a d t g a r t e n s h e r a u s ­ gegeben. A m 6. S e p t e m b e r w u r d e die K a l l e r - A n l a g e v o n d e m S t i f t e r G r o ß k a u f m a n n Z u l i u s K a l l e r * ) der S t a d t ü b e rg e b en . D ie A n l a g e besteht in der H a u p ts a c h e a u s e inein h a l b r u n d e n , durch eine B a lu s t r a d e g ekrönten V o r b a u a m westlichen U fe r des S ch w a n e n se e s . S ie e r h ä l t künstlerischen S chm uck durch eine P u t t e n g r u p p e m i t S c h w a n , nach E n t w u r f v o n B i l d h a u e r G t t o Feist in U n te r s b e r g e r U k a r m o r a u s g e f ü h r t . N a m e n s der S t a d t v e r w a l t u n g ü b e r n a h m B ü r g e r m e is te r I ) r . P a u l m i t D a n k e s w o r t e n die A n l a g e . D e r S t i f t e r e r w ä h n te , d a ß die E r i n n e r u n g a n seine Z u g en d z e i t , i n der sein V a te r , T u r n ­ lehrer G e o r g K a l l e r , neben d em S t a d t g a r t e n einen T u r n - u n d S p ie lp la tz err ichtet ha t te , ih n zu der V e r sch ö n e ru n g dieser E r h o l u n g s ­ stätte v e r a n l a ß t hab e . Ü b e r die G e s t a l t u n g der nachstehenden P l ä t z e der S t a d t h a l te die S t a d t v e r w a l t u n g u n te r den in K a r l s r u h e ansäss igen se lbs tändigen v e r g l . L h r o n i k ; y ; 7 S e i t e 2 8 0 . 2n — 506 A rchitek ten e inen e n g e r e n W e t t b e w e r b v e ra n s ta l te t . I m g anzen liefen A rb e i t e n e in . D a s P r e i s g e r i c h t erteilte fo lgende P r e i s e : a ) P l a t z a m D u r l a c h e r t o r : f . P r e i s : A e n n w o r t „ G e d e n k sä u le " , A rch itek t W i l h e l m P e t e r ; 2 . P r e i s : A e n n w o r t „G eze ichne tes S c h a u - b i l d " derse lbe ; 5. P r e i s : A e n n w o r t „ D r e i gezeichnete A re ise" , A rch itek t R u d o l f w e s s a n g ; H. P r e i s : A e n n w o r t „ A d v e n t " , Architekt G - E c k h a rd t , u n te r M i t a r b e i t v o n A rchitek t R ic h a r d F u c h s , b ) P la tz bei der A r e u z u n g der A r i e g s - u n d Y o r k - S t r a ß e : s. P r e i s : A e n n ­ w o r t „ A r i e g s - S t r a ß e — Y o r k - S t r a ß e " , B a u r a t P ro f e s s o r N eu m e is te r ; 2 . P r e i s : A e n n w o r t „ D e m V e r k e h r " , A rch itek t T h . A e m p e r m a n n ; 3. P r e i s : A e n n w o r t „ D u r l a c h " , A rch itek t E m i l D e in e s , c) P la tz a n der L a m e y - u n d H o n s e l l - S t r a ß e : s. P r e i s : A e n n w o r t „ D r e i D a c h re i t e r " , A rch itek t w . L a n g s t e in ; 2 . P r e i s : A e n n w o r t „ S ie b e n G ie b e lp la t z " , A rch itek t W i l h e l m w u n d ; 5 . P r e i s : A e n n w o r t „ G e ­ zeichnetes S c h a u b i l d " , A rch i tek t R u d o l f M e s s a n g . cl) P la tz bei der A r e u z u n g der Y o rk - u n d W e i n b r e n n e r - S t r a ß e : s . P r e i s : A e n n w o r t „ M i t B ä u m e n u n d 2 M o n u m e n t a l b a u t e n " , A rch itek t w . L ä n g ­ s te m ; 2 . P r e i s : A e n n w o r t „ M i t A i r c h e " , A rchitekten E is le r u n d p o m m e r e n k e ; 3 . P r e i s : A e n n w o r t „G eze ichne tes S c h a u b i l d " , Architekt G u s t a v Betzel. IV. Politisches) industrielles und Vereinsleben. 1. Politisches Leben. A l l g e m e i n e s . ^ > ^ i e W a h l e n z u r v e r f a s s u n g g e b e n d e n b a d i s c h e n I » N a t i o n a l v e r s a m m l u n g f a n d e n S o n n t a g , den 5 . J a n u a r , v o n v o r m i t t a g s 9 b i s a b e n d s 8 U h r s ta tt . W a h l v e r s a m m ­ lu n g e n * ) w u r d e n noch zwei g rö ß e re v e ra n s ta l te t , a m 3 . J a n u a r v o m Z e n t r u m ( R e d n e r : Geis tl icher R a t O r . S ch o fe r ) u n d a m -(. J a n u a r v o n der D e u t s c h - D e m o k r a t i s c h e n P a r t e i ( R e d n e r : P ro fe s s o r O r . M a x W e b e r -H e id e lb e rg ) . F ü n f P a r t e i e n h a t t e n i m W a h l k r e i s K a r l s r u h e V o rsch lags l is ten m i t je 3 3 B e w e r b e r n e ingere ich t : die Deutsche D em okra t ische P a r t e i , die D e u t s c h - N a t io n a l e V o lk s p a r te i , die S o z i a l ­ dem okra tische P a r t e i , die U n a b h ä n g i g e S o z ia ld e m o k ra t is c h e P a r t e i u n d d a s Z e n t r u m . D ie S t a d t einschließlich der e in gem e ind e ten V o r o r t e w a r in (02 W a h lb e z i rk e e ingete il t . A l s W a h l lo k a l e d ien ten v o rherrsch en d die S c h u lh ä u s e r . I m g a n z e n w u r d e n h ie r 7 0 8 0 3 gü lt ige S t i m m e n abg egeben ( in K a r l s r u h e - S t a d t u n d - L a n d z u s a m m e n 8H 0 3 5 ) : sie ver te il ten sich f o lg e n d e r m a ß e n a u f die einzelnen P a r t e i e n : S o z ia ld e m . Z e n t r u m K a r l s r u h e - S t a d t . . . 2 5 6 5 5 — 5 6 ,2 °/« ( 3 9 7 3 — ( 9 , 7 «/« K a r l s r u h e - L a n d u . S t a d t 5 ( 8 5 3 — 3 7 ,9 > ( - ( 5 8 0 — ( 7 , 5 °/« G a n z e r W a h lk r e i s . . ( 0 6 -(2 ( — 3 6 , 3 "/« 92 2 ( 5 — 30 ,-( «/« *) v e rg l. Lhronik ^ 8 , S . ff. — 308 — D . - D e m o k r . D . - N a t . K a r l s r u h e - S t a d t . . . 2 5 6 5 5 — 5 5 , ^ v/„ K a r l s r u h e - L a n d u. S t a d t 2 6 > 02 — 3 l g 57z — ; o ,2 °/o G a n z e r W a h l k r e i s . . 6 0 9 8 ^ — 2 ) , l °/o 2 8 ^ 0 5 — lO .s «/» U n a b h ä n g . S o z ia ld e m . K a r l s r u h e - S t a d t . . . 2 6 0 6 — 3 ,7 "/» K a r l s r u h e - L a n d u. S t a d t 2 9 2 7 — 3 ,4 o/g G a n z e r W a h l k r e i s . . 5 ^ 2 7 — l , l "/a N a c h der am t l ic h e n B e k a n n t m a c h u n g sind im W a h lk r e i s K a r l s ­ r u h e g e w ä h l t : s 2 S o z ia ld e m o k ra te n , sO M i t g l i e d e r des Z e n t r u n i s , 6 D e u ts c h -D e m o k ra te n u n d 3 D e u t s c h - N a t i o n a l e ; die U n a b h ä n g i g e n erh ie l ten keinen V e r t r e te r . V o n den A b g e o rd n e te n w o h n te n l 5 in K a r l s r u h e . V o n den S o z i a ld e m o k r a t e n : R e c h t s a n w a l t u n d S t a d t r a t V r . E d u a r d Dietz, B u c h d r u c k e r s - E h e f r a u K u n ig u n d e F ischer, R e c h t s ­ a n w a l t L u d w ig w a r u m , z. Z t . I u s t i z m in i s t e r , L eopo ld Rückert, z. Z t . V e r k e h r s m in i s t e r , B ez i rk s le i te r des B a u a r b e i t e r - V e r b a n d s R i c h a r d H o r t e r , S t a d t r a t u n d Z e i tu n g s v e r l e g e r E u g e n Geck ( 6). V o m Z e n t r u m : R e c h t s a n w a l t G u s t a v T r u n k , z. Z t . M in i s t e r fü r E r n ä h r u n g s w e s e n , K l a r a S i e b e r t , Vorsitzende des katholischen F r a u e n b u n d e s , S t a d tv e r o r d n e t e r W i l h e l m M ü l l e r , Vorsitzender des bad ischen E i s e n b a h n e r - V e r b a n d e s , O b e r r e v i s o r H einr ich K ö h le r , O b e r l a n d e s g e r i c h t s r a t V r . E r n s t B e r n a u e r (5). V o n der Deutsch- D em o k ra t is c h e n P a r t e i : O b e r b ü r g e r m e i s t e r H e r m a n n D ietr ich , z. Z t . M i n i s t e r des A u s w ä r t i g e n , R e c h t s a n w a l t V r . L u d w ig H a a s , z. Z t . M i n i s t e r des I n n e r n , P r ä s id e n t des V e r w a l t u n g s g e r i c h t s h o f s V r . K a r l G lö ck n e r (5). V o n den D e u t s c h - N a t io n a l e n : G e h . G b e r - k irch e n ra t O . F r ie d r i c h T h e o d o r M a y e r . I n a n d e re n W a h lk re is en w u r d e n g e w ä h l t : G b e r l a n d e s g e r i c h t s p r ä s id e n t V r . J o h a n n Z e h n t e r ( Z e n t r u m ) u n d P ro f e s s o r H e r m a n n H u m m e l ( D . - D e m o k r . P a r t e i ) v o n h ier . D ie ganze K a m m e r zäh lte ( 0 7 A b g e o rd n e te u n d z w a r 39 A b ­ g eordne te der Z e n t r u m s p a r t e i , 3 6 der S o z ia ld em o k ra t isc h en P a r t e i , 2 5 der D eu tsch -D e m o k ra t i sch e n P a r t e i u n d 7 der D e u t s c h - N a t io n a le n V o lk s p a r te i . A m 9 . J a n u a r teilten die b i s h e r ig e n M i t g l i e d e r der v o r lä u f ig e n V o lk s r e g ie r u n g B r ü m m e r u n d S c h w a r z ( U n a b h ä n g i g e S o z i a l ­ 309 dem okra t ie ) ih re n A u s t r i t t a u s der R e g ie r u n g dieser m i t fo lg en d e r schriftlichen E r k l ä r u n g m i t : . „Nachdem die W ahlen zur Badischen N ationalversam m lung eine bürger­ liche Zm eidrittel-M ehrheit ergeben haben, erachten w ir die Vorbedingungen, die nns am i t - November v. I r . zun, E in tritt in die Regierung bewogen haben, a ls nicht mehr gegeben. W ir halte» es bei der Zusammensetzung der N ationalversam m lung nicht fü r möglich, daß die Errungenschaften der Revolution gew ahrt und weiter ausgebaut werden. Deshalb müssen w ir auch die Vorarbeiten fü r diese N ationalversam m lung ablehnen und erklären somit nnsern A u stritt ans der Regierung." D ie R e g ie r u n g h o b d a s v o n H e r r n S c h w a r z v e r w a l te te M i n i ­ s te r ium f ü r soziale F ü r s o r g e a u f u n d ü b e r t r u g die betreffenden G eschäfte a n d a s M i n i s t e r i u m f ü r Ü b e r g a n g s w i r t s c h a f t , v e r w a l t e t v o n P h i l i p p M a r tz lo f f . D a s H e r r n B r ü m m e r unterstell te M i n i s t e r i u m der m il i tä r is ch e n A n ge le g en h e i te n w u r d e d em M in i s t e r p r ä s id e n te n G e i ß zugeteilt . A m jO. J a n u a r f a n d eine ' K u n d g e b u n g der K a r l s r u h e r B e a m t e n - u n d A rb e i te rs ch a f t i m R e ic h s - , S t a a t s - u n d G e m e i n d e r a t im g r o ß e n F es th a l le sa a l zugunsten der N a t i o n a l v e r s a m m l u n g statt, die sich gegen r a d ik a le G e g e n s t r ö m u n g e n richtete. E s sp rac h en F i n a n z r a t H a u s e r , O b e r r e v i s o r T r a u t m a n n , H a u p t l e h r e r H a e b le r u n d F in a n z m in i s t e r v r . l v i r t h . F o lg e n d e R e s o lu t io n w a r d a s E r g e b n i s : „Die am m> J a n u a r ig ty "U großen ffesthallesaal hier versam m elten B eam ten, Arbeiter und Angestellten von Reich, S ta a t und Gem einden stellen sich rückhaltlos auf den Boden des demokratischen Volksstaates und erkennen die durch die W ahlen vom s. J a n u a r >9 ^ 9 geschaffene V ertretung des badischen Volkes zur N ationalversam m lung a ls den einzigen Ausdruck des Volkswillens an. S ie werden als berufene Vollstrecker dieses Volkswillens sich der N a tional­ versammlung einmütig und geschlossen unterstellen und mit allen K räften dafür sorgen, daß die N ationalversam m lung ihre A rbeit ungestört beginnen und durchführen kann. Diesen ihren unbeugsamen w ille n bringen sie zur K enntnis der vorläufigen Volksregierung. Die B eam ten, Angestellten und Arbeiter erwarten aber von der Regierung, daß sie diejenigen M aßnahm en ergreift, die notwendig sind, um jede G ew altherrschaft, von welcher Seite sie auch kommen möge, energijch zu unterdrücken." E i n e n ähn l ichen B e sc h lu ß f a ß t e eine B e r t r e t e r v e r s a m m l u n g des christlichen G cw e rk sc h a f t sk a r te l l s a m 6 . M ä r z . — 3sO — A m s s . J a n u a r f a n d h ie r die L a n d e s v e r s a m m l u n g der L o l d a t e n r ä t e statt . A m selben T a g e r l ieß die R e g ie ru n g eine E r k l ä r u n g ü b e r B i l d u n g eines b a d i s c h e n V o l k s h e e r e s u n d fo rd e r te F r e iw i l l i g e z u m E i n t r i t t au s . Gleichzeit ig teilte sie m i t , d a ß sie die B i l d u n g e iner e h re n a m t l ic h e n f re iw i l l ig en V r d n u n g s - w e h r g e n e h m ig t h a b e . I n A a r l s r u h e w u r d e dem P ro fe sso r V r . p a u l c k e der B e f e h l d a f ü r ü b e r t r a g e n . A m s 5 . J a n u a r t r a t h ie r die b a d i s c h e N a t i o n a l v e r s a m m ­ l u n g zu r ersten öffentlichen V e r s a m m l u n g z u s a m m e n . D a s L a n d t a g s ­ g e b ä u d e u n d die u m l ie g e n d e n H ä u s e r h a t t e n g e f lagg t , v o r ersterem w a r e n M a n n s c h a f t e n des G r e n a d i e r - R e g i m e n t s u n d der v o r e r w ä h n te n G r d n u n g s w e h r aufgeste l l t . D e r A l t e r s p r ä s id e n t R e i n h a r d t eröffnete u m sO^/t die L i t z u n g ; z u m s. P rä s id e n t e n w u r d e n A b g . A o p f ( Z e n t r u m ) , z u m s . V izep räs id en ten A b g . R e m m e le (Loz.) u n d zum 2 . V izep räs id en ten A b g . M u s e r ( D e m .) g e w ä h l t . M in i s te r p r ä s id e n t G e i ß h ie l t die E r ö f f n u n g s r e d e . D ie W a h l e n zu r v e r f a s s u n g g e b e n d e n d e u t s c h e n N a t i o n a l v e r s a m m l u n g f a n d e n a m sH. J a n u a r statt . B a d e n bildete einen W a h l k r e i s , den 3 3 . D a die W a h l e n zur bad ischen N a t i o n a l v e r s a m m l u n g sH T a g e z u v o r s ta t tge fu nden ha t ten , w u r d e n n u r w en ig e W a h l v e r s a m m l u n g e n a b g e h a l te n . A m 7. J a n u a r sp rac h A b g . M u s e r in e iner V e r s a m m l u n g der D e u t s c h - D e m o k r a t i s c h e n P a r t e i ; a m s s . (Weststadt) u n d s5 . J a n u a r (G s t s t a d l ) v o n der n ä m l ic h e n F r a k t i o n M a le r m e i s te r R a r l L a c ro ix u n d P ro f e s s o r A l b e r t A e ß le r , a m s 7 . ( M ü h l b u r g ) G e n e ra l s e k re tä r A a r l D e e s u n d F r ä u l e i n Luise R ie g g e r . I n der g r o ß e n V e r s a m m l u n g der P a r t e i a m s 6 . J a n u a r t r a t M in i s t e r V r . L u d w ig H a a s a l s R e d n e r a u f . D ie D e u t s c h - N a t i o n a l e V o l k s p a r t e i hielt V e r s a m m ­ lu n g e n a b : a m s t . J a n u a r (W ests tad t) . R e d n e r : V r . m e ä . B e r n ­ h a r d A r n s p e r g e r u n d H a u p t m a n n v o n Renz, a m s 3 . (V s ts ta d l) , R e d n e r : H a n d lu n g s g e h i l f e G s k a r E i s in g e r u n d F r l . B e r t a M i l l e r , a m s 5 . (M i t t e l s t a d t ) , R e d n e r : F a b r i k a n t G u s t a v H a b e r m e h l - P f o r z ­ h e i m , a m s 7 . , R e d n e r : G e h . A i r c h e n r a t V . M a y e r . A m s 8 . sp rachen M i n i s t e r a . D . V r . D ü r i n g e r u n d F r e i f r a u v o n M a r s c h a l l - N e u e r s h a u s e n . — 3U I n e iner F r a u e n v e r s a m m l u n g der Z e n t r u m s p a r t e i a m ( 3 . J a n u a r sp rach F r l . M a r i e R ieg e l . L i n e g r o ß e V e r s a m m l u n g der Z e n t r u m s p a r t e i f a n d a m ( 7 . J a n u a r in der F es tha l le s t a t t ; R e d n e r w a r e n H a n d w e r k s k a m m e r - P r ä s i d e n t I s e n m a n n - B r u c h s a l u n d F in a n z m in i s t e r V r . W i r t h . D ie S o z i a l d e m o k r a t i s c h e P a r t e i v e ra n s ta l te te a m ( 7 . J a n u a r eine g rö ß e re V e r s a m m l u n g ; e s sp rach en F r a u K u n i ­ gu nde F ischer u n d M in i s t e r L eop o ld Rückert. D ie U n a b h ä n g i g e S o z i a l d e m o k r a t i e beteil ig te sich in B a d e n nicht a n der M a h l . D ie ä u ß e r e n W a h l v o r g ä n g e ver liefen äh n l ich w ie bei der badischen N a t i o n a l v e r s a m m l u n g . F o lg e n d e s E r g e b n i s w u r d e a m t l ic h festgestellt: D tsc h . -D em . D t s c h . -N a t . S o z ia ld . Z e n t r u m I n der S t a d t K a r l s r u h e 2 ( 5 6 § 5 5 0 6 2 8 3 7 8 (H ( U S t a d t - u n d L and bez irk 2 ^ 8 ^ 7 8 8H7 3 H 6 H 9 ( H 6 3 0 I m g anzen L a n d e . 2 2 6 3 3 6 7 3 9 7 6 3 6 6 8 2 ^ 3 8 s ( 3 5 (3 3 . W a h lk r e i s ) I m g an z en abgegebene S t i m m e n : I n der S t a d t K a r l s r u h e . . . 69579 S t a d t - u n d L andbezirk . . . 8 3 0 2 3 I m g anzen L a n d e . . . . ( 0 3 3 7 7 s (3 3 . W a h lk r e i s ) B e i V e r te i lu n g der M a n d a t e e r g a b sich, d a ß a u f 7 3 3 6 5 S t i m m e n je ( Sitz k a m . D e m n a c h fielen der S o z ia ld e m o k ra t i s c h e » P a r t e i u n d dem Z e n t r u m je 5 Ä tze zu, der D eu tsch -D e m o k ra t i sch e n P a r t e i 3 u n d der D e u t s c h - N a t io n a le » V o lk s p a r te i ( . U n v e r b r a u c h t e S t i m m e n ­ reste e r g a b e n sich bei den D e m o k r a te n 76H (, bei den D e u t s c h - N a t io n a l e n 5 6 ( ( , b e im Z e n t r u m ( H 3 ( 0 . V o n den g e w ä h l te n A b g e o r d n e t e n w o h n e n in K a r l s r u h e : v o n den D e m o k r a te n M i n i s t e r H e r m a n n Dietrich u n d M in i s t e r V r . L u d w ig H a a s , der D e u t s c h - N a t io n a le V er tre te r M in i s t e r a . D . V r . A d a l b e r t D ü r i n g e r , v o n der S o z i a l ­ dem okra tischen P a r t e i P a r t e i s e k r e tä r G s k a r T r i n k s , V e rk eh r sm in is te r Leopo ld Rückert u n d v o m Z e n t r u m P r ä s id e n t O r . J o h a n n Z e h n t e r , M in i s t e r v r . J o s e p h W i r t h u n d G ew erk sc h a f ts se k re tä r J o s e p h L r s in g . D ie städtische M e t a l l - u n d G u m m i - A n n a h m e s t e l l e w u rd e nach B e k a n n t m a c h u n g v o m 2 ( . J a n u a r geschlossen. A m 22 . J a n u a r w u r d e b e k a n n t gegeben, d a ß nach M i t t e i l u n g der französischen M i l i t ä r b e h ö r d e d ie jen igen dem obilis ier ten M i l i t ä r ­ p e r s o n e n , die seit s . J a n u a r l y s s i zugezogen sind u n d v o r dem f . A u g u s t nicht d o r t g e w o h n t h a b e n , die n e u t ra le Z o n e unverzüglich ver lassen m ü ß te n . A u s g e n o m m e n h ie rv o n w u r d e n : s. al le A rb e i te r des S t a a t s - u n d G e m e in d e d ie n s te s , sow ie die Angestell ten a l le r ö ffentlichen R e c h t s o r g a n i s a t i o n e n ; 2 . a l le L eh re r u n d S ch ü le r öffen t­ licher u n d p r i v a t e r L e h r a n s ta l t e n ; 3 . die Angestell ten a l le r B a n k - n n d K re d i t a n s ta l t e n . A m 2 3 . J a n u a r g a b d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t b e k a n n t , d a ß sich al le in K a r l s r u h e w o h n e n d e n Heeresentlassenen zu m e lden h ä t te n , d a d a s französische O b e r k o m m a n d o v o n den G e m e in d e n der n e u t r a l e n Z o n e Listen h ie rü b e r v e r l a n g t hab e . D u rc h S t a d t r a t s b e s c h l u ß v o m ich M ä r z w u r d e zu r E in l ö s u n g des städtischen N o t g e l d s a n s f . A p r i l a u f g e rn f e n . D ie G ü l t ig k e i t erlosch a m f . M a i . A u f den 2 . F e b r u a r h a t t e n der B a d i s c h e H a n d e l s t a g , die B ö r s e u n d zahlreiche v e r b ä n d e des G r o ß - u n d K le in h a n d e l s eine V e r s a m m l u n g h ie rh e r e inb eru fen , die zu r W i e d e r b e l e b u n g d e s H a n d e l s S t e l l u n g n a h m e n . A m ch F e b r u a r e r l ieß der W e r k a u s s c h u ß der P a r f ü m e r i e - und T o i le t te se i fe n fa b r ik F . W o l f f 6c S o h n eine K u n d g e b u n g , die, sich a n die „ g a n z e zivilisierte M e n s c h h e i t " m i t der F o r d e r u n g nach L ie fe rung v o n k o h l e n u n d R oh s to ffen r ichtete, d a m i t g ea rb e i te t w e rd en könne. A n f a n g F e b r u a r e r l ieß der V o r s ta n d der D e u t s c h e n K o l o n i a l g e s e l l s c h a f t , A b t . K a r l s r u h e , g e m e in s a m m i t dem V o r s t a n d des D eutschen F r a u e n v e r e i n s v o m R o t e n k r e u z fü r die K o lo n i e n fo lgend en A u f r u f : Der Reichsvcrband der Kolonialdeutschen erläßt einen A ufruf zur Unter- Zeichnung einer Kundgebung, in der das deutsche Volk seinen unbeugsamen W illen zur W iedererlangung unserer Kolonien ansdrücken und unserer Re­ gierung bei den Friedensverhandlungen den Rücken stärken soll. M ir fordern nicht nu r unsere M itglieder, sondern alle M itbürger und M itbürgerinnen ohne Unterschied der P arte ien ans, sich in die bis zum ;s . Feb ruar in den hiesigen Buchhandlungen und Z eitungs-E xpeditionen aufliegenden Listen baldmöglichst eintragen zu wollen. A m sO. F e b r u a r , n a c h m i t t a g s , t r a f eine f r a n z ö s i s c h e T r u p p e n a b t e i l u n g , bestehend a u s 2 O ff iz ie ren u n d 3 8 M a n n , zu r Ü b e r w a c h u n g des R h e i n H a f e n s ein. 3H3 A m s 6 . F e b r u a r f a n d eine j? r o t e st v e r s a m m l u n g a u f V e r a n l a s s u n g des L iand esve re in s v o m R o t e n A re u z u n d des V o l k s ­ b u n d e s z u m Schutze der A r i e g s g e f a n g e n e n s ta tt . A l s V e r t r e te r der beiden V e r e in ig u n g e n sp rachen O r . S t r ö b e u n d I n g e n i e u r R u p p , a l s eh e m a l ig e r K r i e g s g e f a n g e n e r R e c h t s a n w a l t l)uckele, n a m e n s der badischen R e g ie r u n g G e h . G b e r r e g i e r u n g s r a t v r . A r n s p e r g e r . F o lg e n d e E n ts c h l ie ß u n g w u r d e a n g e n o m m e n : „Die von über 40 0 a Angehörigen und Freunde» deutscher Kriegs- und Zivilgefangener besuchte Versammlung der Bezirksgruxpe K arlsru h e des Volks­ bundes zum Schutze der deutschen K riegs- und Zivilgefangenen erhebt flam ­ menden Protest dagegen, daß die R egierungen der Verbündeten beabsichtigen, entgegen allen Forderungen der Menschlichkeit nnd des Völkerrechts, 8 0 0 0 0 0 deutsche K riegs- und Z ivilgcfangene auf ungewisse Z eit ihrer k e im a t vor- zuenthalten und in Fronarbeit schmachten zu lasse». L ine solche M aßnahm e ist Fortsetzung des Krieges gegen w ehrlose, V erlängerung des Vernichtungs­ kampfes gegen die deutsche Volkskraft und Rückfall in die Sklaverei barba­ rischer Zeiten — in der Geburtsstunde des Völkerbundes und des W eltfriedens. S ta tt Völkerversöhnung wird Völkerhaß daraus erwachsen. Eingedenk unserer Pflichten der B lu tstrcue und der Dankbarkeit gegen unsere B rüder, die fü r uns alle gekämpft nnd in jahrelanger Knechtschaft gelitten haben, fordern wir, daß der qualvollen Ungewißheit ihres Schicksals, die der G egner durch Verzögerung der Friedensverhandlungen immer weiter verlängert, ein Ende gemacht wird. Bei E rneuerung des Waffenstillstandes verlangen w ir von unseren U nterhändlern, daß sie vom G egner eine sofortige und unzweideutige E rklärung darüber herbeiführen: V b der G egner bereit ist, unsere G efangenen sofort heranszugeben. 2 . F a lls er darauf beharrt, daß erst die F riedensverhandlungen darüber entscheiden sollen, ob er bereit ist, diese sofort zu beginnen. 2 . B b er bereit ist, die kferausgabe der G efangenen sofort bei B eginn der Friedensverhandlungen zu bewirken. M ir erwarten, daß endlich die W endung im Schicksal der G efangene» herbeigeführt wird." A u ß e r d e m w u rd e ein T e l e g r a m m a u die deutsche N a t i o n a l ­ v e r s a m m l u n g in W e i m a r abgeschickt, w o r i n sie au ch fe rn e rh in u m E in t r e t e n fü r die G e f a n g e n e n gebeten w u rd e . A m f8 . F e b r u a r veröffentlichte d a s B e z i r k s a m t eine V e r ­ o r d n u n g , w o n a c h f ü r A r a f t s a h r z e u g e neue F a h r t a u s w e i s e v e r l a n g t w u rd e n . A m 2 2 . F e b r u a r v e r h ä n g te die R e g ie r u n g ü b e r B a d e n den B e l a g e r u n g s z u s t a n d . D ie A u n d m a c h u n g h a t te fo lgenden W o r t l a u t : - 3 ^ - „ A n d a s b a d i s c h e V o l k ! Seit dem T age der Revolution hat das badische Volk die G rdnung im Lande ausrecht erhalten. Die überwältigende M ehrheit des badischen Volkes will auch weiter Frieden und Ruhe. I n M annheim sind auf Betreiben sxar- takistischer und bolschewistischer E lem ente Unruhen ausgebrochen, an denen unabhängige Sozialdemokraten sich beteiligt haben. Sie haben G ew alt ge­ braucht. w i r müssen das badische Volk vor einer Schreckensherrschaft, vor der V ergew altigung durch eine kleine verbrecherische M inderheit schützen. Die Badische vorläufige Volksregierung erklärt deshalb hierm it den B e l a g e r u n g s z u s t a n d über die Republik B aden. M it sofortiger W irkung werden v e r b o t e n : t- Alle Versammlungen. 2 . Alle M enschenansammlungen auf S traßen und Plätzen. Z. Umzüge aller A rt. 4 . D a s T ragen von W affen durch Personen, die nicht von der Regierung oder ihren Behörden dazu ermächtigt sind. 5. Jed e Verbreitung von Flugschriften und Handzetteln, sowie der v e r- trieb von Zeitungen aus S traßen und Plätzen. Die P o l i z e i st u n d e wird aus 7 Uhr festgesetzt: alle öffentlichen Lokale, W irtschaften, V ergnügungsstätten, T heater, Lichtspielhallen und dergl. sind abends 7 Uhr zu schließen und dürfen vor m orgens y Uhr nicht geöffnet werden. D er S t r a ß e n v e r k e h r in den S täd ten ist von abends 8 Uhr ab verboten, soweit nicht die Bezirksäm ter eine A usnahm e zulassen. Die Beschränkungen der Strafprozeßordnungen hinsichtlich der Verhaftung, Beschlagnahm e und Durchführung sind aufgehoben. Die V rg an e der Regierung sind ermächtigt, jeden, der es unternim mt, die öffentliche R uhe und G rdnung zu stören oder den Bestand des S taa tes oder der gegenwärtigen R egierung zu gefährden, zu verhaften. M itbürger! w i r wissen, daß hinter diesen Anordnungen auch der Wille der Reichsregierung, des Reichspräsidenten Ebert, des Reichsministeriums Scheidemann steht. W ir wollen nicht Vorgänge wie im Ruhrgebiet, wie in München und B erlin erleben. Euere Einsicht soll dafür sorgen, daß i» Baden kein B ruderb lu t fließt. I h r versieht es, daß w ir im Interesse der G rdnung und der R uhe und zur E rhaltung der Errungenschaften des y. November diese strengen Vorschriften erlassen müssen. Euere V ernunft und E uer kaltes B lu t sorgen dafür, daß w ir diese Bestimmungen bald wieder aufheben können." I m A n s c h lu ß a n diese V e r f ü g u n g der R e g ie r u n g v erö ffen t­ lichten die F ü h r e r der Z e n t r u m s p a r t e i , der S o z ia ld em o kra t isch en u n d der D eu tsch -D e m ok ra t i sch e n P a r t e i fo lgende E r k l ä r u n g : „M itbürger! Die vorläufige Volksregierung w ar gezwungen, den B e­ lagerungszustand zu erklären, w i r billigen diesen Schritt und stehen geschlossen 3t5 hinter der vorläufigen Volksregierung, v o n Luch allen in S tad t und Land erw arten w ir das gleiche." E b e n s o w a n d te n sich die A r b e i t e r - , B a u e r n - u n d S o l d a t e n r ä t e a n d a s bad ische V o lk m i t e inem A u f r u f , in d e m es u . a . h i e ß : „Ungeahntes Llend fü r unser erschöpftes Volk w äre die Folge der zweiten Umwälzung. Auch die durch die N ationalversam m lung gesicherten Erfolge der Revolution würden dadurch wieder in F rage gestellt, der völlige Zusam m en­ bruch unserer Volkswirtschaft und der S taatsbankero tt unvermeidlich. D as revolutionäre P ro le ta ria t steht im Verein mit den Soldaten seit B eginn der Revolution hinter der vorläufigen Volksregierung, die m it ihrer A utorität unsere Forderungen unterstützt." D ie R e g ie ru n g h a t te a u ß e r den i m A u f r u f er lassenen M a ß ­ n a h m e n f ü r m il i tä r is ch e n Schutz g eso rg t u n d den V erkeh r n ac h dem aufs tändischen G e b ie t g esp err t . S ech s F ü h r e r der U n a b h ä n g i g e n S o z ia ld e m o k ra t ie w u r d e n in H a f t g e n o m m e n . D e r 2 2 . u n d die N a c h t z u m 2 3 . ver l ie f r u h ig . A n i V o r m i t t a g des letzteren ( S o n n t a g ) k a m es in fo lg e des V e r b o t s e iner v o n den U n a b h ä n g i g e n i n s C o lo sseu m e in beru fenen V e r s a m m l u n g zu D e m o n s t r a t i o n e n a n : S c h lo ß p la tz v o r d em M i n i s t e r i u m d es I n n e r n . A u f V o rs te l lu n g v o n A b o r d n u n g e n der U n a b h ä n g i g e n u n d des V o l k s r a t s w u r d e n die t a g s zu v o r V e r h a f te te n f re igegeben , n a c h d e m sie sich verpflichtet h a t ten , n ich ts gegen die R e g ie r u n g zu u n te rn e h m e n . N a c h w eite ren V ors te l lung en h o b die R e g ie r u n g den B e l a g e r u n g s z u s t a n d — M a n n ­ h e im a u s g e n o m m e n — u n te r V o ra u s s e tz u n g , d a ß keine U n r u h e n b i s d a h i n v o rk ä m e n , v o n M o n t a g f r ü h a n a u f . D ie A n s a m m l u n g dau e r te b i s in die N a c h t a n , es k a m z u r Z e r t r ü m m e r u n g e in iger Fensterscheiben u n d zu e in igen Schreckschüssen. A u ch v o r d em F ü r s t e n b e r g - P a l a i s in der E r b p r in z e n s t r a ß e , dem Sitze des V o l k s r a t s , k a m es a m N a c h m i t t a g des 2 3 . F e b r u a r zu einer A u n d g e b u n g w egen A u f h e b u n g des B e la g e r u n g s z u s t a n d e s , die den e r w ä h n t e n S c h r i t t des V o l k s r a t s bei der R e g ie r u n g zur F o lg e ha t te . Z u r B e r u h i g u n g der B e v ö lk e r u n g w a r i m L au se des N a c h ­ m i t t a g s fo lgende E r k l ä r u n g der R e g ie r u n g ang e sc h lag e n w o r d e n : „M i t b ü r g e r ! Die Erklärung des B elagerungszustandes fü r das ganze G ebiet der Republik B ade« ist erfolgt, weil, wie einw andfrei festgestellt werden konnte, von langer ksand vorbereitet, auch in B aden die Räterepublik ausgerufen — 3(6 werden sollte. Spartakisten nnd ein Teil der Unabhängigen sozialdemokra­ tischen P a r te i in M annheim haben im Anschluß an eine Protestversammlung gegen die politischen M orde in München unter Mißbrauch des güten G laubens der Arbeiterschaft den Sturz der vorläufigen Volksregierung angekündigt. Die vorläufige Volksregierung und das badische Volk verurteilen diese Morde, auch den des M inisterpräsidenten E isner, auf das schärfste. E inem Denionstrationszug in M annheim folgten G ewalttätigkeiten schlimmster Art. Die Gefängnisse wurden geöffnet, selbst für Schwerverbrecher. Die innere E inrichtung der Gerichte völlig demoliert und sämtliche Akten ver­ b rann t. I n einem G efän g n is wurde B rand gelegt. Diesen Gewalttätigkeiten folgten P lünderungen. Am S onn tag Nachm ittag wurde die sozialdemokatische „volksstim m e" durch Spartakisten mit Maschinengewehren gestürmt. Die Bevölkerung dieser S tad t befindet sich in Angst um ihre Sicherheit. B is zur Stunde w ar die Regierung noch nicht in der Lage, diesen spartakistischen Um­ trieben E in h a lt zu gebieten. v o n M annheim aus w ar angekündigt, am Sitze der Regierung den letzten Schritt zur Beseitigung derselben zu unternehm en. Konnte da die vor­ läufige Volksregierung tatenlos znsehen, oder w ar es nicht ihre heiligste Pflicht, durch energische M aßnahm en den drohenden B ran d zu ersticken? M itbürger! A rbeiter! B eam te! M er von Euch ruhig denkt und ans dem B oden der Demokratie sich bewegt, der wird zugebe», daß durch G ew alt­ akte, wie sie die M annheim er Bevölkerung über sich ergehen lassen muß, das W ohl des gesamten Volkes schwer geschädigt wird. Unsere Lebensm ittelvorräte sind durch einen über vierjährigen Krieg völlig erschöpft. B ei der geringsten S tö rung der Volkswirtschaft ist die E r ­ nährung des Volkes in F rage gestellt. Z u diesem Elend käme der finanzielle B ankerott des S taa tes . Der Belagerungszustand wird selbstverständlich aufgehoben, sobald die R uhe gewährleistet ist. E inige Personen, die nach zuverlässigen M itteilungen den Sturz der R egierung betrieben haben, m ußten in Sicherheitshaft genommen werden. E in Teil von ihnen w ar auch verantwortlich für ein F lugblatt, das vor der V erbreitung noch rechtzeitig beschlagnahmt wurde und das in unerhörter Meise die öffentliche M einung irregeführt und die M rdnung gefährdet hätte. Nachdem sich die verhafteten durch lhandschlag den B eauftragten des Volks­ r a ts gegenüber verpflichtet hatten, keine G ew alt gegen die Regierung an­ zuwenden, wurden sie (Sonntag Nachm ittag 2 Uhr) freigelassen. D as ist die W ahrheit! Alle Gerüchte, die darüber h inaus verbreitet worden sind, entbehren jeder G rundlage, kjätte die Regierung nicht rechtzeitig fü r vorbeugende M aßnahm en gesorgt, dann wäre die Spartakusherrschaft er­ richtet und der R uin des Landes besiegelt gewesen. M itbürger! Die vorläufige Regierung ist fest entschlossen, weiterhin wachsam zu sein. S ie ist entschieden gegen jedes Blutvergießen, das vermieden werden wird, w enn alle M itbürger die A nordnungen der Volksregierung bc- — .?Z7 — und das Volk dein T error ansgeliefert. Neugierige! Meidet möglichst die S traßen, haltet Euch von Ansam m ­ lungen fern. M utter! Setzt E ure K inder nicht der G efah r aus! Zucht und G rim m ig allein kann das Volk von sicherem U ntergang retten, Anarchie und T error fuhren es in s tiefste Elend. M itbürger! vergeßt nicht, daß im neuen demokratischen S taa te die Soldaten nufere B ruder sind. M enu diese u ns helfen, die V rdunug aufrecht zu erhalten, dann erfüllen sie eine hohe Volkspflicht. A m M o n t a g v o r m i t t a g e r fo lg te ein A n s c h la g , der den B e ­ la g e r u n g s z u s ta n d m i t A u s n a h m e v o n M a n n h e i m a u f h o b . A u f 2 5 . F e b r u a r h a t te die R e g ie r u n g V e r t r e t e r d e r P r e s s e des g anzen L a n d e s e ingeladen , n u r sie ü b e r die polit ische u n d w i r t ­ schaftliche L ag e zu un te rr ich ten . A m 7. M ä r z e rg in g eine badische V o l k s v e r o r d n u n g zu der v o m Reiche erlassenen B e s t i m m u n g ü b e r U n t e r b r i n g u n g v o n S c h w e r k r i e g s b e s c h ä d i g t e n ; dieselbe o rdne te a n , d a ß in B e ­ tr ieben , B ü r o s u n d V e r w a l t u n g e n a u f je HOO P e r s o n e n ein S c h w e r ­ beschädig ter zu beschäftigen ist. D ie badischen A u s f ü h r u n g s b e s t i m m u n g e n zu r R e i c h s v e r o r d n u n g über W a f f e n b e s i t z v e r l a n g te n u n te r d em sO. M ä r z die A b l i e f e r u n g a l le r S c h u ß w a f fe n u n d M u n i t i o n b i s lä n g s te n s s8 . M ä r z bei der G r t s p o l i z e i . A m sO. M ä r z f a n d a u f E i n l a d u n g der R e g ie r u n g eine V e r t r e te r ­ v e r s a m m l u n g der verschiedenen bad ischen B e a m t e n v e r e i n e statt, in der ü b e r die polit ische u n d finanziel le L ag e A u f k l ä r u n g e r fo lg te ; a u ß e r d e m w u rd e f ü r die F re iw i l l i g e n b a t a i l l o n e g e w o r b e n . D ie feindliche B e s a t z u n g d e s R h e i n h a f e n s w a r in fo lge der M a n n h e i m e r U n r u h e n plötzlich zurückgezogen w o rd e n , sie kehrte jedoch a m s7 . M ä r z in S tä r k e v o n 7 0 M a n n u n d 2 G ff iz ie ren w ieder zurück. V o m s. A p r i l w u r d e die P o l i z e i s t u n d e f ü r W ir t s c h a f te n , T h e a te r , L ich tsp ie lhäuse r a u f l 2 U h r v e r l ä n g e r t . A m 8. A p r i l f u h r ein L a z a r e t t z u g m i t 2 0 0 a u s französischer G e fa n g e n sc h a f t znrückgekehrten S c h w e r v e r w u n d e te n m i t v ie r te l ­ s tü nd igem A u f e n th a l t h ie r du rch . A m s3 . A p r i l f a n d eine V o l k s a b s t i m m u n g statt ü b e r die bad ische V e r fa s s u n g u n d ü b e r die F r a g e , o b die N a t i o n a l v e r s a m m ­ lu n g a l s bad ische r L a n d t a g b i s G k t o b e r t a g e n solle. I n K a r l s r u h e s t im m te n f ü r A n n a h m e der V e r fa s su n g 22 3 5 5 , gegen A n n a h m e 2H7H, f ü r die F o r t d a u e r der N a t i o n a l v e r s a m m l u n g 22 H s 8 , d ag e g e n 2 3 6 6 . A m sfs. A p r i l veröffentlichte der S t a d t r a t eine V e r o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s gegen den W o h n u n g s m a n g e l (B e s c h rä n k u n g bei A n k ü n d i g u n g v o n W o h n u n g e n , E i n v e r s t ä n d n i s der G e m e in d e ­ b ehö rd e ) u n d ü b e r t r u g d em W o h n u n g s a m t die G e n e h m i g u n g der M i e t v e r t r ä g e . A u ß e r d e m er ließ der S t a d t r a t a m s7 . eine W a r n u n g gegen Z u z u g h ie rh e r . A m 2 5 . A p r i l veröffentlichte die R e g ie r u n g fo lgenden A u f r u f : Mi t b ü r g e r ! , , Im m e r »och muß m it Unruhen gerechnet werden. G anz offen verlangen ertreme Elem ente den Sturz der gegenwärtigen Regierung und die Beseitigung unserer S taatsordnung m it W affengewalt. Dies würde den Bürgerkrieg bedeuten. Die R egierung, die die freie M einungsäußerung in weitgehendster w eise duldet, muß aber bereit und gerüstet sein, G ew alt gegen G ew alt zu setzen, um R uhe und O rdnung im badischen Land aufrecht zu erhalten. Schon die Tatsache allein, daß die Regierung über Machtmittel verfügt, um jede G ew altsanw endung zu unterdrücken, wird erhöhte Sicherheit bieten, so daß von frevelhaftem versuch, die Ruhe im Lande durch G ew alt zu stören, wohl abgesehen w ird. Die Regierung hat die badischen Freiw illigen-B ataillone aufgestellt, aus die sie in der S tunde der G efahr sich voll verlassen kann Die Z ah l der B ataillone ist aber beschränkt, einm al durch das Gebot der Entente, dann aber auch, weil es notwendig ist, daß ein jeder M an n , der arbeiten kann, jetzt für den S ta a t arbeitet. Die R cserve-M iliz-Bataillone sollen daher der badischen volksregieruug die M itte l geben, wenn verbrecherische Elemente trotz alledem den Versuch machen, die Ruhe und Sicherheit in B aden zu stören und die Regierung gewaltsam zu stürzen, diesem verbrecherischen Treiben m it aller Energie ent- gegcnzutreten. O hne Rücksicht auf R ang und S tand soll Arbeiter, B ürger und B eam ter, ein jeder, der bereit ist, die badische Volksregierung zu schützen, in diese B ataillone eintreten. w ie im August wo das V aterland von außen in G efahr w ar, wird jetzt wieder ein jeder, ob arm oder reich, aufgerufen zur Verteidigung des V aterlandes gegen die noch viel schlimmere G efahr, die ihm von innen droht, gegen die, die das furchtbare Unglück des Bürgerkriegs über unser V aterland heranfbeschwören w ollen ." - 3 l 9 - G leichzeit ig d a m i t veröffentlichte d a s B e z i r k s a m t R ich t l in ien fü r E r r i c h t u n g der B a d isc h en R e s e r v e - M i l i z - B a t a i l l o n e . U n te r d em E in d r u c k der h a r t e n F r ie d e n s b e d in g u n g e n w u r d e a m 9 . M a i nach d e m B o r b i l d der R e ic h s re g ie r u n g auch f ü r B a d e n die B o l k s t r a u e r a n g e o r d n e t . A n die B e z i r k s ä m te r e r g in g fo lgende W e i s u n g : Z um Zeichen der T rauer über die Friedensbedingungen werden von: M- bis einschließlich Z7. M ai alle öffentlichen Lustbarkeiten verboten, in s ­ besondere Konzerte in W irtschaften und Kaffees (T anzunterhaltungen öffent­ licher und geschlossener Gesellschaften einschließlich Tanzstunden). Aufführungen in Theatern, auch Lichtspieltheatern, die dem Ernste dieser schwersten Zeit entsprechen, sind zugelassen. Z u einer P r o t e s t k u n d g e b u n g gegen den G e w a l t f r i e d e n h a t te n die S t a d t v e r w a l t u n g u n d die B o r s t ä n d e der v ie r H a u p t f r a k t i o n e n a u f s3 . M a i e ingeladen . S t a d t p f a r r e r B . Hesselbacher w a r der R e d n e r . I m A n s c h lu ß d a r a n w u r d e fo lgende E n t s c h l i e ß u n g a n g e n o m m e n : „D ie in der städt. Festhalle versammelte Bürgerschaft K arlsruhes erhebt leidenschaftlichen Widerspruch gegen die von unseren Feinden unserem Volk auferlegten Friedensbedingungen, welche M illionen unserer deutschen Volks- genossen von ihrem M utterland wider alles Recht losreißen und das Recht der Selbstbestimmung der Völker m it Füßen treten, insbesondere ein wichtiges Gebiet unserer engeren badischen Heimat ans tö J a h re unter feindliche Besetzung stellen und den Kehler Hafen, eine der wichtigsten Lebensadern der badischen Indu strie u ns auf viele J a h re rauben, welche durch ihre unmenschlichen Forderungen von Ablieferung der wichtigsten Zuchttiere ein durch die jahrelange Blockade aufs äußerste erschöpftes Volk neuem Darben, Hungern und Sterben in die Arme werfen und welche durch ihre finanziellen M aßnahm en die deutsche Arbeit zu einer Fronarbeit im Dienst der Feinde gestalten, so daß das deutsche Volk einem trostlosen Sklaven­ dasein ausgeliefert wäre. Sie erklärt diese Friedensbedinguugcn für unerfüllbar und unannehm bar. Die Versammlung gelobt neue Treue zum deutschen Reich und w ill in Einigkeit aller Stände und Klassen des Volkes in nimm ermüder pflichttreuer Arbeit an dem Aufbau eines neuen Deutschlands mitschaffen, das unseren Nachkommen nach all den langen Ja h re n tiefster Schmach und Erniedrigung den Morgen der Freiheit bringen w ird ." A uch die badische H a n d e l s k a m m e r n a h m in e iner S i tz u n g a m fH. M a i S t e l l u n g gegen den F r i e d e n s v e r t r a g ein. E b e n s o e r h o b der L a n d t a g a m f 6 . M a i P r o te s t gegen die gestellten B e d in g u n g e n . — 320 A m 22 . M a i f a n d eine V e r s a m m l u n g der K r i e g s H i n t e r ­ b l i e b e n e n statt . A . K i r s c h n e r a u s M a n n h e i m b rach te a l s B e r ic h t ­ ers ta t te r die W ü n sch e der T e i l n e h m e r z u m A u s d r u c k . D e r R e i c h s b u n d f ü r K r i e g s b e s c h ä d i g t e ( O r t s g r u p p e ) pro test ier te in öffentlicher V e r s a m m l u n g a m 3. M a i gegen den G e w a l t f r i e d e n . A u s der S t a d l r a t s s i t z u n g v o m 5. J u n i w u r d e berichtet, d a ß a u f A n r e g u n g der Reichszen tra ls te l le f ü r K r i e g s - u n d Z iv i lg e f a n g e n e z u m w ü r d i g e n E m p f a n g u n d g e o rd n e te r Ü b e r n a h m e h ie r ein H a u p t - a u s s c h u ß der „ K r i e g s g e f a n g e n e n - H e i m k e h r " gebi ldet w u rd e , der a u ß e r S t a d t r a d t s m i t g l i e d e r n V er t r e te r der F ü r s o r g e v e re in e und B e r u f s o r g a n i s a t i o n e n e n th a l t e n solle. A u ß e r d e m w u rd e die E r ­ r ic h tu n g e iner G eschäftsste lle der „ K r ie g s g e f a n g e n e n - H e im k e h r " a l s A b t e i l u n g des K r i e g s u n te r s tü t z u n g s a m t s beschlossen. A n i s 8 . J u n i beschloß der S t a d t r a t die B e te i l ig u n g der S t a d t a n der v o n der R e g ie r u n g zu g r ü n d e n d e n B a d i s c h e n S i e d ­ l u n g s - u n d L a n d b a n k G . m . b . H . m i t e in em A n te i l v o n 2 0 0 0 0 M a r k . Z n der G r ü n d u n g s v e r s a m m l u n g a m s 2 . ha t te der O b e r b ü r g e r m e i s t e r K a r l s r u h e u n d an d e re S t ä d t e der S t ä d t e ­ o r d n u n g ver t re ten . D ie f r a n z ö s i s c h e M i l i t ä r - K o m m i s s i o n , die zeitweise die S t a d t ver lassen h a t te , ist a m 3 0 . M a i w ieder h ier eingetroffen u n d i m H o te l „ G e r m a n i a " abgestiegen. S ie besteht a u s zwei H a u p t l e u t e n nebst B e g l e i tm a n n s c h a f t u n d D o lm e tsc h e rn u n d h a t die A u f g a b e , die P o s ta n g e le g e n h e i te n f ü r E l s a ß - L o t h r i n g e n u n d die R h e in p f a lz , die b e im A b sc h n i t t I V der n e u t r a le n Z o n e vor l ieg en , zu rege ln . A m 5 . J u l i ta g te die K r e i s v e r s a m m l u n g des K re ise s K a r l s r u h e z u m ersten M a l in der n eu en Z u s a m m e n s e tz u n g . D a s par te ip o l i t i sche G e p r ä g e t r a t schon äu ß e r l ich d ad u rc h h e r v o r , d a ß die A b g e o r d n e t e n nicht m e h r nach G e m e in d e n , so n d e rn nach P a r t e i e n g e t re n n t s a ß e n . D ie U m l a g e w u r d e a u f 22 P f . festgesetzt. A m s2 . Z u l i veröffen tlich te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t eine V e r ­ o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s ü b e r M a ß n a h m e n gegen l v o h - n u n g s M a n g e l . D ie wichtigste B e s t i m m u n g lau te te d a h in , - 52 s d a ß die Z a h l der b e w o h n te n R ä u m e nicht m e h r a l s die u m e in s v e rm e h r te Z a h l der H a u s h a l t a n g e h ö r i g e n b e t r a g e n so l le ; dieselbe solle im a l lg em eine n sechs R ä u m e nicht überschre iten . A m s. A u g u s t erließ der S t a d t r a t B e s t im m u n g e n ü b e r M ie te rsc h u tz u n d M a ß ­ n a h m e n gegen w o h n u n g s m a n g e l , die die zuletzt u n d f r ü h e r e r w ä h n t e n V e r o rd n u n g e n e rgänz te» . A m sH. J u l i f a n d eine Z u s a m m e n k u n f t des K a r l s r u h e r R e s e r v e m i l i z --B a t a i l l o n s sta tt , dieses g l ieder t sich in v ie r K o m p a g n i e n u n d ist 7 0 0 M a n n stark, die a l len K re is e n der B ü r g e r ­ schaft a n g e h ö ren . A m 5. A u g u s t besichtigte R e i c h s w e h r m i n i s t e r N o s k e h ier V e r t r e te r der bad ischen R e i c h s w e h r b r ig a d e u n d e r m a h n t e sie zu steter t reuer P f l i c h te r fü l lu n g . G e n e r a l l e u t n a n t v o n D a w a n s , der F ü h r e r der B r i g a d e , ge lob te d ies in i h r e m N a m e n . A n ­ schließend f a n d eine B e sp re c h u n g im S t a a t s m i n i s t e r i u m statt . Z n einer L a n d e s v e r s a m m l u n g der bad ischen A r b e i t e r - u n d V o l k s r ä t e a m s 8 . A u g u s t w u r d e schnellere B e k ä m p f u n g des S ch le ich ha nd e ls u n d B e s t r a f u n g der S ch ie b e r u n d S c h le ich h ä n d le r gefo rder t . Z u m S c h lu ß w u r d e die A u f l ö s u n g der R ä t e m i t S t i m m e n m e h r h e i t beschlossen. A m 2 ß . A u g u s t t r a f R e i c h s p r ä s i d e n t E b e r t in B e ­ g le i tu n g des R e ic h s w e h r m in i s t e r s N o s k e z u m ersten M a l e in K a r l s ­ r u h e ein. N a c h E m p f a n g a m B a h n h o f durch den S t a a t s p r ä s i d e n t e n u n d die Spitzen der B e h ö r d e n f a n d in der W o h n u n g des S t a a t s ­ p räs iden ten eine B e sp re c h u n g statt, in der die F r a g e der H e im k eh r der K r i e g s g e fa n g e n e n , die V e r m ö g e n s a b g a b e u n d die F r a g e der K o h le n v e r s o r g u n g e rö r te r t w u rd e . N m p /2 ^ u d i m S t a a t s ­ m in i s te r iu m ein M i t t a g s m a h l statt , a n d em e t w a 7 0 P e r s o n e n , V er t re te r ziviler u n d m i l i tä r i s c h e r B e h ö r d e n , des L a n d t a g s u . a . m . te i ln a h m e n . H ie rbe i e rg r i f f zunächst der S t a a t s p r ä s i d e n t d a s W o r t zu fo lgend e r A n s p r a c h e : ,,D er heutige T ag bedeutet iu dem gegenwärtigen trüben Leben einen Lichtstrahl, der wohl alle unsere Herzen erleuchtet hat. Der A nlaß ist, daß w ir unseren sehr geschätzten Herrn Reichspräsident Lbert und den Herrn Reichswehrminister Noske in unserer M itte begrüßen dürfen. Oie Regierung und m it ihr das ganze badische Oolk, dessen Oertreter hier versammelt sind, ist voll Freude darüber, daß w ir m it diesem Besuche beehrt wurden, denn es ist für u ns ein B ew eis guten Zusam m enwirkens und 2l — 322 — Zusam m enarbeitens. Ich schöpfe daraus die Überzeugung, daß die Reichs­ regierung gewillt ist, m it allen ihr zu Gebote stehenden K räften dafür ein­ zutreten, daß eine Gesundung des Deutschen Reiches herbeigeführt w ird, daß der N eubau, welchen w ir zu vollenden haben, einheitlich im Benehmen zwischen Gliedstaaten und Reichsregierung gestaltet w ird, und daß in dieser gemein­ samen A rbeit das gegenseitige v e rtrau en sich verkörpert. Ich darf dem Herrn Reichspräsidenten und dein Herrn Reichswehrminister die Versicherung von hier mitgeben, daß B adens Land und Regierung volles v e rtrau en zur Reichsregierung haben, und daß das badische Volk, wie die badische Regierung, so wie bisher auch in Zukunft fest und treu zum Reiche halte» worden. B ei diesem A nlaß der Begrüßung der Vertreter des Reiches hat die R egierung geglaubt, auch Vertreter der K orporationen und B rganisationen unseres Landes zu u ns einladen zu sollen. Der überaus zahlreiche Besuch gibt u ns den B ew eis, daß Sie meine Herren, gewillt sind, Ih rerse its , gleichviel Vertreter welcher politischen oder religiösen A rt Sie sein mögen, alle Kräfte zusammenzufassen, um Ih re Regierung zu schützen und die großen Aufgaben, welche w ir zu erfüllen haben, einer glücklichen Lösung entgegenzuführen. M eine H e rren ! Sie wissen, w as das Deutsche Volk in den letzten Ja h ren zu leiden hatte, w as das Deutsche Volk ertragen mußte und m it großer Geduld ertragen hat. Ich will nicht zurückgreifen auf das, w as hinter uns liegt, auch nicht Ivunden aufreißen, welche bereits zu heilen und zu narben begonnen haben; aber eines glaube ich beim heutigen Zusammensein sagen zu dürfen: D as Andenken der Tapferen, die draußen im Felde vor dem Feinde ihr Leben und alles, w as sie hatten, in die Schanze geschlagen haben, die bis zum letzten Augenblick, bis zur Erschöpfung m it voller K raft das Vaterland verteidigt haben, werden w ir zu aller Zeit dankbar und hoch in Ehren h a lte n ; insbe­ sondere werden w ir denen, die ihr B lu t vergossen und ihr Leben für das V aterland dahingegeben haben, alle Z eit ein dankbares, treues und ehrendes Andenken bewahren. Auch jener, welche fern von der Fam ilie und Heimat noch in harter Gefangenschaft weilen, gedenken w ir in steter, dankbarer Treue und hoffen zuversichtlich, daß recht bald die Z eit kommen möge, wo sie wieder in die Heim at zu ihren Lieben zurückkehrcn können! Ich glaube, w ir dürfen u ns gegenseitig das Gelöbnis geben, daß wir u ns voll bewußt sind der ungeheueren Schwierigkeit der Aufgaben, die w ir noch zu lösen haben, und die es notwendig macht, unsere ganze K raft zu- sammenzufasscn. I n diesem S inne glaube ich, sagen zu dürfen: D as Deutsche Volk wird nicht untergehen, es kann nicht untergehen, es darf nicht untergehen. D as Deutsche Volk w ar jederzeit eines der Völker, die durch Fleiß und Treue, durch M anneszucht und Arbeitsamkeit sich ausgezeichnet h ab en ; und wenn auch z. Z t. eine gewisse Krankheit an unserem Volkskörper zu beobachten ist, so dürfen w ir u ns doch der Hoffnung hingeben, daß diese Krankheit bald überwunden und das Deutsche Volk bald wieder das sein w ird, w as es bisher w ar, ein emsiges, fleißiges und zuverlässiges Volk. D arum dürfen w ir nicht — 325 — hoffnungslos in die Zukunft blicken, sondern müssen dahin wirken, daß alles zum G uten ausschlägt. Ich bitte Sie, das G la s zu ergreifen und zu trinken auf das W ohl des deutschen Volkes, auf das B lühen und Gedeihen der deutschen N a tio n !" N a c h d e m S ta a t s p r ä s i d e n te n e rh o b sich sofort der R e ic h sp rä s id e n t n n d fü h r te a u s : „ Ic h danke dem Herrn S taatspräsidenten fü r die freundliche B egrüßung, die er an uns, meinen Freund, den Herrn Reichswehrminister Noske und mich gerichtet hat. W ir haben es a ls unsere Pflicht betrachtet, nachdem die Verfassung in W eim ar zum Abschluß gebracht worden w ar, möglichst schnell m it den Ver­ tretern der Regierung der einzelnen Länder in mündliche Beziehungen zu treten, um uns zu informieren über die Auffassung von der Verfassung, über die Wünsche inbezug auf den W iederaufbau des Deutschen Reiches und die Schwierigkeiten, die u ns in der nächsten Z eit entgegen stehen. Und wenn mich der w eg zunächst nach Süddeutschland geführt hat, so w ar es meine alte Anhänglichkeit an Süddeutschland, die mich bewog, zunächst dort vorznsprechen, zunächst dort mich umzusehen. Ich freue mich deshalb außerordentlich, daß zu dieser heutigen V eran­ staltung alle Bevölkerungsschichten des Landes, alle K orporationen zugezogen worden sind; ich freue mich besonders, in dieser Gesellschaft auch unseren allverehrten landsmännischen Künstler H ans Thom a begrüßen zu können, und ebenso freue ich mich, unseren vortrefflichen Präsidenten der N ationalver­ sammlung, meinen Freund Fehrenbach, hier sehen zu können. M eine Herren, wenn so, wie w ir hier in dieser Stunde u n s zusammen- gefunde» haben, w ir auch gemeinsam nnd verständnisvoll an die Aufgaben gehen, die uns die Zukunft stellen w ird, dann bin ich frohen M utes, dann fürchte ich nichts, dann verzage ich nicht. L s ist leider zu beklagen, — das darf ich hier wohl aussprechen — daß zu den ungeheueren Schwierigkeiten, die unserem Lande ans außer- nnd innerxolitischem Gebiet erwachsen sind, auch Schwierigkeiten der inneren Zerwürfnisse, des Bruderkriegs im I n n e rn ge­ kommen sind. L s gibt Schichten in unserer Bevölkerung, die wahrlich die Schwere, die auf unserem Lande lastet, die N ot der Z eit, nicht zu würdigen wissen. Unser gemeinsames Z iel, glaube ich, muß in dieser S itu atio n vor allem sein, den Boden zu festigen, auf dem unser neues Reich, unser neues Deutschland aufgebaut werden soll. Und zu diesem B auw erk muß jeder seinen S tein beitragen, jeder muß m it gutem W illen an die A rbeit gehen, dann glaube ich, wird es gelingen, der Schwierigkeiten Herr zu werden. Das Fundam ent ist gelegt durch unsere N ationalversam m lung, die frei gewählt ist vom ganzen deutschen Volk. Die Verfassung ist geschaffen auf streng demokratischer G rundlage. W ir haben unserem Volke die weitgehendsten Rechte eingeräum t. Jed er hat politische M einungsfreiheit, jeder die Freiheit der politischen B etätigung. Aber das, glaube ich, müssen w ir von jedem unserer M itbürger fordern, zu erkennen, daß neben den Rechten auch die 2Z * — 3 2 § — Pflichten stehen, die Pflichten gegenüber der Gesam theit. Und wenn in letzter Z eit durch Putschversuche und sinnlose Streiks die großen, wirtschaftlichen Schwernisse, m it denen w ir kämpfen, künstlich in selbstmörderischer Weise ver­ schärft worden sind, so kann ich n u r versichern, daß es die Auffassung und der W ille der Rekchsregierung ist, diesen Bestrebungen m it äußerster Entschieden­ heit entgegenzutreten. Ich habe heute morgen Gelegenheit gehabt, mich m it Ih re r Regierung eingehend über die F ragen , die un s bewegen, auszusprechen, und w ir haben sehr leicht volles E inverständnis erzielt. Dabei w ar eine Frage, die alle be­ sonders lebhaft bewegt, die: ist es möglich, die Kohlenversorgung für unsere Indu strie sicher zu stellen, ist es möglich, den nötigen L ausbrand für unsere B ürger im kommenden W inter zu beschaffen? W ir sind da in einer besonders schwierigen S i tu a t io n ; w ir sind heute kein kohlenreiches Sand mehr, sondern ein kohlenarmes Land geworden, w ir haben große M engen Kohlen an den Feind zu liefern; aber w ir werden trotzdem nicht zu verzagen haben, wenn jeder Volksgenosse den Ernst der S ituation begreift und den guten W illen zeigt, diese Schwierigkeit zu bewältigen, Diesen Appell müssen w ir vor allen: an die Arbeiter in: Bergbau richten, müssen w ir richten an die Arbeiter im Eisenbahnbetrieb, an unsere Angestellten und an unsere B eam ten im Eisenbahnbetrieb. Auf Kohlen und Eisenbahn, diesen beiden G rundpfeilern ruht unsere Lebensmöglichkeit. Werden diese Grundpfeiler zerschlagen durch sinnlose Streiks, dann allerdings muß unser Volk einer schweren Katastrophe entgegengehen. Ich glaube, daß die Arbeiter dieser Berufe sich überzeugen, daß es höchste Z eit ist, nun alle K ra ft einzusetzen, um das, w as leider bereits viel zu sehr versäum t worden ist, in allernächster Z eit nachzuholen, nämlich unsere Kohlen­ versorgung in den S tand zu setzen. Und wenn es un s gelingt, neben dieser Nächstliegenden Sorge, die ungeheueren Schwierigkeiten, die uns der Frieden auferlegt hat zu überwinden, dann, glaube ich, sehen w ir wieder Tagen ent­ gegen, da unser Volk und unser W irtschaftsleben vorw ärts und au fw ärts geht. Der kjerr Staatspräsident hat zum Ausdruck gebracht, daß Baden immer treu zum Reiche gestanden hat. D as ist richtig. Baden hat den Reichs­ gedanken immer m it Treue und großen: Nachdruck vertreten. Die R o t der Z eit gebietet, un s im Reiche fester zusammenzuschließen wie früher, manches müssen w ir preisgeben, das u ns lieb geworden ist, niemand von uns will rü tteln an der E igenart unserer Volksstämme, niemand das, w as notwendig ist, um das Gefüge des Reiches aufrecht zu erhalten, beseitigen. Aber in manchen G renzländern, wie es ja auch Baden jetzt ist, ist hier und da der Reichsgedanke in den letzten M onaten erschüttert worden, und da freue ich mich, zu hören, daß B aden in seiner alten, treuen Weise zun: Reiche steht und bereit ist, m it u ns zusammen zu arbeiten, in der Schaffung eines neuen, starken, mächtigen und unzertrennbaren Deutschlands. I n diesem S inne möchte ich S ie bitten, I h r G la s zu erheben und mit m ir zu trinken auf das W ohl, das Glück, das Gedeihen des B adnerlandes." — 323 — U m ff U h r ließ sich der R e ic h sp rä s id e n t V e r t r e te r der P resse vorstellen u n d em p f in g d a n n eine A b o r d n u n g des B u n d e s der A u s lä n d sd eu ts ch e n . A m 3 0 . A u g u s t t r a t e n R e ic h sp rä s id e n t u n d R e ic h sw e h rm in is t e r die W ei te r re ise nach D a r m s ta d t a n . A m lsi. S e p te m b e r t r a f bei der R e g ie r u n g fo lg en des S c h re ib e n e in : A n die Badische R egierung A arlsruhe. , ,E s ist mir ein B edürfn is, nochmals für den herzlichen E m pfang, den ich in meinem lieben Heim atland gefunden habe, aufrichtigst zu danken, und ich darf bitten, meinen Dank auch denen zu überm itteln, die dazu beigetragen haben, den leider nur kurzen A ufenthalt so unvergeßlich zu machen. D aß die Eorgen und die N öte meiner H eim at mir stets besonders am Herzen liegen, brauche ich nicht zu versichern; w a s in meiner A raft steht, werde ich gerne tun, um die weitere gedeihliche Entwickelung B ad en s zu fördern." Ebert. A m 7. S e p te m b e r t r a f der erste Z u g sch w e rv e rw u n d e te r d e u t s c h e r A r i e g s g e f a n g e n e r ( 6 0 0 M a n n ) zu ^ O m i n u t i g e m A u f e n t h a l t ein. D a s R o te A re u z h a t te f ü r E r f r i s c h u n g e n gesorg t. D e r B a h n ­ steig I des B a h n h o f s w a r seit E n d e J u l i festlich geschmückt u n d die U m g e b u n g festlich be f lagg t . E i n zw eite r L az a re t tz u g k a m a m f f . S e p te m b e r durch. A m j 3 . S e p t e m b e r t r a f ein Z u g a u s dem D u r c h g a n g s l a g e r H e u b e rg u n d a m f 8 . d rei Z ü g e a u s dem D u rc h ­ g a n g s l a g e r M a n n h e i m ein. A m 2 0 . S e p te m b e r f u h r ein Z u g nach dem L a g e r H e u b e rg durch. D ie Z nsassen w u r d e n je w e i l s m i t E r f r i s c h u n g e n u n d L ie b esg a b en bedacht, a u ß e r d e m spielte die S c h ü le r ­ kapelle w ä h r e n d des A u f e n th a l t s . . Ü b e r F r e i m a c h u n g v o n A r b e i t s s t e l l e n e rg in g a m 8. S e p te m b e r a u f G r u n d e iner V e r f ü g u n g des R e ic h s m in i s t e r iu m s eine V e r o r d n u n g des hiesigen D e m o b i lm a c h u n g sa u s sc h u s se s . S ä m t l ic h e A rb e i tg e b e r w u rd e n dadurch verpflichtet , al le ih re A n ges te l l ten u n d A rb e i te r , die nicht a u f E r w e r b angew iesen w a r e n , z u m nächst­ m öglichen T e r m i n zu entlassen. M i t t e S e p te m b e r eröfsnete d a s W o h n u n g s a m t d e r T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e einen A u s r u f , w o r i n die B e v ö lk e ru n g zu r f re iw il l igen B e re i t s te l lu n g v o n Z i m m e r n f ü r S tu d ie re n d e zu angemessenen P re is e n au fg e so rd e r t w u rd e . D ie badische R e g ie r u n g h a t den badischen A r i e g s te i ln e h m e r n u n d ih re n H in te rb l iebe nen ein A r i e g s e r i n n e r u n g s b l a t t — 326 — ge w id m e t , d a s v o n den h ie r A nsäss igen v o n , 6 . O k to b e r a n be im B e z i r k s a m t e rh o b e n w erd en konnte . A n f a n g O k t o b e r erl ießen die v ie r H a u p t f r a k t i o n e n einen A u f r u f a n d a s B a d i s c h e V o l k , der i m Hinblick a u f die schwere Z e i t z u r P f l i c h te r f ü l lu n g , A r b e i t , O r d n u n g u n d M ä ß i g k e i t au fforderte . A m ( 7 . O k t o b e r f a n d eine E i n s p r u c h s v e r s a m m l u n g g e g e n d i e A u s b e u t u n g d e r F e st b e s o l d e t e n statt, die v o n den B e a m te n v e r e in ig u n g e n a u s g i n g . E n d e O k t o b e r w u r d e die p o l i z e i s t u n d e f ü r W ir t s c h a f te n au s >0 U h r , a n S o n n t a g e n a u f f f U h r festgesetzt. T h e a t e r , Lichtspiel­ h äu s e r u . a . m u ß t e n u m sO U h r a b e n d s schließen. L äd en d u rf ten n u r v o n 9 U h r v o r m i t t a g s b i s 6 ( S a m s t a g 7) U h r ab e n d s geöffnet sein. A m 2 . N o v e m b e r f a n d eine G e d ä c h t n i s f e i e r f ü r d i e G e f a l l e n e n a u f d em F r i e d h o f statt, die v o n der S ta d tg e m e in d e u n te r M i t w i r k u n g der m il i tä r ischen V ere in e u n d des R e ic h sb u n d e s der A r ieg sb e sch ä d ig te n v e ra n s ta l te t w u rd e . Z n der M i t t e des E h r e n f r i e d h o f s , zu d e m n u r E in g e la d e n e , v o r a l l e m A n g e h ö r ig e der V ers to rb en en , Z u t r i t t h a t te n , w a r ein m i t T a n n e n r e i s bekleideter O b e l i s k errichtet w o rd e n . H ie r h a t t e n sich V e r t r e te r der ziv ilen u n d m il i tä r ischen S te l l e n e in g efun den . U m ^ /s s2 U h r bew eg te sich ein Z u g a u s m il i tä r is ch e n u n d a n d e r e n V e r e in e n m i t F a h n e n u n te r den A lä n g e n der F e u e r w e h r k a p e l le g le ichfa l ls d o r th in . D a r a u f h ie lt zunächst O b e r b ü r g e r m e i s t e r O r . F i n t e r fo lgende A n s p ra c h e : „A llerseelen, das Fest der Totenfeier, ist gekommen, v o m rauhen R eif getroffen, fä llt das Laub der B äum e welk zur Erde und bettet die N atur zur winterlichen R uhe, verstum m t ist das schmetternde Lied unserer gefiederten S än ger, erloschen die leuchtende Pracht der B lu m en . Todesstille, in bleichen N ebel gehüllt, liegt über der Erde. D a s Leben ist au s der N atur entwichen und schon breitet sich über sie das Leichentuch des w in te r s . U ns aber senkt sich wehm ütige Trauerstimm ung in s Herz. Und um der W ehm ut und der Trauer Ausdruck zu verleihen sind w ir hier zusammengekommen. Z u Ende 'st der gew altige K am pf, der lange bange Jah re die W elt durchtobte, Heim- gekehrt ist das Heer, das in furchtbaren Schlachten unsere H eim at vor feind­ licher Verwüstung beschützt hat, und eben rüsten w ir u n s, um unsere Brüder zu em pfangen, die in der Gefangenschaft von einem herzlosen Feinde fast zu Tode gepeinigt, für u n s geschmachtet haben. Tausende aber und Abertausende von denen, die ausgezogen sind, um für ihr Vaterland zu streiten, sind nicht mehr bei u n s . v o m feindlichen S ta h l getroffen, sind sie im fernen Feindes­ — 327 — land in s Grab gesunken, v o n vielen dieser Helden verkündet kein G rabhügel, kein Kreuz, wo sie ein Plätzchen zu ihrer letzten Ruhe gefunden haben. Andere wieder sind an W unden blutend zwar zu u n s zurückgekehrt, sie mußten aber, dem schmerzvollen Leiden erlegen, in der Heimaterde bestattet werden. Auch unsere Stadt K arlsruhe ist von dem W ürgeengel schwer heimgesucht worden. E tw a Zooo G efallene hat sie zu beklagen, mehr a ls 1000 Kriegern haben w ir diese Lhrenstätte bereitet und neben ihnen ruhen n « G pfer der Fliegerüberfälle auf unsere S tadt. Ih n e n allen g ilt in dieser Feierstunde des Totenfestes unser Gedenken. Heißen Dank wollen w ir ihnen sagen für die herrlichen H eldentaten, die sie a ls treue Söhne unseres V aterlandes vollbracht, für die unsäglichen M ühen und Leiden, die sie für u n s erduldet haben. A n ihrem G rabe w ollen w ir es geloben, daß w ir gleich ihnen alles einsetzen wollen für unser Volk, um es nach den furchtbaren Schicksalschlägen, die es getroffen, wieder einer besseren Zukunft entgegenzuführen. Herzliche, innige T eilnahm e wenden w ir den Vätern und M üttern, Brüdern und Schwestern, Söhnen und Töchtern zu, die ihr Liebstes haben hergeben müssen, sei es auf der W ahlstatt der m änner­ mordenden Schlachten, sei es in der stillen Leidensstube, sei es in den von den feindlichen Bom ben aufgew ühlten Straßen, oder unter den durchschlagenen Dächern der Stadt. M öge ihnen die allgem eine Teilnahm e ein Trost sein in ihrem Herzenskummer. Den teuern Toten aber leuchte der Schmuck der Gräber, zu ihrer Ehre senken sich die Fahnen, erklinge der feierliche Lhoral. I m N am en des Stadtrats und der gesamten Bürgerschaft der Landeshauptstadt widme ich diesen Kranz ihrem Andenken." N a c h e in em V o r t r a g der B lä s e r v e r e in ig u n g des T h e a t e r ­ orchesters e rg r if f M a j o r A u e n z e r d a s W o r t zu e iner G e d ä c h tn i s re d e f ü r die G e fa l le n e n , die er m i t den A u s f ü h r u n g e n schloß: Hier liegt so mancher liebe, liebe Kamerad, m it dem ich im Felde am offenen Grabe von Kameraden stand, m it dem ich in ruhiger Stunde über die Gedächtnisfeiern für unsere Toten nach dem Kriege sprach; w ir wußten ja damals nicht, wer von u n s zurückkehrt und wer von u n s am Schluffe dieses gew altigen K am pfes am Grabe des ändern steht, w i e oft haben w ir uns dabei solche Totenfeiern nach dem K riege ausgem alt und besprochen, w ie die Überlebenden die toten Helden und Kameraden ehren sollten — es waren Feiern, so ganz anders, a ls w ir sie heute hier begehen können. Der Z ufall nun w ill es , I h r lieben Kameraden da unten, daß ich nun an Euerem Grabe stehe, aber w a s w ir uns draußen so oft gelobt haben, in Treue durchzuhalten, das w ill ich im N am en der Überlebenden, das w ill ich im N am en Euerer Angehörigen Euch hier an Euerem Grabe von neuem geloben: „Euch halten w ir die Treue, unserem vaterlande w ollen w ir in Euerem Geiste dienen, in Gemeinschaft und gegenseitigem vertrauen arbeiten, neu anfbauen, w a s uns der Feinde Haß zerschlagen h at." — 328 - - M öge a u s Eueren Gräbern Euer Geist über u n s kommen, I h r lieben Bruder und Kam eraden, m ögen w ir im K am pf um Deutschlands Existenz, der u n s bevorsteht, Euerer würdig s e in ! Und I h r , liebe M itbürgerinnen, liebe M itbürger und liebe Kameraden, nehm t au s dieser Gedächtnisfeier am G rabe Euerer Lieben und Kameraden den ernsten Vorsatz m it, zu arbeiten, zu kämpfen für unser geliebtes Vaterland — im Geist und im S in n e dieser lieben toten Helden. D ann ist die Stunde der Andacht, die w ir hier verbracht haben, nicht umsonst gewesen und w ir ehren unsere gefallenen Helden, so w ie sie es verdienen. lv i e dieser Toten letzter Atemzug dem vaterlande galt, so sei auch unser Leben in Zukunft b is zum letzten Atemzug ein Leben zum lv o h le der G esam t­ heit, zum W ohle des V aterlandes. S o ehren w ir unsere T oten. N a c h w e i te ren 'K ran z n ied e r leg u n g e n w a r die F e ie r beendet. D ie G r ä b e r der G e f a l l e n e n u n d der F l ie g e ro p fe r w a r e n i m A u f t r a g der S ta d tg e m e in d e geschmückt. A m 3 . N o v e m b e r h ie lt der S tu d e n t e n v e r b a n d der F r id e r i c i a n a zu E h r e n d e r g e f a l l e n e n K o m m i l i t o n e n in der T h r i s t u s - kirche eine G e d ä c h tn i s fe ie r a b . V o n G r g e l - u n d G e s a n g v o r t r ä g e n u m r a h m t , w u r d e n A n s p r a c h e n v o n c a n ä . m u o b . P . T e g e tm e v e r u n d d e m R e k to r , P ro fe s s o r V r . P au lcke , g eha l ten . A b 2 2 . N o v e m b e r l a g e n in L ebensm it te lgeschäf ten u n d P o l iz e i ­ w ac h en Listen z u r E in z e ic h n u n g a u f , die sich a n die R e ic h s re g ie ru n g u n d N a t i o n a l v e r s a m m l u n g m i t der B i t t e w a n d te n , f ü r d i e B e f r e i u n g un se re r v o n den F ra n z o s e n i m m e r noch zu rückgehal tenen K r i e g s ­ g e f a n g e n e n energisch e inzu tre ten . L . E r n ä h r u n g s f r a g e n . U n t e r den N a c h w i r k u n g e n des K r i e g s w u rd e auch i m B e r i c h t s ­ j a h r die E r n ä h r u n g der B e v ö lk e r u n g z u m g r ö ß te n T e i l behördlich geregelt . D e s h a lb w u r d e n F r a g e n der E r n ä h r u n g , w ie zuletzt, in diesem A b sch n i t t m i tge te i l t . W e g e n F r e i m a c h u n g f ü r Schulzwecke w u rd e n a m 7. J a n u a r die A b g ab e s te l len der s t ä d t i s c h e n K r i e g s s p e i s u n g in der U h l a n d - u n d der K a r l - N ) i l h e lm - S c h u le , a m 8. M a i die in der L eo po ld -S chu le a u f g e h o b e n u n d die T e i ln e h m e r a u f and e re S te l len ver te i l t . D ie P re is e f ü r die S p e i s u n g m u ß te n in fo lge der e rh ö h te n — 3 2 9 — G estehungskosten i m L au fe des J a h r e s h inaufgesetzt w e rd en , wie b e t ru g e n f ü r > L ite r E s se n : bei A bgabe a u f bei E n tn a h m e von bei E n tn a h m e von T ag esm ark en ^ ^ z 4 und m eh r L iier vom l 6. Februar an 50 P f. (bisher HO Pf.) H 5pf. (HO) HO P f . (35) „ August an 70 „ 60 „ 55 „ A m f . M ä r z w u r d e n durch die w chutzm annschaft die B e s t ä n d e a n G r o ß - u n d K l e i n v i e h festgestellt. D urch V e r o r d n u n g des R e ic h s e r n ä h r u n g s m in i s t e r s v o n : 2 . M ä r z w a r die G r ö ß e der E r n t e f l ä c h e festzustellen, die z u r Z e i t der E r h e b u n g m i t G e tre id e u n d F e ld f rü c h te n a l le r A r t a n g e b a u t w a r e n , fe rne r a n W iesen , W e id e n u n d nicht b e b a u t e m A ckerland . A m 2 l - J u n i t r a t die R e ic h sg e t r e id e o rd n u n g f ü r die E r n t e l 9 l 9 in K r a f t , die i m wesentlichen dieselben B e s t i m m u n g e n w ie in den letzten J a h r e n en th ie l t . A m 5. A u g u s t veröffentlichte d a s B ü r g e r ­ m e is te ra m t fo lgende Höchstpreise zu r E r n t e l s t l s t f ü r l Z e n t n e r : W e izen , Spelz 23,75 B lk . , R o g g e n , G ers te , H a f e r 20,75 M k . , B u c h ­ weizen 25— HO M k . , E r b s e n 36,50— HO M k . , A cke rbo hnen 35 M k . , sonstige B o h n e n H2,30— H5 M k . , L insen H5— H7,50 M k . I n f o l g e E i n g r e i f e n s der V o lk s w e h r a u f d e m W o c h e n m a r k t a m 2H. J u n i ( z w an g sw e ise r V e r k a u f zu herabgesetzten P re i s e n ) k am es zu e iner S p a n n u n g , die sich in N ichtbeschickung des M a r k t e s äuß e r te . S ie w u rd e beho ben , n ac h dem sich die V o lk s w e h r verpflichtet h a t te , die öffentlichen S te l len zu unterstü tzen, jedoch n ich t e igen­ m ä ch t ig vo rzu geh en . U b e r S e n k u n g der P re i s e f ü r A u s l a n d s l e b e n s m i t t e l teilte der S ta d t r a t s b e r i c h t v o m 3. J u l i m i t : „ N a c h den v o n der R e ic h s re g ie r u n g aufgestellten G ru n d sä tz en f ü r die V e r b i l l i g u n g der A u s l a n d s l e b e n s ­ m it te l sollen die durch die V e r b i l l i g u n g entstehenden A u s f ä l l e zu je e inein D r i t te l v o m Reich, v o n den F re i s t a a te n u n d den K o m m u n a l ­ v e rb ä n d e n g e t ra g e n w erd en . D e r Deutsche S t ä d t e t a g h a t gegen d a s v o n der R e ic h s re g ie ru n g eingefchlagene V e r f a h r e n , die G e m e in d e n d e ra r t zu belasten, o h n e sie v o r h e r zu hö ren , E in s p r u c h e rh ob en u n te r H in w e is a u f die finanziel le L ag e der S tä d te . E r w i r d i n s ­ besondere b e m ü h t sein, zu erreichen, d a ß der V e r lu s ta n te i l der K o m m u n a l ve rb ä n d e , w e n n er nicht ü b e r h a u p t in W e g f a l l k o m m e n kan n , w en ig s ten s erheblich herabgesetzt w i r d . " — 330 — L i n e v o n den fre ien G ew erkschaf ten a u f den ch A u g u s t ein beru fene V e r s a m m l u n g v o n V e r b ra u c h e rn n a h m S te l l u n g zur L e b e n s M i t t e l t e u e r u n g u n d A o h l e n v e r so r g u n g . L s w u rd e fo lgende E n t s c h l i e ß u n g g e f a ß t : „ D ie am 4. August in der Festhalle versammelten Konsumenten unter­ stützen m it Nachdruck die von der zentralen O rganisation der Gewerkschaften und Genossenschaften an die Reichsregierung gerichtete Forderung, daß die Z w angsw irtschaft der E infuhr von N ahrungs- und G enußm itteln , sowie der notw endigen Rohstoffe umgehend abgebaut wird. D ie versam m elten erblicken in dem irregulären Handel — w ie solcher sich in unserem Lande breit macht — eine neue und verschlimmerte Auflage wucherischen Schleichhandels, welche die letzten Reste noch vorhandener Beachtung der Gesetze beseitigt und dem ehrlichen Handel, w ie auch insbesondere den Verbraucherorganisationen, die Eristenz- möglichkeit erschwert. Durch eine fortschreitende Freigabe der E infuhr wird die wucherische A usbeutung des Volkes durch den Schleichhandel unterbunden, die Arbeitsfreudigkeit und W iederbeschäftigung gefördert, sowie der W aren­ export ermöglicht. D ie Versamm lung erwartet von der Regierung des Frei­ staates B aden , daß sie alle M aßnahm en der Reichsregierung, welche den Forderungen der zentralen O rganisation der Gewerkschaften und Genossenschaften entsprechen, energisch unterstützt und insbesondere darauf Rücksicht genommen w ird, daß bei E infuhr von Fertigfabrikaten in gleicher Höhe des w er tes Rohstoffe au s dem A uslande zur E infuhr gelangen. D ie E in - und A usfuhr bedingt eine planm äßige K ontrolle und ünd die Verbraucherorganisationen zur M itw irkung heranzuziehen. D ie versam m elten erklären, daß der wirksamste Konsumentenschutz in der Zukunft die Förderung der Genossenschaftsbewcgnng ist. S ie verpflichten sich m it allen ihnen zu Gebote stehenden M itteln der Aufklärung, dafür zu wirken, daß der Genossenschaftsgedanke G em eingut des ganzen Volkes wird, vom Stadtrat der S tadt K arlsruhe erwarten sie, daß er unverzüglich das N ah ru n gs­ m ittelam t anw eist, den Umschreibungsgesuchen der M itglieder des Lebens­ bedürfnisvereins stattzugeben." w e i t e r h i n w u r d e eine E n t s c h l i e ß u n g g e f a ß t , die v o n der R e ­ g ie r u n g energische M a ß n a h m e n zu r V e r s o r g u n g m i t A o h le n und H erabse tzun g der A o h le n p re is e v e r l a n g te , a u ß e r d e m eine solche w eg e n E r m ä ß i g u n g der B ie rp re ise . A u f G r u n d eines S ta a tsb e sc h lu s fe s t r a t in der V e r s o r g u n g v o n „ M u t t e r u n d R i n d " m i t W i r k u n g v o m 8. S e p te m b e r eine wesentliche E r w e i t e r u n g ein. E s e rh ie l te n : f . S c h w a n g e re ( M u t t e r R e ih e I) v o m B e g i n n des 5 . S c h w a n g e r s c h a f t s m o n a t s a b 3/4 L ite r V o l lm i lc h täg l ich , l 5 0 0 § r B r o t u n d 2 E i e r fü r je ^ T a g e , F leisch, F e t t u n d Z ucker in d o p p e l te r M e n g e w ie die — 3 5 s — übr ige v e r so rg u n g sb e re ch t ig te B e v ö lk e ru n g , 2 . W ö c h n e r in n e n ( M u t t e r R e ih e II) f ü r die D a u e r v o n ^ W o c h e n v o n der G e b u r t a n sOO Ar B r o t u n d ^ G ie r f ü r je sH T a g e , f ü r die D a u e r v o n H W o c h e n a n S telle v o n S c h w a r z b r o t R r a n k e n b r o t , F le isch , F e t t u n d Z ucker wie R e ih e I, 3 . S t i l le n d e M ü t t e r ( M u t t e r R e ih e III) f ü r die D a u e r des S t i l l e n s , jedoch f ü r lä n g s te n s 9 M o n a t e nach der G e b u r t , 1 5 0 0 Ar B r o t u n d H G ie r f ü r je T a g e , in einzelnen g an z besonderen F ä l l e n ein w e ite re r Z u s a t z v o n 5 0 0 A r Z w ie b a c k in T a g e n , F leisch, F e t t u n d Z ucke r w ie R e ih e I, H. bei F r ü h ­ g eb u r te n e r h ä l t die M u t t e r w ä h r e n d der Z e i t v o n H W o c h e n nach der F r ü h g e b u r t dieselbe V e r s o r g u n g w ie R e ih e II, 5 . R i n d e r in den ersten 6 M o n a t e n n ac h der G e b u r t ( R i n d R e ih e I) s L i te r V o l lm i lch täg lich , 6 0 0 Ar Haferflocken o d e r G ers te f ü r je sH T a g e , 5 0 0 Ar Z ucker fü r je fH T a g e , 6 . R i n d e r v o m B e g i n n des 7. b i s zu in vo llendeten ) 2 . M o n a t nach der G e b u r t ( R i n d R e ih e II) f L iter V o l lm i lch täg lich , 5 0 0 A r R i n d e r m e h l , 5 0 0 A r W e iz e n g r ie s oder ä h n l ich e s N ä h r m i t t e l , 5 0 0 Ar Z u c k e r , 5 0 0 Ar Z w ie b a c k , a l le s f ü r je T a g e . Ü b e r L a n d w i r t s c h a f t u n d Z w a n g s b e w i r t s c h a f ­ t u n g f a n d a m 8. N o v e m b e r eine B e s p r e c h u n g des M i n i s t e r i u m s des Z n u e r n m i t V e r t r e te rn der L a n d w i r t s c h a f t s ta tt . M i n i s t e r R e m m e le be ton te g eg e n ü b e r v o r g e b r a c h te n W ü n s c h e n , d a ß dje V e r ­ hältn isse die A u f h e b u n g der Z w a n g s w i r t s c h a f t noch nicht zu l ießen . A m s. G k t o b e r ü b e r n a h m V e r w a l t u n g s d i r e k t o r F r a n z H o f f m a n n b e im städtischen G a s - , W a s s e r - u n d G le k t r i z i t ä t s a m t die L e i tu n g des städtischen N a h r u n g s m i t t e l a m t e s a n S te lle des v o n diesem P o s te n a u f seinen W u n s c h zurücktre tenden D ire k to r A l b e r t B r a u c h te . D e r S t a d t r a t sp rach deni letzteren „ D a n k u n d a u f r ich t ig e A n e r k e n n u n g f ü r die m e h r j ä h r ig e h in geb eu de u n d erspr ieß liche A r b e i t a u s , die er in diesen f ü r die V e r s o r g u n g der B e v ö lk e ru n g m i t N a h r u n g s m i t t e l n so w ich t igen V e rh ä l tn is s e n geleistet" h a b e . D a ß die Z w a n g s w i r t s c h a f t f ü r L e b e n s m i t t e l u n d einige an d e re G eg e n s tä n d e des täg lichen G e b r a u c h e s im wesentlichen be ib eh a l te n w u rd e , w u r d e schon m e h r fa c h e r w ä h n t . — 332 — A m 2. A u g u s t m a c h te d a s N a h r u n g s m i t t c l a m t bekann t , d a ß die A n f o r d e r u n g e n v o n A r a n k e n b r o t a u f g r u n d ärz tl icher Z eugnisse so g r o ß e n U m f a n g a n g e n o m m e n h ä t te n , d a ß d a s zugewiesene A ra n k e u - m e h l nicht au s re ich e u n d d a h e r stärker a u s g e m a h l e n w erden müsse. D ie B r o t p r e i s e w u r d e n f o lg e n d e r m a ß e n e r h ö h t : G ro ß er Laib K le in er Laib A rankenbrot Zwieback ((5 0 0 x r ) (750 A r) ((4 0 e r ) (soo ß r ) a b 6 . X . 90 P f . (statt 8§ ) 4 5 P f . (42) l 7 p f . ( ( 6 ) s ,4 0 M k . ( ( . a b 2 Z . X . ( , 0 3 M k . 53 p f . desg l . desg l. Ü b e r die V e r te i lu n g des A u s l a n d s m e h l s en ts tanden zwischen den , S t a d t r a t u n d d em M i n i s t e r i u m des I n n e r » M e i ­ nu ngsve rsc h ie d en h e i ten . D ie Reichsgetreidestelle h a t te n ä m l ic h a m l 6 . M a i a n g e o r d n e t , d a ß der v e r k a u f dieses M e h l s nicht den B ä c k e rn , s o n d e rn besonderen V er te i lun gss te l len ü b e r t r a g e n werde, u n d d a s M i n i s t e r i u m er l ieß dem en tsp rechend ein V e r b o t . D er S t a d t r a t w u r d e d ag e g e n vorste l l ig , er v e r t r a t den S t a n d p u n k t , d a ß die B ä ck e r f ü r den V e r k a u f a m ehesten in B e t r a c h t k ä m e n . N a c h l a n g e m H in u n d H er, w o b e i auch der B ü r g e r a u s s c h u ß gegen diesen E i n g r i f f in d a s S e lb s t v e r w a l tu n g s r e c h t der S t a d t E in s p r u c h e rh o b , v e r fü g te d a s M i n i s t e r i u m u n te r d em H. S e p te m b e r , d a ß die A o n , - m u n a l v e r b ä n d e die V e r te i lu n g des A u s l a n d s m e h l s solchen S tellen ü b e r t r a g e n könnten, die sich v o r dem A r ie g e m i t d em M e h l v e r k a u f b e f a ß t h a b e n . Ü b e r die M i ! ch v e r s o r g u n g der S t a d t A a r l s r u h e w ä h r e n d des A r i e g e s u n d in der N ac h k r ieg sz e i t v e r f a ß te B ü rg e rm e is te r I ) r . H o r s t m a n n eine D enkschri f t* ) . F ü r d a s B e r i c h t s j a h r en t­ n e h m e n w i r h ie r ein ige A n g a b e n u n d verw eisen in , Ü b r i g e n d a ­ r a u f . B e d a u e r l i c h ist v o r a l le m der starke R ü c k g a n g der L ieferungen . D ie D enkschrif t bem erk t h ierzu , d a ß es in fo lg e des v o n der S t a d t a u s g e h e n d e n S ch le ichverkehrs u n d H a m s te r n s im u m gekehr ten V e r ­ h ä l t n i s z u m R a d i u s der E n t f e r n u n g steht. Ü b e r die H ä l f te der gel ieferten M i l c h e n t s ta m m te den 5 der S t a d t zugewiesenen S c h w a r z - w a ld b e z i rk e n * * ) . Z u r A b l ie f e ru n g k am en in , J a h r e s d u r c h s c h n i t t : *) Druck bei L . L. M ü lle r, hier, im J a h r e **) verg l. a . Chronik (9 (8 . — 333 — . . oröükren Nböielfe- " " die S am m el- a u s der städt. a u f sonstigem I M ganzen täglich w irtschaften stelle der V ororte G astw irtsch a ft W ege 5 ( 7 5 (8H 8 H (5 2 7 5 6 3 7 Liter ( ( 9 ( 8 : 3 9 3 9 ) ( (9 H 2 ) (60 3 ) (96 0 ) (H3H „ ) Der täglich erforderliche Milchbedars stellte sich im J a h re s ­ durchschnitt folgendermaßen dar: Gruppe ^ Gruppe A Gruppe L A inder b is zu w e rd e n d e R in d e r von ^ ^ a m t - S I-ch ren M ü tte r A ronkenm üch 7 , ^ f a h r e n A ltersm ilch bedach a n v o l l . 8 5 0 0 7 5 0 3 6 0 0 5 3 H 0 ( 2 ( 0 ( 8 7 0 0 L t r . D en M olkere ibesitzern w u r d e zu den a m t l ic h e n E rz e u g e rp re is e n ein Z u s c h u ß a u s städtischen M i t t e l n zu r B e sc h a f fu n g v o n M i l c h ­ kühen u n d A r a f t f u t t e r m i t t e ln gegeben. E r w a r so bemessen, daß er m i t der M i lc h le i s tu n g der M olkere ibcsitzer s tufenweise in die H öhe g in g . D e r Aufwand stellte sich w ie fo lg t d a r : v o n den M olkereien litt J a h r e ^ b a u f den der jew eils am tliche E rzeu g erp reis M ark abgelieferte M ilchm enge ^ rä n ^ ie betrug 5 8 l 7 8 9 6 7 H 5 9 0 L ite r 5 7 P f . 3 8 — 6 7 P f . D e r E r z e u g e r p r e i s f ü r ( ^ i t e r M i l c h stieg v o n 5 8 P f . i m J a n u a r a n s 6 7 P f . im D ez em b e r , dem entsp rechend der V e r b r a u c h e r ­ p r e i s v o n 5 0 a u f 8H P f . E n d e J u l i t r a t A d o l f Z ö l l i n , der b i s ­ herige V o r s ta n d des M i l c h a m t s , in seinen P r i v a t b e r u f zurück, a n seine S telle k a m der L a n d w i r t s c h a f t s in s p e k to r P e t e r A a a s . Z u f o l g e der u n g e n ü g e n d en A n f u h r v o n A a r t o f f e l n w u r d e hier der wöchentlich zulässige V e r b r a u c h v o n A a r to f f e ln v o m 6. Z a n u a r a n a u f 5 (7) v o m ( 0 . M ä r z a u f H u n d v o m 2 8 . A p r i l a u f 5 P f u n d herabgesetzt . D ie eingedeckten H a u s h a l t u n g e n m u ß te n b i s zur neuen E r n t e a u s k o m m e n . A ar to f fe lspe isen d u r f t e n in W ir t sch a f te n n u r gegen A a r to f f e lm a r k e n ab g e g eb e n w erd e n . D u rc h die Reichskartoffelstclle w u r d e n a u s E n g l a n d u n d S c h o t t l a n d A a r ­ toffeln e ingeführt . A u f A a r l s r u h e entfiel eine S c h i f f s l a d u n g v o n 8 ( 2 0 0 0 die zu HO P f . f ü r d a s P f u n d v e rk a u f t w u r d e n . D a s A a r t o f f e l a m t w u rd e a b g e b a u t u n d die V e r s o r g u n g dein N a h r u n g s - m i t t e l a m t ü b e r t r a g e n . — 3 3 4 — Ü b e r de» V erk eh r m i t A a r to f f e ln b i s f 4 . S e p te m b e r er l ieß d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t a m 2 6 . J u l i eine B e k a n n t m a c h u n g ähnl ich w ie in den letzten J a h r e n . A u c h f ü r die d ie s jä h r ig e E r n t e w u rd e d a s B e z u g s s c h e in v e r fa h r e n b e ib eh a l te n . U m die A b l ie f e ru n g zu besch leunigen , w u r d e n a u s der S ta a ts k a s s e P r ä m i e n f ü r A a r to f fc ln b ew i l l ig t die b i s s5 . N o v e m b e r a n öffentliche A ö rp e rs c h a f te n a b ­ gegeben w u r d e n ; die S c h n e l l ig k e i t s p r ä m ie w u r d e b i s z u m f 5 . D e ­ zem ber a u f 2 U tk . f ü r den Z e n t n e r e rh ö h t . D ie am t l ic h e n Höchstpreise f ü r den Z e n t n e r A a r to f f e ln bew egten sich zwischen 9 , 2 5 ( a n f a n g s 9-— ) u n d bei B e z u g v o n der V e r la d e ­ stelle des V e r s a n d o r t e s u n d fO ,2 5 (sO .— B lk . ) bei L ie fe run g v o r d a s H a u s . E n d e D ez em b e r w a r die B e l i e f e ru n g der S t a d t g a n z u n zu län g l ich . N a c h W e g f a l l der Z u l a g e n f ü r die R ü s tu n g s a r b e i t e r w u rd e du rch V e r f ü g u n g des R e ic h s v o m s. F e b r u a r a u die tägliche F l e i s c h r a t i o n a u f 3 0 0 Ar f ü r den A o p f der B e v ö lk e ru n g fest­ gesetzt. I n f o l g e der e rschw er ten S c h l a c h tv i e h a u f b r in g u n g setzte d a s R e i c h s e r n ä h r u n g s m i n i s t e r i u m die täg liche A o p f m e n g e v o m f 7 . B l ä r z a b f o lg e n d e r m a ß e n fest: I n G e m e in d e n m i t w e n ig e r a l s 5 0 000 E i n w o h n e r n a u f sOO Ar, m i t 5 0 0 0 0 b i s u n te r f 00 000 E i n w o h n e r n a u f l 5 0 § r , m i t s 0 0 0 0 0 u n d m e h r E i n w o h n e r n a u f 2 0 0 A r . V o n den v o m B l i n i s t e r i u m festgesetzten H ö c h s t p r e i s e n fü r d a s P f u n d F leisch , W u r s t u n d sonstige F le i s c h w a r e n fü h re n w i r fo lg end e a n : f . b e i R i n d f l e i s c h : n . U M es. Iu „ i 2«. wk,ob» a ) f ü r al le Stücke m i t A n o c h e u - A lk . B lk . B lk . b e ig ab e , die einschließlich der e ingew achsenen A nochen te i le 20 v o m H u n d e r t des F le isch­ g ew ic h ts nicht überschre iten d a r f 2 .— b ) f. a u s g e b . Stücke o h n e A n o ch e n - b e ig ab e , ( a u s g e n . L u m m e l ) 2.40 c ) f ü r L u in m e l oh ne A n o c h e n ( a u s g e b e i n t ) .................................... 2 . 8 0 2 . 6 0 2 .8 0 3 . — 5 .3 0 3 . 4 0 5 .8 0 -— 335 — 2. bei K a lb f le isch : M k . M k . M k . a) fü r al le Stücke in i t K n o c h e n ­ be igabe , die einschließlich der e ingew achsenen K nochen te i le 2 5 v o m h u n d e r t des F le isch ­ g ew ich ts nicht überschre iten d a r f ........................................ 2 . — 2 .— 2 . - b ) fü r Schnitzel o h n e K n o c h e n - b e i g a b e .................................. 2 . 7 0 2 . 7 0 2 . 8 0 5 . bei S c h a f - ( H a m m e l - ) F le isch : f ü r alle Stücke m i t K n o c h e n ­ be ig ab e , die einschließlich der e ingew achsenen K nochentei le 2 5 v o m H u n d e r t des F le isch­ g e w ic h ts n ic h tü b e rs c h r e i te n d a r f 2 . ( 5 2 . ( 5 3 . 2 0 H. bei Ziegenfleisch (auch Zickenfleisch) jede A r t .................................. ( . 8 0 ( . 8 0 2 . 2 0 P f e r d e f l e i s c h u n d - w n r s t d u r f te n v o m ( 0 . M ä r z a n n u r gegen F le is ch m a rk e n ab g e g eb e n w erd en . Z u r V e r te i lu n g w u r d e n a m 2 ( . M ä r z 5 V erk au fss te l len err ichtet . Z u r V e r s o r g u n g m i t Pferdefleisch e rg in g a m 2 2 . M a i eine V e r o r d n u n g des R e ic h s ­ e r n ä h r u n g s m in i s t e r s u n d d az u a m 2 . Z u l i eine V o l l z u g s v e r o r d n u n g des B a d isc h en M i n i s t e r i u m s des Z n n e r n . D a r n a c h w u r d e der städtische P fe rdesch läch tere ibe tr ieb in der M e ise neu geregelt , d a ß A n k a u f , S c h la c h tu n g u n d H e r r i c h tu n g v o n der S t a d t , d. H. dein Sch lach t- u n d V ie h h o f a m t , der V e r k a u f d ag e g e n v o n f rü h e re n P f e r d e ­ metzgern ü b e r n o m m e n w u rd e . D ie Höchstpreise b e t r u g e n : für ( Pfd. Lendenbratfleisch, Leber, Frisch­ am 3 ( .J a n u a r Mk. am 28. Februar und 2. J u li Mk. wurst oder F e t t ................................. l , q o ( , 8 0 für ( Pfd. Muskelfleisch, ausgenommen Lendenbratfleisch, ohne Knochen . . ( , 2 0 ( , 6 0 für ( Pfd. Herz und Eingeweide, Kopf­ fleisch und andere geringere Sorten Fleisch, ausgenommen Leber . . . ( , 0 0 für ( Pfd. K nochen ................................. 0 , ( 0 0 , 2 0 — 336 A l s i m M a i m a n g e lh a f t e Z u f u h r a u S ch lach tp fe rd en e in t r a t , w u r d e m i t dem V e r k a u f v o n g e f ro re n em Pferdefleisch u n d Pferdepökelfle isch beg o n n e n , der P r e i s b e t ru g 2 M k . fü r d a s P f u n d . D ie E i e r v e r s o r g u n g h a t te sich bedeutend verschlechtert, in den M o n a t e n J a n u a r u n d F e b r u a r w u rd e n n u r ^ 7 0 0 0 Stück 7 3 ( 0 0 0 ) abge lie fe r t . Ü b e r die N e u r e g e lu n g a u f diesem G eb ie te w u r d e a u s der S i tz u n g des S t a d t r a t s v o m 30 . O k to b e r b e k a n n tg e g e b e n : „ D a s M i n i s t e r i u m d e s I u u e r n h a t d e n S t a d t r a t u m Ä u ß e r u n g ersucht , o b e r B e d e n k e n g e g e n d i e A u f h e b u n g d e r E i e r v e r s o r g u n g , i n s b e s o n d e r e m i t R üc k s ic h t a u f d i e V e r s o r g u n g d e r A r a n k c u , h a b e . D a s M i n i s t e r i u m b e a b s i c h t ig e , ü b e r d i e s e F r a g e d e n l a n d s t ä n d i g e n E r n ä h r u n g s b e i r a t z u h ö r e n . D e r S t a d t r a t b e s c h l i e ß t m i t S t i m m e n m e h r h e i t , d e r A u f h e b u n g d e r L i e r - V e r o r d u u n g z u z u ­ s t i m m e n , d a sich i m l a u f e n d e n J a h r e e i n e e i n i g e r m a ß e n a u s r e i c h e n d e V e r ­ s o r g u n g d e r s tä d t i s c h e n B e v ö l k e r u n g m i t E i e r n a u f g r u n d d e r V e r o r d n u n g o h n e h i n n i c h t m e h r h a t e r m ö g l i c h e n l a s s e n , g i b t a b e r d e r E r w a r t u n g A u s d r u c k , d a ß a u f d e n n oc h ü b r i g b l e i b e n d e n G e b i e t e n d e r Z w a n g s w i r t ­ s c h a f t d ie A b l i e f e r u n g s p f l i c h t v o n d e n E r z e u g e r n u m s o v o l l s t ä n d i g e r e r f ü l l t w e r d e . " D e r E in z e lp r e i s der r a t i o n ie r t e n E i e r stellte sich E n d e M ä r z a u f 2 8 P f . , E n d e J u l i a u f 3 6 P f . A m 5 . A u g u s t m a ch te d a s B ü r g e r m e i s t e r a m t bekann t , d a ß die V e r o r d n u n g des M i n i s t e r i u m s des I n n e r n v o m 7. J u l i s y s 8 ü b e r den V erk eh r m i t Ö l f r ü c h t e n usw . auch f ü r die d ie s jä h r ig e E r n t e gelte. D e r A n k a u f , A bsa tz u n d die V e r se n d u n g v o n F r ü h o b s t u n t e r l a g i m a l lg e m e in e n in B a d e n keiner B e s c h r ä n k u n g , doch durfte A n k a u f u n d A b sa tz v o n A irschen u n d sonst igem S te in o b s t n u r du rch die G eschäftss te lle der B a d isc h e n G b s t v e r s o r g u n g erfo lgen . G es ta l t e t w a r h ie r der V erk eh r i n n e r h a lb der E r z e u g e r g e m a r k n n g f ü r h ä u s l ic h e V e r s o r g u n g . B e i m Herbstobst w a r der G r o ß v e r k e h r ( v o n 5 0 Z e n t n e r a n ) der B a d isc h en G b s tv e r s o r g u n g V orbeha l ten , der A le in v e rk e h r d a g e g e n frei. Nachstehende Richtpreise für Gbst wurden am s. August bekannt­ gegeben : 35? - E r z e u g e r - A l e i n h a n d e l s - R i c h t x r e i s e R i c h t p r e i s e für d a s für d a s P f u n d P f u n d Pf- Pf- K i r s c h e n ............................................................ 5 5 7 0 Brennkirschen....................................................... 3 0 HO Reineklauden....................................................... 6 5 8 0 U l i r a b e l l e n ....................................................... 6 5 8 0 Frühzwetschgen.................................................. 5 5 7 0 Erntepflaumen (große Pflaumen) . . . . 3 0 HO Frühbirnen, großfrüchtige und Einmachbirnen 5 0 6 5 Kleinfrüchtige und geringere Sorten . . . HO 5 5 F rü h ä p fe l ............................................................ HO 5 5 Fallobst von Äpfeln und Birnen . . . . (2 l ? Himbeeren............................................................ ( 2 0 ( H 5 B ro m b e e r e n ....................................................... ( 0 0 ( 2 5 Heidelbeeren....................................................... ( 0 0 ( 2 5 Jo h an n isb ee ren .................................................. 6 0 7 5 Stachelbeeren................................. ..... 6 0 7 5 Preiselbeeren....................................................... ( 2 0 ( § 5 D ie G b s tv e r t e i lu n g a n die H a u s h a l t u n g e n e r fo lg te du rch G b s t - verkaufss te llen gegen G b s tk a r t e n . Z m g an z en w a r e n in der G e s a m t ­ s tad t in ( 5 7 G eschäf ten G b s tv e rk a u fss te l len eingerichtet . D ie E i n f u h r v o n frischen S ü d f r ü c h t e n konnte n a c h V e r ­ o r d n u n g der R e ic h sb e h ö rd e n v o m H. J a n u a r a u s f inanzpo li t i schen G r ü n d e n n u r in sehr besch rän k tem U m f a n g e gestattet w e rd e n . V o r ­ w iegend w u r d e n Z i t r o n e n , A p fe ls in en d a g e g e n in n u r g e r in g e n U le n g e n zugelassen. G e m ä ß m in is te rie lle r V e r o r d n u n g v o m 3 . N o v e m b e r v e r fü g te der S t a d t r a t eine durch die L a g e der Z u c k e r w i r i s c h a f t n o t ­ w en d ig g ew o rd en e E r h ö h u n g der Z uckerpreise , v o m 6 . D ez em b e r a n kostete d a s P f u n d W ürfe lzucker ( , 0 8 U lk . , a l le a n d e r e n S o r t e n ( , 0 5 U lk . V o m ( 3 . D ezem b er w u r d e n au ch die S a l z p r e i s e e r h ö h t , sie b e t ru g e n f ü r ( P f u n d K o ch sa lz m i t D ü te 2 s P f . (o h n e : 2 0 P f . ) , f ü r ( P f d . V iehsalz desgleichen ( 2 P f . 22 — 336 — N a c h V e r o r d n u n g von» 2 8 . J u l i d u r f te der A u s sc h a n k p re is v o n e inheim ischem B i e r in W i r t s c h a f te n höchstens b e t r a g e n : fü r 0 , 2 5 L ite r 2 0 P f . , f ü r 0 , 3 L ite r 2 5 P f . , f ü r 0 , 3 5 Liter 3 0 P f . , f ü r 0 ,H L ite r 3 5 P f . , f ü r 0 , 5 L ite r HO P f . u n d f ü r f L ite r 8 0 P f . Der Kartenzwang für Seife wurde Anfang August aufgehoben. A m f f. O k t o b e r m a ch te d a s B r e n n s to f f a m t b ekann t , d a ß wegen u n g e n ü g e n d e r K o h l e n z u f u h r die m o n a t l ic h e B e l ie f e ru n g wie nachstehend e r fo lgen m üsse : G r u p p e ^ m i t l Z e n tn e r , G r u p p e L , L u n d O m i t 2 Z e n t n e r , K , K 3 Z e n t n e r , 6 H u n d N 5 Z e n t n e r . A m 8 . O k t o b e r m ach te der S t a d t r a t bek a n n t , d a ß in fo lg e K o h le n - k n a p p h e i t u n d W a s s e rk n a p p h e i t des U l u r g w e r k s äußers te S p a r s a m k e i t bei B e n u tz u n g des elektrischen S t r o m s er forderl ich sei. K o h le n n o t u n d schlechte B escha ffen he it der V e r k e h r s m i t te l z w a n g e n die R e ic h s ­ r e g ie ru n g , den P e r s o n e n v e rk e h r in D eu tsch la n d v o m 5 .— f 6 . N o ­ v e m b e r einzustellen; n u r der A rb e i te rv e rk e h r f ü r lebensn o tw e n d ig e B e t r ie b e w u r d e d u rc h g e fü h r t , v o m 3 .— f 5 . N o v e m b e r w u rd e G a s h ie r n u r a b e n d s v o n E i n t r i t t der D u nke lhe i t b i s 9 R h r abgegeben , v o m l 6 . N o v e m b e r a u ß e r d e m v o n ^/z7— Hz8 U h r m o r g e n s u n d v o n i/s f 2— f U h r . A m 3 0 . O k t o b e r m ach te der S t a d t r a t bekann t , d a ß alle a n d a s E le k t r i z i t ä t s w e r k angeschlossenen G r o ß b e t r i e b e still­ geleg t w e rd e n m ü ß te n , m i t A u s n a h m e der le b en sw ich t igen G r o ß ­ betr iebe u n d der K le in b e tr ie b e des N a h r u n g s m i t t e l g e w e r b e s . I n f o l g e a n d a u e r n d e r R e g e n fä l le w u r d e n a m f 2 . N o v e m b e r die B e sch rä n k u n g e n a u f g e h o b e n . D ie K o h le n p re is e i m K le i n v e r k a u f w u r d e n a m f . U l ä r z wie fo lg t festgesetzt: R u h r k o h le n in den verschiedenen S o r t e n frei K eller zwischen H ,75 U lk . u n d 5 , 8 0 U lk . , offen v o r H a u s zwischen H,25 U lk . u n d 5 , 6 0 U lk . , a b O r t s l a g e r zwischen H U lk . u n d 5 , 3 5 U lk . u n d a b H a f e n 3 , 9 0 u n d 5 ,2 5 U lk . R u h rb re c h k o k s zwischen 5 , 3 0 U lk . u n d 5 ,7 5 U lk . frei K e lle r , zwischen 5 , sO U lk . u n d 5 , 5 5 U lk . offen v o r s H a u s , zwischen H ,85 U lk . u n d 5 , 3 0 U lk . a b O r t s l a g e r u n d H ,75 b i s 3 , 2 0 U lk . a b H a fe n . F ü r E i n w e r f e n in den K e lle r 7 P f . Z u s c h l a g zu dein P r e i s „o ffen v o r s H a u s " . W e i te re E r h ö h u n g e n : — 539 —' D er Z e n t n e r G a s k o k s v o m hiesigen G a s w e r k kostete a m s 5 . M a i H,60 Akk. a b W e r k u n d 5 M k . i n s H a u s^ a m so . O k t o b e r 8 A l k . . und 8 .5 0 Akk. . - , Am 2 ^.. N o v e in b e r w u r d e n f ü r B ü n d e l - u n d W e i l e n h o l z Höchstpreise festgesetzt. S ie bew eg ten sich je »ach d e r B esch a ffenhe it des H olzes f ü r d a s B ü n d e l , a b g e h o l t a b L a g e r , zwischen 8 5 P f . u n d s , 6 0 Akk. u n d frei i n s H a u s gel iefert zwischen 9 5 P f . u n d s ,7 5 Akk. P e t r o l e u m . A m s 5 . O k t o b e r m a ch te d a s N a h r u n g s ­ m i t t e l a m t b e k a n n t : „ D ie A u s g a b e v o n P e t r o l e u m in den k o m m e n d e n W i n t e r m o n a t e n k a n n w ie b i s h e r n u r gegen P e t r o l e u m k a r t e n e r fo lg en . D ie A b g a b e k a n n n u r a n H a u s h a l t e e r fo lg en , in deren W o h n u n g w eder G a s noch elektrische B e le u c h tu n g v o r h a n d e n ist. A n Z i m m e r ­ m ie te r u n d fü r D ie n s tb o te n z im m er können P e t r o l e u m k a r t e n nicht au s g e g e b e n w erd en . D ie A u s g a b e der P e t r o l e u m k a r t e n e r f o lg t n u r a u f A n t r a g . " L. F ü r s o r g e t ä t i g ke i t. D e in O b e r b ü r g e r m e i s t e r w u r d e n v o n W e i n h ä n d l e r F r a n z F i s c h e r h ie r A n f a n g Z a n u a r s 7 3 0 Akk. ü b e rg e b e n m i t der B e ­ s t im m u n g , diese S u m m e -— d a s E r g e b n i s e iner S a m m l u n g der A a r l r u h e r W e in h ä n d le r — a n solche f rü h e re n od er jetzigen A n ­ gehö r igen h ie r b od en s tän d ig e r T r u p p e n te i l e zu ver te ilen , die in fo lg e des A r i e g e s i h r A u g en l ich t v e r lo re n h a b e n u n d g eb o rene B a d e n e r sind. — D ie F i r m a D i c k e r h o f f 6c W i d m a n n ü b e r sa n d te d em O b e r ­ b ü rgerm eis te r 2000 Akk. m i t dem W un sche , d a ß die H ä l f te h ie rv o n d e m O r t s a u s s c h u ß des B a d isc h en H e im a td a n k s , die an d e re H ä l f t e der s tädtischen A r i e g s f a m i l i e n f ü r s o r g e ü b e rw ie sen w ü rd e . Eine Versammlung der A r b e i t s l o s e n am sO. Zanuar nahm nach eingehender Beratung einstimmig folgende E n t­ schließung an: „Die heute im Friedrichshof versammelten 3000 erwerbslosen Arbeiter und Angestellten verlangen, daß die S tad t K arlsruhe die Unterstützungen bewilligt, die M annheim bereits seit t. J a n u a r 1919 m it rückwirkender K raft vom T age des A u str itts a u s dem Heeresdienst resx. E in tritt der A rbeits­ losigkeit zahlt. D ie Versamm lung verlangt, daß die Stadtverw altung sich dazu entschließt, zu dieser dringenden Forderung S te llu n g zu nehmen und stellt dem M agistrat hierzu die Frist von 2H Stnnden. 22 * 3H0 — Anßerdein ist jeder Erw erbslose in die A llgem eine Vrtskrankenkasse au f­ zunehmen. D ie B eiträge find zu von der Erwerbslosenfürsorge, restlich von den versicherten selbst zu tragen. L e i N otstandsarbeiten ist ein Mindestlohn von s2 Mk. pro T a g zu zahlen. B e i w itterungsum schlag ist der angefangene T a g voll anzurechuen. B e i Krankheit muß dem Notstandsarbeiter eine Unter­ stützung in Höhe der Erwerbslosenfürsorge gezahlt werden. D ie Versam m lung erwartet, daß sofortige Beschlußfassung herbeigeführt werde und lehnt es ab, jede V erantw ortung bei eventueller H inausziehung der V erhandlungen auf sich zu n eh m en ; es fä llt diese große Schuld einzig und allein dem Stadtratskollegium zu. D ie V ersam m lung ist gew illt , alle zur Durchführung ihrer Forderungen zur V erfügung stehenden Kräfte und M ittel in Anspruch zu nehmen. Eine eigens gewählte Kommission trat in Verhandlungen mit der Stadtverwaltung. I n einer am l s. J a n u a r in der Festhalle stattfindenden Versammlung der Arbeitslosen, bei der das Bürger­ meisteramt und der Stadtrat vertreten waren, berichtete der Vor­ sitzende der Kommission, Jung , daß im Benehmen mit der Stadt­ verwaltung folgende Beschlüsse gefaßt worden seien: z. Erhöhung des bisherigen T agegeldes für verheiratete von s,q o Mk. auf 9 N k ., dazu für jedes Kind z Mk-, b is zum Höchstbetrage von Z2 Mk. 2 . Gleichstellung der ledigen m it den verheirateten M ännern , w enn sie Ernährer von Fam ilienangehörigen sind. 5. Erhöhung des T agegeldes der sonstigen ledigen M änner von bisher 5,90 auf s M k , w enn sie bei ihrer F am ilie leben, sonst auf 8 Mk. 9. D a s Tagegeld für erwerbslose W itw en und sonstige F rauen , die Ernährer einer F am ilie sind, kann b is zur Höhe des letzten Arbeitsverdienstes, jedoch nicht über 8 Mk., erhöht werden. 5. D ie erhöhten Sätze treten m it Rückwirkung vom l- J a n u a r d. I s . an in K raft. 6. D ie bisherige Vorschrift, wonach das Tagegeld für Kriegsteilnehmer, nach 6 W ochen seit der Entlassung auf des derzeitigen A rbeitslohnes herabgesetzt werden soll, kommt in W egfall. 7. Entlassene K riegsteilnehm er genügen der Kontrollvorschrift, w enn sie sich innerhalb zq T agen nach der Entlassung aus dein Heeresdienst erstmals bei A rbeitsam t melden. N achzahlung der Unterstützung an alle seit dem 9 . N oveinber entlassenen K riegsteilnehm er, w enn sie sich bis spätestens zum zo. Dezember beim A rbeitsam t gemeldet haben. 8 . Versicherung sämtlicher Erw erbsloser gegen Krankheit und Übernahme der vollen B eiträge ans die Lrwerbslosenfürsorge. 9. Vertretung der E rw erbslosen in einer alsbald einzurichtenden B eratu n gs­ stelle der Lrwerbslosenfürsorge. t» . D ie Löhne für die von der S tad t eingestellten Hilfskräfte richten sich nach den von den freien Gewerkschaften aufgestellten Tarifsätzen. — 34! — Durch Abstimmung wurde festgestellt, daß sich die große Mehrheit der anwesenden Arbeitslosen damit einverstanden erklärte. A l s S p e n d e fü r den B a d i s c h e n H e i m a t d a n k ( O r t s ­ a u s s c h u ß K a r l s r u h e ) w u r d e n , w ie d a s S täd t i sch e N a c h r i c h t e n a m t a m J a n u a r veröffentlichte , v o n e in e m B ü r g e r u n se re r S t a d t der S ta d th a u p tk a s s e 5 0 0 0 M k . in K r i e g s a n l e i h e ü berw ie sen . F e r n e r w u rd e n dem O r t s a u s s c h u ß v o n der B rau e re ig e se l lsch a f t v o r m a l s S . M o n i n g e r 3 0 0 M k . zugew ende t . L o u i s L. S t e r n teilte den : O b e r b ü rg e r m e is te r E n d e J a n u a r m i t , d a ß er seine b is h e r ig e n M o n a t s b e i t r ä g e zu G u n s te n der städtischen K r i e g s u n te r s tü tz u n g u n d des R o te n K re u z e s , z u s a m m e n 3 0 0 M k . , v o m s . J a n u a r zu G u n s te n des B a d isc h e n H e im a td a n k e s bezahle u n te r der B e d in g u n g , d a ß diese S u m m e fü r A n g e h ö r ig e der S t a d t K a r l s r u h e ve rw en d e t w erde . A m s 8 . F e b r u a r ü b e r w ie s M e d i z i n a l r a t O r . G u tsc h d em O r t s a u s s c h u ß des B a d . H e im a td a n k s sOO M k . A u s der S t a d t r a t s ­ sitzung v o m 2 7 . M ä r z w u r d e m itge te i l t , d a ß die W i t w e des städtischen Regis tra turass is ten ten H e r m a n n B r a u e r w a l d d em B a d . H e im a t - dan k ( O r t s a u s s c h u ß ) die S u m m e v o n 3 0 000 M k . in W e r tp a p i e r e n zugew endet h a b e . D e r S t a d t r a t n a h m „ v o n dieser sehr d a n k e n s ­ w er ten S chenkung , die eine nachdrückliche F ö r d e r u n g der A u f g a b e n des H e im a td a n k e s erm ögl iche , m i t B e f r i e d ig u n g K e n n t n i s " . A m l 8 . O k to b e r veröffentlichte der I. B ü r g e r m e is te r , d a ß i h m die Tischgesellschaft „ B ü r g e r m ä n n e r " (zu m H o te l K a r p f e n ) die S u m m e v o n lH 6 7 M k . 3 5 P f . a l s S ch en k u n g fü r den O r t s a u s s c h u ß K a r l s r u h e des „ B a d i s c h e n H e i m a t d a n k " zu r V e r w e n d u n g f ü r K a r l s ­ r u h e r bedü r f t ige K r i e g s b l i n d e üb erre ich t h a b e . H o f p i a n o f a b r i k a n t H einr ich M a u r e r h ier, h a t , w ie a u s der S l a d t r a t s s i t z u n g v o m 6 . D ezem ber berichtet w u rd e , a u s A n l a ß seines H O jä h r ig e n G e s c h ä f t s ­ j u b i l ä u m s d em O b e r b ü r g e r m e is te r die S u m m e v o n 3 0 0 0 B K . in W e r tp a p ie r e n m i t der B e s t im m u n g ü b e rg e b en , d a v o n 2000 M k . fü r den B a d . H e im a td a n k ( O r t s a u s s c h u ß ) u n d sOOO M k . fü r die erblindeten K rieg sb e sc h ä d ig te n zu v e rw e n d e n . D e r S t a d t r a t sp rach „ d e m S p e n d e r f ü r diese reiche Z u w e n d u n g herzlichen D a n k a u s u n d beglückwünschte i h n zugleich zu se inem e h re n v o l len J u b i l ä u m " . Ende Zanuar veröffentlichte der Badische Landesverein vom Roten Kreuz einen A u f r u f um Gaben für die noch in Feindes­ land befindlichen g e s a n g e n e n L a n d s l e u t e . Die Sammlung — 3H2 — w u r d e a m 2 8 . F e b r u a r geschlossen, jedoch v o m s. b i s 3 . M ä r z zu G u n s te n der R e ic h s -Z e n t ra l s t e l le f ü r K r i e g s - u n d Z iv i lg e fa n g e n e in B e r l i n w e i t e rg e fü h r t : E n d e J a n u a r w u r d e ü b e r die ( O r g a n i s a t i o n d e r E r ­ w e r b s l o s e n f ü r s o r g e der S t a d t K a r l s r u h e ein a u s fü h r l ic h e r B e r i c h t veröffen tl ich t, d e m w i r fo lgende A n g a b e n e n tn e h m e n : Die hiesige E r w e r b s l o s e n f ü r s o r g e besteht a u s zwei A b te i lu n g e n : s . Die A b te i l u n g f ü r E r w e r b s l o s e n f ü r s o r g e b e im K r i e g s u n te r s tü tz u n g s a m t f ü r e rw e rb s lo s e K r i e g s t e i l n e h m e r , deren F a m i l i e n b i s h e r K r i e g s ­ un te rs tü tzung v o n der S t a d t K a r l s r u h e bezogen h a b e n . 2 . die A b ­ te i lu n g b e im A r b e i t s a m t f ü r die e r w e r b s lo s e n K r i e g s te i ln e h m e r , die en tw ed er keine K r ie g s u u te r s tü tz u n g oder eine solche v o n a u s ­ w ä r t s bezogen h a b e n , sow ie f ü r a l le a n d e r e n E r w e r b s l o s e n . E in e Z w eigs te l le dieser A b t e i l u n g ist f ü r die a u s der hiesigen W a f fe n - u u d M u n i t i o n s f a b r i k ent lassenen e r w e r b s lo s e n P e r s o n e n in dem W o h l f a h r t s g e b ä u d e dieser F a b r i k e ingerichtet. S o d a n n ist b e im K r i e g s u n t e r s tü t z u n g s a m t u n d b e im A r b e i t s a m t eine B e ra tu n g s s t e l l e f ü r E r w e r b s l o s e eingerichtet . Z ed e B e ra tu n g s s t e l l e besteht a u s 3 M i t g l i e d e r n , die a u s der Z a h l der E r w e r b s l o s e n v o n d em A u s ­ schu ß der E r w e r b s l o s e n v o rg esc h lag e n u n d v o m S t a d t r a t bestätigt s ind . D ie B e ra tu n g s s t e l l e h a t die A u f g a b e , B eschw erd en der E r ­ w e r b s lo s e n , die gegen die F ü rso rges te l len e rh o b e n w erden , v o r z u ­ p r ü fe n , zu k lä ren u n d n ö t ig e n f a l l s m i t ih r e n A n t r ä g e n den leitenden B e a m t e n der A b te i l u n g zu r w eite ren B e h a n d l u n g zu ü b e rm i t te ln . Z e d e r E r w e r b s l o s e h a t sich jeden zweiten T a g b e im A r b e i t s n a c h w e is zu m e ld e n . K a n u dieser i h m keine A r b e i t Nachweisen, so e rh ä l t er eine B e s t ä t i g u n g du rch einen S te m p e la b d ru c k in seine K o n t r o l l ­ kar te , Z u g e u d l ic h e P e r s o n e n b i s zu >8 Z a h r e n sollen die E r w e r b s - lo sen-U ii te rs tü tzungen nicht m e h r selbst e m p f a n g e n , sonde rn durch ih re gesetzlichen V e r t r e te r . A m s 3 . F e b r u a r bes t im m te der S t a d t ­ r a t a u f G r u n d e iner V e r o r d n u n g des R e i c h s a m t s ü b e r die E r w e r b s ­ lo se n fü rso rg e , d a ß a l le E r w e r b s l o s e n b i s z u m 20 . L e b e n s ja h re verpf lich tet sind, a n L eh rku rsen der in der V e r o r d n u n g vorgesehenen A r t te i lz u nehm e n . N a c h e iner A u fs te l lu n g des städtischen A r b e i t s ­ a m t e s v o m 8 . F e b r u a r k a m e n fü r den Besuch solcher U u te r r ic h t s - kurse in B e t r a c h t : F ü r die F o r tb i ld u n g s s c h u le (ungele rn te A rbe i te r) ( s 2 m ä n n l ic h e , 7 3 weibl iche P e r s o n e n , fü r die K ande lsschu le (kauf- — 3H3 — inäniiische Angestellte) 66 m ä n n l ic h e , s 2 weibliche P e r s o n e n , f ü r die G ew erbesch u le (Techniker u n d gelernte A rb e i te r ) 6 0 m ä n n l ic h e P e r s o n e n , w e i t e r w u r d e m itg e te i l t , d a ß die A u r s e a u der L ja n d e ls - u u d a n der G ew erbesch u le be re i ts b e g o n n e n h ä t te n . D a eine A n ­ g l iederung der U n te r r ich tsk u rse f ü r die u n g e le rn te n ju gen d l ichen A rb e i te r a n den F o r t b i l d u n g s u n t e r r i c h t der V olksschule nicht m ög lich sei, w ü rd e n h ie r f ü r besondere A u rs e einger ich te t u n d die T e i ln e h m e r ­ in 5 G r u p p e n e ingeteilt , die U n te r r i c h t in D eutsch, b ü rg e r l ic h e m Rechnen , G e o g r a p h i e , V o lk s w i r t s c h a f t s l e h re , B ü r g e r k u n d e u n d i m S ch re iben — e t w a 20 S tu n d e n in der W o c h e — e rh a l te n sollen. D ie D a u e r w a r a u f e t w a zwei M o n a t e berechnet. D ie A osten w u rd e n a u f den A u f w a n d f ü r L r w e r b s l o s e n f ü r s o r g e ü b e r n o m m e n . I m M ä r z m a c h te d a s S täd t isch e N a c h r i c h t e n a m t b ek a n n t , d a ß die zu r F ü r s o r g e - V e r m i t t lu n g s s t e l l e zusam m engesch lossenen F r a u e n ­ o r g a n i s a t i o n e n in A a r l s r u h e i m E i n v e r s t ä n d n i s m i t der S t a d t ­ v e r w a l t u n g h a u s w i r t s c h a f t l i c h e A u r s e fü r ju gen d liche A r b e i t e r i n n e n eingerichtet h ä t ten . Z u m Besuche dieser A u r s e seien al le M ä d c h e n b i s z u m 20 . L e b e n s ja h re verpflichtet , die L r w e r b s l o s e n - I I n te r s tü tz u n g bezögen. L s k äm en zu r Z e i t flH solcher M ä d c h e n in B e t r a c h t , gem elde t h ä t te n sich a b e r 2 0 H T e i ln e h m e r in n e n , ein Z eichen , d a ß viele A rb e i t e r i n n e n selbst d a s V e r l a n g e n h ä t te n , sich h a u s w i r t ­ schaftliche A enn tn isse au z u e ig u en . L s w u r d e n A o ch - , N ä h - , Flick- u n d S ch uhk urse a b g e h a l te n , sow ie A u r s e in der A r a n k e n - u n d S ä u g l in g s p f le g e . A l le A u r s e seien unentgelt l ich . A u s der S ta d t r a t s s i t z u n g v o m 2 7 . F e b r u a r w u r d e fo lgend es m itge te i l t : „ F r a u M a x A n o p f h a t seit A r i e g s b e g i n n b i s jetzt täglich HO— 5 0 S chu lk in de r , deren V ä t e r im F e lde s tanden , in e in em i ih r fü r diesen Z w eck zu r V e r f ü g u n g gestellten Z i m m e r des J u g e n d ­ h e i m s a u f ih re A osten gespeist. D e r L t a d t r a t spr icht F r a u A n o p f f ü r diese einer g r o ß e n Z a h l v o n A i n d e r n - w ä h r e n d der h a r t e n A rieg sz e i t erwiesene W o h l t a t herzlichen D a n k a n s . " D e r B a d i s c h e F r a u e n v e r e i n veröffentl ichte a m s5 . A p r i l , d a ß d a s Z e n t r a lk o m i t e e der deutschen V ere in e v o m R o t e n A reuz dem B a d . F r a u e n v e r e iu f ü r seine vielseitige segensreiche T ä t ig k e i t w ä h r e n d des A r i e g e s D a n k u n d A n e r k e n n u n g au sg esp ro c h e n hab e . L s w erde d a r i n der a u f o p f e r n d e n T ä t ig k e i t des F r a u e n ­ v e re in s in L azare t tzügen , in V e r b a n d - u n d A ra n k e n e r f r i s c h u n g s - — — stellen, in Lazaretten des Etappen- und Heimatgebietes, Genesungs- und Soldatenheimen, Ubernachtungs- und Verpflegungsstationen, sowie der zahlreichen Wirkungsfelder der Kriegswohlfahrtspflege in Säuglingsheimen, Kinderhorten und Bewahrungsanstalten, in der Wöchnerinnenfüi sorge, in Beratungs- und Arbeitsverteilungs­ stellen, in der Gefangenenhilfe, der Flüchtlingsfürsorge lobend gedacht. M e anschließend mitgeteilt wurde, hat das Deutsche Rote Kreuz an das Internationale Rote Kreuz in Genf eine gegen die Hunger- blokade gerichtete Kundgebung an die Frauen und Wütter der feindlichen und neutralen Staaten ergehen lassen. A m 7 . W a i w u r d e m itge te i l t , d a ß der B ez i rk B a d e n v o m B u n d e e r b l i n d e t e r K r i e g e r v o m K r i e g s s t a m m t i s c h „ E i s e r n e s K r e u z " , in der W i r t s c h a f t W o n n i g e r h ie r den a u s der N a g e l u n g des E i s e r n e n K re u z e s sich e rgebenden B e t r a g v o n l 0 7 7 W k . e rh a l ten h ab e . A m sH. W a i h ie lt der K a r l s r u h e r W ä n n e r h i l f s - v e r e i n v o m R o t e n K r e u z seine s a t z u n g s g e m ä ß e M i t g l i e d e r ­ v e r s a m m l u n g a b . A u s d em B erich te des Vorsitzenden g eh t h e r v o r , d a ß die haup tsäch lichs ten A u f g a b e n des V e r e in s w ä h r e n d des K r i e g e s d a r i n bes tanden , die h ie r a n k o m m e n d e n V e r w u n d e te n v o n den B a h n h ö f e n nach den L a z a re t te n zu v e r b r in g e n , sow ie f ü r V e rp f leg u n g der V e r w u n d e te n u n d K r a n k e n der d u r c h f a h r e n d e n L azare t tzüg e zu so rg en . D is K a r l s r u h e r S a n i t ä t s k o l o n n e , die f re iw il l ige F e u e r w e h r , eine f re iw i l l ig e H i l f sk o lo n n e , sow ie ä l te re S c h ü le r hö h e re r L e h r ­ a n s ta l te n h ä t t e n sich m i t A u f o p f e r u n g u n d u n e rm ü d l ic h e r H in g a b e a n dieser recht o f t a n s t re n g en d e n A r b e i t bete il ig t . I n den H K r i e g s ­ j a h r e n k a m e n n ac h d em B e r ich te HZst L az are t tzüg e zu r V e r l a d u n g m i t 8 7 8 2 8 V e r w u n d e te n u n d K r a n k e n , d a r u n t e r sH98 feindlichen. A n den beiden B a h n h ö f e n ü b e rn a ch te ten u n d w u r d e n in den d o r t eingerichteten L a g e rs tä t t e n v e rp f leg t 3 9 000 W a n n ; auch w u rd e n 2 6 0 0 B a h n s t e i g t r a n s p o r t e beso rg t u n d HsOO V e r b ä n d e ange leg t . B e i den F l i e g e r a n g r i f f e n a u f K a r l s r u h e , b esond ers dem unglück­ lichen Ü b e r f a l l a m F r o n l e i c h n a m s t a g l 9 l 6 , zeichnete sich die S a ­ n i t ä t s k o lo n n e bei B e r g u n g der v ie len V e r w u n d e te n u n d T o t e n durch W u t u n d T a p f e r k e i t a u s ; auch beso rg te sie viele T r a n s p o r t e nach a u s w ä r t i g e n L a z a re t te n . B e i der V e r p f l e g u n g u n d V e r te i lu n g v o n L ie b e sg a b e n w u r d e der V ere in du rch H e lfe r inn en , sonstige D a m e n u n d H e r re n unterstützt . D e r Vorsitzende sp rach a l len W i tw i r k e n d e n — 3-s5 den herzlichsten Dank aus. Bei der satzungsgemäßen Neuwahl des Vorstandes wurden gewählt: Zum Vorsitzenden Hauptmann von Westhoven, zum stellvertr. Vorsitzenden Bankvorstand pecher, Schriftführer Stadtbaurat Eglinger, Rechner Kassier Alaurer. Der Vorstand der Ortsgruppe Karlsruhe des H i l f s b u n d e s f ür die E l s a ß - L o t h r i n g e r i m Rei ch wandte sich Mitte M a i an die Einwohnerschaft der Stadt mit der Bitte um schleunige Hilfeleistung für die bedrängten Elsaß-Lothringer, die als unschul­ dige Opfer des unglücklichen Kriegsausgangs ihre bisherige Heimat hätten verlassen müssen. D ie im M a i v o r g e n o m m e n e H a u s s a m m l u n g z u m besten der in R i g a n o tle iden den deutschen F r a u e n u n d K i n d e r h a t einen R e in e r t r a g v o n 2 6 5 3 M k . e rgeben . K m s 6 . J u l i u n d m e h r fa c h w ie d e rh o l t in den nächsten W o c h e n w u rd e fo lgende r A u f r u f verö ffen t l ich t : ,,D ie Heimkehr unserer gefangenen Brüder steht vor der Tür. Um sie würdig zu em pfangen, arbeiten die G efangenenheinikehrstellen (U rifaheim e) seit Wochen im Lande. D a s Reich hat einen Zuschuß bew illigt, der aber für den würdigen E m pfang in unserem Lande nicht genügend ist. Um auch nach der militärischen Entlassung in dringenden Fallen helfe», und andererseits in de» D urchgangslagern den E m pfang so würdig gestalten zu können, w ie es der guten badischen Litte entspricht, brauchen w ir noch einm al die H ilfe des ganzen badischen Landes. D ie M ittel, welche für die G efangenen gesammelt waren, sind durch die G efangenenunterstützung in den letzten M onaten, die unter den ungünstigsten wirtschaftlichen Verhältnissen weitergeführt werden mußte, stark zusammengeschmolze». Für B aden soll ein badischer volksdank für die heimkehrenden G efangenen die nötigen M ittel aufbringe». D ie M ittel des ganzen Landes werden in einen Jen tra lfon d vereinigt, welcher dort, wo es nötig ist, zur Verfügung stehen soll. Der Dank der H eim at soll den gefangenen Brüdern schon beim Betreten des heimatlichens B odens fühlbar sein. W ie könnte er sich wirksamer äußern, a ls in einen, festlichen, freudigen E m pfang und in der H ilfe bei dem Über­ gang in die Friedensarbeit. Hierzu sind die reichsten M ittel erforderlich." Der Aufruf war vom Staatspräsidenten, von den Vorstands­ mitgliedern des Badischen Landesvereins vom Roten Krenz, vom Generalsekretär des Frauenvereins, vom Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrats, vom Erzbischof von Freiburg, vom Oberrat der Israeliten, vom Vorstand des Landesvereins für Innere Wission, vom Vorstand des katholischen Earitas-Verbandes und von den — 3H6 — Vorsitzenden des V o lk s b u n d e s z u m Schutze der deutschen A r i e g s - u n d Z iv i l g e f a n g e n e n un te rschr iebe» . A m N a c h m i t t a g des s y . J u l i f a n d durch S chü le r u n d S ch ü le r inn en der V olksschu le u n d h ö h e re n L e h ra n s ta l t e n eine H a u s s a m m l u n g fü r die zurückkehrenden bad ischen A r i e g s g e fa n g e n e n statt, ebenso a m S o n n t a g , den 20 ., eine S t r a ß e n s a m m l u n g . ( ) n den ersten T a g e n nach V erö ffe n t l ic h u n g o b ig e n A u f r u f s w u r d e n fo lgende E in z e lsp e n d en b e k a n n tg e g e b e n : V o n der B r a u e r e i A . S c h r e m p p h ie r iOOO Akk., v o n der B raue re ige se l lsch a f t v o r m a l s S . A k o n in g e r sOOO A kk . , v o n der B rau e re ig e se l lsch a f t v o r m a l s G . S i n n e r 2000 M k . , v o n der B r a u e r e i H o ep fner 5 0 0 Akk., v o n A a u f m a n n ^ o s e f Fest h ie r lOO A lk . , v o n der F i r m a G e b r ü d e r Leichtlin „ a u s A n l a ß der glücklichen Rückkehr e ines B e te i l ig ten a u s der G e f a n g e n s c h a f t " lOOO Akk., v o n der „ V o l k s w c h r A a r l s r u h e " a l s S a m m l u n g s e r g e b n i s 5 2 4 Akk. 5 0 P f . ^ o m V ere in fü r ev a n g . U irch e n m u s ik w u r d e n fOO Akk. überw iesen a l s E r t r a g einer S a m m l u n g bei d e m a m s 3 . A p r i l ( P a l m s o n n t a g ) v e ra n s ta l te ten P ass io n sk o n ze r t . D e r F u ß b a l l k l u b A k ü h lb u r g ü b e r sa n d te 5 0 0 Akk a l s R e in e r lö s der gegen den V ere in fü r R asensp ie le M a n n h e i m a u s g e t r a g e n e n W ettspiele . A m 20 . S e p t e m b e r ve röffen tl ich te die S i e d l u n g s s t e l l e d e s B a d i s c h e n H e i m a t d a n k s f ü r dis Z e i t v o m O k to b e r s ß l ? b i s S e p t e m b e r i y i H einen G e sc h ä f tsb e r ich t . W i r en tn eh m e n ih m fo lgend e A n g a b e n : Z m g a n z e n w a r e n s 2 6 ß F ä l l e in B e a r b e i t u n g , l l 4 l G esuche g in g e n v o n A r ie g sb e fc h ä d ig te n , s 2 8 v o n U r ie g e r - w i tw e n a u s . U n te r den ersteren b e fa n d e n sich l l , die im A ricge i h r A u g e n l i c h t g a n z o d e r fast v o l ls tä n d ig v e r lo re n h a t te n . E i n H e m m n i s f ü r die T ä t i g k e i t der S ied lun gss te l le w a r der M a n g e l a n verkäuflichen A n w e s e n u n d die U nm öglichkei t , N e u b a u t e n zu erstellen. A m S o n n t a g , , den l9 - O k to b e r , w u r d e eine H a u s - u n d 5 t r a ß e n s a i n m l u n g f ü r die n o tle idenden ver tr iebenen A u s ­ lä n d sd eu tsch e n v e ra n s ta l te t . A u s A n r e g u n g des R e c h n u n g s r a t s E n g e l h a r d t in U b e r ­ l in gen w u r d e ein A u s s c h u ß d o r te n gebi ldet zu d em Zwecke, einen T e i l des reichen O b s t s e g e n s jener G e g e n d zu s a m m e ln u n d u nen tge l t l ich a n , u n b em it te l te . S ta d tk in d e r ab z u fü h re n . ( ) n kurzer Z e i t ha t te der A u s s c h u ß 77>4 Z e n t n e r A p fe l b e i s a m m e n , v o n denen 3H7 — 27H Z e n t n e r a n m in d e rb e m i t te l te R i n d e r der K a r l s r u h e r V o lk s ­ schulen abgegeben w u r d e n . E t w a 2 7 0 0 R i n d e r konn ten m i t e iner ansehnlichen G a b e bedacht w erd e » . D e r S t a d t r a t sp rach „ d e n V e r ­ a n s ta l te r n des w o h l tä t ig e n U n t e r n e h m e n s s o w o h l a l s a l len denen, die durch ih re f re iw i l l ig en S p e n d e n zu dessen G e l i n g e n b e ig e t rag e n h a t te» , herzlichen D a n k a u s . " Der Ba d i s c h e L a n d e s v e r b a n d chr i s t l i cher U l ü t t e r - ve r e i ne (Ghrenausschuß Karlsruhe) veröffentlichte im November folgenden Aufruf: s H e l f t u n s e r » M ü t t e r n ! R eine Rlasse unsrer B evölkerung hat nach den unsäglichen Leiden, E n t­ behrungen und Sorgen des K rieges eine E rholung notw endiger a ls unsre M ütter. S ie haben in den vergangenen fünf J ah ren Übermenschliches geleistet und ertragen. Jetzt sind ihre K räfte am Ende angelangt. Leidet aber die M utter ' dann leidet die ganze F am ilie. Stirbt die M utter vorzeitig, so kann nichts diesen Verlust gutmache». W ird der M utter geholfen, so leben auch G atte und Kinder wieder neu auf. Darum hat auch der Gedanke, ein großes M ü t t e r e r h o l u n g s h e i m zu gründen, allüberall so starken Anklang gefunden. E in geeignetes ffeim in günstigster Lage ist bereits in Aussicht genom men. L s vermag gleichzeitig nahezu 250 Gäste anfzunehm en und könnte so J a h r für J a h r mindestens Zvoo M üttern einen vierwöchentlichen E rholungsaufenthalt gewähren. N u n gilt es nur »och, rasch die nötigen G eldm ittel aufzubringen. D ieses Werk echtester Fam ilienpflege und wirksamster sozialer Versöhnung wirbt für sich selbst. E s muß den B e ifa ll eines jeden finden, der dankbar seiner M utter gedenkt. W ir bitten darum alle Volksgenossen: G ebt gerne, diese Spende kommt ja den Gebern selbst zugute. G ebt reichlich! J e mehr diese erste Sam m lu n g aufbringt, desto günstiger gestalten sich d ie Pflegesätze. G ebt um eurer M utter w il le n ! . Z w ar sind w ir u n s bewußt, daß die Gebefreudigkeit gerade unserer K a r ls­ ruher Bevölkerung schon gar oft in Anspruch genom m en werden mußte. Aber bei der überragenden B edeutung gerade der N ü tterh ilse sind w ir gew iß, in keiner Fam ilie eine Abw eisung zu erfahren. G elin gt unser lin iernehm en — das erste eigentliche M üttererholungsheim unsres ganzen V aterlandes, vielleicht der ganzen W elt — , dann wird es sicher für weite Kreise a ls Vorbild wirken zu Ehren der M itbegründer des ersten kjeinies. — 3§8 — V. p o l i t i s c h e V e r e i n e u n d P a r t e i e n . w i r berichten hier über die öffentliche Tätigkeit der politischen Vereine und Parteien, soweit sie nicht im Zusammenhang mit den Landtags- und Gemeindewahlen besprochen wurden. D ie D e u t s c h - D e m o k r a t i s c h e P a r t e i ve ran s ta l te te im J a n u a r einen poli t ischen E i n f ü h r u n g s k u r s f ü r F r a u e n . F o lg e n d e B e z i rk s ­ g r u p p e n w u r d e n g e g r ü n d e t : a m f . F e b r u a r die G r u p p e S ü d o s t ­ s tad t (V ors i tzender : V b e r f in a n z s e k r e t ä r Z a k o b ) , a m 8 .: G r u p p e W i t t e l s t a d t ( A a u f m a n n N e u m a n n ) , a m ( ( . : G r u p p e S üdw es ts tad t ( R e c h n u n g s r a t Bechtel) , a m f 2 .: W ests tad t (A rch i tek t D eines) , a m 2 5 . : V s t s t a d t (p o s tse k re tä r Leiser). A m f . F e b r u a r ta g te der engere A u s s c h u ß : R e fe re n te n A b g . H u m m e l u n d V r . G löckner . D e r D eu tsch -D e m o k ra t i sch e V ere in hielt a m s3 . F e b r u a r G e n e r a l v e r s a m m ­ l u n g a b , M i n i s t e r O r . H a a s ers ta tte te polit ischen B e r ich t . D er V ere in eröffnet« eine S ta a t s b ü r g e r s c h u l e , in deren R a h m e n v o m l ? . F e b r u a r b i s 9- A p r i l V o r t r ä g e a b g e h a l t e n w u rd e n . A m 29 . u n d 3 0 . M ä r z hielt die P a r t e i u n te r Vorsitz v o n S t a d t p f a r r e r V . Hesselbacher ih re L a n d e s v e r s a m m l u n g a b . G e h e im e r R a t v o n S c h u lz e - G ä v e r n i t z h ie lt e inen V o r t r a g üb e r E l s a ß - L o t h r i n g e n , den P a r t e i b e r i c h t ersta tte te A b g . H u m m e l . D ie F r a u e n a b t e i l u n g der P a r t e i v e ra n s ta l te te v o m fH. b i s s 7 . A p r i l e inen poli t ischen D s te rk u r s . A nste lle des n ac h B a d e n versetzten P f a r r e r s Hesselbacher w u rd e P ro f e s s o r A l b e r t A e ß le r a m sH. V k t o b e r zun i Vorsitzenden des V e r e i n s g e w ä h l t . V o m 20 . b i s 2 -H. V k to b e r w u r d e ein polit ischer H erb s tk u rs v e ra n s ta l te t . A m 22 . V k t o b e r f a n d die L a n d e s v e r ­ s a m m l u n g der dem okra t isch en F r a u e n B a d e n s s t a t t ; R e d n e r in n e n : F r a u W a y e r - A u h l e n k a m p f , F r a u W a r t h a S t e r n u n d F r ä u l e i n O r . B a u m . D is G r ü n d u n g eines D r t s v e r e i n s der D e u t s c h e n ( l i b e r a l e n ) V o l k s p a r t e i w u r d e in e iner v o m L an dg e r ich tsp rä s id en ten O r . T re f z e r geleiteten V e r s a m m l u n g a m 7. N o v e m b e r beschlossen u n d der G e n a n n t e z u m V orsitzenden g e w ä h l t . A m 29 . J a n u a r f a n d die L a n d e s v e r s a m m l u n g der V e r t r a u e n s ­ m ä n n e r u n d F r a u e n der D e u t s c h - N a t i o n a l e n V o l k s p a r t e i s ta tt . Z u s t iz m in is te r a . D . V r . D ü r i n g e r w u r d e z u m Vorsitzenden der L a n d e s p a r t e i g e w ä h l t . Z u m Vorsitzenden des V r t s v e r e i n s 349 w u rd e M i t t e F e b r u a r T e l e g r a p h e n d i r e k to r Hochstetter g e w ä h l t . A m 2 3 . A p r i l berichtete O r , D ü r i n g e r , M . d. R., ü b e r die A rb e i te n der D eutschen N a t i o n a l v e r s a m m l u n g u n d a m 2 5 . S e p t e m b e r ü b e r die neue deutsche V e r fa s su n g . A m s 8 . u n d fH. G k t o b e r w u r d e der D e u t s c h - N a t io n a le P a r t e i t a g h ie r a b g e h a l t e n ; R e d n e r in der öffent­ lichen V e r s a m m l u n g : V r . D ü r i n g e r , P ro f e s s o r O r . H ö tzsch-B erl in u n d G e h . G b e r k i r c h e n r a t V . M e y e r . A m f 2 . D ez em b e r sp rac h im G r t s v e r e i n P f a r r e r I ) . T r a u b . S o z i a l d e mo k r a t i s c h e P a r t e i . Der Aufklärungsausschuß des Volksrats veranstaltete im J a n u a r mehrere Vorträge und am 25 . Februar einen Friedensabend (Redner v r . Leopold Friedberg). Auf 2 8 . April riefen das Gewerkschaftskartell und die Partei zu einer Kundgebung gegenüber den brennenden Fragen der Lebens- mittelnot, Ivohnungsfürsorge, Ariegsgefangenenfrage auf. Die Teilnehmer marschierten in geschlossenen Zügen aus den einzelnen Stadtteilen zur Festhalle. Da sich ungefähr fHOOO Personen ein­ gefunden hatten, wurde eine Parallelversammlung im Freien ver­ anstaltet. Nach Ansprachen von Stadtrat Philipp, Stadtverordnete» Hgf, Arbeitersekretär prull und Verkehrsminister Rückert wurden in beiden Versammlungen folgende Entschließungen angenommen: i. „Die am 2 8 . Februar <9 <d in Karlsruhe stattgefundene, von mindestens < 4 0 0 0 Personen besuchte Massenversammlung hat beschlossen, der Regierung und der Nationalversammlung die folgende Entschließung zu unterbreiten: D ie N otlage der Verbraucher wird im mer größer. D ie E rnährung für die Z eit bis zur neuen Ernte ist nicht sichergestellt. Der Wucher erhebt noch immer schamlos sein Haupt, und das w o h n u n gselen d nim m t im mer größeren Um fang an. D ie Angestellten, Arbeiter und B eam ten haben erhofft, daß R egierung und N ationalversam m lung das K riegselend mit allen M itteln bekämpfen werden. E s muß jedoch festgestellt werden, daß R egierung und N ationalversam m lung nicht a lles getan haben, um das unermeßliche Elend ans den Gebieten der Lebensm ittelversorgung, der Preisgestaltung und des W ohnungsw esens nach Möglichkeit zn mildern. Im m e r größer wird daher die Erregung, die unser Volk durchzittert. Im m e r lauter durchschallt in unfern Reihen der R uf, daß nun endlich der K am pf gegen Wucher und N o t mit voller Energie geführt werden muß! w i r wünschen daher, daß die Vorstände des Gewerkschastskartells K arlsruhe und des Sozialdemokratischen V ereins K arlsruhe, dem M inisterium und dem Präsidium der N ationalversam m lung unsere w ünsche unterbreiten, die w ir w ie fo lgt zusammenfassen: 3 5 0 D ie Lebensm ittelerzeugung ist p lanm äßig zu organisieren, insbesondere ist der A nbau von G etreide, Hülsenfrüchten und Ölfrüchten zu fördern. M ehr a ls bisher ist der Steigerung der E r tra g fä h ig k e it Aufmerksamkeit zu schenken. D ie T ierhaltung ist einem bestimmten p la n zn unterwerfen. A l? G rund­ lage ist die E inführung der Viehkataster unumgänglich notw endig. D ie Z ah l der volkswirtschaftlich nicht notw endigen Tiere ist einzuschränken; dies gilt insbesondere von der Schw eine-, K leintier- und G eflügelhaltung. Der R ind­ viehbestand ist dagegen nach Möglichkeit zu schonen. E s sind alle Vorkehrungen zu treffen, um bei den Erzeugern die restlose Erfassung aller N ahrungsm ittel zn ermöglichen. Diese O rganisation ist durch eine großzügige A ufklärungsarbeit auf dem Lande unter M itwirkung der Verbraucher zn unterstützen. Der Wucher mit N ahru n gsm itteln , Bekleidungsgegenständen und allen anderen Gegenständen des täglichen B ed a rfs ist au fs schärfste zu bekämpfen und ein planm äßiger Abban der Preise aller w a r e n im Verein mit der Reichsleitung einzuleiten. D ie Versam m lung erklärt sich grundsätzlich einverstanden mit dem ihr bekanntgegebenen E n tw u rf der Vorschläge zur Bekäm pfung der W ohnungsnot, die die Arbeiter- und Volksräte der N ationalversam m lung vorlegen w ollen. I n Sonderheit fordert sie: G enaue Erhebungen über die eingetretenen M ietsteigerungen und schärfstes Vorgehen gegen jeden W ohnungsw ucher. . 2. Nutzbarmachung aller geeigneten R äum e für W ohnungszwecke, in Sonderheit leerstehende Kasernen und andere öffentliche Gebäude, aber auch T eile von unnötig großen Privatw ohnungen . 5 . Förderung der Neubautätigkeit in Sonderheit der gemeinnütziqen B a u ­ vereinigungen durch Bereitstellung von B au la n d , Baustoffe, Hypotheken und Bauzuschüsse. q. Vereinheitlichung und Beschleunigung der M aßnahm en zur Bekäm pfung der W oh nungsnot durch Schaffung eines L andesw ohnungsam ts, durch Einrichtung von städtischen und von B e z irk s.w o h n n n g s- oder W ohlfahrts­ ämtern. D ie versam m elten fordern weiter, daß unverzüglich eine öffentlich-recht­ liche K onsum enten.V ertretung nach den Vorschlägen der in der Badischen Verbraucherkammer vereinigten O rganisationen geschaffen werde, die vom S ta a t finanziell zu unterstützen ist. D ie Versam m lung erwartet, daß Regierung und N ationalversam m lung ihren berechtigten w ünschen entsprechen und dadurch den bedrohten sozialen Frieden sichern helfen. Unser Land kann nur dann vor dem völligen Z u ­ sammenbruch bew ahrt werden, w enn R egierung und N ationalversam m lung sich dem G ebot der Stunde fügen, das da heißt: K am pf gegen den Hunger, K am pf gegen den Wucher, K am pf gegen die W ohnungsnot, Kam pf gegen all das Elend, das der Krieg über unser Volk gebracht hat! — 35( - - ' , . / - ' ii, ' . - 'D ie heute am 28. F ebruar in K arlsruhe stattgefundene Massenversanimlung spricht ihre Entrüstung au s gegenüber dem fortgesetzt ablehnenden S tandpunkt der Alliierten, unsere sich noch in Feindeshand befindlichen G efangenen herau s­ zugeben. Die Versammlung erklärt, daß die völkerrechtswidrige Zurückhaltung unserer Söhne, B rüder und G a tten in Feindeshand ein Akt der G ew alt und Freiheitsberaubung darstellt und sich nicht m it den ZH Punkten des Wilson- schen F riedens-Program m s vereinbaren lasse, aufgrund dem unsere Soldaten die W affen niederlegten. Die versam m elten erheben laut und nachhaltig ihre Stim m e und bitten insbesondere die neutralen S taaten , sowie die organisierte Arbeiterschaft der ganzen W elt, gegen diese Vergew altigung unserer Volksgenossen bei den Alliierten Protest einzulegen und auf sofortige Entlassung unserer sich noch in Feindesland befindlichen G efangenen zu dringen." A m 2 8 . A p r i l f a n d die L a n d e sk o n fe ren z der P a r t e i statt , B e r ich te rs ta t te r : A b g . M a r u m ; a m H. ^ n n i die G e n e r a l v e r s a m m ­ lu n g des V e re in s , in der G o t t l o b S c h w e r d t z u m Vors itzenden ge­ w ä h l t w u rd e . D ie G e n e r a l v e r s a m m l u n g der F ra u e n s e k t io n w u rd e a m s 8 . M a i a b g e h a l t e n . A m 2 1 . J u l i f a n d eine A u n d g e b u n g gegen den G e w a l t f r i e d e n u n d den M i l i t a r i s m u s in der F es th a l le statt . N a c h einer R ede des A b g . V r . A r a u s w u r d e fo lg en de E n t ­ schließung g e f a ß t : „Die heutige Dem onstrationsversam m lung der K arlsru h er sozialistischen Arbeiterschaft weiß sich m it den Klasseugenossen aller Länder, besonders denen in E ngland, Frankreich und I ta l ie n , einig in rücksichtslosem K am pf gegen K apitalism us, Im p eria lism u s und M ilita rism us. Sie erbebt schärfsten Protest gegen den F riedensvertrag von Versailles, der nur eine neue Form der Knechischaft und A usbeutung darstellt, indem er ganz E uropa unter die Herrschaft des euglisch-amerikanischen K ap ita ls zwingt. Ebenso energisch erhebt sie aber Protest gegen die politische Reaktion und gegen den da und dort sein H aupt wieder erhebenden M ilita rism u s im I n n e rn . N u r ein einiges P ro le ta ria t wird den K am pf um den Sozialism us sieg­ reich durchführen können. Nicht durch putsche und wahnsinnige Streiks, sondern nur durch zähen organisierten Klassenkampf auf dem Loden der politischen, sozialen Demokratie kann der neue S ta a t der sozialen Gerechtigkeit und F rei­ heit aufgebaut werden. ' Brüder, seid einig, einig, einig! N u r der proletarische Völkerbund, den die soziale Revolution schaffen wird, kann die Menschheit befreien und zu w ahrer Gemeinschaft zusam m enführen." E i n P a r t e i t a g w u r d e a m 6. u n d 7 . S e p t e m b e r h ie r a b g e h a l t e n , V ors itzender: R i c h a rd H a r te r , B e r i c h te r s ta t te r : M i n i s t e r G e i ß f ü r den L a n d e s v o r s ta n d , A b g . M a r u m f ü r die L a n d t a g s f r a k t i o n u n d — 552 S tock -H eide lbe rg f ü r die F r a k t i o n der deutschen N a t i o n a l v e r s a m m l u n g . A m sH. S e p t e m b e r f a n d zu E h r e n der i m W eltk r ieg gefallenen M i t g l i e d e r eine G e d ä c h tn i s fe ie r s ta tt . A m sH. D ezem ber tag te die W a h lk re i s k o n fe re n z des 5 . bad ischen L a n d ta g s w a h lk re i s e s . U n a b h ä n g i g e S o z i a l d e m o k r a t i s c h e P a r t e i (U. S . P . ) u n d K o m m u n i s t i s c h e P a r t e i (K . P . D .) . D ie U . S . P . h ie lt a m s5 . u n d s 6 . F e b r u a r ih re erste L andesko n fe ren z ab . R e d n e r : H a n s B r ü m m e r - M a n n h e i m , A d o l f G e c k - G f f e n b u r g , H e r m a n n R e m m e l e - M a n n h e i m u n d G e o r g D ietr ich v o n h ie r . A m 2 3 . F e b r u a r v e ra n s ta l te te die U . S . P . eine P r o t e s tv e r s a m m l u n g , die sich gegen die M a ß n a h m e n der R e ic h s re g ie r u n g u n d der b a ­ dischen R e g ie r u n g b e im M a n n h e i m e r p u t s c h r ichtete ; R e d n e r : B e r n h a r d K ru s e . F ü r den s 3 . J u n i fo rde r te der A k t io n s a u s s c h u ß der U . S . P . u n d der K . P . D . zu e iner D e m o n s t r a t i o n s v e r s a m m l u n g u n d z u m G e n e ra ls t re ik w egen des T o d e s u r t e i l s gegen den B o l ­ schew is tenführer L e w in ö in M ü n c h e n a u f . Z u r A rb e i t s n i e d e r le g u n g k a m es n icht, d ag e g e n beteil ig ten sich a m Z u g e m e h re re tau send P e r s o n e n . I n der F es tha l le u n d v o r derselben w u r d e n A n s p ra c h e n g eh a l te n . A u f d em R ückw eg w u r d e v o r d e m „ V o l k s f r e u n d " , dem R a t h a u s u u d d e m M i n i s t e r i u m des I n n e r n d em ons tr ie r t . D e n J a h r e s t a g der R e v o lu t i o n , a m st. N o v e m b e r , beg ingen ^ die beiden so z ia ld em o kra t ischen P a r t e i e n d u rch G e d ä c h tn i s f e ie rn , die M e h rh e i t s s o z ia l i s t e n in der F es th a l le , w o b e i R e d a k te u r S ch ö p f l in die Festrede hie lt . B e i der F e ie r der U n a b h ä n g i g e n i m C o lo sseu m sp rac h S t a d tv e r o r d n e t e r K ru s e . D ie O r t s g r u p p e der V a t e r l a n d s p a r t e i löste sich a m f . A p r i l a u f u n d ü b e r w ie s den R estbes tand ih r e r K asse dein „ B a ­ dischen H e i m a t d a n k . " A m 2 5 . J a n u a r f a n d in der F es th a l le eine v o n der Z e n ­ t r u m s p a r t e ! e in b e ru fe n e , s ta rk besuchte p r o t e s t v e r s a m m l n n g gegen die fortgesetzte V e r g e w a l t i g u n g des deutschen V o lk es durch die E n te n t e s ta tt . M i n i s t e r T r u n k u n d Geis tl . R a t O r . S chofe r h ie lten A n s p r a c h e n . Z u m Schlüsse w u r d e e in s t im m ig nachstehende E n t s c h l i e ß u n g a n g e n o m m e n , die a n die W a ffe n s t i l l s ta n d sk o m m iss io n , a n die deutsche u n d badische N a t i o n a l v e r s a m m l u n g abgeschickt w e r d e n sollte. S ie la u te te : — 353 — „ 1 . W i r p ro tes t ieren gegen die e rp re ß te Bese tzung v o n T e i l e n unse res badischen L a n d e s . 2 . W i r p ro tes t ieren gegen die L a h m ­ le g u n g des deutschen B e rk e h r s w e s e n s . 3 . W i r p ro tes t ie ren gegen die schikanösen M a ß n a h m e n bei A b l i e f e r u n g der L o k o m o t iv e n , W a g e n - u n d K ra f t f a h r z e u g e . H. W i r p ro tes t ie ren gegen die V e r h in d e r u n g jeglicher l inksrhe in ischer K o h le n z u f u h r . 5 . W i r p ro tes t ieren gegen die versuchte F in a n z k o n t r o l le . 6 . W i r p ro tes t ieren gegen die F o r t ­ setzung der bsung e rb lo kade . 7 . W i r p ro tes t ieren gegen d a s u n ­ geheuerliche V e r la n g e n der A b l i e f e r u n g der la n d w i r t s c h a f t l ic h e n M a s c h in e n . W i r ver l ie ren d a d u r c h noch v o l l u n se r h e im a t l ic h e s B r o t . 8 . W i r p ro tes t ie ren gegen jeden schikanösen A u s w e i s u n g s ­ versuch a u s der n e u t r a l e n Z o n e . 9- l ^ i r p ro tes t ie ren gegen die B e h a n d l u n g deutscher S t a a t s b ü r g e r i m R e ic h s la n d E l s a ß - L o t h r i n g e n . HO. W i r protest ieren gegen d a s Z u r ü c k h a l t e n der deutschen K r i e g s ­ g e fa ngene» . s s. W i r pro test ieren gegen die V e r w e ig e r u n g e ines P r ä l i m i n a r f r i e d e n s . s 2 . W i r p ro tes t ie ren gegen jeden V e r g e w a l ­ t ig u n g s f r ie d e n . W i r p ro test ieren i m N a m e n der F r e i h e i t , des Rech tes u n d der G erechtigkeit , der ew ig e n , v o m 5 c h ö p f e r u n s v e r ­ liehenen M e n s c h h e i t s - u n d V ölkerrechte. W i r v e r l a n g e n A b r ü s tu n g , V ö lk e rb u n d u n d F re ih e i t der M e e r e . W i r v e r l a n g e n einen F r ie d e n des R e ch ts , der V e r s tä n d ig u n g u n d der V e r s ö h n u n g . W i r e r w a r t e n die E i n l ö s u n g des gegebenen M a n n e s w o r t e s . " A m 2 6 . F e b r u a r n a h m der W i n d h o r s t b u n d n ac h j ä h r i g e r U n te r b r e c h u n g du rch den K r i e g seine T ä t ig k e i t w ie d e r a u f . O b e r ­ rev iso r O t t o W i l d w u r d e z u m l- Vorsitzenden g e w ä h l t , er sp rac h a m l 2 . M ä r z ü b e r die Z ie le des B u n d e s , d a r a n ansch l ießend A b g . V r . L chofer . Z n einer V e r s a m m l u n g a m H. A p r i l sp rachen A b g . W i e d e m a n n ü b e r G e m e in d e p o l i t i k u n d A b g . V r . ä c h o f e r ü b e r die neue V e r fa s su n g . A m 2 8 . O k t o b e r w u r d e der P a r t e i t a g des Z e n t r u m s a b g e h a l t e » . B e r ic h te r s ta t te r : F i i ia n z m iu is te r O r . W i r t h . W e ite re A n s p r a c h e n h ie l te n : V r . S c h o fe r , G eis t l . R a t V r . Retzbach u n d G ew erkschaf tssek re tä r E r s in g . 2. Handel, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft. Ü b e r den V e r b r a u c h der w ichtigsten G e n u ß - u n d N a h r u n g s ­ m i t te l in unse re r chtadt liegen fo lgende A n g a b e n v o r : 2Z — Z5§ — D e r W e i n v e r b r a u c h b e t r u g i m B e r i c h t s j a h r e 3 7 7 9 3 H ekto­ li ter ( ( 9 ( 8 : 3 ( ( ( 6 ) , d. i. 2 6 , 5 4 T ite r (2 ( , 5 5 ) a u f de» A o p f der B e v ö lk e ru n g . A n B i e r w u r d e n h ie r g e b r a u t u n d v e r b r a u c h t ( 0 0 2 7 7 Hekto­ li ter ( ( 9 ( 8 : 8 5 5 5 9 ) ; e in g e f ü h r t w u r d e n u n d z w a r a u s badischen B r a u e r e i e n 6442 Hektoliter ( 5 7 3 6 ) , a u s a u ß e r b a d is c h e m Z o l l i u l a n d 39O8 H ekto l i te r ( ( 7 2 5 ) , a u s d em Z o l l a u s l a n d 0 (0), m i t h in D e r ­ b r a u c h i m g a n z e n ( ( 0 6 2 7 H ekto l i te r (9 3 0 2 0 ) , d. i. a u f den A o p f der B e v ö lk e r u n g 7 7 ,6 7 ( 6 4 ,4 3 Lite r. D e r F l e i s c h v e r b r a u c h b e t r u g i m B e r i c h t s j a h r e 3 4 7 ( 8 9 2 ( ( 9 ( 8 : 2 3 8 5 5 2 0 , 8 0 I(A). B e i e iner m i t t le re n E i n w o h n e r z a h l v o n l 3 5 8 3 9 ( m i t D o r o r t e n ) belief sich s o m i t der F le is ch v e rb rau c h , a b ­ gesehen v o n F ischen , W i l d b r e t u n d G ef lü g e l f ü r den A o p f a u f 2 5 , 5 5 IrA (gegen ( 6 , 5 2 lr§ i m D o r j a h r e ) . D ie G r o ß v ie h s c h la c h lu n g e n i m städtischen S ch la c h th o f h a b e n i m B e r i c h t s j a h r e eine A b n a h m e v o n 3 4 3 5 Stück — 29,9 "/» zu verzeichnen, die S c h la c h tu n g e n a n A le in v ie h d ag e g en h a b e n sich u m ( ( 4 Stück v e r m e h r t . I m einzelnen b e t ru g e n die S ch la c h tu n g e n v o n G r o ß v i e h : Mchse» R ühe R inder F arren SummeI. II. schwer III. II. ̂ III. Sckwere I. II. schwer III. e II. III. Schwere 1919 1918 625 624 156 410 1082 2975 1206 1161 2152 1518 3 5 90 227 1471 3660 71 138 1163 736 8 019 11454 D ie S c h la c h tu n g e n a n A le in v ie h b e t r u g e n : J a h r K älber Hammel Ziegen Schweine Ferkel ttitzlein Summe 1919 . . 3854 10112 258 601 33 194 15 052 1918 . . 7067 4 955 728 1614 17 557 14 938 D ie S c h la c h tu n g e n a n P f e r d e » be t ru g e n ( 9 3 6 Stück ( l 9 l 8 : ( 4 6 6 S tück P fe rd e ) . D ie F le is ch e in fu h r a u s d e m I n l a n d u n d a u s de m A u s l a n d h a t sich im B e r i c h t s j a h r e au ß e ro rd e n t l ic h v e rm e h r t . D a s a u s d e m I n l a n d e ing efüh rte u n d zu r B e s c h a u gestellte Fleisch p h o l. H. v . perckham m er, M eran Fabrikant Dtto Müller ö t a - t r a t — 355 — belief sich a u f ( 3 ( ( ( ( ( 9 l 8 : 6 ^ 0 7 ) u u d z w a r Rindfle isch 5 3 7 ^ ( 2 2 ^ 9 1rA>, K alb f le isch q>58 I<§ ( ( ( 9 Ir^), Schweinefleisch 7 >8,5 I<§ ( 3 5 6 Ir§), H am m elf le isc h 2 0 5 0 , 5 1<A ( 3 6 8 3 !<§(, P f e r d e ­ fleisch ^ 5 0 5 (0). A n F le i s c h w a r e n u n d F e t te n a u s d em A u s ­ land ge lan g te n im S ch la ch th o f , H a u p t z o l l a m t u n d a m städtischen R h e in ha fen im g an zen zur U n te r s u c h u n g ( 2 2 H 2 0 packstücke (26) 2 E i s e n b a h n w a g e n Gefrierfleisch , 5 6 E i s e n b a h n w a g e n g esa lz .S c h w e in e ­ fleisch, 2 7 E i s e n b a h n w a g e n F e t t im G e s a m tg e w ic h t v o n ( 2 3 7 8 6 6 I<§ ( ( 3 3 KZ). D ie packstücke u n d E i s e n b a h n w a g e n l a d u n g e n s t a m m te n au s der Schw eiz , N o r d a m e r i k a , N o r w e g e n , R u ß l a n d , D ä n e m a r k und H o l la n d . v i e h m ä r k l e i m V ie h h o f konn ten durch d a s F o r tb e s te h en der Z w a n g s b e w i r t s c h a f tu u g des F leisches nicht a b g e h a l t e n w erd en . N o n 8 0 ( 9 ü u städtischen S ch la ch th o fe geschlachteten u n d der Beschau unterste ll ten G roßv ieh s tü c k eu w u r d e n a l s n i c h tb a n k w ü r d ig erklärt u n d der F r e i b a n k ü b erw iese» (-(8 S tück u n d 2 2 2 v i e r t e l ; a l s g e n u ß u n ta u g l i c h w u r d e n H Stück e rk lä r t u n d gänzlich dein K o n s u m entzogen. A n einzelnen G r g a n e n w u r d e n 29 ^ ( Stück a l s g en u ß u n ta u g l i c h dem K o n s u m entzogen. N o n ( 5 0 5 2 geschlachteten Stück K le in v ieh w u rd e n 8H Stück u n d 8 v i e r t e l a l s n icht b a n k ­ w ü rd ig a u f die F r e i b a n k v e rw ie se n ; a l s g e n u ß u n t a u g l i c h w u r d e n ( ( Stück dem K o n s u m gänzlich entzogen. A n einzelnen G r g a n e n w u rd e n H9>3H Stück a l s g e n u ß u n t a u g l i c h d e m K o n s u m en tzogen , v o n ( 9 3 6 geschlachteten P f e r d e n w u r d e n 2 2 Stück a l s g e n u ß - un tauglich e rk lä r t u u d a u einzelnen G r g a n e n H ( 3 Stück vern ich tet , v o n a u s w ä r t s u n d z w a r a u s dem I n l a n d e in g e f ü h r te m Fleisch w urden 5 6 0 ^ lrZ der F r e i b a n k ü b e r w ie s e n ; fe rn e r 2 R i n d s l u n g e n , ( R in d s le b e r , ( R l i l z u n d ( N k a g e n , ( D a r m , ( Z ie g e , 3 ( 5 l r ^ Kuhfleisch, 96 I (§ Rindfle isch, 3 2 Pferdefleisch, ( H a m m e l s ­ geschlinge, 2 ( Ir§ P fe rd e w u r s t u n d 2 B ü c h se n F le ischkonserven a l s gen u ß u n tau g l ich e rk lä r t . I m B e r i c h t s j a h r e w u r d e n v o n den a u s d e m I n - u n d A u s ­ lände e in gefüh rten F le i s c h w a re n H9 geschlachtete S chw eine , ( ( 0 0 0 7 Stück Pökelfleisch, ( 0 Schinken, 9 ( 5 tück Speck u n d 2 l v ü r s t e a u f T rich inen un te rsuch t . T r i c h in e n w u r d e n in ( 5 3 F ä l l e n gefund en . D av o n w a r e n ( 2 7 F ä l l e s tark u n d 2 6 F ä l l e schwach t r ic h in ös . 2 Z * — 3 5 6 — D ie v o r g e n o m n i e n e n L ad e n re v is io n e n erstreckten sich im B e r i c h t s ­ j a h r e h au p tsäc h l ic h a u f die K o n t r o l l e der m i t E r l a ß des B a d isch en M i n i s t e r i u m s des I n n e r n v o m p - A p r i l l 9 l § vorgeschriebenen S ch la ch tb ü c h e r der M e tz g e r , a u f den v o r s c h r i f t s m ä ß ig e n v e r k a u f der j e w e i l s festgesetzten wöchentlichen F le ischko p fm eng e und a u f die r ich t ige A b g a b e der F le is ch m a rk e n , sow ie a u f die K o n t r o l l e der H a u s s c h la c h tu n g e n in den V o r o r t e » . I n : B e r i c h t s j a h r e w u r d e n du rch die städtischen T ie rä rz te in 3 8 B esuchen i n s g e s a m t 2 l T i e r e b eh a n d e l t . D ie meisten F ä l l e w u r d e n geheil t bezw. gebesse rt ; in H F ä l l e n w u r d e T ö t u n g a n g e ra te n . Z u r L ek t io n k a m e n 8 T i e r e , welche v o r h e r nicht b e h a n d e l t w o rd e n w a r e n . D ie Z a h l der L i e g e n s ch a s t s u m s ä tz e du rch K a u f b e t ru g i m B e r i c h t s j a h r e l l ^ 7 ( >9 l 8 : H83) m i t e inen : G e s a m tw e r t e v o n 5H 6 7 7 5 8 9 Akk. 9 9 5 099 M k . ) , d a r u n t e r 7 l 6 b eb a u te Liegen­ schaften i n : w e r t e v o n 5 l 5 7 3 2 ( 6 M k . ( ( 2 ( (8 ( 5 9 M k . ) u n ­ b e b a u te 3 8 8 (25 5 ) in : w e r t e v o n 2 6 3 0 962 M k . ( l §22 8 3 0 Alk.) u n d b e b a u te m i t u n b e b a u t e n H3 (30) in : w e r t e v o n H73 H l ( M k . ( § 5 § ( ( 0 Akk.). H y p o t h e k e n wurden in: Berichtsjahre 8 3 l ( ( 9 ( 8 : 20 9 ) neu bestellt mit einem Betrage von 20 2 l 6 2 5 2 Mk. ( 5 H 5 5 H 6 0 Mk.); gelöscht wurden ( 5 5 0 ( 6 7 s ) mit einen: Betrage von ( 7 2 5 0 9 3 7 Mk. (6 9 2 8 H89 Mk.). Zwangshypotheken wurden ( ( (9 ) in: Betrage von 7 3 7 2 6 Mk. (69 409 Mk.) bestellt. Über die hiesigen G e l d - u n d K r e d i t a n s t a l t e n ist fol­ gendes zu berichten: I n der S t ä d t i s c h e n S p a r k a s s e v e r m e h r t e sich i m B e ­ r i c h t s j a h r e der B e s ta n d a n S p a r e i n l a g e n u m l 6 (92 l 7 3 M k . 7 0 P f . u n d der a n G i r o g u t h a b e n u m 5 H58 ( 7 3 Akk. 2 3 P f . , zu­ s a m m e n u m 2 s 6 5 0 886 M k . 93 P f . E i n e g a n z besondere Z u ­ n a h m e e r f u h r d a s H in te r l e g u n g sg e sc h ä f t in fo lg e des sogen. D e p o t ­ zw angsgese tzes v o n : 2 -s. O k t o b e r (9(9- A e r g es a m te K u r s r ü c k ­ g a n g des B e s ta n d e s der S p a rk a s se a n W e r tp a p i e r e n w a r so g ro ß , d a ß er n ich t n u r die B e tr ieb sü bersch üsse des J a h r e s (9(9 v o l l ­ s tä n d ig v e rsc h la n g , so n d e rn au ch den noch v o r h a n d e n e n R eserve­ f o n d s g r ö ß te n t e i l s verzehrte . A l l e r d i n g s w u r d e n a n K r i e g s a n le ih e n — 357 — im Berichtsjahre 3 "/o abgeschrieben, während nach der Vorschrift nur t "so hätte abgeschrieben zu werden brauchen. Infolge der außerordentlichen Zunahme des Geschäftsverkehrs wurde mit Zustimmung des Stadtrates die Errichtung von zwei Zweigstellen beschlossen. Die Zweigstelle West Aaiserallee Nr. 89 konnte am 3 . November t 9 t 9 , die Zweigstelle Mst Durlacher Allee 2 8 dagegen erst am t- Ju n i t 920 eröffnet werden. I n die Sparkasse wurden t 9 t9 im ganzen eingelegt H86sO t s8 Mk. s3 Pf., abgehoben 35Hs2 695 Alk. 7H Pf., somit Überschuß der Einlagen t 3 t 9? H22 Alk. 39 Pf. An Zinsen für t 9 t 9 wurden 2 9 9 5 2 9 t Alk. 3 t ps. gutgeschrieben. Daher Zunahme des E in ­ lagebestandes, wie oben angegeben, s6 t92 t?3 Alk. 7 0 Pf., der sich dadurch von 7 3 2 2 s t^9 Alk. t t PH nach dem Stand vom 3 s . Dezember t 9 t 8 auf 8 9 H t 3 8 6 2 Alk. 8s Pf. nach dem Stand vom 3 s . Dezember t 9t 9 hob. Die Zahl der Einleger stieg von 7 0 0 7 3 auf 7H t 6 5 , so daß auf einen Einleger auf Iahresschluß ein durchschnittliches Gut­ haben von s205 Alk. 6 s Pf. gegen s O ^ Mk. 93 Pf- auf Schluß des Vorjahres entfällt. D ie Z a h l der A b f e r t ig u n g e n b e t r u g : E i n z a h l u n g e n t 2 5 5 s 5 , R ü c k za h lu n g en 8 s 7 0 3 , re ine Z i n s z a h l u n g e n (die G a n z a b h e b u n g e n ungerechnet) s 2 0 5 , z u s a m m e n 2 0 7 2 2 5 gegen 2 2 H 2 0 s i m V o r j a h r e . An Heimsparbüchsen wurden t ? 8 5 Stück ( t 9 > 8 : 2H tO ) mit einem In h a lt von s 3 8 3 9 9 Alk. 5 0 Pf. ( s 2 8 6 5 t Mk. 5 0 Pf.) entleert. I m Ü b e r t r a g b a r k e i t s v e r k e h r w u r d e n H6s G u t h a b e n ( ^ ^ 7 ) m i t 6 6 ^ 3 9 t A lk . 87 P f . ( s 2 2 7 5 8 A lk . 9 ^ P f . ) v o n a u s w ä r t i g e n S p a rk a s se n a n die hiesige überw iesen , w ä h r e n d 923 G u t h a b e n (375) m i t t 3 6 2 0 8 t M k . 3 0 P f . (H52 H38 M k . ^ 0 P f . ) a n a u s w ä r t i g e S p a rk a s se n a u s g e z a h l t w u rd e n . I n der Giro- und Scheckabteilung wurden in: ganzen eingelegt 5 7 3 0 6 8 6 2 Mk. 3H Pf., abgehoben 5 2 0 3 0 3 s5 Mk. 8 s Pf. Über­ schuß der Einlagen 5 2 7 6 5 ^ 6 Mk. 5 3 Pf., an Zinsen wurden gut- geschriebeu s 8 s 6 2 6 Mk. 7 0 Pf. Zunahme des Einlagebestandes, wie oben angegeben, 5 ^ 5 8 s 7 3 Alk. 2 3 Pf., der sich dadurch von ^ 3 9 5 5 8 3 Alk. 6 7 Pf. nach dem Stand vom 3 t . Dezember t 9 l 8 auf 9 8 5 3 7 5 6 Alk. 90 Pf. nach dem Stand vom 3 s. Dezember t 9t 9 hob. Bargeldlos wurden 7 0 t 6 3 7 6 2 Mk. 5 5 Pf. (3 3 ( 5 ^ 8 3 6 Mk. sO pf.) — 358 — au sg eg l ich en . D ie Z a h l der T e i l n e h m e r a m G i r o - u n d Scheck­ verkeh r stieg v o n 3 0 l 7 a u f 4 2 6 7 , so d a ß a u f e inen G i r o k u n d e n a m Z a h r e s s c h l u ß ein durchschnitt l iches G u t h a b e n v o n 2 3 0 9 A lk . 3 0 P f . gegen ( 4 5 6 A lk . 9 4 P f - a u f S c h lu ß des V o r j a h r e s en tfä ll t . D ie Z a h l der A b f e r t i g u n g e n b e t r u g : E i n z a h l u n g e n 7 3 8 5 5 , Rück­ z a h lu n g e n 141 ? l 9 , z u s a m m e n 2 ( 5 5 7 4 gegen (66 2 8 5 im V o r j a h r e . B e i der H in te r legu ngss te l le w a r e n Sparbücher Rriegsanleihestücke Stück Aontenzahl Betrag zu Beginn des Jah res hinterlegt 6 2 6 0 2 H 5 5 5 992 8 0 0 Alk. neu kamen hinzu . . . . . 3 3 5 9 2 8 2 2 5 6 5 4 4 0 0 „ zurückgenommen wurden . . ( 6 7 4 6 0 2 ( 5 6 ( 0 0 0 „ Stand auf 3 ( . Dezenlber l 9 l 9 7 9 4 5 5 ( 7 5 ( 0 0 8 6 200 „ An Gebühren gingen 9934 Alk. 2 5 Pf. gegen 7 9 5 8 Alk. 7 5 Pf. im Vorjahre ein. Zn die Ariegsspai kaffe wurden im Berichtsjahre eingelegt in ( 2 6 0 P o s t e n ...................... ( 8 ( 2 2 Alk. 5 8 Pf. rückerhoben in 6 0 ( „ . . . . Alehrrückzahlungen . gutgeschriebene Zinsen für l9 l9 . . . A b n a h m e . S t a n d a m 3 f . D ez em b e r ( 9 (8 . . . Stand am 3 f. Dezember (9(9 . . . D ie Z a h l der T e i l n e h m e r b e t r u g a n 3 l . D ezem b er l 9 l 8 . . . Z u g a n g ................................. l 1 7 6 4 3 „ 2 7 „ 9 9 5 2 0 A lk . 69 Pf. 5 771 „ 3 7 „ 9 3 7 4 9 A lk . 3 2 P f . 2 1 7 8 9 0 „ 2 3 „ (24140 A lk . 91 Pf. . 8 0 3 2 2 3 4 8 2 6 6 A b g a n g ............................................ 2 5 4 8 Stand am 3 1 . Dezember 1919 . 5 7 1 8 Z n der Pfandleibkasse wurden im Berichtsjahre an Fahrnis­ pfändern eingesetzt 1 4 2 7 6 Stück ( 1 3 3 6 1 ) mit 3 2 4 147 Alk- ( 1 8 3 8 7 8 Alk.), erneuert 1 6 3 5 Stück ( 2 5 8 0 ) mit 3 3 5 3 3 Alk. (64 7 0 6 Alk.), eingelöst 13 8 6 2 Stück (1 4 7 1 5 ) mit 2 7 8 4 1 4 Alk- (202 9 5 8 Alk.), versteigert 4 3 1 Stück ( 4 1 3 ) mit 5 1 0 1 Alk. (4 4 3 7 Alk.), zusammen 3 0 2 0 4 Stück ( 3 ( 0 6 9 ) mit 6 4 ( (95 Mk. (455979 Alk.). - 359 — D er P fä n d e r b e s t a n d sank v o n § 3 8 7 Stück m i t 8 s s 5 3 U lk . a u f § 3 7 0 Stück m i t s 2 s 7 8 5 U lk . a u f 3 s . D ez em b e r s 9 l 9 - D ie E i n n a h m e n a u s dem L e i h h a u s b e t r i e b berechnen sich f ü r t 9 i 9 a u f ........................... 2 § 9 s 2 U lk . 7 s P f . hiervon ab für normale Verzinsung der auf Pfänder ausgelieh. Lumme 3 Hs o/o mit rund 3 5 0 0 „ — „ Rest . 2 s § s 2 U lk . 7 s P f . D ie V e r w a l tu n g s k o s te n b e t ru g e n . 5 l 6 0 0 „ 6 3 „ Ungedeckter V e r w a l t u n g s a u f w a n d . 3 0 s 87 U lk . 92 P f . g e g e n . s 5 s 6 6 „ 3 0 „ i m V o r j a h r e . Der Bestand an Darlehen auf Wertpapiere fiel von 8§ Stück mit s s 7 6 5 0 U lk . auf §8 Stück mit 5 6 8 6 0 U lk . D a s g r o ß e A n g e b o t a n H y p o th ek eng e ldern , v e r b u n d e n m i t d em R u h e n fast jeglicher B a u tä t i g k e i t , h a t te einen w e i te ren R ü c k g a n g des B e s ta n d e s a n D a r l e h e n a u f H y po th ek zu r F o l g e , der v o n 39 5 s3 2 sO U lk . a u f 3 8 9 § 5 § 7 5 U lk . fiel. D e r B e s ta n d a n S t a a t s ­ u n d sonstigen I n h a b e r p a p i e r e n b e t ru g a u f I a h r e s s c h l u ß § s 7 § s § 7 0 U l a r k 3 8 P f . ( s 9 s 8 : 3 5 8 sO 7 0 7 U lk . 2 3 P f . ) m i t e in e m b i l a n z . m ä ß i g e n B ö r s e n w e r t v o n 3 7 6 9 6 3 8 3 l l l k . 0 2 p f g . A l s R e ch n ung se rgebn isse der S p a r - u n d P fa n d le ih k a s se sind zu verzeichnen: D ie E i n n a h m e n b e t ru g e n § 4 8 s 9 8 2 U lk . s s P f . ( s 9 s 8 : 3 § l O § l 9 M k . 99 P f . ) , die A u s g a b e n § 1 9 2 9 8 5 M k . 5 § P f . , s o m i t Ü b e r sc h u ß 2 8 8 9 9 6 U lk . 5 7 P f . (§09229 U lk . § § P f . ) . D a s reine V e r m ö g e n b e t ru g a m 3 s. D ez em b e r d es B e r i c h t s j a h r e s § 0 0 0 l lN k . 6 7 P f . (gegen s 6 7 § 5 § U lk . 2 8 P f . i m V o r j a h r e ) , s o m i t A b n a h m e s 2 7 § 5 2 U lk . 6 s P f . Zur Vermehrung des Vermögens trug bei: Überschuß der laufenden Einnahmen über die la u fe n d en A u s g a b e n ................................. s § § 3 3 8 U lk . 79 P f . Z u n a h m e der A k t iv s tü c k z in se n ........................... s § § 6 5 7 „ 7 8 „ Aursausgleichsfonds für Wertpapiere . . 3 0 5 8 „ § 5 „ Zunahme des Inoentarwertes...................... 20 6 2 3 „ — „ 3 s 2 v 7 v Ulk. 02 Pf. Z u r V e r m in d e r u n g t r u g be i : Abnahme des A u rsw er te s .................................§ 4 0 1 3 0 „ 6 3 „ Abnahme wie oben . s 2 7 § 5 2 U>r. 6s ps. — 360 — D e r R e s e r v e fo n d s m ü ß t e n ac h A 7 der S a tz u n g e n 4 988 ( 0 6 A lk . ( 3 P f . b e t r a g e n . A n V e r m ö g e n sind n u r 4 0 0 0 ( A lk . 6 7 P f . v o r h a n d e n . B i s zu r gesetzlichen H öh e fehlen s o m i t 4 9 4 8 (0 4 M k . §6 P f . D e r A a s s e n u m sa tz berechnete sich f ü r ( 9 (9 a u f 5 7 2 3 ( 6 2 2 8 A lk . (2 P f . ( ( 9 ( 8 : 3 2 s 3 3 6 0 5 l A lk . 6 0 P f . ) . I n der S tä d t i s c h e n S ch u lsp a rk a sse w u r d e » im B e r i c h t s j a h r e e iugeleg t ( 3 4 6 4 2 A lk . 20 P f . ( ( 9 ( 8 : 7 7 3 3 8 A lk . (0 P f . ) in ( 3 0 6 9 P o s te n ( ( 0 5 ( 2 ) , rückerhoben 4 0 5 4 1 M k . 2 5 P f . ( 2 4 5 3 ( A lk .) in 4 91 P o s te n (449 ). A le h r e in l a g e n 94 (00 A lk . 95 P f . ( 5 2 8 0 7 A lk . (0 P f . ) . H ie rzu 10 7 1 4 l l l k . 10 P f . gutgeschriebene Z in s e n e rg ib t 104 8 1 5 A lk . 0 5 P f . V e r m e h r u n g des E in la g e b e s ta n d e s , der d ad u rc h v o n 2 6 5 5 4 6 A lk . 90 P f . a u f 3 7 0 3 6 1 A lk . 95 P f . stieg. D ie Z a h l der E in l e g e r h a t u m 6 4 3 z u g e n o m m e n u n d b e t r ä g t 9 3 0 9 , E i n n a h m e n w ie A u s g a b e n beliefen sich a u f 13 7 4 0 A lk . 0 3 P f . V e r m ö g e n w ie S c h u ld e n sind a u f 3 7 2 6 2 0 A lk . 9 3 P f - berechnet * so d a ß sich kein R e in v e rm ö g e n e rg ib t . D e r R e s e r v e fo n d s der S c h u l ­ sparkasse ist u n te r d e m der S p a r - u n d p f a u d le ih k a s se en th a l t e n . I m B ezirk der R e i ch s b a n k st e l l e A a r l s r u h e wickelten sich i m B e r i c h t s j a h r e fo lgende G eschäf te a b : G e s a m te r Wechsel- u n d Scheckverkauf 2 7 2 6 3 Stück ( 1918 : 2 0 8 8 8 ) m i t 2 4 8 7 2 5 6 0 0 A lk . ( 5 5 3 2 6 400 A lk .) , E i n z u g v o n Wechsel u n d Schecks 5 6 2 7 Stück ( 5 9 3 2 ) m i t 3 5 6 8 2 8 0 0 A lk . ( 2 3 0 3 6 3 0 0 A lk ,) , G i r o v e r k e h r E i n ­ n a h m e u n d A u s g a b e 4 7 5 5 3 7 Stück ( 4 6 3 6 5 1 ) m i t 2 0 2 0 5 0 3 5 100A lk . ( 1 5 9 6 1 3 5 1 0 0 0 A lk . ) , E i n z a h l u n g v o n N i c h t - A o n t o - I n h a b e r n 4 3 8 2 Stück ( 3 9 9 2 ) m i t 2 5 7 0 6 0 6 0 0 A lk . (3 7 7 5 0 7 400 A lk .) . D e m G e sc h ä f t sb e r i c h t der B a d i s c h e n B a n k en tnehm e n w i r fo lgend e A n g a b e n : W echselverkehr im E i n g a n g ( 6 5 8 4 6 3 5 1 A lk . 7 6 P f . > 1 9 ( 8 : 11O 979 (86 A l k . 0 9 p f . ) im A u s g a n g ( 5 5 4 4 8 3 5 4 A lk . 3 7 P f . ( > 0 9 4 4 5 4 9 4 B l k . 69 P f . ) , D i s k o n t - E r t r a g ( 404 7 4 6 A lk . 0 6 P f . ( 9 6 7 696 A lk . 7 5 P f ) , T o m b a rd v e rk e h r au sg e l ieh en 6 ( 5 9 8 090 A lk . ( 3 ( 49 l 5 2 5 A lk . ) , zurückgezahlt 5 5 860690 A lk . ( 3 , 1 9 3 7 6 0 A lk .) , E ffek ten a u g e k a u f t fü r 7 ( 0 2 2 6 7 7 7 A lk . 2 5 P f . ( 5 4 0 ( 2 2 7 2 6 A lk . 84 P f . ) , begeben u n d a n Z in s e n verbuch t 7 ( 3 9 6 5 7 7 7 A lk . 40 P f . ( 5 3 9 0 9 7 6 (9 A lk . 9 ( P f . ) , G i r o - u n d Scheckverkehr E i n z a h l u n g e n 5 2 5 3 0 5 2 6 4 9 A lk . 44 P f . ( 3 6 3 9 6 3 3 0 3 0 A l a r k ( 5 P f . ) , A u s z a h l u n g e n 5 ( 5 3 5 5 4 5 0 6 A l a r k 59 P f . — 5 6 , — - ( 3 5 6 2 3 3 5 (1 1 7 M k . 3 0 P f . ) . D e r G e s a m t b e t r a g der in B e t r i e b gegebenen B a n k n o te n belief fick) a u f 5H 0 0 0 0 0 0 M k . ( 2 8 3 0 0 0 0 0 M k . ) . D e r durchschnittl iche N o t e n u m l a u f b e t ru g 3 l 3 6 3 7 0 0 M k . ( 2 6 8 3 7 7 0 0 M a r k ) , die durchschnittl iche Deckung 68 ,5 (( o/<> — 2 , ((98 7 0 0 M k . ( ^ 5 ,6 6 «/g — , 2 2 7 ( ( 3 0 0 M k . ) . A m 3 1 . D ez em b e r 1 9 1 8 w a r e n 2 8 ^ 7 0 400 M a r k i m U m l a u f , im L a u f e des J a h r e s w u r d e n 2 f 2 9 5 3 0 0 M k . v e r a u s g a b t , 12 6 9 7 6 0 0 A lk . eingelös t , m i t h i n blieben a m 3 f . D ezem ber des B e r i c h t s j a h r e s 3 7 0 6 8 1 0 0 M k . im U m l a u f . D e r R e in g e w i n n ist i m B e r i c h t s j a h r e a u f 1 2 0 5 2 9 5 M k . 11 P f . berechnet ( 1 0 0 1 8 6 8 M k . 6 8 P f . ) . D ie D iv id e n d e b e t ru g 6 ^ °/c (7 0/«). Der Umsatz der Uarlsruher Filiale der R h e i n i s c h e n K r e d i t b a n k betrug im Berichtsjahre 1 0 2 0 0 0 0 0 Mk. ( 1 9 1 8 : 2 6 1 6 0 6 3 3 8 9 Mk. 9 5 Pf.). Die Generalversammlung der M ü h l ­ b u r g e r ( Lr e d i t b a u k hatte am 15. M a i ihre Auflösung und die Bereinigung mit der Rheinischen (Lreditbauk beschlossen. Die letztere errichtete am 1. Ju l i in den bisherigen Geschäftsräumen der Mühlburger (Lreditbauk (Rheiustraße HH) eine Niederlassung mit der Firma „Rheinische (Lreditbauk, Niederlassung Aarlsruhe- Mühlburg". D e r G e s a m tu m s a tz der „ M i t t e l d e u t s c h e n ( L r e d i t b a u k " ist v o n 3 0 M i l l i a r d e n M a r k im B o r j a h r e a u f 6 2 M i l l i a r d e n M a r k au gew ach sen . D e r R e in g e w i n n b e t r u g i m B e r i c h t s j a h r e 5 6 H 8 H 6 6 M a r k 6 2 P f . gegen ( ( 8 ( 1 9 9 1 0 M k . 99 P f . i m J a h r e 1 9 1 6 . D ie D iv ide nd e b e t ru g 8 o/„. Der B e r e i u s b a n k U a r l s r u h e gehörten am Schluffe des Berichtsjahres 5 0 8 0 Mitglieder an ( 1 9 1 8 : ((892) . Der Rein­ gewinn der Bank betrug 212 8 2 2 Mk. 91 Pf. ( 2 3 H 0 0 H Mk. P f . ) , die D iv ide nd e 5 o/g (6 o/g). D e r G e s a m tu m s a tz belief sich a u f 1 , 3 1 2 7 7 9 6 9 M k . 5 7 P f . ( 6 3 2 5 6 7 5 0 8 M k . 6 8 P f . ) Die G esc h ä f tsa n te i le der M i t g l i e d e r b e t ru g e n a m S chluffe des B e r i c h t s ­ j a h r e s 3 3 5 5 5 6 2 M k . 77 P f . (3 1 8 ,2 9 ( 1 M k . 5 8 P f . ) . D ie gesam ten R eserven m a c h te n 3 , , 5 9 « / o (32 ,( (8 "/>,) der G e s c h ä f t s ­ g u th a b e n , 3 ,((3 o/g ( 3 ,8 9 o/v) des B e t r i e b s k a p i t a l s a u s . Die G e w e r b e - u n d V o r s c h u ß b a n k A a r l s r u h e hatte 1 9 , 9 eine Bilanz in Aktiven und passiven von 8 6 9 5 3 2 Mk. — 362 — 6H Pf. ( l 9 l 8 : 8 7 H 0 2 5 lllk. 6( Pf.). Der Reingewinn betrug U SM rNk. 0 6 Pf. ( s s 8 5 s lUk. s7 Pf.), die Dividende H wie im Vorjahre. Die P r i v a t - S p a r g e s e l l s c h a f t i n K a r l s r u h e zählte im Berichtsjahre sO f i5 4 Alitglieder ( l 9 l 8 : s 0 8 7 3 ) . Der Aktivstand betrug am 3 s . Dezember des Berichtsjahres s6 9 0 6 7 8 8 Alk. 68 Pf., der Passivstand s6 0 3 3 3 s 9 vlk. 8 7 Pf., das reine Gesellschafts­ vermögen 8 5 5 H68 Alk. 8 s Pf. ( 8 0 5 s 0 8 Alk. H8 Pf.). Der darin enthaltene Reservefonds beträgt 8 2 2 0 0 0 Alk. ( 7 9 0 0 0 0 Alk.), dazu weitere Sonderrücklagen 3 0 0 0 0 lNk. An Zinsen wurden 6 0 0 3HH Alk. s2 Pf. ( 5 3 s 8 8 0 lllk. 6H Pf.) und an Dividenden H6 3 7 2 Mk. HH Pf. ( H s 5 s 5 Alk. 6 0 Pf.) gutgeschrieben. I m R a b a t t - S p a r - V e r e i n K a r l s r u h e w a r e n im B e ­ r i c h t s j a h r e zu r E r l e d i g u n g der la u fe n d en G eschäf te 7 V o l l v e r s a m m ­ lu n g e n u n d s s des engeren V o r s ta n d e s nö t ig , a u ß e r d e m eine A n z a h l K o m m is s io n s s i tz u n g e n i n n e r h a l b des V e r e in s u n d S i tzun gen b e im N a h r u n g s m i t t e l a m t , der H a n d e l s k a m m e r u . a . D e r (n icht z u m V e r e i n s v e r m ö g e n gehörende) l v e r t der in K a r l s r u h e u n d U m g e b u n g i m U m l a u f bef indlichen R a b a t t - S p a r - A l a r k e n belief sich a u f s 5 ^ 0 8 5 A lk . OH P f . B e i der N e u w a h l des G e s a m tv o r s t a n d e s w u r d e der b is h e r ig e 2 . Vorsitzende, K a u f m a n n Z a k o b Lösch, zum s. Vorsitzenden g e w ä h l t . D ie K a r l s r u h e r L e b e n s v e r s i c h e r u n g a u f Gegenseitigkeit ( v o r m a l s A l lg e m e in e v e r s o r g u n g s a n s t a l l ) zäh lte a m Schlüsse des B e r i c h t s j a h r e s s 6 H 3 l 9 V ers icherungen ( s 9 s 8 : s 5 3 8 6 7 ) im B e t r a g e v o n 9 2 9 2 0 0 5 9 5 A lk . ( 8 I 8 s l 7 s s 6 A lk .) . D e r erzielte Z a h r e s - ü b erschuß stellte sich a u f 2 5 7 3 2 8 5 A lk . H ierzu ist in der Übersicht u . a . b e m e r k ! : D a s G e s c h ä f t s j a h r zeigte denselben G egensatz wie d a s V o r j a h r , n u r noch in sehr vers tä rk tem A l a ß e : a u f der einen S e i te eine g lä nze n de E n tw ic k lu n g des Z u g a n g s , a u f der ande ren ein starkes Z u rü c k g e h e n der w ir tscha f t l ichen E rg eb n isse . G e g e n ü b e r l 9 s 3 h a t sich der N e u z n g a n g b e in a h e verd re ifach t , der R e in z u w a c h s m e h r a l s v e rv ie r f ac h t . D a g e g e n steht e inem d a m a l i g e n Z a h r e s ü b e r s c h u ß v o n sO,H A l i l l io n e n A l a r k ein solcher v o n n u r 2 ,6 A l i l l io n e n l l l a r k g egen üb er . D e r R ü c k g an g , h e iß t es w eite r , b e ruh e in erster L im e a u f den g e w a l t ig e n K u r s v e r lu s t e n , die a u f den Besitz der — 363 — A n s ta l t a n s taat l ichen W e r tp a p i e r e n abgeschrieben w e rd e n w u ß t e n . L i n w eite rer G r u n d des R ü c k g a n g s des Ü berschusses sei d a s u ngeheuere A n w a c h s e n der persönlichen u n d sachlichen G eschäf tskosten . — A n D iv id e n d en w u rd e n i w B e r i c h t s j a h r e 8 5 0 7 2 8 5 M k . (8 2 5 9 187 M k . ) bezah lt . D a s G e s a w t v e r w ö g e n der A n s t a l t b e l ä u f t sich a u f 37 0Y Y 2 s s 2 A lk . D u rc h T o d sind 1 1 2 3 8 4 9 4 M k . (17 2 0 4 5 3 6 B lk .) , durch E r l e b e n des b ed u n g e n en E n d a l t e r s 13 1 2 1 6 7 0 M a r k 0 0 8 1 2 996 M k . ) f ä l l ig g e w o rd e n . B o n den T o d e s f ä l l e n k a m e n a u f A rieg ss te rb e fä l le s 948 8 0 0 (7 295 200 M k . ) . B e i der B a d i s c h e n G e b ä u d e v e r s i ch e r u n g s a n s t a l 1 b e t ru g die G e s a w tv e r s i c h e r u n g s s u w m e a u f 3 s . D ez em be r des B e r i c h t s j a h r e s 6 5 3 4 1 9 6 3 2 0 M k . , w o v o n 6 4 9 9 4 4 7 9 2 0 A lk . n w la g e p f l ic h t ig sind. D a r n a c h w ü rd e sich die U m l a g e v o n 100 M k . v e r s i c h e r n n g s s n m m e a u f 11 P f e n n i g berechnen. Z u r V e r s tä rk u n g des B e t r i e b s - u n d A u s g l e i c h s f o n d s w u r d e jedoch die U m l a g e a u f 20 P f e n n i g festgesetzt. A n E n t s c h ä d ig u n g e n w a r e n im B e r i c h t s ­ j a h r e 4022 1 7 0 M k . 79 P f . zu bezah len , d a z u 100 o/g K r i e g s - znschlag f ü r die zusch lagsberech tig ten B r a n d e n t s c h ä d ig u n g e n des J a h r e s 1919 i m B e t r a g e v o n 2 7 0 7 7 6 4 M k . 5 9 P f . A m 3 s . D e ­ zem ber 1 9 1 9 b e t r u g d a s reine v e r m ö g e n der A n s t a l t 1 1 0 0 7 76-1 7 2 P f . g egen über 7 8 8 8 1 39 M k . 19 P f . a m 3 P D ez em be r 1 9 1 8 . B e i der B a d i s c h e n F e u e r v e r s i c h e r u n g s b a n k in K a r l s ­ r u h e b e t ru g a m E n d e des B e r i c h t s j a h r e s die V e r s ic h e r u n g s s u m m e in der F eu e rv e rs ich e ru n g 2 7 2 2 7 9 1 - 1 0 7 M k . ( 1 9 1 8 : 2 2 1 - 1 6 3 1 8 3 7 M a r k ) , in der E in b r n c h d ie b s ta h ls v e rs i c h e r u n g 1 3 4 2 8 9 6 3 7 M k . (9 7 0 8 3 6 9 0 M k . ) . D ie A chäden (b e z a h l t u n d zurückgestellt, e in ­ schließlich der E rm i t t e lu n g s k o s t e n ) beliefen sich bei der ersteren a u f 3 3 3 - 1 2 2 0 M k . 5 6 P f . (2 315-18-1 M k . 92 P f . ) , bei der letzteren a u f 2 1 3 3 3 6 M k . 91 P s - ( 1 6 5 0 2 9 M k . 2 8 P f . ) . D ie G e w i n n - u u d V er lu s t re ch n u n g weist einen G e w i n n v o n 8 6 O92 M k . 89 P f . a u f . A n D iv id e n d en w u r d e n w ie i m V o r j a h r e - 1 0 0 0 0 M k . bezahlt . B e i der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s - A n s t a l t B a d e n be­ t ru g e n im B e r i c h t s j a h r e die E i n n a h m e n a u s Z e i t u n g e n 1 0 5 6 6 9 8 0 M k . 2 0 P f . ( 1 9 1 8 : 8 1 4 3 2 5 8 M k . 49 P f . ) , a u s Z in s e n 3 4 8 1 8 3 3 M k . 4 8 P f . (3 118 2 8 0 M k . 8 5 P f . ) . D e r W e r t der N u tz u n g e n w u r d e m i t 1 2 6 165 M k . 24 P f . ( 1 2 5 2 8 9 M k . 7 5 P f . ) berechnet. D ie — 36H — A u s g a b e n f ü r Versicherte b e t ru g e n a n R e n te n s2 3 2 7 3 6 6 M k . 2 H P f . ( 6 2 7 2 25Y M k . 99 P f . ) , a n e in m a l ig e n Leistungen 3 H 9 0 s A lk . OH P f . ( 3 0 5 0 3 M k . 8 3 P f . ) , f ü r H e i lv e r f a h re n einschließlich F a m i l i e n ­ u n te rs tü tzun g 2 8 5 7 0 3 8 M k . 7 2 P f . P 7 H 6 H 6 7 M k . 79 P f . ) . D a s G e s a m t v e r m ö g e n der A n s t a l t b e t r ä g t 7 0 8 8 9 8 9 t M k . 2H P f . ( 7 9 3 3 8 8H9 M k . 5H P f . ) . D a v o n g ehö ren dem G e m e in v e r m ö g e n 3 8 5 H 3 6 8 M k . 69 P f . ( 9 9 5 5 8 8 7 M k . l 9 P f . ) , d em S o n d e r ­ v e r m ö g e n 6 7 0 3 5 5 2 2 M k . 5 5 P f . ( 6 9 3 8 2 9 6 2 M k . 3 5 P f . ) . — A m s5 . F e b r u a r l 9 l 9 s ta rb R e g i e r u n g s r a t O r . M s k a r R e i s , M i t ­ glied des V o r s t a n d e s . „ S e i n A n d en k e n w i r d " , w ie der J a h r e s ­ bericht v o n d e m D ah ingesch iedenen sag te , „s te ts in T r e u e festgehalteu w e r d e n ; e r h a t se inem G e d ä c h tn i s ein b le ibendes D e n k m a l gesetzt, i n d e m er letztwillig eine v o n i h m b eg rün de te B ib l io th e k der L a n d e s - v e r s ic h e r u n g s - A n s ta l t v e rm a c h te , die a l len unseren B e a m t e n u n d A n ges te l l ten du rch i h r e n gediegenen B e s ta n d geistige, wissenschaft­ liche u n d künstlerische A n r e g u n g bieten k a n n . " Am s. J u l i wurde die S p a r k a s s e f ü r die G r o ß h . H o f d i e n e r aufgelöst. Soweit die Ginleger nichts anderes bestimmten, wurden ihre Guthaben mit dem Zins bis zum 3 0 . Jun i der hiesigen Städtischen Sparkasse überwiesen. Am s. J a n u a r trat Vr. Ri char d p l a n e r , s. Syndikus der Handelskammer, auf seinen Wunsch in den Ruhestand. Seit dem s . August s 8 8 0 stand er im Dienste der Handelskammer. Gerade zur Zeit seines Dienstanfangs wurde der Handelskammer eine gesetz­ liche Grundlage gegeben, während sie vorher eine freie Vereinigung auf privatrechtlicher Grundlage gewesen war. Or. planer hat an der Errichtung und Iveiterausbildung der Kammer ständig fördernd mitgewirkt.*) Anstelle des Scheidenden tritt der bisherige 2. Syndikus v r . Krienen. A m 2 5 . J a n u a r w u r d e der A r b e i t g e b e r v e r b a n d d e r I n d u s t r i e des H a n d e l s k a m m e r b e z i r k s K a r l s r u h e g e g rü n d e t . D e r V e r b a n d h a t se inen Sitz in K a r l s r u h e . E r bezweckt in der H a u p t ­ sache H e r b e i f ü h r u n g einheitlichen V e r h a l t e n s der angeschlossenen vergl. Chronik S . 3H7/H8. — 365 — - A rb e i tg e b e r des B e z i rk s u n d G e l t e n d m a c h u n g dieses V e rh ä l tn is s e s nach a u ß e n . A m T a g e der G r ü n d u n g t r a t e n d e m V e r b a n d 8 0 industrie lle F i r m e n sow ie ein ige industrie lle F a c h v e r e in ig u n g e n bei. Z u m Vorsitzenden d es V o r s t a n d s w u r d e L eo p o ld K ölsch , s te llvertre tender Vorsitzender der H a n d e l s k a m m e r K a r l s r u h e , g e w ä h l t . I n der i m M ä r z a b g e h a l t e n e n M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n g der D e t a i l l i s t e n - V e r e i n i g u n g K a r l s r u h e gedachte der die V e r s a m m l u n g leitende 2 . Vorsitzende, H e r r R u d o l f H u g o D ie t r ich , zunächst des l a n g j ä h r i g e n s. Vors itzenden, H e r r n L u d w ig E t t l i n g e r . I n d em J a h r e s b e r i c h t w ie s der Vorsitzende d a r a u f h in , w ie g e ra d e der k a u fm ä n n isc h e u n d gew erb liche M i t t e l s t a n d , d a r u n t e r v o r z u g s ­ weise der D eta i l l is tens tand , u n te r der durch die K r i e g s v e rh ä l tn i s s e gescbaffenen w ir tschaf t l ichen L ag e zu leiden g e h a b t h ä t te u n d noch darn ieder l iege . I n s b e s o n d e r e leide der D e t a i l h a n d e l s tark u n te r dem i m m e r m e h r sich a u s d e h n e n d e n S ch le ichhandel . D ie V e r e in ig u n g h a b e es sich z u r A u s g a b e gem ac h t , a n dessen B e k ä m p f u n g energisch m itz u a rb e i te n . R u d o l f H u g o D ie t r ich w u r d e z u m s. Vorsitzenden g e w ä h l t . D ie H a n d w e r k s k a m m e r h ie lt a m s 3 . M ä r z eine V o l l ­ v e r s a m m l u n g a b . R e g i e r u n g s r a t B u c e r i u s sp rac h ü b e r die künf t igen A u f g a b e n des H a n d w e r k s . P r ä s id e n t I s e n m a n n erstattete s o d a n n den T ä t ig k e i t sb e r ic h t des V o r s ta n d e s u n d e rö r te r te f e rn e r die F r a g e e ines engeren Z u s a m m e n s c h lu s s e s des H a n d w e r k s u n d e iner N e u ­ o r g a n i s a t i o n der W a h l e n zu den H a n d w e r k s k a m m e r n , a u ß e r d e m die F r a g e des A u s b a u e s der bad ischen G e w e r b e - u n d H a n d w e r k e r ­ ze itung. D ie D a u e r der Lehrzeit sei n eu zu r e g e ln ; sie dü rfe nicht m e h r sc h a b lo n e n h a f t gestaltet sein, s o n d e rn f ü r b es t im m te B e r u f e müsse eine b es t im m te Lehrzeit eingerichtet w e rd e n . Schließ l ich besp rach der R e d n e r die S c h a f f u n g v o n L e h r l in g s h e im e n . N a c h G e n e h m i g u n g des V o r a n s c h l a g s f ü r l 9 l 9 / 2 0 beschloß die V e r s a m m l u n g die E r w e r b u n g eines K a m m e r g e b ä u d e s , n ä m l ic h des H a u s e s F r i e d r i c h s ­ platz H in K a r l s r u h e zu r U n t e r b r i n g u n g der D ie n s t r ä u m e u n d d e r ­ jen igen der W irtschaftss te l le . A m l9 - F e b r u a r h a b e n sich die W i r t - schaftsstellen f ü r die v ie r bad ischen H a n d w e r k s k a m m e rb e z i r k e u n te r der F i r m a : „L a n d esw ir ts c h a f ts s t e l l e f ü r d a s badische H a n d w e r k " G . m . b . H. m i t dem Sitz in K a r l s r u h e zusam m engesch lossen . I m A u fs ic h t s r a t sind neben den H W ir t sch a f ts s te l len auch die H badischen — 3 6 6 — H a n d w e rk s k a m m e rn v e r tre ten . I n der A u fs ich ts ra tss itzu n g w u rd e R e g ie r u n g s r a t B u c e r iu s „ in A n e rk e n n u n g seiner h e rv o rra g e n d e n D ienste fü r d a s H a n d w e rk , in sb e so n d e re w ä h re n d des K r ie g s " , e in ­ s tim m ig zu m A u fs ic h ts ra ts m itg l ie d g e w ä h lt . A l s G e sc h ä f ts fü h re r w u rd e F . I . S o n n e r bestellt. -— A m 2H. O k to b e r g rü n d e te n die v ie r bad ischen H a n d w e rk s k a m m e rn einen V ere in zu m B e trieb e eines F o rs c h u n g s in s t i tu ts fü r ra tio n e lle B e tr ie b s fü h r u n g im H an d w erk . D a s I n s t i t u t , dessen G eschäftsste lle sich h ie r , K a is e rs tra ß e l 0 8 , befindet, so ll seine W irk sa m k e it ü b e r g an z D eu tsch la n d erstrecken. E s w ill d u rch w issenschaftliche S tu d ie n u n d v e rsu c h e der H eb u n g der B e tr ie b s ­ w ir ts c h a f t d e s H a n d w e rk s d ienen . S e in e A u fg a b e so ll in sb e so n d e re d a r in bestehen, die ra tio n e lls ten A rb e itsm e th o d e n zu e rm itte ln u n d in die P r a x i s e in z u fü h re n . D ie w issenschaftliche L e itu n g d es I n s t i t u t s w u rd e v r . in § . S p e h r ü b e r tra g e n . I n e iner V e r s a m m lu n g a m 7 . N o v e m b e r n a h m a u f V e r ­ a n la s s u n g der H a n d w e rk s k a m m e r d a s K a r l s r u h e r H a n d w e rk gegen die A u sw ü c h se des S tre ik re c h ts u n d zu m A n sc h lu ß a n die neu errich te te O r t s g r u p p e d er t e c h n i s c h e n N o t h i l f e in K a r l s r u h e S te l lu n g . D ie V e r s a m m lu n g w a r v o n V e r tre te rn sä m tlich er g ew e rb ­ licher V e re in ig u n g e n besucht. A u ch die V b e rp o s td ire k lio n , die G e n e ra ld ire k t io n der b ad ischen S ta a ts e is e n b a h n e n u n d d a s städtische G a s - , W a sse r- u n d E le k tr iz itä ts w e rk h a t te n V e r tre te r en tsan d t. D e r V orsitzende der H a n d w e rk s k a m m e r , S t a d t r a t I s e u m a n n v o n B ru c h s a l , bezeichnet« eine lückenlose O r g a n i s a t io n der technischen N o th i lf e ü b e r g a n z D eu tsch la n d a l s n o tw e n d ig . D a rn a c h g a b IDr. R ö th e n m e y e r , der V e r tre te r der technischen N o th i lf e des L a n d e s ­ bezirks f ü r B a d e n u n d W ü r t te m b e rg in S tu t tg a r t , e inen Ü berb lick ü b e r die E n ts te h u n g sg e sch ic h te d er technischen N o th ilfe , ü b e r W esen , Zw ecke u n d Z ie le derse lben , sow ie ü b e r ih re O r g a n i s a t io n , an g e g lie d e rt a n d a s R e ic h sw e h rm in is te r iu m . D ie V e rw e n d u n g der technischen N o th i lf e beschränke sich a u f die A u fre c h te rh a ltu n g leb en sw ich tig e r B e tr ie b e du rch N o ts ta n d s a rb e i te n , G a s , W a sse r, E le k tr iz i tä t m ü ß te n w e ite r ge lie fert w e rd e n . D ie L e b e n s m it te l t r a n s p o r te , die H eizstoff­ b esch a ffu n g , P o s t u n d T e le g r a p h ie d ü rfte n n ich t stocken, o d e r die G ro ß s tä d te w ü rd e n h u n g e rn m üssen . D ie technische N o th i lf e solle a lle B e v ö lk e ru n g sk re ise , auch die A rb e ite rs c h a f t h e ra n z ie h en . I n der A u s s p ra c h e e rk lä rte n sich a lle an w esen d en H a n d w e rk e rv e rtre te r — 367 — bere it, sich der technischen N o th i lf e zu v e rp flich ten . Z u m L eiter der A a r l s r u h e r (O r ts g ru p p e w u rd e I n g e n ie u r M a ld e r b es tim m t. I n e iner V e r s a m m lu n g a m 5 . M ä r z w u rd e die G rü n d u n g einer H a n d w e r k e r - B a u g e n o s s e n s c h a f t A a r l s r u h e b e ra te n . D er V orsitzende, A lb e r t B r a u n , bezeichnete a l s Z w eck der G en o ssen ­ schaft, d a s B a u g e w e rb e in a llen seinen T e ile n zu g e m e in sa m e r A rb e it zu sam m en zu fasseu , in sb e so n d e re f ü r den B a u kle iner u n d m ittle re r M o h n u n g e n in enger G e m e in sc h a f t m it der S t a d t u n d den a n g u te n u n d gesunden M o h n u n g e n In te re s s ie r te n z u s a m m e n ­ zufassen zu g e m e in sa m e r A u s ü b u n g d es G e w e rb e s , u u te r A u s s c h lu ß sp ek u la tiv e r G inze lw üusche u n d schäd igenden Z e r s p l i t te ru n g e n . D ie V e r s a m m lu n g b erie f M ilh e lm S to b e r u n d A r t h u r P fe if fe r in den V o rs ta n d . D a s d r itte V o rs ta n d s m itg lie d , d a s den V orsitz fü h r t , w ird nach den S a tz u n g e n v o m S t a d t r a t e r n a n n t . I n der S t a d t r a t s - sitzung v o m 6 . M ä r z m a ch te der O b e rb ü rg e rm e is te r M i t te i lu n g v o n der G rü n d u n g u n d den Z ie le n der B a u g en o ssen sc h a f t. D er S t a d t r a t b e g rü ß te d a s neue U n te rn e h m e n u n d e rk lä rte sich bere it, cs gleich an d e ren B a u g en o ssen sc h aften f in an z ie ll zu fö rd e rn . G r n a h m zu diesem Zw ecke den B e i t r i t t der S t a d t a l s G e n o sse n sc h a f ts ­ m itg lie d in A u ss ic h t, e rn a n n te zu m M itg l ie d d es V o rs ta n d s der G enossenschaft S ta d t r e c h ts r a t V r . I a e g l e r , V o rs ta n d d es städtischen W o h n u n g s a m ts , u n d sch lug zu r B e r u f u n g in den A u fs ic h ts ra t B ü rg e rm e is te r V r . P a u l , sow ie die S ta d t r ä te P h i l i p p , T r i e r u n d V iv e ll v o r . A m 6 . J u l i w u rd e eine freie I n n u n g f ü r d a s H a fn e r - u n d O fensetzergew erbe h ie r g e g rü n d e t, sy H a fn e rm e is te r sind a l s M i t ­ g lieder beigetre ten . Z u m V o rs ta n d w u rd e H a fn e rm e is te r G o t t lo b S c h a a l g e w ä h lt . D ie s3 . o rden tliche V o l lv e rs a m m lu n g der B a d i s c h e n L a n d ­ w i r t s c h a f t s k a m m e r w u rd e a m s ^ . M a i d u rch G e h . V b e r - r e g ie ru n g s ra t S a lz e r e rö ffne t. M in is te r T r u n k dan k te der g esam ten L a n d w ir tsc h a f t fü r ih re P f lic h te r fü llu n g u n d sp rach die H o ffn u n g a u s , d a ß sie auch w e ite rh in dem M o h le der A llg e m e in h e it d ienen w ü rd e . D irek to r v r . M ü l l e r e rsta tte te den T ä tig k e its b e r ic h t fü r l 9 l 8 u n d legte den V o ra n s c h la g f ü r l 9 l 9 Zur G e n e h m ig u n g v o r . D ie B e r a tu n g w ich tig e r F r a g e n w u rd e a m s5 . fortgesetzt. A m s2 . J u l i ta g te eine au ß e ro rd e n tlic h e V o llv e rs a m m lu n g . A u f der — 568 — T a g e s o r d n u n g s ta n d e n : Ä n d e ru n g d es L an d w irtsc h a ftsk a m m e rg e se tzes , E n te ig n u n g v o n G ru n d s tü ck en (B o d e n so z ia lis ie ru n g ), A u s f ü h r u n g s ­ b e s tim in u n g e n zu m B ran n tw e in steu erg e se tz . I n der H a u p tv e r s a m m lu n g d es G e w e r b e v e r e i n s a m 2 6 . M ä r z w u rd e d e r K assen b e ric h t e rs ta tte t u n d der V o ra n sc h la g f ü r sstsst a n g e n o m m e n , ebenso die finanz ielle B e te il ig u n g a n der B a u w e rk s -B e ru fs g e n o s s e n s c h a s t m i t 2 A n te ile n v o n je 5 0 0 M k . u n d a n d er W irtsc h a fts s te lle m i t 5 0 0 M k . g e n e h m ig t, st M itg lie d e r e rh ie lte n die E h re n u rk u n d e fü r 2 5 jä h r ig e M itg lie d sc h a f t . D a s G e w e r k s c h a f t s k a r t e l l ta g te a m 2 7 . J a n u a r , im A n sc h lu ß h ie ra n w u rd e fo lgende E n tsc h lie ß u n g a n g e n o m m e n : „D ie V orgänge in M annheim veranlaßten das Gcwerkschastskartell in seiner Vollsitzung am 2 7 . d. M ts . S te llu n g zu nehm en. D ie Vertreter erklärten nach eingehender B eratu n g , daß sie auf dem B oden des P arlam entarism us und somit hinter der vorläufigen Volksregierung stehen. D a s Rätesystem lehnen die Vertreter der Gewerkschaften ab. D a s Kartell wird aber, unbescbadet seiner Erklärung, daß es hinter der vorläufigen Volks­ regierung steht, alle M ittel ergreifen, um die Interessen des werktätigen Volkes auf allen G ebieten in der energischsten W eise zu vertreten." W e ite rh in w u rd e zu r E r u ä h r u n g s - u n d W o h n u n g s f r a g e eine w eitere E n ts c h lie ß u n g g e fa ß t. S ie v e r la n g te : t. Durchgreifende M aßnahm en zur Sicherung der Volksernährung. 2. Schärfster K am pf gegen den Wucher. Z . Energische M aßnahm en zur Bekäm pfung der W ohnungsnot, in s ­ besondere sofortige Herstellung von K leinw ohnungen in leerstehenden S ta a ts ­ gebäuden und Kasernen. q. Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Konsum entenvertretung nach den Vorschlägen unserer V rganisationsvertreter und finanzielle Unterstützung der- selben durch den S taat. I n der G e n e ra lv e r s a m m lu n g a m 2 2 . M a i berichtete der V o r ­ sitzende H o f ü b e r die T ä t ig k e it d es K a r te l l s , d a ß im letzten J a h r e st V e r tre te r- u n d ( 3 K o m m iss io n ss itzu n g e n s ta ttg e fu n d en h ä tte n , d a ß die Z a h l der M itg l ie d e r m e h r a l s 2 0 0 0 0 b e tra g e . E in e S itz u n g a n : s f . D ezem b er b e fa ß te sich m it d e r B e k ä m p fu n g des S c h le ic h h a n d e ls , der L e b e n sm it te lv e rso rg u n g u n d der W o h n u n g s ­ k o n tro lle . U b e r K l e i n g ä r t e n in K a r l s r u h e te ilte d a s städtische N a c h ­ r ic h te n a m t a m ( 2 . M ä r z m it , d a ß A n fa n g d es M o n a t s ru n d 2 5 0 0 K le in g ä r te n v o n du rchschn ittlich 2 0 0 czm F lä c h e der V er- — 3 6 9 — w a ltu n g d es G a r t e n a m ts u n te rs te llt w a r e n . H ie rzu k am en a u f dem G e lä n d e d es F a s a n e n g a r te n s 6 8 0 G ä r te n zu r u n d söO csm F läc h e , G in s V e r s a m m lu n g der G e w e r b e - u n d H a n d e l t r e i b e n d e n v o n A a r l s r u h e u n d U m g e b u n g a m l9 - A p r i l f a ß te fo lgende R e s o lu t io n : „Die heute D ienstag, den 15. April 1919, im Eintrachtsaal in großer Z a h l versammelten A ngehörigen des Handwerker-, G ew erbe- und K aufm annsstandes von K arlsruhe erheben energischen Einspruch gegen das von der Sozialisierungs- kommission der Reichsregierung übergebene Rahmengesetz über die K om m unali­ sierung von W irtschaftsbetrieben, welcher E n tw u rf den Srädten und G em einde» sowie den kommunalen verbänden das Recht einräum t, eine A nzahl W irt­ schaftszweige auf kommunale B etriebe zu übernehmen, darunter die Erzeugung, Beschaffung und Lagerung, Verarbeitung und Vertrieb von N a h ru n gs- und G enußm itteln und das W ohnungsbauw esen. D ie Versamm lung macht geltend: 1. D ie K riegswirtschaft hat in reichlichem M aße bewiesen, daß jeder öffentliche B etrieb nicht nur teurer a ls der Privatbetrieb arbeitet, daß dazu noch die Kriegsgesellschaften und K om m unalverbäude nie in der Lage w aren, die Bevölkerung auskömmlich mit Lebensm itteln zu versorgen. E in unerhörter Schleichhandel, dem alle, auch die Hüter der Gesetze obliegen mußten, w ar die Folge. 2. Der w areuverderb und damit der unermeßliche und unersetzliche Verlust an N ährw erten ist bei allen N ahrungsm itteln durch die öffentliche B e w ir t­ schaftung nachweisbar ein so großer gewesen, w ie er bei Ausnutzung aller Kräfte der Berufsstäude unter deren V erantw ortung n iem als hätte sein können. Hierzu kommen noch unberechenbare Verluste, die durch unsachliche Ausnutzung der Verkehrsmittel entstanden sind. z. D ie behördliche und gemeindliche W arenverteilung hat neben G eld- und W arenverlust auch einen erschreckenden Verlust an M oral zur F o lg e ; sie ist schon aus dem letzten Grunde und auch m it Rücksicht auf die Steuerzahler und die Verbraucher abzulehnen. 4. D a die durch Reich und Städte aufgew andten M illionenbeträge zur Unterstützung der Höchstpreispolitik nicht ausgereicht haben, um den sozialistischen Id ee n in der Lebensmittelversorgung E rfolg zu verschaffen, so wird sich jeder weitere versuch, dennoch die Sozialisierung in geplantem S in n e durchzusetzen, bitter rächen. 5 . D a s der N ationalversam m lung vorgelegte Program m der Reichs« regieruug über die innere Politik enthält den S atz: „Förderung der durch den Krieg schwer geschädigten mittleren und kleineren G ewerbetreibenden." Der M ittel­ stand erwartet, daß die R egierung das selbständige Handwerk und G ew erbe fördert und nicht durch neue K om munalisierungsbestrebungen das G egenteil bewirkt, zu einer Z eit, in der nicht nur die A ngehörigen des M ittelstandes ihre schwersten Stunden durchleben, sondern in der sich auch durch w ilde Sozialisierung, 2-l — 370 — G eneralstreiks, maßlose Lohnbewegungen usw. deutlicher w ie je zeigt, w a s sich die Radikalen eigentlich unter Sozialisierung denken. s . Der Dem okratism us w ill die größtmöglichste Freiheit der einzelnen In d iv id u en , insbesondere, sofern die A rbeitsteilung innerhalb der Volkswirt­ schaft dies znläßt, die B efreiu n g des Arbeiters von der entnervenden, ein gehobenes Lebensgefühl verhindernden M echanisierung der Arbeit. L s wäre daher die Ausschaltung des freien, in seiner Entschließung und seiner B etriebs­ weise unabhängigen selbständigen Kleingewerbetreibenden durch die In k raft­ setzung des Rahmengesetzes über die K om m unalisierung von Wirtschaftsbetrieben geradezu ein fahrlässiger verstoß gegen einen gesunden wirtschaftlichen Demo- k ratism us; die Folgen eines solchen Verstoßes w ären unabsehbare. 7. W ir erwarten daher, daß das fragliche Rahmengesetz von der N ational- Versammlung abgelehnt und zur nochmaligen Vorberatung nicht an die größten­ te ils au s Theoretikern bestehende Sozialisieruugskommission, sondern an das Reichswirtschastsam t zurückverwiesen wird, aber mit der ausdrücklichen A n ­ ordnung, die Selbstverw altungskörxer der durch das Rahmengesetz etw a zu umfassender W irtschaftszweige bei dieser B eratu n g in maßgebender w e ise zu beteiligen." E in e bad ische L a u d e s s t e l l e f ü r T e x t i l w i r t s c h a f t w u rd e b e im M in i s te r iu m d es I n n e r n a u f G r u n d einer V e ro rd n u n g des B u u d e s r a te s v o m 2 7 . J u n i sstOS u n d m it Z u s t im m u n g des R e ic h s ­ w ir ts c h a f ts m in is te r iu m s a m s5 . M a i e rrich te t. A m s5 . J u n i w u rd e die F r ü h j a h r s m e s s e e rö ffn e t, di erste w ied e r seit A u s b r u c h d es K r ie g e s . A m s. S e p te m b e r fa n d h ie r , w ie im g an z en R eiche, eine D i e h e Z a h l u n g s ta tt . S ie erstreckte sich a u f P fe rd e , R in d v ie h , S chafe , S ch w ein e , Z ie g e n , F e d e rv ie h u n d z a h m e n K a n in c h e n . 3. Vereinsleben. L. V e r e i n e f ü r k ü n s t l e r i s c h e u n d w i s s e n s c h a f t l i c h e B e t ä t i g u n g . Z n e in e r V e r s a m m lu n g der d re i G r t s v e r e in e der A l l g e m e i n e n D e u t s c h e n K u n s t g e n o s s e n s c h a f t a m 2 2 . M ä r z w u rd e a n ih r e r S te lle die K u n s t g e n o s s e n s c h a f t K a r l s r u h e , G r t s v e r e in K a r l s r u h e g e g rü n d e t. E r s te r V orsitzender w u rd e M a l e r J u l i u s R e h d e r . D e r A lte r tu m s v e r e in n a h m a m 2 6 . M ä r z den N a m e n K a r l s ­ r u h e r G e s c h i c h t s - u n d A l t e r t u m s v e r e i n a u . A m 2 7 . S e p te m b e r u n te rn a h m er einen A u s f lu g n ach B r u c h s a l zu r — 37 s — B esich tig u n g v o n S c h lo ß , S ch loßk irche u n d S a l in e n p a v i l lo n u n te r F ü h r u n g v o n P ro fe s s o r v r . R o t t . A m 2H. S e p te m b e r w u rd e ein V r t s v e r e in zu r F ö r d e r u n g d e u t s c h e r T h e a t e r k u l t u r g eg rü n d e t, E rs te r V o rs itzen d er: T h e f - red a k teu r G ü n th e r a n der P re s se a b te ilu n g d es M in i s te r iu m s , zw eite r V o rs itzen d er: S c h a u sp ie le r F e lix B a u m b a c h , I n der ersten M i t ­ g lie d e rv e rsa m m lu n g a m 2 6 . N o v e m b e r sp rach d er erste V orsitzende ü b e r die vo lkserzieherische B e d e u tu n g d er B ü h n e , ü b e r die V o lk s ­ b ü h n e n b e w e g u n g u n d die Z ie le u n d Z w ecke d es V e re in s . I n der ersten M o rg e n v e ra n s ta l tu n g sp rach H e r m a n n W o lfg a n g v o n W a l t e r s ­ h au sen ü b e r „ V p e r n p r o b le m e d er G e g e n w a r t" , d a rn a c h t r u g H ed y I r a c e m a B r ü g e lm a u u e inen L iederzyk lu s v o n W a l te r s h a u s e n v o r . D ie O r t s g r u p p e der K a n t g e s e l l s c h a f t , L eiter v r . E . U n g e re r , h ie lt ih re n ersten w issenschaftlichen A b e n d a b . V o r t r a g : „ K a n t s p r o le g o m e n a " . A m 20 . D ezem ber berichtete in der O r t s g r u p p e d es B u n d e s d e u t s c h e r A r c h i t e k t e n d er V o rs ta n d d es L a n d e sb e z irk s , A rch itek t D e in e s , ü b e r die G r ü n d u n g d es n euen B u n d e s deutscher A rch itek ten in H ild e s h e im , ü b e r die n euen S a tz u n g e n u n d die E r r ic h tu n g e n v o n A rc h ite k ten k a m m e rn . b . v a t e r l ä n d i s c h e , l a n d s m a n n s c h a f t l i c h e , H a u s ­ b e s i t z e r - u n d S t a n d e s v e r e i n e . D e r A r t i l l e r i e - B u n d S t . B a r b a r a h ie lt a m 3 0 . M ä r z , der B a d i s c h e L e i b d r a g o n e r - V e r e i n a m 2 . M ä r z u n d der B a d i s c h e L e i b g r e n a d i e r - V e r e i n a m 2 2 . F e b r u a r G e n e r a l ­ v e r s a m m lu n g a b ; der letztere b eg in g a m s 7 . F e b r u a r sein 2 5 jä h r ig e s B estehen durch eine F e ie r . D ie H a u p tv e r s a m m lu n g d es M i l i t ä r v e r e i n s f a n d a m l 9 - J u l i sta tt. A m 8 . M a i b ilde te sich eine O r t s g r u p p e d es R a t e s d e r R e i c h s d e u t s c h e n i m A u s l a n d u n d a m t 8 . J a n u a r eine solche der E l s a ß - L o t h r i n g e r v o n K a r l s r u h e u n d U m g e b u n g zu r W a h r u n g der R echte der A u sg e w ie se n e n . D ie G rü n d u n g einer O r t s g r u p p e d es D e u t s c h e n V o l k s h a u s ­ b u n d e s w u rd e in einer V e r s a m m lu n g a m 7 . F e b r u a r besch lossen ; 2H * — 3 7 2 — a l s Z ie l w u rd e die E r r ic h tu n g v o n V o lk sh ä u se rn a l s S a m m e l ­ s t ä t t e n d es G e m e in sc h a f ts le b e n s bezeichnet. I n der G e n e ra lv e r s a m m lu n g des G r u n d - u n d H a u s ­ b e s i t z e r V e r e i n s a m 6 . M ä r z w u rd e die Z a h l der M itg l ie d e r a u f s . J a n u a r m i t 2 0 2 5 an g eg eb en . D ie B ü r g e r v e r e i n e der A l t - , V s t - u n d S ü d s t a d t h ie lten ih re a l l jä h r lic h e n G e n e ra lv e r s a m m lu n g e n a b . D e r l V i r t e v e r e i n n a h m a m 2 3 . J a n u a r gegen E in f ü h r u n g der ac h ts tü n d ig en A rb e itsz e it im G a s tw ir tg e w e rb e u n d in w eiteren V e rs a m m lu n g e n gegen die Z w a n g s w ir t s c h a f t hinsichtlich der L eb en s­ m it te l S te l lu n g . D ie G e n e ra lv e r s a m m lu n g d es V e r b a n d e s S ü d w e s t - d e u t s c h e r I n d u s t r i e l l e r (B ez irk sv e re in ) f a n d a m 3 0 . J a n u a r , die d es V e r e i n s d e r H a n d e l s v e r t r e t e r fü r K a r l s r u h e u n d U m g e b u n g a m 2st. M ä r z s ta tt. A m 3 0 . M ä r z h ie lt der D e u t s c h e M e t a l l a r b e i t e r - v e r b a n d u n d a n , 3 s. A u g u s t der D e u t s c h e B a u a r b e i t e r ­ v e r b a n d seine G e n e ra lv e r s a m m lu n g a b . A m 2 . A p r i l schlossen sich die A u s h i l f s a n g e st e l l t e n i n s t a a t l i c h e n u n d s t ä d t i s c h e n D i e n s t e n zu e inem V erein z u s a m m e n . D ie H a n d l u n g s g e h i l f e n - u n d - g e h i l f i n n e n v e r - b ä n d e n a h m e n in e in e r V e r s a m m lu n g a n , 2 5 . M a i S te llu n g z u n , T a r i f v e r t r a g . D e r V e r b a n d d e r L i t h o g r a p h e n u n d S t e i n d r u c k e r b eg in g a m 2 5 . N o v e m b e r n ach fü n f jä h r ig e r K r ie g s p a u s e seine üb liche J a h r e s f e i e r . A n , 2 . M ä r z h ie lt der V ere in der m i t t l e r e n t e c h n i s c h e n E i s e n b a h n b e a m t e n G e n e ra lv e r s a m m lu n g a b . D e r p o l i z e i b e a m t e n v e r e i n fa ß te in se iner V e r s a m m ­ lu n g v o m 2 . F e b r u a r eine E n tsc h lie ß u n g , die den D o p p e la p p a r a t P o liz e i u n d G e n d a rm e r ie b ea n sta n d e te u n d den V o rz u g einer e in ­ heitlich geschlossenen F ü h r u n g der P o liz e i beton te . D e r V ere in K a r l s r u h e r P r e s s e , der a n , 2 2 . M ä r z fü r die a u s dem F e ld e h e im gekeh rten M itg l ie d e r e inen B e g r ü ß u n g s ­ a b e n d v e ra n s ta l te t h a t te , h ie lt seine G e n e ra lv e r s a m m lu n g a m 7 . G k to b e r a b . — 373 — A m 8. M a i fa n d die G e n e ra lv e r s a m m lu n g d es V e r e i n s s t ä d t i s c h e r B e a m t e n u n d a m H. F e b r u a r eine T a g u n g des V e r b a n d e s d e r B e a m t e n - u n d L e h r e r v e r e i n e s ta t t ; letzterer sp rach sich fü r E in f ü h r u n g d er u n g e te ilten A rb e its z e i t a u s — i/s H U h r m it h a lb s tü n d ig e r E s se n sp a u se , S a m s t a g 8 — ( U h r) . c. K o n f e s s i o n e l l e V e r e i n e . De r E v a n g e l i s c h e A r b e i t e r i n n e n v e r e i n v e r a n ­ staltete a b sO. F e b r u a r u n en tg e ltlich p rak tische K u rs e im K o ch en , F licken u n d in der S ä u g lin g s p f le g e . D er C h r i s t l i c h e V e r e i n j u n g e r M ä n n e r eröffnete im A p r i l sein Z u g e n d h a u s (N o w a c k a n la g e 5 ). A m 2H. N o v e m b e r w u rd e eine O r t s g r u p p e d es D e u t s c h - E v a n g e l i s c h e n F r a u e n b u n d s (H a n n o v e r) u n d A n f a n g O k to b e r ein E v a n g e l i s c h e r H a u s a n g e s te l l t e n - v e r e i n g eg rü n d e t. D e r K a t h o l i s ch e A r b e i t e r i n n e n v e r e i n b eg in g E n d e J u l i sein s . S tif tu n g s fe s t . Z u m K a t h o l i s c h e n D i e n s t b o t e n - v e r e i n K a r l s r u h e - M ü h l b u r g schlossen sich katho lische D ienstangeste llte a l le r S tä n d e a m y . J u n i z u sa m m e n . S e in 3 5 . S tif tu n g s fe s t h ie lt der V ere in k a th o lisch er K a u f le u te u n d B e a m te n „ F i d e l i t a s " a m 5 . O k to b e r a b , d a s s O jä h r ig e a m sO. M ä r z der Z w e ig v e re in K a r l s r u h e d es K a t h o l i s c h e n F r a u e n b u n d e s D e u t s c h l a n d s . N a c h e in e r B e g r ü ß u n g durch die M ilb e g r ü n d e r in u n d la n g jä h r ig e V orsitzende, F r a u O b e r ­ la n d e s g e r ic h ts ra t S c h m it t, h ie lt F r ä u le in M a r i e B u c z k o w s k a -M ü n c h e n einen V o r t r a g ü b e r „ N e u e s S c h a ffe n " . A m s. Z u m fa n d im K a t h o l i s c h e n Z u g e n d v e r e i n d e r O s t s l a d t die A u fn a h m e der S ch u len tla ssen en s ta tt , der Z n g e n d v e re in der M i t t e l s t a d t feierte a m 2 7 . Z u l i d a s F est der F a h n e n w e ih e u n d d a s s5 . S tif tu n g s fe s t . D ie Z u n g f r a u e n k o n g r e g a t i o n S t . P e t e r u n d P a u l ( M ü h lb u r g ) beg ing a m 7 . u n d 8 . D ezem ber ih r 2 5 jä h r ig e s B estehen . B e im F estgo ttesd ienst u n d bei der w eltlichen F e ie r h ie lt S ta d tp f a r r e r B e h r in g e r die H a u p ta n s p ra c h e n . — 374 — D e r k a t h o l i s c h e I u n g m ä n n e r v e r e i n d e r G s t - s t a d t v e ra n s ta lte te a m 4 . M a i , der k a t h o l i s c h e M ä n n e r - V e r e i n R ü p p u r r a m s 6 . M ä r z seine G rü n d u n g s fe ie r . D e m R ech en sch a ftsb e rich t d e r F ra u e n k o n fe re n z e n des 5 t . V i n - c e n t i u s - V e r e i n s e n tn eh m e n w ir fo lgende A n g a b e n : „ D ie Z o rg e d er K o n fe re n ze n g il t v o r a l le m den b ed ü rf tig e n , k ranken u n d gebrech­ lichen F r a u e n , den W ö c h n e rin n e n u n d k inderreichen M ü t t e r n , Z h r e L ag e zu verbessern , ih re B o rg e n a b z u n e h m e n , ist die v o rn eh m ste A u fg a b e der 66 P f le g e r in n e n der 5 K o n fe re n z e n ." D ie 5 t . 5 te p h a n s - konferenz h a t te 5 3 3 6 M k . f 8 P f . E in n a h m e n , d a r u n te r A n to n iu s ­ kasse in d er V in c e n tiu s k a p e lle s 2 3 8 M k . 5 f P f . u n d N ä h s tu b e ( 3 6 8 M k . 66 P f . D ie A u s g a b e n b e tru g e n 5 2 ( 5 M k . 7 0 P f . , d a r u n te r f2 8 7 M k . (0 P f . f ü r B r o t . D ie L ieb frau en k o n fe ren z h a t te 2H 75 M k . 2 5 P f . E in n a h m e n u n d 2 HH2 M k . 3 5 p f g . A u s g a b e n , d a r u n te r ( 4 7 5 M k . 3 5 P f . fü r L eb e n sm itte l. A n 3 5 F a m i l ie n w u rd e n 7 Z e n tn e r Ä p fe l u n d B i r n e n v e rte ilt, die K a p la n R e in h a rd a n s W e ite rd in g e n geschickt h a t te . D ie 5 t . p e te r - u n d P a u ls k o n fe re n z verzeichnete 6 8 2 M k . 5H P f . E in n a h m e n u n d 3 5 0 M k . 66 P f . A u s g a b e n , die B o n ifa tiu s k o n fe re n z (87H M k . ( 5 P f . E in n a h m e n u n d (86 ( M k . 68 P f . A u s g a b e n , d a ru n te r 9 7 2 M k . f ü r L e b e n sm itte l . D ie 5 t . B e rn h a rd k o n fe re n z w ie s (H 05 M a r k 99 P f . E in n a h m e n u n d ( 6 ( 7 M k . 8H P f . A u s g a b e n a u f , sch loß a lso m it 2 ( ( M k . 8 5 P f . 5 c h u ld e n a b . D ie B ib lio th e k d es B o r r o m ä u s - V e r e i n s h a t te im B e r i c h ts ja h r 9 ^ 2 6 M k . ( ( 9 ( 8 : 6 5 2 3 M k .) E in n a h m e n u n d 8 3 6 l M k . (5 5 s 3 M k .) A u s g a b e n . D ie T e i ln e h m e r erh ie lten neben kostenfre ier B e n ü tz u n g d er B ü c h e re i B ü c h e rg a b e n im W e rte v o n 5 6 2 4 (38H 7 M k .) . B e i e in em B ü ch ere ib es tan d m it (3 22 H B ä n d e n w u rd e n 3 8 3H 3 (32 6 7 8 ) B ä n d e a u sg e lie h e n . I m A l t k a t h o l i s c h e n M ä n n e r v e r e i n sp rach 5 ta d t - p f a r r e r K a m in s k i a m 6 . G k to b e r ü b e r „ D ie a ltk a th o lisch e K irche u n d die neue Z e i t " . D ie ( O r ts g ru p p e d es Z e n t r a l v e r e i n s d e u t s c h e r 5 t a a t s - b ü r g e r j ü d i s c h e n G l a u b e n s v e ra n s ta lte te a m ( ( . J a n u a r e ine öffen tliche V e r s a m m lu n g u n d die Z i o n i s t i s c h e G r t s ­ g r u p p e a m ( 9 . M a i einen V o r t r a g s a b e n d zu m B e s te n d e s jüdischen H a n d w e rk s in P a lä s t in a . 375 — 6 . S p o r t - u n d a n d e r e V e r e i n e . A m 2H. M a i h ie lt der M ä n n e r t u r n v e r e i n , A n f a n g F e b r u a r die F r e i e T n r n e r s c h a f t G e n e ra lv e r s a m m lu n g a b . D ie letztere v e ra n s ta lte te a m 3 l . M a i a u f d em M e ß p la tz , z u sa m m e n m it dem 3 . B ez irk des A rb e i te r tu rn v e rb a n d e s , ein B u n d e s w e r tu n g s ­ tu rn e n . A m l- M ä r z v o llzo g sich in g e m e in s a m e r G e n e ra lv e r s a m m lu n g die V erschm elzung der K a r l s r u h e r T u r n g e m e i n d e s8H 6 u n d der K a r l s r u h e r T u r n g e s e I l s ch a f t s 88^l zu m K a r l s - ru h e r T u rn v e r e in s 6 ^ 6 . D er G a u tu r n t a g d es K a r l s r u h e r T u r n g a u e s f a n d a m 9- M ä r z u n d ein G a u tu r n e n a m sH. S e p te m b e r s ta tt. G in L t a d t a u s s c h u ß K a r l s r u h e d e s B a d i s c h e n L a n d e s t e i l s f ü r K ö r p e r p f l e g e u n d J u g e n d e r z i e h u n g w u rd e a m 2 . M ä r z b e g rü n d e t u n d in e in e r E n ts c h lie ß u n g die B e re its te llu n g v o n S p ie lp lä tz e n du rch S t a a t u n d G e m e in d e n g e fo rd e r t. D er A u ssc h u ß lu d die T u r n - , S p o r t - u n d S p ie lv e re in e zu einer V e r s a m m lu n g a u f s6 . J u n i ei», in d e r B e ric h t ü b e r d a s E rre ic h te ersta tte t w u rd e . D ie J a h r e s v e r s a m m lu n g d es K a r l s r u h e r F u ß b a l l ­ v e r e i n s f a n d a m l9< J u l i s ta tt. W e g e n der zah lre ichen F u ß b a l l ­ w e ttk äm p fe sei w ie im v o r ig e n J a h r a u f die S p o r tb e i la g e n der T a g e s b lä t te r ve rw iesen . I h r e G e n e ra lv e r s a m m lu n g h ie lten a b der R h e i n k l u b „ A l e m a n n i a " a m l 8 . J a n u a r , der S c h w i m m v e r e i n „ N e p t u n " a m 2 3 . M ä r z u n d - d e r S c h w i m m v e r e i n „ P o s e i d o n " a m 2 5 . J a n u a r . A m s . J a n u a r v e re in ig te n sich „ S t u r m v o g e l " (seit s89H ) u n d „ S a l a m a n d e r " ()8 H 9 ) zu m „ K a r l s r u h e r R u d e r ­ v e r e i n " . A uch w egen der v e ra n s ta lte te n S ch w im m fe s te u n d R e g a t te n sei a u f die T a g e sz e itu n g e n h in g ew iesen . D er S c h w a r z w a l d v e r e i n v e ra n s ta lte te neben A u s f lü g e n w ied e ru m V o r t ra g s a b e n d e .* ) D e r T o u r i s t e n v e r e i n d e r N a tu r f re u n d e b eg in g a m s s. M a i seine sO. G r ü n d u n g s fe ie r . *) vergl. auch „M onatsblätter des B a d . Schw arzw aldvereins". — 376 — D ie Z c h ü t z e n g e s e l l s c h a f t h ie lt a m sH. F e b r u a r G e n e ra l ­ v e r s a m m lu n g a b . U n te r dem N a m e n „ D e r e i n d e r H u n d e f r e u n d e k a r l s - r u h e " schlossen sich a m 2 3 . M a i der B a d i s c h e A y n o - l o g i s c h e V e r e i n u n d der s. K a r l s r u h e r k y n o l o g e n - k l u b z u s a m m e n . pliol. Dökar Suck ^ l lk o b M I o t h S tad tra t V. Leistungen des Gemeinstnns. Armen- und Krankengstege. 1. Leistungen des Gemeinstnns. m J a h r e is t is t w u rd e n im städtischen V i e r o r d t b a d i n s ­ g esam t i 8 6 2 8 2 ( 4 s ts 8 : sst3 2st8) B ä d e r ab g eg eb en , d a r u n te r 8 3 s3st sst3st02) S c h w im m b ä d e r u n d z w a r 6 3 4 8 8 a n H e rre n , i s t 6 5 i a n D a m e n , 88O4 (7 st84) D a m p f b ä d e r , 7 s2 s t a n H e rre n u n d s 6 7 3 a n D a m e n , 3 0 8 8 elektrische L ich tbäder, 2442 a n H e rre n u n d 94 i a n D a in e n , t0 6 s t A o h le n s ä u re b ä d e r , 8 9 5 a n H e rre n u n d i ? 4 a n D a m e n , 3 9 i 5 A u rb ä d e r , 3 0 2 6 a n H e rre n u n d 889 a n D a m e n , 8 6 2 6 7 (84848 ) W a n n e n b ä d e r , 47097 a n H e rre n u n d 3 s t i 7 0 a n D a m e n . V o n den S c h w im m b ä d e rn w u rd e n 2 3 7 7 9 (42 6 8 0 ) zu e rm ä ß ig te n P re is e n (V o lk sb äd e r) ab g e g eb e n u n d z w a r 48 646 a n H erre n u n d 7 s 3 3 a n D a m e n , v o n den H e iß lu f t- u n d D a m p fb ä d e rn w u rd e n zu e rm ä ß ig te n P re is e n 3 0 2 (4 6 7 ) ab g eg eb en , d a v o n 2 3 6 a n H erre n , 6 6 a n D a m e n . D a s V ie ro rd tb a d w a r im B e r ic h ts ja h re v o m 2 0 . D k to b e r b is 3 . D ezem ber 3 T a g e in der W oche geschlossen. D ie S c h w im m h a lle w a r im J u l i 45 T a g e geschlossen, v o m 2 0 . (O ktober a b je w e ils 3 T a g e in der W oche geöffnet u n d v o m 4. N o v e m b e r i 9 i s t b is A p r i l is t2 0 v o lls tä n d ig geschlossen. I m städtischen S c h w i m m - u n d S o n n e n b a d , geöffnet in den M o n a te n M a i b is S e p te m b e r , w u rd e n im g an z en 3 4 0 8 s (2 st 5 3 2 ) B ä d e r abg eg eb en u n d z w a r 3 4 6 5 s t a n H e rre n u n d 49422 a n D a m e n . D e r E n tw u r f des V o ra n sc h la g s f ü r die B a d e a n s ta lte n f ü r 4949 sah e inen Z u sc h u ß der S ta d th a u p tk a sse a n die B ad ean sta ltk a sse v o n — 378 — 92 7 7 6 M k . gegen 7 6 428 M k . im V o r ja h r e v o r . U m diesen F e h l­ b e t ra g tun lich st h e ra b z u m in d e rn , beschloß der S ta d t r a t a m 20 . F e b r u a r , die P re is e der B ä d e r u n d sonstigen L eistungen v o m s . M ä r z s 9 s 9 a b u m 40 b is 9 0 "/« zu e rh ö h e n . I m S t a d t g a r t e n w u rd e n im J a h r e s ß s ß in sg e sa m t 5 s 2 9 6 8 E in z e lk a r te n ( s 9 s 8 : 2 6 4 4 6 7 ) v e rk a u ft u n d z w a r a n E rw ach sen e s 39 8 3 5 zu 6 9 9 s 6 M k . 3 0 P f . , a n R in d e r 2 6 222 zu 6 5 5 5 M k . 5 0 P f . , a n S o n n ta g - V o r m i t t a g e n a n E rw a ch se n e s 0 8 7 4 8 zu 2 s 749 M k . 6 0 P f . , u n d a n R in d e r 5 s 5 5 6 zu s5 7 7 M k . 8 0 P f . J a h r e s k a r t e n w u rd e n im g an z en 8 4 7 4 (sO s 02 ) S tück zu 5 7 000 M k . (3 6 7 7 9 M k .) ab g eg eb en u n d z w a r H a u p tk a r te n 2926 (3 2 4 s ) , B e i- u n d S ch ü le rk a rte n 5 5 4 8 (68 6 s). R o n z e r tk a r te n w u rd e n s s 7 7 8 9 (s 5 6 7 8 4 ) ZU 8 0 3 3 8 M k . 6 0 P f . v e rk a u ft. D ie R o n z e rte w u rd e n v o n der S ta d t a u f eigene R e c h n u n g v e ra n s ta l te t ; die R a p e lle n erh ie lten feste V e rg ü tu n g e n . B o o ts k a r te n w u rd e n s 96 5 6 0 (s 68 222) zu 2 6 6 0 5 M k . 20 P f . (22 5 5 4 M k . 90 P f . ) v e rk a u ft, fe rn e r E i s b a h n ­ k a r te n 5 9 5 s zu 2864 M k . 90 P f . ( s 2 5 5 zu 5 8 s M k .) , R e it- u n d F a h r k a r te n 2 7 6 3 9 ( l ^ 8 6 5 ) zu 2 7 6 5 M k . 90 P f . ( s 4 8 5 M k . 6 0 P f . ) u n d W a g e k a r te n 6 2 0 5 (8OO4) zu 6 2 0 M k . 3 0 P f . (8 0 0 M k . 40 P f .) . A m 5 s . D ezem b er d es B e r ic h ts ja h re s e rg a b sich im S ta d tg a r te n fo lg en d e r T ie rb e s ta n d : S tück A ffen . . sO B e u te lt ie re s E n t e n . . s 2 s F a s a n e n . s 4 Fische . . 5 7 9 H ü h n e r . 90 G ä n s e . . 9 R e r f j ä g e r . 3 S tückS tück Hu f t i e r e . . . . 3 3 P a p a g e ie n u .S ittic h e s s N a g e tie re . . . s s 2 R a u b tie re . . . s7 R a u b v ö g e l . . . 24 R e p til ie n . . . 2 s S in g - u . Z ie rv ö g e l (R ä rn e rfre sse r) . 20 V o n der V e rg ü n s tig u n g des fre ien E in t r i t t s in den S ta d tg a r te n h a b e n im B e r ic h ts ja h re die hiesigen S ch u len in fo lg en d em U m fa n g e G e b ra u c h g e m a c h t: 8 s s 7 S ch ü le r der V olksschule, 3 5 7 der G o e th e - S ch u le , 3 0 7 S c h ü le r in n e n der F ich te -S ch u le , 90 S ch ü le r u n d S ch ü le rin n en d er S e m in a r -Ü b u n g s s c h u le I , 7 5 S ch ü le r der R unstgew erbeschu le , 3 0 S c h ü le r in n e n der L essing-S chule u n d 22 S ch ü le r der R ealschule. S in g - u . Z ie rv ö g e l (Insek ten fresser) S c h w ä n e . . S t r a u ß e . . S u m p fv ö g e l T a u b e n . . W ildschw eine sO 2 66 2 — 379 ^ D e r Z u sc h u ß der S ta d th a u p tk a sse a n die S ta d tg a r te n k a sse ist nach dem E n tw u r f des V o ra n sc h la g s f ü r s ß s ß v o n s O l I 7 6 M k . a u f s 2 0 s 5 5 R7k. gestiegen. Z u r H e ra b m in d e ru n g dieses Z uschusses beschloß der S ta d t r a t a m 6 . F e b r u a r , m i t W irk u n g v o m s . A p r i l s ß s ß den P r e i s der S ta d tg a r te n - J a h r e s k a r t e n v o n 6 A lk . a u f sO A lk ., den der B e ik a r te n f ü r F a m il ie n a n g e h ö r ig e u n d f ü r S c h ü le r v o n 5 M k . a u f 3 A lk . h inau fzuse tzen , fe rn e r den Z u s c h la g , d e r bei M u s ik - u n d äh n lich en A u f f ü h r u n g e n zu m E in t r i t t s g e ld zu e rheben ist, v o n 3 0 a u f 5 0 P f . f ü r E rw a c h se n e u n d v o n s 5 a u f 2 5 P f . f ü r R in d e r u n d S o ld a te n zu erh ö h e n , f ü r den B esuch des G a r te n s a n S o n n - u n d F e ie r ta g - V o r m it ta g e n 2 0 P f . (b ish e r sO P f . ) v o n E rw a ch se n en zu erheben , f ü r R in d e r nach w ie v o r 5 P f . A n den M it tw o c h -N a c h m it ta g e n , a n denen b is h e r v o n E rw a c h se n e n u n d R in d e rn n u r ein E in tr i t t s g e ld v o n I O P f . e rh o b e n w u rd e n , sollen die gew öhn lichen E in t r i t t s p re is e ge lten . A n Z u s c h ü s s e n der S ta d tg e m e in d e zu g e m e i n n ü t z i g e n Z w e c k e n w a re n im V o ra n sc h la g des B e r ic h ts ja h r e s a u ß e r den a n an d e ren S te lle n der C h ro n ik g e n a n n te n fo lgende n e u e in g este llt: F ü r die G esellschaft zu r F ö rd e ru n g des I n s t i t u t s f ü r S eev e rk eh r u n d W e ltw ir tsc h a f t der U n iv e rs itä t R ie l sOO M k ., f ü r d a s deutsche A u s ­ la n d sm u se u m u n d - I n s t i t u t in S tu t t g a r t 3 0 M k . , f ü r den B ad isch en W a ld b esitze rv e rb an d 90 M k . , f ü r den B ad isch en M o lk e re iv e rb a n d 5 0 M k ., f ü r den R e isen ste in er V e re in f ü r w irtschaftliche F r a u e n ­ schulen a u f den : L ande 2 5 M k . A u ß e rd e m w u rd e n e rh ö h t der B e i t r a g f ü r den V e re in B ad ische H e im a t v o n 3 0 M k . a u f 6 0 0 M k . , der f ü r den In te rk o n fe ss io n e lle n V e rb a n d f ü r F ü rso rg e h e im e v o n 2 0 0 0 M k . a u f 4 0 0 0 M k . , der f ü r den h iesigen V e rk e h rsv e re in v o n ! 0 0 0 M k . a u f 5 0 0 0 M k . , fe rn e r f ü r diesen V e re in 2 5 0 0 M k . a l s au ß e ro rd e n tlic h e r B e i t r a g zu m E rsa tz der D ruckkosten e in e s n eu en (kurzen) F ü h r e r s durch R a r l s r u h e . D e r B e i t r a g z u m S tä d te ta g soll u m 2 2 5 M k . , u n d der f ü r die B e ra tu n g s s te lle f ü r A lk o h o lk ran k e v o n 400 M k . a u f 5 5 0 0 M k . e rh ö h t w erd en . D er G r o ß h e r z o g - F r i e d r i c h - V e t e r a n e n d a n k - F o n d s h a t im B e r ic h ts ja h re fo lgende U n te rs tü tzu n g e n b e w il l ig t : A n M i t ­ g lieder des badischen R r ie g e rb u n d e s u n d z w a r a n 4 6 5 R r ie g s v e te ra n e s3 5 3 5 M k . , a n l 8 H in te rb lie b e n e 4 s 5 M k . , a n N ic h t -B u n d e s - m itg lie d e r u n d z w a r a n s 2 ß R r ie g s v e te ra n e 3 s 5 0 M k . , a n p H in te r- — 380 — bliebene 2 3 5 Mk. I m ganzen sind somit 17 3 5 5 Mk. Unterstützungen gegeben worden. M it der Schlußrechnung wurde bekanntgegeben, daß die M ittel des Fonds aufgebraucht und damit den Bestimmungen des H 3 der Satzungen Rechnung getragen sei. I n d e r A u ssch u ß sitzu n g des V e r k e h r s v e r e i n s im J u n i w u rd e m itg e te ilt , d a ß der B esuch d er A u sk u n fts s te lle seit A n fa n g d es B e r ic h ts ja h r e s fo r tw ä h re n d gestiegen sei, die B esucherzah l ü b e r 3 0 0 0 b e tra g e , d a ß a n F ü h r e r n , S ta d tp lä n e n , A a r te n , F lu g sch rif te n in den letzten 6 M o n a te n ü b e r 2 5 0 0 S tück abgesetzt w o rd e n , d a ß sich die Z a h l d e r M itg l ie d e r v o n 6 0 0 a u f 7 0 0 v e rm e h r t u n d der V e re in d a m it seinen höchsten M itg lie d e rs ta n d seit se inem B estehen (1 9 0 3 ) e rre ich t h ab e . Nach Vorbesprechungen fand am 2 4 . Jan u a r eine Versammlung zur Gründung einer G a r t e n v o r s t a d t G r ü n w i n k e l statt. Nach einem Bebauungsplan von Professor Sackur sind 1 8 0 Wohnungen vorgesehen, darunter 8 Vierfamilienhäuser, alle übrigen Einfamilien­ häuser mit 3 bis 5 Räumen. Die Genossenschaft erhält das Gelände zwischen Durmersheimer- und Pfalz-Straße, sowie Alb-Ufer auf 7 0 Jah re in Erbbaupacht. E in Geschäftsanteil beträgt 200 Mark. I n der Hauptversammlung der G a r t e n s t a d t R ü p p u r r am 29 . April wurde berichtet, daß 6 5 Wohnungen in Reihen- und Doppelhäusern im laufenden J a h r erstellt werden sollten. Die Generalversammlung des A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n s am 3 . M ärz genehmigte den Ankauf des dem Vereinshaus benach­ barten Gebäudes, Wilhelm-Straße 12, zur Vergrößerung. D e r M i e t e r - u n d B a u v e r e i n je. G . m . b . H .) zäh lte a m s . J a n u a r des B e r ic h ts ja h r e s 1 5 8 5 M itg l ie d e r ( 1 9 1 8 : 1428). D ie G e s c h ä f tsg u th a b e n b e tru g e n 3 2 5 5 1 9 M k - D ie S p a r g u th a b e n n a h m e n im verflossenen G e sc h ä f ts ja h re u m 2 8 8 7 8 3 M k . zu u n d b e tru g e n n u n m e h r 1 0 6 4 239 M k . I n der G e n e ra lv e r s a m m lu n g des V e re in s w u rd e fe rn e r m itg e te ilt , d a ß f ü r die E rs te l lu n g v o n zw ei N e u b a u te n a n der N o k k -S tra ß e a lle V o ra rb e i te n ge tro ffen seien, d a ß e in P ro je k t bei B u la c h , f ü r d a s die G e n e ra ld ire k tio n der S ta a ts b a h n e n ein m it 3 h'2 o/g v e rz in s b a re s D a r le h e n b is zu 9 0 "/, der B a u h e r s te l lu n g s ­ kosten z u r V e r fü g u n g stelle, m i t e tw a > 00 W o h n u n g e n in A n g r i f f g e n o m m e n w erd en solle. — 381 — D e r L e b e n s b e d ü r f n i s v e r e i n h ie lt a m 3 s . M ä r z 1 9 2 0 G e n e ra lv e r s a m m lu n g a b . D e m e rs ta tte te n G esc h ä ftsb e rich t f ü r 1 9 1 9 sind fo lgende A n g a b e n zu e n tn e h m e n : D e r G esa m tu m sa tz d es B e r ic h ts ­ ja h re s b e tru g 1 1 -1 1 8 0 7 6 M k . 7 8 P f . (1 9 1 8 : 6 1 3 0 6 2 3 M k . 29 P f . ) . D e r M itg lie d e rs ta n d h a t sich a u f 1 3 5 2 0 g eh o b en . D e r R e in e r tr a g w u rd e 1 9 1 9 a u f 7 2 3 1 6 7 M k . 9 6 P f . berechnet ( 7 2 3 1 6 7 M k . 9 6 P f .) . E s konn te d a h e r w ie d e ru m n eb en e in e r 5 " /o ig e n V e rz in su n g der G esc h äftsa n te ile eine D iv id en d e v o n 6 v/g g ez ah lt w e rd en . D e m E rn e u e r u n g s f o n d s w u rd e n 2 0 0 0 0 A lk ., d em A n te rs tü tz u n g s - u n d R u h e g e h a lts fo n d s 2 0 5 5 1 D lk . 2 6 P f . zugew iesen . D e r V e re in ist der n eu g e g rü n d e te n E in fu h rg e se llsch a s t des badischen L e b e n sm it te l­ g ro ß h a n d e ls a l s M itg l ie d m it e in e r E in la g e v o n 5 0 0 0 0 M a r k b e ig e tre ten . D ie A a r l - F r i e d r i c h - , L e o p o l d - u n d S o p h i e n s t i f t u n g ( p f r ü n d n e r h a u s ) zäh lte a m S chluffe des B e r ic h ts ja h r e s 7 9 (1 9 1 8 : 63 ) P f r ü n d n e r erster u n d -17 (-15) P f r ü n d n e r zw e ite r M a sse . D ie la u fe n d en E in n a h m e n b e tru g e n H 9 5 6 9 M k . 90 P f . (1 1 7 5-17 M k . 2 0 P f . ) , die A u s g a b e n 176 5 2 5 M k . 61 P f . (1 5 -1 5 1 1 M k . 7 0 P f . ) . F ü r den G rundstock g in g e n dem p f r ü n d n e r h a u s 2 9 7 0 0 M a r k a n S chenkungen u n d 5 0 0 0 A lk . a n E in k a u fs g e ld e rn zu. F ü r die F r e i w i l l i g e F e u e r w e h r h a t die S ta d tg e m e in d e in den V o ra n sc h la g des B e r ic h ts ja h r e s e inen B e i t r a g v o n 15 3 0 5 -1 M k . (1 9 1 8 im V o ra n sc h la g 96 6 0 0 A lk ., w irk licher A u fw a n e 9 ^ 6 -1 7 A lk .) eingestellt. — A u s A n la ß der R ückkehr der u n te r den F a h n e n gestandenen M itg l ie d e r fa n d a m 8 . F e b r u a r eine A o rp s v e r s a m m lu n g sta tt. G b e rk o m m a n d a n t p e u ß e r dan k te den zurückgekehrten A a m e ra d e n f ü r a lle s , w a s sie geleistet. D en Z u rü ck g ek eh rten w u rd e eine S p en d e zu te il : Z n e in e r k le inen B rie ftasch e b efa n d en sich zehn M a r k ; a u ß e rd e m e rh ie lt jeder eine Z ig a rre n ta sc h e m i t Z ig a r r e n u n d eine kleine B lu m e n sp e n d e . — Z n der G e n e ra lv e r s a m m lu n g der F r e i ­ w illig en F e u e rw e h r des S ta d t te i l s A lü h lb u r g A n f a n g A p r i l e rsta tte te F e rd in a n d D o ld t den B e ric h t ü b e r die T ä t ig k e i t des A o r p s . A u f dem F elde der E h r e sind 5 M itg l ie d e r g e fa llen , die A a m e ra d e n E r m a n n , Becker u n d A ro d e l. N a c h dem A assenberich t e rfo lg ten die N e u w a h le n . D er se itherige A o m m a n d a n t , p e r r D o ld t, lehn te a u s G esundheitsrücksich ten eine M ie d e r w a h l a b ; auch der se itherige A d ju ta n t A u g u s t M ü l l e r , der sein A m t 2-1 Z a h r e bekleidet h a tte , t r a t zurück. Z u m K o m m a n d a n te n w u rd e A rch itek t F rie d rich P fe ife r g e w ä h lt . A m 3 1 - M a i h ie lt die F e u e rw e h r v o n K a r ls r u h e - M ü h lb u r g u n d die F re iw il l ig e F e u e rw e h r des S ta d t te i l s R in th e im ih re F r ü h j a h r s ­ h a u p tp ro b e a b . — A m 20 . S e p te m b e r h ie lt die F re iw ill ig e F e u e r ­ w e h r in V e rb in d u n g m i t der F e u e rw a c h e u n d der B a h n h o ffe u e rw e h r a m linken , w estlichen S ch lo ß flü g e l ih re H a u p tü b u n g a b . — A m 2 7 . S e p te m b e r h ie lt die F re iw il l ig e F e u e rw e h r M ü h lb u r g a n den G e b ä u lic h k e iten d e r B ad isch en L ederw erke ih re S p ä t ja h r s h a u p tü b u n g ab , a n d e r sich auch die städtische F e u e rw e h r b e te ilig t h a tte . Dem B a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n sind im Berichtsjahre verschiedene größere Schenkungen und Vermächtnisse zuteil geworden, darunter eine große Stiftung im Gesamtbetrag von 13 0 000 Fr. — 2 9 7 000 A lk ., die die la n g jä h r ig e M i ta r b e i t e r in , F r a u S ta p fe r - v o n F ro b e n zu g u n s ten der A b te i lu n g e n I, III u n d IV, im besonderen des H a u s h a l tu n g s le h r e r in n e n -S e m in a r s , L u d w ig -W ilh e lm -K ra n k e n - h e im s , E rh o lu n g s h e im s R ä n d e r n , des S o p h ie n - , E lis a b e th e n v e re in s , de r M ä d c h e n fü rso rg e le tz tw illig v e rm a ch t h a t , a u ß e rd e m V erm äch tn isse v o n F r a u M a j o r W a g n e r 1 0 5 2 1 M k . , F re i in v o n D usch 10000 A lk . u . a . A m 24 . S e p te m b e r w u rd e in V e rb in d u n g m it der h ie r a b g e h a lte n e n L a n d e s v e r s a m m l u n g des V e re in s d a s 6 0 jä h r ig e B estehen desselben u n d d a s 6 0 jä h r ig e J u b i l ä u m der G ro ß h e rz o g iu Luise a l s S c h u tz h e rrin des B ad isch en F ra u e n v e re in s in schlichter W eise gefeiert. D a s N ä h e re ü b e r den V e r la u f der F eie rlichke it ist u n te r V I , 2 m i t ­ ge te ilt. H ie r sei n u r noch e rw ä h n t , d a ß 2-1 Z w e ig v e re in e n , die g leichzeitig m it dem H a u p tv e re in ih r 6 0 jä h r ig e s J u b i l ä u m feierten , v o n G ro ß h e rz o g in Luise ein besonderes E h re n d ip lo m v erlieh en w u rd e . — D ie Z a h l d e r Z w e ig v e re in e ist nach B e e n d ig u n g der K r ie g s ­ tä tig k e it u n d in fo lg e m a n ch e rle i schw ieriger V erh ä ltn isse v o n 474 a u f 466 zu rü ck g eg an g en . D ie G e sa m tz a h l d e r M itg l ie d e r einschl. d er d es H a u p tv e re in s b e tru g a u f E n d e des B e r ic h ts ja h re s 9 3 6 2 2 gegen 9 1 9 ^ 6 im V o r ja h r e . Die K l e i n k i n d e r b e w a h r a n st a l t e n (Kleinkinderschulen) wurden von 5 3 9 Kindern ( 1 9 1 8 : 614 ) besucht und zwar 2 7 3 (314) Knaben und 2 6 6 (3 0 0 ) Mädchen. Von den 5 3 9 Kindern besuchten 3 7 die Schule im M utterhaus für Kinderschwestern, 8 0 die im Luisenhaus, 5 s die im Hildahaus, 124 die im Gemeindehaus der Südstadt, 13 8 die in der Rudolfstraße, 64 die in der Beifortstraße, — 383 — 2 7 die in der A k ad e m ie straß e , ( 8 die im A in d e rg a r te n . — - D a s M u t t e r h a u s h a t te im B e r ic h ts ja h re im g an z en ( 4 6 a u s w ä r t ig e S ta t io n e n m it 2 ( 6 S chw estern besetzt, ( ( S ch w estern w a re n b e u r la u b t, ( 6 befinden sich im R u h e s ta n d u n d 2 6 zu r V o rb e re i tu n g im H ause . I m g an zen zä h lt so m it d a s H a u s 2 6 9 S chw estern . I m S t . E l i s a b e t h e n H a u s ü b e rn a ch te ten im B e r ic h ts ja h re 5 2 0 ( ( 9 ( 8 : 3 ( 5 ) D ienstm ädchen m i t 3 ( 3 7 ( (6 8 3 ) Ü b e rn a c h tu n g e n . 2 s 8 0 (836 ) M ä d c h e n suchten S te lle n , 2 5 5 6 ( 2 ( ( 0 D ien s tg eb e r suchten M ä d c h e n . ( ( 3 8 (596 ) S te lle n k o n n ten v e rn n tte l t w e rd en . 2 7 5 (2 6 0 ) ständ ige u n d v o rü b e rg eh e n d e P e n s io n ä r in n e n b e w o h n te n die A n s ta lt . ( 6 0 ( ( 40) Z ö g lin g e besuchten die N äh sch u le . I m S t . F r a n z i s k u s H a u s ü b e rn a ch te ten im B e r ic h ts ja h re 2 ( ( 9 ( 8 : 0) D ienstm ädchen m it 4 Ü b e rn a c h tu n g e n . 295 ( (3 8 ) M ä d c h e n suchten S te lle n , l 0 7 2 (743 ) D ien s tg eb e r suchten M ä d c h e n . 2 ( 5 (96 ) S te lle n k o nn ten v e rm itte l t w erd en . H a u s h a l tu n g s z ö g lin g e w a re n es 7 2 (50), P e n s io n ä r in n e n im D a m e n h e im 6 5 (40). I m S t . I o s e f s h a u s ü b e rn a ch te ten im B e r ic h ts ja h r e 42 ( ( 9 ( 8 : (0 0 ) D ienstnm dchcn m it 290 (2448 ) Ü b e rn a c h tu n g e n . 244 (( 70) U läd c h en suchten S te lle n , 8 ( 4 ( (O 45) D ien s tg eb e r suchten M ä d c h e n . ( 6 3 ( (5 2 ) S te lle n w u rd e n v e rm itte l t . 2 3 0 ( ( 8 0 ) Z ö g l in g e besuchten die N ähschu le . S tä n d ig e P e n s io n ä r in n e n w a re n es 2 4 (24 ) u n d 2 8 G esc h ä ftsg e h ilf in n e n u n d S c h ü le rin n e n . D a s M a r t h a h a u s b eh e rb e rg te im B e r ic h ts ja h r e 447 ( ( 9 ( 8 : 3 5 () M ä d c h e n m it 3 6 8 5 (7 5 0 0 ) Ü b e rn a c h tu n g e n . D az u k am en 3 0 (32) P e n s io n ä r in n e n m i t 5 5 8 0 (6 2 0 3 ) V e rp f le g u n g s ta g e n . 2295 (2 0 7 9 ) D ienstgeber suchten M ä d c h e n , 7 8 0 (468) D ienstm ädchen suchten S te lle n . 598 ( (6 6 ) h a b e n S te lle n g e fu n d en . A m 2 . J a n u a r g a b der O b e rb ü rg e rm e is te r b ek a n n t, d a ß ih m v o m S ta d tr a b b in e r V r . A p p e l zu m eh ren d en A n d en k e n a n dessen versto rbene G a t t i n 2 0 0 M k . f ü r die A rm e n der S ta d t u n d v o n „ U n g e n a n n t" a u s A n la ß e in es G e b u r ts ta g e s 5 0 0 M k . f ü r w o h l­ tä tig e Zw ecke ü b e rsa n d t w o rd e n seien. A n : 2 . J a n u a r e rh ie lt der I s ra e l i t is c h e F ra u e n v e re in v o n S ta d t - r a b b in e r O r . A p p e l zu m eh ren d en G e d ä c h tn is se iner G a t t in , des la n g jä h r ig e n V o rs ta n d sm itg lie d s des V e re in s , eine S p e n d e v o n 5 0 0 Akk., — 3 8 4 — a u ß e rd e m b es tim m te V r . A p p e l zu m A n d en k en seiner v ersto rbenen G a t t i n 200 A lk . z u r V e r te i lu n g a n hiesige israelitische A rm e . A n f a n g J a n u a r ü b e rw ie s M a r t i n E l s a s sin F i r m a L. I . E t t l in g e r h ie r) der T echnischen Hochschule 10000 Abk. zur V e rw e n d u n g f ü r w issenschaftliche Zw ecke. G le ic h fa lls A n f a n g J a n u a r ü b e rw ie s G e h . K o m m e rz ie n ra t O r . W o l f s d fm C hem ischen I n s t i t u t der Technischen Hochschule eine S p e n d e v o n 10000 M k . f ü r w issenschaftlich-technische Zw ecke. F r a u G b e rh o fm e is te r in G r ä f in A n d l a w ü b e rg a b dem O b e r ­ b ü rg e rm e is te r , w ie a n r 4 . J a n u a r bek an n tg eg eb en w u rd e , im A n ­ denken a n ih re n v e re w ig te n G a t t e n 1000 A bk. zu r V e rw e n d u n g f ü r die A rm e n d er S ta d t . D ie F i r m a B o p p 6c R e u t h e r , M a sc h in e n - u n d A r m a tu r e n ­ fa b r ik u n d E ise n g ie ß e re i in M a n n h e im - W a ld h o f h a t der Technischen H ochschule K a r l s r u h e M i t t e J a n u a r eine S t i f tu n g v o n s 00 000 M k - üb erw iesen . A n r 16. J a n u a r beschloß der S ta d t r a t , f ü r d a s E r h o l u n g s ­ h e i m d e s b a d i s c h e n L e h r e r v e r e i n s sB a d F re y e rsb a c h ) in H e te r s ta l e in en B e trieb sk o sten zu sch u ß v o n 1000 Abk. in den V o r ­ an sch lag f ü r 1 9 1 9 einzustellen . A m 5 0 . J a n u a r w u rd e fo lgende M i t te i lu n g v e rö ffen tlich t: D ie H a u p tv e r s a m m lu n g der K a r l s r u h e r B r a u e r e i g e s e l l ­ s c h a f t v 0 r n r a l s A . S c h r e m p p h a t a u f A n t r a g des A u fs ich ts­ r a t s e in s tim m ig beschlossen, eine Z u s t i f tu n g v o n 2 5 8 000 M k . zu r K . S ch rem p p 'sch en A rb e ite rs t if tu n g zu m a ch e n , u m eine w e ite r­ gehende F ö rd e ru n g der W o h l f a h r t der A rb e ite r u n d A ngeste llten zu e rm ö g lich e n . D a s S t i f tu n g s k a p i ta l b e t rä g t d a rn a ch 3 0 0 0 0 0 M k . D e r S t i f t u n g s r a t h a t die Z u s t if tu n g , die a u f A n re g u n g des B r a u e r e i ­ d ire k to rs A . S c h re m p p d. ä l t . beschlossen w u rd e , v o rb eh a ltlic h der E r t e i l u n g d e r S ta a ts g e n e h m ig u n g a n g e n o m m e n . D e r S ta d t r a t sp rach „ d e r S ch rem p p 'sch e n B rau e re ig ese llsch a ft f ü r diese erneu te ta tk rä f tig e F ü rs o rg e f ü r ih re A rb e i te r u n d A n g este llten D an k a u s " . D e r V e r w a l tu n g s r a t d e r H e r m a n n S i e l c k e n - S t i f t u n g h a t, w ie E n d e J a n u a r b ek a n n tg e g eb e n w u rd e , der S ta d tg e m e in d e , w ie im V o r ja h r e , zu den K o sten der F e r ie n k o lo n ie n u n d der S ch ü le r­ spe isung 5 0 0 0 Abk. b e w il l ig t . — 385 — A m 3 . F e b r u a r v erö ffen tlich te der V o rs ta n d des E v a n g . V e re in s f ü r S ta d tm iss io n fo lgende A l i t t e i l u n g : „ H e r r Or. m e ä . T . G r a m e r h a t u n se rem E v a n g . V e re in f ü r S ta d tm is s io n a l s B a u s te in zu e in em S tad tm iss io n sh a u se d a s reiche G eschenk v o n 10 0 0 A lk . in W e r t ­ p a p ie re n zugew endet, in d a n k b a re m A u fseh en zu G o t t f ü r dessen g n äd ig e D u rc h h ilfe in der F a m il ie , w o fü r w i r h ie rd u rch unse ren herzlichsten D an k au ssp re ch e n ." A m f f . F e b r u a r ü b e rg a b N o ta r Or. J u l i u s A p p e l zu m eh renden A nd en k en a n seinen v e rs to rb e n en V a te r , S ta d t r a b b in e r Vr. A p p e l, den : O b e rb ü rg e rm e is te r 2 0 0 A lk . z u r V e r te i lu n g a n hiesige A rm e . E b e n so spendete er 2 0 0 A lk . z u r V e r te i lu n g a n hiesige israelitische A rm e . A m sZ . F e b r u a r e rh ie lt die K o m m iss io n f ü r A rm e n w e se n u n d J u g e n d fü r s o rg e v o n „ U n g e n a n n t" zu r V e rw e n d u n g f ü r hiesige A rm e sOOO A lk . in 3 o/g S ch a tza n w e isu n g des D eutschen R e iches. D ie K o m m iss io n sprach „ f ü r die hochherzige Z u w e n d u n g n a m e n s der B ed ach ten herzlichsten D a n k a u s " . A m s8 . F e b r u a r ü b e rw ie s F r a u L u d w i g E t t l i n g e r zu m A ndenken a n ih re n v ers to rb en en G a t t e n d e r S ta d tg e m e in d e zu in B esten der A rm e n sOO A lk . A m 2 0 . F e b r u a r ü b e rg a b G e h . H o s ra t O r . G u s t a v B i n z a u s A n la ß seines A u ssch e id en s a u s dem S ta d t r a t dem O b e r ­ b ü rg e rm e is te r sOOO A lk . a l s G eschenk f ü r die S ta d tg e m e in d e m it der B i t te , die Z in s e n dieses K a p i t a l s a ll jä h r lic h den F e r ie n k o lo n ie n der K a r l s r u h e r V o lksschu len zu üb erw eisen . D e r S t a d t r a t sprach ih m h ie r fü r herzlichen D a n k a u s . A u s der S ta d tra ts s i tz u n g v o m 2 s . F e b r u a r w u rd e m itg e te i l t : „ P ro fe sso r V r . P . A l o m b e r t in F r e ib u r g h a t den städtischen S a m m ­ lu n g e n a l s V e rm ä c h tn is se ines v e rs to rb e n en B r u d e r s , des v e rs to rb e n en B a u in sp e k to rs F ra n z A lo m b e r t , eine g rö ß e re A n z a h l a u f die badische Landesgeschichte bezüg licher B ü c h e r , P l ä n e u n d K a r te n zugew ende t, fe rn e r a u s dem N a c h la ß se iner v e re w ig te n A lu t te r e in G ip s b i ld u n d ein L ichtbild des f rü h e re n K a r l s r u h e r K a p e llm e is te rs H e rm a n n L e v i." A m 2 7 . F e b r u a r beschloß der S ta d t r a t , f ü r den B a u u n d B e tr ie b e in es zw eiten E r h o l u n g s h e i m s d e s V e r e i n s b a d i s c h e r L e h r e r i n n e n in S c h ö n a u im W ie se n ta l e inen Z u sc h u ß v o n 6 0 0 A lk . in den E n tw u r f des G e m e in d e v o ra n sc h la g s f ü r ss tsst einzustellen . 2 5 — 386 — A m 4. M ä r z w u rd e fo lg en d es m itg e te il t : „ Z n e in e r kürzlich in K a r l s r u h e a b g e h a lte n e n V e r s a m m lu n g des L andesausschusses ü b e r d a s S a m m e l e r g e b n i s des a m 5 . M a i s y s 8 in B a d e n s ta tt­ g e h a b te n A i n d e r h i l f s t a g e s B e ric h t e rs ta tte t. D a s R e in e rg e b n is b e lä u f t sich nach A b z u g der A nkosten u n d e in es s ta tu te n g e m ä ß a n den Z e n t r a lv o r s ta n d in B e r l in ab z u lie fe rn d en A n te i ls a u f 3 s ä 3 so M k . V o n diesem E r g e b n i s w u rd e n g rö ß e re S u m m e n dem B ad ischen F r a u e n ­ v e re in , sow ie d en jen ig e n O rg a n is a t io n e n a l le r d rei A onfessionen ü b e r­ w iesen, die sich m it der S ä u g l in g s - u n d A le in k in d e rfü rso rg e in B a d e n besch ä ftig en : dem katho lischen T a r i ta s v e r b a n d in F r e ib u rg i . B r . , dem evangelischen L a n d e sv e re in f ü r in n e re M is s io n in A a r ls r u h e u n d dein israe litischen F r ie d r ic h -L u ise n h o s p iz in D ü r rh e im . D ie restliche S u m m e in H ö h e v o n 2 s 6 8 3 3 A lk . w u rd e dem badischen L a n d e sa u s sc h u ß f ü r S ä u g l in g s u n d A le in k in d e rfü rso rg e in A a r ls r u h e a l s B a u g ru n d s to c k f ü r seine g e p la n te A e n tr a la n s ta l t u n d d a s A in d e r- k ra n k e n h a u s in A a r l s r u h e üb erw iesen . D a s E r g e b n is e in e r H r iv a t s a m m lu n g d a f ü r b e t rä g t ß 3 2 4 4 9 A lk ., so d a ß der g e p la n te n A n s ta lt im g an z en s s 4 9 2 8 4 M k . zu r V e r fü g u n g stehen ." A m 6 . M ä r z v e rö ffen tlich te der O b e rb ü rg e rm e is te r : „ V o n den E r b e n des v e rs to rb e n en H e r rn O b e r la n d e s g e r ic h ts r a t s W o l f s w u rd e m i r zu g u n s ten der h iesigen A rm e n die S u m m e v o n sOOO M k . ü b erw iesen , w o fü r ich n a m e n s der B e d ac h ten den herzlichsten D an k au ssp re ch e ." A m 6 . M ä r z beschloß der S ta d t r a t , „ in d a n k b a re r W ü r d ig u n g d er W o h l ta t e n " , die den A a r l s r u h e r A in d e rn s 9 s 7 durch die B a se le r erw iesen w o rd e n seien, dem „ A o m ite e f ü r U n te r b r in g u n g no tle idender S ch w eizer A in d e r in B a s e l" e inen B e t r a g v o n > 0 0 0 A lk . a u s der S tad tkasse zuzuw eiseu . A m 2 s . M ä r z w u rd e b ek a n n tg eg eb eu , d a ß F r a u T o n i S c h m i t t Z e n a W i t w e a n lä ß lic h der glücklichen R ückkehr ih re s S o h n e s a n s der G e fa n g e n sc h a ft zu g u n s ten b e d ü rf tig e r a u s der G efan g e n sch a ft zurückkehrender A a r l s r u h e r die S u m m e v o n 3 0 0 0 A lk . gespendet h abe . A m 2 2 . M ä r z e rh ie lt die A o m m iss io n f ü r A rm en w ese n u n d J u g e n d fü r s o r g e v o n „ U n g e n a n n t " die S u m m e v o n 3 0 A lk . z u in A n d en k e n a n e inen te u e ren V ers to rb en e n zu r V e r te ilu n g a n A rm e h iesiger S ta d t . — 387 — Aus der Ltadtratssitzung vom 3 . April wurde mitgeteilt, daß die G e n e r a l - Z n t e n d a uz d e r G r o ß H. Z i v i l l i s t e aus dem Erlös der Gebühren für den Besuch des Mildparkes im Jahre s y s 8 de» Betrag von 3 0 0 Akk. der Mohltätigkeitskasse zur Verfügung gestellt habe. Aus derselben Ätzung wurde mitgeteilt, daß der verstorbene Fabrikant und Ltadtrat G t t o Ak ü l l e r der Ltadtgemeinde K arls­ ruhe letztwillig die Lumme von 20000 Akk. als „G tto- und Akina- Aküller-Ltiftung" für das städtische Kinderheim, und die Lumme von sOOOO Akk. als „G tto- und Akina-Aküller-Ltiftung" für die städtische Handelsschule Karlsruhe — Zahresklassen — zur A us­ bildung begabter, aber armer Lchüler und Lchüleriunen vermacht habe. Der Ltadtrat nahm hiervon „mit Freude und Dankbarkeit Kenntnis" und beschloß die Annahme dieser Vermächtnisse. Außerdem habe der Verstorbene nach der Bekanntmachung des Evangel. P fa rr­ amts der Neu-Oststadtgemeinde ein Kapital von 3 0 0 0 Akk. als „Gtto- und Akina Aküller-Ltiftung" letztwillig vermacht. Die Zinsen dieses Kapitals sollen für die kirchliche Armenpflege in der genannten Bezirksgemeinde verwendet werden. Am 3 . April beschloß der Ltadtrat, für den Verband der inter­ konfessionellen F ü r s o r g e v e r e i n e Für gefallene und gefährdete Mädchen) infolge stärkeren Anwachsens seiner Ausgaben anstelle des bisherigen Zuschusses von 2 0 0 0 Akk. einen solchen von 4 0 0 0 Akk. im Entwurf des Gemeiudevoranschlags für sflsy vorzusehen. Geh. Kommerzienrat L i n n e r hat, wie am 8. April veröffentlicht wurde, der Evangel. Ltadtmission s 3 0 0 Akk. als Baustein für ein Ltadtmissionshaus zukommen lassen. Geh. Kommerzienrat Br. in§. F r i e d r i c h M o l f f hat, wie an demselben Tage bekauntgegeben wurde, anläßlich des Todestages seiner Gattin den Betrag von sOOO Akk. zur Verwendung des städtischen Kinderheims gestiftet. Die Aellulosefabrik L u d w i g Tr i ck in Kehl hat, wie Ende April mitgeteilt wurde, dem Badischen Laudesausschuß für Läug- lings- und Kleinkinderfürsorge für das geplante Kinderkrankenhaus in Karlsruhe die Lumme von 3 0 0 0 Akk. gestiftet mit dem Ersuchen, im Bedarfsfälle einem ihrer Arbeiterkinder freie Aufnahme zu gewähren. 2 S * — 388 — A m 3 0 . A p r i l b e w illig te der S ta d t r a t dein B ad ischen L a n d e s ­ v e rb a n d s t ä d t i s c h e r B e a m t e n zu r B e s tre i tu n g der B e tr ie b s ­ kosten se ines E r h o lu n g s h e im s in S c h ö n w a ld bei T r ib e r g fü r d a s la u fe n d e J a h r n eben dem o rd en tlich en A n sch u ß v o n 2 0 0 0 A lk . e in en au ß e ro rd e n tlic h e n v o n 2 0 0 0 M k ., dem N a t u r h e i l v e r e i n K a r l s r u h e zu r In s ta n d s e tz u n g se ines L icht-, L u st- u n d S o n n e n b a d e s a n d er A lb im G e w a n n D am m erstock e inen B e i t r a g v o n 3 0 0 A lk . E i n h i e s i g e r M o h l t h ä t e r , der der S ta d t schon w ied e rh o lt g rö ß e re S ch en k u n g en zu g em ein n ü tz ig en Z w ecken zugew endet Hab ü b e rg a b d e in O b e rb ü rg e rm e is te r , w ie a u s der S ta d tra ts s i tz u n g v o m 8 . M a i berich te t w u rd e , dem O b e rb ü rg e rm e is te r 3 0 0 0 0 A lk . zu r V e rw e n d u n g f ü r den städtischen T ie rg a r te n . D e r S ta d t r a t sprach „d e in hochherzigen S p e n d e r seinen tie fg e fü h lte n D a n k " a u s . A m 8 . M a i dank te der S ta d t r a t dem F re ih e r r n S c h i l l i n g v o n T a n n s t a t t , G u tsb e s itz e r in H o h en w e tte rsb a ch , f ü r einen dem S ta d tg a r te n zu gew ende ten ru m än isch e n Z iegenbock . D e m B e z irk sv e re in f ü r J u g e n d s c hüt z u n d G e s a n g e n e n - s ü r s o r g e , d e r im S c h lo ß S tu ten see bei B lan k e n lo ch e in H e im zur E rz ie h u n g g e fä h rd e te r m ä n n lic h e r J u g e n d lic h e r im A lte r v o n s2 b is J a h r e n e in g erich te t h a t , b e w illig te der S ta d t r a t a m 2 2 . M a i a u ß e r dein a l ljä h r lic h e n Z u sc h u ß v o n O O O A lk . f ü r d a s lau fende J a h r e inen au ß e ro rd e n tlic h e n v o n s .300 A lk . D e m H ilf s v e re in f ü r D e u t s c h - B ö h m e n u n d S u d e t e n ­ l a n d in M e n b e w illig te der S ta d t r a t a m s 2 . J u n i einen e in ­ m a lig e n B e i t r a g v o n lOOO A lk . Z w e i h i e s i g e B ü r g e r , deren N a m e n n ich t g e n a n n t sein sollen, h a b e n sich, w ie a u s der S ta d tra ts s i tz u n g v o m ^8 . J u n i m it ge te ilt w u rd e , b e re it e rk lä rt, z u r V e rsch ö n e ru n g des S ta d tg a r te n s e in K u n s tw e rk , bestehend in e in e r zw ei M e te r h o h en V ase a u s A luschelka lk s a m t Sockel, die b e im E in g a n g au fgeste llt w erd en soll, zu s tiften . D e r S t a d t r a t n a h m „d ie S t i f tu n g m it herzlichstem D a n k " a n . A m 2 6 . J u n i beschloß der S ta d t r a t , a n die h ie r w o h n h a f te n b e d ü rf tig e n K r i e g s t e i l n e h m e r v o n s 8 6 6 u n d s 8 7 0 /7 s auch im la u fe n d e n J a h r e a u s dem im G em e in d e v o ra n sc h la g h ie r fü r v o r ­ gesehenen M i t t e l n eine E h re n g a b e v o n je ŝO A lk . v e rte ilen zu lassen. — 389 — A m s . J u l i ü b e rw ie s v r . m § . G e h . A o m m e rz ie n ra t F r i e d r i c h W o l f s dein A u ssc h u ß f ü r F e r ie n k o lo n ie n sOOO M k . f ü r e r h o lu n g s ­ b e d ü rf tig e A in d e r . A u s der S ta d tra ts s itz u ilg v o m 2 P Z u l i w u rd e m itg e te ilt , d a ß F a b r ik a n t A lts ta d tr a t L e o p o l d A ö l s c h der S ta d tg e m e in d e ein B i ld des ersten A re u z e rs „ A a r l s r u h e " , g e m a lt v o n W ilh e lm B o lz h ie r, geschenkt h ab e . D e r S t a d t r a t sprach „ f ü r diese so w e rtv o lle Z u ­ w e n d u n g seinen w ä rm s te n D a n k " a u s . Z n der S ta d tra ts s i tz u n g v o m 2 s . A u g u s t te ilte der O b e r b ü r g e r - m eister m it , d a ß a u f seinen W u n sch der E h r e n b ü r g e r d e r S ta d t , G e h . A o m m e rz ie n ra t F r . W o l f s , der S ta d t a l s Schm uck f ü r d a s R a th a u s sein Ö lb i ld , g e m a lt v o n P r o f . P r o p h e t e r h ie r, u n d in gleicher W eise die H in te rb lie b e n e n des v e rs to rb e n en E h r e n b ü r g e r s , A o m m e rz ie n ra t A a r l S c h r e i n p p , dessen Ö lb i ld , g e m a lt v o n dem M ü n c h e n e r M a l e r G re g o ritsc h , endlich d e r n e u e rn a n n te E h r e n b ü r g e r E xzellenz H a n s T h o in a , sein B i ld n is , g e m a lt v o n A u g u s t G e b h a rd h ier, geschenkt h a b e n . D e r S ta d t r a t n a h m „d ie w e r tv o lle n G eschenke m it le b h a f te in D a n k " a n . A m 2 s . A u g u s t beschloß der S ta d t r a t , den B e i t r a g der S ta d t a n die B e r a t u n g s s t e l l e f ü r A l k o h o l k r a n k e v o n jä h rlic h ŝOO A lk . a u f 3 3 0 0 A lk . zu e rh ö h en . A m 2 8 . A u g u s t beschloß der S t a d t r a t : „ D e r B l i n d e n - V e r e i n i g u n g f ü r A a r l s r u h e u n d U m g e b u n g w ird e in jä h rlic h e r B e i t r a g a u s der S tad tkasse zu r V e r fü g u n g gestellt, v e rm itte ls t dessen sie F a h r k a r te n f ü r die städtische S t r a ß e n b a h n f ü r die B e g le ite r der B lin d e n beschaffen k a n n ." A u s der S ta d tra ts s itz u n g v o m 2 . O k to b e r w u rd e m itg s te il t , d a ß G ro ß k a u fm a n n J u l i u s A a l l e r d a s v o n ih m f ü r die A u s schm ückung des S ta d tg a r te n s sfü r die A a lle r -A n la g e ) gestiftete A a p i t a l u m w eite re 7 0 0 M k . e rh ö h t h ab e . D e r S t a d t r a t sprach „d em f re i­ geb igen S t i f te r h ie r fü r verb ind lich sten D a n k " a u s . A u s der S ta d tra ts s i tz u n g v o rn 9- O k to b e r w u rd e m itg e te ilt , d a ß ein h i e s i g e r B ü r g e r , der n ich t g e n a n n t sein w o lle u n d der im J a h r e s ß s 8 f ü r die V ersch ö n e ru n g des S ta d tg a r te n s 5 0 0 0 0 M k . gestiftet h abe , n u n m e h r zu g le ichem Z w eck w eite re 5 0 0 0 0 M k . ü b e r ­ g eben lasse. D e r S ta d t r a t n a h m diese n eu e S ch en k u n g „ m i t Herz­ — 590 — lichem Dank an den edlen Stifter" an und beschloß, sie in seinem Sinne zu verwenden. A m s 5 . O k to b e r te ilte G e h . R a t O r . H a n s T h o m a E xz. d em S ta d t r a t m it , d a ß e r beabsich tige , e in v o n ih m g e m a lte s B i ld : „ D a s H e im a t ta l" , ein M o t i v a u s B e r n a u , „ a l s E r in n e r u n g s - u n d D ankesze ichen der ih m zu r H e im a t g ew o rd en e n S ta d t A a r ls r u h e u n d a l s e in Z e ich en treu b ad isch er H e im a tlie b e " f ü r die städtischen A u n s ts a m m lu n g e n zu schenken. D e r S t a d t r a t n a h in „ d a s sehr w e r t­ v o lle G eschenk des unverg le ich lichen M e is te rs a l s eine w illk o m m en e B e re ic h e ru n g der A u n s ts a m m lu n g der S ta d t m it herzlichstem D an k e " a n . A m s 6 . O k to b e r beschloß der S t a d t r a t , der B l i n d e n - V e r e i n i g u n g f ü r A a r l s r u h e u n d U m g e b u n g a l s e in m a lig e B e i­ h ilfe zu r B e sch a ffu n g v o n M in te r v o r r ä te n f ü r ih re M itg l ie d e r 5 0 0 0 A lk . a u s M i t t e l n der M o h ltä tig k e itsk a sse zuzuw eisen. A m 2 5 . O k to b e r b e w illig te der S t a d t r a t dem D e u t s c h e n V o l k s h a u s b u n d in M ilm e r s d o r s (A u ssch u ß f ü r fre ie V o lk s ­ hochschulen) z u r E r r ic h tu n g se ines A rc h iv e s e inen e in m a lig e n B e i t r a g v o n sOO A lk . A u s der S ta d tra ts s itz u n g v o m 5 0 . O k to b e r w u rd e m itg e te ilt , d a ß A l ts ta d tr a t A u g u s t D ü r r , E h r e n b ü r g e r der S ta d t , sein H a u s B is m a r c k -S tr a ß e 2 2 le tz tw illig se iner N ich te in M ü n c h e n in der V o ra u sse tz u n g v e rm a c h t h ab e , d a ß sie ih re n M o h n sitz d a r in n eh m e. S o llte d a s n ich t der F a l l sein, so solle d a s H a u s in den Besitz der S ta d t A a r l s r u h e ü b e rg e h en . M e i le r h ab e der E rb la s se r bes tim m t, d a ß seine Ö lg e m ä ld e u n d B i ld e r , sow eit sie A u n s tw e r t h ä tten , e b e n fa lls der S ta d t A a r l s r u h e zu fa llen sollen, w ogegen die S ta d t seine G ra b s tä d te a u f 5 0 J a h r e schonen u n d w ä h re n d dieser Z e i t durch die S ta d tg ä r tn e r e i bescheiden g ärtn e risch u n te rh a lte n lassen solle. D e r S t a d t r a t n a h in die V erm äch tn isse u n te r den gestellten B e d in g u n g e n u n d v o rb e h a ltlic h der S ta a ts g e n e h m ig u n g a n . D ie v e rs to rb en e G r o ß k a u fm a n n A u g u s t H e i n r i c h R i e m p p M i t w e h a t , w ie der V e r w a l tu n g s r a t des M a ise n h a u se s A n fa n g N o v e m b e r v e rö ffen tlich te , dem M a is e n h a u s le tz tw illig 5 0 0 0 Akk. v e rm a c h t. D e in A rb e i te rb i ld u n g s v e re in h a t die V ers to rb en e 5 0 0 0 M k . v e rm a c h t. D ie F i r m a V o g e l öc B e r n h e i m e r in E t t l in g e n h a t, w ie a u s der S ta d tr a ts s itz u n g v o m 2 0 . N o v e m b e r m itg e te ilt w u rd e , fü r — 391 — die v o n der F re iw ill ig e n F e u e rw e h r K a r l s r u h e b e im B r a n d e ih r e s K esselhauses a m 12. N o v e m b e r geleistete chilfe den B e t r a g v o n 3 0 0 B lk . zu r V e rw e n d u n g im In te re s s e der 'K a r ls ru h e r F e u e rw e h r überw eisen lassen. D e r S t a d t r a t sprach der F i r m a s ü r die S p en d e n a m e n s der F re iw il l ig e n F e u e rw e h r A a r l s r u h e „v e rb ind lich sten D a n k " a u s . D ie F i r m a B e r g dc S t r a u ß h ie r h a t dem (O b e rb ü rg e r­ m eister, w ie E n d e D ezem ber m itg e te ilt w u rd e , a n lä ß lic h der F e ie r ih re s 2 3 jä h r ig e n G e s c h ä f ts ju b i lä u m s die S u m m e v o n 1 0 0 0 B lk . zu w o h ltä tig e n Z w ecken zu r V e r fü g u n g gestellt, w o fü r derselben u n te r B eg lück w ü n sch u n g zu diesen, J u b i l ä u m D a n k au sg esp ro ch en w u rd e . B e in , c h e ran n ah e n des lV e ih n ac h ts fe s te s sind dem O b e r b ü r g e r ­ m eister fo lgende G a b e n s ü r verschiedene v o n den S p e n d e rn n ä h e r b e z e ic h n e t lD o h ltä tig k e its a u s ta lte n z u g e g a n g e n : V o n der 'K a r ls ru h e r B rau e re ig ese llsch a ft v o r m a ls A . S c h r e m p p ( 5 0 0 B lk ., v o n der K a r l s r u h e r P a r f ü m e r ie - u n d T o ile tte se ife n fa b rik F . U ) o l f f dc S o h n 1 2 0 0 B lk ., v o n der B rau e re ig e se llsch a ft v o r m a ls S . B l o n i n g e r 1 0 0 0 B lk ., v o n der A ktiengesellschaft f ü r B le ta l l I n d u s t r ie v o r n ,a l s G u s t a v R i c h t e r 2 0 0 B lk ., v o n B rau e re ib e s itz e r K o m m e rz ie n ra t F r i e d r i c h l s o e p f n e r sOOO B lk . 2. Ilrmenwesen und Jugendfürsorge. D e r städtische A u fw a n d f ü r die A r m e n p f l e g e b e tru g im B e r ic h ts ja h r 1 8 7 5 5 5 5 B lk . D a r u n te r Z u sc h u ß der S ta d th a u p tk a sse 1 ^ 6 5 0 ^ 2 B lk . I n der offenen A rm e n p f le g e w u rd e n v e r a u s g a b t q .9 1 5 5 5 l l l k . , in der geschlossenen ^ k . , u n d f ü r K in d e r - un d Ju g e n d p fle g e d 3 2 5 s B lk . Der Verwaltungsaufwand betrug 3 2 0 7 0 s Blk. I n der l Vo h l t ä t i g k e i t s k a s s e wurden vereinnahmt für die Enthebung von Neujahrsbesuchen und Absendung von Karten 7 7 5 Blk. A u s G eschenke,, u n d V erm äch tn issen flössen der K asse zu 2 7 9 3 9 B lk . D ie K asse v e ra u s g a b te f ü r U n te rs tü tzu n g e n 18 5(s1 B lk ., f ü r K le id u n g a r m e r K o n f i rm a n d e n 57ßO B lk . D er G e s a m ta u fw a n d f ü r d a s städtische A l t e r s h e i m belief sich im B e ric h ts ja h re a u s 96 s 5 7 l l l k . , die G e sa m tz a h l der V e r ­ — 392 — p f le g u n g s ta g e b e tru g 2 8 1 0 3 . D e r durchschnittliche G e s a m ta u fw a n d f ü r e in en V e rp f le g u n g s ta g berechnet sich a u f 2 5 2 M k ., f ü r einen In s a s s e n b e trä g t e r im J a h r ( 2 3 0 M k . D ie K o in n riss io n f ü r J u g e n d f ü r s o r g e h ie lt im B e ric h ts ­ j a h r 3 4 Ä tz u n g e n a b . I n diesen Ä tz u n g e n w a re n (94 F ä l le Z w a n g s ­ e rz ie h u n g sa n g e le g e n h e ite n , 49 F ä l le nach H (666 B . G . B . , ( 4 ( S ch u tz au fs ic h tsfra g en , 7 6 L eh r- u n d D ie n s tv e r trä g e , 16 ') U n te rb r in g u n g in p fleg e s te lle n u n d 24 ( sonstige A n g e le g en h e ite n . D ie Ü b e rw a c h u n g v o n K o s t k i n d e r n erstreckte sich a m I a h r e s - sch luß a u s in s g e s a m t 5 3 7 p fleg e ste lle n . I n 5 F ä l le n w u rd e d a s R echt, P fle g e k in d e r zu h a lte n , en tzogen . A n - u n d A b m e ld u n g e n v o n P fleg es te llen fa n d e n s ta tt 5 ( 9 . D en F ü rs o rg e rn (W aisen k o n tro lle u re n ) w u rd e n 2 0 2 4 A u f t r ä g e e r te ilt. A n Schriftstücken g in g e n ein 2 9 7 9 5 . B e ru fsv o rm u n d sc h a f t w u rd e a u s g e ü b t ü b er 2 0 (2 K in d e r . D ie S ta d th a u p tk a sse 8 h a t a n U n te rh a ltu n g s g e ld e rn f ü r M ü n d e l v e r e in n a h m t (48 4 5 5 M k . 7 6 P f . Z u r Z a h lu n g a n die S ta d th a u p tk a sse L w u rd e n a n g e h a lte n 8 5 9 K in d e s v ä te r . 3. Krankenwesen. I m s t ä d t i s c h e n K r a n k e n h a u s , d a s 7 5 6 ( ( 9 ( 8 : 68 2 ) K ra n k e n b e tte n e n th ä lt , w u rd e n im B e r ic h ts ja h re 6 17 1 ( 6 7 1 1 ) K ra n k e a n z u sa m m e n ( 6 ( 4 5 7 ((66 2 3 4 ) T a g e n v e rp fleg t. D urchschnittlich w a re n 442 (4 5 5 ) K ra n k e täg lich in : P a u se . I n den einzelnen M o n a te n bew eg te sich der K ra n k e n s ta n d zw ischen fo lg en d en Z a h le n : J a n u a r . ., Hö2— 4 9 6 K ra n k e J u l i . . . 3 8 0 — 4 l 6 K ra n k e F e b r u a r . 4 5 4 — 5 4 0 ,/ A u g u s t . . 3 6 2 — 4 0 5 M ä r z . 5 0 1 — 5 4 7 S e p te m b e r . 3 8 3 — 4 6 0 V A p r i l . 4 3 9 — 5 2 8 // O k to b e r . . 421 — 4 7 8 // M a i . . . 4 3 9 — 4 7 4 // N o v e m b e r . 4 ( 7 — 4 5 8 // J u n i . . Z 89— 434 // D ezem b er . 3 6 6 — 4 3 7 // Der Krankenstand war an: höchsten an: 1. M ärz mit 5 4 7 Personen (an: 2 7 . Oktober mit 5 7 5 Personen). Unter den Kranken befanden sich 79 (2 3 3 ) kranke und ver­ wundete Soldaten und Offiziere, die an zusammen 4 4 0 ( ( ( 0 5 6 7 ) Tagen in: Krankenhaus verpflegt wurden. I n : laufenden Ja h r wurde das Krankenhaus stärker von der Zivilbevölkerung aus­ gesucht, da wenig Militärpersonen zur Aufnahme kamen. Auf — 393 — Ia h r e s s c h lu ß w a re n noch 4 S o ld a te n im K au fe ( t f l l Z : 3 G fffz ie re u n d 3 8 S o ld a te n ) . D ie la u fe n d en E in n a h m e n des A ra n k e n h a u se s b e tru g e n 2 5 1 0 5 6 0 B lk . ff 5 7 7 4 5 6 B lk .), die 2 lu s g a b e n 2 4 4 3 0 2 6 B lk . (1 5 9 2 5 0 1 B lk .) . D ie S ta d th a u p tk a ffe h a t te zu den B e tr ieb sk o s ten l 2 7 4 5 4 2 ^ i k . (4 lO l 68 B lk .), d a s sind f ü r jeden A ra n k e n v e r- p f le g u n g s ta g 7 B lk . 89 P f . (2 B lk . 47 P f . ) zu leisten. I m g an z en h a tte die S tad th a u p tk a sse f ü r d a s A ra n k e n h a u s einschließlich des A u fw a n d e s f ü r V e rz in su n g u n d T i lg u n g der A n lag ek o sten l 9 l 9 einen Z u sc h u ß v o n 1 498 192 - ^ k . (6 5 4 O l8 - ^ k . ) oder 9 B lk . 78 P f . (3 B lk . 8 f P f . ) f ü r den V e rp f le g u n g s ta g zu leisten. V o n den hau p tsäch lich sten A u s g a b e n b e tru g e n : l 9 , 9 l 9 l 8 1. B l ie tz in s a n die S ta d th a u p tk a s se 2 2 3 8 5 0 l l l k . 2 2 3 8 5 0 B lk . 2. Bailunterhaltung, Heizung, Be­ leuchtung, Reinigung, Wasser­ verbrauch . 434852 „ 2 6 4 5 4 0 „ 3 . G e h a l t u n d L ö h n e ...................... 8 7 9 5 4 ? „ 4 0 1 2 2 5 „ 4 . H a u se in r ic h tu n g sg e g e n s tä n d e , I n ­ s tru m en te , A p p a r a t e u sw . . . 1 3 5 5 0 7 „ 59724 „ 5 . Arzneien, Verbandstoffe usw. . l 16929 „ 9 7 5 2 5 „ 6 . S p e is u n g s k o s te n ........................... 6 1 4 5 4 0 „ 29 4 9 9 2 „ D a s E r h o l u n g s h e i m der S ta d t A a r l s r u h e w u rd e a l s F erien k o lo n ie f ü r die S ch u lk in d e r der S ta d t A a r l s r u h e u n d f ü r e rh o lu n g sb e d ü rf tig e w eib liche P e rs o n e n a m 16 . J u n i 1 9 1 9 erö ffne t. V o n da b is 2 7 . M k to b e r 1919 h a b e n 8 5 erw achsene w eib liche P e rso n e n u m A u fn a h m e nachgesucht, die a n 1 5 5 9 T a g e n v e rp fleg t w u rd e n . I n der Z e i t v o m 16. J u n i b is 29 . A u g u s t w a re n 116 S ch u lk in d e r im H e im . D ie la u fe n d e n E in n a h m e n d es H e im s b e tru g e n 3 5 m ^ l k . ( 1 5 4 7 6 B lk .) , die A u s g a b e n 4 5 3 3 5 B lk . (15 0 5 5 B lk .). F ü r die s t ä d t i s c h e D e s i n f e k t i o n s a n s t a l t la g e n 1296 ( 1 9 1 8 : i 486) A u f t rä g e v o r , die w eg en nachverze ichneter A n lässe e r fo lg te n : A lte rsschw äche 1, D a rm le id e n 1, D ip h th e r ie 1 6 s , G esich ts­ rose 2 , G en ickstarre 1, G r ip p e 3 , A rä tze 12 l , A re b s 9 , L äuse 8, L u n g e n e n tz ü n d u n g 1, B la s e rn 2 , A in d b e ttf ie b e r 12, p o ck en v erd ach t 13, — 594 — R u h r 209 , R e in ig u n g 172 , S ch a rla ch 2 0 5 , S y p h i l i s 1, T u b e r ­ kulose 5 4 5 , T y p h u s 2 8 , W assersuch t s . — F ü r d a s K ra n k e n h a u s selbst w u rd e n a u ß e r den in den A p p a r a te n des in fiz ie rten B e tte n u n d K le idungsstücken 69 (47) Z im m e r u n d S ä le m it 1 4 2 5 0 (5 9 4 5 ,2 5 ) b b m I n h a l t d es in fiz ie rt. — D ie A u s g a b e n der A n s ta lt b e tru g e n 48 6 7 0 A K . 98 P f . (2 6 9 7 6 A lk . 7 7 P f . ) . D a b e i sind a b e r die A u s g a b e n f ü r die V e rz in su n g , B e le u c h tu n g u n d W asse r n ich t berück­ sichtig t. A n G e b ü h re n g in g e n 10945 Akk. 6 0 P f . ( p 429 A lk .) ein. I m L u d w i g W i l h e I m - K r a n k . e n h e i m w u rd e n im B e ­ r ic h ts ja h re 2 5 9 5 P e rso n e n ( 1 9 ^ 5 : 2 2 p ) m it 5 7 5 s 5 (5 s 5 4 5 ) V e r ­ p f le g u n g s ta g e n v e rp fleg t u n d z w a r in der F ra u e n k lin ik P 8 5 P e rso n e n in f 6 7 2 4 T a g e n , im W ö c h n e r in n e n h e im W 47 P e rso n e n in s 2 s 7 9 T a g e n u n d in d e r A u g e n k lin ik 3 6 5 P e rso n e n in 8 6 s 2 T a g e n . — I m S ta d tr a ts b e r ic h t v o rn 15 . A kärz w u rd e m itg e te ilt , d a ß d a s L u d w ig -W ilh e lm -K ra n k e n h e im in fo lg e fo r tw ä h re n d e n A n s te ig en s der B e tr ie b s a u s g a b e n steigende Z uschüsse e rfo rd e rt h abe , die b ish e r v o n d er G ro ß h e rz o g in Luise gedeckt w o rd e n seien. I m J a h r e s f l l ? h a b e sich ein F e h lb e tr a g v o n 7 5 000 A lk ., 1 9 s 8 v o n s 5 6 000 A lk . e rgeben u n d f ü r s ß s ß sei e in solcher v o n 200 000 Akk. zu e rw a r te n . D e r B ad ische F ra u e n v e re in , den : d a s p e im g eh ö rt, h ab e sich w egen B e w il l ig u n g e in es Z uschusses zu den B e trieb sk o s ten a n die R e g ie ru n g g e w a n d t, a b e r auch den S t a d t r a t u m eine entsprechende P ils e ge­ be ten . D a r a u f seien V e r h a n d lu n g e n m i t dem F ra u e n v e re in w egen A n g lie d e ru n g des p e i m s a n d a s städtische K ra n k e n h a u s eingeleite t w o rd e n , die a b e r w eg en der e rfo rderlichen F ests te llungen noch ein ige Z e i t b ea n sp ru ch en d ü rf te n . D e r S ta d t r a t h ab e d a h e r vo rerst in den E n tw u r f des G e m e in d e -V o ra n sc h la g s f ü r s ß s ß e inen Z u sch u ß v o n 6 0 000 A kk. zu den B e tr ie b sk o s te n des p e i m s eingestellt, u n te r der V o ra u sse tz u n g , d a ß der badische S ta a t , w ie im II. N a c h tr a g s e ta t vo rgesehen , e inen K ostenzuschuß v o n 7 0 000 Akk. g e w ä h re u n d die in A u ss ic h t g e n o m m e n e V e rs tä n d ig u n g im L au fe des J a h r e s e rz ie lt w erde. I n der E v a n g e l i s c h e n D i a k 0 n i s s e n - A n s t a I t w u rd e n im J a h r e s ß s f l s 2 2 6 E rw a ch se n e m it 3 5 s 5 5 V e rp f le g u n g s ta g e n u n d 3 7 0 K in d e r m i t P O ß s V e rp f le g u n g s ta g e n v erp fleg t. I m A l t e n S t . V i n z e n t i u s h a u s b e tru g im B e r ic h ts ­ ja h re die G e s a m tz a h l der v erp fleg ten K ra n k e n 17 5 0 , die G e sa m tz a h l — 5fl3 — der V e rp f le g u n g s ta g e (fl2H H . I m N e u e n St . V i n z e n t i u s h a u s w u rd e n 2 3 0 6 in 8H 0H 7 T a g e n v erp fleg t. I m I s r a e I i t i s c h e n K r a n k e n h a u s w u rd e n im B e r ic h ts ­ ja h re (2 P e rso n e n in i t 1 6 5 4 V e rp f le g u n g s ta g e n v e rp fleg t. I m V e r s o r g u n g s k r a n k e n H a u s (eh e m a lig es G a r n i s o n s ­ la za re tt) w u rd e n in der Z e i t v o m sch M a i b is 3 ( . D ezem b er 8 3 6 K ra n k e m it 2 7 3 0 0 V e rp f le g u n g s ta g e n v erp fleg t. A u f V orsch lag der V e re in ig u n g K a r l s r u h e r A po thekenbesitzer w u rd e , w ie der S ta d tr a ts b e r ic h t v o m 2 3 . J a n u a r m eldete, A p o th ek e r W i l h e l m L a k e m e y e r , I n h a b e r der L ö w en ap o th ek e , zu m M itg l ie d des G r t s g e s u n d h e i ts r a ts m it A m ts d a u e r b is nach den nächsten T rn e u e r u n g s w a h le n des B ü rg e ra u ssc h u sse s e rn a n n t . N ac h B esch lu ß des S t a d t r a t s v o m ( 0 . J u l i t r a t die S ta d t ­ gem einde dem badischen L a n d e sv e rb a n d zu r B e k ä m p f u n g d e r T u b e r k u l o s e m it e in em J a h r e s b e i t r a g v o n 10 0 M a r k a l s M itg l ie d bei. I m B e r ic h ts ja h re b e tru g der m o n a tlic h e D urchschn itt der M i t ­ g liederzah l bei säm tlichen K a r l s r u h e r K r a n k e n k a s s e n 8 ( 2 7 ( ( ( 9 ( 8 : 7 3 H 8 8 ) u n d z w a r 3 5 3 3 3 (Hfl 3 5 0 ) m ä n n lic h e u n d 2 5 7 ( 8 (32 ( 3 8 ) w eibliche P e rso n e n . B e i den e inze lnen K assen e rgeben sich f ü r den m o n a tlic h en D urchschn itt des B e r ic h ts ja h r e s fo lgende Z a h l e n : A llg e m ein e O rtsk ran k en k asse ( 5 ( 6 3 m ä n n lic h e , fl6 4 7 w eib liche, zu sam m en 2 4 8 ( 0 . O rtsk ra n k en k a sse der D ien s tb o te n 8 2 m ä n n lic h e , 6 0 6 5 w eibliche, zu sam m en 6 (H 7 . G rtsk ra n k en k a sse der H a n d e ls ­ b e triebe 2flfl5 m ä n n lic h e , 2 6 2 7 w eib liche, zu sam m en 5 6 2 2 . G r t s ­ krankenkasse der B äcker 2 7 7 m ä n n lic h e , 3 8 w eib iche, zu sa m m e n 3 1 3 . D rtsk ran k en k asse der M e tz g e r u n d W u rs t le r ( 5 ( m ä n n lic h e , 5 8 w eibliche, zu sam m en 20 fl. S täd tische B e tr ieb sk ran k en k asse 3 3 s 3 m änn liche , (0 7 f l w eibliche, zu sam m en H3flH. A lle ü b r ig e n B e t r ie b s ­ krankenkassen 3 2 3 ( 0 m ä n n lic h e , 6 ( 2 8 w eib liche, zu sam m en 4 0 f l ( 0 . In n u n g sk ra n k e n k a sse n ( 0 6 0 m ä n n lic h e , 7 6 w eib liche, zu sam m en ( ( 3 6 . M i t t e F e b r u a r w u rd e in e in e r B e sp rec h u n g zw ischen V e r tr e te rn der K rankenkassenverbände , der Ä rz te k a m m e r u n d der badischen — 396 - G esellschaft f ü r soziale H y g ien e die F r a g e e in e r a llg em ein e n E i n ­ f ü h ru n g der F a m i l i e n v e r s i c h e r u n g durch die A rankenkassen e rö r te r t . D ie A n w ese n d en w a re n sich d a rü b e r e in ig , d a ß zunächst e ine e ingehende V o re rh e b u n g durch die A rankenkassen erfo lgen solle. N a c h M i t t e i lu n g der „ A a r l s r u h e r Z e i tu n g " h a t die R e g ie ru n g die A rankenkassen zu r V o rn a h m e der n o tw e n d ig e n E rh e b u n g e n v e ra n la ß t. D ie A r a n k e n k a s s e f ü r s t ä d t i s c h e B e a m t e h a tte s ß s 8 m i t e in em F e h lb e tr a g v o n 4 3 1 0 M k . abgeschlossen. D e r V o rs tan d des badischen S tä d te ta g s e m p fa h l den S tä d te o rd n u n g ss tä d te n zu r te ilw eisen D eckung dieses B e tr a g e s B e i t r ä g e zu leisten. D e r hiesige S t a d t r a t b e w illig te a m 2 8 . A u g u s t e inen solchen B e i t r a g in H öhe v o n 6 s 8 M k . (u n te r B erücksich tigung der Z a h l der A a r l s r u h e r M itg lie d e r ) . I m S t e r b e k a s s e n v e r e i n des D ien s tp e rso n a ls der badischen V e rk e h rsa n s ta l te n h a t sich die Z a h l der M itg l ie d e r im a b g e la u fe n en J a h r u m 5 3 8 v e rm e h r t u n d b e t rä g t n u n m e h r 3 s 7 5 . s s ß M i t ­ g lieder sind ges to rben . D a s V e rm ö g e n des V e re in s b e tru g a u f 3 s . D ezem b er des B e r ic h ts ja h r e s 2 5 8 6 5 s 8 M k . gegenüber 2 5 9 9 ? ? 5 M k . a n : S c h lu ß des V o r ja h r e s . D ie V e rm in d e ru n g u m s 3 s 5 7 M k . ist haup tsäch lich a u f die n o tw e n d ig gew ordene erheblich h ö h ere A b sch re ib u n g der B u c h w e r te v o n W e r tp a p ie re n en tstanden . VI. Versammlungen, Feierlichkeiteil und Festlichkeiten, Ausstellungen, Sehenswürdigkeiten. IN 8 . J a n u a r fa n d die V o rs tan d ss itzu n g der A b t e i l u n g W a s s e r w i r t s c h a f t d e s V e r b a n d e s S ü d w e s t ­ d e u t s c h e r I n d u s t r i e l l e r u n d a m sch F e b r u a r die 3 s . o rdentliche P le n a rs itz u n g des V e rb a n d e s s ta tt. E i n B e ru f s v e re in des B a d i s c h e n G e n d a r m e r i e k o r p s w u rd e a m s s . J a n u a r h ie r g eg rü n d e t. M i t t e J a n u a r e rfo lg te die G r ü n d u n g der O r g a n i s a t i o n d e r b i l d e n d e n A ü n s t l e r B a d e n s . I h r e B e z irk s ta g u n g h ie lten a b der V e r b a n d d e r u n t e r e n u n d m i t t l e r e n T e l e g r a p h e n b e a m t e n a m 2 3 . M ä r z , der V e r e i n b a d i s c h e r H a n d e l s l e h r e r a m 2 3 . J a n u a r . A m 2 6 . J a n u a r ta g te der L a n d e s v e r b a n d b a d i s c h e r Ao r b m achermeist er . E in L a n d e sv e rb a n d der A a f f e e h a u s b e s i t z e r B a d e n s w u rd e a m 6 . F e b r u a r , ein solcher der B u c h d r u c k e r e i b e s i t z e r M i t t e A p r i l g e g rü n d e t. D ie k i r c h l i c h - l i b e r a l e V e r e i n i g u n g h ie lt a m 7 . M a i ih re F rü h ja h r s v e r s a m m lu n g a b . A m 2 . M ä r z w u rd e die G r ü n d u n g e in e r A rb e itsg e m e in sc h a f t der u n t e r e n b a d i s c h e n E i s e n b a h n b e a m t e n - M r g a n i - s a t i o n e n beschlossen. 1. Versammlungen. D ie L a n d e s ta g u n g des B a d i s c h e n L a n d e s t a g e s f ü r K ö r p e r p f l e g e u n d J u g e n d e r z i e h u n g w u rd e a m 2 8 . u n d 29 . ^ u n i a b g e h a lte n u n d die Ä n d e ru n g des N a m e n s in „ B a d i s c h e n A u s s c h u ß " , f ü r K ö rp e rp f le g e u n d J u g e n d e rz ie h u n g vo llzo g en . A m 3 0 . A la r z f a n d die G e n e ra lv e r s a m m lu n g des B ez irk s B a d e n v o m B u n d e r b l i n d e t e r K r i e g e r sta tt. D e r w irtschaftliche V e rb a n d b i l d e n d e r K ü n s t l e r l V e s t d e u t s c h l a n d s t r a t a m s 2 . A p r i l zu m ersten A la l nach fü n f J a h r e n w ied e r zu sam m en . A m 2 5 . A p r i l ta g te die K i r c h l i c h - p o s i t i v e e v a n g e l i s c h e K 0 n f e r e n z. E in e V e r s a m m lu n g der «O berm eister der badischen F l e i s c h e r I n n u n g e n a m 2 3 . A p r i l sprach sich gegen die K o m m u n a lis ie ru n g der L eb e n sm itte lg e w e rb e a u s . A m 2 3 . u n d 2 6 . A p r i l fa n d die J a h r e s v e r s a m m lu n g des B a d i s c h e n P h i l o l o g e n v e r e i n s s ta tt. D ie H a u p tv e r s a m m lu n g des V e r e i n s m i t t l e r e r b a d i s c h e r V e r w a l t u n g s b e a m t e r ta g te a m fl. A la i , die des V e rb a n d e s des b a d i s c h e n L e b e n s m i t t e l g r 0 ß - h a n d e l s A l i t t e A la i . A m 20 . A l a i h ie lt der E v a n g e l i s c h e P f a r r v e r e i n eine ^ a h r e s t a g u n g a b . D ie a l ljä h r lic h e n T a g u n g e n der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n G e n o s s e n s c h a f t e n b e g a n n e n a m 20 . A la i m i t der des B a d i s c h e n A l 0 l k e r e i v e r b a n d s . A m 2 s. A l a i fo lg ten der 5 6 . V e r b a n d s ta g des G e n 0 s s e n sch a f t s v e r b a n d s u n d die G e n e ra lv e r s a m m lu n g d er A e n t r a l k a s s e d e r l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n E i n - u n d V e r k a u f s g e n o s s e n s c h ä f t e n ; a m 22 . die G e n e ra lv e r s a m m lu n g der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n K r e d i t ­ v e r b a n d s k a s s e u n d der 5 3 . o rdentliche V e r b a n d s ta g der l a n d ­ w i r t s c h a f t l i c h e n K r e d i t g e n o s s e n s c h a f t e n . A m 22 . J u n i fo lg te die G r ü n d u n g eines B e z i r k s v e r b a n d s d er G enossenschaften des B e z irk s K a r l s r u h e . E in e B e z irk s v e rs a m m lu n g der k a t h o l i s c h e n A r b e i t e r u n d A r b e i t e r i n n e n v e r e i n e w u rd e a m 2 5 . A la i , 3 9 9 eine L a n d e sv e rsa m m lu n g der A p o t h e k e r B a d e n s a m selben T a g e a b g e h a lte n . D ie H a u p tv e rs a m m lu n g der B a d i s c h e n V e r b r a u c h e r k a m m e r fa n d a m 3 . A u g u s t, die des G a u e s B a d e n d e s d e u t s c h e n A r b e i t e r ­ s ä n g e r b u n d e s a m s . J u n i , die des B a d i s c h e n T u r n l e h r e r V e r e i n s a m 6 . J u n i s ta tt. A m 9 . J u n i w u rd e e in L a n d e sv e rb a n d d er E in k a u fsg e n o sse n ­ schaften b a d i s c h e r G b s t - u n d G e m ü s e h ä n d l e r u n d a m s ö . J u n i der V e rb a n d B a d i s c h e r M u s i k e r g eg rü n d e t. A m s 3 . /s 6 . J u n i ta g te die L an d esk o n fe ren z der F r i f e t t i ­ g e H i l f e n . A m s ä . J u n i fa n d die H a u p tv e r s a m m lu n g der ä r z t l i c h e n L a n d e s z e n t r a l e f ü r B a d e n , a m 20 . die des M e l a n c h t h o n v e r e i n s f ü r 5 c h ü l e r - h e i m e sta tt. D e r V e re in B a d i s c h e r H a n d e l s l e h r e r h ie lt a m 22 . J u n i seine fü n fte H a u p tv e rs a m m lu n g , der B a d i s c h e U a m e r a l i st e n v e r e i n a m 29 . J u n i seine erste M itg lie d e rv e rs a m m lu n g seit s 9 s-s a b . A m 2 . /3 . J u l i fa n d die H a u p t v e r s a m m l u n g d e s B a d i s c h e n G a s t w i r t e v e r b a n d s s ta tt. E in e G b e r b ü r g e r m e i s t e r k o n f e r e n z der badischen 5 tä d te o rd n u n g ss tä d te w u rd e a m 7 . J u l i a b g e h a lte n . D er G a u ta g der k a t h o l i s c h e n I u g e n d v e r e i n e d e s G a u e s U n t e r b a d e n fa n d a m 20 . J u l i , der V e r b a n d s ta g der j ) o l i z e i b e a m t e n B a d e n s a m 20 ./2 s . J u l i h ie r sta tt. D ie n e u n te H a u p tv e r s a m m lu n g des B a d i s c h e n L a n d e s ­ w o h n u n g s v e r e i n s w u rd e a m 20 . J u l i , die L a n d e sv e rsa m m lu n g des B a d i s c h e n V o l k s k i r c h e n ­ b u n d e s a m 2 3 . J u l i u n d die achte Ia h re s k o n fe re n z des E v a n g e l i s c h e n V e r ­ b a n d e s z u r H > f l e g e d e r w e i b l i c h e n J u g e n d a m 2 7 ./2 8 . J u l i a b g e h a lten . — q o o - A m 2 7 . J u l i ta g te der V e r b a n d B a d i s c h e r G r u n d u n d H a u s b e s i t z e r . E in e F a c h a b t e i l u n g d e r E i s e n b a h n b e a m t e n d e s B a d i s c h e n B e a m t e n b u n d e s w u rd e a m 9 . A u g u s t, e in L a n d e s v e r b a n d B a d i s c h e r G l a s e r m e i s t e r a m ( 7 . b e g rü n d e t. A m s 7 . / s 8 . A u g u s t t r a t eine L a n d e s k o n f e r e n z d e s V e r b a n d e s d e s d e u t s c h e n V e r k e h r s p e r s o n a l s (G a u B a d e n ) h ie r z u sam m en . D ie H a u p tv e r s a m m lu n g des V e r b a n d e s b a d i s c h e r k y n o l o g i s c h e r V e r e i n e fa n d a m 2H. A u g u s t sta tt. D ie B a d i s c h e n P r i v a t a r c h i t e k t e n schlossen sich a m 29 . A u g u s t zu e in e in L a n d e sv e rb a n d zu sam m en . A m ich E e p te m b e r f a n d die L a n d e s k o n f e r e n z d e r H i r s c h - D u n k e r ' s c h e n G e w e r k v e r e i n e B a d e n s , A k itte E e p te m b e r die G e n e r a l v e r s a m m l u n g d e s V e r ­ b a n d s s e l b s t ä n d i g e r A a u f l e u t e B a d e n s u n d die a u ß e r ­ o rden tliche G e n e ra lv e r s a m m lu n g des B u n d e s B a d i s c h e r D e t a i l l i st e n - V e r e i n e s ta tt. A m s 8 . E e p te m b e r ta g te der B a d i s c h e B l i n d e n v e r e i n , a m 2 s . die A b g e o rd n e te n des A l b - u n d p f i n z g a u - m i l i t ä r v e r e i n s v e r b a n d e s , a m 2 2 - /2 3 der B a d i s c h e F o r s t v e r e i n , a m 28 . der G a u des R e i c h s b u n d e s der A r i e g s b e s c h ä d i g t e n . D ie H a u p tv e r s a m m lu n g des V e r e i n s B a d i s c h e r Z a h n ­ ä r z t e f a n d a n r 2 7 ./2 8 . S e p te m b e r s ta tt. V o m 6 . b is 9 . G k to b e r v e ra n s ta lte te der B a d i s c h e L a n d e s - a u s s c h u ß d e s A a t h o l i s c h e n F r a u e n b u n d s einen p o li­ tischen S c h u lu n g s k u r s , a m sO. w u rd e der d r i t t e B a d i s c h e A a t h o l i s c h e F r a u e n b u n d s t a g a b g e h a lte n . A m s 2 . G k to b e r f a n d ein A a t h 0 l i ke n t a g f ü r die m i t t ­ le ren T e i le B a d e n s s ta tt. V o n den zah lre ichen A n sp rach e n seien h ie r die des G eis tlichen R a t s O r . A chofer ü b e r „ C h r is te n tu m u n d E ch u le" u n d des P a t e r s E ig is m u n d G . R I . T . ü b e r „ C h r is te n tu m u n d K a p i t a l i s m u s " h e rv o rg e h o b e n . A n den E rzb isch o f v o n F re ib u rg , der in e in e m s c h re ib e n der V e r s a m m lu n g seinen E eg en erte ilte , u n d a n den P a p s t w u rd e n E rg e b e n h e itsa d re sse n ab g e sa n d t. — § 0 l — D ie H a u p tv e r s a m m lu n g d er A i r c h l i c h - p o s i t i v e n V e r ­ e i n i g u n g f ü r B a d e n w a r a m l3 - G k to b e r . A m l F G k to b e r h ie lt der B a d i s c h e L a n d e s v e r b a n d z u r H e b u n g d e s F r e m d e n v e r k e h r s seine s 4 . J a h r e s ­ v e rsa m m lu n g a b . A m 24> G k to b e r fa n d eine V e r s a m m lu n g des G r t s k a r t e l l s d e r A n g e st e i l t e n , d e r A r b e i t s g e m e i n s c h a f t d e r k a u f ­ m ä n n i s c h e n V e r b ä n d e , d e s G e w e r k s c h a f t s b u n d e s d e r A n g e s t e l l t e n u n d des A a u f m ä n i r i s c h e n V e r e i n s w e i b l i c h e r A n g e st e l l t e n , a m lO . N o v e in b e r eine V e r s a m m lu n g der G e m e i n d e ­ b e a m t e n d e s L a n d b e z i r k s A a r l s r u h e , a m 2 3 . eine au ß e ro rd e n tlic h e H a u p tv e r s a m m lu n g des V e re in s B a d i s c h e r F i n a n z b e a m t e n s ta tt. D e r V e r b a n d s ta g des S ü d w e st d e u t s c h e n V e r b a n d e s f ü r L e i c h t a t h l e t i k w u rd e a m l 3 . / l c h D ezem ber, die S p o rtk o n fe re n z der A r b e i t e r - S p o r t v e r e i n e B a d e n s g le ich fa lls a m sH. a b g e h a lte n . A u f denselben T a g fiel die V e r b a n d s v e r s a m m lu n g der B r a u e r e i - u n d M ü h l e n a r b e i t e r . 2. .Feierlichkeiten und Festlichkeiten. A m s 5 . J a n u a r v e ra n s ta lte te d e r A u fk lä ru n g s a u s s c h u ß des V o lk s ra te s eine V o l k s f e i e r , bei der V r . G in s te in ü b e r „den G e is t der R e v o lu t io n " sprach. A m 2 s . M ä r z fa n d zu r W e ih e der n e u e n V e r f a s s u n g d e s b a d i s c h e n S t a a t s e in F estak t sta tt, a n dem u . a . d a s G e sa m tm in is te r iu m , die L a n d ta g sa b g e o rd n e te n u n d der O b e r b ü r g e r ­ m eiste r te iln a h in e n . N ac h kürzeren A n sp rach e n des L a n d ta g s ­ p räs id en ten A b g . A o p f u n d des M in is te rp rä s id e n te n G e iß h ie lt A b g . O r . Dietz die F estrede . M u s ik v o r tr ä g e u n d R e z ita tio n e n u m ra h m te n die F e ie r . D urch V e r o rd n u n g des S ta a t s m in is te r iu m s v o m 7 . A p r i l w u rd e der s . M a i a l s g eb o ten e r F e s tta g b es tim m t. A n diesem T a g e fa n d a u f dein E n g lä n d e rp la tz eine M a s s e n v e rs a m m lu n g m i t A n sp ra c h e n v o n V e r tre te rn der beiden sozialdem okratischen P a r te i e n s ta tt. A n ­ schließend bew egte sich e in D e m o n s tra tio n s z u g durch die S ta d t b is 26 — H02 — v o r d a s R a th a u s , w o er sich au flö ste . A b e n d s w u rd e in der F e s t­ h a lle eine F e ie r a b g e h a lte n , die F estrede h ie lt B uchdrucker W . H of. A m si. M a i fa n d nach m e h r jä h r ig e r U n te rb re c h u n g die H e b e l ­ f e i e r des L ied erk ran zes s ta tt. P f a r r e r H in d e n la n g h ie lt die A n ­ sprache. D ie O r t s g r u p p e des deutschen M o n i s t e n b u n d s v e ran sta lte te a m 2 s . S e p te m b e r eine T ra u e r f e ie r f ü r T r u s t Haeckel (R e d n e r: D r . meck. R ic h a rd R a h n e r - G a g g e n a u ) . N a c h f ü n f jä h r ig e r U n te rb re c h u n g w u rd e a m 2 s ./22 . S e p te m b e r d a s Z a h re s se s t des K a r l s r u h e r M u t t e r h a u s e s f ü r K i n d e r - s c h w e s t e r n b e g a n g e n . Z u rz e i t g eh ö re n dem V e rb a n d des H auses 2 6 ö S ch w este rn a n . — A m 24 . S e p te m b e r f a n d gleichzeitig m it der L a n d e s v e r s a m m l u n g die F e i e r d e s 6 0 j ä h r i g e n B e s t e h e n s des B ad isch en F ra u e n v e re in s sta tt. G e n e ra lse k re tä r G e h . R a t M ü l l e r b e g rü ß te die E rsch ien en en u n d g a b e inen Rückblick ü b e r die E n tw ic k lu n g des V e re in s . A n die G rü n d e r in des V e re in s w u rd e v o n der V e r s a m m lu n g ein D a n k te le g ra m m ab g esan d t, a u f d a s D r a h ta n tw o r t e in lie f. G lückw ünsche ü b e rb ra c h te n dem V ere in M in i s te r R e m m e le n a m e n s der R e g ie ru n g , B ü rg e rm e is te r Dr. H o rs t­ m a n n n a m e n s d es S t a d t r a t s u n d der B ü rg e rsc h a f t, G e n e ra l N e u b e rt- H e id e lb e rg im N a m e n der badischen Z w e ig v e re in e , Dr. S tro e b e a l s V e r tr e te r des L a n d e sv e re in s v o m R o te n K re u z . D e r V e re in besteht zu r Z e i t a u s 474 Z w e ig v e re in e n m it 90 949 M itg l ie d e rn . B e i der a m 2 8 . S e p te m b e r v o n der D em okra tischen f u g e n d v e ra n s ta lte te n G e d ä c h t n i s f e i e r f ü r F r i e d r i c h N a u m a n n h ie lt P ro fe sso r Dr. A u g u s t H a u s ra th -H e id e lb e rg die G ed ä ch tn isre d e . A m 2 . O k to b e r vo llendete H a n s T h 0 i n a h ie r sein 8 0 . L eb en s­ ja h r . V o n e in e r g rö ß e re n F e ie r in der Ö ffen tlich k e it w u rd e a u f M u n sc h des Z u b i l a r s abgesehen . A m T a g selbst ü b erb rach te U n te r r ic h tsm in is te r H u m m e l die G lückw ünsche des S ta a ts m in is te r iu m s , eine A b o rd n u n g des S t a d t r a t s u n te r F ü h r u n g des O b e rb ü rg e rm e is te r s üb erre ich te den v o n K u n s tm a le r G u s ta v M o ls v e r fe r tig te n E h re n b ü rg e rb r ie f , der fo lg en d en M o r t l a u t h a t : „ D e m g r o ß e n d e u tsc h e n M e i s t e r , d e m r u h m g e k r ö n te n S o h n e s e in e r b a d isc h e n k s e im a t , d e m v e r e h r u n g s w ü r d i g s t e n u n s e r e r M i t b ü r g e r , O. Or. b s a n s T h o m a , h a b e n w i r , S t a d t r a t u n d B ü r g e r a u s s c h u ß v o n K a r l s r u h e , i n u n b e sc h r ä n k te r — §03 — B e w u n d e r u n g s e i n e s k ü n st le r is c h e n G e n i u s u n d i n d a n k b a r e r V e r e h r u n g s e in e s e d le n M e n s c h e n t u m s h e u t e e i n m ü t i g d ie w ü r d e e i n e s E h r e n b ü r g e r s d e r B a d is c h e n L a n d e s h a u p t s t a d t v e r l i e h e n . Karlsruhe, den 28. J u l i t y ty . D e r S t a d t r a t : S i e g r i s t , (O b e r b ü r g e r m e is te r . L a c h e r , R a t s c h r e ib e r ." A n fa n g A u g u s t h a tte H a n s T h o m a dein O b e rb ü rg e rm e is te r fo lg en d es s c h re ib e n zugehen lassen : H o c h v e r e h r te r H e r r (O b e r b ü r g e r m e is t e r ! A u s E u e r W o h lg e b o r e n M i t t e i l u n g v o m y . d . M t s . v e r n e h m e ic h , d a ß d er B ü r g e r a u s s c h u ß a m 2 8 . J u l i e in s t im m ig u n d s r e u d ig m e in e E r n e n n u n g z u m E h r e n b ü r g e r d er S t a d t K a r l s r u h e b esch lo ssen h a t . M i t h e r z l ic h e m D a n k g e f ü h l e m p f a n g e ich d ie s e m ir z u g e w e n d e t e h o h e E h r u n g u n d ich b it t e S i e , h o c h v e r e h r te r H e r r B ü r g e r m e i s t e r , d ieser : m e in e n fr e u d ig e n D a n k d e m h o c h v e r e h r l ic h e n B ü r g e r a u s s c h u ß k u n d g e b e n z u w o l l e n . K ü n s t le r p h a n t a s ie » e r s te ig t sich b e i so lch er G e l e g e n h e i t le ic h t i n R e g i o n e n , d ie ü b e r d er n a c k te n T a ts a c h e sich a u f b a u e n , u n d fa s t w ä r e ich du rch so lch e E h r u n g e n b e s c h ä m t, w e n n ich S i e n ic h t v o n e in e r h ö h e r e n w a r t e a u s b e tr a c h te n u n d d e u te n k ö n n te . S o w a g e ich z u d e n k e n u n d e s a u s z u s p r e c h e n : D i e m ir g e w o r d e n e E h r u n g b e d e u te t e in e H u l d ig u n g a n d e n F r ie d e n s t i l le r A r b e i t , w i e sie d ie K ü n s t e m i t ih r e m d er V e r e d e lu n g g e w id m e t e n S c h a f f e n d e r M e n s c h h e it b r in g e n k ö n n e n . D i e F r ie d e n s s e h n s u c h t m u ß n a c h so s c h w e r e n K ä m p f e n doch w ie d e r m ä c h t ig d ie M e n s c h h e it e r fa ss e n u n d g u t e F r ü c h te b r in g e n , in d e m sie n a c h d e m h o h e n Z i e l h e i l ig e r ( O r d n u n g , d ie a u f g e g e n s e i t i g e s v e r t r a u e n , a u f w i l l i g e s P l a t z - g ö u n e n sich a u f b a u t , h iu s t r e b t u n d w e n n a u c h du rch v e r s u c h e u n d I r r u n g e n h in d u r c h z u r W o h l f a h r t a l l e r M e n s c h e n , d ie g u t e n W i l l e n s s in d , f ü h r e n m u ß . D a ß ich , ich d a r f s a g e n , du rch e in v o l l e s g a n z e s L e b e n b e r u fe n g e w e s e n b in , d er fr ie d lic h s te n a l le r K ü n s t e z u d i e n e n , f in d e t d u rch d ie A n e r k e n n u n g , d ie m ir durch m e in e M i t b ü r g e r z u t e i l w i r d , s e iu e w e i h e . — L s w a r irr u n s e r e r S t a d t , w o ich im J a h r e l 8 5 y m e in e K ü n s t l e r la u f b a h n b e g in n e n k o n n te i n s t i l le r s c h w a r z w ä ld e r A r t , u n d so ist e s a u c h d ie s e lb e H e im a t s t a d t , w o ich s ie n a c h 60 J a h r e n b e s c h lie ß e n w e r d e . — w i e ich z u m e in e n w a g e , drückt sich in m e in e n A r b e i t e n e t w a s v o n d e m s in n ig d e u tsc h e n W e s e n a u s , d a s w i r w ie d e r a l s e in e u n s e r e r g u t e n V o lk s e ig e n s c h a f t e n a n e r k e n n e n , m i t d er w i r d ie H o f f n u n g a u f fr ie d lic h e Z u s t ä n d e v e r s tä r k e n w o l l e n , m i t d e r w i r d e r im m e r d u n k e ln Z u k u n f t e n t g e g e n g e h e n w o l l e n . I h r e g ü t ig e Z u s e n d u n g d e r S t a d t g a r t e n k a r t e u n d d e r F r e ik a k te f ü r d ie S t r a ß e n b a h n b e g r ü ß e ich d a n k b a r a l s V o r b o t e n d e r a n g e k ü n d ig t e n U r k u n d e . S o l a n g e s e in e m A c h tz ig e r n o c h v e r g ö n n t s e in m a g , w e r d e ich b e s tr e b t s e in , e in t r e u g e h o r s a m e r B ü r g e r z u s e in . Z u m S c h lu ß sp rech e ich I h n e n , H e r r (O b e r b ü r g e r m e is te r , n o c h p e r s ö n lic h m e in e n v e r b in d l ic h s te n D a n k a u s f ü r I h r e M ü h e w a l t u n g , s o w i e f ü r d a s m ir d ie J a h r e h in d u r c h s te ts e r w ie s e n e W o h l w o l l e n . 26 * M ö g e u n s e r e S t a d t , w e n n a u c h m a n c h e ä u ß e r e F o r m im W e c h s e l der Z e i t sich ä n d e r n m u ß , i n ih r e m g e s u n d e n B ü r g e r s in n d e n in n e r l ic h e n H a l t f in d e n , d e n g e m e in s a m e s S c h a f f e n g i b t u n d so i n a l l e r Z u k u n f t h in b lü h e n u n d g e d e i h e n ! I n v o r z ü g lic h e r H o c h a c h tu n g E u e r H o c h w o h lg e b o r e n g e h o r s a m s t e r g e b e n e r H a n s T h o m a . E in e A b o rd n u n g der F r id e r i c ia n a ü berreich te die U rk u n d e ih re r E h re n d o k to rsch a ft, die S tä d te F re ib u rg , S t . B la s ie n u n d S äck ingen ü b e rsa n d te n E h re n b ü rg e rb r ie f e , die S ta d t F r a n k f u r t a . M . die M i t ­ te ilu n g , d a ß eine S t r a ß e in der N ä h e des S täde l'schen M u s e u m s H a n s - T h o m a S t r a ß e b e n a n u t w erde. A u ß e rd e m tra fe n zahlreiche G r a tu la n te n , S ch re ib e n u n d T e le g r a m m e zu m G e b u r ts ta g e ein . D e r A u n s tv e re in v e ra n s ta lte te v o m 2 8 . S e p te m b e r b is s6 . O k to b e r eine E h re n - A u s s te l lu n g T h o m a 's c h e r M e rk e . I m A u p fe rs tich k ab in e tt w u rd e n g leichzeitig g raph ische A rb e ite n — m eist G eschenke — T h o m a s au sg es te llt . A m f 2 . / f 3 .O k t o b e r fe ie rte der L a n d e s v e r e i n f ü r I n n e r e M i s s i o n sein 7 0 . I a h r e s f e s t . B e im F estg o ttesd ien s t in der S ta d t kirche h ie lt P f a r r e r M o n d o n a u s L a h r die p r e d ig t . A m 2 6 . O k to b e r v e ra n s ta lte te die evangelische S ü d stad tg em e in d e eine A b s c h i e d s f e i e r f ü r S ta d tp f a r r e r v . H e s s e l b a c h e r , der a l s S ta d tp f a r r e r nach B a d e n b e ru fe n ist. I m A u f t rä g e der G em e in d e sprach S ta d t r a t J a c o b d a s le b h afte B e d a u e rn ü b e r den W e g g a n g des la n g jä h r ig e n S ee lso rg e rs a u s , d a rn a c h S e m in a rsc h u lle h re r M ü l l e r u n d O b e rh o fp re d ig e r F ischer. A m 8 . N o v e m b e r w u rd e d a s H e i m d e r w e i b l i c h e n V e r e i n e d e r S ta d t im E rb p rin z en sc h lö ß c h en (R itte rs tra ß e 7) feierlich e rö ffne t, es um sch ließ t die V e re in e : „ N a t io n a le r F r a u e n ­ d ie n s t" , „D eutsche F ra u e n k le id u n g u n d F ra u e n k u l tu r " , „ F r a u e n b i ld u n g — F r a u e n a r b e i t " , „ A a r l s r u h e r H a u s f r a u e n b u n d " , „ M a le r in n e n v e re in " , „ V e re in badischer L e h re r in n e n " , O r t s g r u p p e des V e rb a n d e s w eib licher H a n d e ls - u n d B ü ro a n g e s te ll te n " . F r a u L u itg a rd H im m e lh e b e r h ie lt die W e ih e re d e ; e in F estsp iel, d a s a n die Geschichte des S ch lö ß ch en s a n k n ü p fte , v o n F r ä u le in H ild u r H eß v e r fa ß t, w u rd e a u fg e fü h r t . A m HZ. N o v e m b e r f a n d die feierliche E n t h ü l l u n g des v o n d er S ta d tg e m e in d e e rrich te ten D e n k m a l s f ü r G b e r b ü r g e r - i n ei st e r S c h n e t z l e r in G e g e n w a r t des (O b e rb ü rg e rm e is te rs , der B ü rg e rm e is te r u n d a n d e re r V e r tre te r der S ta d tv e r w a l tu n g , sow ie v o n A n g e h ö r ig e n u n d F re u n d e n des V ers to rb en e n s ta tt. (O ber­ b ü rg e rm e is te r O r . F in te r h ie lt fo lgende A n sp ra c h e : Hochverehrliche Festversam m lung! A l s a m M o r g e n d e s s . D e z e m b e r d e s J a h r e s z y o s a u f d e m R a t h a u s ­ tu r m e d ie F l a g g e h a lb m a s t g e h iß t w u r d e , d a w u ß t e d ie B ü r g e r s c h a f t , w e lc h sc h w e r e r S c h la g d ie S t a d t g e tr o f f e n h a t t e . D i e H a n d , d ie d a s S t e u e r ih r e s S c h if f e s g e f ü h r t , w a r e r s c h la f f t , d a s A u g e , d a s ü b e r s ie g e w a c h t , e r lo s c h e n , d a s H e r z , d a s f ü r sie g e f ü h l t , s ta n d s t i l l . D a s (O b e r h a u p t d e r S t a d t , (O b er ­ b ü r g e r m e is t e r K a r l S c h n e t z l e r , w a r n ic h t m e h r ; d a s L e id e n , d a s s e i t g e r a u m e r Z e i t a n s e in e r G e s u n d h e i t n a g t e , h a t t e e n d lic h s e in e n K ö r p e r ü b e r ­ w ä l t i g t , u n d n u n ö f f n e te sich d a s G r a b , u m w a s ste rb lic h a n ih m w a r , a u f z u ­ n e h m e n . A l lg e m e in w a r d ie T r a u e r u m d e n D a h in g e s c h ie d e n e n , u n d a l s d r e i T a g e d a r a u f d ie d u m p fe n T ö n e d er K ir c h e n g lo c k e n du rch d ie v o m w ir b e ln d e n S c h n e e e r f ü l l t e n S t r a ß e n d er S t a d t z u m le tz te n L h r e n g a n g e e in lu d e n , d a w a r e n e s T a u s e n d e u n d A b e r t a u s e n d e , d ie d e m v e r s t o r b e n e n a n s e in e m G r a b e n och e in m a l ih r e D e r e h r u n g u n d D a n k b a r k e i t b e z e u g e n w o l l t e n , l i n d f ü r w a h r , e in v e r e h r u n g s w ü r d i g e r M a n n , d er sich d e n D a n k a l l e r v e r d ie n t h a t , w a r d a h in ­ g e g a n g e n . E i n g a n z e s M e n s c h e n a lt e r h in d u r c h h a t K a r l S c h n e tz le r d er S t a d t K a r l s r u h e g e d ie n t . I m J a h r e ( 8 7 5 w u r d e e r n a c h V o l l e n d u n g s e in e r ju r is t is c h e n S t u d ie n u n d lä n g e r e n J a h r e n d er V o r b e r e i t u n g im b a d isc h e n V e r w a l t u n g s ­ d ie n s te 29 j ä h r ig i n d ie L e i t u n g d er S t a d t a l s e rs ter B ü r g e r m e is t e r b e r u f e n . S c h o n i n d ie s e r S t e l l u n g , in d er e r b i s Z8 Y2 w ir k t e , b e w i e s S c h n e tz le r s e in e g lä n z e n d e B e f ä h i g u n g f ü r d e n e r w ä h l t e n B e r u f . A u s g e s t a t t e t m i t e in e r lü c k e n ­ lo s e n A l lg e m e in - u n d F a c h b i ld u n g h a t e r d ie ih m z u n ä c h s t o b l i e g e n d e A u f g a b e , d ie G e m e in d e v e r w a l t u n g a u f d e r G r u n d l a g e d e s n e u e n G e m e in d e r e c h t s a u s z u - b a n e n , in w a h r h a f t m u s t e r g ü l t ig e r l v e i s e g e lö s t . D i e m e is te n d er G e m e in d e ­ s a tz u n g e n , d ie n o c h h e u t e d ie N o r m f ü r d ie V e r w a l t u n g d e r S t a d t b i l d e n , t r a g e n s e in e n N a m e n , v o r n e h m l i c h d ie S c h u lo r g a n i s a t io n u n d d a s B e a m te s t r e c h t f in d s e in W e r k . S o w a r er a u s d a s T r e f f l ic h s te v o r b e r e i t e t , a l s im J a h r e ( 8 9 2 , n a c h d e m T o d e s e in e s v e r d ie n t e n V o r g e s e tz t e n , d e s ( O b e r b ü r g e r m e is t e r s L a u t e r , d ie B ü r g e r s c h a f t d a s S t e u e r d er S t a d t e i n m ü t i g ih m in d ie H a n d g a b . W e lc h e F ü l l e v o n A u f g a b e n d er w e itb l ic k e n d e M a n n a l s o b e r ste r L e ite r d er G esch ick e der S t a d t in A n g r i f f g e n o m m e n u n d w i e er sie in n im m e r m ü d e r A r b e i t u n d m it d er n i e e r la h m e n d e n S p a n n k r a f t s e in e s s ta r k e n W i l l e n s z u m g lü c k lic h e n E n d e g e f ü h r t h a t , is t i n d ie G e sc h ic h te d e r S t a d t e i n g e t r a g e n . I c h w i l l n u r a n d ie m i t z ä h e r E n e r g i e e r k ä m p f te A n l a g e d e s R h e i n h a f e n s , d ie Z u k u n f t s ­ h o f f n u n g K a r l s r u h e s , a n d ie E in g e m e i n d u n g e n v o n M ü h l b u r g , B e i e r t h e i m , R ü p p u r r u n d R i n t h e i m , du rch d ie d ie E n t w ic k e lu n g d e r L t a d t z u r G r o ß s ta d t e r m ö g lic h t w u r d e , u n d a n d ie z a h lr e ic h e n S c h ö p f u n g e n s o z ia l e r W o h l f a h r t , d ie e r i n s L e b e n r i e f , e r i n n e r n , u m a n z u d e u t e n , w i e w e i t d e r B l ic k S c h n e t z le r s v o r a u s s c h a u t e u n d w i e s e g e n b r in g e n d s e in W e r k f ü r d ie S t a d t g e w e s e n is t . — ^06 — K ein W under, daß seine Führung nicht nur in den städtischen K ollegien, die er durch seine souveräne Beherrschung des S toffs und den meisterhaften Vortrag seiner Gründe stets zu überzeugen verstand, Gefolgschaft und Anerkennung fa n d ; auch außerhalb K arlsruhes w ar sein N am e im R ate der Städte Hochgeehrt. M it Fug uud Recht darf er a ls einer der führenden M änner seiner Zeit angesprochen werden. Aber nicht nur des tüchtigen Beam ten und erfolgreichen K om m unalpolitikers wollen w ir gedenken, auch das B ild des Menschen wollen w ir in s Gedächtnis zurückrufen. Und fürw ahr, Schnetzler w ar ein Mensch von seltener A u sp rägu n g, w ohl w ert, a ls Beisp iel eines echten deutschen M an n es unserer Z eit vorgehalten zu werden. Höchstes Glück der Erdeukinder ist nur die Persönlichkeit. D ieses W ort unseres großen Dichters und Denkers paßt so ganz auf die Gestalt Schnetzlers. J a , eine Persönlichkeit in edelstem S in n e des W ortes ist Schnetzler gewesen. A uf dem Grundton eines tiefen G em ütes mischten sich die leuchtenden Farben seiner Geistesgaben zu einem prächtigen G esam tbilde, au s dem ein geistreicher Humor sonnig hervorleuchtete. D azu gesellte sich ein offener Freim ut, der, unabhängig von oben und unten, die aufgrund tiefschürfenden unablässigen Denkens und Arbeitens gewonnene Überzeugung überall und allenthalben m it E nergie und Beharrlichkeit vertrat. Dabei w ar sein W esen schlicht und einfach, so gar nicht auf äußeren Prunk und R uhm eingestellt, lediglich auf Sachlichkeit und W ahrhaftigkeit bedacht. Treu w ollte er sein sich selbst, treu aber auch allen , deren W ohl sein Leben gewidm et w ar. I n der A usw irkung dieser Eigenschaften, in treuer Pflicht- erfüllung und H ingebung an seinen B erus, nicht in den äußeren Ehren, die ihm so v ielfä ltig zuteil wurden, fand er seinen Lohn, seine Befriedigung, sein höchstes Glück. Glühende Liebe zu den heimatlichen Bergen und Tälern und zum deutschen paterlande, dessen R uhm und Gedeihen sein ganzes S innen und Trachten gewidm et w ar, erfüllte sein Herz, w i r empfinden es heute fast a ls Glück für ihn, daß sein früher Tod ihn davor bewahrte, das furchtbare Schicksal zu erleben, das über Deutschland hereingebrochen. Dem deutschen Volke möchten w ir wünschen, daß es dazu zurückkehrt, die Tugenden, die unseren Schnetzler auszeichneten, und die w ir so gern a ls die deutschen Tugenden rühmten, Ebrlichkeit, Aufrichtigkeit, Treue und Arbeitsamkeit wieder zu übeu, dann m uß und wird es gelingen , au s der N iederung unserer T age wieder zu freundlicheren Höhen einer besseren Zukunft emporzusteigen. D a s B ild unseres Schnetzler aber wollen w ir bewahren, an ihm wollen w ir u n s aufrichten, aus ihm neue K raft und neuen M ut schöpfen zum beharrlichen Arbeiten am w o h le unseres G em einw esens. S o falle denn die Hülle von dem Denkmale, in dem des M eisters Hand die Z üge des verew igten zu neuem Leben erweckt hat. v o n seiner Gemeinde gestiftet, soll es der Nachw elt künden, daß auch in unseren trüben Tagen die Dankbarkeit für treue Arbeit und die Verehrung wahrer Größe nicht erloschen ist. L s kann die Spur von seinen Erdentagen nicht in Aeonen untergehen." Während der letzten Worte fiel die Hülle vom Denkmal. Weitere Ansprachen hielten Direktor Weiler für den Badischen Beamtenbund, — HO? — P ro fesso r S c h w a ig e r f ü r den L iederk ranz, B o n a v e n tu r a M e y e r a l s J u g e n d f r e u n d S chnetzlers . A lu s ik v o r trä g e erö ffne ten u n d schloffen die F e ie r . D a s D e n k m a l besteht a u s e in e r ü b e r le b e n sg ro ß e n B ro n z e ­ büste a u f G ran itsockel u n d s ta m m t v o m B i ld h a u e r O t t o F e is t. E s steht a n der W estseite der durch V i t t a l i a n sg e s ta lte te n S ta d t - g a rte n e in fa ssu n g , g e g e n ü b e r der E in m ü n d u n g der Schnetzler- in die N eu e B a h n h o f - S tr a ß e . A uch in diesem J a h r e w u rd e n zah lreiche W e i h n a c h t s ­ fe ie rn in V e re in e n u n d A n s ta lte n a b g e h a lte n . 3. Ausstellungen. I m A p r i l m ach te d a s städtische N a c h ric h te n a m t b ek a n n t, d a ß die A u s s t e l l u n g e n d e r s t ä d t i s c h e n S a m m l u n g e n im A rc h iv g e b äu d e nach e in e r durch d a s H e izv erb o t b e d in g ten jX m se dem B esuche w ied e r erö ffn e t seien. F o lg e n d e G e b ie te der B i ld e r ­ s a m m lu n g w a re n zu r A u ss te llu n g g e b ra c h t: A l t - A a r l s r u h e , d a r u n te r besonders B a u te n W e in b r e n n e rs u n d se iner S ch u le , H an d e l, G e w e rb e u n d Z u n ftw e se n , B e rk e h rsw e se n ( D r a is u n d sein F a h r r a d , E in f a h r t des ersten E is e n b a h n z u g s ) , V e r tr e te r der T echnischen H ochschule, T h e a te r u n d M u sik , B ad ische P o li t ik e r der Z e i t v o r u n d u m s 8 4 8 /4 9 , der S c h w a rz w a ld in A nsich ten , T ra c h te n u n d B o lk sb rä u c h e n . A m 3 s . M a i u n d s. J u n i v e ra n s ta lte te der A a n i n c h e n - z u c h t v e r e i n A a r l s r u h e (S ta m m v e re in ) eine A a n in c h e n - u n d H ro d u k ten A u ss te llu n g . E in e zw eite A u s s te llu n g des V e re in s fa n d a m s s . u n d s 2 . O k to b e r s ta tt. — A m sst. O k to b e r v e ra n s ta lte te der A lu b B elgische R iesenzüch ter A a r ls r u h e - B e ie r th e im eine A a n in c h e n A u ss te llu n g . -— A m s. u n d 2 . N o v e m b e r h ie lt der A llg e m e in e B ad ische A a n in c h e n -Z ü c h te r -V e rb a n d A a r l s r u h e eine G a u A a n in c h e n - u n d p ro d u k te n A u ss te llu n g a b . V o m 8 . b is s s . O k to b e r v e ra n s ta lte te H > a u l B u r c h a r d in seinen V e rk a u fs rä u m e n (A a ise r-S tra s te sH3) eine A u s s te llu n g echter S p itzen u n d S pitzen E rzeugn isse , sow ie künstlerischer H a n d a rb e ite n . E in e A u ss te llu n g des M a l e r i n n e n v e r e i n s v o n A u n s t u n d A u n stg e w e rb e fa n d in den ersten N o v e m b e r ta g e n s ta tt. — H03 — V o m 3 . b is 5 . D ezem b er stellte die K u n s ts t i ck e r e i sch u l e des F ra u e n v e re in s L a n d a rb e i te n , v e rb u n d e n m it der S c h u la u ss te llu n g a u s , d a r u n te r gew o b en e u n d gestickte W a n d b e h ä n g e nach E n tw ü r f e n v o n H a n s T h o m a . D ie G a l e r i e M o o s stellte im L au fe des J a h r e s a u s : I m J a n u a r B i ld e r v o n W . H e m p fin g u n d v o n M a r t h a M o p p . V o m 2 3 . J a n u a r b is sö . F e b r u a r 3 6 . S o n d e ra u s s te llu n g m it M e rk e n v o n A . S ch lich te r u n d M . Z a b o t in . V o n d a b is zu m W . M ä r z W erke von A . H e llw a g u n d I . F . S c h rä d e r . V o m 3 . b is 3 0 . M a i S o n d e r ­ a u s s te l lu n g m it G e m ä ld e n der einheim ischen K ü n s tle r A u g u s t G e b h a rd , A r t h u r G r i m m u n d A u g u s t R u in m , fe rn e r R a d ie ru n g e n u n d L ith o ­ g ra p h ie n v o n P a u l P lü sc h k e -B e r lin . I m J u n i G e m ä ld e v o n K a s p a r R i t te r , P r o f . E . S c h u r th , P a u l M e h r le . I m J u l i u n d A u g u s t eine S o n d e ra u s s te llu n g „ S c h w a rz w a ld " m i t G e m ä ld e n u n d G ra p h ik v o n B e r n h a r d , T o n z , D ischler, E g le r , F ra n k e , G r a f , H a rb e r s , H aueisen , H a u s a m a n n , K a m p m a n n , K o e h le r , L em m er, L iebich, R h o d e , R u in m , T h o m a , v o n V o lk m a n n , M ic k e lsh e im er . I m S e p te m b e r eine A u s ­ s te llu n g der K ü n s tle rm a p p e „ S t u r m " . I m O k to b e r W erk e v o n W . H e m p f in g , M a r t h a K r o p p u . a . I m N o v e m b e r S o n d e r ­ a u s s te l lu n g der „ V e re in ig u n g b ild e n d e r K ü n s tle r M a n n h e im " . I m D ezem b er „ A u s g e w ä h lte W e rk e bad ischer K ü n s tle r" . 4. Sehenswürdigkeiten. A m 3 0 . A p r i l E x p e r im e n ta l-A b e n d M i n x , G e d a n k e n ü b e r t r a g u n g u . ä . Am 2H. September Flug des Sturzfliegers F r i tz Sc h i n d l e r auf dem großen Exerzierplatz. A b 2 7 . S e p te m b e r V o rs te llu n g e n des A r k u s H e r m a n n A l t h o f f . A m 2 3 . u n d 2 H. O k to b e r G as tsp ie l B e n A b d u l , R a f a e l u n d S e l i m o d . D ie W u n d e r der indischen F a k i r e : H ypnose, T e le p a th ie u n d m agische K ü n s te u . ä . A m 2 6 . u n d 2 7 . O k to b e r na tu rw issenschaftliche D e m o n s tra tio n s - A b e n d e durch J o a c h i m B e l l a c h i n i : W ie d a s L eben en tstand , die W u n d e r des U ra n o s , der M e n sch v o r 100 000 J a h r e n u . ä . A m 2 7 . O k to b e r L u m b e r l a n d , G e d a n k e n ü b e r tr a g u n g m it A u fk lä ru n g u n d W ach su g g estio n en . A m 3 0 ., 3 s . O k to b e r u n d s y . N o v e m b e r L o A i t t n y , eben ­ f a l l s G e d a n k e n ü b e r tra g u n g u n d W ach su g g estio n en . A b l 2 . N o v e m b e r V o r f ü h r u n g e n des Z a u b e rk ü n s t le r s R u c h n y B e l l a ch i n i. A b 2g . N o v e m b e r V o rs te llu n g e n des G r o ß - Z i r k u s H e n n y - S c h a u . VII. Verkehrswesen. > ^ o s t - u n d T e l e g r a p h e n v e r k e h r v o n K a r l s r u h e im J a h r e l 9 l 9 : Gewöhnliche Briefsendnngen (Briefe, Postkarten, Druck- ab4 sachen und W a re n p ro b e » ) ....................................................a n / ermittelt Einschrcibbriefsendungen .....................................................ab 47 0 564 Stück an 575 144 „ Pakete ohne W er tan g a b e ..................................................... ab 825 262 „ an 885 2 9 5 „ Linschreibxakete...................................................................... ab (7 596 „ an 11921 „ Pakete, Briefe und Kästchen mir W ertangabe . . . ab 169 856 „ an 162 159 „ N ach n a h m esen d u n g e n .......................................................... an 158 0 18 „ p o s t a n f t r ä g e ............................................................................ab 1 224 an 2 reo „ Postanweisungen und Z a h l k a r t e n ...................................ab 759 286 „ „ „ Zahlungsanweisungen . . . . an 489 865 „ B e trag der Postanweisungen »nd Z a h lk a r te n . . . . abZ37 0>8 873 Mk. „ „ „ ., Zahlungsanweisungen an 80 962 251 „ T e l e g r a m m e ................................................................................. ab 4 4 1 9 9 6 Stück an 4 9 6 085 „ Z ah l der Gespräche im O r t s v e r k e h r ................................... 8 596 625 Z a h l der Gespräche im Vororts- und Nachbarortsverkehr 2 9 0 08 4 Z a h l der Gespräche im F e rn v e rk e h r ................................... 5 0 0 4 559 Z ah l der init Fernsprecher übermittelten Telegramme und sonstigen N a c h r ic h te n 46 208 — — A m 8 . F e b r u a r f a n d die 6 7 . Ä tz u n g d es B a d i s c h e n E i s e n ­ b a h n r a t s s ta tt. D en ersten P u n k t der T a g e s o r d n u n g b ilde te eine A u ssp ra c h e ü b e r die F in a n z - u n d B e tr ie b s la g e der badischen S t a a t s ­ e isenbahnen au s G r u n d e in e r D a rs te llu n g der G e n e ra ld ire k t io n . N ach d em schon d a s J a h r s 9 s 8 e inen B e t r ie b s a u s f a l l v o n ü b e r s ä M il l io n e n M a r k geb rach t, ist d e r A u sb lic k a u f d a s J a h r sg ss ) noch w e it sch lim m er, e s w ird a u f e inen B e t r ie b s a u s f a l l v o n 90 b is sOO M il l io n e n M a r k gerechnet. S ch u ld d a r a n tr a g e n die e rh ö h te n B ezü g e der B e a m te n u n d A rb e i te r e inerse its , die gesteigerten P re is e fü r A o h le n , E ise n u n d S ta h l , F a h rz e u g e a n d e re rse its . E in e S te ig e ru n g der E in n a h in e n w ird a u s der E r h ö h u n g der p e r s o n e n - u n d G ü te r ta r i f e v o m s . A p r i l e rw a r te t , d a fü r fa lle n a b e r die b ish e r ig e n E in n a h m e n a u s den : M i l i tä rv e rk e h r n ah e zu g an z w eg . D ie v o rg e n a n n te n E rh ö h u n g e n sind fo lg e n d e rm a ß e n v o rg e se h e n : Z u sch läg e zu deu a llg e m e in e n F a h r p re is e n : l . M a sse sOO v . 6 .. 2 . M asse 40 v . ich, 3 . M asse 3 0 v . Ls., 4 . M a sse 2 3 v . Ls. Z u sc h la g zu den P re is e n der A rb e ite r - , S c h ü le r- u n d M o n a ts k a r te n 20 v . Ls. E r h ö h u n g des S ch n e llzu g szu sch lag s a u f fo lgende S ä tz e : fü r E n tf e r n u n g e n in s ./2 . M asse in 3 . M asse Dagegen LVegsall der Schnellzugs-Ergänzungsgebühren. Erhöhung der Gepäckfrachten 3 0 v. Ls., jedoch soll die seitherige Verdoppelung der Gepäckfracht wegfallen. Zuschlag für Lsunde in Begleitung von Reisenden 2 5 v. Ls. Zuschlag zu den Güter- und Tier­ frachten 6 0 v. Ls. Die 68. Sitzung des Eisenbahnrats wurde am s2. September abgehalten. Zunächst wurde die Notwendigkeit einer vorüber­ gehenden Einstellung des Verkehrs an Sonntagen besprochen (s. u.). Die Generaldirektion betonte sodann die Notwendigkeit einer allgemeinen Erhöhung der Personen-, Güter- und Tiertarife um durchweg 5 0 v. Ls. zur Deckung wenigstens eines Teils der großen Ausfälle. Dem Vorschlag wurde mit Wirkung vom s. Oktober zugestimmt. Die bisherigen Arbeiterwochenkarten werden von: l . November an als allgemein erhältliche Wochenkarten ausgegeben. Irm l — 75 7 6 — j5 0 ü b e r j 5 0 Alk. 2,00 4,00 6,00 Alk. s ,0 0 2,00 3 ,0 0 — ^ 2 — I n f o l g e der u n g e n ü g e n d e n R o h le n z u fu h re n durch den A u ss ta n d im R u h rg e b ie t m u ß te in B a d e n der gesam te S ch n ellzu g sv erk eh r v o m 2 3 . A p r i l b is E n d e R l a i e ingestellt w erd en . D a sich auch w e ite rh in der R o h le n m a n g e l u n d die A b g a b e v o n L okom otiven und W a g e n a n die E n te n te im B e tr ie b em pfind lich b em erk b a r m achte, m u ß te n w eg en des starken p e rb s tv e rk e h rs E in sc h rä n k u n g e n v o r ­ g e n o m m e n w erd en . D a d ie s m it Rücksicht a u f die L e b e n sm itte l­ u n d A o h le n z u fu h r b e im G ü te rv e rk e h r n ich t a n g ä n g ig w a r , w u rd e v o m 2 6 . O k to b e r a n der gesam te P e rso n e n v e rk e h r a n S o n n - u n d F e ie r ta g e n a u f den badischen S t a a t s - , N e b e n - u n d P r iv a tb a h n e n eingeste llt (b is H. A p r i l l f l20 ). D e r E in f lu ß der R r ie g sv e rh ä l tn is s e a u s den B e tr ie b der S t ä d t i s c h e n S t r a ß e n b a h n h a t sich in der B e ric h ts z e it w e ite r erheb lich v erschärft. D ie durch die R e v o lu tio n au sg e lö s te B e w e g u n g u n te r den A rb e i te rn u n d A n g este llten zu r V erb esse ru n g der A rb e itsb e d in g u n g e n g r if f w e ite r u m sich, u n d die a n h a lte n d e T e u e ru n g s s te ig e ru n g a u f a l le n G e b ie te n des W irts c h a f ts le b e n s h a t te n in kurzer A u fe in a n d e r ­ fo lg e s te ts n eu e L o h n - u n d G e h a lts fo rd e ru n g e n zu r F o lg e . D ie A r ie g s z u la g e n u n d T e u e ru n g s b e ih i l fe n a n die B e a m te n u n d A rb e ite r u n d die Z u la g e n a n die u n s tä n d ig e n F ah rb ed ie n s te ten m u ß te n fo r t gesetzt e rh ö h t w erd en . N e b e n den v e r te u e r te n U n te rh a ltu n g sk o s te n stiegen die R o s ten f ü r a lle B a u - u n d B e tr ieb ss to ffe in s U nerm eß liche . D ie gesetzliche E in f ü h r u n g des A c h ts tu n d e n ta g e s ü b te e inen w esent­ lichen E in f lu ß a u s die persön lichen A u s g a b e n a u s . D e n vo rstehend a n g e fü h r te n , g a n z erheblich gesteigerten B e tr ie b s ­ a u s g a b e n stan d en en tsprechende B e tr ie b s e in n a h m e n n ich t geg en ü b er, so d a ß a m s. S e p te m b e r s f ls f l e ine T a r i f e r h ö h u n g P la tz g re ifen m u ß te . A n S te lle des im U lä r z e in g e fü h rte n W in d e s t ta r if P re ises v o n s 5 P f . w u rd e e in solcher v o n 2 0 P f . e in g e fü h rt und die b ish e r ig e D re istrecken teilung in eine V ierstrecken teilung u m g e ä n d e rt. D ie bei der letzten T a r i f e r h ö h u n g e in g e fü h rte n steuerp flich tigen W o c h en ­ k a r te n k am en w ied e r in W e g fa ll , d a bei dem u n w irtsch a ftlich en S tr a ß e n b a h n b e tr ie b m i t V e rg ü n s tig u n g s k a r te n a u f g e rä u m t w erd en m u ß te . D ie fortgesetzte S te ig e ru n g a l le r B e tr ieb sk o s ten , in sb eso n d ere des S tro m p re is e s , sow ie der L ö h n e u n d G e h ä lte r , der R ohsto ffe u n d F e r t ig fa b r ik a te n b ee in flu ß te d a s V e r h ä l tn i s der B e tr ie b s a u s g a b e n 4 s 5 — zu den B e tr ie b s e in n a h m e n auch im I. V ie r te l des J a h r e s >920 sehr u n g ü n s tig u n d m ach te eine w e ite re sOOO/<,jge E r h ö h u n g des M in d e s tta r ifp re is e s v o n 20 a u f -sO V f. a b s . F e b r u a r I 9 20 n o t­ w en d ig . D ie V ierstrecken teilung w u rd e n u r bei den A rb e ite r -W o c h e n ­ karten , u n te r A u ssc h a ltu n g der A a r te n f ü r täg lich fs F a h r te n b e i­ b e h a lte n , w ä h re n d f ü r die ü b r ig e n F a h r ta u s w e is e d u rch w eg die F ün fstreck en te ilu n g zu g ru n d e ge leg t w u rd e . I m V e r g ü n s t ig u n g s ta r is w u rd e n M o n a ts k a r te n f ü r d a s ganze N etz zu m P re is e v o n 3 0 M k . n eu e in g e sü h rt. D ie B e tr ie b s lä n g e b e tru g a m 5 s . M ä r z s y 20 — 2 2 ,3 6 K m , die G le is lä n g e — 5-s,08 k m . D ie E in w o h n e r z a h l u m fa ß te a u f den gleichen Z e i tp u n k t s5 8 ch 3 6 P e rs o n e n . I n f o l g e V e r le g u n g des G e sc h ä f ts ja h re s a u s die Z e i t v o m s . A p r i l b is 3 s . M ä r z erstreckt sich die vo rlieg en d e B e ric h te rs ta t tu n g a u f die Z e i t v o m s . J a n u a r s 9 s 9 b is 5 s . M ä r z s y 20 . E in e verg le ichende Ü bersich t zu den B e trieb se rg eb n issen des J a h r e s s 9 s 8 k a n n d a h e r in diesem B e ric h t n icht v o rg e leg t w erden . I n der B e rich tsze it w u rd e n b e fö rd e rt 3 6 2 9 s 2 s s P e rs o n e n . A b g e fa h re n w u rd e n in s g e s a m t 8 3 6 7 980 W a g e n k ilo m e te r u n d z w a r 4 P 0 5 H 6 2 T r ie b w a g e n k ilo m e te r u n d H 2 6 2 3 s 8 A n h ä n g e w a g e n ­ k ilom ete r. D ie E in n a h m e n a u s d e r P e rs o n e n b e fö rd e ru n g b e tru g e n 9 0 5 8 s 6 7 A lk . 7 2 P f . D ie E in n a h m e n a u s P o s tg u tb e fö rd e ru n g 2 s s 0 9 A lk . 20 P f . D ie G e s a m te in n a h m e n einschl. a l le r N e b e n ­ e in n a h m e n b e tru g e n 9 ö 7 0 ^ s M k . 4Z P f . D ie E in n a h m e a u f die befö rderte P e rs o n bezifferte sich a u f s 6 ,0 3 P f . D ie G e s a m ta u s g a b e n einschl. V e rz in su n g , T i lg u n g u n d R ück­ lag en beliefen sich a u f s 0 6 7 5 9 s 3 A lk . 3 8 P f . D ie A u s g a b e n a u f die befö rderte P e rs o n b e tru g e n s 8,96 P f . F ü r V e rz in su n g u n d T i lg u n g der f ü r die S t r a ß e n b a h n au fg e w e n d e te n A n le h e n s m it te l sow ie zu r verstä rk ten T i lg u n g w u rd e n 9 9 8 ^ 6 7 M k . s7 3 s 7 7 8 M k .) a n die S tad th a u p tk a sse ab g e lie fe rt. A l s B e tr ie b sz u sc h u ß h a t die S tadtkasse den B e t r a g v o n s ^ 2 ^ 6 9 9 A lk . Os P f . geleistet. Für den Bahnbetrieb, einschl. Abgabe an Dritte, wurden 4 7 8 8 5 6 s kvvst. Strom erzeugt; hiervon durch das Bahnkraftwerk (Tulla-Straße) 2 2 3 0 6 6 5 k v v st., und durch das Rheinhafenwerk 2 5 5 7 6 9 6 k^vst. - 4s4 - F ü r die S tro m e rz e u g u n g im eigenen M e rk sind 5 8 2 5 5 7 s ^ 8 u n d f ü r die p e iz u n g s a n la g e n , B a d e - u n d ID asch e in rich tu n g en , S a n d ­ trockner, A u sk o c h -A p p a ra te u sw . 8 2 3 4 3 8 R o h le n u n d R o k s v e rb ra u c h t w o rd e n . D ie A u fw e n d u n g e n h ie r fü r bez iffe rten sich a u f 7 0 2 3 2 3 A lk . 2 7 P f . bezw . 8 8 Z 0 2 A lk . s 5 P f . , in s g e s a m t 7 9 s 4 2 5 A lk . 42 P f . A u f 5 s . A lä r z s ß 2 0 w a re n b esch ä ftig t: a) bei der V e r w a l tu n g , IV erkstä tte , K ra f tw e rk u n d S trecken­ u n te r h a l tu n g : im B e a m te n v e rh ä l tn is 6 3 , a u s h ilf sw e is e 5 , im A rb e i te rv e rh ä l tn i s 2 8 8 , in sg e sa m t 3 5 6 P e rso n e n . b ) im F a h r d ie n s t : im B e a m te n v e rh ä l tn is 4 8 2 , a u sh ilf sw e ise 3 7 , im A rb e i te rv e rh ä l tn i s s2 , in s g e s a m t 5 3 s P e r s o n e n ; zu sa m m e n a ) u n d b ) 8 8 7 P e rso n e n . D ie w eib lichen A u s h i l f e n im F a h rd ie n s t k o n n ten a n f a n g s s ß s ß restlo s en tlassen w erd en . D a s G e s c h ä f ts ja h r d er K a r l s r u h e r L o k a l b a h n e n erstreckt sich v o m s . Z a n u a r s 9 s 9 ^ i s 5 s . A lä r z s ß 2 0 . D ie B e tr ie b s - , S trecken - u n d E ig e n tu m s lä n g e d er in e te rsp u rig e n B a h n h a t sich gegen d a s V o r j a h r n ich t g e ä n d e rt (3 3 ,0 3 l<m). A m 3 s . M ä r z s 920 w a re n a n B e tr ie b s m it te ln v o rh a n d e n : s s zw eiachsige D a m p flo k o m o tiv e n , 6 zw eiachsige elektrische T r ie b ­ w a g e n , 4 s v ierachsige P e rs o n e n w a g e n , s 2 zw eiachsige P e rso n e n w a g e n , 2 G ep ä ck w ag e n , sO gedeckte G ü te r w a g e n , 2 0 offene G ü te rw a g e n , s s K a s te n k ip p w a g e n , 3 T a fe lw a g e n , s A c h sb ru c h w a g e n . E n d e A lä r z s 920 w a re n in s g e s a m t 6 6 B e a m te u n d s 0 7 A rb e ite r beschäftig t. D ie G e s a m te in n a h m e b e tru g s s 3 6 6 0 7 A lk . (59894 s M k .) . D ie G e s a m ta u s g a b e b e tru g s 9 8 2 468 A lk . ( 5 0 4 3 0 8 A lk .) . Z u r V e rz in su n g u n d T i lg u n g der a u fg e w e n d e te n 'K a p ita lie n w u rd e n s 7 4 s 2 4 A lk . a n die S ta d th a u p tk a sse a b g e fü h r t . A l s Z u sc h u ß der S ta d th a u p tk a sse w a re n 9 2 3 6 5 7 A lk . 09 P f . (57 5 5 0 A lk . s5 P f . ) e rfo rd e rlich . D ie E in n a h m e n a u s dem P e rso n e n v e rk e h r b e t r a g e n : 9 5 7 7 4 4 A la r k 5 2 P f . ( 5 s s 5 5 2 A lk . 95 P f . ) . P e rso n e n w u rd e n 4 s 4 s 5 8 5 ( 5 2 2 s 595) b e fö rd e rt, 5 8 5 5 2 (2 0 s 37 ) G ep äck k a rten a u sg e g e b e n u n d 2 6 6 7 (9 8 3 ) p u n d c b e fö rd ert. G ele iste t w u rd e n 3 9 0 ( (5 6 (5 ( - ( 5 9 6 ) L o k o m o tiv k ilo m e te r u n d - (7 5 0 5 7 - ( (5 6 9 ( 6 5 5 ) W a g en a ch se n k ilo m e te r. D ie E le k tr if iz ie ru n g der S trecke A a r ls r u h e L o k a lb a h n h o f— H a g s ­ feld w u rd e im B e r ic h ts ja h re beendet. B o m ( 2 . F e b r u a r ( 9 ( 9 a b w ird diese Strecke elektrisch u n d m it D a m p fz ü g e n b e fa h re n . A n ein bestehendes G le i s in der A r ie g s s t ra ß e in K a r l s r u h e w u rd e ein A n sch lu ß g le is f ü r die W e in g r o ß h a n d lu n g A . Z ö l l in erste llt u n d a m 8. J a n u a r (920 in B e tr ie b g e n o m m e n . B e i der A l b t a l b a h n b e tru g die L ä n g e w ie im B o r ja h r e 3 7 ,3 9 b m . D ie E in n a h m e n a u s dein P e rso n e n v e rk e h r b e tru g e n ( 6 - ( ( ( 0 ( 7 A lk . ( ( 9 ( 8 : ( 0 ( 9 9 9 6 A lk .) , die a u s d em G ü te rv e rk e h r 3 2 7 092 A lk . (-(68 25-( A lk .) , sonstige E in n a h m e n 2 ( 5 898 A lk ., die G e s a m te in n a h m e n 2 5 8 7 0 0 8 A lk . (( -(88 2 5 0 A lk .) . D ie G e s a in t- a u s g a b e n beliefen sich a u s 2 9 5 8 5 5 2 ( ( - ( 7 ( 7 2 - ( A lk ., so d a ß ein Z u sc h u ß v o n 5 7 ( 5 - ( - ( A lk . n ö tig w u rd e . F ü r R ü ck lag en in E rn e u e r u n g s f o n d s u n d R eserv e fo n d s b lieb en keine A l i t t e l v e r fü g b a r . D ie B e t r ie b s a u s g a b e n (ohne R ück lagen ) b e tru g e n (2 5 ,9 -( (8 8 ,6 6 °/o) der B e tr ie b s e in n a h in e n . I m K a r l s r u h e r R h e i n H a f e n h a t der U m sc h lag sv e rk eh r g eg en ü b er den E rg e b n isse n v o n ( 9 ( 8 u m 2 2 ,5 « /« a b g e n o n n iie n ( ( 9 ( 8 h a tte dieser B e rk e h r g e g e n ü b e r ( 9 ( 7 eine Z u n a h m e v o n 8 ,6 "/„), w a s in der H au p tsach e a u f die a llg e m e in e n po litischen u n d w ir t ­ schaftlichen B e rh ä ltn isse zu rückzu füh ren ist. B o n der S ta a ts b a h n s ta t io n K a r ls r u h e - H a f e n sind im B e r ic h ts ­ j a h r a b g e fe r tig t w o rd e n im B e rs a n d 8 7 5 7 5 6 t: ( ( 9 ( 8 : ( 2 - ( 5 5 9 2 t), im E m p f a n g ((68 5 5 5 t (-(5 0 5 5 -( H, zu sam m en ( 3 - ( 2 0 8 9 t, so m it w en ig e r 5 5 ( 6 5 7 t oder ru n d 2 0 ,7 6 °/o ( ( 9 ( 8 : m e h r 459>5-(7 oder 5 5 °/o). N ach e in e r Z u sa iiiin e n s te llu n g der W o ch en sch rift „ D e r R h e in " s tand K a r ls r u h e m it se inem H afen v e rk e h r u n te r 14 w ich tig e ren B in n e n h ä fe n ( ( 5 R h e in h ä fe n u n d F r a n k f u r t a . A l .) a n ( 0 . S te lle ((9HH a n 9 . u n d ( 9 ( 8 a n 6 . S te lle ). I m J a h r e ( 9 (9 h a t die S ta d tg e m e in d e a n ( ( F i r m e n 2-( (69 9 m v erm ie te t u n d a n 9 F i r m e n 5 9 0 5 5 9m v e rk a u ft, f ü r die sie ru n d 6 6 2 0 0 0 A lk . v e re in n a h in te . A m E n d e des B e r ic h ts ja h re s h a t te die S ta d tg e m e in d e f ü r den R h e in h a fe n in sg e sa m t 7 9 5 9 0 5 0 A lk . a u fg e w e n d e t ( ( 9 ( 8 : ru n d H(6 — 7 01-4 75,4 B lk .) . D ie B e tr ie b s e in ,la h m e n i in B e ric h ts ja h re beliefen sich a u f 783 OH ( B lk . (323 708 B lk .) , die A u s g a b e n a u f 89HH89 B lk . (355 7H9 B lk .) . G e g e n ff) (8 h a b e n sich die B e tr ie b s e in n a h m e n u m 259333 B lk . — H9,5 "/o u n d die B e tr ie b s a u s g a b e n u m 5 3 8 7H0 B l a r k — (5(,H °/, v e rm e h r t . A u dem T i lg u n g s a u f w a n d w a r ein Z u sc h u ß v o n ru n d H65 686 B lk . (82 760 B lk .) erfo rderlich . D a s städtische M o to r b o o t ist im B e r ic h ts ja h r w egen M a n g e l a n B e tr ie b s s to f f stillgelegen . D ie G e m e in d e -B m la g e n , die ( 9 (9 die H a fe n firm e n bezah lt h a b e n , die lediglich durch die A n la g e des H a fe n s nach K a r ls r u h e gezogen w o rd e n sind, b e tru g e n 3 7 3 6 9 ( M k . u n d sind gegen ( 9 (8 u m ( 6 (9 2 9 B lk . — 7 6 ,5 0/0 gestiegen. D ie F o rtse tz u n g der G e h ä l te r u n d L öhne a n die F a m il ie n der zu den F a h n e n e in b e ru fe n e n B e a m te n u n d A rb e i te r e rfo rd e rte ( 9 ( 9 noch e inen A u fw a n d v o n 5 9 0 0 B lk . ( 8 3 6 5 ( M k .) . VIII. Übersicht über -re Witiermrgsverhältniss'e. Ziffernmäßige Darstellung der wichtigsten klimatischen Elemente. 1 9 1 9 Luftdruck Lufttemperatur in 0 " L ß 4; 8 M o- m m O I2b,7m ) Ab- M o n a ts ­ m itte l O Ab- c« föchste D at. N ied c ° rigste D at. Ia iin a r . . 748,6 - 5 , 2 2,6 -H 1.9 12,0 5. - 4 ,0 21. 30. 14 3 Februar . . 747,1 — 4,8 1.1 - 1 . 2 13,4 22. — 16,0 11. — 15 7 M ärz . . . 747,4 - 2 , 1 5,5 - 0 , 1 17,8 12. - 3,2 2. — 9 — April . . . 749,4 s i-0 ,3 7.1 - 2 , 5 17,5 7. - 3,6 23. — 5 — M ai . . . 752,5 ^ 2 , 5 14,2 4 - 0 ,3 26,5 2 6 .3 1 . 1.8 1. 3 — J u n i . . . 752,3 -1- 1,4 17,6 4 - 0 ,1 32,8 12. 5,4 4 15 — — J u li . . . 751,3 0,0 16,0 — 3,0 29,5 19. 8,0 16. 2 — — A u g u st . . . 752,7 ^ 1 . 2 18,7 4 - 0 ,5 30,1 11. 5,7 31. 14 - — September 752,1 - 0 , 5 16,7 4 - 2 , 2 30,5 11. 6,3 23. 9 — — (Oktober . . 753,4 4 - 2 ,4 7 .0 - 2 . 4 20,2 5. — 3,3 30. — 6 — Novem ber 745,9 — 5,9 3,2 - 1 . 7 12,6 9. — 5,3 1 7 .1 8 . — 12 — Dezember . . 749,7 - 1 , 9 3,2 -41.4 12,7 29. — 12,5 12. — 12 5 Ja h r . . . 750,2 - 1 , 0 , 9,4 - 0 , 4 32,8 12. VI. — 16,0 11. 11. 43 73 15 ') B e i der Spalte „Abweichung" bedeutet -s- zu große, — zu kleine w erte gegenüber den durchschnittlichen. D ie M ittelw erte des Luftdruckes be­ ziehen sich auf die 2 5 jährigen Beobachtungen von 1886— 1910, jene der Temperatur auf die 5 0 jährigen Beobachtungen von 1871— 1920. 27 — -U8 - 1919 Ja n u a r Februar M ärz April M ai J u n i J u li August Septem ber. Gktober . N ov em b er . Dezember > J a h r . . Absolute Feuchtig. keit A b . 4.7 4.7 5.6 5,9 8.1 10,5 10,9 11,8 >1,4 6 5.8 ^ 3 7.6 0,5 0,2 0,4 - 0 , 3 - 0 , 3 - 0,1 - 1,0 F -0.2 -1-1,4 - 1,2 - 0 , 4 4 0,6 0,0 R elative Feuchtig. keit -/» A b - — 3 -s- 6 4- 6 4 8 4 87 4 - 1 80 4 - 2 B e w ö l­ kung °/° A b - -4 2 — 1 4 - 9 4 - 6 — 20 — 4 4 - 1 3 4 - 2 — 4 - s -18 4 9 -4 9 4 - 2 Niederschlag S a . mm 22,9 62,1 79.1 73.4 11.4 39.2 114,9 59.4 51,8 42,1 127,8 171.2 855.3 A b . — 28,2 - 4 1 8 ,0 4 - 2 0 ,7 4 - 2 2 ,9 — 48,! — 39,0 4 - 3 4 ,4 — 16,8 - 1 4 , 7 - 21,8 4 - 7 3 .6 -8112,6 4-112,9 7.5 16,0 10,8 19,1 4.5 11,8 11,6 27.6 24.0 15.6 18.0 36,9 3ch9 13. 26. 19. 14. 1. 28. 16. 30. 28. 16. 8 . 24. 24. X II. Anzahl der T age mit 12 13 18 16 6 8 20 12 9 II 23 22 170 9 11 17 16 6 8 20 12 9 11 20 22 m 6 4 27 22 0 » n e n s ch e i n d a u e r. J a n . Febr. März April M ai J u n i J u li Stunden 29,7 68,4 83,5 127,2 316,1 239,0 192,6 °/a der möglichen 11 24 23 31 67 49 40 » Aug. Sept. Gkt. N ov. Dez. Jah r. Stunden 249',0 197,1 95,5 36,0 27,2 1661,3 "/« der möglichen 56 52 29 13 11 37 Letzter Frost: 22. April. Längste R eg en ze it:: s . bis 27. N ov. Erster Frost: 22. Gktober. (22 T age, jeden Tag Regen). Letzter Schnee: 29. A pril. Längste Trockenzeit: s . bis 20. J u n i (>s Tage) Erster Schnee: 2 ). Gktober. ( : 2. M ai b. -z. J u n i 2-1 T age ohne Nießb. R egen). 9 B e i der S p alte „Abweichung" bedeutet 4 z u große, — zu kleine W erte gegenüber den durchschnittlichen. D ie M ittelw erte der Feuchtigkeit beziehen sich au f die so jäh rigen Beobachtungen von 1871— 1920, jene des N ieder­ schlags auf die zo jährigen Beobachtungen von >888— 191?. - ^ 9 - k . Schilderung des IV ilterungsverlaufs. Z u B e g in n des Z a n u a r herrschte m ild e s W e tte r , d a s b is z u in 2 0 . a n h ie l t ; im letzten M o n a t s d r i t t e l t r a t zeitw eise leichter F ro s t a u f . N iedersch läge fielen a n s 2 T a g e n , a b e r m eist n u r in ge rin g e n W e n g e n , so d a ß die M o n a ts s u m m e noch n ich t die H ä lf te des N o rm a lw e r te s erreichte. E t w a s s tä rkeren F ro s t b rac h te die erste F e b r u a r h ä l s t e ; a m l l - w u rd e m it W die g rö ß te A ä l te des J a h r e s verzeichnet. N o m s5 . a n b lieb d a s W e tte r fro s tfre i, a n einzelnen T a g e n w a r es v e r h ä l tn is m ä ß ig recht m ild . N iedersch läge fielen v o rn eh m lich in der zw eiten H ä lf te . S e h r so n n en sch e in a rm u n d n iedersch lagsreich w a r der M ä r z . N och a n 7 T a g e n fiel Schnee u n d a n ß T a g e n t r a t le ich ter F ro s t a u f . A u ch im A p r i l b lieb es ü b e r a u s t r ü b u u d v ie lfach regnerisch . D e r g ro ß e F e h l­ b e tra g a n S onnenschein bed in g te e inen sehr erheb lichen W ä r m e ­ m a n g e l ( im D urchschn itt 2 ,6 L " ) . D ie S o n n e n sc h e in a rm u t der V o r ­ f rü h lin g s m o n a te u n d besonders die beträch tliche R ü h le des A p r i l v e rh in d e rte ein v o rze itig e s E rw a c h e n d e r P f la n z e n w e lt . I m M a i ließen die N iedersch läge nach u n d v o m 5 . a n t r a t eine T ro ck en ­ periode ein, die sich m it n u r w e n ig A u s n a h m e n b is w e it in den Z u m fortsetzte. M e is t herrschte h e ite re s W e tte r , so d a ß die S o n n e n ­ scheindauer den N o r m a lw e r t u m 2 2 °/o ü b ersch ritt. G le ic h w o h l ist n u r ein g e r in g e r W ä rm e ü b e rsc h u ß zu verzeichnen gew esen. D e r Z u n i b e g a n n m it w a r m e r W i t te ru n g . A n M T a g e n stieg die T e m p e r a tu r ü b e r 2 5 L " a n , a m s2 . erreich te sie m i t 3 2 ,8 0 " den höchsten Z a h re s s ta n d . G e w it te r k am en n u r a n H T a g e n v o r , doch w a re n sie m eist sehr h e ftig . A u ß e r a m ch/5. fiel n u r gegen M o n a ts e n d e zeitw eise e tw a s R e g e n . G a n z im G egensa tz h ie rzu gestalteten sich die W itte ru n g s v e rh ä ltn is s e des J u l i , der ü b e r a u s t r ü b u n d sehr küh l w a r . D ie D u rc h sc h n itts te m p e ra tu r la g b is zu 3 L " u n te r dem N o r m a lw e r t u n d ist in den letzten 7 5 Z a h r e n n u r im Z a h r l 9 M so tie f gew esen. A n 2 0 T a g e n fielen N ie d e r­ schläge, deren G e sa m tsu m m e l^ 2 ° / o des D u rc h sc h n ittsw e rte s b e tru g . D e r A u g u s t b rach te w ieder som m erlich w a r m e s u u d v o rw ie g e n d trockenes W e tte r , d a s n u r durch einzelne G e w itte r re g e n u n te r ­ brochen w u rd e . D ieser W it te ru n g s c h a ra k te r b lie b auch b is zu m s ß . S e p t e m b e r e rh a lte n . A n > 9 T a g e n üb erstieg die T e m p e r a tu r noch 2 5 L ° . D a s letzte M o n a t s d r i t t e l b rach te zeitw eise regnerisches 27 — §20 — u n d e tw a s k ü h le re s W e tte r . D e r O k t o b e r w a r ziem lich trü b , v ie lfach in fo lg e s tä rke rer N e b e lb ild n n g . N iedersch läge sielen a n f f T a g e n , n ie ist n u r in g e r in g e n M e n g e n . D ie T e m p e ra tu re n la g e n durchschnittlich u m 2 ,7 L " zu tief. F ro s t t r a t in den letzten T a g e n d es M o n a t s e in ; e r s tm a ls a m 2 2 . D ie N o v e m b e r W itte ru n g zeigte schon Ü b e rg ä n g e zu w in te rl ic h e in T h a r a k te r m it s 2 F ro s t ta g e ii . S e h r h ä u f ig e rfo lg te n N ied e rsch lä g e ; a n 6 T a g e n fiel S c h n e e u n d a m 3 ., sow ie v o m s ä . b is s 7 . b ildete sich eine b is zu 7 c m m ä ch tig e S c h n e e d e c k e . I m D urchschn itt w a r der N o v e m b e r b is zu 2 L " zu k a lt. I m D e z e m b e r herrschte b is z u m 8 . m ild e s W e tte r , d a n n fo lg te eine b is zu m s7 . a n h a lte n d e F ro s tp e r io d e ; v o n d a a n ist es bei v ie lfach stürm ischen S ü d w e s t­ w in d e n sehr m ild gew esen. G le ich ze itig e rfo lg te n h äu fig e R eg en fä lle , die beso n d ers gegen M o n a ts e n d e sehr e rg ie b ig w a re n u n d durch die im G e b irg e e in g e tre ten e Schneeschm elze b e re its u m die W e ih n a c h ts ­ zeit H ochw asser h e rb e ifü h r te n . I m gan zen w ie s d a s J a h r e inen b e träch tlichen Ü b ersch u ß a n N iedersch lägen a u f . I m W ä r m e g a n g ist b em erk en sw e rt, d a ß fast s te ts la n g e P e r io d e n w a r m e r u n d sehr- kü h le r W i t te r u n g sich gegense itig ab lö s ten . W ä h r e n d J a n u a r , S e p te m b e r u n d D ez em b e r u m 2 b is 3 L ° zu w a r m w a re n , h a tte n A p r i l , O k to b e r u n d N o v e m b e r e inen W ä r m e m a n g e l v o n 2 b is 3 L I die ü b r ig e n M o n a te zeig ten a n n ä h e r n d n o rm a le W e rte . I m D u rch sch n itt e rfo lg te e in A u sg le ic h b is a u f 0 ,3 L ", u m w elchen B e t r a g d a s J a h r zu k ü h l w a r . I n b e z u g a u f B e w ö lk u n g steht dem sehr k la re n M a i d er u n g e w ö h n lic h trü b e J u l i g eg en ü b er. IX. Vevölkerungsvorgänge, Tokenschau. 1. Vevölkerungsvorgänge. in J a h r e fs tfs t b e tru g die Z a h l der L e b e n d g e b o r e n e n 27H 3 ( l 9 f 8 : f 8 2 7 ) . D ie höchste Z a h l der L eb en d g eb o ren en w ie s der N o v e m b e r a u f m i t 3 ^ 0 ( l s t l 8 : O k to b e r m i t f7 6 ) , die niedrigste Zahl der A lai mit l d < l9 l8 : Dezember mit s20). Totgeborene wurden 80 gemeldet ( l9 f8 : 5f). Auf je fOOO E in­ wohner und aufs Zahr berechnet kamen l9 '26 Lebendgeborene ( l9 l8 : f2,66). D ie Z a h l der T o d e s f ä l l e * ) (ohne die g e fa llen e n oder ge­ sto rbenen A rie g e r) b e tru g im B e r ic h ts ja h r l98ö ( l9 l8 : 2320). D ie m eisten T o d e s fä lle e rfo lg te n im N o v e m b e r , n ä m lic h 2 0 0 ( l 9 f 8 im O k to b e r 3H f), die w en ig s ten im Z u m , n ä m lic h s 2 0 ( l9 f8 im S e p te m b e r f39). A u f je fOOO E in w o h n e r u n d a u f s Z a h r berechnet k am en f3,9^ T o d e s fä lle f6,07). D e r Ü b e r ­ schuß der G e b o re n e n ü b e r die G e s to rb e n e n b e tru g a u f fOOO E i n ­ w o h n e r u n d a u f s Z a h r berechnet fö ,32 ( l9 l8 e rg a b sich ein G es to rb eu en ü b e rsch u ß v o n 4H3>). Auf die einzelnen Stadtteile verteilen sich die Lebendgeborenen und Gestorbenen wie folgt: ") N äheres über die Todesursachen vergl. B e ilage II. S t a d t t e i l Lebendgeborene Gestorbene 1919 1918 1919 1918 In n e r e G ststad t................................................. 350 217 264 316 In n e r e W e s t s t a d t ........................................... 287 165 315 327 Alter H ard tw a ld sta d tte il............................... 25 14 50 100 Außere G ststad t.................................................. 289 203 193 219 S ü d s t a d t .............................................................. 391 258 320 349 S ta d tg a r te n v ie r te l ........................................... 14 13 10 13 S ü d w e sts ta d t....................................................... 420 271 364 410 N euer H ardtw aldstadtteil............................... 227 207 36 41 M ü h lb u r g .............................................................. 394 257 268 308 B e i e r t h e i m ........................................................ 51 30 33 45 R in t h e im ........................................................ 49 32 18 26 R ü p p u r r .............................................................. 75 53 41 63 G r i in w in k e l ....................................................... 42 32 19 23 D a x lan d en .............................................................. 129 75 54 80 E h e s c h l i e ß u n g e n fa n d e n im B e r ic h ts ja h re s877 (s9 s8 : 968) s ta tt — s3 ,s8 (6,7s) a u f sOOO E in w o h n e r u n d a u f s J a h r be­ rechnet. E h esch e id u n g en (einschließlich der f ü r n ich tig e rk lä rten E h e n ) k am en 9s (s9 s8 : 62) v o r — 0,6H (0,q>3) a u f sOOO E in w o h n e r . E h e lö su n g e n durch T o d 70<s (8^7) — ,̂9 ŝ (3,87) a u f sOOO E in w o h n e r , gelöste E h e n dem nach ü b e rh a u p t 793 (909) — 3,38 (6,30) a u f sOOO E in w o h n e r . U k eh r E h esc h lie ß u n g en a l s E h e lö su n g en w a re n es s082 (39) — 7,60 <0, ŝs) a u f sOOO E in w o h n e r . 2. Totenschau. A o m m e r z i e n r a t T h e o d o r H e n n i n g , gesto rben a m 8 . J a n u a r im A lte r v o n 7 7 J a h r e n . D e r A u fs ic h ts ra t und V o rs ta n d der deutschen E ise n b a h n s ig n a lw e rk e A G . v o rm a ls S c h n a b e l A chenn ing in B ru c h s a l w id m e te dem E n tsch la fen en fo lg en d en N a c h r u f : „ D e r V ers to rb en e h a t im O a h re s 8 6 9 unsere G ese llschaft, die f rü h e re U la sc h in e n fa b rik B ru c h sa l, g eg rü n d e t u n d w a r seit deren U m w a n d lu n g in eine A ktiengesellschaft V orsitzender des A u fs ic h ts ra ts , ^ n u n e rm ü d lic h e r T ä t ig k e it h a t e r in erster R e ih e m itg e w irk t a n dem A u fb lü h e n des W e rk e s u n d in seiner E ig e n sc h a ft a l s A u fs ich ts ra tsv o rs itz en d e r h a t er durch seine reichen A enn tn isse u n d seinen u n e ig en n ü tz ig en R a t d a s W o h l unsere ' G esellschaft in jed e r ih m m ög lichen W eise g e fö rd e r t. S e in T o d bedeu te t f ü r u u s e inen unersetzlichen V e rlu s t. S e in e rfo lg re iches W irk e n u n d seine persönliche L ie b e n sw ü rd ig k e it sichern dem V e r ­ sto rbenen ein stets eh re n d es A n d en k e n in un se ren R e ih e n ." D ie A a r l s r u h e r Technische Hochschule h a t den E n tsc h la fe n e n im J a h r e sy sO in A n e rk e n n u n g seiner h e rv o rra g e n d e n V erd ienste u m d a s E is e n ­ bah n s ich e ru n g sw esen , dessen E n tw ic k lu n g e r du rch b ah n b rech en d e E rf in d u n g e n u n d w o h lg e lu n g e n e A u s f ü h r u n g e n in h o h em M a ß e gefö rd ert h a t , zu m V r . in § . b . c . e r n a n n t . P e t e r H o f f m a n n , G rä s l. D ou g la ssch er D om än en d irektor a. D ., gestorben a m 2 7 . J a n u a r im A lte r v o n 7 7 f a h r e n , ^ n dem N a ch ru f, den der B adische B a u e r n b u n d dein E ntsch lafenen w idm ete, w a r u. a . g e s a g t : „ M it P e te r H o ffm a n n ist einer der verdienstvollsten G rü n d er des B u n d e s der L an d w irte in B a d e n h e im ­ g eg a n g en . A l s la n g jä h r ig er W ahlkreisvorsitzender und später E h ren Vorsitzender unserer O r g a n isa tio n im früheren sO. badischen R e ich s­ ta g sw a h lk re is w a r er in dauernder F ü h lu n g m it der L eitu n g und G esch äftsfü h ru n g des B u n d e s ein unerm üdlicher, treuer B era ter und H elfer, der gestützt a u f seine reiche landw irtschaftliche und politische E r fa h r u n g b is in die letzten T a g e seines L ebens h in ein unerschrocken und ü b erzeu gungstreu in W o r t und S ch r ift fü r unsere Sache w irkte." D er E ntsch lafene w a r ein tä t ig e s M itg l ie d der konservativen P a r te i, der er sich auch m ehrfach bei R e ic h sta g s- und L a n d ta g sw a h len a ls A a n d id a t zur V e r fü g u n g stellte. I)r . M e i e r A p p e l , geboren a m s 3 . S ep tem b er s 8 5 s in J e sb e r g (Aurhessen), gestorben a m 8 . F eb ru a r . N a c h A bschluß seiner S tu d ien w urde der E ntsch lafene s 8 7 ß R a b b in e r in H o m b u rg v . d. H ., l 8 8 6 in M a n n h e im , ^ m J a h r e s 8 9 3 w urde er zum S ta d tra b b in er in A a r lsr u h e g e w ä h lt und gleichzeitig zu in M itg lie d der R elig ion sk on feren z des O b e r r a ts ern a n n t. D er A a r lsr u h e r S y n a g o g en ra t w idm ete ih m fo lgen den N a c h r u f: „ E r fü llt v o n tiefem religiösem E m p fin d en und v o n der hohen B e d e u tu n g seines ver­ a n tw o rtu n g sv o llen B e r u fs durchdrungen, hat er w äh ren d nahezu 2 3 f a h r e n unserer G em ein d e a ls geistliches O b e rh a u p t vorgestanden . U nseren M itg lied er n w a r er a llzeit ein treuer bew äh rter Seelsorger den A rm en und D ü rftig en stets ein h ilfsb ereiter , tatkräftiger B era ter , der J u g e n d e in V o rb i ld charak te rsta rken W e se n s u n d ernster P f lic h t­ e r fü llu n g . W i r b e d a u e rn a u f s sch,Herzlichste den H e im g a n g des trefflichen M a n n e s . L e in A n d en k e n w ird im m e r d a r in unserer G e m e in d e fo r tle b e n ." D e r B e s ta t tu n g s fe ie r des V ers to rb en e n a m 11. F e b r u a r w o h n te a l s V e r tr e te r des K u l tu s m in is te r iu m s G e h e im e r R a t v r . S c h w ö re r, a l s V e r tr e te r der S ta d tv e r w a l tu n g O b e rb ü rg e r m eiste r L ie g ris t u n d B ü rg e rm e is te r V r . H o rs tm a n n a n . D ie T r a u e r ­ rede h ie lt R a b b in e r v r . K u r r e in . A m 16. F e b r u a r fa n d in der L y n a g o g e e in T r a u e r - G o t te s d ie n s t f ü r den E n tsc h la fen e n sta tt. L tu d ie n ra t G e o r g M i c h a e l W a c k e r , g eb o ren a m 9 . O k to b e r 18H 8 in p la n k s ta d t , g es to rben a m 10. F e b r u a r . D a s S tu d iu m d er M a th e m a t ik u n d N a tu rw isse n sch a f t u n te rb ra c h er bei A u s b ru c h des K r ie g e s 1 8 7 0 u n d t r a t a l s K r ie g s f re iw ill ig e r ein. E r w u rd e 1 8 7 7 zu m P ro fe sso r e rn a n n t , 1 8 ? 9 a n d a s P ro g y m n a s iu m nach D u rla c h versetzt, 1892 a n d a s R e a lg y m n a s iu m (H um bold tschule) in K a r l s r u h e . M e h re re P ro g r a m m b e i la g e n m a th em atisch e n I n h a l t s h a t e r v e r f a ß t . A m 12. S e p te m b e r ( 9 ( 5 t r a t er in den R u h e s ta n d . O t t o M ü l l e r , g eb o re n a m 2 1 . O k to b e r 1 8 5 7 zu D re i­ felden im N n te rw e s te rw a ld , ges to rben a m 21 . F e b r u a r . E r t r a t 1 8 7 5 bei der F i r m a F . W o lfs 6c L o h n h ie r in die kaufm änn ische L ehre , a rb e ite te sp ä te r in a u s w ä r t ig e n B e tr ie b e n , kehrte d a n n in die F i r m a W o lfs 6c L o h n nach K a r ls r u h e zurück, in der er b is zu se inem T o d e eine um fassende , v o n E r f o lg gekrön te W irk sa m k e it a u s ü b te . V o n I 896 b is 1911 w a r er S ta d tv e ro rd n e te r , 19O8 b ss 1911 M itg l ie d des geschäfts le itenden V o rs ta n d e s der S ta d t ­ v e ro rd n e te n u n d in dieser Z e i t zw ei J a h r e la n g O b m a n n des V o r s ta n d es . D e m S ta d t r a t g eh ö rte e r seit 1911 b is zu seinem T o d e a n . E r w a r a u ß e rd e m B e z i rk s r a t u n d M itg l ie d des evangelischen K irc h e n g e m e in d e ra ts . D ie A n g e s te ll te n -V e re in ig u n g der F i r m a W o lfs 6c S o lch sag te v o n ih n , in e in e n , N a c h r u f : „ B e w e g te n H erze n s stehen w ir a n der B a h r e dieses trefflichen M a n n e s . A u s ­ g es ta tte t m i t reichen K en n tn issen u n d v o n u n e rm ü d lich e r A r b e i t s ­ k ra f t, b o t der treu e E n tsc h la fen e u n s s te ts e in leuch tendes B e isp ie l höchster P f l ic h te r fü l lu n g ." D e r Ü b e rw a c h u n g sa u s sc h u ß der S e ife n ­ in d u s tr ie in B e r l in r ü h m te v o n dem V ers to rb en e n noch, d a ß er seine A rb e i ts k r a f t in g an z b esonderen , M a ß e in den D ienst der A llg e m e in h e it u n d in sb e so n d e re der S e ife n in d u s tr ie gestellt h ab e . B e i der T ra u e r f e ie r f ü r den E n tsc h la fe n e n a m 2 6 . F e b r u a r h a t te ein N effe des V e rs to rb en e n , V ik a r W i lh e lm R ö h r ic h t, die geistlichen H a n d lu n g e n ü b e rn o m m e n . Z a h lre ic h e K rä n z e u n d B lu m e n sp e n d e n m it A n sp rach e n w u rd e n a n der B a h r e n ied erg e leg t. Z n der S ta d tra ts s itz u n g v o m 2 7 . F e b r u a r w id m e te der O b e rb ü rg e rm e is te r v o r E i n t r i t t in die T a g e s o r d n u n g dem V e rs to rb e n e n e inen N a c h ru f , in dem er neben der h e rv o rra g e n d e n k a u fm ä n n isc h en B e g a b u n g , S a c h k e n n tn is u n d T ü ch tig k e it des E n tsc h la fe n e n , die in h o h e m N la ß e zu der m ä ch tig en E n tw ic k lu n g der in d u s t r ie l le n U n te r n e h m u n g der F i r m a b e ig e trag e n h ä t te n , sow ie die la n g jä h r ig e n , v ie lse itigen u n d w ertv o llen D ienste h e rv o rh o b , die der V e re w ig te der S ta d t 'K a r ls ru h e a l s S ta d tv e ro rd n e te r u n d S t a d t r a t u n d a l s N A tg lie d städtischer K o m m iss io n en geleistet h a b e u n d f ü r die ih m S ta d tv e r w a l tu n g u n d B ü rg e rsc h a f t zu b le ib en d em D a n k verp flich te t w ä re n . K o m m e r z i e n r a t K a r l S c h r e m p p , g eb o re n a m 2 6 . F e b r u a r ^ 8 ^ 6 in O b e rk irch , ges to rben a m K N k ärz a u f se inem G u te L e isb erg in B a d e n - B a d e n . D e r E n tsc h la fen e h a t te in ju n g e n Z a h r e n die f rü h e re B r a u e r e i S c h u b e rg h ie r ü b e rn o m m e n . E r h a t sie in u n e rm ü d lich e r T ä t ig k e it du rch sein p rak tisches Geschick, seinen geschäftlichen S charfb lick e rw e ite r t u n d a u s g e s ta lte t u n d zu e in em der b lühendsten U n te rn e h m e n u n se re r S ta d t gem ach t. A u ch a l s die B r a u e r e i in eine A ktiengesellschaft u m g e w a n d e lt w u rd e , b lie b H e rr S c h re m p p die S eele des G esc h ä fts . S e in e soziale G e s in n u n g , seine in reichem U la ß e geü b te O p fe rw il l ig k e it , seine persönliche L ie b e n s ­ w ü rd ig k e it u n d sein bei a l le n ä u ß e re n E r f o lg e n sich treu g e b lie b en e s schlichte W esen , h a b e n ih m bei se inen B e ru fsg e n o ffe n , seinen U u ta rb e ite rn u n d in a lle n S chichten seiner U l i tb ü r g e r A n e rk e n n u n g , F re u n d sc h a ft u n d V e re h ru n g e rw o rb e n . L an g e Z e i t s tan d e r a l s P rä s id e n t a n der S pitze des B r a u e r b u n d e s , in K a r l s r u h e g eh ö rte e r v ie le Z a h r e b is zu r V e r le g u n g seines W o h n s itzes a l s S ta d tv e ro rd n e te r dem B ü rg e ra u s s c h u ß a n . Z m Z a h r e j 9 j 6 , kurz nach V o lle n d u n g seines 7 0 . L e b e n s ja h re s , w u rd e er zu m E h r e n b ü r g e r der S ta d t K a r ls r u h e e rn a n n t . Z u r B e g rü n d u n g des s ta d trä tlich e n A n t r a g s e rw ä h n te der O b e rb ü rg e rm e is te r auch die zah lre ichen S t if tu n g e n , die H e rr S ch rem p p im L au fe der Z a h r e g em ach t h ab e . W i r h a b e n sie im einzelnen in der E h ro n ik sflsG a n g e fü h r t . W e r verm öch te a b e r sein o p fe rw illig e s W irk e n erschöpfend e rw ä h n e n , d a s er im fl26 S ti l le n b e tä t ig t h a t ? D ie B e a m te n u n d A rb e ite r der B r a u e r e i w id m e te n ih m fo lg en d en N a c h r u f : „ M i r b e t ra u e rn in dem D a h in ­ geschiedenen n ich t n u r e inen M a n n , der durch seine unerm üd liche T ä t ig k e i t e in schönes V o rb i ld tre u e r P f lic h te r fü llu n g w a r , sondern auch e inen M e n sc h e n fre u n d , der du rch seine reichen S t if tu n g e n sich bei L ebzeiten schon ein D e n k m a l des D a n k e s in u n se r a l le r P e rze n gesetzt h a t . " U n te r au ß e ro rd e n tlic h s ta rker B e te i l ig u n g fa n d a m 7 . U lä r z die T ra u e r f e ie r in der h iesigen F rie d h o fk a p e lle s ta tt. F ü r die A a r l s r u h e r S ta d tv e r w a l tu n g w o h n te n O b e rb ü rg e rm e is te r S ieg ris t, die B ü rg e rm e is te r V r . P a u l u n d V r . P o r s tm a n n der F e ie r a n , sow ie zah lreiche S ta d t r ä te u n d S ta d tv e ro rd n e te . N ac h G e b e t und S e g e n g a b der G eistliche der a ltka tho lischen G e m e in d e B a d e n einen Rückblick a u f d a s L eben des p e im g e g a n g e n e n . O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t gedachte d er V erd ienste , die sich der V ers to rb en e u m die S ta d t U a r l s r u h e e rw o rb e n h a t u n d leg te zu m A u sd ru ck der D a n k ­ b a rk e it u n d V e re h ru n g e inen L o rb eerk ran z a n der B a h r e des T u t sch lafenen n ied er. U n te r w e ite ren U ra n z n ie d e r le g u n g e n sprachen d a n n ein V e r tr e te r der B e a m te n u n d A rb e ite rsch a f t der S ch rem pp 'schen B r a u e r e i , U o m m e rz ie n ra t M o n in g e r im N a m e n des M itte lb ad isc h en B ra u e r e iv e rb a n d e s , dessen V orsitzender der V ers to rb en e w a r , ein V e r tr e te r des A u fs ic h ts ra te s der B rau e re ig e se llsch a ft S c h re m p p , ein V e r tr e te r des „L ie d e rk ra n z e s" , dem der V ers to rb en e n ah e zu -sä F a h r e a n g e h ö r t h a tte , e in M itg l ie d des G e s a n g v e re in s „ F id e l ia " u n d ein V e r tr e te r der L oge „L eo p o ld zu r T re u e " . B e r t a p i n d e n l a n g , T o c h te r des h iesigen S ta d tp f a r r e r s F rie d ric h p in d e n la n g , ges to rben a m -s. U lä r z im A lte r von 2 3 F a h r e n . D ie E n tsc h la fen e k onn te sich trotz ih re s jugend lichen A l te r s e in es künstlerischen R u f e s e rfre u en . S c h a tte n - u n d S cheren ­ schnittkunst, sow ie Z eichenkunst h ab e n ih re n N a m e n b ek an n t w erd en lassen. F u l i u s U i r s n e r , g eb o re n a m sch F u l i s8 -s3 in D o n a u - eschingen, ges to rben a m 5 . M ä r z . D e r E n tsc h la fen e w a r P o s ap o th ek e r in D o n au e sch in g en , zog sich sflOfl i n s P r iv a t le b e n zurück u n d v e rleg te seinen M o h n sitz nach U a r ls r u h e . F n den F a h r e n s « M b is sflO-s v e r t r a t e r den s ä . M a h lb e z irk ( A m t D onauesch ingen ) in der Z w e ite n badischen U a m m e r . E r g eh ö rte der n a t io n a l l ib e ra le n F ra k t io n a n . sy O ä b is s f l0 8 w a r er M itg l ie d der E rs te n U a m m e r — is27 — a l s ein V e r tre te r der L a n d w ir ts c h a f tsk a m m e r. L an g e J a h r e w a r er auch V orsitzender des K re isa u ssch u sses V ill in g e n . I n K a r l s r u h e w u rd e er in A n e rk e n n u n g se iner V erd ienste u m die F ra u e n v e re in s sache in D o n au esch in g en in den V o rs ta n d der A b te i lu n g III des F ra u e n v e re in s g e w ä h lt. F r a u M a r i e S t a p f e r , geb . v o n F ro b e n , I n h a b e r i n des E ise rn e n K re u z e s v o n 1 8 7 0 /7 1 , ges to rben a m I ß . M ä r z im A lte r v o n 8 3 J a h r e n . D ie E n tsc h la fen e h a t im F ra u e n v e re in , in dem sie ü b e r 5 0 J a h r e tä t ig w a r , eine ü b e r a u s segensreiche W irk sa m k e it f ü r die H eranw achsende w eib liche J u g e n d e n tfa lte t. V o n I ß O O b is 1 9 0 6 w a r sie P rä s id e n t in der M ä d c h e n sü rso rg e . A ls sie m i t R ück­ sicht a u f ih re G e su n d h e it dieses A m t n iederleg te , w u rd e sie zu r E h re n p rä s id e n tiu e rn a n n t . I m J a h r e 1 8 ß 5 h a t sie a u f eigene K osten eine N a c h m itta g sn ä h e sc h u le errich te t, 1 ß 0 5 eine zw eite , u m a rm e n M ä d c h e n die G e le g e n h e it zu r A u s b i ld u n g in : N ä h e n zu verschaffen. S ie h a t die M i t t e l f ü r die zw ei A n s ta lte n d e ra r t b ere it gestellt, d a ß diese auch nach ih re m T o d e w e ite rg e fü h rt w erd en können . » r . E d u a r d F ö h l i s c h , ges to rben a m 2ch M ä r z im A lte r v o n 5 3 J a h r e n . D e r E n tsc h la fen e h a t te C h e m ie s tu d ie rt u n d w a r s 8 9 ^ a l s w issenschaftlich g eb ild e te r H ilf s a r b e i te r bei der d a ­ m a lig e n F a b r ik in sp e k tio n , heu te G e w e rb e a u s s ic h ts a m t e in g e tre ten , w u rd e s 8 ß 6 zu m F a b r ik in sp e k to r u n d s y s 8 zu m D ire k to r des G e w e rb e a u ss ic h tsa m te s e rn a n n t . K a u f m a n n C h r i s t i a n G e r t e l , ges to rben a m 2 6 . M ä r z im A lte r v o n 7 0 J a h r e n . D e r E n tsc h la fen e m ach te den K rie g v o n s 8 7 0 /7 s m it , le itete in der F r ie d e n sz e i t m i t g ro ß e m E r f o lg d a s A u ss ta ttu n g sg e sc h ä f t der F i r m a , fa n d a b e r n eben se iner k au f­ m änn ischen T ä t ig k e it Z e i t u n d M u ß e zu g em e in n ü tz ig e m W irk e n . E r w a r M itg l ie d des E v an g e lisc h en K irc h e n g e m e in d e ra ts , V e r ­ w a ltu n g s ra ts m itg l ie d des W a is e n h a u s e s , V o rs ta n d s m itg lie d des M il i tä rv e re in s v e rb a n d e s . v /G e h e i m e r a t J o s e s D u r m , g eb o re n in K a r l s r u h e a m sq.. F e b r u a r 1 8 3 7 , ges to rben a m 3 . A p r i l . D e r E n tsc h la fe n e t r a t nach B e e n d ig u n g seiner S tu d ie n a m d a m a lig e n K a r l s r u h e r P o l y ­ technikum in den badischen S ta a ts d ie n s t , u n te rn a h m zu seiner w e ite ren A u s b ild u n g R eisen nach G rie c h e n la n d u n d I t a l i e n , sp ä te re R eisen — §28 — f ü h r te n ih n nach S y r ie n , P a lä s t in a , A le in as ien ( T ro ja ) u n d Ä g y p te n . I m J a h r e I 8 6 8 w u rd e D u r in zu m orden tlichen P ro fe sso r der A rc h ite k tu r a n der T echnischen H ochschule e rn a n n t , a n der er trotz eh re n v o lle r B e ru f u n g e n nach D a rm s ta d t u n d M ü n c h e n b is zu seinem T o d e w irk te . I m J a h r e s 8 8 2 w u rd e er zu m au ß e ro rd e n tlic h en M itg l ie d der B a u d ir e k t io n u n d v ie r J a h r e sp ä te r zu deren D irek to r u n te r B e la ssu n g se iner S te l lu n g a n der T echnischen Hochschule e r n a n n t . D u r m w a r M itg l ie d der österreichischen arch iäo log ischen G esellschaft, a u ß e ro rd e n tlic h e s M itg l ie d der p reuß ischen A kadem ie f ü r B a u w e se n . D ie T echnische Hochschule B e r l in v e rlieh ih m im J a h r e s ß 0 2 die W ü r d e e in es B r . m § . Ir. c ., die U n iv e rs itä t H eide lberg h a t te ih n a n lä ß lic h ih r e s öOO jä h r ig e n J u b i l ä u m s zu m B r . p l r i l . l r .c . ; die S ta d t H e id e lb e rg zu m E h r e n b ü r g e r e r n a n n t . A u s der g ro ß en A a h l d er v o n D u r in a u s g e fü h r te n B a u te n seien e r w ä h n t : in A a r l s r u h e die F es th a lle , die S y n a g o g e , d a s G ro ß h e rz o g lic h e P a l a i s in der A r ie g s - S t r a ß e , d a s H a u s B ü r k l in in der A r ie g s - S t ra ß e , d a s H a u s S ch m ie d e r in der A a r l S t r a ß e , der A u la b a n der Technischen Hochschule, d a s B e z irk s a m t in der A a r l F r ie d r ic h -S tra ß e u n d die A u n s tg e w e rb e sc h u le ; in B a d e n d a s A u g u s ta u n d L a n d e s b a d ; in H e id e lb e rg die U n iv e rs itä ts b ib lio th e k u n d die A u la der U n iv e rs itä t , in F r e ib u r g e in G y m n a s iu m u n d die S t . J o h a n n is - A i r c h e in der W ie h re , a u ß e rd e m verschiedene A irch e n , S ch u le n u n d an d e re G eb ä u d e im L an d e . B o n seinen zah lre ichen S c h rif te n fü h re n w ir a n : die B aukunstgesch ich te der G riec h en , der E t r u s k e r - R ö m e r u n d der ita lien ischen R en a issan ce , seine A rb e i t ü b e r d a s A a r l s r u h e r S ch loß . D ie B e ise tzung des E n tsc h la fe n e n a m 7. A p r i l f a n d u n te r g ro ß e r B e te i l ig u n g s ta tt. D e r R e k to r der T echnischen Hochschule, P ro fesso r B r . H a u s r a th , h ie lt die G ed ä c h tn is re d e , in der er die T ä t ig k e it des D ah ingesch iedenen a l s L eh re r , F o rsch er u n d A ü n s tle r w ü rd ig te . G e h . H o f ra t P ro fe sso r B r . v o n G ec h e lh ä u se r w id m e te einen N a c h ru f n a m e n s der A rc h ite k tu ra b te ilu n g der Technischen Hochschule, ein B e r t re te r der S tu d en te n sc h a f t sprach f ü r die S tu d ie re n d e n , P ro fe sso r B r . v o n D u h n im N a m e n der ph ilosophischen F a k u l tä t der U n iv e rs itä t H e id e lb e rg . D e r O b e rb ü rg e rm e is te r h a t te den H in te rb lie b e n e n des D ah ingesch iedenen , der so la n g e a l s h e rv o rra g e n d e r F orscher, L eh rer u n d A ü n s tle r in h iesiger S ta d t g ew irk t h ab e , die T e i ln a h m e der S ta d tv e r w a l tu n g au sg esp ro ch en . §2Y — R i c h a r d E b e r t , g eb o re n a m s2 . S e p te m b e r s8 Z 0 in A g las te rh au sen , gestorben a m s 8 . A p r i l . I m H erbst s 8 7 3 t r a t er in den badischen K irchend ienst, w u rd e V ik a r in H e id e lsh e im , in G b e rg im p e rn , in K eh l, s 8 8 s P f a r r e r in A d e rsb a c h , s 8 8 7 in se iner H e im atg em e in d e A g la s te rh a u se n u n d s8s)8 in K a r ls r u h e - N c ü h lb u r g . A ach zw ei J a h r e n zu m D ekan der D iözese K a r l s r u h e - S t a d t g e w ä h lt, bekleidete er dieses A m t s 8 J a h r e . A m T h a r f r e i t a g w u rd e er w ä h re n d der p r e d ig t v o n e in em S c h la g a n fa l l b e tro ffen , dein er b a ld d a ra u f e r la g . D e r B eise tzung a n : O s te rm o n ta g g in g eine T r a u e r ­ feier in der K a r l-F r ie d r ic h G ed äch tn isk irch e v o r a u s . V o llz ä h lig w a r die evangelische G eistlichkeit der S ta d t K a r l s r u h e erschienen, a u ß e rd e m V e r tre te r des O b e rk irc h e n ra ts , V e r tr e te r der S ta d tg e m e in d e , sow ie solche m e h re re r V ere in e u n d in g ro ß e r Z a h l A tttg lie d e r d er evangelischen K irch en g em ein d e A N H Ib u rg . S ta d tp s a r r e r W e r n e r v o n B ru c h sa l, s te llve rtre tender D ekan der Diözese, h ie lt die G e d ä c h tn is re d e . A m G ra b e w u rd e n u n te r entsprechenden A n sp rach e n K rä n z e n ied erg e leg t durch V e r tre te r des K irc h e n g e m e in d e ra ts , des K irc h e n c h o rs , des G e sa n g v e re in s „ F r o s in n " , der L eh re rsch aft, der S y n o d e u n d der K o n firm a n d e n . F r i e d r i c h B o c k , gesto rben a m 8 . A p r i l im 6 8 . L e b e n s ja h re . D er E n tsch la fen e w a r in der K o h le n s ä u re - In d u s tr ie tä t ig , G r ü n d e r e in e r g rö ß e re n F a b r ik in K a r l s r u h e u n d verschiedener F a b r ik e n in Schw eden u n d N o rw e g e n . s 8 9 9 b is sßOZ w a r er S ta d tv e ro rd n e te r , lä n g e re Z e i t V o rs ta n d der G esellschaft „ E in t r a c h t " . V o rü b e rg e h e n d versah er auch d a s A m t des no rw eg ischen K o n s u ls . F e r d i n a n d T h i e r g a r t e n , g eb o re n a m 2 2 . J a n u a r s 8 ^ 7 in L a h r , gesto rben a m sch A la i . I m J a h r e s 8 8 9 h a t der V e r ­ sto rbene , der b is d a h in D ruckereibesitzer in F r e ib u r g w a r , die „B ad ische P re sse" h ie r ü b e rn o m m e n . 3 0 J a h r e la n g s tan d e r a l s V e rle g e r u n d B esitzer a n der S p itze derselben u n d des d a z u g eh ö rig e n u m fan g re ich e n D ruckereigeschästes. D u rch seine fach m än n isch en K enn tn isse u n d seine rastlose T ä t ig k e i t h a t der D ah ingesch iedene die „B adische P re sse" a u s k leinen A n fä n g e n durch ih re g ro ß e V e r ­ b re itu n g zu e in e r der e in fluß re ichsten Z e i tu n g e n un se re s L a n d e s gem ach t. B e i der T ra u e r f e ie r a m 17 . N la i h ie lt O b e rh o sp re d ig e r F ischer die T ra u e r re d e . A lb e r t H erzog , der erste S c h r if t le ite r der „B ad isch en P re sse" , w id m e te im N a m e n u n d A u f t r a g a l le r A n g este llten — q>30 — derselben dein D ah ingesch iedenen u n te r N ie d e r le g u n g des A ra n z e s e inen N a c h ru f . A m G r a b e sprach R e c h ts a n w a l t H e in sh e im e r n a m e n s des V e rb a n d e s der badischen A rb e ite rb i ld u n g sv e re in e u n d leg te dem v ers to rb e n en E h re n m itg l ie d e inen L o rb eerk ran z n ieder. W e ite re A ra n z sp e n d e n u n te r kurzen A n sp rach e n w id m e ten der V e te ra n e n v e re in K a r l s r u h e , der A r ie g e rb u n d L a h r u n d der V ere in S üdw estdeu tscher Z e i tu n g s v e r le g e r , w ä h re n d die L ogen v o n V a r ls ru h e , F r e ib u r g u n d L a h r ih re m B r u d e r die sym bolischen drei R osen i n s G r a b g a b e n . D e r O b e rb ü rg e rm e is te r h a t der F a m il ie des V e rs to rb e n e n , d e r v o n s y 0 2 b is s 9 s 8 a l s S ta d tv e ro rd n e te r dem B ü r g e ra u s s c h u ß a n g e h ö r te , d a s B e ile id der S ta d tv e r w a l tu n g a u s ­ gesprochen. A n t o n A n ö r z e r , g eb o re n a m j y . M a i j 8 ^ 3 zu E b e n h e id bei W e r th e i in , ges to rben a m 2 0 . M a i . D e r E n tsc h la fen e stud ierte in F r e ib u r g T h e o lo g ie , w u rd e a m 6 . A u g u s t ^ 8 6 7 zum P rie s te r g ew e ih t. E r w a r V ik a r in L a u d a u n d W a ib s ta d t , p as to rie rte sO Z a h r e la n g die D ia sp o ra g e m e in d e L e u te rsh au se n u n d w u rd e s 8 8 5 P f a r r e r in A u p p e n h e im , d a n n in H ed d esh e im u n d 0 ) 0 0 a n der P f a r r e i S t . S te p h a n h ie r . Z n a lle n diesen G e m e in d e n e rn te te er A n e rk e n n u n g u n d L iebe f ü r seine erfo lgreiche W irk sa m k e it a l s S ee l­ so rg er. D e r E rz b isc h o f e rn a n n te ih n zu m G eis tlichen R a t u n d E h re n d o m h e r r n . D ie W e rtsch ä tzu n g , der sich der V ers to rb en e u n te r se inen p f a r r k in d e r n u n d auch a u ß e r h a lb des A re ise s se iner G la u b e n s ­ genossen e rfre u te , k am in sb e so n d e re bei se inem go ldenen P r ie s te r ­ ju b i l ä u m a m 3 . A u g u s t l 9 i 7 zu m A u sd ru c k .* ) D ie T ra u e r fe ie r b e g a n n a m 2 3 . M a i in S t . S te p h a n m it e in em le v itie rten R e q u ie m , ze leb rie rt v o n S ta d tp f a r r e r L ink . D ie G e d ä c h tn is re d e h ie lt G e n e ra l­ v ik a r F ritz v o n F r e ib u r g . D ie F rie d h o fk a p e lle kon n te v o n den zah lre ichen T ra u e rg ä s te n n u r e in em g e r in g e n B ru c h te il R a u m g ew ä h re n . E rsch ie n en w a r e n die zah lre ichen katho lischen V e re in e der S ta d t m it F a h n e n , die katholische S tu d e n te n sc h a f t, e tw a 7 0 G eistliche v o n h ie r u n d a u s dem L a n d e , der S t i s tu n g s r a t S t . S te p h a n , der D b e r s t is tu n g s r a t , die A irc h e n g e m e in d e v e rtre tu n g , die b a rm h e rz ig e n S ch w estern u . a ., a u ß e rd e m V e r tr e te r der G eistlichkeit der an d e ren A onfessio n en , O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t, B ü rg e rm e is te r V r . P a u l , °) v erg l. Lbrcmik t ^ l - , S eite S35 -ZZY. S ta d tr ä te u n d S ta d tv e ro rd n e te . D ie B e e rd ig u n g n a h m G e n e ra lv ik a r F ritz v o r . N ac h B e e n d ig u n g der kirchlichen Z e re m o n ie n u n te r A n sp rach e n , A ra n z n ie d e r le g u n g e n , u n d z w a r n a m e n s des S t i f t u n g s ­ ra te s S t . S te p h a n durch S ta d t r a t D e w e r th , n a m e n s des G e s a m t­ s ti f tu n g s ra te s durch O b e r la n d e s g e r ic h ts r a t G u t , n a m e n s der gesam ten katholischen O rg a n is a t io n e n durch Z u s tiz m in is te r T ru n k . D a n n sprachen noch V e r tre te r der O r te , a n denen der E n tsc h la fen e f rü h e r gew irk t h a tte . D e r O b e rb ü rg e rm e is te r h a t te n a m e n s des S ta d t r a t s dem H e r rn S ta d tp f a r r e r L ink a l s den , V e r tr e te r der katholischen G eistlichkeit u n d der katholischen A irch e n g em e in d e der S ta d t A a r l s - ru h e herzliche T e i ln a h m e au ssp rech en u n d a n der B a h r e des E n t ­ schlafenen e inen T ra u e r k r a n z n iederlegen lassen. A a r l H o f f a c k e r , D ire k to r der A u n stgew erbeschu le , G e h . H o fra t , g eb o ren s 8 5 6 in D a rm s ta d t, ges to rben a m 2 6 . N I a i . D e r E n tsch la fen e besuchte die hiesige T echnische Hochschule, w u rd e s 8 7 y nach bes tandener S ta a t s p r ü f u n g u n te r die Z n g e n ie u rp ra k tik a n te n a u sg e ­ n o m m e n , w id m e te sich d a n n a b e r dein A u n s tg e w e rb e . E r w a r zuerst A ssistent a m A u u s tg e w e rb e m u se u m in B e r l in u n d v o n s 8 8 3 — s 8 9 7 a l s L eh rer a n der A unstgew erbeschu le u n d a n der A unstschu le in B e r l in tä tig . I m F r ü h j a h r syO s w u rd e er a l s D ire k to r a n die A unstgew erbeschu le nach Z ü r ic h u n d in dem selben J a h r e a n die hiesige A unstgew erbeschu le u n d d a s A u n s tg e w e rb e m u se u m a l s N a c h ­ fo lg er des v e rs to rb en en D ire k to rs H e r m a n n G ö tz b e ru fe n . A ls V o r ­ sitzender des A u n s tg e w e rb e v e re in s , w elches A m t e r kurz v o r se inem T o d e n iederleg te , leistete e r die H a u p ta r b e i t bei der v o n : V e re in v e ra n sta lte ten J u b i l ä u m s a u s s te l lu n g iO 0 6 u n d bei der V o lk sk u n st au ss te llu n g s ß jO . E rfo lg re ic h tä t ig w a r er f ü r die E in r ic h tu n g der deutschen A b te i lu n g bei den W e lta u s s te llu n g e n in C h ic a g o , S t . L o u is u n d P a r i s . A u ß e r A u s s te l lu n g s b a u te n h a t der V ers to rb en e auch V ille n , A irch en u n d städtische G e b ä u d e geschaffen, zahlreiche E n tw ü r f e fü r kunstgew erb liche G eg e n s tä n d e u n d Z im m e re in r ic h tu n g e n gefertig t, u . a . f ü r den k le inen R a th a u s s a a l h ie r . Z u r B e ise tzung des E n tsch la fen en h a t te sich eine u n g e w ö h n lic h g ro ß e A n z a h l T r a u e r ­ gäste von h ie r u n d a u s w ä r t s e iu g efu n d en . D a s U n te r r ic h ts m in is te r iu m w a r durch G e h . R a t S c h w ö re r u n d V r . B a r t n in g , die S ta d t durch O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t m i t e in e r A b o rd n u n g des S ta d t r a te s v e rtre ten . D ie kirchlichen H a n d lu n g e n n a h m O b e rh o fp re d ig e r F ischer — §52 — v o r . E s fo lg te die la n g e R e ih e der K ra n z n ie d e r le g u n g e n u n d z w a r n a m e n s der S ch ü le r der A n s ta lt , fe rn e r f ü r den K u n stg e w e rb e v ere in , f ü r die A k ad e m ie der b ild en d en K ü n ste , f ü r den K ü n s tle rv e re in , den B ad isch en F ra u e n v e re in e n , den V e re in „B ad isch e H e im a t" , fü r d ie P h o to g ra p h isc h e G esellschaft, fü r die K u n s tg e w e rb e v e re in ig u n g „ A rc h e " u n d den p o ly te ch n isch e n V e re in , " im N a m e n der K u n s t­ gew erbeschule P fo r z h e im sprach der D ire k to r V r . I o c h u m , fü r die K unstg ew erb esch u le S tu t t g a r t D ire k to r P a n k o w . D ie G em e in d e B u c h e n , die den V e rs to rb e n e n a n seinem T o d e s ta g e in A n e rk e n n u n g se iner V erd ienste u m d a s d o r tig e B e z irk sm u se u m zu m E h re n b ü r g e r e r n a n n t h a tte , en tsan d te eine A b o rd n u n g . F ü r d a s G e w e rb e m u se u m B u c h e n sprach der K o n s e rv a to r , H a u p tle h re r T ru n z e r . D e r O b e r­ b ü rg e rm e is te r h a t te im N a m e n des S ta d t r a te s der F a m il ie des E n t ­ schlafenen herzliches B e ile id au sg esp ro ch en u n d e inen E h re n k ra n z a n se iner B a h r e n ied erleg en lassen. K a r l P e t e r , g e b o re n I(8 3 l in K a r ls r u h e , gesto rben a m 7 . J u l i a u s e in e r D ienstre ise in B a d e n - B a d e n . D e r E n tsc h la fen e m ach te a l s K r ie g s f re iw il l ig e r den deutsch-französischen F e ld z u g m it, t r a t nach B e e n d ig u n g se iner fach m än n isch en A u s b i ld u n g in K a r l s ­ r u h e r u n d L eipz iger B a n k h ä u s e rn v o r m e h r a l s v ie r J a h rz e h n te n in die hiesige V e re in s b a n k e in , deren L e itu n g a l s D ire k to r er b a ld d a r a u f ü b e r n a h m u n d b is zu seinem T o d e beib eh ie lt. L an g e J a h r e w a r er S ta d tv e ro rd n e te r , V o rs ta n d s m itg lie d des n a t io n a l l ib e ra le n V e re in s u n d M itg l ie d der evangelischen K irc h e n g e m e in d e v e rsa m m lu n g . S ta d tp f a r r e r R o h d e h ie lt bei der B e e rd ig u n g die T ra u e r re d e . E s fo lg te n zah lreiche K ra n z n ie d e r le g u n g e n m it entsprechenden A n sp rach en . V e rb a n d s d ire k to r A d o lf M ils e r sprach n a m e n s des A u fs ic h ts ra te s d e r V e re in s b a n k , D ire k to r K i t t n a m e n s des V o rs ta n d e s der B a n k , n a m e n s d er B e a m te n der V e re in s b a n k H e r r E w a ld , im A u f t ra g des V e rb a n d e s u n te rb ad isch er K red itgenossenschaften V e rb a n d s re v iso r R ö t t in g e r a u s B ü h l , f e rn e r sprach je ein V e r tre te r des M i l i t ä r - v e re in s u n d des A lä n n e r tu r n v e r e in s , deren E h re n m itg l ie d der V e r ­ sto rbene w a r . E d u a r d D o l l e t s c h e c k , g eb o re n a m 29 . A p r i l 1(839 in W e h r ( A m t S ch o p fh e im ), ges to rben a m ( 6 . J u l i . N ac h B e e n d ig u n g se iner S tu d ie n a l s I n g e n i e u r a m h iesigen p o lite c h n ik u m p rak tiz ie rte e r a n der G r o ß h . M ü n z e u n d w u rd e so d a n n a l s M ü n z k o n tro l le u r — H53 — angeste llt. s 8 7 3 t r a t e r in d a s k au fm än n isch e G esch äft S im o n M o d e l h ie r ein u n d v e rb lieb in dem selben ü b e r 3 0 J a h r e . I n s P r iv a t le b e n zurückgetreten , w id m e te e r sich g an z se inen N e ig u n g e n , der P h o to ­ g ra p h ie , P ro je k tio n , M e c h a n ik u n d T echn ik . N och in h o h e m A lte r stellte er seine P ro je k tio n sk u n s t in den D ienst der W o h l tä t ig k e i t . D er V ers to rb en e w a r auch h e rv o r ra g e n d m usikalisch b e g a b t, w a r ein v o rzüg licher K la v ie rsp ie le r u n d O r g a n is t u n d v e rs ta n d fast säm tliche B l a s u n d S a ite n in s t ru m e n te zu sp ie len . T r g eh ö rte de in K u r a to r iu m des K o n s e rv a to r iu m s f ü r M u s ik a n , w a r M itg l ie d des A u fs ic h ts ra te s der V e re in sb a n k , der P h o to g ra p h isc h e n G esellschaft, E h re n m itg l ie d des K a r l s r u h e r B e z irk sv e re in s deutscher I n g e n ie u r e . B e i der T r a u e r ­ feier h ie lt O b e rh o fp re d ig e r F ischer die T ra u e r re d e . K rä n z e u n te r entsprechenden A n sp rach e n w u rd e n a m S a r g e n ied erg e leg t n a m e n s des B e z irk sv e re in s deutscher I n g e n ie u r e , n a m e n s der P h o to g ra p h isc h e n G esellschaft, der D irek tio n der V e re in sb a n k , des 'K o n se rv a to r iu m s , n a m e n s des V o rs ta n d e s der S üddeu tschen u n d M itte ld eu tsc h en A u to m a ten g ese llsch aft u n d f ü r die „ L ie d e rh a lle " , deren ä ltes tes M itg l ie d der V ers to rb en e w a r . R o b e r t H o r n u n g , g eb o re n a m sch J u l i j 8 5 5 a u f dem B o rn e b ru n n e rh o f bei M o s b a c h , ges to rben a m 2 6 . J u l i . D e r E n t ­ schlafene stud ierte In g e n ie u rw e s e n a n d er h iesigen T echnischen H och­ schule, w u rd e nach A b sch lu ß seiner S tu d ie n B a h n v e r w a l t e r in B re i te n , s 8 8 5 S ta t io n s k o n tro l le u r in F re ib u rg , j 8 9 ö k au : e r a l s G ü te r in sp e k to r in die G e n e ra ld ire k tio n der S ta a ts e is e n b a h n e n , w u rd e j 8 9 6 Z e n t r a l ­ inspektor u n d syOO K o lle g ia lm itg l ie d der G e n e ra ld ire k t io n . A ls R e fe ren t f ü r d a s P e rso n e n z u g fa h rp la n w e se n u n d zugleich auch B a h n ­ b ev o llm ä ch tig te r der G e n e ra ld ire k t io n in M il i tä ra n g e le g e n h e ite n h a t der V ersto rb en e w ä h re n d der F r ie d e n sz e it in u n e rm ü d lic h e m S chaffen g ew irk t. I m W e ltk r ie g fiel ih m n eb en der L in ie n k o m m a n d a n tu r K a r ls r u h e die a lle in ig e V e r a n tw o r tu n g f ü r die geo rd n e te A b w ic k lu n g des g an z en T r a n s p o r tw e s e n s a u s den badischen B a h n e n w ä h re n d des A u fm arsch e s u n d der g an z en K r ie g s d a u e r zu . E r h a t diese A u sg ab e in der erfo lgreichsten W eise gelöst. A u g u s t D ü r r , geboren am 29 . J u l i s 8 3 3 in Karlsruhe, gestorben am jch August. Der Entschlafene leitete mit seinem Bruder lange Jahre ein G arn- und Kurzwarengeschäft. I n jungen Jahren schon nahm er regen Anteil an dem öffentlichen Leben und 28 w id m e te sich g an z dem W o h le se iner V a te rs ta d t, d a er sich f rü h e in d a s P r iv a t le b e n zurückzog. ( 8 6 6 w u rd e er in den B ü r g e r a u s ­ schuß g e w ä h lt, dem S ta d t r a t g eh ö rte er v o n ( 8 7 3 b is ( f l ( ( a n . Ü b e r v ie r J a h r z e h n te w a r er A irc h e n g e m e in d e ra t , la n g e J a h r e M itg l ie d der D iözesansynode A a r l s r u h e - S t a d t u n d seit ( 8 8 ( ü b e r d re i J a h r z e h n te A k itg lied der E v an g e lisc h en G en e ra lsy n o d e . ( 8 7 6 b is (8 Z 6 w a r e r H a n d e ls r ic h te r . I m J a h r e (896 e rn a n n te ih n der G ro ß h e rz o g in A n e rk e n n u n g seiner g ro ß e n V erd ienste zum A o m m e rz ie n ra t , ( 9 ( 8 zu m G e h e im e n A o m m e rz ie n ra t . B e i seinem A u sscheiden a u s der G e m e in d e v e rw a ltu n g e rn a n n te ih n der B ü r g e r a u s sc h u ß a m 2 7 . J u l i ( 9 ( ( Zum E h re n b ü r g e r der S ta d t . A u ß e r dem t r ä g t eine S t r a ß e in A a r l s r u h e den N a m e n des V ers to rb en en . A u fs ic h ts ra t u n d V o rs ta n d der A a r l s r u h e r L eb ensversicherung und m e ten ih m fo lg en d en N a c h r u f : „ N a h e z u 3 0 J a h r e h a t der E n t ­ schlafene der V e r w a l tu n g der A n s ta lt a n g e h ö r t u n d seine reiche G e s c h ä f ts e r fa h ru n g ih r m it v o lle r H in g a b e n u tz b a r gem ach t. F ü r die w e rtv o lle n D ienste, die e r der A n s ta lt geleistet, b le ib t sie ih m d a u e rn d zu D a n k verp flich te t. S e in A n d en k en w ird bei ih r w ie bei a l le n , die der D ien st in der A n s ta l t m i t ih m zu sam m en sü h rte , in E h r e n b e w a h r t w e rd e n ." E in e n äh n lich e n N a c h ru f w idm ete ih m der V o rs ta n d u n d A u fs ic h ts ra t d e r M asch inenbaugese llschaft, deren der V ers to rb en e e b e n fa lls n ah e zu 3 0 J a h r e a n g e h ö r t h a tte . B e i der T ra u e r f e ie r a m ( 7 . A u g u s t h ie lt S ta d tp f a r r e r R o h d e die G e d ä c h tn isa n sp ra c h e . D e r E n tsc h la fen e h ab e die T ü ch tig k e it des B ü r g e r tu m s in seinen schönsten E ig e n sch a fte n v e rk ö rp e rt. N ach dem G eis tlichen e rg r if f (O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t d a s M o r t . D e r (O b e rb ü rg e rm e is te r b e m e rk te : A ls stiller, bescheidener u n d a n sp ru c h s­ loser M a n n h a b e der V e rs to rb e n e es a l s selbstverständliche P flic h t erach te t, n ich t m i t g ro ß e n M o r te n , a b e r u m so besseren T a te n a m M o h le der A llg e m e in h e it m itz u w irk e n . Z u m ä u ß e re n Z eichen n ie erlöschender D a n k b a rk e it leg te e r e inen L o rbeerk ranz a m S a rg e n ied er. D a n n sprach D b e rh o fp re d ig e r F ischer n a m e n s der e v a n g . A irch e n g em e in d e . A o m m e rz ie n ra t G se ll n a m e n s der H a n d e ls k a m m e r , a u ß e rd e m V e r tr e te r der A n g este llten der F i r m a E . F . D ü r r u n d a u s dein en geren F re u n d esk re ise . I n der ersten S itz u n g der G e n e ra lsy n o d e a n : ( 3 . (O ktober gedachte der P rä s id e n t des (O ber­ k irc h e n ra ts O . U ib e l des E n tsc h la fe n e n , der Z e i t seines L ebens v iel — q.35 — für die evangelische Kirche getan habe. I n seinem Testament habe er für wohltätige evangelische Zwecke eine halbe M illion gestiftet. K a r l D ü r r , g eb o ren s85H in K a r l s r u h e , ges to rben a m 7 . S e p te m b e r in B a d e n - B a d e n . D e r E n tsc h la fe n e t r a t s 8 7 0 a l s F ä h n r ic h in d a s B a d . I n f . - R e g im e n t „ P r in z W i lh e lm " N r . P 2 ein, m ach te den F e ld z u g gegen F ra n k re ic h m it . A n : 5 . J a n u a r ^ 8 8 6 w u rd e er a u f e in J a h r a l s O rd o n a n z o ff iz ie r zu dem E rb g ro ß h e rz o g v o n B a d e n k o m m a n d ie rt. I n dem selben J a h r e e rfo lg te seine E r ­ n e n n u n g zu m H a u p tm a n n . I n den nächsten J a h r e n g eh ö rte er verschiedenen R e g im e n te rn a n . A m s 2 . S e p te m b e r ^ 8 8 6 e rfo lg te sein Ü b e r tr i t t z u r M a r i n e - I n f a n t e r i e , e r b ek am d a s K o m m a n d o des 2 . S e e - B a ta i l lo n s in K ia u tsc h a u u n d w a r s 8 ß 8 b is sfiOO zeitw eise S te llv e r tre te r des G o u v e r n e u r s des K ia u ts c h a u -G e b ie te s . schied D ü r r a u s der M a r i n e a u s u n d w u rd e z u m F lü g e l­ a d ju ta n te n des G ro ß h e rz o g s v o n B a d e n e rn a n n t , d a n n G e n e ra l ­ a d ju ta n t . E r w u rd e G e n e ra l le u tn a n t , sp ä te r G e n e ra l der I n f a n t e r i e . D ie B eise tzung des E n tsc h la fe n e n e rfo lg te in B a d e n . D a s G r o ß ­ h e rz o g sp a a r h a tte zu r T ra u e r f e ie r e inen V e r tr e te r e n tsan d t u n d ließ a m G r a b e e inen K ra n z n ied erleg en . F ü r d a s G e n e ra lk o m m a n d o des l 4 . A rm e e k o rp s w a r O b e r s t v o n D a v a n s erschienen. V e r tr e te r verschiedener R e g im e n te r u n d m ilitä r is c h e r V e re in e w id m e te n dem D ah ingeschiedenen K ra n z sp e n d e n . O b e rb ü rg e rm e is te r S ie g r is t h a tte den H in te rb lie b e n e n d es V e rs to rb e n e n d a s B e ile id des S t a d t r a t s v o n K a r l s r u h e ü b e rm itte l t . A u g u s t S c h a i e r , g eb o re n a m 3 . O k to b e r s 8 ^ ß , ges to rben a m 2 3 . S e p te m b e r . D e r E n tsc h la fen e w a r h ie r a l s S ch re in e rm e is te r tä t ig u n d h a tte in der sozialdem okratischen P a r t e i la n g e J a h r e eine fü h ren d e R o lle gespielt. s 8 8 9 w a r er in die P a r t e i e in g e tre ten , m e h re re J a h r e g eh ö rte e r auch dem L a n d e sv o rs ta n d der P a r t e i a n . E r w a r S ta d tv e ro rd n e te r u n d v o n s8 st7 b is I fit» I e in e r d e r K a r l s ­ ru h e r A b g e o rd n e te n in der Z w e ite n badischen K a m m e r . B e i der B e s ta ttu n g des E n tsc h la fen e n h ie lt sein P a r te ig e n o sse B e h r in g v o n der F re ire lig iö sen G e m e in d e die T ra u e r re d e , in der e r die E m sig k e it, U m sich t u n d den ein fachen L e b e n sw a n d e l d es D ah ingesch iedenen schilderte. H e rr S ch w erd t sprach im N a m e n der P a r t e i , O b e r ­ w erkm eiste r W e b e r a l s persön licher F re u n d . 28 * — §36 — K a r l B ö n n i n g , ges to rben a m 29 . S e p te m b e r im A lte r v o n 3 3 J a h r e n . D e r D ah ingesch iedene, B uchdruckereibesitzer in K a r l s r u h e , h a t sich s rü h e durch sein W irk e n in der Ö ffen tlichkeit e in en N a m e n g em ach t. E r w a r e in h e rv o rra g e n d e s M itg l ie d der soz ia ldem okratischen P a r te i , s8s)6 b is s<)02 u n d l9 0 8 b is s 9 p S ta d tv e ro rd n e te r u n d v o n d a a n b is zu seinem T o d e S ta d t r a t . Z u r B e s ta t tu n g des E n tsc h la sen en a m s. O k to b e r h a tte sich eine zah lreiche T ra u e rg e m e in d e e in g e fu n d en , u . a . die B ü rg e rm e is te r O r . P a u l , O r . P o r s tm a n n u n d v r . K le in sch m id t, sow ie O b e r b ü rg e r m eiste r a . D . S ie g r is t. N ac h der R ede des evangelischen G eistlichen w id m e te ih m p e r r S c h w e rd t u n te r N ie d e r le g u n g e in es K ra n z e s im A u f t r ä g e d es sozialdem okratischen V e re in s e inen N a c h ru f . E r p r ie s den to te n F re u n d a l s e inen la u te re n T h a r a k te r u n d rückgratfesten K ä m p f e r f ü r den S o z ia l is m u s . S t a d t r a t S a u e r legte im N a m e n der soz ia ldem okratischen B ü rg e ra u s s c h u ß f ra k t io n e inen K ra n z n ieder. V e r w a lte r P o s sprach f ü r den B u c h d ru c k erv erb a n d . W e ite re K ra n z ­ spenden leg ten n ie d e r V e r tr e te r des M a n n e rg e s a n g v e re in s , der F re ie n T u rn e rs c h a f t , des G e m e in d e - u n d S ta a ts a rb e i te rv e rb a n d e s , der R a th a u s f r a k t io n der U . S . P . u n d der A rb e i te r r a d fa h re r . Z n der S ta d tra ts s itz u n g v o m 2 . O k to b e r w id m e te B ü rg e rm e is te r V r . P a u l v o r E i n t r i t t in die T a g e s o r d n u n g dem V ers to rb en e n e inen N a c h ru f . E r h o b d ab e i n eben der W ü r d ig u n g der geschäftlichen T ü ch tig k e it des E n tsc h la fe n e n die la n g jä h r ig e n , v ie lse itigen u n d w ertv o llen D ienste h e rv o r , die der V e re w ig te der S ta d t K a r l s r u h e a l s S ta d t ­ v e ro rd n e te r , S t a d t r a t u n d a l s M itg l ie d zah lre icher städtischer A u s ­ schüsse geleistet u n d seinen F le iß , seine G ew issen h aftig k e it u n d die A u s d a u e r , m i t der e r die ih m ü b e r tra g e n e n Ä m te r v e rw a lte t h abe . A n der B a h r e des V e rs to rb e n e n w a r ein L v rb eerk ran z der S ta d t g em ein d e n ied erg e leg t w o rd e n . Z a k o b M ä l o t h , g eb o re n a m so . F e b r u a r l 8 6 4 zu O p p e n h e im a . R h . , ges to rben a m 4 . O k to b e r . D e r E n tsc h la fen e w o llte u rsp rü n g lic h G eis tlich er w erd en . K u rz v o r A b sch lu ß seiner S tu d ie n w u rd e e r a b e r durch den plötzlichen T o d se ines B r u d e r s zu r Ü b e r ­ n a h m e des v ä te rlic h en G esc h ä f ts g ez w u n g en . Z m J a h r e s 886 g rü n d e te er h ie r die W ir ts c h a f t zu m „ K ro k o d il" , die e r m i t e iner k le inen U n te rb re c h u n g b is zu seinem A b le b e n b e trieb . M i t u n e r ­ m ü d lich e in E i f e r w id m e te e r sich dein n eu en B e ru fe u n d fa n d noch P h ot. <vskar Suck Vuchdruckereibesitzer Xarl Vonning Stadtrat — §37 — Z e it zu r B e te i l ig u n g a m D ienste der A llg e m e in h e it . V o n sHOä b is l 9 i k w a r e r S ta d tv e ro rd n e te r , v o n l 9 p b is zu den N e u ­ w a h le n des J a h r e s s y l d E ta d t r a t . D e r f rü h e re n n a t io n a l l ib e ra le n P a r te i h a t te er a l s e ifr ig e s M itg l ie d a n g e h ö r t . Z u r B e ise tzung des V ers to rb en e n a m 8 . O k to b e r h a tte sich eine ü b e r a u s g ro ß e Z a h l v o n T ra u e rg ä s te n in der F rie d h o fk a p e lle e in g e fu n d en , u . a . die B ü rg e rm e is te r S a u e r , D r . P o r s tm a n n u n d D r . R le in sc h m id t, der f rü h e re B ü rg e rm e is te r D r . P a u l , eine A n z a h l S ta d t r ä te u n d S t a d t ­ vero rdnete , M in is te r D ietrich , G e h . p o f r a t R e b m a n n , F re ib u rg , S t a a t s r a t D r . G löckner. S ta d tp f a r r e r R a p p h ie lt die A n sp rach e . D a n n leg ten u n te r eh renden A n sp rach e n A rä n z e n ied er V e r tr e te r der A lte n p e r r e n u n d der A k tiv e n der R h e n o - P a l a t i a , d e r S chü tzen ­ gesellschaft, deren S chützenm eister der V ers to rb en e f rü h e r gew esen w a r , S ta d tp f a r r e r pesselbacher n a m e n s der dem okra tischen P a r t e i u n d der dem okratischen R a th a u s f r a k t io n , G e h . p o s r a t R e b m a n n n a m e n s der f rü h e re n n a t io n a l l ib e ra le n P a r te i , V e r tr e te r des G a s t ­ w ir te v e re in s , des V e re in s der H otelbesitzer, der L oge R u p p re c h t zu den fü n f R osen in p e id e lb e rg . I n der S ta d tra ts s i tz u n g v o m y . G k to b e r w id m e te B ü rg e rm e is te r S a u e r de in D ah ingesch iedenen e inen eh renden N a c h ru f . E r gedachte d ab e i n eben der W ü r d ig u n g seiner geschäftlichen T ü ch tig k e it der la n g jä h r ig e n , w e r tv o lle n M i t ­ a rb e it des E n tsc h la fen e n in der G e m e in d e v e rw a ltu n g in se iner E ig e n sch a ft a l s S ta d tv e ro rd n e te r , S ta d t r a t u n d M itg l ie d verschiedener städtischer A o m m iss io n en , sow ie seiner g ew in n e n d e n P ersö n lic h k e it. A n der B a h r e des V ers to rb en e n w u rd e e in L o rb e erk ran z n a m e n s der S ta d tg e m e in d e n iedergeleg t. R u d o l f v o n W o l d e c k - A r n e b u r g , g eb o re n k 8 § 6 in A eh l, gesto rben a m s7 . G k to b e r . D e r D ah ingesch iedene w a r s 8 7 6 A m ts r ic h te r in Ü b e r lin g e n , s883 O b e r a m ts r ic h te r , ^887 L a n d ­ g e r ic h ts ra t in M o s b a c h , ^ 8 8 9 in M a n n h e im , ^ 8 9 5 in F re ib u rg , l 898 O b e r la n d e s g e r ic h ts r a t , l 90§ L a n d g e ric h tsd ire k to r in M a n n ­ heim , l 906 in A a r l s r u h e . I m J a h r e s y p w u rd e e r S e n a t s ­ p räs id e n t b e im O b e r la n d e sg e r ic h t, e in A m t, d a s e r b is zu seiner Z u ru h e se tzu n g s 9 s 8 in n e h a tte . D r . F r a n z M a t t h i a s p a i d , g eb o re n a m 2 8 . F e b r u a r s 8 3 3 in S p e y e r , gesto rben a m 3 . N o v e m b e r in S p e y e r . D e r E n tsc h la fen e w a r nach A b sch lu ß seiner S tu d ie n zunächst A ssistent u n d p r i v a t ­ §28 — dozen t a n der T echnischen H ochschule in M ü n c h e n . I m J a h r e s882 erfo lg te seine B e r u f u n g a l s a . o. P ro fe sso r a n die hiesige Technische H ochschule u n d s88§ seine E r n e n n u n g zu m orden tlichen P ro fesso r der prak tischen G e o m e tr ie u n d h ö h e re n G eodäsie . s8y5 w u rd e e r o rd en tlich es M itg l ie d des O b e re ic h u n g s a m te s u n d syOO auch a u ß e ro rd e n tlic h e s M itg l ie d der D b e rd ire k tio n des W a sse r- u n d S t r a ß e n b a u e s u u d V o rs ta n d des to p o g rap h isch en B u r e a u s . s8y6 w u rd e e r zu m H o fra t , syOO zu m G e h e im e n H o fra t u n d sys? zum G e h . R a t 2 . M a sse e r n a n n t u n d in dem selben J a h r e in den R u h e ­ s tan d versetzt. I m D ezem b er sysO h a tte sich Or. H aid , e inem R u fe d e r griechischen R e g ie ru n g fo lg en d , zu m Zw ecke e iner B e ­ r a tu n g in G ru n d b u c h sac h en im Z u s a m m e n h a n g m it der thessalischen A g r a r f r a g e nach A th e n begeben . D e r V ers to rb en e , der auch M i t g lied der R o m m iss io n der in te r n a t io n a le n E rd m e ssu n g w a r , be­ kleidete zw e im a l d a s A m t des R e k to rs a n der hiesigen Technischen H ochschule, s8y§/y5 u n d sy0s/02. R a r o l i n e p e t z e t , g e b . B r u c h , g eb o ren s 8 3 6 in M a in z , ges to rben A n f a n g N o v e m b e r in M ü n c h e n . D ie V e re w ig te b e t ra t s 8 7 8 im M a in z e r E ta d t th e a te r z u in e rs te n m a l die B ü h n e . s 8 8 2 fo lg te sie dem R u fe a n d a s hiesige H o fth e a te r , dem sie 22 J a h r e a n g e h ö r te , b is sie im J u l i syO § in den R u h e s ta n d t r a t . A ls I p h ig e n i e , 5 a p p h o , M e d e a u n d zah lre ichen an d e re n H ero in e n ro llen h a t die V e rs to rb e n e durch ih re künstlerischen L eistungen g ro ß e E rfo lg e u n d a llse itig e w o h lv e rd ie n te A n e rk e n n u n g e r ru n g e n . D e r G r o ß ­ herzog h a t te ih r die Ä lb e r n e M e d a il le f ü r A u n s t u n d W issenschaft v e rlieh en . X . Verschiedenes. J a h r e s w e c h s e l g in g in der N a c h t v o m 3 s . D ezem - I b e r sßs8 zu m s. J a n u a r sßsß ziem lich ru h ig v o n s ta tte n . D ie W irtsc h a fte n a l le r A r t m u ß te n schon u m sO U h r des S ilv e s te ra b e n d s schließen. D e r V e rk a u f v o n F e u e rw e rk sk ö rp e rn w a r v e rb o te n w o rd e n . T ro tzd e m w u rd e n in der N a c h t u n d in sb e so n d e re u m die M it te rn a c h ts s tu n d e zah lreiche „ F rö sc h e " , „ S c h w ä rm e r " u n d d erg l. a b g e b ra n n t . S c h la g s 2 U h r v e rk ü n d e ten die G locken , sow eit solche noch v o rh a n d e n w a re n , den A n b ru c h des n eu e n J a h r e s . A m 2 ŝ. A p r i l s ß s ß verö ffen tlich te die A a r l s r u h e r Z e i tu n g die V e ro rd n u n g , d a ß die b ish e r ig e o f - u n d L a n d e s b i b l i o ­ t h e k i n A a r l s r u h e k ü n f tig h in die B eze ich n u n g „ B a d i s c h e L a n d e s b i b l i o t h e k i n A a r l s r u h e " zu fü h re n h a b e . D ie B ü c h e rsa m m lu n g der B ib lio th e k h a t sich im B e r ic h ts ja h re u m 3 4 S 9 (s9s8: B ä n d e v e rm e h rt . S ie h a t te a m I a h r e s s c h lu ß e inen B e s ta n d v o n 2^5 7Y2 <240 333) B ä n d e n , D ruckschriften , A a r te n , M usikstücken u n d B lin d en d ru ck e n nebst e in e r A r ie g s s a m m lu n g . D ie A b te i lu n g „B ad isch e s S c h r i f t tu m " zäh lte a lle in -s0^77 (59 800) B ä n d e ; ih r Z u w a c h s b e t rä g t 677 (s062) B ä n d e . A u sg e l ie h e n w u rd e n 29 783 (20 8 s5) B ä n d e , d a v o n in d e r S ta d t A a r l s r u h e 20 599 (s3 882), nach a u s w ä r t s 9s8H (6935), u n te r den letzteren in n e rh a lb B a d e n s 890 s (6555) B ä n d e . D e r Lesesaal w a r a n 332 (333) T a g e n geö ffnet u n d v o n 3007H (s7 s5s) P e rso n e n besucht, d a ru n te r sOOO (700) w eib lichen . D ie B esucher setzten sich a u s b lo ß e n Lesern der Z e itsch rif te n u n d a u s w issenschaftlichen — -s-sO — A rb e ite rn z u sa m m e n . D iese bestellten 5 ^ 8 5 (H 528) B ä n d e u n d benu tzten 2 6 8 (2 s 3) eigene u n d s 2 ( s s ) srem de H an d sc h rif te n ; auch w u rd e n 2 6 (s5 ) H an d sch riften nach a u s w ä r t s v e rlieh en . D ie B e ­ suchstunden d es L esesaals m u ß te n w eg en der G a s s p e r re u n d der ve rsch ied en artig en A rb e its z e i te n n a c h m it ta g s w ied e rh o lt g eä n d ert w e r d e n : s ta tt H— 8 U h r v o m 6 . J u l i a n 3 — 7 U h r , v o m 2 . O k to b e r a n 2 — Hs 6 U h r , v o m 2 . N o v e m b e r a n 2 — 5 u n d 6— 8 U h r . D a m i t w u rd e a b e r zugleich eine, V e rm e h ru n g v o n täg lich e in e r S tu n d e erre ich t. D a s jä h rlic h e Z u g a n g sv e rz e ic h n is ( fü r s 9 s 8) erschien noch in der v e re in fach ten F o r m , n u r m it den A b te i lu n g e n U r ie g , A llg e m e in e s u n d B a d e n o h n e S ac h v e rz e ic h n is ; trotz e rh ö h te r R o s ten w u rd e es noch kosten los abg eg eb en . D e m G e n e r a l l a n d e s a r c h i v g in g e n im B e ric h ts ja h re a n A rc h iv a lie n z u : du rch E in l ie f e r u n g 2 0 , durch A n k a u f 7, durch G eschenke s 5 , durch T au sc h 2 u n d durch H in te r le g u n g 3 N u m m e rn . U n te r den Z u g ä n g e n sind beso n d ers die A k ten des G ro ß h e rz o g lic h en G e h e im e n U a b in e t ts , der G e n e ra lin te n d a n z der Z iv il lis te , des O b e r - k a m m e rh e r re n a m ts u n d des O b e rh o fm a rs c h a l la m ts h e rv o rzu h e b en . D ie B e n ü tz u n g des A rc h iv s gestaltete sich w ie f o lg t : a ) zu geschäft­ lichen Z w ecken 3 6 ( s h s 8 : s9 ), S t a a t s - , U c il i tä r - , U irch en u n d G e m e in d e b e h ö rd e n in 7 7 (5 s ) F ä l le n , b ) zu w issenschaftlichen Z w ecken 2 7 5 ( s 8 8 ) P e rs o n e n in 6 0 s (3 8 s ) F ä l le n . Z m ganzen b e tru g so n n t die Z a h l d e r B e n ü tz e r 5 s s (207 ), die der B e n ü tz u n ­ g en 6 7 8 (H32). B e i der B e n ü tz u n g zu w issenschaftlichen Zw ecken en tfielen s6^s (sOH) B e n ü tz e r a u f B a d e n , h-s (67) a u s die ü b r ig e n deutschen S ta a te n , a u f d a s A u s la n d s7 (s2 ) . D ie N e u e rw e rb u n g e n der B a d i s c h e n U u n s t h a l l e u nd des B a d i s c h e n L a n d e s m u s e u m s sow ie die zu g eg an g en en G eschenke im B e r ic h ts ja h re sind im e inze lnen a m 6 . O k to b e r ss)20 in N r . 22h der „ U a r l s r u h e r Z e i tu n g " verö ffen tlich t. D a s L a n d e s ­ m u se u m e n th ä l t in A b te i lu n g I A l te r tu m s - u n d V ölkerkunde (eh e m alig e S a m m lu n g e n a m F rie d rich sp la tz ), in A b te i lu n g II U u n s t- g ew erb e (eh e m a lig es U u n s tg e w e rb e -N Iu se u m a m H a rd tw a ld ) . A m s . J a n u a r sh ss ) t r a t eine N e u r e g e l u n g d e s a m t ­ l i c h e n V e r k ü n d i g u n g s w e s e n s in der W eise ein , d a ß säm t Geh. hosrat Karl hossacker — liche fü r den A m tsb e z irk b es tim m ten am tlic h en B e k a n n tm a c h u n g e n in a llen im B e z irk m it e in e r A u fla g e v o n in e h r a l s 3 0 0 S tück m indestens d re im a l w öchentlich erscheinenden T a g e s z e itu n g e n , die sich zu r A u fn a h m e der B e k a n n tm a c h u n g e n v e r t r a g s m ä ß ig verp flich te t h a tten , gegen V e r g ü tu n g zu verö ffen tlichen sind. D ie b ish e r ig e n am tlichen V e rk ü n d ig u n g s b lä tte r fielen w eg . B e im F i n a n z a m t K a r ls r u h e w u rd e a m 13. S e p te m b e r a l s besondere A b te i lu n g ein E r b sch a f t s st e u e r a m t e rrich te t, dem alle E rbschaftssteuersachen a u s dein A m tsg e ric h tsb e z irk K a r l s r u h e ü b e r tra g e n w u rd e n . D ie N o ta r ia te K a r l s r u h e h a b e n d e m g e m ä ß kün ftig m it E rb sc h a fts s te u e r-A n g e le g e n h e ite n n ic h ts m e h r zu tu n . A m 2 7 . J a n u a r , dem G e b u r t s ta g e K a is e r W i lh e lm s I I ., b rach ten h ie r der B ad ische B e o b a c h te r , die B ad ische L a n d e sz e itu n g u n d die B ad ische P resse A rtik e l der E r in n e r u n g a n d a s eh e m a lig e O b e r h a u p t des D eutschen R eiches. A m N a c h m it ta g des 3 0 . ^»uli f u h r die K ö n i g i n V i k t o r i a v o n S c h w e d e n a u f der Rückreise v o n S c h lo ß M a i n a u nach S chw eden in e inem S o n d e rz u g durch den h iesigen H a u p th a h n h o f . D e r Z u g h ie lt a n . M in is te r D ie trich b e g rü ß te die K ö n ig in . A u ß e r ­ dem h a tte n sich e in ige f rü h e re P o s - u n d F o rs tb e a m te a m B a h n h o f e ingesunden . A u s der S ta d tra ts s itz u n g v o m s 6 . Z a n u a r w u rd e m itg e te i l t : „ D e r O b e rb ü rg e rm e is te r h a t n a m e n s der S ta d tv e r w a l tu n g den G e h . R a t O r . H a n s B u n t e , P ro fe sso r a n der T echnischen Hochschule h ie r, zu seinem 7 0 . G e b u r t s t a g beglückw ünscht u n d d abe i der h e rv o rra g e n d e n V erd ienste gedacht, die e r sich seit la n g e n J a h r e n a l s akadem ischer F o rscher, L eh re r u n d B e r a te r zah lre icher G e ,n e in ­ wesen sow ie a l s S ta d tv e ro rd n e te r u n d M itg l ie d w ich tig e r städtischer K om issionen e rw o rb e n h a t ." A u s A n la ß des 7 0 . G e b u r ts ta g e s des G e h . H o s r a t s D r . B i n z , der seit s 8ßZl den städtischen K o lle g ie n a l s S ta d tv e r ­ o rd n e te r bezw . S ta d t r a t a n g e h ö r t, b e g a b sich a m ß . F e b r u a r eine A b o rd n u n g des S ta d t r a t s , bestehend a u s dem O b e rb ü rg e rm e is te r , dem B ü rg e rm e is te r I ) r . P a u l u n d je e in em M itg l ie d der v ie r — ^ 2 — F ra k tio n e n des S ta d t r a t s , in die W o h n u n g des J u b i l a r s . D e r (O b e rb ü rg e rm e is te r v e re in ig te in se iner A n sp rach e m it den herz­ lichsten G lückw ünschen den D a n k der S ta d tg e m e in d e s ü r die von H e r r B r . B in z geleistete ersp rieß liche A rb e i t im D ienste der A llg e ­ m e in h e i t u n d überre ich te dem J u b i l a r ein P fla n z e n g e b in d e . I m F e b r u a r w u rd e E x z. A a r l E n g l e r , dem D irek to r des ^chem ischen I n s t i t u t s a n der T echnischen Hochschule, a u s A u la ß des 5 0 jä h r ig e n B e s te h e n s der T echnischen Hochschule in A lü n ch e n v o n dieser „ in A n e rk e n n u n g seiner h e rv o rra g e n d e n F o rsch u n g en ü b e r d a s E r d ö l u n d ü b e r die A u to x y d a t io n sow ie der u n erm ü d lich en F ö rd e ru n g der T echnischen H ochschulen" die W ü rd e e in es D oktor- I n g e n i e u r s e h re n h a lb e r v e rlieh en . A m 2 7 . J u l i w u rd e bekann t gegeben , d a ß die P re u ß isc h e A k ad e m ie der W issenschaften zu B e r l in E r z . B r . E n g le r zu m ^k o rrespond ie renden A u tg l ie d ih re r physikalisch­ m a th em a tisch e n A lasse g e w ä h lt h ab e . A m K A u g u s t beschloß der S ta d t r a t a u s A n la ß der Z u r u h e - s e t z u n g d e r P r o f e s s o r e n E n g le r , B u n te , L e h m a n n , v o n M echelhäuser, B a u e r , S ie fe r t u n d B o e h tlin g k , a n den R e k to r u n d S e n a t der T echnischen H ochschule h ie r fo lg en d e s S ch re ib en zu r ich ten : „ A k it dem E n d e des S o m m e rse m e s te rs ist eine R e ih e h e rv o rra g e n d e r A litg l ie d e r des L e h rk ö rp e rs der „ F r id e r ic ia n a " in fo lg e ih re r V e r ­ setzung in den R u h e s ta n d a u s ih re r L eh rtä tig k e it a n der Hochschule ausgesch ieden . S ie a lle h a b e n , w ie in sb eso n d ere E x z . B r . E n g le r , G e h . R a t B r . B u n te , G e h . R a t B r . L e h m a n n , la n g e J a h r e a l s L euchten der W issenschaft u n d ausgezeichnete L eh re r der akadem ischen J u g e n d m i t au ß e ro rd e n tlic h e n E r f o lg e n g ew irk t u n d W esentliches zu dein h o h en A n seh en der 'K a r ls ru h e r Hochschule in a l le r W e lt b e ig e tra g e n . E in z e ln e v o n ih n e n , w ie die H erre n B u n te , M echel­ h ä u se r u n d S ie fe r t h a b e n ih re 'K ra f t a u ß e rd e m o p fe rw illig in den D ienst der S ta d t gestellt u n d ih r w e rtv o lle D ienste geleistet. W i r m öch ten d e s h a lb diesen A n la ß g e rn e benutzen, u m 5 . R kagn ificenz dem H e r rn R e k to r u n d dem S e n a t der Technischen Hochschule, a n deren Geschicken die S ta d tv e r w a l tu n g stets le b h a ften A n te i l ge­ n o m m e n h a t , z u in A u sd ru c k zu b r in g e n , w ie sehr w ir d a s A u s ­ scheiden so v ie le r b esonders au sg eze ich n e te r A lä n n e r a u s den R e ih en ih r e s L e h rk ö rp e rs b e d a u e rn u n d S ie gleichzeitig b itte n , den scheidenden H e rre n den A u sd ru c k u n se re r w ä rm s te n D an k b a rk e it f ü r ih r e rsp rieß ­ '—' ^^3 — liches W irk e n a n der K a r l s r u h e r H ochschule u n d z u in W o h le u n se re r S ta d t u n d unsere V ersich eru n g zu ü b e rm itte ln , d a ß ih re N a m e n u n d ih re L eistungen auch in die G eschichte der S ta d t A a r l s r u h e ru h m v o ll e in g e tra g e n b le ib e n ." A m 3 . A u g u s t w u rd e m itg e te ilt , d a ß die ph ilosophische F a k u l tä t der U n iv e rs itä t H eide lberg den : D ezern en ten sü r die H ö h e ren S ch u len im badischen U n te r r ic h ts m in is te r iu m , G e h . O b e r r e g i e r u n g s r a t F r i e d r i c h A c i m , die W ü rd e e in es O r . p b i l . 1:. o. v e rlieh en h abe . Z u m V o rs ta n d des städtischen U li lc h a m ts w u rd e V r . B e r n h a r d S e n d h o f f , D irek to r des chemischen U n te r s u c h u n g s a m ts der S ta d t B o c h u m , zu m G a r te n in sp e k to r b e im städtischen G a r te n a m t D ip lo m ­ g a rte n m e is te r H e i n r i c h W a g n e r in H e m s d o rf bei B e r l in e rn a n n t , z u m H a u sm e is te r im R a th a u s der städtische A a n z le id ie n e r E d u a r d G r e u l i c h , zu m D ie n e r a m städtischen L e ih h a u s H o c h b a u a rb e ite r W i l h e l m B r i t s c h , zu m W a se n m e is te r d e r T ie r w ä r te r J o s e p h N e u n z i g . F o lg en d e n städtischen B e a m te n w u rd e „ in A n e rk e n n u n g 2 3 jä h r ig e r treuge leiste ter D ien s te" die E h r e n u r k u n d e der S ta d t gem einde v e r lie h e n : dein A ass ier der G a s - , W a sse r- u n d E le k tr iz i tä ts ­ am tskasse A lb e r t U c ü lle r , dem B u c h h a l te r b e im G a s - , W a sse r- u n d E le k tr iz i tä ts a m t H ein rich B a r t h , den : technischen B e a m te n bei der städtischen B a d e v e rw a ltu n g (V ie ro rd tb a d ) D a n ie l U c a n g le r u n d den: H a llen m e is te r b e im S ch lach t u n d V ie h h o s a m t W ilh e lm D a u b . O b e r le h re r A a r I A i r s c h s tand a n O s te rn des B e r ic h ts ja h r e s 3 0 J a h r e in : badischen S chu ld ienst, v o n denen er ^ 5 Z a h r e in : D ienst der hiesigen V olksschule zu g eb rach t h a t . D e r S ta d t r a t be­ schloß a n : I A p r i l H e r rn A irsch zu diesen: se ltenen F est zu beglückw ünschen u n d ih n : „ in d a n k b a re r A n e rk e n n u n g se iner segens­ reichen W irk sa m k e it" ein E h ren g esch en k zu überre ichen . D en H a u p tle h re rn A u g u s t B e r b e r i c h u n d j D e t e r S c h ö n i g , die zu O s te rn a u f eine ^ 0 jä h r ig e T ä t ig k e i t in : badischen S c h u l­ dienst zurückblicken k o n n ten , sprach der S t a d t r a t a n : l 7 . A p r i l a u s diesen: A n la ß „ in n ig e n G lückw unsch u n d herzlichen D a n k f ü r die segensreiche A rb e i t" a u s , die sie w ä h re n d des g rö ß te n T e i l s dieser la n g e n Z e i t in : D ienste der hiesigen V olksschu le geleistet h ä t te n . — — D e m (O b e rleh re r R u d o l f R o t h , der e b e n fa lls a u f eine -O jä h r ig e T ä t ig k e i t im badischen S ch u ld ien st zurückblicken konnte, sprach der S t a d t r a t a m 2 8 . A p r i l a u s diesem A n la ß „G lückw ünsche u n d herzlichen D a n k f ü r die w ä h re n d n ah e zu 3 3 J a h r e n im D ienste der h iesigen V olksschule geleistete segensreiche A rb e i t" a u s . D ieselben G lückw ünsche u n d herzlichen D a n k f ü r die im D ienste der hiesigen V olksschu le geleistete segensreiche A rb e i t en tb o t der S ta d t r a t a m 8. M a i dem H a u p tle h re r R i c h a r d M a c k e r t f ü r dessen -sO jä h r ig e T ä t ig k e i t im badischen S chu ld ienst. A u f den j . A p r i l w u rd e S c h if fs fü h re r F r i e d r i c h H a m m e r b e im städtischen H a f e n a m t w eg en le idender G e su n d h e it „ u n te r A n ­ e rk e n n u n g seiner tre u geleisteten D ien s te" in den R u h e s ta n d versetzt. A m 5 . A p r i l sp rach der S t a d t r a t O b e r le h re r J a k o b H ü s s n e r , d e r nach 5 2 jä h r ig e r T ä t ig k e i t im badischen S chu ld ienst in den R u h e s ta n d t r a t , bei diesem A n la ß „ f ü r seine segensreiche A rb e i t" , die e r w ä h re n d n a h e z u f a h r e n im D ienste der hiesigen V o lk s ­ schule — d a r u n te r 2 2 J a h r e a l s O b e r le h re r der T öchterschule — u n d in sb eso n d ere auch seit D ezem b er s ß 0 7 a l s M itg l ie d der S ch u l- kom m issiou geleistet h ab e , D a n k u n d A n e rk e n n u n g a u s . A u s j . O k to b e r w u rd e A a n z le id ie n e r J o s e p h B a c h a u f A n suchen „ u n te r A n e rk e n n u n g seiner la n g jä h r ig e n tre u geleisteten D ien s te" in den R u h e s ta n d versetzt. A m s ö . A p r i l b eg in g I n g e n i e u r L u d w i g E l s e n H a n s bei der M asch in en b au g ese llsch aft A a r l s r u h e d a s 5 0 jä h r ig e D ienst­ ju b i l ä u m . A m 8 . F e b r u a r w u rd e n im H inblick a u f die herrschenden A eit V erhältn isse durch die V e ro rd n u n g des M in i s te r iu m s des I n n e r n F a s c h i n g s v e r g n ü g u n g e n jed er A r t v e rb o te n , in sbesondere auch d a s T r a g e n v o n M a s k e n oder karnevalis tischen A bzeichen durch E rw a c h se n e u n d R in d e r a u s öffentlichen S tr a ß e n , sow ie in geschlossenen G ese llschaften , ebenso w u rd e d a s V e rk a u fe n v o n F a sc h in g sz e itu n g e n u n d F as tn a ch tssch e rz a rtik e ln a l le r A r t v e rb o ten . M i t t e M ä r z w u rd e G e n e r a l m a j o r A u g u s t A n H e u s e r , d e r A o m m a n d e u r d e r L a n d e sp o liz e itru p p e , a u f sein A nsuchen u n te r b esonderer A n e rk e n n u n g se iner D ienste in den R u h e s ta n d versetzt - 445 - un d zu seinem N a c h fo lg e r S t a a t s a n w a l t O r . A u e n z e r , u n te r E rn e n n u n g zu m (O bersten , z u m U o m m a n d e u r der L a n d e s ­ p o liz e itru p p e e rn a n n t . A n fa n g A p r i l w u rd e der W i l d p a r k u n d M i t t e A p r i l der F a s a n e n g a r t e n der (Ö ffentlichkeit z u g ä n g lic h g em ach t. D ie A b s tim m u n g ü b e r die u n g e t e i l t e A r b e i t s z e i t h a tte , w ie A n f a n g M a i b e k a n n t gegeben w u rd e , hinsichtlich der im N e rb a n d der B e a m te n u n d L eh re rv e re in e o rg a n is ie r te n s taatlichen u n d städtischen B e a m te n in der S ta d t U a r l s r u h e fo lg en d e s E r g e b n i s : Z a h l der ab s tim m e n d e n der städtischen s taa tlichen B e a m te n B e a m te n 2 6 ^ 6 3 6 9 D a v o n fü r so fo rtige E in f ü h r u n g der u n g e te ilten A rb e its z e i t 2 0 6 s 3 s 6 F ü r E in f ü h r u n g bei B esse ru n g der E rn ä h r u n g s v e r h ä l tn is s e . 2Y 2 2 9 G rundsätz liche G e g n e r der u n g e ­ te ilten A rb e its z e i t . . . . 2 9 5 D a a u ß e r in U a r l s r u h e auch die B e a m te n sc h a f t in B ru c h s a l, F re ib u rg , H eide lberg , A o n s ta n z u n d M a n n h e im sich f ü r die u n g e ­ te ilte ach tstünd ige A rb e i ts d a u e r einschließlich e in e r h a lb s tü n d ig e n P a u s e au sg esp ro ch en h a t te n , o rd n e te d a s M in i s te r iu m a m 2 0 . J u n i a n , d a ß in den g e n a n n te n S tä d te n diese A rb e i ts z e i t v o m 2 0 . J u n i a n e in zu fü h re n sei u n d z w a r in den S o m m e r m o n a te n ( s 3 . A p r i l b is s 5 . S ep te m b er) v o n m o rg e n s 7 N h r b is n a c h m it ta g s 3 U h r , im ü b r ig e n T e i l des J a h r e s v o n m o rg e n s 8 U h r b is n a c h m it ta g s -s U h r , je w e ils m i t e in e r h a lb s tü n d ig e n M i t ta g s p a u s e v o n s 2 b is s2 * /r U h r . A n den S a m s ta g e n d au e re die A rb e its z e i t b is zu in 3 . J u l i s y l d noch 7 S tu n d e n , v o n d a a n (U/s S tu n d e n , so d a ß also h ie r in : S o m m e r k ü n ftig v o n 7 b is sffs U h r u n d im W in te r v o n 8 b is 2 '/ s U h r g e a rb e ite t w erde (ab e r o h n e P a u se ). I m M a i o rd n e te d a s M in i s te r iu m des I n n e r n a n , d a ß die B i l d e r f r ü h e r e r H e r r s c h e r a u s den D ie n s trä u m e n , in denen P u b l ik u m verkehre oder in denen , w ie in S itz u n g s sä le n , B e ra tu n g e n s ta ttfän d e n , nach u n d nach zu en tfe rn e n seien, ebenso A u ssch m ü ck u n g en m it sta rkem m onarch ischem A n k la n g . — - - Die neugegründete V o l k s w e h r k a p e l l e gab erstmals am 8 . Zum (Pfingstsonntag) mittags von i2 bis ( Uhr auf dein Schloßplatz ein volkstümliches Aonzert. Die in S t u t t g a r t erscheinende „ S ü d d e u t s c h e Z e i t u n g " (deutsch-national) hat hier seit Anfang April eine eigene Geschäfts­ stelle und Redaktion (N)aldstraße 3 8 ) eingerichtet. Die Zeitung stellt seitdem eine besondere badische Ausgabe her. A m (fi. J u l i en tlu d en sich a b e n d s gegen ^ 9 U h r h ie r und in der U m g e b u n g der S ta d t schwere G e w i t t e r . G in o rk a n ­ a r t ig e r S tu r m h o b den S tr a ß e n s ta u b h au sh o c h in die H öhe, a n den B ä u m e n w u rd e n zah lreiche A ste abgerissen , Z iege lste ine v o n den D äc h e rn ab g e h o b e n u n d zu r G rd e geschleudert. G in B litz s trah l schlug in die L e itu n g der S t r a ß e n b a h n , w odurch der B e tr ie b a u f e in ig en L in ie n v o rü b e rg e h e n d stillge leg t w u rd e . Z m städtischen A o n z e r th a u s e r l i t t die V o rs te llu n g m eh rfach U n te rb rec h u n g en , da d a s elektrische L icht w ie d e rh o lt versag te , ebenso im G olosseum , in den A in o s u n d an d e re n ö ffen tlichen L okalen . V o n der W a c h - u n d S c h l i e ß g e s e l l s c h a f t w u rd e n im B e r ic h ts ja h r e -j6 8fiO H a u s tü re n , 3 A e lle r , ( 2 F a b r ik e n bezw . L a g e r, 2 ( L a d e n tü re n , 5 2 W irtsc h a fte n , ( ( 9 F en s te r im G rdgeschoß u n d 2 W a sse rh a h n e n offen g efu n d en , 9 ^ 0 nu tz lo s b ren n en d e Lichter festgestellt. 5 8 P e rs o n e n w u rd e n bei U n re g e lm ä ß ig k e ite n geweckt, 5 5 P e rs o n e n eingelassen, I P e r s o n au sg ew ie sen , I, P e rs o n festge­ n o m m e n . G e fu n d e n w u rd e n ( 0 H aussch lüssel. G in m a l w u rd e F e u e r gelöscht, i i o m a l w u rd e n P fe rd e a u s g e fäh rlich e r L age befre it o d er a n g e b u n d e n . XI. 1 Vorträge. m J a h r e 1 9 1 9 fa n d e n h ie r , sow eit u n s b e k a n n t w u rd e , im V gan zen 3 6 7 V o r t r ä g e * ) u n d R e z i t a t i o n e n (1 9 1 8 : 15ß) s ta tt. D ie g rö ß te Z a h l w ie s der M o n a t F e b r u a r a u f m i t 5 5 . E s fo lg ten der M ä r z m i t 49 , der A p r i l m i t 46 , der D ezem b er m it 44, d e r N o v e m b e r m it 41 , ö e r O k to b e r m i t 34 , der Z u l i m i t 24 , der M a i m i t 2 2 , der Z u m m i t 17 , der Z a n u a r m i t 15, d e r S e p ­ te m b er m it 14 u n d der A u g u s t m i t 6 V o r t r ä g e n oder R e z i ta tio n e n . V o n den V o r t ra g e n d e n w a re n 2 0 5 a u s 'K a r ls ru h e , 5 1 g eh ö rte n dem ü b rig e n B a d e n u n d 8 4 sonstigen deutschen L ä n d e rn a n , 14 w a re n A u s lä n d e r . B e i 15 V o r t rä g e n w a re n die R e d n e r n ich t g e n a n n t. M i r lassen ein V erze ich n is der V o r t r ä g e h ie r fo lg e n : J an u ar s . „ w o finden w ir Friede?" ((Öffentlicher religiöser Vortrag.) „ s . H ans B l u m : „Ernst und Heiter." (Arbeiterbildungsverein.) „ 7. M in a S c h ö n l e : „Philosophie und P olitik oder Körper und Seele." (Öffentlicher Vortrag.) „ N . v r . H ans R a m p f f m e y e r : „S ozia lism u s und geistige Arbeit." (Sozialdemokratischer Verein im Stadtteil Rüppurr.) „ In gen ieu r B i n d e r au s M ünchen: „D ie R evolution und die technischen Angestellten." (Bund technischer B eam ten . Deutscher Technikerverband.) „ ( 2. G ibt es eine G ottesoffenbarung?" ((Öffentl. religiöser V ortrag.) „ (2 . Missionsdirektor D i p p e r au s B a s e l: „Mission im allgem einen." ((Öffentlicher Vortrag, vorm ittags). „ 12. Derselbe: „Die Lage der Baseler M ission am Ende des W eltkriegs." ((Öffentlicher Vortrag, abends.) *) Dabei sind nur die hier unter X I, 1 verzeichneten, nicht die an anderen Stellen der Ehronik in Verbindung m it sonstigen A ngaben erwähnten Vorträge und R ezitationen gezählt. - ^ 8 - J a n u a r 22. Vr. R oland E i s e n l o h r : „D ie deutschen und feindlichen F lug­ zeuge, das F lugw esen im Frieden und der Luftverkehr." (Verein Volksbildung.) „ 23. Or. Arnold R ü g e au s Heidelberg: „Die P feiler des Wieder­ aufbaues nebst Schilderungen von Szenen au s dem verflossenen W ahlkampf." (Öffentlicher Vortrag.) „ 26. „Trennung von S ta a t und Kirche." (G ffentl. religiöser Vortrag.) „ 27. F räulein S p e n g l e r : „Zweck und Z iele unseres Vereinslebens." (E vangel. Arbeiterinnenverein, Gruppe V st.) „ 28. Gerhard F i l s : „volksdienst im neuen S taat." (G ffentl. Vortrag.) „ 29. W illy A l t e n d a r f : „Rätsel unseres Seelenlebens." ((öffent­ licher V ortrag.) „ 30. v r . m eä. A l f o n s - F i s c h e r : „Soziale Hygiene." ((öffentlicher Vortrag für H elferinnen des Roten Kreuzes.) Februar 2 . Professor Or. Arthur D r e w s : „Die freie R eligion und die R elig ion der Freiheit." (Freireligiöse G em einde.) „ 2 . „Die wahre Kirche Lhristi." ((öffentlicher religöser Vortrag.) „ 3. G eh . Vberbaurat Alexander T o u r t i n : „Raumbemessung der Eisenbahnfahrzeuge." (Verein deutscher In gen ieu re , Bezirks­ verein K arlsruhe.) „ H. Hauptlehrer R . G . H a e b l e r : „D ie Schule im Volksstaate." ((öffentlicher Vortrag.) „ H. Rabbiner v r . A n s b a c h e r au s H eilbronn: „Der göttliche Ursprung des jüdischen Gesetzes." (Israelitischer Iü n g lin gsverein .) „ ( ( . , (4 ., (8 . u. 25. Professor v r . p a u l c k e : „Die Entwicklungs Vorgänge in der N atu r. Entwicklung der Erde a ls Weltkörper, der P flanzen- und T ierw elt, des Menschen in geologischen Zeiten." (Verein Volksbildung.) „ H. M issionsvorsteher S c h a e s e r : „Der Völkerbund und Amerika in der Prophezeiung." ((öffentlicher Vortrag.) „ 5. Derselbe: „D ein Reich komme." ((Öffentlicher Vortrag.) „ 5. u . ( 2 . Professor v r . Richard L o s s e n : „D as Recht auf G laubens­ freiheit in der Prophezeiung." ((öffentlicher Vortrag.) „ 5. Stadtbaurat K onstantin E g l i n g er: „G ew innung von Leuchtgas." (G ewerbeverein.) „ 5. G eh. R a t v r . Ernst W agn er: „Zw ei badische Künstler vom A nfang des vorigen Jahrhunderts." (Altertum sverein.) „ 5. G eh. Hofrat Professor v r . Ludwig K l e i n : „Die Unkräuter." M it Lichtbildern. (G artenbauverein.) „ 6. u . ( ( . v r . w . F r a e n g e r au s Heidelberg: „Der S in n des Expressionismus." ((öffentlicher Vortrag.) „ 6 ., (3 . u . 20. Landgerichtsrat Joseph W i t t e m a n n au s Freiburg: „D ie neue badische Verfassung." (K athol. Frauenbund, Z w eig­ verein K arlsruhe.) — — Februar 7. Professor Or. R o l l e r : „D ie Kinderehe im M ittelalter und deren Einfluß auf das Leben der Bevölkerung." (Naturwissensch. Verein.) 7. Professor Or. W illi H e l l p a c h : „Jugend und Demokratie." (G ffentl. Vortrag.) 8 . Gberlandesgerichtsrat Friedrich G u t : „D ie neue Reichs- und Staatsverfassung." (R athol. M ännerverein der Weststadt.) 8 . w a ru m müssen sich die Kriegsbeschädigten und K riegsteilnehm er organisieren?" ((Öffentlicher Vortrag.) y. R ahum G o l d m a n n a n s B e r lin : „E in jüdischer Kongreß in Deutschland." (Zionistische O rtsgruppe K arlsruhe.) 9. „ vom P aradies zum P aradies." ((Öffentlicher religiöser Vortrag.) ( 0 . StadtbauratK onstantin E g l i n g e r : „G ew innung von Leuchtgas." (Arbeiterbildungsverein.) 11. Fridolin H e n r i c h von Freiburg: „Beam ten- und Arbeiterfragen im neuen Volksstaat." (K athol. M ännerverein der Gststadt.) 11 . u. 16 ., H Uhr u. 7 U hr: Frau V o g e l - L i n z au s der Sch w eiz: „Frauenrechte und Frauenpflichten." Allgem eine Körper, und G esundheitspflege. ((Öffentliche Vorträge für D am en.) ( 2 . G eh. G berregierungsrat v r . David M a y e r : „D ie Judenheit a ls Volk und a ls Religionsgem einschaft." (vereiu für jüdische G e­ schichte und Literatur.) 12 . u . 2 6 . Albert S e x a u e r : „D ie W iedergeburt Deutschlands aus dem Geiste der R elig ion ." ((Öffentlicher V ortrag.) 12. u . 27. Or. meö. A lfons F i s c h e r : „Soziale Hygiene." ((öffent­ licher Vortrag des B undes der H elferinnen vom R oten Kreuz.) 14. Schriftsteller D . A m m 0 n : „D ie Seele und die Sterne." ((Öffent­ licher Vortrag.) ( s . M ax L o h e n au s K öln : „Unser w e g und unser Z iel." (Isra e l. Jü n glingsverein und Mädchengruppe.) 16 . A lbert S e x a u e r : „Entweder — Oder." (Freirel. G em einde.) 16 . „Jesus im H eiligtum ." ((Öffentlicher religiöser Vortrag.) 16 . Or. Franz M ü l l e r a u s P o sen : „H ellw ag und seine K unst." ((Öffentlicher Vortrag.) 18 . (Ökonomierat G tto V i e l h a u e r a u s R astatt: „Milcherzeugung und M ilchversorgung." (G ffen tl. Vortrag des H ausfrauenbundes.) 18 . Vr. J u l iu s R o s e n f e l d : „ D ie G rganisationsform der jüdischen J u g en d ." (Zionistische Jugendgruppe K arlsruhe.) 19. Or. R olf R o e n n e k e : „Strindberg." ((Öffentlicher Vortrag.) 21. Schriftsteller D . A m m o n : „ D ie Bemeisterung des Schicksals durch Gedankenkräfte. ((Öffentlicher Vortrag.) 25. M etallarbeiter G u e n z e r : „R elig ion , S ta a t, Kirche und Arbeiter­ schaft." (volkskirchl. V ereinigung.) 25. P fr. G r u c k e r au s W ertheim (f. H agen au ): „Deutsches Volkstum im E lsaß ." (G ffentl. Vortrag der Deutsch-nationalen Volkspartei.) 29 — § 5 0 — Februar 25. V berbaurat v r . F u c h s : „Bodenreform im neuen Volksstaat." (B und deutscher Bodenreform er.) „ 25 . S c h e l l i n au s Frankfurt a . M .: „ D ie Jeitfragen der kauf­ männischen A ngestellten." (Deutsch-nationaler ksandlungsgehilfen- verband.) . „ 26. A dolf S p e c k : „ D ie Leichtathletik, ihre Bedeutung zur Volks­ erziehung." (Verein für Rasenspiele.) „ 26. P rivatdozent v r . L u s t: „ D ie M itarbeit der Frauen auf dem G ebiete der S ä u g lin g s- und Uleinkinderfürsorge." (Soziale Frauenschule des Frauenvereins.) „ 26. v r . R olf R o e n n e k e : „Frank W edekind." (D ffentl. Vortrag.) „ 28. Vr. med. V b e r d ö r f f e r : „ D ie Sexualethik a ls G rundlage der G esundheit und des Fortschritts des Einzelnen und des Volkes." ((öffentlicher V ortrag.) M ärz 2. v r . Franz M ü l l e r au s P o sen : „ D ie Entw icklungslinie der Uunst R udolf ksellwags. ((öffentlicher Vortrag im Aunstverein.) „ 2. U o l b : „ W a s ist G lück?" (E vangel. Arbeiterinnenverein, Gruppe West.) „ 2 . Felddivisionsprediger K a u f m a n n au s L ahr: „Uriegserlebnisse in P alästina und auf dem p e im w eg ." (Verein für Deutschtum im A usland.) „ 2. In g en ieu r Friedrich Dr o e s c h e r : „Eindrücke aus den rumänischen Erdölfeldern." (Verein deutscher In gen ieu re .) „ 4. v r . S ch m eck au s Reybrück (Vberschlesien): „ D ie drohende G efahr von B sten ." ((öffentlicher Vortrag.) „ 4. Professor v r . Arthur D r e w s : „W aru m sind w ir keine Christen?" (Freireligiöse G em einde.) „ 4. „ A u s dem Leben der Hl. E lisabeth ." (Ureuzbündnis, Verein abstinenter K atholiken.) „ 5. A bg. Frau Therese B l a s e au s M an n h eim : „ D ie Tätigkeit der Frau im neuen S ta a te ." ((öffentlicher Vortrag der Frauensektion der Sozialdemokrat. P arte i.) „ s . Albert S e x a u e r : „Deutsche Frömmigkeit." (M ffentl. Vortrag.) „ 6 . G eh . ksofrat Professor v r . bsans B u n t e : „Die Steinkohle und ihre V eredlung." (Verein Volksbildung.) „ 9 . Prediger A . R ü c k e r : „W aru m bin ich ein L hrist?" ((öffent­ licher religiöser V ortrag.) „ 9 . Vberlehrer V tto F r itz : „ E in e interessante Reise nach dem Süden." M it Lichtbildern. (Jugendbildungsverein .) „ 9 . Prediger B u s c h : „K a p ita l und A rbeit." ((öffentlicher religiöser Vortrag.) „ 9 . P farrer A s k a n i von W elschneureut: „ W a s braucht unser V olk? W a s brauche ich?" (Gottesdienstlicher öffentlicher Vortrag.) — ^ — M ärz zo. n. z?. Professor v r . M artin k s e n g l e i n : „G ebirgsbau und Landschaftsbild von B a d en ." N i t Lichtbildern. (Arbeiter­ bildungsverein.) „ zz. G . G ö r l au s N ürnberg: „ D ie Angestellten und die neue Z e it ." (Verein deutscher K aufleute, (Ortsgruppe.) „ ZZ. Rabbiner v r . S in a i S c h i f f e r : „ D ie schriftliche und mündliche Lehre." (Isra e l. Iü n g lin g sv er e in und Mädchengruppe.) „ ( 2. Pfarrer S t e l t z au s N eunstetten: „Sozialdem okratie und C hristentum ." ((Öffentlicher Vortrag,) „ z2 . Direktor v r . Edmund v o n S a l l w ü r k : „D er W eg zum literarischen Expressionism us." ((Öffentlicher Vortrag.) „ Z2 . v r . R olf R o e n n e k e : „ K a rl S tern heim ." (Ö ffen tl. V ortrag.) „ (Z. Schriftsteller D . A m m o n : „ D ie Toten leben fort." («Öffent­ licher Vortrag.) „ (Z. Franz B e i l : „A ltkarlsruher Sxrüchwörter und R edensarten ." (Schwarzwaldverein.) „ (Z. Professor v r . Arthur B o e t h l i n g k : „Shakespeare." (Verein bildender Künstler.) „ (Z. Kreisschulrat v r . L ugen B a u m g a r t n e r au s E m m endingen: „N euaufbau unseres Schulwesens und die Einheitsschule." (Ö ffent- licher Vortrag des kathol. Frauenbundes.) „ z-z. v r . A . von A n t r o p o f f : „ M ein e Erlebnisse a ls Soldat und G efangener im bolschewistischen R u ß lan d ." ((Öffentl. Vortrag für das Deutschtum im A uslan d , Frauengruppe.) „ (5 . Albert S e x a u e r : „ R e lig io n und Leben." («Öffentl. V ortrag.) „ z s . Lehrer M . W . B o r n g r ä b e r au s W iesbaden: „Geschlechtliche Freiheit im Leben des M a n n es." («Öffentl. Vortrag für M änner.) „ z s . A bg. G e n g l e r au s W ürttem berg: „ D ie christl. W eltanschauung und die A rbeiterbew egung." (Lhristl. M etallarbeiter-Verband.) „ z s . Gberpostsekretär N i k l a s : „B odenreform ." (Demokr. Verein Oststadt.) „ Z8. P rof. v r . W ilhelm p a u l c k e : „ M it m einen türkischen G eb irgs­ jägern in K leinasien ." M it Lichtbildern. (A lpenverein.) „ z s . Stadtpfarrer Franz R o h d c : „Niedergang des kirchlichen Liberalis- m us und die Zukunft der evangel. Landeskirche." (volkskirchl. V ereinigung.) „ zs . Adolf S p e c k : „ D ie Leichtathletik und ihre Bedeutung für die V olkserziehung." (Fußballklub.) „ zy. Frau K lara S i e b e r t : „ N eu e Aufgaben der M ädchenerziehung." (K athol. Mädchenjugendvereiu M ittelstadt.) zy. v r . R o lf R o e n n e k e : „G eorg K aiser ." ((Öffentl. Vortrag.) „ 20. Albert S e x a u e r : „Deutsche Zukunft." (Öffentlicher V ortrag.) „ 22. Gustav E r b : „w eltan sch au u n gsfragen ." (Deutscher M etall­ arbeiter-Verband.) — §52 — M ärz 24. Oberrabbiner v r . L e v y au s Straßburg: „ D a s Buch R uth, eine Friedensidylle." (Verein für jüdische Geschichte und Literatur.) „ 25. P . S c h i r r m e i s t e r au s B e r l in : „ w i e heilen w ir die W unden des K rieg es? " («Öffentlicher Vortrag des N aturheilvereins.) , 25. A bg. Gustav S c h n e i d e r au s H eidelberg: „ D ie neuen Aufgaben der G em eindepolitik." (K athol. M ännerverein der Bststadt.) „ 26. Professor v r . K arl H o f m a n n : „Heidelberg, Vaterstadt des geschichtlichen v r . F aust." (Altertum svcrein.) „ 26. Stadtrat Vr. Leo K u l l m a n n : „ K arl M arx ." (Sozialdem o­ kratischer Verein.) „ 26. P farrer B e n d e r von Schatthausen: „ D ie Volkskirchenbewegung und w ir K irchlich-Positiven." (Kirchlich-positive Vereinigung.) „ 26. v r . R o l f R o e n n e k e : „JüngsteD ram atik er." (H ffentl. Vortrag.) „ 27. A bg. Z i e g e l m a i e r : „Staatsverfassung und G em eindew ahlen." (K athol. M ännerverein der Weststadt.) „ 27. Rabbiner v r . U n n a au s M annheim : „Züricher Kongreß der A gudos Isra e l." (A gudos I sr a e l, Mädchengruppe.) „ 28. Franz B e i l : „E rnstes und Heiteres aus A lt-K arlsruhe." M it Lichtbildern. (Gesellschaft Eintracht.) „ 20 . A bg. Heinrich K öhler: „Kirche, Schule und S ta a t ." (Kathol. M ännervein der Oststadt.) „ 2 z. Franz B e i l : „E rnstes und Heiteres a u s A lt-K arlsruhe." M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) April t- Dberlehrer K arl L i s i n g e r : „ w ich tig e Schulfragen." (Deutsch­ demokratischer V erein.) „ t- v r . m eä. H . I . O b e r d o e r f f e r : „ D ie Sexualreforni." «öffent­ licher V ortrag.) v Oberpostsekretär N i k l a s : „Bodenreform und W ohnungsfrage." («Öffentlicher Vortrag.) „ 1. Pfarrsekretär B a u m e i st e r : „A lb an S to lz ." M it Lichtbildern, (verband abstinenter K atholiken.) „ t- , 8 . u . t s . G eh. Hofrat P ro f. v r . von D e c h e l h a e u s e r : „Albrecht Dürer und seine Z e it ." (Verein Volksbildung.) „ 2. Professor v r . mell. W illi H e l l p a c h : „ D a s schwer erziehbare K in d ." (Öffentlicher Vortrag der sozialen Frauenschule.) „ 2. v r . Theodor B u t z : „ D ie bildende Kunst und der neue S ta a t." (Deutsch-demokr. Verein.) „ z . K urt B l u m e n f e l d au s B e r lin : „A n tisem itism u s und seine Ü berw indung." (Zionistische O rtsgruppe.) „ Z. Professor Richard M a s s i n g e r : „ B ild er aus dem A lbtal und dessen U m gebung." M it Lichtbildern. (Schwarzwaldverein.) „ 4. R echtsanw alt Joseph H u g : „B odenreform ." (Deutsch-demokr. V erein.) — (söS — April s . „Kaninchenzucht." M it Lichtbildern. (Klub belgischer R iesen- Züchter.) „ 6 . Stadtpfarrer K r e u z e r aus Freiburg: „Dem okratie, S ozia lism u s Bölkerbuno und A ltkatholizism us." (Altkatholische G em einde.) „ s . Prediger B u s c h : „ J e su W eltregierung." (V ffen tl. Bortrag.) „ 7 . Frau K lara P h i l i p p au s P forzheim : „ D ie kulturellen A u f. gaben der G em einde." (K athol. Frauenbund.) „ 7. Professor Or. F r o m m e ! au s Heidelberg: „D er Parteihader in unserer Kirche u . seine Überw indung." (Landeskirchl. B erein igung.) „ 7. Stadtpfarrer K l e i n aus M annheim : „Streiflichter. N euba» unserer evangel. Landeskirche. (Landeskirchl. B ereinigung.) „ 8 . Or. Richard B e n z : „B olk und K u ltu r ." («Öffentlicher Bortrag.) „ 8 . Stadtschulrat Heinrich D ü r r : „ D ie E inheitsschule." (Deutsch- demokr. P arte i, Gruppe M ittelstadt.) „ 8 . Stadtrat Or. D ie t z : „R eform der badischen Kirchenverfassung." (Bolkskirchl. B ereinigung.) „ y. privatgelehrter E rw in D i e m e r : „ D ie p flege der T iere in Heim stätten." (Tierschutzverein.) „ 9. R echtsanw alt Or. M ax H a m b u r g e r : „ D ie Bedeutung der neuen Steuern für Handel und G ew erbe." (D ffen tl. Bortrag der D etaiUisten-Bereinigung.) „ y . Professor G tto G ä c k l e : „B erdauungsorgane und Ernährung des M enschen." M it Dem onstrationen. (R atnrheilverein .) ( 0 . Pater S i g i s m u n d V .M .L .: „D er K atholizism us und die neue Z e it ." (Dffeutlicher Bortrag.) „ (v . Gberbaurat August S t ü r z e n a c k e r : „ D a s alte und das neue K urhaus B ad en -B ad en ." (M it A usstellung und Anschauungs­ m aterial. Kunstgewerbeverein.) (v ., t l - u . ( 2. Stadtrechtsrat Franz N e u k u m m : „Jugendfürsorge." (Deutsch-dcmokr. P artei.) N - Direktor Or. K arl G t t : „W ege und Z iele der höheren Schulen." (Geschichts- und A ltertum sverein.) „ ( Z . Prediger B u s c h : „Protestantisnrus und G laubensgerechtigkeit." ((Öffentlicher Bortrag.) „ z-t. P r e d ig e r G ie se r au sM a n n h eim : „ E in E v a n g e liu m d erF r e ih e it." (Gffentlicher Bortrag.) , (ö . Missionsvorsteher S ch a e f e r : „ L o s vom G ew issenszw ang." (Gffentlicher Bortrag.) „ ( S . Schauspieler B runo S c h ö n f e l d : „ D a n to n s Tod, D ram a von Georg Büchner." ((Öffentliche R ezitation .) „ z s . Prediger K ü m p e l von Freiburg: „D er F e ls der Kirche." (Gffentlicher Bortrag.) „ ( 6 . August A d e l s b e r g e r von B ad en : „ D ie Bodenreform ." (Hebelloge.) — — A pril 22. G berlandesgerichtsrat Friedrich G u t : „ D ie badische Gemeinde­ verfassung nach neuem R echt."(K athol. M ännerverein S t.S tephan .) „ 2 -̂ . Joseph E r s i n g : „D ie Arbeiten der deutschen N ationalversam m ­ lu n g ." (A athol. M ännerverein der Südstadt.) „ 2H. Gberforstrat J ä g e r : „ D a s w i ld , die J ä ger nnd die J a g d ." (Schw arzwaldverein.) „ 2-̂ . Professor Or. W ilhelm p a u l c k e : „ M ein e Erlebnisse in A sien." (Touristenverein „ D ie N aturfreunde.") „ 22. B e e tz : „ D a s w an d ern und die neue Z e it." (Touristenverein „ D ie N aturfreunde.") „ 27. Prediger B u s c h : „ G ib t es eine H ölle?" ((öffentlicher religiöser portrag.) >, 28. Professor Richard M a s s i n g e r : „B ild er aus den: A lbtal und dessen U m gebung." M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ 28. B r i e s e : „M aschinen-Persicherung." (Verein deutscher In gen ieu re , Bezirksverein K arlsruhe.) >, 20. B au rat J o h a n n S ch r o t h : „Airchenerweiterungen und Denkm als­ pflege." M it Lichtbildern. (Geschichts- und Altertum sverein.) „ 20. Thr. K i r s t e n , M agnetopath: „Schwenk über H eilm agnetism us." (N aturheilverein .) M a i 2 . Or. Richard B e n z : „V olk und K u ltu r ." (G ffen tl. Vortrag.) „ s . F räu l. Käthe A r a u s m a n n : „ S ä u g lin g s -n n d K inderfürsorge." (Deutsch-demokr. P arte i.) „ 7. G eh. Hofrat Professor Or. Ludwig K l e i n : „W esen und N o t­ wendigkeit richtiger D üngung im K leingartenbetrieb." M it Lichtbildern. (G artenbauverein.) „ 7. Professor Or. w . von B l u m e au s T übingen: „Deutschlands E rneuerung." ((Öffentlicher Vortrag.) „ ( ( . B e n N a t h a n au s Jeru sa lem : „ P a lä stin a ." M it Lichtbildern. (Zionistische G rtsgruppe.) „ ( ( . Prediger B u s c h : „ S p ir itism u s , ist er von G o tt? " (Gffentlicher religiöser V ortrag.) M ai I 2 . u . ( 7 . Schauspieler P a u l p a s c h e n : „W irkungsw eise nnd Mißbrauch des M ü w sö r g a n e s ." (Gffentlicher Vortrag.) M ai (H. J u liu s G r a m b u s c h : „ E in Trauerspiel in der T ierw elt." (Tierschutzverein.> „ :>2. Or. K urt K arl E b c r I e i n : „D er S taat und die bildende K unst." ((Öffentlicher Vortrag.) „ (5 . G beringenieur M ar B ö h m : „ D ie Elektrotechnik an der F ront." (Verein deutscher In gen ieu re .) M a i : s . u . 22. Professor Or. W ilhelm P a u l c k e : „ E in J a h r in türkischen D iensten." M it Lichtbildern. (Verein Volksbildung.) M ai Professor I-ic. B r a u n au s Neckargemünd: „Unser G laube und unsere religiöse A usgabe." (Kirchlich-positive V ereinigung.) — H55 — M ai 20. (ökonomierat Or. K arl M ü l l e r : „ S ta d t und Land." (Ö ffent­ licher Vortrag.) „ 2 t . Professor V tto G a c k l e : „ D ie G rundlagen unserer E rnährung." M it chemischen Versuchen. (Vffentlicher Vortrag.) „ 22. A . K i r s c h n e r aus M annheim : „ D ie Ansprüche der K riegs­ w itw en , K riegsw aisen und K riegseltern an die A llgem einheit." ((Öffentlicher Vortrag.) „ 27 . Albert S e x a u e r : „K ultur und lv irtsch aft." (V ffen tl. Vortrag.) „ 27. v r . Eduard S t a d l e r : „ M u ß das deutsche Volks verzw eifeln?" ((öffentlicher Vortrag.) „ 28. Or. A . V a l d e n a i r e : „ U u s dem Leben Friedrich W einbrenners." M it Lichtbildern. (Geschichts- und A ltertum sverein.) „ 29. Prediger R a u l : „ w o sind die T o te n ? " (V ffen tl. religiöser Vortrag.) „ so . Leutnant d. R es. von S c h e r b e n ! n g , Rom pagnieführer in der Schuhtruppe: „ v ie r R riegsjahre unter Lettow-Vorbeck in Deutsch- V stafrika." ((öffentlicher Vortrag.) J u n i Z. A bg. Or. E m il R r a u s au s Freiburg: „B etriebsräte und R äte- system." (Zentralverband der p andlungsgeh ilsen Deutschlands.) „ 2. R arl w e l l e r s h a u s au s B arm en : „ D ie N ationen vor dem Richterstuhl L hristi." ((öffentlicher Vortrag.) „ H. Professor Or. M a y : „ B a u und Lebensweise der Weinbergschnecke." (G artenbauverein.) „ z. Or. Arthur D r e w s : „D er Ideengehalt des P arsifa l." ((öffent­ licher Vortrag.) „ s . M inister bsermann D i e t r i c h : ,',Der Friede." (V ffen tl. Vortrag der Deutsch-demokratischen P arte i.) „ ( 2. Professor E b e r l e : „Fortschritte in der W ärm eausnützung zur Dam pferzeugung." (Verein deutscher In g en ieu re , Bezirksverein.) (q. Fritz M e r k e l : „S tilru d ern ." (K arlsruher Ruderverein.) „ (5 . Prediger B u s c h : „ D ie (Offenbarung J o h a n n es und ihre B e ­ deutung für unsere Z e it ." ((öffentlicher religiöser Vortrag.) „ ( K . Schauspieler Reinhold L ü t j o h a n n au s ksamburg: „ K a in , ein Mysterium au s B y r o n ." ((öffentliche R ezitation .) „ (7 . P a u l B a l z e r e i t au s K ie l: „K rieg , R evolution im Licht der B ib el, ((öffentlicher Vortrag.) „ (8 . L hr. S c h w e n k , M agnetopath: „W irkliche Packungen." M it praktischen Übungen. (N aturheilverein .) „ (8 . Landesw ohnungsrat Or. ksans K a m p f m e y e r : „W oh n u ngsn ot und kseimstättengesetz." («öffentlicher Vortrag.) „ 20. Gustav E r b : „W eltanschauungen." (Touristenverein „ N a tu r- freunde.") „ 25. 8luä. ckem. K ö l m e l : „ D ie Milchstraße, ein Blick in s W elta ll." («öffentlicher Vortrag.) — (so6 — J u n i 27. Professor v r . N e u m a n n , Leiter der (Huickbornzentrale in R otenfels a . M .: „ N eu e Jugend im neuen Deutschland." (Vffent- licher Vortrag.) „ ^ 29. B e r g e r au s B e r lin : „Unsere politische und wirtschaftliche Z ukunft." ((öffentlicher Vortrag der Unabhäng. sozialdemokr. J u gen d .) „ zo . v r . M artin M l p c : „F reie Liebe oder E h e ? " ((öffentlicher Vortrag.) J u li 2 . R echtsanw alt S t r a u s : „S ta a tsfo rm en ." (Volksunterrichtskurse.) „ H. P farrer w e i ß e r a u s Liedolsheim : „Christ oder Sozialist." (Kirchlich-positive V ereinigung.) „ 7 . Stadtpfarrer v . K arl H e s s e l b ach er : „ D ie Zukunft unserer evangelischen Landeskirche und der kirchliche L iberalism us." ((öffentlicher Vortrag der kirchlich-liberalen Vereinigung.) „ 8 . Redakteur v r . H o f h e r r : „Dem okratie in der Geschichte." (F idelitas.) „ 9 . Stuck electr. D i e t s c h e : „R öntgenstrahlen ." M it Lichtbildern und Experim enten. (Akademische Volksunterrichtskurse.) „ 9 . Franz G r o s h o l z au s Freiburg: „ D ie elsässische Tragödie." ((öffentliche R ezitation durch den Verfasser der Dichtung.) „ N . w . S c h u s t e r : „D er Mensch, seine Entwicklung au s dem T ier­ reich." (Touristenverein Naturfreunde.) „ ( 5 . Schriftsteller S i r o n a : „ w a s ist wahr am S p ir itism u s, Hyp- n o tism n s, M agn etism u s usw , ?" ((öffentlicher Vortrag.) „ / ( 6 . A bg. v r . E m il K r a u s au s Freiburg: „Die E in igung der sozialdemokratischest P arte ien ." (Sozialdemokr. Verein.) „ ( 6. Derselbe: „ w a r u m mußte Deutschland so beispiellos leiden? E in Blick hinter die Kulissen einer unsichtbaren W elt." ((öffent­ licher Vortrag.) „ 16. Stuck srcll. K ö l m e l : „M oritz v. Schw ind." (Akademische Volks- Unterrichtskurse.) „ 17. S iegfried H e r m a n n : „ D ie Lösung der Geschlechtsfrage des W eib es ." ((öffentlicher Vortrag für Frauen und Mädchen.) ( 7. L a n g h a n s au s R astatt: „ P a r is ." (Arbeiterjugend.) „ ( 8. Lehramtspraktikant v r . H 0 f h e i n z : „Schule und Erziehungs- fragen ." (Versam m lung der sozialdemokratischen Beam ten und Lehrer.) „ ( 8. v r . Eduard S t a d l e r : „Zusammenbruch oder A u fb a u ?" (Liga zum Schutz der deutschen K ultur.) „ ( 8 . Stadtrat B r a u n : „W oh n u ngsw esen ." (Vrtsverbaud der Beam tenvereine.) „ 19. v r . M artin M l p e : „F reie Liebe oder E h e ?" (D ffen tl. Vortrag.) „ 2 ( . Siegfried H e r m a n n : „ D ie Lösung der Geschlechtsfrage des M a n n es." ((öffentlicher Vortrag für M änner und Jü n glinge .) — ^57 — J u li 22. Siegfried H e r m a n n : „Charakter, B egabung und G esundheit." ((öffentlicher Vortrag.) „ 22. Fräuleiu Stuck. srck. S p r e n g e r : „K arlsruh es Baukunst vor lo o Jah ren ." M it Lichtbildern. (Akadem. Volksunterrichtskurse.) „ 22. G eh. R a t Or. S ch m i t t : „B ü rgerm iliz ." (K athol. M änner verein „ B a d en ia " .) „ 25. Pfarrer W u r t h au s B reiten : „ D ie Aufgaben unserer Kirche und die W ahlen zur G eneralsynode." ((öffentlicher Vortrag.) „ 2y. u. 20. P a u l Z e l l : „V olksaufklärung und Volksgesundheit und ihr E influß auf das Glück der Ehe und Nachkommenschaft." ((Öffentlicher V ortrag) August s . Rechtsanw alt Jakob M a r u m : „ E in ig e K apitel au s dem Gebiete der Strafrechtsreform." (Zentralverband der H andlungs­ gehilfen und -gehilfinnen, (Ortsgruppe.) l» . Rechnungsrat W ilhelm F r i e d e r i c h : „ D a s Neueste in der P olitik ." (Kathol. M ännerverein B eiertheim .) „ l l- R i e s : „M ax K linger u. feineK unst." (Arbeiter-Abstinentenbund.) „ (5. M ü l l e r - B e c k au s B ie tig h e im : „ D ie deutsche R evolution im Spiegel des A uslandes." (Sozialdemokr. Verein.) „ 25. Heinrich H ö h n : „D er neue B auernfang des B au k ap ita ls ." (Arbeiter-Abstinentenbund.) „ 25. Polizeikommissär Peter G r ä h : „D ie P o lize i im modernen S ta a t." (Versam m lung von Polizeibeam ten.) eptember l l - Albert S c h u ltz : „ v o n übersinnlichen D in gen ." M it Experimenten. ((Öffentlicher Vortrag.) „ (2 . Abg. v r . E m il K r a u s au s Frciburg: „Arbeiterrecht und Beam tenrecht." ((öffentlicher Vortrag.) „ (2 . Albert S e x a u e r : „ D a s religiöse Problem der G egen w art." (Verein sozialdemokratischer B eam ten und Lehrer.) „ (7 . Architekt I . S c h n e i d e r : „W oh n u ngsn ot und W oh n u ngsb au ." (K athol. Bürgergesellschast „K on stan tia" .) „ (8 . Albert S c h u ltz : „ G ib t es eine G eisterw elt?" M it D em on­ strationen. («öffentlicher Vortrag.) „ ly . D ip lom -Ingen ieur R oland E i s e n l o h r : „D er statistische Ausbau der F lugzeuge." (Verein deutscher In gen ieu re .) 22. Schauspieler B runo S c h ö n f e l d : „ D a n to n s Tod von Georg Büchner." ((öffentliche R ezitation .) „ 2-p Chefredakteur Theodor M e y e r : „ D ie politische L age." (K athol. M ännerverein der Vststadt.) „ 2-l. u . 28. Frau M issionarin H . W e m m e au s Elberfeld: „ D ie Schicksalsstunde der Völker in biblischer Beleuchtung." (Ö ffent­ licher Vortrag.) „ 25 . Professor v r . Arthur D r e w s : „D er Ideengehalt des p a rsifa l." ((öffentlicher Vortrag.) — HÖ8 — September 25. Professor Dr. I . M . v e r w e y e n au s B o n n : „Redlichkeit a ls K ultursaktor." (V ffen tl.vortrag des M onistenbundes,O rtsgruppe.) „ 26. Hauptlehrer M a y e r au s W ein garten : „Schule und verbrechen." (Versam m lung sozialdemokratischer Lehrer und Beam ten.) „ 29. „U nser schönes Badnerland — unsere k e im st ." M it Licht­ bildern. (Arbeiterbildungsverein.) Oktober 2 . F räu l. Dr. S i q u e t : „ D ie Frau a ls gewerbliche A rbeiterin." (Verein Frauenbildung — Frauenstudium .) „ 2. L . S c h n e i d e r : „Einheim ische V ögel." (Verein von vogel- freunden.) „ s . Frau M issionarin H. w e m m e au s Elberfeld: „ D a s neue Reich der Zukunft." (Öffentlicher Vortrag.) „ 6. u. 20. Professor K arl w id m e r: „H ans T hom a." N i t Licht­ bildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ 2. Redakteur Franz W a h l : „ K om m u n ism u s." (Kreuzbündnis. Verein abstinenter Katholiken.) „ y. Schauspieler B runo S c h ö n f e l d : „Seeschlacht." Drama von Reinhard G oering. (Öffentliche R ezitation.) 9. Bergwerks-Generaldirektor G . H o r s t - L i e b e r : „ M ein e Reise um die Erde m it der Dampfjacht M argarethe." M it Lichtbildern. (Öffentlicher Vortrag.) „ w - In g en ieu r L e i t h ä u s e r : „F reie B a h n des Tüchtigen zur Tech­ nischen H o c h s c h u l e . Der w e g einer vorläufigen Lösung." (Ver­ sam m lung sozialdemokratischer B eam ten und Lehrer.) „ n . M issionarin w e m m e : „ w ie v ie l an der W eltenuhr? Die größte prophetische Zeitrechnung der B ib e l." (G ffentl. Vortrag.) >, l l- ». ?8. Dr. Hermann M einhard P o p p e n : „ D ie großen deutschen Liederkomponisten." (Öffentlicher Vortrag.) „ lZ. P rä la t D . S c h o e l l au s S tu ttgart: „Christentum und S o z ia lis­ m us." (Öffentlicher V ortrag) >, : 5. R echtsanw alt Dr. Leo A u l l m a n n : „ D ie Entwicklung des Rechts seit der R evolution." (Sozialdemokrat. Verein.) „ : 5. O tto W ü r g e s : „ E in e Schwarzwaldwanderung von Karlsruhe au s." M it Lichtbildern. (Badischer Iugendbund, Ortsgruppe.) „ Z5- K a d n e r : „W anderfahrt in H eim at und Fremde." M it Licht­ bildern. (Verein A rbeiter-Jugend.) „ Z6. Hauptlehrer R . G . H a e b l e r : „ D ie Volksschule im Volksstaat." (Frauensektion des sozialdemokrat. Vereins.) „ 1«. F r ä u l .A n n a E t t l in g e r : „Lessing." (G ffentl. Vortrag für Damen.) „ Dr. M ü l l e r : „ w i e entsteht eine topographische Karte und w as sagt sie dem W anderer?" N i t Lichtbildern. (Schwarzwaldverein.) „ ^s. Professor Dr. A. L i e b e r t au s B e r lin : „Unsere Z eit und die Philosophie." (Kantgesellschaft, Ortsgruppe.) " i ^ 9 — Gktober November ( g . u . 2 2 . M is s io n s v o r s t e h e r S c h ä f e r : „ D a s G e r ic h t G o t t e s a n d e n V ö lk e r n d er E r d e ." ( V f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) 2 t - S c h a u s p ie le r B r u n o S c h ö n f e l d : „ S c h e r z , S a t i r e , I r o n i e u n d t ie f e r e B e d e u t u n g ." L u s ts p ie l v o n G r a b b e . ( G f f e n t l . R e z i t a t i o n . ) 2 3 . R e c h t s a n w a l t Or. E d u a r d D i e t z : „ D i e b a d isc h e V e r f a s s u n g ." ( V e r e in A r b e i t e r - I n g e n d . ) 2 3 . B a u in s p e k t o r F r ie d r ic h L a n d w e h r : „ D a s M u r g k r a f t w e r k ." ( S c h w a r z w a ld v e r e in . ) 2 -t. E is e n b a h n s e k r e t ä r G t t o B e e t z : „ W a s v e r s te h t d e r s o z ia l ­ d e m o k r a t isc h e B e a m t e u n t e r e in e r g e w e r k s c h a f t l ic h e n ( O r g a n i s a t i o n f ü r B e a m t e ? " ( (Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g . ) 2 5 . S c h r if t s t e l le r V . G e b h a r d i a u s D a n z i g : „ D i e U r s a c h e n d er K r ie g e u n d R e v o l u t i o n e n u n d d e r e n V e r m e id u n g ." (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g d er th e o s o p h is c h e n G e s e l ls c h a f t . ) 2 7 . G b e r r e a l le h r e r K a r l W i l h e l m M a i e r : „ V o lk s g e s u n d u n g u n d L e i b e s e r z i e h u n g ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) 2 g . R e c h t s a n w a l t O r . M a r c k v o n M a n n h e i m : „ S t a a t s b a n k e r o t t ." ( (Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g d e r D e u ts c h -D e m o k r a t is c h e n P a r t e i . ) 2 g . M is s io n a r in W e m m e : „ D i e n e u e n E n td e c k u n g e n u n d d ie B i b e l . " M i t L ic h tb i ld e r n . ( (Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g f ü r j u n g e H e r r e n u n d D a m e n .) 2 g . D ie s e lb e : „ D ie c h r istlich e G e m e in d e du rch 20 0 0 J a h r e K ir c h e u - g e sc h ic h te ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( Ä f f e n t l . V o r t r a g f ü r j e d e r m a n n .) 3 0 .. P r o fe s s o r Or. F r . B e h n v o n M a i n z : „ D i e M u s ik b e i d e n K u l t u r ­ v ö lk e r n d e s A l t e r t u m s ." (G e s c h ic h t s - u n d A l t e r t u m s v e r e i n . ) zo. G e h . R a t Or. J o s e p h H ä u ß n e r : „ D i e fr a n z ö s isc h e R e v o l u t i o n ." I. ((Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g . ) 3 ( . F r ä u l . E r 0 n i e : „ w a s h a t d ie J u g e n d b e w e g u n g d e r J u g e n d z u s a g e n u n d w i e d ie n t sie d e m v o l k s g a n z e n ? " ( M f f e n t l . V o r t r a g . ) 3 . H a u p t le h r e r M a i e r a u s W e i n g a r t e n : „ v e r b r e c h e n u n d S t r a s r e c h t im n e u e n D e u t s c h la n d ." ( A r b e i t e r - A b s t in e n t e n b u n d .) 3 . „ D a s L e b e n J e s u . " M i t L ic h tb i ld e r n . ( (Ö ffe n t l ic h e r V o r t r a g fü r K in d e r .) 3 . „ D i e Z e ic h e n d er Z e i t . " M i t L ic h tb i ld e r n . (« Ö ffc n tl. V o r t r a g f ü r E r w a c h s e n e .) q . F r a u V o g e l - S i n s ( S c h w e i z ) : „ W i e d ie F r a u ist u n d w i e sie s e in s o l l ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( Z w e i ö f f e n t l ic h e V o r t r ä g e n u r fü r D a m e n . ) 5 . D ie s e lb e : „ M o d e r n e M e n s c h e n d e s 2 0 . J a h r h u n d e r t s ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) s . F . p a l l 1» e r : „ D i e U r sa c h e n d e r K o h l e n n o t ." ( S o z ia ld e m o k r a t . V e r e in , B e z ir k W e s t s ta d t .) — H60 — N o v e m b e r s . E is e n b a h n s e k r e t ä r O t t o B e e t z : „ M e i n e E r le b n is s e in R u m ä n i e n w ä h r e n d d e s W e l t k r i e g s ." ( S o z ia ld e m o k r a t . V e r e in , B e z ir k S ü d ­ w e s ts ta d t .) 5 . O r . m e ä . R u d o l f S p u l e r : U r s p r u n g e in ig e r K u l t u r p f la n z e n u n d G a r t e n g e w ä c h s e ." ( G a r t e n b a u v e r e in . ) 5 . L h e m ik e r L u d w ig ( O d e n w a l d : „ B o d e n r e f o r m ." ( I ü d . I u g e n d - b u n d .) s . u . ( 2 . G e h . R a t v r . H ä u ß n e r : „ D i e fr a n z ö s isc h e R e v o l u t i o n ." II., III. ( (Ö ffe n t l ic h e V o r t r ä g e . ) 7 . R e d a k te u r W e i ß m a n n : „ S o z i a l i s m u s u n d s o z ia l is t is c h e P r e s s e ." ( S o z ia l is t i s c h e G e i s t e s a r b e i t e r . ) 8 . v r . H e r m a n n P o p p e n : „ D i e g r o ß e n d e u tsc h e n L ie d e r k o m ­ p o n i s t e n ." ((Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g . ) y . F r a u K l a r a S i e b e r t : „ D i e F r a u u n d d ie d eu tsch e R e ic h s v e r ­ f a s s u n g ." ( V e r e in f ü r k a th o lis c h e G e s c h ä f t s g e h i l f in n e n u n d B e a m t i n n e n . ) y . u . 12 . M i s s io n a r in W e m m e : „ D i e d r e i E n g e l s b o t s c h a f t e n , e in e g r o ß e R e f o r m a t i o n s b e w e g u n g ." ((Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g .) ( 0 . H a u p t le h r e r P a u l R e i c h : „ D i e E in h e i t s s c h u le ." (A r b e it e r ­ b i l d u n g s v e r e in . ) ( 0 . E r w i n D i e i n e r : „ S e e l e n l e b e n d e r T i e r e ." (T ie r s c h u tz v e r e in .) ( 0 . S t a d t p f a r r e r A u g u s t S t u m p f : „ W a g n e r s W e l t a n s c h a u u n g im P a r s i f a l . " ( ( O r t s g r u p p e k a th o lis c h e r A k a d e m ik e r .) ( 2 . F r ä u l e i n v r . M a r i e B a u m : „ M u t t e r s c h a f t s - u n d S ä u g l i n g s ­ f ü r s o r g e ." ( (Ö ffe n t l ic h e r V o r t r a g . ) t- t . R e c h t s a n w a l t v r . L eo K u l l m a n n : „ G e s c h ic h te d e s S o z i a l i s ­ m u s . " ( (Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g . ) ( 7 . R e c h t s a n w a l t v r . K a h n : „ S k i - u n d H o c h to u r e n im (Ö tzta l u n d T o t t e n g e b i e t ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( A lp e n v e r e in . ) ( 7 . K a p e l lm e is t e r A u g u s t R i c h a r d a u s H e i lb r o n n : „ R ic h a r d W a g n e r s D ic h t u n g W i e l a n d d e r S c h m ie d ." ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) ( 8 . C h e fr e d a k te u r v r . O t t o P f e f f e r a u s H e id e lb e r g : „ D a s B e ­ t r ie b s r ä t e g e s e t z ." ( O f f e n t l . V o r t r a g d e s d e u tsc h -d em o k r . V e r e in s . ) 2 0 . S t a d t p f a r r e r A u g u s t S t u m p f : „ W a g n e r s W e l t a n s c h a u u n g im p a r s i f a l . " ( Z w e i g v e r e i n d e s k a t h o l . F r a u e n b u n d s . ) 2 0 . R e c h t s a n w a l t v r . E d u a r d D i e t z : „ D i e b a d isc h e u n d d ie R e ic h s ­ v e r f a s s u n g ." ( V e r e in A r b e i t e r - J u g e n d . ) 2 0 . P r o fe s s o r R ic h a r d M a s s i n g e r : „ v o m E n z t a l in d a s N e c k a r t a l ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( S c h w a r z w a ld v e r e in . ) 2 2 . G e h . H o f r a t P r o f . v r . H e in r ic h F i n k e a u s F r e i b u r g : „ D i e W u r z e l n d e r m o d e r n e n K u l t u r a u s M i t t e l a l t e r u n d R e n a is s a n c e ." ( (Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g d e s V e r b a n d s k a t h o l . A k a d e m ik e r .) 2 2 . u . 2 6 . M i s s io n a r in W e m m e : „ D i e A u s e r w ä h l t e n G o t t e s . " ( (Ö ffe n t lic h e r V o r t r a g . ) — 46s — N o v e m b e r 2 3 . P r o f . v r . W e i s e r a u s N o r d a m e r i k a : „ D a s A u s la n d s d e u t s c h t u m u n d u n s e r e n a t i o n a l e Z u k u n f t ." ( G f f e n t l . D o r t r a g d e s V e r e in s f ü r D e u ts c h tu m im A u s l a n d , M ä n n e r g r u p p e . ) „ 2 3 . M in is t e r ia ld ir e k t o r v r . R u d o l f F u c h s : „ D i e W o h n u n g s f r a g e ." M a t h o l . M ä n n e r v e r e in „ B a d e n i a " in M ü h lb u r g . ) „ 2 3 . F r a u S c h l a g a u s L h e m n i t z : „ D i e F r a u u n d d er K o m m u n i s ­ m u s . " ( G f f e n t l . V o r t r a g . ) „ 2 H. P r o f . v r . p r o b s t : „ D i e A u s n ü t z u n g d e r m e n s c h lic h e n A r b e i t s ­ k r a ft u n d d a s T a y l o r - S y s t e m ." ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) „ 2 K. F r a u L l l y H e u ß - K n a p p a u s B e r l i n : „ D e r G e is t d e r S e lb s t ­ v e r w a l t u n g ." (« Ö ffe n tlic h e r V o r t r a g d e r d e u tsc h -d e m o k r a tis c h e n P a r t e i . ) „ 2 ö . R e c h t s a n w a l t v r . J u l i u s G u t m a n n : „ B e e t h o v e n . " (J ü d is c h e r I u g e n d b u n d . ) „ 2 7 . H a n s P r u l l : „ D a s G e n o s s e n s c h a f t s w e s e n i n D e u t s c h la n d ." (S o z ia ld e m o k r a t is c h e r V e r e in d e r B s t s t a d t .) ., 2 7 . P r o fe s s o r K a r l w i d m e r : „ H e b e l u n d K a r l s r u h e ." (G e s c h ic h ts - u n d A l t e r t u m s v e r e in . ) „ 2 7 . H a n s P e t e r , P r o p a g a n d i s t : „ D i e R e k la m e u n d ih r e B e ­ d e u t u n g f ü r H a n d e l , G e w e r b e u n d I n d u s t r i e . " (« Ö ffe n tlic h e r V o r t r a g d er p r iv a t h a n d e l s s c h u le „ M e r k u r " . ) „ 3 0 . „ D i e B e d e u t u n g d er F a m i l i e im S t a a t e . " ( K a t h o l . A r b e i t e r ­ v e r e in d er W e s t s ta d t .) „ 3 0 . M is s io n a r in w e m m e : „ w o s in d u n s e r e T o t e n ? " (« Ö ffe n tlich er V o r t r a g . ) D e z e m b e r «. G e n e r a ls e k r e tä r D i e t z k e a u s B e r l i n : „ D i e P r iv a t w i r t s c h a f t im W o h n u n g s w e s e n u n d d er H e im s t ä t t e u e n t w u r f ." ( G r u n d - u n d H a u s b e s i t z e r v e r e in .) „ «. P f a r r e r F r . S t o b e r a u s I s p r i n g e n : „ I m G e is t e s k a m p f der G e g e n w a r t . " ( A r b e i t e r b i ld u n g s v e r e in . ) ., « . D a v i s T r i e t s c h a u s B e r l i n : „ D e r A u f b a u d e s jü d is c h e n P a l ä s t i n a . " M i t L ic h tb i ld e r n . ( G f f e n t l . V o r t r a g d er Z io n is t is c h e n O r t s g r u p p e . ) ., 2 . B e r u f s f ü r s o r g e r G e r d o n a u s F r e i b u r g : „ L i n e B e w e g u n g a u s d r e ifa c h e r L ie b e ." ( V e r e in a b s t in e n te r K a t h o l ik e n . ) ., 2 . M is s io n a r in w e i n i n e : „ w o s in d u n s e r e T o t e n ? " ( G f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ 3 . S c h a u s p ie le r B r u n o S c h ö n f e l d : „ D i e W a n d lu n g ^ d a s R i n g e n e i n e s M e n s c h e n , v o n L . T o l l e r . ^ (« Ö ffe n tlic h e R e z i t a t i o n . ) „ 3 . F r a u L i n m a K r o m e r a u s M a n n h e i m : „ U b e r H a u s a n g e ­ s t e l l t e n f r a g e n , D ie n s t v e r t r ä g e u n d L o h n t a r i f e ." ( K a r l s r u h e r H a u s f r a u e n b u n d .) „ 3 . E r ic h Z i m m e r m a n n : „ F r e i m a u r e r e i u n d K ir c h e i n ih r e n B e ­ z i e h u n g e n z u r S t a a t s f o r m . " M a t h . M ä n n e r v e r e in d er W e s t s ta d t .) — H62 — D e z e m b e r 3 . P r o fe s s o r R ic h a r d M a s s i n g e r : „ L i n e W a n d e r u n g v o m E n z - z u m N e c k a r t a l ," M i t L ic h tb i ld e r n . ( G a r t e n b a u v e r e in . ) ., 3 . T i e r a r z t I , R a u c h : „ H a u t k r a n k h e it e n d er H u n d e ." (V e r e in fü r d e u tsc h e S c h ä f e r h u n d e , O r t s g r u p p e . ) „ 4 . G e h . R a t O r . J o s e p h H ä u ß n e r : „ F r a n z ö s isc h e R e v o lu t io n ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ H. L h r . M ü n c h : „ D e u ts c h e L a n d s c h a f te n ." M i t L ic h tb ild e r n . ( S c h w a r z w a l d v e r e i n ) „ 4 . V r . iu Z , G . M ü l l e r : „ D i e K a r t e n u n d d a s W a n d e r n ." M i t L ic h tb i ld e r n . ( V e r e in „ N a t u r f r e u n d e " . ) „ 4 . M ü l l e r - B e c k v o n B i e t i g h e i m : „ S ü d a m e r ik a « . E r i n n e r u n g e n ." ( V e r e in A r b e i t e r - J u g e n d . ) „ 4 ,, 8 . u . t l - E e h . H o f r a t P r o f . O r . v o n Z w i e d i n e c k - S ü d e n - h 0 r s t : „ G r u n d le g e n d e B e g r i f f e d e r V o lk s w ir t s c h a f t , a u s g e w ä h l t m it R ü ck sich t a u f d ie G e g e n w a r t s - I n t e r e s s e n ." ( D f f e n t l . V o r tr ä g e d e s V o l k s b i l d u n g s v e r e i n s . ) „ s . G e h . O b e r r e g i e r u n g s r a t R o s e : „ J u g e n d u n d V a t e r la n d s id e e ." ( M ä n n e r t u r n v e r e in . ) „ 7 . u . O . M i s s i o n a r i n W e m m e : „ W i e g e s c h ie h t d ie A u f e r s t e h u n g ? " ( Ö f f e n t l i c h e V o r t r ä g e , ) „ y . O r , m e l l . B e r n h a r d A r n s p e r g e r : „ G e sc h le c h t lic h e E r k r a n k u n g e n ." ( D e u t s c h - n a t io n a le r H a n d lu n g s g e h i l f e n - V o r b a n d , O r t s g r u p p e , ) „ t » - K a p l a n D u m m : „ E i g e n t u m u n d L h r is t e n t u m ." ( K a t h o lis c h e r M ä n n e r v e r e i n d e r G s ts ta d t .) „ t o - A b g . D r . E m i l K r a u s : „ D e u t s c h la n d u n d d e r V ö lk e r b u n d ." ( D f f e n t l . V o r t r a g d e r d e u tsc h e n F r ie d e n s g e s e l l s c h a f t , O r t s g r u p p e . ) , p . H a u p t le h r e r M e y e r a u s W e i n g a r t e n : „ S t r a f r e c h t n n d v e r ­ b r e c h e n ." (S o z ia ld e m o k r a t is c h e P a r t e i , F r a u e n s e k t io n .) „ t l - H a u p t m a n n D e t z n e r : „ v o n F e b r u a r t g t H b i s z u m e u r o p ä is c h e n W a f f e n s t i l l s t a n d u n t e r d e u tsc h e r F l a g g e i m I n n e r n v o n N e u ­ g u i n e a ." (D e u ts c h e K o lo n ia lg e s e l l s c h a f t , A b t e i l u n g K a r l s r u h e . ) „ 11 . O r . m e l l . K a h n : „ D i e T u b e r k u lo s e ." ( V e r e in A r b e i t e r - J u g e n d . ) „ t l - P f a r r e r H . H e i ß l e r a u s T ü b i n g e n : „ v o m N e u a u f b a u D e u t s c h la n d s a u s d e m G e is t ." ( ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) t 2 . D e r s e l b e : „ L h r i s t e n t u m u n d A n t h r o p o s o p h ie ." ( D f f e n t l . V o r t r a g . ) „ D e r s e lb e : „ D a s W e s e n d e s M e n s c h e n im L ic h te d er a n t h r o ­ p o s o p h is c h e n G e is t e s w is s e n s c h a f t ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ ^4 . D e r s e lb e : „ W ie d e r v e r k ö r p e r u n g d e s m e n s c h lic h e n G e is t e s u n d S c h ic k s a l ." ( Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ 12 . S c h r i f t l e i t e r F r a n z M o h r : „ A b e r - u n d G e s p e n s t e r g la u b e ." ( D e u t s c h - n a t io n a le V o lk s p a r t e i . ) „ G a u l e i t e r G e n g l e r a u s S t u t t g a r t : „ D i e ch ristlich e A r b e ite r s c h a f t i n G e g e n w a r t u n d Z u k u n f t ." ( C h r is t l i c h - n a t io n a le A r b e it e r ­ v e r s a m m lu n g e n , S t a d t t e i l D a x la n d e n .) — ((63 — „ P r o fe s s o r Or. E h r . F . W e i s e r : „ D a s A u s la n d s d e u t s c h t u m u u d u n s e r e n a t i o n a l e Z u k u n f t ." ( V e r e in f ü r d a s D e u t s c h tu m im A u s l a n d . ) „ i q . u . 1 7 . lN i s s io n a r i n t v e m m e : „ w a s ist d ie g e g e n w ä r t ig e W a h r h e i t ? D i e 7 P e r io d e n d e r W e ltg e s c h ic h te ." ( ( ö f f e n t l i c h e V o r t r ä g e . ) „ l 5 - R e g i e r n n g s r a t W a l t e r B u c e r i u s : „ E i n r i c h t u n g e in e r te c h n o ­ lo g is c h e n S a m m l u n g b e im L a n d e s g e w e r b e a m t i n K a r l s r u h e ." ( V e r e in d e u tsc h e r I n g e n i e u r e , B e z i r k s v e r e in K a r l s r u h e . ) , 1 7 . P r o f . O r . W i l h e l m P a u l c k e : „ S k i l a u f u n d A l p i n i s m u s . " (A k a d e m isc h e r A u s s c h u ß f ü r L e i b e s ü b u n g e n .) „ 1 7 . P r o fe s s o r A d o l f K i s t n e r : „ L u f t f a h r t e n i n A l t - K a r l s r u h e ." M t D e m o n s t r a t io n e n u n d L ic h tb i ld e r n . (G e s c h ic h t s - u n d A l t e r ­ t u m s v e r e in . ) „ 1 7 . R e c h t s a n w a l t Or. E d u a r d D i e t z : „ S o z i a l i s m u s u n d K ir c h e ." (V o lk s k ir c h e n b u n d K a r l s r u h e . ) „ 18 . D i p l o m - I n g e n i e u r O r . G . M ü l l e r : „ w i e lie s t m a n e in e to p o g r a p h is c h e K a r t e ? " ( V e r e in A r b e i t e r - J u g e n d . ) ., l y . R e b s t e i n : „ D e r w e g z u r d e u tsc h e n Z u k u n f t ." ( v e r b a n d der w e ib l ic h e n H a n d e l s - u u d B ü r o a n g e s t e l l t e u . ) „ 2 1 - M s s i o u a r i n w e m m e : „ D i e E l ia s b o t s c h a s t im a l t e n u n d n e u e n B u n d e ." ( ( ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g . ) „ 2 1 - P o s t b e a m t in A n d e r s : „ F r a u u n d S o z i a l i s m u s . " ( S o z i a l ­ d e m o k r a t isc h e G e i s t e s a r b e i t e r . ) „ 2 y . S c h a u s p ie le r B r u n o S c h ö n f e l d : „ J a k o b s T r a u m " v o n R ic h a r d B e e r - H o f m a n n . ( R e z i t a t i o n im V e r e in f ü r jü d is c h e G e sc h ich te u u d L i t e r a t u r .) Außerdem fanden hier im Berichtsjahre folgende, oben nicht mitgezählte V o r t r ä g e statt: (. I m K o n s e r v a t o r i u m für Atusik fetzten Stadtpfarrer O. Hesselbacher und Hofrat Ordenstein ihre im Oktober (9 (8 begonnenen Vorträge fort; der erftere sprach über die neuere deutsche Literatur von Grabbe bis Hebbel, der letztere über Richard Wagner und seine Nachfolger. 2. I m Frühjahr (9(9 wurden in der Technischen Hochschule folgende H a n d e l s - H o c h s c h u l k u r s e abgehalten: Über den Handelskauf nach deutschem Handelsrecht sprach Oberlandes­ gerichtsrat Rlainhard, über allgemeine Staatslehre Ncinisterialrat — — Or. Ritter, über das gesellschaftliche System der menschlichen Wirtschaft, dann über soziale Aämpfe und soziale Ideen Professor Or. von Awiedineck-Südenhorst, über Sondergebiete der Waren- herstellung Professor Or. L . Arnold und Professor G . Lindner, über Russische Geschichte Geheimrat Direktor I)r. Häußner. Die Besuchsgebühren betrugen für sämtliche Aurse für Angestellte s2 RA., für Nichtkaufleute 20 RA. 3 . Für die V o lk s - H o ch sch u lk u r s e im Frühjahr sfls fl an der Technischen Hochschule waren folgende Thematen angegeben: Aus Aultur und Gesellschaft: „Die menschlichen Sinnesorgane nach B au und Leistung" (mit Versuchen). „Die Wohnung der Seele." „Die Grundlagen der deutschen Bildung." „Grundfragen der Religionsphilosophie." „Erziehungsfragen der Neuzeit." „Die Aultur im RAttelalter." „Die große französische Revolution." „Beobachtungen über die politischen und gesellschaftlichen Zustände in England." „Schillers Iugenddramen." „Aus deutscher Volks­ kunde (Familiennamen, Volkssprache, Volkslied)." „Die Baustile von der ältesten bis zur neuesten Zeit" (mit Lichtbildern). Aus Wirtschaft und Technik: „Verkehrs- und Transportwesen." „Preis­ bildung und Lohnfragen." „Aus der Geschichte der Genossenschafts­ bewegung." „Die Gewerkschaften." „Gesundheitspflege im Beruf." „Nahrungs- und Genußmittel." „Die neuesten Forschungen über Radium und das Wesen der M aterie." „Die Grundgesetze der Mechanik und ihre Anwendung zum gewöhnlichen Leben und zur Technik." „Neuere Bautechnik." Die Hörgebühr betrug für jede Vortragsreihe 3 RA. ch I n der Privathandelsschule M e r k u r hielt Hans Peter mehrere Vortragsreihen über theoretische und praktische Reklame." 2. Werke K arlsruher Schriftsteller. W ir teilen hier die im Berichtsjahr von in A a r l s r u h e l e b e n d e n V e r f a s s e r n herrührenden l i t e r a r i s c h e n E r ­ s c h e i n u n g e n mit, soweit uns solche bekannt sind: D ie tz , Dr., E duard, R echtsanw alt. E n tw u rf einer Badischen Verfassung. G e i g e r , Albert (f) . M utter. R om an. ^66 G l ö c k n e r , K a r l , P r ä s id e n t d e s V e r w a l t u n g s g e r i c h t s h o f e s , W e i l l , O e ., F r ie d r ic h , R e c h t s a n w a l t , Z e h n t e r , O i . , J o h a n n , D b e r la n d e s g e r i c h t s - p r ä s id e n t . E n t w u r f e in e r V e r f a s s u n g s u r k u n d e f ü r d e n f r e i e n V o lk s s t a a t P r o b l e m d er E n t w ic k lu n g d ic h ter isc h e r A u s d r u c k s f o r m e n . M a d l i n g e r , F e r d in a n d (P r o f e s s o r R u d o l f W i l h e l m ) . S t e in a c h e r L e u t . K le in s ta d tg e s c h ic h te n . R i t t e r , O e ., E r w i n , M i n i s t e r i a l r a t . A u f d e m W e g e z u m V o lk s s t a a t . R ö d e r , A d a m , R e d a k te u r . K o n s e r v a t iv e Z u k u n f t s p o l i t ik . R ö d e r , A d a m , R e d a k te u r . D i e Z u k u n f t d e s b a d isc h e n L a n d e s t h e a t e r s . S e x a u e r , A lb e r t . G o t t w i r d ! 7 p r e d i g t e n . —— Z e h n t e r , O r .. J o h a n n . D i e B a d is c h e V e r f a s s u n g . S a m m l u n g d e u tsc h e r G e se tz e H2. B a d e n . G r o I m a n , v o n . H ö ld e r l in s H y p e r io n . S t i lk r i t i s c h e S t u d i e n z u m Zo — H66 — Beilage I. Schülerzahl K arlsruher Schulen. Schuljahr I. Städtische Schule». 1917/18 H 1918/19 H 1. G oetheschu le ................................................................ 680 816 2. H um bold tschu le .......................................................... -181") 496 z. D b e r re a ls c h u le .......................................................... 560 656 b) R ealschule ...................................................................... 458 H 518 H 5. kessingschule................................................................ 675 °) 697 °) 6 . F ic h te sc h u le ................................................................ 837 °) 908«) 7. G e w e rb e sc h u le .......................................................... 1560 H 2575 8. Dem Rektorat unterstellte Schulen: ») E rw eiterte K nabenschule ................................... 6 076 5 826 >0 E rw eiterte M ä d c h e n sc h u le .............................. 6 803 6 578 r) Hilfsschule fü r K n a b e n .................................. 136 144 ä, Hilfsschule fü r M ä d c h e n ................................... 132 142 e) Knabenvorschule.................................................... 1 004 1009 s) B ü rg e rsch u le .......................................................... 792 813 g, Töchterschule.......................................................... 1 731 °) 1 814 °) b) K nabenfortbildungsschule................................ 743 705 i) M äd ch en fo rtb ild u n g ssch u le ............................. 697 676 Ic) Sophienschule........................................................... 128 116 Zusam m en L— Ic . . 18 242 17 823 D Die Z a h le n beziehen sich, w en n nichts a n d e res beiNerkl ist, a u f den S ta n d a m Schlüsse des S ch u ljah res . 2) S ta n d a m 1s6. J u n i 1918, bezw. 25. J u n i 1919- v) S ta n d a m Z. J u l i 1918, bezw. Z. J u l i M H . 4) S ta n d a m Z. J u n i 1918, bezw. 1. J u n i 1919. 6) S ta n d a m Z. J u l i 1918, bezw. 25. J u n i 1919. U n ter der oben angegebenen Z a h l befanden sich 1917/18 1H1 und 1918/19 1H? S chülerinnen des M ädchengym nafium s. 6) S ta n d a m K. J u l i 1918, bezw. Z. J u l i 1919- ?) S ta n d a m Z. Dezem ber 1917 bezw. Z. D ezem ber 1918. «) D av o n besuchten die Selekta 1917/18 52 und 1918/19 66. — ^67 — Schuljahr II. Staatliche Schulen. 1917/18 1918/19 y. Akademie der bildende» Künste . . 20 64 lO. B a u g e w e r k e sc h u le ................................................. 61 61 U - G y m n a s iu m ............................................................. . . 483 582 l2. K unstgew erbeschnle........................................... . . 120 144 l3 . Lehrerseminar I ....................................................... 74 231 Lehrerseminar I I ................................................. . . 52 217 iS. Ubuugsschule des Lehrerseminars I . . .. . 128 124 ,6 . Übungsschule des Lehrersemiuars I I . . . 163 161 l? . L e h r e r ln n e u s e m iu a r ........................................... 91 86 III. S c h u le n d e s B a d is c h e n F r a u e n v e r e in s . t 8. Fraueuarbeitsschule >»!t V bersem inar für Lsaud- a r b e its le h r e r iu n e u ........................................................ 170 159 ld- Lsaushaltungsschule des Friedrichsstiftes . . 23 21 20. ksaushaltungsschule (Lserren-Straße 29) . . 66 66 2 t- Hochschule (kferrenstraße 3y ) ............................... 104 114 22. Kochschule im L u i s e n h a u s ......................... — ') 26 22. Kochschule der M ä d c h e n fü r so r g e ............... 17 24 24. Uutersemiuar für ksaudarbeitslehreriunen . . 76 77 25. Sem inar zur A usbildung von ksaushaltungs- l e h r e r in n e n ........................................................... 48 55 26. Kunststickereischule: a) 2 jähriger K u r s ................................... 15 29 b) z monatlicher K u r s ............................... 9 27 27. Sozia le F r a u e n sc h n le 32 43 28. Fröbelsem inar: a) K in d erp fleger in n eu ............................. 26 40 d) K in d e r g ä r tn e r in n e n ....................... 54 64 c) Iu g e n d le it e r in n e n ............................. — 32 2y. K iu d erx fleg er in u en -Iu stitu t 4 4 30. S ä u g lin g s- und Kleiukinderpflegeriiinenschule 32 27 I V . P r iv a ts c h u le n . 2 l- Konservatorium für Musik . . . . 32. Muuz'sches Konservatorium . . . 33. M a le r iu u e u sc h u le ..................................... 34. Pädagogin», (Schmidt und W iehl) 35. v iktoriaschule................................................. 26. v ik to r ia p e u s io u a t ........................... . Handelsschule in Airchheim-Teck angeg liedert, b) S ta n d vom ls. F eb ru ar 30* . 1040 — . 1010 1200 18 9 110 84 274 2 7 1 -) 62 62 — §68 — V. Übersicht über den Besuch der Technischen Hochschule im Studienjahr ly l 8/ ly. W intersem ester X9 l 8 /1 9 13. J a n u a r 1919 S o m m er,°» > est°r,> M Or- dentl. A ußer ordentl. in, ganze» V r. dentl. S tudie ordentl S tu d ie ­ rende ganzen A llgem eine A b te ilu n g ............................... 60 60 39 2 41 Abteilung für Architektur . . . . 120 27 147 116 17 133 Abteilung für In g e n ie u r w e se n . . . 263 13 276 192 11 203 Abteilung für M aschinenw esen . . . 379 51 430 283 22 305 A bteilung für Elektrotechnik . . . 125 16 141 138 9 147 Abteilung für Lh e mi e . . . . . . 192 7 199 209 11 220 Abteilung für Forstwesen . . . . 34 — 34 20 1 21 1173 114 1287 997 73 1070 G ä s t e .................................................. — — 205 — — 131 D avon w aren beurlaubt, w eil im Felde s t e h e n d ................................................. 560 68 1492 628 1201 M ithin haben an den Vorlesungen teil- g e u o m n ic n ........................................... 613 46 864 — — — 659 S tud ie­ rende und 205 Gäste I m Wintersemester befanden sich unter den immatrikulierten Studierenden 22 Damen und zwar 6 in der Allgemeinen Abteilung, l§ in der Abteilung für Architektur und s2 in der Abteilung für Themie; im Sommersemester waren es s8 Damen und zwar 5 in der Allgemeinen Abteilung, 3 in der Abteilung für Architektur und sO in der Abteilung für Themie. Unter den 2 0 5 Gästen des Wintersemesters befanden sich s20 Damen und unter den s 3 s Gästen des Sommersemesters 5 7 Damen. Don den s 2 8 7 immatrikulierten Studierenden des w inters waren 6 8 0 Badener, 5 5 8 aus anderen deutschen Staaten und § y Ausländer; im Sommer waren es 6 6 5 Badener, 3 6 § aus anderen deutschen Staaten und § l Ausländer. — ^69 — Berlage il. Statistik der Bevölkermrgsvorgänge 1919. ä E s starben in den einzelnen M onate , *) T o d e s u r s a c h e n Z- Z 'S -D »- m S Z « i Angeborene Lebensschwäche 6 8 8 5 10 3 8 19 7 8 19 11 112 2 A ltersschw äche........................ 9 9 11 11 6 4 3 11 5 9 17 11 106 3 4 R in d b e ttf ie b e r ........................ Andere Folgen der Geburt 1 — 2 1 2 3 9 und Schwangerschaft . . — — 2 — — — — — — 1 3 1 7 5 Scharlach..................................... — — — 1 — — — — — — — 1 2 6 M asern und R öteln . . . — — 2 — — — 1 — — — — — 3 7 Diphtherie und Rrupp . . 4 1 4 — 1 — — 2 2 2 4 — 20 8 9 K euchhusten............................... Typhus (ausschließlich P a r a ­ 1 1 1 2 1 6 typhus) ............................... — 1 1 — — 1 — 1 — — 1 1 6 10 Akuter G elenkrheum atism us — — — — — —- 1 — — — — — 1 11 Übertragbare Tierkrankheit. 12 R o s e ........................................... 1 — 1 — — — 1 — 1 — 1 — 5 13 Starrkram pf............................... — - — — — — — — 1 — 2 — 3 14 B lu tv e r g iftu n g ......................... — 1 2 1 2 — 1 2 1 3 5 6 24 15 16 Tuberkulose der Lunge . . Tuberkulose anderer (Organe 29 31 24 30 26 21 24 25 21 9 21 19 280 17 (auch Skrofulöse) . . . Akute allgem. M iliartnber- 3 4 3 8 6 6 11 4 3 5 6 3 62 k n lo s e ..................................... 2 3 1 2 — — — 2 — 1 3 3 17 18 Lungenentzündung . . . 20 17 15 21 17 6 9 5 5 9 17 12 153 19 Influenza, spanische Grippe 22 14 8 4 5 1 — 1 1 3 1 1 61 20 21 venerische Krankheiten . Andere übertragbare Krank­ 2 1 1 1 1 1 7 22 heiten .................................... Zuckerkrankheit (ausschließ­ 1 1 1 2 2 16 15 1 39 lich Diabetes insipiüus) 1 1 — 1 l — — 1 2 1 1 2 11 23 24 A lk o h o l is m u s ........................ Entzündungen und Katarrhe des Kehlkopfes, der Luft- 1 1 1 3 25 röhre und der Bronchien Sonstige Krankheiten der 10 4 3 4 6 3 1 1 2 6 8 3 51 A tm ungsorgaue . . . 3 7 6 5 3 1 2 3 1 4 3 1 39 26 27 (Organische Herzleiden . . Herzschlag, Herzlähmung (ohne nähere A ngabe des 8 7 7 8 5 5 8 7 2 9 11 12 89 G rundleidens) . . . . 5 4 7 3 4 5 7 5 6 11 6 8 71 ö L E s starben in den einzelnen M onaten *) T o d e s u r s a c h e n S r-o F eb ru ar A pr il Z 'S rÖ A ug us t (O kt ob er Q Z u ­ sa m m en 28 Arterienverkalkung . . . 3 5 2 4 1 2 3 1 4 6 3 34 29 Sonstige Herz- und B lu t­ gefäßkrankheiten . . . 4 4 6 3 1 4 1 2 2 2 4 33 30 G e h ir n s c h la g ......................... 9 8 12 8 5 8 6 6 5 4 14 8 93 31 Geisteskrankheit . . . . — 1 — — — — — 1 — — 1 — 3 32 Krämpfe (ausschließlich Iah n k räm p fe usw.) . . 3 2 1 3 3 1 2 2 5 3 1 6 32 33 Sonstige Krankheiten des Nervensystem s . . . . 1 4 5 3 5 4 4 4 3 3 6 3 45 34 Atrophie der Kinder . . . — 1 — — — 1 — 3 4 4 3 — 16 35 B r ech d u r ch fa ll......................... 1 3 1 — — 5 36 M agen- und Oarmkatarrh. Durchs., Lkolor» uostras 4 2 3 5 6 2 1 7 13 6 49 37 Blinddarm entzündung . . 1 2 2 — — 2 1 1 6 3 — 2 20 38 Krankheiten der Leber und G a l le n b la s e ......................... 2 3 4 2 7 4 2 2 2 1 29 39 Sonstige Krankheiten der V erd au u n gsorgan e. . . 6 7 4 4 5 8 7 3 6 4 2 6 62 40 N ierenentzündung. . . . 3 5 4 2 3 4 5 5 5 2 3 5 46 41 Sonstige Krankheiten der H arn- u. Geschlechtsorg. 3 1 1 2 3 1 2 1 1 2 1 18 42 K r e b s ............................................ 16 13 11 17 16 14 13 13 16 10 14 7 160 43 Sonstige N eubildungen . . 2 1 — 2 2 — — 4 1 1 4 3 20 44 Krankheiten der äußeren B edeck un gen ......................... 1 1 2 1 3 1 9 45 Krankheiten d erB ew egu n gs- organe ..................................... 1 1 3 2 2 1 1 2 13 46 S e lb s t m o r d ............................... 3 1 3 1 2 2 3 4 2 4 1 1 27 47 M ord und Totschlag, sowie H in r ic h tu n g ......................... 1 2 1 1 3 3 1 12 48 Verunglückung und andere gew altsam e Einw irkungen 5 6 6 3 7 4 4 6 4 1 4 3 53 49 Andere benannte Todesurs. — 2 — — 2 2 1 2 2 5 — 2 18 50 Todesursache nicht angegeben 1 1 Z usam m en: Gestorbene aus» schließ!, der Totgeborenen 192 182 175 174 159 120 140 166 161 159 200 157 1985 darunter gestorben im Alter bis unter i J a h r . . . 23 19 17 16 24 9 13 36 36 29 29 21 272 Lebendgeborene . . . . 176 174 182 154 149 179 173 268 316 331 340 301 2743 T otgeb oren e............................... 5 3 1 9 5 7 8 6 6 12 9 9 80 Geburtenüberschuß(4-). Über­ schuß an Gestorbenen (—) -IS - 8 -I- ? -2l> -1V 4-5S 4-zz 4- M 4- IS» 4- M -h 11» -h l lt 4 -M *) O h n e die gefa llen en oder gestorbenen A rieger.
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/chronik/HF_sections/content/1450265519372/10_Dq1_Karl_Chronik_1918_1919.pdf
Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe 1917 Chronik derKaupt-und Kesidruhstadts Karlsruhe für das Jahr 1917 s X X X Ill. lsührgang Im Auftrag der ftädtifchrn Archivkoiuiuifsion brarbritet Karlsruhe Verlag der Marklot'fchru llZuchhandlung und Luchdrilckrrri M T5LLT '9 t9 Inhalt Seite I. Schicksale des Großherzoglicheil H auses.............................................. l II. Entwicklung der.Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung . 12 III. Bauliche Entw icklung der S t a d t .................................................................28 IV . Kirche, Schnle und K u n s t ............................................................................2-1 V. politisches, industrielles und v e re in s le b e n ................................................73 VI. Leistungen des Gemeiusinns; Arm en- und Krankenpflege . . 2S2 V II. Versammlungen, Feierlichkeiten und Festlichkeiten, Ausstellungen, S e h e n s w ü rd ig k e ite n ..................................................................................... 2ys V III. V e rke h rsw e se n ................................................................................................ 33-1 IX . Übersicht über die W itterungsverhältnisse fä llt aus. X . Levölkerungsvorgänge, T o te n s c h a u .........................................................365 X I. verschiedenes..................................................................................................... 386 X II. z. V o r t r ä g e ...................................................................................................... 1»3 2. Werke Karlsruher S c h rifts te lle r.........................................................113 Anhang. Lhrouologische Übersicht der hauptsächlichsten Ereignisse des Jahres 1 9 1 ? .................................................................................................I IS Beilagen. I. Schülerzahl Karlsruher S c h u le n .............................................................. 150 II. Statistik des Bevölkerungsvorganges 191? .............................................15Z Verzeichnis der Abbildungen. T ite lb ild : Term ine V illiuge r. S. 2S/2Y. Or. INA. u. meä. Reinhard Bauineistcr, Geh. R a t und Professor. S. H o fra t Gustav Specht, Stadtschulrat. S. 27S/277. Or. Gustav Schöuleber, Kunstmaler und Professor. S. 368/zsy. Exzellenz F re ihe rr Leopold von Freystedt, Gberhofmarschall. S . Z82/ Z 8Z. Professor W ilhe lm T rübuer, Kunstmaler. I . Schicksale des Grosther;oglichen Hanfes. 16. Januar traf die Königin von Schweden hier ein. I Sie wnrde ani Bahnhof von, Großherzogspaar und Groß­ herzogin Luise empfangen. Sie begab sich Ende Februar nach Berlin zu ärztlicher Behandlung. Am f6. Februar waren der Herzog und die Herzogin von Sachsen-Meiningen zu kurzem Besuche bei den Großherzoglichen Herrschaften hier. Am 2. März empfing Großherzogin Luise eine Abordnung der medizinischen Fakultät der Universität Freibnrg, bestehend aus dem Dekan Geheimer Hofrat Professor Or. Malther Straub und vier anderen Professoren der Fakultät. Die Abordnung überbrachte das Diplom über die Grnennung der Großherzogin Luise zum Doktor der Medizin. A u f die Ansprache des Dekans dankte die Großherzogin in längerer Rede. Das Diplom hat folgenden !Dortlaut: „Unter der Regierung des Großherzogs Friedrich II., des Rektor Magnisicentissimus der Albert Ludwigs-Universität. Die Medizinische Fakultät ernennt m it Zustimmung des Prorektors durch ihren Dekan Zhre Königliche Hoheit Luise Großherzogin von Baden Prinzessin von Preußen die hohe Schützerin des Roten Kreuzes, die seit mehr als einem halben Zahrhundert, in Frieden und Krieg, nie ermattende Tatkraft und schöpferisches M itle id im Dienste der Gesundheitspflege geübt hat, die fürstliche Helferin der Schwachen und Kranken, der das N)ohltun und Beglücken, auch dem Geringsten gegenüber, wie es dem wahren Arzte geziemt, zur pflichtschuldigen Notwendigst geworden ist Zum Doktor der Bkedizin. Zum Zeugnis dessen ist gegenwärtige N> künde ausgefertigt worden Freiburg i. B r. im Februar Der Prorektor: Der Dekan: Georg von Below. l l r . Walther Straub." Nach der Überreichung der Urkunde erstattete die Abordnunc der Fakultät ihrem Rektor ilNagnificentissimus dem Großherzoe sowie der Großherzogin Bericht von dem vollzogenen Promotionsakt Der Großberzog gab der Freude darüber Ausdruck und meinte daß tatsächlich eine des Titels würdigere Frau nicht gesunde: weiden konnte. Am 2. Wärz begab sich das Großherzogspaar nach Freiburg Der Großkerzog besuchte von dort aus Truppen im Gberelsaß wäbreud die Großherzogin mehrere Lazarette besichtigte. Am 6 reiste der Großkerzog zum Besuch des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern nach Sigmarinaen und von da nach dem Truppen­ übungsplatz Heuberg. Am 7. kehrten die Großherzoglichen Herr­ schaften hierher zurück. Am 2. A p ril begab sich Prinz Rkax au die Front, um dir badischen Truppe» zn besuchen. Am 20. kehrte der Prinz hierhei zurück. Am 20. A p ril traf die Königin von Achmeden hier ein. Am 22. empfing die Königin den Oberbürgermeister und dankte ihm für die Blumen, die ihr bei ihrer Rückkehr aus Berlin von der Stadtverwaltung übersandt worden waren. Am sä. A la i traf die Kaiserin zu mehrstündigem Besucht der Großherzoglichen Herrschaften hier ein. Am 2 f. R la i begab sich der Großherzog zum Besuch badischei Truppenteile nach dem Tlsaß und traf am 22. in Karlsruht wieder ein. An, 8. Zum gegen i/s>0 Nhr vormittags traf die Kaiserin hier ein. Kurz vor sO Khr lief der Hof Sonderzug des Kaiser­ ein, der aus dem Großen Hauptgaarlier hierher gekommen war Aus Anlaß des Kaiserlichen Besuchs hatten die militärischen, staatlichen und städtischen Gebäude Flaggenschmuck angelegt. Nach mittags 2 Uhr 20 fuhren die Herrschaften im offenen wagen nach dem Bahnhof. Auf dem Schloßplatz hatten sich die in den hiesigen Lazaretten untergebrachten Soldaten, soweit es ihnen möglich war, eingefunden, um den obersten Kriegsherrn zu begrüßen. Am ls . Jun i empfing Prinz U lax eine Abordnung der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, bestehend aus dem Dekan Geheimer Rat Professor B r. Heinrich Rosin und zwei anderen Professoren der Fakultät. Die Abordnung überbrachte das Diplom über die Ernennung des Prinzen zum Doktor der Staatswissenschaften. Aus die Ansprache des Dekans dankte der Prinz in längerer Rede. Das Diplom hat folgenden W ortlaut: „Unter der Regierung des Großherzogs Friedrich II., des Rektor Ulagnificentissinius der Albert Ludwigs-Universität, hat die rechts- und staatswissenschaflliche Fakultät Seine Großherzogliche Hoheit den Prinzen Ulaxim ilian Ularkgrafen von Baden Zum Doktor der Staatswissenschaften bonoris causa ernannt, weil er im Weltkriege zugunsten der Kriegsgefangenen mit Hingabe und mit Erfolg an der Durchführung des geltenden Völkerrechtes und an seiner Fortbildung gearbeitet und dadurch die internationalen Beziehungen des staatlichen Lebens gefestigt hat, weil er mit nie ruhendem Eifer das Los der Unseren im feindlichen Auslände zu bessern wußte und der Nachforschung nach unseren Vermißten die IVcge ebnete, dem Vaterlande und dem Staatsgedankeu dienend, dem Wiederaufbau unseres Wirtschafts­ lebens nach dem Kriege vorarbeitend, dem einzelnen Volksgenossen, der für Deutschland litt, und denen, die in der Heimat um ihn bangten, die Treue mit Treue vergeltend. Zum Zeugnis dessen ist diese Urkunde von Prorektor und Dekan ausgestellt. Freiburg i. B r., den 1H. U la i 1917. Der Prorektor: Der Dekan: Vr. Lothar Heffter. Or. Heinrich Rosin. i * - § - Am l l . Jun i trat der Großherzog eine vierzehntägige Reise nach dem Westen an. Zunächst begab sich der Großherzog von Metz aus täglich an die verschiedenen Absämitte der Front, wo badische Landeskinder im Aampse standen, und sah hier geschlossene Abteilungen und Abordnungen badischer Truppenteile. Der Landes­ herr überbrachle die Grüße aus der Heimat und sprach Dank und Anerkennung für das Geleistete aus; alle für ihre Tapferkeit mit Auszeichnung Bedachten wurden noch mit einer besonderen Ansprache beehrt. Am 20. Zum verließ der Großherzog Metz und siedelte nach einem weiter westlich gelegenen Quartier über. Auch von da aus fanden täglich Fahrten an die Front statt. Außer dem größten Teile der in Frankreich stehenden badischen Truppen begrüßte der Großherzog auch sein sächsisches und sein württembergisches Regiment. Außerdem stattete er dem Deutschen Aronprinzen einen Besuch in dessen Hauptquartier ab und besuchte auch die Ober­ befehlshaber der Armeen, in deren verband die badischen Truppen kämpften. Am Zum statteten Großherzogin Luise und die Aönigin von Schweden dem Stadtgarten zur Besichtigung des Llütenschmucks der Rosenabteilung einen Besuch ab. Der Geburtstag des Großherzogs wurde dem Trust der Zeit entsprechend in schlichter weise gefeiert. Am Samstag dem 7. Zu li empfing der Großherzog die Mitglieder des Ltaatsministeriums, die ihre Glückwünsche zum Geburtstag darbrachten, und anschließend daran den stellvertretenden Aommandierenden General Zsbert, zur Beglückwünschung, sowie eine Abordnung der Technischen Hochschule, die eine Festschrift überreichte. w i r tragen hier nach, daß zur Feier der Vollendung des 60. Lebensjahres des Großherzogs auch von der Badischen Historischen Aommission, von dem Unterrichtsministerium und von der Landesbibliothek wissenschaftliche Festschriften herausgegeben wurden. Gegen Abend des 7. Z u li begab sich das Großherzogspaar nach Schloß Tberstein. Daselbst traf am fi. auch Großherzogin Luise ein und nahm m it den Großherzoglichen Herrschaften an dem Gottesdienst teil, den Prälat O. Schmitthenner abhielt. Gegen Abend kehrte Großherzogin Luise nach Aarlsruhe zurück. I n der Residenz fanden auf Anordnung des Unterrichts­ ministeriums die Schulfeiern ebenfalls bereits am 7. statt. Sie bestanden im wesentlichen in Ansprachen, die auf die Bedeutung des Tages im Rahmen der Zeitverhältnisse himvicsen. Der 9 . J u li war schulfrei. Die kirchliche Feier des Tages wurde nach der Anordnung des Großherzogs am Sonntag dem 8. abgehalten. I n der Schloßkirche hielt Hofprediger Fischer auf Grund des Textwortes 2. Buch Thronika 20., 20. eine der Aeitlage ent­ sprechende Festpredigt. Der Hofkirchenchor brachte als ersten Thorgesang: „A lle in Gott in der Höh' sei T h r" von Leonhard Schröter, dann: „Heilig ist der Herr Zebaoth" von Drobisch und als Ausklang: „Fest steht dein M o rt" von Grosse. I n der evangelischen Stadtkirche fand für die Militärgemeinde um '/s9 Uhr ein Festgottesdienst statt, der von Garnisonsvikar Sturm abgehalten wurde. T r legte seiner predigt die Textworte aus s. Petri, 2., s7. zugrunde. I n dem Gottesdienst für die Zivilgemeinde um sO Uhr hielt Stadtpfarrer Rapp die Festpredigt im Anschluß an Psalm 68 Vers 20: „Gelobt sei der Herr täglich. Gott legt uns eine Last auf, aber er h ilft uns auch". Der Verein für evangelische 'Kirchen­ musik trug die Hymne: „Thre sei dem Vater" und nach der predigt die Festmotette: „Segne den Fürsten, deinen Gesalbten" von I . H. Lützel vor. I n der katholischen Stephanskirche wurde der Festgottesdienst durch levitiertes Hochamt, Predigt und Tedeum gefeiert. Das erstere zelebrierte Stadtdekan Ehrendomherr Knorzer unter Assistenz zweier Kapläne, pfarrsekretär Baumeister hielt die Festpredigt. Der Kirchcnchor trug die Festmesse von Filke vor. I n der altkatholischen Kirche wurde der Geburtstag des Groß­ herzogs durch einen von Pfarrer Or. M oog abgehaltenen Fest­ gottesdienst gefeiert. I n der Synagoge hatte die Feier bereits am Samstag den 7. in Verbindung m it dem Hauptgottesdienst statt­ gefunden. Am 8. spielte nachmittags das Trsatz-Bataillon des Land- wehr-Infanterie-Regiments sOH im Stadtgarten volkstümliche Meisen. Abends 8 /̂z Uhr war Zapfenstreich auf dein Schloßplatz. Am 9 . J u li selbst wurde die Feier durch Festgeläute eingeleitet. Seinen gewohnten vollen Klang hatte allerdings das Geläute in diesem Jahre nicht, da die Mehrzahl der Glocken zu vaterländischem Zwecke abgegeben war. Die Stadt hatte reichen Flaggenschmuck angelegt. Die Zeitungen brachten an diesem Tage, einige schon an einem der beiden vorangehenden Tage, Begrüßunasartikel, wobei manche im Hinblick auf den wichtigen Lebensabschnitt des 60. Geburtstages einen umfangreichen Rückblick auf das ganze Leben des Großherzogs warfen. Auch die Uriegszeitung der 7. Armee (Schriftleiter (Oberleutnant A a rl Zoho von hier) hatte eine Geburtstagsnummer herausgegeben. Darin befanden sich Beiträge vom Schriftleiter, von Stadtpfarrer A arl Hesselbacher, von Or. E rw in Hertel, Leiter der Presseabteilung des stellvertretenden Generalkommandos des sH. Armeekorps, von Johann Aleinheins und von A a rl Berner. Den Bildschmnck hatte der pforzheimer Bialer Bert Zoho besorgt. Die von Leutnant der Reserve Urbach geleitete Zeitung der sO. Armee hatte anläßlich des Geburtsfestes eine Baden Nummer erscheinen lassen mit Beiträgen von E m il Gött, August Ganther, Alfred Earlebach, Or. U). E . (Oeftering und Heinrich vierordt. Die Nummer ist mit einem Bilde des Groß­ herzogs und m it zwei Schwarzwaldbildern von Professor Albert Haueisen geschmückt. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in Berlin brachte einen Begrüßungsartikel, in dem es ». a. hieß: „Der erhabene Herrscher hat in Treue zu Uaiser und Reich die große Hinterlassenschaft Höchstseines unvergeßlichen Naters gewahrt und gemehrt, der unter den Förderern der deutschen Einheit, die w ir jetzt gegen eine U)elt zu verteidigen haben, immerdar voran­ gestanden hatte". Nm s2 Nhr fand die Paroleausgabe der Garnison auf dem Schloßplatze statt. Daran reihten sich Biusikaufführungen daselbst, sowie auf dem Biarklplatz und dem Uaiserplatz. Nachmittags 3 Uhr wurde das Uonzert der Schülerkapelle in Berbiudung mit Gesangsvorträgen eines Blädchen- und Unabenchors der Töchter- utid Bürgerschule abgehalten. Der Reinertrag der Eintrittsgelder war für die Großherzogs Geburtstags-Spende bestimmt. E r betrug 300 B i k. Am Abend fand Festkonzert des Hoforcbcsters im Hoftheater statt. Bei Beginn desselben brachte Hoffinanzrat Ruppert ein Hoch auf den Großherzog aus, worauf das (Orchester die Badische Hymne anstimmte. Das Hoforchester trug den ersten Satz von Schuberts Oktett, das Concertante Quartett von M ozart und das Septuor von Beethoven vor. Zwischen den Znstrumentalvorträgen sang Herr Ziegler „A n die Musik", „Liebesbotschaft" und die Ballade „Der Zwerg" von Schubert, Frau Palm-Cordes ebenfalls von Schubert „A llm acht", „Frühlingsglaube", „Kriegers Ahnung". Hofoperudirektor Cortolezis besorgte die Klavierbegleitung. Auch das Koi'zerlhaus hatte der Vorstellung an diesem Abend einen feierlichen Charakter gegeben. Der Saal war festlich beleuchtet. Auch da wurde die Badische Hymne gespielt. „D as Dreimäderl- haus" wurde aufgefiihrt. Feierlichkeiten wurden auch in den Lazaretten abgehalten. Zm Reservelazarell II sprach Fräulein Crika N icolai den Eiöffnungs- prolog. Fräulein Margarete Schweikert brachte Mendelssohn- und Schubertsche Geigeuvorträge. Hofoperusäuger Helmut Neu­ gebauer und seine Gemahlin saugen mehrere Lieder von Fräulein Schweikert. Zum Scbluß hielt Chefarzt I0r. Olten eine Ansprache. I m Reservelazarett V II I hielt Stadlpfarrer Hesselbacher die Fest­ rede. Bor und nach der Rede wurden Gesäuge vorgetragen. Fräulein Th. Pracht sang die Arie „N un heut' die F lu r" aus der „Schöpfung" von Haydn und drei Lieder von Schubert. Kammersänger Spemann trug Gesänge aus „R ienz i", dem „Cvangelimann" sowie Lieder von Klassert und Steinbach vor. Großherzogin Hilda beschenkte aus Anlaß des Geburtstages des Großherzogs die Verwundeten und Kranken hiesiger Lazarette mit Zigarren, Büchern und Rosen. Der Oberbürgermeister hat dem Großherzog zum 60. Geburts­ tage telegraphisch die ehrfurchtsvollsten und wärmsten Glück- und Segenswünsche der Karlsruher Bürgerschaft dargcbracht. Hierauf ist folgendes Telegramm an den Oberbürgermeister eingetroffen: „Die mich in dieser ernsten Zeit besonders erfreuenden Glück- und Segenswünsche der Karlsruher Bürgerschaft erwidere ich m it herz­ lichstem Dank und m it treuesten Wünschen für deren Wohlergehen in dieser ernsten Zeit, in der w ir weiter fest ausharrc» wollen bis zum erfolgreichen Frieden. Friedrich Großherzog." — Auch in diesem Jahre hat die Stadtgemeinde am Geburtstag des Groß­ herzogs sOOOO M k. als Ehrengaben an bedürftige Veteranen von 1866 und l 870/7 s aus städtischen M itte ln verteilen lassen. Der Großherzog hat aus Anlaß seines Geburtstages einen Amnestieerlaß unterzeichnet zugunsten der Teilnehmer am gegen­ wärtigen Krieg, sowie solcher Personen, die wegen vergehen gegen das Höchstpreisgesetz, wegen Kettenhandels, wegen Übertretung der Verordnung über den Handel mit Lebens- und Futtermitteln, wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen die Ausfuhrverbote, gegen die AA 33 und 3H des Kriegssteuergcsetzes, gegen die HA 76 und 77 des Besitzsteuergesetzes, gegen H 6̂ f des Vermögenssteuergesetzes und gegen Artikel 33 des Einkommensteuergesetzes, bestraft worden waren, insofern die Straftat nicht auf niedriger Gesinnung beruhte. Der Großherzog hat, wie in mehrfachen Veröffentlichungen der Tagesblätter mitgeteilt wurde, auf Vorschlag des Landesvereins vom Roten Kreuz genehmigt, daß aus Anlaß seines Geburts­ tages zur Linderung der Not des Krieges im ganzen Lande gesammelt und ihm die Spenden zur Förderung der Bestrebungen des Badischen Landesvereins vom Roten Kreuz dargebracht werden, vom 2. bis y. J u li lagen in allen bekannt gegebenen Sammel­ stellen Sammellisten auf. Gpfertage für diese „G r 0 ß h e r z 0 g s - G e b u r t s t a g s - S p e n d e " fanden am Sonntag den 8. und Montag den 9- Z u li statt. Zn Karlsruhe ergab die Straßen­ sammlung den Betrag von 6238 M k. 59 VÜ- — Dr'r Großherzog spendete dem Landesverein vom Roten Kreuz 25 000 Alk. und den gleichen Betrag dem Verein „Heimatdauk"' Großherzogin Luise wandte der Großherzogs-Geburtstags-Spende sOOOO Alk. zu. Der alljährlich stattfiudende Huldigungsakt wurde am Sonn­ tag den 8. Zu li, vormittags 8 Uhr im großen Saale des Rathauses abgehalten. Nach dem Thoral „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", der von der Feuerwehr- und Bürgerkapelle gespielt wurde, richtete der Amtsvorstaud Geheimer Regierungsrat I)r. Seidenadel an die zur Huldigung Erschienenen einige Morte und machte sie m it der Bedeutung des Verfassungseides bekannt. Sodann über­ reichte er an H8 V^rsonen, die 30 Zahre in ein und demselben Betriebe als Angestellte oder Arbeiter tätig waren, Medaillen. Hierauf wandte sich der Amtsvorstand den im Saale aufgestellten Feuerwehren zu. M it der Übergabe der Ehrenzeichen für treue Dienstleistung bei der Feuerwehr wurde die Erinnerung an das 70jährige Bestehen des Korps verbunden. Doch wurde infolge 9 - des Ernstes der Zeit von einer besonderen Festfeier abgesehen. Der Aintsvorstand gedachte in seiner längeren Ansprache der Gründung der Feuerwehr und hob hervor, wie sie sich s8H?/H9 als Bürgerwehr treu bewährt und als zuverlässige Stütze der Staatsordnung erwiesen habe. Für HOjährige Dienstzeit erhielt Eisengießer Adolf Eisele von der Feuerwehr Karlsruhe Grünwinkel das Ehrenzeichen, außerdem sä Wehrmänner für 25jährige Dienstzeit. Sodann brachte Oberbürgermeister Siegrist dem Korps namens der Stadt Karlsruhe den Glückwunsch dar. Zn anerkennender Weise ver­ breitete er sich über die Tätigkeit desselben, das seine Aufgabe im Znteresse der Allgemeinheit stets erfüllt habe, wobei er einen kurzen Rückblick auf die Gründung vor 70 Zahren und die seitdem ver­ flossene Zeit in der Geschichte des Korps warf. Nach der Ansprache überreichte er das Erinnerungszeichen für HOjährige Dienstzeit an Adolf Eisele, außerdem für 20jährige Dienstzeit an sO Wehr­ männer von Karlsruhe-Altstadt, an 6 von Karlsruhe-Aoihlbnrg, an H von Karlsruhe-Beiertheim, an 5 von Karlsruhe-Rüppurr, an H von Karlsruhe-Daxlanden und an s von Karlsruhe-Grün- winkel. Am sO. Zu li beging Prinz A lax seinen 5 0 . Geburtstag. Die Presse des Tandes gedachte an diesem Tage vor allem der segensreichen Tätigkeit des Prinzen im Dienste der Kriegsgefangenen- sürsorge. Am sH. Z u li wohnte das Großherzogspaar und Großherzogin Luise der Rekrutenvcreidigung im Hofe der Grenadierkaserne an. Am 25. Z u li begaben sich der Großherzog und die Groß­ herzogin zu kurzem Aufenthalt nach München, um von dort aus den sOO. Geburtstag weiland des Großherzogs Adolf von Luxem­ burg, Herzogs zu Nassau, des Baters der Großherzogin Hilda, an dessen Grabstätte in Schloß Hohenburg zuzubringen. Am 25. stattete der Großherzog und die Großherzogin von München aus dem König und der Königin von Bayern einen Besuch ab. Am 26. kehrten die Herrschaften nach Karlsruhe zurück. Am 7. August sandte der Oberbürgermeister der Königin von Schweden zum Geburtstage ein Telegramm mit den innigsten und treuesten Glück- und Segenswünschen der heimatlichen Stadt Karlsruhe. Die Königin telegraphierte darauf an den Oberbürger­ — ( 0 meister: „Der lieben Vaterstadt allerwärmsten Dank und Gruß in Treue. Viktoria, Königin". Anfang August übernahm Prinz Ulax den Ehrcnvorsitz des Badischen Landeswohnungsvereins. Am 23. August begab sich das Großherzogspaar nach Baden­ weiler. von dort aus besichtigte der Großherzog am 2H. und 23. badische Truppenteile, die Großherzogin besuchte Lazarette in Badenweiler. Am 27. reisten die Herrschaften zum Besuch der Großherzogin Luise nach schloß Ulainau. Am 9 . September begaben sich der Großherzog und die Großherzogin von Schloß Eberstein hierher und besuchten im Gedächtnis an den Geburtstag Großherzog Friedrichs I. die Grab-— kapelle. Die Herrschaften kehrten am Abend nach Schloß Eberstein zurück, von wo sie am 27., dem Todestage Großherzog Friedrichs I., wieder hier eintrafen. An demselben Tage reiste auch Großherzogin Luise von Baden hierher. Am Nachmittag fand in der Grabkapelle ein Gedächtnisgottesdienst statt, dem das Großherzogspaar und Großherzogin Luise anwohnten. Ferner hatten zu dem Gottesdienste, den Prälat v . Schmilthenner abhielt, die hohen Hof- und Staatsbeamten, ebenso zahlreiche andere dem Hofe nahestehende Personen Einladungen erhalten, ^m Laufe des Tages waren an der Ruhestätte des verewigten Fürsten zahl­ reiche Kränze niedergelegt worden. Am vorm ittag legte eine Abordnung des Stadtrates, bestehend aus Oberbürgermeister Siegrist und den Stadträten v r . Binz und Dewerth, einen Lorbecr- kranz am Sarge des Entschlafenen nieder. — Am 50. September war die Grabkapelle im Fasanengarten auf Befehl des Großherzogs nachmittags von 2— H Uhr dem Publikum geöffnet. Am 26. Oktober empfing der Großherzog ein Schreiben des Kaisers, worin der Kaiser mitteilte, daß er, der Anregung des Großherzogs vom s7. entsprechend, die Großherzogin Luise anläß­ lich des 50jährigen Stiftungstagcs des 6 . Badischen Infanterie- Regiments Kaiser Friedrich II I . N r. PH zum Thef dieses Regiments ernannt und Großherzogin Luise hiervon direkt benachrichtigt habe. Am 3 f. Oktober hat die theologische Fakultät der Universität Heidelberg aus Anlaß der HOOjährigen Reformationsfeier dem Großherzog die würde eines Ehrendoktors der Theologie verliehen. Am 5. November fand aus Anlaß des Geburtsfestes der Groß­ herzogin im Hoftheater bei festlich beleuchtetem Hause ein Symphonie- kouzert statt (Beethoven 7^-6ur Symphonie, Wagncr-Siegfried- idy», 5 Gedichte, Huldiguugsmarsch). Nor Beginn des Konzertes brachte Hoffinanzrat Ruppert ein Hoch auf die Großherzogin aus, worauf das Orchester die Badische Hymne anstimmte. Die Stadt war an diesem Tage beflaggt. — Der Großherzog und die Groß­ herzogin wandten der Stadtgemeinde Karlsruhe für die Zwecke der städtischen Kriegsfürsorge den Betrag von 5000 Blk. zu. Am 5. und 6 . November weilte die Königin von Württemberg zum Besuche des Großherzoglichen Hofes hier. Am lfl. November begab sich der Großherzog zur Besich­ tigung badischer Truppenteile nach der Westfront; am 22. kehrte der Großherzog hierher zurück. Am 5. Dezember trafen der Kaiser und die Kaiserin hier ein, um Großherzogin Luise zu ihrem Geburtstag persönlich zu beglück­ wünschen. Sie wurden vom Großherzogspaar am Bahnhof empfangen und bei der Abreise abends s l Nhr wieder zur Bahn geleitet. — Im Auftrag der Großherzogin Luise sprach Kammer- herr von Thelius dem Oberbürgermeister für die Glück- und Segenswünsche und die Blumenspende, die er im Namen der Karlsruher Bürgerschaft der Großherzogin übermittelt hatte, „herz­ lichen und aufrichtigen Dank" aus. Die Großherzogin sei durch diesen erneuten Beweis treuer Anteilnahme tief bewegt und hoch erfreut worden. Zugleich ließ Großherzogin Luise ihre besonderen Wünsche für die ihr seit 60 Jahren so nahe stehende Residenzstadt in allen ihren großen Aufgaben und Anstalten zum Ausdruck bringen, „bei welchen in dieser ernsten Zeit der Segen des Allmäch­ tigen bis zum E in tritt eines ehrenvollen Friedens stehen möge"- Am 7. Dezember traf die Königin von Schweden zum Besuch hier ein. II. Entwicklung der Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung. 1. Entwicklung der Gemeinde. E i n w o h n e r z a h l der Stadt Karlsruhe betrug na der Berechnung des Statistischen Amts auf Ende Dezemb des Berichtsjahres (-(5 697*) j(9 (6 : (-(7 6 ( 8 *)>. Di ergibt seit 3s. Dezember (9 (6 eine Abnahme von s,50"/o. I Vorjahre betrug die Abnahme (,05 °/v. An Lebcndgeborew (auf das Ja h r berechnet) kamen im Berichtsjahre auf (000 Eu wohner (2,3( ((3,93), an Sterbefälleu (ohne die gefallenen od gestorbenen Kriegsteilnehmer) (3,65 ((3,97). Säuglinge (Kind bis unter ( Jahr) starben 2 (6 (2-(0), d. i. von (00 Lebew geborenen ((,30 ((0,80). Anstatt des Geburtenüberschusses w< ein Überschuß an Gestorbenen zu verzeichnen; er beträgt (,7 (berechnet auf (000 Einwohner und aufs Jahr). I m Jahre (9 ( war ebenfalls ein Überschuß an Gestorbenen festgestellt, und zwt erstmals seit dem Jahre (872 (weiter zurück reicht die Beobachtui nichl); er betrug 0,05 (berechnet auf (000 Einwohner und au' Ia h i) . I m Jahre (9(7 waren in B ü r g e r q u a r t i e r e n unte gebracht: * ) Die Abwesenheit der hiesigen Kriegsteilnehmer und andrerseits d stärkere Belegung der Stadt mit Truppen ist hierbei nicht berücksichtigt. - sZ — im Monat Z Z ? ü br ig e ? (O ffi zi er e ^ Q L U nt er - I of fiz ie re k G em ei ne ^ Ta ge J a n u a r............................ 3 10 126 7 22 87 136 5951 Februar ....................... 1 3 68 2 6 41 103 4000 März . . . . . . 3 18 133 5 17 50 112 3980 A p r i l ............................ 1 5 43 5 6 43 84 3343 M a i .................................. I 2 68 8 7 32 89 3162 J u n i................................. t 1 44 — 8 36 80 3029 J u l i ................................. 2 0 63 3 4 3b 77 3348 August............................ 2 6 107 — 8 27 67 3397 September....................... 1 3 43 1 6 32 70 2860 (O k to b e r ....................... 1 3 44 4 4 33 72 285t Novem ber....................... — 9 57 6 4 33 67 2997 Dezem ber....................... l 5 135 3 7 33 71 3542 Über die F i n a n z l a g e der Stadt entnehinen w ir dem städtischen Jahresbericht folgende Angaben: Die I V i r t s c h a f t s - e i n n a h m e n für das l 9 l ^ wurden im Voranschlag vom Bürgerausschuß in der Sitzung vom 28. A p r il syl? a n s ............................................................................... 9 96Y 689 2M . und der durch Umlage anfzubringende Gemeinde- auswand a u f ................................................................6 5 M ö43 „ zusammen , . . s6 ^72 032 Ulk. festgesetzt, welcher Summe die N) i r t s ch a f t s a u s g a b e n in gleichem Betrag gegenüberstanden. Das mit den Sätzen des Voranschlags zu vergleichende Rechnungsergebnis gestaltete sich jedoch nach Abschluß der Stadt­ hauptkasse-Rechnung für l 9 l ? folgendermaßen. Es betrugen im „ksat" die Einnahmen 'aus früheren Jahren nach Akk. Abzug des Betriebsfonds......................................s 9 2 s 577.s2 die laufenden ordentlichen Wirtschaftseinnahmen ein­ schließlich U m lagen ........................................... ..... 41 404 775.52 Die Summe der Einnahmen belief sich daher auf H5 326 352.6H ^ 14 - Ulk. Ausgaben aus früheren Jahren . . 215 044-?2 Laufende ordentliche Wirtschaftsaus­ gaben ........................................... 39 260.26 Die Beiträge der Wirtschaft: u) Ersatz der Wirtschaft für das Grundstocksguthaben . . . 546 713.65 b) Z u r Schuldentilgung . . . 1272 662.— c) Z u r Verstärkung städtischer F o n d s ................................ — ck) Außerordentliche Ailführimg zum Grundstock auf Grund besonderer Beschlüsse . . . 724 >20 — Gesamtausgaben......................42 002 800.63 Somit hat die Wirtschaft des Zahres 1917 einen Uberschuß der Einnahmen über die Ausgaben ergebe» von 1323 532 Ulk. Ol Pf. oder, wen» dieser Rechnung das „Z o ll" der Rechnung zu Grunde gelegt wird, von . 1 758 384 „ 19 „ Gegenüber dem Abschluß des Rechnungsjahres 1916 trat eine Verminderung des wirtschaftsüberschnsses ein nach dem „t)a t" v o n ........................................................... 1056 332 Ulk. 85 Pf. oder nach dem „Z o ll" v o n 983 881 „ 40 „ Der Überschuß ist im wesentlichen auf die Ulehrablieferunge» des Gas- und Wasserwerks und der Rasse für das Beslatlungs- wesen, den Ulehrertrag des landwirtschaftlichen Geländes und der Waldungen, auf bedeutende Ulehreinnahmeu ans Umlagenachträgen und Bierverbrauch sowie der Warenhaussteuer, endlich an Zinsen vorübergehend angelegter Darleheuskapitalieii zurückzuführen. Ferner wurden die für den Schlacht- und Viehhof und die Städtische Straßenbahn vorgesehenen Zuschüsse nicht voll benötigt. Letztere war sogar in der Lage, einen erheblichen Überschuß abzuliefern. Außerdem wurden bei den Schulen, dem Aufwand für die Unter­ haltung der Straßen, Wege und Ranäle, für die öffentliche Beleuch­ tung, sowie der Straßen- und Gehwegreinigung nicht unbedeutende Ersparnisse erzielt. Ungünstig auf den Wirtschaftsüberschuß wirkten die weniger- - ( 3 — ablieferuug des (Elektrizitätswerkes, die Mehrausgaben für die Guts- verwallung und für Aushilfen infolge des Krieges, sowie der M ehr­ aufwand an fXisswzinsen u»d vermehrte Uiulagcrückoergütungen. Auch im Jahre l y l 7 war trotz des immer noch andauernden Krieges eine fortdauernd den Verhältnissen entsprechend günstige Finanzlage zu beobachten. ^ n den Voranschlag für ss)k8 sind als Deckungsmittel aus dem Vorjahre l 9 l ? eingestellt: 1. K a sse n vo rra t................................................s ds j j^Z M k. 2 . Linnahmerückstände und sonstige Deckungs­ mittel ........................................................... 4S5 47S „ zusammen . . . 2 5^4«a-k2 Aik. hiervon ab Ausgaberückstände . . . . i.äoooo „ 5umme der in den Voranschlag s y l8 ein­ gestellten Deckungsmittel aus dem ^sahre s9l<' - 2 6 (s2 M k. Die in den Voranschlag t9s7 eingestellten Deckungsmittel aus dem ^ahre t 9 l 6 betrugen . I 8̂ >2 7 l6 „ l 9 l 8 somit mehr . . . 3N 9 -6 M k. Von den laufenden Linuahmen des Jahres sdl? uu Gesamt- betrage v o n 7 9 7 5 8 9 A kk . euifielen auf 1. Die U m la g e » ......................................................... 8 5 24 st 45 Mk. _ 19,9^/o 2. Dm V e rb ra u ch ss te u e rn ........................................ , 0 , SSO „ --- 0,2 „ Z. Die Verkehrs-, Wertzuwachs- und w areuhaus- s te u e r ......................................................................... , 2 5 0 66 — 0,3 4 . Die Gebäude, Grundstücke, W aldungen . . , 557 S78 „ — 3,7 „ 5. Die Gebühren fü r Verrichtungen der Ge- meiudebeauitnngen................................................... 58 265 — 0, ; S. Die Gebühren von Wegen, Kanälen und Anlagen, sowie fü r Unterhaltung der früheren Landstraßeustrecken .............................................. , 6 0 2 8 , 0 ,H 7. Das G a s w e rk ......................................................... st! 0 -,68 „ — 2,2 „ S. Das W a s s e rw e rk ................................................... 8 , 4 787 „ — 1,9 „ st. Das E le k t r iz itä ts w e rk ........................................ 6 ,8 665 f, — l,s „ ,o>, Den N h e n ih a fe n ................................................... t l . Den Schlacht- und v ic h h o f.................................. , 5 2 454 „ - - - 0 ,4 , 5 6 6 6 Y „ 0,5 „ , 2 . Die S tra ß e n b a h n ................................................... , , 8 0 724 „ 2,8 ,, , 5 . Die v o ro r ts b a b n e n .................................................... 45 ,6 4 „ — o , , „ , 4 . Das N a h ru u g s in it te la in t .................................. 26 282 852 „ 6 2 ,y sS. Die sonstigen E in n a h m e n .................................. " 5,5 " 4 , 7st7 58st rlik . - - - ,0 0 Von den Ausgaben des Jahres l 9 ^ im Gesamtbeträge voii ^ 2 0 0 2 8 0 0 Akk. wurden verwendet auf: 1. Die planmäßige Schuldentilgung und Verzinsung 1 582 620 m r. . 2. Die M itte l- und Vo lksschu len ............................ 2 547 721 „ — 6,1 „ 2. Die öffentlichen B runnen , Wege, Plätze, G e­ wässer und dergl....................................................... 816 065 .. — 2,0 „ 4- Die Gesundheitspflege, einschließlich Straßen­ reinigung und K e h rich tab tuh r............................ 115 121 — 1,0 „ 5. D ie Arm en- und K ra n k e n p f le g e ....................... 1 208 927 „ — 2.9 „ 6. Die P o l iz e i ............................................................... 276 7>)7 „ 0,6 „ 7. Die K re is u m la g e ................................................... 201 510 „ — 0,7 „ 8. D>e Gewerbe, Knust und Wissenschaft . . . 52-1 591 „ --- 1.3 „ y- Die G e m e in d e v e rw a ltu n g .................................. 1 582 055 „ " 3,7 „ ! 0 . D ie Zuschüsse fü r Rheinhasen............................ 160 511 „ — 0,^ „ Die Zuschüsse fü r vo ro rtsbahnen*) . . . . 27 057 „ — 0,1 „ D ie Zuschüsse fü r Schlacht- und Viehhof . . 21 10Y „ — 0,1 „ D ie Zuschüsse fü r S ta d t g a r t e n ....................... 76 776 „ — 0,2 „ Die Zuschüsse fü r B ä d e r .................................. 82 622 „ — 0.2 „ D ie Zuschüsse fü r die G u tsve rw a ltu n g . . . 267 200 „ — 0,9 U- Die N a h ru n g sm itte lbe sch a ffu ng ....................... 26 282 852 „ — 62,6 12. Die sonstigen A u s g a b e n ........................................ 2 860 809 " — 6,8 „ 12 002 800 Mk. --- 100 o/y ^ m Jahre l9s7 hat die Gemeinde Gr unds t üc k e im Flächeninhalt von 39 fOH qm zum Preis von 77 7t? Akk. angc- kauft und 38 2 f5 qm zum Preis von 5sH539 Akk. verkauft. Ferner wurde von Frau Paula von Hofmann das Haus­ grundstück Lagb. N r. 2st3H, Nowack-Anlage N r. 2, m it einem Flächeninhalt von 35H qm Hofraite und Hausgarten im Lchätzungs- >n 9^ ^ lk . erworben, ll des Großherzogs, Frei­ sein Gut auf den Gemar- werte von 95 000 Akk. zum Preis Außerdem schenkte der Gberhofmars Herr von Freystedt, der Stadtgemein kungen Istein und Huttingen im A ibezirk Lörrach mit einem Gesamtflächeninhalt von 280 090 qm ofraite, Hausgärten, Wein­ bergen, Ackern und Wiesen und einem ?teuerwert bezw. Feuerver- stcherungsanschlag von insgesamt fOf k?? M k. gegen Übernahme der auf dem Gut ruhenden Hypothek von f 2 000 Wk. ") Jahre 19^8 rückerstattet. - 1? - Die A n le b en s s ch u l d en belrugen: Bezeichnung der Anlehen Stand auf ,. Januar , 9 , 7 Tilgung im Jahre , 9 , 7 Stand auf ,. Januar , 9 , 8 » Geo Ausgabe von Schuld­ erschreibungen. ,. zxr 'tiges Anlehe» von ,886 3 611 100 334 000 3 277 100 2 - Z , „ ,889 1 844 900 114 700 730 200 Z. Z „ s896 1 285 500 45 600 1 239 900 4- Ä / „ » „ lsgr 2 783 200 90 700 2 692 500 5. / .. „ ,900 5 063 700 93 900 4 969 800 S. ö ' / - „ „ „ ,9 0 2 3 893 000 74 OM 3 819 000 7. s'/i- „ „ , 9 0 z 8 787 200 154 400 8 632 800 8 . 4 „ » „ ,9 0 7 4 787 800 65 4 M 4 722 400 d. 4 „ ,, , 9 , 2 7 000000 — 7 MO 000 b. Sonstige Anlehen. ,o. z'/rprozent. Anlehen von ,392 bei der Versicherungsanstalt Baden............................................. 588 000 27 000 561 000 -zprozentiges Darlehen des A ll- geineinen Deutschen versiche- ruugsvereins A .-G . in Stutt­ gart von , 9 ,0 ............................ 100 00 0 0 1000 000 , 2. 4prozentiges Darlehen der Karlsruher Lebensversicherung von , 9 ,0 ....................................... 4 000 000 4 000 OM ,z . Desgl. von , 9 ,2 . . . . . 3 000 000 — 3 M O OM , 4. -prozentiges Darlehen der Gothaer Lebensversicherunas- bank aus Gegenseitigkeit. Golha von , 9 ,2 ........................................ 1 898 300 28 100 1 870 200 , 5 . -zprozcntiges Darlehen der Staatsschuldenverivaltung von , 9 , 5 und , 9 ,6 zur Förderung gcineinnütziger Bautätigkeit . 49 750 260 49 490 , 6. Unverzinsliches Darlehen der 80 000 4 M 79 600 Staats,chuldenverwaltung von ,9 >s für das Ifoftheater . . 100 000 — 100 0 M c. Schwebende Schulden . . 21 222 500 25 682 500 33 640 000 Summe . . 70 194 950 *)26710960 *) 82 383 990 zwar vorgrmommen wurde, aber um so piel höhere Neuaufnahmen erfolgten, daß sich der in Spalte Z verzeichnete Betrag von 82 Z8Z 990 Mk. ergibt. D a die W irts c h a ft die nach den T ilg u n g s p lä n e n aufzuwendenden L u m m e n dem Grundstock je w e ils ab lie fe rt, so h at dieser die noch im Rest stehenden, gekündigten, aber nicht eingelösten S chuld ­ verschreibungen m it sOO sOO B lk . aus eigenen W it te ln zu bestreiten. D a s G e s a m t v e r m ö g e n der S ta d t b e t r ä g t ...........................................................,0 2 7 ^ 33s B lk . 5 8 P f . , die d a ra u f ruheudeu S c h u l d e n be­ lau fen sich a u f .................................... goq2.^4I3 „ 91 ' „ E s erg ib t sich som it ein R e i n v e r ­ m ö g e n von .................................... ss 8 7 0 9 ( 7 M k . 67 P f . U n te r dem berechneten verm ö g e n im B etrage von (0 2 7 9^ 5 5 s M k . 5 8 P f . sind en th a lten : I. E r t r a g b a r e s v e r m ö g e n : Das Gaswerk, Erstellungskosten . . . . 2. Das Wasserwerk, Erstellungskosten . . . z. Das Elektrizitätswerk, Erstellungskosten 4. Die Straßenbahn, Erstellungskosten . . . s. Die Lokalbahn, Erstellungskosten . . . . s. Der Schlacht- und Viehhof, Erstellungskosten 7. Der Rheinhafen, im Gebäude ein Feuerver- sicherungsanschlag von 1101 voo Mk. und Gelände im Steuerwert von 646st57 Mk., sowie die Fahrnisse und maschinellen A n­ lagen mit l 555 282 M k 8. Die Badeanstalt, Fetterversicherungsanschlag y. Die Festhalle mit Nebengebäude» . . . 10. Das K o u ze rth au s ............................................. 11. Die Ausstellungshalle........................................ 12. Das Rathaus mit den Gebäuden Karl- Friedrich-Straße N r. 8 und Zähringer Straße N r. 96/ 100, Feuerversicherungsanschläge . 15. Die Geschäfts- u. Wohnhäuser Kaiser-Straße N r. 1 HZ und 145, Fenerversicherungsanschläge 14. Die sonstigen Gebäude, die zu Gemeinde­ zwecken dienen oder als Wohnungen vermietet sind, im Gesamtversicherungsanschlag von . 15. Die Waldungen im Steuerwert von . . . IS. Die Äcker, Wiesen, Lagerplätze usw., die größtenteils verpachtet oder im Ligenbetrieb sind, im Steuerwert v o n .................................. Übertrag . . . 5 1 704 st>9 Alk. S5 Pf. 8 745 18st Mk. S8 Pf. 4 4S7 402 6 117 Sstl st 1st5 87I 1 I7Z 025 1 st88 050 05 65 27 5 303 259 „ 537 000 „ 854 900 „ 107st000 „ 588 000 „ 1 218 200 „ 426 700 „ 1 691 800 „ 5st1 293 „ l 927 550 „ — - -- ̂ Übertrag . . . s<704 9<9 M k. 63 P f. <7. Die verzinslichen Forderungen, Wertpapiere und die Kasscnvorräte im Betrage von. . <8 882 058 „ 14 ., <8. Vorräte des Nahrungsniittelamtes . . . 3 8 0 7 1 4 5 2g „ Summe I . . 7 4 3 9 4 <22 Mk. os P f. II. wer t e , die keinen f i nanz i e l l en Er t r ag abwer f en: 1. Die Linnahmerückstände im Betrage von . 4 362 833 Mk. 40 P f. 2 . Gebäude, die zu Schul-, Kranken-, Armen- und sonstigen Zwecken dienen, im Feuer- vcrsicherungs- bezw. Steueranschlag von . < 5 8 9 7 2 0 0 „ — Summe I I . . 2 0 2 s < <33 Ilik . 40 p f- II I . Vor räte an Nat ur a l i en , Mat e r i a l i en und Gerätschaf ten, soweit nicht unter I angeführt, im w ertbetrag v o n ..........................8 139 075 „ <2 „ Nun dürfe» aber in die nach H 29 der Ltädterechnungs- anweisung gefertigte Vermögensstandsdarstellung die Gebäude nur mit ihrem Brandversicherungsanschlag, die Grundstücke nur mit ihrem Lteuerwert und die gewerblichen Einrichtungen nur m it den Anlagekosten, sonach nicht m it ihrem wirklichen verkehrswert, aus­ genommen werden, wäre letzteres gestattet, d. H. dürften die Gebäude und Grundstücke m it ihrem mutmaßlichen verkehrswert und die gewerblichen Anlagen m it ihrem Ertragswert in Berech­ nung gezogen werden, so würde sich das Reinvermögen von ls 8709l ? Alk. 67 P f. auf 65 6 7 ^ 2 5 Alk. 5H Pf. erhöhen. Dieses wird, wie folgt nachgewiesen: <. Die Gebäude und Grundstücke sind nach dem in dem Liegenschaftsinventar für <9<7 beigesetzten mutmaßlichen verkehrswert auf <. Januar <9<8 geschätzt a u f .................................................... 50 872 705 Mk. — P f. I n deuvermögensstandsiud sie ausgenommen m it 3 3 5 5 4 7 0 0 „ — „ Demnach M ehrw ert d e rs e lb e n .............................<7 3 < 3 o v 5 lI ik . — P f. 2. Der nach dem dreijährigen Durchschnitt des E rtrags bemessene -Mozentige Wertanschlag be träg t: s) fü r das G a s w e rk . . 22 <84 <65 M k. — P f. ̂ b) fü r das Wasserwerk . 20 204 056 „ so „ c) fü r das E lektriz itä ts­ werk ..................................,4 565 36g Übertrag . . . 6< 953 570 M k. 50 P f. Übertrag . . - <7 3«3 005 Mk. — Pf. 2 * — 20 Übertrag . . . cl) fü r den Schlacht- und V ie h h o f ....................... e) fü r die S traßenbahn. f) fü r die Lokalbahn . Übertrag . . . s t 95z s ro M k. 50 P f. t 988 050 „ — „ 20 575 w o „ — „ m 075 025 — .. 8 S 287 7-t5 Mk. 50 P f. (7 5 (5 005 M k . — P f . 52 487 257 Mk. 65 P f. 55 800 507 I » 870 017 87 67 Eingestellt sind fü r diese Unternehmungen in den Vermögensstand . . Som it Me h r we r t . . . . . Hierzu das Reinvermögen m it Summe des wirklichen reinen Vermögens der Stadtgemeinde........................................................82 9 8 -t qso M k. s-t P f. Neben diesem Vermögen der Stadtgemeinde besitzen noch an Aktivvermögen: (. D ie Spar- und Pfandleihkasse K arls ruhe . * ) l >07 947 Mk. SS P f. 2. D ie weltlichen D r ts s t i f tu n g e n ......... 2 4 1 0 7 5 4 „ 01 5S (8 70( Mk. S7 P f. Außerdem besitzt die Stadt H8 Denkmäler, Zierbrunnen und öffent­ lich aufgestellte Figuren im Anschaffungswert von s Oys 73s Alk. Über die Bewegung der zur G e m e i n d e u m l a g e p f l i c h ­ t i g e n 5 t e u e r k a p i t a l i e n gibt folgende Tabelle Aufschluß: Gattung der Steuerkaxitalien ld lö l9 l? Gegenüber (9 (s Zugang Abgang Mk. Mk. Mk. Mk. z. Liegeuschaftsvermögen . 463 914 630 469 977 400 6 062 770 — 6. Betriebsvermögen. . . 258 983 300 283 492 200 24 465 900 — c. Kapitalvermögen . . . 542 749 600 563 149 100 20 399 500 — ä. Linkommensteuersätze. . 3 969 789 4 813116 843 327 Der Ilmlagefuß war wie l9s5 und sysS auch lHl ? für die Gesamtstadt festgesetzt vom Steuerwert des Liegenschafts- und Betriebsvermögens auf 37 P f. von sOO Blk. Steuerkapital, beim ^Kapitalvermögen auf f6 P f. und auf 59,2 P f. auf l Alk. der­ jenigen Steuersätze, die der Erhebung der staatlichen Einkommen- " ) Nach dein Stand vom i. Januar weil der Rechnungsabschluß auf Januar M 8 koch nicht gefertigt werden konnte. - 21 - steuer für 19 >6 und 1917 zugrunde gelegt waren, statt nach Hundertteilen der Normalsteuersätze *). Doch sind auf Grund der Vereinbarung bei der Eingemeindung von Grünwinkel die Steuer- kapitalien dieses Stadtteils nur zu einem Teile m it dem allge­ meinen Umlagefuß zur Umlage beizuziehen. Soweit sie zu einem ermäßigten Umlagefuß hcrangezogen werden, betrug der Ansatz bei Liegenschafts- und Betriebsvermögen 20 Pf., bei Aapita l- vermögen 10 P f. und der Anschlag bei der Einkommensteuer 32 Pf. Im Voranscblag von 1917 ist der E rtrag der Umlage in der Gesamlstadt aus den Steuerkapitalien nach dem allgemeinen Umlagefuß auf 6 460 933 M k. berechnet, hierzu der E rtrag nach dem ermäßigten Umlagefuß in Grünwinkel auf 42 4 (0 M k., somit der Gesamtbetrag der Umlage 6 503 345 Ulk. I n den städtischen G a s w e r k e n wurden im Berichtsjahre 19 726 400 kbm Gas erzeugt ( 1916: 17 547 500 lcbm). Abgegeben wurden für öffentliche Beleuchtung 492 855 lcbm 1852 809 kbm), für Private, Behörden und Stadt 17 644 528 l»bm 115 108 064 kbm). Gasmesser waren am 31. Dezember 1917 aufgestellt für Leucht-, Uoch- und Heizgas 20121 Stück 119 813), Münzgasmesser 11250 Stück 1>0 603). Öffentliche Laternen brannten Ende Dezember (ganznächtig) 569 Stück (1595). Z u r Versorgung des Rheinhafeugebiets und des Stadtteils Daxlanden m it Gas wurde ein von der Honsell Straße bei der Albdrücke abzweigender Gas- rohrstrang erstellt. Die Auschließer haben eine gewisse jährliche Mindestverbrauchsmenge Gas garantiert. Vom E l e k t r i z i t ä t s w e r k wurden im Bericbtsjabrs abge­ geben 15865632 Xn'st. Stroni (1916 : 10 113022 Krvst.). A n­ schlüsse waren Ende Dezember 3762 (3211) vorhanden. Eingerichtet waren Ende Dezember 144 154 Glühlampen (132 913), 836 Bogen­ lampen (836), 2246 (2181) Motoren m it 8417 (7377) ?3 und 7427 (6554) Elektrizitätszähler. Durch Beschluß des Bürgerausschusses vom 16. M ärz wurde der früher bewilligte erhöhte Gas- und Stronipreis bis 30. A p r il *) Beschluß des Stadtrates vom <s. März td>6 auf Grund des Art. I des Staatsgesetzes vom 25. Februar tS ls. (913 in A ra ft gesetzt (vergl. Chronik (916 5. 20). In fo lge der am (. August in A ra ft tretenden Reichssteuer auf Aohle, wodurch sich die Ausgaben der Stadt für die von ihr benötigten Aohlcn um mindestens ein Fünftel des bisherigen Betrags vermehren, wurde eine weitere Erhöhung des Gas- und Strompreises vom Bürgerausschuß am 27. J u li und zwar zunächst für die Zeit vom (. September 19(7 bis 30. A p ril (9(8 beschlossen. Danach beträgt für Leucht-, Roch- und Heizgas der Preis (9 Pf. für ( kbm statt (6 Pf., für Gas unter Aontrolle eines besonderen Gasmessers für Gasmotoren (7 P f. statt (4 P f. Für Strom zu Beleuchtungs­ zwecken wird die Ailowattstunde m it 55 P f. statt 50 Pf. berechnet, für Strom zu A ra ft- und sonstigen Zwecken m it 28 Pf. statt 25 P f. Großverbraucher erhalten für Gas und Strom Rabatt. Beim M a s s e r w e r k betrug im Berichtsjahre der Gesamt­ wasserverbrauch 7 800768 kbm ( ( 9(6: 7 578245 kbm). Die stärkste Tagesabgabe betrug 29 708 kbm (28 288 kbm), die schwächste (5 380 kbm ((5 008 kbm). Für Straßengießen, Spring­ brunnen usw. wurden abgegeben 4?? 038 kbm (537 066 kbm). Öffentliche Brunnen waren vorhanden 84 Stück (84), Feuerhahnen (5 (9 (15(2) und Springbrunnen (6 ((6). 2. Gemeindeoerwallung. Der S t a d t r a t hielt im Berichtsjahr 54 Sitzungen ab ( ( 9(6: 54), in denen 2907 (3009) Gegenstände der Beschlußfassung unterlagen. Von den s t ädt i schen U o m m i s s i o n e n hatte die B au­ kommission 54 (1916: 54), der Verwaltungsrat der Spar- und Pfandleihkasse und die Aommission für Armenwesen und Jugend­ fürsorge je 5 ((916: 8 und 7), der Gewerbcschulrat 4 (1), je 3 die Badeanstaltenkommission ((), die Schulkommission (2), der Handelsschulrat (2), je 2 die Friedhofkommissiou ((), die Rhein­ hafenkommission ((), die Schlacht- und Viehhofkommission ((), der Beirat der höheren Lehranstalten für Mädchen (2), der Beirat der Goethe-Schule (2), der Beirat der Humboldt-Schule (2), der Beirat der Realschulanstalten (2), je ( die Archivkommission (0), die Gas und Masserwcrkskominission (1), die Arankenhauskommission ((), der Mrtsgesundheitsrat (0), die Stadtgartenkommission (2). — 23 — Der B ü r g e r a u s s c h u ß hielt im Berichtsjahre 9 (8) Sitzungen ab, in denen H7 (öS) Gegenstände verabschiedet wurden. Gr bewilligte die Verwendung von Anlehensmitteln sür nachstehende Zwecke *): Ankauf eines Grundstücks im Gewann Oberfeld. Aufwand s6 9HO M k. verkauf des Anwesens Nördliche Ufer-Straße 9 am Rheinhafen an die Badischen Graphitwerke G. m. b. H. in Karls- ruhe. Kaufpreis (20 000 Ulk. verkauf von Grundstücken an der Hans-Sachs-Straße an private. Kaufsumme HHH72 M k. Tauschvertrag über Grundstücke an der Georg-Friedrich-Straße und an der Seubert-Straße zwischen der Stadt und der Gesell­ schaft U)olff L Sohn. Deckung der Mehrkosten für den Umbau des Anwesens Zähringer-Straße Hö/47 zu einer Milchzentrale. Aufwand H l 000 M k. Erstellung von Absonderungsbaracken beim städtischen Kranken­ haus. Aufwand (7 500 M k. Bewilligung der Nachforderung für die Stadtgartenneubauten. Aufwand 50 000 Mk. Gasversorgung des Rheinhafengebiets. Aufwand 37 700 M k. Anschluß des Lagerplatzes des Tiefbauamts an der Durlacher Allee an die Straßenbahn. Aufwand 2 s 000 M k. Beschaffung von 5 Kastenkippwagen für die Karlsruher Lokalbahnen. Aufwand (5 300 Mk. Beschaffung von 7 Güterwagen für die Städtische Straßen­ bahn. Aufwand H9 lOO M k. Beschaffung von (00 Stück zweirädriger Handwagen zur Beförderung von Massengütern. Aufwand (7 500 M k. Errichtung eines städtischen Fuhrparks (Beschaffung von (0 Pferden nebst Geschirren, H Ochsen, (0 Pritschen- und 20 Kastenwagen samt Unterbringung). Aufwand 70 000 M k. Aufnahme eines Anlehens von (2 M illionen M ark. Gewährung eines weiteren verzinslichen Darlehens an die „Karlsruher Milchversorgung" G. m. b. H. Aufwand 200 000 M k. * ) Die Bewilligung kleinerer Beträge unter m ono Mk. bleibt unberück- stchtigt. - - Die Beratung des städtischen Voranschlags für das Jahr 191?. Außerordentlicher Aufwand im Zahre l 9 l ? und Aufrecht­ erhaltung von Restkrediten. Erweiterung der städtischen Gutswirtschaft (Beschaffung von Nutz- und Zuchtvieh, Baulichkeiten). Aufwand 50 000 Alk. Erweiterung der städtischen Dörranlage. Aufwand 33000 Alk. Verkündung der städtischen Rechnungen, sowie der Rechnungen der städtischen Spar- und s?fandleihkasse und der Schulsparkasse für die Jahre t 9 l 5 und >9 l 6. Änderung der Arbeits- und Lohnordnung für die städtischen Arbeiter. Beibehaltung der erhöhten (Kriegs-) Gas- und Strompreise. Bewilligung von Teuerungsbeihilfen und Kriegszulagen für die städtischen Beamten, Lehrer und Arbeiter. Städtische Zulagen zum Gehalt der städtischen Hauptlehrerinncn der Höheren Alädchenschulen. Errichtung zweier weiterer jDrofcssorenstellen an den Real­ gymnasien. Dienstvertrag m it Stadtbaurat Eglinger. Dienstvertrag m it Gartendirektor Scherer. Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Geheimen Kommerzien­ rat L)r. InZ, k>. c. Friedrich Wolfs hier. Änderung der Verbrauchssteuerordnung (Satz für Einfachbier). Abänderung der Satzungen für Errichtung einer städtischen Häuserkasse. weitere Erhöhung der Gas- und Strompreise. Erhöhung der Schlachthofgebühren. Bildung von Betriebsstöcken für die Beschaffung von Lebens­ mitteln, Brennstoffen und sonstigen Gegenständen des täglichen Bedarfs. Gesamtbetrag 5 Aiillionen Alark. Zeichnung der Stadtgemeinde m it 3 000 000 Alk. und der städtischen Sparkasse m it 62<2 000 Alk. auf die V I. Kriegsanleihe und m it 5 000 000 A lk. zusammen auf die V II. Kriegsanleihe. Beitrag zur Badischen Ostpreußenhilfe. Aufwand 50000 w k . — 25 — Errichtung eines städtischen Landwirtschaftsamts und Dienst­ vertrag seines Vorstands lvcckesser. Pachtung des Fürstlich Fürstenbergischen Hofgutes lvaldhauser Hof auf (5 Zahre gegen 4000 Akk. jährlichen Pachtzins. E r­ werbung der vorhandenen Vieh- und Futterbestände. Aufwand 64 000 Akk. Beim Bürgermeisteramt als G e m e i n d e g e r i ch t wurden im Jahre (9(7 (263 Zahlungsbefehle (>9 ( 6 : l 2 0 >) und 50 s (446) vollstreckungsbefehle erwirkt; 2Y2 (272) Zahlungsbefehlen wurde widersprochen. Rechtsstreite waren 94^ ((053) anhängig. Hiervon wurden erledigt durch abweisende Erkenntnisse 62 (74), durch verurteilende Erkenntnisse 447 (5 (cZ. durch vergleich (57 ((84), durch Verzicht und Beruhenlassen 205 (221), durch Zurück­ nahme der Klage 57 (47). (8 ((>) Streitigkeiten gingen in das nächste Zahr über. Gegen 89 ((05) Entscheidungen wurde beim Amtsaericht Berufung eingelegt. Dieselben wurden in (0 (>8) Fällen bestätigt, in 3 ( 4) Fällen abgeändert, in 2 ( (25) Fallen durch vergleich beseitigt, in (( ((5 ) Fällen für beruhend erklärt. Zn 44 (4>) Fällen wurde das Ergebnis der Berufung nicht mitgeteilt. Einstweilige Verfügungen und Arreste wurden 6 (6) erlassen, v o r dem Schiedsmann fanden 377 (480) Sühneverhand- lungen über Beleidigungen statt; hiervon gelangen ( (0 ( (6 (), mißlangen 267 (5(9). Vor dem As i e t e i n i g u n g s a m t waren im Berichtsjahre 82 Fälle anhängig. Sie wurden erledigt in (6 Fällen durch vergleich, in 26 durch empfehlende Vorlagen an das Kriegsunter- stützungsamt. Zn 8 Fällen mißlang der Einigungsversuch, in 3 Fällen erging eine Entscheidung, in ( ein Gutachten. 26 blieben beruhen und 2 gingen ins nächste Zahr über. Das G e w e r b e g e r i c h t erledigte (9(7 in 48 Sitzungen ( (9 (6 : 52) 202 (252) Streitsachen und zwar 65 ( (02) durch Arteil, 66 (69) durch vergleich, (7 ( (9) durch Zurücknahme der Klage; beruhen blieben 53 (62) Sachen; ( (0) Anerkenntnis erfolgte. Von den 65 Rechtsstreitigkeiten, die durch Urteile entschieden wurden, lauteten die letzteren in 26 Fällen ganz nach dem Antrag der Klage; in (9 Fällen wurde die Klage ganz und in 20 teilweise III. Bauliche Entwicklung der Stadt. m Berichtsjahr sind Umfang und Grenzen der G e m a r k u n g ^ unverändert geblieben. Nach wie vor mußte im H. Ariegsjahr m it der B a u ­ t ä t i g k e i t zurückgehalten werden. Die im Vorjahr im Stadtteil Daxlanden begonnenen S t r a ß e n - b a u t e n wurden fertiggestellt und damit nicht unerhebliche Front­ längen an Baustellen für Uleinwohnungszwccke geschaffen. Auch der begonnene, in der Hauptsache militärischen Zwecken dienende Bau der Außmaul Straße konnte zu Ende geführt werden. Der Umbau der Beierlheimer Allee zwischen Garten- und Ariegs- Straße ermöglichte die Verlegung des Betriebs der Lokalbahn aus der Uriegs-Straße zwischen Scheffel- und A a rl Friedrich Straße. An U a n a l b a u t e n wurden die noch ausstehenden Regen­ wasserkanäle in der Enz Straße (Meiheräcker) und im vierten Rheinhafenbecken fertiggestellt. I m übrigen wurden die Unterhaltungsarbeiten am Straßen­ netz soweit wie möglich eingeschränkt, von Umpflasterungen wurde völlig abgesehen, nur die stärkst abgenutzten und verkehrsreichsten Schotterfahrbahnen wurden neu eingedeckt. Die im Berichtsjahr für die verschiedenen Bauten entstandenen Aufwendungen sind in der folgenden Zusammenstellung nach­ gewiesen; sie gibt gleichzeitig auch eine zusammenfassende Übersicht von dem Stand der verschiedenen Bauarbeiten. K u l n . v. k . HaröoÄi. vr. ing. u. meä. I^eindarä kaumeizter, 8 e l i . g ä t » n ä p ro le rs o r . 29 - vom Bnrger- ausschnß bewilligt B ew il­ ligter Auf- wand A uf­ wand im Jakre 1917 Des Baues Baugegenstand Seglnn vo U ^ n » am L. Z n früheren Z ah ren begonnene und fyf? noch nicht vollendete B auten . I. S t r a ß e n b a u t e n . Bahnhofsplatz und einmündende Straßen . . . 29. Vll 12 532 600 — 6. X II. 12 2. Rüppurrer Straße, Umbau . 26. IX. >6 369 248 — 2 061 66 28. V. 14 -- . z. Karl Wilhelm- Straße . . . . 7. V!>. >4 255 400 — 23. IX . 14 -- -z. Straßen in den Weihcräckern. . 28. IV. 14 89 494! — — 4. I. 15 -- 5. Albuferanlagen zwischen verschub- bahuhof und Rüp­ purr sowieStraßen im weihcräcker- und Dammerstock- qcbiet . . . . l l . V I l . 16 113 800! - 3 346 94 < Hnsammeu 13605421 — 5 408 60 Erstellung eines vierten Beckens des städt. Rhein- Hafens . . . . II. R a n a l b a u t e u . 4. X I. 12 251 600 — 12.V II.15 — 36 vom Be- Des Baues Baugegenstand Bürger ansschiiß bcwilligl willigter Aufwand Gesamt­ aufwand Beginn Vollendung am 4« iq< F Ich» v . An früheren A ahren begonnene N N - 1117 vollendete Bauten. I. S t r a ß e n b a u te n. t. Umgestaltung der Straßen und des Fest­ platzes beim neuen Ron- zertgebäude und Aus­ stellungshalle . . . . 21. II I . 11 202 580 — 189 615 66 l. V II. 11 2. 1. n 2. Straßen im Stadtteil Varlanden: 28. IV . 11 Schiffer-Straße . . . 6112 10 5 336 42 >3. V II. 11 26. V II. 11 Salinen-Straße . . . 8 063 60 6 290 02 1. V I. 11 2«. V II. 11 Zoll-Straße . . . . 5 922 90 5134 31 l.V ll l . 11 2«. V II. 11 3. Römer-Straße . . . IS. V. 11 8 739 50 7 597 43 21. V II I 1« 16. V II. 11 4. Rußiuaul-Straße. . . S. X . IS 10 855 — 10 567 3 ' l«. x i . ie 8. V. >1 Zusammen . . 39 693 10 34 925 48 II. R a n a 1 b a u t e n. Straßen in den Meiher- ä c k e rn ............................ 28 IV , >1 116 700 114 645166 12.VIII.11 2S. III. 11 6. Ain A a h r lyf? begonnene n n - vollendet« B auten I. S t r a ße n b a u t o n. Beiertheimer Alleezwischen K a r l»Friedrich- und Garten-Straße, Umbau l>. V I. 11 18 000 18 290 13 8. I. 1? I5.VIII.11 B. An« A ahre fgt7 bego««nene und nicht «nehr vollendete B auten Reine. Neue Baufluchten sind nicht festgestellt worden. Die amtliche Festlegung von Fluchten beschränkt sich auf die vorhandenen noch nicht amtlich festgelegten Fluchten im Bannwaldgebiet und auf die bisher ähnlich behandelte südliche Bauflucht der Luisen-Straße östlich der Ettlinger Straße entlang dem Grundstück der Ehristofle- Fabrik. Die Bauplatzumlegungen ruhten völlig. Die Verwendung von Kriegsgefangenen für verschiedene Arbeitsleistungen, vor allem für die Erdarbeiten in den künftigen Albuferanlagen im Weiheräcker- und Dammerstockgebiet, teilweise auch für landwirtschaftliche Arbeiten bei der städtischen Kläranlage, wurde in der im Vorjahr geübten Weise beibehalten; ebenso die Heranziehung weiblicher Arbeitskräfte. Jedoch ist bezüglich der letzteren ein erheblicher Rückgang festzustellen. Während zu Beginn des Berichtsjahres bei der Straßenreinigung 2H, bei der Straßen­ unterhaltung s8, also insgesamt H2 Frauen, beschäftigt waren, hat sich diese Zahl auf 3 , H und 9 am Ende des Wahres vermindert, in der Hauptsache dadurch, daß bei der allgemein gespannten Lage des Arbeitsmarkts sich für weibliche Arbeits­ kräfte lohnendere und leichtere Arbeiten boten. Die Verhältnisse konnten auch durch eine weitere Erhöhung des Stundenlohnes von HO Pf. auf H5 Pf. nicht erheblich zu unseren Gunsten beeinflußt werden. I m Berichtsjahre kamen durch das städtische H o c h b a u a m t folgende Bauten zur Ausführung: Die E r w e i t e r u n g des s t äd t i schen E l e k t r i z i t ä t s - W e r k s am Rheinhafen ist fertiggestellt worden. I m Wärz wurden die neuen Waschinen in Betrieb genommen. Der an die Südseite des bestehenden Werks angegliederte Erweiterungsbau bedeckt eine Grundfläche von 878 9 m. E r enthält ein Kesselhaus, ein Waschinenhaus, Werkstätte, Aufenthaltsraum für die Arbeiter, Bäder und Aborte. Die nicht durch Waschinenfundamente bean­ spruchten Keller dienen als Lagerräume. Die Architektur ist im Stile des ersten Baues gehalten; die Ausführung der Außenwände erfolgte demnach in hammerrechtem Bruchsteinmauerwerk mit Backsteinhintermauerung. I m neuen Kesselhaus gelangten 3 Hoch­ leistungskessel von je 300 9m Heizfläche für s3,5 Atmosphären und 350 Grad Überhitzung mit gesonderter Saugzug-Anlage zur — 32 — Aufstellung. Für die Beschickung der Kessel dient eine Kohlen­ förderanlage n>it eingebauter selbsttätiger Wage. Die neue Turbine leistet bei Dollast 3000 K ilowatt. Die Kondensationsanlage kann sowohl m it Albwasser, als m it einem besonderen Kühlturm, der gleichzeitig neu erstellt wurde, betrieben werden. Die Gesamtkosten für Erweiterungsbau, Kühlturm , die Dampfkessel-, Turbinen- und sämtliche Nebenanlagen betragen 935 000 NA. Die G e m ü s e - u n d G b s t - D ö r r a n l a g e in der Ltösser- Straße N r. l9 erfuhr eine abermalige Erweiterung um 376 ĉ m bebauter Fläche. I n diese kamen 2 Or. Zimmermann'sche 4 Felder-Darren einschließlich Lokomobilkessel, Gebläse und Luft­ leitungen zur Aufstellung. Die Erweiterung einschließlich der Nlaschinen kostete 35 000 Alk. Beim städt ischen G u t s h o f wurde eine offene Feldscheune errichtet. Die Fertigstellung des Baues, der 17/40 m Grundfläche und 5780 cbm Nutzraum umfaßt, konnte bis zum s. August rechtzeitig zur Fruchternte erfolgen. Die Baukosten betrugen mit Einzäunung 22 000 NA. Das ehemalige Nlälzereigebäude im genannten Anwesen ist in eine Scheune mit Fruchtspeicher und Geräteschuppen umgebaut worden, was 18 000 NA. Kosten verursachte. A u f bahneigenem Gelände Kriegs Straße N r. 7 wurde für das Nahrungsmittelamt mit einem Aufwand von 12 700 NA. ein Lager- und Derkaufsschuppeu m it 846 ym Bodeufläche aus alten Baustoffen erstellt. A u f dem Gelände des städtischen Krankenhauses kamen 3 Isolierbaracken zur Aufstellung. 2 kleinere von je 5. > 0/15.00 m Grundfläche m it je 10 Betten und eine größere 6.05/24.50 m groß m it 22 Betten. Der Bauaufwand, einschließlich der nötigen Installationen und Einrichtungen, die noch nicht vollständig beschafft werden konnten, wird voraussichtlich 75 000 NA. erreichen. IV. Kirche, Schule und Kunst. 1. Kirche. (ö. A p ril (Weißen Sonntag) empfingen in der hiesigen I katholischen Gemeinde ( (50 Ainder die erste A o m m u n i o n. A uf die einzelnen Pfarreien verteilt sich die Zah l wie fo lgt: St. Stephan ( 88, 73 Anaden, (10 Aläüchen; Liel'franenkirche 280, (H6 Anaben, (3H Alädchen; 5 t. Bernhard 302, ( 6 ( Anaben, (s(( Wädchen; 5t. Bonifaz (-(0 , 76 Anaben, 6s( Wädchen; 5t. Peter und Paul (H3, 72 Anaben, 7( Wädchen; 5t. Alichael 60, 36 Anaben, 2H Wädchcn; St. Joseph 37, (7 Anaben, 20 Akädchen. Am 2si. A p ril (Sonntag Jubilate) wurde nachstehende A n ­ sprache des Evangelischen Gberkirchenrates vor der predigt verlesen: „ In dem Herrn Geliebte! M as der heutige Sonntag Jubilate von uns fordert: Jubelt, frohlocket, das will schlecht stimmen zu dem furchtbaren Ernste unserer Zeit. Heißer als je zuvor in dem bald dreijährigen Kriege ist der Kampf an der Westfront entbrannt, und während unsere tNäuuer draußen in dem unsag­ bar harten, vielleicht in dom letzten Ringen um die Entscheidung stehen, lastet auf unserm Volk in der Heimat Arbeit, Entbehrung, Sorge schwerer als wohl je in früheren Tagen. Nicht als ob w ir verzagen wollten — nein, der Siegeswille ist draußen und daheim nnerschültert. Aber können w ir jubeln, wenn uns das Herz blutet über dem vielen Sterbe», können w ir frohlocke», wenn wir mit Sorge fragen, ob nicht auch die Starken bald aufaugen, müde zu werden über der aufreibenden Anspan­ nung aller inuern und äußern Kräfte, und w ir mit Sorge sehen, daß neben so viel stillem Heldentum auch so viel selbstsüchtiges Wesen groß werden und uns um die Früchte eines siegreicheil Kampfes bringen w ill? Da dünkt uns das Jubilate eine unmögliche Forderung zu sein. — z q — Und doch können w ir ihr entsprechen, wenn wir uns den w eg dazu zeigen lassen — Vom 6. bis einschließlich s3. M a i hielt E d u a r d E i c h e n ­ b e r g e r aus Liebenzell unentgeltliche „ R e l i g i ö s e V o r t r ä g e " im Vereinshaus, Adler-Straße 23, und zwar an Sonntagen um 5 und 8 Uhr, an Werktagen um H und Uhr. Jeweils wurden Siegeslieder gesungen. Am 20. M a i wurde in den katholischen Gotteshäusern das R u n d s c h r e i b e n der Bischöfe des von den Deutschen besetzten l i t a u i s c h e n L a n d e s verlesen, worin die Notlage der dortigen drei M illionen Bewohner geschildert und die Katholiken des E rd ­ kreises um Hilfe gebeten wurden. Das Schreiben war mit Empfeh­ lung des Papstes und des Erzbischofs Or. Nörber versehen. M it der Verlesung war eine kurze Andacht nach dein Hauptgottcsdienst und eine Tellersammlung verbunden. Am 28. M a i (Pfingstmontag) hielt der A l l g e m e i n e e v a n g e l i s c h - p r o t e s t a n t i s c h e M i s s i o n s v e r e i n in der Stadtkirche einen Missionsgottesdienst ab, den Stadtpfarrer Rapp, der Vorsitzende der Uarlsruher Mrtsgruppe des Missionsvereins, mit Schriftlesung eröffnete und m it dein Segen schloß. Pfarrer Deveranne aus Eharlottenburg hielt die predigt. E r führte darin aus, daß w ir trotz aller Schädigungen der Mission durch den Urieg alle U raft für die weitere Förderung der Mission einsetzen müßten. Die Engländer hätten lange vor uns die Bedeutung der christlichen Mission für ihre Weltherrschaft erkannt. Das sehe man u. a. daraus, daß England über sOOOO Missionare unterhalte und rund 32 M illionen M ark für die Mission ausgebe, während Deutschland kaum ss M illionen aufwende. Durch die Mission könnten w ir der deutschen Wahrheit gegen englische Lüge zur Herrschaft ver­ helfen. Dazu komme noch, daß sich für das Christentum in (Vstasien großartige Aussichten eröffneten. I n China verhielten sich die oberen Schichten dein Christentum gegenüber durchaus freundlich. Die japanische Regierung habe im Herbst v. I . dem Reichstag einen Gesetzentwurf über die Gleichberechtigung des Christentums m it den einheimischen Religionen vorgelegt. Der Geistliche ist der Meinung, daß dieser Tatsache die gleiche welt­ geschichtliche Bedeutung zukomme, wie der Anerkennung des — 35 — Christentums im römischen Reiche durch Konstantin de» Großen. Zn Zapan nehnie das Ansehen des Buddhismus immer mehr ab, er ahme schon, um seine Herrschaft zu erhalten, die Formen des Christentums in Gottesdienst, Rinderkirche und Jugendpflege nach. Zum Schlüsse ermahnte der Geistliche die Gemeinde, künftig als Christen nnd Deutsche die Mission besser zu unterstützen. Zn diesen Wochen wurden auch hier die A irc h eng locken behufs Verwendung für Kriegszwecke eingezogen, w ir führen dazu folgendes an: Zn der evangelischen Rirche des Stadtteils Rüppurr läuteten sämtliche Glocken zum letzten M ale am 3. Zum abends gegen 8 !Ih r. Eine kleine Glocke blieb dieser Rirche überlassen. Am sH. Zum wurden von den drei Glocken der allkatholischen Auferstehungskirche zwei abmontiert und abgeliefert. Diese beiden Glocken mußten oben im Turme zusammengehauen werden, um die Rosten für die Aufstellung eines Außengerüstes zu ersparen. Ähnlich wurde vielfach auch in anderen Rirchen verfahren. Am H. Z u li wurden die Glocken der Liebfrauenkirche in der Südstadt heruntergeholt. Auch das Glöckchen auf dem Türmchen des Seminars in der Rüppurrer Straße wurde in dieser Woche abgeholt. Am vorm ittag des l 2 . Z u li wurde die Glocke der „Riemen Rirckie" an der Rreuz Straße abgenommen. Die Glocke, die m it lateinischen Zuschriften geziert war, wog s8 Zentner und trug die Zahres- zahl l763. Am 27. Zum wurde die D i ö z e s a n s y n o d e der evangelischen Diözese Rarlsruhe-Stadt in der „Riemen Rirche" abgehalten. Dekan Cbert eröffnete die Verhandlungen m it Gebet und Ansprache über das w o rt Zoh. y., H. Nach Mitteilungen über die Ausführung der vorjährigen Beschlüsse und den Bescheid des Gberkirchenrats auf die letzijährige Diözesansynode erstattete der Dekan den dies­ jährigen Diözesanbericht. Bedauert wurde, daß fast durchweg die mittleren Rlassen der Rarlsruher Volksschulen während der Rriegs- zeit aus Mangel an Lehrkräften und Schulzimmern wöchentlich nur eine Religionsstunde haben. Zm Mittelpunkt der Tagung stand der Bericht von Stadtpfarrer Schilling über das Thema: „w a s muß und was kann die Rirche der Reformation tun, damit unser Volk nicht geschädigt, sondern m it innerem Gewinn aus dem Weltkriege hervorgeht?" Herr Schilling führte etwa folgendes 36 - aus: Die Schädigungen, die unser Volk un seiner Seele durch diesen Arieg erlitten Hut, sind heute schon unverkennbar (Sittliche Zustände, Verhalten eines Teils des weiblichen Geschlechts gegen­ über den Kriegsgefangenen, Roheit, Wuchergeist usw.). Daß diese Schädigungen aufgehoben werden, und daß unser Volk m it innerem Gewinn aus dem Weltkriege hervorgehc, muß die dringendste Sorge der Airche sein. Aus keinen Fa ll dürfen w ir verzagen. Erschütternde Zeiten sind religiös fruchtbare Zeiten. Darum soll sich die Airche in dieser Saatzeit nicht auf die Verteidigung beschränken, sondern den Aam pf gegen den Unglauben, Freigeisterei, Ansiltlich- keit usw. suchen. Die Airche als solche, d. H. als organisierte Wacht, soll zu den großen sittlichen Fragen unseres Volkslebens in eindrucksvollen Kundgebungen der Airchenregicruugen, der Generalsynode, des deutschen Airchenausschusses und unter Um­ ständen im Verein m it der katholischen Airche offen Stellung nehmen und die Gemeiudeglieder direkt auffordern, sich in der angegebenen Richtung zu betätigen. Eine energische Liebestätigkeit der Airche zur Heilung der äußeren Ariegsschäden ist unerläßlich. Voraussetzung einer fruchtbringenden Tätigkeit auf allen Gebieten ist die Einigkeit und Geschlossenheit der Airche und ihrer Diener. Die Parteigegensätze müssen zurücktreten, Parteiwünsche müssen schweigen. Au den Bericht schloß sich eine eingehende Aussprache. Eine Diözesausammlung für die evangelische Airche in Österreich wurde auch in diesem Zahre beschlossen. Die sysö beschlossene ergab ^Uk., im ganzen konnten über HOOO Wk. an den Evangelischen Ausschuß für «Österreich abgeliefert werden. Bei den nun folgenden Erucucrungswahlen in den Diäzesanausschuß wurden die bisherigen Witglieder. Stadtpfarrer Werner-Bruchsal und Airchengemeinderat Schlebach-Aarlsruhe, wiedergewählt, elfterer zugleich auf ein weiteres Zahr zum Stellvertreter des Dekans. Zur Aufhebung des Zesuitengesetzes nahm die Synode durch einstimmige Annahme folgender Entschließung Stellung: „Die Diözesansyuode Aarlsruhe-Stadt spricht ihr schmerzliches Bedauern aus über die Aufhebung des Zesuitengesetzes im Gedächtnisjahr der Reformation. Sie erwartet von den Evangelischen der Diözese nun um so mehr ein treues Festhalten an den Gütern der Reformation und ein freudiges Bekenntnis zum evangelischen Glauben. Sie fordert mit — 57 Rücksicht auf den Ernst der Zeit alle Glieder der Diözese auf, sich an der Arbeit des Evangelischen Bundes zu beteiligen in lebendiger Wahrung der deutsch protestantischen Interessen." Sodann wurde die Synode mit Gebet von Dekan Ebert geschlossen. — Zum 3s. Dezember wurde Hofprediger Fischer vom Großherzog zum Oberhofprediger ernannt. — I m Stadtteil Daxlanden wurde ein Hans mit Garten zur Errichtung einer evangelischen Rleinkinder- schule angekauft; für den Stadtteil Grünwinkel spendete zum gleichen Zwecke die Gesellschaft Siuner 500 Akk. I m Stadtteil Rintheim wurde im Januar ein Rindergottesdienst mit Gruppensystem ein­ geführt, in dem die seitherige Sonntagsschule der Rinderschwestern aufging. Der Bericht teilt mit, daß mehr als 300 Rinder, das seien stark ^ der evangelischen Rinder der Gemeinde, diesen Gottesdienst besuchen. Dagegen ist die Teilnahme der Schulkinder am Hauptgottesdienst von 250 im Jahre sys 6 auf s65 im Berichtsjahre zurückgegangen. Die Zah l der Teilnehmer au allen Gottesdienste» eines Sonntags ist jedoch gestiegen, lHsO 5sH, l9s7: 507. Am 27. J u li fand im großen Rathaussaal die öffentliche Versammlung der k a t h o l i s c h e n R i r ch e n g e m e i n d e v e r -- t r e t u n g unter dem Vorsitz des Geistlichen Rats und Ehren- domherru Anton Rnörzer statt. Der Platz des Vorsitzenden war aus Anlaß des am H. August bevorstehenden 50 jährigen Priester­ jubiläums des Herrn Rnörzer m it Blumen geschmückt. Geheimer Finanzrat Stamer hielt eine Ansprache au den Jub ila r über dessen umfassende Tätigkeit während der s7 Jahre seiner Wirksamkeit in Rarlsruhe. Auf dem Gebiete der Vermögensverwaltung und der Organisation habe Herr Rnörzer außerordentliches geleistet. Seit sß02 seien zwei neue Pfarreien und zwei Ruratien neu geschaffen worden, die neue Gotteshäuser und Pfarrhäuser brauchten. Die Restaurierung der Stephanskirche sei selbst während des Rrieges vollendet worden. Die Rirchengemeindevertretung verbinde mit dem Danke für alles, was der Jub ila r getan, den Wunsch, daß es ihm möglich sein möge, noch viele Jahre an der Spitze der hiesigen Rirchengemeinde zu stehen und die Pfarrei zu leiten. Zum Zeichen der Zustimmung erhoben sich die Akitglicder von ihren Sitzen, Herr Rnörzer sprach seinen Dank für die ihm bereitste — 38 — Überraschung und Ehrung aus. Gewiß habe sich in den s7 Jahren seines Hierseins manches geändert. Damals wäre 5t. 5tephan m it vier Vikaren neben 5t. Peter und Paul in Alühlburg die einzige Pfarrei gewesen; jetzt seien es im ganzen Dekanat Karlsruhe, das seither errichtet worden, 7 Pfarreien und 8 Kuratien, mit zusammen etwa s8 Vikaren. Damals habe die katholische Kirchen- gemeinde 2H000 5eelen gezählt, jetzt seien es 50 000. Daraus könne ersehen werden, daß die katholische Gemeinde Karlsruhe gleichsam eine ganz andere geworden sei und damit sich auch die Arbeit außerordentlich gesteigert habe. Die katholische Gesamt- kirchengemeinde sei gegründet worden, um die M itte l aufzubringen zur Gründung von Kirchen, Kapellen und Pfarrhäusern, wenn so manches gelungen sei, was erwähnt worden wäre, so verdanke er das nächst Gott seinen übrigen Kollegen im Klerus und der Gesamtkirchengemeinde. — Der Voranschlag der Kirchensteuer für sHl? wies eine Gesamtausgabe von 205 525 Alk. 87 Pf. auf und eine Gesamteinnahme von ^7 06 s Alk. <sO Pf. Durch Kirchensteuer sind somit s56 462 Alk. H7 Pf. aufzubringen. Die 5teuerwerte betragen (umgerechnet) H5H 697902 Alk. Der vom 5tiftungsrat der Gesamtkirchengemeinde beantragte 5teuerfuß von 5*/z P f. auf sOO Alk. Gemeindestcuerwert wurde genehmigt und wird s58 758 Alk. 97 P f. ergeben. Der Anleihebetrag der Gesamt­ kirchengemeinde, der sich auf s 593 000 Alk. belief, hat sich s9s6 auf s 227 56H Alk. 58 P f. ermäßigt und wird nach dem Voranschlag für s9s7 um weitere s20 463 Alk. 60 Pf. auf s s07 sOO Alk. 98 P f. verringert werden. Der ganze Voranschlag wurde einstimmig genehmigt und darauf die Ätzung geschlossen. Die am 5. August in der „Kleinen Kirche" abgehaltene Ver­ sammlung der e v a n g e l i s c h e n K i r ch e n g e m e i n d e wurde vom Vorsitzenden Hofprediger Fischer mit einem Hinweis auf die gewaltigen Erfolge auf den Kriegsschauplätzen eröffnet. Die Tagesordnung umfaßte ausschließlich Rechnungsangelegenheiten. Nach Bekanntgabe von Rechnungsbescheiden und Genehmigung von Kreditüberschreitungen wurden die Voranschläge für s9l7 und s9 l 8 beraten und einstimmig genehmigt. Nach dem Voranschlag der evangelischen Grtskirchenkasse gleichen sich die Ansätze für jedes der beiden Jahre mit 22887 Alk. in Einnahme und Ausgabe aus. Aus - Z 9 - Sein Steuervoranschlag ist zu ersehen, Saß die evangelische Airchen gemeinde neben der Schloßkirche und dem Pfarrhaus der Hof­ pfarrei, die Eigentum des Hofes und auch von diesem zu unter­ halten sind, zurzeit fünf Airchen, sechs Pfarrhäuser und ein Ge meindehaus (das in der Südstadt) besitzt. Z u r Stadtkirche ist, abgesehen von Zentralheizung, Beleuchtung u. ä., das Domänen­ ärar, für die übrigen vier Airchen, die Pfarrhäuser und das Gemeindehaus ist die Airchengemeinde baupflichtig. — Die Bau­ schulden waren am f. Zanuar d. Z . bis auf 923 Blk. 52 Pf. getilgt. Die seit Ariegsausbruch zur außerordentlichen Schulden­ tilgung vorgesehenen Summen m it zusammen 6H sOO Blk. wurden zu Zeichnung auf Ariegsanleihe verwendet, ihre spätere Verwendung zur Schuldentilgung bleibt Vorbehalten. Der Unterhaltungsaufwand für Gebäude ist infolge der Preissteigerungen auf das Doppelte gestiegen. Auch sonst hat der Arieg durch Stellvertretungskosten usw. erhebliche Ausgabevermehrungen gebracht. Infolgedessen stieg der durch Airchensteuern aufzubringende Aufwand gegen den vorausgegangenen Boranschlagszeitraum um rund s7 000 B lk. und beläuft sich auf l 75 787 Blk. Wegen der Zunahme des steuerpflichtigen Vermögens und Einkommens konnte indessen der seitherige Steucrfuß von fOO Blk. Gemeindevermögenssteuerwert m it 2,5 Pf. für die Airchspieleinwohner und 2 P f. für die Aus­ märker, Stiftungen und die juristischen Personen auch für die Zahre l 9 l 7 und beibehalten werden. Am 5. August wurde auf Anordnung des Bberkirchenrates in den evangelischen Airchen beim Sonntagsgottesdienst das G e d ä c h t n i s der V o l l e n d u n g des d r i t t e n A r i e g s - j a h r e s begangen und nach Verlesung des Predigttextes eine vom Gberkirchenrate verfaßte Ansprache vorgetragen. Darin wurde betont, es sei eine harte Beugung für die gesamte Menschheit, daß der Arieg nun schon drei volle Zahre währe und von Zahr zu Zahr an Ausdehnung und Heftigkeit zugenommen habe, während alle deutschen versuche, Frieden zu machen, erfolglos geblieben seien. Da unsere Feinde ihre habgierigen und rachelüsternen Pläne nicht aufgegeben hätten, dürften w ir nicht unr jeden Preis den Frieden erkaufen, w ir müßten ihn erkämpfen^ Z u den Gpferu an Geld und Gut sei jetzt auch die Abgabe der Airchengloekm — HO — gekommen. Dem Landesherr,, und den Seinen sei es ebenso sehr wie dem schlichtesten Kirchgänger ein schmerzliches Entbehren, ihre vertraute Stimme für lange Zeit hinaus nicht inehr zu hören. Das M eta ll der Glocken helfe mit, damit die Heimat von den unmittelbaren Schrecken des Krieges verschont bleibe. Darum sprächen w ir alle mit strengem Ernst und in tiefster Bewegung: Gott wolle auch dieses Wirken unserer Glocken segnen! Das Glockenopfer solle uns ein Zeichen des bußfertigen und darum starken Glaubens vor Gott sein, der mehr als alles andere zum Segen und Friede» führen werde und danach zur Erneuerung unseres Volkes. An demselben Sonntag wurde in den katholischen Kirche» eine A n s p r a c h e des E r z b i s c h ö f l i c h e n O r d i n a r i a t e s verlesen. Sie nahm auf die drei hinter uns liegenden Kriegsjahre Bezug und dankte den Männern in Waffen für ihre Tapferkeit, Ausdauer und Opfer, dem unermüdlichen M anu und der unver­ drossenen Frau in der Heimat für ihren Fleiß und ihr eifriges Schaffen, ebenso denen, die einen schweren Verlust in stillem Stark­ mut trügen. Die Ansprache ermahnte zum Gottvcrtrauen und wies hin auf den siegesbewußten Heldenmut an der Front, auf die ruhige Sicherheit der Heerführer und verurteilte Kleinmut und Verzagtheit, die den Willen lähmten und die Seelenkraft zerfräßen. Aus Anlaß des G e b u r t s fe st es des Kaisers K a rl von Österreich, Königs von M igarn, fand am l?. August in der St. Stephanskirche ein levitiertes Hochamt statt. Die Kirche zeigte reichen B lum en , Blattpflanzen-- und Fahnenschmuck. Kaplan Baumeister zelebrierte unter Assistenz der Kapläne Rotheubiller und Burkhard das Hochamt. Die feierliche Handlung wurde ver­ schönt durch den Vortrag der „M issa B revis" von j?icka (mit Orgelbegleitung), „Salve Regina" von Klose (vorgetragen von Kammermusiker Rösck) „Ave M a r ia " von Weiß (Altsolo mit Hornbegleitung, vorgetragen von Fräulein Reuneukamp), „Gebet" von M ü lle r, Waldhornsolo (vorgetragen von Kammermusiker Suttner). Die Orgelbegleituug lag in den Händen des Haupt­ lehrers Stab, die Direktion der Messe hatte f?aul Herling über­ nommen. Der Feier wohnten neben verschiedenen höheren Staats­ - und lhofbeamten mehrere Offiziere der österreichisch-ungarischen Armee in Uniform an. Am s6. September veranstaltete der Wütterverein St. Stephan eine K r i e g s w a l l f a h r t nach Bickesheim. Über HOO Frauen und etwa 30 Kinder nahmen teil. Der Wallfahrtspfarrer, Benefiziat Klciser, hielt eine Ansprache. Nach der Andacht ver­ sammelten sich die Witglieder im „Lammsaal", wo Geistlicher Rat Knörzer eine zeitgemäße Ansprache hielt, der er das W ort „Weine nicht!" zugrunde legte. A m .2^. September wurde die Diözesansynode K a r l s r u h e - L a n d hier abgehalten. Den Vorsitz führte der nachher zum Dekan gewählte Pfarrer k)auß aus Spöck. Den Bericht über das sittlich- religiöse Leben im Bezirk gab Pfarrer Bähr aus Blankenloch. Eine Aussprache folgte. I m Wittelpunkte der Verhandlungen stand die Frage: „W as muß und kann die Kirche der Reformation tun, damit unser Volk mit innerem Gewinn aus dem Krieg hervorgehe?" Der Berichterstatter Pfarrer b)auß hob hervor: Dem drohenden Rückgang des sittlich-religiösen Lebens in unserem Volke müsse die Rückkehr zur Bibel, zu einem Lebe» aus und nach Gottes Wort entgegengesetzt werden. Die Synode beschloß, ohne Aus­ sprache die Zustimmung zu den l5 Thesen des Redners zu geben. Die am Schluß der Verhandlungen gefaßten Beschlüsse betrafen: s. Die neu gegründeten Schülerheime des Welanchthonvereins, 2 . Die Aufhebung des Iesuitengesetzes, 3. Die Forderung von Staatsgesetzen gegen Trunksucht und Anzucht, H. Die Pflicht der Kirche zur Evangelisation. Die übrigen Beschlüsse betrafen Wahlen. Am 26. und 27. Oktober wurde das Sakrament der F i r m u n g von Weihbischof I)r. Knecht an 2368 Personen erteilt. Davon entfielen auf die Pfarrei St. Stephan HOY, Liebfrauenkirche H73, 2t. Peter und Paul 262, St. Bernhard 503, St. Bonifaz 267, Beiertheim l ! 3 , Grünwinkel 83, Daxlanden 238, Rüppurr 5st, Bulach l07, Rcilitärgemeinde 30. Das HOOjährige R e f 0 r m a t i 0 n s j u b i l ä u rn wurde in sämtlichen Evangelischen Kirchen gefeiert. Das Nähere hierüber unten in VH, 2 . Am 20. Dezember beriet die V e r t r e t u n g der k a t h o ­ l i schen K i r che n g e m e i n d e die Frage der Ablösung der Ltolgebühren. Den Vorsitz führte Geh. Finanzrat Etamer. Nach Begrüßung der Erschienenen und Absendung eines besonderen Weihnachtsgrußes an die im Felde stehenden Mitglieder gab der Vorsitzende bekannt, daß seit der letzten Voranschlagsberatung zwei Herstellungen notwendig gewesen seien: einmal die Abnahme der kupfernen Dachkanäle und Blitzableiter an der Bernharduskirche, sodann die Einrichtung der elektrischen Beleuchtung in der Rirche zu Bulach, die einen Aufwand von 7lOO M k. erforderte. Hierauf wandte er sich zu dem genannten Gegenstand der Tagesordnung. Längst sei es Absicht und Wunsch des Etiftungsrates gewesen, die Ltolgebühren abzulösen; wegen der dadurch erforderlichen Erhöhung der Grtskirchensteuer habe man bisher von der Maßnahme abge­ sehen. In fo lge des steten und namentlich während des Rrieges sehr starken Rückgangs der Ltolbezüge, die in der Hauptsache die Minderbemittelten leisteten, und im Hinblick darauf, daß andere Rirchengemeinden, insbesondere die hiesige evangelische Gemeinde und die katholische Gesamtkirchengemeinde Mannheim, die Gebühren längst abgelöst hätten, sei ihre Beseitigung auch hier unabweisbar geworden. Es handle sich um die Ablösung der Gebühren der Geistlichen, Mesner und Meßdiener für Rirchen- und Haustaufen, Trauungen und Beerdigungen. Nicht abgelöst sollen werden die Fahrkosten bei Beerdigungen und Haustaufen, die Gebühren für die Einsegnung erwachsener verstorbener in der Wohnung, für heilige Messen, die Stolgebühren für Trauungen und Beerdigungen von auswärts kommender, nicht zu einer hiesigen Pfarrei gehöriger Personen, die Vergütungen der Organisten und die Gebühren für Fertigung von Auszügen aus den pfarrbüchern. Die Einsegnung von Rindern in der Wohnung erfolge gebührenfrei. Der Gesamt­ aufwand werde rund s-sOOO M k. betragen, die aus dein Erträgnis der neu einzuführenden Ruitsteuer von 0,6 Pf. auf je WO Mk. bestritten werden sollen. Die Ablösung wird nach Antrag des Gesamtstiftungsrates nach einer längeren Besprechung einstimmig angenommen. Nach der Abstimmung übernahm Geistlicher Rat Rnörzer die Leitung der Versammlung und dankte für die Annahme der Vorlage. Zum Zs. Dezember wurde in den evangelischen Rirchen eine A n s p r a c h e des Gberkirchenrates verlesen. Sie warf einen — 45 — Rückblick auf das für die evangelische Kirche so bedeutungsvolle Jahr, das Jubeljahr der Reformation, wies dann auf die Not des Krieges hin, sowie auf die Aufgaben, die bewältigt sein wollten, wenn die Krieger heinikehrten und das Volksleben neu aufgebaut werden solle. Am Schluß stehen die Worte, daß Gott, der dem evangelischen Volke die Quellen des Heils erschlossen habe, es auch nicht verderben und versinken lassen werde, so lange es die lebendige Quelle nicht verlasse. „ I n diesem Glauben", heißt es wörtlich, „haben die Väter der Reformation gekämpft und sich nicht geschämt, beim Kampfe auch je und dann die Hände zu falten. I n diesem Glauben hebt unser Kaiser, heben seine großen Führer und Unge­ zählte unter den Kämpfenden betende Hände auf. So mahnen auch uns die hiuaufgerichteten Gedanken: Betet. Uber dem Beten werden w ir der Hilfe Gottes gewiß." 2. Schule. Der A u f w a n d d e r 2 t a d t g e m e i u d e f ü r d i e 5 chu len ohne den für die Gewerbe- und Handelsschule betrug im Berichts­ jahre 2 547 73( Utk. ( (9 ( 6 : 2 325 338 Ulk.). I n dieser Summe sind 674 427 Ulk. für Ulietwert der städtischen Schulgebäude inbegriffen; sie erscheinen als die Zinsen der für Errichtung der Gebäude verwendeten Kapitalien. Nach Abzug dieser Summe betrug der Barzuschuß für die Volksschule s 646 655 Ulk. (( 470 88 ( Ulk ), für die Realgymnasien 66 463 Ulk. (54 009 Ulk ), für die Realschulanstalten 53 276 Ulk. (54 928 Ulk.) und für die höheren Ulädchenschulen (06 9 (0 Ulk. (85 285 Ulk.). Der B a r­ zuschuß für die Gewerbeschule betrug 7f 460 Ulk. (68 657 Ulk.) und der aufgerechnete Ulietzins 82 (09 Ulk. Der Barzuschuß für die Handelsschule betrug 28 054 Ulk. (40 (52 Ulk.), der auf­ gerechnete Ulietzins (2 245 Ulk. Außerdem wurden für Unterrichts­ zwecke Zuschüsse an verschiedene Anstalten und Einrichtungen gegeben und zwar an das Konservatorium für lllusik 6000 Ulk., an die Ulaleriuneuschule Jahresbeitrag 500 Ulk. und Anteil an den Unterhaltungskosten des Ateliergebäudes 588 Ulk., an den Botanischen Garten der Technischen Hochschule 500 Ulk., an den Arbeiterbildungsverein für Unterricht 400 Ulk., für die Abend kochkurse des Frauenvereins (90 Ulk,, für die Frauenarbeitsschule 44 — 600 Alk., für die Flickschulen 70 Alk., an die Bildungsanstalten für Aindergärtnerinnen ZOOO Alk. und für die Aochgehilflnnen- schule 3000 Alk. Auch iin Schuljahre (9(7/ (8 war untei dein Einfluß des Arieges eine geordnete Anterrichtserteilung, vor allen Dingen nach der für die Friedenszeit üblichen Stundentafel, unmöglich. Zmmer wieder wurden weitere Lehrer einberufen und nur wenige aus dem militärischen Dienst entlassen. Am 7. Januar (9(7 standen nach Abzug der wegen Arankheit beurlaubte» Personen 282 Lehrkräfte zur Verfügung, am 20 . A p ril (Schluß des Schuljahres (9(6/(7) 272 und am f. Dezember (9(7 299, dazu Anfang und A litte (9(7 64 Handarbeitslehrerinnen und Haushaltungslehrerinnen und Ende (9(7 6 (. v o r Ausbruch des Arieges, J u li (9(4, waren außer den Handarbeitslehrerinnen 4 l l Lehrkräfte vorhanden. Aber die Z a h l d e r S c h ü l e r in den einzelnen Abteilungen der Volksschule, der höheren Lehranstalten, wie über den Besuch der Technischen Hochschule, vergleiche mau Beilage I. Bedürftigen Aindern der Volksschule kamen folgende l v o h l - f a h r t s e i n r i ch t u n g e n zu gut: a) freie Lernmittel: 5907 Ainder. Aufwand (6 665 Alk. Z u r Beschaffung von Handarbeitsmaterial für bedürftige Schülerinnen (6 Alk. ( (9(6: 5 486 Ainder, Aufwand I 9994 _j_ 2 839 Alk.) b) Alarmes Frühstück: Zn (2 Schulen (83 484 Portionen, Aufwand (6 242 Alk. ( (9 (6 : 206989 Portionen, A u f­ wand (3 897 A lk ) c) Schülerspeisung: Durchschnittlich 695 Ainder im Tag, 250 226 Portionen, Aufwand 27 627 Alk. ( ( 9 (6 : Durch schnittlich 575 Ainder im Tag, (45 754 Portionen, A u f­ wand (7 324 Alk.) 6) Anabeu und Alädchenhorte: 6 Anabeu und 7 Alädchen- horte, durchschnittlich je 60 Aiuder, Aufwand 26 548 A lk : ( Ganztagshort (50 Ainder, 3 Ganztagshorte zu 70, 35, 74 Aindern, Aufwand 8562 Alk. ( (9 (6 : 55344 Alk.) e) Ferienkolonien: von dem Ausschuß für Ferienkolonien wurden im Berichtsjahr 43 geschlossene auswärtige Aolonien m it 477 Anaben und 548 Alädchen ausgesandt, außerdem Min. v. Oskar !uck. f io f r a t K u s ta v 5 p e c d l, Siaätschulsiit. — 45 — 2 Waldkolonien m it je 75 Knaben und Mädchen. Der Kassenbericht des Ausschusses verzeichnet in Einnahmen und Ausgaben 7(559 M k. 85 Pf. ( (9 (6 : 53888 M k. 67 Pf.) Unter den Einnahmen befinden sich die frei­ willigen Beiträge aus den Kreisen der Stadtbevölkerung mit 2(286 Alk., der Beitrag der Stadtgemeinde Karlsruhe mit (5 000 M k. Stiftungen fielen dem Ausschuß im Berichtsjahr zu von Großherzogin Luise 2500 M k., von Fräulein Lina Lais-Freiburg 2000 Mk., von dem ver­ storbenen Buchbindermeister B . A . Tensi und von der verstorbenen Witwe Ludwig Gehl je 500 Alk. Außerdem wurden vom Ausschuß (222 Kinder (42 s Knaben und 80s Mädchen) in Einzelfamilien in 42 ver­ schiedenen badischen Landgemeinden in 4 bis (5 Sommer­ wochen untergebracht, vom Taritas-Verband, Abteilung Karlsruhe, 94 ( Kinder (356 Knaben und 605 Mädchen) in derselben Zeit. Ferner entsandte der Ausschuß in die Schweiz (Kantone Zürich, St. Galle», Basel, Thurgau) in Einzelfamilicn für dieselbe Zeit 529 Kinder (206 Knaben und 323 Mädchen) und der Taritas-Verband in Einzel­ familien in den Kanton Zürich auf 6 Wochen (0 ( Kinder (37 Knaben und 64 Mädchen). I m ganzen waren somit in Einzelfamilien 2795 Kinder und in geschlossenen Kolonien s l75, zusammen 5ß68 Kinder der Volksschule versorgt. Die Verpflegung der Kinder in den Schlössern erfolgte kostenlos und zwar in M ainau durch die Spende der Großherzogin Luise, in Zwingenberg durch die Spende der Großhcrzogin k)ilda, in Kirchberg und Saleni durch die Spende des Prinzen und der Prinzessin M ax und in Inzigkofen durch die Spende des Fürsten und der Fürstin von l)ohenzollern. Die Kostenfrage für die Kinder in Marxzell regelte der Frauenverein. Der Aufwand für alle übrigen Kolonien wurde vom Ausschuß für Ferien­ kolonien bestritten, f) Solbadkuren: Vom Frauenverein wurden im Berichtsjahre 32 Kinder in Dürrheim, 9 ( in Rappenau uud ( (4 in Rheinfelden (zusammen 237) untergebracht. - Von den S c h u l ä r z t e n wurden l 9 l " /s 8 aus dem Jah r­ gang I 266 Erkrankungen ( l 9 l 6 / ; 7 H7H) gemeldet und aus dein Jahrgang I I H07 (^ 8v). Die Zah l der Überwachungskinder, für die besondere Listen geführt und die in gewissen Zwischenräumen einer ärztlichen Untersuchung unterzogen werden, betrug (9 l ? / l 8 in allen Schularztbezirken zusammen l058 ( l 9 l ^ / l ? 9^0). ,/Nach Ansicht der Schulärzte ist", wie der Bericht für l 9 l 7 / ; 8 bemerkt, „eine Verschlechterung in den Ernährungsverhältnissen der Volks­ schuljugend auch im abgelaufenen Schuljahr trotz der geringeren allgenieinen Ariegsernährung nicht eingetreten. Die reichlichen M itte l, welche die Stadt für die Ernährung der Volksschuljugend während des Arieges auswendet, sowie die zahlreichen Land­ aufenthalte haben hier sicherlich gute Früchte getragen; offenbar ist auch der jugendliche Organismus der veränderten Aost gegen­ über sehr anpassungsfähig". Für den A n a b e n h a n d a r b e i t s u n t e r r i ch t bestanden am Schluß des Schuljahres l 9 l 6 / (7 8 s Alassen mit s§22 Schülern, darunter s396 Volksschüler und 26 Schüler höherer Lehranstalten. Am Anfang des Schuljahres ( 9 l ^ / l 8 bestanden 8H Alassen m it (535 Schülern. Zn der A u a b e n so r t b i l d u n gs s ch u l e bestanden 2 s Alassen mit 6(5 Schülern am Anfang des Schuljahres (9 >7/(8. Dem Berufe nach waren es 8 s Bäcker in 3 Alass.-n, (8 Metzger in ( Alasse, 32 Aellner, Aöche in ( Alasse, 383 Lohnarbeiter aus dem 7. und 8. Schuljahr in (3 Alassen und 77 Lohnarbeiter aus dem 5. und 6. Schuljahr in 2 Alassen. Außerdem besuchten 2H schwachbesähigte Schüler die Hilfsklasse. Die S c h ü l e r k a p e l l e zählte am Schlüsse des Schuljahres (9(6/ (7 im Zusammeuspiel (H6 Teilnehmer (>9(5/(6: (26). Darunter waren 57 (50) Volksschüler und 3 (3) Schüler höherer Lehranstalten. 86 (73) waren nicht mehr schulpflichtig. während in den letzten Zahreu infolge des Arieges der S p r a ch h e i l k u r s an der Volksschule nur in beschränktem Umfange erteilt werden konnte, wurde es (9 (6/>7 trotz mancher drohenden Hemmnisse doch möglich, den Unterricht vom Anfang des Schuljahres bis zum Schlüsse in vollem Umfange und fast ausnahmslos m it gutem E rfo lg aufrecht zu erhalten. Die Schüler­ - — zahl erreichte mit s99 den höchsten Stand, seitdem dieser Unterricht eingerichtet ist. Es waren sOH Stammler (59 Knaben und H5 Mädchen), 59 Stotterer (Hs Knaben und s8 Mädchen), 36 Schwer­ hörige (f7 Knaben und l 9 Mädchen). Die G o e t h e s c h u l e (Realgymnasium m it Gymnasial­ abteilung) konnte zu Beginn des Schuljahres l 9 l 6/ l? ihr eigenes Gebäude wieder beziehen. Sie zählte l 9l6/s7 22 Klassen ( I9 l ä / l 6 20). Die Einteilung des Unterrichts mußte im ganzen die gleiche bleiben wie im Borjahr, die Stundenzahl im gleichen Umfang wie früher gekürzt werden. Doch wurde es möglich, in jeder Klasse je eine Stunde Turnen und eine Stunde Zeichnen in der Woche zu erteilen. Der wahlfreie Unterricht mußte auch weiterhin ausfallen. Dagegen beteiligten sich 35 Schüler am wahl­ freien Unterricht im Türkischen, der von Professor preuß am humanistischen Gymnasium erteilt wurde. Bom 7. Februar bis 5. März blieb die Schule wegen Kohlenmangels geschlossen. Die Reifeprüfung der Oberprimaner wurde in den ersten Tagen des Monats Zuni vorgenommen. Ende Z u li hatten diejenigen Unter­ primaner, die infolge Aufrufs ihrer Zahresklasse ins Heer einzu­ treten hatten, nachdem sie nach Oberprima versetzt waren, die fürsorgliche Reifeprüfung abzulegen; es waren 26 Schüler. Seit Kriegsbeginn sind 2 f3 Schüler der Anstalt ins Heer eingetreten; davon sind (0 gefallen. Bon 223 Schülern stehen die Bäter im Heer. Mährend der Kohlenferien arbeiteten 27 Schüler der oberen Klassen bei der Geschäftsstelle des Kommnnalverbandes und beim Gaswerk. Zm Jun i und J u l i waren 85 Schüler zum land­ wirtschaftlichen Hilfsdienst beurlaubt. Die H u m b 0 l d t s ch u l e (Realgymnasium) umfaßte im Schuljahre l 9 l 6 / l 7 s5 Klassen ( l 9 l 5 / l 6 N ). I m dritten Kriegs­ jahre wurde das Anstaltsgebäude wieder stärker militärisch belegt. Sämtliche Klassen wurden seit Ende A p ril l 9 l ? im Aulagebäude der Technischen Hochschule untergebracht. Zm Anstaltsgebäudc selbst blieben außer den Büchereien nur noch die physikalischen und naturgeschichtlichen Sammlungszimmer vom M ilitä r frei, sowie die Unterrichtsräume für Physik und Therme, in die sporadische Stunden verlegt wurden. Unter den Störungen der Wanderungen 48 von Haus zu Haus, der wiederholten Fliegeralarme, der Ernährungs- fragen, der sogenannten Uohlenferien (im Februar (9(7) hat die Schularbeit gelitten, besonders aber unter dem Lehrerwechsel. I n einzelnen Fächern wurde der Unterricht um je eine Wochenstunde erweitert, so für Turnen in 3 Ulassen, im wahlfreien griechischen Unterricht um einen Aurs. Wahlfreier Unterricht wurde ferner in Stenographie erteilt. Ende November begann ein wahlfreier Unterricht für Türkisch m it (7 Teilnehmern. Auch wurde wahl­ freier Unterricht im Griechischen erteilt. I n s Heer traten nach fürsorglicher Reifeprüfung am 20 . Oktober (9(6 vier Oberprimaner ein, am ( 8 . Ju n i (9(7 nach der ordentlichen Reifeprüfung die übrigen fünf. Während des Schuljahres sind fünf Schüler gefallen. Die O b e r re a ls ch u le zählte (9 (6/(7 wie im vorigen Schuljahre (3 Ulassen. Wegen Lehrermangels mußte auch in diesem Jahre in allen Ulassen die wöchentliche Stundenzahl mehrerer Fächer vermindert werden. Der Gesangunterricht fiel ganz aus, der Turnunterricht in Sexta bis Obertertia. Wahlfreier Unterricht wurde im Lateinischen erteilt. Während des Schuljahres bis Ende (9(7 traten je ein Oberprimaner und ein Unterprimaner beim Heere ein; außerdem wurden (5 Schüler der Oberklassen infolge Aufrufs ihrer Altersklasse zum Heeresdienst ausgehoben. Die Real schul e zählte (9(6/(7 wie im Vorjahre (3 Ulassen. Der Unterricht in den meisten Ulassen mußte auch in diesem Jahre im Aulagebäude der Technischen Hochschule erteilt werden. Wegen Lehrermangels mußte der Unterricht auch in diesem Jahre wieder m it beschränkter Stundenzahl in den meisten Fächern durchgeführt werden. Singen fiel ganz aus. Zeichnen konnte nur in den unteren vier, Turnen nur in den oberen zwei Ulassen gegeben werden. Zehn Schüler sind während des Schuljahres in den Heeresdienst eingetreten. Das Lehrerkollegium verlor durch den am 26. A p ril (9(7 verstorbenen Oberzeichenlehrer E m il Schick ein M itglied. E r war (856 in Müllheim geboren und hatte seit (890 an der Anstalt während 26 Jahren ununterbrochen gewirkt. Die L e s s i n g s c h u l e (Höhere Mädchenschule m it Mädchen­ gymnasium) umfaßte (9 l 6/(7 22 Ulassen ((9 (5/(6 25) und zwar H Vorschulklassen, (( Ulassen und ( Fortbildungskurs der Höheren Mädchenschule und 6 Gymnasialklassen. Die Fichteschule konnte - V - einen Teil ihres Hauses wieder benützen. Daher verfügte die Lessingschule über 6 Klassenzimmer wieder allein und es wurde möglich, in prim a und Sekunda des Gymnasiums und in Masse s und 2 der Höheren Mädchenschule die Zah l der Wochenstunden von 2^ ans 29 zu erhöhen. Für die anderen Massen blieb die Verkürzung der Stundenzahl. Vom 7. Februar bis s. M ärz war der Miterricht wegen Aohlenmangels eingestellt. Die Anstalt erlitt durch den am 26. A p ril erfolgten Tod der Hauptlehrerin Fräulein Rosa Brauer einen Verlust. Ans der hiesigen Höheren Mädchen­ schule hervorgegangen, wirkte die Verstorbene an ihr als Lehrerin seit September ssslO. Der Jahresbericht der Schule widmete ihr folgende Worte des Nachrufs: „Angeborenes Lehrgeschick und erworbene Bildung, ein gütiges und doch festes und bestimmtes Wesen befähigte sie zn erfolgreichster Betätigung ihres Berufs, dem sie m it uner­ müdlicher Frische oblag, geleitet von selbstlosem Pflichtgefühl und vornehmer Gesinnung". Großherzogin Luise ließ der Anstalt und der Lehrerschaft ihre Teilnahme aussprechen. Die F i ch te-Schu l e (Höhere Mädchenschule) umfaßte ssV^/s? wie im Vorjahre 6 Massen der Vorschule und 20 der Höheren Mädchenschule. Auch in diesem Schuljahre hat ein Teil des Unterrichts im Schulhaus Wald-Straße 83 staltflnden können, sonst wurden, wie im Vorjahre, 2 Massen im Prinzessin-Wilhelm-Stift und 5 (im Vorjahre W) in der Lessingschule untergebracht. Der Unterricht konnte nur m it verkürzter Stundenzahl erteilt werden. Schwere Störungen erfuhr er durch häufigen Lehrerwechsel infolge von Erkrankungen und Einberufungen, durch die Flieger-, Lebens­ mittel- und Aohlennot. Wegen der letzteren wurde die Schule im Februar auf 3 Wochen geschlossen. Der Haushaltungs- und Aoch- unterricht konnte wieder eingerichtet werden. 62 Schülerinnen, darunter 8 aus der Lessingschule, beteiligten sich daran. I n der städtischen Hande l sschu l e begannen am 3. Januar ssis7 nachstehende Tages- und Abendkurse für freiwillige Te il­ nehmer und Teilnehmerinnen: s. Fremdsprachen: Französisch, Englisch und Spanisch. 2. Aaufmännisches Rechnen. 3. Buch­ haltung. ch Handelsbetriebslehre. 5. Schönschreiben und Recht­ schreiben. 6. Stenographie (Stolze-Schrey und Gabelsberger). 7. Maschinenschreiben. Aursdauer vom 3. Januar bis 3 f. M ärz 50 (9(7. Der Unterricht in den Abendkursen fand von 8 bis (0 Uhr statt. Für jedes Unterrichtsfach m it H Wochenstunden war eine Gebühr von (0 Ulk. zu entrichten. Das G y m n a s i u m zählte (9(6/ (7 (7 Alassen ( (9(5/ (6 ( 6). Wahlfreier Unterricht wurde im Englischen, Hebräischen, im Türkischen, in der Stenographie, im Freihandzeichnen und im geometrischen Zeichnen erteilt. Vom 7. bis (3. Februar fiel der Unterricht wegen Aohlenmangels aus. A ls Fahnenjunker sind im Laufe des Schuljahres 6 Schüler der Anstalt beim Heere ein­ getreten. 8 Schüler sind im Jahre (9 (6 und 3 im Jahre (9(7 gefallen. I m L e h r e r s e m i n a r I begann der Unterricht am ( 8. Sep­ tember (9 (6 m it 3 Iahreskursen in 3 Alassen. Während des Schuljahres wurden 92 ächüler zum Heeresdienst einberufen. Sämtliche Schüler des 6 . Aurses legten m it Erfo lg eine außer­ ordentliche Abgangsprüfung ab. A u f s. (Oktober (9 (6 wurde Gberzeichenlehrer und Zeicheninspektor Heinrich Eyth auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt. E r hatte seit 2-s. A p ril (876 an der Anstalt gewirkt. Der Jahresbericht des Seminars widmet seiner Tätigkeit warme Worte der Anerkennung. 2 Schüler sind (9(7 gefallen. — Der Unterricht am Seminar wie in der Ubungs- schule wurde (9(6/ (7 lehrplanmäßig erteilt, nur der Unterricht in Handfertigkeit und Bürgerkunde fiel aus. Gberturnlehrer Leon­ hardt hielt Vorbereitungskurse für landwirtschaftliche Arbeiten ab. I m L e h r e r s e m i n a r I I begann der Unterricht am (̂. U la i ( 9 (6 m it 3 Iahreskursen in H Alassen. I m Laufe des Schul­ jahres wurden 50 Schüler zum Heeresdienst eingezogen. 7 Schüler des 6. Aurses unterzogen sich einer außerordentlichen Abgangs­ prüfung. Der Unterricht konnte (9 (6/(7 im Seminar und in der Ubungsschule lehrplanmäßig erteilt werden. —- Am 2 . Februar verschied Professor Hermann Bohn, der seit (909 an der Anstalt tätig gewesen war. 7 Schüler sind (9(6/ (7 gefallen. Die B a u g e w e r kes ch u l e begann den Unterricht am 3. November ( 9 (6 m it 60 Schülern in den drei untersten Alassen. Für verschiedene höhere Alassen hatten sich nur 6 Schüler gemeldet, weshalb keine dieser Alassen geführt werden konnte. Unter den 60 Schülern befanden sich 53 Badener, 2 stammten aus der bayerischen Pfalz, je einer aus Württemberg, GIdenburg und Thüringen, 2 aus der Schweiz. Die R u n stg e w er b es ch u l e war l 9 l ^ / l 5 geschlossen, da die Räume von der Uulitärbehörde in Benutzung genommen wurden. Für die Schuljahre l 9 l 5 / l 6 , l 9l6/s7 und l 9s7/ l8 ist ein gemeinsamer Jahresbericht erschienen. Für die beiden erstgenannten Schuljahre, in denen wieder Unterricht erteilt wurde, bringen w ir die wichtigeren Angaben. I m November l 9 l 5 war es möglich, den Unterricht wieder aufzunehmen. Ukehrere Räume waren von der Militärbehörde freigegeben worden. Da von diesen ein Teil der Baugewerkeschule, die ebenfalls m it einem Reserve­ lazarett belegt worden war, für deren Unterricht abgetreten werden mußte, waren gewisse Einschränkungen im Unterrichte, namentlich im Fachunterricht, vorzunehmen, denn die Werkstätten für die G las­ maler, Lithographen, Holzschnitzer und die Ulalerklasse konnten nicht benutzt werden. Zeitweilig mußte auch der Anatomieunter­ richt ausfallen. Das Schuljahr l 9 l 5 / l 6 dauerte vom 3. November l 9 l 5 bis 22 . J u li l 9 l 6 , das nächste vom 20 . Gktober l 9^6 bis 20 . J u li l 9 l 7 . Die Pfingstferien fielen l9s7 weg, um die vom 5. bis l9- Februar wegen Aohlenmangels nötig gewordene Unter­ brechung des Unterrichts einigermaßen wieder auszugleichen. — Professor Ulax Philipp, der als Fachlehrer der Architekturabteilung kurze Zeit an der Anstalt tätig war, ist gleich nach Kriegsbeginn gefallen. 32 Schüler sind im Felde gefallen oder infolge dort erlittener Verwundung gestorben. — I n der Ersten Kammer und dann in der Öffentlichkeit wurde anläßlich der Behandlung der Frage einer Neuorganisation der Kunstakademie auch die Verbin­ dung derselbe» mit der Kunstgewerbeschule besprochen. Dem gegenüber bringt der Jahresbericht der Anstalt einige aufklärende Angaben über den, wie er sagt, angeblichen Rückgang des Besuchs, sowie einen ziemlich ausführlichen Rückblick über die Entwicklung der Kunstgewerbeschule seit ihrer selbständigen Vrganisation am 9 . U la i s878. 8. Kunst. Das G r o ß h e r z o g l i c h e H o f t h e a t e r gab im Jahre l9s7 in Karlsruhe 262 Vorstellungen ( l 9 l 6 : 262), in Baden 26 — 52 — (H7). Außerdem fanden in Baden zwei Gastspiele statt. Die Gperettenvorstellungen im städtischen Konzerthaus unter Leitung des Hofoperndirektors Tortolezis während des Sommers begannen am 50. Jun i. L s wurden bis 9 . September im ganzen Bor­ stellungen daselbst gegeben. Außerdem wurden im Konzerthaus vom 50. September bis 50. Dezember s9 Borstellungen, fast aus­ schließlich Schauspiele, gegeben. A ls Gäste traten im Hoftheater im Schauspiel H Herren, in der Gper sO Damen und s5 Herren auf. Am 29 . J u n i fand im Hoftheater ein Gesamtgastspiel des Stuttgarter Hoftheaters statt m it „M onna Lisa" von v. Schillings und am 28. November von Mitgliedern des Mannheimer Hof­ theaters ein „Strindberg-Abend". An auswärtigen Bühnen gab das Hoftheater und zwar in Freiburg 5 Borstellungen, in Heidelberg 5, in Neustadt a. H. 5, in Mülhausen i. E lf. H, in Konstanz 2 , in Frankfurt a. M . s, in Lille 5, in Brüssel 2 und wieder in Lille, Douai, Tournai zusammen 6. I n den Berband des Hoftheaters sind neueingetreten und zwar im Schauspiel B r. Rolf Roennecke, Spielleiter und Dramaturg, Robert Bürkner, Ruth Linke, Felicitas Persing, in der Gper K arl Hertenstein, K a rl Seydel, Benno Ziegler, Frida Eisenhart und IBally Schlager. I n den Ruhestand traten 6 Mitglieder, unter ihnen Hofmusiker Bürger und Kammermusiker Meinreich. Die Totenliste verzeichnet das Ableben von H Personen, unter ihnen Schauspieler und Garderobeinspektor a. D. Heinrich Schilling. Generalintendant B r. Bassermann vollendete am ch Dezember sein 70. Lebensjahr. Der Großherzog machte ihm aus diesem Anlaß sein B ildn is m it eigener Unterschrift in silbernem Rahmen zum Geschenk. Großherzogin Hilda und Großherzogin Luise ließen dem Jub ila r ihre Glückwünsche übermitteln. Der Stadtrat über­ sandte ihm ein Schreiben m it dem Ausdruck von Glück- und Segenswünschen zu diesein Tage und der warmen Anerkennung seiner langjährigen verdienstvollen Leitung des Hoftheaters. Kammersänger M ax Büttner wurde anläßlich eines Gast­ spieles am Hoftheater in Koburg, wo er den Hans Sachs in den Meistersingern sang, vom Herzog von Sachsen-Koburg zum Ehren­ mitglied des Koburger Hoftheatcrs ernannt. — 53 — I m städtischen Konzerthaus wurde um 8. A p ril und den folgenden Tugen (am Sonntag zweimal) „ D e r H i a s " aufgeführt, ein feldgraues Spiel mit F ilm in 5 Akten von Heinrich Gilardone. An der Darstellung waren auch Damen der Gesellschaft sowie (Offiziere und Mannschaften beteiligt. Der Reinertrag war für die Kriegsfürsorge bestimmt. An das Rote Kreuz wurden 2000 RA. abgeliefert. Tine V o l k s u n t e r h a I t u n g fand am f. J u li im Apollo- Theater (Marien-Straße s6) statt. Die beiden Schwänke „Der gerettete Geldbrief" und „Jochen päsel" wurden aufgeführt. Am 50. September gab die E v a n g e l i s c h e I u g e n d - v e r e i n i g u n g der Südstadt zur „Treue" im Gemeindehaus der Weststadt eine vaterländische Veranstaltung. Aufgeführt wurden Episoden aus dem Weltkrieg und zwar I. „Der Franktireur", II. „A n den Seen Masurens", außerdem das patriotische Festspiel von (870: „A us großer Zeit". Den M onat November hindurch gab das B a y r i s c h e B a u e r n - T h e a t e r (Direktion Joseph Meth) im Kolosseum Possen mit Gesang und Tanz, Schwänke u. a. Von anderen t h e a t r a l i s c h e n A u f f ü h r u n g e n sind zu nennen: Am f. Januar im Katholischen Gesellenverein „Der Stern von Bethlehem". Am 7. und 2 s. Januar in der (Orts­ gruppe des Vereins abstinenter Katholiken „Hänsel und Gretel" und „Der Engelein Krieg". Am 28. Januar und (s. Februar im Katholischen Iugendverein der Mittelstadt „G arcia Morenos Tod", historisches Drama von A. Hägeli. Am 2ß. A p ril im Katholischen Iugendverein der Weststadt „Ju d a ", Schauspiel von Vr. Faust. Am 28. M a i (Pfingstmontag) im Katholischen Iugendverein der Südstadt „Vom Verräter umgarnt", Ritterspiel von K arl Schwienhorst. Am Z. Jun i wiederholt zugunsten der Ferienkinder der Liebfrauenpfarrei, außerdem wiederholt am sO .Iun i mittags für Kinder, abends für Erwachsene. Am 23. September im Apollo-Theater um H Uhr und uni 8 Uhr „Der Goldbauer", Volksschauspiel von Th. Birch Pfeiffer. Am 2 s. (Oktober und I s. November im Katholischen Iugendverein der Gststadt „Der schwarze Falke", romantisches Schauspiel von w . Lenze. Am ß. Dezeniber im Apollo-Theater „Försters Rosel", Volksstück und - „Schruppke kommt", militärischer Schwank. Mitwirkende: Die Gesellschaft „L iberia", musikalisch-theatralische Vereinigung. Am 26. Dezember im Katholischen Gesellenverein „Der Stern von Bethlehem". Das H o f o r c h e s t e r gab im Berichtsjahre folgende Konzerte: A m fO. Januar im Hoftheater Sinfoniekonzert, Leitung Hof­ kapellmeister Alfred Lorentz. Solistin Bayrischs Kammersängerin 6 ermine Boselli von München. vortragsfolge: Haydn, Sinfonie in 6 -v u r ; Mozart, Konzert-Arie m it Grchesterbegleitung; pfitzner, Z Lieder; Bruckner, Sinfonie N r. 3 O-IVIoII. — Sinfonie-Konzert im Konzerthaus am 26. September, Leitung wie am fO. Januar. Solist Professor Paul Grümmer von Wien, vortragsfolge: Ouvertüre zu „Euryanthe" von Weber; Konzertstück für Violoncello von Brandts-Buys (zum erstenmal); vierte Sinfonie in V -N o ll von Schumann; Sarabande und Präludium für Violoncello von Bach; Penthesilea, sinfonische Dichtung für großes Orchester von Hugo W olf (zum erstenmal). Am (7. Oktober im Konzerthaus zugunsten der 7. Kriegsanleihe. Leitung wie oben. Solisten Hof­ opernsängerin Frau von Ernst, Hofopernsänger Helmut Neugebauer, vortragsfolge: Einleitung zu „Loreley" von Bruch; Aus aller Herren Länder: Deutsch und Ungarisch von Moszkowsky; Arie des vasco aus „D ie Afrikanerin" von Meyerbeer; zweite Orchester­ suite zu „Peer Gyet" von Grieg; Festouvertüre von Lassen; Vor­ spiel zum 5. Akt „König M anfred" von Reinecke; Glöckchenarie aus „Lakme" von Delibes; Künstlcrleben, Walzer von I . Strauß; Rhapsodie N r. I I von Liszt. Sinfoniekonzert am s2 . Dezember. Solist Joseph W olfsthal aus Berlin. Leitung wie oben. Knaben­ chor der Goetheschule. Werke von pfitzner, Brahms und Liszt. Das G r o ß herzog l i che K o n s e r v a t o r i u m f ü r M u s i k veranstaltete am 23. Februar eine musikalische Aufführung mit Werken von Mozart. Mitwirkende: Fräulein Elisabeth Gutzmann, Fräulein Paula Im le , Fräulein Johanna Kunz, Fräulein Elisabeth Moritz, Fräulein Mathilde Roth, Leutnant Joachim Marten und Reinhold Siegrist. Hofrat Ordenstein hielt einen einleitenden Vortrag, vortragsfolge: Sonate für K lavier und Violine; Arie aus „ I I re pastore"; Sonate für 2 Klaviere, V -O ur; Lieder; Quartett tr-IVloll. — Dis öffentlichen Prüfungen des Konservatoriums — 55 —- fanden und zwar für die Ausbildungsklassen am 50. Jun i, 2., 5., H., 5., 7., fO. und f f . J u li statt, für die Vorbereitungsklassen am f2., f5. und f^f. J u li. Zugunsten der „Großherzogin-Luise- Stiftung" (Hilfskasse der Lehrerinnen) wurde ein Eintrittsgeld erhoben. M n n z ' s c h e s K o n s e r v a t o r i u m : „D ie altitalienische Violinsonate" in H Vorträgen, historisch und praktisch dargestellt von Bruno Stürmer unter M itw irkung von Elisabeth Schultze (Violine) am f., 6., 8. und f f . Jun i. — Ende Ju n i und Anfang J u li im Museum sechs Borspiele der Oberklassen und fünf Abende der M itte l- und Anfangsklassen in den eigenen Räumen. K i r c henmus i ka l i sche D a r b i e t u n g e n : Am 2f . Januar Konzert des Evangelischen Südstadtkirchenchors in der Stadtkirche. Ausführende: Der Kirchenchor, Mitglieder des Instrumentalvereins, Solistin Fräulein Frida Lange (Sopran), Theodor Munz (Orgel), Leitung Kapellmeister Heinrich Tassimir. Darbietungen: Deutsche Messe von Schubert. Lieder von Mozart. Reinertrag zugunsten des Badischen Heimatdankes. — Am f. A p ril (Palmsonntag) in der Stadtkirche Konzert des Vereins für evangelische Kirchenmusik (Thor der Stadtkirche). Mitwirkende: Hofopernsängerin Fräulein Margarete Bruntsch (Alt), Hofmusikcr E m il weimershaus (Violine), Organist K arl Rinderknecht (Orgel) und Musikdirektor Georg Hofmann (Begleitung und musikalische Leitung). Vortragsfolge: /V capellu-Thöre „^.öoramus te Lbriste" von Perti und „Der sterbende Erlöser" von Haydn, außerdem Thöre von Gluck und Bortniansky. Fräulein Bruntsch sang „Rezitativ" und „A r ie " aus der Matthäus-Passion „Können Tränen meiner Wangen" von Bach und geistliche Lieder, von Hugo Wolfs „Schlafendes Jesus­ kind" und von Franz Schubert „ I m Abendrot". Herr weimers­ haus spielte „Grave und Fuge aus der 5. Sonate für V ioline" von Bach, ferner „Gebet" von Kistler und den „2 . Satz aus dem Violinkonzert Op. 20" von Gerspacher, Herr Rinderknecht „Dorische Tokkata" von Lach, „G Lamm Gottes unschuldig" und „ V Welt, ich muß dich lassen" von Reger. Den Schluß des Konzertes bildete der gemischte Thor von Albert Becker „Jerusalem, du hochgebaute Stadt". Dem Konzerte wohnte Großherzogin Luise an. Der Reinertrag wurde der Kriegsblindenfürsorge überwiesen, 36 —- Auch konnten am Ausgang der Airche freiwillige Gaben für den gleichen wohltätigen Zweck gespendet werden. — Am 6. A p ril (Aarfreilag) Aonzert des Chors der Christuskirche. Mitwirkcnde: Fräulein Anni Aärcher (Sopran), die Hofmusiker Feidner ( f. Violine), M oh r (2. Violine), pagels (Bratsche), Ernst Meyer (Cello), Theodor Barner (Orgel), Leitung Hans Vogel. Vortragsfolge: Silchers Thor „Schau hin nach Golgatha", Creuzburgs Chor „M a g auch die Liebe wanken", dann „M e in Jesus stirbt" von Gulbins und „Der Tod ist verschlungen in den Sieg" von A . Becker, die Sopranarie „Seufzer, Tränen" von Bach, zwei Lieder von Hans Vogel, Mozartschss Adagio, Streichquartett, Händels „Largo" und Schumanns „Träum erei". Die Bachsche L -N o ll Phantasie, ein Adagio von P h il. Cm. Bach und ein Andante religioso von Dreyschock. — Am 6. Ju n i in der Christuskirche Orgelkonzert, Bach-Abend, von Hans Vogel unter M itw irkung des Christus­ kirchenchors. Reinertrag zugunsten der U-Boot-Spende. — Am 2. August Orgelkonzert in der Luthcrkirche zugunsten der Hinter­ bliebenenfürsorge des Feld-Artillerie-Regiments sH, veranstaltet von A a rl Salomon aus Heidelberg und Hosopernsäuger Heinrich Tiemer aus Mannheim. Zum Vortrag kamen Vrgelstücke von Reger, Liszt und Bach, Gesänge von Reger und Hugo Mols. — Am H. November (Reformationssonntag) fand in der Stadtkirche aus Anlaß der ^OOjährigen Reformationsgedenkseier ein vorn Verein für evangelische Airchenmusik veranstaltetes Festkonzert statt. M itwirkende: Fräulein C lara Hurst (A lt), Frau Lina Dietrich (Sopran), Aonzertsänger O tto Meßbecher (Bariton), Musikdirektor Georg Hofmann (Orgel und Begleitung), der Chor der Stadtkirche, Orchester: Hiesige Musikfreunde, musikalische Leitung: Musikdirektor- M ax Thiede. Der E in tritt war völlig frei. Vortragsfolge: Zur Einleitung Aonzert-Fuge 6 -V u r von Z . L. Arebs, später Andante aus der Sonate Op. Y8 von Rheinberger, beides gespielt vom Organisten Hofmann. Vorträge des Chors: Das Reformations­ lied „Fest steht dein M o rt" von Grosse, ferner „Der du hist treu in Ewigkeit" von Trägner, von Engel „G o tt ist die Liebe" und von Rudnick „Z um Reformationsfest" für gemischten Chor, Streich­ orchester und Orgel m it dem Schlußchoral „ M i t unserer Macht ist nichts getan", sodann „Singet dem Herrn ein neues Lied" von — 57 — M ax Thiede. Fräulein Hurst sang Lieder von Rheinberger, M ild und Thiede. T in Zwiegesang, Hynme von Rheinberger, „Neige o Ewiger" für Sopran und A lt wurde von Frau Dietrich und Fräulein Hnrst vorgetragen. O tto Meßbecher trug eine Arie für Bariton mit Begleitung von Flöte und Streichorchester „ M ir er­ warten in Demut, Gott, deine Gnade" vor, sodann das geistliche Lied „Preis der Liebe" für Bariton, Tello und Orgel von Ludwig Keller. Tinen Abschluß fand das Konzert m it der Reformationskantate für gemischten Thor, Soli, Streichorchester und Orgel von Franziskus Nagler. Dem Konzert wohnte das Großherzogspaar und Groß­ herzogin Luise an. — Am 8. November fand in der Schloßkirche ein Geistliches Konzert des Vietorschen Frauenquartetts ans Bremen statt. Vrgelspiel, Frauenquartette und Duette, Lieder für eine Altstimme und für Sopran. Reinertrag für pflege und Heilung nervenerkrankter Kriegsteilnehmer. Auch diesem Konzert wohnte das Großherzogspaar und Großherzogin Luise an. — Am ss. November in der Stadtkirche Reformationsfest-Konzert des Evangelischen Südstadt-Kirchenchors. Ausführende: Der Kirchen­ chor, Mitglieder der Hofkapelle, Frau Tm m a Ziegler (Sopran), Otto Meßbecher (Bariton), Theodor Röhmeyer aus Pforzheim (Orgel). Musikalische Leitung: Kapellmeister Heinrich Tassimir. Der Thor trug das „Lutherlied" m it Orgelbegleitung und Unter­ stützung von Blasinstrumenten vor, außerdem „Ach bleib bei uns, Herr Zesu Thrist" und „Singet dem Herrn ein neues Lied". Frau Ziegler sang „Erwacht zu Liedern der Monne" aus dem Messias vou Händel, sowie im Duett Merke von Bach und Mendelssohn. Herr Meßbecher sang die Arie aus Paulus: „G o tt sei m ir gnädig". Die „Lntherkantate" von T . A . Lorenz für gemischten Thor, Sopransolo und Blasinstrumente wurde vorgetragen, außer­ dem das „Reformationslied" aus „Gustav A do lf" von M ax Bruch. Reinertrag zugunsten des Badischen Heimatdankes. — Am 25. November (Buß- und Bettag) Kirchen Konzert des Vereins für evangelische Kirchenmusik. M itwirkende: Frau Hofopernsängerin Palm-Tordes (Sopran), Hofopernsänger Benno Ziegler (Bariton), Kammermusiker Paul Kämpfe (Englisch Horn), Theodor Barner (Orgel und Begleitung), der Thor der Stadtkirche, Orchester: Hiesige Musikfreunde, Leitung: M ax Thiede. Die Vortragsordnung wies in, ersten Teile nur Werke klassischer Meister auf, im zweiten Teile Werke neuzeitiger Tonsetzer. I m Mittelpunkt der Aufführung standen zwei Tonschöpfungen für gemischten Thor, Frauenchor, Soli, Streichorchester und Mrgel, nämlich das Thorwerk von Franziskus Nagler, „Pelden-Requiem" benannt, und der Psalm f26 — Die Erlösung der Gefangenen Zions — von M ax Thiede. Der Reinertrag wurde der Prinz-Max-Stiftung — Fürsorge für badische Ariegsgefangene — überwiesen. Freiwillige Gaben für den gleichen Zweck konnten am Ausgang der Rirche gespendet werden. — Am 2. Dezember kirchliche Abcndmusik in der A u f­ erstehungskirche. Mitwirkende: Helene M ülle r (Sopran), Tilde Lange (A lt), Nelly Vier, Hermann Anierer (Grgel), hiesige Musik­ freunde (Streichquartett). Dortragsfolge: Präludium mit Fuge von Ludwig Reller, 2. Satz aus der 6 -lVIoII-Sonate von I . Rhein­ berger, Thoral m it Fuge von R arl W olfrum, „Abendruhe" von Margarete Schweikert, „Requiem für unsere Gefallenen" von T la ra Faiß t, „Vaterunser" von Hans Rniercr, „Landsknecht Luther" von T la ra Faißt und Duett von Ludwig Reller „Gute Nacht". — Am H. Dezember in der Schloßkirche zugunsten des „Witwentrostes" für Ariegswitwen und -Waise» Orgcl-Ronzert von T a rl Heyse, Grganist in Frankfurt a. M ., zurzeit Gefreiter im X IV . Armeekorps. Mitwirkende: Johanna Hillitzer (Sopran) aus Mannheim und Paul Hindemith (Violine) aus Frankfurt, vorgetragen wurden Werke aus dem s6. bis f8. Jahrhundert von Händel, Bach, Winterberger, Debussy, Richard Strauß und Renner. Freiwillige Spenden zugunsten des „Witwentrostes" wurden an, Ausgang der Airche entgegengenommcn. — Am ch J u li hielt der Verein für evangelische Rirchenmusik seine Hauptversammlung ab. Aus dem Berichte ist zu entnehmen, daß der Verein aus­ übende Mitglieder zählt, von diesen befanden sich im abgelaufenen Jahre einschließlich des Thormeisters M ax Thiede s? beim Heeres­ dienst. v ie r Ariegsteilnehmer sind seit Ariegsbeginn gefallen. Drei Mitglieder haben das Eiserne Areuz erhalten. Dem Verein gehören H Ehrenmitglieder und H03 nicht ausübende Mitglieder an. Die Reineinnahmen sämtlicher Aufführungen wurden der Rriegshilfe überwiesen. Der Verein hat bis dahin s2^0 M k. zur Ariegswohlfahrt beigestenert. Die Einnahmen betrugen im abge­ — 59 — laufenen Jahre 7Y65 Bkk. 87 Pf., die Ausgaben 6s)02 M k. 58 P f. Dem Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrates v r . Bibel und dem Prälaten V . Schrnitthenner wurde die Ehren­ mitgliedschaft des Vereins verliehen. Die Tätigkeit der m u s i k a l i s c h e n V e r e i n e war im Berichtsjahre infolge des Krieges e r h e b l i c h e i n g e s c h r ä n k t . Die Berichte, die darüber veröffentlicht wurden, werden hier m it­ geteilt. Der Gesangverein B a d e n i a hielt am 2 s. A p ril General­ versammlung ab. Von 505 Mitgliedern standen zurzeit 22 s im Felde, 5 befanden sich in Gefangenschaft, 3 sind vermißt und s5 gefallen. Trotzdem die Daheimgebliebenen den ermäßigten Beitrag leisteten und für Liebesgaben bis dahin 3000 Blk., sowie für die sonstigen allgemeinen Unkosten namhafte Beträge verausgabt wurden, hatte der Verein Ersparnisse erzielt. Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheit!:!! schloß die Versammlung mit dein Vortrag einiger Lieder. Der I n st r u m en t a l v er e i n hielt am s 8. M ärz, unter der Leitung von Musikdirektor Theodor Munz, ein Morgenkonzert ab. Fräulein Helene M ülle r (Sopran) sang geistliche Lieder von Frank und Grabert, Lieder von Schubert und Richard Strauß. Fräulein Nelly Vier begleitete auf dein Klavier und Rudolf Gerber spielte die Violine in den geistlichen Liedern. Kammermusiker Joseph Suttner und Paul Kämpfe trugen m it Fräulein Else Flügel das Adagio und Allegro für K lavier und Horn von Robert Schumann vor, sowie das T rio für Klavier, Oboe und Horn. — Konzert des Vereins am 28. A pril. Mitwirkende: Frau Em iny Stoll-Dietz (Gesang), Rudolf Gerber (Violine), das Vereinsorchester. Leitung Theodor Munz. Vortragsfolge: Sinfonie N r. 33 L -V ur von M ozart; Arie der Penelope aus „Odysseus" von Bruch; Violiukouzert O-Noll, Op>. 26 von Bruch; Lieder von Beethoven und Robert Kahn; Prometheusouvertüre von Beethoven. Eintrittskarten für Nichtmitglieder zugunsten der Kriegshilfe. — Nächstes Konzert am 2ch Oktober. Mitwirkende: Konzertsängerin Frau Hildegard Groß­ kopf-Schumacher (Sopran), O tto Meßbecher, Frau Gertrud Krieg- Hecht (Violine), Fräulein Elisabeth Schulze (Violine), das Vereins­ orchester. Vortragsfolge: Haffner-Hochzeits-Serenade, s. Teil, — 60 — Köchel, Verz. 250 von Mozart (zum erstenmal in Karlsruhe); Duett aus der „Schöpfung", Adam und Eva: „holde Gattin" m it Orchester von Haydn; Konzert für 2 Violinen in D-lVloll mit Streichorchester von Bach; die Bauern Kantate N r. 2)2 „M er Hahn en neue Vberkeet" von Bach. Für Sopran, Baß. Neu instrumentiert von Felix M o ttl (letzte Arbeit), zum erstenmal in Karlsruhe. — Am 25. M a i hielt der Znstrumentalverein seine Generalversammlung ab. Privatmann Ludwig Paar, der seit l8 Jahren Vereinsvorstand war, erklärte, daß er aus Gesundheits­ rücksichten von seiner Stelle zurücktreten müsse. Zu seinem Nach­ folger wurde Vberamtsrichter Dr. Lauck, zurzeit beim Heere, und zum stellvertretenden Vorsitzenden Landgerichtsrat Dr. Strobel gewählt. Herr Paar wurde einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt. D r. Strobel feierte Herrn Paar als ein gut Teil der Geschichte des Vereins und pries seine Verdienste um denselben. Der L e h r e r g e s a n g v e r e i n , der bei seinem Stiftungskonzert im Jahre sstsZ letztmals mit s70 Sängern auftreten konnte, hat, wie aus dem Bericht hervorgeht, während des Krieges seine gesang­ liche Tätigkeit einstellen müssen. Während der Kriegszeit fanden in kleinerem Rahmen Familienzusammenkünste statt, bei denen durch Solisten und Solistinnen Vokal- und Zustrumentalaufführungen dargeboten wurden. M it den im Felde stehenden Mitgliedern unterhielt der Vereinsvorstand eine rege Verbindung durch schrift­ lichen Verkehr. B is 3s. Dezember lstl7 übersandte der Verein 250 l Pakete an Liebesgaben für rnnd 3500 M k. ins Feld. 2 )6 Mitglieder stehen unter den Waffen, 27 sind gefallen, l5 befinden sich in Feindeshand, 2 gelten als vermißt. 8 Mitglieder erhielten das Eiserne Kreuz l. und 68 das 2. Klasse. Die L i e d e r h a l l e widmete am 5. M a i „den deutschen N Boothelden" ein Konzert. Mitwirkende: Fräulein Else Sauer (Klavier), Theodor Scheidl vom Hoftheater in Stuttgart (Baß­ bariton), am Klavier Professor Anton Karle, der Männerchor der Liederhalle, musikalische Leitung hosorganist Ludwig Baumann. Der Thor trug die „Sturmbeschwörung" von Z. Dürrner vor, ein Graduale (8stimmig) von E . Grell, das „Sturm lied" von Ludwig Baumann und das „Matrosengrab" von H. Sonnet. Fräulein Sauer spielte Werke von Liszt, Mendelssohn und Moßkowsky. — 6( Theodor Scheid! sang „Friede" aus dem Zyklus „D ie Nord­ see" von Heine, Musik von T . H. Seyffardt, „W ehm ut" von Schubert, „A u f das Trinkglas eines verstorbenen Freundes" von Schumann und Löwes „Friedericus Rex", als Zugabe „7 oder 8" von Ignaz B rü ll. Den Schluß bildeten die Vorträge des Thors „T in Wörtchen nur" von M . Neumann, „T s zog der Maien- wiud zu T a l" von W . Sturm und „Segenswunsch" von Wein­ zierl. — T in zweites Aonzert zugunsten der U-Boot-Spende fand am 2. Jun i statt. Aussührende: Hosopernsänger Helmut Neuge­ bauer, Professor Aarl Wendling von Stuttgart (Violine), der Männerchor des Vereins, am Alavier Professor Aarle, Leitung Hoforganist Baumann. Vortragsorduung: Männerchöre: wie oben, außerdem das „Lied des Steuermanns" und „Matrosenchor" aus dem „Fliegenden Holländer" von Richard Wagner. V io lin- vorträge: Andantino von M artin i-A rcis ler, Andante und Allegretto von Touperin-Areisler, Menuett von Beethoven, Humoreske von Dvorak, Rezitation und Adagio aus dem 6. Violineello-Aonzert von Spohr, Ungarische Tänze (2 und 5) von Brahms-Joachim. Herr Neugebauer sang: Walthers Preislied aus „Die Meistersinger" von Wagner, außerdem von Schumann „ Ic h wandle unter den Bäumen", „F rüh lingsfahrt" und „Der Hidalgo". Unter den Hörern befand sich aus hiesigen Lazaretten eine Reihe Verwundeter, denen durch das Großherzogspaar, Großherzogin Luise und Prinz M ax der Aonzertbesuch ermöglicht worden war. A ls Reinertrag wurden rund s sOO Ulk. abgeliefert. — Das Aonzert zur Feier des 75. Stiftungsfestes der Liederhalle wurde anr 20. Oktober abgehalten. Mitwirkeude: Fräulein Tva Bernstein, Violinkünstlerin aus München, Aammersänger Rudolf Ritter aus Stuttgart (Tenor), am Alavier Bruno Stürmer, das Hornquartett des Hoforchesters, der Mänuerchor des Vereins, musikalische Leitung wie oben. Thöre u. a.: „Maiglöckchen" von Gageur, „B lauäuglein" von Beines (beide früher Dirigenten der Liederhalle), „Waldleben" von Weber, „Waldeinsamkeit" von Steiuhauer, „Frühlingsnetz" von Goldmark, „Bardenchor" von Silcher, „Vaterland" von Abt, „Waldbach" von Ludwig Baumann (Text von Romeo). Rudolf Ritter trug Gesänge von Schubert, Richard Skauß und Hugo W olf vor. Fräulein Bernstein spielte „F rausnur", „G luck", „P orpora" in Kreislerscher Bearbeitung, die K-Vur-Romanze von Beethoven und „Alt-W iener-W alzer" von Kreisler. Line Nach­ feier des Stiftungsfestes fand am 2 s. (Oktober statt. Mozarts Bundeslied eröffnete den Abend. Der Vorsitzende Münchbach gab ein kurzes Zeitbild und gedachte voll tiefen Daukes der Truppen im Felde. Schulkommissar Reinfurth entwarf ein Lebensbild der Liederhalle und schloß m it einem Hoch auf Kaiser und Großherzog. A u f das Huldigungstelegramm lief aus dem Kaiser!. Kabinett folgende Antwort ein: „Seine Majestät der Kaiser danken herzlich für ksnldigungsgruß und Treugelöbnis anläßlich der Jubiläumsfeier. Seine Majestät gedenken gern der ausgezeichneten Leistungen der Liederhalle und ihrer Verdienste um die Förderung des Männergesangs." Auch der Großherzog und die Großherzogin Luise ließen Glückwünsche aussprechen. Außerdem gratulierten der Stadtrat Karlsruhe, hiesige und andere badische Vereine, sowie Vereine aus anderen deutschen Bundesstaaten, aus Österreich und der Schweiz. Ludwig Baumann erhielt für j 2jährige Wirksamkeit die Säuger­ nadel. Der Abend schloß m it Gesangsdarbietungen von Fräulein Lron und Albert Füller, beide begleitete Bruno Stürmer. Der L i e d e r k r a n z gab am 7. M a i den Verwundeten der hiesigen Lazarette ein Konzert im Stadtgarten. Die Halle war von Feldgrauen dicht besetzt. Der Männerchor „ Ic h suche Dich" von Kreutzer leitete das Konzert ein. Fräulein Emilie volz (Sopran) sang hierauf Lieder von Rößler, van Tyken und Taubert. Der gemischte Thor des Vereins trug drei Frühlingslieder von M en­ delssohn vor. Georg poth jung (Bariton) sang Lieder von Becker nnd Schliestadt. Franz Karrer brachte Gedichte i» Karlsruher- M undart, so u. a. ein Gedicht „Kommunalverband,, und „w a ru m ich nimmer lüge tu ". Ts folgte Silchers „Frisch gesungen" und das Hebellied „Der wächterrnf" von Spohn. Gegen den Schluß gedachte der 2. Präsident nrit herzlichen Dankesworten der unver­ gleichlichen Taten unserer Heere und unserer Marine, worauf mit dem Kriegssäugerspruch des Liederkranzes „D ir schall' vom Fels zum Meer, Heil, Heil deutsches Heer" das Konzert beendigt wurde. — A m ^s8 . November veranstaltete der Liederkranz ein größeres Konzert. T s wurde durch ein (Orgelwerk und einen — 63 — Bruchschen Männerchor zuni Gedächtnis unserer Gefallenen ein­ geleitet. Fräulein Roth spielte Präludien und Fuge in L -N o ll von Bach. Der Ehor trug „D ie Heldenfeier" vor. Außerdem enthielt die Vortragsfolge Ehöre von Hegar, Weber, Mendelssohn, Aistler und eine Reihe Volksweisen. Fräulein Gutzmann, von dem Ehormeister des Vereins, Heinrich Eassimir, begleitet, sang Lieder von Mozart, Bruch, Strauß und Reger. — Am 2 s. M a i hatte der Licderkranz seine ordentliche Mitgliederversammlung abgehalten. Aus dem Bericht ist zu entnehmen, daß der Verein, der vor dem Ariege s60 ausübende Mitglieder zählte, durch den Arieg noch über etwa 60 zählte. Die Veranstaltungen mußten gegenüber der Friedenszeit eingeschränkt werden. Aber seine Beteiligung an verschiedenen vaterländischen und gemeinnützigen Veranstaltungen im abgelaufenen Zahre haben w ir in der Ehronik s9s6 berichtet. Hier sei noch mitgeteilt, daß der oben erwähnte gemischte Ehor vor Jahresfrist ins Leben gerufen worden war. Aus dein Rechen­ schaftsbericht geht hervor, daß der Liederkranz neben seinen laufen­ den Ausgaben noch etwa 2000 Blk. für Liebesgaben und für Zwecke der Wohltätigkeit verwenden konnte. Das Vercinsvermägen beträgt rund ^8 000 Blk. Der Voranschlag für s9l7/s8 wurde gutgeheißen. Die Vorstandswahlen, die keine wesentliche Verän­ derung brachten, wurden vorgenomnien und sodann nach Dankes­ worten an den ersten Präsidenten Geheimen Hofrat Rebmann seitens des zweiten Präsidenten Aanzleisekretär R arl Hebeisen die Versammlung geschlossen. Der G e s a n g v e r e i n der N ä h m a s ch i n e n b a u e r von Junker L Ruh hielt am s8. August seine Hauptversammlung ab. Aus dem Bericht geht hervor, daß während des Rrieges an die im Felde stehenden Mitglieder Liebesgaben und Familienunter­ stützungen im Betrage von s2s3 M k. gewährt wurden. s5 M it ­ glieder haben das Eiserne Areuz erhalten, standen zurzeit im Felde. Außer den genannten musikalischen Darbietungen erwähnen w ir hier die übrigen durch Veröffentlichung bekannt gewordenen R o n z e r t e : Am 9 . Januar veranstaltete E u g e n d ' A l b e r t einen Alavierabend. Vortragsfolge: Präludium und Fuge Bach- Sinfonie Op. 3 s B r. 3, Beethoven-Sonate Op. 5, Brahms-Sin­ — 6-4 — fonie, Etüden, Schumann, Im prom ptus Op. (H2 N r. 3, H, Op. 90 N r. 3. — Am s6. Januar A o n z e r t der F r a u e n g r u p p e des V e r e i n s f ü r d a s D e u t s c h t u m i m A u s l a n d . T rio - As-Vur: Brahms, Lieder: Brahms. Ausführendc: Fräulein Liesel Pfeifer (Mezzosopran), Frau Elsa Direnberger (Violine), Frau Lina Sachs Z itte l (Alavier), Hofmusiker Aeilberth (Tello). — Am s6. Januar Aonzert vom Geheimen Hofrat Professor M i l ly B u r m e s t e r . Vortragsfolge: Beethoven-Sonate Op. 2^, Mie- niawsky O -N oll Aonzert, Haydn, Menuett, Field, Mälzer, M illy Burmester Gavotte, Serenade (neu), paganini, Hexentanz. Beglei­ tung: Direktor Alfred Alinkmaun von M a rb u rg .— Am 2 s. Januar im Aonservatorium Ainderlieder-Aonzert von He l en e A a u ß l e r aus Reutlingen. Vortragsfolge: Lieder von Burchard-Müller, Alein, Breu, Schumann, Reinecke, Frey, Taubert, Haas, Menzen, Humperdink, Rothlauf, Schmitt, Graben-Hoffmann, sowie Alavier- solo von Schumann und Haas. — Am 2-s. Januar Aonzert- Abend A n n a H e g n e r (Violine), (Vtto Meßbecher (Bariton), Bruno Stürmer (am Flügel). Vortragsfolge: Haydn: Violin- Aonzert N r. 3, L-Our. Stürmer: Stimme des Abends, Die Getrennten, Ansturm, Gleichnis, Der M ind, Am Bach, Mas kann wohl, Nachtwandler. Drei Gesänge m it Violine und Alavier, Sonate ^s -I)u r für Violine und Alavier. — Am 25. Januar A a m m er m u si k a b e n d. Mitwirkende: E m il Meimershaus (s. Violine), Rudolf Feidner (2. Violine), Hugo Lüthje (Viola), Joseph Acilberth (Eello), außerdem Musikdirektor Theodor Röhmeyer aus Pforzheim (Alavier) und Aammermusiker Vollrath Grüschow (Tontra-Baß). — Am 29 . Januar Alavierabend von J o h a n n a A u n z . Vortragsfolge: Beethoven Op. (Os, Schumann sinfonische Etüden, Reger sechs Alavierstücke, Thopin Polonaise Ais-Noll. — A m 2H. Februar Aonzert im R e s e r v e l a z a r e t t IV . M it- wirkende: Die Damen pagels und M üller, die Hofmusiker Feidner, M ohr, pagels, M ayer und Hochmeister. — Am 25. Februar im Aonzerthaus Mohltätigkeits-Aonzert d e r A a p e l l e des (. Badischen Leib-Grenadier-Regiments N r. (09 unter M itw irkung des Hof­ opernsängers A a rl Giesen. — An demselben Tage in der Schloß­ kirche A o n z e r t zum Besten des Badischen Heimatdanks. M it ­ wirkende: G ttom ar Voigt (Violine) zurzeit im s. Ersatz-Bataillon — 65 — Nr. sOst, Hofopernsänger Helmut Neugebauer (Tenor) und Organist Arno Landmann. Vorträge: Violine: ve vombeau von Leclair, Chaconne von Bach; Orgelwerke von Bach, Wolf-Degner; Arien aus „E lia s " von Mendelssohn: „So ihr euch von ganzem Herzen suchet", „Das Gebet des Rienzi" von Richard Wagner. — Das Aonscrvatorium veranstaltete eine v a t e r l ä n d i s c h e v o l k s ­ f e i e r , ebenfalls am 23. Februar. Die Feier war der Erinnerung an Mozart geweiht. Hofrat Ordenstein leitete die Feier m it einem Vortrag über Mozart ein. vortragsfolge: Sonate für Rlavier und Violine ^.-vu r, Sonate für 2 Alaviere I)-V ur, Quartett für Alavier, Violine, Bratsche und violincello. Mitwirkende: Fräulein Elisabeth Moritz (Rlavier), Fräulein Mathilde Roth (Marner), Fräulein Johanna Mmz (Mavier), Fräulein Paula Zmle (Violine), Leutnant Joachim Nkarten (Bratsche), Reinhold Siegrist (Tello). Bach den instrumentalen Vorführungen sang Fräulein Elisabeth Gutzmann eine Arie aus „Der königliche Schäfer" und Lieder von M ozart: „Das Veilchen", „vo m Naschen", eine Arie aus „Zaide" und als Zugabe „Aom in holder M a i" . Stadtpfarrer Hesfelbacher hielt die Schlußansprache. — Am 3. M ärz veranstal­ tete das Ersatz-Bataillon L a n d w e h r - Z n f a n t e r i e - R e g i m e n t s N r. f09 zugunsten des Hinterbliebenenfonds ein Wohltätigkeits- Aonzert. Mitwirkende: Opernsängern! Fräulein Zrene Ruth- Heidelberg aus Breslau, Hofopernsänger Joseph Schöffel, Hof­ schauspieler M aus, Romeo, der Männerchor des Gesangvereins Eoncordia (Ehormcister Lechner), die verstärkte Bataillonskapelle, am Flügel Hofkapellmeister Schweppe. vortragsfolge: Prolog von Fritz Römhildt (Romeo), vorgetragen durch Herrn M aus, Aufruf und Gebet Rönig Heinrichs aus „Lohengrin", Thöre: „Der deutsche Rhein", „Das Badner Land", „Nachtlied der Mieger". Fräulein Ruth-Heidelberg sang die „Zueignung" von Strauß, die beiden Brahmslieder „Maiennacht" und „v o n ewiger Liebe". Hermann Hofmann trug Webers Elarinettensolo„Eonzertino" vor. Herr Schöffel sang die Arie des Hüon aus dem „Oberon" und den primusgcsang aus Menzels „M ihreigen". Sodann trug Romeo einige seiner humoristischen Gedichte in Rarlsruher M und­ art vor und seine hochdeutsche Dichtung „Z n der Heimat deutsch und treu", worauf die Aapelle „Deutschland, Deutschland über s — 66 — alles" anstimmte. Zum Schluß spielte sie unter Benützung einiger historischer Ariegstrommeln drei Armeemärsche a) s. Bataillon— Garde s806, b) Schwedischer Marsch, c) Herzog von Braun­ schweig. — Am ( 2 . M ärz historischer Klavierabend, veranstaltet von F r ä u l e i n M a t h i l d e R o t h . Bortragsfolge: Suite von Domenico Scarlatti (s683— (757), Suite L -N o ll von Johann Matthesen ( (6 8 (— (76((), Sonate L -B ur von Zoh. Christ. Bach ((735— (782), Variationen V -N oll von Haydn ((732— (80ß), Phantasie 0-!Vloll von M ozart ((756— (79(), Sonate Op. 3 B r. 3 von Beethoven ((770— (827), Phantasie O-Vur Op. (5, vielfach auch Wanderer-Phantasie genannt, von Franz Schubert ((7ß7 bis (828). — Am 30. M ärz Liederabend der Kammersängerin B e a t r i c e L a u e r - K o t 1 l a r. Am Flügel Hofoperndirektor Fritz Cortolezis und Pianistin T ina Koch. Vortragsfolge: „Dein blaues Auge", „Nachtigall", „Der Arauz" von Brahm s; „W id ­ mung", „Überm Garten", „Durch die Lüfte", „Die Aufträge" von Schumann; „M orgen", „Winterweihe", „Ständchen", „Läc ilie " von Strauß; Arie von Bach. — Am 28. A p ril W o h l t ä t i g ­ ke i t s - A o ü z e r t zugunsten des (österreichischen Roten Kreuzes und des (Österreich-Ungarischen Hilfsvereins unter M itw irkung der hofopernsängerin Frau pal»,-Cordes und des Kammersängers Zan van Gorkom, sowie der Kapelle des s. Ersatz-Bataillons des Leib-Grenadier-Regiments N r. (Oß. Vortragsfolge: s. Te il: Radetzky-Marsch von Zoh. Strauß; Guvertüre zu „T e l!" von Rossini; Streichquartett: Variationen über die österreichische Hymne von Haydn; Liedervortrag: a) „Kriegers Ahnung" von Schubert, b>) „Der Schmied" von Brahms, c) Lied der Walküre von Eyken; Cellosolo-Vortrag (Grenadier Trautvetter): a) Berceuse von Godard, b) Scherzo von Goens; zwei historische Märsche: a) Herzog von Braunschweig, b) des Großen Kurfürsten Reitcrmarsch. 2 . Te il: Guvertüre zu „Raymond" von Thomas; Streichquartett: Variationen aus dem Quartett Op. (8 N r. 5 von Beethoven; Liedervortrag: a) Prinz Eugen von Löwe, b) heiniweh von W olf, c) Rheinsage von Gbermayer, Violinsolo-Vortrag (Gefreiter Vogt): a) Larghetto aus eine», Klarinetten Quintett von Mozart, b) „Zigeunerweisen" von Sarasate; zum Schluß „Die wacht am Rhein" von Böttge und Deutschmeister-Regimentsmärsche von Iurek. — An, 8. M a i 67 - Liederabend von J o s e p h Sc h ö f f e l . Vorgetragen wurden: „Schneeglöckchen" und „W idm ung" von Schumann, „ I h r B ild " von Schubert, „Von ewiger Liebe" und „Botschaft" von Brahms, drei Lieder von Joseph Nbarx, sodann „S tille Träume" von Schumann, „A u f dem Kirchhof" und „Feldeinsamkeit" von Brahms, „Doppelgänger" und „Nacht und Träume" von Schubert. — Am 18. N la i Konzert von F r i tz H i r t aus Basel (Violine) unter Nlitw irkung von Fräulein Amelie Klose (Klavier). Werke von Beethoven, V ita li, Reger, NIozart, Kreisler und Huber wurden vorgetragcn. — An, (Z. N la i W o h l t ä t i g k e i t s - K o n z e r t zugunsten der Hinterbliebenen gefallener Kameraden des (. Badischen Leib-Grenadier-Rcgiments N r. (09 . Nutwirkende: Hofschauspieler Felix Baumbach, Hofopernsänger Joseph Schöffel, Hofmusiker Gttomar Voigt, Kammermusiker K a rl Spittel, am Flügel A rthur Kusterer. — Am 25. J u li veranstaltete B r u n o S t ü r me r ein Konzert im Reserve-Lazarett V III. Nach Vortrag von Nbeyerbeers Krö- nungsmarsch durch Herrn Stürmer folgten solche von Frau Elisabeth Lchultze (Violine) und Fräulein Frieda Lange (Sopran), sowie des Vizefeldwebels Bosch (Bariton) aus Werken von Bach, Beethoven, Brahms, NIozart und Schubert. — Am SO. September veran­ staltete B r u n o S t ü r m e r eine volkstümliche worgenaufführung „Joseph Haydn" unter N litw irkung von Frau Hildegard Groß­ kopf-Schumacher (Sopran), V ttom ar Voigt (Violine) und W illy Eiffler (Tello). Eine zweite NIorgenaufführung von Stürmer im Gktober, die am s s. November wiederholt wurde, war NIozart geweiht. Aber diesen hielt Herr Stürmer einen kurzen einleitenden Vortrag: „N Iozart der Kämpfer". Daran schlossen sich die musikalischen Darbietungen: V-Our Sonate für zwei Klaviere, Kantate „D ie Seele des W eltalls", das O-lVloll Klavierquartett. Nutwirkende: Außer den genannten Herren Voigt und E iffler Fräulein Aenne Kärcher (Sopran), K a rl Hertenstein und Gunnar Graarud (Tenor), Hofopernsänger Eck (Baß), Nuisikdirektor Theodor Nbuntz (Klavier) und Frau Elisabeth Schultze. Eine dritte volkstümliche NIorgenaufführung „Beethoven" fand am 9 . Dezember statt. Auch da leitete ein Vortrag die Darbietungen ein. Herr Stürmer sprach über „Humor und Lyrik" bei Beethoven. Dann folgten Trio-Serenade Op. 25, T rio L - llu r Op. ( ( , „Lieder- 5 * — 68 — kreis an die ferne Geliebte" und Einzellieder. Mitwirkende: Gnnnar Graarud, Elisabeth Schultze, Gttomar Voigt, M illy E iffler und M alter Schulz (Flöte). — Am 5. Oktober veranstalteten Opernsängerin E n : m y M e r k e l und Opernsänger H e i n r i c h S c h o r n aus Rassel einen heiteren Abend. — Am sO. Gktober Rlavier-Abend von M i l He l m B a c k h a u s . vortragsfolge: Präludium zur 29. Airchenkantate, sodann Merke von Brahms, Schubert, Liszt, Chopin und Strauß— Tausig. — Am s3. Gktober Arien- und Liederabend von G l g a M e r t e n s - L e g e r von hier. Merke von Meyerbeer, Schubert, Godard, Mozart und Verdi wurden vorgetragen. Am Flügel Frau Söhnlin-Mettach. — Am s8. Gktober Alavier-Abend von E l ly Ney . Werke von Bach, Beethoven, Schumann, Chopin, Schubert, Liszt kamen zu Gehör. — Am 2s. Oktober M 0 r g e n - R 0 n zer t zugunsten der Versorgung der badischen Truppen mit Meihnachtsgaben. Hofopernsänger Benno Ziegler begann m it dem „Ave M a r ia " von plüdde- mann, darauf folgten zwei Lieder „Den: vaterlande" von Gräfin Pappenheim und „6 , 7 oder 8" von Zgnaz B rü ll; Professor Rudolf Baertisch aus Dresden spielte die Sonate ^ - v u r von v in a ld i; Hofschauspielerin Fräulein M arie Genter brachte Lieder zur Laute im Dialekt; Pianistin Fräulein Johanna Runz spielte die R -vu r Polonaise von Liszt; Fräulein Nelly Schlager sang die Arie aus „M ig n o n " „Rennst du das Land" und ein zweites Lied. Zun: Schluß spielte Professor Baertisch die Romanze v -v u r von Ries und die Ungarische Rhapsodie von Hauser. — Am 25. Oktober Arien- und Liederabend von H e r m a n n Z a d l 0 w k e r (früher M itglied des Hoftheaters) unter M itw irkung von Bernhard Tabbernal. Herr Zadlowker sang aus den: „Don Zuan", „Band der Freundschaft" und die Arie aus den: „Zdomeneo" von Mozart, außerdem die Faust-Cavatine und die Manonstelle „Zch bin allein", sodann das „Ständchen" von Schubert, „v o n ewiger Liebe" von Brahms, „Der Rattenfänger" von Mols und die Leidenschaft der „Cäcilie" von Richard Strauß. — An: 5. November, zun: Geburtsfest der Großherzogin, fanden in mehreren Lazaretten musikalische Darbietungen m it Ansprachen statt. Zn: Reserve-Lazarett I I (Baugewerkeschule) hielt Stabsarzt v r . Rlee die Festrede. A ls Solisten traten von der Hofoper Margarete — 69 — Bruntsch und Joseph Schöffel auf. Der letztere sang außer einigen Konzertliedern Cohengrins „Abschied" und das Liebeslied aus der „M alküre". Fräulein Bruntsch sang Lieder von Magner, außer­ dem Eckarts „Menn ich mit Engelszungen redete" und Beckers „Frühlingszeit". Die Begleitung hatte A rtu r Kusterer, der auch einige eigene 'Kompositionen vortrug. Fräulein Erika Nicolai brachte eigene Dichtungen zum Bortrag: „D as träumende Heer" und das „Gebet" sowie ein schelmisches Schäfsrstück. I n den Lazarette» III und V wurde die Veranstaltung m it einem Fest­ marsch eröffnet, worauf Geheime Rat von Babo die Ansprache hielt. Frau Ruck-Ianzer aus Pforzheim brachte Lieder zu Klavier und zur Laute, M illy Magenmann Violinsoli zu Gehör. Romeo sprach sein eigenes Gedicht „Z u r Friedensfrage". I m Reserve- Lazarett IV (Kunstgewerbeschule) hielt Hofschauspieler Baumbach die Ansprache, außerdem brachte er eine Deklamation. Musikalische Darbietungen folgten durch Fräulein Schweikert (Violine), Fräulein Aenne Kärcher (Gesang), Fräulein Anina Io l ly (Klavier). I m Reserve-Lazarett V III (Lehrerseminar II) hielt Geheime Rat von Engelberg die Ansprache. Vor und nach derselben wechselten musikalische und deklamatorische Darbietungen. Mitwirkende: Hof- opernsänger Benno Ziegler, Fräulein Nelly Schlager, Hofschau­ spielerin Fräulein M arie Genter. — Am 6. November Konzert der Pianistin Fräulein B e r t h a M e i l l von hier und des Hof­ opernsängers Helmut Neugebauer. Fräulein M eill spielte Merke von Schumann, Ehopin und Liszt. Herr Neugebauer sang Lieder von Schubert uud Schumann. Die Begleitung hatte Frau Söhnlin- Mettach übernommen. — Am (2. November veranstaltete die Pianistin Fräulein T i n a Koch von hier einen Theodor-Gerlach- Abend. Sie trug dessen V-Noll-Suite für K lavier vor, Benno Ziegler mehrere Liederkompositionen Gerlachs nach den Dichtungen Karl Stielers und die Minnelieder nach eigenen Morten des Kom­ ponisten. Die Begleitung gleich jenen der gesprochenen Lieder hatte Herr Gerlach am Klavier persönlich übernommen. Frau Melanie Ermarth widmete ihren Vortrag den gesprochenen Liedern, außer­ dem deklamierte sie Dichtungen von Geibel, M ilbrandt, Reinik und Busse, sowie solche von Albert Herzog und Erika Nicolai. T ina Koch trug noch zwei Nummern aus den „Stücken der Sehnsucht" — 70 — vor. — Am (7. November W o h l t ä t i g k e i t s - K o n z e r t , veranstaltet vom Ersatz-Bataillon des s. Badischen Leib-Grenadier- Regiments N r. sOß. Bortragsfolge: f. Bataillon-Garde-Marsch (historischer Marsch von s806); Jubel-Ouvertüre von Weber; Klarinetten-Quintett (7V-Bur Allegro-Larghetto) von Mozart (Solist Gefreiter K ra ft); Gesangsvorträge durch Jan van Gorkom und zwar „P rinz Eugen" von Löwe, „ Ic h denke oft ans blaue Meer" von Weingärtner, „Lied des Korsaren" von Berger; M ilitä r- Sinfonie N r. 7 von Haydn; Biolin-Borträge und zwar „Abschied von Niederungarn" von Keler Bela, Serenade (/V B ur) von Franz Dudla (Solist Gefreiter Polensky); Gesangsvorträge durch Hof- opernsängerin Margarete von Meduna und zwar „O du heilig­ heiterer Himmel" von Fr. Könnecke, „Kriegswiegenlied" von Jos. Hummel, „Hauptmannsweib" von Schumann; Streichquartette; „D u bist die Ruh" von Schubert, „Frühlingsgesang" von Schu­ mann; Großer Zapfenstreich und Gebet. — Am 20 . November Kammermusik-Abend des W e n d l i n g - Q u a r t e t t s (Wendling, Michaelis, Neeter, Saal) unter M itw irkung von Benno Ziegler (Bariton), Hofmusiker Adolf Sorns (Horn) und August Richard aus Heilbronn (Klavier). Werke: Streichquartett von Brahms Op. 5 s TVIVlol! und von Beethoven Op. 5ß K-Our, Kammer­ musiklieder „Liebe" für Gesang, Streichquartett, Horn und Klavier von August Richard. — Am 2ß. November gab M a r i a P h i l i p p i , Konzertsängerin aus Basel, einen Schubert-Abend. Am Flügel Georg M antel von hier. — I n den Lazaretten fanden auch anläßlich des Geburtsfestes der Großherzogin Luise am 3. Dezember in den ersten Tagen jenes M onats mu s i k a l i s c h e D a r b i e t u n g e n statt. Konzert am s. Dezember im Lazarett II. Prolog von B r. W olff, gesprochen von Fräulein Trude Ettlinger. Fräulein Margarete Schweikert (Violine) spielte Bruchs O-NoII- Konzert (Adagio) und den Liebeswalzer von Kreisler; Frau von Ernst sang das Lied „F rom m " von Margarete Schweikert, außer­ dem Lieder von Rubinstein, Kahn, Leo Blech; Benno Ziegler sang „Stolzenfels am Rhein", die „Beichte" (Suppe) und den „Schwalancher", außerdem Duette vou Cornelius und Hildach, am Klavier begleitet von Fräulein Anina Io lly . Die Feier im Reserve-Lazarett IV fand am 2 . Dezember in Anwesenheit der — 7( — Großherzogin statt. Stabsarzt Or. Riese hielt die Ansprache. Fräulein Diestel aus Stuttgart sang Lieder von Brahms, Schubert und Mozart, außerdem trug sie volkstümliche Gesänge und Kinder- lieder vor. Frau Krieg-Hecht brachte Biolinstücke zu Gehör. I m Reserve-Lazarett I I I und V wurde die Feier am 3. abgehalten. Geheimer Gberregierungsrat Or. Lange hielt die Ansprache. Das Konzert selbst war veranstaltet von Chr. Lorenz (Kunstharmonium), Frau Lorenz-Saar (Pianistin), unter M itw irkung der Herren !V. Wagemann (s. Violine), W. M aas (2. Violine), E . Levy (violincello) und <V. Kirchberger (Flöte). Die Feier im Reserve- Lazarett V I wurde ebenfalls am 3. abgehalten. Frau K lara Siebert hielt die Ansprache. Fräulein Schweikert spielte das Adagio aus dem O-NoII Violinkonzert von Bruch und Liebeswalzer von Kreisler, Fräulein Elisabeth Kirsch sang einige Lieder u. a. die Händelsche Arie „G hält' ich Iu b a ls Harfe" und die Kanzonetta von Loewe. Frau A la jo r von G rim m hatte die Klavierbegleitung übernommen. Endlich fand am 3. im Reserve-Lazarett V i l la eine Feier statt. Stadtfarrer Hindenlang hielt die Ansprache. Der Gesangverein „Eoncordia" trug den Psalm „T ritts t im Morgenrot daher" von Aeissig vor. Acusikdirektor Hoffmann, Hosmusiker IVeimershaus und Kammermusiker Trautvetter spielten das T rio N r. 5 in O-Vur von Haydn. — Das Konservatorium veranstaltete am s. eine Geburtstagsfeier. Hofrat Grdcnstein hielt die Ansprache. Die Kinderchorklasse brachte einige der Feier entsprechende Gesänge zum Vortrag. Der Triosatz Largo Op. ( N r. 2 für Klavier, Violine und Violincello von Beethoven (Georg Mantel, Kan,mer- virtuos Heinrich A lüller und Kammermusiker Paul Trautvetter), die sinfonische Dichtung „G rpheus" von Liszt (Fräulein Mathilde Roth und Fräulein Elisabeth Moritz) bildeten den instrumentalen Teil der Feier. Jan van Gorkom trug drei Gesänge von Schubert vor: „Greisengesang", „Prometheus" und „A n die Musik". — Am 8. Dezember W o h l t ä t i g k e i t s - K o n z e r t des Ersatz- Bataillons s. Badischen Leib-Grenadier-Regiments N r. (OZ. M i t ­ wirkende: Hofopernsängerin Fräulein Elisabeth Friedrich, Hof­ opernsänger Benno Ziegler, Hofniusiker Gttomar Voigt und. die verstärkte Kapelle des Bataillons. — Am ( ( . Dezember Lieder- und Duettenabend der Konzertsängerin B e r t a M a n z aus München — 72 — und Benno Ziegler. Fräulein Wanz trug u. a. Brahmslieder, sowie „Waldeinsamkeit" und „M a ria s Wiegenlied" von M ax Reger und ein Tanzlied-von Aare Englert vor. Benno Ziegler sang „B re it über mein Haupt" von R. Strauß, „W idm ung" von Robert Franz und mehrere zum erstenmal zu Gehör gebrachte neue Tonsätze von M arie von Pappenheim, Joseph Ziegler und Anton Rudolph, von dem letzteren „Gleich und gleich", „M ä rz " und „Der sterbende Soldat". Unter den vorgetragenen Duetten befanden sich von Peter Cornelius „B on den Bergen" und „A n die Nacht". — Zn einem Wohltätigkeits-Aonzert des Deut schen A e l l n e r b n n d e s am s8. Dezember zugunsten der Ariegsverletzten sang Fräulein Elisabeth Gutzmann Lieder von Mozart, Cornelius, Reger und Loser. Fräulein Zrm a Zsop, eine Gesangsschülerin, trug die Arie des Cherubin vor. Hofopernsänger Heinrich Tiemer von Wannheim sang den Bajazzo-Prolog und die Sonnetsche Sachsenwald-Ballade. W illy Gärtner brachte Biolinvorträge. Der Männergesangverein „Badenia" trug Chöre vor. Die Musik- und Theatergesellschaft „L iberta" stellte sich mit musikalischen und drama­ tischen Darbietungen vor. Bon letzteren brachte sie „Weihnachten in der Waldschenke". — Am 27. Dezember veranstaltete die 2. E r ­ s a t z - A b t e i l u n g des s. B a d i s c h e n F e l d - A r t i l l e r i e - R e g i m e n t s N r. s4 für ihre Angehörigen ein Aonzert. Heinrich Tiemer, zurzeit selbst bei dieser Abteilung, sang außer der oben­ genannten Sachsenwald-Ballade die Spiegelarie aus „Hoffmanns Erzählungen". Helmut Neugebauer und Heinrich Tiemer sangen das Duett aus Berdis „W acht des Geschickes". Herr Neugebauer allein brachte die Arie des Basco aus der „A frikanerin" zu Gehör. Dann sang er m it seiner Gemahlin, der Vpernsängerin Neugebaner- pecz, das Duett aus „A id a " , worauf die Aünstlerin die Arie aus „Samson und Delila" vortrug. Das ans Mitgliedern des Hos- theaters bestehende Sextett bot ernste und heitere Gesangsstücke. — Am 29 . Dezember veranstaltete Berlagsbuchhändler R i c h a r d Z o r d a n aus Riga ein Weisterbilder-Aonzert. E r vereinigte in dieser eigenartigen Darbietung Walerei und Wusik, indem er farbige Lichtbilder nach berichmten Meistern gleichzeitig mit Musikstücken und Gesängen vorführte. Zn der Wiedergabe von Gemälden von Hans Thoma, Ludwig Richter, Aaulbach, Aossert u. a. gesellten — — sich Tonschöpfungen von Schumann, Schubert, Beethoven, Mcn- delssohn. So erklang z. B . bei dem Bilde „Beethoven" von Ballestieri ein Adagio Beethovens, zu zwei Schwarzwaldlandschaften Hans Thomas Schuberts „W oh in? ". Die musikalische Seite der Veranstaltung bestritten Aonzertsängerin Florina von Iecksch, Uonzertsänger O tto Meßbecher, Uammervirluose Heinrich M üller (Violine), Musikdirektor Hermann Fischer (Ulavier). Am (5. Oktober trug der Mannheimer Hofschauspieler M e i n h a r t M a u r Dichtungen des kurz vor dem Weltkriege verstorbenen Poeten T h r i s t i a n M o r g e n s t e r n vor. Am 28. gab Professor M a r c e l S a l z e r einen „Heiteren Abend". E r trug Dichtungen von Salten, Busch, Ginzkey, A. de Nora, Holz, Liliencron, Bierbaum, Thoma, Tttlinger, Flaischlen u. a. vor. Am 8. Dezember veranstaltete der bayerische Hofschauspieler M a x H o f p a u e r einen „Heiteren Abend" durch den Vortrag humoristischer Dichtungen, einige davon in bayerischer und öster­ reichischer Mundart. Am y. Dezember trug J o s e p h P l a u t Märchen und andere Dichtungen vor. Am (7. November veranstaltete R i t a S a c c h e t t o mit ihrer Tanzschule einen Tanzabend nach Werken von Thopin, Schubert, Moszkowsky, Tiszt, Grieg, Rubinstein, paderewsky, Reinhold und Busson. T in zweiter Abend fand am 3. Dezember statt. I n den drei vom Uarlsruher Hilfsausschuß für b i l d e n d e Rünst l er ausgeschriebenen We t t b e w e r b e n zur Trlangung von Tntwürsen für zwei Vereinszeichen und eine Buchmarke (Txlibris) hat das Preisgericht Tnde M ärz sein Urteil gefällt. Von der Verteilung eines ersten Preises wurde abgesehen, weil kein E n t­ wurf unmittelbar oder doch nur m it entsprechender Änderung zur Ausführung empfohlen werden konnte. Dagegen wurde die Zahl — 74 — der Preise von f f auf f7 vermehrt und 5 zweite und f 2 dritte Preise verteilt. Von Karlsruher Künstlern erhielt 2 dritte Preise Alfred Kusche, 2 zweite Preise Ju lius Koch, je einen dritten Preis A . Hans M üller, Walter Becker und Berta Hindenlang. Die Entwürfe waren vom 2 s. bis 25. M ärz im Künstlerhaus zur Besichtigung für die beteiligten Künstler ausgestellt. Am 3 s. M ärz wurde die von Professor H e r m a n n V o l z geschaffene M a r m o r b ü s t e des G r o ß h e r z o g s im großen Rathaussaale aufgestellt. I m A p r il gelaugten neue im Auftrag des Stadtrates her­ gestellte K ü n s t l e r p o s t k a r t e n in den Handel. Die eine Karte, die aus dem Atelier von Professor Göhler stammt, zeigt den Marktplatz von der Kaiser-Straße und nach Süden hin gesehen, das andere B ild, eine Reproduktion eines Gemäldes von August Gebhard, zeigt das Karlsruher Schloß und die gärtnerischen Anlagen des Vorplatzes. Eine dritte Küustlerpostkarte ist eine Reproduktion des von Bankier Straus der Stadt zum Geschenk gemachten und von Professor Ferdinand Keller ausgeführten Ge­ mäldes „Großherzogiu Luise im Lazarett". Das von Professor Caspar Ritter für die Stadt Karlsruhe gemalte H i n d e n b u r g - B i l d ist ebenfalls auf Veranlassung des Stadtrats in Postkartenform hergestellt und seit Anfang M a i im Handel. V. Politisches, industrielles und Vereinsleben. 1. Politisches Leben. 7L D e r K r i e g . in Jahre ssts? ging der Kam pf zunächst auf allen Kriegs- X schauplätzen in der seitherigen Heftigkeit weiter. Auch nach dein Sturze des russischen Zaren haben die in den ersten Monaten eniporgekonimenen Machthaber der Revolution die Ver­ bindung mit den Vcrbandsmächten aufrecht erhalten und den Krieg fortgeführt. Indessen die Regierungen in Rußland wechselten rasch, Kämpfe im Innern des von Parteien unterwühltcn Landes fanden statt. Schließlich kam die rein sozialistische Richtung der Bolschewik! ans Ruder, die zwar nicht überall Gehorsam fand, aber eine einigermaßen haltbare Regierung aufrichtete. Sie sprach sich sofort für den Frieden aus. Doch die Verbandsmächte schenkten ihrer Aufforderung zu Verhandlungen über einen allgemeinen Frieden so wenig Gehör, wie dem Friedensangebot unseres Kaisers vom s2 . Dezember l 9 l 6, das sie m it Hohn zurückwiesen. Dagegen vereinbarten die russischen Machthaber m it dem Vierbund am 5. Dezember sys? eine zehntägige Waffenruhe und Unterzeichneten am sö. in Brest-Litowsk einen waffenstillstandsvertrag für die Dauer von 28 Tagen, gültig vom s7. Dezember. Die bald darauf ein­ geleiteten Friedeusverhandlungen kamen erst s9 s8 zum Abschluß. Da auch Rumänien schon durch seine geographische Lage genötigt war, dem Waffenstillstand beizutreten, so schieden Rußland und Rumänien aus der Reihe der m it dem Vierbund im Kriege befindlichen Staaten aus. Aber die Zah l unserer Gegner ist im — ?6 —- Jahre sysk nicht kleiner geworden, sie wurde im Gegenteil im Laufe desselben viel größer als bisher. Info lge des uneinge­ schränkten U-Bootskrieges, der auf den s. Februar angekündigt worden war, erklärten die Vereinigten Staaten von Amerika an Deutschland am 7. A p ril und an Österreich Ungarn am 7. De­ zember den Krieg. M an mußte seit Monaten mit diesem neuen Gegner rechnen, da sich die Neutralität Amerikas längst als ein Schein erwiesen hatte. England und die Vereinigten Staaten, mehr noch als die übrigen Feinde, übten auch einen Druck auf verschiedene andere Staaten aus und erreichten bei den meisten ihr Ziel. So erhielten w ir denn am 2H. M ärz die Kriegserklärung von China, am s6 . A p ril folgte der Bruch mit Brasilien, am 3. M a i mit B o liv ia und H a iti, am 20 . m it Liberia und Nicaragua, am 23. J u li mit Siam, am sO. Oktober mit j?eru, am s2 . m it Uruguay und am 9 . Dezember mit Ecuador. Es machte nichts aus, daß die genannten Staaten meist zunächst nur die diplomatischen Beziehungen m it dem Deutschen Reiche abbrachen, tatsächlich befanden sie sich sofort im Kriegszustand mit uns. Freilich ihre militärischen Leistungen blieben mit Ausnahme der Vereinigten Staaten von Amerika gleich Null. Darauf kam es den Verbandsmächten auch nicht an. Denn trotz aller heuchlerischen Großsprechereien, daß sie mehr als die halbe Welt gegen Deutsch­ land unter die Waffen gerufen hätten, haben sie doch selbst wohl auf keinen Zuwachs an militärischer Unterstützung von diesen Mächten gerechnet, Amerika immer ausgenommen. Aber unsere Gegner konnten nun die etwa in diesen Gebieten noch bestehenden kansmännischen deutschen Unternehmungen zerstören und vor allem die deutschen Schiffe, die sich in den Häsen der bis dahin neutralen Ländern befanden, wegnehmen. W ir beschränken uns auf diesen kurzen Bericht über die allge­ meine Kriegslage im Jahre lsU?- Eine etwas ausführlichere Übersicht über die wichtigeren Kämpfe zu Land, aus dem Wasser und in der Lnft ist auch für dieses Berichtsjahr in dem Anhang enthalten, in dem die Chronik, wie früher, bedeutsame geschichtliche Vorgänge erwähnt. Hier in diesem Zusammenhang wird jedoch, wie seit genauer geschildert, wieweit die kriegerischen Ereig­ nisse und ihre Folgen die Stadt Karlsruhe unmittelbar berührten ^ 77 — und in welcher Meise die durch den Arieg notwendig gewordenen Maßnahmen für Trnährung und Aleidung der Bevölkerung sowie die der bvohlfahrtspflege fortgeführt oder ergänzt wurden. Am 7. Januar fand im Gemeindehaus der Meststadt ein v a t e r l ä n d i s c h e r V o l k s a b e n d statt. Hauptlehrer Paul Reich wies in der Begrüßungsansprache aus den Armeebefehl des Aaisers gegenüber der ablehnenden Antwort unserer Feinde auf das deutsche Friedensangebot hin und forderte zum Durchhalten und Aushalten bis zum Siege auf. Professor Or. (vskar Blank sprach über das Thema: „Der Arieg und die deutsche fugend". Ts folgten Violinvorträge von Frau Arieg-Hecht und Liedervorträge von Fräulein §. Pfeifer und Fräulein Tlise Airsch. Stadtpfarrer Hesfelbacher trug neue Ariegsgedichte von Isolde Aurz vor. Nach gemeinsamen Gesängen schloß Stadtpfarrer Schilling den Abend mit einer Mahnung zum treuen Aushalten. I n der Frühe am 8. Januar begrüßte der Großherzog und die Großherzogin am Bahnhof einen Zug mit A u s t a u s c h - v e r w u n d e t e n , die von der Grenze in ihre Heimatsbezirke ver­ bracht wurde». Am y. Januar veröffentlichte das Bürgermeisteramt, daß auf Anordnung des Ariegsministeriums, um noch einmal Gelegen­ heit zur freiwilligen A b l i e f e r u n g der b e s c h l a g n a h m t e n F a h r r a d b e r e i f u n g e n zu geben, bis einschließlich f5. Januar Fahrradbereifungen angenommen werden müssen. Die städtische Annahmestelle Aarl-Straße 30 wurde deshalb für die Annahme von Fahrrad-Gummi wieder eröffnet. Am f f . Januar erließ das Generalkommando für den Be­ fehlsbereich des X IV . Aorps eine Verordnung über die Behand­ lung von B r i e f e n m it Mustersendungen und P a k e t e n nach dem A u s l ande , verboten wurde die falsche Bezeichnung des Absenders und die unrichtige Angabe des In h a lts auf Brief- senduugen mit Maremnhalt und in den Ausfuhrerklärungen zu Postpaketen; ferner die der Inhaltsangabe widersprechende Ver­ sendung von Druckschriften, schriftlichen Mitteilungen, Abbildungen oder Zeichnungen in Paketen. Am f2. Januar richtete der Aaiser folgende A u n d g e b u n g an das deutsche Volk: — 7 8 — » „Unsere Feinde haben die Maske fallen lassen. Erst haben sie mit Hohn und heuchlerischen Morten von Freiheitsliebe und Menschlichkeit unser ehrliches Friedensangebot zurückgewiesen. I n ihrer Antwort an die vereinigten Staaten haben sie sich jetzt darüber hinaus zu einer Eroberungssucht bekannt, deren Schändlichkeit durch ihre verleumderische Begründung noch gesteigert wird. I h r Z ie l ist die Niederwerfung Deutschlands, die Zerstückelung der mit uns verbündeten Mächte und die Knechtung der Freiheit Europas und der Meere unter dasselbe Joch, das zähneknirschend jetzt Griechenland trägt. Aber was sie in dreißig Monaten des blutigsten Kampfes und des gewissenlosesten Wirtschaftskrieges nicht erreichen konnten, das werden sie auch in aller Zukunft nicht vollbringen. Unsere glorreichen Siege und die eherne Willenskraft, mit der unser kämpfendes Volk vor dem Feinde und das daheim jedwede Mühsal und Not des Krieges getragen hat, bürgen dafür, daß unser geliebtes Vaterland nichts zu befürchten hat. Hellflammende Entrüstung und heiligster Zorn werden jeden deutschen Mannes und Weibes Kraft verdoppeln, ob sie im Kampf der Arbeit oder dem opferbereiten Dulden geweiht sind. Der Gott, der diesen herrlichen Geist der Freiheit in unseres tapferen Volkes Herz gepflanzt hat, wird uns und unseren treuen sturmerprobten Verbün­ deten auch den vollen Sieg über alle feindliche Machtgier und veruichtungs- wut geben." Der A ufru f war am s6. Januar hier öffentlich angeschlagen. Der Großherzog hat an den Kaiser nach Bekanntwerden des Aufrufs an das deutsche Volk ein Schreiben gerichtet, worin zum Ausdruck gebracht ist, welch warmes Echo die Morte des Kaisers bei Fürst und Volk in Baden gefunden haben. Die Badener, Männer und Frauen, seien bereit, alles für das Vaterland ein­ zusetzen, bis die Feinde niedergerungen und dadurch für das deutsche Vaterland eine sichere Zukunft gewonnen sei. Am 27. Januar richteten die katholischen Vereine der Stadt Karlsruhe folgendes Telegramm an den Kaiser: „Eurer Majestät huldigt die Gesamtheit aller katholischen Vereine in Badens Haupt- und Residenzstadt; dankbar für das aus edelstem christlichen Empfinden vorbildlicher Ritterlichkeit von E. M . gemachte Friedensangebot; zornentflammt mit E . M . ob der Feinde frechanmaßender Ablehnung und ihrer verbrecherischen Ziele. Karlsruhes Katholiken stehen in unerschütter­ lichem Gefühle der Zusammengehörigkeit mit allen Deutschen stahlhart ent­ schlossen zu E . M ., auf Gott vertrauend, zu jedem Gpfer bereit bis zum vollen Siege, auf daß dadurch Friede werde, ehrenvoll für Deutschland und unsere Verbündeten." Auch der Frauenverein richtete an den Kaiser ein Telegramm mit der ehrerbietigen Versicherung, daß der A u fru f an das deutsche Volk in den Herzen der Mitglieder des Vereins einen starken und freudig zustiminenden Widerhall gefunden habe. Getreu den Überlieferungen des Vereins, seien alle bereit, wie bisher so auch künftighin alle vom Vaterland geforderten Gpfer zu bringen, alle Ansprüche, die die freiwillige Dienstpflicht an die Frauen stelle, mit allen Kräften zu erfüllen. Line V a t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r fand am 2H. Januar im Konzerthaus statt. Stadtrat Or. Dietz begrüßte namens des Ausschusses der Volksfeiern die Erschienenen. E r wies u. a. darauf hin, daß unser Volk, wie die Forderungen unserer Feinde gezeigt hätten, einen Existenzkampf ausfechten müsse, wenn diese Forderungen der Gegner in Erfüllung gingen, würde vom Deutschen Reich noch ein Rumpf übrig bleiben. Da könne es nur eins geben: Aufblick zu einem großen Z ie l: Kam pf und Sieg für das deutsche Vaterland. Die Festrede hielt Stadtpfarrer Stumpf über: „Unserer Kinder Land". Auch er erinnerte an das Friedens­ angebot des Kaisers und die höhnische Abweisung desselben durch unsere Feinde. Nunmehr habe jedes w o rt von Frieden aufgehört, es gelte die Existenz unseres Landes, die Zukunft unseres Volkes. Die Morgenwelle einer neuen Zeit hebe an, schon leuchteten die Blicke vom Morgenrot des Landes unserer Kinder. Es müsse ein freies, frohes, glückliches Kinderland werden, „ w i r leben im Vaterland, w ir sterben m it dem Vaterland. Das ist heute das Gelöbnis, das jeder Deutsche, aufschauend zum Kaiserthron, dar­ bringt." Der Rede folgte ein Schülerchor der Goetheschule. Hof­ schauspieler Kraus trug vaterländische Gedichte vor. E in feld­ graues Streichquartett brachte Volkslieder zum Vortrag. M it dem gemeinsamen Gesang „Deutschland, Deutschland über alles" schloß auch diese Veranstaltung. Am 2ö. Januar erließ das Generalkommando eine Ver­ ordnung über den G e l d v e r k e h r m i t dem A u s l a n d e . Danach wurde die Versendung von auf Reichsmark lautenden Geldsorten, Banknoten, wechseln u. s. s. nach dem Auslande ohne schriftliche Genehmigung des Reichsbankdirektoriums verboten. Ferner durfte eine im In la n d ansässige Person zugunsten einer im — 80 - Ausland wohnenden nur in it derselben schriftlichen Genehmigung Blarkguthaben bei einem In länder begründen und über B lark­ guthaben, gleichviel ob sie im In land oder Ausland bestanden, verfügen. Die Verordnung galt nicht bei Beiträgen bis zu (000 Alk. A u f Anregung des Unterrichtsministeriums wurden auch in dem Berichtsjahre A k a d e m i s c h e A r i e g s v o r t r ä g e gehalten. Die Vorträge fanden im Konzerthause statt. Der Reinertrag war für die Kriegswohlfahrtspflege bestimmt. Thema der Vorträge sowie die Namen der Redner sind in der Reihe der übrigen Vorträge unter X II., ( angegeben. Der Nationale Frauendienst kündigte gegen Ende Januar B l ü t t e r a b e n d e an, in denen I)r . Richard Anittel einen Vor­ trag hielt über „M o kämpfen unsere Soldaten? Eine volks­ tümliche Geographiestunde". Der Vortrag wurde sechsmal in verschiedenen Stadtteilen gehalten. Am 26. Januar fand im Blinisterium des Innern eine P r e s s e k o n f e r e n z statt, zu der Vertreter Karlsruher Zeitungen und solcher aus anderen badischen Städten eingeladen waren. Minister Freiherr von Bodman betonte in der Begrüßung, er lege Mert auf eine Berührung mit der Presse, deren K ritik für die Blaßnahmen der Regierung manchmal als ein Korrektiv wirken könne. Die Konferenzen seien in der Kriegszeit geschaffen, cs könnte aber auch in Frage gezogen werden, ob inan die E in ­ richtung nicht auch für die Friedenszeit bestehen lassen solle. Im Lause der Verhandlungen dankte der Vorsitzende des Landesver­ bandes der badischen Presse, Ehefredakteur Scheel-Blannheim, für die Einladung und dem Minister für die Morte der Anerkennung für die Tätigkeit der Zeitungen. — Geheimer Gbcrregierungsrat I)r . Schneider gab eine Übersicht über den Stand der Volksernährung, über die M ilch- und Fettversorgung in Baden, über die Kartoffel­ versorgung und über die Neuregelung der Eierversorgung. Am 30. Januar erließ der v o r b e r e i t e n d e A u s s c h u ß z u r M e r b u n g f ü r di e 6 . K r i e g s a n l e i h e (Vorsitzender Stadtrat V r. Binz) einen A ufru f zur Beteiligung an Zeichnungen für die Anleihe. Es hieß darin u. a.: „Bereiten w ir uns jetzt schon vor, wie dies allerorten in Deutschland geschieht, unsere — 8 l - Ersparnisse und verfügbaren Geldmittel möglichst für die 6. Reichs- anleihe zu verwenden . . . W ir richten diesen Appell insbesondere auch an unsere M itbürger und Mitbürgerinnen, die nur kleinere Ersparnisse machen können. Zeichnungen von sOO M k. oder einem Mehr von sOO Akk. ergeben gewaltige Summen, wenn im ganzen Reich M illionen solcher Zeichnungen Zusammenkommen... Je größer der Anleihe-Erfolg, um so gründlicher werden die Hoffnungen unserer Feinde zerstört, um so näher wird der ersehnte Frieden gekommen sein". Am s. Februar trafen b u l g a r i s c h e S c h r i f t s t e l l e r u n d K üns t l e r auf ihrer Rundreise durch Deutschland zum Besuch der Stadt Karlsruhe ein. Sie wurden am Bahnhof im Auftrag der Stadtverwaltung von den Stadträten B los , Räppele und Gstertag empfangen und nach ihrem Absteigequartier im Hotel „Germania" begleitet. Zm Laufe des Nachmittags begab sich der Oberbürgermeister mit einigen Mitgliedern des Ehrenausschusses zu den Gästen ins Hotel, um sie dort namens der Stadtverwaltung und des Ausschusses zu begrüßen. Hierbei teilte der Oberbürger­ meister auch mit, daß aus Schwerin von Prinzessin M ax, die das Protektorat über die bulgarischen Veranstaltungen in Karlsruhe übernommen hatte, ein Telegramm mit folgendem Wortlaute ein­ getroffen sei: „Da ich z» meinem Bedauern infolge Abwesenheit unsere bulgarischen Gäste persönlich zu begrüßen verhindert bin, bitte ich Sie, diese in meinem Namen herzlich willkommen z» heißen, ihnen für ihren hocherfreuenden Besuch zu danken und meine besten Wünsche für einen guten Erfolg ihrer künstlerischen Veranstaltung auszusprechen. M arie Luise, Prinzessin von Baden." Am Abend besuchten die bulgarischen Damen und Herren die Vorstellung im Hoftheater, wobei sie Gäste des Großherzogs waren. Das Bühnenspiel „Lobetanz", Musik von Ludwig Thuille, wurde gegeben. Am 2. Februar, nachmittags */-2 Uhr, gab die Stadt Karlsruhe in der Tiergartenwirtschaft ein Begrüßungsessen. Hierbei beteiligten sich Oberbürgermeister Siegrist, Bürgermeister Or. Paul, mehrere Stadträte und die Mitglieder des Ehrenausschusses. U. a. waren erschienen der Slaatsminister Freiherr von Dusch, General­ leutnant Zsbert, Freiherr von Babo, Präsident Or. Uibel, Geheimer Rat Or. Bürklin, Geheimer Rat Or. Engler, Professor Hans 6 — 82 — Thoma, Gberbaurat Professor Rehbock, Rektor der Technische» Hochschule, und eine Reihe anderer Persönlichkeiten. Bürgermeister Or. Paul bot den Gästen den Gruß der Stadt in einem Trink­ spruch. E r hob darin den gemeinsamen Sinn in der Geschichte des bulgarischen und des deutschen Volkes hervor, die beide sich erst den Weg zur E inigung, zur freien Entwicklung und zur Sicherung ihrer Zukunft schwer erkämpfen mußten, die beide stolz seien auf ihre alte Eigenkultur und dennoch gern offenen Sinnes auch das Beste fremder Kulturen sich anzupassen suchten. AKt einen: Hoch auf den König und das Volk der Bulgaren, sowie auf die bulgarischen Gäste schloß Or. Paul seine Ansprache. Schriftsteller E lin pelin (Pseudonym) hielt folgende bulgarische von Schriftsteller AKiller-Neudorf aus Sofia ins Deutsche übertragene Ansprache: Hochverehrte Herren! M ir kamen aus der Nähe der Vst» und Südfront und sind jetzt in Ih re r Stadt in der Nähe der Mestfront. Das ist ein Raum, der fast ff« ganz Europas umfaßt. I n diesem ungeheuren Raume, der von einem breiten eisernen Ring umgeben ist, in dem Ih r e und unsere Soldaten gemeinsam kämpfen und sterben, leben unsere Völker, zu einem starken Bunde vereint. Dieser Bund, der im Namen von Menschheits- und Nationalrechtcn geschaffen wurde, ist auf ein herzliches, gegenseitiges Verständnis unserer beiden Völker gegründet und auf eine Freundschaft, der w ir in Bulgarien eine große Bedeutung für unsere Zukunft beilegen. Dieser starke Bund Mitteleuropas, der morgen als Kulturmacht arbeiten wird, steht heute unter Waffen und führt blutige Kämpfe. Zum Glück sind diese Kämpfe täglich zum Vorteil unseres Bundes ruhmreich, lind da wir heute von dem äußersten Ende der Bstfront in Ih re schöne Stadt in der Nähe der Mestfront gekommen sind, so dürfen w ir uns eine bescheidene Bundesfeier erlauben, wie diese hier, erfreut und freudig zum Trotz unserer Feinde, eine Feier, die sie sich nicht gestatten können; sie haben nicht das Herz und den Sinn, sie sich zn gestatten, denn sie helfen sich nur gegenseitig, ihre schwächeren Bundesgenossen zu erdrücken. Erfreut, Ih r e schöne Stadt besuchen zu können, beglückt, daß wir auch hier gute Freunde Bulgariens fanden, erhebe ich mein G las ans das Wohl des Großherzogs und der Großherzogin von Baden und der Bürger von Karlsruhe, unserer guten Verbündeten und Freunde. Romeo erfreute die Gäste m it einem humorvollen Gedichte in Karlsruher A lundart. Am Abeud fand im Konzerthaus der bulgarische Künstlerabend statt, Der Großherzog war zu der Veranstaltung erschienen, außerdem halten sich die Spitzen der militärischen, staatlichen und städtischen Behörden sowie zahlreiche andere Zuhörer aus den verschiedenen Kreisen der Bevölkerung eingefunden. Kapellmeister Radeff, dem sich unser Hoforchester zur Verfügung gestellt hatte, dirigierte eigene Kompositionen sowie solche von D. Kristoff. M it Liedervorträgen traten auf die Sopranistin Fräulein M orfow a und der Tenor D im itroff. Am Klavier begleitete Fräulein Prokopowa. A ls Klaviervirtuos stellte sich Herr Stojanoff m it eigenen Kompositionen vor. Hofschau­ spieler Fritz Herz trug Gedichte von Slaweikoff, Iaworosf, Zwan IVasoff und K y r ill Kristoff vor. Andere Merke neuzeitlicher bul­ garischer Literatur trug der Sofioter Hofschauspieler Sawa Ogo- janoff in deutscher Sprache vor. Nach deni Konzert fand ein Abschiedsmahl im „Hotel Germania" statt. Hier sprach zunächst Oberbaurat Rehbock. T r wies auf die engen Beziehungen hin, die schon vor dem Krieg zwischen unserer Technischen Hochschule und Bulgarien bestanden haben. I m Kriegssommer fßfH hätte die Hochschule 63 bulgarische Studenten gezählt. Dem Blühen und Erstarken Bulgariens gelte sein Hoch. Die bulgarischen Damen feierte Geheime Rat Or. Tngler in seinem Trinkspruch. Dann entbot tzeliko Zordanoff, Sektionschef im bulgarischen Nnter- richtsministerium, den Gastgebern den Abschiedsdank der Bulgaren. Am 3. reisten die Gäste nach Frankfurt ab. Am 3. ging aus Frankfurt dem Oberbürgermeister folgendes Telegramm des Direktors der National-Bibliothek in Sofia, Herrn Or. Tischoff, zu: „Bulgarische Schriftsteller und Künstler danken Ih n e » wie allen betet- ligten Kreisen herzlichst für den schönen Empfang und das Interesse, das unserem Kommen entgegengcbracht; unvergeßlich bleiben gemeinsam verbrachte schöne Stunden." Außerdem erhielt der Oberbürgermeister von der Deutsch- bulgarischen Gesellschaft in Berlin (Präsident: Herzog Trnst Günther zu Schleswig-Holstein) ein Schreiben, in dem herzlich gedankt wurde für all die Bemühungen, die dem bulgarischen Kunstabend in Karlsruhe gewidmet wurden, und für die gastliche Aufnahme der bulgarischen Gäste in der Stadt. Hochbefriedigt hätten diese den deutschen Boden verlassen. Tine gleiche Befriedi­ gung sprach auch aus einen: Telegramm des Königs Ferdinand an — - - den stellvertretenden Präsidenten der Deutsch-bulgarischen Gesellschaft. L s hieß darin u. a .: M it lebhaftem Interesse habe der Aönig die Aünstlerfahrt verfolgt und zu seiner besonderen Freude wahr­ nehmen dürfen, in wie hohem M aß bulgarische Geisteswisseuschaft, Dichtung und Musik im ganzen Deutschen Reiche gewürdigt wurden. Der Aönig schloß sein Telegramm mit dem Wunsche, daß sich diesem geglückten Unternehmen weitere anschließen und dazu bei­ tragen möchten, daß das innige Freundschaftsband, welches das deutsche und das bulgarische Volk umschließe, immer fester geknüpft werde, zum Segen beider Nationen. Am 2 . Februar machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß die b e s c h l a g n a h m t e n Z i n n d e c k e l von Biergläsern und Bierkrügen entsprechend der Verordnung vom f. Gktober fß i6 nun­ mehr en t e i gnet würden. Für jedes A ilo beschlagnahmten Zinns wurden 8 Ulk. bezahlt. Außerdem konnten freiw illig abgeliefert werden: a. Zinndeckel von anderen als den in der früheren Ver­ ordnung genannten Personen und Betrieben, b. Teller, Schüsseln, Schalen, Aumpen, Becher, Arüge, Aannen und Humpen aus Zinn. Für jedes A ilo der unter a. genannten Gegenstände wurden 8 Mk., für die unter b. 6 M k. bezahlt. Für die beschlagnahmten Gegen­ stände erhielt der Besitzer eine Anordnung mit der Angabe, von welchem Tage die Ablieferung zu erfolgen hatte. Für die frei­ willige Ablieferung wurde straßenweise aufgefordert. Vom 5. Februar ab wurden zur A o h l e n e r s p a r u i s durch Verordnung des Ministeriums des Innern im ganze» Lande die Theater, Lichtspielhäuser, Räume, in denen Schaustellungen oder Aonzerte stattfinden, sonstige öffentliche Vergnügungsanstalten aller A rt, sowie Schwimmbäder der Badeanstalten vorläufig auf die Dauer von lH Tagen geschlossen. Die Warenhäuser durften nur von vormittags fO Uhr bis abends 7 Uhr geöffnet sein. Gast-, Speise- und Schankwirtschaften, sowie Vereins- und Gesell­ schaftsräume durften erst um f f Uhr vormittags geöffnet werden und mußten abends fO Uhr schließen. Aaffees, sowie Lrfrischungs- räume der Aonditoreien durften erst um 2 Uhr nachmittags öffnen. Diejenigen Räume in den Gastwirtschaften, die für den Aufenthalt der dort übernachtenden Fremden unbedingt geboten sind, durften über die angegebene Zeit hinaus offen bleiben, weiter hatte das Ministerium angeordnet, daß Museen, Sammlungen und sonstige Ausstellungsräume nicht geheizt werden dürften. Am s2 . wurden die Karlsruher Volksschulen wegen Kohlen- mangels bis auf weiteres geschlossen. Für diejenigen Kinder, denen zu Hause kein warmes Zimmer zur Verfügung stand, wurden in der Karl-Wilhelmschule, in der Ahlandschule II, in der Linden­ schule und in der Mühlburger Schule geheizte Räume bereit gehalten, in denen sich die Kinder tagsüber aufhalten konnten. Sämtliche s6 Schülerhorte blieben ebenfalls geöffnet, auch wurde das warme Frühstück in der bisherigen weise in den in Betracht kommenden Schulen weiter gegeben. — Auch ein Teil der Höheren Schulen mußte den Unterricht wegen Kohlenmangels auf kürzere oder längere Zeit aussetzen. Ebenso wurden die Gewerbeschule, die Handels­ schule und die Fortbildungsschule einige Zeit geschlossen. Am s7. Februar wurde gestattet, daß Theater, Lichtspielhäuser, sowie Räume, in denen Schaustellungen oder Konzerte stattfinden, an den San,stagen und Sonntagen geöffnet sein dürfen. Dagegen mußten nunmehr nicht bloß die Warenhäuser, sondern m it Ausnahme der Apotheken und solcher Verkaufsstellen, in denen der Verkauf von Lebensmitteln als Haupterwerbszweig betrieben wird, alle offenen Verkaufsstellen von 7 Uhr (Samstag von 8 Uhr) abends bis sO Uhr vormittags geschlossen bleiben. Am 2H. hat das Ministerium, nachdem sich der Stand der Kohlenversorgung etwas günstiger gestaltet hatte, seine Bestimmuugen über die Schließung der Theater, der Lichtspielhäuser, der Räume, in denen Schau­ stellungen oder Konzerte stattfinden, der öffentlichen Vergnügungs­ stätten, der Schwimmbäder und der offenen Verkaufsstellen auf­ gehoben. Anfang Februar veröffentlichte der Nationale Frauendienst folgenden A ufru f über den H i l f s d i e n s t : „ F r a u e n u n d M ä d c h e n , d ie k e in e n B e r u f a u s ü b e n , t u t e u re v a t e r ­ län d isc h e P f l ic h t ! E r m ö g l ic h t es d e n b e r u fs tä t ig e n M ü t t e r n , d ie A r b e i t d e r im H e e re s d ie n s t s teh en d en M ä n n e r z u ü b e r n e h m e n , o h n e d a ß ih r e K in d e r S c h a d e n le id e n . M e ld e t euch z u r f r e iw i l l ig e n A r b e i t in d e n K r ip p e n , H o r t e n u s w . des N a t io n a le n F r a u e u d ie n s te s !" Am 8. Februar verordnete der Reichskanzler, daß Z a h ­ l u n g s in i t t e I , die auf ausländische Währung lauten, und _ 86 — Forderungen gegen das Ausland in Reichs- oder ausländischer Währung der Anmeldepflicht unterliegen. Am 9- Februar fand im Lazarett I I I und V (Neue Gewerbe­ schule) ein U n t e r h a l t u n g s a b e n d statt mit verschiedenen musikalischen Darbietungen und dem Vortrag von Gedichten. I n der Nacht vom 9 . auf den sO. Februar warf ein f e i n d ­ l i che r F l i e g e r Bomben auf Karlsruhe ab. Verletzt wurden 3 Zivilpersonen, von denen Rangierer Georg Kaiser am nächsten Tage seiner Verwundung erlag. Sechs Bombeneinschlagsstellen wurden festgestellt: eine bei der Südend-Straße, drei im Bahnhof­ gelände und 2 im Durlacher Wald. Die Sachbeschädigung war nirgends bedeutend. I m einzelnen wurden folgende Schäden angegeben: s. Zertrümmerung von Fensterscheiben und mehrerer Dachziegel im Hause Bannwald-Allee N r. HO. 2 . Beschädigung von Bäumen, Sträuchern und Stücken eines Geländes in der Beiertheimer Allee. 3. Beschädigung der Fensterscheiben im ganzen Gebäude in allen Stockwerken, an der Haustüre und am Gberlicht des Hauses Beiertheimer Allee N r. 36. H. Ebendaselbst Haus N r. 38 Zertrümmerung von Fensterscheiben. 5. Beschädigung an Scheiben Bismarck-Straße N r. 67. 6 . Beschädigung einiger Bäume und Sträucher im Durlacher Wald jenseits der Gleise südlich vom Stellwerk H. 7. Eine Bombe erplodierte etwa 800 in östlich vom Personenbahnhof hart neben dem Gleise der Bahn nach Durlach und zerstörte einige Fenster des Stellwerkes. Eine zweite Bombe explodierte etwa 50 m nordöstlich des Ver­ waltungsgebäudes des Rangierbahnhofes in einer Wiese und verursachte an dem in der Nähe stehenden Gebäude Beschädi­ gungen an Fenstern, Telegraphendrähten u. a. Eine dritte Bombe wurde südlich des Verwaltungsgebäudes in das Bahn­ gleise abgeworfen, wodurch eine Schiene teilweise zertrümmert, eine andere mehrfach durchbohrt und Beschädigungen an Fenstern der umliegenden Gebäude verursacht wurden. Durch diese Bomben wurden die oben erwähnten drei Personen verletzt, auch einiger Schaden an mehreren Personen- und Güterwagen verursacht. 8 . Beschädigungen an Fensterrahmen, Sprossen, Scheiben und Beschlägen am Verwaltungsgebäude Fautenbruch-Straße N r. 3. 9 . I n derselben Straße Haus Nr. 7 Fensterscheiben zertrümmert. — 87 — Ebenso 10. am Stellwerksgebäude. H . Garten-Straße N r. 63/71 etwa 100 Scheiben in Lichthöfen des Neubaues der patronen- fabrik. 12. Goethe-Straße N r. 36 ein Bäckerkamin leicht beschädigt durch Sprengstücke der Abwehrgeschosse. A u f die­ selbe A rt 13. Fenster und Oberlicht am Hauptbahnhof und sH. Schaufenster Herren-Straße N r. 2H beschädigt. 15. M arien- Straße N r. y-f im Hinterhaus Scheiben zertrümmert, Beschädi­ gungen an der Haustüre und an der Zimmerdecke. 16. Dieselbe Straße N r. 96 zwei Scheiben an der Haustüre zertrümmert, Be­ schädigung der Einrichtung. 17. Marien-Straße N r. 29 eine Scheibe im Stock beschädigt. 18. Rotteck-Straße N r. 10/1^ am Wohngebäude Beschädigungen an Sprossen, Fensterrahmen, sowie Zertrümmerung einiger Scheiben. An: Stallgebäude leichte Schäden an Dach und der Fassade, einige Scheiben zertrümmert, Telegraphen­ draht durchschlagen. 19. Am Hinterhaus Rhein-Straße N r. 8 eine Scheibe durch einen Granatzünder zertrümmert. 20. Scheffel- Straße N r. 27 (Hildahaus) eine Scheibe zerstört. 2 s. Sophien- Straße N r. 67/7 s an: Oberlicht im Hof und am Dach leichter Schaden. 22. Dieselbe Straße N r. 118 in: Büro eine Scheibe und 2 Rohglasscheiben an: Borderdach in: Hof zertrümmert. 23. Treitschke-Straße N r. 1 drei Scheiben zerstört. 2H. westend- Straße N r. 8 s. Aunstgewerbeschule (Lazarettabteilung IV) Zer­ trümmerung einiger Scheiben am Oberlicht über den: Treppenhaus. Hier sei ergänzend bemerkt, daß bei den: Fliegerangriff non: 22. Zun: I9s6 am Hauptgebäude der Schule an: Oberlicht über den: Lichthof einige Scheiben zertrümmert worden waren. Die Beschädigung konnte erst nachträglich festgestellt werden. Aus der ganzen Aufzählung ist zu entnehmen, daß die Angaben in: franzö­ sischen Heeresbericht, Aasernen seien an: 10. Februar beschädigt worden, falsch ist. — Das Hochbauamt hat berechnet, daß der Schaden, der der Stadtgemeinde durch Beschädigung stadteigener Gebäude erwachsen ist, in: ganzen 525 M k. 58 P f. betrage. Für die Opfer dieses Fliegerangriffs gingen den: Stadtrat ver­ schiedene Spenden zu, darunter von Frau Gräfin zu Solms-Sonnen- walde-Roesen 200 Alk., von Frau Aommerzienrat M ax M ülle r 200 Alk., vou Ungenannt 50 M k. An: 11, Februar wurde im Gemeindehaus der Südstadt eine — 88 — V a t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r unter M itw irkung des evange­ lischen Rirchenchors der Südstadt abgehalten. Gberfinanzsekretär Jacob gab einen Überblick über die politischen Ereignisse der letzten Wochen, Professor Weckesser sprach über den Is la m , die Religion unserer Verbündeten. Kapellmeister Heinrich Lassimir begleitete drei seiner Vertonungen zum Gesang von Frau Land- gerichtsrat Emma Ziegler. Die letztere trug außerdem einige Lieder von Schubert und Brahms vor. Rechnuugsrat Diehm erfreute m it einigen seiner Gedichte in Aarlsruher Mundart. Stadtpfarrer Hindenlang sprach das Schlußwort, ausklingend in die Lebens­ losung: „W ir wollen — w ir können — Gott helf' uns"! Am s2. Februar fand auf Anordnung des Ministeriums des Innern eine A r b e i t s l o s e n z ä h l u n g statt zur Vorbereitung der Ausführung des Hilfsdienstgesetzes. A ls arbeitslos galten: s. Personen, die bisher eine auf Erwerb oder Verdienst gerichtete Tätigkeit ausgeübt hatten, zur Zeit aber ohne solche Beschäftigung oder Arbeit waren. 2. Personen, die seither einen bestimmten Beruf nicht oder nicht inehr ausgeübt hatten, nunmehr aber, insbesondere im Hinblick auf das Hilfsdienstgesetz, sich für eine bestimmte Beschäftigung als arbeitssuchend melden wollten. Darnach hatten die in der hiesigen Stadt sich aufhaltenden arbeitslosen männ­ lichen und weiblichen Personen am sO. Februar auf den Polizei­ wachen je 2 Zählkarten abzuholen und genau ausgefüllt am s2. auf dem städtischen Arbeitsamt und die in den Vororten auf den dortigen polizeistationen abzugebe». Am 2 s. Februar wurde bekannt gegeben, daß die Ariegs- amtsstelle Karlsruhe die gesamte Leitung der A r b e i t s v e r m i t t ­ l u n g f ü r den v a t e r l ä n d i s c h e n H i l f s d i e n st im Bereiche des stellvertretenden Generalkommandos des X IV . Armeekorps übernehme. Die sachliche Durchführung wurde der Zentralaus­ kunftsstelle Aarlsruhe (Geschäftsräume Zähringer-Straße sOO) übertragen und für diese ein Beirat bestellt. Mitglieder desselben waren: E in Vertreter der Ariegsamtsstelle und ein solcher des Ministeriums des Inueru, der Ausschuß des Verbandes badischer Arbeitsnachweise, je ein Vertreter des Landesausschusses der Rriegs- beschädigten-Fürsorge, der elsässischen Hilfsdieustmeldestellen des Aorpsbereiches, der Hilfsdienstmeldestellen in Hohenzollern, des — 89 — Badischen Handelstages, der Badischen Landwirtschaftskammer, der Badischen Handwerkskammern, des Verbandes südwestdeutscher Industrieller, des Verbandes badischer Gewerbe- und Handwerker­ vereinigungen, des Badischen Kartells der freien Gewerkschaften, der christlichen Gewerkschaften, der Hirsch-Dunckerschen Gewerk­ vereine, des Südwestdeutschen Arbeiterverbandes, der Arbeitsgemein­ schaft der kaufmännische» Verbände, sowie der technischen Verbände, des Arbeitsnachweises der Industrie Mannheini-Ludwigshafen, ferner eine Vertreterin der Frauenabteilung der Kriegsamtstelle Karlsruhe und ein Vertreter des Sanitätsamts des X IV . Armee­ korps. Z u r unmittelbaren Arbeitsvermittlung waren in 59 Ge­ meinden des Korpsbereichs Hilfsdienstmeldestellen errichtet. Am 25. Februar fand im Stadtteil Rintheim eine V a t e r ­ l änd i s c he F e i e r statt. Pfarrer Vielhauer sprach die Begrüßungs­ worte. Ehor- und Sologesänge wechselten. Die Männerchöre wurden von den noch anwesenden Mitgliedern der Gesangvereine Rintheims, die sich zwecks Veranstaltung patriotischer Feiern zusammengetan hatten, zum Vortrag gebracht. Dazwischen erfolgten gemischte Lhöre durch den Kirchenchor Rintheim. Herr Brüstle hielt eine Ansprache über hindenburg. Oberlehrer Lang sprach über unsere militärische, wirtschaftliche und finanzielle Lage, worauf Pfarrer Vielhauer mit Dankesworten die Feier schloß. Vom 26. Februar bis einschließlich s. M ärz hatten sich zwecks N a c h m u s t e r u n g verschiedene Kategorien gedienter und unge­ dienter wehrpflichtiger bei den Bürgermeisterämtern ihres Aufent­ haltsortes zur Stammrolle anzumelden. Die aus Karlsruhe angemeldeten ungedient dauernd Untauglichen wurden an den Werk­ tagen vom 50. M ärz bis einschließlich s2. A p ril nachgemustert. Am s. März erließ das Generalkommando eine Bekannt­ machung über Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von fertigen, gebrauchten und ungebrauchten Gegenständen aus A l u m i n i u m . M it der Durchführung dieser Bekanntmachung wurden die Kommunalverbände beauftragt. Die beschlagnahmten Gegenstände waren hier vom 20 . bis 50. M ärz anzumelden. Ebenfalls am s. M ärz erging eine Bekanntmachung über Beschlag­ nahme, Bestandserhebung und Enteignung, sowie freiwillige A b­ lieferung von Gl oc k en a u s B r o n z e . Die Glocken waren - - 90 — vom 3. bis fH. A p ril unter Benützung von Meldevordrucken bei den: Bürgermeisteramt zu melden. Glocken unter 20 A ilo waren von der Meldung frei. Endlich erging am s. M ärz eine Bekannt­ machung über Bestandserhebung und Beschlagnahme von A o r k ­ h o l z , A o r k a b f ä l l e n und den daraus hergestellten Halb- und Fertigfabrikaten. Am s. M ärz fand eine Z ä h l u n g des Pferde-, Rindvieh-, Schafe-, Ziegen- und Schweinebestandes statt. Am H. M ärz erging eine Verordnung des Generalkommandos über den V e r k e h r m i t A r i e g s - u n d Z i v i l g e f a n g e n e n . Darnach wurde verboten, ohne Genehmigung der zuständigen militärischen Stellen mit Gefangenen in persönlichen oder brieflichen Verkehr zu treten, den Gefangenen Geld-, Nahrungs- und Genuß­ mittel oder Gebrauchsgegenstände, Zeitungen, Bücher u. dergl. zuzustecken oder zu übersenden, Gefangene zum Fernbleiben von der Arbeitsstätte zu verleiten, bei Niederlegung oder Verweigerung der Arbeit Hilfe zu leisten, die Gefangenenlager zu betreten, auf Straßen an Gefangenentransporte sich heranzudrängen oder bei Gelegenheit solcher Transporte durch Zurufe und auf andere Meise Aundgebungen zu veranstalten. Zn der Einleitung zu der Ver­ ordnung war gesagt, daß in letzter Zeit Zivilpersonen, insbesondere auch Frauen, in großer Zah l versucht hätten, mit Gefangenen heimlich oder offen in Verbindung zu treten und ihnen durch Verabreichung oder Übersendung von Nahrungs- und Genußmitteln, durch Beförderung von Briefen oder durch sonstige Besorgungen sich gefällig zu erweisen. Am f f . M ärz fand im Aonzerthaus eine Va t e r l änd i s che V o l k s f e i e r für die männliche schulentlassene Zugend statt. Die Schülerinnen der Höheren Mädchenschulen sangen dreistimmige vaterländische Lhöre. Uaplan Heilmann hielt einen Lichtbilder­ vortrag über „Unsere U-Boote". Turnerische Vorführungen wurden ausgeführt von der Zugendwehr und von Schülern des Gym­ nasiums. Hofschauspielerin M arie Frauendorfer trug mehrere vaterländische Gedichte vor. Dann hielt Sladtpfarrer Hesselbacher eine Ansprache, worauf die Feier m it dem gemeinschaftlichen Liede „Zch Hab' mich ergeben" geschlossen wurde. - - Am s3. März gab die Kriegsamtsstelle Karlsruhe bekannt, daß sich behufs H e r a n z i e h u n g z u m v a t e r l ä n d i s c h e n H i l f s d i e n s t alle nicht mehr landsturmpflichtigen männlichen Deutschen, die in der Zeit nach dem 30. Jun i s857 und vor dem s. Januar s870 geboren seien, bei den Bürgermeistern ihres Wohnorts i» der Zeit vom f7. bis 26. M ärz persönlich oder schriftlich durch vorgeschriebene Meldekarten zu melden hätten. Zm Einvernehmen m it dem Ministerium des Znnern wurde vom Kriegsministerium, wie das Generalkommando am ( 6 . M ärz bekannt gab, ein K r i e g s w i r t s ch a f t s a m t m it dem Sitz in Karlsruhe errichtet. Es umfaßte das Großherzogtum Baden mit Ausnahme des rechtsrheinischen Teils des Festungsbereichs Straß- burg und hatte die Aufgabe, innerhalb dieses Wirtschaftsgebiets die landwirtschaftliche Erzeugung zu unterstützen und zu fördern durch: s. Beschaffung und nötigenfalls militärische Zurückstellung von Betriebsleitern und Arbeitern; 2 . Beschaffung von Arbeits­ pferden; 3. Beschaffung von Maschinen und Betriebsmitteln (Kohlen, Benzol usw.); H. Fürsorge für die restlose Bestellung der Felder; 5. Fürsorge für die Einbringung der Ernte. Zum Vor­ sitzenden wurde Rittmeister G ra f von und zu Bodman ernannt. Für jeden Amtsbezirk bestand eine Kriegswirtschaftsstelle, deren Vorsitzender der Amtsvorstand war. Die Diensträume des Kriegs­ wirtschaftsamtes Karlsruhe befanden sich Kaiser-Straße 23 (, der Reklamationsabteilung Kaiser-Straße s58. Am ( 6. März wurde die V e r l o s u n g der zur Heimzahlung bestimmten s t ädt i schen S c h u l d v e r s c h r e i b u n g e n vorge- nommen und zwar früher als sonst, um den Besitzern Gelegenheit zu geben, die heimbezahlten Gelder in der neuen Kriegsanleihe anzulegen. Am ( 8. März fand im Konzerthaus eine Va t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r statt. Nach den Begrüßungsworten in Gedichtform durch Gberverwaltungssekretär Franz Karrer trug der Liederkranz mehrere Ehöre vor. Frau Großkopf-Schumacher (Sopran) sang Lieder von Schubert, Schumann, Beethoven und Mendelssohn. Fräulein Emma Hainmüller brachte Klaviervorträge. Professor v r , Meisinger sprach über „Das deutsche Lied". Franz Karrer gab einige Proben seiner Gedichte „Ernstes und Heiteres". Zn> - 92 - Schlußwort gedachte Geh. Hofrat Rebmann der Mühsalen unserer Feldgrauen draußen. M it dem gemeinsamen Gesänge: „Deutsch­ land, Deutschland über alles!" schloß die Feier. Ebenfalls am s8. wurde in der Turnhalle des Stadtteils Rüppurr eine V a t e r l ä n d i s c h e F e i e r abgehalten. Gberrech- nungsrat Albert Rothenacker hielt einen Vortrag über „Die heutige Lage". Eine Anzahl Lichtbilder von „Deutschlands Flotte im Kriegsjahr lchsS/sE" schloß sich an. Musikalische und dichterische Vorträge folgten. Schüler und Schülerinnen der oberen Volks­ schulklassen trugen Thöre und Gedichte vor. Stadtpfarrer Mayer sprach das Schlußwort. Auch diese Feier endigte m it dem gemein­ samen Gesänge: „Deutschland, Deutschland über alles!" Am 2 s. M ärz fand in einer Versammlung im Rathaus ein V o r t r a g s a b e n d statt. Them a: „ Hindenburgs Forderung an die Hausfrauen". Freifrau von Marschall-Neuershausen sprach über „Die Arbeiten der Frau in der Landwirtschaft". Die Frauen hätten in den Jahren s9s3 und i 9 s6 eine Riesenarbeit bewältigt. Zetzt bedürften sie aber weiterer Hilfskräfte. Die Forderung der Rednerni gipfelte darin, daß die Mädchen, die im Dienste stünden, beurlaubt werden sollten. Die Mädchen müßten durch Aufklärung überzeugt werden, daß sie hierdurch vaterländischen Hilfsdienst leisteten. Hierauf sprach Frau K lara Siebert. Die Rednerin behandelte den Arbeiterinangel auf dein Lande und gab Finger­ zeige, wie durch Zuweisung von Mädchen, die vom Lande sind, diesem Übelstande abgeholsen werden könne. Nach den Vorträgen fand eine Aussprache statt. Am 22 . wurden die Vorträge für die Angestellten wiederholt. Am 22 . M ärz wurde zur Erinnerung an den G e b u r t s t a g K a i s e r W i l h e l m s I. vor s20 Jahren im Vereinslazarett eine kleine Feier veranstaltet. Geh. Hofrat Or. Benckiser gab ein Lebensbild Kaiser Wilhelms I. und leitete dann nach kurzen Worten über die große Zeit von s 870/7 i zu den Ereignissen der letzten Kriegsjahre über. Eine ernste Mahnung, durchzuhalteu bis zum Siege, schloß die Ansprache. Eine Abordnung von Verwundeten begab sich dann zum Denkmal am Kaiserplatz und legte dort einen Kranz nieder. Auch der Verband der Kriegsfreiwilligen — 93 — von ^870/71 hatte am Denkmal einen Lorbeerkranz m it Korit- blumenschmuck niederlegen lassen. Am 2^. März fand im Reservelazarett V I (Lehrerseminar I) zu E h r e n des v e r s t o r b e n e n G r a f e n Z e p p e l i n eine Gedächtnisfeier statt. Die „Liederhalle" trug Ehöre vor. Professor Adolf Kistner sprach über den Werdegang und die epochemachende Erfindung des Grafen. Violinvorträge folgten, sowie Deklamationen von Hofschauspieler Fritz Herz. Am 2H., 25. und 26. M ärz waren A r b e i t e n V e r w u n ­ det er aus den hiesigen Lazaretten zum Verkauf ausgestellt. E in ­ tritt 20 Pf. Am 25. M ärz fand im Stadtteil Rintheini eine V a t e r ­ l änd i sche V o l k s f e i e r statt. Landgerichtsrat S tritt hielt einen Vortrag über die Lage. E r entwarf ein B ild über die Kriegs- und Wirtschaftsverhältnisse Deutschlands und seiner Feinde. Rechts­ anwalt Otto Heinsheimer führte Lichtbilder aus den Kämpfen an der West- und Ostfront und auf dein Meere vor. Lieder­ vorträge des Kirchenchors und des Männergesangvereins Rintheim folgten. Die Stadtgemeinde Karlsruhe beteiligte sich, wie aus der Stadtratssitzung vom 29. M ärz berichtet wurde, an der in M ann­ heim zu bildenden „K r i e g s g e s e l l s ch a f t zu r v e r a r b e i t u ng v o n L a n d ese r z e u g n is s en m. b. H ." m it einer Stammeinlage von HO 000 Mk. Am 5 s. M ärz veranstaltete der verband der Deutschtums­ vereine zum G e d ä c h t n i s B i s m a r c k s einen vaterländischen Abend. Geheimer Studienrat Or. Boesser hielt die Gedächtnisrede. Alsdann sprach Bankier Hecht über die Wirtschafts- und Finanz­ lage Deutschlands und über die Bedeutung der neuen Kriegsanleihe. Beide Vorträge waren von Gesangsdarbietungen der „Konkordia" umrahmt. Lichtbilder, die Szenen vorn westlichen Kriegsschauplatz vorsührten, bildeten den Schluß der Feier. Am s. A p ril hielt die Bürgergesellschaft der Südstadt in Verbindung nrit dem Evangelischen und denr Katholischen Männer­ verein dieses Stadtteils eine V o l k s v e r s a m m l u n g z u r W e r ­ b u n g für die 6. Kriegsanleihe ab. Nach der Begrüßung sprach Stadtpfarrer Haungs einleitende Worte von der deutschen K ra ft und - y q - dem deutschen Siegeswillen. Dann hielt Gberfinanzsekretär Jacob einen Vortrag über die politische und militärische Lage. Nach ihm sprach Aanzleisekretär Aühn über die wirtschaftliche und finanzielle Stärke unseres Volkes. Z u r Illustration dienten zahl­ reiche Lichtbilder. Pfarrer Hindenlaug sprach das Schlußwort. M it dem gemeinsamen Gesänge „Deutschland, Deutschland über alles" endigte die Versammlung. Ebenfalls am s. A p ril fand im Stadtteil Beiertheim ein v a t e r l ä n d i s c h e r A b e n d statt. Stadtrat Aolb sprach über die Kriegslage, Bankier Hecht über die wirtschaftliche Lage. Licht­ bilder wurden vorgeführt. Die Pausen waren von Liedergaben des Airchenchors und des Solisten Schwarz ausgefüllt. Am ch A p r il veranstalteten die gewerblichen Vereinigungen von Karlsruhe einen v a t e r l ä n d i s c h e n A b e n d . Gewerbe­ lehrer Ferdinand Huber sprach über Deutschlands Wirtschaftskräfte. An der Hand einer großen Reihe statistischer Tafeln veranschaulichte er die Stärke Deutschlands. Lithograph Robert Glöckner brachte Lichtbilder über die Umgebung Rarlsruhes m it erläuternden Bemerkungen. Anfang A p ril veröffentlichte der Badische Militärvereius- verband, der Allgemeine Deutsche Zagdschutzverein, der Landes­ verein Baden und der Badische Landesschützenverein einen A u f r u f f ü r den v a t e r l ä n d i s c h e n H i l f s d i e n s t . Zn dem Aufruf hieß es u. a .: „E ine große Anzahl von Militärpersonen wird zurzeit durch den Bahn-, Brücken- und Grenzschutz, die Gefangenen­ bewachung, sowie sonstigen Wacht- und Sicherheitsdienst in Anspruch genommen. Diese müssen jetzt durch solche Personen ersetzt werden, die im Gebrauch der Schießwaffe geübt sind und für die Ver­ wendung im stehenden Heere nicht mehr in Frage kommen. Zm Hinblick auf das dringende Gebot der Stunde, da das Vaterland m it jedes deutschen Mannes Hilfe rechnet, richten w ir auf Ver­ anlassung des Ariegsamtes an alle hierfür in Betracht kommenden Mitglieder unserer verbände die eindringlichste Aufforderung, sich den zuständigen Stellen unverweilt zur Verfügung zu stellen". Am 3. A p ril erließ das Generalkommando eine Bekannt­ machung über B e s c h l a g n a h m e u n d B e s t a n d s e r h e b u n g v o n P a p p e n (Rohdach- und Teerdachpappen jeder Art). Gleich- Hs — zeitig wurde eine Meldepflicht und Lagerbuchführung für diese Gegenstände angeordnet. Durch Verfügung des Generalkommandos wurden die G e h ­ wegst recken der Ettlinger Straße, der Beiertheimer Allee und der Garten-Straße, die an das Gffiziergefangenenlager angrenzen und durch Sperrtafeln kenntlich gemacht worden waren, für jeden Verkehr des Publikums gesperrt. Am l 6 . A p ril mittags ein Uhr wurden die Z e i c h n u n g e n f ü r di e 6. K r i e g s a n l e i h e geschlossen. Sie waren seit dem sö. März eröffnet. Die hiesigen Zeitungen brachten in diesen Wochen nicht bloß die amtlichen Aufforderungen zur Zeichnung, sondern, wie die auswärtigen, wiederholt und je näher der End­ termin heranrückte in steigendem Maße größere und kleinere Artikel, die zur Zeichnung mahnten. I n ganz Deutschland wurden auch Mahnworte hervorragender Persönlichkeiten durch die Zeitungen verbreitet. Der Reichskanzler B e t h m a n n H o l l w e g sagte: „Einen Baustein zum Siege herbeizubriugen, ist keine K ra ft zu klein. Das Vaterland zählt auf alle seine Glieder. Möge nach dem Gelingen des Werkes jeder einzelne sagen können: Auch ich habe mitgeholsen". H in den b ü r g schrieb: „D ie 6 . Kriegs- anleihc muß und wird den Nachweis erbringen, daß das deutsche Volk im Vollbewußtsein seiner gerechten Sache den w illen und die K ra ft zum endgültigen Siege hat und sich niemals englischer Herrschsucht beugen w ird". Andere Mahnworte waren von Luden- dorff, vom Kriegsminister von Stein, vom Ehef der Hochseestreit­ kräfte Adm iral Scheer, von Großadmiral von Tirpitz u. a. ergangen. H a n s T h o m a veröffentlichte folgende Worte: „Zeichnen ist eine große Kunst. w er es kann, der kanns. Kriegsanleihe zeichnen ist keine Kunst, w er es hat, der solls!" Der Stadtrat beschloß am l 2 . April, daß sich die Stadtgemeiude Karlsruhe m it 5 M illionen M ark aus der Stadtkasse und 2 M illionen M ark aus der Spar­ kasse beteiligen werde. Außerden würden sich die städtischen Stiftungen mit s00 000 M k. beteiligen. Der letzte Sonntag vor Zcichnungsschluß P5. A pril) sollte zu einem National-Zeichnungs- tag gestaltet werden. Daher waren verschiedene Veranstaltungen getroffen, um iu letzter Stunde die Säumigen und Zögernden auf die außerordentlich große Bedeutung der Kriegsanleihe hinzuweisen — 96 — Und sie zur Zeichnung zu bewegen. Zn den Airchen wurde von den Aanzeln herab zur Erfüllung der vaterländischen Pflicht gemahnt und von (2 bis ( Uhr m it sämtlichen Glocken geläutet. Außerdem hatten die Airchengemeinden angeordnet, daß nach Schluß der Gottesdienste in den Airchen selbst (Sakristeien) oder in deren Nähe Zeichnungen vorgenommen und Anteilscheine der städtischen Sparkasse auf die Anleihe gekauft werden konnten. Auf dem Marktplatz und am Aaiserplatz spielten von i/s ^2 bis 1/2 l Uhr die hiesigen Militärkapellen. Außerhalb des Gottesdienstes wurden sämtliche hiesige Banken, die Zeichnungsstellen waren, sowie die Sparkasse zur Entgegennahme von Zeichnungen offen gehalten. Schüler und Schülerinnen verteilten vor den Airchen, in den Straßen und auf öffentlichen Plätzen Flugblätter. Unter pinweis auf den E rfo lg der Zwangsanleihe in England sagte das vom Nachrichten­ bureau der Reichsbank in Berlin herausgegebene und auch hier verteilte Flugblatt u. a.: „W ir müssen England schlagen! Nicht nur m it den Waffen — auch m it dem Geld! . . . . Zeige ihnen, was deutscher Gpfersinn und deutsche Vaterlandsliebe, was deutsche Tüchtigkeit und deutsche A ra ft vermag! . . . Dein eigenes Schicksal hängt von dem Ergebnis dieser Ariegsanleihe ab! . . . Verschiebe die Erfüllung Deiner Pflicht nicht auf morgen — nicht auf die letzte Stunde, peute noch — sofort — gehe zur nächsten Bank, zu Deinem Bankier, zur Sparkasse, Lebensversicherung, Genossen­ schaft oder zur nahen Post und zeichne, soviel Du hast und soviel Du aufbringen kannst!" I m poflheater trat am Abend nach dem ersten Akt der Aufführung Pofschauspieler Baumbach vor den Vorhang und forderte in einer begeisterungsvollen Ansprache zur Zeichnung auf. E r schloß m it der launigen Aufforderung zu beweisen, daß Aarlsruhe nicht bloß die Stadt der Maler, sondern auch der „Zeichner" sei. Zn den verschiedenen Rängen waren Tische aufgestellt, wo Damen und perren des poftheaters, unter ihnen der Generalintendant und Gemahlin selbst, in den beiden großen Pausen Zeichnungen entgegennahmen, auch Anteilscheine ausgaben. Zu Beginn der 2. Pause waren bereits 60 000 Mk. zusammengekommen. Das Gesamtergebnis des Abends belief sich auf (26 000 M k. Zm ganzen wurden in der Stadt Karlsruhe ((9 2 3 7 800 M k., in ganz Deutschland einschließlich der Feld- - 97 - Zeichnungen ,3 ,22 069 600 Alk. gezeichnet. I n der Stadtrats- sitznng voin , 9 . A p ril teilte der Vorsitzende mit, daß bei der städtischen Sparkasse in über 600 Kosten 9 2 ,2 000 A lk. gezeichnet und 35 8 ,8 Anteilscheine im Gesamtwert von 2773^2 Alk. ab­ gesetzt wurden. Der Stadtrat nahm von dem günstigen Ergebnis mit Freude Kenntnis und sprach allen denen, die durch Werbung zu dem großen Erfolge beigetragen hätten, herzlichsten Dank aus. Nachträglich bringen w ir die endgültigen Ergebnisse der früheren Kriegsanleihen in Karlsruhe, wie sie die Reichsbankstelle auf Ersuchen des Stadtrates im August , 9 ,8 festgestellt hat. Darnach wurden gezeichnet: Z u r ,. Anleihe 37 723 400 A lk. 2.67 744 ßOO Alk. 5. 9 0 ,0 8 600 A l k . 4. 8 , 027 200 A l k . 5. 86 396 600 A l k . 6. die oben angegebene Summe. Am 20 . A p ril setzte das Generalkommando auf Grund der Erklärung des Kriegszustandes für dis zu seinem Geschäftsbereich gehörenden Gebietsteile des Großherzogtums folgende Gesetzes­ bes t i mmungen außer K r a f t : die AA ,3 und 65 der Verfas­ sungsurkunde für das Großherzogtum Baden, soweit sie nicht den Schutz des Eigentums betreffen; 2 . die AA 97 bis ,05, , , 0 , , , 2 bis , , 5 , ,27 und ,28 der Reichsstrafprozeßordnung; 3. die HA , und 23 Abs. 2 des Reichsvereinsgesetzes vom , 9 . A p ril , 908 ; H. den A , des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. A la i ,874- Am 24. A p ril fand im St. Annahaus ein V a t e r l ä n d i s c h e r V o l k s a b e n d statt. Gbcrmusiklehrer Steinhart von der Goethe- schnle brachte m it zwei seiner Schüler ein T rio von Beethoven zum Vortrag. Fräulein Elisabeth Gutzmann trug mehrere Lieder vor. Das Fasselsche Alännerquartett sang von deutscher Helden Streiten, Leiden und Heimkehr. Frau K lara Siebert hielt eine Ansprache über den (Vpfergeist der deutschen Frau. A lit einer Ansprache von Stadtpfarrer Stumpf schloß die Feier. Die A l u s t e r u n g sämtlicher Landsturmpflichtigen des Ge­ burtsjahres ,899 sowie die Nachmusterung der bisher zurück­ gestellten Landsturmpflichtigen des Geburtsjahres ,898 aus der Stadt Karlsruhe wurde vom 24 . A p ril bis einschließlich ,0. M a i abgehalten. — 9 « Am 2. M a i und den nächstfolgenden Tagen fanden verschie­ dene vaterländische A r b e i t e r k u n d g e b u n g e n statt. Die Veranlassung dazu gab der Brief des Generalfeldinarschalls von Hindenburg, den dieser wegen der Rüstungsarbeiter an den General­ leutnant von Gröner gerichtet hatte. I n den Fabrikräumen der Gesellschaft Linner im Stadtteil Grünwinkel wurde der Brief verlesen und sodann die Absendung folgender Depesche beschlossen: G e n e r a l fe ld m a r s c h a l l v o n H in d e n b u r g , G r o ß e s H a u p t q u a r t i e r : „ D i e v e r s a m m e lte n A r b e i t e r u n d A r b e i t e r in n e n d e r S in n e r w e r k e in K a r l s r u h e - G r ü n w i n k e l sen d en E u r e r E x z e lle n z e h r fu rc h ts v o lle n G r u ß . D ie k e rn ig e n M o r t e in I h r e m B r i e f e a n d e n G e n e r a l le u t n a n t v o n G r ö n e r h a b e n b e i u n s le b h a f te n W i d e r h a l l u n d v o lle s V e r s tä n d n is g e fu n d e n . U n e rm ü d lic h u n d o h n e R a s t w e r d e n w i r u n s e re n T e i l d a z u b e it r a g e n , d a ß u n s e re ta p fe r e n K ä m p f e r d r a u ß e n a n d e r F r o n t a l le s e r h a l t e n , w a s z u r E r z w in g u n g e in e s e h r e n v o l le n F r ie d e n s n o tw e n d ig u n d e r fo rd e r lic h ist. F r e u d ig g e lo b e n w i r : U n s c r n H in d e n b u r g , d e n N a t io n a lh e ld e n des deutschen V o lk e s , u n d u n sere b r a v e n T r u p p e n lassen w i r n ic h t im S t ic h ." G e n e r a l le u t n a n t v o n G r ö n e r , B e r l i n : „ E u r e r E x z e lle n z b e e h re n w i r u n s m i tz u te i le n , d a ß w i r soeben d em G e n e r a l fe ld m a r s c h a l l v o n H in d e n b u r g te le g ra p h is c h u n s e re v o lle B e r e i t w i l l ig k e i t a u s g e s p ro c h e n h a b e n , t r e u m i t z u a r b e i t e n a n d e n g ro ß e n E r fo rd e rn is s e n d ieser e rn s te n Z e i t . A u c h I h n e n , d e m v e rd ie n s tv o lle n L e i t e r des K r ie g s a m t s , e r la u b e n w i r u n s u n s e re v o lle H in g a b e f ü r d ie g e m e in s a m e S ac h e z u m A u s d ru c k zu b r in g e n . W i r ve rs p re c h e n , t r e u zu u n s e re n ta p fe r e n T r u p p e n u n d ih r e n be­ w ä h r t e n F ü h r e r n z u stehen u n d u n s e re n T e i l d a z u b e iz u t r a g e n , d a ß u n sere B r ü d e r im F e ld e a l le s e r h a l t e n , w a s z u r E r z w in g u n g e in e s e h re n v o lle n F r ie d e n s e r fo rd e r lic h is t." Ähnliche Kundgebungen erfolgten am 3. M a i von der A r ­ beiterschaft der F irm a Junker L Ruh, der Nähmaschinenfabrik Karlsruhe, vormals Haid Neu, am H. von den Merkangehörigen der Fabrik F. Wolfs u. Lohn und am 7. von der Arbeiterschaft der F irm a F. Leneca. Der Generalfeldmarschall hat jeweils „ fü r die Versicherung, in treuer Arbeit auszuharren bis zum endgültigen Liege", telegraphisch gedankt. Am 2. M a i veröffentlichte der stellvertretende Kommandierende General folgende B e k a n n t m a c h u n g : „ z o o o M a r k B e lo h n u n g . U n s e re F e in d e s ind a m W e r k , im D e u ts ch e n V o lk e U n z u f r ie d e n h e it u n d Z w ie t r a c h t z u e r re g e n . — 99 - D e u ts c h la n d so ll u m d ie F rü c h te s e in e r m i t g ro ß e n G x f e r n a n G u t u n d B l u t e r r u n g e n e n E r f o lg e g e b ra c h t w e r d e n . S e lb s tv e rs tä n d lic h e P f l ic h t je d e s D e u ts c h e n ist es , z u r E n t l a r v u n g so lcher A g e n te n in« fe in d lic h e n S o ld e b e iz u t r a g e n . S ie t r e ib e n im G e w ä n d e b ü r g e r ­ lich er B ie d e r m ä n n e r , p o lit is c h e r A g i t a to r e n , j a au ch i n f e ld g r a u e r M a s k e i h r h o c h ve rrä te ris ch es H a n d w e r k . w e r e in e n solchen V e rb re c h e r z u r B e s t r a f u n g b r i n g t , e r h ä l t o b ig e B e lo h n u n g ." Am 6. M a i fand im Konzerthaus eine V a t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i er für die weibliche Jugend statt. Die Schülerkapelle spielte Märsche und Lieder, Hofschauspieler Fritz Herz trug einige Gedichte vor. Konzertsänger Meßbecher sang Lieder von Löwe. Mitglieder des Vereins für Deutsche Frauenkleidung und Frauen­ kultur boten unter Leitung des Mberturnlehrers Leonhardt turne­ rische Vorführungen. Hauptschriftleiter Dees hielt einen Lichtbilder­ vortrag „A us dem Felde" und Stadtpfarrer Hindenlang sprach über „D ie Heimat". Am sä. M a i veranstaltete das Museum für die Mitglieder der Gesellschaft eine „ V a t e r l ä n d i s c h e F e i e r s t u n d e " . Hof­ schauspieler Hans Godeck von Mannheim hielt eine Ansprache über „Die Erhaltung des deutschen Geistes". Der Redner ging in seiner Ansprache von Kant aus und betonte, daß im Gegensatz zum englisch-amerikanischen Geiste, dem Geiste des Kapitalismus, der deutsche Idealismus zu erhalten sei. M ir kämpften nicht nur um Haus und Hof, sondern vor allem, was uns von anderen Völkern unterscheide, um unsere deutsche Eigenart, die w ir niemals aufzeben wollten, Nach der Ansprache las der Redner Stellen aus Merken Kants, Kleists, Arndts, Fichtes, sowie Morte Bismarcks und Friedrichs des Großen vor. Kammersänger Jan van Gorkom sang die „Morgenhymne" von Hentschel und den „Kriegsspruch" von K lara Faißt. Am Harmonium Musikdirektor Georg Hof­ mann. I m M a i verfügte das Generalkommando die E i n s t e l l u n g s ä m t l i c h e r B a u a r b e i t e n im Hoch- und Tiefbau behufs Freimachung von Arbeitskräften und Bauschlossern für Heeres­ zwecke. Ausgenommen von der Stillegung wurden diejenigen Bauten, die von der Bauprüfungsstelle des Kriegsamts in Berlin in die Bauliste ausgenommen waren, und diejenigen, für die die — ,00 — Kriegsamtsstelle in Karlsruhe oder die in Mannheim besondere Erlaubnis erteilt hatten. Unter die Ausnahmen zählten ferner die unverschieblichen Unterhaltungs- und Notstaudsarbeiteu, sowie kleinere im Interesse der Volksernährung erforderliche Bauarbeiten, ebenso alle unaufschiebbaren Bauausführungen der Heeresverwal­ tung und der staatlichen Behörden. Neue Bauten durften ohne besondere Genehmigung nicht mehr in Angriff genommen werden. Am ,5. M a i veröffentlichte das Generalkommando eine Be­ kanntmachung über Beschlagnahme, Bestandserhebung und Ent­ eignung von D e st i l l a t i o us a p p a r a t e n a u s K u p f e r u n d K u p fe r l e g i e r u n g und über freiwillige Ablieferung von anderen Brennereigeräten aus solchem Stoffe. M it der Durch­ führung der Bekanntmachung wurden die Kommuualverbände beauftragt. Die Apparate waren nach der Bekanntmachung des Bürgermeisteramts bis zum 30. Jun i anzumelden. Eine Erwei­ terung der Verordnung erfolgte am 20. Jun i, nach der fast sämt­ liche aus Kupfer und Knpferlegierung bestehenden Gegenstände beschlagnahmt wurden. Am 2 s. M a i veranstaltete der A r b e i t e r b i l d u n g s ver e i n einen V a t e r l ä n d i s c h e n V o r t r a g s a b e n d . Hofopernsänger Benno Ziegler sang „Ave M a ria " von plüddemau, „6, 7 oder 8" von Ignaz Brühl, „D ie Beichte" von Luppe und „Stolzenfels ani Rhein" von Meißler. Gpernsängerin Irene Ruth Heidelberg und Hofopernsängerin Annemarie Hoerth sangen Lieder von Hentschel, Blech, d'A lbert, Holländer, Götz, Weingartner und Mendelssohn. Albert Zöschinger begleitete am Klavier. Die Hofschauspieler Rudolf Essek und Paul M ülle r trugen Dichtungen und Erzählungen von Geibel, Anthes, Gerok, Schmasow, Rasud, Presber, Stieler und Antzinger vor. Die Leitung des Abends hatte Spielleiter V tto Kienschers. Am 22. M a i brachte die „Karlsruher Zeitung" folgende behördliche Kundgebung: „ D e r E r n s t d e r ' Z e i t v e r la n g t d r in g e n d , d a ß P fin g s tre is e n u n d A u s f lü g e in d ie se in J a h r e u n te r b le ib e n , w e i l d ie L o k o m o tiv e n u n d M a g e n f ü r Z w e c k e d es ls e e re s , d e r K r ie g s w i r t s c h a f t u n d D o lk s e r n ä h r u n g g e b ra u c h t w e r d e » . M i t Z u r ü c k b le ib e n b e im R e is e a n t r i t t o d e r u n t e r w e g s ist d a h e r z u re c h n e n . D ie E is e n b a h n b e n u tze n u r , w e r n o tg e d r u n g e n re is e n m u ß . I n d e r Z e i t v o m 25. b is 2A . M a i e in sc h ließ lich w e r d e n B a h n s te ig k a r te n n ic h t a u s g e g e b c n ." - sof — Am 2^. M a i veröffentlichte das Bürgernieisteraint, daß gemäß Nachtragsverordnung des Generalkommandos die beschlag­ nahmten Gegenstände aus A l u m i n i u m enteignet würden. Sie waren bei der städtischen Metallannahmestelle abzuliefern. Die Ablieferung wurde straßenweise nach dem Abc der Straßennamen geordnet und jeweils bekannt gegeben. So waren vom 25. bis 50. M a i die Gegenstände aus den mit dem Buchstaben A begin­ nenden Straßen abzuliefern. Am l- Z "» i und den folgenden Tagen fand hier eine V i e h ­ z ä h l u n g statt. Sie erstreckte sich auf Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen und Federvieh. Anzugeben waren die Bestände an den genannten Vieharten, die am Morgen des f. Zum vor­ handen waren. Am s5. Oktober wurden durch Zählung die Bestände an Schweinen wieder festgestellt. M it dieser Zählung war gleichzeitig eine Erm ittlung der Anbauflächen von S t o p p e l ­ r ü b e n (Weiße Rüben) verbunden. Am sO. Zum fand im Evangelischen Gemeindehaus der Weststadt eine V a t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r statt. Professor August M arx sprach über „D ie deutsche Freiheit". Fräulein Moritz brachte Klaviervorträge. Fräulein Geschwister Bautz sangen eine Anzahl volksliedmäßiger Duette. Hofschauspieler Höcker trug zwei vaterländische Dichtungen vor, die eine m it K lavier­ begleitung. Zum Schluß gab Geh. Hofrat Rebmann einen kurzen Aberblick über die s3 bis dahin veranstalteten Volksfeiern und dankte allen Behörden, Vereinen und Einzelpersonen, die zum Gelingen der Veranstaltungen beigetragen hätten. Am f3. Zum traf das Generalkommando „ im I n t e r e s s e der S i c h e r h e i t für die zum Großherzogtum Baden und zu den Hohenzollernschen Landen gehörigen Gebietsteile" seines Be­ fehlsbereiches folgende B e s t i m m u n g : „ I m F a l le e in e s N o ts ta n d e s sind d ie E ig e n t ü m e r , N u tz n ie ß e r , P ä c h te r , M i e t e r u n d V e r w a l t e r v o n G e b ä u d e n , s o w ie d e re n gesetzliche V e r t r e t e r n a ch M a ß g a b e d e r ih n e n z u r V e r f ü g u n g s te h en d en R ä u m e v e rp f lic h te t , a u f b e h ö rd ­ liche A n o r d n u n g d ie ih n e n z u g e w ic s e n e n P e r s o n e n u n d d e re n p a b e , in s b e s o n ­ dere d e re n V ie h s ta n d be i sich a n fz u n e h m e n ." Am f5. und 22. Znni gedachten die hiesigen Zeitungen der Jahrestage der be i d e n F l i e g e r a n g r i f f e . Großherzogin — s02 — Luise ließ an den Gräbern der Fliegeropfer von lßsä Bluinen- spenden niederlegen. Die Aönigin von Schweden ließ in einein Schreiben an den (Oberbürgermeister ihre „aufrichtige Teilnahme und treues Gedenken für die Stadt und die betroffenen Familien" zum Ausdruck bringen. Am 22. Jun i erhielt der (Oberbürger­ meister folgende Telegramme: . .A m h e u t ig e n ersten J a h r e s t a g des v e ra b s c h e u u n g s w u rd ig e n F l ie g e r ­ a n g r i f f s a u f m e in e k f a u x t - u n d R e s id e n z s ta d t g ed en ke I c h ih r e r u n d in s b e s o n ­ d e re d e r s c h w e rg e p rü fte n A n g e h ö r ig e n d e r z a h lre ic h e n u n g lü c k lic h e n V p f e r m i t h e rz lic h e m B e i l e id . G o t t w o l le au ch i n Z u k u n f t se in e ( f a n d sc h irm e n d ü b e r S t a d t u n d V a t e r la n d h a l te n . F r ie d r ic h , G r o ß h e r z o g ." „ A m h e u t ig e n T a g e , a n w e lc h e m sich z u m e rs te n m a l d e r z w e ite ruch lose F l ie g e r a n g r i f f a u f d ie H a u p t - u n d R e s id e n z s ta d t j ä h r t , s ind M e in e G e d a n k e n v o l l in n i g e r A n t e i ln a h m e m i t d e r B ü r g e r s c h a f t v e r e in t . I c h b it te , d a s v o r a l le m d e n je n ig e n a u s zu s p re c h e n , w e lc h e v o r J a h r e s f r i s t durch d en T o d e in e s l ie b e n A n g e h ö r ig e n so schm erzlich b e tro ffe n w u r d e n . H i ld a , G r o ß h e r z o g in ." Großherzogin Luise ließ durch ein Schreiben den: (Oberbürger­ meister mitteilen, daß sie in Erinnerung an den Jahrestag des Fliegerüberfalls einen Aranz auf der Grabstätte der Verunglückten habe niederlegen lassen und teilnehmend der damals von dem Unglück betroffenen Familien gedenke. Ebenso ließ die Aönigin von Schweden mitteilen, daß sie des Tages und der von dem Unglück betroffenen Familien gedenke. I n Abwesenheit des «Oberbürgermeisters sprach Bürgermeister Or. jIa u l den Großherzoglichen Herrschaften und der Aönigin von Schweden den ehrfurchtsvollsten Dank aus. Auch die Stadt Karlsruhe hat zun: Zeichen des teilnehmenden Gedenkens ihrer Bürgerschaft an den Gräbern der Verunglückten einen Aranz niederlegen lassen. Eine Bekanntmachung des Generalkommandos von: sä. Jun i betraf die B e s c h l a g n a h m e u n d B e st a n d s e r h e b u n g f ü r e l ek t r i s c he M a s c h i n e n , T r a n s f o r m a t o r e n und A p p a r a t e , eine solche vom 20. die der L o k o m o b i l e n . Eine Verordnung des Generalkommandos von: fß. Jun i betraf die Verpflichtung zur A n m e l d u n g v o n B r o s c h ü r e n , F l u g b l ä t t e r n usw. und besagte in H s: „Drucker und Ver­ — s03 — vielfältigungsanstalten haben alle nicht zum öffentlichen Verkauf oder Vertrieb bestimmten Bücher, Druckschriften, Broschüren, F lug­ blätter, Geschäftsberichte, Korrespondenzen, Aufrufe und sonstigen literarischen Erzeugnisse, in denen öffentliche oder die Allgemeinheit berührende Fragen behandelt werden, spätestens nach Fertigstellung der Vervielfältigung vor Verbreitung oder Aushändigung an den Besteller oder an dritte Personen unter Vorlage eines Exemplars des Erzeugnisses bei den örtlich zuständigen Presseüberwachungs­ stellen (Großherzogliches Bezirksamt) anzumelden. I n einer Bekanntmachung des Generalkommandos vom 25. Ju n i wurde die Be s c h l a g n a h me von Aautschuk- (Gummi-) Billardbande, am 27. die B e st a n d s e r h e b u n g v o n H o l z ­ s p ä n e n aller Ar t und am 28. die B e s c h l a g n a h m e v o n F ä s s e r n angeordnet. Der Stadtrat ordnete, wie im Sitzungsberichte vom 28. Ju n i mitgeteilt wurde, eine weitere E i n s c h r ä n k u n g der S t r a ß e n ­ b e l e u c h t u n g im Interesse der dringend notwendigen Aohlen- ersparnis an. Am 28. Ju n i wurde bekannt gegeben, daß nach Verordnung des Bundesrates der H a n d e l m i t Z i g a r r e n , Z i g a r e t t e n , Rauch-, Rau- und Schnupftabak ( T a b a k w a r e n ) vom l5 . J u l i ab nur solchen Personen gestattet ist, denen eine besondere Erlaubnis zum Betrieb dieses Handels erteilt wurde. Dies galt auch für Personen, die bereits vor diesem Zeitpunkt Handel m it Tabak­ waren getrieben hatten. Die Vorschrift fand auf den Verkauf selbsthergestellter Tabakwareu und aus den Verkauf unmittelbar an den Verbraucher keine Anwendung. — A m 20. Mktober wurde nach Verordnung des Bundesrates Z i g a r e t t e n t a b a k , der im Inlande vorhanden oder aus dem Auslande eingeführt war, zugunsten der Deutschen Zigaretten-Einkaufsgesellschaft m. b. H. in Dresden beschlagnahmt. Am s. J u li verfügte das Generalkommando die Beschlag­ nahme und Bestandserhebung für S a l z s ä u r e ; gleichzeitig wurden Höchstpreise für Salzsäure festgesetzt. I n der Nacht zum 7. J u li berührten f e i n d l i c h e F l i e g e r auf dein Hin- und Rückfluge von Mannheim unsere Stadt, sie — — wurden jedoch hier durch Sperrfeuer verjagt, I n Ulanuheim hatten sie nur geringen Sachschaden angerichtet. Am 7. J u li verordnete das Generalkommando, daß jeder nicht gewerbsmäßige A r b e i t s n a c h w e i s , mit Ausnahme der­ jenigen für kaufmännische, technische und Bureauangestellte, solche Arbeitsgesuche und offene Stellen, die er nicht selbst sogleich oder voraussichtlich binnen H8 Stunden erledigen kann, an die zuständige Hilssdienstmeldestelle zu melden hat. Die nicht gewerbsmäßig betriebenen Arbeitsnachweise für technische, kaufmännische und Bureauangestellte haben solche Stellengesuche und offene Stellen, die sie nicht selbst sogleich oder voraussichtlich binnen einer Woche erledigen können, an die zuständige Zentralauskunstsstelle zu melden. Am ß. J u li verbot das Generalkommando für das rechts­ rheinische Gebiet des Uorpsbezirkes das B e t r e t e n v o n F l u g ­ p l ä t zen u n d F l u g z e u g - L a n d u n g s st e l I e n ohne jeweilige besondere Erlaubnis. Ebenso wurde verboten, sich Luftfahrzeugen, die auf anderen Grundstücken aufsteigen, landen oder niedergehen, zu nähern, es sei denn, daß die Annäherung erfolge, um ver­ unglückten Fliegern Hilfe zu bringen oder von Personen oder Sachen eine diesen unmittelbar drohende Gefahr abzuwenden. Am so. J u li 6 Uhr 5 s vormittags traf der dritte Sonderzug m it bisher in der Schweiz i » t e r n i e r t e n d e u t s ch c n A r i e gern u n d e i n i g e n Z i v i l i n t e r n i e r t e n auf dem hiesigen Bahnhof ein. Großherzogin Luise erschien bald nach Ankunft des Zuges und ließ sich über die persönlichen Verhältnisse der Internierten, sowie über ihre Erlebnisse in Feindesland und in der Schweiz Bericht erstatten. Vonseiten des Roten Areuzes wurden Erfrischungen und Blumen gereicht. Um 8 Uhr fuhr der Sonderzug weiter. Am 20. J u li fand unter dem Vorsitze des Uuuistcrs des Innern eine B e s p r e c h u n g der V e r t r e t e r der H a n d e l s ­ k a m m e r n und des V e r b a n d e s s e l b s t ä n d i g e r U a u f - l e u t e u n d G e w e r b e t r e i b e n d e r des Großherzogtums statt. Geheimer Gber-Regierungsrat Or. Schneider besprach die Ver­ ordnungen, durch die der Aleinhandel berührt werde und gab zu, daß durch sie der Aaufmann in seinem Wirken beengt werde. In fo lge Warenmangels denke die Regierung daran, die kauf­ männischen Betriebe zusammenzulegeu. Der Schriftführer des — s05 — Verbandes, Donatus Weber aus Pforzheim, brachte die wünsche der Kaufleute vor und verlangte für die Kolonialwareubrauche einen Bruttoaufschlag von 20 bis 25 Nach angestellter Be­ rechnung sei der Verdienst des Kaufmanns völlig unzulänglich. I n der Aussprache trat man diesen Ausführungen bei. Die weitere Aussprache befaßte sich mit dem Landespreisamt. I n seinem Schlußworte erklärte Aliuister von Bodman, er sei nach der Aussprache überzeugt, daß die Lage des Kaufmanns schwierig sei und daß es Aufgabe der Regierung wäre, seine Existenz zu erhalten. Am s. August richtete der K a i s e r folgenden A ufru f an das deutsche Volk: „ D r e i J a h r e h a r te n K a m p f e s lie g e n h in t e r u n s . ! N i t L e id g e d e n k e n w i r u n s e re r T o t e n , m i t S to lz u n s e re r K ä m p f e r , m i t F r e u d e a l le r S c h a ffe n d e n , sch w eren bserzen s d e re r , d ie in G e fa n g e n s c h a f t sc hm achten . U b e r a l le n G e ­ d a n k e n a b e r steht d e r feste W i l l e , d a ß d ieser K a m p s g e re c h te r V e r t e id ig u n g z u e in e m g u te n E n d e g e fü h r t w i r d . U n s e re F e in d e strecken d ie ls a n d n ach deutschem L a n d e a n s . S ie w e r d e n cs n ie m a ls e r la n g e n . S ie t r e ib e n im m e r n e u e V ö lk e r in d en K r ie g g e g e n u n s . D a s schreckt u n s n ic h t, W i r k e n n e n u n s e re K r a f t u n d sind entschlossen, sie zu b ra u c h e n . S ie w o l le n u n s schrecken u n d m a c h tlo s zu ih r e n F ü ß e n seh en , a b e r sie z w in g e n u n s n ic h t. U n s e re n F r ie d e u s w o r te n sind sie » n t th o h u b e g e g n e t. S o h a b e n sie w ie d e r e r fa h r e n , w ie D e u ts c h la n d zu sch lag en u n d zu s ieg en w e iß . S ie v e r le u m d e n ü b e r a l l in d e r l v c l t d e n deutschen K a m e n , a b e r sie k ö n n e n d e n R u h m d e r deutschen T a t e n n ic h t v e r t i lg e n . S o stehen w i r u n c rs c h ü tte r t s ie g h a ft u n d fu r c h tlo s a m A u s g a n g d ieses J a h r e s . S c h w e re P r ü f u n g e n k ö n n e n u n s noch beschicden se in . A u t E r n s t u n d Z u v e rs ic h t g e h e n w i r ih n e n e n tg e g e n . I n d e n d re i J a h r e n g e w a lt ig e n v o l lb r in g e u s ist d a s deutsche V o lk fest g e w o r d e n g e g e n a l le s , w a s F e in d e s ­ m a c h t e rs in n e n k a n n , W o l l e n d ie F e in d e d ie L e id e n des K r ie g e s v e r lä n g e r n , so w e rd e n sie a u f ih n e n s c h w erer l ie g e n , a ls a u f u n s . W a s d r a u ß e n d ie F r o n t v o l lb r in g t , d ie k s e im a t d a n k t d a f ü r durch u n e r ­ m ü d lic h e A r b e i t . K o c h g i l t es w e i t e r zu k ä m p fe n u n d W a f f e n zu schm ieden , a b e r u n s e r V o lk sei g e w iß : K ic h t f ü r den S c h a tte n h o h le n E h r g e iz e s w ir d deutsches L l u t u n d deutscher F le iß e in g es etzt, n ic h t f ü r P l ä n e d e r E r o b e r u n g u n d K n e c h tu n g , so n d e rn f ü r e in s ta rk es u n d f r e ie s R e ic h , in d e m u n s e re K in d e r sicher w o h n e n so lle n . D ie s e m K a m p f sei a l l u n s e r b s a u d c ln u n d S in n e n g e w e ih t . D a s sei d a s G e lö b n is d ieses J a h r e s . I m F e ld e , d en t - A u g u s t t I K - W i l h e l m I . K ." Eine zweite Kundgebung des Kaisers vom s. August richtete sich au das Heer, die Alarme und die 5chutztruppe. — s06 — Am s. August ordnete das Generalkommando die B e ­ st a n d s e r h e b u n g v o n p a p i e r r o h sto f fe n an. Die erste Meldung für die am s. August vorhandenen Borräte war bis zum sO. zu erstatten. Eine B ä cke r v ers a m m l u n g vom 2. August nahm nach den Berichten von Vertretern der Innung und der Gehilfen ein­ stimmig eine Entschließung an, in der sie sich gegen die geplante Z u s a m m e n l e g u n g der K l e i n b ä ck e r e i e n und gegen die Wiedereinführung der N a c h t a r b e i t aussprach. Am 3. August fand im Ministerium des Innern eine K o n f e r e n z statt, die sich m it den T e u e r u n g s z u l a g e n für Staatsarbeiter und Beamte befaßte. Am H. August eröffnet«: das Bürgermeisteramt eine 5 a m m - l u n g a l t e r K o n s e r v e n b ü c h s e n aus Weißblech. Für die in größeren Mengen abgelieferten Büchsen wurde auf Wunsch eine Vergütung von 25 Pf. für 5 bezahlt. Am 5. August wurde auf Anordnung des Evangelischen Gberkirchenrates in den Gottesdiensten das G e d ä c h t n i s der Vollendung des dritten Kriegsjahres begangen. Vom 6. August an wurde die S t r a ß e n b e l e u c h t u n g auch hier, wie in anderen Städten, m it Ausnahme der zur A u f­ findung der Feuermelder nötigen Laternen, eingestellt. Anfang August trat Prä la t V. Schmitthenner eine Rei se an d i e W e s t f r o n t an, um den badischen Truppen und den in der Feldseelsorge stehenden evangelischen Geistlichen die Grüße des Großherzoglichen Hauses und der Heimatkirche zu überbringen. Auch diese Reise erfolgte, wie die früheren, auf Veranlassung des Großherzogs und im Aufträge der Gberkirchenbehörde. Am s 5. August fand eine gewer b l i che B e t r i e b s z ä h l u n g statt. Sie war vom Kriegsamt auf Grund des Hilfsdienstgesetzes angeordnet. A u f den für die Zählung ausgegebenxn Fragebogen war genau zu verzeichnen, welche Gegenstände hergestellt werden oder m it welchen Gegenständen gehandelt wird. Am 2H. August machte das Bezirksamt bekannt, daß in teilweiser Abänderung früherer Verfügungen mit Zustimmung der Militärbehörde, beginnend m it dem 28. August, im Falle etwaiger F l i e g e r g e f a h r , folgende Anordnungen getroffen sind: — ( 0 7 — „ 1 . W a r n u n g s s ig n a le be i T a g : w e n n in e in e m w e ite r e n U m k r e is f e in d ­ liche F lu g z e u g e gesichtet sind u n d m i t d e r M ö g lic h k e i t e in e s A n g r i f f s a u f K a r ls r u h e g e re ch n e t w e r d e n k a n n , w i r d d ie E in w o h n e r s c h a f t h ie r v o n durch e in d re i M i n u t e n la n g e s s to ß w e ises k fe u le n d e r S i r e n e n u n d D r e ik la n g p f e i f e n v e rs tä n d ig t , w i r d d ie W a h rs c h e in lic h k e it e in e s F l ie g e r a n g r i f f s a u f d ie S t a d t e rk a n n t , so w e r d e n A la r m z e ic h e n d u rc h A b s c h ie ß e n v o n S ig n a lb o m b e n a n versch ied en en S te l le n d e r S t a d t g e g e b e n . 2 . B e i N a c h t w e r d e n A la r m z e ic h e n a u s m i l i tä r is c h e n G r ü n d e n n u r in A u s n a h m c f ä l le n g e g e b e n . L i n e e tw a ig e A l a r m ie r u n g e r fo lg t durch A b f e u e r n v o n S ig n a lb o m b e n . z . D ie B e e n d ig u n g d e r G e f a h r w i r d in a l le n F ä l le n du rc h e in f ü n f M i n u t e n la n g e s u n u n te rb ro c h e n e s ks eu le n d e r S i r e n e n u n d D r e ik la n g p f e i f e n a n g e z e ig t. H. B e im L r t ö n e n d e r W a r n u n g s s ig n a le ist je d e r A u f e n t h a l t im F r e ie n v e rb o te n u n d in d en nächsten ls ä u s e rn , m ö g lich st in z e n t r a l g e le g e n e n T e i le n d e r u n te r e n S to c k w e rk e , a n , besten in d e n K e l l e r r ä u m e n , S c h u h z u su ch en ." Außerdem erging am 2H. August folgende Anordnung des Bezirksamts und zwar ebenfalls nach Benehmen mit der M ilitä r ­ behörde : „ t - D o m E i n t r i t t d e r D u n k e lh e i t a n sind a l le u n n ö t ig e n L ic h tq u e lle n , also in s b e s o n d e re solche, d ie R e k la m e z w c c k e n d ie n e n , w ie d ie A u ß e n b e le u c h tu n g v o n V e r g n ü g u n g s s tä t te n , L ic h tb ild e r d e r G a s th ö fc , b e le u c h te te S c h a u fe n s te r u n d A u s la g e n d e r G e s c h ä fte u s w . v e r b o te n . D ie In n e n b e le u c h t u n g d e r W o h n - r ä u m e , d e r W ir ts c h a f te n , a l le O b e r l ic h te r , in s b e s o n d e re d e r F a b r ik e n m i t N a c h tb e t r ie b , sind durch V o r h ä n g e , R o l lä d e n o d e r d u n k le n A n s tr ic h a b z u b le n d e n . 2 . K ü n d ig e n A la r m z e ic h e n d a s k s e r a n n a h e n fe in d lic h e r F l ie g e r a n , so sind sä m tlic h e L ic h te r in G e b ä u d e n , k s ö fe n u n d G ä r t e n s o fo r t z u löschen, s o fe rn sie n ic h t b e re its so v e r h ü l l t s in d , d a ß k e in e r le i L ic h tsc h e in in d ie U m ­ g e b u n g d r in g t ." Am 25. August ergingen die Vorschriften über E i n s c h r ä n ­ k u n g des G a s v e r b r a u c h s . Die Gasabnehmer sollen bis auf weiteres in den für die Ablesung der Gasmesser festgesetzten Zeiträumen insgesamt nicht mehr als 80 o/o ihres vorjährigen Be­ zuges erhalten. Neuhinzugetretene Abnehmer sollen bei der Gas­ zuteilung so behandelt werden, wie die schon vorhandenen gleich­ artigen Abnehmer. Bei Überschreitung des bestimmten Gasver­ brauchs war für den Mehrverbrauch ein Aufgeld von 50 P f. für jeden Kubikmeter zu bezahlen. Das Brennen von Lcuchtflammcn und Kocheinrichtungen zu Raumheizzwecken wurde verboten. Der Gebrauch von Gaszimmeröfen konnte untersagt werden. — Am (8. September wurden Neuanschlüsse und Erweiterungen bestehender — s08 — elektrischer Anlagen verboten und am s2. Dezember die Strom­ abnehmer verpflichtet, den verbrauch einzuschränken. L in Jahres­ verbrauch bis zu 250 Xrvst blieb vorerst von der Einschränkung frei. Alle übrigen Abnehmer hatten ihren Stromverbrauch auf 80 ° /o des vorjährigen Bezugs einzuschränken. Für jede Ailowatt- stuude Mehrverbrauch war ein Aufgeld von 50 P f. zu zahlen. — I m September hatte im Ministerium des Innern eine Besprechung n iit dem Reichskommissar für Elektrizität und Gas stattgefunden. Seitens der Vertreter des Ministeriums wurde auf die lebhafte Beunruhigung hingewiesen, die die Bekanntmachung der Vertrauens­ männer des Reichskommissars über die Regelung des Gasver­ brauchs in weiten Areisen der Bevölkerung hervorgerufen habe. Insbesondere werde es als unbillig empfunden, daß auch die kleinsten und sparsamsten Verbraucher, wenn sie eine Ermäßigung des Gasverbrauchs auf 80 "/» des vorjährigen Bezugs nicht erzielen können, für jeden Aubikmeter Mehrverbrauch ein Aufgeld von 50 Pf. bezahlen sollen. Der Reichskommissar erklärte, daß ein Entgegenkommen gegenüber den kleinen Verbrauchern auch seinen Absichten entspreche, voraussichtlich werde bei solchen Verbrauchern von einem Aufgeld abgesehen werden. Jedenfalls sei eine M ilde­ rung der Vorschrift zu erwarten. Am H. September wurden anläßlich der E i n n a h m e v o n R i g a auf Befehl des Großherzogs zwischen p und s2 Uhr die Glocken geläutet. Die öffentlichen und viele private Gebäude hatten geflaggt. Am s O . September erließ das Bezirksamt über V e r d u n k ­ l u n g der L i c h t q u e l l e n verschärfte Anordnungen folgenden In h a lts : „ L ic h tq u e lle n a u ß e r h a lb v o n G e b ä u d e n sind n u r im F a l le d r in g e n d e r N o t w e n d ig k e i t zu läs s ig u n d nach o b e n u n d nach d e n S e i te n a b z n b le n d e n . I n n e r ­ h a lb v o n G e b ä u d e n s ind sie d e r a r t a b z u b le n d e n , d a ß sie v o n a u ß e n n ic h t m e h r b e m e rk b a r s in d ." Am September fand zur Eröffnung der W e r b e t ä t i g ­ ke i t f ü r di e 7. A r i e g s a n l e i h e eine Versammlung von Vertretern der verschiedensten Parteien und Stände statt. Bei der Aussprache, bei der der Gberbürgermeister und der Amtsvorstand Or. Seidenadel den Damen und Herren, die sich bei der 6. Anleihe (Oy in den Dienst der vaterländischen Sache gestellt hatten, herzlichst dankten, kam allseitig der Wunsch zum Ausdruck, daß auch das Ergebnis der neuen Anleihe so günstig ausfallen möge, wie bei der 6. Am Schluß der eingehenden Besprechungen bildete man verschiedene Kommissionen, denen die Durchführung der Werbe­ tätigkeit übertragen wurde. Auch dieses M a l stellten sich Damen und Herren zur Verfügung. Am 25. September wurde unter der Bezeichnung „D ie Befrei­ ungskriege" im Konzerlhause eine V a t e r l ä n d i s c h e F e i e r veranstaltet. Stadtpfarrer Hindenlang schilderte die Taten des deutschen Volkes in den Jahren s3s3 bis s8s5. Wie vor sOO Jahren müsse sich unser Volk Freiheit erringen durch die K ra ft seines Schwertes und die K ra ft seines Geistes. Die Rede war durch Vorträge umrahmt. Die Militärkapelle spielte. Hosschau- spieler Baumbach trug Gedichte von Körner, Kleist, Schenkendorf und Arndt vor. Kammersänger Büttner sang neben Liedern von Gläser, M üller und Kann auch die Dichtung von Leo Sternberg: „Die Mütter, die längst in der Erde ruhn", vertont von K a rl Lleyle. M it dem gemeinsamen Gesänge „W ir treten zum Beten" schloß die Feier. Am 27. September ordnete das Generalkommando die B e ­ s c h l a g n a h m e v o n S t a c h e l d r a h t und die Bestandserhebung von Stacheldraht und Stacheldrahtmaschinen an. Anfang «Oktober beschlossen Rektor und Senat der T e c h ­ ni schen Hochschul e folgende Erklärung: „Gegenüber der Note des Präsidenten Wilson an den Papst haben Rektor und Senat der Universität Halle-Wittenberg eine ausgezeichnete K u n d g e b u n g erlassen, die das auf völlige Verkennung deutscher A r t und Wesens wie der Tatsachen beruhende Vorgehen des Präsidenten vortrefflich kennzeichnet und seine unbefugte Einmischung würdig zurückweist. Rektor und Senat sprechen der Universität Halle-Wittenberg ihre vollste Zustimmung aus". Am sH. (Oktober fand im Konzerthaus eine Va t e r l ä n d i s c h e V o l k s sei er statt. Vortragsfolge: (Orgelvortrag von Fräulein Elisabeth Roth; Gesangsduette von Fräulein Geschwister Bauz; Lieder des Mädchenchores; Gedichtvortrag von Frau Hofschau­ spielerin Deman; Ansprache von Stadtpfarrer Schilling; gemein­ sanier Gesang. Der E in tritt war frei. Zm Konzerthause war Gelegenheit geboten, Anteilscheine zur 7. Kriegsanleihe zu kaufen. Die Z e i ch n u n g s ze i t zur 7. Kriegsanleihe lief vom l9- September bis f8. Oktober mittags f Ahr. 2lm 20. Sep­ tember hatte der Stadtrat beschlossen, daß sich die Stadtgemeinde teils aus M itte ln der Stadtkasse, teils aus solchen der Sparkasse m it insgesamt 3 M illionen M ark, ferner aus M itte ln der Orts- stiftungen m it s3 000 M k. an der Zeichnung auf die 7. Kriegs- anleihe beteilige. Die Werbetätigkeit ging im allgemeinen in ähnlicher Weise vonstatten, wie sie oben bei der 6. Kriegsanleihe geschildert ist. Der A u fru f des Ortsausschusses für die Werbung zur Anleihe erschien erstmals am (3. Oktober in den hiesigen Zeitungen. Zn dem A u fru f war u. a. gesagt: „ J e tz t n ic h t e r la h m e n ! N ic h t e r la h m e n im K ä m p f e n , a b e r auch n ich t in d e r S o r g e n m w e h r u n d W a f f e n f ü r u n s e re S o ld a te n u n d a l le n ih r e n K r ie g s b e d a r f zu L a n d , zu W a s s e r , in d e r L u s t . . . . Z e ic h n e J e d e r u n d ze ich n e J e d e r , w a s e r k a n n . Z e ic h n e v o r a l le m J e d e r , d e r e in e n b a ld ig e n F r ie d e n w i l l . U n s e re n F e in d e n w o l le n w i r z e ig e n , d a ß h in te r d e m w a l l u n s e re r H e e re d e r feste W i l l e d e s g a n z e n V o lk e s steh t . . . . D r u m H e rz e n a u f u n d H ä n d e a u f , d a m it d ie sieb te K r ie g s a n le ih e w ie d ie f r ü h e r e n e in e g e w o n n e n e S c h la c h t w ir d ." Seit Anfang Oktober war an der ganzen Breite des Balkons am 2. Stock des Sparkassengebäudes (Karl-Friedrich-Straße 8s eine große Tafel mit weithin sichtbarer Schrift: „h ie r zeichnet man die Kriegsanleihe" angebracht. Das Kolosseum (Wald- Straße s6/s8) bezeichuete seine Vorstellung am f2. Oktober als „Nationaltag des Varietes, Zirkus und Kabaretts zugunsten des Kriegswohlfahrtsfonds für die Unterstützung der im Felde stehenden Artisten, varietäangehörigen und Berussgenossen". Der Gesamt­ ertrag wurde auf die 7. Kriegsanleihe gezeichnet. Der Ausschuß zur Werbung in den Beamtenkreisen hatte die Vertrauensmänner zum Austausch über Erfahrungen und zur Besprechung weiterer Maßregeln am f3. Oktober in den großen Rathaussaal eingeladen. Die Vertrauensmänner rechneten m it einer starken Beteiligung der Beamten an der Zeichnung. Der letzte Sonntag vor Aeichnungs- schluß (sH. Oktober) wurde in ähnlicher Weise wie bei der 6. Kriegsanleihe zur Werbung benützt. Zn den Gottesdiensten nahmen die Geistlichen Bezug auf den „Nationaltag". Nach Schluß des Gottesdienstes konnten in den Sakristeien oder in der Nähe der Kirchen Zeichnungen vorgenommen werden. Die Banken und die Sparkassen hatten ihre Geschäftsräume von s(— l Uhr und von 3— 5 Uhr zur Entgegennahme von Zeichnungen offen- gehalten. Die Schuljugend machte sich durch Austragung von Aufklärungszetteln verdient. Bon (2— s Uhr läuteten sämtliche Glocken. Auf dem Kaiserplatz spielte um die NKttagszeit die Grenadierkapelle, in der Engler-Straße und bald darauf aus dem Ukarktplatz die Landwehrkapelle, auf dem Platze bei der K a rl- Wilhelm-Schule und Bernharduskirche die Schülerkapelle. Am (7. Oktober gab das Hoforchester im Uonzerthaus zugunsten der 7. Kriegsanleihe ein Uonzert unter Leitung des Hofkapellmeisters Alfred Lorentz. Solisten: Hofopernsängerin Frau von Ernst, Hofopernsänger Helmut Neugebauer. Chefredakteur Albert Herzog hatte zu den Aufführungen des Hoftheaters in den Tagen der 7. Kriegsanleihe einen Borspruch gedichtet. — Z n Karlsruhe wurden nach der endgültigen Feststellung durch die Reichsbank auf die 7. Kriegsanleihe s09H23 700 Nkk. gezeichnet. Z m ganzen Reiche betrugen die Zeichnungen einschließlich der Feldzeichnungen s2 623 660 200 Alk. Am (9. Gktober richteten die Borsitzenden einer Anzahl der D e u t s c h t u m s v e r e i n e in Karlsruhe folgende E i n g a b e an den R e i c h s k a n z l e r : „ I m A n s c h lu ß a n d ie v o n d e n V o rs itz e n d e n d e r D e u ts c h tu m s v e r e in e in F r e ib n r g v e r a n la ß te E n ts c h lie ß u n g r ic h te n d ie U n te rz e ic h n e te n V o r s tä n d e K a r l s ­ r u h e r V e r e in e , z n s a m m e n g e fü h r t v o n s c h w e re r v a te r lä n d is c h e r S o r g e , n ic h t g e so n n e n , d ie Beschlüsse d e r R e ic h s ta g s m e h r h e it v o m 1 9 . J u l i a l s A u s d ru c k ih r e s p o litisc h e n W i l l e n s a n z u e rk e n n e n , a n d ie R e ic h s le itu n g d ie d r in g e n d e B i t t e , auch f ü r d iesen le tz te n A b s c h n itt des K r ie g e s a u f d ie b e w u ß te E n t ­ schlossenheit u n d o p f e r w i l l ig e T r a g f ä h ig k e i t u n s e re s V o lk e s z u z ä h le n u n d n u r e in e n deutschen F r ie d e n zu sch ließ en , d e r v o r d em U r t e i l u n s e re r E n k e l in E h r e n bestehen k a n n ." Am (9- Oktober machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß vom 20. ab st ädt i sche H a n d w a g e n zur Beförderung von NIassengütern (Kartoffeln, Obst, Kohlen, Brennholz) der E in ­ wohnerschaft zur Verfügung stehen. Die Wagen sollen vorläufig nur m it Bedienung (Schülerhilsskräfte) abgegeben werden. Für die Benützung des Wagens samt Bedienung innerhalb des Stadt­ — U 2 — gebiets (die Vororte ausgenommen) war eine Fahrgebühr von 73 P f. die Stunde zu bezahlen. Vom 29. Oktober an standen außer den Handwagen m it beweglichen Transportkästen auch solche m it fest aufgebauten eingeleilten Magenkasten zur Verfügung. Die Ladefähigkeit dieser Magen betrug 3 bis H Zentner. Die Bedie­ nung geschah ebenfalls m it Schülerhilfskräften. Die Miete war dieselbe wie die oben genannte. Am 28. Oktober fand unter M itw irkung des Munzschen Konservatoriums eine V a t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r im evangelischen Vereinshaus der Meststadt statt. Violinvorträge. Lieder für Sopran. Ansprache und gemeinsamer Gesang. Am 29 . und 50. Oktober fand hier eine T a g u n g statt, die vom Ministerium des Innern nach Benehmen mit dem Generalkommando einberufen war und den Zweck verfolgte, über einige die Bevölkerung in besonderem Maße bewegende w i r t ^ s cha f t l i c he u n d m i l i t ä r i s c h e F r a g e n Aufklärung zu vermitteln. Die Versammlung umfaßte 600 bis 700 Teilnehmer, vorzugsweise Geistliche, Lehrer und andere Personen, die sich mit der Förderung der Volksaufklärung befassen. Der Großherzog wohnte einem großen Teil der Verhandlungen an. Die obersten Staats- und Kirchenbehörden sowie die hiesigen Kommandostellen hatten zu der Tagung, zu der auch Landtagsabgeordnete erschienen waren, Vertreter entsendet. Die Verhandlungen wurden durch eine Begrüßungsansprache des Ministers Freiherrn V r. von Bodman eröffnet, der insbesondere die Stimmuugsgrundlagen im H. Kriegs- jahre einer Erörterung unterzog und nachwies, daß trotz aller Verstimmung über manches, was nicht so ist, wie es sein sollte, doch die Grundstimmung gut sei; unbegründet sei auch insbesondere jeder Zweifel an der Gerechtigkeit unserer Sache und daran, daß w ir militärisch bestehen werden. Eindringlich betonte der Minister die Bedeutung der staatlichen Organisation der Kriegswirtschaft. E r schloß m it einer ernsten Mahnung au die Pflichten, die diese Kriegswirtschaft jedem Einzelnen im Volke auserlege. Hierauf folgte zunächst ein Vortrag des Regierungsbaumeisters Hamann aus Berlin über „D ie deutsche Technik im Weltkriege". Der Redner zeigte, in wie umfassender Meise sich die Technik im Dienste der Kriegsführung unentbehrlich gemacht habe und wie sich diese — U 3 — Bedeutung der Technik sowohl bei den kämpfenden Truppen, ins­ besondere auch im Luftkampf uud Seekrieg, als auch hinter der Front, namentlich im Eisenbahnwesen, durch Entdeckungen und Neuerfiudungen geltend mache. Der nächste Dortrag von Or. Göbel aus Berlin handelte über „D ie Rohstoffversorgung". Am Nach­ mittag des ersten verhandluugstages sprach der Rapitän zur See von Manthey über „Deutschlands M arine im Weltkrieg, unter besonderer Berücksichtigung des Auterseebootskriegs". Dabei gedachte der Redner auch der hervorragenden Bedeutung der Tätigkeit des Areuzers „Rarlsruhe". Anschaulich schilderte er die Wirkungen des Unter­ seebootskriegs im Uampf gegen den feindlichen Seehandel, der die Bedürfnisse für die Uriegsführung und Ernährung der englischen Bevölkerung nicht mehr decken könne, wenn er in gleicher Weise wie bisher durch die deutschen Unterseeboote vernichtet würde. Hierauf sprach Universitätsprofessor Or. Abderhalden aus Halle über unsere Eruähruugswirtschaft. Unter Zuhilfenahme von Lichtbildern behandelte der Redner die Frage des Einflusses der Uriegseruährung auf die Gesundheit. Die Darlegungen zeigten, daß die Frage, ob unsere Ernährung ausreichend sei, bejaht werden könne. Der zweite Tag der Verhandlungen begann mit den Ausführungen des Referenten im Uriegsernährungsamt in Berlin Dr. Wohlmauustetter über „D ie Grundzüge der deutschen Eruährungspolitik". Der Redner legte die ungeheueren Schwierig­ keiten dar, die durch die Organisation der Ariegsernährungswirt- schaft überwunden werden müßten. E r zeigte, wie bei dem Wegfall der E infuhr infolge des Arieges der deutschen Landwirtschaft die Aufgabe erstand, für die Erzeugung der notwendigen Lebensmittel, der Staatsverwaltung aber, für ihre richtige Verteilung zu sorgen, auf welche Probe der Leistungsfähigkeit die deutsche Landwirtschaft damit gestellt worden sei und welche geographischen und zeitlichen Verschiebungen unsere Ernährungswirtschaft ständig beeinflußten. Der Redner kam zu dem Schluß, daß w ir m it einer gegenüber Friedensverhältnissen um ein Drittel verminderten Nahrungsmenge nicht nur auskommen müßten, sondern auch könnten. Die A n­ wendung der Grundsätze der Reichsernährungspolitik auf die badischen Landesverhältniffe behandelte sodann Amtmann Paul Strack. Eingehend besprach er die Frage der M ilch-, Fett- und 8 — U 4 — Eierversorgung. Nach einer kurzen Aussprache über einzelne angeregte Fragen schloß der Minister m it Morten des Dankes an die Versammlungsteilnehmer die Verhandlungen. Am s. November standen die Straßen unserer Ltadt anläß­ lich des S i e g e s a m T a g l i a m e n t o in Flaggenschmuck, die Glocken wurden geläutet. Am s. November fand auf dem Ehrenfriedhof eine m i l i ­ t ä r i s c h e G e d e n k f e i e r statt. Eine Militärkapelle spielte von ss— s2 Uhr zu Ehren der Gefallenen. Generalmajor Anheuser legte namens der Großherzogin Luise einen Kranz nieder. General­ major Röder von Diersburg dankte den toten Kameraden für ihre hingebende Treue und ihren (Opfermut und legte namens des Badischen Militärvereinsverbandes einen Kranz nieder. I m A u f­ trag der militärischen Vereine unserer Stadt widmete der zweite Gauvorsitzende, Steiner, den Gefallenen einen Kranz. Auch auf dem Alten Friedhof am Denkmal der s870/7s Gefallenen wurden vom Vorsitzenden des Veteranenvereins, Werkmeister Bollin, Kränze niedergelegt. — Angehörige eines hiesigen Ersatztruppenteiles ver­ anstalteten zu Ehren der toten Kameraden eine schlichte Feier. Der Führer des Ersatztruppenteiles hielt an die Mannschaften eine Ansprache. E r sagte u. a.: „ I n treuem Gedenken an die vielen (Opfer des Krieges haben w ir als schwaches Zeichen unserer Dankbarkeit diese Kränze niedergelegt, aber bei diesen äußeren Zeichen soll es nicht bleiben, w ir wollen und werden uns der Toten würdig zeigen. Wenn jetzt die kleineren Entbehrungen des Krieges an uns herantreten, dann werden w ir nicht in Kleinmut verzagen, sondern schwören den Kameraden, die durch Not und Tod gegangen sind, ebenso wie sie bis zum Ende fest durch- zuhalteu". M it einem Vaterunser schloß die Feier. Vom s2. November an wurde in sämtlichen Betrieben der Be­ kleidungsstelle und des Kohlenamtes (m it Ausnahme des Verkaufs­ ladens, Kaiser-Straße ß l) die d u r c h g e h e n d e A r b e i t s z e i t eingerichtet, von vormittags ß Uhr bis nachmittags -s Uhr. I n den Betrieben des Nahrungsmittelamtes begann die durchgehende Arbeitszeit bereits am 5. November. Diese dauerte von 8 Uhr vormittags bis (sh» Uhr nachmittags. Die Schalter der Karten­ stelle im kleinen Saale der Festhalle waren ununterbrochen von U 5 — 9 Uhr vormittags bis H Uhr nachmittags für die Bevölkerung geöffnet. Am November veranstaltete die Museumsgesellschaft einen L i ch t b i l d e r a b e n d. Richard Jordan aus Riga schilderte die kulturelle und politische Entwicklung von Land und Leuten in Livland, insbesondere die seiner Unterstadt. Auch eine Lichtbilder­ darstellung von Meisterwerken der Uunst gab der Vortragende. Den Beschluß des Abends bot eine Reihe B ilder, zu denen Uammervirtuos Heinrich M ülle r Geigenvorträge und lionzert- sänger O tto Meßbecher Lieder ertönen ließ. Am sä. November gab das Generalkommando bekannt, daß der E i s en b a h n ü b e r w a ch u n gs d i e n st von Uberwachungs- reisenden, in der Regel in Z iv il, ausgeführt werde. Die Nach­ schau erfolge zum Schutze gegen die fortgesetzte feindliche Agenten­ tätigkeit zur Sicherung unseres gesamten Wirtschaftslebens und unserer militärischen Maßnahmen. Sämtliche Z iv il- und M ilitä r- personen einschließlich der Offiziere aller Grade seien verpflichtet, sich den Uberwachungsreisenden auf Verlangen über ihre Persön­ lichkeit auszuweisen. Am s7. November machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß das st ädt i sche E i n i g u n g s a m t m it Erlaß des M in i­ steriums des Innern ermächtigt worden sei, s. aus Anrufen eines Mieters über die Wirksamkeit einer nach dem s. Ju n i s9s7 erfolgten Aündigung des Vermieters über die Fortsetzung des gekündigten Mietverhältnisses und ihre Dauer sowie eine Erhöhung des Mietzinses im Falle der Fortsetzung zu bestimmen, 2 . auf Anrufen eines Vermieters einen m it einem neuen Mieter abge­ schlossenen Mietvertrag, dessen Erfüllung von einer Entscheidung gemäß H s betroffen wird, m it rückwirkender A ra ft aufzuheben. Am l 8. November fand im evangelischen Vereinshaus der Südstadt eine V a t e r l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r statt. Vortrags­ folge: Gesang: Der Airchenchor unter Leitung des Kapellmeisters Lassimir. Musik: Frau V r. Sachs-Zittel (Rlavier) und die Herren polensky (Violine) und W illy Eder (Eello). Ansprache: Begrüßung durch Stadtverordneten Schwall. Vortrag m it Lichtbildern über Hans Thoma von Professor A a rl Widmer. Allgemeiner Gesang. 8 * U 6 — Am 27. November erließ das Bezirksamt zum Schuß gegen f e i n d l i c h e F l i e g e r folgende ergänzende Anordnung: „Die Hauseigentümer oder deren Ztellvertreter sind verpflichtet: p in ihren Häusern den Weg nach dem Keller und den Kellereingang durch ent­ sprechende Bezeichnungen deutlich erkennbar zu machen; 2. beim Ertönen der Warnungszeichen die verschlossenen Zugänge zu den Häusern und die Haus­ türen sofort zu öffnen und sie so offen zu halten, daß die Häuser von der Btraße aus ohne weiteres zugänglich sind." I n dem Berichte über die Stadtratssitzung vom 2fl. November wurde mitgeteilt: „Der Aommandeur des l. Badischen Leib- Grenadier-Regiments N r. sOfl, Oberstleutnant Freiherr von Forstner, dankt dem Oberbürgermeister für die ihm aus Anlaß der Ver­ leihung des O r d e n s D o u r l e m e r i t o ü b e r s a n d t e n G l ü c k w ü n s c h e der Stadt Uarlsruhe und erklärt, daß er die hohe Auszeichnung nur der Tüchtigkeit und Tapferkeit der badi­ schen Landessöhne, unter denen sich so viele brave Uarlsruher befänden, zu verdanken habe. Weiter wurde aus derselben Stadtratssitzung folgendes berichtet: „Nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 2 . November sfls? über Sammelheizungs- und Warmwasferversorguugsaulagen in Wieträumen sind Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern verpflichtet, eine Sc h i eds s t e l l e zu errichten, welche Streitigkeiten Zwischen Wietern und Vermietern über den Umfang des Gebrauchs und den Betrieb solcher Anlagen zum Austrag bringt . . . Der Stadtrat beschloß, die hiernach für die hiesige Stadt zu errichtende Schiedsstelle dem Einigungsamt für die Stadt Uarlsruhe anzu­ gliedern". Am s. Dezember und den nächstfolgenden Tagen wurden gemäß Verordnung des Bundesrats die am s. Dezember vor­ handenen V i e h b e s t ä n d e durch die Schutzmaunschaft festgestellt. Am 2 . Dezember fand im St. Annahaus eine V a t e r ­ l ä n d i s c h e V o l k s f e i e r statt. Witwirkende: Gesang: Airchen- musikoerein St. Bernhard unter Leitung des Uapellmeisters Aarl Bier. Fräulein Linde Fracht (Sopran). Gedichtvortrag: Hof­ schauspielerin Felicitas persing. Ansprache: Professor Or. Richard Lossen. Am 5. Dezember fand gemäß Verordnung des Bundesrats eine allgemeine V o l k s z ä h l u n g statt. Sie erstreckte sich auf - U 7 - sämtliche im Deutschen Reiche befindlichen Personen (also auf sämtliche Militärpersonen, Kriegsgefangenen und Internierten). Zu zählen waren: a. Alle in der Nacht vom H. auf 5. Dezember anwesenden Personen, b. Alle in der Zählnacht vorübergehend abwesenden Personen. Besondere Sorgfalt war, wie in der aus­ führlichen Bekanntmachung hervorgehoben wurde, auf die Fragen nach der Brotversorgung zu verwenden. Am 30. Dezember fand im Aonzerthaus die Z a h r e s - s c h l u ß f e i e r des Vereins zur Veranstaltung vaterländischer volks­ feiern statt unter M itw irkung des Airchenchors der katholischen St. Stephanskirche (Ehordirektor Gbermusiklehrer Steinhart). Der Chor trug Weihnachtslieder vor. Fräulein Aärcher sang Lieder aus alter und neuer Zeit. Hofschauspieler Baumbach trug Dich­ tungen des Münchener Dichters Erusius vor, der in der wissen­ schaftlichen Welt bekannt ist, nicht minder aber auch durch seine Balladen aus der älteren und neueren deutschen Geschichte, außerdem Gedichte des jüngst gefallenen Walter Flex. Der evangelische Stadtpfarrer O. Hessclbacher hielt die Ansprache. Gr schilderte den Sonnenflug des deutschen Volkes im Laufe des Zahres (9(7 durch all die herbe Not und den mächtigen Ansturm der Feinde und rief auf zu unermüdlichem Ringen m it aller Kleinlichkeit und allem Kleinmut. Dem M i e t e i n i g u n g s a m t wurden im Jahre (9(7 im ganzen 82 Fälle zur Entscheidung vorgelegt. Davon wurden erledigt durch vergleiche (6 , durch empfehlende Vorlagen an das Kriegsunterstützungsamt 26, durch Entscheidungen 3, durch Gut­ achten (, durch Beruhenlassen 26. Zn 8 Fällen scheiterten die Einigungsversuche, 2 Fälle wurden in das Zahr (9 (8 über­ nommen. w ir führen nun die wichtigeren Maßnahmen an, die im Berichtsjahre zur R e g e l u n g des w i r t s c h a f t l i c h e n L e b e n s von Reich, Staat und Gemeinde getroffen wurden, w ie (9 (6 bezweckten die meisten die Sicherstellung der Ernährung unserer Bevölkerung. Die übrige» bezogen sich auf andere Gegenstände des täglichen Verbrauchs. Auch Anregungen aus der Bevölkerung, - US - die in diesen Zusammenhang gehören, werden hier, soweit tunlich, mitgeteilt. Am 2. Zanuar wurde in der Turnhalle im Stadtteil Beiert­ heim eine weitere E s s e n a u s g a b e stel l e eröffnet. Reichsgesetzlicher Anordnung zufolge von Anfang Zanuar haben die T e i l n e h m e r an d e r K r i e g s s p e i s u n g fernerhin die entsprechende Anzahl Lebensmittelmarken abzugeben. Das städtische Kriegsspeiseamt erhob daher vom l5. Zanuar ab für je ein Liter Essen und eine Woche Anteil Fleischmarken, w Gast­ kartoffelmarken für je h i Pfund oder die entsprechende Anzahl der hier gültigen allgemeinen Aartoffelmarken und 2 Brotmarken für je 50 Ar B ro t zur Deckung des Alehlbedarfs. Am U - Januar beschloß der Stadtrat, das G e l ä n d e am nördlichen Albufer östlich der Siemens-Straße mit rund f5 000 cM, das früher als AKillablageplatz diente, urbar zu machen und es alsdann als K l e i n g ä r t e n in Losen von je 200 der hiesigen Bevölkerung zum Anbau von Kartoffeln, Gemüse und anderen zur Ernährung dringend notwendigen Pflanzen zu mäßigem Pacht­ zins zur Verfügung zu stellen. Die H a u s f r a u e n v e r e i n i g u n g , die auf Anregung der Großherzogin Luise gegründet worden ist, hat Anfang Februar, um eine vermehrte Zufuhr der landwirtschaftlichen Erzeugnisse nach der Stadt zu ermöglichen, 5 a m m e l st e l l e n auf dem Lande eingerichtet, bei denen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse von den Produzenten gegen entsprechende Bezahlung zur Weiterbeförderung in die Stadt abgeliefert werden. Hier wurden die auf diese weise gesammelten Lebensmittel im Laden des städtischen Bahrungs- mittelamtes, Douglas-Straße 2H, verkauft. Am 2s). w ä rz beschloß der Stadtrat, da der Laden in der Douglas-Straße ausschließlich für städtische Zwecke benötigt wurde, einen Laden im Hause Kaiser- Straße 22 l nebst drei zugehörigen Räumen ab l- A p ril zu mieten und der Hausfrauenvereinigung mietfrei zur Benutzung als Ver­ kaufs- und Geschäftslokal zur Verfügung zu stellen. wegen der steigenden A u s g a b e n f ü r di e K r i e g s ­ s p e i s u n g wurden die bemittelten Teilnehmer an derselben am lO. Februar gebeten, fre iw illig die auf durchschnittlich HO Pf. berechneten Selbstkosten der Stadt für das Liter Essen zu entrichten, - U 9 - Für diesen Zweck lagen von da an bei den Essenabgabestellen Zusatzgebührenscheine auf über f M k. 20 j) f. als Aufzahlung für täglich ein Liter Essen in einer Woche. Die Bitte wurde vorn städtischen Ariegsspeiseamt am 22. Februar dringend wiederholt, da bis dahin nicht für den sO. Teil des ausgegebenen Essens Znsatzscheine gelöst worden waren. Am lö. Februar wurden die V o r r ä t e an Brotgetreide und Mehl, Gerste und Hafer, sowie an Hülsenfrüchten ausgenommen. Am 20. Februar machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß auf Grund der Verordnung des Ministeriums die bei der Erhebung an: sö. angegebenen Vorräte stichprobeweise bei einer Reihe von Landwirten nachgeprüft würden. Das Ariegsamt in Berlin hat, wie am 8. M ärz bekannt gegeben wurde, im Einverständnis mit der badischen Regierung in Aarlsruhe ein A r i e g s w i r t s ch a f t s a m t für das Groß­ herzogtum errichtet. Dem Am t wurde die Aufgabe zugeteilt, in jeder Hinsicht die landwirtschaftliche Erzeugung zu fördern und ihr weitgehende Unterstützung angedeihen zu lassen. Unter die Aufgabe des Uriegsamts fiel die Bereitstellung der nötigen Arbeits­ kräfte, der Maschinen usw. Dagegen hatte das A m t bei der Verteilung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht mitzuwirken. Die Uriegsamtsstelle Uarlsruhe traf seit Anfang M ärz M a ß ­ nahmen, um aus der städtischen Bevölkerung möglichst alle F r a u e n und M ä d c h e n , die von früher her m it l a n d w i r t s c h a f t ­ l i chen A r b e i t e n vertraut waren, an die richtige Stelle zu bringen. An die Männer und Frauen auf dem Lande richtete die Amtsstelle folgenden A u fru f: „Landwirte und Landwirtsfrauen, ergreift die sich bietenden hilfreichen Hände, damit die Felder anch unter den schwierigsten Verhältnissen der Jetzt­ zeit restlos nnd gut bestellt werden, damit ihr unserem tapferen Heer und dem deutschen Volke wie bisher die notwendigen Nahrungsmittel bieten könnt! Knausert nicht mit dem Lohn, sorgt für gute Verpflegung und Unter­ kunft, daun werdet ihr willige Helfer finden!" Der Bedarf an Arbeitskräften war durch Vermittelung der Gemeinden bei der Landwirtschaftskammer anzumelden. Anfang März wurde zu demselben Zweck folgendes „M o rt an unsere Frauen und Mädchen" veröffentlicht: — (20 — Unsere Feinde haben eingesehen, daß sie uns mit der Waffe nicht bekämpfen können. Darum greifen sie zu dem Aushungerungskrieg, w ir dürfen uns nicht aushungern lasse». Jedes Stückchen Boden muß nutzbar gemacht werden zur Ernährung unseres Volkes, insbesondere unseres Heeres, vaterländische Pflicht ist es, bei dieser Arbeit zu helfen. Darum mögen sich alle Frauen und Mädchen, die aus dem Lande geboren sind, oder in ihrer Jugend Landarbeit verrichtet haben, freiwillig zu dieser vaterländischen Pflicht melden. Der Gedanke darf nicht erschrecken, die Arbeit auf dem Lande sei härter und unbequemer als in der Stadt. Die gute Luft, die reichlichere Menge von Lebensmitteln und die naturgemäße Lebensweise auf dem Lande ist eine reichliche Entschädigung für die vielleicht härtere Arbeit. Freiwillige Meldungen werden bei den neu errichteten Hilfsdienstmelde» stellen (Städtischen Arbeitsämtern, Bezirksarbeitsnachweiscn für Kriegsbeschä­ digte), bei den Drtspolizeibehörden und dem Arbeitsnachweis der Landwirt­ schaftskammer in Karlsruhe angenommen. An die Hausfrauen aber richten wir die Mahnung, die Dienstmädchen, die vom Lande sind und Landarbeit verrichten können, für die Zeit der Bestellung der Felder und der Ernte zu entlassen und ihnen unter Belassung eines Teiles ihres Lohnes ihre Stellung für den Herbst freizulasse». Sie mögen sich in dieser Zeit mit einem Mädchen weniger behelfen oder die Arbeit im Haushalt, so lange es aus vaterländischen Gründen Not tut, selbst über­ nehmen, damit Kräfte für die Feldarbeit frei werden. Am 20 . M ärz machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß die Volkszählung vom s. Dezember (9 (6 eine wesentlich n i e d r i ­ ger e Zah l der v e r s o r g u n g s b e r e c h t i g t e n Z i v i l b e v ö l ­ k e r u n g der Stadt Karlsruhe ergeben habe, als die Zahl, nach der seither die Zuteilung von Lebensmitteln an die Stadt erfolgt sei. Da die Reichsstellen den einzelnen Kommunalverbänden nur noch nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer vom (. Dezember (9 (6 Lebensmittel zuwiesen, würden viel weniger Lebensmittel zugeteilt als bisher. Infolgedessen sei die größte Sparsamkeit notwendig. Jede Doppelversorgung müsse vermieden werden. Wiederholt sei festgestellt worden, daß man unterlassen habe, Per­ sonen, die aus dem Haushalt durch Wegzug, Linberufnng zum Heeresdienst oder durch Todesfall ausgeschieden sind, abzumelden. Sämtliche Haushaltungsvorstände wurden deshalb aufgefordert, ihre Ausweiskarte sofort zu prüfen und etwaige Unrichtigkeiten um­ gehend, spätestens bis zum 8 . A p ril (9 (7 , bei der Kartenstelle in der Festhalle anzuzeigen. Mißbräuchliche Ausnutzung der Karten - s2s - oder Marken sei strafbar. Jede festgestellte Doppelversorgung oder jeder Fa ll der unberechtigten Benützung eines Lebensmittelheftes oder einer Karte werde angezeigt, die Namen dieser Personen in der Zeitung veröffentlicht und die zu viel bezogenen Lebensmittel­ hefte und Karten bei der künftigen Versorgung in Abzug gebracht werden. Die verabreichten Speisen (insbesondere Fleisch- und Kartoffelspeisen) in Wirtschaften, Kriegsspeisungen und Anstalten jeder A rt durften nur gegen Ablieferung der Karten abgegeben werden. Für die Verteilung von Lebensmitteln bei den Klein- verkäusern wurde eine bestimmte Frist vorgesehen. Nach Ablauf derselben hatten die Geschäftsinhaber Abrechnung über die Ver­ teilung bei der Kartenstelle einznreichen und dort die eingelaufenen Marken abzuliefern. Die Abrechnung wurde nachgeprüft. Die vorhandenen Restbestände blieben zur Verfügung des Kommunal­ verbandes. w er nach zweimaliger Verwarnung wieder gegen die auferlegte Pflicht verstoße, werde als Verteilungsstelle gestrichen und seine Kunden einem ändern Geschäft zugewiesen. Die Metzgerei- und Wurstlereigeschäfte durften Fleisch und Wurst nur gegen Fleisch­ marken abgeben. Auch hier wurde Abrechnung verlangt und Nachprüfung vorgesehen. Am 25. M ärz fand eine Vertreterversammlung des K r i e g s - ausschusses f ü r K o n s u m e n t e n i n t e r e s s e n Badens statt. Erschienen waren u. a. Minister Freiherr von Bodman, Geh. Gberregierungsrat V r. Schneider, ein Vertreter des General­ kommandos und einer des Kriegsamts, der Direktor der Land­ wirtschaftskammer, sowie Vertreter von Stadtverwaltungen und politischen Parteien. Arbeitersekretär p ru ll von hier hielt einen Vortrag über „Die Versorgung der Städte m it Nahrungsmitteln". E r vertrat den Standpunkt, daß größere Rationen gewährt werden sollten, nur dadurch könne dem Schleichhandel begegnet werden. Dann behandelte Professor Wendling von Mannheini die Stellung der Landwirtschaft zu den derzeitigen Verhältnissen. E r ver­ langte die nötigen Maßnahmen, die erforderlich seien, damit die Landwirtschaft alles einsetze, um die Städte mit den nötigen Lebensmitteln zu versehen. Beim Anbau müßte noch mehr Zwang angewendet werden, so unliebsam er auch manchmal sei. Nach eingehender Aussprache wnrde eine Entschließung einstimmig — ^ 2 2 — angenommen. Sie besagte im wesentlichen folgendes: Bei dem verbrauch des Ernteertrags muß die menschliche Ernährung allen anderen Verbrauchszwecken vorangestellt, die Tierhaltung daher, insbesondere die Schweinezucht auf das unumgänglich notwendige B laß heruntergesetzt werden. Das System der öffentlichen Bewirt­ schaftung und der Rationierung ist auszubauen, die Rationen ange­ messen zu erhöhen. Den Brauereien und Brennereien dürfen Nahrungs­ mittel (Gerste, Aartoffeln, Mbst usw.) zur Bereitung non Bier und Branntwein nicht mehr geliefert werden. Der Schleichhandel ist durch planmäßige Heranziehung landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf geordnetem Wege in weiterem Umfange als bisher und durch gerechte Verteilung derselben zu bekämpfen. Der Anbau der Felder ist zu überwachen und, wenn nötig, Zwang anzuwenden. H ilfs­ kräfte für landwirtschaftliche Arbeiten sind auch aus den Reihen der städtischen Bevölkerung, soweit sich dies ohne Schädigung berechtigter Znteressen durchführen läßt, heranzuziehcn. Für alle wichtigen Lebensmittel sind Preise festzusetzen, die für die große Blasse der Verbraucher aus eigener A ra ft erschwinglich sind. Für deren Einhaltung sind strenge Blaßnahinen zu treffen. Die A u f­ klärungsarbeit über Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der behörd­ lichen Anordnungen ist in Stadt und Land zu fördern. Am 27. B lärz forderte das Bürgermeisteramt die Eigentümer oder sonstigen Berechtigten b r a c h l i e g e n d e r oder nicht genügend ausgenutzter Grundstücke oder Grundstücksteile auf der hiesigen Gemarkung auf, unverzüglich mit der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e b a u u n g der Grundstücke zu beginnen oder alsbald Anzeige zu erstatten, wenn sie die Grundstücke nicht selbst bewirtschaften können oder wollen. Über die Grundstücke, die bis Blitte A p ril noch nicht in deutlich erkennbarer weise landwirtschaftlich in Angriff genommen seien, werde die Stadtgemeindc auf Grund des Gesetzes vom s. Blärz 1915 bezw. 28. Februar >916 anderweit Verfü­ gung treffen. (Bber das erwähnte Gesetz vergl. Chronik 1915 S. 118.) Da die Zah l der als Schwerarbeiter anerkannten Personen ganz bedeutend zunahm, so wurde, wie das Nahrungsmittelamt am 5. A p ril bekannt gab, uni die allgemeine Versorgung der Bevölkerung nicht zu gefährden, alle Bewilligungen pon Schwer­ — s23 — arbeiterzusätzen einer erneuten und genauen Nachprüfung unter­ zogen und deshalb bestimmt, daß alle bewilligten Schwerarbeiter- zusätze m it dem 6. M a i sgs? ihre Gültigkeit verlieren. Dabei wurde ausdrücklich bemerkt: „N u r wer fortgesetzt täglich ungewöhn­ lich lang und besonders schwere, namentlich körperliche Arbeit zu verrichten hat, kann als Schwerarbeiter anerkannt werden". Alle Anträge seien nur durch die Arbeitgeber zu stellen m it der aus­ drücklichen Versicherung der Richtigkeit der Angaben. Die Zusatz­ karten für die Schwerarbeiter würden in Zukunft nur an die Arbeitgeber zur Ausfolgung au die Arbeiter, die den Empfang zu bestätigen hätten, geliefert. Am 9 . A p ril traten neue L e b e n s m i t t e l h e f t e in A ra ft. Die Brotzusatzscheine für jugendliche Personen von s2 bis sk Zahren mußten wegfallen, dagegen wurden die für Rinder von 6 bis einschließlich s s Zahren auch fernerhin ausgegeben. Die neuen Hefte enthielten die auf dem Umschlag jeden Heftes auf­ gedruckten Lebensmittelmarken und zwar: s. s Marke auf 300 Ar Roggenbrot. Gegen Abgabe dieser Marke hatte die Bäckerei, bei der die betreffende Haushaltung eingetragen war, 220 A r Weizenmehl, 80prozentig, zu Aochzwecken abzugeben, wurde mehr M ehl gewünscht, so durfte der Bäcker gegen Abgabe von Brotmarken die auf dem betreffenden Abschnitt verzeichnete Mehlmenge nur in Roggenmehl, HHprozentig, abgeben. 2 . Marken für je s50 Ar Roggenbrot. 3. 3 Marken für je 750 Ar Roggenbrot. Auf jeder, der unter s., 2 . und 3. angeführten Marken war aufgedruckt, wie viel Wasserweck oder Zwieback oder M ehl gegen die betreffende Marke verabfolgt werde. rs. 2 Aufrufmarken für Eier. 5. s Aufrufmarke für Zucker. 6. 6 Aufrufmarken für sonstige Lebensmittel. Diese Marken kamen wie bisher erst auf A u fru f zur Ver­ wendung. Seit Anfang A p ril wurde über L a n d a r b e i t der H a u s ­ a n g e st e l l t e n in der Beratungsstelle beim städtischen Arbeitsamt Auskunft und Beratung erteilt und zwar; - ^ - Für Hausfrauen über zeitweise Beurlaubung der Haus­ angestellten für landwirtschaftliche Arbeit. 2 . Für Hausangestellte nnd Rriegerfrauen, die sich zur Über­ nahme von Landarbeit bereit erklärten. 3. Für Aushilfskräfte in den städtischen Haushaltungen. M itte A p ril fanden sich hier auf Einladung des Ministeriums des Innern Vertreter der vom F r e m d e n v e r k e h r besonders berührten städtischen und ländlichen Rommunalverbände ein, um sich über die Regelung der Lebensmittelversorgung der Fremden zu beraten. Z u r Weiterbehandlung der Angelegenheit wurde eine besondere Rommission eingesetzt. A ls Unterausschuß der städtischen Preisprüfungsstelle wurde, wie aus dem Bericht über die Stadtratssitzung vom R pril hervorging, eine „ p r e i s p r ü f u n g s sie l le f ü r M a r k t ­ w a r e n " errichtet, der außer dem Oberbürgermeister als Vor­ sitzendem, der Vorstand des städtischen Nahrungsmittelamts, ein vom Bezirksamt — Polizeidirektion — bestellter Vertreter, der städtische Marktinspektor und ein Vertreter des Landespreisamts angehören. Die Preisprüsungsstelle hatte regelmäßig einmal in der Woche zusammenzutreten, um nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der Marktlage die Preise für die hauptsächlichsten Marktwaren für die kommende Woche festzusetzen. Sie erhielt die Befugnis, zu ihrer Beratung Sachverständige hinzuziehen. Des weiteren beschloß der Stadtrat am April, die k a u f ­ mä n n i s c h e L e i t u n g der Dörranlage und der Vbstverwertung zunächst probeweise Raufmann Joseph Broßmer von Renchen zu übertragen. Vom 5. M a i ab erhielten die L e b e n s m i t t e l h e f t e für die Versorgungszeit von je sH Tagen eine bestimmte fortlaufende Nummer. Die einzelnen Scheine in den Heften, sowie die für die gleiche Zeit ausgegebenen besonderen Rarten trugen die gleichen Nummern. Seit Anfang M a i war das Rriegswirtschaftsamt mit der Durchführung der Organisation befaßt, die die B e s c h ä f t i g u n g der r e i f e r e n J u g e n d i n der L a n d w i r t s c h a f t zum Zweck hatte. Alsbald sollte ermöglicht werden, die männliche (25 — Jugend der höheren Lehranstalten der Städte, die Mitglieder her Jugendwehr und die Angehörigen von Vereinen, die dem Jung­ deutschlandbund Baden angeschlossen sind, der Arbeit in der Land­ wirtschaft zuzuführen. vom Ariegswirtschaftsamt wurde darauf hingewiese», daß die Sache nach der Erfahrung in anderen Bundesstaaten wohl durchführbar sei und die jungen Leute in den landwirtschaftlichen Betrieben nützliche Arbeit aller A rt leisten könnten. Die aufs Laud kommende Jugend solle unter gehörige Aufsicht gestellt werden. Der Landwirt werde billige Arbeitskräfte erhalten. Denn außer Verpflegung, Unterkunft und Ersatz der Reisekosten für die arbeitende Jugend und ihre Führer werde er nur eine geringe Entschädigung zu leisten haben, die eine Ver­ gütung sein solle für den verbrauch von Uleidern und Schuhen und weit unter dem Lohne bleibe, der zurzeit auch für eine unge­ übte und junge Arbeitskraft auf dem Lande üblicherweise bezahlt werden müsse. I n den Leitsätze», die das Ariegswirtschaftsamt aufgestellt hatte, war im wesentlichen folgendes gesagt: Die Hilfe­ leistung gilt als freiwilliger Hilfsdienst. Die Unterbringung der jungen Leute am Arbeitsort erfolgt unter Leitung eines geeigneten Führers. Auf eiuen Führer entfallen etwa 50 bis HO junge Leute. Zugelassen werden nur körperlich gesunde junge Leute. Sie sollen in der Regel nicht unter (6 Jahren alt sein. Den Schülern erwachsen nach der Bekanntmachung des Ministeriums durch den Hilfsdienst keinerlei Nachteile in der Schule (Prüfungen u. dergl.). Am 8. M a i machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß die F e l d f r e v e l auf hiesiger Gemarkung schon im letzten Jahre einen immer größer werdenden Umfang angenommen hätten. M it allen zu Gebote stehenden M itte ln werde gegen jede Verfehlung strengstens eingeschritten. Die Feldhut werde dieses Jah r durch eine größere Zah l ehrenamtlich lätiger Personen in Unterstützung der Feldhüter mitbesorgt und überwacht. Den Weisungen dieser Aufsichtspersonen, die im Besitz eines amtlichen Ausweises und mit Waffen versehen seien, sei unbedingt Folge zu leisten. — Am 3(. J u li ordnete das Bürgermeisteramt folgendes an: „Rindern unter (H Jahren ist der Aufenthalt auf Feldern und Wiesen ein­ schließlich der Feldwege von abends 8 Uhr bis morgens 8 Uhr — ^26 Nur unter Aufsicht Erwachsener gestattet. Sie dürfen sich nicht beschäftigungslos auf Feldern, Wiesen und Feldwegen heruintreiben. Eltern, Vormünder und andere Personen, welche die ihrer Aufsicht unterstellten Rinder von einer Übertretung dieser Anordnung nicht abhalten, sind strafbar. Die Anordnung galt vorerst bis 15. No­ vember 1917. Am 17. September wurde in einer Bekanntmachung des Bürgermeisteramtes gesagt, daß die Entwendung von Feld- und Gartenfrüchten auf der hiesigen Feldgemarkung, besonders zur Nachtzeit, trotz schärfster Gegenmaßnahmen immer größeren Um­ fang anzunehmen drohe. Es sei vorgekommen, daß einer Arieger- frau der ganze Ertrag ihres Gartens in einer einzigen Nacht gestohlen worden sei. Die gesamte Bürgerschaft wurde aufgefordert, bei der Bekämpfung dieses Unwesens mitzuarbeiten. Das Bürger­ meisteramt setzte Geldpreise von 5— 60 Ulk. öffentlich aus für diejenigen Personen, einschließlich der Feldhüter und Schutzleute, die sich um die Ergreifung oder Feststellung nächtlicher Feldfrevler besonders verdient machte». Ferner würden von nun an die Namen derjenigen Feldfrevler, die seil Ariegsbeginn wiederholt bestraft worden wären oder einer besonders schweren Verfehlung sich schuldig machten, in den Tageszeitungen öffentlich bekannt gegeben. A m 9-/ 10., 15., 16., 2 P und 23. U la i hielt Frau Luise Aautz über das E in kochen u n d F r i s c h h a l t e n in verschie­ denen Stadtteilen Vorträge. Eine Ausstellung unterstützte die theoretischen Ausführungen. Der E in tritt war frei. Aus dem Reinerlös selbstverfaßter Rochvorschriften hat Frau Rautz der Stiftung „Witwentrost für Kriegshinterbliebene" 500Ulk. übergeben. Am 6 . Ju n i erließ das Ulinisterium des Inner» mit Wirkung vom 15. Ju n i eine Verordnung über F e s t s t e l l u n g der Z a h l der V e r s o r g u n g s b e r e c h t i g t e n und die Regelung des Fremdenverkehrs. Darnach haben die Rommunalverbände über die Personen, die zur Empfangnahme der Lebensmittelkarten befugt sind, namentliche Verzeichnisse zu führen. Alle drei Monate, erst­ mals für den 1. September 1917, ist auf Grund der auf dem Laufenden gehaltenen Verzeichnisse eine statistische Nachweisung über die Veränderung der Zah l der Versorgungsberechtigten an das — 127 statistische Landesamt einzureichen. Versorgungsberechtigte, die ihren Aufenthalt dauernd wechseln oder diesen für länger als 1H Tage verlassen, ohne ihn endgültig aufzugeben, haben sich von der Lebensmittelversorgung abzumelden. Zwischen dem 19- und 25. Ju n i fand eine F e s t s t e l l u n g der E r n t e f l ä c h e n statt, die zur Zeit der Erhebung angebaut waren mit Weizen, Spelz, Roggen, Gerste, Hafer, Buchweizen, Hirse, Hülsenfrüchten, (Ölfrüchten, Gespinstpflanzen, Aartoffeln, Rüben, Gemüse und Futterpflanzen, ferner von Wiesen, Viehweiden und nicht bestelltem Ackerland. Bei der Erhebung handelte es sich nur um feldmäßigen Anbau. Der Anbau in Haus- und Obstgärten, ferner in Ariegs-, Schreber- usw. Gärten blieb unbe­ rücksichtigt. Am 21 . Jun i erließ der Bundesrat eine 82 Paragraphen umfassende R e i ch s g e t r e i d e o r d n u n g für die Ernte 1917. Die einzelnen Abschnitte handeln von der Beschlagnahme, der Reichsgetreidcstelle, der Bewirtschaftung der Vorräte (Aufgaben der Aommunalverbände, selbstwirtschaftender Aommunalverbände, Auf» gaben der Gemeinden), von der Enteignung, der Verarbeitung der Früchte und dem Verkehr m it den daraushergestellten Erzeugnissen, der Verbrauchsregelung, den Ausführungsvorschriften, den Nber- gangsvorschriften und den Schluß- und Strafvorschriften. Nach H 1 sind folgende Früchte für den Aommunalverband, in dem sie gewachsen sind, beschlagnahmt: Roggen, Weizen, Spelz, Gerste, Hafer, Erbsen, Bohnen, Linsen, Wicken, Buchweizen, Hirse. Nach H 16 hat die Reichsgetreidestelle die Aufgabe, mit Hilfe der Aommunalverbände für die Verteilung und zweckmäßige Ver­ wendung der verschiedenen Vorräte für die Zeit bis zum 15. Sep­ tember 1918 zu sorgen. Nach A 21 hat jeder Aommunalverband dafür zu sorgen, daß die in seinem Bezirk angebauten Früchte zweckentsprechend geerntet und ausgedroschen werden, ferner daß die beschlagnahmten Vorräte zweckentsprechend aufbewahrt und ordnungsmäßig behandelt werden. Am 50. Jun i fand über unsere L e b e n s m i t t e l v e r ­ s o r g u n g unter dem Vorsitz des RAnisters Freiherrn von Bodman eine Pressekonferenz statt, die von Schriftleitern und Verlegern aus dem ganzen Lande zahlreich besucht war. Geheimer Gber-Regie- — s28 — rungsrat Or. Schneider erstattete ausführlichen Bericht über die Bewirtschaftung des Getreides aus der Ernte l ys?, über die neuen Vorgänge auf dem Gebiete der Brot- und Mehlversorgung, der Aartoffelversorgung, der Milchversorgung, der Eier-, Fleisch- und Aohlenversorgung. I m einzelnen bemerkte Vr. Schneider: Die Aartoffelversorgung war in Baden verhältnismäßig besser als in anderen deutschen Bundesstaaten. A u f Grund der Bezugs­ scheine sind in Baden H82 000 Zentner Aartoffeln in die Städte gekommen, im ganzen l 302 000 Zentner aus den ländlichen Ver­ bänden in die Städte gebracht, davon 820 000 Zentner durch die Geschäftsstelle für Aartoffelversorgung. Norddeutschland hat über eine M illio n Zentner Aartoffeln geliefert. W ir haben von Nord­ deutschland mehr Aartoffeln erhalten, als uns zugestanden. I m bevorstehenden Erntejahr sollen die Aartoffeln möglichst rasch erfaßt werden. Uber die M ilch- und Fettversorgung wurde gesagt, daß im M a i 62,.o/o der umgelegten Mengen an M ilch abgeliefert wurden. Die einzelnen Bezirke lieferten sehr verschieden ab. So hat Adelsheim sZO"/« abgeliefert, ein Bezirk nur s8 v/o,cin anderer 8 °/o. Nach dem Umlegungspläne wären an Eiern vom sö. Februar bis s5. Jun i 6 s o/g Iahresmenge abzugeben gewesen, es wurden aber 62,H o/§ abgeliefert. I m ganzen wurden etwa s2 58H000 Stück abgeliefert, ungefähr 300 000 Stück mehr als die pflichtmenge beträgt. Die Reichsstelle hat Hh, M illionen Eier zugewiesen. Die Fleischversorgnng hat bei den Landwirten Be­ schwerden hervorgerufen, weil durch die Fleischzulagen stärker in die Viehbestände eingegriffen werden muß. Die Fleischzulage sei aber bei der Aürzung der B ro t- und Mehlmengen nicht zu ent­ behren gewesen. Wahrscheinlich könne sie am s5. August wegfallen. Die Förderung der Aohlen solle möglichst gehoben werden. Trotz­ dem müsse wahrscheinlich eine Einschränkung des Aohlenverbrauchs erfolgen. Eine weitere Pressekonferenz im Ministerium mit ähn­ licher Tagesordnung fand am 28. J u li und eine dritte am 7. Oktober statt. Vom s. J u li erfolgte eine E r h ö h u n g des P r e i s e s der Ariegsspeisung entsprechend der Steigerung der Selbstkosten der Stadt um sO Pf. für den Liter Essen. Bei Entnahme von s bis 3 Liter Essen täglich sind somit 35 Pf. für den Liter, bei - (29 - H lind mehr Litern Essen täglich 30 Pf. für den Liter Essen zu zahlen. I n der Mache vom 7. bis ( 2 . M a i hatte der Stadtrat Erhebungen über die Teilnehmer an der Rriegsspeisung vornehmen lassen. Folgende Feststellungen wurden gemacht: A u f Wochen­ karten wurden an 2H59 Familien und einzelstehende Personen Essen abgegeben. Die Gesamtsumme der an der Rriegsspeisung beteiligten Personen belief sich auf 8755. Unter diesen waren 5(56 Rinder unter (5 Jahren, somit 5599 Erwachsene. Die Zahl der an den einzelnen Ausgabestellen abgegebenen Essen belief sich in der angegebenen Zeit auf 7222 Liter. Außerdem wurden noch (389 Täter Essen im Einzelverkauf gegen Marken ohne Abonnement abgegeben und (06 Liter zum Selbstkostenpreis an Fabriken, Gewerbetreibende, pensionate usw. Don den 2H59 Familien und Einzelteilnehmern gehörten ( ( 6 ( dem Arbeiterstande an, weitere 526 Teilnehmer waren Rriegerfamilien, deren Ernährer im Felde stehen. Der Rest m it 762 Familien oder Einzelteilnehmern setzt sich aus unteren und mittleren Beamten, Raufleuten und höheren Ständen zusammen. Diese letzteren waren m it (89 Familien und Einzelteilnehmern beteiligt. Don alleinstehenden Personen aller Rreise bezogen H82 das Essen von der Rriegsspeisung. Witwen waren vertreten (^6 m it Rindern, 52 ohne Rinder. Zusatzscheine wurden zwischen 225 und 507 für die Woche gelöst. Die Einnahmen für diese Zusatzscheine beliefen sich auf 270 bis 608 M k. für die einzelne» Wochen. Diese verhältnismäßig geringen Zuschüsse zu den Einnahmen deckten bei weitem nicht die Mehrausgaben, die der Stadt aus der Abgabe der Speisen unter dem Selbstkostenpreis erwuchsen. I n vier Monaten entstand ein ungedeckter Aufwand für die Rriegsspeisung von (33 502 M k. A u f jeden abgegebenen Liter Rriegsspeise mußten aus allgemeinen M itte ln durchschnittlich (8 bis (9 Pf. zugelegt werden. Aus diesem Grunde wurde beschlossen, wie erwähnt, den Preis für den Liter Rriegsspeise um (0 P f. zu erhöhen. Bei Bezug von größeren Mengen wurde die bisherige Preisstaffelung beibehalten. Da trotz dieser Preiserhöhung die Selbst­ kosten immer noch nicht gedeckt wurden, glaubte der Stadtrat erwarten zu dürfen, daß diejenigen Teilnehmer an der Rriegsspeisung, die zu den Bemittelten zählten, nach wie vor freiwillige Zuschüsse leisten würden, damit die Mehrausgaben, die aus allgemeinen 9 - 130 - M itte ln noch zu leisten seien, ausschließlich nur denjenigen zugute kämen, für die gern und w illig Opfer gebracht würden, nämlich den Bedürftigen. Anfang J u li weilte der H o n v e d - H a u p t m a n n K n e f f e l , Bevollmächtigter des ungarischen Ernährungsministers beim Kriegs- ernährungsamt in Berlin, einige Tage in hiesiger Stadt, um die staatlichen und städtischen Einrichtungen auf dem Gebiete des Ernährungswesens kennen zu lernen. Die Erkundigung erstreckte sich auf die Versorgung m it Fleisch, M ilch, Fett, Eiern, Gemüse, Aartoffeln und Obst, die Kriegsspeisung, die Futtermittelversorgung, außerdem auch auf die Bekämpfung des Ariegswuchers, die GHatz- mittelfrage und die Aohleuversorgung. Am 22. J u li fand die Hauptversammlung des Kriegsaus- schusses für A o n s u me n t e n i n t e r e s s e n hier statt. I m Lande bestehen f 2 Ortsausschüsse. Die Einnahmen betrugen seit 19 H539 Alk., die Ausgaben 2283 M k. Der Voranschlag für neue Rechnung zeigt in Ausgabe fSOO Alk., in Einnahme 800 Alk. Die Satzungen wurden durchberaten und im ganzen angenommen. E in Antrag des Ortsausschusses Heidelberg, die Bitte an die Reichs- und Einzelstaatsregierungen auf Ausarbeitung eines Ent­ wurfs von Aonsumenten- und lvirtschaftskammern zu richten, der den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegeu oder durch Verordnung einzuführen sei, wurde einstimmig angenommen. K ritik wurde an den teueren Obstpreisen geübt. Der Erhöhung des Alilchpreiscs solle man entgegentreten. Auch sollte das B ro t nach dem jeweiligen Gewicht verkauft werden. Ferner wurde die Kohlenversorgung und der Kartoffelbezug eingehend besprochen. E in Antrag des Ortsausschusses Durlach, der auf Verständigung in wirtschaftlichen Fragen m it den Nachbarstaaten hinzielt, fand einstimmige Annahme. A m 8 . und 9 . September wurde unter Anteilnahme von etwa 800 Vertretern von Körperschaften eine Tagung für w i r t ­ s c ha f t l i c he A u f k l ä r u n g abgehalten. Dieselbe berührt sich zum Teil m it der oben erwähnten Versammlung vom 29. und 30. Oktober, die aber auch militärische Fragen in den Kreis ihrer Verhandlung einbezog. I n diesem Zusammenhang genügt zunächst die Erwähnung, daß ähnlich, wie oben angegeben, I)r. lvoh l- mannstetter über die Grundlagen der Ernährung des deutschen sZs - Volkes im Lichte der Zentralisation sprach und daß Amtmann Strack Mitteilungen über die Ernährungswirtschaft in Baden machte. Außerdem sprach Gkonomierat Sänger von Diersheim über „Die badische Landwirtschaft im Dienste der Kriegswirtschaft und die Schwierigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung". Zwei Forderungen würden erhoben: Der Produktionszwang und die Erhöhung der Produktion. Der Redner betonte, daß keine der beiden Forderungen durchführbar sei. Die persönliche Leistung der Greise, Frauen und Rinder in der Landwirtschaft während des Krieges sei ganz hervorragend. A u f dem Lande werde die Rationierung des Brotes für die Bauern bitter empfunden. Der Redner schloß m it dem Appell zur Verträglichkeit zwischen Stadt und Land. Bürgermeister Or. Finter von Mannheim verbreitete sich über die Tätigkeit der Kommunalverbände unter Berücksichti­ gung der Interessen der Verbraucher. E r führte aus: Lange ehe man an die öffentliche Bewirtschaftung dachte, haben zahlreiche Gemeinden städtische Eigenwirtschaft getrieben. Sie ging haupt­ sächlich auf drei Gruppen: Gemüse, M ilch und Fleisch. Daneben kauften die Städte Nahrungsmittel im freien Verkehr, um dadurch einen Einfluß auf die Preisgestaltung zu gewinnen. I m letzten Jahre gingen die Städte zur Konservierung von Nahrungsmitteln über. Zahlreich wurden die Massenspeisungen cingeführt. I n der behördlichen Bewirtschaftung haben die Kommunalverbände eine dreifache Aufgabe. Die Erfassung der überschüssigen Lebens­ mittel beim Erzeuger, die Verbringung der Nahrungsmittel in die Bedarfsverbände und die Überbringung an den Verbraucher. Die Hauptaufgabe der Kommuualverbände besteht in der örtlichen Vertei­ lung der Nahrungsmittel. Hier standen sich die Zentralisationen durch eigene Läden dem Dezentralisatioussystem, Abgabe an den Klein- handel gegenüber; man hat beide Abgabearten gemischt in K ra ft treten lassen. Endlich sprach Professor Or. Abderhalden in einem Lichtbildervortrag über den „E in fluß unserer derzeitigen Ernährung auf den menschlichen Körper". Direktor Kern von der Kohlen- verteilungsstelle Mannheim hob hervor, daß der Rückgang der Kohlenförderung eine Einschränkung des Verbrauchs nötig mache. I n den ersten Gktobertagen fand hier gemäß Verordnung des Kriegsernährungsamtes die N a c h p r ü f u n g der E r n t e - 0) * —- (32 — f l äche u n d d i e F e s t s t e l l u n g des U m f a n g s der G e ­ t r e i d e e r n t e statt. Die Erhebung erstreckte sich auf Weizen, Spelz, Roggen, Gerste, Hafer und Gemenge aus diesen Getreidearten. Am 28. Oktober weilte der Präsident des Ariegsernährungs- amtes v o n W a l d o w hier. E r hatte Besprechungen im Miuiste- rium des Innern m it den maßgebenden Persönlichkeiten über die Nahrungsmittelversorgung im allgemeinen wie über Ernährungs­ fragen in Süddeutschland. Später wurde Präsident von Waldow vom Großherzog empfangen. I m Anschluß an diese allgemeinen Mitteilungen folgen nun­ mehr die Angaben über die Anordnungen, die für die e i n z e l n e n N a h r u n g s m i t t e l u n d a n d e r e Ge g e n s t ä n d e des t ä g ­ l i chen V e r b r a u c h s ergingen. Das Städtische Nahrungsmittelamt erließ am (7. März folgende Bekanntmachung über die A b g a b e v o n H a u s h a l ­ t u n g s m e h l : „ D a uns zur Herstellung von Brot ab 25. M ärz nur noch Weizen- und Roggenmehl in einer Ausmahlung von 9 4 "/« zngewiesen wird, treffen wir mit sofortiger Wirkung folgende Übergangsbestimmung: Die Bäcker dürfen soprozentiges Weizenmehl nur unter Einhaltung folgender Vorschriften abgeben: z. D ie zu läs s ig e H ö c h s tm e n g e f ü r den K o p f u n d a u f l - t T a g e b e trä g t 250 xr. 2. Die Verabfolgung dieser Menge darf nur erfolgen gegen Ablieferung von 8 Brotscheinen für je 50 M Brot (Weckmarken) und gegen gleichzeitige Abgabe der Lebensmittelmarke 8 des Lebensmittelheftes der jeweils laufenden Versorgungsperiode. Z. Gegen Reisebrotmarken darf Mehl nicht abgegeben werden. W er in tH Tagen mehr als 250 gr M ehl haben will, kann gegen Abgabe von Brotmarken ZHprozentiges Roggenniehl erhalten.". Am 2 s. M ärz erließ das Ministerium eine Verordnung über den V e r k e h r m i t B r o t g e t r e i d e u n d At e Hl. Die wich­ tigsten Bestimmungen waren: „An Brot darf nur Roggenbrot hergestellt werden. Für Kranke ist die Bereitung von Waffcrweck und Zwieback zulässig. Das Bereiten von Kuchen, welche inländisches Weizen- oder Roggenmehl enthalten, ist verboten. Die Vorschrift findet auf die Herstellung von Mbstkuchcn in privaten Haushal­ tungen keine Anwendung. Die Vorschriften dieser Verordnung finden keine Anwendung auf die von Keks-, Zwieback-, W affel- und Honigkuchen-, Pfeffer­ — sZ3 — kuchen- oder Lebkuchen-Fabriken hergestellten Erzeugnisse, soweit sie aus Getreide oder Mehl bereitet werden, das den Fabriken von der Reichsgetreide­ stelle geliefert wird." Am 2 -f. März wurden vom Ministerium Richtlinien für die Bewilligung von Musserweck, Zwieback und Auszugsmehl an Rranke veröffentlicht. Die Bewilligung durfte nur erfolgen: s. bei schweren chronischen Magen- und Darmerkrankungen, 2 . an Genesende von Typhus und Ruhr, 3. an Wöchnerinnen in den ersten sO Tagen nach der Niederkunft. I n den Fällen Z iffer f und 2 ist ein ärztliches Zeugnis erforderlich, bei Wöchnerinnen genügt das Zeugnis der Hebamme, das den Tag der Niederkunft bescheinigt. Am 29. M arz machte das Städtische Nahrungsmittel- amt bekannt, daß das ärztliche Zeugnis auf einem vorgeschriebenen Formular auszustellen ist und daß das Zeugnis der vom Nah­ rungsmittelamt bestellten Ärztekommission zur Prüfung und Ent­ scheidung vorgelegt wird. Gleichzeitig wurden die Namen einer Anzahl Bäcker, die Wasserweck und Zwieback Herstellen dürfen, veröffentlicht. Jeder Rranke wurde einer bestimmten Bäckerei zugewiesen. Die Bäcker dürfen das ihnen zur Herstellung von Zwieback und Wasserweck überlassene M ehl nur zu diesem Zweck verwenden. Am t 9 . A p ril machte das Nahrungsmittelamt bekannt, daß R i n d e r m e h l als Beitrag zur Ernährung der kleinen Rinder im Alter bis zu 3 Jahren verteilt werde. Die in Betracht kommenden Familien hatten in dem Geschäft, in dem sie für den Bezug der allgemeinen Lebensmittel eingeschrieben sind, neben der genauen Adresse die Zah l der Rinder im Alter bis zu 3 Jahren bis spätestens zum 23. A p ril anzugeben. Am 2 . November veröffentlichte das Nahrungsmittelamt, daß nach Anordnung der zuständigen Behörde zur E i n s p a r u n g v on M e h l die Tageskopfmengen um 20 Gramm gekürzt und der Ausfall durch Zusatz von Frischkartoffeln ausgeglichen werde Die Verwendung von Frischkartoffeln bei der Herstellung von B ro t schließt, wie weiter bemerkt wurde, solange ein bis 9^ °/oiges aus­ gemahlenes M ehl verwendet werden muß, große Gefahren für die Güte des Brotes in sich. Nach eingehender Prüfung aller vo r- nnd Nachteile und nachdem Sachverständige zu Rate gezogen waren. - wurde beschlossen, Frischkartoffeln als Beimengung bei der B ro t­ herstellung nicht verwenden zu lassen. Die Brotmenge, die bisher HOOO Gramm für Tage betragen hatte, minderte sich deswegen um ein Zehntel, somit auf 3600 Gramm für die Person. Da­ gegen wurde der Bevölkerung die für den Zusatz in Aussicht genommene Aopfmenge Aartoffeln, nämlich 3 Pfund für (H Tage, zur Verfügung gestellt. Die Änderung trat am 5. November in A ra ft. — Ferner bestimmte das Bürgermeisteramt, daß Selbst- versorger an Brotgetreide für den Aopf der von ihnen nach den bisherigen Bestimmungen m it B ro t und M ehl zu versorgenden haushaltungsanzehörigen monatlich nur noch 8 */z A ilo (statt 9 A ilo ) verbrauchen dürfen. Am (0. Zanuar ordnete der Stadtrat über die A a r t o f f e l - v e r s o r g u n g auf Grund der Bekanntmachung des Reichskanzlers und der Verfügung des Ministeriums a u : „Der zulässige verbrauch au Sxeisekartoffclu beträgt für den Tag und Kopf der Bevölkerung höchstens ^ Pfund. Aartoffelerzenger dürfen für sich und jeden Angehörigen ihrer Wirtschaft von ihrer Ernte täglich bis l Pfund und ab t- M ärz bis 20. J u li täglich v /2 Pfund verbrauchen. Für Schwer­ arbeiter kann auf Antrag eine Erhöhung des täglichen Verbrauchs bis zu p /r Pfund bewilligt werden." Aartoffelkarten wurden ausgegeben. Mer im Besitz von Aartoffelvorräten war, erhielt keilte Aarten. Die Versorgungs- Periode reichte bis zum 20. J u li (9 l? - darüber hinaus versorgt war, hatte den Uberschuß an den Aommunalverband gegen Entschädigung abzugeben. Zn den Mirtschaften durfte nach Verordnung des Ministeriums die Abgabe von Aartoffelgerichten nur gegen besondere Aarteu (Gastkartoffelkarten) erfolgen. Das­ selbe galt für die Ariegsspeisung. Diejenigen, die Vorräte eingelegt hatten, mußten, wenn sie Gastkartoffelkarteu erhalten wollten, von ihren Aartoffelvorräten entsprechende Mengen abgeben, vom H. Februar ab durfte der zulässige verbrauch an Speisekartoffeln für den Tag und Aopf der Bevölkerung höchstens ^ Pfund betragen. Zn Mirtschaften durften an Gäste, die als ortsfremd bekannt waren, Aartoffelgerichte ohne Aarten oder Aartoffel­ ablieferung verabreicht werden, doch bei einer Mahlzeit nicht mehr als i/, Pfund und seit H. Februar nicht mehr als Pfund Aartoffeln für den Gast. — vom 2 . Zum ab war der höchst­ — (35 — verbrauch an Speisekartoffeln für den Aopf der Bevölkerung auf 5 Pfund wöchentlich festgesetzt. Der Zusatz für Schwerarbeiter fiel weg. Am (. März fand eine E r h e b u n g der V o r r ä t e an Aartoffeln statt. — Vorräte bis einschließlich 20 Pfund, die im Haushalte des Besitzers verbraucht werden sollten, waren nicht anzuzeigen. Dagegen war die Zah l der am (. M ärz in der Haushaltung wohnenden Personen anzugeben. Aartoffclanbauer hatten außerdem die Flächen, die sie im Jahre (9 l 6 m it den einzelnen im Anzeigebogen angeführten Aartoffelsorten angebaut hatten, die geernteten Mengen und die in Mieten oder Aellern eingelagerten Mengen anzugebe». Am H. Jun i machte das Bürgermeisteramt bekannt: „A u f Anordnung der Reichskartoffelstelle muß die A n b a u f l ä c h e der F r ü h k a r t o f f e l n unverzüglich festgestellt werden. Mer mehr als 200 Hin solcher Aartoffeln angebaut hat, ist zur sofortigen Angabe, wie viel er angebaut hat und wann voraussichtlich die Aartoffelernte reif wird, verpflichtet." Eine Verordnung des Ministeriums vom (2 . J u li regelte die A a r t o f fe lv e r s o r g u n g bis (H. September. Zentrale Bewirtschaftung der Frühkartoffeln wurde vorgesehen. Die A a r­ toffelerzeuger wurden verpflichtet, die von ihnen geernteten Speise­ kartoffeln, soweit sie sie nicht zur Ernährung für sich und die Angehörigen ihrer Wirtschaft oder als Saatgut benötigen, an die bestellten Aufkäufer gegen Bezahlung abzugeben. Die Abgabe an andere Personen war verboten. — Am (3. J u li machte das Städtische Aartoffelamt bekannt, daß die hiesige Bevölkerung m it Frühkartoffeln nach Maßgabe der Zufuhren durch den Aommunal- verbaud versorgt werde. Verkaufsstellen wurden in verschiedenen Stadtteilen errichtet. Die Frühkartoffeln durften nur gegen A a r­ toffelmarken verkauft werden. Der Verkaufspreis betrug (2 P f. für das Pfund. Die Aopfmenge wurde vorläufig auf höchstens 2 Pfund für die Woche festgesetzt. Den Landwirten wurde das verbringen kleinerer Akengen auf die hiesigen Märkte und deren pfundweiser verkauf gestattet. Am 25. J u li ordnete das Bürgermeisteramt an : Die Erzeuger von Früh- und Spätkartoffeln dürfen die Aartoffeln nur e r n t e n , — s36 — wenn sie ausgereift sind. Sie haben die geernteten Mengen dem Statistischen Am t anzuzeigen, auch die nicht feldmäßig, sondern in Gärten angebauten. Sie dürfen Aartoffeln nur an das Städtische Aartoffelamt und die von diesem beauftragte» Aufkäufer, sowie an solche hier ansässige Verbraucher abgeben, die im Besitze eines Bezugsscheines sind. Die Ausfuhr von Aartoffeln aus dem Gebiete der Stadt Aarlsruhe einschließlich der Vororte ist verboten. A m 3s. Z u li fand hier eine Tagung süddeu t s c he r A a r ­ t o f f e l g r o ß h ä n d l e r statt. Sie befaßte sich in der Hauptsache m it der Zulassung des Aartoffelhandels bei der Herbstversorgung Nach eingehender Aussprache wurde eine Entschließung einstimmig angenommen. Sie forderte die Berücksichtigung sämt­ licher Aartoffelhändler, die schon sHlH gehandelt hätten; die Z u ­ lassung der Aommissionäre soll den Landeskartoffelstellen zustehen; die Vorrechte der Genossenschaften gegenüber dein Handel sollen beseitigt werden. Ebenfalls einstimmig sprach sich die Versammlung für die Gründung einer Vereinigung südwestdeutscher Aartoffel­ großhändler aus. Das Ministerium hatte schwere Bedenken für die V e r s o r ­ g u n g der B e v ö l k e r u n g m i t S p ä t k a r t o f f e l n das Bezugsscheinverfahren wieder zuzulassen. Vielfach seien die Land­ wirte, zumeist unter Angebot eines höheren Preises als des Höchst­ preises, geradezu bestürmt worden, Aartoffeln unmittelbar an den Verbraucher abzugeben. Auch sei es vorgekomme», daß die Be­ zugsscheine auf zu hohe Mengen ausgestellt und mißbräuchlicher­ weise wiederholt benutzt wurden. Durch diese Umstände sei der Aufkauf durch die öffentlichen Aufkäufer, die nur den Höchstpreis bezahlen durften, aufs schwerste beeinträchtigt worden, so daß es ihnen nicht nur nicht gelungen sei, die für die Minterversorgung nötige Menge aufzubringen, sondern daß sogar die Deckung des laufenden Bedarfs ins Stocken geraten wäre. Zn verschiedenen Areisen der Bevölkerung war man aber stark beunruhigt. Zn der Presse und in Eingaben an das Ministerium bat man dringend um Miederzulassung der Bezugsscheine. Der hiesige Stadtrat wandte sich in gleichem Sinne wiederholt an das Ministerium. So hielt er in einer Eingabe vom H. August die Bedenken des Ministeriums nicht für so schwerwiegend, daß damit das Verbot jeder privaten — s37 — Aartoffelversorgung aus einem fremden Aommunalbezirk gerecht­ fertigt werden könne. Der Stadtrat hielt es überhaupt nicht für möglich, die gesamte Aartoffelversorgung der großen Städte auf rein amtlichem Mege in befriedigender Meise durchzuführen, weil den Überschußverbänden nicht nur die dazu nötigen Mrgane fehlten, sondern auch die dazu unbedingt nötige Bereitwilligkeit der Erzeuger vielfach nicht vorhanden sei. Der Stadtrat sprach die Befürchtung aus, daß trotz der guten Aartoffelernte Badens eine wesentlich geringere Versorgung unserer Stadt für den M inter l 9l ?/ s8 ein- treten werde, wenn der Privatbezug völlig unterbunden würde. Auch bezweifelt er, ob ein solches Verbot praktisch überhaupt durchgeführt werden könne. Es werde nur die Gewissenhaften treffen und diese angesichts der unvermeidlichen zahllosen straflosen Übertretungen noch mehr verbittern und ihr Vertrauen auf Gesetz üud Recht völlig zum Mauken bringen. Die Verantwortung für all diese Folgen möchte darum der Stadtrat nicht übernehmen. E r ersuche darum das Ministerium um eine nochmalige ernstliche Prüfung dieser für unsere Bevölkerung sehr ernsten, aber auch für das Ministerium sehr verautwortungsreichen Frage. Am 7. August teilte die „Aarlsruher Zeitung" m it, daß, nachdem aus allen Bevölkerungskreisen die Miederzulassung des Bezugscheinverfahrens für die diesjährige Aartoffelversorgung gewünscht würde und die Gründe für die Zulassung dieses Verfahrens, deren Gewicht die Regierung von vornherein nicht verkannt habe, lebhaft geltend gemacht würden, die Regierung sich entschlossen habe, ihre Bedenken zurückzustelleu und der Stimmung des Hauptteils der Bevölkerung Rechnung tragen zu sollen. Bemerkt wurde dabei noch, daß der für das Bezugscheiuverfahren vielfach angeführte Grund, die badischen Aartoffeln sollten im Lande verbleiben, statt wie letztes Jah r nach Norddeutschland geliefert zu werden, wodurch der Bezug schlechterer norddeutscher Aartoffeln notwendig geworden wäre, nicht zutreffend sei, da die norddeutschen Aartoffeln und zwar einschließlich der Saatkartoffeln in Höhe von rund t M illio n Zentner ohne Gegen­ leistung nach Baden gekommen seien. Die Aartoffelversorgung der Bevölkerung war nun folgendermaßen geregelt: B is zum sß. November sHl7 erhielten alle Haushaltungen, die nicht Selbst­ versorger waren oder sich durch Bezug von hiesigen Erzeugern — ( 3 8 — versorgten, Kartoffeln auf Grund der Kartoffelmarken nach M aß . gäbe der allwöchentlichen Bekanntmachungen. ' Für die Zeit vom (9 . November (9(7 bis 20 . M a i (9(8 konnten die Haushaltungen die ihnen zustehenden Mengen entweder u n m i t t e l b a r v o m E r z e u g e r auf Grund von B e z u g s s c h e i n e n oder vom K o m m u n a l v e r b a n d K a r l s r u h e - 5 t a d t im voraus be­ ziehen (Winterbedarf). Bei Zugrundelegung eines zulässigen Höchst­ verbrauchs von ( Pfund für den Kopf und Tag und unter Z u ­ billigung eines Zuschlags für Schwund und Fäulnis durften für diese Zeit (26 Wochen oder (82 Tage) auf den Kopf zwe i Z e n t n e r Kartoffeln bezogen werden. Wer den Bedarf durch Bezugsschein oder durch Lieferung des Kommuualverbandes gedeckt hatte, erhielt für die genannten 26 Wochen keine Kartoffelmarken. Am (7. (Oktober erfolgte eine Bekanntmachung des Stadt­ rates über H e r a b s e t z u n g des P r e i s e s für die vom Kom­ munalverband an die Haushaltungen zu liefernden Kartoffeln und zwar von 8 M k. auf 7 M k. 20 P f. für den Zentner frei Keller des Verbrauchers und von 9 P f. auf 8 P f. für das Pfund im Kleinverkauf. Die Herabsetzung trat beini Zentuerpreis sofort, beim Pfundpreis am 22 . Oktober in K raft. Bemerkt wurde, daß insbesondere bei der Festsetzung des Kleinverkaufspreises auf 8 Pf. für das Pfund mit einem nicht unerheblichen Verlust für die Stadtkasse gerechnet werden müsse. Am (0 . November machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß S e l b s t v e r s o r g e r m i t K a r t o f f e l n von ihrem Ernte­ vorrat verbrauchen dürfen: u. für eine Person täglich p/g Pfund, somit für das ganze Wirtschaftsjahr 5,5 Zentner; b. zur B ro t­ streckung (als Ersatz für die oben erwähnte Kürzung der monat­ lichen Getreidemenge) für eine Person wöchentlich 750 §r oder für die Zeit vom (. November (9(7 bis 3(. J u li (9 (8 0,58 Zentner. Bei dieser Menge waren die durch Beförderung, Lagerung, Ver­ teilung und Verarbeitung entstehenden Gewichtsverluste bereits berücksichtigt; c. als Saatgut für ( ar durchschnittlich 35 Pfund. Die M i lc h o r d n u n g der Stadt Karlsruhe vom (8. Dezem­ ber (9 (6 (vergl. Throuik (9 (6 S. (HH/(H5) wurde zu Anfang (9(7 wiederholt veröffentlicht. Am 6. Februar hielt der V e r e i n K a r l s r u h e r M i l c h - — sZY — H ä n d l e r eine Versammlung ab, die sich m it der neuen M ilch- ordnung beschäftigte. Die Versammlung war stark besucht, haupt­ sächlich von Rlilchhändlerfrauen, da auch in diesem Alande viele RRiuner im Felde sind. A ls Vertreter der Regierung war Amtmann Strack, als Vertreter der Stadt Direktor Schindler, Vorsteher des RAlchamts, und Herr Hipp, Vorsteher der Aartenstelle, erschienen. Der Berichterstatter über die Beschwerden des Rulchhandels, Herr Hassinger, führte aus, daß sich die Rlilchhändler in ihrem Ge­ schäftsbetrieb beeinträchtigt fühlten, weil sie über ihren RAIchbezug nicht selbst verfügten und ihn dem Rulchamt zur Verfügung stellen müßten. Des weiteren protestierten sie dagegen, daß vielen kleinen Rlilchhändlern das Geschäft lahnigelegt werde und die Bezirks­ einteilung eine Ausdehnung des Geschäfts unmöglich mache. Auch verlangten die Rulchhändler, daß man ihnen nicht nur die V o ll­ milch, soudern auch die Rkagermilch zur Verteilung geben solle. Außerdem sei die Preisgestellung für die Händler ungünstig. Schließlich wendeten sie sich dagegen, daß der Rulchbetrieb ab s. A p ril ganz unter die Gbhut des Aommuualverbandes kommen solle. Aufgabe der Stadt wäre es nur, möglichst viele RAlch hereinzubringen. Die Verteilung sei Sache des Rlilchhandels. Auch verlange man Aufschluß, ob die Verordnungen wirklich nur als Ariegsmaßuahmeu zu betrachten seien. Aus die letztere Frage gab Amtmann Strack dahin Auskunft, daß die Verordnungen im allgemeinen als für die Ariegszeit geltend gedacht seien und daß mau hoffe, sie bald nach dem Ariege wieder fallen zu lassen. Auch habe es den Anschein, daß bei der Rulch die Verordnung der Stadt weiter gegangen sei, als ursprünglich die Regierung vorge­ sehen habe. Herr Hipp betonte, daß man auf die geplante Neu­ regelung im Sinne der Verordnung nicht verzichten könne. Die Befürchtungen der Händler seien unbegründet. Direktor Schindler wies die Händler eindringlich darauf h in , sich m it der neuen Anordnung abzufinden. Es würde das möglichste in der Schonung der Existenzen getan werden. IVenn nicht eingegriffen würde, wären die größten Rußstäude unausbleiblich. Der Milchhandel hätte sich nach Ariegsbeginn organisieren und die Regelung selbst vornehmen können. Nachdem aber der freie Handel voll­ ständig versagt habe, sei eine behördliche Regelung nicht zu um­ ^ 0 - gehen. M an müsse die M ilch im Interesse der Volksgesundheit unter eine einheitliche Aontrolle bringen. Am s. Februar wurden über die N e u r e g e l u n g der M i l ch v e r s o r g u n g folgende Mitteilungen veröffentlicht: „Der neue Milchverteilungsplan des städtischen Milchaints tritt am 12. Februar mit der Ausgabe der neue» Lebensmittelkarten in Kraft. Die neue A rt der Milchverteiluug ist nicht nur für die gegenwärtige Kriegszeit, sondern auch für die Zukunft von großer Bedeutnng. Da die Stadt die Verantwortung übernommen hat, daß die der Allgemeinheit znr Verfügung stehenden Milchvorräte gleichmäßig zur Verteilung gelangen, mußte dem städtischen Milchamt neben dieser Pflicht auch das Recht zu einschneidenden Maßnahmen gegeben werden. Zu diesem Recht gehört auch die Neuregelung des Milchverkaufs, der sich große Schwierigkeiten eutgegcustellteu. Durch die Neuregelung wird das ganze Stadtgebiet in Liefernngsbezirke eingeteilt, in denen die zur Verfügung stehenden Milchantcile entweder durch die Milchver­ sorgung G . m. b. kj., durch die 15 im Stadtgebiet wohnenden Molkereibesitzer oder durch die vom Milchamt zugelassenen Milchverkänfer zur Verteilung gelangen. Alle Milchverkänfer erhalten vom Milchamt einen bestimmten Bezirk zugewiesen. Daß die Z ah l dieser kleinen Milchverkäufer eingeschränkt werden mußte, ist schon daraus ersichtlich, daß vor dem Kriege die Milchmengeu, die in Karlsruhe täglich zur Verteilung gelangten, rund 70 ooo Liter betragen haben, während heute mit höchstens 20 o o o Litern täglicher Zufuhr zu rechnen ist. Schon im Interesse der Milchhäudler selbst mußte die Zah l der Milch­ verkäufer erheblich vermindert werden. Nicht weniger als 2S8 Milchhändler haben sich beim städtischen Milchamt uni Zulassung beim Milchverkanf beworben; davon waren nur i-n , die noch einen Umsatz von täglich 50 Litern und mehr anfzuweisen hatte». Alle anderen hatten einen geringeren Umsatz, ein Beweis, daß bei den meisten bisherigen Milchhäudler» von einem lohnenden Geschäft nicht die Rede sein konnte. Bei der Auswahl der Bewerber wurden vom städtischen Milchamt naturgemäß diejenigen mit großein Umsatz besonders berücksichtigt, doch wurde auf die besonders gearteten Verhältnisse anderer auch möglichst Rücksicht genommen. So wurden auch einige der bisherigen selbständigen Milchhäudler für das Milchamt verpflichtet zum verkauf von Magermilch. Anderen, die in diesem Berufe keine Verwendung mehr finden konnten, dürfte es in der heutigen Zeit nicht schwer fallen, andere gut bezahlte Arbeit zu finden. Die neuen Milchbezirke sind so eingeteilt, daß jeder vom Milchamt zugelassene Milchhäudler auch sein angemessenes Auskommen haben kann. Um irrtümlichen Auffassungeil vorzubeugen, sei besonders hervorgehoben, daß diese Neuregelung der Milchversorgung nicht nur eine Maßnahme für die Kriegszeit ist, sondern auch das Fundament bilden soll, ans dem die Milch­ versorgung in der zukünftigen Friedenszeit aufgobaut werden soll. Durch die Zentralisation der gesamten städtischen Nilchversorgung soll auch für die Zukunft eine Besserung in der Verteilung dieses wichtigen Lebensmittels erzielt werden. — N l — Die Z u s tä n d e , w ie sie vor d e m K r ie g e b e s ta n d e n h a b e n , d ü r fe n a u f k e in e n Fall nach dem Kriege wiedcrkehren. Die gesamte Milch soll in Z u k u n s t durch das städtische Milchamt zur Verteilung gelangen. Z u r strengen Durchführung dieser Maßnahme ist es notwendig, daß auch die Milch, die von den Milch­ händlern von auswärts bezogen wird, an das Milchamt zur weiteren Behand­ lung und Verteilung abgeliefert wird, vom Milchamt selbst erhalten die Verkäufer dann wieder ihr bestimmtes M aß für den Kleinverkauf. Nach dem ain 12. Februar in K raft tretenden verteilungsplan wird nur die Vollmilch den einzelnen Beziehern ins ksaus geliefert, während die Magermilch in den von der Milchversorgung G. m. b. ks. errichteten Ansschankstellen zu holen ist. Für jeden Vollmilchbezirk ist eine Abgabestelle für Magermilch vorgesehen. Das ganze Stadtgebiet, einschließlich der Vororte, ist zurzeit in 150 Vollmilch­ bezirke eingeteilt." Die Milchordnung hat sich nur allmählich eingebürgert. I n den ersten Wochen wurden in der Tagespresse über die Beschaffen­ heit der Magermilch, über die A rt der Lieferung zahlreiche Alagen laut und verschiedene Vorschläge zur Abhilfe gemacht. Soweit tunlich, wurde Abhilfe geschaffen. Bemerkt sei, daß allerdings die Zuteilung der Magermilch an einzelne Familien gekürzt werden mußte, um möglichst vielen Personen Magermilch zukommen zu lassen. Trotzdem konnte nicht sofort allen Anträgen stattgegeben werden, vom s. M ärz an wurde sämtliche Vollmilch den Bezugs­ berechtigten zugeführt. Magermilch wurde nur in den Verkaufs­ stellen verabfolgt. I lm Ansammlungen, gegen die besonders laut wegen des Zeitversäumnisses geklagt wurde, zu vermeiden, wurde die Zahl der Verkaufsstellen vermehrt, auch die Uundeneinteilung verbessert und ausgeglichen und in jeder Verkaufsstelle durch A n­ schlag bekannt gegeben, in welcher Reihenfolge und in welcher Zeit die Magermilch an die Bezugsberechtigten abgegeben werde. 35 Verkaufsstellen für Magermilch waren vom s. M ärz an in den verschiedenen Stadtteilen eröffnet. Statt der Magermilch mußten sich die Berechtigten auch fernerhin manchmal mit Butter­ milch begnügen. Allen Mißständen war beim besten Willen nicht abzuhelfen, zumal da eben nicht wenige Landgemeinden die N ilch - menge nicht lieferten, die sie liefern sollten. Einzelne machten freilich eine anerkennenswerte Ausnahme und lieferten mehr ab, als nach dem Bestände ihrer Milchwirtschaft vorgesehen war. So wurde von Anfang an lchifingen und die Gemeinde Airchdorf (Am t villingen) genannt. Um den ländlichen Gemeinden, die sich in der kebensmittellieferung für die Stadt Karlsruhe besonders aus­ zeichneten, bleibende sichtbare Zeichen der verdienten Anerkennung geben zu können, beschloß der Stadtrat, große, künstlerisch ausge­ führte Hiudenburg-Bilder nach dein Gemälde von Caspar Ritter anfertigen zu lassen und diese den betreffenden Gemeinden als Schmuck für das Rathaus und als Andenken an die jetzige schwere Kriegszeit zu übersenden. Diese m it eigenhändiger Unterschrift des Generalseldmarschalls versehenen Hindenburg-Bilder werden dann den späteren Geschlechtern Kunde geben von dem Gpfersinn und der Gpferbereitschaft der einzelnen Landgemeinden gegenüber der dankbaren Stadt Karlsruhe. Aber noch in einer Veröffent­ lichung des städtischen Nachrichtenamtes vom 6. J u li wird berichtet, daß trotz der wiederholten Ermahnungen und Bitten die Lieferungen an Vollmilch und Butter aus den der Stadt zuge- wiesenen Bezirken noch immer sehr ungenügend, ja ans einzelnen Gemeinden geradezu kläglich gering sei. Zm ganzen sind es ein­ schließlich der umliegenden Bezirksorte sH Bezirke, aus denen der Stadt Karlsruhe die M ilch für den täglichen Bedarf zufließen soll. Dabei steht aber nach der M itte ilung des Nachrichtenamtes einer Pflicht- menge von täglich H6 272 Liter zur Zeit eine tägliche Lieferung von nur 28 300 Liter gegenüber. Die in Karlsruhe selbst gewon­ nene M ilch ist dabei nicht inbegriffen. Zu den gut liefernden Bezirken gehörten Neustadt, Villingeu und Eppingen. Zm Bezirk Neustadt waren es besonders die Gemeinden Löffingen und Schollach, im Bezirk Villingeu außer der oben genannten Gemeinde Kirchdorf, Klengen, peterzell und Meiler, die m it besonders guter Milchliefernug hervortraten. Unter den Gemeinden des Bezirks Eppingen, die alle gut lieferten, stand Sulzfeld, Gemmingen, Adelshofen und Tiefenbach obenan. Dagegen waren in den Be­ zirken Gffenburg, Molfach und Mberkirch mehrere Gemeinden, die sowohl in Bezug auf M ilch- wie auf Bntterlieferung sehr zu wünschen übrig ließen. Von Ende A p r il ab wurde k o n d e n s i e r t e M i l c h vom Nahrungsmittelamt abgegeben und zwar in erster Linie an die­ jenigen Fam ilien, die weder Voll- noch Magermilch erhalten hatten. Für jede Person wurde höchstens eine Büchse, für einen ganzen Haushalt nicht mehr als drei Büchsen abgegeben. s43 — Ende M a i hat das Bürgermeisteramt an die vom Kom­ munalverband zugelassenen Milchkäufer W e i s u n g e n ergehen lassen, in denen die Milchverkäufer zur genauen Einhaltung der Milchorduung der Stadt Karlsruhe vom s8. Dezember sßsS verpflichtet wurden. I n dieser Weisung sind für die Behandlung und für die Verteilung der M ilch Grundsätze aufgestellt und zwar für Voll- und Magermilch. Da jeden Morgen bei der Ausgabe der M ilch den Verkaufsstellen mitgeteilt wurde, welche Mengen Magermilch ausgegeben würden, so war eine gleichmäßige Ver­ teilung auch bei verkürzten Mengen gewährleistet. Die Kürzungen wurden in folgender Staffelung vorgenommen: Bei 75 Prozent Magermilchausgabe wurden Mengen von einem Viertelliter unver­ kürzt abgegeben; Mengen von bis s Liter wurden uni je i/t Liter, Mengen über s Liter um je Liter gekürzt. Bei 50 Prozent Magermilchausgabe erhielten die Empfänger von 1/4 Liter nur jede» zweiten Tag diese Menge; alle anderen Mengen wurden zur Hälfte gekürzt. Auch Krankenhäuser, Anstalten, Wirtschaften usw. wurden von den Kürzungen betroffen. Solange die Mager­ milch nicht zur vollen Versorgung der eingetragenen Kundschaft ausreichte, durfte auch Buttermilch, saure M ilch und ^u a rk nur auf die Magermilchkarten ausgegeben werden. Reichte die verfüg­ bare Magermilchmeuge aus, um an alle Kunden die zustehende Menge abzugeben, so wurde in den Bachmittagsstunden von 5 bis 5 Khr Luttermilch, saure M ilch in Mengen bis zu einem halben Liter, und soweit Vorrat vorhanden war, auch ^u a rk an solche Personen abgegeben, die nicht im Besitz einer Magermilch­ karte waren, s Liter Mager- oder Buttermilch kostete 20 Pf., ein Pfund Huark 60 Pf. I n einer M i l ch h ä n d l e r v e r s a m m l u n g vom s8. J u li berichtete Direktor Zö llin von der städtischen Milchversorgung, daß für die Milchverteilung in der Stadt demnächst weitere Vor­ kehrungen getroffen würden. Es habe sich nämlich herausgestellt, daß einzelne Milchhändler beim Einkauf den behördlich festgesetzten Preis von 3 s P f. ab Lieferungsstation überschritten, um sich gegenseitig Konkurrenz zu machen. Um dein eingerissenen wilden Milchhandel ein Ende zu bereiten, habe die Milchkonimission den Beschluß gefaßt, vom s. August sämtliche M ilch zu übernehmen, - - so daß also von da ab alle in die Stadt kommende Milch vo M ilcham t erfaßt werde. I n der Preisfrage wolle die Stadt er gegenkommen und die M ilch den Händlern von da ab zu 32 ^ liefern, so daß sie eine Spannung von H ps. für den Liter hätte Herr Hassinger trat dem entgegen und betonte, daß der Händl ohne eine Spannung von 5 P f. nicht arbeiten könne. Die Ursaci an dem ganzen Mißstand sei der Badische landwirtschaftliä Genossenschaftsverband, der für die ländlichen Lieferer eiuen Sc von 3 P f. statt 2 P f. festgesetzt hätte. Gr sei auch schuld darcr daß der Stallpreis uni 2 P f. zu hoch sei. Direktor Zö llin betont daß die Milchhändler durch den Bezug von der Stadt doch am manchen Vorteil hätten. Sie brauchten keine Reisen zu machei kein Manko, kein Risiko für das Sauerwerden der M ilch usw. z tragen. N ur wenn alle M ilch frei Bahnrampe auf 3 f Pf. z stehen komme, könne eine Spannung von 5 Pf. zugestanden werder Weiter wurde in der Aussprache noch gewünscht, man möge da Zutragen in die Wohnung abschaffen. Die M ilch sollte wie i anderen Städten nur vors Haus gefahren werden. Vom s. August an trat die genannte Ä n d e r u n g in Arafl Sämtliche in der Stadt zur Verteilung kommende M ilch wurd durch das städtische M ilchamt erfaßt, während bisher ein kleine Teil immer noch von einzelnen Milchhäudlern unmittelbar voi den Erzeugern bezogen und an die Verbraucher abgeliefert wurde Vom s. August an kam somit nur solche M ilch in den Handel die vor ihrer Abgabe an die Verbraucher durch die maschineller Anlagen des städtischen Milchamts gereinigt und keimfrei gemach worden war. I n der Veröffentlichung des Nachrichtenamts wurd« noch bemerkt, daß in den letzten Wochen in der Milchlieferuno wieder ein erheblicher Rückgang eingetreten sei. Während noch in der ersten Iuliwoche täglich über 38 000 Liter eiugeliefert worden wären, wiesen die letzten Tage nur eine tägliche Lieferung von 32 000 bis 33 000 Liter auf. Dieser Rückgang sei um so bedauer­ licher, als die Futterverhältiiisse zur Zeit gewiß nicht als schlecht bezeichnet werden könnten, obgleich auf der anderen Seite die starke Inanspruchnahme der Milchkühe zu landwirtschaftlichen Arbeiten auch erheblich ins Gewicht fallen dürfte. Am 25. August mußte wegen k n a p p e r Z u f u h r an — f^5 M i l c h aus den Lieferungsbezirken die Vollmilchausgabe bis auf weiteres um fO bis s5 °/o verkürzt werden. I n den Mager­ milchverkaufsstellen kam Magermilch und Buttermilch nur in be­ schränkter Menge an die Inhaber von Magermilchkarten zur Ausgabe. Die Verkaufsstellen wurden bis auf weiteres nur jeden zweiten Tag geöffnet. Am September trat eine weitere Einschränkung ein. Die Bestimmung der Milchordnimg, nach der Verbraucher der Reihe L, die auf die entsprechende Fettmenge verzichten, auf ihren Antrag bis zu h« Liter Vollmilch täglich erhalten konnten, wurde gestrichen. Danach konnten Personen über sH und unter 70 Jahren, soweit sie nicht auf Grund ärztlichen Zeugnisses Anspruch auf Vollmilch hatten, keine Vollmilch mehr erhalten. Den bisherigen Beziehern der Reihe L wurden die Fettkarten wieder zugestellt. Sic wurden ferner in die Rundenliste der Magermilchbezieher für höchstens 1/4 Liter auf den Ropf eingetragen. I m September wandte sich der Stadtrat m it einer E i n g a b e an das Ministerium des Innern, in der eine Reihe praktischer Vorschläge für die g r ü n d l i c h e N e u r e g e l u n g der M ilchver­ sorgung gemacht wurde. Da in den meisten anderen größeren Städten dieselben Mißstände in der Milchversorgung wie hier herrschten, konnte der Stadtrat unter Zustimmung der anderen Stadtverwaltungen auch im Namen dieser die Eingabe dem Ministerium unterbreiten. Die Städte richteten an das Ministerium die eindringlichste Bitte, unnachsichtlich m it allen zu Gebote stehenden Macht- und Zwangsmitteln vorzugehen. Da die Verordnung im allgemeinen eine brauchbare Grundlage bilde, uni die Bedarfsstädte so gut, wie dies nach Lage der Verhältnisse möglich sei, m it M ilch und Butter zu versorgen, vorausgesetzt, daß sie nach allen Richtungen kraftvoll und zielbewußt durchgeführt werde, würden einige nach den bisherigen Erfahrungen notwendige Änderungen der Verordnung vorgeschlagen. I n erster Linie wurde verlangt, daß die Verpflichtung zur Milchlieferung der Stadt gegenüber den Genieinden als öffentlich-rechtliche Pflicht auferlegt werde. Weiter waren die Städte der Meinung, daß der Umfang der einer jeden Gemeinde aufzuerlegenden pflichtmenge nicht nach einem einheit­ lichen, gleichmäßig für das ganze Land geltenden Maßstab, sondern nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit für jede einzelne Gemeinde - (§6 besonders festgesetzt werden sollte. Die weiteren Vorschläge befaßten sich m it der Verantwortlichkeit für das Aufbringen der pflicht­ menge in der Lieferungsgemeinde, mit der Ablieferung der M ilch an Lammeistellen, die Festsetzung von Prämien an Auhhalter, die über die pflichtmenge hinaus M ilch abliefern, und über die Fest­ setzung der Erzeuger- und Verkaufspreise. Dabei wurde besonders darauf hingewiesen, daß für Genieinden, die nicht in der Nähe einer Bahnstation lägen, ein entsprechend etwas niedrigerer Sam- melstellenpreis festgesetzt werde. Die Festsetzung der Verkaufspreise der M ilch bei Abgabe an die Verbraucher in den Städten müßte den Städten überlassen werden. Am 26. September erließ das Bürgermeisteramt folgende Bekanntmachung: „D ie städt i sche G u t s v e r w a l t u n g R ü p ­ p u r r stellt m it Beginn des (. Oktobers d. I . den direkten Ver­ trieb einer besonderen „R u r- und Rundenmilch" ein. Statt dessen wird vom s. Oktober an die Ausgabe der städtischen Gutsmilch von dem Städtischen M ilcham t übernommen. Sie kommt als „Vorzugsmilch", in ganzen oder halben Literflaschen abgefüllt, zum Preise von 60 Pf. für das Liter und 30 Pf. für das halbe Liter zur Ausgabe. Durch saubere Gewinnung und sachgemäße Behandlung eignet sich diese Flaschenmilch ganz besonders als Frischmilch für kleine Rinder und Rranke." Diese M ilch wurde nur an Vollmilchversorgungsberechtigte gegen Vollmilchkarten aus­ gegeben. Am 3. Dezember wurde vom Ministerium der Wortlaut der Verordnung über Versorgung m it M i lc h u n d S p e i s e f e t t e n in abgeänderter Form bekannt gegeben. Die Verordnung umfaßte in 6 Abschnitten 3H Paragraphen. Die wesentlichen Bestimmungen sind folgende: „Die Aufbringung von Milch »nd Bntter (Butterschmalz) für die ver« sorguugsberechtigte Bevölkerung des Großherzogtums erfolgt nach dem von der Landesfettstelle aufgestellten und vom Ministerium des Iu n e ru genehmigten Umlegungsplan. Der Überschuß der Überschußverbände wird zur Deckung des Fehlbedarss der Bedarfsverbände verwendet" (Z Z). „Die Kommunalvcrbände sind verpflichtet, die ihnen 'fü r die Versorgung der vcrsorgungsberechtigten des eigenen Bezirks sowie für die Versorgung der etwa zugcwiesenen Bedarfs- verbände mit Milch »nd Butter anfgegebenen Mengen aus den kuhhaltenden — ^ 7 — Betrieben ihres Bezirks aufzubriugen". Bei den Feststellungen der einzelnen Mengen „ist das Ergebnis der jüngsten Viehbestandsaufnahme zugrunde zu legen". „Die Kommunalverbäude und die Bezirksämter haben die Ablieferung nachdrücklich zu überwachen". „Erfü llt ein Kommunalverband die ihm obliegende Liefernngspflicht nicht, so kann ihn das Ministerium des In n ern entsprechend der Minderlieferung bei der Zuweisung von verteilungswaren kürzen. Der Kommunalverband hat die Kürzung auf die säumigen Gemeinden zu ver­ teilen" (K q). „Die Gemeinden legen die von ihnen aufzubringenden Mengen auf die kuhhaltenden Betriebe um" (8 s). „Die Knhhalter sind verpflichtet, die ihnen aufgegebene Lieferung in frischer Vollmilch von guter Beschaffenheit auszuführen" (K s). „Der Kommunalverband wird die ihm gelieferte Voll­ milch zum Teil als solche seiner Bevölkerung zuführen, zum Teil zur Herstellung von Butter, Buttermilch, Magermilch und V uark verwenden" (8 y). „Für Milch, Butter, Rahm, Butterschmalz, Buttermilch oder Tuark, welche in guter Beschaffenheit geliefert werden, hat der Empfänger den festgesetzten Höchstpreis zu bezahlen" (Z zH . „Für die Vorzugsvollmilch können die Kommunalverbände einen höheren Preis als den für die Vollmilch festgesetzten Höchstpreis genehmigen. Als Vorzugsvollmilch ist nur Vollmilch mit mindestens 3,2 v. H. Fettgehalt anzusehen" (tz Z2) . „Die Abgabe von Vollmilch und Erzeugnissen aus Vollmilch an die Verbraucher und der Bezug von Vollmilch und Erzeugnissen aus Vollmilch durch diese darf im Großherzogtum nur gegen Vollmilchkarte erfolgen. Dies gilt auch für die Vorzugsmilch" (8 Z6). „Von den zum Empfang von Vollmilch Berechtigten sollen täglich erhalten: a. Kinder im ersten und zweiten Lebensjahre, soweit sie nicht gestillt werden, t Liter, b. stillende Frauen für jeden Säugling t Liter, c. Kinder im dritten und vierten Lebensjahr /̂4 Liter, cl. schwangere Frauen in den letzten drei Monaten vor der Entbindung °/« Liter, e. Kinder im fünften und sechsten Lebensjahr V? Liter, k. Kranke durchschnittlich z Liter. Der Kommunalverband kann abweichende Bestimmungen treffen hinsichtlich der Verteilung der Vollmilch" (8 ts). „Die Abgabe und der Bezug von Magermilch, Buttermilch und gZuark darf in den Städten mit mindestens mooo Einwohnern nur gegen M ager­ milchkarte erfolgen". „Die ländlichen Kommunalvcrbände können Magermilch­ karten einführen" (8 20). „Die Abgabe von Speisefett im Großherzogtum an die Verbraucher und der Bezug von Speisefett durch diese ist nur gegen Fettkarte zulässig". „Die Menge, welche auf die Fettkarte höchstens abgegeben werden darf, wird bis auf weiteres auf 75 pr in der Woche festgesetzt" (8 2-H. Am f H. Februar ordnete der5tadtrat zwecks F e t t g e w i n n u n g aus Knochen an, daß Knochen, die in Haushaltungen oder Wirtschaften abfallen, nicht vernichtet werden dürfen, sondern an den Metzger, von dem das Fleisch bezogen wurde, zurückzuliefern sind. Die Metzger hatten für jedes Kilogramm zurückgelieferter Knochen 8 Pf. zu zahlen, die gesammelten Knochen im Lchlachthof tv * - sH8 - äbzüliefern, wo sie zur Fettgewinnnng verarbeitet wurde». Selbst­ verständlich diente dieses Fett nicht zur menschlichen Nahrung. Am 5. M a i machte das Nahrungsmittelamt bekannt, daß von nun an in jeder Woche zwei V e r t e i l u n g e n v o n F e t t vorgenommen würden, um für die wärmere Jahreszeit eine raschere Verteilung zu ermöglichen. Der Kundenzwang blieb aufrecht erhalte». Jede Fettverkaufsstelle erhielt eine bestimmte Nummer. Aus der Bekanntmachung, bei der jeweils die Nummer der mit Fett ver­ sehenen Stelle angegeben wurde, konnte jede Haushaltung ersehen, ob in der betreffenden Woche in ihrer Verteilungsstelle Fett aus­ gegeben wurde. Vom 20. Ju n i ab konnten nur sOO G r a m m F e t t auf den Kopf fü r zwei Wochen gegeben werden, während die Kopf- menge für zwei Wochen bis dahin l50 Gramm betragen hatte. A m 30. November setzte das Ministerium folgende H öchst­ p r e i s e f ü r B u t t e r u n d B u t t e r s c h m a l z fest: l- Für s Pfund Süßrahmbutter beim Verkauf durch den Hersteller frei seiner nächsten Station einschließlich Verpackung 2 M k. HO Pf. und beim Weiterverkauf im Kleinhandel 2 M k. 70 Pf. 2. Für s Pfund sonstiger Butter guter Beschaffenheit beim Verkauf durch den Hersteller 2 M k. s5 P f. und beim Weiterverkauf durch den Kleinhandel 2 A lk. 60 P f. 3. Für s Pfund weniger guter, aber zum menschlichen Genuß noch geeigneter Butter beim Verkauf durch den Hersteller s M k. 80 Pf. und beim Weiterverkauf durch den Kleinhandel 2 M k. W Pf. H. Für Butterschmalz guter Beschaffenheit beim Verkauf durch den Hersteller 2 M k. 50 Pf. und beim Weiterverkauf im Kleinhandel 2 Mk. 80 P f. 5. Für außerbadische Butter jeder A rt dürfen die Kommunalverbände einen einheitlichen Kleinhandelspreis bis zu 2 M k. 80 P f. für s Pfund festsetzen. E rfo lg t der Verkauf der unter Ziffer l bis 5 aufgeführten Waren unausgepfundet, so vermindern sich die Höchst­ preise um 3 Pf. für das Pfund. Am 3 s. Januar erließ das Ministerium auf Grund der Verordnung des Reichskanzlers Anordnungen über die V e r s o r ­ g u n g der B e v ö l k e r u n g m i t E i e r n . Die Anordnungen enthielten Bestimmungen über das Umlegungsverfahren, über die Abgabe von Eiern an die Verbraucher und besondere Bestimmungen für Bruteier. Danach wurden die Rommunalverbände verpflichtet, die ihnen aufgegebenen Mengen an Eiern aus den hühnerhaltenden Betrieben ihres Bezirks aufzubringe». Der hühnerhalter hatte von der ihm aufgegebenen Zahresmenge in der Regel spätestens abzuliefern: 5 v. H. im Januar, 7 v. H. im Februar, f3 v. H. im März, 20 v. H. im A p ril, f6 v. H. im M a i, f3 v. H. im Jun i, fO v. H. im J u li, 7 v. H. im August, 5 v. H. im September und 2 v. Ich im Dezember. Die Abgabe von Eiern an die Ver­ braucher und der Bezug von Eiern durch diese erfolgte im Groß­ herzogtum nur gegen Eierkarte. Mer sich m it der gewerbsmäßigen Abgabe von Eiern zu Brutzwecken befaßte, bedurfte hierzu einer besonderen Erlaubnis des Rommunalverbandes. Am f f . A pril machte das Nahrungsmittelamt bekannt, daß eine Änderung in der V e r t e i l u n g der E i e r eintrete. Nach den seitherigen Bestimmungen fand nämlich bei jeder Verteilung von Eiern der Verkauf gleichzeitig in allen Verteilungsstellen statt. Mangels Vorrat konnte meist nur auf 3 oder 2 Marken ein E i abgegeben werden, so daß einzelne Personen, aber auch Haus­ haltungen m it nur 2 Personen meist nicht in der Lage waren, ein E i zu erhalten. Nunmehr erhielt jede der 266 Eierverteilungs­ stellen eine bestimmte Nummer. Jede Haushaltung konnte wie beim Fett aus der Bekanntmachung entnehmen, ob ihre Stelle in der betreffenden Moche mit Eiern versehen sei. A u f jede auf­ gerufene Eiermarke derjenigen Versorgungsberechtigten, die bei der betreffenden Verteilung an der Reihe waren, wurde ein E i abge­ geben. Eine weitere Bekanntmachung des Nahrungsmittelamts vom f f . A p ril bezog sich auf die A b l i e f e r u n g v o n E i e r n seitens der hühnerhalter in der Stadt Karlsruhe. Die Ablieferung sei bisher sehr gering gewesen. Es wurde aus die oben erwähnte Verordnung des Ministeriums vom 3 f. Januar hingewiesen und besonders bemerkt: „M e r die ihm obliegende Zah l von Eiern trotz Verwarnung nicht abliefert, kann hierzu zwangsweise ange­ halten und bestraft werden. Außerdem kann er bei der Zuteilung von Lebensmitteln gekürzt werden". Die hühnerhalter hatten die Eier in einer Sammelstelle abzuliefern. Zm ganzen waren in der Altstadt und den Vororten 7 Sammelstellen errichtet. — s50 — Die K o p f m e n g e an Schl acht v i ehf l e i sch und W urs t betrug von Anfang Januar bis auf weiteres 250 ^r. A m 2H. Januar bestimmte das M inisterium: „Die Höchst­ p r e i s e f ü r K a l b f l e i s c h bei der Abgabe an den Verbraucher dürfen für ein Pfund nicht überschreiten: u. für alle Stücke mit Knochenbeigabe, die einschließlich der eingewachscnen Knochenteile nicht mehr als 25 v. H. des Fleischgewichts betragen, s Mk. 80 P f., b. für Schnitzel ohne Knochenbeigabe 2 Alk. 50 P f." Nach der Anordnung vom sH. M ärz betrugen diese Höchstpreise s M k. 60 P f. bezw. 2 A lk. 30 Pf. Am 22. Februar wurde angeordnet: „Der P r e i s f ü r F l e i s c h v o n Z i e g e n l ä m m e r n (Kitzlein, Zicklein, Geißlein) darf bei der Abgabe an den Verbraucher höchstens s Alk. 80 Pf. für ein Pfund betragen. Am s s. A p r il ordnete der Stadtrat an: „ H a u s s c h l a c h ­ t u n g e n v o n Schwe i nen dürfen nur noch gewerbliche Betriebe, die für Kriegszwecke arbeiten, vornehmen". „Die Ausfuhr von Schlachtschweinen aus dem Bezirk der Stadt Karlsruhe ist ver­ boten." „D ie Schweinehalter sind verpflichtet, ihre Schweine den vom Kommunalverband Karlsruhe-Stadt bestellten Gbcr- und Unterkäufern zu den: festgesetzten Höchstpreise abzugeben." „Fa lls ein Schweinehalter die freiwillige Abgabe der angeforderten Schweine ablehnt, w ird sofort das Enteignungsverfahren eingeleitet werden." Vom s6. A p ril ab wurde nach Anordnung des Präsidenten des Kriegsernährungsamtes jede Woche eine S o n d e r z u l a g e i n F l e i sch an die Bevölkerung als Ersatz für die ausfallende Brotmenge verteilt und zwar an Erwachsene 250 Zr, an Kinder bis zu 6 Jahren s25 gr. Von Seiten des Reiches und der Landesregierung wurde für jedes halbe Pfund Fleisch ein Kosten­ zuschuß von 70 P f. beigesteuert. Dieser Kostenzuschuß sollte hauptsächlich nur den Minderbemittelten zufließen. Weil es aber bei den herrschenden Zeitverhältnissen fast unmöglich war, gerechte Richtlinien festzustellen, ließ man hier wie in anderen Städten die Zuschußfleischkarten allen Bezugsberechtigten zugute kommen. A lan nahm an, daß die Besserbemittelten freiwillig auf den Kosten­ zuschuß verzichten würden. Diese konnten die Zuschußkarten gegen gewöhnliche Reichsfleischkarten Umtauschen. Nach wenigeil Tagen (5( - waren denn auch bereits (200 Znschußkarten zuin Austausch vorgelegt oder angeineldet. A in (3. August traten folgende Höchstprei se f ü r Fl ei sch und M u r st in R ra ft: Rindfleisch (Fleisch von Gchsen, Rindern, jungen Rühen, jungen Farren) m it Rnochenbeigabe l Rlk. 60 Pf., Stücke ohne Rnochenbeigabe 2 Rlk., Luininel ohne Rnochen 2 Rlk. HO Pf. Ralbfleisch m it Anochen ( Rlk. 60 Pf., Schnitzel ohne Anochen 2 Rlk. 30 Pf., Hammelfleisch m it Rnochen 2 Rlk., Schweinefleisch mit Ansehen ( l l lk . Zo Pf., ohne Anochen ( Rlk. 80 Pf., ge­ salzenes Fleisch ( RR. 70 Pf., geräuchertes ( Rlk. ZO P f., frisches Schweinefett ( Rlk. 80 Pf., ausgelassenes 2 Rlk. 20 Pf., frischer Speck ( Rlk. 80 Pf., gesalzener Speck 2 Rlk., geräucherter 2 Rlk. 20 Pf., Schinken, roh, im ganzen 2 Rlk. 20 Pf., roh, im A u f­ schnitt 2 Rlk. 80 Pf., gekocht, im Aufschnitt 5 M k., Leberwurst, frisch ( Rlk. 30 Pf., geräuchert ( Rlk. 70 Pf. Blutwurst ( Rlk. Schwartenmagen (roter und weißer) ( Rlk. HO Pf., derselbe ge­ räuchert ( Rlk. 60 P f. Fleischwurst ( Rlk. 60 P f. Frische Bratwurst ( Rlk. 70 Pf. Landjäger 2 Rlk. Leber von: Rind ( Rlk. 60 Pf., Leber vom Aalb 2 Rlk. Zunge, frisch 2 Rlk. 60 Pf., geräuchert 5 Rlk. 50 P f. Nieren ( M k. 80 P f. Aalbs- gekrös ( Rlk. Hirn, vom Rind, das Stück ( M k. 60 P f., vom Aalb ( Rlk. 50 Pf. Nach einer Verordnung des Ministeriums von Anfang August durften nur noch folgende W u r s t w a r e n im Großherzogtum hergestellt werden: Leberwurst, Blutwurst, Schwartenmagen, Fleisch­ wurst, frische Bratwurst, Landjäger. Von Ende August betrug die A o p f m e n g e an F l e i s c h und W u r s t in der Woche 200 Zr, und zwar (50 §r Fleisch und 50 gr Wurst, für Rinder jeweils die Hälfte. Am 23. M a i machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß zur G r a s n u t z u n g f ü r A a n i n ch e n h a l t e r die Fläche süd­ östlich der ehemaligen Militärschwimmschule bis zur Siemens- Straße den Sommer über offen stehe. Dabei wurde erwartet, daß nur solche minderbemittelte Familien von dieser Vergünstigung Gebrauch machen würden, die nicht in der Lage seien, den Futter- bedars für ihre Tiere eigenen: oder gepachtetem Gelände zu ent­ nehmen. Am S. J u li erließ der Reichskanzler folgende Verordnung: L e b e n d e G ä n s e dürfen nur nach Stückzahl verkauft werden. Beim verkauf solcher durch den Züchter oder Master dürfen folgende Preise für das Stück nicht überschritten werden im J u li (6 M k., in, August f7 M k., nach dem 3 f. August ff l M k. Die Preise gelten ab Stall. Beim Weiterverkauf darf insgesamt ein Zuschlag von 2 M k. einschließlich der Beförderungskosten nicht überschritten werden. Höchstpreise von geschlachteten Gänsen : Beim Verkaufe durch den Züchter oder Mäster an Händler frei Versand­ station 3 M k. 50 Pf. für Hs KZ, beim Verkaufe durch den Händler 3 M k. 75 P f. für h» KZ, beim verkaufe durch den Händler an den Verbraucher in Gemeinden bis zu fOOOO E in ­ wohnern H M k. für h» KZ, bei größeren Genieinden H Akk. 25 P f. für h, KZ. Durch Verordnung des Bezirksamtes wurde am 30. J u li mit Zustimmung des Stadtrats in der S ch l a ch t h o f o r d n u n g für Karlsruhe der Schlußsatz in H 9 Abs. 3 der ortspolizeilichen Vorschrift, dahin lautend: „D as B lu t von Pferden darf nicht auf­ gefangen werden", gestrichen.' Aus der Verordnung des Ministeriums vom 29 . Gktober über den V e r k e h r m i t w i l d wird hier angeführt: die Jagd- berechtigten sind verpflichtet, von dein in ihrem Jagdbezirk erlegten Rot-, Dam-, Schwarz- und Rehwild, sowie auf Entenfängen in der Zeit vom s. November bis f. M ärz erlegten Wildenten drei vierteile des Iagdergebnisfes und von den ersten 20 erlegten Hasen die Hälfte, von den darüber hinaus erlegten Hasen drei Vierteile des Iagdergebnisfes an die zuständigen Abnahmestellen abzuliefern. Die Anrechnung auf die Fleischkarte erfolgt in der Weise, daß 50 Zr Wildbret 25 Zr Schlachtviehfleisch m it eingewachsenen Knochen gleichstehen. I n der Verfügung über Wildaufbruch und Wildköpfe ist der Iagdberechtigte in keiner Weise beschränkt. Für den zerlegten Hasen setzte das Ministerium folgende Kleinverkaufs- preise fest: für einen Ziemer (Stück) 2 M k. HO Pf., für einen Schlegel (Stück) f M k. HO Pf., für das sich bei einem Hasen ergebende Kochfleisch (Ragout, Pfeffer) s M k. sO Pf. Für W ild­ enten betrug der Großhandelspreis 3 M k. 50 Pf., der Kleinver­ kaufspreis H M k. 25 Pf. das Stück. — s53 — Am ch Februar empfahl der Stadtrat wegen Festsetzung des Höchstverbrauchs der täglichen Kopfmenge an Kartoffeln auf h, Pfund der Bevölkerung dringend, sich m it K o h l r a b e n ein­ zudecken. Die Abgabe der Kohlraben durch das Städtische Nah­ rungsmittelamt erfolgte in Mengen von sOO, fSO und 200 Pfund vor dem Gebäude des alten Bahnhofs um den Preis von H M k. 25 Pf. für den Zentner, der pfundweise Verkauf an den M ark t­ tagen in den städtischen Verkaufsbuden auf dem M arkt um 5 Pf. für das Pfund. Nach Räumung des Lagers am alten Bahnhof in Kohlraben am 8. Februar erfolgte der Großverkauf in der Brauerei Höpsner, Ecke der Kaiser- und Gngler-Straße. Am 27. Februar hielt Fräulein L u tz , Inspektorin des badischen Haushaltungsunterrichts, einen Vortrag über K o h l ­ r ü b e n , in dem sie den Anbau und die Verwertung der K oh l­ rüben schilderte. I m Anschluß an den Vortrag fand eine Aus­ stellung von Gerichten statt, zubereitet von Vorstandsmitgliedern des Hausfrauenbundes, und dabei der Verkauf der Kochanweisung, sowie die Verabreichung von Kostproben. Anfang M ärz erließ die Landwirtschaftskammer an die Landwirte und Gärtner einen A u fru f zu v e r m e h r t e m G e ­ mü s e b a u . Gs war darin u. a. gesagt: „Der dritte Kriegs­ winter hat gezeigt, daß die bisherige Gemüseerzeugung in allen deutschen Staaten unzulänglich w ar" . . . . „ I n allen Gemein­ den unseres Landes, die sich für Gemüsebau eignen, auch da, wo bisher kein Handelsgemüsebau betrieben wurde, müssen sich die Landwirte dem Feldgemüsebau zuwenden. Das ist ein dringendes Gebot der Zeit, das ist eine Pflicht" . . . . „B e i den heutigen hohen Preisen für alle Gemüsearten ist deren Anbau sehr lohnend" . . . . „Blumenzucht können w ir entbehren. Jede Gärtnerei, sei sie groß oder klein, muß sich jetzt m it der A u f­ bringung menschlicher Nahrungsmittel beschäftigen". Weiter ist in dem A u fru f ausführlich von dem Anbau der verschiedenen Gemüsesoiüe» die Rede. Am 5. M ärz hat der Präsident des Kriegsernährungsamtes die im Besitze des Groß- und Kleinhandels befindlichen G e m ü s e ­ k o n s e r v e n den Kommunalverbänden zum Absatz sreigegeben. Das Ministerium hat am s7. angeordnet, daß vorher eine A u f - - s 3§ — » a h m e de r Be s t ä n d e stattzufinden habe. Hier waren die Bestände bis spätestens den 28. M ärz anznmeldcn. Nach Eingang der Anmeldung wurde die Verteilung vorgenommen. Z u r F ö r d e r u n g des G e m ü s e b a u e s veranstaltete der Hausfrauenbund Ende M ärz G a r t e n b a u k u r se, die unter Leitung eines städtischen Gärtners im städtischen Gemüsegarten in der lViesen-Straße stattsanden. Am 2H. A p r il hielt Direktor M ü l l e r von der badischen Landwirtschaftskammer einen Vortrag über V e r w e n d u n g der R u n k e l r ü b e zur menschlichen Nahrung. Nach dem Vortrag Verabreichung von Kostproben m it Erläuterungen durch die Haus­ haltungslehrerin Fräulein Rothmund. Am sO. M a i genehmigte der Stadtrat zur Erweiterung der städtischen D ö r r a n l a g e für Gemüse die erforderlichen M itte l im Betrage von 2s 300 Alk. Am 28. Ju n i verbot die Reichsstelle für Gemüse und Obst die gewerbsmäßige V e r a r b e i t u n g r e i f e r E r b s e n zu Ge­ müsekonserven, sowie die gewerbsmäßige Herstellung von Gemüse­ konserven m it Fettzusatz. Am s3. J u li wurde die gewerbsmäßige Konservierung von Meerrettich, Sauerkraut und Steckrüben in luft­ dicht verschlossenen Behältnissen verboten. An dem K a r l s r u h e r P i l z k u r s , der am 23. und 2H. J u li von Geh. Hofrat Klein in zweimal 6 bis 7 Stunden abgehalten wurde, nahmen 90 Lehrer und s5 Lehrerinnen teil. Vorher war an acht Abenden derselbe Stoff mit Karlsruher Lehrern und Lehrerinnen durchgenommen worden. Für G e m ü s e wurden Ende September hier Höchst - und R i c h t p r e i s e festgesetzt. Soweit sie Höchstpreise waren, werden sie angeführt: Spinat 2H ps. das Pfund, kleine, runde Karotten ohne K raut sy Pf. das Pfund, inländische Zwiebeln 25 P f. das Pfund. Für die Zeit vom 29 . Oktober bis November bestanden Höchst­ preise für Mirsing f3 Pf. das Pfund, für längliche Karotten s3 Pf., für runde ss) Os-, für rote Speisemöhren s3 Pf., für gelbe 9 Pf- Vom 27. September bis s. Oktober fand hier eine P i l z - A u s s t e l l u n g statt, veranstaltet von Lehrer Ju lius Hauck aus Eberbach. Am 30. wurde vormittags eine P i lz w a n de ru u g — (55 - vorgenommen. Ausgestellt waren sämtliche zurzeit hier wachsenden Pilze, lebend, in Modellen, Abbildungen, konserviert, sowie ein­ schlägige Literatur. Am 25. Oktober wurden über s t ädt i sche L i g e n zucht v o n G e m ü s e u n d F u t t e r m i t t e l n folgende Angaben ver­ öffentlicht. Das Gartenamt hatte bis dahin rund (000 Alein- gärten begeben, deren Ertrag an Gemüse, Aartoffeln u. dergl. mit wenigstens HO 000 M k. veranschlagt wurde. Dabei sind die schon früher vorhandenen Schrebergärten nicht eingerechnet. Die Gärtnerei im Stadtgarten, ein Teil des Stadtgartens selbst, der Anzuchtgarten an der (Viesen-Straße, größere Flächen am A lb - ufer, im Gebiet der (veihcräcker, an der Mathy-Straße und der Haydn-Platz wurden zu landwirtschaftlichen Zwecken ausgenützt, große Mengen Gemüsesetzlinge, 250 000 gegen Bezahlung und 25 000 Stück unentgeltlich, an Ariegerfrauen abgegeben. A u f den genannten Flächen von zusammen 50 000 gm Größe wurden für 20 000 M k. Gemüse und Futtermittel gezogen. Das Gemüse wurde dem Nahrungsmittelamt und zum Teil an das Ainderheim abgeliefert; es befanden sich darunter allein H55 Zentner Weiß­ kraut, 65 Zentner Aohlraben und 2H Zentner Bohnen. Das Spätgemüse wurde zur (Vinterlieferung in Glashäusern und Mieten eingeschlagen. Die städtische Gutsverwaltung hat Gemüsebau in der Hauptsache feldmäßig betrieben, außerdem Setzlinge in großer Menge herangezogen. Von diesen wurden HOOOOO Stück verkauft und 500 000 zum eigenen Anbau verwertet. Entsprechend den großen zur Verfügung stehenden Flächen war auch der E r tra g ; so wurden z. B. 50 Zentner Tomaten, 70 Zentner grüne Erbsen, ßO Zentner Bohnen und 5( Zentner Aohlraben auf den M arkt gebracht. Zum Verkaufe standen am 25. Oktober noch bereit: 60 Zentner trockene Erbsen und der E rtrag an Spinat von (HH ur Fläche und große Mengen Feldsalat. Zum Einernten dieser Mengen waren seitens des Rektorats Schulkinder zur Verfügung gestellt worden. Das Tiefbauamt hat beim Abwässerklärwerk in Neureut (0 000 cpn Fläche landwirtschaftlich ausgenützt. Doch waren daselbst, um das Gelände für den Gartenbau nutzbar zu machen, erhebliche Vorarbeiten erforderlich. Der Boden beim Maschinenhaus mußte durchschnittlich 60 cm hoch m it einer s56 — Mischung von Moorerde, Rlärschlamm, Ralkstaub, Straßenkehricht und lehmhaltiger Erde aufgeschüttet und das Wiescngelände durch etwa 60 cm tiefes Rigolen hergerichtet werden. Für die Bewässe­ rung wurden Gräben und Furchen angelegt. A u f dem mühsam vorbereiteten Gelände wurde eine verhältnismäßig reiche Ernte erzielt. An das Nahrungsmittelamt, das Rrankenhaus oder Gartenamt konnten im Verlaufe des Berichtsjahres abgeliefert werden: 3 Zentner Rhabarber, 200 Büschel Rettiche, 3700 Stück größere Rettiche, 20 l<§ Rosenkohl, 5 Zentner Spinat, 5H00 Stück Aopfsalat, 5H00 Stück Endiviensalat, 6 Zentner Apfelkohlraben, 7 Zentner Rotrüben, s Zentner Erbsen, 53 Zentner Gelbrüben, s Zentner Blumenkohl, 7000 Stück Gurken, 52 Zentner Weiß­ kraut, 5̂ s Zentner Wirsing, 23 Zentner Rotkraut, s7 Zentner Tomaten, Zentner Aürbis, H Zentner Sellerie, 7ß Zentner Bodenkohlraben, 7 Zentner Winterkohl, 270 Stück Lauch, s5 Zentner Weißrüben, l Zentner Brockelbohnen, 8 Zentner Welschkorn, s6 Pfirsiche, p/z Zentner Äpfel, 30 lr^ Birnen, 3,5 I<§ Trauben und s Zentner Quitten! Die Einnahmen betrugen insgesamt 63s5 M k., denen Ausgaben von rund H2ß5 M k. gegenüber­ standen, so daß die Reineinnahmen sich auf rund 2000 M k. beliefen. Die Anbaufläche soll für das nächste Jah r von sOOOO ^m auf l̂ s OOO erweitert werden. A m 3 s. Oktober wurde W e i ß k r a u t , soweit der Vorrat reichte, aus den Märkten der Altstadt und M ühlburg und zwar an jede Haushaltung 50 Pfund verabfolgt. Das Pfund kostete sO P f. Bei der Verteilung traten schwere Mißstände hervor. Die Tageszeitungen brachten mannigfache Ulagen. Unter anderm las man, daß ein Massensturm aus die Verkaufsläden stattgefunden habe. A u f 2 Uhr sei der Verkauf angesetzt gewesen, um s s Uhr vormittags habe die Belagerung der Verkaufsstellen begonnen. Um 2 Uhr seien es Tausende gewesen, die m it Rörben, Säcken und Wagen auf das Uraut gewartet hätten. A u f dem Werder­ platz allein seien es s200 bis s500 Personen gewesen, ähnlich auf den übrigen Marktplätzen. Bei diesein Andrang habe nur ein geringer Teil der Rauflustigen befriedigt werden können. Der Stadtrat befaßte sich in der Sitzung von: 2. November mit der Angelegenheit. Das Nahrungsmittelamt hatte dem Stadtrat berichtet, — ^57 — Saß bei einein allgemeinen verkauf durch Vermittlung des Handels ebenfalls Ansammlungen zu befürchten gewesen seien. L ins Z u ­ weisung von Ropfteilen an die etwa 56 000 Haushaltungen sei bei der geringen Wenge des gelieferten Rrautes undurchführbar- gewesen. Der schlechte Ausfa ll der Weißkrauternte in Baden, der Abschluß der Pfalz gegen die Ausfuhr und die gegen das vor« jahr äußerst beschränkte Wenge des gelieferten Filderkrauts hätten diese Wißstände veranlaßt, die noch dadurch verstärkt worden wären, daß die hiesigen Haushaltungen, auf das Filderkraut wartend, dem vorher gelieferten rundköpfigen Rraut wenig Rauflust ent­ gegengebracht hätten. Der Stadtrat sprach über die Unannehm­ lichkeiten, die der Bevölkerung bei der Verteilung erwachsen waren, sein lebhaftes Bedauern aus und beschloß, die weiter vorgeschla­ genen Maßnahmen zunächst durch einen Bonderausschuß prüfen zu lassen. Am s5. November machte das Nahrungsmittelamt bekannt, daß es trotz größter Mühe nicht möglich gewesen wäre, diejenige Wenge Weißkraut aufzukaufen, die zur gleichmäßigen Befriedigung sämtlicher Familien und der zu versorgenden Anstalten notwendig sei. An eine Familie weniger als 50 Pfund zum Zwecke der Schaffung des Wintervorrates abzugeben, erscheine nicht angängig. L s werde deshalb Weißkraut, soweit es zu erhalten gewesen, zu Sauerkraut eingeschnitten und dieses werde später an die Bevölkerung rationiert abgegeben. Damit könne aber der ganze Bedarf für die Bevölkerung nicht gedeckt werden. Das Nahrungsmittelamt habe deshalb als Lrsatz Weißrüben in großer Wenge cingekauft. Die Haushaltungen wurden aufgefordert, die Zahl ihrer Personen und die gewünschte Menge in vollen Zentnern Weißrüben bis zum 2 s. November anzugeben. Der Verkaufs­ preis betrage 2 M k. 80 P f. für den Zentner Weißrüben, bei pfundweiser Abgabe H Pf. für das Pfund. Am sO. W a i bewilligte der Stadtrat zur G b st v e r w e r t n n g auf Antrag des Rriegsspeisungsamts den Betrag von s2 500 Wk., damit die Rüche im städtischen Rrankenhaus und eine der Rriegs- küchen im Schlachthof m it den zur Haltbarmachung des Gbstes erforderlichen Linrichtungen ausgestattet würden. Am s5. Ju n i traten hier für Gb s t f o l g e n d e Höchst ­ p r e i s e in Rraft. Lrdbeeren 75 Pf., Walderdbeeren s Wk. 60 Pf., 158 Zohanuisbeeren HO Pf., Stachelbeeren, reife und unreife, HO Pf., Himbeeren 65 Pf., Kirschen, große, Versandware H5 Pf., Kirschen, kleine, Brennkirschen 30 Pf., Reineclauden H5 Pf., Mirabellen 50 Pf., sämtliche Preise für das Pfund berechnet. Am 2 f. und 22. Ju n i gab das Nahrungsmittelamt Ki r schen an p r i v a t e in Körben von 25 Pfund ab. Der Preis betrug 10 M k. 75 P f., dazu das Korbpfand mit 3 M k. Bei Rückgabe des Korbes in gutem Zustand wurden 2 A lk. 50 Pf. dafür wieder vergütet. Wer Kirschen haben wollte, mußte dieses in der Karten- stelle der Festhalle mündlich beantragen; er erhielt dafür einen Ausweisschein, gegen dessen Vorzeigung die Abgabe der Kirschen (Lager, Kriegs-Straße 5 a) erfolgte. M itte J u li teilte die „Karlsruher Zeitung" mit, daß der u n m i t t e l b a r e V b s t v e r k e h r zwischen Erzeuger und Ver­ braucher „zu einem gewaltigen unerlaubten Handel unter Umgehung aller behördlichen Vorschriften ausgeartet" sei. Das Ministerium hat sich deshalb damit einverstanden erklärt, daß die Geschäftsstelle der Badischen Obstversorgung ihre Aufkäufer ermächtige, die zur Versendung unmittelbar vom Erzeuger au den Verbraucher frei­ gegebenen Gbstmengen auf 10 zu beschränken, sofern die A u f­ käufer sonst die ihnen zur Ablieferung von der Geschäftsstelle auf­ gegebenen Mengen nicht aufbrächten und somit die der Geschäfts­ stelle obliegende Belieferung vereitelt werde oder notleide. Anfang August durften in Städten mit über 20 000 E in ­ wohnern im Kleinhandel die Höchs t p r e i se für das Pfund folgender Obstsorten betragen: Frühzwetschgen und großfrüchtige Pflaumen 3H Pf., Großfrüchtige lveinbergpfirsiche 38 Pf., Klein­ früchtige 2H P f., Edelpfirsiche 60 Pf., Aprikosen 60 Pf., Groß, früchtige Frühbirnen H6 Pf., Kleinfrüchtige 36 Pf., Frühäpfel H2 P f. Von Anfang September galten für Karlsruhe im Klein­ handel für Apfel und Birnen folgende Höchstpreise: Äpfel Gruppe I, Edelobst 60 P f., Gruppe I I unsortiertes, gepflücktes Obst 32 Pf., Gruppe I I I Ausschuß-, Schüttel-, Fa ll- und Mostäpfel 15 Pf. Birnen Gruppe I 55 Pf., Gruppe I I 28 Pf., Gruppe I I I 12 Pf. Zn der letzten Vktoberwoche waren die Höchstpreise für Äpfel und Birnen dieselben m it zwei Ausnahmen: Birnen Gruppe II 2H Pf., Gruppe I I I 9 P f. Ende September betrugen die Höchst­ — 139 preise für 1 Pfund Brombeeren 65 Pf., Preißelbeeren 55 Pf., Quitten 50 Pf. Am 29. August wurde von der Badischen Gbstversorgung in Vollzug der Verordnung des Ministeriums bestimmt: Der V e r s a n d v o n A) i n t c r l a g e r 0 b st (Apfel und Birnen) un­ mittelbar vom Erzeuger an den Verbraucher ist in Mengen bis 25 auf den Aopf des Verbrauchers zulässig. Der Erzeuger, der Gbst jeglicher A rt auf den M arkt zum verkauf bringt, ist beim Versand dahin in der Menge nicht beschränkt. Nach der Bestimmung vom 2. Oktober war der Versand von Mostbirnen der Menge nach nicht inehr beschränkt. Das Nahrungsmittelamt konnte durch Entgegenkommen der Badischen Gbstversorgung etwa zehn Eisenbahnwagen A p f e l (besseres Schüttelobst) abgeben. Der verkauf fand gegen Vorzeigung einer m it Nummer versehenen Anweisung am 20. September und den folgenden Tagen statt. Die Abgabe erfolgte in Mengen von 20 Pfund zum Preise von 15 Pf. das Pfund. Für den Haushalt b is .5 Personen wurde 1 Anweisung abgegeben, für den Haushalt m it 5 Personen 2 Anweisungen und für den Haushalt von 7 oder mehr Personen 3 Anweisungen. Die Nummern wurden in der Tagespresse für die einzelnen Tage aufgerufen, so z. B . für den 20. die Nummer 1 bis 500. Am 3. September wurde die gewerbsmäßige V e r a r b e i t u n g v o n P f l a u m e n (Zwetschgen) zu Pflaumenmus verboten. Gbst durfte gewerbsmäßig nur m it Genehmigung der Ariegsgesellschaft für Gbstkonserven und Alarmeladen zu Dürrobst oder Gbstkraut verarbeitet werden. Am 31. J u li hatte eine Versammlung süddeutscher G b st­ u n d G e m ü s e h ä n d l e r hier stattgefunden. Die Regierung war durch Geh. Regierungsrat Or. Lange vertreten; ferner hatten die Badische Gbstversorgung, die Aommunalverbände Aarlsruhe, Pforzheim und Darmstadt, die Landesversorgungsftelle Stuttgart und die Handelskammer Stuttgart Vertreter entsandt. Der Ver­ bandssyndikus Or. Schade verlas nach Eröffnung der Versamm­ lung eine Depesche des Leiters der Reichsstelle für Gemüse und Gbst, in der die Wichtigkeit der Beibehaltung der Höchstpreise und der Schlußscheine und ein nachdrückliches Entgegentreten der — ^60 — Hamsterfahrten der Verbraucher betont wurde. Die Versammlung trat sodann in eine längere Aussprache über die Höchstpreise und Schlußscheine und über die Regelung des Verkehrs m it Spätgemüse und Spätobst ein. Die vorgetragenen Wünsche wurden in eine Entschließung zusammengefaßt, die im wesentlichen folgendes besagte: Trotz der Zusichernngen der Reichsstelle für Gemüse und Gbst, daß der Handel mit Frühobst und Frühgemüse außer Höchstpreisen und Schlußschciuen keinen wesentlichen Einschränkungen unterliege» soll, sind die einzelnen süd­ deutschen Bundesstaaten dazu übergeganaen, die Ausfuhr von besonderen Genehmigungen und abgestempelten Frachtbriefen abhängig zu machen oder die W are an ihre Landesstellen oder einzelne bevorzugte Firme» zu bringen, die sie mit hohen Preisanfschlägen weiter veräußern können. DaSurch ist der Handel vollständig lahmgelegt. Der Handel erklärt, daß er au vernünftigen Höchstpreisen sowie an Schlußscheinen, wie sie von der Reichsstelle für Gemüse und Vbst geplant waren, grundsätzlich sesthält und sich jederzeit gerne der Überwachung unterwirft, im übrigen aber der Handel bleiben soll. Die ein­ zelnen Landesstellen sollen in ihrer Tätigkeit belassen werden, jedoch nur im freien Wettbewerb mit dem Großhandel und ohne Bevorrechtnng gegenüber dem freien Handel. Insbesondere müßten diese Grundsätze bei der zukünf­ tigen Regelung des Verkehrs mit Spätgemüse und Spätobst beachtet werden. Der Handel lehnt in Übereinstimmung mit den Bestrebungen der Lrzeuger- nnd Industriekreise auch für den Herbstvcrkehr die Ausfuhrverbote und die Bevorzugungen einzelner Grganisationen und Firmen als praktisch undurch­ führbar und allgemeinschädlich ab und fordert, daß von einer Beschlagnahme des Spätgemllses und Spätobstcs in Süddentschland Abstand genommen wird, weil dadurch die schwersten Verkehrsstörungen heraufbeschworen werden. Die Entschließung wurde einstimmig angenommen. Dem Nahrungsmittelamt stellte die Stadtverwaltung die M itte l zur Verfügung, um für eine regelmäßige Versorgung der hiesigen Bevölkerung K a f f e e - E r s a t z Herstellen zu können. Umfangreiche Versuche gingen voraus, da es galt, vorhandene oder voraussichtlich noch zur Verfügung bleibende Rohstoffe zu verwenden. Die Lebensmittelprüfungsstation der Technischen Hochschule sprach sich in einem längeren Gutachten über den hier hergestellten Kaffee-Ersatz günstig aus. Nach diesein Gut­ achten enthielt derselbe 12,3°/» Liweißstoffe, s2,5 »/« Reinzucker, 53,7 o/o sind wasserlösliche Extraktstoffe. I m Oktober wurde die zunächst hergestellte Menge Kaffee-Ersatz an die Bevölke­ rung verteilt und zwar */, Pfund, im November und Dezember 2/1 Pfund auf den Kopf. Das Pfund kostete s M k. HO P f. Die Herstellung des Kaffee-Ersatzes erfolgte nach den Angaben des Nahrungsmittelamtes bei der Aaffee-Großrösterei Ehr. Riempp hier, I n der Woche vorn sy. bis 2̂ s. Jun i wurden außer der regelmäßigen Aopfmenge Z u c k e r von ^ Pfund 2 ^ Pfund Einmachzucker aus den Kopf abgegeben. Line Verordnung des Reichskanzlers vom 26. Ju n i setzte Höchst pr e i se f ü r H o n i g fest. Sie betrugen für inländischen Honig beim verkaufe durch den Erzeuger bei Leim- und preß- honig s M k. 75 Pf., bei anderen Honigarten 2 M k. 75 P f. für Hs l<§, beim verkaufe durch andere Personen 2 Akk. 50 Pf. bezw. 3 M k. 50 P f. verkaufte der Erzeuger in Mengen bis zu 5 unmittelbar an den Verbraucher, so betrug der Preis für die erstgenannte Sorte 2 Alk., für andere Honigarten 3 Akk. für s l<§. Die Landeszentralbehörden konnten niedrigere Preise ansetzen. Der Preis für ausländischen Honig war den: für inländischen gleich. Auch im Berichtsjahre wurden zur G l g e w i n n u n g die Steine von Airschen, Pflaumen u. a. gesammelt. Sammelstellen, bei denen die Steine und Kerne abgeliefert werden konnten, waren das Gartenamt, das Gaswerk I und die Gemeindesekretariate der Vororte. Nach der Bekanntmachung vom Ju n i wurden bei den Sammelstellen bezahlt für Airschen-, Pflaumen-, Zwetschen-, Reineclauden-, Mirabellen- und Aprikoseusteine ,0 P f. für das Ailogramm, für Aürbiskerne ,5 P f. für das Kilogramm und für Apfelsinen- und Zitronenkerne 55 P f. für das Ailogramm. Nach einer späteren Bekanntmachung konnte der Sammler nach Wahl statt der ,0 P f. für Airschen usw. H, für Aürbiskerne statt ,5 Pf. 6 und für die letzte Gruppe statt 35 P f. Anochen- brühwürfel erhalten. Gemäß einer Verordnung des Reichskanzlers mußten nach der Bekanntmachung des Bürgermeisteramts vom s. August die am ,6. August vorhandenen V o r r ä t e an D l f r ü c h t e n bis zum 20. August gemeldet werden. Die Meldung fand in den Vororten bei den Gemeindesekretariaten, in der Altstadt einschließ­ lich Mühlburg beim städtischen statistischen A m t statt. A u f Grund der Bundesratsverordnung bestimmte das M in i­ sterium am ,3. August, daß alle anfallenden Nüsse ( Wal nüsse) von den Baumbesitzern zum Zwecke der Glgewinnung an die von u — s62 der Landesfettstelle bestellten Aufkäufer abzulieferu sind. Den Bauinbesitzern wurden von ihren selbstgeernteteu Hüffen zum Der­ brauch im eigenen Haushalt 5 Pfund auf den Aopf belassen. Der Absatz des gewonnenen (Öls und der (Ölkuchen soll durch die Aominunalverbände zu den von der Landesfettstelle bestimmten Preisen erfolgen. Die Ausfuhr von Nüssen aus dem Groß­ herzogtum wurde verboten, der Versand mit der Bahn, Post oder m it Fuhrwerk nur m it Genehmigung der Landesfettstelle gestattet. Weiter wurde bestimmt, daß die Nüsse nach E in tritt der Reife vom Baumbesitzer zu ernten, von der grünen Schale zu befreien und bis zur Ablieferung an die Aufkäufer pfleglich zu behandeln seien. Aufkäufer für den Aommunalverband Aarlsruhe-Stadt war nach der Bekanntmachung des Bürgermeisteramts vom 4. September die hiesige F irm a K a rl Baumanu (Akademie- Straße 20). Am s5. September wurde zur Regelung der Versorgung der Bevölkerung mit F l u ß f i s c h e n beim Statistischen Landesamt Karlsruhe eine Landesvermittelungsstelle für Flußfischversorgung errichtet. Die Stelle hat nach der Verordnung des Ministeriums den Verkehr m it den Reichsstellen und Ariegsgesellschaften zu regeln, Bedarfsanmeldungen für Flußfische nur von Aommunal- verbänden oder von deren Beauftragten entgegenzunehmen. Am 2. Vktober setzte die Stelle Höchstpreise für Flußfische fest. So betrug z. B . für das Pfund Aarpfen der Fischerpreis s Alk. 40 Pf., der Großhandelspreis l A lk. 65 Pf., und der Alein- handelspreis l A lk. HO P f. ; f ijr Schleien und Hechte waren die entsprechenden Zahlen s A lk. 60 Pf., s Alk. HO Pf., 2 Alk. 20 P f.; für Aale 2 Alk. 50 Pf., 3 Alk., 5 M k. 50 Pf. u. s. f. Am 5. A lärz erließ das Ministerium eine Verordnung über den V e r k e h r m i t B i e r . Sie bestimmte über die Preise folgendes: Der Ausschankpreis darf für hig Liter höchstens 6 Pf. betragen, sodaß sich der Höchstpreis bei 0,3 Liter auf (8 Pf., bei 0,35 Liter auf 2 s Pf. usw. beläuft. Das Bezirksamt darf für einzelne Wirtschaften einen höheren Ausschankpreis zulassen und hat für den Ausschank von Münchener und Aulmbacher Bier die Höchstpreise nach den Weisungen des Ministeriums festzusetzen. Auch für Bier in Flaschen wurden Höchstpreise bestimmt. Line Verordnung des Reichskanzlers vom 3s. August regelte den V e r k e h r m i t w e i n . Darnach war die Versteigerung von wein, soweit es sich nicht um eigenes Gewächs handelte, verboten und der Handel m it wein nur solchen Personen gestattet, die dazu eine besondere Erlaubnis durch die von der Landeszentralbehörde bestimmte Stelle erhalten hatten. Diese Vorschrift über den Handel in wein fand keine Anwendung auf den verkauf selbstgewonnener Erzeugnisse des Weinbaues und auf Aleinhandelsbetriebe, in denen wein nur unmittelbar an Verbraucher abgesetzt wird. Anfang Gktober wurde vom städtischen Nahrungsmittelamt Gbs t mos t verkauft. Dieser süße Apfelmost wurde in den ver­ schiedenen verteilnngsstellen literweise zum Preise von 65 Pf. für den Liter an jedermann abgegeben. Solche Personen, die das Getränk einlegcn wollten, konnten Gbstmost in der zweiten Gktoberwoche auch in größeren Wengen erhalten. Der wost war in der Groß­ kelterei der F irm a B . Finkelstein hier unter Uontrolle des Nah­ rungsmittelamts hergestellt worden. Am 29 . J u n i setzte das winisterium Höchs t p r e i s e f ü r Heu fest. Darnach durfte der Preis für den Zentner in Baden geernteten Heues der Ernte s9i? beim verkauf durch die Erzeuger nicht übersteigen: bei Wiesenheu, Ghmd, Feld- oder Ackerheu von mindestens mittlerer A rt und Güte 5 w k., bei Heu von Aleearten von mindestens mittlerer A rt und Güte 6 w k . Für gepreßtes Heu erhöhte sich der Preis um je 35 P f. Beim Nmsatz von Heu durch den Handel durfte dem Höchstpreis ein Betrag bis 50 Pf. für den Zentner zugeschlagen werden. Nach der Verordnung des Reichskanzlers vom s2. Z u li über den V e r k e h r m i t He u waren für das Heer insgesamt s 200 000 Tonnen wiesen- und Aleeheu aus der Ernte von s9j? und zwar 500 000 Tonnen sofort, der Rest bis längstens f. Februar s9s8 sicherzustellen und zu den bestimmten s2 Zeitpunkten abzu­ liefern. Die zu liefernden Wengen wurden vom Präsidenten des Ariegsernährungsamts auf die einzelnen Bundesstaaten verteilt und die Unterverteilung von den Landeszentralbehörden festgestellt. - (64 — Eine Verordnung des Reichskanzlers vom sO. September regelte die V e r f ü t t e r n n g v o n H a f e r n n d G e r st e. Darnach durften in der Zeit vom f6. September bis f5. November Unter­ nehmer landwirtschaftlicher Betriebe aus ihren selbstgebauten Früchten an Hafer, sowie an Gemenge aus Hafer und Gerste zur Ver- fütterung des im Betriebe gehaltenen Viehes verwenden: f. für Pferde und Maultiere 3 Pfund für den T ag ; für schwerarbeitende Zugpferde m it Genehmigung des Aommunalverbandes daneben eine Zulage bis zu H Pfund für den T ag ; 2. für die zur Zucht verwendeten Zuchtbullen je 50 Pfund für den ganzen Zeitraum; 5. für die zur Feldarbeit verwendeten Zugochsen und für die in Ermangelung anderer Spanntiere zur Feldarbeit verwendeten Zug­ kühe unter Beschränkung auf 2 Aühe für den einzelnen Betrieb je s Zentner für den ganzen Zeitraum. Außerdem durfte mit Genehmigung des Aommunalverbandes zur Fütterung an nach­ weislich tragende oder säugende Zuchtsauen und an Eber, die zum Sprunge benutzt werden, je s Zentner für de» ganzen Zeit­ raum verwendet werden. An andere Schweine, insbesondere an Mastschweine durfte Hafer, Gerste oder Gemenge nicht verfüttert werden. Ferner wurde die Reichsfuttermittelstelle ermächtigt, fin­ den genannten Zeitraum den Aommunalverbänden zur Versorgung der Tierhalter, die nicht im eigenen Betriebe die erwähnten Früchte gebaut hatten, auf Antrag die entsprechende Menge zuzuweisen oder freizugeben, also z. B . für die in Gewerbe, Handel und Industrie in kriegswirtschaftlich wichtiger weise tätige» Arbeits­ pferde und Maultiere 5 Pfund für den Tag. Dagegen durfte allen nicht hierunter fallenden Pferden und Einhufern, insbesondere allen Luxuspferden, die nur zur Bequemlichkeit oder zu Vergnügungs­ zwecken gehalten wurden, Aörnerfutter nicht zugewiesen werden. I n der Versorgung der Haushaltungen m it A o h l e n stellten sich erhebliche Schwierigkeiten heraus. Durch das Ende Dezember f 9( 6 eingetretene, fast Tage andauernde Hochwasser, das die Schiffahrt stark hemmte, das Einfrieren des Rhein-Hernekanals, sowie namentlich auch die Einstellung der Rheinschiffahrt infolge Eisgangs bildete sich ein Zustand heraus, der besondere M a ß ­ (65 — nahmen erforderlich machte. Das Ministerium des Innern bean­ tragte deshalb nach einer am 30. Januar m it Vertretern des Kohlenhandels und der Verbraucher geführten Besprechung tele­ graphisch die Zuweisung der für den Hausbrand dringend erforder­ lichen Kohlenmenge auf dem Schienenwege bei der Kohlenausgleichs- stelle des Kriegsamtes in Berlin. Gleichzeitig erließ das M in i­ sterium eine Verordnung über die Kohlenverforgung. Dis Ver­ ordnung traf im wesentlichen folgende Bestimmung: Beim Landcsprcisamt ist eine besondere Abteilung für Kohlenversorgung errichtet. Sie hat die Aufgabe, nach den grundsätzlichen Meisungen des Ministeriums des Innern , die Versorgung der Haushaltungen und gewerb­ lichen Kleinbetriebe mit Kohlen zn fördern und zu überwachen. I n regel­ mäßigen Zwischenräumen hat sie die bei den Kohlenhandlungen und bei den Kohlen beziehenden Vereinigungen des Landes vorhandenen Bestände zu erhebe» und den derzeitigen Vorrat alsbald festzustellen. Die gewerbsmäßige Abgabe von Kohlen, einschließlich Koks und Briketts, zum Hausbrand darf bis auf weiteres nur noch in einer Höchstmenge von insgesamt 5 Zentner an eine Haushaltung gegen besonderen vom Kommunalverband auszustellenden Ausweis erfolgen. Mehr als s Zentner darf an einen Haus­ halt während eines Monats nicht geliefert und von ihm nicht bezogen werden. Der Kommnnalverband kann beim vorliegen besonderer Verhältnisse die Liefe­ rung einer größeren Kohlenmenge gestatten. Die Abgabe von Kohlen an gewerbliche Betriebe ist auf das unbedingt notwendige M aß zu beschränken; die Lieferung darf höchstens den Bedarf eines Monats umfassen. Der Kohleu- bczug ist unzulässig, wenn der Haushalt oder Gewerbebetrieb noch Vorräte besitzt, die bei sparsamem verbrauch eine Mache ausreichen. Die Bestimmungen gelten nicht für die Rüstungsindustrie. Die Kom- munalverbände sind mit Zustimmung des Landcspreisamts — Abteilung für Kohlenversorgung — befugt, soweit dies zur Beseitigung eines Notstandes erforderlich sein sollte, zu verlaugeu, daß die Besitzer von Hausbrandkohlen ihre über eine bestimmte Mindestmengo hinausgehenden Vorräte de», Kom- »mnalverband zur Versorgung der übrigen Bevölkerung mit Kohlen gegen Entgelt überlassen. Um zu verhindern, daß in der Zwischenzeit eine übermäßige Lindcckung stattfindet, hat das Ministerium telegraphisch die Bezirksämter in den Städten mit mindestens w ooo Einwohnern von der erlassenen Verordnung verständigt und sie beauftragt, die Kohlenhandlungen in der Amtsstadt alsbald gegen Unterschrift äuf die neuen Bestimmungen hinzuweisen und die städtischen Kommunalverbände wegen Aufstellung der Ausweise in Kenntnis zu setzen. Vom 3. Februar an durften K o h l e n nur noch gegen B e ­ z u g s k a r t e abgegeben und bezogen werden. Vor der ersten Ausstellung der Bezugskarte war eine Erklärung zu unterzeichnen, — (66 — daß der betreffende Haushalt nicht inehr als 5 Zentner Rohlen im Besitz habe. Am s. September hatte auf Grund der Verordnung des Reichskommissars für die Rohlenverteilung eine Bes t ands - und B e d a r f s e r m i t t l u n g von Rohlen und Roks jeder A rt i» allen Gemeinden stattzufinden. Die Angaben waren getrennt nach den Rohlenarten (Steinkohlen, Anthrazit, Steinkohlenbriketts, Braun­ kohlen, Braunkohlenpreßsteine, Braunkohlenbriketts und Roks) und nach folgenden Verbrauchsgruppen zu machen: s. Hausbrand. 2. Landwirtschaftlicher Bedarf m it Ausnahme des Hausbrandes. 3. Gewerblicher Bedarf. Der Reichskommissar hatte die Bedarfs­ anmeldungen zu prüfen und festzusetzen, bis zu welcher Höhe inner­ halb des Bezirks den einzelnen Rommunalverbändcn der Bezug der einzelnen verbrauchsgrnppen gestattet sei. Die Untervertcilung an die Verbraucher erfolgte durch die Vorstände der Rommunal- verbände. Durch Verordnung des Ministeriums des Innern und des Ministeriums der Finanzen vom 3. August wurde zur Regelung der Versorgung der Bevölkerung mit B r e n n h o l z bei der Forst- und Domänendirektion die B a d i s c h e L a n d e s b r e n n h o l z- stel l e errichtet. Sie steht unter Aufsicht des Ministeriums des Innern . Bei Erfüllung ihrer Ausgabe wird sie von einem Bei­ rat unterstützt, der Vertreter der Ministerien des Inner» und der Finanzen sowie vom Ministerium des Innern ernannte Vertreter der Waldeigentümer, des Brennholzhandels und der Verbraucher angehören. Am 2. Gktober setzte das Ministerium für Brenn­ holz beim verkauf durch den Waldbesitzer Höchstpreise fest. Die Forstämter wurden in 5 Gruppen zusammengefaßt, innerhalb derselben gelten verschiedene Höchstpreise. Am 2H. August verfügte das Bürgermeisteramt, daß sich alle Haushaltungen, landwirtschaftliche und kleingewerbliche Betriebe in der Zeit vom 27. August bis s. September in die R u n d e n ­ l i ste e i n e s R o h l e n H ä n d l e r s einzutragen haben, von dem sie die ihnen zukommenden Mengen an Rohlen und Roks beziehen wollen. Am 20. September bestimmte der Stadtrat aus Grund der Bekanntmachung des Reichskommissars und der Verordnung des Ministeriums folgendes: „Den privathaushaltungen wird als — (67 — Zahresbedarf an Hausbrandkohle regelmäßig zugebilligt: a) für die Küche 25 bis ^0 Zentner Kohlen, b) zur Zinimerheizung: für Wohnungen ohne Zentralheizung der notwendige Bedarf an Kohlen oder Koks für die Heizung von einem, höchstens zwei Z immern; für Mohnungen mit Zentralheizung, die nicht durch Ofenheizung ersetzt werden kan», der zur Anfrechterhaltung des Betriebs der Zentralheizung unbedingt notwendige Bedarf an Koks." Nach Maßgabe dieser Borschrift setzte das städtische Kohlenamt — O rts- kohlenstelle — den Zahrcsbedarf der einzelnen Haushaltungen unter Berücksichtigung der Zah l der Zimmer, die notwendigerweise ge­ heizt werden müssen, und der zum Haushalt gehörenden Personen, sowie der sonstigen besonderen Verhältnisse der Wohnung oder Haushaltung durch Einteilung in Bedarfsgruppen fest. Den Zahres- bcdarf der übrigen Haushaltungen (Behörden, Anstalten usw.), sowie der Landwirtschaft und des Kleingewerbes setzte das Kohlen- anit nach Maßgabe des tatsächliche» Bedürfnisses im Einzelfalle fest. Zm Zweifelsfall, sowie über Anträge ans ausnahmsweise Belieferung in Fällen besonderen Bedürfnisses entschied der vom Stadtrat bei der Ortskohlenstelle eingesetzte Ausschuß und über Beschwerden gegen den Ausschuß der Stadtrat. Die festgesetzte Bedarfsmenge wurde auf Anordnung des Kohlenamtes in der Kundenliste der Kohlenverkaufsstelle vermerkt. Vorläufig behielten die bisherigen „Kohlenausweiskarten" ihre Gültigkeit, mußten aber spätestens bis s. November zwecks Ausstellung einer „Brennstoff- karte" zurückgegeben werden. N ur wer im Besitze einer solchen Karte war, konnte Kohlen, Koks oder Brennholz erhalten. Um bestimmte Schichten der Bevölkerung in tunlichst aus­ reichendem Umfange mit gebrauchsfähiger billiger B e k l e i d u n g zu versehen, wurde durch eine Bundcsratsverordnnng für das ganze Deutsche Reich die Sammlung von getragenen Kleidern, Wäsche, Uniformen und Schuhwerk in die Wege geleitet. Die Ausführung der Bestimmung wurde den Kommunalverbänden übertragen. . Nach der Bekanntmachung des Bürgermeisteramts vom (3. Zanuar wurde hier die Amtsstelle für den Bezug von Web-, Wirk- und Strickwaren mit der Durchführung betraut. Sic führte fortan die kurze Bezeichnung Bekleidungsstelle. Für den Ankauf, der in ähnlicher Weise wie bei den Altmetallen vor sich — (6 8 — ging, wurden im Leitenbau Douglas-Straße 2H und im städtischen Leihhaus Annahmestellen errichtet. Am (6. Januar hat die Be­ kleidungsstelle ihre Tätigkeit eröffnet. Die zum Ankauf abgelie­ ferten Gegenstände wurden durch Sachverständige geprüft und auf ihren Wert geschätzt. Die Verkäufer erhielten einen Gutschein, der bei der Stadtkasse eiugelöst wurde. A ls dringend wünschenswert wurde bezeichnet, wenn möglichst zahlreiche Kleidungsstücke unent­ geltlich abgeliefert würden. Alle abgegebenen Gegenstände wurden durch Vermittlung der Bekleidungsstelle einer gründlichen Reini­ gung und Ausbesserung unterzogen, um daun gebrauchsfertig an Minderbemittelte verkauft werden zu können. Beim Schuhwerk nahm man auch solche Stücke an, von denen nur einzelne Teile sich zum Flicken anderer Schuhe verwenden ließen. I n den ge­ mieteten Räumen im „Goldenen Gchsen" (Kaiser-Straße Y() wurden die Arbeiten vorgenommen. Sämtliche abgelieferte Kleider und Schuhe wurden dahin verbracht, in einem besonderen Raume desinfiziert und dann den einzelnen Werkstätten übergeben. I n den H. Stock des genannten Hauses wanderten die Kleider, wo (0 in der Flickschneiderei bewanderte Personen m it der Ausbesserung beschäftigt waren. I m 3. Stock befand sich die Schuhmacherei. Durch Verordnung des Bundesrats vom 25. Januar wurde die A u s b e s s e r u n g v o n Sch uh w a r e n einer ähnlichen P r e i s b e s c h r ä n k u n g unterworfen, wie sie bisher schon fin­ den Verkauf solcher Waren galt. Für die Preisberechnung waren die von einer Gutachtenkommission ausgestellten Richtsätze maß­ gebend. (Vgl. Thronik (9(6 Seite (58.) Am 3 s. Januar fand im Reichs eine Beschlagnahme und Bestandserhebung von roher S e i d e u n d S e i d e n a bf ä l l e n aller A rt statt. Gleichzeitig wurden Höchstpreise für diese Gegen­ stände festgesetzt. Am (2. Akärz wurde eine allgemeine Bestandsaufnahme von S c h u h w a r e n vorgenommen. Von diesem Tage an hatten aut Anordnung der Reichsbekleidungsstelle alle natürlichen und juristi­ schen Personen, alle wirtschaftlichen Betriebe, alle öffentlich-recht­ lichen Körperschaften und Verbände, die Kleinhandel mit Schuh waren betrieben, nach vorgeschriebenem ein Lagerbuch zu führen, in welches der am Beginn dieses Tages vorhandene Bestand an (69 Schuhwaren, ferner die nach Beginn dieses Tages eintreffenden Zugänge sowie die entstehenden Abgänge an die Verbraucher nach Warengattnngen getrennt einzutragen waren. Am 26. M ärz fand auf Anordnung der Reichsbekleidungs­ stelle eine zweite Bestandsaufnahme von W e b - , W i r k - und S t r i ck w ä r e n statt. Am -f. M a i hielt F r a u L u i s e K a u t z auf Veranlassung des Volksbildungsvereins einen Vortrag über die Schuh fürsorge während der Kriegszeit. Sie zeigte an praktischen Beispielen, wie man aus Leder und Stoffresten gutes Schuhzeug fürs Haus anfertigen könne und wie durch eine besondere A rt der Besohlung die Schuhe vor der allzu raschen Abnützung zu hüten seien. Eine größere Anzahl Zuhörerinnen fand sich bereit, an den unentgelt­ lichen Kursen für Hausschusterei teilzunehmen. Solche Kurse wurden im evangelischen Gemeindehaus der Südstadt eingerichtet. Am so. Ju n i veröffentlichte das Generalkommando eine Bekanntmachung über B e s c h l a g n a h m e u n d B e s t a n d s ­ e r heb u n g von rohen Reh-, Rot-, Dam- und Gemswild-, Hunde-, Schweine- und Seehundfellen, von Walroßhäuten, Renn- und Elen­ tierfelle», sowie von L e d e r daraus; ferner Höchstpreise von Reh-, Dam-, Gemswild-, Hunde-, Schweine- und Seehundfellen. Am sH. Z n li wurde durch die Reichsbekleidungsstelle auf Grund einer Bundesratsverordnung die V e r w e n d u n g v o n Wäsche in Gastwirtschaften eingeschränkt. Die Darreichung von Mundtüchern aus Web-, W irk- und Strickwaren wurde verboten. Vom s. Oktober ab durften waschbare Web-, Wirk- und Strick­ waren nicht mehr zum Bedecken der Tische verwendet werden. Jedem im Betriebe ausgenommenen Fremden durfte nicht mehr als ein frisches Handtuch für einen Kalendertag verabreicht und dem Gaste die Bettwäsche bei längerem Aufenthalte frühestens nach 7 Tagen ausgewechselt werden. — Eine Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle vom 25. August verfügte auf Grund einer Bundesratsverordnung die Be s c h l a g n a h me v on B e t t - , H a u s - u n d T i sch w ä s ch e in den Wirtschaften und den Wäsche­ verleihgeschäften. Die Besitzer solcher Gegenstände hatten dieselben getrennt nach Gattungen vermittelst einer vorgeschriebenen Melde­ f7 0 — karte bis spätestens am so. (Oktober bei der Reichsbekleidungs­ stelle anzumelden. M i t den Gründungsarbeiten für eine Z u s ch n e i d e st e l l e de r L e d e r i n d u s t r i e von Baden, Elsaß-Lothringen und Hohen- zollern wurde vom Kriegsministerium die Handelskammer K a rls ­ ruhe betraut. Deshalb fand am s3. August hier eine Versamm­ lung südwestdeutscher Firmen statt, in der die Unterlagen für die Gründung durchberaten wurden. M an einigte sich nach lebhafter Aussprache dahin, dem Fabrikanten Heinrich Hirsch in Firma L. Ritgen, Militäreffektenfabrik Karlsruhe, die Leitung der Z u ­ schneidestelle zu übertragen. Z u r Erledigung der weiteren Vor­ arbeiten wurde ein Arbeitsausschuß eingesetzt, zu dessen Vorsitzenden Or. Krienen, Syndikus der Handelskammer Karlsruhe, und zu dessen Mitglieder Vertreter von Firmen der Lederindustrie aus verschiedenen Städten der genannten Länder gewählt wurden. Zur September wurde beim Landesgewerbemuseum eine L e h r - u n d V e r s u ch s w e rkst ä t t e f ü r B e s c h u h u n g , vorerst für die. Dauer der Kriegszeit, eingerichtet. Sie hat vor­ nehmlich die Aufgabe, Ersatzstoffe für Ersatzsohlen u. deral. auf ihre Brauchbarkeit für die Beschuhung zu erproben, das zweck­ mäßigste Verfahren für die Bearbeitung der brauchbaren Ersatz­ stoffe zu ermitteln, sowie die Schuhmacher in der Verarbeitung solcher Ersatzsohlen praktisch zu unterweisen. Für die Beratung der Durchführung der Aufgaben dieser Merkstätte steht dem Landes­ gewerbemuseum ein Beirat zur Seite. A m 20. (Oktober erging eine Bekanntmachung des General­ kommandos über H öch s t pr e i se u n d B e s ch l ag n a h m e v o n Lede r. Die Abholung der K ü c h e n a b f ä l l e zur versütterung in der städtischen Schweinemastanstalt wurde wie im Vorjahr, aller­ dings nicht mit dem gleich günstigen Ergebnis, fortgesetzt. Die gesammelte Menge ging um rund 28,5 zurück, die Kosten eines Kubikmeters stiegen um 75,6 Die Ursachen des Rückganges lagen in der Hauptsache in der durch den Krieg bedingten, ver­ größerten Knappheit der Lebensmittel. — s7s - Zm einzelnen war das Ergebnis folgendes : Gesamte Iahres- inenge s7 0H0 Zentner gegen 23 859 Zentner im Vorjahr, Tages­ menge 55,5 Zentner gegen 79, s Zentner im Vorjahr, Menge auf den Aopf und Tag rund 20 §r gegen 30 §r im Vorjahr. Die Sammelkosten eines Zentners stellten sich aus rund 33 P f. gegen­ über rund 20 P f. im Vorjahr. Die F ü rs 0 r g et ä t i g ke i t f ü r d i e A r i e g e r f a m i l i e n durch die Stadtgsmeinde und d ie ü b r i g e n M a ß n a h m e n der M o h l t ä t i g k e i t , die die Stadt, das Rote Areuz und andere Verbände getroffen hatten, gingen auch im Berichtsjahre weiter, ebenso wie sich die Mpferwilligkeit einzelner Personen betätigte. An r e i chsgeset z l i chen U n t e r s t ü t z u n g e n wurden im Zahrc s9s7 6 36H37H M k. bezahlt. Davon betrugen die vom Reich zu erstattenden Mindestsätze 3 88H 988 M k. Der Reichs­ zuschuß, beginnend vom s. Dezember (9(7 ab, beläuft sich auf 23899H M k. Der von der Stadtgemeinde als Lieferungsverband zu leistende Mehrbetrag betrug 2 2H0 39( M k. Die Zah l der im Jahre (9(7 im Genuß der Rcichsunterstützung stehenden Familien betrug 9^29 (Ende Dezember ( 9( 6: 9000). Durch Bundesratsverordnung von, 2. November wurden die Sätze für die rcichsgesetzliche Familienuuterstützung ab (. November (9(7 um je 5 M k. monatlich für jede unterstützte Person erhöht. Auf Antrag der Uriegsunterstützungskommission beschloß der Stadtrat auch eine Erhöhung des vom Lieferungsverband festzu­ setzenden städtischen Zuschusses zu den reichsgesetzlichen Unterstützugs- sätzen eintreten zu lassen. Demnach sollen vom s. November die Unterstützungen (Mindestsätze des Reichs und städtische Zuschüsse) monatlich betragen: Für die Ehefrauen 25 und (5 — HO M k. (bisher 20 und (0 — 30 Mk.), für das s. bis H. Rind je s5 und 9 — 2H Mk. (bisher (0 und 6 ^ (6 Mk.), für das 5. und jedes weitere Rind je (5 und 5 — 20 M k. (bisher (0 und H — (H Akk.), für den Elternteil je (5 und 25 — HO M k. (bisher (0 und so — 20 M k.), für sonstige Berechtigte: Großeltern, Schwiegereltern und Geschwister je s5 und 9 — 2H M k. (bisher — (72 — (0 und 6 — (6 A lk.), für ( Aind in fremder pflege (5 und (5 — 30 A lk. (bisher (0 und (0 — 20 Alk.). Der Alehraufwand für dis Stadt berechnet sich monatlich auf etwa 98 000 Alk. Z u r e r g ä n z e n d e n A r i e g s f ü r s o r g e wurden von der Stadt in i Jahre (9(7 aufgewendet fü r: (9(2 (9(6 A lie tbe ih ilfe ................................ ( (38 ((7 Alk. 957 485 Alk. Lebensmittel................................ 4 V 2 2 ( „ -(96 (87 „ Speisungen........................... ..... 76 059 „ 24 006 „ Ainderfürsorge........................... 5( 873 „ 44«2( „ Ärztliche Behandlung, Heilmittel usw........................................... 9( 725 „ 72 979 „ Aohlen und H o lz ..................... 53 4(4 „ 32 058 „ Aonfirmandenbekleidung. . . 35 277 „ (2 4(0 „ Arbeitsstoffe und Sonstiges. . (oo 993 „ 53 975 „ lveihnachtsgaben...................... 53 668 „ -((332 „ Zuschläge zur Reichsunterstütznng (von: A la i (9(7 ab ) . . . (70 (30 „ // Hinterbliebenenfürsorge (seit E r­ richtung des Bad. Heimat­ danks Z u li (9(7) . . . . 8 (-(50 „ // 2 29 99 97 Alk. ( 740 256 Alk. Diesen Ausgaben stehen folgende Einnahmen gegenüber: (9(2 (9(6 Ertrag der Sammlungen . . (50 977 Alk. (90 813 Alk- Anteil an den freiwilligen Ge­ haltsabzügen der Beamten und L e h re r ........................... 3 9 8 (4 „ 72 842 „ Spenden hiesiger Firmen . . 63 485 „ 57 855 „ Aückersätze und sonstige E in ­ nahmen ................................. 54 935 „ 29235 „ 309209 Mk. 350745 rilk . Eine Auskunftsstelle für O s f iz i e rz i v i l v e r s 0 r g u n g trat hier am (. Januar (9( 7 für das X IV . Armeekorps in Tätigkeit. Die Stelle soll in Verbindung mit den Organisationen der bürgerliche» Rriegsbeschädigtenfürsorge Offizieren, die infolge einer Gesundheitsbeschädigung, insbesondere einer Rriegsbeschädigung zum Ausscheiden aus dem Dienst gezwungen sind, auf Wunsch m it Rat und T a t zur Seite stehen, um ihnen einen geeigneten bürgerlichen Beruf zu sichern. Geschäftszimmer Akademie-Straße HO. Die G o l d a n k a u fs st e l l e , die in der zweiten Hälfte des Monats Dezember sys6 geschlossen war, nahm m it dem 8. Januar sys? ihren Betrieb wieder auf. Sie befand sich im Vorjahr im Gebäude der Landstände, vorn H. A p ril an in der» der Münz­ stätte (Stephanien-Straße 28). vom H. J u li ab war sie für diesen Monat und für August geschlossen. Die Zuwendung von L e b e n s m i t t e l n an b e d ü r f t i g e S c h u l k i n d e r unserer Stadt hat im Berichtsjahre einen erfreu­ lichen Umfang angenommen. W ir erwähnen hier zusammenfassend sämtliche Sendungen des Zahres Am ersten Schultage nach den Ferien traf für bedürftige Rinder der beiden Abteilungen der Tullaschule ein Eisenbahnwagen m it den verschiedensten Lebens­ mitteln ein, die die Schulkinder der Gemeinde Menzingen (Am t Brette») gesammelt hatten. Über HOO Rinder konnten m it ganz beträchtlichen Geschenken bedacht werden. Am H. Januar teilte Hauptlehrer O tto Bickel in Bluniberg mit, daß auf seine Veran­ lassung die Schulkinder in Achdorf, Aselfingen, Epsenhofen, Fützen, hondingen, Riedböhringen, Riedöschingen und Weizen unter Leitung ihrer Lehrer Lebensmittel für bedürftige Rarlsruher Rinder sam­ meln. Auch die Gemeinden Oberschwandorf, Buchheim, Engel­ wies, Leiberstung, Zusenhofen, Oberachern, Gochsheim und Wössingen haben unsere Rinder m it reichen Gaben bedacht. Über die Sammlung in Gochsheini (Am t Breiten) wurde von dort berichtet, daß auf Anregung des Lehrers Horst zu gunsten armer Stadtkinder eine von den Oberklassen der Volksschule veranstaltete Liebesgabensammlung stattgefunden habe. Es konnten an das Rektorat in Rarlsruhe zwei Wagen m it Lebensmitteln abgeliefert werden: HO Zentner Rartoffeln, 5 Zentner Gelbrüben, (0 Zentner Rraut, Gemüse, 20 Laib Hausbrot, ( Riste Äpfel und Zwiebeln, (0 Pfund M ehl u. §. A u f Anregung des Hauptlehrers h iß in Moos (Amt Bühl) haben Anfangs Zanuar die Schulkinder Lebens­ mittel (Rartoffeln, Gemüse, Schmalz, B ro t u. a.) für bedürftige — Kinder der Südstadt gesammelt. Aus der Stadtratssitzung vom 3 (. Januar wurde berichtet, daß außer iu den geuauuten Gemeinde» noch iu folgenden Ortschaften durch die Schulkinder unter Leitung der Lehrer Lebensmittel, namentlich Fett, »Kartoffeln, Obst und Gemüse, für hiesige bedürftige Kinder gesammelt und dein Rek­ torat zur Verteilung übermittelt worden sind: Beißliugen, Heu­ dorf (Amt Stockach), Fürstenberg, Ibach, Kath. Tenuenbroun, Schwarzach, Königsbach und Vbergrombach. Am 8. Februar wurde von Sammlungen in den Gemeinden Daisbach und Stich­ lingen berichtet. Aus der Sitzung vom (5. Februar wurde be­ richtet, daß Pfarrer Hummel iu Bremgarten (Amt Staufen) als Ergebnis einer Sonntagspredigt eine ansehnliche Menge der wich­ tigsten Lebensmittel (M ehl, Speck usw.) in seiner Gemeinde zu­ sammengebracht und dem hiesigen Volksschulrektorat zur Verteilung an bedürftige Kinder übersandt habe. Am f. M ärz wurden Sammlungen aus folgenden Ortschaften genannt: Burbach, Eber­ steinburg, Flehingen, Friedrichstal, Herdwangen, Kappelwindeck, Kreenheinstetten, Kuppeuheim, Neckarbischofsheim, pfaffeurot und Untergrombach. I u Zaisenhauscn fand, wie Anfang M ärz be­ richtet wurde, auf Anregung der dortigen Lehrkräfte durch Schul­ kinder eine Sammlung statt, bei der folgende Lebensmittel zusammeu- kameu: H33 Eier, ^53 Pfund Brot, 226 Pfund Mehl, 53,2( Zentner Kartoffeln, Kohlraben und Gelbrüben, H Pfund Äpfel, 2 Stück Zichorie, H Fläschchen O l, 5*/, Pfund Erbsen, (6 Pfund Bohnen, ( ( Pfund Dürrfleisch, l ^ Pfund Schweinefleisch, l */« Pfund Würste, H*/, Pfund Butter und Schmalz, (7 Pfund gerollte Gerste, (3 Pfund Grieß, (3 Pfund Dürrobst, 22 Köpfe Rotkraut, 68 Pfund Zwiebeln, s Paketcheu, In h a lt unbekannt, m it der Aufschrift: Bitte, nicht öffnen, einem armen Kinde zu übergeben. Am (5. M ärz wurden Sammlungen in folgenden Gemeinden berichtet: B räun­ lingen, Diersheim, Fischbach (Am t Villingen), Gölshausen, Heiligeu- berg, Höhlingen, Langensteinbach, Gbersasbach, Söllingen (Amt Rastatt), Ltebbach, Wiechs (AmtStockach). Am 22. M ärz meldete der Stadtratsbericht, daß durch Vermittlung des Dekans Joseph Vogt in Ottenau (M urgta l) Mitglieder des dortigen Frauen-Vinzentius- vereins der hiesigen Stadt eine Sendung Nahrungsmittel zur Ver­ teilung an arme kinderreiche Familien zugehen ließen. Ende März — (75 teilte «Oberlehrer w . Eitel in Gberwolfach »nt, daß seine Schüler und er eine Sammlung verschiedener Nahrungsmittel übernommen hätten, um bedürftigen Schülern in Karlsruhe eine «Vsterfreude zu bereiten. Ende A pril veröffentlichte das volksschulrektorat eine Zusammenstellung, nach der bis dahin Liebesgaben mit einem Bruttogewicht von (0^6,36 Zentner aus im ganzen 7( Gemeinden zur Verteilung an hiesige bedürftige Schulkinder gesandt wurde». Die meisten Gemeinden sind oben bereits genannt, w ir haben hier­ nach folgende anzuführen: Blumegg, Erlach, Grünwettersbach, Hofweier, Hubertshosen, Lausheim, Lichtenau, Michelfeld, Münch­ hof, Nußbach, Sprantal, Steißlingen, Stockach, Tennheim, Ubstadt und wolterdingen. Das Rektorat bemerkte in seinem Bericht: „Die von der Landbevölkerung in diesen Sammlungen bekundete Gpferwilligkeit ist ein Beweis dafür, daß die Landleute gerne bereit sind, von den entbehrlichen Lebensmitteln etwas an die be­ dürftige Stadtbevölkerung abzngeben, wenn sie in der richtigen weise über die mißliche Lage der Stadtbewohner aufgeklärt werden. Lehrer und Geistlichkeit haben sich durch Veranstaltung solcher Sammlungen in dieser Beziehung die größten Verdienste erworben; sie haben Stadt und Land sich näher gebracht und das gegenseitige Sichverstehen wesentlich gefördert." Der Stadtrat hat jeweils den Spendern und den Leitern der Sammlungen für den wohltuenden Beweis gegenseitiger Gpferwilligkeit in schwerer Zeit den herz­ lichsten Dank ausgesprochen. Zn den späteren Monaten sind hier Lebensmittel für bedürftige Schulkinder noch aus folgenden Gemeinden eingetroffen: Zn der zweiten Zunihälfte aus Teutsch-Neurcut, Altschweier, Linx und Gberbaldingen. Außerdem von Gffizierstellvertreter G tto Freund­ lieb, zurzeit im Felde, eine Riste frischer Eier. Zm Stadtrats­ bericht vom (5. Z u li wird mitgeteilt, daß die Lehrerschaft des Schulkreises Bruchsal auf Veranlassung des dortigen Rreisschul- amtes eine Sammlung von Rartoffeln und anderen Lebensmitteln für bedürftige Schüler der Stadt Karlsruhe veranstaltet habe und daß daraus bis dahin (500 Schüler m it je (0 Pfund Rartoffeln beschenkt werden Kumten. Täglich träfen noch weitere Sendungen ein. M itte November hat «Oberlehrer Angeloch in Wössingen dem Rektorat ^ Rörbe Bbst, das von Schulkindern der Gemeinde s76 — gesammelt worden war, zur l-erteilung a» bedürftige Schüler zü- gehen lassen. I m Stadtratsbericht voni 22 . November wurde mitgeteilt, daß die Stadtgemeinde Graben durch Vermittlung des Reserve-Lazaretts I I I der Schiller-Schule 2H Zentner verschiedene Gemüse zur Verteilung an Schüler überwiesen habe. Endlich haben im Dezember auf Veranlassung ihrer Lehrer die Schulkinder in Nußbach (bei Gberkirch), Eppingen, Stockach und Reichenbach (bei Ettlingen) Gbst, Gemüse, Aartoffeln und sonstige Lebensmittel für Aarlsruher Schulkinder gesammelt, womit diese zu Weihnachten beschenkt werden konnten. Auch diesen Spendern und Gemeinden sprach der Stadtrat jeweils herzlichen Dank für die opferfreudigen Gaben aus. Am 6 . Januar forderte die A r i e g s u n t e r st ü tz u n g s - korn M i s s i o n im Namen des Stadtrates die Einwohnerschaft auf, auch im neuen Jahre zu den Ausgaben der Ariegsfürsorge fortdauernde Beiträge zu spenden. „N u r die freiwilligen Beiträge der Bürgerschaft", so heißt es in dem Aufruf, „machen es mög­ lich, die Fürsorge des Reichs, des Staates und der Gemeinde so auszugleichen und auszugestalten, wie es die Eigenart jedes einzelnen Falles erfordert". Die erste Sitzung des R o t e n A r e u z e s im neuen Jahre wurde am 8 . Januar in Anwesenheit der Großherzoginnen Hilda und Luise abgehalten. Geh. Gberregierungsrat Beck gab eine längere Darstellung über die weitere Durchführungen der sogenannten Nrlauberheime an der schweizerisch-badischen Grenze. Der badische Landesverein voni Roten Areuz hat bis Oktober ssssö hierfür über 300 000 Wk. aufgewendet. — Für die badische Weihnachts­ sendung, die in über s 60 270 Paketen einen Wert von H80830 Wk. darstellte, gehen täglich, wie berichtet wurde, Danksagungen aus dem Felde und aus den Lazaretten beim Roten Areuz ein. Besonderer Dank wurde in der letzten Sitzung auch der Hauptsammelstelle hier für ihre geleistete Arbeit und für ihre Voraussicht bei der Vorbereitung der Weihnachtssendung ausgesprochen. E in besonderes W ort der Anerkennung und des Dankes wurde hierbei Privatmann Theodor Printz gesagt. — vom Wittelbadischen Brauereiverband wurden dem Roten Areuz s2 000 Wk., davon HOOO ^ k . für Aarlsruhe, gespendet. — 177 - Die Landcsausschüsse der Kriegsbeschädigten- und Uriegs- hinterbliebenenfürsorge des Vereins B a d i s c h e r H e i m a t d a n k haben auf Grund der UUnisterialverordnung vom 2 . Dezember sys6 einen gemeinsamen Sonderausschuß gebildet, der die Bezeich­ nung „S ie d e l u n g s st c I le des Bad i s c hen H e i m a t d a n ke s" führt. Die Stelle hat die Nützlichkeit der beabsichtigten Verwen­ dung des Abfindungskapitals zu prüfen, die Entscheidung auszu­ führen und die Verwendung zu überwachen. Die Geschäftsstelle ist im Ulinisterium des Innern errichtet. Die Siedelungsstelle wird gleichzeitig die Beratung der Uriegsbeschädigten und Uriegshinter- bliebenen in Angelegenheiten der Wohnungsfürsorge und Ansiede­ lung übernehmen. I m Januar wurde ein A u fru f in ganz Deutschland veröffent­ licht, in dem zu Spenden für die deut schen S o l d a t e n h e i m e und di e deut schen M a r i n e n He i me aufgefordert wurde. I n Karlsruhe fand am 27. Januar eine Sammlung von Haus zu Haus und am Sonntag, den 28. auf den Straßen und öffent­ lichen Plätzen statt. Außerdem nahmen alle Sammelstellen des Roten Ureuzes, sämtliche Banken und die Geschäftsstellen hiesiger Zeitungen Gaben entgegen. Das Großherzogspaar und Groß­ herzogin Luise spendeten für die Sammlung je sOOO Urk., den gleichen Betrag gab die Uönigin von Schweden. Die Sammlung erbrachte in der Stadt Karlsruhe 22 888 Ulk., im ganzen Lande 230 000 Ulk. Eine Anzahl junger Leute vereinigte sich zu einer musikalisch-theatralischen lvohltätigkeitsaufführung, die am 28. J a ­ nuar, nachmittags 3 Uhr, stattfand und abends 8 Uhr wiederholt wurde. E in Volksstück von U urt Delbrück: „Das Volk steht auf" wurde gespielt. Der Reinertrag fiel dem Roten Ureuz für die Sammlung zugunsten der Soldatenheime zu. Am 28. fand auch die feierliche Eröffnung des neuen Soldatenheims im Hause U arl- Friedrich-Straße s8 statt. Dekan Herrmann von Breiten, der Vorsitzende des evangelischen OberrheinischSn Iünglingsbundes, hielt die Eröffnungsansprache. E r wies auf die Soldatenheim- Bei?)egung hin, die durch den Urieg an Umfang gewonnen habe und im Anschluß an die Jünglings-Bündnisse entstanden sei. Zurzeit beständen in der Heimat und draußen an den Fronten ^00 Heime. Ulilitäroberpfarrer Geh. Oberkirchenrat Schloemann — s78 Von hier hielt die Festrede. Die beiden Ansprachen wurden unt- rahmt von instrumentalen und gesanglichen Darbietungen. M it- wirkende: das Streichorchester der Leib-Grenadier-Aapelle und Konzertsängerin Frau Großkopf-Schumacher. Das neue Heim umfaßt sieben Zimmer. Zwei davon sind Erfrischungsräume, eines ist ein Schreib- und Lesezimmer mit Zeitungen, Zeitschriften und einer Bücherei von etwa 800 Bänden. Ferner stehen deff Besuchern des Heims verschiedene Spiele und Musikinstrumente zur Verfügung. Jeden Sonntag nachmittags finden Vorträge, abends Bibelstunden statt. I m Sommer ist für die Soldaten ein Garten beim Heime eröffnet. Am s2 . Februar erhielt das Bürgermeisteramt von F r a u K o m m e r z i e n r a t H e n n i n g 200 M k. zur Beschaffung von Nährmitteln für bedürftige kinderreiche Familien aus dem Bereich der Kriegssürsorge und der Armenpflege. Die Besitzerin des Institu ts Fecht hier, F r a u B . Fecht , hat, wie Ende Februar bekannt gegeben wurde, sich dem Unter­ richtsministerium gegenüber verpflichtet, fortlaufend drei Söhne von gefallenen Professoren und Lehramtspraktikanten vollkommen kostenlos in das Ins titu t aufzunehmen. Der Ehrenbürger der Stadt Karlsruhe, B r a u e r e i d i r e k t o r K a r l Sch r e m p p , hat dem Oberbürgermeister, wie der Stadt­ ratsbericht vom s. M ärz mitteilte, aus Anlaß seines 7 s. Ge­ burtsfestes und seiner vor etwa einem Jahre erfolgten Ernennung zum Ehrenbürger die Summe von 6000 M k. mit der Bestim­ mung übergeben, davon 3000 M k. dem Badischen Heimatdank und sOOO M k. der Schulspeisung zuzuwenden. Der Ltadtrat sprach für diese abermalige reiche Spende herzlichen Dank ans. I n der Sitzung des R o t e n K r e u z e s vom 6. März erfolgten Mitteilungen über die Finanzlage des Badischen Landes- vereins vom Roten Kreuz nach dem Stand vom s. Januar sfls?. Die Ausgaben des Landesvereins betrugen bis zu diesem Tage seit Kriegsausbruch 3 h i M illonen M ark, die Einnahmen 2 h, M illionen. Der Ortsausschuß Karlsruhe war in der Lage, einen Te il des Fehlbetrags des Landesvereins zu decken. Der ungedeckte Aufwand belief sich darnach auf s66 000 M k. Ferner wurde in der Sitzung mitgeteilt, daß der Deutsche vergnügungs­ — (?c,) verein in New-Pork zn fänden der Großherzogin Luise 200 Blk. für das Rote Kreuz übermittelt habe. 2lm 9 . März überwies M b er b a u r a t P r o f e s s o r T h . Rehbock der Kriegsunterstützungskommission zur Beschaffung von Gemüsesainen für bedürftige Kriegerfrauen 300 M k. Die Kommission sprach für diese willkommene Zuwendung herzlichen Dank aus. Am (5. März hat p o f e s s o r F e r d i n a n d K e l l e r dem Roten Kreuz 3000 M k. und dieselbe Summe dem Badischen Heimatdank gespendet. Am (7. M ärz veröffentlichte das städtische Nachrichtenamt, daß nach M itteilung des Bezirksamts Neustadt i. Schw. an die Karlsruher Stadtverwaltung das B ü r g e r m e i s t e r a m t N e u ­ stadt aus den Überschüssen der Neustädter Liefergemeinden auf Veranlassung des Bezirksamts etwa Hs Zentner Butter nach Karlsruhe abgeben werde. T s handele sich um eine ausnahms­ weise Lieferung, die zugunsten Karlsruher Munitionsarbeiter ver­ wendet werden solle. Dieses nachahmenswerte Beispiel gemein­ samen Mpferfinns der Gemeinde Neustadt verdiene Dank und Anerkennung. Ende M ärz bewilligte der Stadtrat dem" von der Deutschen Kolonialgesellschaft gebildeten K o l o n i a l e n H i l f s f o n d s (Herzog-Iohann-AlbrechbSpende für die Kolonien) einen einmaligen Beitrag von 500 M k. und der für den Ausbau der fahrbaren Kriegsbüchereien an der Front bestimmten „ L u d e n d o r f f - S p e n d e " einen weiteren Beitrag von (000 M k. Aus der Stadtratssitzung vom (9 . J u li wurde mitgeteilt, daß Herzog Johann Albrecht der Stadtverwaltung für „bewiesenes opferwilliges Interesse an dem Schicksal unserer deutschen Landsleute in den Kolonien" gedankt habe. „Diese reiche Zuwendung werde m it­ helfen, die augenblickliche Not vieler Kolonialansiedler zu lindern und deren wirtschaftliche Miederaufrichtung nach Rückgewinnung der Kolonien zu erleichtern." Die Firmen V o g e l L S c h n u r m a n n , G. m. b. H., hier und V o g e l , B e r n Hei n i er L S c h n u r m a n n , G. m. b. H., in Tttlingen, wandten, wie am 22. A p ril bekannt gegeben wurde, dem Badischen Heimatdank den Betrag von 50 000 Blk. zu. — ^80 — Am 13. A p ril fand im Winisterium des Innern über die U n t e r b r i n g u n g v o n S t a d t k i n d e r n a u f dem L a n d e eine Besprechung mit Vertretern des Unterrichtsministeriums, der obersten Rirchenbehörden, der Rriegsamtsstelle, der größeren Städte und der beteiligten verbände und Vereine einschließlich derjenigen der Ferienkolonien statt. Die Grundsätze, nach denen die Unter­ bringung der Rinder erfolgen soll, wurden beraten und Einigkeit darüber erzielt. Beim ARnisterium des Innern soll eine Zentral­ stelle errichtet werden, die dafür sorgt, daß den Städten gewisse ländliche Bezirke und Gemeinden für Unterbringung ihrer Rinder zugewiesen werden und daß die Verteilung der zur Übernahme der Rinder bereiten Familien aus die Städte in sachgemäßer Weise geschieht. Am 1H. A p ril hat das Alinisterium des Innern für die Unterbringung der Stadtkinder in ländlichen Familien Richt­ linien aufgestellt. Für die Hinterbliebenenfürsorge des Badischen Heimatdanks wurde W itte A p ril eine S i l b c - r - S a m m l u n g eröffnet, bei der entbehrliches Silbergerät, auch zerbrochene und schadhafte Gegen­ stände, sowie versilberte und vergoldete Stücke unentgeltlich an­ genommen wurden. Jeder Spender erhielt ein Erinnerungsblatt oder bei Abgabe von Gegenständen im verkaufswert von minde­ stens 10 Wk. eine eiserne Denkmünze. Die Sammelstelle befffnd sich wie die obenerwähnte Goldumtauschstelle Stephanien-Straße 28. Z u Beginn der Sitzung des R o t e n R r e uz es am 16. April gedachte der Vorsitzende des 70. Geburtstages der Frau Ober­ bürgermeister Lauter, dankte ihr für die dem Roten Rreuz seit vielen Jahren geleistete hingebungsvolle Arbeit und überreichte ihr als äußeres Zeichen des Dankes und der Anerkennung eine vom Zentralkomitee vom Roten Rreuz übersandte Auszeichnung. Ferner wurde in der Sitzung mitgeteilt, daß die F irm a Sinner in Rarlsruhe-Grünwinkel dem Roten Rreuz 10 000 Wk. zur Ver­ fügung gestellt und das aktive Leib-Grenadier-Regiment sOff die Summe von 300 Alk. als Erträgnis einer Ronzertreisc der Rapelle des Regiments übersandt habe. Am 7. W a i überwies der Groß­ herzog dem Roten Rreuz 2000 Alk. Am 26. A p r il bewilligte der Stadtrat dem Wiener H ilfs­ komitee zur Anterstützung in Österreich wohnender b e d ü r f t i g e r - s8s — Re i c hs deu t s c h en , insbesondere von Familien reichsdeutscher Krieger, einen weiteren Beitrag von 200 M k. I m M a i erfolgte ein A u fru f für eine A - B o o t - S p e n d e. Der Ertrag derselben soll für die Besatzung der A-Boote und für die Familien der Besatzung verwendet werden. Dem Ehrenpräsidium gehörten der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, General­ feldmarschall von Hindenburg und A dm ira l von Capelle an. Das Präsidium bildeten der Reichtagspräsident Dr. Kaempf, Adm ira l a. D. G raf von Baudissin, Generalfeldmarschall von Bülow und Staats­ sekretär Zimmcrmann. I n Baden hat der Großherzog die Schirm­ herrschaft übernommen. I m Barnen des Landesausschusses Unter­ zeichnete Staatsminister Dr. Freiherr von Dusch und General­ leutnant Isbert. Der Großherzog ließ der U-Boot-Spende 3000 M k. überreichen, die Großherzogin sOOO M k . , Großherzogin Luise 3000 Akk., Prinz und Prinzessin M ax 3000 M k. Der Stadtrat bewilligte am 3 s. M a i aus der Stadlkasse sOOO M k. Geh. Rat Dr. Bürklin spendete 5000 M k. Die gleiche Summe spendeten die Gesellschaft Sinner in Grünwinkel, das Bankhaus Straus u. Eo., die Firma Louis L. Stern u. Eo. Die Firm a Lhristian Riempp spendete sOOO M k. Die Straßensammlung in Karlsruhe am 3. Jun i ergab rund 7000 Alk. Die Sammlungen im ganzen Lande brachten 950000 Alk. ans. Der B a d i s c h e H e i m a t d a n k hat Ende M a i für die Versorgung der verstümmelten Kriegsbeschädigten mit Gliederersatz- vorrichtunge» einen Ausschuß gebildet. Der letztere hat zur Durch­ führung seiner Aufgaben besondere A rbe its te ilungen und einen Fachmännerbeirat gebildet. Vorsitzender des Ausschusses ist Direktor Dr. Döderlein hier. Anfang Ju n i hat"der «Ortsausschuß Karlsruhe des Vereins Badischer Hcimatdank seine erste Sitzung abgehalten. Dabei wurde seine endgültige Zusammensetzung beschlossen. E r besteht nunmehr ans 2 s berufenen Mitgliedern (Vertretern ver­ schiedener Behörden und örtlicher Vereinigungen) und 23 zugewählten Mitgliedern (Vertretern der Arbeitgeber, Angestellten und Arbeit­ nehmer, sowie der Mohltätigkeitsvereine). Vorsitzender ist «Ober­ bürgermeister Siegrist, sein Stellvertreter Bürgermeister Dr. Horst­ mann. Zu r Bearbeitung einzelner Gebiete wurden Sonderausschüsse errichtet und zwar je einer für Kriegsbeschädigtensürsorge, Kriegs- — s82 Hinterbliebenenfürsorge und für Abhaltung von Vorträgen für Lazarettinsassen, letzterer gemeinsam m it dem Roten Rreuz. Vor­ sitzender des Sonderausschusses für Rriegsbeschädigtenfürsorge wurde Stadtrat Räppele, für die Hinterbliebenenfürsorge Bürgermeister Or. Horstmann und Vorsitzender des Ausschusses für die Vorträge Geh. Hofrat Professor Or. Rlein. Am 22 . Ju n i fand in Anwesenheit der Großherzogin Luise eine Sitzuug aller ehrenamtlich Untwirkenden der s t ädt i schen R r i e g s f ü rs o r g e statt. Die Beratungen wurden durch eine Ansprache des Bürgermeisters Or. Horstmann eingeleitst. I n bewegten Worten wies er auf den Jahrestag des zweiten feind, lichen Fliegerüberfalls auf Rarlsruhe hin, bei dem über hundert Rinder mitten aus der Betätigung ihrer Lebenssreudigkeit hinweg­ gerafft wurden. Dieser Erinnerungstag werde in Rarlsruhe alle­ zeit heilig und in Ehren gehalten werden. Dem Gelöbnis, mit aller R ra ft und Entschlossenheit für die Jugend und die Zukunft unserer Rinder zu sorgen, wurde von der Versammlung durch Erhebung von den Sitzen einmütig zugestimmt. Zu der Beratung ergab sich sowohl über die Frage der Ernährung und Verpflegung, wie auch über sonstige körperliche und geistige Erziehung der Rinder m it Hilfe der städtischen Rriegsfürsorge eine allgemeine Überein­ stimmung der Anschauungen. Unter anderem wurde beschlossen, die Unterbringung von Rindern in gut geleiteten Rinderheimen und Rrippen noch mehr als bisher zu fördern, durch geschlossenes und einheitliches Zusammenarbeiten der verschiedenen Rinderfür­ sorgestellen. Die Anregung, die Fürsorge auch auf die Ulütter der Rinder auszudehnen, dadurch, daß diesen Frauen Gelegenheit gegeben wird, neben ihrer Erwerbsarbeit sich ihren Rindern zu widmen, fand allseitige Zustimmung. Die täglichen Verpflegungs­ sätze in den verschiedenen Anstalten sollen tunlichst einheitlich auf 50 Pf. für ein Rind festgesetzt werden. E in weiteres Ehema dieser Sitzung bildete die Hinterbliebenenfürsorge. I n längeren Ausführungen gab Or. Richard Rnittel ein genaues B ild von den Aufgaben dieses Fürsorgezweiges. Eine Aussprache schloß sich an. I n dem Stadtratsbericht vom 28. Jun i wurde folgendes mitgeteilt: „ R a t h r e i n e r s U7 a l z - R a s f e e - F a b r i k e u , G. m. b. H. , Wünchen - Berlin , haben anläßlich des 25jährigen — (8.' — Geschäftsjubiläums des Leiters ihres Unternehmens, Kommerzien­ rats Hermann Aust, eine Lüftung gemacht, welche nach dem Mansche des Jubilars auf die 9 Plätze, in denen sie Geschäfts- uiederlassuugeu besitzen, verteilt und für hilfsbedürftige Rinder von im Rriege gefallene» oder infolge des Rrieges verstorbenen E in ­ wohnern verwendet werden soll, von dieser Stiftung entfällt auf die Stadt Karlsruhe die Summe von ^0 000 M k. Der Stadtrat spricht der Firma für diese hochherzige Schenkung wärmsten Dank aus und beschließt, die Summe dem Ortsausschuß Karlsruhe des Vereins „Badischer Heimatdank" sür die Zwecke der Kriegshinter- bliebeueufürsorge zu überweisen. Uber die G r 0 ß h e r z 0 g s - G e b u r t s t a g s - S p en d e, von der oben unter Abschnitt I der Thronik M itte ilung gemacht ist, tragen w ir hier noch folgende Angaben nach: Außer den dort verzeichneten Gaben spendeten die Großherzogin 5000 Alk., Prinz und Prinzessin M a r 3000 A lk ., die Königin von Schweden 2000 Alk., die Rheinische Kreditbank 25 000 Alk., die Süddeutsche Diskontogesellschaft s5 000 Alk., Landesversicherungsanstalt Baden 5000 Alk., Bankier M . A. Straus 5000 Alk., Kommerzienrat Homburger 3000 Alk., Deutsche Massen- und Alunitionsfabriken 3000 Alk., F. M o lff de Sohn 2000 Alk., O tto Siegel 2000 Alk., Sammlung der Technischen Hochschule 2607 Alk. Die zahlreichen übrigen Spenden von 2000 A lk. an in verschiedenen Beträgen bis zu s Alk. sind in A r. 203 der „Karlsruher Zeitung" veröffentlicht. Zm ganzen hat hier die Spende 26 s 70s) A lk. ergeben, davon s72 588 Alk. aus Karlsruhe, 88 77s Alk. von auswärts. Am sO. Z u li hielt der Vorstand des Na t i o n a l e n F r a u e n ­ di enst es eine Sitzung des erweiterten Ausschusses ab. Die Vor­ sitzende, Frau Professor Richter, berichtete über die Tätigkeit der Vereine im dritten Kriegsjahr. Nach Schluß des Berichtes und nach Verlesung des Kassenberichtes machte Fräulein Knittel einige Mitteilungen über ihre Tätigkeit als Leiterin der vom Nationalen Frauendienst gegründeten Berufsberatungsstelle. Darauf sprach Frau Professor Mangelsdorf vom Leben der Deutschen in Brasilien und von ihre» eigenen Erlebnissen und Erfahrungen in diesem Lande. Zn der Zulisitzung des R o t e n K r e u z e s wurde mitgeteilt, — s8-s — daß die Uönigin von Schweden dein Roten Ureuz drei bisher von ihr selbst benützte photographische Apparate m it der Bestimmung überlassen habe, daß sie verwundeten Berufsphotographen zur Verfügung gestellt würden. Ferner, daß Uommerzienrat Suchard in Neuchatel der Großherzogin Luise sOOO RA. übermittelt und die Großherzogin diesen Betrag dem Roten Ureuz über­ wiesen habe. Endlich, daß das Uarlsruher Verwundetenheim, das nunmehr zwei Jahre bestehe, bis dahin Besuche aufzuweisen habe. A m s7. J u l i übersandte die Ho s d r o g e r i e U a r l R o t h denr Oberbürgermeister sOOO R7k. für die Uriegsfamilien- und die Uriegshinterbliebenenfürsorge. Am 26. Z u li wurde folgende Zusammenstellung über die T ä t i g k e i t der H e l f e r i n n e n veröffentlicht: I n so hiesigen Lazaretten und Uraukenhäusern, auf den Sanitätswachen des alten Bahnhofs und auf einigen Büros sind ständig 220 Helferinnen vom Helferinnenbund tätig, in den Etappen usw. etwa 30 Bundes­ milglieder. Der Handfertigkeitsunterricht in verschiedenen Lazaretten wurde von Helferinnen geleitet, ebenso ein Samariterkurs in einem Zungfrauenverein und ein Lehrkurs über Herstellung von 'Kinder­ schuhen in der neugegründeten Iugendgruppe des Frauenvereins. Helferinnen arbeiteten in der Tuberkulosenfürsorge, der Säuglings­ und Aleinkinderpflege, der Armenfürsorge und der Zeitschriften­ abteilung des Frauenvereins. Außerdem betätigten sich etwa 23 Helferinnen in verschiedenen Uriegskrippen, in der Familien­ fürsorge des Uriegsunterstützungsamtes, in der Fürsorge für ent­ lassene Wöchnerinnen, in der Uriegsbeschädigtenfürsorge usw. Drei Helferinnen erlernten die Blindenschrift. Ende J u li wurde mitgeteilt, daß der Landesverein vom R o t e n U r e u z die Erweiterung des Roten-Ureuz-Hauses durch Ankauf des Nebenhauses, Stephanien-Straße 76, beschlossen habe, Uaufpreis s55 000 R7k. E in Teil dieses Hauses wie der Lager­ platz waren schon vor 2 Jahren vom Roten Ureuz gemietct worden. Uonsul Bielefeld, der schon seit Wochen die Geschäfte der Depotabteilung geführt hat, wurde endgültig mit der Leitung betraut, nachdem Geh. Gberregierungsrat Beck infolge vermehrter s85 — Inanspruchnahme als Vorsitzender der Landesversicherungsanstalt und aus Gesundheitsrücksichten genötigt war, sein Am t nieder­ zulegen. Am 30. August bewilligte der Stadtrat aus der Stadtkasse 2500 Alk. für eine „H i n d e n b u r g - G a b e". Diese soll dem Generalfeldmarschall zu seinem 70. Geburtstag zu dem Zwecke überreicht werden, ihm die Alöglichkeit zu geben, damit die Errich­ tung von deutschen Soldaten- und Alarineheimen zu fördern und das Loos der in Kriegsgefangenschaft befindlichen Deutschen zu lindern. Am s8. September überreichte B e r n h a r d Fuc hs hier, Kriegs-Straße Hs, in ehrendem Andenken an seinen Sohn Erich, der als Kriegsfreiwilliger in Rußland gefallen ist, dem Ober­ bürgermeister s O O O Alk. für unterstützungsbedürftige Hinterbliebene gefallener Kriegsteilnehmer. Der Oberbürgermeister überwies unter dem Ausdruck wärmsten Dankes namens der Bedachten diese Spende dem Ausschuß Karlsruhe des „Badischen Heimatdanks", Abt. Hinterbliebenensürsorge. Auf Anregung des Prinzen A lax wurde am 28. September, dem sOjährigen Todestag Großherzog Friedrichs I., eine L a n d e s ­ s a m m l u n g f ü r d i e K r i e g s - u n d Z i v i l g e f a n g e n e n vorgenommen. Prinz A lax hatte hierzu am 22 . September folgende Kundgebung veröffentlicht: „ I m H in b lic k a u f d ie k o m m e iid c L a n d c s s a m m lu n g f ü r d ie b ad ischen K r ie g s - u n d Z io i lg e f a n g e n c n im fe in d lic h e n A u s l a n d h a b e n m i r b e re its je tz t e in e g rö ß e re Z a h l v o n S p e n d e r n b e d e u te n d e S u m m e n f ü r d e n m i t m e in e m N a m e n v e r k n ü p f te n F o n d s d e r B a d . G e fa n g e n e n fü r s o r g e des L a n d e s v e r e in s v o m R o te n K r e u z z u r V e r f ü g u n g g e s te llt, v i e l e d e r W o h lh a b e n d s te » a u s d em L a n d e , sehr v ie le (O p fe r f r e u d ig e h a b e n d a d u rc h d en G r u n d z u d e r n e u e n F in a n z ie r u n g d e r G e fa n g e n e n f l l r s o r g e i» B a d e n g e le g t. L i n schönes B e is p ie l tä t ig e n G e m o in s iu n s u n d o p fe r fr e u d ig e r T r e u e f ü r u n s e re G e f a n g e n e n , d ie in t r e u e r P f l ic h t e r f ü l lu n g u m u n s e r e tw il le n le id e n , ist d a m it g e g e b e n . M i r a b e r ist es e in B e d ü r f n i s , v o r d e m g a n z e n L a n d e m e in e r t ie fe m p fu n d e n e n D a n k b a r k e it A u s d ru c k z u v e r le ih e » f ü r d ie t ä t ig e H i l f e d e r M ä n n e r u n d F r a u e n , d ie d a zu b e ig e tra g e u h a b e n , u n s e re n le id e n d e n L a n d s le u te n g e g e n ü b e r e in e d e r schönsten P f l ic h te n zu e r f ü l le n . M ö g e d ie V p f e r f r e u d ig k e i t d ieser S p e n d e r d em L a n d e e in A n s p o r n se in , d e n U n s e re n in fe in d lic h e r G e f a n g e n ­ schaft ih r e T r e u e zu v e r g e lte n . P r i n z M a x v o n B a d e » ." — (86 — Bei der vom Prinzen M ax persönlich veranstalteten Samm­ lung gingen rund 370 000 M k. ein und zwar eine Spende von 20 000 Blk., ferner (30 000 Blk. in Spenden zu je (0 000 Blk., -(5 000 B lk. zu je -(000 Blk., (2 000 B lk. zu je 5000 Blk., 7500 B lk . zu je 2500 B lk ., (0 000 Blk. in Spenden zu je 2000 Blk., 72 000 Blk. zu je (000 Blk. und 69500 Blk. in Spenden unter (000 Blk. Das Großherzogspaar spendete (0 000 Blk., Großherzogin Luise denselben Betrag, Prinz M ax (000 Blk., die Königin von Schweden 5000 B lk. — Der Stadtrat hatte bereits am 30. August 2500 Blk. für die Sammlung bewilligt. Die Schülerinnen des Viktoriapensionats stellten der Großherzogin Luise einen Betrag von 250 M k. zur Verfügung, der auf Befehl der Großherzogin an die Sammelstelle weiter geleitet wurde. Das Ergebnis des (Opfertages vom 28. September betrug in Karlsruhe 33 505 Blk. 6 -( Pf. I n dieser Summe war die Straßen­ sammlung mit 7239 2H Pf. enthalten. von der s t ädt i schen M e t a l l s a m me l s t e l l e wurden bis (. (Oktober (9(7 insgesamt 3(5000 le§ oder 6300 Zentner gesammelt. Davon waren 309-(33 IcZ Haushaltsmetall, Dach­ kupfer, Ainu ((Orgelpfeifen, Bierkrugdeckel), Aluminium, Glocken und Destillationsapparate, 5-(25 I<§ Blei, Zink, Z inn und Bleistaniol und 2(06 Konservendosen. Das Durchschnittsergebnis der Sammeltätigkeit in westlichen und süddeutschen Städten mit (00 000 bis (50 000 Einwohnern stellte sich auf (850 §r auf den Kopf der Bevölkerung, während in Karlsruhe durchschnittlich 2505 §r gesammeltes Altmetall auf den Kopf der Bevölkerung kamen. Am 5. (Oktober wurde auf Anregung und unter Blitw irkung der Kriegsamtsstelle hier und unter Beteiligung von 255 In d u ­ striellen aus dem Bereich des X IV . Armeekorps die Gesellschaft „ L e h r b e t r i e b e f ü r I n d u s t r i e a r b e i t e r " , G. m. b. H., gegründet. Sitz der Gesellschaft ist Karlsruhe. Vorsitzender wurde Direktor V r. Döderlein (Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe). Aus Karlsruhe gehören dem Ausschuß noch folgende Mitglieder an: Geh. (Oberregierungsrat V r. Arnsperger, M a jo r Stahmer, M a jo r varrentrapp, M inisterialrat v r . Ritter. Die Geschäftsführung wurde «Oberst a. D. Philipp und Hochbauinspektor F'reyß über­ — l87 — tragen. Der Zweck der Gesellschaft ist, Kriegsbeschädigte für die industrielle Arbeit auszubilden und durch solche Arbeit zu versorgen. Dieser Zweck wird namentlich erreicht durch Errichtung von Lehr­ betrieben, in denen l. aus dem Heilverfahren entlassenen ungelernte Kriegsbeschädigte zu erwerbsfähigen Industriearbeitern angelernt, 2. kriegsbeschädigte Facharbeiter für ihren Beruf, soweit wie möglich, wieder tauglich gemacht, und Z. Schwerbeschädigte durch industrielle Verwertung ihrer restlichen Arbeitskraft dauernd versorgt werden. Außer in Karlsruhe hat die Gesellschaft vorerst in vier anderen Mrten des Großherzogtums Lehrbetriebe eröffnet. Am ls . Mktober überwies B a n k i e r F r i e d r i c h S t r a u s aus Anlaß eines Familienfestes dem Vrtsausschuß des Vereins „Badischer Heimatdank" den Betrag von sOOO kkkk. fü r „die Hinterbliebeneufürsorge" unserer Stadt. Am 26. Mktober fand hier eine Sitzung des Vereins „Badi scher He i mat dank" — Landesausschuß für Kriegsbeschädigtenfürsorge — statt. Der Sitzung wohnte der Großherzog, der Schirmherr des Vereins, sowie die Großherzogin, an. Großherzogin Luise hatte einen Vertreter entsandt. Ferner waren erschienen der stellvertretende Kommandierende General Isbert, Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchenbehörde, des Vberrats der Israeliten, des Frauen­ vereins, des Roten Kreuzes, weitere Vertreter der Städte, der Handels­ und Handwerkskammern, der Industrie, der Arbeiterorganisationen u. a. Auch mehrere Kriegsbeschädigte waren anwesend. Der V or­ sitzende des Gesamtvorstandes, Amüsier v r . Freiherr von Bodman, begrüßte die Versammlung. Dabei gab er der Trauer über das H in­ scheiden des bisherigen Vorsitzenden des Landesauschusses, Geh. Rats Becker in Freiburg, Ausdruck und betonte, wie sehr sich der Verstorbene der Fürsorge der Kriegsbeschädigten angenommen habe, deren heutige Mrganisation m it auf seine Anregung zurückzuführcn sei. Darauf erstattete Akinisterialrat v r . Ritter den Geschäftsbericht. Die Einnahmen des Landesausschusses betrugen bis zum s. J u li lstl? 2 2^2 972 Alk., davon entfallen auf Spenden 2 055 675 kkkk. Die Ausgaben bis zum s. J u li ssts? beliefe» sich auf 658 780 Akk., bis zum l. Oktober sstsk waren sie auf 799209 Akk. gestiegen, von dem vom Reich zur Verfügung gestellten Fonds entfielen auf das Großherzogtum s 65 02s Akk. von diesem Reichszuschuß wurden — s88 — bis I. J u li sßl7 85 7s7 ^ k . in Anspruch genommen. Das Reinvermögen des Vereins bezifferte sich auf s. J u li des Berichts­ jahres auf s 580 f8H Alk. weiter teilte der Berichterstatter mit, daß 75 Kriegsblinde, darunter 53 Badener, die Fürsorge in A n­ spruch genominen haben. Ferner, daß bis dahin H3 gewerbliche Kurse veranstaltet worden seien, an denen sich ^76 Kriegsteilnehmer- beteiligt hätten. E in weiteres wichtiges Gebiet sei die Arbeits­ vermittlung. Sie habe schon sehr viele Kriegsbeschädigte in ihren alten oder in einen neuen Beruf zurückgcführt. Endlich berichtete der Redner über die Lehrbetriebe in der Industrie, über die Kapita l­ abfindung, über die Schaffung eigener Heime für die heinikehrenden Krieger, über die Beihilfen für die Erziehung der Kinder Kriegs­ beschädigter und über die Arbeiten der Bezirks- und Ortsausschüsse des Heimatüank. An diesen Vortrag schloß sich eine Darstellung von Stabsarzt Professor v r . w ilm anns über den Ausbau der badischen Lazarette während der Kriegsjahre sßsS und l9s7. Dann stellte Professor v r . Sauerbruch aus Zürich mehrere Amputierte mit künstlich willkürlich bewegbaren Ersatzgliedern vor. Das wesent­ liche der von ihni und v r . Stadler gemeinsam ausgebauten Riethode beruht darin, daß die Rluskulatur eines Amputationsstumpfes wieder zur physiologischen Arbeit herangezogen wird. Sodann richtete der Großherzog folgende Worte an die Versammlung: „Bevor die Großherzogin und ich Ih ren Kreis verlassen, ist es m ir ein aufrichtiges Anliegen, Ihnen unsere treuen wünsche für eine fernere erfolgreiche Arbeit auf dem wundervollen Gebiete, das sich der „Heimatdank" vorgenommen hat, mit auf den weg zu geben, w a s die heutigen Stunden uns gebracht haben an Über­ sicht über Ih re Tätigkeit, über die Entwicklung unserer Lazarett­ einrichtungen und zum Schluß über die gewaltigen Erfolge dieses trefflichen Hochschullehrers, läßt uns fest hoffen, daß immer mehr und mehr das Ziel erreicht wird, sie alle, die durch die Riühsale des Krieges geschädigt worden sind, in einer — so Gott w ill — uns allen bald zuteil werdenden segensreichen Friedenszeit zu voll­ wertigen witarbeitern zu machen. Seien Sie überzeugt, daß die Großherzogin und ich m it dem lebhaftesten und tatkräftigsten Interesse Ih re Arbeiten weiter verfolgen werden. Rot diesem Wunsche scheiden w ir von Ihnen". Ronislerialdirektor Weingärtner gab dem Dank der Versammlung Ausdruck für das lebhafte Interesse, das das Großherzogspaar den Arbeiten des Heimatdanks entgegenbringe, und schloß m it einem Hoch auf den Großherzog und die Großherzogin. Nachdem sich das Großherzogspaar verab­ schiedet hatte, erledigte die Versammlung den Rest der Tagesord­ nung, der Angelegenheiten mehr geschäftlicher Natur umfaßte. Ende Mktober überwies ein K a r l s r u h e r B ü r g e r dem Grtsausschuß Karlsruhe des Badischen Heimatdankes 5000 M k. anstelle eines jährlichen Beitrags. Anfang Dezember spendete Mber- jägermeister Freiherr von Seldeneck 2000 M k. als einmalige Gabe. Ferner hat die Handelskammer für die Kreise Karlsruhe und Baden den Betrag von sOOO Akk. dem Heimatdank überwiesen. Ende Dezember gab Dr. Th. Ellinger als einmalige Spende 2000 Akk. (Oberstabsarzt Dr. L. Gutsch, Kommerzienrat K a rl Moninger und Brauereidirektor Stephan Moninger überreichten je jOOO M k. I m November richtete der N a t i o n a l e F r a u e n d i e n s t Blumen-Straße l eine Nähstube mit unentgeltlichen! Unterrichte ein, in dem gezeigt wurde, wie man zerrissene Strümpfe auch ohne Stopfwolle und Stopfbaumwolle flicken und wie man Anzüge aus Papierstoff Herstellen kann. Am 3. November wurde der W e i h n a c h t s - L i e b e s ­ gab e n v e r k a u f eröffnet. Der verkauf zum Besten der Weih­ nachtsspende „Kaiser- und Volksdank" fand im Werderpalais, Bismarck-Straße 2, vom 3. bis 7. November statt. Bei der Eröffnungsfeier, der auch die Großherzoginnen Hilda und Luise anwohnten, begrüßte Dr. Stroebe die Erschienenen. Wie in frü ­ heren Jahren, so führte er aus, habe der Landesverein vom Roten Kreuz eine Sammlung in die Wege geleitet, um Weihnachtsspenden an die Front senden zu können. Da es jedoch bei dem Ulangel an einzelnen Artikeln immer schwieriger werde, Liebesgabenpakete zu füllen, so habe die Hauptsammelstelle des Roten Kreuzes schon seit längerer Zeit größere Anschaffungen gemacht und eine Reihe von Personen hätte dem verkauf Schenkungen zugewiesen. I n seinen Schlußworten dankte Dr. Stroebe allen, die Gaben gespendet, namentlich den Damen und Herren, durch deren eifrige M itarbe it die Veranstaltung ermöglicht worden wäre. Insbesondere dankte — sflo - A- General Zsbert und dessen Gemahlin dafür, daß sie die Räume zur Verfügung gestellt hätten. M it einepi dreifachen Hurraruf auf Kaiser und Großherzog schloß er seine Ansprache, an die anschließend die Militärkapelle „Deutschland, Deutschland über alles" und die badische Hymne spielte. Es folgte sodann eine Besichtigung der zum Verkauf ausgestellten Gegenstände. An einem Tische konnten die verkauften Waren sofort verpackt werden. Der Verkauf fand an den obengenannten Tagen täglich vdn l l Ahr vormittags bis 7 Ahr nachmittags statt. T in Glücksrad war ausgestellt. Musikalische Aufführungen wurden geboten. Auch ein Trfrischungsraum war eingerichtet. — Der A u fru f für die Ver­ anstaltung von Sammlung für den erwähnten „Kaiser- und Volks­ dank" war seit Anfang Gktober nochmals in den verschiedenen Zeitungen veröffentlicht worden. Am ss. Gktober hatte der Stadtrat dem Landesverein vom Roten Kreuz zu der Weihnachts­ sendung an badische Truppen einen Beitrag von s5 000 M k. a^s der Stadthauptkasse unter dein Vorbehalt bewilligt, daß die daraus zu beschaffenden Gaben Karlsruher Truppenteilen zugewendet würden. — Wie in den vergangenen Jahren gab die Haupt­ sammelstelle des Roten Kreuzes auch sfll? wieder Weihnachts­ schachteln zum Füllen aus. 32 Eisenbahnwagen trugen rund s78 000 Weihnachtspakete nach sH verschiedenen Richtungen. Zn der Sitzung des R o t e n K r e u z e s vom s2. November sprach P rä lat O. Schmitthenner über seine dritte Frontreise, die ihn wiederum nach dem Westen führte. Zn der Sitzung vom 5. Dezember teilte Or. Stroebe mit, daß der im Werderpalais abgehaltene Weihnachtsverkauf eine Reineinnahme von rund H5 000 M k. ergeben habe. Kassier G tt berichtete über den Rech­ nungsabschluß auf s. November l9 l? - Nach seinen Darlegungen haben sich die Finanzen etwas gebessert; ein Fehlbetrag sei aller­ dings noch vorhanden. Anter den Ausgaben des Landesvereins vom Roten Kreuz steht an erster Stelle die Summe von ̂939 25H Mk. für Liebesgaben. Ferner wurden ausgegcben: für die Gefangenen­ fürsorge 237 söO M k ., für Angehörige von Kriegsteilnehmern und Schweizer M ilitärurlaubern 238 908 Alk., für Ausrüstung und Kleidung der Krankenpfleger und -Pflegerinnen 38H 7fl7 Alk., für Familienunterstützung an Angehörige der Krankenpfleger rund — s'N - ^00 000 Akk. An die Karlsruher Lazarette wurde ein Zuschuß von 55 000 Alk. geleistet und für das Verwundetenheim wurden rund 25^00 Alk. aufgewendet. Freiwillige Gaben von Vereinen und Privaten sind dein Roten Kreuz bis l- November 2*/, Akil- lionen A lark zugegangen. Am Schluß der Sitzung gab Fräulein von petzold einen Bericht über ihren jüngsten Aufenthalt in Riga, über Kultur und Aufblühen dieser ihrer Vaterstadt. Anfang Dezember fand im Reservelazarett der Neuen Gewerbe­ schule eine Ausstellung von H a n d a r b e i t e n V e r w u n d e t e r der hiesigen Lazarette statt. Zn denselben Tagen veranstaltete Fritz Romeo in einem Saale der Neuen Gewerbeschule eine Ausstellung: „ D i e W u n d e r der R o m e o k l a u s e i n F r a neu a l b . " Die s2H Stücke der Aus­ stellung, das Ergebnis einer jahrelangen Sammeltätigkeit Romeos, sind originelle Ast- und Wurzelstücke, die das Aussehen von Vögeln, Assen und anderen Gelieren haben und bei denen die Kunst nur selten durch Einbohren von Augen oder Einsetzen von Beinen nachhelfe» mußte. Der Reinertrag der Eintrittsgelder kam der Weihnachtsbescherung der Verwundeten zu gut. Auf Anregung der Kriegsunterstützungskommission beschloß der Stadtrat, den b e d ü r f t i g e n F a m i l i e n v o n K r i e g s t e i l ­ n e h m e r n auch iu diesem Jahre wieder Weihnachtsgaben zuzu- chenden und zu diesein Zwecke eine Sammlung von Geldbeiträgen zu veranstalten. Am H. Dezember veröffentlichte Geh. Hofrat I)r. Binz namens des Stadtrats einen A ufru f an die Einwohner­ schaft mit der Bitte, durch Geldspenden dieses Vorhaben zu unter­ stützen. Die Zuteilung der Gaben werde durch die (s8) Bezirks­ ausschüsse der Kriegsunterstützungskommission in den einzelnen Be­ zirken erfolgen. Das Großherzogspaar spendete für diese Weih­ nachtsgaben 500 Akk. Zm ganzen kamen 5006 Akk. zusammen. Außerdem erhielt die Kriegsunterstützungskommission von der F irma pfannkuch u. Eo., G. m. b. H., 200 Gutscheine im Werte von je 5 Akk. zur Verteilung an bedürftige hiesige Kriegerfamilien als Weihnachtsgabe. Am 8. und st. Dezember veranstaltete die Frauenortsgruppe des V e r e i n s f ü r d a s D e u t s c h t u m i m A u s l a n d einen Weihnachtsverkanf „F ü r unsere Kinder" und Kinderkonzert zum Besten der deutschen Kinder in Riga und der Karlsruher Krieger­ kinder. Aufgeführt wurden K lavier-, v io lin - , Gesangs- und Gedichtvorträge, sowie Bilder aus der Puppen- und Kinderstube, verkauft wurden Spielsachen, Bücher, Süßigkeiten, Gebrauchs­ gegenstände. L in Glückshafen war aufgestellt. An, (2. Dezember fand unter der Leitung von Freifrau Irm g a rd von Göler eine K i n d e r a u f f ü h r n n g zu Zwecken der Kriegswohltätigkeit vor geladenen Gästen statt. Kinder führte» das Reinickesche Spiel „Hindenburg im Zwergenreiche" auf. Den zweiten Teil des Programms bildeten die lebenden Bilder, nach Volks- und Kinderliedern gestellt. Fräulein Anina Io l ly bot am Klavier den musikalischen Teil der Vorführungen. A ls W e i h n a c h t s g a b e f ü r d i e K a r l s r u h e r L a z a ­ r e t t e überreichte die Aktiengesellschaft für Metallindustrie vor­ mals Gustav Richter hier den, Mberbürgermeister 200 RIk. und Frau Kommerzienrat Th. Henning, geb. von Stern, denselben Betrag für bedürftige kinderreiche Familie». Am (3. Dezember wurde mitgeteilt, daß Großherzogin Luise von den ihr von der G e s e l l s c h a f t v o r m a l s G. S i n n e r zur Verfügung gestellten R litteln de». Badischen Heimatdank (0 000 RK., dem Roten Kreuz, der Abteilung I I des Fraucn- vereins und der Abteilung V desselben für Einrichtung einer Kinderheilstätte in, Schwarzwald je 5000 RIk. überwiesen habe. Am (H. Dezember fand in, Beisein des Großherzogspaares in der Aula der Technischen Hochschule eine Veranstaltung des Badischen Heimatdankes (Landesausschuß für Kriegsbeschädigten- fürsorge, S o n d e r a u s s c h u ß f ü r G l i e d e r e r s a tz) statt. Der Vorsitzende des Sonderausschusses, Direktor V r. Döderlein, sprach die einleitenden Worte und wies auf die Aufgabe des Sonderaus­ schusses hin. Sodann sprach Hüttendirektor Paul probst aus Düsseldorf, Vorsitzender der Prüfungsstelle für Ersatzglieder in Düsseldorf, über die Kriegsbeschädigtenfürsorge für Amputierte, insbesondere des Reservelazaretts und der Ersatzgliederwerkstätte in Singen. V r. Hans von Baeyer, Direktor des Ludwigsheims in Würzburg, verbreitete sich über die Ersatzglieder und Arbeitshilfen des orthopädisch-chirurgischen Rcservelazaretts Ettlingen. Direktor probst befaßte sich hauptsächlich m it der Sauerbruchschen (Operation - p)3 __ lüid zeigte an Lichtbildern und kinematographischen Aufnahmen die Behandlungsweise der Amputierten. Professor l l r . von Baeyer ließ eine Anzahl Insassen des Eltlinger Lazaretts zum Turnen antreten und die Sauerbruchsche Hand in der Praxis vorführen. w ie in den Vorjahren hat die Stadtgemeinde ihren B e - a i n t e n , A n g e s t e l l t e n , L e h r e r n u n d A r b e i t e r n , die zum Waffendienst eingerufe» sind, W e i h n a c h t s l i e b e s g a b e n zukomnien lassen. Einschließlich der Lendungen an 53 Kriegs- gefangene wurden insgesamt s3H0 Päckchen von der Stadtverwal- tung unter Leitung des Stadtrats Friedrich B los versandt. Der In h a lt der paketchen bestand im wesentlichen aus Rauchtabak, Schweizer Stumpen, Zigaretten, Tabakspfeifen, Hosenträgern, B rief­ taschen, Taschenmessern, Taschenspiegeln und Spielkarten. Eine große RIenge Dankschreiben von den verschiedensten Kriegsschauplätzen liefen beim Stadtrat ein. Die meisten der Zuschriften schließen m it den Wünschen, der schwere Kampf möge der Stadt Karlsruhe ein Aufblühen in Handel und Wohlfahrt bringen und es möge den jetzigen Feldgrauen vergönnt sein, auch dann als getreue Bürger durch Werke des Friedens an diesem Aufblühen mitzuwirken. Auch die Besatzung des Patenschiffes der Stadt, des kleinen Kreuzers „Karlsruhe", wurde mit einem Weihnachtsgeschenk bedacht, wofür beim Stadtrat ein herzliches Dankschreiben des Kommandanten eingetroffen ist. Bürgermeister v r . Horstmann berichtete in der Sitzung des Stadt­ rats vom 27. Dezember über eine F a h r t nach der W e s t f r o n t , die er als Begleiter einer Liebesgabensendung zur 28. Division vor Weihnachten übernommen hatte. Dabei übermittelte er den wärmsten Dank der niit den Liebesgaben des Roten Kreuzes und der Stadt­ verwaltung bedachten Division, insbesondere der Karlsruher Regi­ menter. — Aus derselben Sitzung wurde mitgeteilt, daß die Kriegs­ amtsstelle des stellvertretenden Generalkommandos des X IV . Armee­ korps der Stadt Karlsruhe für die Bewilligung eines Zuschusses von 2000 RIk. für die Errichtung einer Heilstätte für tuberkulöse Kinder im Schwarzwald dankt. Am 28. Dezember gab der Oberbürgermeister bekannt, daß ihm R e c h t s a n w a l t O r. Sc h r ä g anläßlich des Hinscheidens seiner Rlutter die Summe von s500 RIk. und zwar znr verwen- 13 - IM - dung von je 500 Alk. für das Rote Kreuz hier, für die Karls- ruher Kriegswaisen und für hiesige Krippen des Frauenvereins übergeben habe. Namens der Bedachten sprach der Oberbürger­ meister hierfür herzlichen Dank aus. Line der Aufgaben, die dem Roten Kreuz während des Krieges neu erwachsen sind, bestand in der U r l a u b e r f ü r s o r g e. L s handelt sich dabei um diejenigen Wehrpflichtigen, die vor dem Kriege im neutralen Ausland, vor allem in der Schweiz, ansässig waren und die während des Krieges nicht dorthin zurückkehren dürfen. Um ihnen aber die Möglichkeit zu bieten, mit ihren Angehörigen znsammenzukommen, werden sie von ihren Truppen­ teilen an Grte nahe der Schweizer Grenze beurlaubt. Die O rts- und Bezirksausschüsse des Badischen Landesvereins vom Roten Kreuz haben für diese Urlauber Fürsorgestellen, Urlauberheime mit freier Verpflegung eingerichtet. I n Karlsruhe schuf das Rote Kreuz eine groß angelegte Fürsorgestelle. Zu diesem Zwecke wurde hier das Hotel Lion gepachtet, woselbst die Urlauber mit ihren Familien die Mahlzeiten einnehmen, Lesestoff finden und wo abends für Unterhaltung gesorgt ist. B is 3s. Dezember sßs7 betrug der Gesamtaufwand für diese Urlauberfürsorge über 770 000 Mk. Z u r Deckung der Rosten haben aufgewendet: der Landesverein vom Roten Kreuz 2H0 000 M k., die O rts- und Bezirksausschüsse, bei denen Urlauberfürsorgestellen errichtet sind, s 70 000 M k., p r i ­ vate 60 000 M k . Das Reich ist m it 70 000 M k. beteiligt. Der Rest ist ungedeckter Aufwand der Gemeinden. D. A n d e r e p o l i t i s c h e V o r g ä n g e , p o l i t i s c h e Vereine. Am s8. Februar, abends 6 Uhr, empfing der Großherzog in Gegenwart des Staatsministers Vr. Freiherrn von Dusch den ungarischen Ministerpräsidenten a. D. Grafen Khun-Hedervary zur Notifikation der T h r o n b e s t e i g u n g des K a i s e r s K a r l von Österreich, Königs von Ungarn. Der Sondergesandte war von den: Kämmerer und Legationsrat Grafen Bukuwky begleitet. Die beiden Herren wurden sodann von der Großherzogin empfangen. Um 7 Uhr empfing der Großherzog gleichfalls in Beisein des Staatsministers den österreichisch - ungarischen außerordentlichen 195 - Gesandten und bevollmächtigten Minister Grafen Neines-Hidveg zur Überreichung seines neuen Beglaubigungsschreibens. Anschließend folgte der Empfang des Gesandten durch die Großherzogin. Um 8 Uhr fand zu Ehren der genannten Abgesandten Tafel im Palais statt, wozu der Staatsminister und der Hofstaat Einladungen erhalten hatten. Am 2H. A p ril wurde der L a n d t a g zu einer außerordent­ lichen Tagung im Auftrag des Großherzogs durch den Staats- minister eröffnet. Die in der Thronrede angekündigten Vorlagen betrafen hauptsächlich die Bewilligung weiterer M itte l zur Deckung der durch den Arieg vcranlaßten Ausgaben und andere M a ß ­ nahmen, die der Arieg hcrvorgerufen hatte. Am s3. Jun i wurde der Landtag vertagt. Am 8. M a i fand eine Versammlung des E i s e n b a h n ­ p e r s o n a l s statt m it der Tagesordnung „die Neuorientierung des Eisenbahnpersonals und der badische Landtag". Nach aus­ führlichem Berichte durch Gauleiter Schwall sagten die anwesenden Abgeordneten Aolb (Soz.), Aöhler (Zentrum), B itter (Nat.»Lib.) zu, die Forderungen der Eisenbahner zu unterstützen. Auch andere Mitglieder der Zweiten Aammer wohnten der Versammlung an. Am Schluffe derselben wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen: „Erhöhung der Löhne und Gehälter nach den in der Petition ausgestellten Sätzen. Einfügung des ß s3 des H ilfs ­ dienstpflichtgesetzes in die Bestimmungen über die Einrichtung und Tätigkeit der Arbeiterausschüsse. Schaffung von Beamtenausschüssen mit den gleichen Rechten wie die Arbeiterausschüsse. Durchgehende Arbeitszeit m it gleichzeitiger Verkürzung derselben auf täglich 8 Stunden. Verwirklichung des Grundsatzes: „Bahnfre i jedem Tüchtigen!" Die erwähnte Petition hatte eine Erhöhung der Anfangslöhne um s M k. und der Höchstlöhne um 2 M k. im Tag verlangt. Die Gehälter der Beamten sollten um mindestens 30°/g erhöht werden. Am 7. J u li besuchte der türkische Unterrichtsminister Schük r i B e y in Begleitung des Beirates des osmanischen Unterrichts­ ministeriums, Geh. Regierungsrates Professor v r . Schmidt, eine hiesige Volksschule und eine höhere Lehranstalt (Gymnasium). Die zur Verfügung stehende Zeit war zu kurz, um den Gästen die * sY6 — Vielgestaltigkeit unseres Schulwesens vor Augen zu führen. Im Gymnasium wohnten sie den: Turnunterricht an. Am Vachmittag wurde das Flußbaulaboratorium, das chemische Institu t und das chemisch-technische Institu t der Technischen Hochschule besucht. Außerdem hatten die beiden Herren Audienz beim Großherzog. Am 9 . August fand im Finanzministerium unter Vorsitz des Ministers eine Besprechung m it führenden Mitgliedern beider Aammern der Landstände über V e r b e s s e r u n g der T e u e ­ r u n g s m a ß n a h m e n für Beamte und Arbeiter des Staates statt. M it Wirkung vom s. A p ril sys? soll die bewilligte Ariegslohnzulage verdoppelt und die den unteren Beamten vom gleichen Zeitpunkt ab gewährte Ariegszulage erhöht und auf weitere Beamtenkreise ausgedehnt- werden. Bezüglich der Regelung der Rriegszulage wurde ein tunlichst gleichmäßiges Vorgehen, wenigstens in den süddeutschen Staaten, als dringend erwünscht bezeichnet. Tine ähnliche Besprechung fand am s8. September statt. Am ss. August tra f der Re i chskanz l e r Vr . M i c h a e l i s von Stuttgart kommend hier ein. T r wurde im Auftrag des Großherzogs vom Flügeladjutauten M a jo r Schilling von Lanstatt am Bahnhof empfangen und nach dem Schlosse geleitet, wo er m it seinem Begleiter, dein Legationssekretär von Prittwitz, Woh­ nung genommen hatte. T r hatte dann Audienz beim Großherzog und darauf bei der Großherzogin. Anschließend fand zu Thren des Reichskanzlers Frühstückstafel statt, zu der mehrere Tinladungen ergangen waren. Nach 3 Ahr nachmittags reiste der Aanzler nach Darmstadt weiter. A m 25. Oktober trat der L a n d st ä n d i s ch e A u s s c h u ß unter dem Vorsitz des Prinzen M ax im Finanzministerium zu einer Sitzung zusammen, um die Berichte über die Prüfung der Rech­ nungen der Tisenbahnschuldentilgungskasse, des Domänengrund» stocks nnd der Amortisationskasse entgegenzunehmen. W ir ent­ nehmen aus dem erstgenannten, daß das Ja h r syl ö der badischen Staatsbahn die bis dahin höchste Gesamteinnahme m it s32,2 M illionen M ark und den höchsten Tinnahmeüberschuß m it HO,8 M illionen M ark gebracht hat, aus dem die volle Verzinsung und T ilgung geleistet werden konnte, so daß sich die gesamte Tisenbahn- schuld um sO,y M illionen M ark gemindert hat. Allerdings hat - - der Umstand zu der günstigen Lage beigetragen, daß der gesamte Bauaufwand noch nicht ein viertel des Aufwandes der letzten Friedensjahre ausmachte. Am 28. November fand die Eröffnung der o r d e n t l i c h e n T a g u n g der Landstände statt, vo ran ging Gottesdienst für die katholischen Antglieder in der Stephauskirche, für die evangelischen in der Stadtkirche. Dort wurde levitiertes Hochamt gehalten, das Ehrendomherr Anörzer zelebrierte. Eingeleitet wurde die Feier mit dem Hymnus Veni creutor. Der Airchenchor trug mehrere Ehöre vor. Dem Gottesdienst in der Schloßkirche wohnten das Großherzogspaar und Großherzogin Luise an. Hofprediger Fischer legte seiner predigt die Worte aus Waleachi 3, s?: „Sie sollen, spricht der Herr, mein Eigentum sein", zugrunde. Thor- und Gcmeindcgesänge, darunter das „G ott gib Frieden in deinem Lande" und das Lutherlied „E ine feste B u rg " umrahmten die Feier. — Bei der Eröffnung der Tagung verlas im Auftrag des Großherzogs und in Vertretung des erkrankten Staatsministers der UUnister des Innern, Freiherr von Bodman, die Thronrede. Sie bezeichnet die Finanzlage des Landes „unter Berücksichtigung der Ariegs- verhältnisse" als dauernd befriedigend. Abgesehen von verschiedenen Ulaßnahmen, die durch de» Rrieg bedingt waren, kündigte die Rede u. a. Vorlagen über eine Erleichterung der zurzeit noch zu Recht bestehenden Vorschriften über die allgemein wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen, über eine Änderung des Stiftungs­ gesetzes und über eine Neugestaltung des Fortbildungsunterrichts an. Außerdem enthielt die Thronrede nachstehende Sätze: „Unter E r ­ haltung der bewährten Grundlagen unseres Staatslebens werden die Einrichtungen des Staates, der Areise und Gemeinden in ver­ trauensvollem Zusammenwirken von Fürst und Volk, von Regie­ rung und Landständen einer Weiterbildung zuzuführen sein, welche dem Geiste der neuen Zeit Rechnung trägt und damit die Gewähr bietet für die Erhaltung der Einheit und Geschlossenheit unseres Volkstums. Die Großherzogliche Regierung wird aus dem neuen beginnenden ordentlichen Landtag die Erörterung der hervortretendcn gesetzgeberischen Aufgaben mit Ihnen sortsühren und ihre Lösung in Angriff nehme», sobald es die Zeitlage gestattet". Zum Präsidenten der Ersten Aammer hatte der Großherzog wieder den Prinzen M a x , zum I. Vizepräsidenten Geh. Rat Or. Bürklin und zum II. Or. Freiherrn von ko-Roche-Ltarkenfels ernannt. — An Stelle des infolge Arankheit zurückgetretenen Geh. Rates I)r . Reinhard berief der Großherzog Geh. Rat Or. Lewald in die Grste Aaminer. Die Zweite Aamnier wählte zum Präsidenten den Abgeord­ neten Zehnter (Zentrum), zum I. Vizepräsidenten den Abgeord­ neten Rohrhurst (Nat.-Lib.) und zum II. Vizepräsidenten den Abge­ ordneten Geiß (Soz.). Am sy. Dezember empfingen der Großherzog und die Groß­ herzogin den S t a a t s s e k r e t ä r des R e i c h s a mt s des I n n e r n M a l i r as , der anschließend an der Frühstückstafel der Herrschaften teilnahm. Am 22. Dezember versetzte der Großherzog den S t a a t s ­ m i n i st e r I ) r. F r e i h e r r n v o n Dusch „au f sein untertänigstes Ansuchen" wegen angegriffener Gesundheit unter besonderer Aner­ kennung seiner langjährigen, ausgezeichneten und erfolgreichen Dienste in den Ruhestand. Der Minister des Znner» Or. Freiherr von und zu Bodman wurde unter Belassung in dieser Stellung zum Staatsminister und Präsidenten des Staatsministeriums, der Präsident des Oberlandesgerichts v r . Adalbert Düringer zum Minister des Großherzoglichen Hauses, der Justiz und des Aus­ wärtigen ernannt. Anläßlich des Rücktritts des Staatsministers richtete der Groß­ herzog nachstehendes Schreiben an denselben: „Lieber Staatsminister Freiherr von Dusch! Nachdem Sie mir den lvunsch, von Ih re n Ämtern als Präsident des Staatsministeriums und als Minister meines Hauses, der Justiz und des Auswärtigen enthoben zu werden, wiederholt und unter Hinweis auf dringenden ärztlichen R at vorgetragen haben, sehe ich mich zu meinem lebhaften Bedauern i» die Lage verseht, Ih re m Ansuchen entsprechen zu müssen. Ich lue dies mit dem Gefühl der wärmsten und dankbarsten Anerkennung der ausge­ zeichneten Dienste, die Sie während einer laugen und erfolgreiche» Minister- lausbahn in nie ermüdender Arbeitssreudigkeit und treuer Hingabe meinem in Gott ruhenden Vater und mir zum tvohle des Landes geleistet habe». Diese Anerkennung Ih n en auszusprechen, ist mir um so mehr ein Herzensbedürfnis, als ich auch persönlich unserer gemeinsamen Arbeit stets mit besonderer Befriedigung gedenken werde. Ich hoffe, daß Sie in wiederbefestigter Gesundheit sich noch lange der wohlverdienten Ruhe erfreuen werden, und ich liitte 2ie, nieiue Lüfte, die Ih n en hiermit zngeht, als das äußere Zeichen meiner aufrichtigen Dankbarkeit nnd meines immer gleich bleibenden W ohl­ wollens zu betrachten. I h r wohlgeneigter Friedrich, Großherzog". I m Oktober hatte sich die Deu t sche V a t e r l a n d s ­ p a r t e i gebildet. Den Vorstand bildete Herzog Johann Albrecht zu Ulecklenburg, Ehrenvorsitzender, Großadmiral von Tirpitz, s. Vorsitzender, Generallandschaftsdirektor a. D. V r. Kapp, 2. Vor­ sitzender. Hier bildete sich ein Ortsverein m it Geh. Studienrat V r. Boesser als Vorsitzeitdenr. Der Ortsverein trat am s6. N o­ vember mit einem A ufru f an die Öffentlichkeit, in den: u. a. ge­ sagt wurde, daß das deutsche Volk einen „Verzicht- und Hunger­ srieden" nicht brauchen könne. Es wolle „einen Frieden m it ge­ sicherten Grenzen, m it Siedelungsland für die wachsende Bevölke­ rung, m it Kolonien, die der Industrie die wichtigsten Rohstoffe liefern, m it freiem Verkehr über alle Weere". Damit dieses Ziel erreicht werde, bedürfe „die deutsche Regierung eines starken Rück­ halts gegenüber Kleinmut und Weltfremdheit im eigenen Volke, ganz besonders aber in den entscheidenden Friedensunterhandlungen mit den arglistigen und heuchlerischen Diplomaten fast der ganzen Welt." Diesen Rückhalt zu gewähren rufe die Deutsche Vater­ landspartei das deutsche Volk auf. Unter dein A u fru f des O rts ­ vereins standen siebzig Namen aus verschiedenen Kreisen und Ständen der Bevölkerung. — Am s8. Dezember hielt die Vater­ landspartei eine öffentliche Versammlung ab, in der Geh. Rat Professor I)r. Hoche aus Freiburg über das Thema: „W ohin treiben w ir? " eine Rede hielt. I m Sinne des Programms der Vaterlandspartei bekämpfte der Redner in längerer Ausführung von etwa einer Stunde die Entschließung des Reichstages vom ly. J u li über einen Verständigungsfrieden. E r betonte, wie schon der Vorsitzende der Ortsgruppe bei der Begrüßung hervorgehoben hatte, daß die Vaterlandspartei keine wilde Eroberungspolitik treibe, aber durch jene Entschließung werde der Siegeswille des deutschen Volkes verkümmert, verzagter Kleinmut und schwunglose Ärm lich­ keit des Gefühls lasse uns des Erreichten nicht froh werden. Auch — 2 0 0 — erschwere das Schlagwort Verständigungsfrieden unseren Unter­ händlern die Stellung, wenn sie sich dereinst an den Verhandlungs­ tisch m it den Vertretern unserer Gegner setzten. Die Vaterlands­ partei, gegründet von Mitgliedern aller Parteien, stehe außerhalb aller konfessionellen, wirtschaftlichen und staatsrechtlichen Frage­ stellungen des Friedens, sie stehe m it keinen politischen Bildungen im Wettbewerb, da sie sich m it Kriegsende wieder auflöse. V r. Boesser hatte zu Beginn der Versammlung mitgeteilt, daß am f7. ein Badischer Landesverein der Deutschen Vaterlandspartei gegründet worden sei, zu dessem ersten Vorsitzenden Geh. Rat V r. Hoche, der Redner des Abends, gewählt worden wäre. Sodann verlas er einen telegraphischen Gruß an Feldmarschall Hindenburg folgenden In h a lts : „U m das Banner der Vaterlandspartei geschart, von unerschütterlichen! Siegeswillen durchdrungen, danken und huldigen viele hundert Karlsruher Männer und Frauen unseren Helden und ihren Führern und geloben durchzuhalten bis zu einem Frieden, der Deutschlands Interessen treulich bewahrt und ihm eine glück­ liche Zukunft sichert." Gin Telegramm an Großadmiral von Tirpitz hatte den gleichen W ortlaut bis auf den Schluß, der hieß: „ w i r danken und huldigen Ihnen, dem erfolgreichsten Mitbegründer unserer Flotte." Die Versammlung stimmte der Absendung beider Telegramme einmütig zu. Nach der Rede dankte V r. Boesser Geh. Rat Hoche und forderte die Versammlung auf, der Kämpfer inr Gsten und Westen, zu Wasser, zu Lande und in der Luft, ebenso der Führer und an ihrer Spitze des Kaisers mit einem kraftvollen Hurra zu gedenken, in das die Anwesenden einstiimnten. Von Tirpitz lief nach einigen Tagen bei Or. Boesser nachstehende telegraphische Antwort ein: „A llen Teilnehmern der Kundgebung herzlichen Dank für freundliche Begrüßung und das Gelöbnis treuen Durchhaltens bis zu einem siegreichen Frieden." Am 8. Februar sprach im Verein der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s P a r t e i Professor V r. August Hausrath von Heidelberg über das Thema „Deutsches Friedensangebot und englischer Ver­ nichtungswille". G r führte u. a. aus, daß das deutsche Friedens­ angebot durchaus ernst gemeint gewesen sei; das zeige vor allem der prächtige Brief des Kaisers an den Reichskanzler. Die Gntente-- note an den Präsidenten Wilson sei ein englisches Dokument, aus 2 0 s — dein der ungebeugte Herrscherwille einer trotzigen Nation spreche. Die Note zeige nicht den Befreier, sondern den Eroberer. Unbe­ schränkte Leeherrschaft und Knebelung des Kontinents, das seien die Grundgedanken der englischen Kritik. Unsere Feinde gründeten ihre Siegeszuversicht auf die angebliche Kriegsinüdigkeit des deutschen Volkes, die sie vor allein aus den Iammerbriefen, die an die Front gelangten, herausläsen. Diese Briefe stammten von Leuten, die in dieser schweren Zeit den Kopf verloren hätten, Wer so klage, verlängere die Dualen, unter denen er leide. W ir freuten uns ob der ruhigen und sicheren Noten, die Zimmermann, der bürgerliche Staatssekretär des Auswärtigen, hinausgehen lasse, Noten, wie sie seit Bismarck nicht mehr da gewesen wären. Die deutsche Siegeszuversicht gründe sich auf den festen Grund der Zentralmächte und auf den russenfreien Balkan, durch den endlich einmal in diesem Wetterwinkel Ruhe geschaffen würde. M it gefaßter Seele sehe das deutsche Volk dem kommenden schlimmsten Abschnitt des Krieges entgegen, würdig seiner Väter, unter denen Bismarck, Kant, Fichte, Schiller und Goethe wären. Die Ver­ sammlung des Vereins nahm einstimmig nachstehende E n t­ schließung au: „Line zahlreich besuchte Versammlung der Vereins der Fortschrittlichen Volkspartei Karlsruhe spricht ihre feste Zuversicht aus, daß das deutsche Volk auch die schwerste Prüfung in diesem Kampf um seine Lebensbedingungen siegreich bestehen wird, in unerschütterlichem Vertrauen auf die von Besonnen­ heit und Entschlossenheit zugleich eingegcbene Haltung unserer Reichsregierung und unserer obersten Heeresleitung. Die Versammlung steht auf dem Ztand- punkt, daß es mehr wie je nottut, daß alle Schichten unseres Volkes, angesichts der gemeinsamen Rot und Gefahr, treu Zusammenhalten und bis zum Lude des blutigen Ringens alle inneren Gegensätze vergessen. Sie billigt alle auf das Ziel des Durchhaltens und Zusammcnhaltens gerichteten Bestrebungen unserer Parteileitung und Reichstagsfraktion. Zugleich gibt sie der Hoffnung Ausdruck, daß die von politischer Reife und unübertrefflicher Vaterlandsliebe zeugende Haltung der breiten Volksschichten Deutschlands nach siegreichem Kriege gewürdigt werden wird durch Erweiterung der Rechte und Erleichterung der wirtschaftlichen Lage der großen Masse des deutschen Volks". W it einem hoch auf Vaterland, Heer und Volk schloß die Versammlung. Am so. W ai hielt der Verein der Fortschrittlichen Volks- partci seine Hauptversammlung ab. Die Ämter wurden durch — 2 0 2 - einstimmigen Beschluß m it den bisherigen Inhabern wieder besetzt. Landtagsabgeordneter Or. Gönner hielt einen Bortrag über die politische Lage m it deutlichem Bekenntnis zur Neuorientierung im Reich und in Baden. — Am 2H. September nahm der Verein nach einem Vortrage des Reichstagsabgeordneten v r . Haas eine Entschließung an, in der diese Versammlung „protestiert gegen die alldeutsche Agitation, die die oberste Heeresleitung mit Unrecht gegen die Reichstagsmehrheit auszuspielen versucht. Gerade die unüberwindliche Stärke der deutschen Armee und der deutschen Flotte gestatte der Regierung und dem deutschen Reichstage, den Friedenswillen des deutschen Volkes frei zu bekennen. Sie protestiert gegen alle Versuche des Auslandes, wie sie auch in der Note des Präsidenten Wilson zum Ausdruck komme, sich in Angelegenheiten der deutschen Politik einzumischen. Deutschland schafft sich seine Freiheit selbst und lehnt eine Freiheit von U)ilsons Gnaden ab". — Der Verein der Fortschrittlichen Volkspartei lud zu einer öffent­ lichen Versammlung am s7. November ein, in der Staatssekretär a. D. Dernburg aus Berlin über „Geschlossene Front nach innen und außen" sprach. Der Redner beleuchtete die mißliche Lage beinahe aller unserer Gegner und verglich sie mit der Festigkeit und Entschlossenheit nach außen und innen in Deutschland. Er­ ging sodann aus die innere Politik ein, deren Zusammenhang von der äußeren gar nicht zu trennen sei. Die ungeheuren Gpfer, die alle Schichten des Volkes brächten, hätten das Verantwortlichkeitsbewußt­ sein allgemein geweckt und es als eine Pflicht erscheinen lassen, an der Bestimmung der Geschicke des Landes einen ausschlaggebenden Anteil zu nehmen. Hieraus erkläre sich das Streben nach dem Parlamentarismus. Dieser sei durch die Neuordnung erreicht. Aanzler (G ra f Hertling) sei ein führendes M itglied der größten Mehrheitspartei, die ändern an der Mehrheit beteiligten Fraktionen soweit sie an der Regierung beteiligt zu sein wünschten — hätten führende Posten im Reich und in Preußen erhalten. Es folgte dann eine längere Darlegung über die Frage der Reform des preußischen Wahlrechts als eine der wichtigsten Reichsfragen m it Rücksicht auf die führende Stellung Preußens im Reich. Redner wendete sich hieraus gegen die Vaterlandspartei, die auf eine Sprengung der Mehrheit hinarbeite und sich alle Mühe gebe, — 203 — die Geschlossenheit Deutschlands zu zerstören. Das auswärtige Programm der Mehrheit vertrete die wahren Zukunftsinteressen des Vaterlandes, das auf der Weltgeltung Deutschlands ebenso wie auf einem freundwilligen Verhältnis in Handel und Wandel beruhe. Gr begründete schließlich die Frage der Abrüstung, der in der deutschen Antwort auf die Papstnote zugestimmt sei, aus den Lasten des Krieges, der Neubewaffnung und den: allgemeinen Friedcnsbedürfms der Welt. Am nächsten Tage (s8. November) hielt die Fortschrittliche Volkspartei Badens ihren vertretertag ab. Abgeordneter Geser von Frankfurt a. M . erstattete Bericht über die politische Lage, die Rriegsziele, die Reichstagsverhandlungen und die Neuorientierung. Nach lebhafter Aussprache fand folgende Entschließung eine nahezu einstimmige Annahme: „Der vertretertag der Fortschrittlichen Volkspartei Badens bekennt sich in Betätigung der Haltung der Fortschrittlichen Reichstagsfraktion, der Reichsregie- rnng und der obersten Heeresleitung zu einem Frieden der Verständigung und des Ausgleichs, der kein Verzichtsfrieden oder Hungerfrieden ist, der vielmehr dem deutschen Reiche Sicherheit und Entwickluugsfreiheit gewährleistet und den großen Taten und Gpsern unserer Kämpfer entspricht. Das deutsche Volk im Felde und in der Heimat wird nach wie vor in einmütiger Entschlossenheit seine vaterländische Pflicht erfülle», bis dieser Friede ersiegt ist". Nach einem Bericht des Abgeordneten Muser über die innere Politik wurde nachstehende Entschließung einstimmig ange­ nommen: „Der vertretertag der Fortschrittlichen Volkspartei in Laden begrüßt den Be­ ginn der politischen Neugestaltung im In n ern und spricht der Reichstagsfraktion für ihre Mitwirkung darin freudigen Dank und lebhafte Anerkennung aus. Der vertretertag erwartet zuversichtlich, daß die Partei diese ihr durch ihr eigenes Programm vorgezeichuete Politik ebenso beharrlich und besonnen, wie tatkräftig weiter verfolgt. Der vertretertag spricht Friedrich von Payer, den, erprobten Führer der Partei, für den Dienst, den er dem Vaterlande durch die opfer­ willige Übernahme des Vizekanzleramtes geleistet hat, in Verehrung und vertrauen herzlichen Dank aus". Bei Erörterung der wirtschaftlichen Fragen forderte Reichs­ tagsabgeordneter von Lichulze-Gaevernitz, daß in den zukünftigen Friedensverträgen die Meistbegünstigungsklausel ausgenommen werden müsse, die für die Lebensinteressen des deutschen Volkes weit wichtiger sei, als alle Annexionen. Dann wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen: » — 20-s — „Der vertretertag der Fortschrittlichen Volkspartei in Laden ersncht die Vertreter der Partei im Reichstag und in: Landtag dahin zu wirken, daß die Zwangswirtschaft, die der Krieg gebracht hat, tunlichst bald und, soweit es ohne Schädigung der wirtschaftlichen Allgcineininteressen möglich ist, durch die Freiheit des wirtschaftlichen Lebens, die der starke Antrieb unseres Gedeihens war und bleiben muß, wieder ersetzt wird. I m einzelne» ist notwendig ziel­ bewußte Fortführung der Sozialpolitik, die Herstellung gesicherter Existenzen der aus dem Felde Heimkehrenden, wie vor allen: der Kriegsbeschädigten, der alsbaldige Wiederaufbau des durch die Kriegsnöte schwer bedrohten M itte l­ standes in allen seinen Zweigen durch Beseitigung der Iwangszusammen- legungen, sowie durch weitgehende positive Hilfe, insbesondere die rechtzeitige Versorgung mit Rohstoffe» und die Gewährung ausreichender Kredite. Die notwendige Umgestaltung des Finanzwesens im Reiche wie in den einzelnen Bundesstaaten verlangt gebieterisch die volle Erfassung der steuerlichen Leistungs­ fähigkeit jedes einzelnen, besonders auch weitgehende Heranziehung der Kriegsgewinne". Der K o n s e r v a t i v e V e r e i n hielt Ende März seine Hauptversammlung ab. Geschäfts- und Kassenbericht wurden erstattet. Aus dem Bericht entnehmen wir, daß im abgelaufenen Geschäftsjahre sO Mitglieder des Vereins durch den Tod abge­ gangen, 32 M itglieder beim Heere stehen. Nach Genehmigung des Berichtes hielt Domänendirektor Hoffman» einen Vortrag über die politische Lage und erörterte Fragen der inneren und äußeren Politik. Am sO. Februar fand die Sitzung des Engeren Ausschusses der N a t i o n a l l i b e r a l en P a r t e i Badens statt. Den Haupt­ teil der Besprechung bildete der Bericht des Abgeordneten Rebmann über die Sitzung des Zentralausschusses der Partei in Berlin vom 4. Februar. Der Bericht gab gleichzeitig ein gedrängtes B ild der militärischen Lage zu Wasser und zu Land und der politischen inneren und äußeren Verhältnisse des Reichs. Eine ausgedehnte Besprechung folgte, die sich besonders m it dein verschärften A-Boot- krieg und der polnischen Frage beschäftigte. Am nächsten Tage, s s. Februar, sprach Reichstagsabgeordneter V r. Rießer in einer öffentlichen Versammlung, die der Nationalliberale und der Zung- liberale Verein berufen hatte, über die derzeitige Lage. E r kenn­ zeichnete das Verhalten des amerikanischen Präsidenten Wilson, das zu der Lage hätte führen müssen, in der w ir uns nunmehr befänden, nämlich zu dem unbeschränkten U-Bootkrieg, Die Ent­ — 206 — schließung des Reichskanzlers, dieses N itte l anzuwenden, sei uni so höher einzuschätzen, als der Auffassung des Reichskanzlers alle maßgebenden Leiter unserer militärischen Behörden beigetreten seien, auch diejenigen, die im herbst die Sache noch nicht für spruchreif gehalten hätten. Abzuwarten sei jetzt, ob die Vereinigten Staaten von Amerika den zweiten Schritt tun würden, der dein Abbruch der diplomatischen Beziehungen folgen könnte. T r , der Redner, schätze die Folgen dieses zweiten Schrittes nicht gering ein, doch müsse er sagen, daß auch das an unserem Entschluß des unein- geschränkten A-Bootkriegs in keiner Meise etwas ändern dürfe. Amerika würde es nicht leicht fallen, m it großen Truppenmassen über den Vzean zu kommen. Dafür bürgten nicht nur unsere A-Bootskommandanten, sondern auch die Tatsache, daß die Sol­ daten, die Amerika bekommen würde, zunächst eine recht lange Zeit zur Ausbildung brauchten. Ferner wäre die nötige Schiffs­ zahl zu berücksichtigen, die zu solchen Transporten notwendig sei. Aber die allgemeine militärische Lage sei zu sagen, daß sich alle in Betracht kommenden Männer voll Ruhe und Vertrauen aus­ gesprochen hätte». Dasselbe gelte von der wirtschaftlichen Lage. Die englische Aushungerungspolitik sei nicht durchführbar und wenn w ir den Schmachtriemen noch enger schnallen müßten. Der Krieg hätte uns zum Bewußtsein gebracht, daß w ir einen ein­ seitigen Industriestaat ebenso wenig brauchen könnten, wie einen reinen Agrarstaat. U)ir brauchten ebenso eine leistungsfähige Industrie wie eine leistungsfähige Landwirtschaft. Unsere finan­ zielle K ra ft sei nicht weniger gut als die militärische und w irt­ schaftliche. Der Redner warf noch einen Ausblick auf die Zukunft. Alles, sagte er, lasse darauf schließen, daß w ir nach dem Kriege — allerdings nach Überwindung einer schwierigen Übergangszeit — eine Zeit des größten Aufschwungs bekommen würden. In fo lge ­ dessen werde es auch m it der Deckung der Kriegskosten nicht schlimm. Selbst wenn w ir keine Kriegsentschädigung bekommen würden, wäre das deutsche Volk inistande, Kriegskosten zu decken. Aber w ir verzichten nicht. M ir wollen Kriegsentschädigung. Daß w ir diese nicht voll in barem Gelde kriegen könnten, sei klar, w ir könnten sie anch in anderen Dingen nehmen. Nach Schluß des Vortrags dankte Abgeordneter Rebmann dem Redner, der auch 206 den Kleinmütigsten von der gewaltigen K ra ft des deutschen Volkes überzeugt hätte. Ebenso herzliche Worte des Dankes widmete Herr Rebmann allen denen, die draußen stünden in den Gräben, ans den Schiffen und in der Luft, aber auch jenen, die ihr Leben hin- gegeben hätten. Die Versammlung stimmte sodann „Deutschland, Deutschland über alles" an, womit geschlossen wurde. —> Am 26. Jun i hielt Abgeordneter Rebmann in der Mitgliederversamm- lung des Nationalliberalen und Iungliberalen Vereins einen Vor­ trag über die politische Lage nnd über die Arbeiten des badischen Landtags. Seine Darlegungen im ersten Teile fußten auf der Besprechung und den Beschlüssen des Gesamtvorstandes der Partei in Berlin, dessen Sitzung der Redner angewohnt hatte. E r wies darauf hin, daß der Vorstand in den Friedensfragen ohne das leiseste Schwanken einig sei. M a n fordere: Erwerb von Land im Gsten, Sicherung unserer Rüsten am Meer, Kolonialbesitz und Kriegsentschädigung. Diese Forderungen dürften auch die Ziele der Gesamtheit des deutschen Volkes sein und es sei nur eine kleine Schicht, die den Scheidemannschen Frieden sans pbrase haben wolle. Bei der Sozialdemokratie sei es eben immer noch die Rück­ sicht auf die Internationale, die sich bemerkbar mache. Das erkläre auch ihre Haltung zur Stockholmer Friedenskonferenz. I n den inneren Fragen sei die Partei nicht so einig. Die Hessen und Westfalen wehrten sich gegen jede Demokratisierung. Aber ein erweiterter politischer Machtbereich müsse, das sei auch die Ansicht der Partei, unseren Feldgrauen nach ihrer Heimkehr zur Verfügung gestellt werden, kein parlamentarisches System nach fremden Mustern, sondern Ausbau der erprobten Grundpfeiler des Reiches. Die Ände­ rung des preußischen Wahlrechts sei nicht aufzuhalten. I m zweiten Teile berichtete Herr Rebmann über die Debatten und Beschlüsse des Landtags insbesondere in der Ernährungsfrage während der Kriegszeit, über die Stellungnahme der Volksvertretung zur Aus­ nützung der Wasserkräfte des Gberrheins und der Kanalisierung des letzteren, über Erörterung der Mittelstandsfragen u. a. I n Erwähnung der im Landtage berührten rein politischen Fragen wies der Redner darauf hin, daß die Sozialdemokratie in erfreu­ licher Weise auf den Boden des Staates getreten sei und durch ihre freundlichere Stellungnahme zur Monarchie einen entschiedenen - 207 — Schritt zum inneren Frieden gemacht habe, Wenn ferner die Partei auch die weitgehenden Forderungen der Sozialdemokratie auf Über­ führung des Privatkapitals in Staatskapital ablehne, müsse sie doch anerkennen, daß die Verstaatlichung des Betriebswesens, der Aohlen und der Elektrizität notwendig sei. Endlich erinnerte der Redner, daß die Partei den Widerstand gegen die Einführung einer begrenzten Zahl von Männerklöstern in Baden aufgegeben habe, da man den Zeitumständen Rechnung tragen müsse. Da­ gegen halte sie fest am H s38 der Schulgesetzgebung, wie über­ haupt an ihrem Schulprogramm, das den Ausbau uuserer Schulen und besonders der Fortbildungsschulen vorsehe. — Am 7. Gktober erließ der Nationalliberale und Iungliberale Verein in einer größeren öffentlichen Versammlung eine vaterländische Aundgcbung. Von allen Rednern, die zu Worte kamen, erging die ernste Mahnung zur Einigkeit, zum Durchhalten bis zur Erringung eines deutschen Friedens. — Am sO. Dezember sprach in einer vom National­ liberalen und Zungliberalen Verein veranstalteten öffentlichen Ver­ sammlung der Reichstagsabgeordnete Vr. Stresemann über das Thema: „A us dem alten in das neue Deutschland." Der Redner wies darauf hin, daß sich unsere Gegner in ihrer Erwartung völlig getäuscht hätten. W ir hätten zwar bis auf einen Teil von Gstafrika unsere Aolonien verloren, aber in Europa im Gsten und Westen Landstriche erobert, die zusammen größer seien als Deutschland. Der U-Bootkrieg habe seine gute Wirkung gehabt, die Zeit arbeite da weiter für uns. Rußland sei zusammen­ gebrochen. Die Friedensgeneigtheit Rußlands habe auch ihren Einfluß auf England ausgeübt. Selbst Amerika werde an dem Ausgang des Weltkriegs nichts mehr ändern können. Bei E r­ wähnung der innerpolischen Fragen begrüßte der Redner im Reiche und in Preußen die Berufung von Parlamentariern in die politi­ schen Ministerien, dagegen werde sich die Partei einem Versuche entgegenstellen, die Fachminister durch Politiker zu ersetzen. Die Änderung des preußischen Wahlrechts erklärte der Redner für dringend geboten. E r sprach sich gegen einen übertriebenen Staats­ sozialismus und gegen zu umfangreiches Monopolisieren aus, da die Staatswirtschaft nicht so gut arbeiten könne, wie die P riva t­ wirtschaft. Am s7. Januar gab Abgeordneter Uolb in einer Versamm­ lung des S o z i a l d e m o k r a t i s c h e n V e r e i n s eine Rundschau über die politischen Vorgänge der letzten Zeit, insbesondere den diplomatischen Notenaustausch. Bei der Aussprache knüpfte Stadtrat I)r. Dietz an die Ungeheuerlichkeit der Ententenote an den Präsidenten Wilson an und wies auf die Folgen hin, die solche Friedensbedingungen für das deutsche Volk haben müßten. Jetzt sei der Urieg ein Uampf um Sein oder Nichtsein unseres Volkes. Folgende Entschließung wurde einstimmig angenommen : „Angesichts der unglaublichen Ansprüche der Ententemächte an das Deutsche Reich spricht die heutige Versammlung ihre volle unentwegte Zustimmung zu der Politik des H. August aus". — Am 2 s. Zanuar sprach Reichstagsabgeordneter Gskar Geck von Mannheim in einer öffentlichen Versammlung über das Thema: „D ie Sozialdemokratie und der Urieg". E r betonte, daß Deutsch­ land das Schwert nicht eher in die Scheide stecken könne, bis seine Sicherheit voll und ganz erreicht sei. Die Arbeiter seien sehr wohl am Ausgang des Urieges interessiert und zwar m it dem Anteil, den sie an Deutschlands Weltpolitik hätten. Das deutsche Friedens­ angebot sei ehrlich gemeint gewesen. Die Gegner wollten von einem Frieden nichts wissen, der nicht Deutschlands Wohlfahrt vernichte. Zn der Znnenpolitik müßten künftig alle Vorrechte der Geburt schwinden, jede Beschränkung des gleichen Wahlrechts zu allen Körperschaften beseitigt werden. Nach dem Schluß der Rede wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen: „Nachdem die Ententemächte das Friedensangebot der Mittelmächte abgelehnt und in ihren Antworten Kriegsziele ausgestellt haben, welche nur nach vollständiger Niederwerfung Deutschlands und seiner Verbündeten zu erreichen sind und die politische Knechtschaft, den wirtschaftlichen Ruin Deutsch­ lands bedeuten, ist jeder Zweifel darüber behoben, daß unser Volk sich in einer Verteidigungsstellung befindet, bei dem es sich um Sein und Bestehen Deutschlands handelt. I n dieser Lage ist es heilige Pflicht aller Volksgenossen, alle Kräfte draußen und in der lseimat in verstärktem Maße für die Existenz des Vaterlandes einzusetzen, um einen Frieden zu erreichen, der Ehre, Freiheit, Unabhängigkeit und Zukunft unseres Volkes nach außen sichert, im Innern aber einen freiheitlichen Ausbau des Volkslebens ermöglicht". Am 6. Ju n i berichtete der Abgeordnete Uolb über die politische lkcige in einer Versammlung des Vereins. E r kam dabei auch — 2 B auf die inner-politischen Fragen und die Spaltung der Partei zu sprechen. E r sprach am Schlüsse die Hoffnung aus, daß nach Beendigung des Krieges die Absplitterungen in der Partei wieder ausgeglichen würden. Es fand eine eingehende Aussprache statt. Am s8. J u li hielt Abgeordneter Kolb im Verein einen ähnlichen Bortrag über die Lage. — Am 5. September behandelte Or. Dietz im Vereine, nachdem geschäftliche Angelegenheiten erledigt waren, die Friedensprobleme und zwar speziell das belgische Problem. E r zeigte, daß die aus den Verlautbarungen deutscher Staats­ männer zur Friedensfrage etwas geheimnisvoll auftauchende Formel der „gewissen Garantien" für Deutschland ernstester Beachtung wert sei. So wie die Verhältnisse einmal lägen, wären „gewisse Garantien" im zukünftigen Belgien m it der Frage der politischen und wirtschaftlichen Freiheit des deutschen Volkes in der T a t eng verknüpft. — Am 2P Gktober berichtete Abgeordneter Kolb über den Würzburger Parteitag. Es habe sich gezeigt, führte er u. a. aus, daß die Spaltung der Partei eine Naturnotwendigkeit gewesen sei, für die nicht nur aus persönlichen Gründen, sondern auch aus sachlichen Gegensätzen der Grund schon lange vorhanden gewesen wäre. Der Redner faßte schließlich seinen Eindruck aus den Ver­ handlungen des Parteitags dahin zusammen, daß die Sozial­ demokraten den Akut haben müßten zu sagen, daß sie nicht die Alten geblieben seien. Sie müßten in der Partei einem offenen bejahenden Verhältnis zum Staate das W ort reden. Die große Blasse der Parteigenossen empfänden es zweifellos als Erlösung, daß man aus dem alten Zwange herausgekommen sei. Neben der Internationale müsse die bisherige Stellung der Partei zu Militärforderungen, zur Kolonialpolitik und Zollpolitik sowie zur Religion überprüft werden. Gegen die Forderung, durch eine Entschließung kund zu tun, daß die Versammlung m it der auf dein Parteitag vertretenen Taktik einverstanden sei, erhob sich kein Widerspruch. Am 23. Januar fand hier die K o n f e r e n z des -jO. b a d i ­ schen R e i c h s t a g s w a h l k r e i s e s statt. Der Kassenbericht über drei tzsuartale sßsb/l? wurde erstattet und dabei mitgeteilt, daß seit Ausbruch des Krieges Mitglieder des Kreisvereins zum Heeresdienst eingezogen worden wären. ßOO Mitglieder hätten — 2(0 — wegen Nichtbezahlung der Beiträge gestrichen werden müssen. Nach den geschäftlichen Mitteilungen hielt Abgeordneter ko lb einen Vortrag über die politische Lage. Schließlich berichtete Eugen Geck über den Stand der Parteipresse. Eine zweite Konferenz des Kreises wurde am (5. A p ril abgehalten, um zu der am 22. A pril in Offenburg stattfindenden Landeskonferenz Stellung zu nehmen. Abgeordneter ko lb erstattete Bericht dazu. Seine Darlegungen wurden in der Aussprache in allen wesentlichen Punkten gebilligt. Aus dem Berichte über die Karlsruher A r b e i t e r - J u g e n d ­ b e w e g u n g innerhalb der sozialdemokratischen Partei entnehmen w ir folgende Angaben: Die Bildungsarbeit für die Jugendlichen fand durch den Krieg keine Unterbrechung. I m ganzen wurden die Abende von (flÔ s Jugendlichen besucht (durchschnittlich -(0 an jedem Abend), davon etwa ein Drittel weibliche. Es fanden 9 Vortrags-, 2H Spiel- (davon ( ( im Freien), 2 Rezitations-, 2 Diskussionsabende, ( ( Abende m it Beratung und m it Erörte­ rung der Wünsche für die Programme, 3 Besichtigungen von indu» striellen Anlagen und von Museen statt. Den Jugendlichen steht außerdem eine neuhergerichtete Bibliothek von etwa 300 Bänden zur Verfügung. Der pflege der Körperkultur dienten ( ( Wanderungen. Auch wurden die Jugendlichen zur Teilnahme an den Turnstunden der Freien Turnerschaft angehalten. Unter Leitung von Frau Schwerdt wurden Näheabende für die weibliche Jugend abgehalten; 22 solcher Abende fanden statt. Z u r Unterhaltung dienten außer Gesang und Musik unter den Jugendlichen eine Weihnachts- und eine Schulentlassungsfeier. Die Beratung der laufenden Geschäfte erledigte der Iugendausschuß in ( ( Sitzungen. — Unter den Wanderungen befand sich ein zweitägiger Ausflug am 27. und 28. M a i (den beiden Pfingsttagen) nach der Pfalz. Die K arls­ ruher fuhren m it der Bahn bis Maikammer, von dort begann die Wanderung. A u f dem Hambacher Schloß erwartete die Arbeiterjugend von Ludwigshafen und Speyer die hiesige, worauf die Wanderung gemeinsam fortgesetzt wurde. Am (7. November fand die Versammlung des Geme i nde - ä r b e i t e r v e r b a n d e s statt, die sich mit der Neuregelung der Teuerungszulagen für die städtischen Arbeiter beschäftigte. Stadtrat Schmitz von Mannheini hatte den Bericht übernommen. Nach eingehender Aussprache wurde einstimmig folgende Entschließung angenommen: „Die am <7. November außerordentlich zahlreich versammelten städtischen Arbeiter aller Betriebe begrüßen die Tatsache, daß endlich dem Bürgeransschnß eine Vorlage zur Verbesserung der Lohnverhältnisse unterbreitet werden wird' Sie halten jedoch die Vorlage der Not der Zeit entsprechend nicht weitgehend genug, da einmal die laufende Lohnerhöhung für die seit J u li eingetretenen Preise, insbesondere für Kartoffeln und Kohlen, zu nieder, zum anderen die­ selbe nur als Kriegs-Lohnzulage vorgesehen ist, was angesichts der nngemein niederen Löhne der städtischen Arbeiter nicht als gerechtfertigt betrachtet werden kann. Soll die Not unter den städtischen Arbeitern wirksam bekämpft werden, ihnen auch in der Lohnfrage Gerechtigkeit widerfahren, so ist neben den Kriegsbeihilfen eine rückwirkende, laufende, feste Lohnznlage von t,so Mk. nötig, neben der zur Behebung des außerordentlichen Notstandes noch einmalige Zulagen gewährt werden sollten, wie dies auch dem Vorgehen anderer Behörden und Arbeitgeber entspricht. Für ebenso ungenügend halten die versammelten die Beihilfe an die eingcrückten städtischen Arbeiter und die pensionierten, wenn denselben wirklich nur eine Kinder- bczw. den letzteren nur eine einmalige Zulage gewährt werden sollte. Die versammelten sind der Meinung, daß auch den Ä nge- rückten die laufenden Lohnzulagen und den Pensionierten angemessene laufende Zulagen bewilligt werden sollten, da diese Kategorien ebenfalls unter der Teuerung leiden wie die anderen. Um mit der Verabschiedung der Vorlage auch Befriedigung zu erzielen und gute Verhältnisse zu schaffen, bitten die versammelten den Bürgerausschuß, für diese ihre wünsche einzutreten". Am 22. A p ril hielt die chr i s t l i che A r b e i t e r s c h a f t von Karlsruhe eine Versammlung ab. Gewerkschaftssekretär heurich von Freiburg gab ein B ild vom Verhältnis der Arbeiter zu Kaiser und Reichsregierung. Der Redner führte u. a. aus, daß der deutsche Soldat unerschütterliches vertrauen zu dem obersten Kriegsherrn haben dürfe. Der Kaiser hätte den Krieg erst erklärt, als er unvermeidlich gewesen. Für die christliche Arbeiterschaft liege auch kein Grund vor, dem Kanzler M ißtrauen entgegen zu bringen. Die christlich-nationalen Arbeiter hätten seine wiederholten Erklärungen begrüßt. Sein letztes Bekenntnis im preußischen Abgeordnetenhaus habe die gesamte deutsche Arbeiter­ schaft mit Freuden vernommen. Der Geist der Gleichberechtigung m it anderen Ständen müsse auch das Arbeiterrecht durchdringen. Es gehe nicht allein nin die Interessen eines Standes, sondern uni das M ohl der Gesamtheit. Eine kleine Fessel sei durch die Novelle zum Reichsvereinsgesetz bereits gelöst. I n Zukunft werde noch mehr geschehen müssen. Die bloß geduldete Koalitionsfreiheit sei zu einem staatsbürgerlichen Grundrecht zu erheben. Der A s53 der Gewerbeordnung sei aufzuheben. Die Tarifverträge müßten Gesetzeskraft erlangen. Reichsgesetzliche Regelung des Arbeits­ nachweises, Schaffung von Arbeitskammern, Reform der politischen Wahlrechte, Freiheit und Recht für alle Klassen müsse die Parole der Arbeiter sein. Stadtrat Trunk von hier behandelte das Gesetz des vaterländischen Hilfsdienstes. — Tine zweite Versammlung der christlich-nationalen Arbeiterschaft fand am f7. November statt. Gewerkschaftssekretär Ersing erstattete den Bericht über den Berliner Arbeiterkongreß. Der Redner wies zunächst darauf hin, daß unsere Truppen an allen Fronten siegreich tief in Feindesland ständen. Die Verhältnisse in der Heimat könnten nicht so günstig beurteilt werden. Letzten Endes gehe es darum, ob w ir im Schluß­ abschnitt des Krieges noch weitere Gpfer bringen, oder ob w ir hundert Jahre lang die Heloten Englands sein wollen. Solle aber eine günstige Durchhaltestimmung erzeugt werden, dann müsse m it dem innerstaatlichen Privilegien- und Klassenplunder aufge­ räumt werden. Und dazu gehören nicht nur die Beseitigung des Dreiklassenwahlrechtes in Preußen, sondern auch des Klassenwahl- rechtes zu den badischen Gemeindevertretungen. Den unteren Volks­ schichten müsse in größerem Maße als bisher Vertrauen entgegen­ gebracht werden, dann würde auch das Mißtrauen von unten nach oben schwinden. I n eingehender Weise sei auf dem Kongreß zu den Fragen der Sozialpolitik, der Kohlen- und Lebensmittel­ versorgung Stellung genommen worden. Dem Kriegswucher müsse ernstlich zu Leibe gerückt werden. Uber die Löhne der Arbeiter seien in der Öffentlichkeit ganz irrige Meinungen verbreitet. E in kleiner Teil der Arbeiterschaft hätte wohl gute Lohuverhältnisse, die Masse aber hätte vielfach durchaus ungenügende Löhne. Nach dem Kriege seien auf dem Kleinwohnungsmarkte die gleichen miß­ lichen Verhältnisse wie jetzt bei Kleidern und Schuhen zu befürchten. Staat und Städte müßten dagegen rechtzeitig Vorkehrungen treffen. Eine Aussprache über den Vortrag fand statt. Am (8. November hielt der B u n d der L a n d w i r t e seine Landesversammlung hier ab. Reichstagsabgeordneter Arnstadt- Großvagular sprach über unsere Lage im vierten Ariegsjahre. Der Redner wandte sich gegen einen Frieden im Sinne von Erzberger und Scheidemann. Da unsere Feinde zu keinem annehmbaren Frieden bereit seien, müsse Deutschland bis zu einem siegreichen Frieden weiter kämpfen. Daß w ir militärisch durchhalten könnten, verdankten w ir unserem Rolitarisinus, daß die Landwirtschaft uns ernähren könne, dein Schutzzoll. Reichstagsabgeordneter Rupp- Reihen besprach ausführlich die vom Reichstag angenommenen Steuern. Domänendirektor Hoffmann-Aarlsruhe beantragte die Annahme einer Entschließung für einen deutschen Frieden. Nach einer Aussprache wurde diese Entschließung einstimmig ange­ nommen. 2. Handel, Gewerbe und Industrie. Über den Derbrauch der wichtigsteil Genuß- und Nahrungs­ mittel in unserer Stadt liegen folgende Angaben vor: Der l v e i n v e r b r a u ch betrug im Berichtsjahre 37 0Z3 Hekto­ liter ( l 9s6: H^022), das ist 25,^0 Liter (29/69) auf den Aopf der Bevölkerung. An B i e r wurden hier gebraut und verbraucht s03 f52 Hekto­ liter (s9l6: f7552H), eingeführt wurden, und zwar aus badischen Brauereien 5s59 Hektoliter (6688), aus außerbadischem Zo ll- inland H655 Hektoliter (6^85), aus dem Zollausland — Hekto­ liter ( l77 ), mithin verbrauch im ganzen sf2 926 Hektoliter (f86 872), das ist auf de» Aopf der Bevölkerung 77,32 (s26,02) Liter. Der Flei schverbrau ch betrug im Berichtsjahre 2 7H s 7H6,60l<§ ( l9s6: 3 8^6 258,92 !<§). Bei einer mittleren Einwohnerzahl von f^6 035 (mit Bororten) belief sich sonnt der Fleischverbrauch, ab­ gesehen von Fischen, bvildbret und Geflügel, für den Aopf auf s8,77 (gegen 29,57 im Vorjahr). Die Großviehschlachtungcn im städtischen Schlachthof haben im Berichtsjahre eine Zunahme von s7s5 Stück - f9 ,f2°/u zu verzeichnen, die Schlachtungen an Aleinvieh dagegen sind um 9026 Stück — 55,80 o/g zurückgegangen. Zm einzelnen betrugen die Schlachtungen von Großvieh: — 2 f § - Ochsen Rühe Rinder Farren I. II, III, I I III . I. II, I II, II, I I I , Summe Schwere Schwere Schwere Schwere 1917 717 897 2481 1314 1459 14 426 2761 146 454 10 669 1916 889 722 844 1716 1548 22 666 1733 513 303 8 956 Hiervon entfallen auf Schlachtungen der Militärbehörde 2 555 Die Schlachtungen an Kleinvieh betrugen: Kälber Hammel Ziegen Schweine Ferkel Rihlein Summe 1917 . . 6 501 2020 294 6 781 2 582 16 180 1916 . . 10 884 2401 317 10 545 1 1058 25 206 Hiervon ent­ fallen auf Schlach­ tungen der M ilitä r- behörde . 143 104 994 1241 Die Schlachtungen an Pferden betrugen 53 f Stück ( l9s6 §53 Pferde). Die Fleischeinfuhr aus dem In la n d und aus dem Ausland zeigt im Berichtsjahr wiederum einen beträchtlichen Rück­ gang. Das aus dem In la n d eingeführte und zur Beschau gestellte Fleisch belief sich auf f3 f33 ( l 9 j 6 : (60 399) "»d zwar Rind­ fleisch <5656 Ir§ (99026 Ir§), Kalbfleisch 630 I<§ ((0 9 5 ( le^), Schweinefleisch §§(2 Ir§ ((2 9(3 I<§), Hammelfleisch (§22 (37 509 l<§), Pferdefleisch (3 I<§, An Fleischwaren und Fetten aus dem Ausland gelangten im Schlachthof, Hauptzollamt und am städtischen Rheinhafen im ganzen zur Untersuchung 9§7 Pack­ stücke ((20§) im Gesamtgewicht von §853 KZ (82 3(2 I<§). Die packstücke stammten aus Schweden, Belgien, Bulgarien, Däne­ mark, Holland, Norwegen, der Schweiz, Österreich, Rußland und Frankreich. Die (9(6 aus dem Ausland eingeführten Stücke kamen aus Holland, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Msterreich und der Schweiz. Viehmärkte im Viehhof fanden im Jahre s9s7 aus den bereits im letzten Berichtsjahre angegebenen Gründen nicht statt. Bon s0 66st im städtischen Schlachthofe geschlachteten und der Beschau unterstellten Großviehstücken wurden als nicht bankwürdig erklärt und der Freibank überwiesen s2s Stück und ss2/H; als genußuntauglich wurden 2 Stück erklärt und gänzlich dem Aonsum entzogen. An einzelnen Grganen wurden 2H85 Stück als genuß­ untauglich dem Aonsum entzogen, von s6 s80 geschlachteten Stück Aleinvieh wurden 326 Stück und 27/H als nicht bankwürdig auf die Freibank verwiesen; als genußuntauglich wurden 33 Stück dem Aonsnm gänzlich entzogen. An einzelnen Grganen wurden 3s8H Stück als genußuntauglich dem Aonsum entzogen, von 53s geschlach­ teten Pferden wurden 3 s Stück als genußuntauglich erklärt und an einzelnen Grganen 6 ^ Stück vernichtet, von auswärts und zwar aus dem In land eingeführtem Fleisch wurden s630 KZ der Freibank überwiesen; ferner sH8 Pferdefleisch und 53 sonstiges Fleisch als genußuntauglich erklärt. I m Berichtsjahre wurden von den aus dem I n - und Aus­ lande eingeführten Fleischwaren 70 geschlachtete Schweine, 5H8 Stück Pökelfleisch, 60 Schinken und 55 Stück Speckseiten auf T r i ­ chinen untersucht und in keinem Fa ll Trichinen gefunden. Die im Berichtsjahre vorgenommenen Ladenrevisionen erstreck­ ten sich in der Hauptsache auf die Aontrolle der m it E rlaß des Aunisteriums des Innern vom f f . A p ril s9s6 vorgeschriebenen Schlachtbücher der Btetzger, auf den vorschriftsmäßigen Verkauf der jeweils festgesetzten wöchentlichen Fleischkopfmenge und auf die richtige Abgabe der Fleischmarken. Ferner wurden die Haus- schlachtnngen in den Vororten öfters kontrolliert. I m Berichtsjahre wurden im Stadtgarten 75 Besuche gemacht und die Tiere daselbst 87 mal tierärztlich behandelt. 22 Fälle wurden geheilt, während in s2 Fällen der Tod eintrat, außerdem kamen 27 Tiere, die vorher nicht behandelt worden waren, zur Sektion. Von dem Personal des Schlacht- und Viehhofes waren im ganzen am Schluß des Berichtsjahres 7 Beamte (s9l6: 7) und s8 Arbeiter (sst) zum Heeresdienst einberufen. Verluste hatte der Schlachthof in diesem Jahre nicht zu beklagen, Durch ortspolizeiliche Vorschrift vom 26. Jun i wurde die S c h l a c h t h o f o r d n u n g auf die Stadtteile Beiertheim und Rüppurr ausgedehnt und die fernere Benutzung der in diesen Stadtteilen bestehenden Schlachtstätten untersagt. Die Zah l der L i e g e n s ch a f t s u m s ä tz e durch Rauf betrug im Berichtsjahre 278 (s9s6: l62) m it einem Gesamtwerte von 5 7§7 725 Blk. (3 678 7H3 Blk.), darunter 72 (5H) bebaute Liegen­ schaften im Werte von H s07 668 Blk. (2 685 9s8 Blk.), unbebaute s66 (92) im werte von sH3s057 Blk. (7082H7 Blk.) und bebaute m it unbebauten HO ((6) im Werte von 209000 Blk. (286 578 Blk.). H y p o t h e k e n wurden im Berichtsjahr s92 ( l 9s6: 206) neu bestellt m it einem Betrag von 2588H99 2W. (3353379 Blk.), gelöscht H23 (H6s) mit einem Betrage von H 920 585 Blk. (6 05 s 86 s lllk .) . Von den neubestcllten Hypotheken entfielen auf bisher freie Grundstücke — (— ). Zwangshypotheken wurden 5 s (s6) bestellt im Betrage von s s sOO Blk. (s5 026 Blk.). Uber die hiesigen G e l d - u n d K r e d i t a n s t a l t e n ist folgendes zu berichten: Der Jahresbericht der St äd t i schen S p a r - und P f a n d ­ l e i h k a s s e bemerkt, daß die Entwicklung der Sparkasse im Be­ richtsjahr überaus günstig gewesen sei, was um so erfreulicher gewesen, als diese Erscheinung nicht nur bei unserer, sondern bei fast allen deutschen Sparkassen zu Tage getreten wäre. I n der S t ä d t i s c h e n S p a r k a s s e wurden im Berichts­ jahre im ganzen eingelegt 2 s 723 838 Blk. 3 P f., abgehoben s7 68s 266 Blk. 72 P f. , somit Überschuß der Einlagen HOH2 59 l Blk. 3s Pf. An Zinsen für s9s7 wurden gutgeschrieben s9H0933 Blk. 8 P f. Zunahme des Einlagebestandes 598352H Blk. 59 Pf., der sich dadurch von 50 632 900 Blk. 62 Pf. nach dein Stand vom 3s. Dezember s9s6 auf 56 6s6H25 Blk. s Pf. nach dem Stand vom 3 s. Dezember s9s7 hob. Der starke Geldzufluß ermöglichte es, zur 6. Kriegsanleihe 9 - l6H O O Blk. und zur 7. Kriegsanleihe 8 s69 sOO Blk., zusammen s7HH5 500 Blk. zu zeichnen. Hierzu kommen noch etwa s 000 000 B lk. für Zeich­ nungen bei Banken und sonstigen Geldinstituten, wofür die Blittel ans Sparguthaben entnommen wurden. Die Zeichnungen zur s. bis 5. Kriegsanleihe bezifferten sich auf etwa 3( 400 000 Alk. I m ganzen konnten somit seit Ariegsausbruch etwa 49845500 Alk. den Bedürfnissen des Reiches nutzbar gemacht werden, was unge­ fähr dem Einlagebestand bei Rriegsbeginn entspricht. Die Zahl der Einleger stieg von 59 752 auf 64 0(3, so daß auf einen Einleger auf Iahresschluß ein durchschnittliches G ut­ haben von 884 Alk. 45 Pf. gegen 847 Alk. 24 P f. im Vor­ jahre entfällt. Die Zahl der Abfertigungen betrug: Einzahlungen ((9 250, Rückzahlungen 76 700, reine Zinszahlungen (die Ganzabhebungen von Guthaben ungerechnet) ( ( 20 , zusammen (97 070 gegen (65 860 im Vorjahre. An Heimsparbüchsen wurden 2584 Stück ( (9(6: 2508) mit einem In h a lt von 96 788 Alk. 4 P f. (83 9(4 Alk. (9 Pf-) entleert. I m Übertragbarkeitsverkehr wurden 585 Guthaben (253) mit 286 004 Alk. j8 Pf. (28( 75( Alk. 4( P f. von auswärtigen Sparkassen an die hiesige überwiesen, während 24 ( Guthaben (502) mit 2 4 ( 790 Alk. 84 P f. (276 825 Alk. 69 Pf.) an aus­ wärtige Sparkassen ausgezahlt wurden. Der zu Beginn des Jahres neu eingeführte G iro- und Scheck­ verkehr hatte einen vollen Erfo lg aufzuweisen. 2(06 Teilnehmer gingen zu, 59 ab, somit blieb ein Bestand von 2047. Diese zahlten in 24 505 Posten (0 032 299 Alk. 2 P f. und erhoben in 58 527 Posten 7 672 5(6 Alk. 5( P f. Am Iahresschluß verblieb ein Guthaben von 2 359 782 Alk. 5( P f. und bei Hinzurechnung der gutgeschriebenen Zinsen mit 26 258 Alk. (7 Pf. von 2 586 040 Alk. 68 Pf. Von den Einzahlungen und Rücknahmen konnten 54 054 Posten mit ( ( 970 760 Alk. (5 Pf. bargeldlos ausgeglichen werden. Der große E rfo lg konnte nicht zum m in­ desten dadurch erzielt werden, daß die Rasse den wünschen auf Zahlung wiederkehrender Beträge auf Grund einmaliger Anwei­ sung in weitgehendstem Alaße entgegenkommt. So werden Staats­ steuern, Amlagen, Kirchensteuern und sonstige öffentliche Abgaben, Alietzinsen, Hypothekenzinsen, Schulgelder, Rrankenversicherungs- beiträge, Liebensversicherungsprämien, Gasr, Wasser- und Strom- rcchnungen, Theaterabonnementsgelder, Vereinsbeiträge usw. auf — 2 s 8 — Grund einmaliger Anweisung bis auf w iderruf im Benehmen m it den zahlungsempfangenden Kassen bezahlt; der Girokunde braucht sich um die einzelnen Zahlungen dann nicht weiter zu kümmern; von dem Vollzug der einzelnen Zahlungen erhält er Nachricht. Die Geschäfte der Hinterlegungsstelle habe» sich im Berichts­ jahre weiter recht günstig entwickelt. Sparbücher Kriegsanleihestücke Stück Kontenzahl Betrag Zu Beginn des Jahres waren hinterlegt . 3868 f f Hs 2 ^ 8 ^ 0 0 Alk. Neu kamen hinzu. . h )5 l ls5Z 2^58 600 „ Zurückgenommen wurden . . . . 707 U Z 2^2 700 „ Stand auf 3 s. De­ zember sZs7 . . 5 U 2 2s8s 436^500 „ An Gebühren gingen 532 s Alk. 50 j) f. gegen 2580 Alk. im Vorjahre ein. Z u r Förderung des Sparwesens unter den Kriegsteilnehmern wurde von der Heeresverwaltung im Benehmen mit dem Deutschen Sparkassenverband das sogenannte Kriegssparkartensystem einge­ führt. Den sich beteiligenden heeresangehörigcn werde» bei jeder Lohnzahlung kleine Löhnungsteile (s Alk. und höher) abgezogen; dafür werden von der betreffenden militärischen Kassenverwaltung lllarken in Sparkarten geklebt und entwertet. Die Sparkarten, die lediglich die Eigenschaft von Quittungen haben, werden auf den Namen der Sparer ausgestellt. Die abgezogenen Beträge werden dann an die Girozentralen der deutschen Sparkassen über­ wiesen, die sie an die heimischen Sparkassen weiterleiten. Am einen besonderen Anreiz zu bieten, werden 5 o/« Zinsen unter der Bedingung gewährt, daß die gesparten Gelder 2 Zahre vor Kriegsende nicht abgehoben werden. Die Zeichnung zur Kriegs­ anleihe sowie der Erwerb von Kriegsanleihestücken für die Sparer gilt nicht als Abhebung in diesem Sinne. Der Verwaltungsrat der Karlsruher Sparkasse glaubte, sich dieser gemeinnützigen Sache nicht verschließen zu dürfen und trat der Vereinbarung gleichfalls bei, wenngleich anzunehme» war, daß bei der Kleinheit der E in ­ - 2 l9 — leger und der Höhe des Zinsfußes der Rasse damit große Vpfer auferlegt werden. I n die Rriegssparkasse wurden im Jahre sgl? eingelegt in s8 809 Posten f 30 268 M k. f3 Pf., rückerhoben in l94 Posten H030 M k ., Mehreinlagen somit (26 258 M k. (5 P f. Hierzu für (9(7 gutgeschricbene Zinsen 3365 M k. 88 P f. Stand auf 5(. Dezember (9(7 (29 80H M k. ( P f. Die Zah l der Te il­ nehmer betrug 70(5, davon traten (35 aus, sodaß auf Iahres- schluß noch 6880 verblieben. Die bereits im vorigen Jahre dargelegten Gründe (vergl. Lhronik (9(6 5. 20 l) bewirkten ein weiteres Zurückgehen des Geschäfts­ verkehrs der p fa n d l ei h ka s se. I m Berichtsjahr wurden (3(49 Fahrnispfänder ( (9(6 : (7790) eingesetzt m it (60 25( M k. ((34245 Mk.), erneuert H028 (62(9) m it 73 (7 ( M k. ((06253 M k.), ciugelöst (4 872 ((8 7(2) mi t (57 854 Mk. ((44 487 M k.), ver­ steigert 5 (( ((3 (6 ) mit 4745 M k. (8722 M k.). Der gesamte Pfänderverkehr umfaßte somit 32560 (44037) Stück mit 396 02 ( M k. (393 707 Mk.). Der Pfänderbestand sank von 8388 Stück m it (07 0(6 M k. auf 6(54 Stück m it (04 670 Mk. Die Einnahmen aus dem Leihhausbetrieb berechnen sich (9(7 auf (7 76( M k. f8 P f. Hiervon ab für normale Verzinsung der auf Pfänder ausgeliehcnen Summe: 3^/s v/g n iit rund 5600 M k., bleibt somit Rest (4 (6( M k. (8 Pf. Die Verwaltungskosten betrugen 28 53H Blk. ( Pf- Darnach ungedeckter Verwaltungs­ aufwand (4392 M k. 83 Pf. gegen 62(8 M k. 92 P f. im Vorjahre. Das Darlehen auf Wertpapiere stieg von 63 Stück mit 64 2(5 M k. auf 75 Stück m it 78 880 M k. Die zur Zahlung der von der S p a r k a s s e gezeichneten Rricgsanleihen aufgenommenen Passivkapitalien konnten bis auf HO O69 66 Pf. wieder abgetragen werden. Die Schulsammel- zeichnungcn wurden in der bisherigen Form nicht mehr fortgeführt. Dagegen wurden Beteiligungsscheine zur 6. und 7. Rriegsanleihe ausgegeben, die nach Ablauf von je 4 Jahren m it 5°/o Z ins und Zinseszins zu einem festen Betrag wieder heimzuzahlen sind. Die Scheine lauteten über ( M k., 2 M k., 5 M k., (0 M k., 20 M k. und 50 Akk. und sind dementsprechend m it l M k. 20 Pf., 2 M k. 40 Pf., 6 Mk., (2 Mk. (0 Pf., 24 M k . 30 P f. und 60 M k. — 2 2 0 — 70 P f. rückzahlbar. Die aufgebrachten Beträge wurden für Rech­ nung der Rasse in Kriegsanleihe angelegt. Die Scheine fanden starken Absatz; es konnten zur 6. Kriegsanleihe 277 404 Alk. und zur 7. Kriegsanleihe s 90 950 Alk. verkauft werden. Rechnet man hierzu die Sammelzeichnungen zur H. Kriegsanleihe nach dem Stand vom 3 f. Dezember s9s7 m it 67 775 Alk. 90 Pf., der 5. Kriegsanleihe m it 42 000 Alk. 30 Pf., so wurden durch die kleinen und kleinsten Zuweisungen bis jetzt 578 s30 Alk. 20 Pf. aufgebracht. A ls Rechnungsergebnisse der S p a r - und p f a n d l e i h - kasse sind zu verzeichnen: Die Einnahmen betrugen 2 646 8s8 Alk. 58 P f. ( l 9s6: 2 §55 585 ll lk . 6 Pf.), die Ausgaben 2 356)877 Alk. 88 P f. (2s87 526 Alk. 3 Pf.), somit Überschuß 289940 Alk. 50 Pf. (268 059 2llk. Z Pf.). Das reine Vermögen betrug am 5s. Dezember des Berichtsjahres s 777 6s2 Alk. 27 P f.*) ( l s07 94ck Alk. 66 Pf.), mithin eine Zunahme von 669664 Alk. 6s P f., während s9s6 sich eine Abnahme von 628 485 Alk. ergab. Zn einer Vermehrung des Vermögens trug bei: Überschuß der laufenden Einnahmen über die laufenden Ausgaben 506 s37 Alk. l9 Pf-, Zunahme des Kurswerts der Wertpapiere 575 957 Alk. ss Pf., des Inventars 5767 Alk., zusammen 68586s Alk. 50 Pf. Die Aktivstückzinsen ergaben ein weniger von s6 s96 Alk. 69 Pf. Zunahme, wie bemerkt . . 669664 Alk. 6 s Pf. Für die Spar-, pfandleih- und Schulsparkasse müßte der Reservefonds nach Z 7 der Satzungen 2 966 852 M k. 9 s Pf. be­ trage». An Vermögen sind aber, wie bemerkt, nur s 777 6s2 Alk. 27 P f. vorhanden. Somit fehlen bis zur gesetzlichen Höhe s s 89 240 Alk. 64 P f. I m Vorjahre belief sich dieser Fehl­ betrag auf s 455 224 A lk. 66 Pf. Der Kasseuumsatz berechnet sich für das Jahr s9s7 auf s88899957 Alk. 55 Pf. (s9s6: s44 875490 Alk. s9 Pf.). * ) Nack diesem endgültigen Rechnungsabschluß sind die auf Leite 2 0 der Chronik gemachten Angaben in folgender Meise zu berichtigen: v e r m ö g e n der S p a r - u n d p s a n d l c i h k a s s e .. .. .. > 7 7 7 K t 2 M k . 2 7 P f . die weltlichen Grtsstiftungen . . . . . . . . . 2 4 1 0 7 5 4 „ o> „ . q f88 Ztzü M . LS Pf. — 2 2 ( — Der Berwaltungsrat der Spar- und Pfandleihkasse hielt im Berichtsjahre 5 Sitzungen mit (3 ( Gegenständen. Bon den zum Heeresdienst einbernfenen Beamten der Spar­ kasse wird der Büroassistent M ilhelm llleyerhuber seit 3 (. Gktober (9(7 vermißt; es muß m it seinem Tode gerechnet werden. Das Sparkassenamt widmet ihm folgende M orte: „ M ir verlieren an ihm eine» hochbefähigten, bei Borgesetzten und Aollegen gleich beliebten Beamten, dessen Andenken w ir in Ehren halten werden." I n der S ch u l s p a r k a s s e wurden (9(7 eingelegt 38 (33 Alk. 70 Pf. ( (9(6: 23050 lllk . 95 Pf.), in 93(5 Posten (824(), rückerhoben 30247 Alk. 65 Pf. (54 500 Akk. (5 Pf.) in 69s Posten (878). Alehreinlagen 7886 Akk. 5 P f. (gegen 3(449 20 Pf. Alehrrückzahlungen (9(6). Hierzu 6362 A lk. 65 P f. für gutgeschriebene Zinsen ergibt (4 248 Alk. 70 Pf. Vermehrung des Einlagebestandes, der dadurch von (90 539 Alk. 85 P f. auf 204 783 Alk. 55 Pf. stieg. Die Zahl der Einleger betrug 8333 (8225). Einnahmen und Ausgaben beliefen sich auf (0249 Dlk. 45 Pf. Bermögen wie Schulden sind auf 224 697 l l lk . (0 Pf. berechnet, so daß sich kein Reinvermögen ergibt. Der Reserve­ fonds der Schulsparkasse ist, wie oben angedeutet, unter dem der Spar- und Pfandleihkasse enthalten. I m Bezirk der R e i ch s b a n kste l le A a r l s r u h e wickelten sich im Berichtsjahre folgende Geschäfte ab: Gesamter Mechsel- und Scheck-Ankauf (6 ( 07 Stück ( (9(6 : 33376 Stück) mit 45 850 400 Alk. (74 026 500 Alk.), eingezogene Mechsel und Schecks (0 57( Stück (20 590 Stück) mit 40902 000 Alk. (7( 600900 Alk.), Giro-Berkehr Einnahme und Ausgabe 420384 Stück (32 6(8 Stück) mit (2 098 820 500 Alk. (9 84( (76300 Alk.), Einzahlungen von Nicht-Aonten-Inhabern (937Stück(69 (7Stück)mit357033800Alk. (282 504600 Alk.). Dem Geschäftsbericht der B a d i s c h e n B a n k entnehmen w ir folgende Angaben: Mechselverkehr in Eingang (00 5995(3 ll lk . 63 Pf. ( (9(6: 95 ( (4 (07 Alk. 34 Pf.), in Ausgang 99576872 Alk. 26 P f. (89528 294 Alk. 50 Pf.). Diskont-Ertrag 9(5 729 rm . ( ( P f. (78( (60 lllk . 95 Pf.). Lombardvcrkehr ausgeliehen 45 60(880 Alk. (44 728 530 Alk.), zurückgezahlt 42 032 555 Alk. (59 8(7 700 Alk.). Lffektenverkehr, augekauft 398 266 043 Alk. 7 P f. (387 8(4 3?3 Alk. 46 Pf.), begeben, sowie an Zinsen ver­ bucht 595 506 928 M k. 90 P f. (390 236 393 Alk.). G iro- und Scheck­ verkehr, Einzahlungen 2 603 357 929 A lk. 56 P f. (( 669 3 (3 962 Alk. 35 Pf.), Auszahlungen 2 595 956 (98 M k. 75 P f. (( 662 (90 6 (8 Alk. 64 P f.). Der Gesamtbetrag der in Betrieb gegebenen Banknoten belief sich wie im Vorjahre auf 27 000000 Alk. Der durchschnitt­ liche Notenumlauf betrug 24 276 000 Alk., die durchschnittliche Deckung ((2 0 3 0 0 0 A lk. — 46, ( 60/,. Am 3(. Dezember (9(6 waren 2( 678 800 Alk. im Umlauf. I m Laufe des Jahres wurden 80 353 200 Alk. verausgabt und 54 373 300 Alk. ein­ gelöst. M ith in blieben am 3(. Dezember (9(7 25974900 Alk. im Umlauf. Der Reingewinn ist im Berichtsjahre auf (397 9(5 Alk. 90 P f. (( (85 225 M k. 99 P f.) berechnet. Die Dividende betrug 7 h --> (g°/„). Der Umsatz der Karlsruher Filiale der R h e i n i s c h e n K r e d i t b a n k betrug im Berichtsjahre 2 295 (92 209 Alk. 60 Pf. ( (9(6: 2 ( 082( 5070 M k. 9 Pf.). Die M i t t e l d e u t s c h e K r e d i t b a n k hatte im Berichts- jahre einen Gesamtumsatz von rund 20 M illiarden M ark gegen (3^/, M illia rden M ark (9(6 . Der Reingewinn belief sich auf 4852409 Mk. 32 Pf. ( ( 9 ( 6 : 45(8264 Alk. 78 Pf.). Die Dividende betrug 7"/» (6*/, "/,). Der Bericht der Bank bemerkt: „A m 5. J u n i (9(7 verstarb das M itglied unseres Aufsichtsrates Herr Alfred Seeligmann in Karlsruhe. E r war uns ein treuer M itarbeiter und Freund, dessen Andenken w ir stets in Ehren halten werden." Die Bilanz der Süddeut schen D i s k o n t o - G e s e l l s c h a f t ergab im Berichtsjahre in Aktiven und passiven 337 679 ?52 Mk. 23 P f. ( (9(6 : 253773242 Alk. 48 Pf.). Der Reingewinn be­ trug ausschließlich des Gewinnvortrags von (9(6 4 (50600 Alk. 24 P f. (4005 366 M k. 2 Pf.), die Dividende 4°/« wie im Vor­ jahre und 3 °/o Superdividende (20/,V Der V e r e i n s b a n k K a r l s r u h e gehörten am Schluß des Berichtsjahres 4893 Mitglieder an ( (9 (6 : 4953). Der Rein­ gewinn der Bank betrug 248 250 M k. 26 P f. (269872 Alk. 9 Pf.), die Dividende 6 wie (9 (6. Der Gesamtrunsatz belief sich auf 459665672 Blk. 87 Pf. (365 590 596 M k. 5 P f.). Die Geschäftsanteile der Mitglieder betrugen am 3 (. Dezember des Berichtsjahres 3002 802 Blk. 79 Pf. (2 7892(5 Blk. 50 Pf.). Die gesamten Reserven betrugen 33,54 hg der Geschäftsguthaben, 5 ,050/0 des Betriebskapitals. Die Bank konnte über 20 Hs M i l ­ lionen B lark Zeichnungen für die sieben Kriegsanleihen anmelden. Die G e w e r b e - u n d V o r s c h u ß b a n k K a r l s r u h e hatte (9(7 eine Bilanz in Aktiven und passiven von 757 082 M k. 35 Pf. ((9 (6 : 585 (94 Alk. 68 Pf.). Der Reingewin betrug (3 79( M k. 77 Pf. ((3 728 Blk. 6 ( Pf.), die Dividende 5«/» wie im Vorjahre. Die P r i v a t - L p a r g e s e l l s c h a f t in Karlsruhe zählte im Berichtsjahre (0602 Mitglieder ((9(6: (056(). Der Aktivstand beträgt (5 578 655 Blk. 35 Pf. ((5 449372 M k. 99 Pf.), der Passivstand (4 820 87 ( M k. 4 ( P f. ((4 723 ((6 B lk. 32 Pf.), das reine Gesellschaftsvermögen 757 783 M k. 94 Pf. (726256 Blk. 67 Pf.). Der darin enthaltene Reservefonds beträgt 75(000 Blk. (722 000 Mk.). An Zinsen wurden 47(6(2 M k. 54 P f. (477442 M k. ( Pf.) und an Dividenden 36 980 M k. 64 P f. (37 367 Blk. 50 Pf.) gutgeschrieben. Die B l ü h l b u r g e r K r e d i t b a n k zählte am Schluß des Berichtsjahres 347 Mitglieder wie im Vorjahre. Der Geschäfts­ umsatz der Bank betrug 32 523 855 M k. ((9(6: (6 695 67( M k. 28 Pf.). Die K a r l s r u h e r L e b e n s v e r s i c h e r u n g auf Gegen­ seitigkeit (vormals Allgemeine Versorgungsanstalt) zählte am Schluß des Berichtsjahres (54596 Versicherungen ((9(6 : (56 855) im Be­ trage von 798 820 99 ( B lk. (799 838 0 V Mk.). Der erzielte Zahresüberschuß stellte sich auf (2070782 M k. ((20ß6(96 M k. 59 Pf.). An Dividenden wurden 7 898 757 Blk. (7 543 2(3 Blk.) bezahlt. Das Gesamtvermögen der Anstalt betrug am Schluß des Berichtsjahres 5 V 37 ( 780 M k. (338 724898 Blk.). Durch Todesfall sind (3340332 M k. ((4 02 7 (97 Mk.), durch Erleben des bedungenen Endalters 96885(7 Mk. (92745(4 Blk.) ausbezahlt worden, von den Todesfällen kamen auf die Kriegssterbefälle 52069M Mk. (6060(00 Blk.). A u f die im Jahre (9(7 aufgelegten Kriegsanleihen hat die Anstalt 38 M illionen M ark gezeichnet, damit auf sämtliche bis dahin aufgelegten Ariegsanleihen s3s Millionen M ark, davon 63hs M illionen auf eigene Rechnung. Die Zahl der im Uriege gefallenen Beamten der Anstalt ist im Berichts­ jahre auf 28 gestiegen. Zu den satzungsgemäß ausscheidenden und im Jahre s9s7 wieder gewählten Mitgliedern des Ausschusses gehören aus Karlsruhe Geh. Rat v r . E m il Dorner, Uommer- zienrat Stadtrat Fritz Homburger und Geh. Rat Uarl lveingärtner, unter den neu gewählten befindet sich aus Uarlsruhe Gberrech- nuugsrat Stadtrat Heinrich Gauggel. Bei der G r o ß h e r z o g l i ch B a d i s c h e n G e b ä u d e ­ v e r s i c h e r u n g s a n st a l t betrug die Gesamtversicherungssumme auf 3s. Dezember des Berichtsjahres H 95s 355 600 M k. (s9 s6 : H89879 s800 Mk.), wovon H9H70H0235 M k. (H8957328HO Mk.) umlagepflichtig sind. I m Jahre sfls7 wurden 2 8H30s8 Alk. 7 P f. an Entschädigungen bezahlt. Durch Umlagen sind im Jahre s9 s8 5H73035 M k. 33 Pf. zu decken (s9s7: Hs7sH0s Mk. 5H Pf.). Die Umlage wurde aus sO P f. festgesetzt. Am 3 s. De­ zember betrug das reine vermögen der Anstalt 6 222 568 Mk. 25 P f. (s9 s6 : H 637 26s M k. H9 Pf.). Bei der B a d i s c h e n F e u e r v e r s i ch e r u n g s b a n k in Uarlsruhe betrug am Ende des Berichtsjahres die Versicherungs­ summe in der Feuerversicherung s56H 705 9s? Alk. (s9 s6 : s 329 s02 s s5 . M k .) , in der Einbruchdiebstahlversicherung 66 2 s8 793 M k. (56 877 070 Alk.). Die Schäden beliefen sich bei der ersteren auf 2s87 976 Alk. 85 Pf. (s 83s 9 2 s Alk. 38 Pf.), bei der letzteren auf 6sH63 Alk. 80 Pf. (s2 070 Alk. H8 Pf.). Die Gewinn- und Verlustrechnung weist einen Gewinn von sOsH8H Mk. 36 Pf. (ss5 903 Alk. §5 P f.) auf. An Dividenden wurden HO 000 M k., wie im Vorjahre, bezahlt. Bei der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t B a d e n be­ trugen im Berichtsjahre die Einnahmen aus Beiträgen 76H89s2 Mk. 96 Pf . (s9 s6 : 70ss s98 M k. 73 P f.), aus Zinsen 3s66H88 Mk. H3 P f. (2 8 s8 39H Alk. 27 Pf.). Ver­ w e rt der Nutzungen wurde m it ss38s0 Alk. 65 P f. (ss700s Alk. 95 P f.) berechnet. Die Ausgaben für versicherte betrugen an Renten 5 9 2 H969 A lk. 69 P f. (5H67 57I. A lk. s5 Pf.), an ein­ — 225 maligen Teistungen 53 §65 Alk. 27 Pf. (55 660 M k. (2 Pf.), an Heilverfahren einschließlich Familienunterstützung ) 507 266 Alk. 88 Pf. () §78 628 Alk. §9 Pf.). Das Gesamtvermögen der Anstalt (Aeinvermögen) beträgt 8) 837 095 A lk. 65 Pf. (78 696 070 Alk. §5 Pf.), davon gehören dem Gemeinvermögen 98) 7 )63 M k. 57 Pf. (895)302 Alk. §§ Pf.), dem Sondervermögen 720)9932 Alk. 6 Pf. (69 76§ 768 Mk. ) Pf.). Der Vorstand hatte im Berichts­ jahre )0 ()§) Sitzungen abgehalten, der Ausschuß ) ()). Zwei Beamte der Anstalt sind im Berichtsjahre gefallen, so daß nun­ mehr im ganzen 6 ihr Leben im Aampf zum Gpfer gebracht haben. Am Schlüsse des Jahres )9)7 standen noch 36 Beamte der Anstalt bei der Fahne. Die H a n d e l s k a m m e r hielt im Berichtsjahre 5 V o ll­ versammlungen ( )9)6 : 6) und §) (28) Ausschußsitzungen ab. Die Zahl der Eingänge betrug 6973 (6562), der Ausgänge 23 872 (20 §95), der Besuche (mündliche Auskünfte) 9752 (399?), der Ferngespräche )2 2§0 (9 2 )0). Die Aammer schloß sich im Jahre )9)7 der Vereinigung Südwestdeutscher Handelskammern an. Aus der im Berichtsjahre besonders starken Tätigkeit der Handelskammer bringen w ir ferner folgende Angaben: Betreffs der Vergebung von Lieferungen zum Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte veran­ staltete die Aammer bei den in Betracht kommenden Firmen eine Anfrage. Sie erstattete ferner der Militärbehörde Berichte über Leistungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit von Firmen bei Vergebung von militärischen Aufträgen. Sie begutachtete )9 Entlassungs­ gesuche, )57 Beurlaubungsgesuche, 89 Zurückstellungsgesuche, 25 Versetzungsgesuche und )5 Gesuche um Belassung in der Heimat, insgesamt gab sie somit über 300 militärische Gutachten ab. Bei Ausführung des Hilfsdienstgesetzes betrug die Zah l der dem Fest­ stellungsausschuß abgegebenen Gutachten der Aammer )3§, der dem Einberufungsausschuß abgegebenen 25. Ferner erstattete die Aammer Gutachten über Preisbemessungen, über Gehaltsangelegen­ heiten gegenüber Militärbehörden, über die Bedürfnisfrage bei Errichtung von Aktiengesellschaften. Die Aammer hatte vor der jeweiligen Ausstellung von Pässen nach dem neutralen Ausland 226 und Elsaß-Lothringen durch die zuständigen Behörden zu prüfen, ob die in Aussicht genommenen Reisen der Interessenten aus Industrie und Handel unbedingt erforderlich seien. Sie hatte zu prüfen, ob für Versendung von anderen Gütern als militärischen und Lebensmitteln durch die Eisenbahn dringende Gründe vorlägen und bejahendenfalls Dringlichkeitsbescheinigungen auszustellen, durch Bescheinigung Geschäftsreisenden zu ermöglichen, Alusterkoffer mit höherem Gewichte als 50 in pcrsonenzügen befördern zu lassen. Die Kammer konnte öfters Bescheinigungen ausstellen, auf Grund deren die jeweils in Betracht kommenden Firmen Rohstoffe zugewiesen erhielten. Sie gab wiederholt Auskünfte über Aus- und Einfuhrverbote. Sie war m it der Ausgabe der vorschrifts­ mäßigen Bogen zur Anmeldung der Forderungen an Schuldner im feindlichen Auslande und mit der Entgegennahme der aus­ gefüllten Bogen betraut. Sie ermittelte bei den Interessenten des Bezirks die Wünsche und Anträge zum deutschen und zum öster­ reichisch-ungarischen Z o llta r if und zum Handelsvertrag. I n der Vollversammlung vom 25. Alärz sprach sich die Kammer für eine Entlastung des Reichsamts des Innern durch Errichtung eines besonderen Reichswirtschaftsamts aus. Ferner beschäftigte die Frage der Kohlenversorgung und im Zusammenhang damit die der Einführung der ungeteilten Arbeitszeit sowie der Regelung der Ladenschlußstunden die Kammer. Sie hatte endlich s26 Ge­ suche um Zulassung zum Handel m it Tabak und 6 s um Zulassung zuin Handel m it Wein begutachtet. I n den Voranschlag für s ß s ? stellte die Kammer je sOOO Alk. zur Förderung der Handelshochschulkurse und zu den Rosten der Handelsjahresschule ein, 6 sO Alk. zur Gewährung von Bücher- oder Geldpreisen an die Schüler der kaufmännischen Fortbildungsschulen, bezw. der Handelsschulen des Kammerbezirks und s50Alk. an den Kaufmänni- schen Verein für weibliche Angestellte in Karlsruhe. Der Amlagefuß wurde auf s P f. für sOO Alk. steuerpflichtiges Kapital festgesetzt. Die Kammer zeichnete ^0 000 Alk. zur 7. Kriegsanleihe und bewilligte dem (Ortsausschuß Karlsruhe des Vereins Badischer Heimatdank einen einmaligen Beitrag von sOOO Alk. Die Beiträge der einzelnen Gemeinden des Amtsbezirks zur H a n d w e r k s k a m m e r K a r l s r u h e beliefen sich sßs6/s? bei einem Umlagefuß von l Alk. IO Pf. auf 3877 U l. 30 Pf. Davon hat die Stadt Karlsruhe ^8fO Ulk. zu tragen. Am 23. A la i hielt die Handwerkskammer hier eine Vollversammlung ab. Der Kammerpräsident, Stadtrat Isenmann aus Bruchsal, erstattete Bericht über die Tätigkeit der wirtschaftlichen Abteilung der Kammer. Tine Aussprache schloß sich an. Der Vertreter des Landcsgewerbeamts, Ingenieur V r. Bucerius, erläuterte sodann die Schwierigkeiten, mit denen die Handwerkskammern bei der Zuweisung von Heereslieferungen zu rechnen hätten. Das Ergebnis der Aussprache war die Bildung eines Ausschusses, der die Arbeiten der wirtschaftlichen Abteilung zu überwachen hat. Der Sekretär der Kammer, Or. Loth, erstattete hierauf einen Be­ richt über die allgemeine Tätigkeit der Handwerkskammer. Dabei führte er aus, daß die Hauptaufmerksamkeit dem Lehrlingswesen gelten müsse. Ts sei nicht allein notwendig, die jetzt in der Lehre stehenden jungen Leute dem Handwerk zu erhalten, sondern auch neue Kräfte zu gewinnen. Recht günstig sei die Beteiligung an den Gesellenprüfungen gewesen. Unter den 37 Teilnehmern, die sich zu der vorjährigen llleisterprüfung gemeldet hätten, befänden sich 23 Invaliden. Weiter bezeichnet« es der Sekretär für not­ wendig, daß der jetzt eingeführte Barzahlungsvcrkehr auch im Frieden beibehalten werde. Auch an diesen Bericht schloß sich eine Aussprache, die sich hauptsächlich um das Lehrlingswesen drehte. I n einer Versammlung der Kammer am 3 s. Vktober erstattete der Kammerpräsident wieder den Tätigkeitsbericht. An der 7. Kriegsanleihe beteiligte sich die Kammer m it HOOO Alk., an sämtlichen Anleihen m it 20 000 Alk. Unterstützt wurden m it Barmitteln die Großherzogs-Geburtstags-Spende, die Erholungs­ heime des Landesverbands, die U-Bootspende, der Heimatdank, die Friseurinnung (Fachschule). Die Aleisterprüfung haben 88 Bewerber abgelegt. V r. Loth teilte mit, daß die Kammer für 8s2 000 Alk. Kriegslieferungsarbeiten vermittelt habe. Aus den Einnahmen für diese Vermittlung hat die Kammer 2000 A lk. an das Rote Kreuz abgegeben. Alalermeister K a rl Gberle von hier berichtete über den Ausschuß der wirtschaftlichen Abteilung der Kammer. Seit dem s. Ju n i wurden 66 Heeresaufträge in Höhe von 865 000 lllk . vermittelt. Der Gesamtumsatz betrug 830 000 Alk. 15 * — 228 — Nach einer längeren Besprechung wurde beschlossen, die bvirtschafts- stelle für den Handwerkskammerbezirk unabhängig von der Ranimer zu stellen und ihr die Form einer G. »i. b. H. zu geben. Uber die Rohstoffversorgung im Handwerk berichtete der Aannnerpräsident und erklärte, die Rainmer schließe sich in der Angelegenheit den Richtlinien des Handwerks- und Gewerbekammertages an. Gr sprach sodann über die Zusammenlegung der Handwerksbetriebe. Eine Entschließung wurde angenommen, wonach die Raimner m it der Zusammenlegung der Betriebe einverstanden ist, wo dadurch Rohlen- und Lichtersparnisse erzielt werden. Die Liefe­ rungsverbände sollen als zusammengelegte Betriebe angesehen werden. Die s s. ordentliche Vollversammlung der L a n d w i r t s c h a f t s ­ k a m m e r wurde am 28. Februar abgehalten. Geh. Oberregie­ rungsrat Salzer eröffnete die Verhandlung mit einer kurzen A n­ sprache, in der er die Erschienenen begrüßte, den Truppen Dank und Bewunderung für ihre bisherigen großen Leistungen zollte und das Gelöbnis erneute, daß auch die Landwirte hinter denen im Felde nicht zurückstehen wollten. Minister Freiherr v r . von Bodinan dankte für die ihm und seinen Mitarbeitern cntgegengebrachte Be­ grüßung und führte u. a. aus: Die Lage der deutschen und d̂er badischen Landwirtschaft ist in dem langen Verlauf des Rrieges zusehends schwieriger geworden. Der Arbeitermangel, der Mangel an Düngemitteln und an Gespanntieren hat sich noch vertieft, bvenn es aber trotzdem der Landwirtschaft gelungen ist, diesen Schwierigkeiten standzuhalten und sie zu überwinden, dem Heimat­ boden die Erzeugnisse abzugewinnen, die zur Erhaltung unseres Volkes und unseres Heeres nötig sind, so ist das der Anerkennung und Dankbarkeit des ganzen deutschen Volkes würdig. Ich darf deshalb auch namens der badischen Regierung dieser Dankbarkeit von ganzem Herzen Ausdruck geben. Der Reichskanzler hat in der gestrigen Rede vor den Vertretern des deutschen Volkes auch die Leistungen der Landwirtschaft gestreift, indem er von dem Heldenmut der deutschen Frauen und Rinder sprach, die die Schwierigkeiten des Heimatkampfes überwanden. Zn diesem Aampfe, meine Herren, sind Sie und alle die Ih rigen Mitkämpfer. And wenn ich nun heute in der M itte der Rämpfer weilen darf, _229 auch meinerseits mit meinen Herren ein M itkämpfer an anderer Stelle, so freue ich mich darüber. Ich freue mich, in die Arbeit des Volkes hineinsehen zu dürfen, und ich freue mich, Ih re M e i­ nungen zu hören. Nach Erledigung der Vorstandswahlen und einiger anderen geschäftlichen Angelegenheiten erstattete der geschäfts- führende Aammerdirektor, (Ökonomierat I)r. M üller, den Geschäfts­ bericht» Eine ausführliche Besprechung des Berichtes fand statt. Am Schluffe derselben erklärte Freiherr von Bodman, daß das Generalkommando wieder Beurlaubung für die Frühjahrsbestellung in Aussicht gestellt habe. E r teilte ferner mit, daß die Lieferung von Sommersaatgetreide gefördert werden solle. Eine größere Zah l von Gefangenen für landwirtschaftliche Arbeiten sei nicht zu bekommen gewesen. E i» A ufru f an Frauen und Mädchen zur freiwilligen Dienstleistung auf dem Lande werde ergehen, auch die Beurlaubung der weiblichen Dienstboten in den Städten fei ins Auge gefaßt. Geh. Gberregierungsrat Or. Schneider verbreitete sich sodann eingehend über die Schlachtungen und über das Um­ lageverfahren , das sich beim Großvieh bewährt habe. Gegen unrechtmäßige Steigerung der (Ölpreise werde strafend vorgegangen. Damit schloß die Sitzung am vorm ittag. I n der Nachmittags­ sitzung verlas der Vorsitzende zunächst ein Schreiben der F irm a Heinrich Lanz in Mannheim, in dem für die aus Areisen der badischen Landwirtschaft für die Schwerarbeiter gespendeten Lebens­ mittel Dank gesagt und die Summe von sOOOO M k. der Land­ wirtschaftskammer mit der Bestimmung zugewiesen wird, daß diese Summe in denjenigen Gemeinden, die sich an der Spende beteiligt hätten, verteilt werde. Direktor V r. M ülle r begründete sodann einen Antrag der Aammer folgenden W ortlauts: „D ie Landwirtschafts­ kammer wolle bei den zuständigen Stellen eine Ausgleichung der Höchstpreise der wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf Grund der Rentabilität und des Bedarfs des Anbaues bean­ tragen". Der Antrag wurde nach einer Aussprache einstimmig angenommen. Dann folgte die Beratung folgenden Antrags des Bauernvereins: „Die Badische Landwirtschastskammer wolle be­ schließen, bei Großherzoglichem Ministerium zu beantragen, daß die Bedingungen für den Bezug von Saatkartoffeln nach Tunlich­ keit in Bälde gemildert werden", von verschiedenen Mitgliedern, 230 die zu den: Antrage das W ort ergriffen, wurde bemerkt, daß ein erheblicher Rückgang des Rartoffelanbaues zu befürchten sei, wenn die Bedingungen nicht gemildert würden. Auch Geh. Gberregie- rungsrat Or. Schneider unterstützte diese Ausführungen. Die Rartoffelration müsse nötigenfalls auf Pfund herabgesetzt werden m it einem kleinen Zuschlag für die Schwerarbeiter. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Damit wurden die Ver­ handlungen an diesem Tage geschlossen und am s. März fort­ gesetzt. Z n dieser Sitzung lag ein Bericht des Ministeriums des Innern über die Güterzertrümmerung (Zerstückelung landwirt­ schaftlicher Anwesen) vor. Abgeordneter Weißhaupt aus Pfullen- dorf berichtete darüber, wie über die ganze Frage. Eine ausführ­ liche Aussprache schloß sich an. Der Berichterstatter bemerkte schließlich: Der Ausschuß der Landwirtschaftskammer ist der Meinung, daß bei uns (wie in Bayern und Württemberg) etwas gegen die Gütertrennung geschehen müsse. Die Güter von (00 bis (50 Morgen m it großen Viehbeständen müssen erhalten bleiben. Für die Rriegszeit und die Übergangszeit in den Frieden solle ein Notgesetz geschaffen werden mit einem Vorkaufsrecht der Gemeinden und großen landwirtschaftlichen (Organisationen und einem Rück­ kaufsrecht innerhalb 8 Tagen. Gin in diesem Sinne abgefaßter Antrag wurde einstimmig angenommen, nachdem noch der M inister auf die Wichtigkeit der Frage aufmerksam gemacht, die Erhaltung des Mittelbesitzes für notwendig erklärt und betont hatte, wie keine Messen abgehalten werden dürsten, um unsere Feldgrauen nicht auszuschließen, so sollten w ir auch nicht zulassen, daß über Güter verfügt werde, die den Feldgrauen eine Existenz böten. Doch konnte Herr von Bodman keine sichere Zusage in der Angelegenheit geben, da sich das Staatsministerinm noch damit zu befassen habe. Sodann wurde ein Antrag über Errichtung einer landwirtschaftlichen Betriebsabteilung einstimmig angenommen. Dieser solle die Aufgabe zufalle», ödliegendes oder ungenügend ausgenütztes Gelände in Bewirtschaftung zu nehmen, ebenso im Rulturzustande zurückgebliebene oder zurückgegangene Gutsbetriebe im Selbstbetrieb zu erhalten und in bestmöglichen Ertrag zu bringen, endlich landwirtschaftliche Meliorationen auszusühren. E in Antrag auf Ankauf des Forchheimer Exerzierplatzes nebst des daran anschließenden Geländes in der Größe von etwa HOO badi­ schen Morgen wurde ebenfalls angenommen. Nach Besprechung einiger Anregungen und Wünsche wurde die Tagung m it einem Hoch auf den Großherzog und die badische Heimat geschlossen. — Aus dem Geschäftsbericht der Landwirtschaftskammer ist noch mitznteilen, daß die Versammlungen und Besprechungen im abge- laufenen Jahre sehr zahlreich besucht gewesen und die Zah l der Tagebuchnummern aus 7 s 563 gestiegen ist. Von den Mitgliedern stehen s s, von den Beamten 26 im Heere. M it dem Eisernen Kreuze wurden im Zahre shs6 H Beamte ausgezeichnet. Ende August wurde die K a r l s r u h e r K l e i n h a n d e l s - V e r e i n i g u n g gebildet. Zum Zwecke des gemeinsamen Vor­ gehens in Angelegenheiten von größerer Bedeutung haben sich die am hiesigen Platze ansässigen Vereinigungen zur Vertretung von Kleinhandelsinteressen (insgesamt s3) zusammengeschlossen. Zum Vorsitzenden wurde Hoflieferant Louis Vier gewählt. M itte Sep­ tember behandelten die Vorstände des Bundes der Karlsruher Detaillisten-Vereine, wie sich die Vereinigung in den Veröffent­ lichungen nunmehr nennt, die Beleuchtungs- und Heizungsfrage im nächsten Winter. Es wurde beschlossen, daß der Bund bei seinen Mitgliedern auf möglichst große freiwillige Sparsamkeit in Heizung und Beleuchtung hinwirke. Zur Zusammenhang hiermit wurde über etwaigen früheren Ladenschluß im Winter beschlossen. Sodann nahm die Versammlung Kenntnis von den bisherigen Vorarbeiten zwecks Gründung des Bundes der Badischen Detaillisten- Vereine. Einmütige Zustimmung fand weiterhin der angeregte Wegfall des Sonderrabatts. Kurz nach dieser Versammlung ver­ öffentlichte der Bund folgende Erklärung: „D ie hiesigen Detaillisten haben sich dahin geeinigt und verpflichtet, vom s5. Gktober shs? ab bis 3 Zahre nach Friedensschluß keinerlei Sonderrabatt an Privatkundschaft (z. B . Theaterpersonal, Eisenbahnangestellte, Lehrer usw.) sowie an Vereine mehr zu verabfolgen. Der G e w e r b e v e r e i n überreichte am Geburtsfeste des Großherzogs an 67 Arbeitnehmer für 25jährige ununterbrochene treue Tätigkeit bei Mitgliedern des Vereins Ehrenurkunden. Zu dieser Feier hatten sich außer den Ausgezeichneten deren Dienst- nnd Arbeitgeber, VorstandsmitAliedep des Gewerbevereins. Ver­ treter des Ministeriums des Innern, des Landesgewerbeamts, des Bezirksamts und der Handwerkskammer eingefunden. Der Vor­ sitzende des Gewerbevereins, Hoflieferant Anselment, richtete Worte der Anerkennung und des Dankes an die Arbeitnehmer für ihre pflichttreue, lange ununterbrochene Arbeit. Nachdem die Urkunden an die Iu b ila re ausgehändigt waren, überbrachte Ingenieur Buce- rius innige Glückwünsche für die Arbeitgeber und die Arbeit­ nehmer. Der Gewerbeverein ernannte (Oberbürgermeister Siegrist'„in Anbetracht seiner 25jährigen Angehörigkeit zum Gewerbevercin Uarlsruhe und seiner großen Verdienste um die Förderung des Gewerbe- und Handwerkerstandes" zu seinem Ehrenmitgliede. Die Überreichung einer künstlerisch gemalten Ehrenurkunde geschah ebenfalls am Geburtstage des Großherzogs durch einige Vorstands­ mitglieder des Gewerbevereins. Am Geburtsfeste des Großherzogs wurde« an acht Angestellte des technischen Betriebs der D r u c k e r e i F e r d i n a n d T h i e r ­ g a r t e n (Badische Presse) für 20 und mehr Jahre ununterbrochene Tätigkeit in dem Betrieb Ehrenmedaillen nebst Diplome, die der Verband südwestdeutscher Industrieller gestiftet hatte, verliehen. Vier weitere Angestellte, für die die Bedingung der Auszeichnung ebenfalls vorlag, stehen im Felde, ihnen konnten die Medaillen und Diplome nicht persönlich überreicht werden. Einer der Aus­ gezeichneten, Anzeigenmetteur Heinrich Stauch, hat eine Dienstzeit von 3 s Jahren hinter sich, der im Felde stehende Setzer Heinrich Platz eine solche von 52 Jahren, die Dienstzeiten der übrigen so bewegt sich zwischen 2 s und 28 Jahren. Gleichzeitig mit den Diplomen wurden den Iub ila ren ein Geldgeschenk seitens des Prinzipals überreicht. Am 28. November wurde nach Anhören eines Vortrags des Sekretärs Lohr vom Verband Badischer Handwerkergenossenschaften über Wesen und Zweck einer Genossenschaft die E i n k a u f s ­ u n d L i e f e r u n g s g e n o s s e ns chast der N) a g n e r n, e i st e r, e. G. m. b. H. in Aarlsruhe, gegründet. Zum Vorsitzenden wurde lVagnermeister Jakob Spitzfadcn und zum Geschäftsführer Wagner- meister Andreas Farny, beide von hier, gewählt. — 233 — Am s. Dezember beging Hoflieferant Blechnermeister J o s e p h M e e ß , Erbprinzcn-Straße 29, das 60jährige Jubiläum seines Geschäfts. Ferdinand Printz hatte das Geschäft am s. Dezember s857 am gleichen Platze, an dein es heute noch steht, gegründet. Herr Meeß, der langjährige M itarbeiter des Herrn printz, hat es am l- Dezember s88H übernommen. Aus Anlaß des J u b i­ läums stiftete Herr Meeß dem Badischen Frauenverein 300 M k., denk Badischen Heimatdank 200 M k. Ende Dezember fand unter dem Vorsitz des Ministers Or. Freiherrn von Bodman eine Besprechung statt, in der über den Ausbau der „ F 0 r s c h u n g s s t e l l e f ü r T e x t i l e r s a tz st 0 f f e " beraten wurde. I m Vorjahre war in Berlin der „Verband Deutscher Papiergaruwebereien" gegründet worden. Dabei hatte I)r. Ubbelohde, Professor an der hiesigen Technischen Hochschule, den Vorsitz übernommen und in dieser Eigenschaft sowie durch wissenschaftlich-technische Arbeiten die junge Industrie weiter ge­ fördert. Sie hat eine größere Geldsumme aufgebracht und dem badischen Ministerium des Innern zur Verfügung gestellt. M it diesen M itte ln wurde alsdann hier die erwähnte Stelle im Jahre >9 s6 gegründet. An der Besprechung im Dezember des Berichts­ jahres nahmen teil: Generalleutnant Isbe rt, Geh. Rat Professor V r. Bunte, V r. Hölscher von der Reichsbekleidungsstelle, Major- Holz vom Bekleidungsbeschaffungsamt, Vertreter von Industrie­ gruppen und Verbänden, insbesondere aus der Textilindustrie aus allen Teilen Deutschlands. Professor Or. Ubbelohde berichtete über die bisherigen Arbeiten der Forschungsstelle. Nachdem über 600 Personen und Firmen ihre Bereitwilligkeit zur M itarbe it an dem Ausbau der Forschungsstclle erklärt hatten, wurde durch ein­ stimmigen Beschluß der Versammlung ein Verein gegründet, der diesen Ausbau durch Errichtung eines „Deutschen Forschungs­ institutes für Textilersatzstoffe" übernimmt. Für den Verein soll die Verleihung von Aörperschaftsrechten nachgesucht werden. Das Institu t, für das M itte l sichergestellt sind, soll ebenso wie die Forschungsstelle eine Sammel- und Forschungsstätte auf dem Ge­ biet der Textilersatzstoffe sein und im engsten Einvernehmen mit der Industrie seine Wirksamkeit auf das ganze Deutsche Reich erstrecken. Das Uuratorium, bestehend aus Vertretern der Be- Hörden und der Industrie, kann sich durch Zuwahl ergänzen. A ls geschäftsführende Vorstandsmitglieder wurden Professor V r. Abbe- lohde und Rechtsanwalt Peter bestellt. Ersterer ist auch der wissen­ schaftliche Leiter des Instituts. Am Zs. Januar hielt der W i r t e v e r e i n K a r l s r u h e u nd U m g e g e n d eine Versammlung ab, in der der Vorsitzende, Herr Fecht, über den Stand der Nahrungsmittelversorgung, über die Bierpreisfrage und über die neuen Ariegssteuern berichtete. E r führte aus, daß die Schwierigkeiten in der Beschaffung der für die Beköstigung in den Gastwirtschaften notwendigen Nahrungsmittel recht erheblich seien. Durch die am s. Februar wieder eintretende Schonzeit für alles W ild werde die Fleischversorgung schwieriger. I n der Brotversorgung wünschte der Berichterstatter die Einfüh­ rung von Reichsbrotmarken. Am schwersten sei das Gastwirts­ gewerbe durch die große Einschränkung der Biererzeugnng auf 25 °/s mitgenommen, dem gingen dadurch über Achtzehntel der früheren Einnahmen aus Bier verloren. Nach längerer Aus­ sprache wurde einstimmig folgende Entschließung gefaßt: „Die Verhältnisse in der Bierversorgung zwingen bei der gegenwärtigen Zuweisung von kaum Aweizehntel Bier gegenüber früher, so lange dieser Zustand dauert, zu einer Steigerung des Bierausschankpreises in der Weise, daß künftig ^/ig Liter Bier im Ausschank 20 Pf. kosten. Weiter muß angesichts dieser Verhältnisse verlangt werden, daß endlich der Flaschenbierhandel vollständig eingestellt w ird." Das Landesprüfungsamt verfügte die Einstellung der beschlossenen Erhöhung, weil es zunächst die Regelung der ganzen Bierfrage durch das Rlinisterium abwarten wolle. I n einer am s5. Februar im Ministerium des Innern abgehaltenen Sitzung, an der Ver­ treter der Behörden, der Brauereiverbändc, des Gastwirteverbandes und der Verbraucher teilnahmen, wurde die Frage eingehend be­ sprochen und die Berechtigung einer Erhöhung der Bierausschank­ preise anerkannt. — Eine weitere Versammlung des Wirtevcreins fand am 8 . August statt. Verbandsvorsitzender Fecht berichtete über die Rartoffelversorgungs-, die Rohlen- und die Einkaufs­ genossenschaftsfrage. W it großer Besorgnis wurde die Beliefe­ rung der nötigen Kohlen für den kommenden gerbst und Winter erörtert, die das Gastwirtegewcrbe in die schlimmste Lage bringen könne. Die Versammlung sprach sich gegen eine Zusammenlegung von wirtschaftsbetrieben ans. Sie hielt eine solche Maßnahme gleichbedeutend m it der Vernichtung der Mehrzahl der Gastwirte- existenzen. Im Notfälle könnten die Geschäftsstunden in den W ir t­ schaften auf vormittags 9 Nhr bis abends sO Uhr festgesetzt werden. Die auf der Hauptversammlung des Badischen Gastwirte­ verbandes beschlossene Gründung einer Einkaufsgenossenschaft fand Zustimmung. Eine große Anzahl der M itglieder des Karlsruher Vereins erklärte ihren Beitritt zur Genossenschaft, die am l- Ok­ tober ins Leben treten soll. Am 2ö. Februar besichtigte die Arbeiter-Jugend den s t ä d t i ­ schen G u t s h o f bei R ü p p u r r . Verwalter Langenstein, der die Führung übernommen hatte, gab zunächst eineil Überblick über die Entstehung und die Entwicklung des Gutshofes. Sodann wurden die einzelnen Abteilungen des Gutes besichtigt, die ver­ schiedenen Ställe mit ihren Tierbeständen, die Futterzubereitung, die Milchküche, die Verarbeitung der Küchenabfälle zu Schweine- sutter, die Hühnerbrutapparate, die Hühner-, Enten- und Gänse­ zucht, sowie die Schweineweide m it dem in einer Ecke angelegten Schweinebad, wo sich die Tiere nach ihrem Suchen nach Eicheln, Käfern usw. einem Bade unterziehen. Am f f . M ärz fand die Generalversammlung des Gewer k ­ schaf t s k a r t e l l s statt. Zunächst gedachte der Vorsitzende, Wilhelm Hof, der gefallenen oder gestorbenen Mitglieder des Kartells. Die Versammlung ehrte dieselben durch Erheben von den Sitzen. Sodann erörterte er das Hilfsdienstgesetz, gab die ein­ gelaufenen diesbezüglichen Schriftsätze bekannt und verbreitete sich eingehend über die Ausgaben der gebildeten Ausschüsse. Uber die Ausgabe der Lebensmittel (Hindenburg-Spende) wurde geklagt. Die Rationen an die Schwerst- und Schwerarbeiter seien viel zu niedrig. I n einem besonderen Schreiben an den Reichskanzler soll die Eingabe der Gewerkschaften über die Lebensmittelversorgung unterstützt und der badischen Regierung unterbreitet werden. I n die Organisation der Arbeitsvermittlung für de» vaterländischen Hilfsdienst im Bereich des X lV . Armeekorps wurde Herr Hof — 236 — abgeordnet. Der Vorsitzende erstattete hierauf den Jahresbericht des Kartells. I n diesem wurde bemerkt, daß es an Arbeit nicht gefehlt habe. Allgemein seien die Löhne hinter den sich steigernden Ausgaben für Lebensmittel und Bedarfsartikel zurückgeblieben. Lohnerhöhungen, Zulagen seien gewährt worden, doch nur in unzulänglicher weise. Die Arbeiten des Kartells seien in 6 Ver­ sammlungen und s s Kommissionssitzungen erledigt worden. Infolge Einberufungen sei der witgliederstand erheblich zurückgegangen. Rund s s 000 Gewerkschaftsmitglieder ständen unter den Waffen. Trotz des Krieges seien erhebliche Unterstützungen nach den Satzungen ausbezahlt worden, für Invaliden- und Krankenunter­ stützung 28 s s^ Utk., Sterbegeld 793s w k ., an Familien- und Krankenunterstützungen 60 2s-s Ukk. Aus dein Sekretariatsbericht, den Sekretär p ru ll erstattete, geht folgendes hervor: I n hohem Maße wurde das Sekretariat auch im Berichtsjahre von Krieger­ frauen, Kriegsinvaliden, von organisierten Arbeitern in Anspruch genommen, insgesamt von 30s2 Auskunftsuchendcn, die sich aus 2808 Arbeitnehmern und deren Angehörigen (ss7^ männlichen und s09-s weiblichen), s79 sonstigen Personen (ss3 männlichen und 66 weiblichen) und 25 Vereinen und Körperschaften zusammen­ setzten. Von den Ausknnftsnchenden wohnten s666 in Karlsruhe, s3H6 kamen aus anderen Grten. Gewerkschaftlich organisiert waren 998 Personen — 33, s °/g. Die Zahl der erteilten Aus­ künfte betrug 333s. Davon wurden mündlich 3067 und schriftlich 26H Auskünfte erteilt. Die Zah l der angcfertigten Schriftsätze betrug ss^9. Der Kassenbericht wurde erstattet, die Wahlen in die Kartellkommission vorgenommen, sodann über die wilchversor- gung und die Bierpreisfrage berichtet. — Am 3. w a i fand eine Delegiertenversammlung des Kartells statt. Der Vorsitzende L)of sprach über die Lebensmittelversorgung. W an müsse verlangen, daß bei der Ausgabe und Kontrolle der Lebensmittel Arbeiter mitwirkten. Dann berichtete der Vorsitzende ausführlich über die Konferenz, die sich im Ministerium eingehend mit der Versorgung der Schwerstarbeiter beschäftigt habe. Ferner gab derselbe die Eingabe über die Lebensmittelversorgung an das Kriegsernährungs­ amt und die eingelaufene Antwort bekannt. Eine ausführliche Aussprache schloß sich an den Bericht. — Am s8. Mktober wurde eine Vertreterversammlung des Aartells abgehalten. Der Vertreter der Ariegsfürsorge erhielt den Auftrag, auf Erhöhung der Unter­ stützungssätze der Ariegerfamilien hinzuarbeiten. Aber die unge­ teilte Arbeitszeit äußerte inan sich dahin, daß diese unter ent­ sprechender Verkürzung aus 8 Stunden einheitlich durchgeführt werden könne. Die Lohne müßten entsprechend erhöht werden. Eine längere Arbeitszeit als 8 Stunden würde gewaltige Schäden zeitigen.'' Unter allen Umstände» müßten die Überstunden beseitigt werden. Nach einem Bericht des Vorsitzenden über den Badischen Baubund beschloß das Aarte ll, dem Bunde beizutreten. Dann wurde nachstehende Entschließung einstimmig angenommen: „Die^freien Gewerkschaften protestieren in der energischsten weise gegen die Erhöhung der Eisenbahnfahrpreise. Diese Erhöhung erschwert den minder­ bemittelten Kreisen, die am seltensten überflüssige Fahrten machen, das Reisen in ungeheuerer weise und macht es zum großen Teil unmöglich. I n ihrer Wirkung wird die Fahrpreiserhöhung, die z. B . den Besuch kranker Ange­ höriger oder die Teilnahme au Beerdigungen naher Verwandler usw. in vielen Fällen unmöglich macht, geradezu brutal sein. Sic ist ein weiteres W ittel, die Minderbemittelten von den noch bestehenden Knlturwohltateu auszuschließen. Die freien Gewerkschaften erwarten, daß die Einschränkung des Ver­ kehrs so erfolgt, daß alle Bevölkerungskreise in gleichem Maße zur Unter­ lassung nicht unbedingt notwendiger Reisen gezwungen sind, w i r erwarten insbesondere, daß die Fahrpreise für den Samstag und Sonntag nicht erhöht werden, weil die minderbemittelte Bevölkerung gezwungen ist, ihre Reisen fast ausschließlich an diesen beiden Tagen auszuführen, w i r erwarten ferner, daß im Schnell- und Eilzugsvcrkehr bei sehr langen Strecke», die nur mit Schnell- oder Lilzügen zurückgelegt werden könne», eine Preiserhöhung nicht eintritt. w ir protestieren weiter gegen die Einführung der H. wagenklasfe und erwarten, daß die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen durch die Beseiti­ gung der t- und 2. Wagenklasse gesteigert wird." Ferner sprach sich die Versammlung gegen die fortgesetzte Preissteigerung der Lebensmittel aus. Die notwendigsten Lebens­ mittel wie Brot, Aartoffeln u. a. könnten von der Arbeiterschaft kaum mehr beschafft werden. Am 23. Gktober hielt der Deut sche U I e t a l l a r b e i t e r - V e r b a n d eine gemeinsame Sitzung der Arbeiterausschüsse der Bezirke Karlsruhe und Durlach ab, um zur Frage der durch­ gehenden Arbeitszeit Stellung zu nehmen. Herr Sauer berichtete über die Beratungen, die das Uriegsamt Aarlsruhe m it Vertrc- — 238 lern der Arbeiter über die Einführung derselben gepflogen hatte, ebenso Herr Rückert über eine Konferenz des Verbandes in Stutt­ gart in derselben Angelegenheit. Das Ergebnis der eingehenden Aussprache, an der sich u. a. auch der Bezirksleiter des christlichen Metallarbeiterverbandes und der Bezirksleiter des Gewerksvereins der Maschinenbauer und Metallarbeiter beteiligten, war die ein­ stimmige Annahme folgender Entschließung: „Voraussetzung zur Zustimmung wird in allererster Linie sein: daß die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden, die Anwesenheit im Betrieb 8h- Stunden, die wöchentliche H8 Stunden bezw. St Stunden pro Mache nicht überschreitet, daß die Lohnsätze und Akkorde umgerechuet werden, so daß in der durchgehenden Arbeitszeit mindestens der seitherige Verdienst unter allen Umständen erreicht wird, serner, daß die Arbeiterschaft, soweit sie nicht am G rte eines in Frage kommenden Betriebes wohnt, die nötige Zugverbindung hat, damit sie nicht verschiedene Stunden über den Schluß oder vor Beginn der Arbeitszeit am Betriebsart sich zwecklos aufhalten muß. Ferner wird unumgänglich not­ wendig sein, daß die Frage der Nahrungsmittelbeschaffung eine bessere wird, daß der Schluß und der Beginn der Schulen der durchgehenden Arbeitszeit angepaßt wird, damit bei der jetzigen Nahrungsmittelknappheit kinderreiche Familien die ksauptmahlzeiten nach wie vor gemeinsam einnehmen können." Aus der Stadtratssitzung vom (3. September wird folgendes berichtet: „ D e m D e u t s c h e n K r i egs w i r ts ch a f t s m us e u m zu L e i p z i g , das sich die Darstellung der durch den Weltkrieg bewirkten weitgehenden Umbildung der deutschen Volkswirtschaft in eine eigenartige Kriegswirtschaft zur Aufgabe gesetzt hat, tritt die Stadt Karlsruhe als M itglied bei." 3. Vereinsleben. u. V e r e i n e f ü r k üns t l e r i s che u n d w i s s e n s c h a f t l i c h e B e t ä t i g u n g . Der B a d i s c h e K u n s t v e r e i n zählte im Berichtsjahre s033 M itglieder ( l 9 l 6 : (06H) m it 1(056 ((087) Anteilscheinen. Die Zah l der Besucher der Ausstellung mit Eintrittskarten zu 5 0 Pf. betrug 552s (2956), mit Eintrittskarten zu (0 Pf. 90 (((H), m it Schülerkarten zu 2 M k. H8 (H2). Von auswärtigen Künstlern waren 8H5 (((5H), von hiesigen 729 (93s) Werke ausgestellt. Verkäufe fanden im werte von 307 553 M k. (27 765 Mk.) statt. 239 Der Verein hat auch im Berichtsjahre wieder an Stelle der Ver­ losung von Anteilscheine» und der Verteilung einer Vereinsgabe eine Anzahl Werke badischer Künstler, die durch den Krieg in A lit- leidenschaft gezogen waren, behufs Verlosung unter seine Mitglieder angekauft. Es wurden 6s Werke zum Gesamtpreise von 9 ^ 0 Alk. erworben, wobei ^7 Künstler berücksichtigt werden konnten. Auf den Ausstellungen waren m it größeren Sammlungen vertreten: die Professoren von Volkmann, lieber, von Ravenstein und H. A. Bühler von Karlsruhe, P. Segisser - Hopferau, die Münchener Aquarellisten, P. Kauzmann-Alünchen, K . Böhme, W . Hempfing und Sophie Lay-Karlsruhe, A. Bärenfänger-Hörde, H. Dischler- Hinterzarten, W. Lilie-Reilingen, die „Freie G ruppe"- Düssel­ dorf, ferner mit Graphiken F. Dörr-Karlsruhe und H. Lemke- Freiburg. I m März und Oktober fanden die beiden großen Nachlaßausstellungen des Professors Franz Hoch-München und des Professors Gustav Schönleber-Karlsruhe statt, welche sämtliche Räume des Kunstvereins füllten und das allgemeinste Interesse erweckten. Der Jahresbericht bemerkt: „Daß die große Nachlaß­ ausstellung Schönlebers, der fast während seiner ganzen künstleri­ schen Laufbahn in Karlsruhe ansässig war, einen hervorragenden Anziehungspunkt für alle Kunstfreunde bildete, war selbstverständlich; sie hatten hier noch einmal Gelegenheit, die reife, feine und ab­ geklärte Kunst dieses Meisters aus allen seinen Schaffensperioden zu bewundern". Beide Nachlaßausstellungen hatten auch einen finanziellen Erfolg. — Die Einnahmen des Vereins betrugen 32s06 Alk. 98 Pf. (26 5s2 Alk. 65 Pf.), .darunter wie im V or­ jahre der Staatsbeitrag mit 3500 Alk. und der der Stadt K a rls ­ ruhe mit 2000 A lk ., die Ausgaben 33 055 Alk. (27 635 Alk. 92 Pf.). Das Gesamtvermögen des Vereins beläuft sich Ende Dezember sßs7 auf 78 7H2 Alk. 2s Pf., die Vermögensvermeh­ rung im letzten Jahre auf s7 339 Alk. 6 s Pf. Der B a d i s ch e K u n stg e w er b e v e r e i n hielt am 22. A p ril seine Hauptversammlung ab. Der Verein zählte im abgelaufenen Jahre, wie s9s6 bereits bemerkt werden konnte, HÔs Mitglieder. Die Einnahmen betrugen 5008 Alk. 9 l U - , die Ausgaben ^s7d Alk. 6 Pf., das Gesamtvermögen s8662 Alk. 5 s Pf. Nach Erledigung einiger geschäftlichen Angelegenheiten wurde der Antrag - 2-sO — des Vorsitzenden angenommen, daß der Gesamtvorstand bis zur Beendigung des Krieges im Amte verbleiben soll. Darauf wurde unter Führung des Direktors Hoffacker ein Rundgang durch das Museum angetreten und die während des Krieges neueingebauten Räume besichtigt, die erst später der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden können. Die Ortsgruppe des Deu t sc hen S p r a c h v e r e i n s ver­ anstaltete am 28. A p ril einen Ehrenabend für Fritz Römhild (Romeo) aus Anlaß von dessen kurz zuvor verstrichenen 60. Ge­ burtstag. A u f die Begrüßungsansprache des Vorsitzenden, Geh. Vberregierungsrates Or. Lange, der dem Jub ila r die Glückwünsche des Vereins darbrachte, folgten vokal- und Instrumentaldarbie­ tungen der Opernsängern! Fräulein Irene Heidelberg, der Geigen­ künstlerin Fräulein Margarete Schweickert, der Pianistin Frau Emma Lorenz-Saar und auf dem Klavier von Herrn Ehr. Lorenz. Vorgetragen wurde u. a. die Ouvertüre zu „Orpheus in der Unterwelt", der Festzug aus deni Hochzeitsmarsch von Iensen, der Ungarische Tanz von Brahms, das Wiegenlied von Reger, die Arie der Elisabeth aus „Tannhäuser" und „wenn es schum­ mert" von Herrmann. Zum Schluß trug Romeo eine Auswahl seiner eigenen Dichtungen vor, darunter auch ein ernstes vater­ ländisches Gedicht. c. v a t e r l ä n d i s c h e , l a n d s m a n n s c h a f t l i c h e , H a u s ­ bes i t z e r - , S t a d t t e i l - u n d S t a n d e s v e r e i n e . Ende M a i wurde hier ein „ B u n d f ü r deutsche F a ­ m i l i e u n d V o l k s k r a f t " gegründet. Der Bund stellt sich zur Aufgabe, gegen die materialistische Weltanschauung die idea­ listische auf allen Gebieten des geistigen, politischen und kulturellen Lebens wieder in Ansehung zu bringen und ihr in unserem Volke Macht zu verschaffen. Seine praktische Tätigkeit hat der Bund m it der Verbreitung der von Or. meck. p au ll hier verfaßten ersten Denkschrift begonnen, die gegen die unerhörten Zustände auf dem Gebiete des geschlechtlichen Lebens ankämpft. Der Bund wird sich ferner bemühen, seine Anschauungen bei den gesetzgebenden Körperschaften und im gesellschaftlichen Leben zur Geltung zu bringen. E r ist, wie es sodann i» der Veröffentlichung heißt, zu steuern. Zum E in tritt in den Hauptvorstand hat sich zunächst eine Reihe bekannter Persönlichkeiten hier, in Heidelberg und in Freiburg bereit erklärt. De» Vorsitz des Arbeitsausschusses führt Or. meä. Hermann Paull hier, die Geschäftsstelle befindet sich in Heidelberg. Am s7. Gktober hielt in der Mädchengruppe des Vereins für das D e u t s c h t u m i m A u s l a n d Fräulein von Pezold einen Vortrag über Riga. Frau von Freydorf trug einen von ihr verfaßten „Vorspruch" und das Gedicht „E rfü llu n g " des baltischen Dichters Gtto von Schilling vor. Fräulein Lange sang einige Lieder. Zm M i l i t ä r v e r e i n erhielten im Berichtsjahre P riva t­ mann Andreas Daler, Buchbinder G tto Ebbecke, Aaufmann Aonrad Jessen nnd Studrenrat Michael wacker die goldene Erinne­ rungsmedaille für ^Ojährige Mitgliedschaft. 38 Mitglieder erhielten die silberne Erinnerungsmedaille für 25jährige Mitgliedschaft. Im M a i wurden folgende Mitglieder, die dem Verein seit seiner Gründung im Zahre s872 ununterbrochen H5 Zahre angehören, zu Ehrenmitgliedern ernannt: G tto Freyheit, Uhrmachermeister, Friedrich Häusler, Architekt, Leopold Leon, Aaufmann, Gustav Gberst, Aaufman», Aaspar Rauch, Gutsbesitzer, A a rl Scheurer, Hofmechaniker, Hermann Wälder, Architekt, A a rl Schwarz, Tapezier­ meister, Franz Zink, Aaufmann. Der A l b - u n d p f i n z g a u - M i l i tä r v e r e i n sv erb an d hatte die militärischen und andere Vereine hiesiger Stadt zu einem Vortragsabend auf den sO. November eingeladen. Eine zahlreiche Zuhörerschaft hatte sich cingefunden. Aurz nach 8 Uhr erschienen der Großherzog und die Großherzogin, begrüßt von Generalmajor Anheuser, der den Dank für das Erscheinen der Herrschaften durch ein dreifaches Hurra zum Ausdruck brachte. Die Schülerkapelle — 2^4 — gräben, Drahtverhaue, Brückenbauten, Beobachtnngsposten, horch- posten, kurz alle Einrichtungen und Arbeiten, an denen unsere Truppen draußen beteiligt sind, zog der Redner in den Kreis seiner Betrachtungen. Lichtbilder in großer Zah l vervollständigten seine Ausführungen. Zum Schluß richtete er eine ernste Mahnung an die Anwesenden zum Durchhalten. Nach einem besonderen Hinweis auf den genialen Führer hindenburg und den Kaiser schloß der Redner m it einem dreifachen hoch auf den obersten Kriegs- herrn. Nun hielt der Großherzog eine Ansprache, um allen, die draußen an der Front stehen, zu danken, und schloß mit einem hoch auf Heer und Flotte. Nach einem Dortrag der Lchülerkapelle fand die Veranstaltung ihren Abschluß. Am 29. Januar hielt der G r u n d - u n d h a u s b e s i tz e r - v e r e i n eine Versammlung ab, in der das Besitz- und Kriegs- steuergesetz eingehend behandelt wurde. Stadtrat Rechtsanwalt W ilhelm Frey begrüßte die Erschienenen und wies darauf hin, daß bei den großen Bedürfnissen, die Reich, Staat und Gemeinde nach dem Kriege zu befriedigen hätten, das in Rede stehende Gesetz nur ein Teil der kommenden Steuergesetze sein werde. Darauf erörterte Finanzrat Wagner ausführlich das Wesen des Besitz- und Kriegssteuergesetzes, die Verschiedenheit beider, erläuterte den Begriff des Vermägenszuwachses, gab genau Auskunft über die Feststellung der Steuerwerte, über die zulässigen Abzüge und erwähnte die Möglichkeit, die Kriegssteuer durch Kriegsanleihen des Deutschen Reiches zu entrichten. A m ZO. Zum hatte der B ü r g e r v e r e i n der A l t s t a d t zusammen m it den übrigen Bürgervereinen, den Mieter- und Bauverein, den Grund- und Hausbesitzerverein, die Baugewerke­ innung und die Vereinigung der Karlsruher Bauhandwerker zu einer gemeinsamen Sitzung eingeladcn. Tagesordnung: „Die Stel­ lungnahme der Vereine zur Auszahlung der Fliegerschäden". Über den Stand der Angelegenheit wurde ausführlich Bericht erstattet. Zn der Aussprache wurde mit Entschiedenheit verlangt, daß die Regierung ohne Rücksicht auf den Grund der Bedürftigkeit der Beteiligten den vollen Betrag des festgcstellten Schadens raschestens auszahlen solle. Die Anwesenden erklärten sich damit einverstanden, daß eine diesbezügliche Eingabe sofort an die Regierung gerichtet — 2 ich — werde. Ausdrücklich wurde dabei betont, daß es im Interesse des Ansehens der Regierung liege, wenn sie durch Erfüllung ihrer Verpflichtungen den Gegenstand aus der öffentlichen Erörterung nunmehr ansscheide. Am 7. Januar hielt der W e r k m e i s t e r - B e z i r k s v e r e i n aus Anlaß seines 30jährigen Bestehens eine Versammlung ab. Dem Ernst der Zeit entsprechend wurde von einer Stiftungsfeier abgesehen. Der Vorsitzende, Herr Wondratschek, gab einen Rückblick auf die Geschichte des Vereins. E r erwähnte die örtliche Witwen- und Waiscnkasse, die im Jahre s89i m it einem Kapita l von 2600 Rik. gegründet worden sei und nunmehr über ein Kapital von etwa s7 000 Rick, verfüge. s5 000 M k. seien davon in Kriegsanleihe angelegt. Zn der Generalversammlung am s. De­ zember wurde der Geschäftsbericht erstattet. Darnach wurden aus der lokalen Kriegsunterstützungskasse an die Familien in: Felde stehender Riitglieder 325 s M k. verausgabt, seit Kriegsbeginn s0 839 Rik. Der Verband leistete für den gleichen Zweck 2580 Rik. und seit Kriegsbeginn 588 s Rik. An Znvalidenunter- stützung zahlte er an den hiesigen Verein 5s3 Rik., an Witwen- unterstützung 33s2 R ik ., an Sterbegeld 3H00 Rik. Aus der lokalen ivitwen- und ivaisenkasse sollen zu Weihnachten wieder sOs7 Rik. verteilt werden. Die Zah l der Riitglieder beträgt im 3 s. vweinsjahr 229. Am 9 . Zanuar hielt die Ortsgruppe Karlsruhe des Deut sch­ n a t i o n a l e n H a n d l u n g s g e h i l f e n - V e r b a n d e s ihre Zahreshauptversammlung ab. Aus dem Bericht geht hervor, daß von den Mitgliedern vier Fünftel unter den Fahnen stehen. 5s Mitglieder sind gefallen, 9 werden vermißt, sO befinden sich in Gefangenschaft. 2 Riitglieder erhielten das Eiserne Kreuz erster, 79 das zweiter Klasse. Trotz des Krieges hat die O rts ­ gruppe eine Zunahme von 200 Mitgliedern erfahren. Die neu­ geschaffene Kasse für Heeresangehörige der Krankenkasse hatte sich eines großen Zuspruchs zu erfreuen. Gegen einen monatlichen Beitrag von 3 Rik. wird ein tägliches Krankengeld von 2 Rik. bis zur Dauer von s82 Tagen bewilligt. Die Leistungen des Verbandes für Stellenlosenrente, Kriegsunterstützung und Kriegs- sterbegeld vom August s9sH bis Anfang des Zahres s9s? betrugen - 2 ^ — rund eine M illio n M ark. Die Ortspruppe hat wahrend des Kriegs für Kriegsunterstützung und Liebesgaben ins Feld etwa 3000 M k. verausgabt. Weiler bemerkte der Bericht, daß die Stellenvermittlung und die Sparkasse gute Erfolge hätten, daß sich von der Ortsgruppe veranstaltete vaterländische Abende jeweils eines guten Besuches erfreuten und daß die Kassenverhältnisse der Ortsgruppe trotz der stark verminderten Einnahmen gute seien. Am 28. Ju n i hielt der Verein der K i n e m a t o g r a p h e n - bes i t zer u n d I n t e r e s s e n t e n S ü d w e st d e u t s ch I a n d s hier seine ordentliche Generalversammlung ab. Der Gesamoorstand wurde einstimmig wiedergewählt, s. Vorsitzender Otto A. Kasper in Karlsruhe. Der Geschäfts- und Kassenbericht wurde erstattet und sodann beschlossen, im Einblick aus die durch die Kohlennot veranlaßte Betriebseinstellung im letzten Winter die Handelskammer aufzufordern, ob sie nicht Erhebungen über die dadurch entstandenen Schädi­ gungen der Kinobesitzer veranstalten wolle. Außerdem wurde der Vorsitzende beauftragt, im Verein mit den Lichtbildertheatern in Hessen die Gründung eines Schiedsgerichts in Frankfurt in die Wege zu leiten, das die Mitglieder bei Streitfällen anzurufen hätten. Z u r Sprache kam schließlich die Arbeitszeit in den badischen Licht­ spieltheatern und die Kohlenversorgung im kommenden Winter. Am 3. August fand die lO. ordentliche Mitgliederversamm­ lung des Bezirksvereins Karlsruhe des V e r b a n d e s S ü d west ­ deut sch er I n d u s t r i e l l e r statt. Der Versammlung wohnte je ein Vertreter des Ministeriums des Innern, des Gerwerbe- aufsichtsamts und der Kriegsamtsstelle Karlsruhe bei. Nachdem über die umfassende kriegswirtschaftliche Tätigkeit des Verbandes M itte ilung gemacht worden war, erstattete Verbandssyndikus V r. Mieck-Mannheim einen eingehenden Bericht über industrielle Tagesfragen. I m Anschluß hieran wurde über die Rohstoff­ versorgung nach Friedensschluß verhandelt. Sodann stimmte die Versammlung des Bezirksvereins dem zu, daß der verband Süd­ westdeutscher Industrieller gegen eine weitere Ausdehnung der Awangssyndizierung in der Fertigindustrie bei den zuständigen Stellen nachdrücklichen Einspruch erhebe. Weiter fanden eingehende Erörterungen über Vergebung von Handelslieferungen an die badische Industrie, über handelspolitische und wasserwirtschaftliche 2H5 — Fragen statt. Die Versammlung wies schließlich darauf hin, daß der Verband nicht grundsätzlich gegen eine Teilung des Reichsamts des Innern sei; -aß er aber von jeher sich gegen eine solche Teilung ausgesprochen habe, durch die die Bearbeitung der sozial­ politischen Fragen von den der Handels- und allgeniein wirtschafts­ politischen Fragen getrennt werden würde. Am s6. November wurde der Karlsruher O r t s v e r b a n d der B e am t e n v e r e i n e gegründet. Der Verband hat sich die Förderung der geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegen­ heiten seiner Mitglieder zur Aufgabe gestellt. Z u r Zeit gehören ihm etwa 20 Beamten- und Lehrervereine m it ungefähr 2600 M it- gliedern an. Zum Vorsitzenden des Verbandes wurde Rechtsrat Or. Ammann, zum Stellvertreter des Vorsitzenden Reallehrerin Fräulein Vr. Gernet gewählt. Am s7. Dezember sprach Ober­ stadtrechnungsrat Meiler in einer Mitgliederversammlung über die Ziele des Verbandes. c. K o n f e s s i o n e l l e V e r e i n e . Am sö. A p ril veranstaltete der T h r i st l i ehe V e r e i n j u n g e r M ä n n e r einen Eltern- und Konfirmandenabend mit musikalischen und deklamatorischen Darbietungen und m it zwei Vorträgen. Vr. plnl. A. M a y sprach über „Berufung, Berns und Lebensglüek." Ingendsekretär E . Trenkel führte an der Hand meist eigener Aufnahmen die Gefahren der Jugend in den Ent- wicklungsjahren vor. Weitere Lichtbilder aus allen Arbeitsgebieten des Vereins schlossen den Abend. Anfang M a i wurde berichtet, daß sich die evangelischen Frauen­ vereine zu einem Verband znsammengeschlossen hätten, der sich „ L a n d e s v e r b a n d evange l i scher F r a u e n v e r e i n i g u n g e n " nenne. Vorsitzende ist die Gemahlin des Präsidenten des Dber- kirchenrats, Frau Kibel, stellvertretende Vorsitzende Freifrau von Marschall-Neuershausen. Der Landesverband umschließt die drei Gruppen: s. Evangelischer Frauenverband für innere Mission. 2 . Evangelischer Frauenverband der Gustav-Adolf-Vereine. 3, Evan­ gelischer Frauenverband für äußere Mission. Den Landesverband vertritt Frau Präsident Kibel bei der Kriegsamtsstelle und im Landesausschnß sür Kriegshinterbliebenensürsorge (HeimatdanH. - 2^6 — Am 23. September fand die s. Versammlung des neugegrün­ deten F r a u e n b u n d e s in der Lutherkirche statt. Stadtpfarrer Weidemeier begrüßte die Erschienenen und teilte mit, daß die Zahl der M itglieder bereits auf 300 gestiegen sei. E r verbreitete sich sodann in einem längeren Vortrage über die Frauenhilfe im a ll­ gemeinen und während des Kriegs und über die Ziele und A u f­ gaben eines evangelischen Frauenbundes im besonderen. Vach der W ahl des einstweiligen Vorstandes schloß der Vorsitzende die Ver­ sammlung m it dem Wunsche, der Frauenbund möge der evange­ lischen Neuoststadtgemeinde zum Segen werden. Auch im Berichtsjahre erging im November wieder ein A u f­ ru f an die F r e u n d e der E v a n g e l i s c h e n S t a d t m i s s i o n m it der B itte , dieselbe durch Weihnachtsgaben zu unterstütze». Eine größere Anzahl evangelischer Frauen und Zungfraue» hat den A u fru f unterschrieben. Diese erklärten sich sämtlich bereit, Spenden entgegenzunehmen. Am 22. November fand im Vereins­ haus (Adler-Straße 23) ein kleiner Verkauf noch vorhandener Kleidungsstücke statt. Um Beisteuer ähnlicher, auch für Soldaten verwendbarer Stücke wurde gebeten. Die Sammlung des Vor­ jahres hatte 5377 M k. ergeben. Anfang November veröffentlichte der E v a n g e l i s c h e P r e ß- v e r b a n d f ü r B a d e n auch hier einen A ufru f um Gaben für die evangelische preßarbeit in Baden, für den Aufbau der Geschäfts­ stelle des Verbandes, für Begründung eines Flugblattfonds und für Heranbildung tüchtiger Kräfte zur M itarbeit. Der Aufruf schloß m it folgenden Worten: „Gebt uns nicht kärglich, gebt uns reiche Spenden als Reformationsdank zum Schutz und zur E rha l­ tung der religiös-sittlichen Werke im öffentlichen Volksleben der Heimat durch das gedruckte W ort." Dem Ehrenausschuß für Baden gehört eine große Anzahl Männer aus verschiedenen Teilen des Landes an, darunter aus Karlsruhe folgende: Geh. Rat V r. Bürklin Exz., Dekan Ebert, Regierungsrat V r. Hecht, Stadt­ pfarrer Hindenlang, Prälat V. Schmitthenner, Gberrechnungsrat Steinbach, V r. Nibel, Präsident des Oberkirchemats,)! M inisterial­ direktor Geh. Rat Weingärtner, Landgerichtsrat Winkler. Am f8. November fand eine gesellige V e r e i n i g u n g e v a n g e l i s c h e r A r b e i t e r i n n e n statt mit musikalischen Das- — 2-s7 bietungen. Fräulein von Feldmann, die Vorsitzende des Verbandes der evangelischen Arbeiterinnenvereine Deutschlands, hielt einen Vortrag über Zweck nnd Ziele der evangelischen Arbeiterinnen- vereinsbewegung. Daraufhin wurde am 22. November ein Verein evangelischer Arbeiterinnen gegründet nnd die Bildung gleichartiger Vereine für Durlach, den Stadtteil Rintheim »nd für Beiertheim- Bulach angebahnt. Ebenfalls am f8. November war nachmittags von 3 bis 5 Nhr durch den E v a n g e l i s c h e n M ä n n e r v e r e i n der S ü d st a d t das Holzkreuz des Vereins, in dein f ßf ö erstmals Nägel eingeschlagen worden waren, zur weiteren Nagelung auf­ gestellt. Zn der Veröffentlichung wurde mitgeteilt, daß die Vorder­ seite des Kreuzes ganz benagelt nnd die Nagelung auch an den Seitenflächen rüstig fortgeschritten sei, daß die teueren Nägel längst alle ihre Plätze erhalten hätten, während der Nagelung am s8. wurden Reformations-Zubiläumsschriften verteilt. Am 7. Zauuar hielt der Katholische Männerverein „ K o n ­ s t a n t i a " einen Familienabend ab. Der Vorsitzende, Herr Simon, sprach über aktuelle Tagesfragen. Der Vortrag war durch einige Solovorträge von Fräulein K lara Hurst umrahmt. Außerdem trug die Gesangsabteilung des Vereins einige Lieder vor. Am lch Januar fand im K a t h o l i s c h e n M ä n n e r ­ v e r e i n der ! v e st st a d t eine Familienfeier statt. Kaplan Steiert hielt eine den Zeitverhältnissen entsprechende Rede. Der Schüler­ chor und das Grchester des Zugendvereins folgten m it musikali­ schen Vorträgen. Am s6. Zanuar hielt „ D a s K r e u z b ü n d n i s", Verein abstinenter Katholiken, seine Hauptversammlung ab. Der Verein zählt gegenwärtig f77 Mitglieder. Zahres- und Kassenbericht wurden erstattet. Außer den regelmäßigen Beiträgen fließen dem Verein auch aus sonstigen tzsuellen Einnahmen zu. Den im Felde stehenden Mitgliedern gingen im abgelausenen Zahre Liebesgaben zu. Die Vorstandswahlen wurden vorgenommen, Kaplan Dold als s. Vorsitzender gewählt an Stelle des nach Meßkirch versetzten langjährigen ersten Vorsitzenden Professor v r . Hans Pfeiffer und dieser zum Ehrenmitglied ernannt, v r . Pfeiffer machte M itte i- luiigen aus seinen Erlebnissen bei den Kämpfen in Rumänien. M it gemeinsam gesungenen Liedern schloß die Versammlung. Am 2 s. Januar beging der Verein k a t h o l i s c h e r G e ­ h i l f i n n e n u n d B e a m t i n n e n der M i t t e l s t a d t sein Z7. Stiftungsfest. Am Vormittag fanden sich die Mitglieder bei der gemeinsamen Kommunion ein. Am Nachmittag wurde ein Konzert abgehalten mit Sologesang und Violinvorträgen. Missionar Brücker sprach über „Frauenkräfte für Gegenwartsaufgaben." Am s3. M a i beging der Verein k a t h o l i s c h e r G e h i l ­ f i n n e n u n d B e a m t i n n e n der S ü d s t a d t sein erstes S tif­ tungsfest. Die Mitgliederzahl hat sich im abgelaufenen Jahre von f2 auf 75 erhöht. Der Präses des Vereins, Kaplan Krems, hielt die Begrüßungsansprache, Stadtpfarrer Haungs die Festrede, in der er die Ziele und Aufgaben des Vereins beleuchtete. Thöre, Duette und Sologesänge folgten. Hofmusiker Eder trug mehrere Eellosoli mit Klavierbegleitung vor. Am 28. Oktober fand im Verein ein Familienabend statt. Ehor- und Sologesänge wurden dargeboten, außerdem ein Melodrama „Die Feldmesse" und Klavier­ stücke. Frau K lara Siebert sprach über Leben, Beten und Schaffen der M alerin M arie Ellenrieder. Zum Schluß wurde das Theater­ stück „D ie Studentin" gespielt. Am 30. September veranstalteten die vereinigten K a t h o l i s ch e n A r b e i t e r i n n en -, L e a m t i n n e n - und Ge s c h ä f t s - g eh i l f i n n e n - V e r e i n e eine gemeinsame Versammlung mit Vorträgen. Frau K lara Siebert sprach über „Frauenarbeit im Krieg", Diözesanpräses Vr. Retzbach ans Freiburg über „Die Quelle der K ra ft und Freude für die in gewerblicher Arbeit stehende Frau". Der Redner betonte, daß soziale Besserung und gerechtere Wertung gewerblicher und häuslicher Frauenarbeit, M it ­ hilfe an der Lösung des Bevölkerungsproblems nur bei Erfassung der Masse der arbeitenden Frauen und Mädchen möglich sei; solche Arbeit leisteten die Staudesvereine. Außer diesen beiden Vorträgen wurden Klavier- und Violincellosoli von Fräulein Elisabeth Eder und Hofmusiker W illy Eder, Deklamationen von Frau Hofschauspielerin Edith Deman und Sologesänge von Otto Weßbecher dargeboten. Zum Schluß forderte Stadtpfarrer Stumpf zun, Zusammenschluß in den sozialen Vereinen und zu Opfer für — 2 B " das Vaterland auf. Auch solle jeder Deutsche, jede Frau und jedes Wädchen zur 7. Kriegsanleihe zeichnen. An, .2 s. Januar hielt der B e z i r k s v e r b a n d d e r K a t h o- l i scheu I u g e n d v e r e i n e Karlsruhes sein erstes Ucissionsfest ab. Vach der Begrüßung durch den Bezirkspräses Kaplan heil- mann schilderte Abt P. Cölestin Ukaier M. v. B . aus dem Ulissions» kloster Schweiklberg in Bayern in W ort und B ild Leben und A r­ beiten der Ulissionäre in Deutsch-Gstafrika. Uoisikalische Dar­ bietungen des Blasorchesters des Iugendvereins Beiertheim und eines Streichorchesters der Weststadt, sowie Gedichtvorträge einzelner Ulitglieder und turnerische Vorführungen der Turnabteilung des, Iugendvereins der Gststadt umrahmten die Veranstaltung. I n seinem Schlußwort wies Kaplan Heilmann auf die national« Bedeutung der Uussionsarbeit hin. Die Uossionäre seien draußen die Kulturträger des Deutschtums. Gerade darum sei der Kaiser ein warmer Freund der Ulissionen. UUt einem hoch auf die UUssionen klang die Feier aus. Am s7. und s8. November hielt der Bezirksverband einen zweitägigen Kurs zur Schulung seiner jüngeren Vorstandsmitglieder ab. Ungefähr WO junge Leute konnte der Bezirkspräses, pfarrkurat v r . Rüde ans Karlsruhe- Rüppurr, begrüße». Gr wies auf die Bedeutung dieser Tagung hin, dankte seinem Vorgänger, jdfarrverweser Heilmann in Kappel- rodeck, für seine langjährige Tätigkeit als Bezirkspräses und über- brachte die Grüße des Diözesanpräses v r . Jauch. Sodann folgten die Vorträge. Kaplan Steiert von St. Bonisaz sprach über „Unsere Vereinsversammlung." Kaplan Fleig von Beiertheim behandelte die Frage: „Woher sollen unsere Vorstandsmitglieder die Anregung nehmen?" Kaplan Gießler von St. Bernhard sprach über „D as Arbeitsfeld der Vorstandsmitglieder." An die einzelnen Vorträge schloß sich jeweils eine Aussprache. Am zweiten Tage behandelte Kaplan Reinhard von der Liebfrauenkirche das Thema: „Unsere Feldgrauen und w ir." Kaplan hilser von St. Stephan sprach" über die Frage: „W ie kann das Vorstandsmitglied seine Arbeit, leisten?" UUt Dankesworten an die Redner schloß der Bezirks- Präses die Versammlung. Am 2s. <Uai hielt der Ka t ho l i s c he I u g e n d v e r e i n dev: S ü - s t a d t einen Familienabend ab. Bei diesem Anlaß w n r-M 250 - soo neue Mitglieder ausgenommen, sodaß der Verein nunmehr gegen HOO Mitglieder zählt. Stadtpfarrer Haungs sprach in seiner Festrede über deutsche Zugendkraft und Bildung eines edlen männ­ lichen Charakters. Sodann folgten Vorträge des Vereinsorchesters, Violinsoli von Herrn Araus m it Begleitung von Frau Sekretär Aerber, Turnaufführungen und die Darstellung des Theaterstücks „Der W aldbub". Am 2s. Oktober veranstaltete der Verein nach­ mittags eine Aufführung zur Weihnachtsbescherung seiner im Felde stehenden Mitglieder. „Der Waldbub" von Schwienhorst wurde wieder gegeben und ein zweites Stück aufgeführt „ L in Pagen­ streich". Das M itglied A a rl Huber brachte humoristische Vor­ träge, turnerische Darbietungen der Turnabteilung folgten. Am Abend war m it den Aufführungen ein Familienabend verbunden. Zweistimmige Chöre und Musikvorträge des Herrn Araus wechselten. Aaplan Heilmann sprach über das Wachstum und die Aufgaben der Zugendvereine. Die Aufführungen wurden am 28. Oktober wiederholt. Am 8. Z u li beging der J u g e n d v e r e i n f ü r k a t h o ­ l i sche M ä d c h e n der S ü d st adt die Aufnahmefeicr neuer Mitglieder, verbunden mit Großherzogs-Geburtstagsfeier und dem lO. Stiftungsfest. Aaplan Arems hielt die Ansprache, v io lin - und Alaviervorträge, Solo-, Duett-, Terzett- und Lhorgesang so­ wie Vortrag von Gedichten wechselten, ein kleines Lustspiel wurde aufgeführt. An die neu aufgenommenen Mitglieder richtete Stadt­ pfarrer Haungs eine Ansprache. Am 28. Z u li fand im Z u g e n d v e r e i n f ü r k a t h o ­ l i sche M ä d c h e n v o n St . S t e p h a n eine Familienfeier zur Ausnahme von ^5 neuen Mitgliedern statt. Mädchenchöre, Alaviervorträge und Lieder zur Mandoline wechselten, kleine Theaterstückchen wurden geboten. Die Vorsteherin, Fräulein Lang, schilderte die Tätigkeit des Zungmädchenvereins als Ergänzung der mütterlichen Erziehung und Ausbildung der Töchter zu bernfs- sreudigen Menschen. Der Präses, Aaplan Burkard, sprach über „D as Mädchen und die himmlische M utter". Am 28. Zannar veranstaltete der A a t h o l i s c h e D i e n s t ­ b o t e n v e r e i n der S ü d st a d I die Nagelung eines Eisernen Arsuzes, Die Spende für die goldenen, silbernen und eisernen Nägel zu 50, 50 und 20 P f. war zugunsten der Kriegerfamilie» der Liebfrauengemeinde bestimmt. Der Präses, Kaplan Behringer, schlug den ersten Nagel. Die ganze Nagelung au diesem Tage ergab ssH M k. Am s8. Februar veranstaltete der k a t h o l i s c h e M ä n n e r - v e r e i n der Mst s t adt eine Familienzusammenkunft im Stadt- teil Rintheim. Stadtpfarrer Stumpf sprach über die zurzeit im Nordergrund stehenden Verhältnisse, die der Weltkrieg hervorgerufen habe und von denen ein jeder in Mitleidenschaft gezogen sei. Das deutsche Volk sei gezwungen, seinen schweren Daseinskampf bis zum Siege durchzuführen. Ehrensache jedes einzelnen sei es, das Äußerste bei der nächsten Kriegsanleihe einzusetzen. Darbietungen der Iugendvereinskapelle und Vorträge von Gedichten durch R in t­ heimer Schulkinder schlossen sich an die Ansprache. Am l9- I)uni versammelte die „ F i d e l i t a s " , Verein katho­ lischer Kaufleute und Beamten, seine M itglieder sowie die Präses der Iugendvereine, um über die verschiedenen Wohlfahrtseinrich­ tungen des Verbandes katholisch-kaufmännischer Vereinigungen Deutschlands, dem auch die „F idelitas" angeschlossen ist, näheren Aufschluß zu geben. Genannt wurden die Stellenvermittlung, Stellenlosenversicherung, St. Marien-W itwen- und Waisenfonds, Krankenkasse mit freier Ärztewahl, Familienkrankenkasse, Sterbe­ kasse, in die sich jedes M itglied, auch Ehefrauen von Mitgliedern bis zu f500 M k. versichern können, mündelsichere Verbandsspar­ kasse, auch hat der verband m it Lebens-, Haftpflicht-, Einbruchs­ diebstahl-, Anfall-, Feuer-, Kautionsversicherung u. a. Verträge abgeschlossen. Am f6. September beging der Verein mit einem Familienabend sein 55. Stiftungsfest. Der Vorstand G. F r. Müller- gedachte in seiner Begrüßungsansprache der 25 Mitglieder, die im Kampfe gefallen seien, und seiner Mitglieder, die noch im Felde stünden. Die Festrede behandelte die Frage: „Woher der haß des Auslands gegen das Deutschtum?" Das Jahrhundert des Kapitalismus, so führte der Redner, Stadtpfarrer Stumpf, aus, habe das politische, wirtschaftliche und nationale Leben um­ gestaltet. Der dritte Stand, dadurch emporgekommen, habe sich in Frankreich und England die Regierungsgewalt erobert und in Rußland die Revolution gemacht, I n Deutschland beständen noch die alten Gewalten, denen die Revolution einst Rache geschworen habe. Dis Aache habe sich in Haß umgesetzt. Aber die tiessten Ursachen des Hasses seien andere. Das wirtschaftliche Ausstreben Deutschlands in den letzten Jahrzehnten habe Unruhe, Unzufrieden­ heit bei den anderen Völkern, insbesondere de» Engländern, und Abneigung gegen den unbequemen Wettbewerber auf dem Welt­ markt hervorgerufen. Unsere Gegner sagten: Deutschland muß untergehen, damit die anderen Völker Ruhe haben. Auch das w o rt U tilitarism us, das die Feinde falsch verstünden, dürfe nicht vergessen werden, wenn inan nach den Ursachen des Hasses frage. E in Philosoph unserer Tage nenne den deutschen M ilita rism us einen Gesinnungsnnlitarismus, den Frankreichs und Englands einen Zweckmilitarismus. Jener sei kein Förderer des Arieges, er könne in friedlicher Zeit bestehen. Der Uulitarismus in Frank­ reich bezwecke den Rachekrieg, England wolle seinen Aonkurrenten beseitigen. A ls weitere Quelle des Hasses nannte der Redner die sozialdemokratische A n tik unseres Staatswesens und die Ziele der Alldeutschen. Zollten w ir nun wieder hassen? so lautete der Schluß der Rede, das wäre das Dümmste, was w ir tun könnten, nicht hassen sollten w ir, sondern in würdiger Distanz unsere Selbstachtung bewahren. M it freudigem Stolz auf unseren deutschen Charakter sollten w ir darnach trachten, höher zu streben und besser zu werden. Nach dieser Rede folgten musikalische Darbietungen am Alavier und »nt der Geige. Das Herlingsche Doppelquartelt sang einige Männerchöre, Fräulein Arotz trug Sopransoli vor , Fräulein Baßler und Herr Reich brachten Proben der Ariegspoesie. Am s. J u li sprach im A a t h o l i scheu A r b e i t e r v e r e i n Stadtpfarrer Haungs über Monarchie und Demokratisierung, wie sie England uns vorschlage. Unter lebhaftem Appell begründete der Redner die Treue zur Monarchie. Die Monarchien des Vier­ bundes stünden machtvoll da, im Inneren herrsche Grdnung, sie strebten den Frieden an und führten das Schwert nur in der Not­ wehr. Die Demokratie in Amerika verlängere den Arieg, der Republikaner Venizelos übergebe Land und Volk dem Verderben des Arieges, vor dem der Monarch es drei Jahre bewahrt habe. Die Republikaner aller Länder hätten die Deutschen i» Stockholm nnt ihxen Friedensbemühungen geradezu ausgelacht. Der Monarch,, verantwortlich für sein ganzes Leben und fein ganzes Geschlecht, sei die beste Garantie für den Frieden. Nach der Rede folgten Jahresbericht und vorstandswahlen. Der Vorschlag, eine Samm- lang bei den Mitgliedern zugunsten des Heimatdanks zu veran­ stalten, wurde einstimmig angenommen. Sodann sprach Kaplan Lorenz über die Wohnungsfragen nach dem Kriege, über Boden­ reform und Kriegerheimstätten. Am 28. (Oktober veranstalteten die Kat hol i schen M ä n n e r ­ und Z u g e » ü v e r e i n e der G f t s t a d t eine Abschiedsfeier für Pfarrverweser Heilmann. Der Vorstand des Männervereins schil­ derte das nahezu achtjährige wirken des Scheidenden im Verein, der Vertreter des Zugendvereins die diesem Vereine gewidmete Arbeit des Herrn Heilmann. Kaplan Hilser feierte namens der Präsides der übrigen Vereine den von hier wegziehenden Bezirks­ präses. Für die Mitkapläne der Gesamtpfarrei brachte Kaplan Behringer dem Scheidenden die Grüße. M it kurzen Worten dankte Herr Heilmann allen Sprechern. Die Zwischenpausen waren durch Musikeinlagen und mehrere Liedervorträge der Damen Fräulein Herrmann und Faulhaber ausgefüllt. Am 9 . Dezember hielt der M ä n n e r - V i n c e n t i u s - V e r e i n Generalversammlung ab. Geistlicher Rat Knorzer eröffnete mit Gebet und begrüßte die Anwesenden. Aus dem sodann erstatteten Jahresbericht für s9s7 entnehmen w ir folgende Angaben: Die Konferenz von 5t. Stephan zählte sH tätige Mitglieder und 2s8 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die entsprechenden Zahlen sind für die Liebsrauenkonferenz ŝ s und 28s, für 5 t. Bernhard ss und s23, für St. Bonifatius s und 76, für St. Peter und Paul 5 tätige Mitglieder. Die Gesamteinnahmen beziffern sich bei der Grtskasse auf s075 AN. 8 Pf., bei der Konferenz St. Stephan ans s29H Alk. 82 Pf., bei der Konferenz Unserer Lieben Frau auf s320 M k. 67 Pf., bei St. Bernhard s(ss5 M k. 89 P f., bei St. Bonifatius auf s(s2s M k. 80 P f., die Ausgaben betrugen dagegen bei der Grtskasse 973 M k. 50 Pf., bei St. Stephan s258 Alk. 53 Pf., bei Unserer Lieben Frau ss88 M k. s7 Pf., bei St. Bernhard s232 M k. sH Pf., St. Bonifatius s379 M k. 62 P f. Der Gesamtvermögensstand beträgt 8072 M k. 36 Pf. Unterstützt wurden 59 Familien mit (99 Personen. A u f Kosten — 23^ — des Vereins sind zurzeit 4 Binder in Anstalten untergebracht. An den Bericht schloß sich ein Vortrag des pfarrsekretärs Baumeister über Leben und Wirken einer Heldin der Laritas aus dem 4. christ­ lichen Jahrhundert, der heiligen Melanie der Jüngeren. Geistlicher Rat Knorzer forderte in seinem Schlußwort die Mitglieder auf zur Weiter- und Werbearbeit für den Verein und bat, sich beson­ ders der armen Rinder anläßlich der kommenden vierten Rriegs- weihnacht zu erbarmen. G r dankte dann allen Anwesenden für ihr Erscheinen und schloß die Tagung. Am l 6. Dezember veranstaltete der Ka t ho l i s c he F r a u e n ­ b u n d einen Mütter-Nachmittag. Fräulein Rigel hielt einen Vortrag über „Thristbaumgedanken im 4 . Kriegswinter". Weih­ nachtsbilder, gestellt von Fräulein Meyer-Rageneck, schlossen sich dem Vortrag an. Thorgesang, Soli und Rinderdeklamatione» begleiteten die Bilder. Ende des Wahres wurde hier ein Ra t ho l i s c h e r M ä n n e r - F ü r s o r g e v e r e i n gegründet, nachdem M itte November eine Tagung der badischen und hessischen Katholische» Fürsorgevereine stattgefunden hatte. Bei dieser Tagung wurde betont, daß sich der Staat der Wichtigkeit einer direkten M itarbeit an der Jugendpflege und Jugendfürsorge gar nicht entziehen könne, daß aber auch der Für­ sorgeverein künftighin selbständig weiter mitzuarbeiten habe. Die Versammlung nahm dann Vorträge entgegen über die Bedeutung der Vormundschaft, über das moderne Versicherungswesen und über die Schutzaussichten. — Der hier neu gegründete Verein ist das Seitenstück zum Katholischen Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Rinder, der seit sO Jahren in Karlsruhe besteht. Das vornehmste Ziel beider Vereine ist die Fürsorge für die Heran­ wachsende fugend. Die Büros der beiden Vereine befinden sich Blumen-Straße 3, woselbst auch die Sprechstunden, in denen über Erziehungsfragen an Eltern und Vormünder Rat erteilt wird, stattfinden. Die Bibliothek des B 0 r r 0 m ä u s - V e r e i n s hatte im Be­ richtsjahre 4425 M k. 37 Pf. Einnahmen (lstsS: 4^42 M k.) und 4362 M k. 20 P f. (38 so M k.) Ausgaben. Die Teilnehmer erhielten neben kostenfreier Benützung der Bücherei Büchergaben im Werte 235 voll 3295 Alk. 50 Pf. (HH5 Alk.). 26ßH0 (23 979) Bänd,! wurden ausgeliehen. Anfang Dezember trat ein V e r b a n d der i s r ae l i t i s che» F r a u e n v e r e i >1 e B a d e n s mit dem Sitz in Aarlsruhe ins Leben. Vorsitzende ist Frau Antonie Lisas. cl. S p o r t - u n d sons t i ge V e r e i n e . Am (8 . M ärz veranstaltete der A a r l s r u h e r M ä n n e r - t u r n v e r e i n ein Schauturnen. Die Ausübenden bestanden aus der Daiiienabteiluug, den Iungmannen, den Mädchen- und Anaben- abteilungeii. Der erste Vorsitzende des Vereins, Aassenvorstand 1 . Baumann, führte nach der Begrüßung der Erschienenen aus, daß dieses Schauturnen ein anderes B ild zeige, als die früheren, da diejenigen, die sonst den Hauptteil bestritten, im Felde ständen. 250 Mitglieder kämpften draußen, 65 hätten das Eiserne Areuz 2. und 5 das f. Masse erhalten, 29 seien gefallen. Nun folgten Geh- und Hüpfübungen, ausgeführt von etwa HO Turnerinnen in kleidsamer Tracht nach dem Takte der Musik, dann Areisübungen und Vorübungen für das Stabfechten, ausgeführt von etwa 50 ^ungmaiiiien. Hieran schlossen sich von ungefähr 26 kleinen Mädchen Freiübungen und ein Menuett. Diesem folgten Frei­ übungen von HH Anaben, dann Langstabübungen der Turnerinnen, Sprungübungen an drei Pferden seitens der Anaben, Hindernislauf der Iuiigiiiannen am Seil, Bock und Pferd und Übungen an vier Barren. M it Uürübungen einiger Iungniannen und Ueulen- übungeu der Turnerinnen schloß die Vorführung. Am 8 . und 9 . A p ril (den beiden Mstertagen) veranstaltete der (0 . Areis des A r b e i te r - T u r n e r b u n d s (Baden, Pfalz und Elsaß-Lothringen) hier einen Iugend-Turnkurs. Die Leitung lag in den Händen des Bundesturnwarts Benedix aus Leipzig. Nach Schluß des Aurses fand eine Aussprache über denselben statt. Am 20 . M a i hielt der A r b e i t e r - T u r 11 e r b u n d hier einen Spieltag des 3. Bezirks ab. Die Vereine Bulach, Daxlanden, Forchheim, Grötzingen, Aarlsruhe und Mörsch waren m it Spiel- iiiannschaften vertreten. Auch Turnerinnen beteiligten sich aktiv. Die Ergebnisse der Faustballspiele waren: Aarlsruhe— Bulach 7H:66, Mörsch— Daxlanden 5s : 30, Grötzingen— Bulach H9:37, 256 MöHch— Grötzingen 62: (8, Forchheim— Karlsruhe H5: HO, Dax­ landen— Forchheirn 52 : H2, Grötzingen— Karlsruhe 55 : H5. Das Fußballwettspiel Karlsruhe—̂ Mannheim endete mit 5 :3 für Karlsruhe. L in kriegsinvalider Turner von Bulach leitete das Zpiel. Am 22 . J u li wurden die Lndkämpfe im W e h r t u r n e n der B a d i s c h e n J u g e n d w e h r des Karlsruher Kreises auf dem Karlsruher Exerzierplatz ausgetragen. Früh um 7 Uhr fanden sich die bei den engeren Ausscheidungskämpfen als Zieger hervorgegangenen Iungmannen mit ihren Führern und Preis­ richtern auf dem Platze ein. L s waren etwa 80 junge Leute aus den Bezirken Karlsruhe, Durlach und Brette». Um */» 8 Uhr erschien der Großherzog. Außerdem hatte sich der stellvertretende Kommandierende General von Zsbert nebst einigen (Offizieren des Generalkommandos, der Unterrichtsminister V r. Hübsch und Frei­ herr von Kageneck als Mitglieder des Iugendwehrausschusses, der Vertrauensmann der Badischen Zugendwehr für 'Karlsruhe und Baden, Generalleutnant von Lochenhausen aus Baden, der Leiter der Zugendwehr des Amtsbezirks Karlsruhe, Geh. Regierungsrat V r. Zeidenadel, der Hilssoffizier M a jo r Freiherr von Gleichenstein, der militärische Leiter, Realschuldirektor Hauptmann Burger und der Direktor der Tnrnlehrerbildungsanstalt, (Oberleutnant Lichler, eingefunden. Unter Aufsicht der Preisrichter begannen die in 5 Riegen eingeteilten Zungmannen ihre Wettkämpfe. Gegen ^ lO Uhr war der Fünfkampf zu Lude. Der Großherzog hielt sodann an die im Kreis aufgestellten Zungmannen eine Ansprache. L s sei nötig, daß daheim auch die fugend de» Körper übe und den Willen stähle. Die Zungmannen sollten in der begonnenen hoff­ nungsvollen Arbeit weiter fahren, dann könne man einer schöneren Zukunft entgegensehen. M it einem Hoch ans den Kaiser schloß der Großherzog die Ansprache. Generalleutnant von Lochenhausen dankte dem Großherzog und brachte auf ihn ein dreifaches Hurra aus. Der zweite Teil der Wettkämpfe mit den turnerischen Übungen fand dann in der Zentralturnhalle statt. M it Gelegen­ heit zum Kirchgang schloß der Vormittag. Nachmittags 5 Uhr wurden die Kämpfe auf dem Exerzierplatz zu Lude geführt. Ls waren n o c h Entfernungsschätzen, Zchnellseh- und Meldeübungsn 257 und einzelne Gruppenwettkämpfe. Um 6 Uhr erfolgte die Preis­ verteilung. I m ganzen wurden 6 Denkmünzen, 9 Ehrenurkunden und eine größere Anzahl Eichenbruche vergeben. Die Turnkurse des Vereins für deutsche F r a u e n k u l t u r und F r a u en kl e i d u »g begannen am 2 . und 3. Oktober wieder. Die Übnngsstnnden sind wie bisher: Dienstag und Freitag 6— 7 Uhr Rurs für ältere Damen, Mittwoch und Samstag 5 h, bis 6 Hz Uhr Iungmädchenkurs, unterste Altersgrenze (3 Jahre, und von 6 Hs— 7 Hz Uhr M ittelkurs. Der S c h w a r z w a l d v e r e i n , O rts- und Bezirksgruppe Rarlsruhe, zählte am l. Januar des Berichtsjahres (555 M i t ­ glieder. abgegangen sind im Laufe des Jahres 82, zugegangen (5, so daß am 3s. Dezember (H88 Mitglieder vorhanden waren. Die Einnahmen des Vereins betrugen 7H(( M k. 50 Pf., darunter 50 M k. der Großherzogin Luise und H30 M k. der Stadtgemeinde Rarlsruhe. Die Ausgaben beliefen sich auf 539 ( M k. 27 Pf., darunter für Weganlagen, Wegunterhaltung, Brücken usw. 93 M k. 20 Pf., für Wegweiser, Richtungspfeile usw. (025 M k. 29 P f. Die Ortsgruppe des Touristenvereins „ D i e N a t u r f r e u n d e " hielt am 28. Januar die 8 . ordentliche Generalversammlung ab. Die Einnahmen der Hauptkasse betrugen 32H6 M k. 52 Pf., die Ausgaben l 992 M k. 80 P f. Die in diesen Zahlen enthaltenen Einnahmen der Hauskasse betrugen (308 M k. HO Pf., die Aus­ gaben (2(7 Mk. (9 PH Zum Ausbau der Jugendpflege bekam der Gau (00 M k. vom Staat. I m abgelaufenen Jahre fanden 68 Touren ( (9(5: 3 () m it (038 (555) Teilnehmern statt, von H5( Mitgliedern stehen etwa 220 im Felde, 5 sind in Gefangen­ schaft, einige sind gefallen. Der Schwimmverein „P 0 sei d 0 n" veranstaltete am 23. Ok­ tober seinen alljährlichen öffentlichen Übungsabend. Der s. Vor­ sitzende, E m il Warth, eröffnet« ihn m it einer Ansprache. Die D ar­ bietungen des Abends begannen m it einen: von der Damenriege ausgeführten Reigen. Darauf traten etwa (50 Schwimmer an. Ih re Vorführungen erstreckten sich auf Brust-, Rücken-, Seiten- und Spanischschwimmen. Einige Mitglieder zeigten auch ihre Übungen im Springen und im Rettungsschwimmen. — Am 2 (. Oktober hatte der Verein bei dem Nationalen Schwimmfest t? in Straßburg durch den dahin entsandten Schwimmer zwei erste Preise und vier zweite errungen. Aus der großen Zahl der Veranstaltungen der Vereine für F u ß b a l l s p o r t führen w ir folgende an: Am 7. Zanuar Fußballklub M ühlburg sß05 gegen Fußball-Verein Beiertheini 9 :0 . Am sH. Januar Fußballklub M ühlburg gegen Aarls- ruhe Fußball-Verein ss:0. Am 25. M ärz Fußballklub M ühl- burg sß05 gegen Fußball-Verein Pforzheim sH:0. Am 22. A p ril Fußballklub Phönix gegen Fußballklub M ühlburg 3 :0 . An demselben Tage Fußball-Verein Beiertheim gegen Fußball-Verein Pforzheim 7: 0. Am 3. Ju n i Fußballklub Phönix gegen Verein für Bewegungsspiele unentschieden s : s. Am s. x J u li Fußball­ klub Phönix gegen Germania Brötzingen 7 : s. Am 8. J u li Fußballklub Phönix-Alemannia gegen Rasenspieler Pforzheim 7:0. Z m ganzen hat von den bis dahin ausgetragenen s6 Spielen Fußballklub Phönix s2 gewonnen, 3 unentschieden gespielt und s verloren. E r hat demnach zum zweitenmal im Ariege die Gau­ meisterschaft der Frühjahrsrunde errungen, Torenverhältnis 63: s 6. A m 8. J u li Fußballklub M ühlburg gegen Germania Brötzingen 2 : s. M itte August wurde hier unter Beitritt der Fußball-Ver- eine Phönix-Alemannia, Aarlsruher Fußball-Verein, Mühlburg, Beiertheim, V . f. B . Frankonia, Aonkordia und Südstern ein Ariegsausschuß zur Hebung und Förderung des Rasensports ge­ gründet. M it Hilfe des Ausschusses wollen die hiesigen Sport­ vereine gemeinsam die durch den Arieg entstandenen Schwierig­ keiten überwinden, um durchhalten zu können, damit die zahlreichen Sportleute, wenn sie einst aus dem Schützengraben zurückkehren, ihre Sportstätten zur freien Betätigung erhalten wiederfinden. Im einzelnen führen w ir noch an: Am 9 . 'September Aarlsruher Stadtmannschaft gegen Maschinen-Gewehr-Abteilung Darmstadt ^ : 0 . Am 23. September Phönix-Alemannia gegen f. Fußball­ klub Pforzheim 5: 2 . Aarlsruhe v . f. B . gegen Gcrmania-Dur- lach f : f . A m 30. September v . f. B . Aarlsruhe gegen Ger­ mania Brötzingen H :0 und Aarlsruher Fußball-Verein gegen s. Fußballklub Pforzheim 7:3. Phönix-Alemannia gegen Fuß­ ballklub Germania auf dem Platz 6: 0. Südstern Aarlsruhe gegen Fußballklub Ettlingen 6: 0. A m 2f . Oktober gewann 25>0 —- Karlsruhe im Städtespiel gegen Stuttgart s:0. Nach Angabe i» der Presse hatten sich zu diesem Spiel auf dem Aarlsruher Fußball-Vercins-Sportplatz etwa 3000 Zuschauer eingefunden. Am 28. Gktober Phönix-Alemannia gegen Rarlsruhe Fußball-Verein 8 : s. V. f. B . gegen s. Fußballklub Pforzheim 5 : s. Fußball- Verein Beiertheim gegen Fußballklub Frankonia 6 : s. An: H. November Fußball-Verein Beiertheim gegen Fußballklub M ü h l­ burg 5: 0. Phönix-Alemannia gegen s. Fußballklub Pforzheim auf dem Platze daselbst 5 : s. Am ß. Dezember Entscheidungs­ spiel um die Meisterschaft des Bezirks L zwischen Phönix und V. f. B . Aarlsruhe 2 :0 zugunsten des ersteren. Am sO. M ärz hielt der G a r t e n b a u v e r e i n Hauptver­ sammlung ab. Aus dem Jahresbericht ist zu entnehmen, daß der Verein zur Förderung des Rleingartenbaues viel beigetragen hat; Vorträge wurden über die bestmögliche Ausnützung des Bodens zum Gemüsebau, über Verwertung der Pilze und über die A u f­ bewahrung der IVintervorräte gehalten, Gemüsesamen und Früh- Saatkartoffeln beschafft und eine Reihe belehrender Druckschriften an die Mitglieder verteilt. Die Zahl der Mitglieder hat denn auch während des Rriegs erheblich zugenommen. An Stelle des vom Amte des s. Vorsitzenden zurücktretenden Augenarztes V r. Spuler wurde der bisherige 2. Vorsitzende Rechnungsrat Friedrich Schneider und zum 2. Vorsitzenden Gärtnereibesitzer Friedrich Brehm gewählt. Hierauf machte Geh. Hofrat Professor Or. Rlein Mitteilungen über die Reismelde, eine längst bekannte, bisher aber wenig be­ achtete Pflanze. Sie werde durch ihren reichen Ertrag als Geflügel­ futter gute Dienste leisten, vermöge ihres hohen Nährwertes viel­ leicht auch bei der menschlichen Ernährung Verwendung finden können. Zum Schluß wurden Gemüsesamen, blühende Topfpflanzen und eine Anleitung über Gemüsebau abgegeben. Zn der M onats­ versammlung vom 5. November schilderte nach dem Vortrage der s. Vorsitzende seine Reise, die er kürzlich zur Abholung von in der Schweiz untergebrachten Ferienkindern und zum Besuch von In te r ­ nierten unternommen hatte. Die guten Eindrücke, die er überall empfangen habe, berechtigten zu der Hoffnung, daß der Aufenthalt in der Schweiz unseren Rindern und Ariegern zum Segen gereiche. — Zn den Monatssitzungen wird in der Regel ein Vortrag ge- 17 * — 260 — halten und Pflanzen verlost. Das Thema der Vorträge wird, wie bisher, auch ferner, unter X II, I m it dem Thema der übrigen dort genannten Vorträge angegeben. Der A l l g e m e i n e K o h l e n v e r e i n K a r l s r u h e hielt am I f . Februar Generalversammlung ab. Der f. Vorsitzende, Peter Alees, erstattete den Geschäftsbericht und bemerkte, daß der Verein, trotzdem er mehrfach m it den schwierigsten Verhältnissen während des Krieges zu kämpfen gehabt hätte, m it Befriedigung auf das abgelaufeue Ja h r zurückblicken könne. Einnahmen und Ausgaben betrugen 22 583 Alk. 90 P f. Das Vereinsvermögen beläuft sich auf 260H Alk. s5 P f. und hat sich gegenüber dein Vorjahre wieder etwas erhöht. Aach Erörterung verschiedener Angelegenheiten bezüglich der Kohlenlieferungen wurde die Ver­ sammlung geschlossen. I m K a n i n c h e n z u c h t v e r e i n , Stammverein Karlsruhe, fand am sO. Februar eine Versammlung statt. Der Vorsitzende E. Gärtner verbreitete sich über die am 2H. und 25. abzuhaltende Vereinsschau. Herr Alehne hielt einen Vortrag über die Früh­ jahrszucht. Hierauf wurden zwei englische Schecken verlost. I n einer Versammlung am fO. A lärz wurde beschlossen, daß der Verein, da fortgesetzt Alitglieder zum Heeresdienst einberufen würden, die Pflicht habe, den Tierbestand der Einberufenen zu überwachen. Für die West-, Süd- und Gststadt wurde je ein Alitglicd mit der Überwachung betraut. I n einer Vereinsversammlung am f f . August sprach Herr Gärtner über die französischen Riesen­ silber und über die Grausilber. Nach dem Vortrag wurden mehrere Fragen über Fütterung der Tiere, über Streu u. dergl. erörtert und zu der in Leipzig stattfindenden Versammlung der Verbands­ vorsitzende, Herr lllehne, abgeordnet. Der T i e r s c h u t z - V e r e i n hielt am fH. Februar seine 4 s. Hauptversammlung ab. Der Tätigkeitsbericht wurde erstattet. Besonderen Dank sprach der Vorsitzende, Friedrich Worret, allen denen aus, die durch Geschenke und erhöhte Beiträge ihre Anteil­ nahme und Interesse an dem Vereine bekundet hätten. Der Großherzog hatte sOO Alk. gestiftet, die gleiche Summe gab Frau Hagen Wwe., auch Prinz A lax und eine Reihe anderer Persön­ lichkeiten spendeten Beiträge. I n den Alonatsversammlungen — 26 s — wurde» i»> Laufe des Wahres zahlreiche Vorträge gehalten und Berichte erstattet und 78^8 Tierschutzkalender verteilt. Schutzmann- schast und Gendarmerie erhielten für erfolgreiche Tätigkeit — s28 Tierquälereien wurde» angezeigt — ein Geldgeschenk von 2^0 Akk. bezw. 50 Akk. Der Grundstock zur Erbauung eines Tierheiins beträgt zurzeit sZOO Akk. Sodann wurde der Rechen­ schaftsbericht erstattet und dein Rechner Entlastung erteilt. I n einer Versammlung des Vereins am sO. Oktober gedachte der Vorsitzende zunächst der verstorbenen längjährigen Vorstands­ mitglieder, der Herren Geh. Oberregierungsrat V r. August Lydtin und Oberregierungsrat Dr. Franz Hafner, mit dankenden Worten. Sodann wurde mitgeteilt, daß im laufenden Ja h r 59 neue M i t ­ glieder dem Vereine beigetreten seien. Dann folgte eine Aussprache über geeignete Futtermittel für Winterfütterung der Vögel. Der Verein zeichnete weitere sOOO Akk. zur Kriegsanleihe und überwies dem Badischen Heimatdank s 00 Akk. als einmalige Gabe. Schließlich wurde ein Vortrag über die zu erstellende Geflügel- oder Kleintier- Schlachtstelle auf den hiesigen Wochenmärkten gehalten. VI. Leistungen des Gemeinstnns. Armen- und Krankenpflege. 1. Leistungen des Gemeinstnns. m Jahre 1917 wurden im städtischen v i e r o r d t b a d ins­ gesamt 209308 (1916: 2H1062) Bäder abgegeben, darunter Schwimmbäder 116 589 (15? 996), Heißluft- und Dampf­ bäder 7322 (7980), Wannenbäder 79? 12 (68583) und Kurbäder 5885 (6503). Von den 209308 (2H1062) Bädern wurden zu ermäßigten Preisen (Volksbäder) im ganzen abgegeben 55?H8 (8H5H6) und zwar 5H 87? (83 635) Schwimmbäder und 87 s (911) Heißluft- und Dampfbäder. A u f 100 Einwohner von A lt-Karlsruhe kamen im Berichtsjahre 16H,2 (185,H) Bäder, in der Gesamtstadt 1H5,3 (162,6). I m städtischen S c h w i m m - und S o n n e n b a d — geöffnet in den Monaten M a i bis September — wurde» im ganzen §2 858 (1916: 26 677) Bäder abgegeben. Davon entfielen ans Männer und Knaben 3H286 (20H60), darunter 869H (5s28) Volksbäder, ans Frauen und Mädchen 8552 (6217), darunter 1827 (1359) Volksbäder. I m S t a d t g a r t e n wurden im Jahre 1917 insgesamt 235 807 (1916: 2H2 65?) Einzelkarten verkauft und zwar an Erwachsene 83 055 zu 2H916 A lk. 20 Pf., an Kinder H3 ?68 zu 6565 M k. 20 Pf., an Sonntagvormittage» an Erwachsene 106 8^8 zu 10 68H M k. 80 Pf. und an Kinder 2136 zu 106 Mk. 80 P f. I m ganzen wurden soniit H2275 M k. 30 Pf. (Hl 763 Mk. 60 P f.) für diese Einzelkarten eingenommen. Kartenhefte wurden I5sH (1682) zu 2 M k. und 221 (20H) zu 1 M k, abgegeben. Jahresabonnements wurden i»i ganzen 59 sO (7HH2) Stück zu ^9 66 t Blk. 50 P f. (25 5^3 Blk.) abgegeben und zwar Haupt­ karten t ?t 5 (236H), Beikarten und Schülerkarten ^ j 95 (5078). Konzertkarten wurden l08 93s (s7 99^) ZN ^8^76 21lk. 80 Pf. (5 t ^2 Blk. 95 Pf.) verkauft. Die Konzerte werden von der Stadt auf eigene Rechnung veran­ staltet, die Kapellen erhalten feste Vergütungen. I m ganzen fanden im Stadtgarten 28 Konzerte statt, und zwar gab die Kapelle des Ersatz- Bataillons des Leib Grenadier-Regiments N r. t09 7 Konzerte, die des Ersatz-Bataillons des Landwehr-Infanterie-Regiments N r. s09 8, die der Ersatz-Abteilung des Feld-Artillerie-Regiments N r. 50 5, die der Feuerwehr- und Bürgerkapelle 7 und die Schülerkapelle t Konzert. Bootskarten wurden und zwar Linzelkarten s5s 753 (88 697) zu s5 s75 Blk. 30 P f. (8869 Blk. 70 P f.) und Abonnements­ karten H82 (625) zu H82 Blk. (623 Blk.) verkauft. Eiskarten, Reit- und Fahrkarten, lvagekarten H0 75H ( f f f67) zu 7350 Blk. 70 Pf. P U 6 Blk. 70 Pf.). Am ch Januar beschloß der Stadtrat, die Stelle des städtischen G a r t c n d i r e k t 0 r s dem Gartendirektor der Stadt München- Gladbach, Friedrich Scherer, zu übertragen. Am lch B la i faßte der Stadtrat folgenden Beschluß: „Z u r Besorgung der zur Verpflegung, Bewirtschaftung und Verwaltung der städtischen Gärten, einschließlich des Stadtgartens und der öffentlichen Anlagen, einschließlich der städtischen Friedhöfe, sowie der auf P riva t­ grundstücken errichteten volksgärten verbundenen Geschäfte der Stadt­ verwaltung wird ein „ St äd t i s c hes G a r t e n a m t " errichtet. Dieses Amt ist dem Stadtrat unmittelbar unterstellt. Sein Vorstand führt die Amtsbezeichnung „Städtischer Gartendircktor", sein Stellvertreter „Städtischer Garteninspektor". Die „Städtische Gartendirektion" fällt mit Errichtung des „Städtischen Gartenamtes" weg". Am 3 s. Dezember des Berichtsjahres ergab sich im Stadt­ garten folgender T i er bes t and : Stück Stück Raubtiere.......................... t2 läu ftie re .......................... Z2 Rersjäger.......................... l R f fc u .............................. t2 Nagetiere......................... K8 Raubvögel.......................... iy tvildschweiuc..................... 2 Sittiche und Papageien . , i« Vepteltiero ..................... — 26-s — Stück Stück S i n g - u n d Z i e r v ö g e l . Tauben .................................. 27 G ä n s e ....................................... 8 a. Rörnerfresser....................... i4 S c h w ä n e .................................. i o I). Insektenfresser . . . . -l E n t e n ....................................... ,25 Rassen-ksühner....................... UZ S u m p fvö g e l............................ 8 W a ld h ü h n e r............................ i R e p t i l ie n ................................. F a s a n e n .................................. iS Z ie r -F is c h e ............................ ,55 Pfauen .................................. 4 P e likan ....................................... i S t r a u ß e .................................. i An Zus c hüs s en der Stadtgemeiude zu g e in e in » ü tz ige n Zwe c k e n waren im Voranschlag des Berichtsjahres neu ein­ gestellt 300 Blk. für den Bund für deutsche Familien- und Volks­ kraft, 50 Blk. für das Deutsche Kriegswirtschaftsmuseum, 950 Blk. (darunter 750 Blk. Eintrittsgeld) für den Bildcrbühnenbuud deutscher Städte, 50 Blk. für den Ausschuß der B liet- und Hypothekeneini­ gungsämter (einmalig), 50 Blk. für den Deutschen Volkshausbund e. V. hier. Außerdem hat sich der Beitrag zun: Deutschen Städtetag von 608 Blk. auf (0 (3 Blk. erhöht. Die übrigen Zuschüsse waren wie im Vorjahre in den Voranschlag eingestellt (vergl. Thronik (9 (6 S. 23M 0). Am 8 . Jun i beschloß der Stadtrat den Bei­ tr itt der Stadtgemeinde Karlsruhe zu dem Verein „Landaufent­ ha lt" für Schulkinder (e. v .) m it einem Jahresbeitrag von 50 Blk. An demselben Tage bewilligte der Stadtrat der „Deutschen Sport­ vereinigung" in Marschau (Abteilung Turnen) für ihr am s. J u li ftattfindendes s. Deutsches Sportsfest, das sich aus volkstümlichen und leichtathletischen Wettbewerben für deutsche Soldaten und Beamte zusammensetzt, einen Beitrag. Zn der A l l g e m e i n e n v o l k s b i b I i o t h e k (Karlsruher Blännerhilfsvereiu vom Roten Kreuz) betrug die Zah l der Be­ sucher ( 9 (6 2950, die bei 2H9 iO Besuchen 52 206 Bände ent­ liehen. Für das Jahr (9(7 betrugen die betreffenden Zahlen 2780, 23 520, 5s (50. Neu zugegaugen sind (9(6 759 Personen (357 männliche und ^02 weibliche), (9(7 63s (5^0 männliche und 29 s weibliche). Zn beiden Zahren befanden sich unter den Besuchern zahlreiche verwundete und sonstige Kriegsbeschädigte. Die Einnahmen des Vereins betrugen (9 (6 -s^65 Blk. 50 Pf. und (9(7 6666 B lk. 90 Pf., die Ausgaben -((-(8 Blk. 88 Pf. — 263 — bezw. 698 s Ulk. 32 Pf. Unter den Einnahmen befanden sich für beide Jahre je s500 Ulk. der Stadtgemeinde, je sOO M k. des Unterrichtsministeriums, je sOO Ulk. der Vereinsbank, je fOO M k. der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, je 50 Ulk. des Ge­ werbevereins und sOO Ulk. für l 9 l 6 von der Loge Leopold zur Treue. Das Vermögen ist auf 3s. Dezember m it s7 295 Ulk. 30 berechnet, ab Schulden l s72 Ulk. 50 P f. , Reinvermögen 16 123 Ulk. 20 Pf. Die Neuanschaffung von Büchern erfolgte nur in sehr geringem Maße m it Rücksicht auf die der Bibliothek anderweitig zugewandten Büchergeschenke und den Ausfa ll einer Reihe von Zuwendungen. Das verspätete Erscheinen der Jahres­ berichte war durch die Einberufung des Rechners zum Heeres­ dienst bedingt. Für die Mitglieder des V e r e i n s V o l k s b i l d u n g fand am 28. Vktober und f f . November durch Geh. Rat v r . lVagner eine Führung durch die Vereinigten Großherzoglichen Sammlungen statt. Die Generalversammlung des Vereins war am 2. A p ril abgehalten worden. Aus dem Jahresbericht war zu entnehmen, daß infolge des Krieges die Zah l der Mitglieder und damit auch die Einnahmen zurückgegangen sind. Trotzdem konnten die beleh­ renden Vorträge ohne Einschränkung abgehalten werden. Auch das Hoftheater konnte die üblichen Vorstellungen für den Verein veranstalten. Die Lesehalle mußte geschlossen werden, weil die Stadtgemcinde nicht mehr in der Lage war, einen geeigneten Raum und die erforderliche Aufsicht zur Verfügung zu stellen. Z u Be­ ginn der Generalversammlung hielt Prokurist Löb einen Vortrag über „D ie Reichsbank im Weltkrieg". E r führte u. a. aus, daß das Einkommen des deutschen Volkes, das vor zwei Jahrzehnten 20 bis 23 M illiarden betragen habe, auf H3 M illiarden gestiegen sei und daß damit die Entwicklung der Reichsbank Hand in Hand gehe. Der Umsatz der Reichsbank, der im Jahre 1876 56 M i l ­ liarden betragen habe, sei seit 1913 auf H22 M illiarden gestiegen und habe 1916 die Höhe von 1257 M illiarden erreicht. Der Gr o ß h e r z o g - F r i e d r i c h - Ve t e r a n e n d a n k s o n d s hat im Berichtsjahre an Mitglieder des Militärvereinsverbandes und zwar an 27 s liriegsveteranen 6655 M k. und an 5 Hinterbliebene solcher sOO Ulk. bcrpilligt, an Nichtmitglicder des Verbandes und — 266 zwar an so Ariegsveteranen 230 M k. und an H Hinterbliebene solcher 60 Ulk. I m ganzen erhielten somit 290 Personen Z u ­ wendungen im Gesamtbetrags von 70H5 Ulk. Das vermögen des Fonds belief sich auf 30 736 M k. 67 Pf., davon gehen an Unterstützungen, Unkosten usw. 7286 Ulk. 35 Pf. ab, so daß am 5 s. Dezember sHl? ein Reinvermögen von 23H50 Ulk. s2 Pf. blieb. Der Badische Landesverein der A a i s e r - U) i I h e l m - S t i f - t u n g für deutsche Invaliden aus dem Uriege s 870/7 s hat im Geschäftsjahr l 9l 6/s7 75s Invaliden und 657 Hinterbliebene mit einem Gesamtaufwand von H5 000 Ulk. unterstützt. Die Gesamt­ summe der Unterstützungen seit Bestehen des Vereins beläuft sich auf 2H6H709 Ulk. Das vermögen des Vereins betrug zu A n­ fang des Geschäftsjahres 523 598 Ulk., am Schluß 300 5H3 Ulk. Der Zentralfonds hat sich in diesem Jahre von 77 50H Ulk. auf 69562 Ulk. vermindert. Der V e r e i n z u r B e l o h n u n g t r e u e r D i e n s t b o t e n hielt in Anwesenheit der Großherzogin Luise am 22. U la i die jährliche Preisverteilung ab. Großherzogin Hilda hatte einen V e r ­ treter entsandt, von den von Großherzogin Luise gestifteten Aus­ zeichnungen erhielten sO Dienstboten das silberne Ehrenkreuz für eine Dienstzeit von 25 Jahren und zwei Dienstboten das silber­ vergoldete Ehrenkreuz für eine Dienstzeit von HO Jahren, vom Verein erhielten 56 Dienstboten eine Belobung für 3- bis 6jährige Dienstzeit. Preise wurden im ganzen an 78 Dienstboten für minde­ stens 6- bis H2jährige Dienstzeit gegeben, von diesen mit Preisen bedachten Dienstboten erhielten sH eine besondere Zulage aus der Heinrich-Vierordt-Stiftung von je 5 Ulk. wegen langjähriger Dienst­ zeit und 3 eine Zulage aus derselben Stiftung von je 5 Ulk. wegen aufopfernder pflege bei langwieriger Arankheit. Außerdem wurde an 5 Dienstboten eine besondere Anerkennung wegen 'Krankenpflege ausgesprochen. — Der Verein zählte H62 ( l 9 l 6 : H72) Mitglieder. Die Zah l der bis zum 2s. U la i l 9 f 6 belohnten Dienstboten belief sich seit dem Bestehen des Vereins auf Hs53 und der Aufwand dafür betrug 78 66H Ulk. 75 Pf. Die Einnahme» und Ausgaben betrugen im Rechnungsjahr l 9l 5/ s6 257s Ulk. 95 P f. (s5882 Ulk. 86 Pf.). Das vermögen des Vereins beziffert sich auf 3H 766 Mk, 90 Pf. (3H H9H M k. 34 Pf.). Die Mitgliederzahl der „ G a r t e n s t a d t K a r l s r u h e " (e. G. in. b. H.) betrug am (. Januar des Berichtsjahres 526 ( (9l 6: 52 l) mit Y58 (890) Anteilen. Gingetreten sind im Laufe des Jahres 23 Mitglieder m it 23 Geschäftsanteilen, (8 weitere Anteile sind von Mitgliedern übernommen worden. Ausgeschieden sind 56 Mitglieder mit 65 Geschäftsanteilen, somit Stand am 3s. Dezember 493 (526) Mitglieder m it 934 (958) Anteilen. Die Haftsumme betrug am Schlüsse des Berichtsjahres (86 800 Mk. ((9( 600 Mk.). Vermögen und Verbindlichkeiten sind m it ( 847 422 M k. 35 Pf. berechnet ( ( 855 503 M k. 7( Pf.). Der M i e t e r - u n d B a u v e r e i n (e. G. m. b. H.) zählte am (. Januar des Berichtsjahres (4(7 ( ( 9( 6: (462) Mitglieder mit (585 ((637) Anteilen. Gingetreten sind im Laufe des Jahres 67 Mitglieder mit 69 Anteilen, ausgeschieden 56 mit 6( Anteilen, so daß auf (. Januar (9(8 (428 Mitglieder mit (593 Anteilen vorhanden waren, vermögen und Schulden sind auf. 3 (. Dezember (9(7 mi t 329( 873 M k. 9( Pf. (3 (78 876 M k. 59 P f.) be­ rechnet. Das Geschäftsguthaben der Mitglieder hat sich um 5707 M k. 30 Pf. (3547 M k.) vermehrt. Die Gesamthaftsumme betrug am (. Januar (9(7 3(7 000 M k ., am Schlüsse des Berichtsjahres 330 800 M k. (333 200 Mk.). Der L e b e n s b e d ü r f n i s v e r e i n hielt am 22. M ärz (9(8 Generalversammlung ab. Aus dem Geschäftsbericht ist folgendes zu entnehmen: Der Gesamtumsatz des Berichtsjahres betrug 53( 6435 Mk. 72 Pf . ( ( 9(6: 4699724 M k. 96 Pf.). Das Warengeschäft zeigte einen Mehrumsatz von 282 624 M k. 2( Pf., das Wein- und Biergeschäft einen solchen von 5092( 4 M k. 74 Pf., das Schuhgeschäft (4 878 Mk., während die Bäckerei einen Rück­ gang aufwies. Der Bericht führt die erhöhten Umsätze in der Hauptsache auf die erhöhten Preise zurück, doch sei auch eine ver­ mehrte lvarcnzuleilung durch das Nahrungsmittelamt zu bemerken gewesen. Das Unkosten-Aonto wies auch im Berichtsjahre wieder eine Steigerung und zwar um (0 383 M k. ( P f. auf. Der Rein­ gewinn wurde (9(7 auf 36( 468 M k. 85 Pf. berechnet, 35 629 M k. 20 Pf. mehr als im Vorjahre. Gs konnte daher wiederum neben einer 5 "/o igen Verzinsung der Geschäftsanteile eine Dividende von 6 0/0 gezahlt werden. Außerdem erhielten drei Fonds Zuweisungen. — 268 — Der Verein hat s9s7 für seine Beamten und Arbeiter im Felde an Unterstützungen s7 506 Blk. verausgabt. Das Geschäftsgut­ haben der Mitglieder belief sich am 2s. Dezember s9(7 auf 669039 Blk. 30 P f. (66^586 Blk. 59 Pf.). Die Zahl der M itglieder betrug auf s. Januar s2 229 gegen (0 502 im Vorjahre. Die B a r l - F r i e d r i c h - , L e o p o l d - und S o p h i e n - S t i f t u n g (pfründnerhaus) zählte am Schluffe des Berichtsjahres 68 ( (9(6: 57) Pfründner erster und 56 ( d ) Pfründner zweiter Blasse. Die laufenden Einnahmen betrugen s08 (69 Blk. 57 Pf. (99 635 Blk. 5H P f.) , die Ausgaben (03 8(0 Blk. (5 Pf. (97 75^ Blk. 32 Pf.). Für den Grundstock gingen dem pfründner­ haus 800 Blk. an Schenkungen und Vermächtnissen und 500 Blk. an Einkaufsgeldern zu. Der B a d i s c h e S c h w a r z w a l d v e r e i n (G rts- und Be­ zirksgruppe Barlsruhe) zählte am s. Januar (9(7 (555 M it ­ glieder. Zugegangen sind im Laufe des Jahres (5 und abge­ gangen 82 M itglieder, somit Stand am Schlüsse des Zahres s^88. Die Einnahmen des Vereins betrugen 7H(( Blk. 50 Pf., darunter von Großherzogin Luise 50 Blk. und von der Stadt­ gemeinde Barlsruhe H30 Blk. Die Ausgaben beliefen sich auf 539 l M k. 27 P f. Das vermögen ist m it 7508 Blk. 72 Pf. berechnet. Für die F r e i w i l l i g e F e u e r w e h r hat die Stadtgemeinde in den Voranschlag des Berichtsjahres einen Beitrag von 89 5^2 Blk. ( (9(6 wirklicher Aufwand 85 759 Blk.) eingestellt. — Am ( ( . M a i fand an Stelle der alle drei Zahre abzuhaltendcn Generalversamm­ lung eine Borpsversannnlung statt. Der Tätigkeitsbericht über die verflossene Dienstperiode (9(H (9(7 wurde verlesen. Dem­ nach betrug der Mannschaftsstand zu Anfang der Dienstzeit (9(H 2^0, zurzeit 225. Z u r Fahne wurden ((2 M ann einberufen. Gefallen sind 2 Mitglieder, vermißt wird s Mitglied. Durch den Tod verlor das Borps 9 Mitglieder. Die Auszeichnung für ^Ojährige Dienstzeit erhielt s M itg lied , für 25jährige 8 M i t ­ glieder, für 20jährige (9 M itglieder; außerdem erhielt eine An­ zahl zur Fahne einberufener Mitglieder das Eiserne Breuz, die Badische Verdienstmedaille und eine Reihe von Mitgliedern das Kriegshilfskreuz. Die Feuerwache wurde in den 3 Jahren zu Bränden l6 l »iah zu Unfällen 22 mal, zu Hochwasser f f mal, durch blinden A larm 35 mal gerufen. Bon den Kompagnien wurde die erste 5 mal, die zweite 2 mal, die dritte l »iah die vierte 5 mal und die Bahnhoffeuerwehr 3 mal gerufen. Der im Dienste der Feuerwehr stehende automobile Krankenwagen hatte in den 5 Jahren H399 Transporte. Vier Korpsübungen und 6 l Kompagnieübungen fanden statt. An der Kriegsanleihe hat sich das Korps n iit l5 000 M k. beteiligt, I n , Anschluß an den Tätigkeitsbericht verbreitete sich Kommandant Heußer über die notwendigen Maßnahinen des Feuerschutzes, die zwischen der Stadt, der Militärbehörde und der Feuerwehr getroffen wurden und wo­ durch die Schlagfertigkeit nicht unwesentlich erhöht worden sei. Zu diesen Maßnahmen gehöre auch die innigere Verbindung der Bahn­ hoffeuerwehr mit der städtischen Feuerwehr. Ferner erwähnte der Kommandant, daß die Stadtverwaltung die Feuerwehr m it modernen Gerätschaften ausgestattet habe, wodurch man auch n iit weniger Mannschaften den Anforderungen gerecht werden könnte. Endlich stellte er den Antrag, die Mitglieder möchten bis zum Friedens­ schluß sämtlich im Korps verbleiben. Der Antrag wurde ein­ stimmig angenoinmen. Nachdem der Kommandant des 70jährigen Bestehens des Korps in diese», Jahre gedacht und mitgeteilt hatte, daß der Verwaltungsrat beschlossen habe, anstelle einer Feier eine Spende zu eine», wohltätigen Zweck zu geben, schloß er m it eine». Hoch auf die Feuerwehrsache die Korpsversammlung. — Die Auszeichnungen wurden auch im Berichtsjahre am 9- J u li, de», Geburtstage des Großherzogs, verliehe». (Vgl. oben Seite 9 ) — Am sH. M a i hielt die Feuerwehr des Stadtteils Rintheim unter Leitung ihres Konimandanten Fuchs ihre Frühjahrsprobe ab. Der Übung wohnte Gberkommandant Heußer, Gberingenieur Seitz vom Maschinenbauamt, ein Vertreter des Bekleidungsamtes und mehrere andere Interessenten bei. — Ende M a i fand hier eine Besprechung der Feuerlöschinspektoren und Feuerwehrkomman­ danten aus dem ganzen Lande m it Vertretern der Regierung statt. Die Besprechung hatte de» Zweck, von den Führern der Feuer­ wehr zu erfahren, auf welchem lVege den Gefahren größerer Brände begegnet und erheblichere Schäden verhütet oder auf ein — 270 — kleines M aß beschränkt werden kännten. — Am 3 s. August fand eine Uorpsübung der Feuerwehr statt. Der Übung lag die Idee zugrunde, daß durch Fliegerangriff das zum Großherzoglichcn Schloß gehörende Verwaltungsgebäude in Brand geraten sei. Die zuerst eingetroffene Feuerwehr fand den Dachstuhl des Gebäudes brennend vor und zwar brach das Feuer durch den Zwischengang nach dein Theater durch. Menschen, wurde angenommen, kamen in Gefahr. Daher wurde sofort Großfeuer gemeldet. Die Uom- pagnien der Altstadt, die Bahnhoffeuerwehr, die freiwillige Sani­ tätskolonne m it dem Urankenauto wurden alarmiert. Z u r Unter­ stützung der Mehr war eine Anzahl Soldaten beigezogen. Der Übung wohnten Generalleutnant von Sieg, mehrere andere (Offiziere, Ministerialdirektor Pfisterer, Geh. Regierungsrat v r . Seidenadel, die Stadträte (Ostertag und Dewerth, Baurat Gglinger und (Oberingenieur Seitz und andere Persönlichkeiten an. Außerdem waren Vertreter der Vorortfeuerwehren und der Feuerwehr Durlach erschienen. — Am 6. (Oktober beging die Bahnhoffeuerwehr die Heier ihres HOjährigen Bestehens. Gingeleitet wurde sie durch eine Übung, die im Verein m it der städtischen Feuerwehr am Haupt­ bahnhof zwischen Aufnahmegebäude und Fürstenbau stattfand. Der Übung lag die Idee zugrunde, daß dieser Teil des Gebäudes durch einen Fliegerangriff in Brand geraten sei. Um 7 Uhr fand ein Bankett statt, dem, wie bei der Übung, eine Anzahl Gäste beiwohnte. Uommandant Alohe gab einen Rückblick über das Wirken der Bahnhoffeuerwehr, (Oberbetriebsinspektor Bertram verbreitete sich über den Werdegang derselben. Adjutant Ulein überreichte den beiden Führern Ulohe und Wiedenhorn eine Grinnerungsgabe an das HOjährige Jubiläum . Wchrmann Schneider warf einen Rückblick auf die Entwicklung des Feuer­ löschwesens in Deutschland. Hieran anschließend verbreitete sich (Oberkommandant Heußer über den 3. Deutschen Feuerwehrtag, der s857 hier stattgefunden hatte. Am 3 s. Januar hielt der engere Ausschuß des Badi schen F r a u e n v e r e i n s in Anwesenheit der Großherzoginnen Hilda und Luise hier eine Sitzung ab, der neben den Mitgliedern des Zentralkomitees die Vertreter von 28 Zweigvereinen anwohnten. Generalsekretär Geheimrat M ülle r wies darauf hin, daß die Lage des Vereins trotz der vielerlei Schwierigkeiten während der Rriegs- zeit durchaus befriedigend sei. Wegen des Wachstums der Vereins­ aufgaben forderte er zur Gründung neuer Zweigvereine und Wer­ bung weiterer Mitglieder auf. Sodann zeigte er eine Reihe von Neuerungen aus dem letzten Jahre auf den verschiedenen Arbeits­ gebieten des Vereins, wie die Rriegszeit auch den: Frauenverein immer neue Aufgaben stelle. Es folgten nunmehr verschiedene Vorträge. Geh. Hofrat V r. Dreßler sprach über die Aleinkinder- fürsorge. Frau Geh. Hofrat Or. Doll sprach über das Helferinnen­ wesen und die Zusammenfassung der Helferinnen in den m it den Frauenvereinen fest verbundenen Vereinigungen zur Erhaltung und Verwertung dieser Hilfskräfte im Rrieg und in der Friedenszeit. I n einem dritten Vortrag verbreitete sich der Generalsekretär darüber, ob nicht »ach dem Vorgang anderer Vereine zur Herbei­ führung eines besseren Verständnisses der Frauen für ihre A u f­ gaben auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege, sowie zur Gewin­ nung von Hilfskräften und eines tüchtigen Nachwuchses besondere Iugendabteilungen aus der weiblichen Jugend gebildet werden sollen. Die Versammlung bejahte diese Frage. An die drei V or­ träge reihte sich eine lebhafte Aussprache. Sie ergab in den wesentlichen Punkten Übereinstimmung der Auffassung des Haupt­ vorstandes mit der der Zweigvereine. Von der vom Badischen Frauenverein unterhaltenen V o l k s - b i b l i o t h e k gingen s6 Sendungen (s9s6: ss) m it zusammen 600 (H20) Bänden an die Landorte. Die Benutzung der Licht­ bilderapparate siel infolge des Mangels an Petroleum zur Be­ leuchtung derselben fast ganz fort. Einige Bilderserien wurden entliehen. Bei der hiesigen Bücherausgabestelle wurden an 6s6 Abonnenten sO ^ Bände abgegeben. Auch einige Lazarette machten von der ihnen gebotenen Vergünstigung Gebrauch. Die Einnahmen der Bibliothek beliefen sich auf 2007 M k. (2769 M k.), die Aus­ gaben auf 28 sH M k. (270s Mk.). Das Vermögen beträgt 8633 Mk. (st3§9 Mk.). I n der S ä u g l i n g s f ü r s o r g e des Frauenvereins betrug die Zahl der in der Altstadt und im Stadtteil M ühlburg über­ wachten Rinder 989 (s9s6: sH60). Der Bericht bemerkt, daß dieser nicht unbedeutende Rückgang wohl in erster Linie als Folge - 272 — des erheblichen Sinkens der Geburtenziffer aufzufassen sei. Don diesen 9^9 Bindern waren 666 ehelich, 223 unehelich. 5H3 waren Brustkinder, wurden künstlich ernährt. Von den die Beratungs­ stunden besuchenden Rindern starben im ganzen im Laufe des Berichts­ jahres H2 — H,2 °/o (H,l "/off so von diesen Rindern — 2^ ° ^ waren Brustkinder. Zm Anschluß an die Säuglingsberatungen wurden vorn M onat M ärz an auch Beratungsstunden für das Rleinkind, d. i. das Rind vom 2. bis 6. Lebensjahr eingeführt. Zm ganzen wurden in Sprechstunden 2H5 Kleinkinder beraten, von denen H gestorben sind. A u f Anregung der Großherzogin Luise wurde von: Frauen­ verein ein „ S o z i a l e r R u r s " eingerichtet. E r hat den Zweck, jungen Mädchen von mindestens s8 Zahren nach vollendeter höherer Schulbildung Gelegenheit zu bieten, sich Renntnisse auf sozialem Gebiete zu erwerben, um die sozialen Fragen und A u f­ gaben zu verstehen und sich späterhin an ihnen zu beteiligen. Z u ­ gleich soll damit eine Vorbereitung zur Erfüllung der Pflichten der Frau in Haus und Familie wie zum Übergang in Frauen­ berufe in Gemeinde und Staat geboten werden. Theoretische Unter­ richtsfächer sind: Volkswirtschaftslehre, Bürgerkunde, Geschichte, deutsche Literatur, Psychologie und Gesundheitslehre. Die praktische Unterweisung erstreckt sich auf Hanshaltungskunde, Zugendfürsorge m it Erziehungslehre, Hilfstätigkeit und Besuche in Mohlfahrts- anstalten. Der Rurs wurde in der zweiten Hälfte des Monats September m it 3 s Schülerinnen aus den verschiedensten Rreisen der Karlsruher Bevölkerung eröffnet. E r dauerte bis Ende Zum i9l8. Zn der M ä d che n fü r s 0 rg e des Frauenvereins wurden 220 Mädchen zur Aufnahme in die Vereinsfürsorge angemeldet; hiervon kamen 206 unter Vereinsaufsicht. — Das Fürsorgeheini in Scheibenhardt war zu Beginn des Zahres m it s5 Mädchen besetzt. Diese kamen im Laufe des Zahres alle zur Entlassung und traten teils in Stellen, teils kehrten sie in ihre Familien zurück. Neu traten 7 Mädchen ein; am Zahresschluß befanden sich noch 6 in der Anstalt. Für alle 22 Mädchen wurde ein Verpflegungsgeld bezahlt, und zwar für die aus dem vorigen Zahre 80 Pf., für die sfls? aufgenommenen 95 Pf. täglich. Für 3 trugen die Angehörigen die Rosten, für s7 kam der Armenrat auf, für die übrigen sonstige Behörden und Vereine. — I n der in Verbindung mit der Stadtverwaltung errichteten Rochschule waren am l- Januar des Berichtsjahres 7 Schülerinnen vorhanden. Von diesen traten 3 aus. Vom s. Februar an wurden sO neu ausgenommen. Ende M a i waren nur noch 7 vorhanden. I m Einverständnis mit dem Stadtrat wurde deshalb m it dem M onat Jun i die Rochschule als Rnterrichtsanstalt geschlossen. Die Rost­ geberei wurde bis s. August weitergeführt. An Mittagessen wurden im Laufe dieser 7 Monate neben dein Essen für die Lehrerinnen und Schülerinnen verabreicht: an Abonnenten im Hause 536 s und an Rriegsessen über die Straße 566 s Portionen. Im G e s ch ä f t s g e h i l f i n n e n h e i m des Frauenvereins waren im Berichtsjahre sämtliche Zimmer vermietet und doch war immer lebhafte Nachfrage. Die Zah l der vollen Pensionen für die im Heim wohnenden Gehilfinnen betrug s3 395 (s9^6: so 958), die der verabreichten Mittagessen an Stadtgäste s7 052 (s9085) und die der Abendessen 6368 (56^9). Die E in ­ nahmen für Wohnung und Beköstigung beliefen sich auf 50888 M k. (H8929 Mk.), diejenigen aus Privatvermietung auf 320 M k. An Geschenken, Beiträgen und sonstigen Einnahmen gingen 2230 M k. (228H M k.) ein. Der Haushaltungsaufwand, einschließlich Gehalt und Löhne des Personals, bezifferte sich auf 5s s70 M k. (H5H02 Mk.), der sonstige Aufwand auf 2665 M k. (s869 Mk.). Die Verzinsung und Tilgung des Raufpreises des Heimgebäudes im Betrage von 5360 M k. mußte ganz aus der Abteilungskasse entnommen werden. Außerdem war ein weiterer Fehlbetrag von 578 Mk. von dieser zu decken. Somit Gesamtausgaben 59 s9? (52 63 s Mk.). Am Schluffe des Jahres betrug das Vermögen des Heims 2HI5s M k. (23 3s9 M k.), Anteil am Heimgebäude s5 50s M k. Die R l e i n k i n d e r b e w a h r a n s t a l t e n (Rleinkinderschulen) wurden von 720 Rindern (s9s6: 687) besucht und zwar von 368 (350) Rnaben und 352 (337) Mädchen, von den 720 Rindern besuchten 65 die Schule im Mutterhaus für Rinderschwestern, s25 die im Hildahaus, 293 die im Gemeindehaus in der Süd­ stadt, sH7 die in der Rudolf-Straße, 6 s die in der Belfort-Straße 27-z — und 29 die i» der Akademie-Straße. — Das Mutterhaus hat im Berichtsjahre im ganzen (-(2 auswärtige Stationen mit 207 Schwestern besetzt, (5 Schwestern waren beurlaubt, (-( befinden sich im Ruhe­ stand, 20 Schwesternzöglinge waren im Hause. I m ganzen zählt das Haus somit 256 Schwestern. I m S t. E l i s a b e t h e n Ha u s übernachteten im Berichts­ jahre 2 (0 ( ( 9 (6 : H28) Dienstmädchen mit ( (8 6 (70H) Übernach­ tungen. ( (05 (2(07) Mädchen suchten Stellen, 2635 Herrschaften suchten Dienstboten, 606 (950) Stellen wurden vermittelt. 57 ( ( l ^ ( ) Pensionärinnen bewohnten die Anstalt, 60 (60) Zöglinge besuchten die Nähschule. Vom S t. F r a n z i s k u s h a u s wurden im Berichtsjahre (70 ( ( 9 ( 6 : 223) Stellen vermittelt. 229 (395) Dienstmädchen suchten Stellen, (036 (55H) Herrschaften suchten Dienstboten. Die Zah l der Pensionärinnen im Damenheim betrug (30). Das S t. I o s e p h s h a u s beherbergte im Berichtsjahre (35 ( ( 9 ( 6 : 225) Dienstmädchen m it 720 (33(0) Übernachtungen. Ferner wurden 9 Geschäftsgehilfinnen und Arbeiterinnen m it (H86 Übernachtungen beherbergt. (2H (2H7) Mädchen suchten Stellen, 620 (505) Herrschaften suchten Dienstmädchen. I n der Nähschule waren (60 Schülerinnen. Das Damenheim zählte 2H (2H) Per­ sonen. Das M a r t h a h a u s beherbergte im Berichtsjahre 59 ( ( ( 9 ( 6 : 757) Mädchen m it 776H (8 ((5 ) Übernachtungen. Dazu kamen H2 (52) Pensionärinnen m it 5920 (6392) Verpflegungs­ tagen. 2^09 (2(86) Herrschaften suchten Dienstmädchen, 582 ((675) Mädchen suchten Stellen, 22H (5HH) haben Stellen gefunden. Am (5. Januar wurde bekannt gegeben, daß von einem S p e n d e r , der nicht genannt sein wolle, „ in dankbarer Vereh­ rung für Seine Aönigliche Hoheit den Großherzog und in Aner­ kennung der künstlerischen Leistungen des Rarlsruher Hoftheaters" der Pensionsanstalt dieses Institu ts den Betrag von (00 000 M k. zugegangen sei. Der Großherzog hat die Stiftung angenommen. Ende Januar hat Professor Or. Längin, Direktor der Hof- und Landesbibliothek, unter dem Aennworte „ S e g e n " v o n — 275 — u n b e k a n n t e r L e i t e ssOO Alk. zur Verteilung an folgende Stellen erhalten: für die Zeller-Anstalten 200 Alk., für den Evan­ gelischen Bund 300 Alk., den Gustav-Adols-Verein 300 Alk., die Hilfsstelle für Ausländsdeutsche des Vereins für das Deutschtum im Ausland WO ll lk . und für deutsch-siebenbürgische Flüchtlinge 200 Alk. Am 7. Februar überließ der G r o ß h e r z o g aus dem Hof­ heizwerk WO Zentner Kohlen unentgeltlich dem Stadtrat zur Ver­ teilung an Einwohner, die unter Kohlenmangel zu leiden hatten. Außerdem wies der Großherzog am W. Februar das Hofforstamt an, der Stadt Karlsruhe etwa WO Ster Brennholz zu dem Z u ­ richtpreis von 2 Alk. für den Ster zur Verfügung zu stellen. Am W. Alärz stellte der Großherzog 500 Ster in derselben Weise zur Verfügung. Am W. Februar teilte Stadtrat V r. Weil! im Namen des Aufsichtsrats der L i u o l e u m f a b r i k A l ax i m i l i a n s a u mit, daß diese der Stadt 500 Zentner Kohlen zun: Geschenk mache. Ebenso wurden in: Auftrag des Ehefs der F irm a A l. Stromeyer Lagerhausgesellschaft, des Herrn W i l h e l m S t i e g e l c r in Konstanz, der Stadt Karlsruhe von der hiesigen Niederlassung der Gesellschaft WOO Zentner Ruhrkohlen zur Verteilung an die ärmere Bevölkerung der Stadt zur Verfügung gestellt. — Herr Fabrikant W i l h e l m R i eger hat WOO Alk. gespendet m it der Bestimmung, daß dafür an hiesige bedürftige Einwohner Kohlen verteilt werden. Der Oberbürgermeister hat den Spendern namens des Stadtrates und der bedachten Familien herzlichen Dank aus­ gesprochen und ungeordnet, daß die Kohlen nach dem Gaswerk I und II gebracht und nach dem Wunsche der Geber verteilt werden sollen. Am W. Februar veröffentlichte der Oberbürgermeister, daß ihm Frau Privatmann W i l h e l m F e l s Ww e . infolge letzt- williger Verfügung ihres verstorbenen Gemahls 500 A lk. für die hiesigen Armen überreicht habe. Am 20. Februar überreichte Bankier A l o s e s G o l d b e r g dem Oberbürgermeister WOO Alk. für verschiedene Wohltätigkeits­ zwecke. 18 * — 276 — Bankier B I. A . 5 I r a n s hat, wie aus der Stadtratssitzung vom 22. Februar berichtet wurde, ein von Professor Ferdinand Keller geschaffenes (Ölgemälde, Großherzogin Luise am Bette eines verwundeten Soldaten darstellend, angekauft und der Stadt Karls­ ruhe geschenkt. Der Stadtrat sprach dem Spender „fü r dieses seltene und wertvolle Geschenk" wärmsten Dank aus. Die Kommission für Armenwesen und Jugendfürsorge ver­ öffentlichte am 26. Februar, daß ihr von einem im F e l d e s t ehenden W o h l t ä t e r , der seinen Namen nicht genannt haben wolle, zur Verwendung für die Armen seiner Vaterstadt eine Schenkung im Betrage von 220 Blk. zugegangen sei. Am (H. B lärz machte der Vorstand des Evangelischen Ver­ eins für Stadtmission bekannt, daß ihm von den Angehörigen der verstorbenen F r a u A r c h i t e k t Renz nachfolgende Gaben als Vermächtnis zugegangen seien: Für den Verein selbst YOO Blk., für das Hardthaus bei Welschneureut 500 Blk., für den Gustav- Adolf-Verein 300 Blk., für das Christliche Soldatenheim in Karls­ ruhe 250 Blk. ^sm Blärz wurde bekannt gegeben, daß A r c h i t e k t B l a r t i n D a u b von hier seine große Schmetterlingssammlung nebst seiner ganzen entomologischen Bibliothek dem Großherzoglichen Natu­ ralienkabinett m it der Bestimmung zum Geschenk gemacht habe, daß sie nach seinem Tode in den Besitz des badischen Staates übergehe und in dem Naturalienkabinett in würdiger Weise unter­ gebracht und sachgemäß behandelt werde. Aus der Stadtratssitzung vom 29 . B lärz wurde berichtet, daß die Witwe des P r o f e s s o r v r . G u s t a v Schön l eb er der Stadt Karlsruhe ein Kunstwerk aus dem Nachlaß des Verstorbenen zum Geschenk gemacht habe. Außerdem wurde in derselben Sitzung beschlossen, aus dein Nachlaß ein B ild für die städtischen Samm­ lungen zu erwerben. A n i 3. A p r il veröffentlichte der Oberbürgermeister, daß ihm G e h e i m e r K o m m e r z i e n r a t F r i e d r i c h W o l f f sen. aus Anlaß der Wiederkehr des Todestages seiner Gattin wiederum den Betrag von (000 Blk. zur Verwendung für das städtische Kinderheim übergeben habe. Anfang A p ril machte Geh. K o m m e r z i e n r a t L o r e n z vr. 6uslav 8chönleber, X u n s tm a le r »n cl p r o le r r o r . — 277 — aus dein künstlerischen Nachlasse seines Schwiegersohnes, des M a - lers F r a n z Hoch, der Stadt ein Gemälde desselben „Sommer­ abend" zum Geschenk. Der Stadtrat sprach „fü r diese wertvolle Bereicherung der im Entstehen begriffenen städtischen Kunstsamm­ lung" den wärmsten Dank ans. Aus der Stadtratssitzung vom ss). A p ril wurde folgendes berichtet: „Die Herren B r. E m i l und M a x E t t l i n g e r sowie Frau A n t o n i e E l s a s haben beim Ableben ihrer M utter, Frau Therese Ettlinger, im Jahre sysö zum Andenken an ihre Eltern eine „Leopold- und Therese - Ettlinger - Stiftung" in Höhe von 20000 Mk. errichtet, die von Frau A n t o n i e E l s a s und ihrem Gatten, Herrn M a r t i » E l s a s , Ende ss)s6 um weitere 20000 Mk., also auf ^0 000 Alk. erhöht worden ist. Der S tif- tungsbetrag ist von den Stiftern der Stadtgemeinde mit dem Wunsche übergeben worden, ihn als städtischen „M ilden Fonds" zu verwalten und seine Erträgnisse — vorbehaltlich einer gewissen teilweise» und zeitlichen Einschränkung — für die Jugendfürsorge, in erster Reihe für die Ferienkolonien zu verwenden. Der Stadtrat nimmt diese reiche und sehr nützliche Schenkung m it herzlichstem Dank an." — Ferner wurde aus dieser Sitzung berichtet: „Herr- Mi chael M u t s c h l e r , Kraftfahrer (Landsturmmann) aus Wieb­ lingen, hat dem Stadtgarten einen jungen Braunbären, den er in Siebenbürgen eingefangen und aufgezogen hat, zum Geschenk ge­ macht. Für diese willkommene Bereicherung des städtischen T ier­ parks spricht der Stadtrat dem Schenkgeber verbindlichsten Dank aus." — Aus der Sitzung vom 26. A p ril wird berichtet: „Bon Z hi esi gen B r a u e r e i e n — der Brauereigesellschaft vormals S. A l o n i n g e r , der Bierbrauerei A . p r i n t z und der Gesell­ schaft für Brauerei, Spiritus- und Preßhefe-Fabrikation, vormals G. Si nn er — wurde der Stadtverwaltung je ein m it K üh l­ behälter versehener Eisenbahngüterwagen für die Zwecke des M ilch ­ transports auf der Bahn während der wärmeren Jahreszeit unent­ geltlich zur Verfügung gestellt. Der Stadtrat spricht den genannten Brauereien für dieses freundliche, für die Milchversorgung der Stadt sehr wertvolle Entgegenkommen den verbindlichsten Dank aus." Am (0. M a i wurde bekannt gegeben, daß Kaufmann M a x Knopf aus Anlaß eines Familienfestes dem Bürgermeisteramt den Betrag von 2000 M k. zur Verwendung für die Armenpflege überwiesen habe. Ebenso habe der verstorbene Generalkassier a. D. K a r l M a r t i n i letztwillig zum gleichen Zweck 300 M k. vermacht. Aus der Stadtratssitzung vom s6. M a i wurde berichtet, daß nach M itte ilung des Notariats die am s8. M ärz sys? verstorbene IVitwe des Hausmeisters F r i e d r i c h B i e b e l h e i m e r , F r i e d e ­ r i k e , geb. A r a u s , der Stadtgemeinde 500 M k. vermacht habe. Am 2 s. M a i überreichten Privatmann N ) o l f S t r a u ß u n d F r a u aus Anlaß der Feier ihrer Goldenen Hochzeit dem Oberbürgermeister die Summe von sOOO Mk. für verschiedene wohltätige Zwecke. P r i n z u n d P r i n z e s s i n M a x haben, wie am 22. M a i bekannt gegeben wurde, 30 erholungsbedürftige Ainder der Stadt Karlsruhe zu sich nach Salem und Schloß Airchberg am Bodensee eingeladen. — G r o ß h e r z o g i n L u i s e hat dein Stadtrat zu Zwecken der Verbringung erholungsbedürftiger Schulkinder aus der Stadt in Familienpflege auf dem Lande und der Schülerspeisung 5000 M k. zukommen lassen. — I m Zum wurde berichtet, daß der F ü rs t v o n H o h e n z o l l e r n beschlossen habe, s2 Ferien­ kinder aus Karlsruhe im Schlößchen Suzigkofen im J u li zur E r­ holung aufzunehmen. Der Stadtrat nahm hiervon m it großer Freude Kenntnis und beschloß, dem Fürsten „fü r diese hochherzige Entschließung im Namen der bedachten Kinder den ehrerbietigsten Dank zu übermitteln." A m 20. J u l i machte der Oberbürgermeister bekannt, daß ihm Frau K l a r a E l l e r n hier aus Anlaß des Ablebens ihres Gatten, des Bankiers Ignaz Ellern, zu dessen ehrendem Andenken die Summe von 500 M k. zur Verwendung für städtische Arme und die Kriegsfürsorge überreicht habe. Aus der Stadtratssitzung vom 2. August wurde berichtet, daß der verstorbene G e h e i m e R e g i e r u n g s r a t H e r m a n n J a c o b der Stadtgemcinde sOOOO M k. zur „Unterstützung von Bedürftigen aus dem Zinsenertrag über das M aß der gesetzlich gebotenen Armenpflege hinaus" vermacht habe. Anfang August wurde aus dem Nachlaß der F r a u M a j o r - G e o r g v o n T a n n s t e i n der Blindenvereinigung von K arls ­ ruhe und Umgebung die Summe von 600 Ulk. überwiesen. Am 30. August Hut Privatmann J u l i u s A i r s »e r dem Scheffel-Museum eine Anzahl Briefe des Dichters und dessen M utter zum Geschenk gemacht. — Am H. Dezember hat der G r o ß ­ h e r z o g dem Scheffel-Museum ein wertvolles Geschenk gestiftet, bestehend in der druckreifen Handschrift der Dichtung „W aldein­ samkeit" sowie dem vom Dichter selbst geschriebenen Verlagsver­ trag und einem Begleitbrief dazu. „Der Stadtrat hat dem Landes­ herrn für diese wertvolle Bereicherung der Karlsruher Scheffel- Sammlung, insbesondere aber auch für das damit in so gnädiger weise aufs neue bekundete huldvolle Interesse an dem Scheffels Andenken geweihten Unternehme» der Stadtverwaltung seinen ehr­ furchtsvollsten und wärmste» Dank übermittelt." — Am 20. De­ zember hat F r a u S e n a t o r M a r g a r e t e E g g e r s in Rostock, der das Scheffel-Museum schon eine größere Anzahl Briefe des Dichters an seinen Freund Friedrich Eggers nebst anderen A n ­ denken an diese Freundschaft verdankt, dem Museum photogra­ phische Wiedergaben einer Originalzeichnung von W. Kaulbach s85s, Friedrich Eggers darstellend (Brustbild in Lebensgröße), sowie ein kleines Schattenbild von Friedrich Eggers geschenkt. Am 8. November hat F r a u R o s a B e r n h e i m e r hier, zugleich im Namen ihrer beiden Söhne, anläßlich der ersten Wieder­ kehr des Todestages ihres Gatten und Vaters, des Herrn Simon Bernheimer, dem Oberbürgermeister die Summe von sOOO Mk. mit der Bestimmung überreicht, den Betrag hälftig für die „H inter­ bliebenenfürsorge" und „ fü r sonstige würdige Bedürftige der Stadt Karlsruhe" zu verwenden. Dieselbe hat dem Stadtrabbiner I)r . Appel aus demselben Anlaß sOOO M k. für würdige israelitische Arme übergeben. Architekt H e r m a n n W ä l d e r hier hat aus Anlaß seines am 3. November vollendeten 70. Lebensjahres der Technischen Hochschule, deren Schüler er in den sechziger Jahren war, zur Gründung einer Architekt-Hermann-Walder-Stiftung ein Kapital im Betrag von HO 000 M k. zur Verleihung von Stipendien au Studierende der Architektur- und Ingenieurabteilung gestiftet. Für die Baugewerkeschule hat Herr Wälder aus gleichem Anlaß eine Stiftung unter derselben Bezeichnung im Betrage von f2000 Mk. errichtet. Aus den Zinse» dieses Kapitals sollen an bedürftige, talentvolle und würdige Schüler der hochbautechnischen, gegebenen­ falls auch der tiefbautechnischen Abteilung, die sich späterhin der staatlichen Werkmeisterprüfung unterziehen, Studienbeihilfen gewährt werden. Endlich hat Herr Wälder für die Gewerbeschule eben­ fa lls unter der erwähnten Bezeichnung eine Stiftung im Betrage von 2500 Ukk. errichtet. Aus den Zinsen sollen alljährlich an bedürftige, fleißige und in jeder Beziehung würdige Schüler der Abteilung für Waurer, Zimmerer und Steinhauer der Gewerbe­ schule Beihilfen zum Schulgeld, zu Lehrbüchern und Zeichenmaterial gewährt werden. Der Stadtrat beschloß die Annahme der S tif­ tung, dankte dein Stifter für das gemeinnützige Werk und sprach ihm zugleich die wärmsten Glückwünsche zu seinem 70. Geburts­ tag aus. Großkaufmann L u d w i g A a l l e r hier hat, wie am 22. November berichtet wurde, dem Oberbürgermeister die Summe von 25 000 Ulk. als Schenkung zur Verschönerung des Stadt­ gartens übersandt. Der Stadtrat nahm „diese reiche Schenkung m it herzlichem Dank an" und erklärte sein Einverständnis damit, daß sie im Sinne des Stifters für die Schaffung einer Anlage m it plastischem Schmuck beim Schwanensee verwendet werde. Aber die U n t e r b r i n g u n g v o n A i n d e r n i n der Sc h we i z w ird aus der Sitzung des Stadtrates vom 2ß. No­ vember folgendes berichtet: „ I m Laufe dieses Sommers haben über 600 bedürftige Ainder unserer Stadt mehrwöchige, freundliche Aufnahme und pflege im benachbarten Schweizerlande gefunden. Dieses wohltätige Werk wurde ermöglicht durch eifrige Tätigkeit dreier Schweizer Vereinigungen, der Aommission für Hospitalisierung erholungsbedürftiger Ainder kriegführender Staaten in Basel (Vor­ sitzender Herr Or. Hans Bächtold in Basel), der Vereinigung zur Unterbringung deutscher Ferienkinder in der Schweiz (Vorsitzender Buchdruckereibesitzcr A a rl Fricke in Zürich) und des Hilfsfonds für Familien deutscher Vaterlandsverteidiger in Basel (Vorsitzende Frau Generalkonsul Wunderlich in Basel). Der Stadtrat spricht den Vorsitzenden der genannten Vereinigungen und ihren Untarbeitern den herzlichen Dank der Stadt Aarlsruhe für ihre Bemühungen aus und bittet sie, diesen Dank auch den Familien zu übermitteln, — 28s die die Rinder bei sich ausgenommen nnd in liebevoller Weise gepflegt haben"*). Am 3. Dezember überwies G r o ß h e r z o g i n L u i s e der Stadtgemeinde 3000 Alk. zur Verwendung für hilfsbedürftige Familien. „Der Oberbürgermeister hat für diese hochherzige Spende der Großherzogin Luise ehrfurchtsvollsten und wärmsten Dank der Stadtverwaltung ausgesprochen m it der Versicherung, daß er für die dem Wunsche der hohen Stifterin entsprechende Verwendung Sorge tragen w ird". Ebenfalls am 3. Dezember haben Prinz und Prinzessin B lax zusammen 5000 Alk. für den Großhcrzogin-Luise-Fonds gespendet, der als Grundlage zur E r ­ richtung eines Rinderspitals in Rarlsruhe dienen soll. Anfang Dezember hat der Verwaltungsrat der H e r m a n n - Si e l cken -- S t i f t u n g in Baden-Baden der Stadtgemeinde K a rls ­ ruhe einen einmaligen Zuschuß zu den Rosten der Ferienkolonien und der Schülerspeisung im Betrage von 5000 Blk. bewilligt. F' Der am 2fl. November hier verstorbene B a u i n s p e k t o r F r a n z B l o m b e r t hat , wie aus der Stadtratssitzung vom s3. Dezember berichtet w ird , der Stadtgemeinde letztwillig die Summe von 30 000 Blk. als Franz-Blombertsche Schulkinder-Stif- tung mit der Bestimmung vermacht, die Zinsen daraus alljährlich zur Ausrüstung und Hinaussendung einer weiteren Ferienkolonie zu verwenden. Es ist dabei an solche Rinder gedacht, die sonst wegen der großen Zahl erholungsbedürftiger Rinder und des Blangels an B litte ln zurückgewiesen werden müssen. Der Stadtrat beschloß, die Stiftung in Dankbarkeit anzunehmen und zur Ehrung des Stifters dessen Namen in die eherne Stiftertafel des Rathauses eingraben zu lassen". Anfang Dezember spendete der G r o ß Her z og u n d di e G r o ß h e r z o g i n zur Sammlung des „Badischen Landcsaus- schusses von Deutschlands Spende für Säuglings- und Rleinkinder- schutz" einen gemeinsamen Beitrag von sOOOO Blk. *) verschiedene statistische Angaben über die Unterbringung erholungs­ bedürftiger Uinder stehe» oben unter VI. :. der Lhronik im Zusammenhang mit den Usitteiliingen über die übrigen Ferienkolonien. 282 — Beim Herannahen des weihnachtsfestes sind dem Oberbürger­ meister folgende Gaben für verschiedene näher bezeichnet« Wohl­ tätigkeitsanstalten zugegangen: von der Drogerie K a r l R o t h (270 M k., von d e r F i l i a l e der R h e i n i s c h e n K r e d i t b a n k )000 Alk., von der Bierbrauerei A . p r i n t z 700 Mk., von der Brauereigesellschaft vorm. A a r l 5 chr em pp )500 M k., von der Brauereigesellschaft vorm. 5. M o n i n g e r (200 M k., von Brauereibesitzer F r . H o e p f n e r (000 Mk., von Fräulein M o o s namens der Angehörigen von Heinrich M oos (00 M k. (hälftig für die Armen und den Badischen Heimatdank). Der G r o ß h e r z o g spendete für die Kinder des Waisen­ hauses eine Weihnachtsgabe von 520 M k., für die Anstalt der Kinderpflege (Durlacher Ltraße 22) (00 M k., der Katholischen Gesellenherberge (00 Mk., den, Dincentiusverein (20 M k. und gemeinsam m it der Großherzogin 200 M k. der Diakonissenanstalt. G r o ß h e r z o g i n H i l d a und G r o ß h e r z o g i n L u i s e spendeten für die Weihnachtsbescherung des Pfründnerhauses je 50 M k. Außerdem spendete Großherzogin Luise dem Kriegs­ ausschuß für Lchriftenverbreitung des Landesvereins für Innere Mission (00 Alk., dem Evangelischen Verein für Ltadtmission für seine Lonntagsschulen als Weihnachtsgeschenk 50 M k. und die gleiche Lumme dem Fliekverein, für die Kranken des Vincentius- hauses (00 M k., der Diakonissenanstalt und der Marthaschule lOO M k. P r i n z und P r i n z e s s i n M a x ließen der Diakonissenanstalt 80 M k. zukommen. 2. MnnenwLsen und Jugendfürsorge. Der städtische Aufwand für die A r m e n p f l e g e betrug im Berichtsjahr ßOSOHO M k. (888 358 Mk.), darunter Zuschuß der Ltadthauptkasse 622 (50 M k. (5ß7 5-s5 Mk.). I n der offenen Armenpflege wurden verausgabt 225 0^5 Alk. (23 s 076 Mk.), in der geschlossenen 2 5 5 ^ 7 M k. (27) 787 Mk.) und für die Kinder- und Jugendpflege 27227I M k. (253806 Mk.). Der Verwaltungsaufwand betrug 8()6^( M k. (77 025 Mk.). I n der W o h l t ä t i g k e i t s k a s s e wurden vereinnahmt für — 283 die Enthebung von kkeujahrsbesuche» und Absendung von Karten 897 Akk. (968 Akk.). Aus Geschenken und Vermächtnissen flössen der Kasse 5(0HH Akk. ((7 53( Akk.) zu. Die Kasse verausgabte für Unter­ stützungen (2 576 Akk. ((H 052 Mk.), für Kleidung armer Kon­ firmanden >032 Akk. (2H Mk.) und für die Schülerspeisung 29 78 s Akk. (2 s 353 Akk.). Der Gesamtauflvand für das städtische A l t e r s h e i m belief sich im Berichtsjahre auf Hs 758 Akk. ( (9 (6 : 37 H55 Akk.). Die Gesamtzahl der Verpflegungstage betrug 22 728 (22 723). Der durchschnittliche Gesamtaufwand für einen Verpflegungstag berechnet sich auf s Akk. 83 Pf. (s Akk. 6H Pf.), für einen Insassen beträgt er im Jah r 67H Akk. (603 Akk.). Der Gesamtaufwand für das städtische K i n d e r h e i m be­ trug im Berichtsjahre sss s30 Akk. (83 957 Akk.), der durch­ schnittliche Aufwand für einen Verpflegungstag 2 Akk. s Pf. (s Akk. fld Pf.), für ein Kind im Jahre 708 M k. (76H Akk.). Durchschnittliche Belegung in den einzelnen Abteilungen: in der Säuglingsabteilung HH (Hs), in der Abteilung für kleine Kinder H3 (s7), in der für Schulkinder 70 (65). Die Kommission für J u g e n d f ü r s o r g e hielt im Berichts­ jahr 22 (25) Sitzungen ab. I n diesen Sitzungen waren 8H (92) Zwangserziehungsangelegenheiten, 25 (30) Fälle nach A (666 B .G .B ., (26 (sH5) Schutzaufsichtsfragen, 62 (60) Lehr- und Dienstverträge, (75 ((96) Fragen der Unterbringung in pflege- stellen, (88 ((57) sonstige Angelegenheiten Gegenstand der E rö r­ terung. Vom Gemeindewaisenrat wurden 207 Einzelvormünder über­ wacht. Aus anderen Gesichtspunkten wurde Aufsicht über M inder­ jährige in 283 ( Fällen ausgeübt. Die Überwachung von Kost­ kindern erstreckte sich am Iahresschluß auf insgesamt 50 ( pflege- stellcn. I n (H Fällen wurde das Recht, Pflegekinder zu halten, entzogen. An- und Abmeldungen von pflegestellen fanden H95 (586) statt. Den lVaisenkontrolleuren wurden ( ( ( 7 ((033) A uf­ träge erteilt. Beim Jugendamt gingen 2 (2H 8 Schriftstücke ein. Von den ((5 8 Bcrufsvormundschaftcn des Vorjahres kamen (22 (200) in Abgang, während 252 (203) neu hinzutraten. Am — 28-s Schlüsse des Berichtsjahres bestanden sonach s288 Lerufsvormund- und -Pflegschaften. Bei der Zahlstelle für Bnterhaltsgelder bei der Stadthauptkasse k gingen ein 97 s sst Blk. 92 P f. (^7 66^ Blk. s s Pf.). A u f Sparbücher waren am Iahresschluß für Mündel 36 277 Blk. 88 P f. (s5 879 Blk. 5 P f.) angelegt, weitere Be­ träge aus dem Blündelvermögen wurden zur Kriegsanleihe ge­ zeichnet. Aber die von der Abteilung H des Badischen Frauenvereins ( K i nd e r p f l e g e ) unterhaltenen K r i p p e n ist folgendes zu be­ merken: Die an Stelle der während des Krieges geschlossenen Luisenkrippe eingerichtete Kriegskrippe Baumeister-Straße 5, er­ weitert durch Hinzumieten eines anderen Lokales, Banmeister- Straße 5H, bestand im Berichtsjahre fort. Stand der Pfleglinge zu Anfang des Berichtsjahres 69; neu ausgenommen s05, näm­ lich 5H Knaben und 5 s Mädchen, wovon 32 evangelisch und 55 katholisch. A lter: unter s Ja h r 52, s bis 2 Jahre 55, über 2 Jahre s8. Ausgetreten sind von zusammen s7^ Kindern s36, so daß Ende Dezember s9l? "och 38 Pfleglinge eingewiesen waren. Zah l der Verpflegungstage s2 677 ( l 9 l 6 : s5097). Der Gesamt­ aufwand betrug 25 3s5 M k. (23 862 Mk.). An Pflegegeldern gingen ein s0 772 M k. (ls tM Mk.), an Geschenken und sonstigen ^ Einnahmen 255 s M k. (2275 Blk.), so daß neben dem Beitrag der Stadt m it 3255 Blk. ein Zuschuß von 6759 ^ k . (sH595 Blk.) aus der Abteilungskasfe erforderlich wurde. Bei einem reinen Verpflegungsaufwand von 25 s s s B lk. erforderte ein Kind einen täglichen Aufwand von s M k. 7H P f. ( l Blk. 62 Pf.). I n der Krippe in» Hildahaus waren zu Anfang des Jahres ^6 Kinder eingewiesen, wozu im Laufe des Jahres 83 neu aufgenommen wurden. Von den neu Zugegangenen waren Knaben und ^2 Mädchen, ^9 waren katholisch, 5H evangelisch; unter s Jahr 5H, s bis 2 Jahre 22, über 2 Jahre 7. Abgegangen sind im Laufe des Jahres 87, so daß am Iahresschluß noch ^2 Pfleg­ linge eingewiesen waren. Zahl der Verpflegungstage 9832 ( l 9 ( 6 : 8O90). Der Besuch war teilweise sehr unregelmäßig. Diese Krippe hat seit Ende s9(6 Tag- und Nachtbetrieb für so Kinder aus­ genommen, dre Betten waren ständig belegt. Der Gesamtaufwand betrug l9 24ö Blk. (so 808 Blk.). An pflegegeldcrn gingen ei» 7795 Alk. (265Y ^ lk .), an Geschenken und sonstigen Einnahmen 2723 Alk. ( ( (6H 7Rk.), so daß neben dein Beitrag der Stadt mit 3255 Alk. ein Zuschuß aus der Abteilungskasse von 5H7H lllk . (7660 Alk.) erforderlich wurde. E in Rind erforderte einen täg­ lichen Aufwand von s A lk. 85 P f. (( Alk. 7 s Pf.). — Auf Veranlassung der Rriegsamtsstelle des Stellvertretenden General­ kommandos wurde Ende November eine weitere Rriegskrippe mit Tag- und Nachtbetrieb errichtet. Die Räume wurden von Herrn Rrupp von Bohlen-Halbach im Hause Leopold-Straße 5( zur Verfügung gestellt. Die Rosten der Einrichtung beliefen sich rund auf (2 000 Alk. Hierzu gewährte die Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik 8000 Alk. und für den Betrieb eins, jährliche Beihilfe von 3000 Alk., ebenso die Stadtverwaltung einen Zuschuß von 2000 Alk. Die neue Rriegskrippe bietet Raum zur Unter­ bringung von 25— 30 Rindern. I m Erdgeschoß der Anstalt be­ finden sich die Schlafräume für das Pflegepersonal und die Rüche, während im s. Stockwerk die Schlafräume für die Rinder, Spiel­ zimmer, Badezimmer und Alilchküche untergebracht sind. An schönen Tagen bietet ein Teil des Bohlen-Halbachschen Gartens die Aläglichkeit des Aufenthalts im Freien für die Rinder. Der Besuch der Rrippe war in den ersten Wochen noch schwach, doch hat er zu Beginn des Jahres (9(8 zugenommen. Lehrkurse zur A u s b i l d u n g v o n R i n d e r p f l e g e r i n ­ nen werden im Hildahaus und während des Rriegss statt im Luisenhaus im städtischen Riudcrheim abgehalten. Es sollen nach den Grundsätzen der modernen Gesundheitspflege geschulte Erziehe­ rinnen und Pflegerinnen kleiner Rinder von der Geburt bis ins schulpflichtige Alter ausgebildet werden. — Die Lehrkurse im Hildahaus für Besitzerinnen höherer Alädchenschulbildung beginnen jeweils am (. Oktober. I m Berichtsjahre ist ein solcher m it (0 Schülerinnen beendet worden. Am (. Oktober (9(7 hat der Rurs mit 7 Schülerinnen begonnen. — I m Rinderheim wurden zwei Rurse von scchsmonatlicher Dauer für Alädchen und Frauen mit Volksschulbildung als Interne und Externe zur Ausbildung als Berufspflegeriunen abgehalten und dabei 5( Schülerinnen aus­ gebildet. — Endlich fanden im Hildahaus und in der Rriegs- krippe (Baumeister-Straße) dreijährige Rurse für junge Alädchen 286 init Volksschulbildung alsbald nach der Schulentlassung statt. Die Kurse sind unentgeltlich. Sie bezwecken in der Hauptsache die Aus­ bildung von Kinderpflegerinnen. Die Alädchen haben Wohnung und Verpflegung in der Anstalt, außerdem nach dein ersten Halb­ jahr, je nach Leistung, ein Taschengeld von 5 bis (0 Alk. im A lonat. Sie erhalten zunächst der Fortbildungsschule entsprechenden Unterricht, später besondere Unterweisung in der Kinderpflege. I m Berichtsjahre befanden sich im Hildahaus 5 Schülerinnen und in der Kriegskrippe ( 4. I m F r ö b e l s e m i n a r waren zu Beginn des Berichtsjahres an Schülerinnen anwesend: im Kurs für Kindergärtnerinnen 27, in dem für Fröbelsche Kinderpflegerinnen (8 Schülerinnen, davon gingen nach besonderer Prüfung an Gstern von ersteren (7, von letzteren s8 ab. Nach Gstern waren wieder je (9 in beiden Kursen anwesend. I m Herbst gingen 4 Kindergärtnerinnen ab. Am Schlüsse des Jahres waren infolge Zugangs in, Herbst 27 Kinder­ gärtnerinnen und infolge Abgangs 7 Fröbelsche Kinderpflegerinnen anwesend. Die Zah l der Kinder in dem m it den: Seminar ver­ bundenen Kindergarten betrug im Winter durchschnittlich 80 ( ( 9 (6 : 70), im Sommer 60 (50), im Filialgarten in der Kriegs-Straße (09 40 bis 50 Kinder. Der Betrieb der Anstalt erforderte einen A u f­ wand von 22 040 Wk. Die Einnahmen betrugen: Schulgelder (0982 A lk., Beitrag der Stadt 3000 Alk., Geschenke (06 Alk. und 7952 Akk. Zuschuß aus lllitte ln des Vereins. I n der Abteilung IV des Frauenvereins ( A r m e n p f l e g e u n d W o h l t ä t i g k e i t ) hat 7V der S o p h i e n - F r a u e n v e r ­ e i n im Berichtsjahre an Nahrungsmitteln und Kohlen Unter­ stützungen im Gesamtbeträge von 2967 ll lk . ( (916: 5642 Alk.) gewährt. A ls Grund für den Rückgang der Zahl der Unter­ stützungsbedürftigen w ird angegeben, daß während des Krieges Familien, deren männliche Alitglieder in: Kriegsdienste stehen, Beihilfe vom Kriegsunterstützungsamt erhalten; außerdem habe der Hilfsdienst vielen Frauen und lllädchen sehr gewinnbringende Beschäftigung in kriegswirtschaftlichen Betrieben gebracht. Der Aufwand für Badekuren belief sich auf (7 74( Alk. ((4 6 9 7 A lk.); er wurde durch folgende Beiträge gedeckt: von den Krankenkassen 856 Alk., von: Armenrat und Kriegsunterstützungsamt 9956 lllk ., von Ellern und Wohltätern 26(7 M k., der Rest vonr Fraueit- verein H3(2 Alk. Solbadkuren wurden im Berichtsjahre an 237 Rinder (205) gewährt, (3 ( Rnaben und (06 Mädchen. Die Rinder waren folgendermaßen verteilt: Dürrheim 32 (66), Rap­ penau 9 ( (53), Badisch Rheinfelden ((H (86). — D. Vom E l i ­ sabeths »ve r e i n wurden im Berichtsjahre an arme Rranke und Wöchnerinnen Unterstützungen im werte von (87H M k. ( (9 (6 : 3H(2 Alk.) ausgeteilt. Der Verein hatte laufende Einnahmen und Ausgaben in höhe von 7H97 (83(H Mk.). Das Ver­ mögen des Vereins belief sich wie im Vorjahre auf 5000 M k. I m Berichtsjahre waren folgende V o l k s k ü c h e n in Tätig ­ keit: s. Volksküche am alten Bahnhof (auf Rriegsdauer an Stelle der Volksküche 7V im Luisenhaus). 2. Volksküche L (Ritter-Straße 7). 3. Volksküche L im hildahaus (Scheffel-Straße 37). H. Die Rriegs- speisehalle am Durlacher T o r (Raiser-Straße 3). Jede Rüche gab täglich Mittagessen sowie Raffee und Tee, auf Wunsch auch Limo­ nade. Abendessen wurde nur in der Rüche im hildahaus und in der Rriegsspeisehalle verabfolgt. E in volles Mittagessen m it Fleisch oder Wurst kostete 50 Pf. (wie seit s. M ärz ( 9 ( 6), an fleischlosen Tagen HO Pf., das Abendessen m it Suppe, Fleisch und Gemüse kostete H5 Pf. ( ( 9 (6 : HO Pf.), ohne Fleisch 35 Pf. (35 Pf.), dicke Suppe allein 25 Pf. ( (5 Pf.). Raffee und Tee wurden zu (0 Pf. ( (0 Pf.), Limonade zu (0 und (5 Pf. ( (0 Pf.) abgegeben. Die Volksküchen am alten Bahnhof und im hildahaus lieferten auf besondere Bestellung verstärkte (p / , ) Portionen für Gefangene und zwar zu 75 Pf. das Mittagessen, zu 60 Pf. das Abendessen. Solcher Gefangenenessen wurden im ganzen mittags 72 370 (3 (38 9 ) und abends 967H (3( 768) abgegeben. I m ganzen wurden ab­ gegeben am alten Bahnhof 29 ( 655 (296 0H9), in der Ritter-Straße (56 230 ( (7 ( 336), im hildahaus 502 836 (H(7 705) und in der Rriegsspeisehalle H (3875 (303823), zusammen (3 6 H 5 9 6 (( ( 8 8 9 ( 8) Portionen Essen. Außerdem wurde den Gästen auf Wunsch Limo­ nade verabreicht, im ganzen 3(76 Fläschchen ( (8 0 (6 ). Die meisten Essen wurden an selbstzahlende Gäste in den Rüchen abgegeben, ein anderer Teil wurde abgeholt auf Anweisung von Behörden oder Vereinen, die dann auch die Zahlung leisteten. An selbst­ zahlende Gäste wurden in den H Rüchen 379007 (H08 2H2) M it ­ tagessen, (66(73 ((00270 Abendessen, Luppen allein 5037H (H30H6), Raffee 3( ( 575 (2(0606), B ro t (06 959 ((20 263) ab­ gegeben. Die Abgaben im Betrieb (Ulägde usw.) betrugen 87 (72 (99 038) Portionen. Abgaben auf Anweisung des Armenrates und Rriegsunterstützungsamtes (7 779 (52 290), für Gefangene und Schweizer Urlauber (7(560 (6H 795), auf Anweisung vom Stadtrat für Schülerspeisung 65 3H( (7HOfl6), von Armenvereinen für Arme 27 7(0 ( ( (25( ) . Die Einnahmen der vier Rüche» be­ trugen H2( 853 Alk. (38HHOH Alk.), die Ausgaben H(7 2H( Alk. (38,32( Alk.). Die Roc hschu l e und die F l i c ks c hu l e des Frauenvereins mußten auch im Berichtsjahre geschlossen bleiben. Der F l ic k ­ v e r e i n konnte wegen Stoffmangels keine Flickabende abhalten. Um m it den Frauen in Fühlung zu bleiben, hat der Verein sie zu zwei Unterhaltungsabenden eingeladen. Bei der ersten Ver­ anstaltung hielt Frau Oberbürgermeister Lauter eine Ansprache über Erziehung. Dann folgten musikalische Vorträge und Dekla­ mation. Zum Schluffe Aussprache der Frauen und allgemeiner Gesang. Am zweiten Abend folgte auf Ansprache der Frau Oberbürgermeister Lauter Gesang zur Laute. Dann Vorführung der Rochkiste m it Rostproben und Austeilung der Rochbüchlein. Die Einnahmen betrugen an Geschenken 8 ( Ulk., der Rest vom Vorjahre (HO Ulk., die Ausgaben 80 lllk . I m B e s c h ä f t i g u n g s v e r e i n des Frauenvereins arbei­ teten 250 Frauen. Es wurden nur Aufträge für das Bekleidungs­ amt des X IV . Armeekorps erledigt. An Arbeitslöhnen und Ver­ sicherungsbeiträgen wurden ((2 098 lllk . ( ( 9 ( 6 : 85 (03 M k.) verausgabt. Der Gesamtaufwand betrug (22539 Ulk. (95 (80 Ulk.). Die Einnahmen beliefen sich auf (H7H09 ll lk . ((H5 0H7 Ulk.). Das Vermögen beträgt 78 78H Ulk. (58 (09 Ulk.). b. Krankenwesen. I m s t ädt i schen R r a n k e n h a u s , das 682 Rranken- betten enthält, wurden in i Berichtsjahre 5562 Rranke ( (9 (6 : 5H23) m it zusammen (H2 532 ((80 007) Tagen verpflegt. Durch­ schnittlich waren täglich 390 (H95) Rranke im Hause. I n den — 289 — einzelnen Akonaten bewegte sich der Krankenstand zwischen folgenden Zahlen: Z a n u a r . . 439— 499 A>'aiike Z l l l i . . . 368—405 Kranke Februar. . 464— 492 „ August . . 5(0— 4(3 „ Akärz . . 4O4— 465 „ September . 269— 3(5 „ A p r il . . 392— 436 „ Oktober. . 299— 354 „ A k a i. . . 404— 46 ( „ Noveinber . 545— 375 „ Z n n i. . . 367— 599 „ Dezeiuber .. 524--—373 „ Der Krankenstand war am höchsten am 25. Zanuar mit 499 Personen ( (9(6 am (4- Akärz m it 566 Personen). Unter den Kranken befanden sich l28 (360) kranke und verwundete Soldaten und Offiziere, die an zusammen 8245 (29 290) Tagen im Krankenhause verpflegt wurden. Im laufenden Zahre wurde das Krankenhaus stärker von der Zivilbevölkerung ausgesucht, da wenig Akilitärpersonen zur Aufnahme kamen. Am Zahrcsschluß waren noch 4 (() Offiziere und (2 (55) Soldaten im Hause. Die laufenden Einnahmen des Krankenhauses betrugen ( 042582 Alk. ( ( ( 2 0 (66 Akk.), die laufenden Ausgaben ( ( ( 0 3 ( 9 Alk. ( ( 046 556 Akk.). Die Stadthauptkasse hatte zu den Betriebskosten 279 976 Alk. (27( (02 A lk.), das sind fü r jeden Krankenverpflegungstag ( Akk. 96 Pf. (( Akk. 5( Pf.) Zuschuß zu leisten. Zm ganzen hatte die Stadthauptkasse fü r das Kranken­ haus einschließlich des Aufwandes fü r Verzinsung und T ilgung der Anlagekosten einen Zuschuß von 505 826 Akk. (494952 Akk.) oder 3 Akk. 55 Pf. (2 Akk. 75 P f.) für den verpflegnngstag zu leisten. von den hauptsächlichsten Ausgaben betrugen: l- Akietzins an die Stadthaupt­ kasse . . . .' ..................... 225 850 Akk. D Lauunterhaltung, Heizung, Be­ leuchtung, Reinigung, Wasser­ verbrauch ................................ (65 694 „ (((6 8 0 7 Akk.) Gehalt und L5h„e . . . . 5(2 474 „ (259 ( ( 9 „ ) K Hauseinrichtungsgcgenstände, Instrumente, Apparate usw. . 56 699 „ ( 42 (88 „ ) 5. Arzneien, Verbandsstoffe usw. . 66 048 „ ( 50 254 „ ) 6. ^peisung^kosten..................... 265 6(9 „ (508 075 „ ) — 2flO — Das E r h o l u n g s h e i m der Stadt Karlsruhe wurde als Ferienkolonie für Karlsruher Schulkinder am f f . Jun i eröffnet und am 2Y. September für den M inier geschlossen. s68 Kinder nebst Anssichtspersonal wurden an §257 Tagen in ^ Abteilungen verpflegt. Die laufenden Einnahmen betrugen 89 s 6 Alk., die laufenden Ausgaben s6575 Akk. Für die s t äd t i s c he D e s i n f e k t i o n s a n s t a l t lagen s277) Aufträge vor, die wegen »achverzeichneter Zlnlässe erfolgten: Diphtherie 555, Fleekfieberverdacht l, Genickstarre 3, Krätze f28, Krebs 3, A rupp f, Akagenleiden s, Akasern 7, Kind- beltfleber sO, R uhr 565, Reinigung f77, Scharlach 257, Tuber­ kulose ^ f l , Typhus 55, pockenverdacht f f . — Für das 'Kranken­ haus selbst wurden außer de» in den Apparaten desinfizierten Betten und Kleidungsstücken H32 (7 p Zim m er und Säle m it 25 I s2 Irbm (8572,flq, I<b>m) In h a lt desinfiziert. — Die Ausgaben der Anstalt betrugen 7ssO A lk. (8568 A lk.). Dabei sind aber die Ausgaben fü r Verzinsung, Beleuchtung und Wasser nicht berück­ sichtigt. An Gebühren gingen s^638 Akk. (8756 Akk.) ein, von denen die Stadt s2 058 Akk. (5779 Akk.) übernahm. I m L u d w i g - w i l h e l in - K r a n ke n h e i in wurden s9p in der Frauenklinik ss08 ( l f i sb: 909) Personen mit s6566 (s-s575) Tagen, im Wöchnerinnenheim s62 (s50) Personen m it 22-s5 (20fi0) Tagen, im Wöchnerinnenasyl 780 (862) Personen mit 6s2s (6766) Tagen, in der Augenklinik 525 (298) Personen mit 7952 (7772) Tagen und im Vereinslazarett I I 380 (^6H) Personen mit 20 (29 l99) Tagen verpflegt. Die Zah l der Personen, die P riva t­ pflege in Anspruch nahmen, betrug 75 (H5), von denen 25 (8) außerhalb der Stadt Karlsruhe wohnten. Die Einnahmen aus der Pflegetätigkeit, einschließlich des Lazaretts im Krankenheini, betrugen 282 503 Akk. (28H387 Akk.). Die gesamten Betriebs­ einnahmen beliefen sich auf 79HOOO Akk. (7I8 2s9 Akk.), denen an Ausgaben 866 760 Akk. (80H ss0 Akk.) gcgenüberstanden. Der ungedeckte Aufwand m it 72 670 Akk. fand auch s9P durch ein seitens der Vermögensverwaltung der Großherzogin Luise in gleicher Höhe gegebenes unverzinsliches Darlehen seinen Ausgleich. — I m Frühjahr s9P konnte das wöchnerinnenasyl auf sein 25jähriges Bestehen zurückblicken. Auter dem Protektorate und — 2fl( der eifrigen M itw irkung der Prinzessin M ilhelm (892 gegründet und seit ihrem Tode (9(H nnter dem Protektorate der Prinzessin M ax stehend, war cs seit Beginn in den Räumen des Lndwig- Milhelin-Rrankenheims untergebracht. Mährend zu Anfang nur 7 Betten für Möchnerinnen zur Verfügung standen, ist die Zah l der Betten im traufe der 25 Zahre ans über 50 gewachsen. T in NeubauZ wurde nötig, der auf dem Gelände des Lndw ig-M il- helm-Rrankenheims (9(2 erbaut und (9(5 eröffnet wurde. Bon Jahr zu Jahr war die Anzahl der Geburten im Asyl gewachsen. Sie hatte im ersten Rriegsjahr die Zah l (000 fast erreicht. Erst im Rriege trat ein merklicher Rückgang ein. M ehr als (2000 Rinder aus allen Rlassen der Bevölkerung Rarlsruhes sind in dem Asyl während der 25 Zahre seines Bestehens zur Melt gekommen. Der Verein, der für das Asyl die M itte l aufbringt, hat durch den Rrieg eine große Tinbuße an Mitgliedern erlitten. Zn dem Bericht des Asyls wird darauf hingewiesen, wie wünschenswert es sei, daß neue gewonnen und damit die Tinnahmen des Vereins gestärkt werden. Der Stadtrat hat seinen Zahresbeitrag auf 2000 Akk. erhöht. Zn der T v a n g c l i s c h e n D i a k o n i s s e n - A n st a l t w u r­ den (9(7 verpflegt und behandelt (032 0916: 865) Zivilpersonen in 3(585 (29056) Verpflegungstagen, darunter 207 (2(8) Rinder in 7238 (7289) Tagen, außerdem 528 (H08) M ilitärpersonen in (5^69 (20 6^3) Tagen. Zm A lte n St. V in ze n tiu sh a u s wurden (9(7 l278 ((9 (6 : (558) Zivilkranke m it (6 (75 ((5-((5) Berpslegungstagen und 730 009) verwundete und kranke Soldaten mit (5^(85 ((7 2^3) Tagen verpflegt. Zm N e u e n St . V i n z e n t i u s h a u s waren es 209^ ((906) Zivilpersonen mit fl5 7(5 (5( (68) Tagen und 9^2 (693) Militärpersonen mit 28 5 (( (38 500) Verpflegungstagen. Zm I s r a e l i t i s c h e n R r a n k e n H a u s wurden (9(7 2( ((9 (6 : 50) Soldaten mit 625 (2(93) Verpflegungstagen, 2 (-() Zivilkranke mit ((8 (625) Tagen und 2 Pfründner m it 2H5 Tagen verpflegt. *) Näheres iiber den Neubau, die Aufbringung der Mittel zu demselben und über den Beitrug der Stadtgemeinde vergl. Chronik tyi3 f6Z. ly * Im G a r n i s o n l a z a r e t t wurden im Berichtsjahr 3059 ( l9s6: 2594) Akann verpflegt, darunter 502 verwundete. Die Zahl der verpflegungstage betrug 5«) ^25 (67 077). Anfang Januar fand unter Leitung von Dr. Bongartz- Aarlsrnhe hier eine Sitzung der B a d i s c h e n Ä r z t e k a m m e r statt. Die Aammer ist der Badischen Gesellschaft für soziale Hygiene beigetreten. Dr. kverner erstattete den Aechenschastsbericht. Der Voranschlag wurde genehmigt und der Jahresbeitrag ans sO Akk. festgesetzt. Nach einer längeren Aussprache wurde folgende Entschließung angenommen: „D ie Badische Ärztekammer beschließt die Gründung einer ärztlichen Darlehenskasse für Baden und stellt zu diesem Zweck ans ihrem vermögen 20000 Akk. zur Verfügung; sie beauftragt den Vorstand, die nötigen vorbereitenden Schritte zu tun, einen Satzungsentwnrf der Nasse ausznarbeiten und bei der nächsten Aammersitzung zur Beratung vorznlegen". Eine weitere Entschließung, die angenommen wurde, fordert die Arzte des Landes aus, die Beratungsstelle für Geschlechtskranke in ihren Be­ strebungen so weit wie möglich zu unterstützen, vor allem durch eindringliche persönliche Beeinflussung und Belehrung der Aranken. Nicht nur aus Gründen der Standesehre, heißt es weiter, sondern auch im Interesse der Sache selbst hält die Aammer die strenge kvahrung des Berufsgeheimnisses für geboten und die Erstattung einer Anzeige nur m it E inw illigung der Aranken für statthaft. Le i der am s6. Januar abgehaltenen Sitzung der B a d i ­ schen Z a h n ä r z t e k a m m e r wurde Zahnarzt Adolf Akünzes- heimer von hier als Vorsitzender und Zahnarzt kV. Jakob ans Lörrach als stellvertretender Vorsitzender gewählt. A ls ä r z t l i c h e S a c h v e r s t ä n d i g e des Großherzoglichen Gberversichernngsamtes Aarlsrnhe wurden nach Bekanntmachung vom 5st Alärz für die Jahre s9l? bis st)20 gewählt: Geh. Mbermedizinalrat Dr. Hauser und Akedizinalrat Dr. Gntsch als Sachverständige, G>ch- Akedizinalrat Dr. Aaiser und Akedizinalrat Dr. Eberle als deren Stellvertreter, sämtliche von hier. Seit Anfang A la i hat der Stadtteil Aüppnrr eigene A r a n ­ ken sch Western erhalten, während bis dahin die Schwestern des St. Bernhardushauses der Südstadt die Arankenpflege übernommen hatten. Durch Entgegenkommen des Provinzhauscs Hegne ist es gelungen, die eigene Arankenstation in R üppurr zu errichten. Die Satzungen des neuen Arankenpflegevereins wurden in einer Ge­ meindeversammlung durchberaten und einstimmig genehmigt. Das beobachtete Auftreten der R u h r gab Anfang August Anlaß, Mitteilungen zu veröffentlichen über das Wesen, den Ver­ lauf, die Behandlung und über die Übertragung der Arankheit sowie über die Absonderung des Aranken. Am 7. August wies das städtische Nachrichteuamt, um übertriebenen Gerüchten ent­ gegenzutreten, darauf hm, daß die Ruhrerkrankungen in Aarlsruhe die Zahl 60 bis dahin nicht überschritten und im allgemeinen eine» gutartigen Verlauf genommen hätten, sodaß ein beträchtlicher Teil der Erkrankten schon aus dem Arankenhause wieder entlassen worden wäre. Der Ortsgesundheitsrat habe die von den staat­ lichen und städtischen Behörden getroffenen Maßnahinen für zweck­ entsprechend und ausreichend erklärt. Zn den weiteren Mitreilungen des Bachrichtenamts wurde Vorsicht bei dem Geuuß von Obst empfohlen, auch bei anscheinend leichten Darmstörungen unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, Aranke möglichst umgehend ins Krankenhaus einzuliefern, wo dies nicht angehe, abzusondern. Weiter wurde auf gründliche Desinfektion aller Abgänge aufmerksam gemacht, wobei am einfachsten Kalkmilch verwendet werden könne. Die dem K a r l s r u h e r K r a n k e» k a s s e n v e r b a n d e angeschlossenen Träger der reichsgesetzlichen Krankenversicherung hielten im A p ril ihre Ansschußsitzungen ab. Aus den Verhand­ lungen wurde mitgeteilt: Der Mitgliederstand betrug im Vorjahre durchschnittlich 29^60 Versicherte, davon 11170 männliche und 18 2H0 weibliche. Durch den Krieg hat sich dieses Verhältnis ganz wesentlich verändert, denn in Friedenszeiten wiesen die weib­ lichen Versicherten nur etwa Hz des gesamten Mitgliederstandes aus. Die Mitgliederzunahme gegenüber dem Vorjahre betrug 857. Zm ganzen haben die Vrtskrankenkassen durch den Krieg etwa Hs des früheren Mitgliederstandes verloren. An Beiträgen gingen im abgelaufene» Zahre 1 296 557 Mk. ein, ^0 000 Mk. mehr als — 294 — im Vorjahre. Die Zah l der Erkrankungsfälle stieg auf (5027 und betrug gegenüber dem Vorjahre 2670 Fälle inehr. Der Kranken­ stand war im ganzen Zahre (9(6 durchwegs höher als in den Vorjahren, nach Annahme der Mitteilungen bedingt durch die ungewöhnlichen witternngsverhältnisse und die herrschenden E r­ nährungsverhältnisse, wozu uoch ungewohnte Arbeit von Frauen und Mädchen und andere Umstände gekommen seien. Die Krank- heitstage sind auf 29( 555 angcwachsen, 59 05( mehr als im Vorjahre. Die Sterbefälle betrugen 367, vier mehr als im Vor­ jahre. Zm Verhältnis zur Mitgliederzahl schwankte der Kranken­ stand bei den verschiedenen Kategorien der Versicherten zwischen 0,76 und 5,s "/». Der höchste Stand war wiederum bei den frei­ willigen Mitgliedern zu verzeichne», wöchentlich wurden durch­ schnittlich 665 Krankengeldempfänger m it rund 8000 Mk. Kranken­ geld abgefertigt, im Vorjahre durchschnittlich 554 mit 6300 Mk. — Die Gesamteinnahmen ergaben 2 022 975 Mk. (mehr 74 723 Mk.), die Gesamtausgaben stellten sich auf (904588 Mk. (mehr (05869 Mk.), so daß eiu Betriebsfonds von ( (8 583 Mk. verblieb. Das Gcsamt- vermögen beträgt (248 548 Mk., wovon, abgesehen von den Grundstückswerten der Allgemeinen (Vrtskasse und des Verbandes, (02 030 Mk. den Rücklagen zugeführt werden konnten. Das Reinvermögen der Verbandskasse belief sich auf (55 688 Mk. A m .(9- November wurde die Ausschußsitznng der A l l g e ­ m e i n e n G r t s k r a n k c n k a s s e K a r l s r u h e abgehalten. Aus der Tagesordnung standen 5 Punkte: (. Satzungsänderungen. 2. W ahl des Rechnungsausschusses für Prüfung der Rechnung. 5. W ahl eines Vertreters in den Rechnungsausschuß des Kassen­ verbandes. 4- Festsetzung des Voranschlags für (9(8. 5. A n ­ träge. Folgende Satzungsänderungeü wurden beantragt: (. ß (8 Absatz ( Z iffer 2 solle lauten: Krankengeld in Höhe von 60 Hundertsteln (statt des halbe») Grundlohnes usw. 2. H 2 9 u Ab­ satz 2 soll eine Einschränkung dahin erfahren, daß der Anspruch auf Mehrleistungen für solche Mitglieder, die der Kasse freiwillig beigetrcten sind, erst nach einer Wartezeit von 6 Monaten entsteht. 3. ß 42 Absatz (. Die Kassenbeiträge werden auf 4 Hs Hundertstel (statt 4) öes Grundlohnes festgesetzt. 4 . H 5( e. Die Beiträge für die unständig Beschäftigten werden auf 4 Hs (statt 4) Hundertstel — 2 Z 5 — des Grtslohnes usw. festgesetzt. Die Änderungen sollen am s. J a ­ nuar l9s8 in R raft treten. Die Vorlage wurde einstimmig an­ genommen, auch die übrigen jAmkte der Tagesordnung erledigt. Dem Berichte wurde noch folgende Bemerkung beigefügt: W äh­ rend viele Rassen nur die durch das Notgesetz vom H. August l9 l^ eingeführten Mindestleistungen gewähren, hat die Allgemeine Mrtskrankenkasse Rarlsruhe von dem ihr zustehenden Recht auf Erhöhung der Beiträge keinen Gebrauch gemacht, andererseits aber alle früheren Mehrleistungen für die Mitglieder und deren Ange­ hörige wieder eiugeführt und weitere Verbesserungen in den Lei­ stungen der Rasse hinzutreten lassen. 5o unter anderem die A b ­ schaffung eines Rarenztages, so daß die Mitglieder schon am zweiten Tage der Erkrankung ein Rraukengeld erhalten, ferner die Erhöhung des Rrankengeldes von 5 t )0/g auf 75 °/o des Grund^hnes für in Rrankenhäusern, Heilanstalten usw. untergebrachten Mitglieder, so­ fern diese ganz oder überwiegend aus dem Verdienst Angehörige unterhalten. Nunmehr tritt die Erhöhung des Rrankengeldes a ll­ gemein von 50 o/o aus 60 °/g des Grundlohnes ein. VII. Versammlungen, Feierlichkeiten und Festlich­ keiten, Ausstellungen, Sehenswürdigkeiten. »i s.-Januar tagte hier die Landeskonferenz des O b e r ­ r h e i n i s c h e n Z ü n g l i n g s b u n d e s. Zunächst erstat­ teten die Pfarrer Diemer-Nöttingen und Herrmauii-lVilfer- dingen Berichte über ihre Fahrten m it Liebesgaben an die IVest- front. Hierauf wurden Berichte über die Soldatenheime in der Heimat erstattet und zwar über das Heim in Mannheim, das in Rastatt, das in Offenbnrg und das in Pforzheim. Trenkel-Rarls- rnhe machte Mitteilungen über das hiesige Soldatenheim. Hiernach ist das Heim anfgeblüht, als Plakate zum Besuche einluden. Für die Soldaten wurden Lichtbildervorträge und Bibelstnnden ver­ anstaltet. Die Zusammenkünfte finden in den Räumen des Christ­ lichen Rereins junger Männer statt. Nach den Berichten wurden geschäftliche Angelegenheiten erledigt. Am 7. Januar hielt der Süd d e u t s c h e M ü l l e r b u n d hier eine Landesversammlung für das Großherzogtum Baden ab. Der Borsitzende, Aunstiiiühlenbesitzer Deetken Mosbach betonte, die Notwendigkeit einer besseren und lückenlosen Organisation des Müllergewerbes. Darauf hielt Landtagsabgeordneter M iller-Stutt­ gart einen portrag über „Das Müllergewerbe vor, während und nach dem Ariege". E r schilderte die von Ja h r zu Jahr bedräng­ ter« Lage der M itte l- und Rleinmühleu und zeigte Mittel und IVege an, wie die Verhältnisse gebessert werden könnten. Eine lebhafte Besprechung folgte dem portrage. Am 3. Februar fand hier die 23. ordentliche Vollversammlung 1. Versammlungen. - 297 - -cs Direktoriums -cs Verbandes S ü d w e st d e u t s ch e r I n d u ­ st r i e l l er statt, die durch Hinzuziehung von weiteren Sachverständigen ans den Mitgliederkreiscn des Verbandes erweitert worden war. An den Verhandlungen nahmen teil der Minister des Innern, Freiherr von Bodman, verschiedene Beamte als Vertreter des Finanzmini­ steriums, mehrere aus dem Ministerium des Innern, ferner der Vorstand der Kriegsamtsstelle Karlsruhe, M a jo r Stahmer, und andere Offiziere dieser Stelle, sowie solche der Ariegsamts Neben­ stelle Mannheim, außerdem Professor B r. M ilm anns als Vertreter des Landesausschusses der Kriegsbeschädigtenfürsorge und I n ­ genieur Bncerius vom Landesgewerbeamt. Nach einem einleitenden Berichte des Verbandssyndikus Br. Mieck, in dem derselbe auch Vorschläge zwecks besserer Ausnutzung des Laderaums der Güter­ wagen machte und die Frage der Rohstoffversorgung der südwest­ deutschen Industrie behandelte, sprachen Vertreter der einzelnen südwestdeutschen Industriezweige zum Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst. kV. Stiegeler berichtete über Kohlenversorgung und -Verteilung im südwestdeutschen Mirtschaftsgebiete unter Berücksichti­ gung der gegenwärtigen Verhältnisse. B r. Meber-Mannheim erstattete Bericht über die „Entlastung der Eisenbahnen durch bessere Heranziehung der Masserstraßen". Stabsarzt HN'ofessor Br. Milmanus behandelte die Beschäftigung der 'Kriegsbeschädigten in der Industrie. Nachdem noch B r. Schneider vom Ministerium des Innern und M a jor Stahmer das M ort zu längeren Ausfüh­ rungen ergriffen hatten, wurde die Versammlung geschlossen. Am 6. März fand die 26. Vollversammlung statt, zu der ebenfalls Vertreter der Regierung und der Kriegsstellen erschienen waren. Br. Mieck berichtete über die Vermeidung unnötiger Transporte auf den Eisenbahnen. Hierauf wurde die Frage der Steigerung der Ausnützung der Masserkräfteanlagen erörtert. Meiter wurde die Errichtung von Lehrbetrieben für die Industriearbeiter ver­ handelt. Direktor B r. Döderlein, in F irm a Maschinenbau-Gesell­ schaft Karlsruhe, erstattete hierzu einen Bericht. Nach eingehender Aussprache beschloß die Versammlung, die Errichtung zunächst eines solchen Lehrbetriebes in die Mege zu leiten. Am 2ö. Februar hielt der K a r l s r u h e r T u r n g a u unter dem Vorsitz von Kanzleirat Schmidt-Karlsruhe hier einen Gau- 2Y8- - turntag ab. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehme», daß der Gau 28 Vereine zählt m it einer Gesamtzahl über s4 Jahre alter Vereinsangehöriger von 455s. Erwachsene von s? und mehr Jahren zählt der Gau 3fl70, Zugendturner unter s7 fahren 54s. Zum Heeresdienst wurden 3s0-s eingezogen. Turnerinnen zählte der Gau 357. Geturnt wurde noch in s2 Vereinen. Bei den Beratungen wurde die inhaltliche Ausgestaltung des Kreisblattes erörtert und über die Regelung der rückständigen Gausteuer Be­ schluß gefaßt. Da durch den Krieg viele Vereine nicht in der Lage waren, die Beiträge zu entrichten, so sollen für s9s4 und s9s5 die rückständigen Steuern für die Kreiskasse, sowie die Unfall- und Haftpflichtversicherung aus der Gaukasse bestritten werden. Der letzte Punkt der Tagesordnung betraf die Stellung des Gaues zur Zugendwehr. Nach reger Aussprache wurde beschlossen, daß die einzelnen Gauvereine, in denen es möglich sei, Zugendwehr­ abteilungen bilden sollen. Am 4 . März wurde hier die erste Mitgliederversammlung des Badischen Verbandes der w e b - , w i r k - u n d S t r i c k w a r e n - geschäf te abgehalten. Hoflieferant Louis Vier-Karlsruhe begrüßte als Vorsitzender die Erschienenen. E r legte die Entwicklung des Verbandes dar, der trotz seines kurzen Bestehens bereits 260 badische Firmen in sich vereinige, und betonte die große Wichtigkeit des Zusammenschlusses der Webwarengeschäfte. Adolf Stein begrüßte in seiner Eigenschaft als Mitglied der Handelskammer die Grün­ dung des Verbands und erklärte, daß auch die Handelskammer seinen Bestrebungen durchaus wohlwollend gegeuüberstehe. Sodann erstattete Syndikus v r . Krienen einen eingehenden Bericht über den Einfluß des 'Krieges auf die web-, w irk - und Strickwaren­ geschäfte. E r schilderte die Einwirkungen der zahlreichen Gesetze und Verordnungen auf die Textilgeschäfte, namentlich die geschäft­ lichen und wirtschaftlichen Folgen der nach seiner Ansicht undurch­ führbaren Preisbeschränknngsverordnung. Sodann betonte er die im allgemeinen Znteresse notwendige Zulassung einer Durchschnitts- berechnnng. E r wies auf die große Bedeutung eines kürzlich ergangenen Gerichtsurteils hin, das im Gegensatz zur Vorentschei­ dung, die eine Durchschnittsberechnnng als unstatthaft verworfen hatte, sich der Beweisführung der für die Durchschnittspreise ein­ - 2YY tretenden Verteidigung auschloß, das augesochtene Urteil aufhob und zur abermaligen Verhandlung an die Vorinstanz zurückwies. Max Nnopf hob die große Bedeutung des Mittelstandes hervor, sowie das unbedingte Erfordernis einheitlicher Zusammenarbeit des gesamten Detailhandels. E r wies aus die kürzlich erhobene Forderung hin, eine Zentralstelle aller Detaillistenverbände zu gründen. Die Versammlung beschloß, an der Verwirklichung dieses Vorschlags mitzuarbeiten. Eie billigte die vom Vorsitzenden ein- geleiteten Schritte zur Vertretung der Nleinhandelsinteressen in bezug auf das Hilfsdienstgesetz. Ferner sprach sie sich dahin ans, daß für die im Dezember HHö beschlagnahmten Meb-, Trikot-, N)irk und Strickgarne eine angemessene Preisberechnung angebracht sei, und beschloß, zu deren Herbeiführung geeigneten Ortes vor­ stellig zu werden. Am lH. Marz fand hier unter dem Vorsitze des Prälaten 1). Schmitthenner die Jahresversammlung des B a d i s c h e n L a u d e s v e r e i n s f ü r I n n e r e M i s s i o n statt. Die Morgen­ andacht wurde von Pfarrer Maas-Pforzheim gehalten. Dann erstattete der Geistliche der Stadtmission, Pfarrer Steinmann, den Jahresbericht. Es geht daraus hervor, daß der Landesverein bei dem Versand von Schriften an die im Felde stehenden Truppen, bei dem Lehrgänge zur Einführung in die Arbeit des Heimat­ dankes durch Ariegsvorträge, durch Erziehungsarbeit und anderes eine vielseitige Tätigkeit entfaltet hat. I m Anschluß daran ge­ dachte Prälat Schmitthenner der im Felde gefallenen Vorstands- uud Aufsichtsratsmitglieder, sowie der sieben Zöglinge des Schwar- zacher Hofes, die den Tod für das Vaterland gefallen sind. So­ dann berichtete Pfarrer Steinmann über „Neue bvege zur Be­ kämpfung der Nnsittlichkeit" und teilte mit, daß ein „Bund für deutsche Familien- und Volkskraft" m it interkonfessionellem Cha­ rakter in der Bildung begriffen sei. Neben demselben sollten aber die evangelischen Organisationen nicht vernachlässigt, vielmehr zum Aampf gegen die Nnsittlichkeit weiter ausgebildet werden. I n der Aussprache über diesen Vortrag begrüßte Präsident I) . Nibel die Versammlung im Namen der oberen Airchenbehörde. Insbeson­ dere dankte er für den M Ilen , an der Bekämpfung der Nnsitt­ lichkeit mitzuwirkeu. Pfarrer Steinmann erstattete sodann einen — 3 0 0 — Bericht über die Fürsorge für notleidende Stadtkinder während der Kriegszeit durch Unterbringung auf dein Lande, I m nächsten Frühjahr und im Sommer sollen auch Stadtkinder ans dem Mittelstände ans dem Lande untergebracht werden. Bei dieser ganzen Fürsorgetätigkeit hätten hauptsächlich die Pfarrer, die Lehrer und die M itarbeiter der Inneren Mission mitznwirken. A ls M itte l­ punkt der Tätigkeit käme die Zentrale für evangelische Zugend­ hilfe in Betracht. Zu ^erwägen sei die Frage, ob man nicht auch für die Kinder wohlhabender Familien gegen Bezahlung Land­ aufenthalte vermitteln solle. I m Anschlüsse an die allgemeine Versammlung fand die geschäftliche Hauptversammlung statt, in der die Rechnungen und der Voranschlag erledigt und die Vor­ standswahlen vorgenommen wurden. Am Bachmittag hielt P ro­ fessor V. Hilbert aus Rostock einen öffentlichen Vortrag über „Die religiöse Erneuerung Deutschlands und die Innere Mission" und am Abend hielt Pfarrer Steinmann einen Lichtbildervortrag über „Das Kriegsleben unserer badischen Truppen". Ende M ärz fand wegen E r r i c h t u n g e i n e r A i i t t e l ­ st and skasse im Ministerium des Innern eine Besprechung statt, an der sich die Vertreter der Kreisausschüsse, der Gewerbe- und Handwerkervereinigungen und anderer an der Gründung inter­ essierter verbände beteiligten. Am 3 s. März wurde die K r e i s v c r s a m m l u n g des Kreises Karlsruhe abgehalten. Der Kreishauptmann v r . Seidenadel eröffnete die Tagung m it einer Ansprache. Zum Vorsitzenden wurde Oberbürgermeister Siegrist, zu seinem Stellvertreter Oberbürger­ meister Habermehl-Psorzheim und zu Sekretären Stadtrat Weber- Psorzheim, der HO Jahre der Versammlung angehört, und Bürger­ meister Herbst-Hochstetten gewählt. Der Vorsitzende des Kreisaus- schnsses, Stadtrat Wilhelm Frey von hier, erstattete einen Be­ richt über die Tätigkeit des Ausschusses im Jahre O s 6. Tine Vermehrung des Vermögens von sössOHs Alk. war möglich. Die gleiche Umlage mit s8 ps. wie im Vorjahre wurde festgesetzt. Die Anträge, die Zah l der Mitglieder des Kreisausschnsses von 8 aus sO zu erhöhen, und dem Verein „Badischer Heimatdank" m it 5000 Alk. beizutreten, wurden einstimmig angenommen. Ts folgten dann Berichte über das Wegewesen und über die Kreis­ — 50 ( — pflegeanstalt Hub, über die Erziehung der Armenkinder, über Bei­ hilfen zn operativen Kuren und Heilstättenbehandlung, über Ber- pslegnng armer Angenkranker und nicht vollsinniger und krüppel- hafter Kinder, sowie über die Förderung des Krankenpflegewesens in den Landgemeinden. Weiter erfolgten Berichte über die Tätig ­ keit der Kreisfürsorgeschwester (Fräulein Käthe Krausmann), über den Kreiswanderlehrer (K arl Geiß), über die Förderung der Bich­ zucht aus Kreismitteln. Bei dem letzten Punkte entspann sich eine kurze Debatte, bei der insbesondere auf die Schwierigkeit der E r ­ nährung der städtischen Bevölkerung hingewiesen wurde. M an empfahl die Errichtung von Sammelstellen in den Dörfern. Bürger­ meister B r. Porstmann wies auf die bestehenden Schwierigkeiten in der Akilchversorgung hin. Gewarnt wurde auch, neues Ge­ müse an die Konservenfabriken abzugebcn. Nach Schluß der Aus­ sprache wurde die Berichterstattung fortgesetzt. Es folgten nun­ mehr Berichte über Mbstbaumzucht, über Bersicherung gegen Hagel­ schaden, über Förderung des Paushaltungsunterrichts, über Förde­ rung des Handwerks. Die für die einzelnen Ansätze angeforderten Summen, sowie die Rechnungsergebnisse des Jahres (9(6 und der Boranschlag für (9(7 wurden genehmigt. Über Errichtung einer Akittelstandshilsskaffe lag folgender Antrag vor: Die Kreis­ versammlung wolle zur Ausstattung einer an die Kreiskasse anzu- gliedernden Akittelstandshilsskaffe 87 6 (^ Akk. und aus den Rück­ lagen des Kreises 50 000 Akk. zur Verfügung stellen. Ferner sollen im Wege einer Kreisanleihe weitere Akittel bis höchstens 500 000 Akk. beschafft werden. Der Antrag fand einstimmige Annahme. Nach Erledigung verschiedener Rechnungsbescheidungen wurde Bürgermeister Herbst zum Kreisvertreter (Bürgermeister Neck- Eggenstein zu seinem Stellvertreter) in den Ausschuß des B ad i­ schen Biehversicherungsverbandes gewählt und sodann die Ver­ sammlung geschlossen. Der Verband evangelischer F r a u e n v e r e i n i g u n g e n f ü r I n n e r e M i s s i o n in Baden hielt hier im A p ril seine Jahres­ versammlung ab. Aus dem Hauptbericht ist zu entnehmen, daß der im Sommer (9(6 gegründete Verband ungefähr 6000 M i t ­ glieder zählt. Der von dem verbände bei dem Gberkirchcnrat an­ geregte Frauensonntag wurde in fast allen evangelischen Gemeinden — ö02 — abgehalten. Z n den Städten schlossen sich an die Behandlung des Them as: „D ie Frau und der K rieg " in Gottesdienst und Christen­ lehre noch Frauenversammlungen an. Die Einrichtung von Arbei- terinnenheiinen ist geplant, Z n Karlsruhe und Dnrlach wurden gemeinsam m it dem angeschlosseiien „Verein der Freundinnen junger Mädchen" Tagesheime fü r Munitionsarbeiterinnen errichtet. Der verband w ill, wie aus dem Bericht des weiteren hervorgeht, sich auch der Mädchen fürsorglich annehmen, die auf M ilitä rb ü ro s und in den Kasernen beschäftigt sind. C r bemüht sich, zur M ite r­ bringung notleidender Stadtkinder auf dem Lande geeignete F am i­ lien zu gewinnen und deren Adressen der Zentrale fü r Evange­ lische Zugendhilfe weiterzugeben. A m f f . A p r il fand hier die alljährliche Gsterkonferenz der B a s l e r M i s s i o n statt. Direktor Dipper aus Basel sprach dabei über die gegenwärtige Lage der Basler Mission und teilte unter ändern, m it, daß in Kamerun die Missiousarbeit weiter gehe, unterstützt durch die P farre r und die treugebliebenen E in - geborenengehilfen. Der Redner befaßte sich dann weiter m it der Tätigkeit der Missionen in der Heimat, ihrer Arbeit in den ver­ schiedenen Soldatenheimen. Nach dem vortrage machten ver­ schiedene Missionare M itteilungen über ihre Erfahrungen in eng­ lischer und französischer Gefangenschaft. A u f den 22. A p r il hatte der Karlsruher Turugau eine T u r n w a r t v e r s a m m l u n g hierher eiuberufen, die von fO T u rn ­ vereinen, welche Zugendabteilungen besitzen, beschickt war. Die Versammlung galt der Besprechung der im Zum und Z u li zum Austrag kommenden Zugendwehr - Wettkämpfe in Baden. Die Übungen wurden erläutert, die für die Wettkämpfe maßgebenden Vorschriften besprochen und auf die Beteiligung aller Zungmann- schaften hingewiesen. Hauptmann Burger, Vertreter des B a d i­ schen Zugendwehrausschusses, erklärte sich bereit, die vorgeschrie- beuen, monatlich einmal unter militärischer Leitung abzuhaltende Zugendwehrübung auch fü r die Zungmauuschaften der T u rn ­ vereine der Amtsbezirke D urlach, Ettlingen und Karlsruhe zu übernehmen. Nach der Besprechung wurden die Übungen für die Wettkämpfe von Turnwarten und Zungmanuen dnrchgeturnt. — öos — Am s. Am i wurde hier unter zahlreicher Beteiligung im großen Saale des evangelischen Bereinshauscs ein L e h r g a n g des Badischen Landesvereius fü r Innere Mission zur E i n f ü h r u n g i n d i e J u g e n d f ü r s o r g e eröffnet. Inspektor Zeller-Bcuggen sprach über „D a s Recht des Rindes auf Erziehung", Zugend- pfarrer Müterich-Stuttgart berichtete über den „E in flu ß des Rriegcs auf die Erziehung der Jugend uud die Aufgaben, die uns daraus erwachsen". Aber beide Borträge fand eine Aussprache statt, worauf eine Mittagspause eintrat. A m Nachmittag sprach P ro ­ fessor B r. B runner-Berlin über „D ie Ursachen sittlicher Gefähr­ dung und Berwahrlosung und ihre Bekämpfung". Privatdozent B r. homburger-Heidelberg behandelte die Frage der sozial-psycho­ logischen Probleme der jugendlichen Berwahrlosung. Seinen A u s ­ führungen lagen folgende Thesen zugrunde: „Die sozial-psychologische Auffassung der jugendlichen Verwahrlosung gründet sich ans eine klare Trennung der in den Verhältnissen der Umwelt und den Besonderheiten der Anlage des Kindes gelegenen Ursachen. Leides, Umwelt und Anlage, sind in jedem Falle möglichst eingehend klarzulegen; erstere durch Aufklärung der Lebensverhältnisse und einzelnen äußeren Einwirkungen, letztere durch fachmännische psychiatrische Bearbeitung. Zweckmäßige Maßnahmen können nur dann ergriffen werden, wenn Behörde», Schule, Kirche und Arzt gleich vorurteilsfrei die Feststellungen ihren Entschließungen zugrunde legen. Dazu gehört soziales Verständnis, Schulung in der Beurteilung sozial wirksamer Faktoren, Menschenkenntnis und Lebenserfahrung neben einem sachlichen Wissen in sozialen und psycho­ logischen Fragen." Auch über diese Borträge fand eine Aussprache statt. — A m Borm ittag des 2. M a i sprach Stadtrechtsrat Neukum von hier über Bormundschaftswesen und Gemeindewaisenrat, besonders über die Rechte und Pflichten des Bormundes und Pflegers, über die Stellung zum unehelichen Rinde und dessen M u tte r und über die Berufsvormundschaft. E r teilte u. a. m it, daß die E rfa h ­ rungen, die m it der Berufsvormuudschaft in Rarlsruhe gemacht worden wären, gut gewesen seien. Anstaltsdirektor R ölb lin -F re i- burg sprach über „Strafgesetzgebung und Jugendfürsorge". Frau Rechtsanwalt B r. M athcis-R arlsruhe berichtete über die „Zugend- gerichtshilfe und ihre Organisation in Baden". A m Nachmittag sprach Bürgermeister B r. von hollander-M annheim über „D as Mesen und die Aufgaben der Zwangserziehung". P farre r Roggen­ — 3»-s — burger-Pforzheim hielt einen Vortrag über „Kirche nnd Jugend­ fürsorge". L s folgten wieder längere Aussprachen. — Am 3. B la i sprach Fräulein von Dungeini-Freiburg über „Die Ans gaben nnd Bedeutung der nachgehenden Fürsorge und Schutz­ aufsicht". Professor Imgraben Karlsruhe besprach die „Bäädchen- sürsorgs im Badischen Frauenverein". Frau Dekan Gdcnwald- Rohrbach berichtete über „D ie Fürsorge für uneheliche Kinder" nnd Frau I . Hirschland-Heidclberg über „Die Berufsberatung der Frauen nnd Bändchen". Hierauf trat die Bäittagspause ein. Ani Nachmittag behandelte Tharitassekretär Eckert Freiburg die Frage „Anstalt-- und Familienerziehung". Pfarrer Steinmann-Durlach sprach über die evangelischen Erziehungsanstalten in Baden. Freiin von Schönau über die katholischen und Vorstand Zimmer- mann-Flehingen über die paritätischen. Bäit diesem Bortrage war die Tagesordnung erschöpft. B lit Ivorten des Dankes an die Redner, Rednerinnen und Teilnehmer schloß Prälat v . Schmitthenner, der Leiter der Veranstaltung, die Versammlung. Großherzogin Luise hatte dem größten Teil der Beratungen angewohnt. Am s2. Bäai fand hier eine Sitzung des Geschäftsführenden Ausschusses des V e r b a n d e s s ü d w e st d e u t s ch e r I n d u ­ s t r i e l l e r statt. Erneut wurde über Fragen der Übergangswirt­ schaft und insbesondere die Rohstoffversorgung der südwestdeutschen Industrie nach Friedensschluß verhandelt. Meckere Beratungs­ gegenstände bildeten: „Die Durchführung des Gesetzes über den vaterländischen Hilfsdienst und Feststellungsausschüsse" und „die Errichtung von Lehrbetrieben für Industriearbeiter und ähnliche Bnternehmnngen". Direktor v r . Schulze und Syndikus v r . Bcieck berichteten über „Heereslieferungen und die Berücksichtigung der Industrien der einzelnen Bundesstaaten bei der Auftragsvermeh­ rung". Ferner berichtete I)r . Bueck über „Die Notwendigkeit der Förderung der kriegs- und übergangswirtschastlichen Aufgaben der westdeutschen Binnenschiffahrt". Am 22. B la i fand hier die 22. Generalversammlung des B a d i s c h e n Bc o l k e r e i v e r b a n d e s statt. Genossenschaften waren vertreten. Verbandspräsident Sänger-Diersheim begrüßte die Anwesenden, insbesondere auch die Vertreter des Bunisteriums des Innern, der Landessettstelle, des Landespreisamtes, des Stadt­ — 5 0 3 — rates Karlsruhe, der Landwirtschaftskammer und der Presse. Generalsekretär Schnepf erstattete den Jahresbericht. E r wies ans die Dlängcl der DKlch- und Butterversorgung der Städte hin. Eine wesentliche Besserung sei durch das am 20. November sstsS in K ra ft getretene Dmlegungsverfahren und die damit verbundene Preiserhöhung eingetreten. Der DKtgliederbestand des Verbandes betrug am 3s. Dezember sstsS s02 Dkolkerei- und Dolchabsatz­ genossenschaften, 3 Dolchproduzentenvereinigungen, s3 P riva t­ molkereien und l? landwirtschaftliche Genossenschaften, die den DIilchabsatz im Nebenbetrieb durchführen, im ganzen s37 Ver­ bandsmitglieder mit st300 Einzelmitgliedern. Das Ja h r zeigt einen weiteren Rückgang der angelieferten Dolch mit 5 389000 Liter. Im ganzen wurden von der Genossenschaft s3H50 000 Liter Dolch genossenschaftlich verwertet. I n einem längeren Vortrage schilderte Generalsekretär Schnepf die Dolch- und Buttererzeugung in Baden und betonte die ^Dichtigkeit der behördlichen Verordnungen. Anschließend an seine Ausführungen beleuchtete Bürgermeister Vr. Horstmann die Dolchversorgung der Stadt Karlsruhe. E r teilte folgendes m it: Zu Friedenszeiten wurden täglich 77 000 Liter Dolch »ach Karlsruhe geliefert. B is zum Herbst l 9 l 6 waren es nur noch knapp 20 000 Liter. Nach der Verordnung vom No­ vember l 9 l 6 stieg dann die Zufuhr bis 35 000 Liter. Sie ist aber abermals zurückgegangcn und zwar unter 30 000 Liter. — Am 25. Don hielt die Zentralkasse der B a d i s c h e n l a n d ­ w i r t s c h a f t l i c h e n E i n - u n d V e r k a u f s ge n o s s e n s ch a f - t en ihre s8. Generalversammlung ab. Der Gesamtumsatz ist gegen das Vorjahr um mehr als das Dreifache gestiegen. E r betrug 285600000 DK. gegen 7 5 -s O O O O O D K. Bei der H. und 5. Kriegs­ anleihe beteiligte sich die Kasse mit 2 250 000 D K ., darunter 6lOOOO DK. eigene Zeichnungen. Die Bilanz enthält 5880783 D K. auf beiden Seiten, der Reingewinn beträgt H5 780 DK. Die Zahl der Dotglieder betrug 5H5 Genossenschaften und 2 E in ­ zelpersonen mit zusammen l9^2 Geschäftsanteilen und einer Haft­ summe von s 982 000 DK. — An diese Versammlung schloß sich unmittelbar der 5H. Verbandstag b a d i s c he r l a n d w i r t ­ s c ha f t l i c h e r V e r e i n i g u n g e n an. Namens der Regierung begrüßte Geh. Vberregierungsrat Flad die Versammlung, namens ro — 306 — der Stadt Rarlsruhe Stadtrat Gstertag. Am 3 s. Dezember l9s6 umfaßte der verband, wie dem Jahresbericht zu entnehmen ist, 903 Verbandsvereine m it über 85 000 Einzclmitgliedern. Die Reserven der Verbandsvereine betrugen s 689 077 Alk. gegen­ über s60s5s9 VIk. Lude s9i^- Vach dem Berichte folgte die Besprechung der von den Vereinen gestellten Anträge und Anregungen. Dann legte Mkonomierat Richm die Iahresrechnung vor. Die Aktiven und passiven betrugen je 66^085 Alk., der Reingewinn s69 s82 Alk. Generalsekretär Schnepf berichtete über die 2lnstellung von Rriegsinvaliden und über die Errichtung von Lagern. Das Genossenschaftswesen könne zahlreiche Rriegsinvaliden unterbringen, so als Rechner und Lagerhalter. E in neues Tätig­ keitsgebiet hätten die Rriegsinvaliden, wenn sie den verkauf von Landesprodukten besorgten. I n seinem Schlußwort inahnte Mko­ nomierat Sänger daran, daß uns noch schwere Alonate bevor­ ständen, und daß sich die Bevölkerung Einschränkungen gefallen lassen müßte. Die militärische Lage sei gut, unsere Aussichten in der Heimat ebenfalls. Unser größter Feind, England, müsse sich jetzt auch m it dein Hungerriemen bekannt machen. Die Landwirt­ schaft werde aber zum Durchhalten für unser Volk und unser Vaterland alles tun. Am 23. A la i trat hier der Badische Landesausschuß für S ä u g l i n g s fü rso r ge zu seiner 6. Landesversammlung zusam­ men. Erschienen waren die Großherzoginnen Hilda und Luise, ferner Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden, zahlreiche Alitglieder des Frauenvereins, im besonderen die in der Säuglings­ fürsorge tätigen Herren und Damen. Geh. Aledizinalrat Or. Hauser teilte in dem Rechenschaftsbericht des Geschäftsausschusses für die Jahre t 9l ^ / s6 u. a. mit, daß die Ausbildung von Fürsorge- schwestern eine wesentliche Steigerung erfahren habe. I m letzten Jahre habe sich ein verband von badischen Fürsorgeschwestern zusammengefunden. Die Sterblichkeit der Rinder in der Stadt halte etwa gleichen Schritt mit der Rindersterblichkeit auf dem Lande. Es habe sich aber ergeben, daß die Rindersterblichkeit nach.Einsetzen der Fürsorge wesentlich heruntergegangen sei. I n längeren Ausführungen verbreitete sich sodann Professor Or. Aloro- Heidelberg über das System der Rleinkinderfürsorge.^ E in beson- — 307 — ders wichtiger Punkt sei der Unterricht für Gesundheitspflege des Rindes in der Schule. Der Redner schlug auch die Errichtung eines Zentralamtes der gesainten Rleinkinderfürsorge vor. Hierauf wachte Professor Dr. Nöggerath - Freiburg Vorschläge für die Rleinkinderfürsorge in Baden. E r bewies an Hand der Tabellen, daß die Ernährung der Rinder von 2 Jahren durchaus genügend, diejenige der dreijährigen Rinder ausreichend und die der älteren, auch der Schulkinder knapp sei und nur von gesunden Rindern ertragen werden könne, während schwächliche und kranke Rinder darunter zu leiden hätten. Rin die Gesundheit der Rinder zu stärken, sei ihre Unterbringung auf dein Lande zu begrüßen, aber es wäre besser, die Rinder in einer A r t Dorfkolonie statt in den Familien unterzubringen. Auch dieser Redner wünschte die Errich­ tung einer Zentralstelle, an deren Spitze ein erfahrener Rinderarzt stehen solle. Am 2R U la i tagte hier der 5. Rongreß für S ä u g l i n g s ­ schutz. E r war nicht nur aus Baden, sondern aus den ver­ schiedensten Teilen Deutschlands sehr gut besucht. Der Vorsitzende, Rabinettsrat von Behr-Pinnow eröffnete den Rongreß und über­ brachte die Grüße der Raiserin. E r dankte der Großherzogin Hilda und der Großherzogin Luise für ihr reges Interesse und betonte, daß der Rongreß nach besten Rräften die Arbeit zur E in ­ dämmung des Geburtenrückganges und für die Erhaltung des Sänglingslebens zu fördern bestrebt sei. Großherzogiu Luise sprach hierauf ihren Dank für die an sie gerichteten Begrüßungsworte und erwiderte die Grüße der Raiserin. Sodann übermittelte Geh. Rat Dr. Bumm als Vertreter des Reichsgesundheitsamtes und der Reichsverwaltung dem Rongreß die Grüße dieser Amtsstellen, weitere Begrüßungsworte brachten Vertreter der Regierung, der Stadt Rarlsruhe und des Badischen Frauenvereins. Dann wurde in die Verhandlungen eingetreten. Dr. meä. A lfons Fischer von hier sprach über „die sozialhygienischen Wirkungen der Reichs- wochenhilse". Durch diese Hilfe werde bezweckt, daß sich die in schwerer Tagesarbeit stehende junge Ukutter vor und nach der Geburt die nötige Ruhe gönnen könne. Der Redner bewies an einer Statistik, daß sich eine außerordentlich hohe Anzahl gestillter Rinder durch die Wochenhilfe ergeben habe und daß die Sterb- 2 0 * — 308 — lichkeit der Frauen und Kinder besonders im ^sahre sfisä eine verminderte gewesen wäre. Sodann erörterte Oberarzt I>i. Rolt- Berlin das Thema über „die Gestaltung der Aoitterschaflsversiche- rung nach dem Kriege". An die Ausführungen beider Redner schloß sich eine Aussprache. Nach derselben hielt Nr. Groth- Alünchen einen Vortrag über „Lehrplan und 2lnsbildungsgang der Kriegsfürsorgerinnen". Fräulein bvilhelmine Schubert-AKinchen verbreitete sich über die Anforderungen der Praxis an die Kriegs- fürsorgerinne». Auch an diese Vorträge schloß sich eine rege Aussprache, nach deren Beendigung der Kongreß geschlossen wurde. Am 25. A la i tagte hier die 5. K r i p p e n - K o n f e r e n z. bvieder erschienen Großherzogiu Hilda und Großherzogin Luise und die in dem oben erwähnten Kongreß genannten Vertreter. Hofrat Akaier ans Ao'inchen, der Vorsitzende des deutsche» Krippen- verbandcs, leitete die Beratungen. T r wies in seinen Begrüßungs­ worten darauf hin, wie gerade Laden in der sozialen Fürsorge unter der Schutzherrschaft des Großherzoglichen Hauses vorbild­ liches leiste. Sodann sprach Kommerzienrat T . Aebelen Hannover über „die Frage der Kinderkrippe". Der Redner wies u. a. darauf h in , daß verschiedene Fabrikleitungen sogenannte S till­ krippen (Fabrikstillstuben) errichtet hätten. Für die dem Säuglings­ alter entwachsenen Kinder schuf man Fabrikkrippen. Solcher zähle man 2H in Deutschland, davon entfielen 7 auf Baden (in Fabriken St. Blasien, waldkirch, Neckarau, Acannheim, Stein i. B., Lör­ rach und Karlsruhe). Privatdozent v r . Hohlfeld-Leipzig behan­ delte die Gefahr der Infektionskrankheiten in der Krippe und legte ihre Bekämpfung dar. Die Fabrikkrippen sollten nicht mehr als 50 bis HO Kinder umfassen; seien mehr Kinder da, so sei die Krippe zu teilen. Tmpfehlenswert sei ein großes Aufnahme­ zimmer, ein Absonderungsraum und eine Verteilung der Kinder auf zwei Stockwerke. Erforderlich sei tägliche Beaufsichtigung durch den Arzt und tägliche Alcssung der Temperatur der Kinder und weiter Verständnis des Pflegepersonals für die Abwehrmaß­ nahinen. Tine Aussprache schloß sich an beide Vorträge, in der noch manche, die Ausführungen der Redner ergänzende Fragen erörtert wurde». Später traten dann die Autglieder des Großen Ausschusses des deutschen Krippenverbandes zu einer — 309 — Ätzung und zur Erledigung interner Angelegenheiten zusammen. Nachmittags folgte eine Besprechung über praktische Fragen aus der Arippenarbeit. Am 30. A la i hielt die E v a n g e l i s c h e A o u f e r e n z , die Organisation der Airchlich-Positiven in Baden, ihre Jahresver­ sammlung hier ab. Stadtpfarrer Würth-Brctten teilte aus dem Jahresbericht u. a. mit, daß die von der Aonferenz herausgegebene Agende mit großer Zustimmung ausgenommen und weit verbreitet worden sei. An den Jahresbericht schloß sich eine lebhafte Aus­ sprache. Pfarrer Herrmann-Mlferdingen berichtete über die Heran­ bildung eines theologischen Nachwuchses und kirchentreucr Beamten. Die Versammlung sprach sich für entschiedene A litarbeit an der in Aussicht genommenen Gründung eines Vereins zur Errichtung eines evangelischen Gymnasiums-Stiftes aus. Am Nachmittag hielt Professor Or. Schlatter in einer größeren Versammlung einen Vortrag über „Das Wirken des heiligen Geistes im Werke der Reformation". Am fO. Zum fand die jährliche Hauptversammlung des B u n d e s e r b l i n d e t e r A r i e g e r , Bezirk Baden, hier statt, es-f Teilnehmer aus allen Teilen des Landes hatten sich eingefun­ den. Die meisten der bis jetzt in Baden befindlichen Ariegsblinden haben, wie mitgeteilt wurde, einen Beruf ergriffen oder befinden sich in der Ausbildung. Die größte Zah l hat sich der Bürsten- und Aorbmacherei zugewendet. 3 völlig Blinde sind in der hie­ sigen Alunitionsfabrik, f auf dem Bekleidungsamt, 2 im kauf­ männischen Büro, f als selbständiger Aaufmann, s als Gold­ arbeiter, f als selbständiger Schreiner und s als Lehrer wieder tätig. Nach der Besprechung erfreuten einige Damen unter Lei­ tung von Fräulein Spitz die Versammlung durch musikalische Vorträge. An Großherzogin Luise wurde ein Huldigungstelegramin abgesandt, worauf der Vorsitzende zur Audienz befohlen wurde. Am s7. Zuni tagte hier der V e r e i n bad i sch- p f ä l z i scher A e i t u n g s v e r l e g e r. Vertreter der Regierung, der Presse­ abteilung des Generalkommandos, des Vereins württembergischer Zeitungsverleger und mehrere Verleger aus Straßburg waren erschienen, von den l38 Mitgliedern des Vereins haben sich sOO eingefunden. Zn den Verhandlungen nahm die Aussprache über — 3sO — die Lage des Papiermarktes, die steigenden Unkosten nnd die sich mehrenden Erschwerungen des Betriebes einen großen Raum ein. Einstimmig wurde beschlossen, den Bezugspreis der Zeitungen abermals zu erhöhen. Um den Vorstand zu entlasten, wurde die Bildung einiger Ausschüsse und die Errichtung einer Geschäftsstelle beschlossen und die zur Deckung der Unkosten nötige Erhöhung der UUtgliederbeiträge genehmigt. Am 25. Zum wurde hier die Gründung eines badische» Landesverbandes der D e u t s c h - S p a n i s c h e n B e r e i n i g u n g beschlossen. Die Versammlung war ans Utannheim, Pforzheim, Freiburg und anderen (Orten besucht. Fabrikant Habermehl legte die Ziele der Vereinigung dar. Sie gehen dahin, beide Völker einander näher zu bringen und ihnen Gelegenheit zu geben, sich gegenseitig kennen zu lernen in ihrer Geschichte, in ihrer Kunst, in ihrer Kultur, und weiler auch in merkantiler Beziehung den beiden Völkern Vorteile zu verschaffe». Zu Baden haben sich, wie mitgeteilt wurde, bereits in 3s (Orten Uutglieder der Vereini­ gung angeschlossen, die zum Teil in (Ortsgruppen verbunden sind. Nach einer Aussprache wurde die Gründung des Landesverbandes beschlossen, zum Vorort Pforzheim bestimmt, als erster Vorsitzender Fabrikant Habermehl von Pforzheim, zum zweiten Rudolf Ratz, der Vorsitzende der Karlsruher (Ortsgruppe, und zum Kassier Exporteur Eislinger von Pforzheim gewählt. Am ch Z u li fand hier die ordentliche Rkitgliederversammlung des B a d i s c h e n V i e h h ä n d l e r v e r b a n d e s statt. Erschienen waren 75 RKtglieder. veterinärrat Ru'iller, der zweite Vorsitzende, erstattete den Zahresbericht. Danach umfaßt der Verband als RKtglieder ssyS Händler, s525 RIetzger, sO landwirtschaftliche (Organisationen und Viehverwertungs-Genossenschaften, s2 aus­ wärtige Händler. Die Tätigkeit des Verbandes erstreckte sich in der Hauptsache auf die Überwachung des Handelsverkehrs mit Vieh zum Zwecke der Fernhaltung aller zur Ausübung des Be­ rufes nicht geeigneter und unzuverlässiger Personen und auf die Kontrolle der einzelnen von den Rutgliedern beschäftigten Vieh­ handelsgeschäfte. Die Auskunftertcilung an die Rlitgliedcr nnd an die Behörden nahm dabei die Tätigkeit des Vorstandes in großem Umfange in Anspruch. Eine lebhafte Aussprache über 3 P — die bestehenden Forschriften über die Höchstpreise nnd über die Bestimmungen zur Regelung des Verkehrs m it Nutz- und Zucht­ vieh folgte der Erstattung des Berichtes. Nach Vornahme der Wahlen zum Beirate wurde dem Verbandsvorsitzenden, Regie­ rungsrat Fehsenmeier, fü r seine Tätigkeit der Dank der Versamm­ lung ausgesprochen. A m P . J u l i hielt der B a d i s c h e G a st w i r t s v e r b a n d seine Hauptversammlung hier ab. Der Präsident des Verbandes, Herr Fecht, gedachte in seiner Begrüßungsansprache der großen Opfer und Heldentaten unserer Aäm pfer in Heer und M arine , besonders der auf dem Felde der Ehre gefallenen, ebenso der im letzten Jahre durch den Tod abberufenen M itg lieder. Am tm ann V r. Rebstein begrüßte die Versammlung namens der Regierung, Stadtrat M ö lo th namens der Stadtverwaltung. Herr Fecht er­ stattete den Jahresbericht. E r wies dabei auf die vermehrten Schwierigkeiten hin, m it denen das Gastwirtsgewerbe im dritten Ariegsjahre zu kämpfen gehabt habe. E s folgte der Bericht über das Verbandsorgan „Badischer G astw irt" und der Kassenbericht. Lebhafte Aussprache schloß sich an die Berichte über die Lebens­ mittelversorgung, die B ie r- und weinfrage. Z n einer einstimmig gefaßten Entschließung wurde gefordert, daß fü r die Aartoffeln ein Höchstpreis festgesetzt, der Handel aber freigegeben und jedem die Möglichkeit gewahrt werden sollte, auf G rund seines Bezug­ scheines sich selbst zu versorgen. Z n einer Eingabe an das M in i ­ sterium wurden M itte l und Wege bezeichnet, wie den ungerecht­ fertigten Preistreibereien fü r weine vorgebeugt werden könne. Ebenso .wurde die Regierung gebeten, fü r eine ausgiebige Versorgung des Gastwirtsgewerbes m it Aohlen Maßnahmen zu treffen. Nach einem ausführlichen Berichte wurde der Antrag aus sofortige Gründung einer Einkaufsgenossenschaft der Gastwirte Badens ein­ stimmig genehmigt. M i t einem Hoch des Verbandsvorsitzenden ans Heer und M arine , den Aaiser und Großherzog wurde sodann die Tagung geschlossen. — Die Gründung der Einkaufsgenossen­ schaft erfolgte hier am s2. September. Gegen 600 M itg lieder erklärten ihren sofortigen B e itr itt. Die Genossenschaft hat ihren Sitz in Aarlsruhe. Am P . Z u li wurde hier eine neue evangelisch-kirchliche Ver­ — 3s2 — einigung, der A l e l a n ch t h o n - V e r e i n f ü r S c h ü l e r h e i m e , gegründet. Die Heime bezwecken, solche evangelische Schüler, die Neigung und Anlage zum höheren Studium, insbesondere zum theologischen Studium und zum Pfarrerberufe haben, denen aber Gelegenheit und A litte l fehlen, ein Gymnasium zu besuche», wäh­ rend der Schulzeit häuslich aufzuuehmen, soweit möglich, das Elternhaus zu ersetzen und den Besuch der Schule zu erleichtern. Durch freiw illige Beiträge und Stiftungen w ill der Verein die A litte l fü r die Heime aufbringen. F ür Herbst l f f l? ist die E r ­ öffnung eines Heims in Wertheim und eines in Freiburg bereits sicher gestellt. I n der A litte J u l i hier abgehaltencn Hauptversammlung des B a d i s c h e n V e r b a n d e s g e m e i n n ü t z i g e r B a u v e r e i ­ n i g u n g e i l wurde im Anschluß an einen Vortrag eine E n t­ schließung angenommen, die eine wesentlich stärkere Unterstützung der Bauvereinigungen in ihren Bemühungen um Errichtung von Kleinwohnungen durch Staat und Gemeinde verlangt. Die Unter­ stützung solle dadurch erfolgen, daß von Reich, Staat und Gemeinden auf eine Verbilligung der Baukosten hingearbeitet werde, z. L . durch eine Beseitigung aller baupolizeilichen Vorschriften, die das Bauen unnütz verteuern. Ferner sollen die vielfach zu hohen Straßenkosten herabgesetzt, billiges Bauholz aus Staats- und Gemeindewaldungen bereitgestellt, endlich Baugelände unter Bevor­ zugung des Erbbaurechts zu mäßigen Preisen hergegeben werden. Auch könnten Staat und Gemeinde Geschäftsanteile des Badischen Baubundes oder der örtlichen Bauvereinigungen übernehmen und die Vereinigungen durch staatliche und städtische Zuschüsse und Stistungserträgnisse unterstützen. Außerdem beschloß die Versamm­ lung, es sei der E rlaß eines Reichsgesetzes anzustreben, das die rechtliche Stellung des Heimstätteninhabers regelt, die Beschaffung des Geländes durch Enteignung und die A litte l zur Beleihung der Heimstätten erleichtert. A m 22. J u l i hielt der Verein der B ü r e a u - u n d Re c h ­ n u n g s b e a m t e n der badischen Staatsbahncn seine M itg lieder­ versammlung ab. Der Verein betrachtet es als seine Hauptauf­ gabe, eine weitgehende Verbesserung des H ff der Gehaltsordnung herbeizuführen, die Abschaffung der Gehaltsklasse R 2 c für Schreib- — ölo — beamte und eine durchgreifende Verbesserung der Bezahlung der uichtetatmäßigen Gehilfen zu erreichen. Ferner erstrebt der Verein eine einheitlich geregelte Arbeitszeit auf den Bureaus des Aanzlei- n»d Rechuungsdienstes bei den Dienststellen der Alaschinen Elektro­ technischen Wcrkstätte und des Akagazindienstes. Der Vorsitzende wurde ermächtigt, de» Verein bei dem verbände badischer Be­ amten- und Lehrerverciue anznmelden und zu vertreten. Die Ver­ sammlung sandte schließlich Telegramme an Finanzministcr v r . Rheinboldt und Btaatsrat Roth, in denen die Akitglieder erklärten, durch treue Pflichterfüllung mit dazu beitragen zu wollen, daß die jetzige schwere Ariegszeit glücklich überstanden werde. Am 22. J u li hielt der 5 ü d w e st d e u t s ch e G a u v e r ­ b a n d k a t h o l i s c h e r k a u f m ä n n i s c h e r V e r e i n i g u n g e n D e u t s c h l a n d s hier einen Gautag ab. Nach den einleitenden Worten der Begrüßung wurden Gauvorsitzender 5tephan-Akann- heim und Prokurist Aküller-Aarlsruhe zu Vorsitzenden des Gau­ tags bestellt. Die vom verband beantragte Erhebung eines außer­ ordentlichen Ariegsbeitrags von jährlich 4 Akk. zu Unterstützungs- Zwecken des Verbands von den Akitglieder», die nicht ins Feld kommen (2 Akk. für geschäftlich notleidende Akitglieder, s Akk. für Ltelleulosenfürsorge und s Akk. für den Witwen- und W aren­ fonds) wurde nach eingehender Aussprache m it Wirkung vom s. A p ril ssts? beschlossen. Eodann wurde ebenfalls nach aus­ führlicher Besprechung folgende Entschließung einstimmig ange­ nommen: „Die Verbandsleitung solle an zuständiger 5telle, ins­ besondere auch bei den verbänden nahestehenden Abgeordneten des Deutschen Reichstags, dahin wirken, daß mittels einer schnellen und durchgreifenden Neugestaltung des Akannschaftsversorgungs- gesetzes den erwerbsunfähigen Ariegsbeschädigten eine ausreichende Versorgung zuteil w ird." Baßler-Aarlsruhe erstattete einen aus­ führlichen Bericht über das Thema: „Der selbständige kaufmän­ nische Akittelstand und der Arieg." E r betonte, daß der kauf­ männische Akittelstand, während die Landwirtschaft verhältnis­ mäßig gut stehe, unter den zahlreichen Ariegsverordnungen, der Tätigkeit der Aoinmuualverbäude, wie auch unter dem Akangel an Waren schwer gelitten habe. Die Aommunalverbände arbei­ teten teuerer als der freie Handel. Aka» sehne die Zeit zurück, - 3 ^ — wo der Handel die Bevölkerung wieder versorgen könne. Sehr nachteilig sei dem Aleinkaufmannsstand der Mangel einer geschlosse­ nen Organisation, die seine Interessen vertreten könne. M an müsse das Versäumte möglichst bald nachholen. Notwendig sei eine maß­ volle Schutzzoll- und gerechte Steuerpolitik. Es folgt dann ein Bericht über süddeutsche Aanalprojekte. Folgende Entschließung wurde einstimmig angenommen: „Der siidweftdeutsche Gauvorbaud des Verbandes katholischer kaufmänni­ scher Vereinigungen Deutschlands, dein Vertreter aus Baden, der bayerischen Pfalz und Württemberg angehören, erachtet es zur Wahrung der wirtschaft­ lichen Interessen Südwestdeutschlands als unbedingt erforderlich, daß neben dein geplanten Großschisfahrtsweg vom M ain zur Donau auch ein solcher vom Neckar zur Donau erstellt wird und daß Reichsmittel für die beiden Projekte wie auch für die Schiffbarmachung des Vberrheins bis Konstanz in gleichem Ausmaß zur Verfügung gestellt werden." Nach einem kurzen Vortrag über „Die Vereinfachung der Rechtspflege" wurde folgende Entschließung ebenfalls einstimmig angenommen: „Die katholisch-kaufmännischen Vereinigungen von Württemberg, Baden und der bayerische» Pfalz, vcrbnudcn im Südwcstdeutschen Gau des Verbandes katholischer kaufmännischer Vereinigungen Deutschlands, haben mit großen, Interesse Kenntnis genommen von der „Vereinfachung der Rechtspflege", wie sie von der lfandclskammcr in Mannheim in vorbildlicher Weise betätigt w ird; sie richten durch ihre Gauvorstandschaft in Mannheim die Bitte an die vcrbandsleitnng, in zweckentsprechender Weise dahin wirken zu wollen, daß das tatkräftige Vorgehen der Mannheimer ksandelskamnier in weitesten Kreisen Nachfolge finde. Wo immer möglich, soll die Errichtung von Einigungsämtern in die Wege geleitet werden." Am 29 . J u li fand eine Versammlung von Vertretern b a d i s c h e r B e a m t e n - und § ehr er k r e i se zwecks Gründung eines Verbandes hier statt zu wirksamer -Förderung der allen Beamten und Lehrern in Reich, Staat und Gemeinde gemeinsamen Angelegenheiten rechtlicher, wirtschaftlicher und beruflicher Art. Oberlehrer Rödel von Wannheini, sowie Vberrevisor Trautmann und Gberstadtrechnungsrat Weiler von hier hielten die einleitenden Vorträge. Der vorliegende Satzungsentwurf wurde sodann ein­ stimmig genehmigt und der geschäftsführende Vorstand, bestehend aus 3 Vorsitzenden, 3 Schriftführern und 3 Rechnern gewählt. Oberrevisor Trautmann wurde s. Vorsitzender, Oberlehrer Rödel 2. und Vberstadtrechnungsrat Weiler 3. Am s2. August faud die Generalversammlung der badi schen Lede r H ä n d l e r hier statt. Geschäftsbericht und Aassenabschluß wurden genehmigt. I n den Verhandlungen spielte die Ledervertei­ lung die Hauptrolle, für die der Verband verschiedene Eingaben, Besuche und Vorstellungen in der Aontrollstelle im Reichsverband genehmigt und zum Teil mit E rfolg unternommen hatte. Beson­ dere Erwähnung fand die Nenanlieferung der Ersatz- und Spar- holzsohlen, die nicht allgemeinen Beifall fand, aber als einziges Aushilfsmittel zum Durchhalten bis zum Frieden angenommen wurde. Am 9 . September hielt der B a d i s c h e B ä c k e r v e r b a n d seinen Gbermeistertag hier ab, zu dem 5H Innungen Vertreter entsandt hatten. Aus dem Geschäftsbericht entnehmen w ir, daß den Ariegshilfskassen für die Hinterbliebenen im Felde gefallener Bäcker 3600 Alk., den Erholungsheimen der Badischen Hand­ werksvereine eine Gabe von sOOO Alk. zugewendet wurden. A u f dem Felde der Ehre sind im letzten Jahre H8 Alitglieder gefallen. Die Einnahmen des Verbandes betrugen 8699 Akk., die Ausgaben 8573 Alk. Berichte folgen über die Gesamt­ vorstandssitzung des „Germania-Verbandes" in Berlin, über das Genossenschaftswesen im Läckergewerbe und über die Zusammen­ legung der Läckereibetriebe. I n der Aussprache wurde eine Ent­ schließung beantragt, in der bezweifelt w ird , daß durch eine Zusammenlegung der Bäckereibetriebe eine große Aohlenersparnis erzielt werde, dagegen würden die wirtschaftlichen Schädigungen schwere Folgen nach sich ziehen, v o r einer Zusammenlegung sollten die Handelskammern und die Innungen gehört werden. Außerdem müßte der Brotpreis entsprechend erhöht werden. Ingenieur Bucerius, Vertreter der Regierung, erklärte, daß die Zusammenlegung nur erfolgen solle, wenn sie unbedingt notwendig sei. Diejenigen, die ihre Backstube schließen müßten, würden ent­ schädigt werden. Die badische Regierung wolle, so lange es möglich sei, auf die Zusammenlegung verzichten. Namens der Ariegsamtsstelle schloß sich Hauptmann lVagner den Ausführungen des Vorredners an und Hauptmann Gractz versicherte, daß die Ariegsamtsstelle nichts unternehmen werde, ohne die Handwerker gehört zu haben. Die Entschließung wurde einstimmig angenommen. — 5(6 Sodann folgte ein Bericht über die neuen Brot- und Rulchpreise. Die Vergütung, die der Bücher für seine Rosten und seine wühe- waltung erhalte, seien auf 30 °/g festgesetzt, tatsächlich betrügen sie 58hz °/o. E in Aufschlag von 50 °/o auf die Rohstoffe wäre an­ gemessen. Ingenieur Bncerius teilte mit, daß die Regierung zu einer Erhöhung des Aufschlags für den Bäcker erst Stellung nehmen könne, wenn die wehlpreise festständen. Der Antrag, auf den Preis der Rohmaterialien einen Aufschlag von 50 "/y für Geschäftsunkosten nnd Bäckereiverdienst zu verlangen, wurde ein­ stimmig angenommen. Über die Rriegshilsskasse wurde berichtet, daß, wenn die Gelder nicht aufgebrancht würden, daraus eine Sterbekasse ohne Beitragszahlung gegründet werden solle. Am 23. September wurde hier eine witgliederversammlung des B a d i s c h e n S ä n g e r b u n d e s hier abgehalten. 50 Vereine waren vertreten. Bundesobmann Adolf Wilser-Rarlsruhe begrüßte die Erschienenen. Namens der Stadt Rarlsruhe entbot (Ober­ bürgermeister Siegrist den Anwesenden einen herzlichen Willkomm. E r wies in seiner Ansprache darauf hin, wie auch die Sänger, die in der Heimat geblieben seien, sich in den Dienst der patriotischen Aufgabe gestellt hätten, weitere Grüße entboten Rechtsanwalt Heinsheimer namens der Sängervereinigung Rarlsruhe und Prof. Ehrismann Straßburg, der auf die Bedeutung des deutschen Liedes in Elsaß-Lothringen hinwies und betonte, daß das deutsche Lied ein festes, moralisches und geistiges Band zwischen Altdeutschland und dem Reichslande sei. Bundesobmann wilser erstattete sodann den Tätigkeitsbericht des Vorstandes und widmete den Toten der letzten drei Jahre, namentlich den im Felde Gefallenen einen warmen Nachruf, weiter teilte er mit, daß viel kleine Vereine ihre Tätigkeit eingestellt, daß sich in den Städten die Vereine zusammengeschlosscn und gemeinsame Aufführungen in den Lazaretten veranstaltet hätten. Die Abfassung der Geschichte des Sängerbundes ist beendet. Den Feldgrauen wurden in zahlreichen Fällen Noten ins Feld zugesandt. Nach dem Ariege sollen die Namen der gefallene» Bundesmitglieder auf einer Ehrentafel bekanntgegebcn werden. Der Berichterstatter machte noch Witteilungen über Veränderungen auf dem Gebiete der Organisationen des Urheberrechts für musikalische Aufführungen. An diesen Punkt schloß sich eine lebhafte Aussprache. Ober­ — 5s7 — bürgermeister Siegrist empfahl in der Angelegenheit ein gemeinsames Vorgehen des Sängerbundes nnd der Stadtverwaltungen. Sodann wurde die Bundesreehmmg genehmigt. Der Badische Sängerbund verfugt über ein vermögen von rund ^2 000 Blk. L in Bundes­ beitrag wurde auch für sys 7 nicht erhoben. Bewilligt wurden 300 Blk. für die deutsche Sängerbundstiftung, 300 Blk. als Ehren­ gabe für die Witwe Alexander Adams und 300 Blk. für die Badische Gefangenensammlung. Nach Vornahme der Wahlen wurde die Versammlung mit einem Hoch auf unsere Truppen, auf Baiser und Großherzog und dem gemeinsamen Gesang „Deutsch­ land, Deutschland über alles!" geschlossen. Am 25. September tagte hier der Ba d i s c h e B o n d i t o r e n - v e r b a n d . Der Rechenschaftsbericht wurde erstattet. 'Bernpunkt der Tagesordnung w ar: „Der genossenschaftliche Zusammenschluß zum Zwecke der Warenbeschafsung nnd die Lage der Rohmaterialien- beschafsung für die Übergangszeit nach dem Briege." Die Gründung einer solchen Genossenschaft m it Anteilen zu 300 Blk. wurde einstimmig beschlossen. Linen weiteren Gegenstand der Verhandlungen bildete die augenblicklich mißliche Lage des Bonditorengewerbes. Die Frage der durchgehenden Arbeitszeit wurde im Hinblick auf die Bohlen- und Lichtersparnis sympathisch ausgenommen. Lnde September wurde hier eine Versammlung b a d i s c h e r S ch u h m a ch e r m e i st e r abgehalten. Sie war von (60 Te il­ nehmern aus allen Teilen des Landes besucht. Sie beschäftigte sich eingehend mit den das Schuhmacherhandwerk augenblicklich berührenden aktuellen Fragen der Preissteigerung in Reparatur- und Neuarbeiten und der Holzbesohlung. Zn einer im Anschluß an die Vorträge angenommenen Entschließung erklärte sich der verband bereit, bei Preisüberforderungen im Schuhmachergewerbe dein Publikum gegenüber helfend einzugreifen und die Behörden darin zu unterstützen. Die hohen Schuhpreise seien aber nicht allein auf die Steigerung der Lederprcise, sondern auf Preissteigerung a ll­ gemeiner A rt (Erhöhung der Arbeitslöhne und der Zubehör­ materialien) zurückzuführen. Schließlich wurde der Badische Schuh­ macher-Landesverband gegründet. Am 30. September und s. Gktober hielt der B a d i s c h e L a n d e s v e r e i n v o m E v a n g e l i s c h e n B u n d hier seine — 3 ( 8 — jährliche Versammlung ab. Am 30. September, Sonntag nach­ mittags 3 Ahr, fand in der Stadlkirche eine gottesdienstliche Feier statt. Sie begann mit einem Gemeindegesang, worauf Stadtpfarrer Schilling, der Vorsitzende des (Ortsvereins, die Versammlung begrüßte. E r betonte die schweren Aufgaben des Bundes in der ernsten Zeit, die nicht in konfessionellen Streitigkeiten, sondern in erster Reihe in aufbauender Arbeit für die Glaubensgenossen zu bestehen habe. Vach einem Vortrag des Vereins für evangelische Kirchenmusik sprach Schulrat I)r. Mosapp aus Stuttgart über „Luther im Hausgewand". I n Einzelbildern schilderte der Redner das Familienleben Luthers, sein tiefes Gemüt, seine unausgesetzte Hilfsbereitschaft gegen jedermann und seine Gebefreudigkeit, auch wenn ihm seine M itte l hätten Beschränkung auferlegen sollen. Nachdem der Kirchenchor das Niederländische Dankgebct vorgetrageu hatte, erstattete der Vorsitzende des Landesvereins, Pfarrer Vath von Mannheim-Rheinau, den Jahresbericht. Dabei schilderte er die vielseitige Kriegstätigkeit des Bundes, die Herausgabe religiöser Schriften und seine Beteiligung an der Versorgung unserer Truppen m it gutem Lesestoff, an der Fürsorge für die notleidenden (Ostpreußen und an der Förderung der ostdeutschen Ansiedlerhilse. Zum Schluß empfahl der Berichterstatter die aufliegende Lutherliteratur und die Albrecht-Thoma-Stiftung. Am Vormittag des s. (Oktober fand eine Sitzung der Vorstände der Bezirksvereine statt. Am Nachmittag 2 Nhr wurde die Jahresversammlung des Freiburger Diakonissenhaus­ vereins abgehalten. Der Anstaltsgeistliche, Pfarrer Tlausing, erstattete den Jahresbericht. E r erwähnte, daß der 'Krieg günstig auf den Zugang zur Schwesternschaft gewirkt habe. Die Zah l der Schwestern des Hauses betrage nunmehr (83. Trotz der Verteuerung der Lebens­ haltung habe das Ja h r (9(6 öank der reichen Zuwendungen mit einem, wenn auch nur geringen Einnahmeüberschuß abgeschlossen werden können. Um 3 Uhr folgte die Landesversammlung des Bundes, zu der auch der Präsident des (Oberkirchenrats I). Uibel und namens der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg, Geh. Kirchenrat Bauer, erschienen waren. Nach verschiedenen Begrüßungen hielt Prof. V r. Niebergall aus Heidelberg einen Vortrag über den „Religiösen Ursprung der deutschen Reformation". Nach Erstattung des Kassenberichts und Erledigung innerer An- — 3 l9 - gelegenhciten fand die m it Gebet eröffnete Versammlung ihren Abschluß. Am s. (Oktober hielt der B a d i s ch e l a n d w i r t s ch a f t l i ch e V e r e i n seine alljährliche Versammlung der Vertreter der Bezirks- vereine hier ab. Unter den geschäftlichen Akitteilunge» erwähnte der Vorsitzende, daß sich der Verein an der 7. Kriegsanleihe mit 3000 Akk. beteiligt habe. Sodann wurde der Geschäftsbericht für l 9s6 erledigt und der Voranschlag für l9 l? genehmigt. Das Präsidium wurde hierauf ermächtigt, sich für den Verein an den Verhandlungen zur Ausführung des Gesetzes vom 5. J u li l9s7, betreffend den Verkehr mit Grundstücken in der Kriegs- und Übergangszeit zu beteiligen und seiner Zeit dein Landesausschuß und den Bezirksvereinen die weiteren Vorschläge vorzulegen. Die Beteiligung an der Errichtung einer Geslügelzentrale verbunden mit einer Landesgeflügel-Zuchtanstalt durch den Landesverband Badischer Geflügelzuchtvereine und Züchter wurde abgelehnt, weil die Landwirtschaftskammer organisationsmäßig mit der Förderung der Geflügelzucht beauftragt sei. Akit einem Hoch auf den Groß­ herzog, den Schirmherrn des landwirtschaftlichen Vereins, wurde die Versammlung geschlossen. Am s7. Oktober hielt der B u n d De u t s c h e r B o d e n ­ r e f o r m e r eine Laudesversammlung hier ab. Die Gründung eines Landesverbandes Baden wurde beschlossen und Organisations­ fragen sowie die Frage der Kriegerheimstätten besprochen. Am Vorabend hatte der Bundesvorsitzende, Adolf Damaschke von Berlin, einen Vortrag über die Kriegerheimstätten-Bewegung, ihre A u f­ gaben und Ziele gehalten, wobei er mitteilte, daß dem im Früh­ jahr sflsö gegründeten Hauptausschuß für Kriegerheimstätten zur­ zeit 365H Organisationen angehören. Zn Preußen gebe es heute schon über ^000 solcher Heimstätten. Zhre Zah l und die Nach­ frage darnach stiegen fortgesetzt. Der Redner verwies ferner auf das Reichsgesetz vom Zahre über Kriegerheimstätten, sowie ans das Kapital - Absindungsgesetz. Durch diese Gesetze sei es möglich, jedem Znvaliden oder jeder Kriegswitwe zum Erwerb eines kleinen Heims aus der zustehenden Rente ein Kapital bis zu 7000 Akk. zur Verfügung zu stellen. Am Schluß der Versamm­ — 3 2 0 — lung erklärte» über 50 neue Mitglieder ihren Beitritt zur O rts ­ gruppe. Am 2 t. Oktober fand die D i ö z e s a n t a g u n g des A r e uz- b ü n d n i s s e s , des Vereins abstinenter Aatholiken, hier statt. Diözesandirektor Vechsler erstattete Bericht über den Stand der Nüchternheitsbewegung der Erzdiözese Freiburg. I m Jahre sssso zählte die Erzdiözese 29 Ortsgruppen, von denen sich seitdem sO wieder auflösten. Sechs neue sind hinzugekommen. Im ganzen zählt die Erzdiözese einen sicheren Mitgliederstand von rund 3000 gegen s568 im Jahre sysö. Nach dem Bericht sprach Stadt- psarrer Stöckle von Bruchsal über alkoholfreie Jugenderziehung, jDfarrsekretär Baumeister von hier über Trinkerfürsorge in Baden und der Berufsfürsorger Stahl von Mannheim über die praktische Arbeit zur Förderung der Nüchternheitsbewegung durch die O rts ­ gruppen des Areuzbündnisses. Anfang November hielt der B a d i s c h e L a n d c s v e r b a n d z u r H e b u n g des F r e m d e n v e r k e h r s seine Hauptversamm­ lung hier ab. A ls Vertreter des Finanzministeriums und der Generaldirektion der Staatseisenbähnen wohnte Regierungsrat Armbruster den Verhandlungen an. M ir entnehmen dem Jahres­ bericht: Die Zah l der Mitglieder hat sich im abgelaufenen Jahre nicht verringert. Eine erweiterte Ausschußsitzung des Verbandes fand am 5. Ju n i in Baden statt. Sie befaßte sich hauptsächlich m it der Frage der Lebensmittelversorgung der Fremden. Zur Werbetätigkeit wurden im Winter auf schriftliches Verlangen HOO Winterführer versandt. Von der Schrift „D as Baduer Land" wurden HOOO Stück abgegeben. Für die Sommerrcisezeit sys? gab der Verband ein neues Ariegsunterkunfts-Verzeichnis heraus und versandte davon 7000 Stück. Der Badische Aalender erschien l 9 s 7 in einer Auflage von sOOOO Stück. Nach dem Rechnungs­ abschluß betrugen die Einnahmen 20 965 Blk., die Ausgaben s8 579 M k. Der Bericht hierüber und ebenso der Voranschlag für l9 l? /s8 m it je 20 500 M k. in Einnahmen und Ausgaben wurden genehmigt und zum Schluß Vorstands- und Ausschuß­ wahlen vorgenommeu. Der Vorsitzende des Landesverbandes ist auch weiterhin Stadtrat Robert Ostertag von hier. Am 23. November hielt die S ü d w e st d e u t s ch e V e r ­ - 32 s — e i n i g u n g b e r u f s g e n o s s e n s c h a f t l i c h e r p e r w a t t u n g e i t hier eine Vertretervcrsammlung ab, zu der auch der Präsident des Reichsversicherungsamtes in Berlin, v r . Kaufmann, in Begleitung des Senatspräsidenten Or. Spiegelthal erschienen war. Die Ver­ sammlung beschäftigte sich zunächst mit der Frage „Erhaltung der für die Kriegsbeschädigten eingerichteten Heil- und Lehrwerkstätten für die Invaliden der Arbeit". Nach einem ausführlichen Vor­ trag von v r . Spiegelthal wurde folgende Entschließung gefaßt: „Die Versammlung begrüßt freudig die vom Reichsversicherungsamt in Verbindung mit dem Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz geplanten neuen Maßnahmen behufs möglichster Ausnutzung der sogenannten Arbeitstherapie zugunsten der Friedensinvaliden. Die anwesenden berufs­ genossenschaftlichen Vertreter werden es sich angelegen sein lassen, bei ihren Berufsgenossenschasten das Interesse für diese Veranstaltungen z» fördern und auf die Bereitstellung geldlicher Beihilfen bei ihrer Dnrchtührung seitens der Berufsgenossenschaftcn hinzuwirken." Sodann hielt v r . meä. pertz, Stabsarzt und Ehefarzt des Reservelazaretts Elilmgen, einen Vortrag über „D ie Verwendung Kriegsbeschädigter in Industrie und Landwirtschaft". Ende November trat der L a n d e s s c h u l r a t unter dem Vorsitz des AKnisters v r . Hübsch hier zusammen. E r befaßte sich mit Fragen aus dem Bereich des Volksschulwesens, besonders mit der Lehrerausbildung und dem Fortbildungsschulwesen. Z u r Sprache kam auch die vom Badischen Lehrerverein jüngst ange­ regte Neugestaltung des Schulwesens. Am 8. Dezember fand die Vorbesprechung über die Gründung des B a d i s c h e n B a u b u n d e s hier statt. Zu den Verhand­ lungen hatten sich der Großherzog, Prinz Nsax, der Komman- dierende General, mehrere Landtagsabgeordnete, sowie Vertreter der Kreise, der Städte, der Sparkassen, der Landesversicherungs­ anstalt, der Krankenkassen, der Berufsgenossenschaften, der B au­ vereinigungen, sonstiger gemeinnütziger Vereinigungen, der Berufs­ vereine von Beamten und Arbeitern, der Banken, der Handels­ und Handwerkskammern, der Landwirtschaftskammer u. a., im ganzen über 250 Personen eingefunden. Den Vorsitz führte Nlinister Freiherr von Bodman. I n seiner Begrüßungsrede betonte er u. a., daß der Baubund für die aus dem Felde heimkehrenden Krieger nützliche Arbeit leisten solle. Diese Arbeit solle einen -t 322 Teil des großen Baues schaffen, den w ir nach dein Kriege auf­ führen wollten. Line gute und gesunde Wohnung sei eine Grund­ lage für das Gedeihen der Familie, namentlich der Kinder, die w ir besonders nach dem Kriege notwendig brauchten. Die Bau­ vereinigungen sollen im Baubunde zusammengefaßt werden. Da­ neben solle eine Stiftung errichtet werden zur Schaffung von Heimstätten für kinderreiche Familien und Kriegsteilnehmer. Der Minister teilte noch mit, daß für den Baubuud bereits Stamm­ anteile in Höhe von ^22 500 M k. gezeichnet seien. A ls Grund­ stock zur Landeswohnungsstiftung habe Prinz M ax ein ihm zuge­ fallenes Legat von 200 000 Alk. überwiesen. Dazu sei von privater Seite die Summe von 25 000 M k. gespendet worden. Nach der Ansprache des Ministers hielt Landeswohnungsinspektor Or. Kampffmeyer einen Dortrag über „D ie Aufgaben des Bau­ bundes". E r wies darauf hin, daß die sozialen Aufgaben, die uns nach dem Kriege gestellt würden, vielleicht noch bedeutender sein werden, als die während des Krieges. Die wichtigste Aufgabe des zu gründenden Baubundes sei, den bestehenden Bauvereini­ gungen helfend und fördernd zur Seite zu treten. Der Baubund solle in drei Abteilungen zerfallen, in eine Bankabteilung, die den angeschlossenen gemeinnützigen Bauvereinigungen die Beschaffung von Hypotheken und Baugeldern zu erleichtern habe, weiter solle sie den Bauvereinigungen Kredite gewähren. Die zweite Abteilung, die Siedlungsabteilung, solle den gemeinschaftlichen Bezug von Baustoffen und Einrichtungsgegenständen für den Kleinwohnungs­ bau besorgen und in Ergänzung der örtlichen gemeinnützigen und privaten Bautätigkeit auch unmittelbar die Ansiedlung von M inder­ bemittelten, insbesondere von kinderreichen Familien und Kriegs­ teilnehmern in Stadt und Land übernehmen. Endlich wolle die Abteilung noch Baugelände für Kleinwohnungen beschaffen. Die dritte Abteilung, die für Wohnungseinrichtungen, umfasse die Be­ schaffung von guten und preiswerten Wohnungseinrichtungen gegen Barzahlung und bei ausreichender Sicherheit gegen Anzahlung. I n einem längeren Dortrage verbreitete sich sodann Geh. Rat Wiener über die Entwicklung der Wohnungsverhältuisse während des Krieges. E r wies darauf hin, wie in vielen Gemeinden schon vor dem Kriege eine Wohnungsnot bestanden habe, die sich durch - 32Z die fortgesetzte Einschränkung und schließlich Einstellung der Bau­ tätigkeit noch verschärft habe. Die leerstehenden Wohnungen erreichten in Baden nicht die Zahl, die vorhanden sein sollte, nämlich 3 v. H. Karlsruhe hatte l 9 l H: l,Z O/g, 2 ,l °/ü und l ysS: l,Z O,o leerstehende Wohnungen. I n Mannheim waren es l 9 l ö : 3,5 °/o. l 9 l 6 : 2.3°/» und l 9 l ? : l , l «/ü. I n M ann ­ heim seien in den letzten Jahren H7s leere Wohnungen gezählt worden, i» manchen Bororten aber keine einzige. I n H62 Ge­ meinden Badens seien sßlH 5s lH Wohnungen fertig gestellt worden, l9 l5 677, s9l6 s6 l. Der Mangel an Kleinwohnungen werde sich nach dem Kriege verschärfen. Die private Bautätigkeit werde kaum in genügender weise Wohnungen liefern können. Das Ministerium habe bereits Maßregeln getroffen, um die Bautätigkeit zu verbilligen. Die Bauordnung solle revidiert, die Beschaffung der Baustoffe möglichst erleichtert werden. Mehrere Städte hätten Häuser­ kassen gebildet, das Ministerium werde diesen Unternehmungen Förde­ rung zuteil werden lassen. Auch der badische Staat habe bereits Geld für Kleinwohuungsansiedlungen zur Verfügung gestellt. E r sei ermächtigt, aus der Amortisationskasse Beihilfen zum Bau von Kleinwohnungen zu gewähren. An der nun folgenden Aus­ sprache beteiligten sich Vertreter der genannten Organisationen und Verbände, der Verwaltungen und der Städte. Geh. Rat Beck von der Landesversicherungsanstalt Baden teilte mit, daß die A n ­ stalt, die schon lange der Wohnungsfürsorge ihre Aufmerksamkeit habe angedeihen lassen, bis jetzt an s6 Gemeinden, 63 Baugenossen­ schaften und 6H60 Versicherte Darlehen für Wohnungsbau im Gesamtbetrags von 36 M illionen gegeben habe. Baurat Professor Stürzenacker sagte, der Baubund müsse in der Praxis wirken, während der Landeswohnungsverein nur eine anregende und klärende Tätigkeit üben könne. Oberbürgermeister Siegrist führte namens der Städte der Städteordnung aus, daß die großen badischen Städte der Neugründung wohlwollend gegenüberständen. Bei der Fürsorge für den Wohnungsbau dürfe man den privaten Bauunter­ nehmer nicht vergessen. Alle übrigen Teilnehmer der Versammlung, die das w o rt ergriffen, begrüßten die Gründung des Baubundes und sagten Unterstützung zu. Die Gründungsversammlung selbst wird Anfang des Jahres s9s8 erfolgen. Nach Schluß der Aus- 2 > * — L2H — spräche führte der Großherzog aus: Der Verlauf der Versamm­ lung hat gezeigt, daß w ir aufbauen wollen, für die Familien, für die Zukunft kommender Geschlechter, und damit einen Teil des Dankes abtragen für unsere tapfere» Arieger. Gebe Gott, daß aus der Gründung reicher Legen für das Vaterland erwachse. Das ist mein innigster Wunsch. Hierauf schloß Minister Freiherr von Bodman mit einem dreifach wiederholten Hoch auf unseren Landesherrn die Versammlung. Gegen Ende Dezember wurde mitgeteilt, daß durch neue Zeichnungen das Ltammkapital nun­ mehr über 620 000 M k. betrage. Unter anderem hat die Gesell­ schaft vormals Gg. Linner 20000 Mk., die Firma F. W o lffL L o h n sOOOO M k. gespendet. Am f l - Dezember hielt der Verein der U i n e m a t o g r a p h e n - bes i t zer u n d I n t e r e s s e n t e n S ü d we st d e u t s c h l a n d s eine Versammlung hier ab. Der Vorsitzende Gtto A . Uasper- Uarlsruhe begrüßte die Anwesenden und teilte mit, daß der Verein A a rl Gabriel in München zum Ehrenmitglied eruauut habe. Zu einer ausgedehnten Aussprache gab sodann die Handhabung der Filmzensur in Baden Anlaß. Von verschiedenen Leiten wurde betont, daß man sich nicht gegen die Zensur an und für sich wenden wolle, sondern nur gegen die örtliche Zensur, die eine so verschiedenartige Handhabung der Vorführungserlaubnis zur Folge habe. M i t allem Nachdruck müßte auf eine Zentralisierung der Zensur hiugewirkt werden. U lan solle im Lande das Beispiel der württembergischen Regierung nachahmen, die in Ltuttgart eine für das ganze Land maßgebende Zensurbehörde geschaffen habe. Lchließlich wurde der Vorsitzende beauftragt, zusammen mit einem Vertreter des Filmverleihverbandes im Ministerium des Innern in der fraglichen Angelegenheit vorstellig zu werden. Andere Gegen­ stände der Beratung betrafen interne Fragen. 2. Feierlichkeiten und Festlichkeiten. Nachträglich fanden zu Beginn des Jahres einige W e i h ­ n a c h t s f e i e r n statt. Am l- Januar veranstaltete der Aatholische Arbeiterverein der Weststadt eine Weihnachtsfeier. — An demselben Tage fand im Annahaus eine Weihnachtsfeier für Erwachsene statt. Neben musikalischen Darbietungen und Festrede des Landtags­ — 523 — abgeordneten Aöhler wurden Theaterstücke aufgeführt. — Am 7. Januar veranstaltete der Verein abstinenter Aatholiken, Areuz- bündnis, eine Weihnachtsfeier des Schutzengelbundes m it Theater- aufführuug „Hansel und Gretel" und „Der Englein Arieg". — Ebenfalls am 7. Januar fand eine Weihnachtsfeier statt, die die katholischen weiblichen Vereine der Südstadt, der Iugendvereine, der Arbeiteriunenvereine, der Geschäftsgehilfinnen- und Beamtinnen­ vereine, für die Eltern der Mitglieder, die Freunde und Ehren­ mitglieder der drei Vereine veranstaltet hatten. Aaplan Arems hielt eine Ansprache, in der er auch niitteilte, daß der im M ärz lßs6 ins Leben gerufene Geschäftsgehilfinnen- und Beamtinnen- vereiu bereits 60 Mitglieder zähle. E in vierhändiges Alavierstück „Weihnachtsglöckchen" leitete die Feier ein, eine Weihnachtsphantasie für Alavier und zwei Violinen schloß den ersten Teil. Der Sing­ chor des Jugend- und Arbeiterinnenvereins sang zwei Weihnachts­ chöre. I m Mittelpunkt des ersten Teils und der ganzen Feier stand die Aufführung des Theaterstücks „A m Hirtenfeuer". I m zweiten Teil wurde der Frauenchor „Ariegsweihnachtsgebet" vor- getrageu. Es folgten Ariegsweihnachtsgedichte und ein Zw ie­ gespräch „Rriegsweihnachtsbitte". — Zu einer Ainderweihnachts- feier am 7. Januar hatte der Verein Volksbildung seine M i t ­ glieder und deren Angehörigen eingeladen. Fräulein Lina Aahn hatte ein Programm zusammengestellt, das in bunter Reihenfolge für Groß und Alein von ihren Schülern und Schülerinnen dargeboten wurde. Nach einem Willkommgruß folgten Bilder aus der Ainder- stube. Der zweite Teil wurde in abwechselnder Folge durch instru­ mentale, gesangliche und deklamatorische Vorträge ausgefüllt. Am s8. Januar veranstaltete der Verband der Deutschtums­ vereine im Aonzerthaus eine G e d e n k f e i e r der Re i c h s - g r ü n d u n g . Dazu hatte sich der Großherzog und Großherzogin Luise eingefunden, außerdem die Minister Freiherr von Bodman und Vr. hübsch, Großhofmeister von Brauer, der stellvertretende Aommaudierende General von Isbert, Generalleutnant Freiherr Rink von Baldensteiu sowie zahlreiche Vertreter.-staatlicher und städtischer Behörden und andere Persönlichkeiten. Die Feier wurde durch einen Musikvortrag „Angereihte Stücke" aus dem „Ariegs- leben" von Starke eingeleitet. Sodann begrüßte Or. Groos, der — 32b — Vorsitzende des Verbandes, die Erschienenen. E in Schülerchor der Volksschule sang einige Lieder. Frau Dora Zippelius trug eine von Fräulein Ziska Luise Schember verfaßte Dichtung vor. A ll- seitigen Beifa ll begleitete insbesondere den Schlußvers: „E inst w ird betend sich öie Menschheit neigen, Stumm verstehn das göttliche Gericht — Dichter- und Prophetenstimmen schweigen, Weil durch Taten Deutschlands Wehrmacht spricht". Eine Rede von Professor Or. Hans Kinkel über „Deutsche Sprache, deutsche Volksseele" bildete den Schluß des ersten Teils des Abends. Der Redner führte den Anwesenden vor Augen, wie eng unsere Muttersprache m it dem Innenleben des deutschen Volkes verknüpft sei und wie des Menschen A rt sich auspräge in seiner Sprache, wie eines Volkes Sprache sein Geist und sein Geist seine Sprache sei. Da unsere Muttersprache den Geist der K ra ft atme, der im deutschen Volke atme, den Geist der Treue und der Wahrheit, so sei die Sprache heiligstes Gut, das zu fördern und zu pflegen jedem Deutschen heiligste Pflicht sein müsse. Der zweite Teil des Abends begann m it Schülerchören. Dann trug Hofschauspieler Hans Kraus ein von Hofrat Heinrich Vierordt verfaßtes Gedicht „Deutschland, der Friedensbote" vor. Auch da folgte den Schluß­ worten begeisterter Beifall. Sie lauten: „W ir stürmen machtvoll vorwärts, Vertausendfachter Wucht, B is schwer gesühnt die Untat verbrecherisch, verrucht; B is w ir m it deutschen: Schwerte, Stolz ungebrochenen M uts, Des Siegers Krone halten Aus einem Meer voll B lu ts !" Darauf hielt Geh. Studienrat Or. Ernst Boesser eine Ansprache, in der er Bilder aus der Zerrissenheit und Uneinigkeit des deutschen Volkes in früheren Zeiten und Bilder aus den Tagen der Kraft, der Einigkeit und des Sieges der Jahre s 870/7 s zeichnete. Zum Schlüsse seiner Ausführungen streifte er auch die Ablehnung des Friedensangebots des Kaisers seitens unserer Feinde. Jetzt gelte '̂S das Kaiserwort zu erfüllen: I h r werdet zu Stahl werden! — 327 — Für dieses w o rt gebühre dem Raiser Dank, I n diesem Sinne wurde folgendes mit einmütiger Zustimmung aufgenommenes Telegramm abgesandt: „ In Gegenwart Ih re r Königlichen Hoheit der Großherzogin Luise und des Landesherrn zur Gedenkfeier der Reichsgründung versammelt, danken Eurer Majestät tvo» Karlsruher Männer und Frauen ehrfurchtsvoll für den markigen Aufruf von, Januar. Tiefentrüstet über die Ablehnung des Friedensangebots geloben w ir unverbrüchliche Treue und volles Durchhalten, bis die Feinde niedergerungen und zum Frieden gezwungen sind!" A lit dem gemeiusameu Gesänge „Deutschland, Deutschland über alles", dem sich das „Salve Im pera to r", ein Triumphmarsch von Tuci anschloß, endigte die Feier. Am nächsten Tage tra f bei V r. Groos nachstehende telegraphische Antwort ein: „Ich habe die patriotische Kundgebung der in Gegenwart Ih r e r König­ lichen Hoheiten der Großherzogin Luise und des Großherzogs zur Gedenkfeier der Reichsgründung versammelten Karlsruher Bürgerschaft mit Freuden ent­ gegengenommen und danke von Herzen. W ilhelm I. K." Z ur Erinnerung an die Reichsgründungsfeier spendete der Großherzog am 22. Januar den Betrag von sOOO Abk. Im ganzen ergab sich nach Abzug der Rosten aus diesein Beitrag des Großherzogs, aus den Eintrittsgeldern, aus dem verkauf der Fcstordnungen und den Beiträgen verschiedener Vereine ein Rein­ ertrag von 700 AR. E r wurde der städtischen Ariegsfürsorge überwiesen. Am 27. Januar vollendete Buchdruckereibesitzer F e r d i n a n d T h i e r g a r t e n , Verleger der „Badischen Presse", sein 70. Lebens­ jahr. Das Gesamtpersonal der „Badischen Presse" veranstaltete am Vorabend eine Feier, zu der sich sämtliche Beamten und Ange­ stellten der Redaktion, der Geschäftsstelle, der Druckerei, Setzerei und Buchbinderei im Geschäftsgebäude einfanden. Z u r Begrüßung des Jub ila rs begaben sie sich sodann in dessen Wohnung. Der feierliche Akt begann m it dein Rlaviervortrag des Adagio maestoso von Akozart, dargeboten von Redakteur Anton Rudolph und Frau, worauf der Gesangverein „Typographia" Rreutzers Lied „Das ist der Tag des Herrn" vortrug. Chefredakteur Albert Herzog hielt nach dem Gesang eine Ansprache. E r schilderte das Streben >md wirken des Jubilars, betonte, wie sich Herr Thiergarten keine — 328 — Grenze des Alters und seiner Beschwerden, sondern immer neue Ziele setzte. Der Redner faßte alle wünsche zusammen in ein freudig aufgenommenes Hoch auf den Jub ila r. Dem Hochruf folgte eine kürzere Ansprache des Gberfaktors der Druckerei, Joseph Michael. Unter dem Ausdrucke herzlichster Glückwünsche und des Dankes für die Spenden, die Herr Thiergarten anläßlich seines 70. Geburtstages allen Zugehörigen zur „Badischen Presse" habe zukommen lassen, überreichte Herr Michael namens des Gesamt­ personals eine künstlerisch ausgeführte Adresse. Prokurist Adolf Rinderspacher übermittelte die Glückwünsche des Büropersonals. T s folgten noch Borträge der „Typographia" und Alaviervorträge fowie eine Ansprache des Setzers G. weilmünster namens des Setzer- und Druckerpersonals und der im Ariege befindlichen An­ gestellten der „Badischen Presse". — Am Geburtstage selbst ging Herrn Thiergarten ein Glückwunschschreiben des Großherzogs zu. Außerdem übermittelten Glückwünsche Oberbürgermeister Siegrist namens des Stadtrates, Oberbürgermeister B r. Altfelix von Lahr namens der Vaterstadt des Jub ila rs, der Verein badischer und pfälzischer Zeitungsverleger, der Vrtsverein Uarlsruhe desselben, der verband der Deutschen Buchdrucker, der Verein Aarlsruher Presse, die Arbeiterbildungsvereine Aarlsruhe und Lahr, der Nationalliberale Verein Aarlsruhe, der Schwarzwaldverein, der Tntomologische Verein und mehrere andere Vereine, der General­ intendant des Hoftheaters v r . Bassermann, Frau Alberta von Frey­ dorf, Schriftsteller Rudolf Herzog und verschiedene andere Persönlich­ keiten von hier und auswärts. Paul Bode, der Verleger des „pforz- heimer Anzeigers" und Pfeffer sen., der Verleger des „Heidel­ berger Tagblatts", waren im Namen des Zeitungsverlegervereins erschienen, um persönlich die besten wünsche abzustatten. Z u r Feier des G e b u r t s f e st e s des A a i s e r s hatte der Stadtrat folgende Festordnung veröffentlicht: Am Vorlage, abends 7 U h r: Großer Zapfenstreich der Garnison auf dem Schloßplatz, abends 8 U hr: Festakt im Aonzerthaus, veranstaltet von der Stadtverwaltung. Am Festtage: Festliche Beflaggnng der Stadt. Morgens 7 U hr: Festgeläute, vormittags 8*/« bis P U hr: Fest­ gottesdienst in den Airchen der Stadt, abends 7 U h r: Festvor­ stellung im Großherzoglichen Hoftheater. Der Besuch des Festaktes 52Y — im Aonzerthause war nur gegen Eintrittskarten zulässig, für die eine Abgabe von 50 P f. zugunsten der Ariegsfürsorge erhoben wurde. Der Andrang zu der Feier war so stark, daß schon am 2H. alle Eintrittskarten vergriffen waren. Alle Stände und Schich­ ten der Aarlsruher Einwohnerschaft waren vertreten. Vom Hofe erschienen der Großherzog und Großherzogin Luise. Von staat­ lichen und städtischen Behörden waren u. a. zugegen Großhof­ meister von Brauer, die Minister Freiherr von Dusch, Freiherr von Bodman und v r . hübsch, Oberbürgermeister Siegrist, die Bürgermeister v r . Paul und l) r . Horstmann, die große Mehrheit der Stadträte und Stadtverordneten. Anwesend war ferner der preußische Gesandte von Eisendecher und von der Generalität Generalleutnant von Isbert, General der Infanterie Dürr, Ge­ neralleutnant Freiherr Rink von Baldcnstein, Generalleutnant z. D. Fritsch, Generalmajor Anheuser. A u f dem Hintergrund des Podiums erhob sich, von grünem Bühnenschmuck umgeben, die Marmorbüste des Aaisers. Das vollbeleuchtete Haus bot einen festlichen Anblick. A ls der Großherzog m it der Großherzogin Luise erschien, wurde er mit einen, hoch empfangen. Die daran anschließende, von dem Instrumentalverein gespielte Fürstenhymne wurde stehend angehört. Es folgte die „Trompeter-Ouvertüre" von Mendels­ sohn, die ebenfalls von dem Instrumentalverein durchgeführt wurde. Dann sang die „Liederhalle" die beiden Männerchöre „Der Reiter und sein Lied" von E . Schultz und „S t. M ichel" von A . tafite. Hauptschriftleiter A a rl Dees hielt die Festrede. Soweit menschliches Ermessen es zu beurteilen vermöge, betonte der Redner, hebe der Schlußakt in dem ungeheuren Drama des Weltkrieges an: Opferbereiter Hingabe bedürfe cs, wenn alles zum guten Ende geführt werden solle. Voller Zuversicht blicke das Volk auf den Aaiser. I n langen Friedensjahren sei er uns teuer geworden. Der Weltkrieg habe das Band zwischen Aaiser und Volk noch enger geschmiedet. I n seinem Sinne handelten w ir, wenn w ir an seinem Geburtstage in stolzer Bewunderung und inniger Dankbarkeit unserer Truppen gedächten. Ihnen verdankten w ir die bisherigen Erfolge, sie verliehen uns auch für die Zukunft frohe Siegeszuversicht. I n Treue und Ehrfurcht blicken w ir zum — 330 Aaiser selbst auf. Inm itten einer Welt des Hasses habe er für die Stimme der Menschlichkeit Gehör gefordert. Durch das Friedens­ angebot, diese große, wahrhaft sittliche Tat, habe er sich im Herzen seines Volkes und in der Geschichte ein unvergängliches Denkmal gesetzt. Die innigen wünsche für Aaiser, Heer und Vaterland ließ der Redner in den Schlußworten zusammenklingen: „Seine Majestät Aaiser Wilhelm I I . , der sturmerprobte Führer seines Volkes, und das ganze kaiserliche Haus, sie leben hoch!" Be­ geistert stimmte die Festversammlung in das ausgebrachte Aaiser- hoch ein und sang stehend die Aaiserhymne. Darauf trug Aammer- sänger Jan van Gorkom drei Lieder vor: „Der Aönig bei der Arönung" von H. W olf, „ Ic h denke oft ans blaue Meer" von Weingartner und die „Rheinsage" von A . Gbermayer. Ts folgte der Männerchor der „Liedcrhalle" „Der Schmied" von A . Göpfart. Hofschauspieler Fritz Herz trug das „Aaiserlied" von Sudermann, „ M i t dem Aaiser" von Rudolf Herzog, „ w i r und die W elt" von H. ^h. Ewers und als Dreingabe die humoristisch-patriotische „Schlemmende Flunder" von hochstetter vor. M i t dem „Sieges­ marsch der Bulgaren" von T . Spies schloß der Instrumental­ verein die Feier. — I m Laufe des Abends wurde folgender Draht­ gruß an den Aaiser abgesandt: „Eurer Majestät bitte ich namens der mit seiner Königlichen Hoheit den, Großherzog und Ih r e r Königlichen Hoheit der Großherzogin Luise zur Feier Allerhöchst Ih re s Geburtsfcstes zahlreich versammelten Bürgerschaft der Residenz Karlsruhe die innigsten Glück- und Segenswünsche ehrfurchtsvoll darbringen zu dürfen. Begeistert durch Euer Majestät herrlichen Aufruf geloben w ir einmütig aufs neue, durchzukämxfen und auszuharren, bis die Neid- und haßerfüllten Feinde den deutschen Frieden bewilligen. Möge Euer Majestät neues Lebensjahr solch köstliche Frucht zur Reife bringen. > , . , Siegrist, Oberbürgermeister." Dem Oberbürgermeister ging am 27. folgende telegraphische Antwort zu: „Meinen herzlichen Dank für die treuen Wünsche der mit ihrem Landes­ herrn und Ih r e r Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin Luise zur Feier meines Geburtstages gestern vereint gewesenen Bürgerschaft der Residenz Karlsruhe. W ilhelm I. K." I n der evangelischen Stadtkirche wurde der Festgottesdiensl auch in : diesem Jahre wieder für die, M ilitä r - und Iivilgemeinde — 33s — getrennt abgehalten. Bei dem Militärgottesdienst um Ahr hielt Geh. Kirchenrat Schloemann die Festpredigt. Z u Grunde, lagen die Worte aus dem 2s. Psalm: „Herr, der König freuet sich Deiner K raft, und wie sehr fröhlich ist er über Deine Hilfe". Nach dem Hauptgebet und „Nuser Vater" ertönte das „Nieder­ ländische Dankgebet". Bei dem Gottesdienst für die Zivilgemeinde um sO Uhr, zu den: auch Großherzogin Luise erschienen war, predigte Stadtpfarrer Weidemeier im Anschluß an das Bibelwort aus dem 3. Buch Moses, Kapitel 32,3: „Denn ich w ill den Namen des Herrn preisen, Gebt unserm Gott allein die E hre !" Der Verein für evangelische Kirchenmusik sang nach dem Eingangs­ gebet die Hymne von Stadler: „ G großer Gott, allmächtiger G ott" und nach der predigt den Lützelschen T hor: „Segne den Kaiser, Deinen Gesalbten." Auch für die Katholiken fand getrennter Gottesdienst für die M ilitä r- und Zivilgemeinde statt. Die Festpredigt für die M ilitä r ­ gemeinde hielt der seit Kriegsbeginn als Lazarett- und Garnisons­ pfarrer hier tätige Apostolische Vikar von Togo, Herr Schoenig. Die musikalische Begleitung während der deutschen Singmesse führte die Kapelle des Ersatz-Landwehr-Bataillons aus. Die israelitische Gemeinde hatte in Verbindung m it dem Morgengottesdienst einen Festgottesdienst m it predigt in der Haupt­ synagoge anberaumt. Ebenso hielt die israelitische Religions­ gesellschaft einen Festgottesdienst ab. Zn den Schulen hatten die Feierlichkeiten bereits am 26. stattgefunden. Am M ittag des 27. wurde auf dem Schloßplatz Musik abgehalten, zu der sich ein zahlreiches Publikum eingefunden hatte. Zn den Kasernen hielten die Vorgesetzten beim Appell Ansprachen an die Mannschaften, die jeweils m it einem dreifachen Hurra auf den Kaiser endeten; darnach hatten die Mannschaften dienstfrei. Zn den Gffizierkasinos vereinigten sich die dienstfreien Dffiziere zum Fest Liebesmahl, die Mannschaften erhielten besondere Kost und höhere Löhnung. Das Hoftheater gab als Festvorstellung neu einstudiert „Lobe­ tanz" von Ludwig Thuille. Vor Beginn brachte Hoffinanzrat — 332 — Ruppert ein Hoch auf den Kaiser aus, worauf das Orchester die Kaiserhymne anstimmte. W ir erwähnen die übrigen Feierlichkeiten, die anläßlich des kaiserlichen Geburtsfestes stattfanden, soweit sie öffentlich bekannt- gegeben wurden. Das Reservelazarett I I (Baugewerkeschule) ver­ anstaltete ein Konzert. Die Feier wurde mit dem allgemeinen Gesang „Deutschland, Deutschland über alles" eingeleitet. Stabs­ arzt Or. Olten hielt die Ansprache. Frau Müller-Reichel sang Beethovens „D ie Trommel gerührt", Webers „Unbefangenheit", Regers „Schneewetter", W olfs „E lfenlied", „D u bist die Ruh" und als Beigabe aus der „Regimentstochter" „Heil dir mein Vaterland". Hofopernsänger Giesen trug vor „R itter auf der wacht, Hab Acht" von Bieger, „Heiliger Z o rn " von Fleck und aus dem „Waffenschmied" „Auch ich war ein Jüngling". Den Gesang umrahmten vaterländische Rezitationen von Hofschauspieler Felix Baumbach: Rudolf Herzogs „Hauptquartier", „W ir und die W elt" von Ewers, Rosners „Herr von der Linde", de Noras „Landsturmmann" und die zwei Zugaben „Das eiserne Kreuz" und „Hase und Katze". — Der Feier im Reservelazarett I I I (Lehrer­ seminar II) wohnte Großherzogin Luise an. Oberst Hensch hielt die Ansprache. Gesänge von Frau Elise Flohr und Hof­ opernsänger Hermann Eck, sowie allgemeine Lieder wurden vor­ getragen. — I m Reservelazarett V I (Lehrerseminar I) brachte ein gemischter Schülerchor patriotische Gesänge zum Vortrag. Konzert­ sänger O tto Meßbecher und Hofmusiker W illy Eder (Tellist) bestritten den übrigen musikalischen Teil des Programms. Tele­ graphist (Handelslehrer) Schauerbecke hielt die Ansprache. — Im Ludwig-Wilhelm-Krankenheim trug der Männergesangverein Thöre vor. Herr Behle (Bariton) und Herr phider (Tlariuctte) brachten Solis. Geh. Rat V r. Benckiser hielt die Festrede. Dieser Feier wohnte Großherzogin Luise an. — I n der Feier des Franziskus­ hauses brachte ebenfalls der Männergesangverein Thöre zum Gehör. B . Kaldenbach trug Solis vor. Einige junge Damen sangen Duette. Geh. Oberkirchenrat M ayer hielt die Ansprache. — I m Verein Katholischer Kaufleute und Beamten (Fidelitas) sprach Missionar Brücker. Es folgte ein Doppelquartett des Vereins, Solivorträge der beiden F rl. Schwarz, V io lin- und Klaviervorträde der Herren Krauß und Herling. Herr Baßler hielt die Kaiserrede. E in Telegramm an den Kaiser wurde abgesandt. — I n der Kaiserfeier des katholischen Iugendvereins der Gststadt hielt Kaplan Gießler einen Lichtbildervortrag. Der zweite Teil des Abends galt der Nagelung des Vereinswappens. — I n der Kaiserfeier der Vereinigten Karlsruher Turnvereine begann der Abend mit dem allgemeinen Lied: „Deutschland, Deutschland über alles". Nach der Begrüßung durch Kassier Baumann hielt Kanzleirat Schmidt die Ansprache. An das zum Schluß derselben ausgebrachte Kaiserhoch schloß sich die Kaiserhymne. Rechtsanwalt Heinsheimer trug ein Gedicht vor „Der letzte IVaffengang" und führte sodann die Anwesenden mit einer Reihe Lichtbilder durch die Kampfgebiete im Elsaß, Nordfrankreich, Flandern und Rußland. Aus Anlaß des Geburtstages des Kaisers hatte der Groß­ herzog denjenigen Personen, die vor dem 27. Januar lßs7 die Eigenschaft als Kriegsteilnehmer erlangt hatten, die ihnen von Gerichten und Verwaltungsbehörden zuerkannten Strafen einschließlich der Nebenstrafen erlassen, sofern die einzelne Strafe nur in Verweis, Geldstrafe, Haft, Festungshaft, bezw. Gefängnis bis zu einem Jahr bestand. Ferner hat der Großherzog allen wegen nicht- militärischen Straftaten militärgerichtlich verurteilten badischen Staatsangehörigen die gegen sie gerichtlich ausgesprochenen Geld- und Freiheitsstrafen und den Angehörigen des badischen Gendarmerie­ korps die gegen sie festgesetzten Strafen erlassen. Der 8 0. G e b u r t s t a g des Geh . R a t s I ) r . D u r m gab am Februar Veranlassung zu einer Reihe eindrucksvoller Kundgebungen. Der Großherzog gedachte in einem Handschreiben mit Anerkennung und Dankbarkeit der großen Verdienste des Jubilars. Ebenso ließ die Großherzogin ihre Glückwünsche über­ mitteln. Der Unterrichtsminister sprach seine dankbare Anerkennung für das langjährige erfolgreiche lVirken des Herrn V r. Durm an der Technischen Hochschule aus. Rektor und Senat der Hochschule gedachten neben der ausgedehnten Lehrtätigkeit und den praktischen Bauschöpfungen vor allein der umfangreichen, vielseitigen Forschungs­ arbeit des Jub ila rs auf kunstgeschichtlichem Gebiete, die bahn­ brechende lVerke geschaffen haben. Die Studenten hatten dem verehrten Lehrer in dem reich m it Blumen geschmückten kehrsaal 33^ ihren Dank und ihre Glückwünsche dargebracht, denen ein mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichneter Studierender Ausdruck verlieh. Or. Durin dankte m it innigen Worten, indem er seiner eigenen Studentenzeit gedachte. Die philosophische Fakultät der Universität Heidelberg sandte ihrem Ehrendoktor, die Stadt Heidelberg ihrem Ehrenbürger Glückwünsche. (Oberbürgermeister Siegrist richtete an den Ju b ila r namens dessen Vaterstadt Karlsruhe folgende Worte: „w er wie Sie am heutigen erinneruiigsreichen Gedenktage in ungebrochener K raft auf 8 Jahrzehnte eines schaffungsfreudigen und durch schönste Erfolge gesegneten Lebens zurückblicken darf, muß sich zwar auch ohne solche Wünsche glücklich schätzen. Als Vertreter Ih r e r Mitbürger aber möchte ich mich mit Ih n e n dieses seltenen Tages freuen und Ih n en dabei aufs neue danken für alles Schöne und Edle, das Sie in unserer Stadt geschaffen. Ich bin über­ zeugt, daß Ih r e Merke die Wandlungen des Geschmacks überdauern und immer wieder als würdige Denkmäler echter Kunst Anerkennung und Bewunderung finden werden." Der Präsident der Akademie der Baukunst in Berlin brachte dem Jub ila r, den die Akademie m it Stolz zu ihren Mitgliedern zähle und in dem sie den unermüdlichen Forscher und Lehrer, den rastlos schaffenden Meister der Baukunst verehre, die herzlichsten Glück- und Segenswünsche dar. Ferner sandten Glückwünsche: Der Erzbischof V r. Nörber von Freiburg, der Oberrheinische Bezirksverein Freiburg des Badischen Architekten- und Ingenieur- vereins, die Fachprofessoren der Technischen Hochschulen in Dresden, Darmstadt, Stuttgart, München und Berlin, der verband alter Herren des akademischen Architektenvereins „V itru v ia ", das Korps „B a va ria ", dessen Ehrenmitglied I)r . Durm ist, das Schloßbau­ komitee in M ainz und verschiedene andere Körperschaften und Persönlichkeiten. Aus dem engeren Freundeskreis wurde dem Ju b ila r überreicht: ein Gedenkblatt in künstlerischer Durchführung von Professor Kemmer, auch ein Gedicht auf Pergament in Schwarz­ schrift und Gold von Professor Architekt K a rl Staatsmann in Straßburg und ein solches m it farbigen In itia len von Frau von Freydorf, wobei auch die Spenden der Hinterbliebenen Scheffels zu erwähnen sind. — I n der Stadtratssitzung vom 22. Februar wurde mitgeteilt, daß Geh. Rat V r. Durm in einem Schreiben seinen Dank für die ihm durch den Oberbürgermeister namens' der Karlsruher Bürgerschaft erwiesene Ehrung aussprach. Die Fe i e r am Sc h e f f e l - D e n k ma l , die alljährlich durch den Gesangverein „Konkordia" in Aussicht genommen war, wurde infolge der Kriegszeit auch in diesem Jahre auf eine 'Kranznieder­ legung beschränkt, die am 6. M a i stattfand. , ^ Am 9- M a i fand die He b e l - F e i e r in dem Heim des K a rls ­ ruher „Liederkrauz" statt. Bei der Begrüßung bemerkte der Vereins­ präsident, daß die Fliegergcfahr in diesem Jahre die Feier im Schloßgarten unmöglich mache. Der Männerchor des Vereins sang den Chor: „ Ic h suche Dich" von Kreutzer. Stadtpfarrer Hindenlang sprach über Hebels Leben, besonders über Hebel und die Frauen. Der gemischte Thor des Vereins brachte hierauf die „P rim e l", „Frühliugsfeier" und die „Waldvögelein" von Mendels­ sohn zum Vortrag. Georg Poth jr. (Bariton) sang die Lieder „Der Trompeter an der Katzbach" von Bekker und die „M a h ­ nung" von Herrmann. Pfarrer Hindenlang trug Hebeldichtungen vor, so „Der Storch", „D as Gewitter", der „Bettler". M it den Mäunerchören „Ne G'saug in Ehre" und „Loset, was ich Tuch w ill sage" von Hebel fand die Feier ihr Ende. Die älteste Burschenschaft Karlsruhes, die „ T e u t o n i a " , feierte am 20. Jun i ihr SOjähriges Stiftungsfest. Der Ernst der Zeit verbot eine Feier in großem Rahmen. Der Kreis der er­ schienenen Mitglieder konnte auch nicht allzu groß sein, von den 2H8 noch lebenden standen noch s37 unter der Fahne. fH M i t ­ glieder sind gefallen, 9 haben das Eiserne Kreuz I. und 88 das II. Klasse erhalten. Die Ansprache drückte die freudige Entschlossen­ heit aus, auch ferner des alten Wahrspruchs „Ehre, Freiheit, Vaterland" würdig zu sein in Not und Tod. Das G o l d e n e p r i e st e r j u b i lä u m des Geistlichen Rats Stadtdekans und Ehreudomherrn Anton Knörzer wurde von der hiesigen katholischen Gemeinde am Sonntag den 5. August gefeiert. I n Anbetracht der Kriegszeit beschränkte sich die Feier auf einen Festgottesdicust m it Predigt in der Stephanskirche und auf die Beglückwünschung des Jub ila rs in dessen Wohnung. Die Kirche war m it Blattpflanzen ausgeschmückt, die von der Stadtgemeinde Karlsruhe zur Verfügung gestellt worden waren. Um die festgesetzte Stunde wurde der Jub ila r in feierlichem Zuge von der Geistlichkeit, vom Stiftungsrat, den katholischen Vereinen der Pfarrei St. Stephan — 336 — und weißgekleideten Mädchen abgeholt. A ls der Zug. die Kapelle betrat, sang der Kirchenchor das vom Prager Stadtkapellmeister picka eigens für dieses Fest in Musik gesetzte Koce saceräos. Am Festgottesdienst nahmen u. a. teil die Minister Freiherr von Bodman, v r . Rheinboldt und Or. Hübsch, der Präsident des Evangelischen Kirchenrates V . Uibel, Bürgermeister V r. Paul und mehrere Stadträte, der Gberstiftungsrat, der Gesamtstiftungsrat der Kirchengemeinde Karlsruhe, der Sliftuugsrat von 5t. Stephan, sowie die katholische Kirchengemeindevertretung von Karlsruhe. Auch die Grte, an denen der Ju b ila r früher gewirkt, hatten Ver­ treter entsandt. Anwesend war ferner der erste ehemalige Vikar des Ju b ila rs , Dekan Albert von Ettlingen. Die Karlsruher pfarrgeistlichkeit war vollständig vertreten. Auch zahlreiche andere Geistliche und persönliche Freunde des Jub ila rs waren erschienen. Der Kirchenchor sang ein neues, von seinem Chorleiter, Herrn Steinhart, für diesen Tag vertontes Veni creator. Domkapitular G tto Schenk hielt die Festpredigt. Auf Grund von Zer. s, sO: „Siehe ich bestelle dich heute über die Völker und über die Reiche, um auszureißen, zu verderben und niederzureiße», aufzubauen und zu pflanzen", schilderte er in großen Zügen das Walten des Priesters. Das levitierte Hochamt wurde vom Jub ila r zelebriert. Der Kirchen« chor sang sodann die Festmesse in L-IVIoIl von picka. A ls das „Großer G o tt" verklungen war und der Jub ila r wieder in Pro­ zession das Gotteshaus verließ, sang der Thor nochmals das Koce sacerckos. — Eine ungemein große Zahl von Glückwunsch­ schreiben waren eingelaufen. Vor Beginn des Festgottesdienstes wurde das Glückwunschschreiben des Erzbischofs von Freiburg von der Kanzel verlesen. Vom Großherzoglichen Hof waren folgende Telegramme eingelaufen: „Schloß Lberstein. J u r schönen Feier Ih re s 50jährigen Priesterjubiläums sprechen die Großherzogin und ich Ih n en unsere herzlichsten Glückwünsche aus. Möge Ih n e n der Rückblick auf diese segensreiche Wirksamkeit reiche Befriedigung gewähren; möge Gott Ih n en weitere gesegnete Tätigkeit noch viele Jahre verleihen. Friedrich, Großherzog." „Schloß Baden. Sie feiern heute einen reichen, bedeutungsvollen Tag beim Rückblick auf eine lange und segensreiche Tätigkeit in dem hohen Berufe, dem Sie I h r Lebe» im Dienste Gottes geweiht haben. Meine Herz­ — 337 — lichsten Segenswünsche begleiten Sie in aufrichtiger Teilnahme beim dank- baren Rückblick auf diese lange Vergangenheit und erhoffen für Sie noch eine reiche Fortsetzung Ih re r scclsorgerischen segensreichen Arbeit. Gott sei mit Ih n e n ! Großherzogin Luise." „Salem, tv ir gedenken Ih re r mit den herzlichsten Wünschen am heutigen schönen Iubiläum stag, an dem Sie auf 50 Jahre treuer und segensreicher Arbeit zurückblicken und den Dank der vielen, denen Sie gutes taten, ernten dürfen. Prinz und Prinzessin Max." Am vorm ittag des Iubiläum stags selbst, am 6. August, veranstaltete die Geistlichkeit einen feierlichen Festakt in der Woh­ nung des Jubilars. Ltadtpfarrer Isemann sprach zunächst namens des Stadlkapitels über das Doppeljubiläum und entbot die Wünsche der Geistlichkeit unter Übergabe eines Geschenkes. Weiter ergriffen das Wort Gberstiftungsrat Or. Sester, Divisionspfarrer Or. Holtz- niaun und Stadtpfarrer Dietrich von Heidelberg. Hierauf drückte der Jub ila r in einer längeren Ansprache seinen Dank aus und knüpfte daran Worte der Ermunterung. Glückwunschschreiben oder Telegramme trafen ein vom Weihbischof Or. Anecht, vom Weihbischof von Straßburg, Freiherr Zorn von Bulach, von den Ministern Freiherrn von Dusch und Or. Rheinboldt — die Minister Freiherr von Bodman und Or. Hübsch waren persönlich erschienen — von Minister a. D. von Marschall, von P rä la t Schmitthenner, vom Präsidenten O. Uibel, vom Hofprediger Fischer, vom Stadt­ rabbiner Or. Appel namens der israelitischen Gemeinde K a rls ­ ruhes, vom Präsidenten Fetzer des Gberstiftungsrates, vom Präsi­ denten der Zweiten Kammer, vom Amtsvorsland Or. Seidenadel u. a. I m Namen der Militärgemeinde überbrachte Generalleutnant Freiherr Rink von Baldenstein die Glückwünsche. Der Stiftungsrat von St. Stephan ließ eine reiche Gabe der pfarrkinder übergeben. Der Kirchenchor von St. Stephan schickte eine Abordnung m it einem aus Myrten-, Silber- und Goldblättern gewundenen Iu b e l- kranz. Durch Abordnungen haben unter Überreichung von Blumenspenden und Geschenken ihre Glückwünsche aussprechen lassen die hier bestehenden zahlreichen katholischen Vereine. Ebenso sandten Glückwünsche der österreichisch-ungarische Hilfsverein, deb Badische Frauenverein, der verwaltungsrat des Waisenhauses, der 22 Verein zur Rettung sittlich-verwahrloster Rinder und die Gold-« ankaufsstelle. Glückwunschschreiben trafen auch aus früheren pfarrgemeinden des Jub ila rs ein, von Lauda, waibstadt, Ruppen­ heim und Heddesheim. Jede außerkirchliche, größere und allge­ meine Feier hatte der Ju b ila r abgelehnt. N ur der Einladung der warianischen Zungfrauenkongregation, deren Gründer und Präses er ist, folgte er. Vizepräses Raplan Fischer hielt die Festrede bei dieser Feier. L in Festspiel, das Fräulein Siegel in Baden, früher hier, verfaßt hatte, wurde aufgeführt, Frauenchöre und Soli vorgetragen. Der Großherzog verlieh dem Jub ila r das Rommandeurkreuz 2. Rlasse vom Zähringer Löwen. Großherzogin Luise ließ dem Ju b ila r einen Blumenschmuck überreichen. Am vorm ittag des 7. August begab sich eine Abordnung des Stadtrates, bestehend aus dem Oberbürgermeister Siegrist und den Stadträten Bönning, Räppele, Ostertag und Vivcll, in das Pfarrhaus, um dem Jub ila r die Glückwünsche der Stadtgemeinde unter Überreichung eines Blumengebindes aus dem Stadtgarten zu überbringen. Der Oberbürgermeister hob in seiner Ansprache insbesondere hervor, daß die bedeutende Entwickelung der katho­ lischen Gemeinde unter der Leitung des Jub ila rs sich stets in friedlichem Wettstreit m it den anderen Ronfessionen und im besten Einvernehmen m it der Verwaltung der Gesamtstadt vollzogen habe, rühmte seine Verdienste um die religiöse, sittliche und soziale W ohlfahrt seiner Gemeindeglieder, die auch für die Gesamtheit ein Gewinn seien, und dankte für die Unterstützung, die der Herr Geistliche Rat insbesondere auch während der schweren Rriegszeit allen Bestrebungen zur Linderung der Not und des Leides und zur Stärkung und Aufrichtung der Seelen hat angedeihen lassen. Der Gefeierte dankte in herzlichen Worten für die ehrende Würdi­ gung seiner Tätigkeit und die guten wünsche der Stadtgemeinde und erwiderte diese aufs wärmste für das Wohlergehen der Stadt und ihrer Leitung. Am 7. August veröffentlichte Herr Rnärzer folgende Dank­ sagung : „ In ungeahnt großer Z ah l sind mir zu meinem sojahrigen Priester- jubiläum von nah und fern Beweise ehrenden Vertrauens, treuer Anhäng­ — 539 lichkeit uni» dankbarer Gesinnung gewidmet worden. Allen, die meiner so wohlwollend gedachten, im einzelnen zu danken, ist mir natürlich zunächst nicht möglich; ich bitte daher, ans diesem Wege einstweilen meinen tiefempfun­ denen Dank entgegennehmen zu wollen." Z ur Feier des 70. G e b u r t s t a g e s des G e n e r a l ­ f e l d ma r s c h a l l s v o n H i n d e n b u r g veranstaltete das General­ kommando, der Stadtrat und der Ausschuß zur Veranstaltung vaterländischer Volksfeiern am 2. Oktober, abends 8^/« Uhr, in i Konzerthaus einen Festakt unter M itw irkung des Hoftheaters und der Karlsruher Längervereinigung. Der Besuch der Feier war nur gegen Eintrittskarten zulässig, für die eine Abgabe von 50 P f. zugunsten der Hindenburg-Gabe (für Loldaten- und M arinen­ heime und deutsche Kriegsgefangene) erhoben wurde. Für den gleichen Zweck wurden bei der Veranstaltung Postkarten verkauft und an den Eingängen zum Laal waren Lammelbüchsen für freiwillige Lpenden aufgestellt. Der Großherzog war von Lchloß Eberstein eingetroffen, um der Feier am Ehrentage des Feldmarschalls, der ihm als General­ stabschef seines V III. Armeekorps in Koblenz einstens besonders nahe getreten war, anzuwohnen. Außerdem waren zugegen der stellvertretende Kommandierende General und andere zurzeit hier weilende Offiziere, die vier Minister und zahlreiche sonstige Staats­ beamte, der Oberbürgermeister und die Bürgermeister Or. Paul und Or. Horstmann nebst verschiedenen' Ltadträten und Stadt­ verordneten sowie zahlreiche Vertreter aller Kreise der Bürger­ schaft, Herren und Damen. Die Feier wurde durch eine von Hofkapellmeister Alfred Lorentz vertonte und unter seiner Leitung vom Hoforchester vorgetragene „vaterländische Ouvertüre" eröffnet. Das Merk erlebte somit seine Uraufführung. Die Melodie von „Deutschland, Deutschland über alles" bildete die Einleitung der Ouvertüre. Es folgen Stellen der wacht am Rhein, die gleich Wagners Siegfriedsmotiv sich wiederholen, bis sie von dem preußi­ schen Avanciersignal und anderen Melodien, die unsere Truppen in Kampf und Sieg begleiten, abgelöst werden. E in Ausklang findet dann die Ouvertüre in einem Iubelhymnus m it Glocken­ geläuts, das den Sieg verkündet. Dann folgt eine Szene aus Leo Sternbergs Bühnenspiel „Aussaat", ein Zwiegespräch zwischen rr * 5^0 der Muse und dem Geist der Zeit, der dem T raum der alteit Sagen die gewaltige Wirklichkeit entgegeustellt. Fräulein Felicitas persing und Felix Baumbach trugen die Dichtung vor. Geh. H ofra t Rebmann hielt die Festrede. G r feierte den Feldmarschall als den M a n n treuer Pflichterfüllung, echter Heldengröße. Zn seiner Ruhe und harrenden Geduld sei er uns allen ein Hort, in dem Vertrauen, das er sich als Deutschlands Befreier von der Russennot und als Führer aller deutschen Heerscharen in jedem deutschen Herzen gewonnen, sei er ein B ild der gesammelten, in sich verjüngten, zukuuftsfrohen und sieggewissen deutschen A ra ft. Z n anerkennenden Worten gedachte der Redner auch des M i t ­ arbeiters Hindenburgs, des Generals Ludendorff. G in Flieger­ a la rm unterbrach die Feier. A ls sie nach längerer Pause wieder ausgenommen wurde, stimmte die Versammlung in das vom Redner ausgebrachte Hoch auf den Feldmarschall begeistert ein. G in zweiter A la rm setzte ein, sodaß die Dichtungen, die Hofschau­ spieler Herz, und die Lieder, die Kammersänger Büttner vortragen sollte, nicht mehr dargeboten werden konnten. Doch trug die Längervereinigung noch zwei Ghöre vor. Die staatlichen und städtischen Gebäude hatten am 2. Oktober anläßlich des Geburtsfestes Hindenburgs geflaggt, auch an mehreren Privathäusern w ar Flaggeuschmuck angebracht. Z m Reservelazarett V I fand am Z. Gktober eine Hindenburg- feier statt. Vizefeldwebel Zoeckel schilderte den Werdegang und das Verdienst des Feldmarschalls. M i t einem Hochruf auf den Gefeierten klang die Rede aus/ Konzertsänger Weßbecher trug Loewesche Balladen vor, denen gemütvolle und schelmische Weisen, gesungen von Konzertsängerin Fräulein Heilmann, folgten. Beide vereinigten sich zum Schluß in dem Duett aus deni „W affen­ schmied". Gine jüngst im Reservelazarett Gttlingen begründete Vereinigung feldgrauer Musiker hatte die orchestrale Umrahmung der Feier übernommen. Kriegsanleihen in kleinen Scheinen waren bei der Veranstaltung aufgelegt. A m f f . Oktober beging die M a s c h i n e n b a u g e s e l l s c h a f t K a r l s r u h e die Fertigstellung der 2000. Lokomotive m it einer Gedenkfeier, die zugleich dein 80jährigen Z ub iläum des Werkes galt. Der Großherzog w ar zu der Feier erschienen. Ferner hatten 3-U - sich als Gäste einzefunden: die M in ister Freiherr von Bodman, Or. Rheinboldt und V r . hübsch, der stellvertretende Aom m an- dierende General, der Rektor der Technischen Hochschule Professor Or. Hausrath, Bürgermeister v r . P au l und mehrere Stadträte, Ministerialdirektor Schulz, Generaldirektor Roth und mehrere Rollegialmitglieder der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, Reichsbankdirektor Dietz, die Borstände der städtischen Technischen Ämter, Vertreter der Presse und sonstige eingeladene Personen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Maschinenbaugesellschaft, Geh. Rommerzienrat Roelle, hielt eine Ansprache. T r begrüßte die Erschienenen, gedachte der Tapferkeit unserer Truppen und erwähnte, daß die Gesellschaft trotz des Ernstes der Ze it die Fertigstellung der 2000. Lokomotive im 80. Jahre ihres Bestehens nicht habe vorübergehen lassen wollen, ohne auch der Außenwelt von ihrer Arbeit Runde zu geben. Der Redner gedachte ferner der verstorbenen Angehörigen des Merkes, dankte ihnen, zugleich aber auch allen denen, die zurzeit noch und seit vielen Zahren ihre Arbeit und ihren Fleiß der Maschinenbaugesellschaft weihten. Z nm Schluß brachte Herr Roelle ein hoch auf den Landesfürsten aus. Der Großherzog dankte fü r die Huldigung und sprach dann ungefähr folgende M o r t : „Kurz möchte ich meine herzlichen Glückwünsche zu dem schönen M ark­ stein in der Geschichte der Maschinenbaugesellschaft aussprechen. E r ist von besonderer Bedeutung, wenn er auch in schwere Zeit fällt. Ls ist ein Zeichen der Tüchtigkeit, der treuen und hingebenden Arbeit und umsichtigen Leitung. Ls sind Leistungen, bei denen w ir uns täglich freuen dürfen. Möge das Werk auch i» Zukunft eine weitere schöne und stolze Entwicklung erfahren. Ich wünsche auch speziell den alten treuen Arbeitern in ihrem Werk eine» weiteren Lrfolg." . ^ A u die Ansprache schloß sich ein Rundgang durch die Fabrik­ anlagen. Dann versammelten sich die Teilnehmer in einem beson­ ders ausgeschmückten Raum, den die Büsten des Aaisers und des Großherzogs zierten und in den, die neue 2000. Lokomotive (G a t­ tung V IL ) fahrbereit aufgestellt w ar. Z h r gegenüber hing eine Abbildung der allerersten Lokomotive des Merkes, die von E m il Aessler für die Direktion unserer Verkehrsanstalten im Jahre I8H2 erbaut worden war. Direktor O r. Döderlein w a rf in längerer Rede einen Rückblick auf die Geschichte der Maschinenbaugesellschaft. Sie 5H2 wurde von E m il Kessler, der f 8 l 3 in Baden-Baden als Lohn eines W ajors geboren war, gegründet. A ls er sich dem Bau der ersten Lokomotive zuwandte, hatte man bisher solche Erzeug­ nisse der Technik nur englischen Ursprungs gekannt, und auch zu der ersten Lokomotive, die aus dem Kesslerschen Betriebe hervor­ ging, hatte man noch einen englischen Ingenieur und englische Werkzeuge zu Hilfe gezogen. Der Redner erwähnte dann die erste s8H2 von der badischen Staatsbahn übernommene Lokomotive*), die „Badenia", darauf brachte er weitere Angaben über die Ent­ wicklung der Gesellschaft*) und erinnerte, daß im Jahre f880 die sOOO. Lokomotive von dem Werke fertiggestellt worden ist. UKt der Zeit wandte sich die Gesellschaft neben dem Lokomotivenbau, der die Haupttätigkeit blieb, auch dem Bau von Dampfmaschinen, Pumpmaschinen und Dampfkesseln zu. I m Kriege sind dem Werke dann neue Aufgaben gestellt worden. U lit der Hoffnung, daß sich die deutsche Industrie nach dem Kriege und bei Erringen eines guten Friedens den Weltmarkt wieder erobern werde, schloß die Rede. Eine Reihe von Lichtbildern, die Gberingcnieur Aven- marg n iit Erläuterungen begleitete, ergänzte die Ausführungen Or. Döderleins. Namens der Regierung überbrachte Ulinister Freiherr U r. von Bodman der Gesellschaft die Glückwünsche, namens der Stadtverwaltung Bürgermeister Or. Paul, für die Technische Hochschule der Rektor Professor L r . Hausrath, für die Handelskammer Kaufmann Gsell und für den Verband Süddeutscher Industrieller Fabrikant Stoeß aus Heidelberg. Die Technische Hochschule hat Geh. Kommerzienrat Koelle „ in Anerkennung der herorragenden Verdienste um die Förderung des Werkes" die Würde eines Or. in§. b. c. verliehen. Der Weltkrieg verbot es, das J ube l f es t der R e f o r m a t i o n in größeren äußeren Veranstaltungen zu begehen. Die Feierlichkeiten verliefen im wesentlichen in den Räumen der evangelischen Kirchen oder in anderen engeren Kreisen. Zunächst hielt der Schüler- bibelkreis am Sonntag den 2 f. Vktober, abends 8 U h r, im *) Näheres über die „Badenia" und über die Maschinenbaugesellschaft vergl. „Die Ltadt Karlsruhe, ihre Geschichte und ihre Entwicklung". K arls­ ruhe 49 ZS, S. 432 . — — Vereinshaus, Adler-Straße 23, eine Gedenkfeier ab. Luther, so war die Feier gedacht, sollte als Kämpfer ( 5l ? und als M i t ­ streiter i ßt?, als Dichter und Länger, als Deutscher und Christ, in Lutherwort und -Anekdote auf den p lan treten. Garnisons­ vikar Sturm zeichnete Luthers Charakter, seine religiöse Verankerung und seine Auswirkung in der W elt; seine Furchtlosigkeit, W ahr­ haftigkeit und Selbstlosigkeit, seinen Stolz und seine Demut, seinen Ernst und Humor, seine Leidenschaftlichkeit und seine Herzensgüte. Frau Großkopf-Schumacher trug außer modernen Liedern über Luther auch Lieder von Luther vor. Schüler des Bibelkreises beteiligten sich in Darbietungen von Gedichten. Orchesterleistungen und Vorlesung von Lutherworten und -Anekdoten. — Am 28. Oktober fand in der Lutherkirche ein Kirchenkonzert statt. U. a. wirkten mit Seminarlchrer O tto Autenrieth aus Heidelberg (Orgel), Hofopernsänger Heinrich Tiemer von Mannheim (Tenor), F rl. I rm a Ritterst, Konzertsängerin aus Heidelberg (Sopran) und Solocellist Heinrich Brunn aus Heidelberg. Werke von Bach, Liszt, Mozart, Reger und Schubert wurden vorgetragen. An demselben Tage gab der Thor der Karl-Friedrich-Gedächtniskirche in dieser ein Konzert. Chorleiter Herr W olf, Organist Theodor Munz. Außerdem wirkten m it Frau Schultze (Violine). F rl. Lange (Sopran) und Herr Ziegler aus Heidelberg, vorgetragen wurden der Chor von Grosse: „Fest steht Dein w o r t" sowie Werke von Bach, piseudel und Walter. — Am 3 (. Oktober, morgens (0 Uhr, fanden für sämtliche evangelische Schüler und Schülerinnen der Stadt Iugendfeiern in allen Gotteshäusern der Gemeinde statt. Dabei wurde jeweils eine Sammlung für die durch den Krieg geschädigten deutschen evangelischen Gemeinden in den Kolonien und im Auslande veranstaltet. I n der Neuostpfarrei wurde nach dem Iugendgottesdienst unter Glockengeläute und Festmusik auf dem Kirchenplatz eine Luthereiche gepflanzt, wobei der Geistliche eine Ansprache hielt und die Versammlung das Lutherlied „E ine feste B urg" sang. Nachmittags 3 Uhr fand für die ganze evan­ gelische Gemeinde in der Stadtkirche eine Feier statt, bei der Prof. V r. Grützmacher aus Münster einen Vortrag über „Luthers Charakterbild" hielt. — Am Sonntag, den H. November, wurde die eigentliche Jubiläumsfeier durch Festgottesdienste in sämtlichen evangelischen Kirchen der Stadt begangen. Auch die evangelisch- lutherische Gemeinde, der Verein für innere Mission und die Methodistengemeinde veranstalteten besondere Feiern. Zum Gottes­ dienst in der Schloßkirche waren die Großherzoglichen Herrschaften erschienen. Zn allen Kirchen wurde vor der predigt eine Ansprache des deutschen evangelischen Kirchenausschusses verlesen, der Ver­ tretung der evangelischen Landeskirchen im Deutschen Reiche. Den predigten lag der Text Römerbrief Kap. s, f6. zugrunde. I m Gottesdienst in der Stadtkirche für die Militärgemeinde hielt Lazarettpfarrer Demuth die predigt, in dem für die Zivilgemeinde Stadtpfarrer Rapp. Z u r Einleitung dieser Feier trug der Verein für evangelische Kirchenmusik Handels „Largo" mit Grgelbegleitung in einer neuen Bearbeitung von Peters und m it Text von Megener vor. Nach dem Eingangsgebet sang der Thor „N un laßt uns Gott dem Herrn Dank sagen und ihn ehren" und nach der Predigt „Herr gedenke unser, nach deinem Morte". — Am Nachmittag des H. November veranstaltete der Verein für evangelische Kirchen­ musik in der Stadtkirche ein Konzert, dem unter außergewöhnlicher Anteilnahme der evangelischen Bevölkerung auch das Großherzogs­ paar und Großherzogin Luise anwohnten. Mitwirkende: Frl. K lara Hurst (A li), Frau Lina Dietrich (Sopran), Konzertsänger G tlo Meßbecher (Bariton), Musikdirektor Georg Hofmann (Vrgel und Begleitung), der Thor der Stadtkirche, hiesige Musikfreunde. Musikalische Leitung: M ax Thiede. An der Spitze der Vortrags­ ordnung stand der Reformationschor: „Fest steht dein M ort, wie Felsen stehn" von L. Große, dann Lhöre von Trägner, der Thor „Z u m Reformationsfest" für Streichorchester und Grgel von Rudnick m it dem Schlußchoral „ M i t unserer Macht ist nichts getan". Sodann folgte das Lutherlied „E ine feste B urg". Auch eine neue Koniposition des Vereinschormeisters „Singet deni Herrn ein neues Lied" für gemischten Thor und Streichorchester wurde vorgetragen. F r l. Hurst sang Lieder von Rheinberger, M ild und Thiede, Frau Dietrich zusammen m it F rl. Hurst Rheinbergers Zwiegesang „Neige, o Ew iger". Herr Meßbecher sang die Arie von Volkmann „M ir warten in Demut, Gott, deiner Gnade", ferner das geistliche Lied „Preis der Liebe" von Ludwig Keller. Herr Hofmann spielte die Konzertfuge von L. Krebs, dann „Andantino aus Sonate 3^5 - Op. 98 " von Rheinberger. Die Schlußnummer bildete eine Reformationskantate für gemischten Chor, Sopran- und Bariton- Solo, Streichorchester und Orgel von Franziskus Nagler. — I n der Neuostpfarrei wurde im Kindergottesdienst an dem dem Reformations- Sonntag vorangehenden und nachfolgenden Sonntag das Lebensbild Luthers, behandelt, ebenso in der Christenlehre. I n den Iugend- vereinen „Lutherbund" und „Iuugmädchenbund" fanden schlichte Feiern m it Ansprachen statt. I n Karlsruhe-Rintheim wurde in der Christenlehre bis ins Frühjahr l9 l8 die Geschichte Luthers und der Reformation bis zum 30jährigen Krieg ausführlich behandelt. I n Karlsruhe-Rüppurr wurden an 5 Sonntagen und 2 Werktagen Feiern begangen, die den wichtigsten Ereignissen der Reformation und ihren Folgen gewidmet waren. I n den Werk- tagsgottesdieusten lasen Schüler der zwei oberen Klassen Gedichte über Luther und Abschnitte aus Luthers Schriften vor, unterbrochen durch Gesangverse aus Lutherliedcrn. — Am f l . November veranstaltete der Evangelische Bund in der Christuskirche eine Gedächtnisfeier zu Luthers Geburtstag. Eingeleitet wurde die Feier durch einen Orgelvortrag von Musikdirektor Hans Vogel. Dann hielt Stadtpfarrer Wilhelm Schulz von Lörrach einen Vortrag über „Luthers Gaben und Forderungen an das evangelische Gemeinschaftsleben". — Am 25. November gab der Kirchenchor der Lhristuskirche zur Feier der HOOjährigeu Reformation ein Konzert unter M itw irkung von Frau Hildegard Großkopf- Schumacher (Sopran), F rl. Margarete Schweikert (Violine), F rl. Mathilde Roth (Vrgelbegleituug), Hans Vogel (Orgel) und hiesigen Musikfreunden (Streichorchester). Die Vortragsfolge wies Werke von Io h . Seb. Bach, Luther, M ax Reger, Hans Vogel, I . G. Nägeli u. a. auf. — Unter den Herren, die anläßlich des Reformations­ jubiläums von der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg zu Doktoren der Theologie b. c. ernannt wurden, befanden sich aus Karlsruhe der Präsident des Vberkirchenrats, Or. Uibel, und Stadtpfarrer Hesselbacher. Am (7. November beging die Karlsruher Parfümerie- rmd Toiletteseifenfabrik F. W o l f f u n d S o h n die Feier ihres 60- jährigcn Bestehens. Das Jubiläum gewann dadurch doppelte Bedeutung, daß Geh. Kommerzienrat Friedrich W olff d. ä., der mit seinem Vater vor 60 Jahren die F irm a gegründet hat, noch an der Spitze des Unternehmens steht. Die Feuerwehr» und Bürger­ kapelle eröffnet? die Veranstaltung m it den. Altniederländischen Dank­ gebet, das unter Leitung von Gbermusikmeister Liese gespielt wurde. Dann ergriff Friedrich w o lff d. j. das W ort zur Begrüßung. E r wies darauf h in , daß die vielen guten wünsche, die bei dem 50. Geburtstage des Werkes diesem und dem Gründer aus­ gesprochen worden seien, reichlich in Erfüllung gegangen wären. Der Name und die Erzeugnisse des Werkes würden überall mehr bekannt und gewürdigt und Leiter und Ulitarbeiter dürften mit Recht sagen: „Unser Feld ist die W elt." Der Weltkrieg habe eine Stockung gebracht, die Schwierigkeiten, den Betrieb weiterzuführen, hätten unüberwindlich geschienen. Aber die Nachfrage nach den Erzeugnissen des Werkes aus deutschen Landen, aus den der Ver­ bündeten und aus neutralen Gebieten hätten so viel Arbeit gebracht, daß der Betrieb hätte weitergeführt werden können. Nach der Rede folgten die Glückwünsche des Personals. Dann dankte Fabri­ kant Georg w o lff im Namen der Firma. E r konnte gleichzeitig niitteilen, daß sein Vater, Geh. Rommerzicnrat Friedrich w o lff d. ä., zum Zeichen seines Dankes dafür, daß er diesen Tag noch erleben durfte, reiche Spenden zugunsten der Angestellten mache. So erhielt die w in a -w o lf f-S t if tu n g , die im Jahre f908 zugunsten von alten, verdienten Angestellten oder deren Witwen errichtet wurde, f 00 000 Ulk. zugewiesen. Ferner habe die Firm a beschlossen, an ihr hiesiges Personal und dasjenige auswärtiger Zweigniederlassungen, sowie an Ariegsteilnehmer des Stammpersonals 50 000 Ulk. zu verteilen. Dem „Badischen Heimatdank" wurde eine Ehrengabe von s00 000 ll lk . überwiesen m it der Bestimmung, daß die Hälfte davon für Aarlsruher Ariegsbeschädigte oder deren Hinterbliebenen verwendet werden soll. Die Denkmünze m it dem Bilde des Senior­ chefs des Hauses wurde an eine größere Anzahl langjähriger An­ gestellten verliehen. Zum Schluß seiner Ausführungen konnte Herr w o lf f ein Schreiben der Großherzogin Luise verlesen, die der Firma in herzlichen Worten ihre Glückwünsche aussprach. Den Kriegs­ teilnehmern und Gefallenen der F irm a widmete Fabrikant Fritz w o lf f Worte des Gedenkens. E in Hoch auf das Vaterland, den Aaiser und den Großherzog schloß diese Rede, worauf die ver­ — 3^7 sammlung „Deutschland, Deutschland über alles" anstimmte. Be- triebsbeamter E m il Reber erstattete den Dank des Personals für die Spenden und schloß mit einem Hoch auf den Seniorchef. Eine außerordentlich große Anzahl Glückwunschkundgebungen, Blumen- spenden und sonstige Gaben zeugten von dem Ansehen, dessen sich die Firma erfreut. Am l8 . November fanden sich als Vertreter der Stadtgemeinde Oberbürgermeister Siegrist und mehrere Stadt­ räte bei dem Seniorches ein, um der Gesellschaft und ihrem Ober­ haupts die Glückwünsche der Stadtverwaltung und Bürgerschaft zu ihrem 60jährigen Jubelfeste zu überbringen und ihr insbeson­ dere auch für die reiche Spende, die sie aus Anlaß des Erinne- rungsfcstes dem Ortsausschuß Karlsruhe des „Badischen Heimat­ dank" zugewendet hat, zu danken. A u f die Ansprache des Ober­ bürgermeisters, in der dieser unter Überreichung eines Blumen­ gebindes auf die glänzende Entwicklung des wolff'schen Unter­ nehmens, sowie seine Bedeutung für die Stadt Karlsruhe hinwies und des oft bewährten mildtätigen Sinnes seiner Leiter gedachte, dankte Geh. Kommerzienrat w o lff aufs herzlichste, indem er seiner anhänglichen Gesinnung für seine Vaterstadt und der Dankbarkeit für die im Kampfe für das Vaterland gefallenen und beschädigten Helden warmen Ausdruck gab. Die Technische Hochschule hat auf einstimmigen Antrag der Abteilung für Themie anläßlich der Feier des 60jährigen Be­ stehens der F irm a F. Wolfs und Sohn dem Seniorchef derselben „ in Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung der Erzeugung von feinen Parfümerien und Toilettenseifen, wodurch dieses Karls­ ruher Unternehmen m it den französischen und englischen Erzeug­ nissen nicht bloß in Deutschland, sondern auch auf dem Weltmarkt in erfolgreichen Wettbewerb getreten ist", zum E h r e n - D o k t o r - I n g e n i e u r ernannt. Bei der Sitzung des Bürgerausschusses am 2 l- Dezember teilte der Oberbürgermeister vor E in tr itt in die Tagesordnung mit, daß der Stadtrat beschlossen habe, dein Seniorchef der P ar­ fümeriefabrik F. w o lff und Sohn, Geh. Kommerzienrat O r. Fried­ rich w o lff, das E h re u b ü r g e r re ch t der Stadt Karlsruhe zu verleihen. Der Oberbürgermeister knüpfte hieran folgende Aus­ führungen; Die F irm a w o lff und Sohn hier konnte vor wenigen — Z § 8 — Wochen auf ein 60jähriges Bestehen und ihr Seniorchef auf ein 60jähriges Jubiläum zurückblicken. Die F irm a hat sich m it den Jahren zu einein Weltunternehmen entwickelt, auf das die Stadt Karlsruhe allen Anlaß hat, stolz zu sein. Aber nicht nur das, sie hat auch dem Gründer der Fabrik gar manches zu danken. Von s875 bis sstOZ, also 30 Jahre hindurch, gehörte Geh. Kommerzien- rat Or. Wolfs diesem Kollegium au; manche Anregung dankt ihm die Stadt und manches Unternehmen, so das Kinderheim und der Stadtgarten, wurde durch seine reichen Zuwendungen unterstützt. Aber auch darüber hinaus hat sich Herr Wolfs durch seine freigebige Gesinnung verdient gemacht. Es ist bekannt, daß die Arbeiterverhältnisse bei der F irm a aufs beste geordnet sind; wiederholt hat die F irm a für die Arbeiter große Summen ge­ stiftet. Neuerdings hat Herr Wolfs dem „Badischen Heimatdank" s00 000 Akk., davon die Hälfte dem Ortsausschuß Karlsruhe zur Verfügung gestellt. Gin solcher W ann hat es wohl verdient, daß die Vertretung seiner M itbürger ihm noch bei Lebzeiten Dank, Anerkennung und Verehrung beweist und durch die Ta t kundgibt. Das soll durch die Ernennung zum Ehrenbürger geschehen. Zum Zeichen der Zustimmung erhoben sich die Mitglieder des Bürger­ ausschusses von den Sitzen. Herr Geh. Kommerzienrat v r . in§. Friedrich Wolfs sprach nach dem Berichte der Stadtratssitzung vom 27. Dezember in einem Schreiben an den Oberbürgermeister „den, Bürgerausschuß für die Ernennung zum Ehrenbürger seiner Vaterstadt Karlsruhe den wärmsten Dank" aus. * Folgende W e i h n a c h t s f e i e r l i c h k e i t e n sind uns bekannt geworden: Der Nationale Frauendienst veranstaltete am s6. De­ zember im Gemeindehaus der Weststadt und am s8. im Gemeinde­ haus der Südstadt einen Mütternachmittag für Frauen und Kinder m it Weihnachtsaufführung.v Ehöre und Lieder wurden vorgetragen, Schattenbilder gestellt. Ausstellung und Verkauf von Spielsachen, die in den Schülerbeschästigungsstunden des Nationalen Frauen­ dienstes hergestellt waren. — Am sy. hielt die Iugendabteilung des Katholischen Frauenbundes eine Weihnachtsbescherung. Achtzig Kinder, von, Frauenvinzentiusverein ausgewählt — diesmal aus der Südstadt — wurden beschert. Lieder und Gedichte wurden — 349 vorgetragen, lebende Bilder gestellt. — Am 20. fand die Weih­ nachtsfeier des Fröbelschen Rindergartens m it Borträgen und Reigen­ spielen statt, vorher waren von Buben und Mädchen des Rinder­ gartens gefertigte Arbeiten ausgestellt. — Am 22. war eine Weih­ nachtsfeier im Reservelazarett V II. Chöre und Cinzellicder wurden vorgetragen, denen sich v io lin - und Cellosoli anreihten. Stabsarzt I)r. Lion hielt eine Ansprache. — Am 24. hielt der Deutsche Aellnerbund eine Weihnachtsfeier. 20 Rriegskinder wurden be­ schert. Cbenfalls am 24 . hatte Freifrau von Cürkheim, die Vor­ steherin der Hilfsstation am Lahnhof, die Bahnsteigschaffnerinnen und diejenigen vom Fahrdienst, soweit sie abkömmlich waren, zu sich eingeladen, wobei sie bewirtet und beschenkt wurden. Frau von Freydorf erfreute die Geladenen durch einige Borträge. — Am 23. fand die Weihnachtsfeier im Arbeiterbildungs-Verein statt. Lieder und Flötensoli wurden vorgetragen. Lichtbilder zeigten, wie die deutschen M aler von Albrecht Dürer bis Hans Thoma den Weihnachtsgedanken erfaßt und malerisch dargestellt haben. Stadtpfarrer Hindenlang hielt eine Ansprache. Der Vorsitzende des Vereins, Rechtsanwalt G tto Heinsheimer, brachte den vielen, die an der Front stehen und draußen Weihnachten feiern müssen, Gruß und Segenswunsch, wobei er der schweren Gpfer gedachte, die der Verein durch den Tod vieler treuer und tüchtiger M i t ­ glieder dem vaterlande habe bringen müssen. Am vorangegan­ genen Sonntag fand nach musikalischen Darbietungen und nach dem Spiel der Jugendlichen die Bescherung der Meinen statt. — Der Zünglingsverein St. Stephan hielt am 26. seine Weihnachts­ feier ab. Gedichte und Sologesänge wurden vorgetragen und das Melodrama „Die Feldmesse" von Mitgliedern des Rreuzbündniffes ausgeführt. — Lei der Weihnachtsfeier im Waisenhaus trugen die Zöglinge der Anstalt Lieder und Gedichte vor. Stadtpfarrer Rapp hielt eine Ansprache. M it der Feier war wie alljährlich der Jahresbericht verbunden. Der Vorsitzende des Verwaltungs­ rates, Geh. Hofrat V r. B inz, erstattete ihn. w ir entnehmen daraus, daß in der Anstalt zurzeit 6 s Rinder (39 Rnaben und 22 Mädchen) untergebracht sind. An Gstern l 9 l ? schieden 6 Rnaben und 3 Mädchen aus, für die Lehr- und Dienststellen be­ schafft wurden. Die Zöglinge mußten meistens außerhalb der - — Stadt Unterkunft finden, weil Lehrstellen m it Verpflegung schon im Frieden hier nur selten zu finden waren. Die Schulzeugnisse der im Waisenhaus untergebrachten Zöglinge waren durchweg befriedigend, zum Teil recht gut. Die Rinder wurden nach der althergebrachten Hausordnung beschäftigt. Die älteren Wädchen halfen der Haus­ mutter lind unter ihrer Leitung den Dienstboten im Haus und Garten, die Knaben im Garten und Hof. Die Gesundheitsver­ hältnisse waren auch im verflossenen Jahre befriedigend. Die Gönner des Waisenhauses haben dasselbe auch sßi? wieder unter­ stützt. So konnten wieder namhafte Gaben vom Großherzoglichen Hause und von der Bürgerschaft für die Weihnachtsfeier verwendet werden. — Am 30. hielt der Verein katholischer Beamtinnen und Geschäftsgehilfinnen der Südstadt eine Weihnachtsversammlung ab m it Wusik- und Gesangsvorträgen, Solo- und Thorliedern. Lebende Bilder wurden gestellt und eine Ansprache gehalten. — Ebenfalls am 30. veranstaltete der Wännergesangverein einen vaterländischen Abend m it Weihnachtsfeier. E in Prolog wurde gesprochen, Lhöre und Soli vorgetragen und zwei Weihnachtsstücke aufgcführt „E in Traum unter Kerzen" und „Der Ehemann unterm Weihnachtstisch." 3. Ausstellungen. Am 2H. und 25. Bkärz veranstaltete der K a n i n c h e n z u c h t - v e r e i n eine Frühjahrsschau von Kaninchen aller Rassen, ver­ bunden m it einer Ausstellung von Geräten, pelzarbeiten usw. Eine zweite Vereinsschau faud an: 2Y. und 30. September statt. vom s5. bis 2ß. A p ril waren im Landesgewerbeamt A r b e i t e n ausgestellt, die in den Kursen zur Anlernling und Fortbildung von K r i e g s b e s c h ä d i g t e n in gewerblichen Berufen gefertigt worden waren. Es waren Arbeiten aus den Kursen in Schriften­ malen, Glasätzen und Wöbelmalen, im Holzschnitzen, autogenen Schweißen, Eisendrehen, elektrischen Installationswesen, Zuschneiden und den theoretischen Fortbildungskursen für Bauhandwerker, sowie für Gas- und Wasserinstallateure. Der E in tritt war un­ entgeltlich. Das Landesgewerbeamt hatte in Verbindung mit dem Badischen Heimatdank die Kurse im Laufe des Winters veranstaltet. A n i 23. B7ai wurde die badische W a n d e r a u s s t e l l u n g „M u tte r und K ind" im Grangeriegebäude eröffnet. Die Ausstellung fand iin Anschluß an die an anderer Stelle der Chronik (V it, P erwähnte Versammlung für Säuglingsfürsorge statt, die ebenfalls am 23. M a i abgehalten wurde. Z u r Eröffnung der Ausstellung waren erschienen das Großherzogspaar, Großherzogin Luise, unter deren Schutzherrschaft die Veranstaltung stand, die Rönigin von Schweden und Prinz M ax. Außerdem waren zugegen die vier Minister, der Präsident des Oberkirchenrats v . Ilibel, Oberbürger­ meister Siegrist und andere Persönlichkeiten. Die Ausstellung war von einem Menschenfreund der Großherzogin Luise durch Vermittlung des Raiserin-Augusta-Viktoria-Hauses zur Bekämpfung der Säug­ lingssterblichkeit im Deutschen Reich zur Verfügung gestellt und von der Großherzogin dann dem Badischen Landesausschuß für Säug­ lings- und Rleinkinderfürsorge für seine Zwecke überlassen worden. Geh. Gbermedizinalrat Or. Hauser begrüßte die Erschienenen und legte den Zweck der Ausstellung dar. Rabinettsrat von Behr- pinnow übermittelte dann der Versammlung die Grüße der Aaiserin. An die Ansprachen schloß sich ein Rundgang durch die 8 Abteilungen umfassende Ausstellung. Sie enthielt eine reiche Statistik, die durch Bildwerke über Entwicklung, pflege und Ernährung des Säuglings unterstützt wurde. Besonders eindringlich wurde von der künstlichen und der natürlichen Ernährung des kleinen Rindes gesprochen. Ferner sah man eine Darstellung über die Rrankheiten des Säuglings, die Heilmittel, die verschiedene Behandlungsweise, vornehmlich aber das rechtzeitige Erkennen der Rrankheitserscheinungen. Die Ausstellung blieb bis 50. Ju n i eröffnet. Am sO., P . und s2. Zum hielt der Verein „ Deu t sc he F r a u e n k l e i d u n g und F r a u e n k u l t u r " im Laden Aaiser- Straße 226 eine Ausstellung ab. E in tritt Sonntag Vormittag p — s l lh r 30 Pf., sonst frei. Am 2s. und 22. J u li veranstaltete die F r a u e n a r b e i t s - - schule der Abteilung I des Frauenvereins eine Ausstellung der von den Aandidatinnen des Oberseminars für Handarbeitslehrerinnen angefertigten Arbeiten und Zeichnungen. Am sO. und s s. November fand eine Spätjahrsschau des Gaues IV , Mitlelbaden, des allgemeinen badischen Ra n i n c h e n - v e r b a ndes statt. Zm Anschluß daran wurde am Abend des sO. ein Vortrag über Raninchenkrankheiten gehalten. — 852 — Vom ss. bis (8. November war die Ausstellung des M a l e ­ r i n n e n Vere i ns K a r l s r u h e geöffnet; Graphik, Kunstgewerbe, Handarbeiten. E in tritt sO Pf. zugunsten des Koten Kreuzes. M itte November war in der H oskunsthandlung E. Buchte (Inhaber w . Bertsch, Kaiser-Straße s28) eine Sammlung (Öl­ gemälde und Griginal-Graphik des verstorbenen Professors Kamp­ mann ausgestellt. I m K u n s t g e w e r b e m u s e u m fanden folgende Ausstel­ lungen statt. I m M ärz Entwürfe zu Erinnerungszeichen für gefallene Krieger und zu Gedenkzeichen an den Wiederaufbau kriegszerstörter V rte und Gebäude, als Ergebnis eines Preis­ ausschreibens des Badischen und Elsaß-Lothringer Kunstgewerbe­ vereins. I m Ju n i Sonderausstellung von Batikarbeiten und Zeichnungen von K a rl Weibel, Unteroffizier und Lehrer an der Berufsschule des Keservelazaretts Ettlingen. I m September Sonderausstellung von Plakaten der Münchener Plakateschule von Architekt E m il pirchau. I m Dezember Sonderausstellung von dekorativen Malereien und Zeichnungen von M aler Otto Kinkert- würzburg, sowie Druckerzeugnissen der Buch- und Kunstdruckerei Konrad Tröltsch-Dettelbach. Anfang Jun i hat die G a l e r i e M o o s ihre Ausstellung in ihrem neuen Heim, Kaiser-Straße s6s, wieder eröffnet mit Werken von Hans Thoma, W ilhelm Trübner, Hans von Volk­ mann, Albert Haueisen, E . pfefferte, A . Grimm , Gebhardt, Krause, Fikentscher, Kheinboldt u. a. I m J u li brachte die Galerie eine Sonderausstellung von Werken der beiden Karlsruher M aler Adolf Khode und Eugen Segewitz, außerdem Aquarelle und Pastelle der M aler Wilhelm Bolz und Georg Scholz. I m M onat August fand daselbst eine Kollektivausstellung von Werken von w . Eonz, H. von Bolkmann, F r. Fehr und Hans Thoma statt; ferner waren Werke von Kunne und Macklot ausgestellt.. I m Sep­ tember brachte die Galerie eine Ausstellung von Gemälden, Aqua­ rellen und Kadierungen von K . Ferd. Grether, H. Eichrodt, Dussault, K . Wagner, E . Krause und O ttilie von Dallwitz, vom s2. Oktober bis s2. November waren Werke von etwa 30 Künst­ lern, in der Hauptsache Aquarelle, Graphik, Pastelle und Zeich­ nungen ausgestellt. Endlich brachte die Galerie von, s5. November — 553 — bis 3s. Dezember eine Ausstellung von Gemälden badischer Künstler. Neue Graphik, Farbholzschnitte, Radierungen. 4. Sehenswürdigkeiten. Am ss. Gktober und den nächstfolgenden Tagen gab der Zauberkünstler R u c h a y B e l l a c h i n i Proben seiner magischen und spiritistischen Nerwandlungskünste. Am 8. November fand ein Gastspiel des Künstlerpaares F ly und 5 l a d e statt. Sie gaben Proben der Gedächtnis- und Gedankenlesekunst und brachten spiritistische Experimente. 2Z VIII. Verkehrswesen. I 1 < d s t- u n d T e l e g r a p h e n v e r k e h r v o n ' K a r l s r u h e i m J a h r e s y s ? : E iu s c h r c ib b r ie f s e n d u u g e u a b 2 t l 7 5 7 S tü ck au 567 770 „ P a k e te o h n e W e r t a n g a b e a b t 5 9 5 519 „ a u 1 t 8 9 -^ 8 5 „ E iu s c h r e ib p a k e t e a b t 6 8 6 5 „ a u M 'P P 7 P a k e te , B r i e f e u n d K ä s tc h e n m i t W e r t a n g a b e . . . ab 87 5 7 2 „ au 72 5P7 „ N a c h u a h m e s e u d u n g e u . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a u l O Z 0 7 6 „ p o s t a n f t r ä g e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a b Z 52p „ clU 3 6 5 0 „ P o s t a u w e is u u g e u .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ab p t 2 N 2 „ au PP2 58Z B e t r a g d e r p o s t a u w e i s u u g e u . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ab 2 p 6 7 0 0 5 l w tk . a u 2 6 8 5 2 9 8 7 „ A u fg e g e b e u e Z ä h l k a r t e n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a b 5 7 5 l 5 9 5 tü c k B e t r a g d e r Z ä h l k a r t e n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 6 p 8 8 8 790 M k . E iu g c g a u g e u e Z a h lu u g s a u w e is u u g o u .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a u ^20 2 8 2 S tü ck B e t r a g d e r Z a h l u n g s a n w e i s u n g e n 2 t 5 0 5 802 IN k . T e l e g r a m m e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a b P52 t 6Z S tück a u l 5 2 7 „ Z a h l d e r G e s p rä c h e im ( O r t s v e r k e h r 8 674 6 0 7 Z a h l d e r G e s p rä c h e iu i B o r o r t s - u n d N a c h b a r o r ts v e r k e h r 22p 92p Z a h l d e r G e s p rä c h e im F e r n v e r k e h r 2 7 2 p 590 Z a h l d e r m i t F e rn s p re c h e r ü b e r m it te l te n T e le g r a m m e u n d so nstigen N a c h r i c h t e n .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( 8 2 5 8 . — 555 — I m Vergleich m it dem Verkehr von sfisk zeigen die E in ­ schreibbriefsendungen (ad), die Pakete ohne Wertangabe (ab und an), die Pakete, Briefe und Aästchen mit Wertangabe (ab und an), die Postanweisungen (ab) in der Stückzahl und im Betrag, der Betrag der Zahlkarten, der der Zahlungsanweisungen, der Telegramme (ab und an), sämtliche Gespräche sowie die m it Fernsprecher übermittelten Telegramme und sonstigen Nachrichten eine Zunahme, die übrigen Sätze eine Abnahme. Die Zah l der gewöhnlichen Briefsendungen (Briefe, Postkarten, Drucksachen, Ge­ schäftspapiere und Warenproben) wurden auch (H l? wie in den vorhergehenden Uriegsjahren nicht ermittelt. Von dem Umfang des Weihnachts- und Neujahrsverkehrs bei den Postanstalten der Stadt geben folgende Zahlen ein B ild : I n der Zeit vom ( 6 . bis einschließlich 2H. Dezember wurden H5752 ( l 9 l 6 : V N H ) Paketsendungen eingeliefert. Ferner gingen in der Zeit vom (y. bis einschließlich 25. Dezember 32 7H9 (50669) Stück zur Bestellung und Abholung ein. Vorn 27. Dezember mittags bis einschließlich 3 (. Dezember wurden 572 56 s (559 56H) Stück Freimarken, Postkarten und Uartenbriefe verkauft, darunter s5s6-s7 (s50830) Freimarken zu 3 Pf., s57 6 sO (s55778) zu 7'/s Pf., 66 0H3 (60 586) zu s5 Pf., 26 09 s (25 6 s 8) Postkarten zu 7fis Pf., 590 (s63) Uarlenbriefe. A u f die Zeit vom 30. De­ zember mittags bis 3 s. Dezember abends entfielen von der ange­ gebenen Gesamtstückzahl 220 329 (2s7 0s7). Bei den Postämtern I und I I traten vom 5. Januar ab folgende rlnderungen ein: Sämtliche Annahmeschalter werden um 7 Uhr nachmittags geschlossen. Die Schalter für Geldeinzahlung werden um 9 Uhr vormittags geöffnet und bleiben in der Zeit von s2 i/z bis 2 /̂z Uhr nachmittags geschloffen. Der Verkauf von Wechselstempelmarken, Wertzeichen zur Erhebung der statisti­ schen Gebühr, versicherungs- und Warenumsatz-Stempelmarken wird in der Zeit von (2 Hs bis 2 ^ Uhr nachmittags eingestellt. Die Einschränkungen zn s— 3 gelten auch für das Zweig-Postamt I I I (Waldhorn-Straße). Die Paketausgabe wird um 6 Uhr nach­ mittags geschlossen, nur postlagernde Pakete werden bis 7 Uhr nachmittags ausgegeben. Beim Postamt I findet die Bestellung von Wertbriefen, Nachnahmebriefsendungen, Zolladressen zu Wert­ es * — 336 — und Nachnahmepaketen vom Auslande sowie die Vorzeigung vSU Postaufträgen werktäglich nur einmal — statt wie bisher zweimal — und zwar vormittags statt. Die 2 . und H. Briefkastenleerung (Beginn 9 Ahr (0 vormittags und (2 Ahr 23 nachmittags), die im Postamt I I bereits am (7. November (9 (6 aufgehoben wurden, fallen vom (. Januar auch beim Postamt I weg. Ä n d e r u n g e n i m B e t r i e b der S t a a t s e i s e n b a h n e n. vom (0 . Januar an wurden infolge des steigenden Bedarfs der Heeresverwaltung an Lokomotiven und Wagen, wie auf allen Bahnen, so auch auf den badischen Staatseisenbahnen, erhebliche Änderungen und Einschränkungen des Personenverkehrs gegenüber dem Fahrplan vom (. (Oktober (9 (6 eingeführt. Vom 20 . Februar an fiel eine Anzahl Schnell-, E il- und Personenzüge im Hinblick auf starke Inanspruchnahme der Bahn­ verwaltungen durch den Güterverkehr sowie zur Einschränkung des Aohlenverbrauchs bis auf weiteres aus. Vom (. September an wurden sämtliche Schnellzüge der Strecken Mannheim— Heidelberg, Schwetzingen— Weil— Leopolds- Höhe, Mannheim— Würzbnrg, Aarlsruhe— Mühlacker und Appen­ weier— Straßburg für den Nahverkehr auf Entfernungen unter 60 lern ausgeschlossen. Die Beschränkung erstreckte sich auch auf Zeit- und Schülerkarten. Unter dem Vorsitz des Finanzministers fand am 9 . November eine Tagung des E i s e n b a h n r a t e s statt. Der Minister gab zunächst ein B ild der schwierigen Lage der Eisenbahnen durch den Arieg. Der Verkehr habe einen Umfang angenommen, der sogar den Friedensverkehr übertreffe. Bei dem empfindlichen Mangel an Personal und M ateria l müsse eine Eindämmung des Ver­ kehrs herbeigeführt werden. Der M ilitärverkehr müsse unbedingt bedient werden; ebenso könne der Güterverkehr wegen Versorgung von Heer und Bevölkerung m it dem Notwendigen für eine E in ­ schränkung nicht in Betracht kommen. Dagegen müsse der Per­ sonenverkehr eine Einschränkung erfahren. Zu diesem Zwecke hätten die deutschen Bahnverwaltungen beträchtliche Verteuerungen des Schnellzugsverkehrs während aller Tage, des Samstagsnachmittags­ und Sonntagsverkehrs in Personenzügen in Aussicht genommen. Auf den Zeitpunkt der Durchführung dieser Preiserhöhungen soll die in Baden bestehende Beschränkung, wonach in Schnellzügen nur Reisen ans Entfernungen über 60 km zulässig sind, aufgehoben werden. Die E in führung der H. !Vagenklasse wurde vom Eisenbahnrat im allgemeinen gutgeheißen, wenn sie auch von einigen U litglicdern m it wenig Freude begrüßt wurde. Die anläßlich der Einführung der Verkehrssteuer beabsichtigte Erhöhung der Personen- und Gepäcktarise und die Erhöhung der Expreßguttarife fanden keinen Miderspruch. Die Einheitssätze des personentariss betragen künftig (einschließlich der Verkehrssteuer) (. Ulasse 9 Pf., 2. Ulaffe 5,7 Pf., 3. Ulasse 5,7 P f. und Ulasse 2,H Pf. Der Tag des Inkrafttretens der Tariferhöhungen soll später bekannt gegeben werden. Auf der Tagesordnung stand ferner noch die Beratung folgender Punkte: Aufhebung verschiedener Ausnahmetarife im Güterverkehr, Änderung des T a rifs für den Güterverkehr auf öffentlichen Anschlußgleisen, Änderung der Reexpeditionsbestim- mungen. Die Prüfung der Bestimmungen über die Aufhebungen einiger Ausnahmetarife, sowie die Beschlußfassung über die beiden letztgenannten Punkte der Tagesordnung wurde dem ständigen Ausschuß des Eisenbahnrats überwiesen. Das Betriebsjahr sHs? der S t ä d t i s c h e n S t r a ß e n ­ b a h n ((5. in städt. Verwaltung) brachte wiederum eine erhebliche Verkehrssteigerung. Die Aufrechterhaltung des Betriebes bereitete schon in den beiden ersten Uriegsjahren große Schwierigkeiten. Diese stiegen infolge der verschärften Lage auf dem Arbeitsmarkt und dem immer fühlbarer werdenden Ulangel an Rohstoffen noch weiterhin. Auch die durch die Uohlenknappheit hervorgerufene Betriebseinschränkung beeinflußte ebenfalls die wirtschaftliche Aus­ nutzung unserer Bahn wesentlich. Unter diesen Umständen gelang es nur durch restlose Ausnutzung der Betriebsmittel und unter Anspannung aller Uräste den gesteigerten Verkehr ohne nennens­ werte Störungen zu bewältigen. — 358 — Wenn trotzdem das Betriebsergebnis neben einer Verzinsung und Tilgung von 520 H(( und 22 i 660 Blk. Rücklagen noch eine Barablieferung an die Stadthauptkasse von H58 652 Blk. erbrachte, so kann das wohl als befriedigend bezeichnet werden, es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß diese Abliefe­ rung größtenteis dadurch ermöglicht wurde, daß mancherlei Unter­ haltungsarbeiten nicht vorgenommen werden konnten. Die Einnahmen aus der Personenbeförderung betrugen (9 t 7 3 262 777 Blk. (2 H22 96H Blk.), die Einnahmen aus Postgut­ beförderung iO 560 Blk. (7 62s) Blk.). Die Gesamteinnahinen einschl. aller Nebeneinnahmen betrugen 5 395 209 B lk. (2 527 725 Blk.). Die Gesamtausgaben beliefen sich auf 2 850 859 Blk. (2 572 (H6 Blk.). Der Prozentsatz der Betriebsausgaben gegenüber den Betriebs­ einnahmen war 62,l o/g (76,5 °/g). 55 Lazareltzüge ((05) zur Beförderung von (626 (3(55) Leicht- und Schwerverwundeten wurden unentgeltlich gestellt. Am Zahresschluß waren im Straßenbahnbetrieb 6H7 (58H) Personen beschäftigt; vom Stammpersonal stehen z. Z . 37 ( (H85) Beamte und Arbeiter im Heeresdienst. An diese wurden Gehälter und Löhne in Höhe von 525 H08 Blk. (H57 782 Blk.) weiter- gezahlt. Für Ersatzleute der im Felde Stehenden (Fahrpersonal und Betriebsarbeiter) waren an Gehältern und Löhnen 765 892 Blk. (652 568 Blk.) aufzubringen. Von den Beamten und Arbeitern sind 6( gefallen, 6 find vermißt und (8 befinden sich in Gefangenschaft. Für Verzinsung und Tilgung der in der Straßenbahn ange­ legten Anlehensmittel, sowie zur verstärkten Tilgung wurden 7H2 67( Blk. (7(3 895 Blk.) an die Stadthauptkasse abgeliefert. E in Zuschuß aus der Stadthauptkasse war nicht erforderlich, während ein solcher im Vorjahre im Betrage von 33 8(2 Blk. nötig war. Barablieferuug an die Stadthauptkasse H58 652,96 Blk. Die Zah l der beförderten Personen betrug 39 29H 960 gegen 300(H273 im Zahr (9(6 — einer Zunahme von 50,9 (2(,78°/o). — 3 5 9 — Die Betriebslänge der Bahn (20, fH km) hat sich nicht ver­ ändert. Triebwagenkilometer wurden 6HsH625 (5 79s 558) geleistet — einer Steigerung von sO,7 °/g. Die Zah l der gefahrenen A n­ hängewagenkilometer belief sich auf 2 596 3H8 (2 033 7H3). Für den Bahnbetrieb einschl. Abgabe an Dritte wurden 3 933 275 kvvst (3 922 650 kevst) Strom erzeugt, hiervon durch das Bahnkraftwerk (Tulla-Straße) s776505 kvesk (s 759^60 kevst) und durch das städtische Rheinhafenwerk 2 s56 770k,v8t(2 f83^90kvv3t). I n , ganzen sind für die Stromerzeugung im eigenen Werk, für die Dampf- und Warmwasserheizung, sowie für die Bäder, Wasch­ einrichtungen, Sandtrockner, Auskoch-Apparate usw. 3 9HH852 k§ Aohlen und Aoks verbraucht worden, davon kommen auf die Stromerzeugung 3H25 773 k§ Aohlen und für die Heizungs­ anlagen, Bäder und Wascheinrichtungen usw. 569079 k§ Aohlen. Am fO. M ärz wurde gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des neuen Straßenbahnfahrplanes die neuerstellte Straßenbahnstrccke in der Garten- und Mathy-Straße in Betrieb genommen. Die bisherige Haltestelle und Tarifgrenze „Eisenlohr-Straße" wurde aufgehoben und an Ecke Ariegs- und Weinbrenner-Straße verlegt. Bene Haltestellen sind geschaffen und zwar bei der „Lessing-Straße— Waffenfabrik", „Io lly -S traß e— Garnisonlazarett", „Hirsch-Straße" (unter der Hirschbrücke) und an der „Aarl-S traße". Fahrten ab Hauptbahnhof bis Ariegs-Straße Ecke Weinbrenner-Straße kosten vom sO. M ärz an für die Fahrt und Person sO P f. bei Be­ nützung der direkten Strecke über A a rl- und Mathy-Straße, s5 Pf. bei Benützung des Weges über Aaiser-Straße— Mühlburger Tor. — Bach Beschluß des Stadtrates vom H. A p ril wurde der Betrieb der Straßenbahn an Sonn- und Feiertagen und Samstagen — erstmals über die Gstertage — abends um eine Stunde verlängert. Ferner wurde aus der Sitzung des Stadtrates vom H. A p ril folgendes berichtet: „D a sich der Berkehr der neu eröffneten Straßen­ bahnlinie Garten-Straße— Mathy-Straße nach dem Hauptbahnhof nicht so entwickelt hat, wie erwartet wurde, schlägt das Bahnamt vor, von, (. M a i ab auf der Strecke Ariegs-Straße Ecke Schiller- — 360 — Straße bis zur Ettlinger Straße Ecke Garten-Straße einen Pendel­ verkehr n iit sO Minuten-Magenfolge einzurichten, dagegen für die Linie 6 und 7 den früheren Verkehr über Mühlburgertor— Karl- Straße bezw. Ettliuger Straße zum Hauptbahuhof wiederherzu­ stellen". Der Stadtrat hieß den Vorschlag gut. — vom 2 f. Jun i ab verkehrte der Marktgüterwagen zwischen Durlach, Karlsruhe Marktplatz oder Ludwigsplatz. — vom fH. ab wurden folgende Haltestellen aufgehoben: Hansa, Lamey-, Nelken-, Scheffel-, Leopold-, Wald-, Ritter-, Adler-, Durlacher- und B is ­ marck-Straße, V illa Beck, Rudolf-Straße, Burghof und Hirsch­ brücke. Zusammeugelegt-wurden die Haltestellen bei der Weber- Straße und Grenadierkaserne in Beethoven-Straße, Weingarten- Straße und Blume in Heugstplatz, Bernhard- und Georg Friedrich- Straße in Rudolf-S traße, Wasserwerk und Schiller-Straße in Sophien - Straße, Post- und Kelter-Straße in Sebold - Straße. Amalien-Straße blieb Haltestelle nur au Markttagen bis nachmittags 2 Uhr. — vom s6. August ab wurde die Pendellinie Festhallc— Garten-Straße eingestellt. Für den Beginn und Schluß der Arbeit in den Waffen- und Munitionsfabriken liefen auf dieser Linie Einsatzwagen nach Bedarf. Außerdem wurde auf sämtlichen Linien der Abendverkehr eingeschränkt. N ur an Sonntagen und höheren Feiertagen blieb der Schülerverkehr wie bisher beibehalteu. Dagegen fiel die Gestellung von Sonderwagen für das Konzert­ haus weg. — vom 25. August ab wurden die Haltestellen „Veilchen-Straße" und „Rudolf-Straße" aufgehoben und die Halte­ stelle „Georg-Friedrich Straße" wieder errichtet. Die Betriebs- und Streckenlänge der K a r l s r u h e r L o k a l ­ b a h n e n beträgt jetzt 33,03 bm (32,83 bin). von dem Personal standen sfis? 2s M ann im Kriegsdienst. Davon ist einer gefallen. Ende sHl? waren vorhanden: 9 Zweiachsige Dampfloko­ motiven, 3 zweiachsige elektrische'Triebwagen, Hs vierachsige und s5 zweiachsige Personenwagen, 2 Gepäck- und 2-( Güterwagen. Am Iahresschluß waren insgesamt 37 Beamte und 65 A r ­ beiter beschäftigt. Den im Felde stehenden Angestellten wurden, wie bei der Straßenbahn, die Gehälter und Löhne in voller Höhe — 36s — weiter bezahlt, wodurch besondere Betriebsausgaben von 52534 Blk. (20 036 Blk.) entstanden. Die Gesamteinnahmen betrugen 408 320 Blk. Y3 P f. (327 550 Blk. 20 Pf.), die Gesamtausgaben betrugen 546 854 Blk. 57 P f. (260 907 Blk. 64 P f.). Z u r Verzinsung und Tilgung der aufgeweudete» Kapitalien ist ein Zuschuß aus der Stadt­ hauptkasse von 57 057 Blk. 3s Pf. (17 776 Blk. 5 Pf.) erforderlich. Die Einnahmen aus dem Personenverkehr betrugen 355 260 Blk. Hl Pf- (287 092 Blk. 50 Pf.). Personen wurden 2 994 053 (2 592 69 p befördert, 16 789 (21 9 9 1) Gepäckkarten ausgegeben und 824 (63H) Hunde befördert. Abgefahren wurden 258 657 (264 143) Lokomotivkilometer und 3 686 062 (3 573 576) Wagen­ achskilometer. B lit Wirkung vom 16. August wurde der Betrieb der Lokal­ bahnen an der Kriegs-Straße zwischen Ettlingertorplatz und Schiller- Straße stillgelegt und über Beiertheimer Allee— Blathy-Straße— Garten-Straße geführt. Damit waren folgende Änderungen in den Haltestellen verbunden: aufgehoben wurden die Haltestellen „Kronen-Straße", „Hirsch-Straße", „K a rls to r", „Westend-Straße", „Grenz-Straße". A u f der Strecke zwischen Karlsruhe (Lokalbahn­ hof)— Gleisdreieck— Schiller-Straße über Blathy-Straße wird ge­ halten an: „Lokalbahnhof (Kapellen-Straße)", „Winterdenkmal", „Karl-S traße", „Waffenfabrik", „Gleisdreieck— Schiller-Straße". — Seit dem 2 s. August wurde der Betrieb auf der Strecke Lokalbahnhof—Kühler Krug zumteil m it elektrischen Blotorwagen betrieben, nachdem schon einige Tage Probefahrten unternommen worden waren. Lei der A l b t a l b a h n betrug die Länge wie im Vorjahre 57,39 lm r Personen wurden 394^206 (19f6: 3260 160) be­ fördert. Güter wurden 148 804 k (145 750 H gefahren. Die Einnahmen aus dem Personen- und Gepäckverkehr betrugen 776 471 Blk. (538 946 Blk.), die aus dein Güter-, Vieh- und sonstigem Verkehr 312 211 Blk. (268 709 Blk.), die Gesamtein­ nahmen somit 1 088 682 Blk. (807 655 Blk.). Die Gesamtaus­ gaben einschließlich Rücklagen in die Erneuernngs- und Reserve­ fonds beliefen sich auf 993570 Blk. (713 170 Blk.). Die Be­ triebsausgaben (ohne Rücklagen) betrugen 88,66 "/g (84,62 "/«). — 562 — I m Karlsruher R h ei » H a f e n hat der Umschlagsverkehr gegenüber den Ergebnissen von (9(6 um ( 7,6 o/g abgenommen ( (9(6 hatte dieser Verkehr gegenüber (9(5 eine Zunahme von (H o/a), was in der Hauptsache auf ungünstigere wasserstands- verhältnisse zurückzuführen ist. Von der Staatsbahnstation Karlsruhe Hafen sind im Be­ richtsjahr abgefertigt worden im Versand 898 072 r ( (9(6 : ( ( 5 0 922 t), im Empfang 556 (27 t (<(07 6(7 t), zusammen ( 2 5 ^ ( 9 9 somit weniger 50^3^0 t oder rund (9,5 °/g ( (9(6 mehr (85 389 t oder rund (3,5 "/o). Nach einer Zusammenstellung der Wochenschrift „Der Rhein" stand Karlsruhe durch seinen Hafenverkehr unter (H wichtigeren Binnenhäfen ((5 Rheinhäfen und Frankfurt a. W .) an 6. Stelle ((9(H an 9- und (9(6 an 5. Stelle). Der größte T e il der w erfthallen sowie des Getreidespeichers w ar während der Berichtszeit dauernd vermietet, sodaß die fin­ den allgemeinen Verkehr verfügbaren Lagerräume sehr knapp geworden sind. I m Jahre (9(7 hat die Stadt an 8 Firmen H2 9 (( (M vermietet und an H Firmen 68 579 9m verkauft und rund 756 000 w k . für verkauftes Hafengelände eingenommen. Am Ende des Berichtsjahres hatte die Stadt für den Rhein­ hafen insgesamt 6 9 ^69 ^6 B lk. aufgewcndet. Die Betriebsein­ nahmen im Berichtsjahre beliefen sich auf H57025 w k. (5 (2369w k.), die Ausgaben auf 286 3 ( ( Wk. (276 8 l3 Blk.). Gegen (9(6 haben die Betriebseinnahmen um 75 3 ^ U7k. — (ch7 "/« abge­ nommen, die Betriebsausgaben »in 9 d ^ Wk. — 5,^ °/g zuge­ nommen. Z u dem Tilgungsaufwand war ein Zuschuß der Stadt­ hauptkasse von (60 5 ^ Alk. ( ( ( 2 828 w k .) erforderlich. Das städtische W otorboot ist in dem Betriebsjahr wegen W angel an Betriebsstoff stillgelegen. Die Gemeindeumlagen, die (9(7 die Hafenfirmcn bezahlt haben, die lediglich durch die Anlage des Hafens nach Karlsruhe gezogen worden sind, betrugen (77 208 wk . und sind gegen (9(6 um 76 958 A lk . — 76,7 °/o gewachsen. Die Fortzahlung der Gehälter und Löhne an die Familien 363 — der zu den Fahnen einberufenen Beamten und Arbeiter erforderte (9(7 einen Aufwand von 80 320 RA. (72 295 RA.), Am (8. R la i trafen anläßlich der B e s i c h t i g u n g der wes tdeutschen W a s s e r st r a ß e n Rlitglieder der militärischen Schiffahrtsabteilung beim Chef des Feldeisenbahnwesens zu Schiff im Karlsruher R h e i n h a f e n ein, wo sie von dein Oberbürger­ meister und mehreren Stadträten empfangen wurden. Nach ein­ gehender Besichtigung der gesamten Hafenanlagen unter Führung des Hafendirektors Sebold fuhren die Herren, denen sich in Straß- burg Vertreter mehrerer süddeutschen Bundesstaaten und sonstige Schiffahrtsinteressenten angeschlossen hatten, im Sonderwagen der Straßenbahn nach dem Stadtgarten. Nach einein Spaziergang durch denselben wurde in den oberen Räumen der Tiergarten­ wirtschaft ein von der Stadtverwaltung gestellter Im b iß einge­ nommen. I m Speisesaal, in dem die größere Zah l der etwa (20 Teilnehmer Platz gcuommen hatten, begrüßte Oberbürger­ meister Siegrist die Gäste. Nach einer kurzen Übersicht über die Entwicklung des Karlsruher Rheinhafens, der im R7ai (9 0 l eröffnet werden konnte und im Jahre (9(H einen Umschlags­ verkehr von ( l/z Rlillionen Tonnen aufzuweisen hatte, gab der Oberbürgermeister seiner Befriedigung Ausdruck über die Grün­ dung einer Schiffahrtsabteilung beiin Thef des Feldeisenbahnwesens. E r habe die Überzeugung, daß durch diese Organisation sowohl die weitere gedeihliche Entwicklung des Schiffahrtswesens wie des Eisenbahnwesens gewährleistet sei. Notwendig sei allerdings, daß zur Freimachung des Verkehrs auf den Wasserstraßen verschiedene Hindernisse beseitigt würden. Z u diesen gehörten nicht allein die veralteten Schiffbrücken auf dem Rhein, sondern auch zu starke Betonung von Sonderinteressen der Einzelstaaten. Wie die Eisen­ bahnen müssen auch die Wasserstraßen als ein einheitliches Netz gebaut und betrieben werden. Aus der Tatsache, daß jetzt eine Organisation für Eisenbahnen und Wasserstraßen gebildet worden sei, dürfe man die Hoffnung schöpfen, daß nicht nur während des Krieges, sondern auch späterhin Gutes geschaffen werde auf dem Gebiete des Eisenbahn- und Wasserverkehrs. M it einein noch­ — 3 6 -f - maligen Willkommen an die Gäste schloß der Oberbürgermeister seine Ansprache. R lit herzlichen Worten des Dankes erwiderte Oberstleutnant Kavelmacher, Kommissär des Feldeisenbahnchefs, Namens der Gäste. Leine Ansprache gipfelte in den besten wünschen für die Ltadt Karlsruhe, ^ n dem kleineren Lpeiseraum, der ebenso wie der große Laal mit Blumen reich geziert war, wurden die Gäste von Ltadtrat Kölsch m it einer humorvollen Rede begrüßt. Gegen 9 ü h r abends setzten die Gäste, denen ein kleines Druckwerk vom Rheinhafen und Ansichtspostkarten aus dem Ltadtgarten als Andenken mitgegeben wurden, ihre Besichtigungsreise fort. X'). Vevölkerungsvorgänge- Totenschau. 1. Venölkerungsvorgänge. in Jahre f 9 f 7 betrug die Z a h l der L e b e n d g e b o r e n e n sl9l6: 2065). Die höchste Zah l der Lebendgeborenen wies der Zanuar und Nlärz auf m it je f75 ( l 9 l 6 : Za- uuar mit 200), die niedrigste Zah l der November m it f26 ( l 9 l 6 : November mit s57). Tokgeborene wurden ^8 genieldet ( l 9 l 6 : 57). A u f je fooo Einwohner und aufs Ja h r berechnet kamen f2,5s Lebendgeborene ( l 9 l 6 : )3,93). Die Zahl der T o d e s f ä l l e * * ) betrug im Berichtsjahre l99H ( l 9 l 6 : 2072). Die meisten Todesfälle erfolgten im Fe­ bruar, nämlich )96 ( l 9s6 im Zum 2H0), die wenigsten im Sep­ tember, nämlich f5 ^ ( l 9 l 6 im Z u li s29). A u f je fOOO E in ­ wohner und aufs Zahr berechnet kamen f3,65 Todesfälle ( l 9 l 6 : f5,97). Anstatt des Geburtenüberschusses war ein Überschuß an Gestorbenen von s9? ( l 9 l 6 ebenfalls ein Überschuß an Gestor­ benen und zwar von 7) vorhanden. *) Abteilung IX , Übersicht über die Witterungsverhältnisse, muß in der diesjährigen Chronik ausfallen; sie soll, wenn möglich, in der Chronik Z9 Z6 erscheinen. **) Näheres über die Todesursachen vergl. Beilage II. — 366 — S t a d t t e i l Lebendgeborene Gestorbene 1917 1916 1917 1916 In n ere Gststadt.............................................. 222 260 288 295 Innere W e s ts ta d t........................................ 101 115 288 289 Alter ljard tw aldstadtteil............................ 10 22 58 51 Äußere Gststadt............................................. 22!) 233 162 192 S ü d s ta d t ......................................................... 267 375 307 331 S tadtgartenv ierte l........................................ 5 3 12 31 Südweststadt............................................. ..... 262 332 376 380 Neuer kjardtmaldstadtteil............................ 180 186 10 32 N lü h lb u rg ......................................................... 210 255 283 265 B e ie r t h e im ................................................... 36 56 30 19 R in th e im ......................................................... 23 29 15 25 R ü p p u r r ......................................................... 59 55 51 18 G rü n w iu k e l................................................... 26 37 23 23 D arlanden......................................................... 77 77 61 55 E h e s c h l i e ß u n g e n fanden im Berichtsjahre 8 8 2 ( ( 9 ( 6 : 7 9 2 ) statt — 6 ,OH (5 ,3 H ) ans ( 0 0 0 Einwohner und aufs J a h r berechnet. Ehescheidungen einschl. der fü r nichtig erklärten Ehen kamen HZ ( ( 9 ( 6 : 3 0 ) vor — 0 ,3 s (0 ,2 0 ) aus ( 0 0 0 Einwohner, Ehelösungen durch den Tod 7 ( ( (7 2 0 ) — H ,87 (H ,8 6 ) auf ( 0 0 0 Einwohner, gelöste Ehen demnach überhaupt 7 5 6 (7 5 0 ) — 5 , ( 8 (5 ,0 6 ) auf ( 0 0 0 Einwohner. M eh r Eheschließungen als Lhe- lösungen waren es ( 2 6 (H2) — 0 ,8 6 (0 ,2 8 ) auf (0 0 0 E in ­ wohner. 2. Totenschau. l V i h e l m i n e M a y e r , geboren in Mertheim, gestorben am (2. Zannar in Baden im Alter von 5( Jahren. Fräulein M ayer bildete sich als volksschullehrerin aus und wurde infolge ihres hervorragenden pädagogischen Talents im Alter von 28 fahren an das vom Badischen Frauenverein neugegründete Seminar für Haushaltungslehrerinnen in Karlsruhe berufen, dem sie 23 Jahre angehörte und durch ihre Leitung als Vorsteherin des Seminars eine große Zah l Schülerinnen ausbildete. Groß­ herzogin Luise, der Frauenverein, der Lehrerinnenverein, die Haus- — 367 haltungslchrerinnen, die Gruppe technischer Lehrerinnen und Schüle- rinnen ließen Kränze am Sarge der Entschlafenen niederlegen. A r t h u r D a h l m a n n , geboren am 5. Dezember 1850 in Elbing, gestorben am 2s. Januar. E r trat s87s als E in jahrig- Freiwilliger in das Feld-Artillerie-Regiment N r. s in Königsberg ein, wurde alsdann Fahnenjunker und kam s87s zu dem Feld- Artillerie-Regiment Nr. s5 nach Straßburg, wurde daselbst s87s Leutnant und s88o (Oberleutnant. Seit s888 war er Hauptmann und Batteriechef beim Feld-Artillerie-Regiment Großherzog dahier, kam später als M a jo r nach Neustadt und Neisse, wo er bis zu seiner nachgesuchten Zuruhesetzung im Jahre s8s)9 verblieb. E r nahm darauf seinen dauernden Wohnsitz in Karlsruhe. M a jo r Dahlmann gehörte als Gründungsmitglied und dann als Vor­ sitzender der hiesigen (Ortsgruppe des Deutschen Lustflottenoereins an. Le i Ausbruch des Krieges kehrte er in den Militärdienst zurück und wirkte als M itglied des Kriegsbekleidungsamtes des X IV . Armeekorps. Der Vorstand des Bekleidungsamtes widmete dem Entschlafenen folgenden Nachruf: „Trotz vorgerückten Alters hat er sich sofort bei Kriegsbeginn denr Vaterland zur Verfügung gestellt und die verantwortungsreiche Stellung eines militärischen M itglieds mit großem Pflichteifer wahrgenommcn. Seine vortrefflichen Eigenschaften und sein liebenswürdiges Wesen sichern ihm ein treues Andenken". G u s t a v A d o l f Sp e c h t , geboren s837 in Zysen, Kanton Baselland, gestorben am 26. Januar. E r studierte Theologie und Philologie und war nach Abschluß seiner Studien bis (865 im Dienste der Landeskirche tätig. Am Ende dieses Jahres wurde er zum Vor­ stand der Höheren Mädchenschule in Lahr und am 28. M a i s873 zum Professor der Höheren Töchterschule hier und zum Rektor der erweiterten Augartenschule ernannt. Am 6. A p ril s876 wurde ihm die Stelle des Rektors der städtischen Volksschulen übertragen. s893 erhielt er den Titel Stadtschulrat. I n seinem Amte hat der Verstorbene bei der Kmwandlung der konfessionell getrennten in konfessionell gemischte Volksschulen und infolge des überaus raschen Anwachsens unserer Stadt eine umfangreiche Arbeit zu leisten, bei deren Erledigung er sich unvergängliche Verdienste erwarb. Wenn die Karlsruher Volksschulen eine für das B i l ­ — 368 - dungswesen der großen Massen unserer hiesigen Bevölkerung segens­ volle Bedeutung erlangten, so verdanken sie diese ihre hervor­ ragende Stellung neben der Fürsorge der staatlichen und städtischen Behörden und der Gpferwilligkeit unserer Geineindevertretung besonders zwei Männern, Oberbürgermeister Schnetzlcr und Hofrat Specht. I n der Thronik des Jahres sßOS, in dem Herr Specht in den Ruhestand trat, ist die Anerkennung ausführlich geschildert, die dem Verstorbenen damals vonseiten der Behörden, der Stadt­ verwaltung und der Karlsruher Lehrerschaft zuteil wurde. I n der Stadtratssitzung voni 3s. Januar hat Oberbürgermeister Siegrist in ehrenden Morten des Dahingcschiedeueu gedacht, der seines wichtigen Amtes „m it größter Hingebung und wachsendem Erfolge gewaltet und sich dadurch um die Bildung und Erziehung der hiesigen Jugend außerordentlich verdient gemacht. Dafür schulde ihm die Karlsruher Bürgerschaft bleibenden Dank und Anerkennung". Der Stadtrat hat den Angehörigen des Ent­ schlafenen seine Teilnahme ausgesprochen; außerdem war er durch eine Abordnung bei der Trauerfeier vertreten und hat einen Kranz an der Bahre niederlegen lassen. L e o p o l d F r e i h e r r v o n F r e y s t e d t , geboren l8^0 i» Karlsruhe, gestorben am 30. Januar. Der Entschlafene wurde s859 Leutnant im Leib-Dragoner-Regiment, s866 Oberleutnant, kam s867 in das 3. Dragoner-Regiment, machte in diesem den Krieg s 870/7 s mit, wurde s87s Rittmeister im Magdeburgischen Kürassier-Regiment N r. 7, s88s persönlicher Adjutant des Fürsten zu Schwarzburg-Sondershansen und in demselben Jahre M a jo r. s885 zur Disposition gestellt, trat Freiherr von Freystedt als Hof­ marschall in den Dienst des Erbgroßherzogs, erhielt sß02 das jDrädikat Exzellenz und wurde sß07 Oberhofmarschall. Bei seinem Tode brachte der Hofbericht folgende M itte ilung: „ Ih re König­ lichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind durch den heute erfolgten Tod des Oberhofmarschalls Freiherrn von Freystedt in schmerzliche Trauer versetzt. Der Verstorbene, der die Hofhaltung der Großherzoglichen Herrschaften seit deren Vermäh­ lung geleitet hat, ist Höchstdenselben in uneingeschränktem Ver­ trauen auch stets persönlich nahegestanden. Ih re Königlichen Hoheiten werden dem Verewigten ein treues und dankbares An- H ui» . V. S c d m ä » W rc h „ach gemLille von propkelir. kxx . Ir e ik e rr Leopolä von F reyrteät, Oberkolmarscha». - - - Z6H denken bewahren". Bei der Bestattung des Entschlafenen erschienen in der Friedhofkapelle das Großherzogspaar und Großherzogin Luise, Prinz M ax hatte einen Vertreter entsandt. Außerdem waren zu­ gegen die Buntster Freiherr von Bodman und Hübsch, der stell­ vertretende Kommandierende General Zsbert, der preußische Ge­ sandte von Eisendecher, Obersthofmeister von Brauer, (Oberbürger­ meister Liegrist und zahlreiche andere Staats- und Hofbeamte und Offiziere. Bei Beginn der Trauerfeierlichkeit trug der Hofkirchen­ chor „Jesus, meine Zuversicht" vor, worauf Hofprediger Fischer unter Zugrundelegung des Psalms 73 Vers 2^ die Trauerrede hielt. Der Hofkircheuchor sang sodann „Wenn ich einmal soll scheiden". Dann bewegte sich der Zug nach der Grabstätte. An der Spitze desselben trugen Offiziere die zahlreichen Auszeichnungen des verstorbene», hinter dem Sarge schritt der Großherzog. Unter den Anverwandten befand sich G raf Zeppelin, der Schwager des Freiherrn. Zn der Stadtratssitzung vom 5 s. Zanuar gedachte der Oberbürgermeister in ehrenden Worten des verstorbenen, „dabei besonders den hochherzigen Wohltätigkeitssinn hervorhebend, den der Entschlafene noch kurz vor seinem Tode dadurch betätigt hat, daß er der Stadt sein auf de» Gemarkungen Zstein und Huttingen gelegenes Gut mit der Bestimmung schenkte, es zur Linderung von durch den Krieg hervorgerufener N ot zu verwenden." Zum ehrenden Andenken an den Entschafenen erhoben sich die Mitglieder des Kollegiums von ihren Sitzen. Der Witwe des verewigten sprach der Stadtrat sein Beileid aus und beschloß, sich durch eiue Abordnung bei der Beisetzungsfeier vertreten zu lassen und einen Lorbeerkranz am Sarge niederzulegsn. A n t o n S a h m , Geh. Oberfinanzrat, geboren s8H3 in Bruchsal, gestorben am 3 s. Januar. Der Entschlafene war Te il­ nehmer des Feldzuges s870/7s, in dem er sich das Eiserne Kreuz erwarb. Nach Schluß des Krieges trat er als Kameralpraktikant in den Staatsdienst, wurde s877 Sekretär bei der Steuerdirektion, s882 Finanzassessor, s88H Finanzrat, s8Z7 stellvertretendes M i t ­ glied bei der Vberrechnungskammcr und seit sHss Kollegial­ mitglied derselben. Bm das musikalische Leben unserer Stadt hat sich der verstorbene hervorragende Verdienste erworben. E r war M itglied des früheren philharmonischen Vereins, zählte zu den 5 7 0 Gründern des Bachvereins, dessen Vorsitzender er in den letzten fahren war. Daneben widmete er seine Tätigkeit auch der Privat- spargesellschaft, in der er zuletzt als stellvertretender Obmann des Ausschusses wirkte. Die Trauerseier bei der Bestattung des Ent­ schlafenen am 5. Februar wurde von der Artillerie-Aapelle N r. 50 m it dem Thoral „E s ist bestimmt in Gottes R at" eröffnet. Nach der Einsegnung und dem Gebete durch den katholischen Geistlichen legte Geh. Rat Göller, Präsident der Vberrechnungskammer, einen Aranz nieder und widmete dein verstorbenen einen Nachruf, in dem er die pflichttreue und den Reichtum an Aenntnisfen und Erfahrung rühmte, die Geh. Rat Sahm zu einem der besten Beamten der Vberrechnungskammer gemacht habe. Für den Bachverein legte Geh. Finanzrat Zimmermann einen Arauz nieder. Dasselbe erfolgte durch hofra t Ordenstein für das Aouservatorium, dessen Auratorium der Entschlafene lange Zeit angehärt hatte. Schließlich brachte Rechnungsrat M a rtin i für den Artillerie-Bund St. Barbara die Trauer der Aameraden für den Verstorbenen zum Ausdruck. Nnter den Alängen der Artillerie-Aapelle wurde der Sarg sodann zu Grabe getragen. G u s t a v S c h ö n l e b e r , geboren am 3. Dezember s85s in Bietigheim, gestorben am s. Februar. E r studierte am Poly­ technikum in Stuttgart und an der Aunstakademie in München. A u f Reisen in Ita lien , in Holland und Flandern hatte Schöuleber seine künstlerische Eigenart entwickelt, von dort, wie nicht minder auch aus seiner schwäbischen Heimat holte er zahlreiche Motive für seine Landschaften. Seit s880 wirkte er als Landschaftsmaler an der Aarlsruher Akademie der bildenden Aünste. Unsere Bilder­ galerie, außerdem die Nationalgalerie in Berlin, die Pinakothek in München, die Galerien in Dresden, Hamburg, Stuttgart, Breslau, Mannheim, Hannover, Düsseldorf u. a. besitzen Merke aus Schönlebers haud. Zahllose äußere Ehren wurden dein Aüustler zuteil. E r war Ehrenmitglied der Münchener Akademie, war v r . b. c., besaß außer anderen Orden den kour le merits für Aunst und Wissenschaft, silberne und goldene Medaillen in großer Zahl, so erhielt er s888 die große goldene Medaille in München, s8si^ in Wien, ferner in Lhicago und in Paris. Bei der Bestattung des Entschlafenen am H. Februar hatten der Großherzog, Großherzogin 371 " Luise und das Unterrichtsministerium Vertreter entsandt. Die Stadtgemeinde war durch Oberbürgermeister Liegrist und Bürger­ meister v r . Paul vertreten. Stadtpfarrer Rohde widmete dem Verstorbenen einen Nachruf, in dem er vor allem das Schaffen seiner Werke würdigte und betonte, wie der Künstler, trotzdem er nur mit einem Auge ausgestattet gewesen, nachdem er das andere schon in früher Jugend verloren, zum Schauen geboren war. E r sei ein großer Künstler gewesen, weil die Seele aus seinen Werken spreche. Der deutschen Heimat hätten seine letzten Arbeiten gegolten, die für uns zugleich eine Mahnung seien, haltet die deutsche Heimat lieb! Nach der Ansprache des Geistlichen und dem Gebet wurden Kränze niedergelegt von Professor Fehr im Namen der hiesigen Akademie der bildenden Künste, von Professor D ill für die Münchener und von Professor Altherr für die Stutt­ garter Akademie. Für den Künstlerbund Karlsruhe, dessen Ehren­ mitglied Schönleber war, sprach Professor von Volkmann, für die ständige Kunstausstellung Baden-Baden Professor Kaspar Ritter, für die freie Vereinigung Baden-Baden Professor Bergmann und für den Verein bildender Künstler Architekt V itta li. Auch die Stadtgemeinde Karlsruhe hatte an der Bahre des Entschlafenen einen Lorbeerkranz nicderlegen lassen. Nach der Trauerfeier in der Friedhofkapelle erfolgte die Überführung der Leiche nach dem Krematorium. Den Hinterbliebenen des Verstorbenen hat der Oberbürgermeister namens der Stadtverwaltung herzliche Teilnahme ausgesprochen. Der Stadtrat beschloß, zur Ehrung des Heim­ gegangenen, eine Straße nach seinem Namen zu benennen und eines seiner Werke für die städtische Kunstsammlung zu beschaffen. E m i l H a n g e r , geboren 1850 in Renchen, gestorben am 10. Februar. E r wurde 1373 Rechtspraktikant, 1876 Notar in Engen und 1877 in Baden. I m Jahre 188H wurde er zum Amtsrichter in Lahr ernannt, wurde im folgenden Jahre Vber- amtsrichter, 1888 Landgerichtsrat in Mosbach, 1889 in M ann ­ heim, I 892 in Karlsruhe, 1898 Oberlandesgerichtsrat, 1900 auch Mitglied des Kompetenzgerichtshofes, 1908 M itglied des D is- ziplinarhofes für nicht richterliche Beamte, 1910 auch richterliches Mitglied des Landesversicherungsamts. K a r l F o r s t , gestorben am 22. Februar im Alter von 7 s fahren. Der Entschlafene begann seine kaufmännische Lauf­ bahn in dem hiesigen Lankhaus M üller Eons. E r studierte sodann Lhemie an der Universität Leipzig und später hier an der Technischen Hochschule. Mehrere Jahre reiste er im Ausland und wurde s872 Direktor der Fabrik Thristofle Eie. als Nachfolger seines Vaters. Dieser Stellung stand er während H3 Jahre bis zu seinem letzten Lebenstage vor. Das Personal der Fabrik widmete ihm folgenden Nachruf: „W ir betrauern in dem Entschlafenen einen allezeit gütigen und wohlwollenden Vorgesetzten, welcher uns allen in selbstloser und strenger Pflichterfüllung ein mustergültiges Vorbild w ar". H e r m i n e V i l l i n g e r , geboren am 6. Februar s8^fl in Freiburg, gestorben am 3. März. A ls sie kaum ein Jahr alt war, wurde ihr Vater, ein altbadischer M ilitä r , hierher versetzt. So wurde ihr Aarlsruhe m it wenigen Unterbrechungen der ständige Aufenthalt während ihrer ganzen Lebenszeit. M it so Jahren kam Hermine Villinger ins Uloster nach Offenburg. Sie fühlte sich da so heimisch, daß sie daran dachte, zeitlebens dort zu bleiben. Doch nicht in der Stille des Alosters sollte ihr Leben ablaufen, auch auf der Bühne, aus der sie als Schauspielerin tätig sein wollte, sollte sie nicht wirken, sondern als Schriftstellerin ihre Mitmenschen zu erfreuen und zu erbauen, wurde ihr innerster Beruf. 2sjährig besuchte sie das Lyzeum Archer in Berlin, hier in Aarlsruhe vertiefte sie durch Literaturstunden ihre Uenntnisse. E in feiner Humor und eine unerschöpfliche Gabe anmutiger Schilderung war ihr verliehen, ob sie nun, wie in i „Binchen Lim ber" ihren Stoff aus Alt-Heidelberg wählte, oder, wie in den „Rebächle" aus der Aarlsruher Gesellschaft, oder ob sie Gestalten des Schwarz­ waldes vor den Augen des Lesers hervorzauberte. Großherzog Friedrich I. soll ihr einmal gesagt haben: „A us Ih ren Merken erkenne ich mein Land und inein Volk und das bewegt nur das Herz". Der Großherzog hat sie auch durch Verleihung der goldenen Medaille für Aunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Der Wiener Zweigverein der Deutschen Schillerstiftung erkannte ihr sflsä den Ebner-Eschenbachpreis zu. Z u r Trauerfeier in der Aapelle des Arematoriums am 5. M ärz hatte Großherzogin Luise einen Ver­ treter entsandt, die Stadtgsmeinde war durch Oberbürgermeister — 372 — Liegrist und die Stadträte Or. Binz und Käppele vertreten. Außerdem hatte sich ein Kreis treuer Freunde und dankbarer Verehrerinnen der Dichterin in der Kapelle zusammengefunden. A ls Geistlicher und als Freund der Entschlafenen hielt der evan­ gelische Stadtpfarrer Hesselbacher die Gedächtnisansprache. E r legte derselben die Worte aus Epheser 5 Vers 9 zugrunde: „Wandelt wie die Kinder des Lichts". „Lolch ein K ind des Lichts", so lautete eine bezeichnende Ltelle der Ansprache, „w a r Hermine Villinger. Eine Freundin der Menschen im umfassenden Linne, die Tausenden nichts als Lonne ins Haus trug m it ihren Erzäh­ lungen und den Gestalten ihrer Kunst. E in Ständlein in ihrer Nähe — und es veränderte sich die Welt. Sie war ein Laien­ prediger, der in die Welt das wahre Christentum der Menschen­ herzen trug, die Gott schauen und schauen lassen konnte. Das konnte sie, weil die Dichterin schuf, was der Mensch in ihr war. Diese völlige innere Einheit war das Geheimnis ihres Schaffens und ihrer Erfolge. Im m er gab sie sich natürlich, jede Pose war ihr fremd. Und so standen auch ihre Gestalten vor uns da. Vor allen gelangen ihr die Kinderfiguren und im Grunde sind alle ihre Gestalten groß gewordene Kinder, die ihre unbewußte Frische im Herzen behalten, ob auch das Leben sie derb anfaßt." Am 23. M ärz führte das Hoftheater zum Gedächtnis der Entschlafenen das Volks­ schauspiel „Schuldig" auf, das einzige Bühnenstück, das Hermine villinger verfaßt hat. v o r der Darstellung entwarf wieder Pfarrer Hesselbacher von der Bühne ein B ild vom Wesen und Schaffen der Dichterin. Eine ausführliche Schilderung ihres Lebens und ihre Bedeutung findet sich in N r. sO der „Pyram ide" (Sonntags- Beilage des Karlsruher Tagblatts) vom ss. M ärz l9 ^ « Da­ selbst ist auch die Erzählung von Hermine V illinger: „Der F rüh­ ling isch do!" abgedruckt. L e o p o l d Neckel , geboren s859 in Hamburg, gestorben am 5. März. Der Entschlafene trat s88^ als Rechtspraktikant in den badischen Staatsdienst, wurde f 89l Amtsrichter in M ann­ heim, sSsiö Oberamtsrichter, s898 in Karlsruhe, s900 Land­ gerichtsrat und s9lO Vberlandesgerichtsrat. H e i n r i c h K n i t t e l , gestorben am 9- M ärz im Alter von 77 Jahren. Der Dahingeschiedcne war früher M itinhaber der — 3 7 H — Braun'schen Hofbuchdruckerei, bis er sich s8fl7 vom Geschäfte zurückzog. Z u der zahlreicheu Trauerversammlung am s2. M ärz hatte Großherzogin Luise einen Vertreter entsandt. Außerdem waren erschienen Geh. Rat von Babo, Oberbürgermeister Siegrist m it den Stadträten Or. Binz und Ostertag, Geh. Rat Glöckner, Raufmann Gsell, Vizepräsident der Handelskammer u. a. Die Feier wurde durch eine Trauerweise der „Liederhalle", deren Ehren­ mitglied der Verstorbene gewesen war, eingeleitet. Stadtpfarrer Rhode hob in seiner Gedächtnisrede die pflichttreue und Herzens­ güte des Entschlafenen hervor und brachte dessen gemeinnütziges Wirken zum Ausdruck, besonders seine Verdienste uni die A arl- Friedrich-Leopold- und Sophienstiftuug. Nach dem Gebet des Geistlichen wurden unter entsprechenden ehrenden Worten eine A n­ zahl Rränze an der Bahre niedergelcgt: Von Vr. Bran namens der G. Braun'schen Hofbuchdruckerei, von Direktor Exner namens des Gesamtpersonals der Firm a, von Verwalter Hof namens der Gutenbergstiftung, deren Obmann der Verstorbene während 35 Jahre gewesen war, von Oberrevisor Münchbach namens der „Liederhalle", deren M itglied Heinrich Rnittel über 5H Jahre gewesen war und von Präsident Fetzer namens der Rarl-Friedrich- Leopold- und Sophienstiftung. Der Oberbürgermeister hat namens der Stadtverwaltung den Hinterbliebenen des Verstorbenen, der lange Jahre dem Bürgerausschuß als Stadtverordneter angehört hatte, die Teilnahme ausgesprochen. Nach einem Schlußchor der Liederhalle und dem Thoral „Jesus meine Zuversicht", den die Orgel anstimmte, bewegte sich der Trauerzug zur Grabstätte. J o h a n n B e n d e r , geboren s8H6 in Schwetzingen, gestorben am s6. A p r il in Baden. E r wurde s872 Rechtspraktikant, s876 Notar in Schlierigen, l880 in Lahr, s88H in Rarlsruhe, wo er bis zu seiner Zuruhesetzung verblieb. Lange Zeit hatte er hier dem Stiftungsrat der Pfarrei 5t. Stephan, angehört. R a r l F r e i h e r r v o n Reck, geboren l8 3 l in Karlsruhe, gestorben am 2. M a i. Der Entschlafene wurde s856 zum Refe­ rendar ernannt und s86l zur Dienstleistung bei dem Ministerium des Großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten einberufen. I n diesem Ministerium hat er seine ganze Bcamten- laufbahn zurückgelegt. E r wurde s865 Ministerialassessor mit — 375 — dein T ite l Legationsrat, s87s M inisterialrat, s893 Vorsitzender Rat und sß02 Staatsrat. A ls er am s> J u li sy03 in den Ruhe­ stand trat, erhielt er den T ite l Wirklicher Geh. Rat. viele Jahre gehörte er dem Kirchengemeinderat als einer der drei Mitglieder, die der Großherzog als Hofkirchengemeinderäte ernannt, an, bis ihn seine angegriffene Gesundheit zwang, dieses A m t niederzulegen. s885 übernahm Freiherr von Reck die Leitung der Abteilung I I I des Badischen Frauenvereins, die er sO Jahre lang führte. Zu der Trauerseicr bei der Bestattung am H. M a i waren der Großherzog und Prinz M ax erschienen. Großherzogin Hilda und Großherzogiu Luise hatten Vertreter entsandt. Ferner waren zu­ gegen Staatsminister Freiherr von Dusch, Minister Or. Hübsch, Großhofmeister von Brauer, Geh. Rat Freiherr von Babo u. a. Hofprcdiger Fischer verlas einen ausführlichen Lebenslauf des ve r­ storbenen, verzichtete aber nach einem in den letzten Lebensstunden geäußerten Wunsche desselben auf eine eingehende Würdigung der Persönlichkeit und der Verdienste des verewigten. Nach einem kurzen Gebet wurde sodann der Sarg zu Grabe getragen. K a r l K r a u ß , geboren 8. September s8H3 in Buchen, gestorben am 28. M a i. E r wurde l866 zum Priester geweiht und war hierauf an verschiedenen Grtcn im geistlichen Dienste tätig. Aber 20 Jahre wirkte er an den Strafanstalten, zuerst in Bruchsal, dann in Freiburg. I m Jahre s898 übernahm er die Pfarrei Scherzingen, trat s906 in den Ruhestand und lebte seitdem in Karlsruhe. Herr Krauß verfaßte s89ö das Buch „ I m Kerker vor und nach Christus", später folgten die Werke „Der Kampf gegen die Verbrechensursachen" und „Lebensbilder aus der Ver­ brecherwelt". An der Bestattung des verstorbenen am 30. M a i beteiligte sich der katholische Männerverein der Gststadt m it der Fahne. Der Kirchenchor von St. Bernhard sang in der Kapelle „Selig sind die Toten" und „Jesus, D ir leb' ich". Stadtpfarrer Stumpf gab sodann in seiner Ansprache eine Charakteristik des Entschlafenen. Am Grabe legte der 2. Vorstand des genannten Mänuervereius dem früheren Mitglieds einen Kranz nieder. L u d w i g H ä n d e l , geboren am 29 . Ju n i s83s in Frei­ burg, gestorben am 3 l- M a i in Berlin-Dahlem. Der Entschlafene hat den größten Teil seines Lebens in Karlsruhe verbracht. Noch — 376 — während seiner Tätigkeit als Aaufmann, umfassender, aber, nach­ dem er sich von dem Geschäftsbetrieb zurückgezogen hatte, widmete er sich gemeinnützigen Aufgaben. G r wurde s888 zum Stadtver­ ordneten gewählt, s892 zum Stadtrat und gehörte als solcher der Gemeindeverwaltung bis l 9 l l an. G r gehörte dem Vorstand des Nationalliberalen Vereins an, dessen Rassenwesen er bis zu seinem hohen Alter in unermüdlicher Sorgfalt verwaltete. Seinem bescheidenen Wesen entsprechend, trat er in seinem wirken weniger vor die breite Öffentlichkeit, aber in zahlreichen Aommissionen des Stadtrats war er tätig. G r war, um nur einige zu nennen, R lit- glied der Arankenhauskommission, der Schrempp'schen Arbeiter­ stiftung, des Ausschusses des Pfründnerhauses, I n der Ghronik des Wahres syss (Seite 270) ist erwähnt, wie bei Vollendung seines 80. Lebensjahres seine Verdienste in der Stadtverwaltung vom (Oberbürgermeister hervorgehoben wurden. Sein Platz am Sitzungstische war m it einer Blumenspende geschmückt. Nach dem Tode seiner Gattin zog Herr Händel zu seinem einzigen Sohne nach Berlin-Dahlem, wo er, wie erwähnt, gestorben ist und auch seine letzte Ruhestätte gefunden hat. ( O b e r s t l e u t n a n t A l b e r t p r e y , gestorben im Felde am s6 . J u n i im 68 . Lebensjahre. Der Dahingegangene, der am Pfingstsonntag l 9 l ? sein öOjähriges Dienstjubiläum feiern konnte, begann seine militärische Laufbahn beim H. Badischen Infanterie- Regiment Prinz W ilhelm N r. P 2 , bei dem er als Leutnant den Feldzug s 870/7 s mitmachte und das Giserne Rreuz erwarb. Später lebte er längere Zeit in Rarlsruhe im Ruhestand. Bei Ausbruch des Arieges l 9 i ^ erhielt er das Rommando über ein mobiles Landsturmbataillon an der Westfront, bei dem er durch das Giserne Rreuz s. Rlasse ausgezeichnet wurde. (Oberregierungsrat v r . F r a n z H a f n e r , geboren s836 in Leibertingen, gestorben am 9 . August. G r war s877 Tierarzt, j880 Bezirkstierarzt, wurde s886 Assistent des veterinär-technischen Referenten des Ministeriums des Innern, l 892 Veterinärinspektor, s895 Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender der Ver­ bandsverwaltung der Rindviehversicherung, in demselben Jahre technischer Referent für Veterinärwesen und Viehzucht beim w in i- — 577 — sterium des Innern. Die medizinische Fakultät der Universität Gießen hatte ihn „ in Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste" zum Ehrendoktor ernannt. G u s t a v K a m p m a n n , geboren am 30. September s85s) in Boppard a. Rhein, gestorben am l2 . August in Grötzingen. E r besuchte ^878— 8H die Karlsruher Akademie, reiste hierauf nach Rkünchen, lebte eine Zeitlang in Lübeck, kehrte s8H0 hierher zurück und nahm sodann seinen Wohnsitz in Grötzingen. Neben Schönleber, dessen Schüler er einst gewesen war, wurde Gustav Kampmann ein Vertreter der Karlsruher Landschaftsschule. Von seinen Arbeiten seien hier genannt: „Fallende B lätter" (Wuseum Danzig), „Nach Sonnenuntergang" und „Nelkenstrauß" (Karls­ ruher Galerie), „Herbstsonne" (Ukuseum Koblenz), „Bahnzug am Abend" (Ukuseum Essen), „Abend im W inter" (Staatsgalerie Wien). Die Beisetzung des Verstorbenen erfolgte in aller Stille. J u l i u s S c h e i d t , geboren s863 in Würzburg, gestorben am 22 . August. An der königlichen Ukusikschule in Würzburg widmete sich der Entschlafene dem Musikstudium. A ls junger Pianist kam er nach Karlsruhe an das Konservatorium, an dem er nahezu 50 Jahre wirkte. E r gab Nnterricht in Klavier und Theorie und leitete die Ehorgesangklasse. Lange Zeit war er auch Gesanglehrer am Gymnasium. Während 25 Jahre war er Dirigent des „Liederkranzes". Bei seinem Rücktritt wurde er Ehrenchormeister desselben. Der Großherzog erteilte ihm in Anerkennung seiner Verdienste den Professorentitel. Die Direktion und die Lehrer des Konservatoriums widmeten ihm einen ehrenden Nachruf, in dein ». a. gesagt wurde: „Durch seine vielseitigen hervorragenden musikalischen Fähigkeiten, durch seine unermüdliche Tatkraft und Arbeitsfreude und durch seine hohe menschliche A u f­ fassung unseres Berufs hat er auf den verschiedenen Gebieten seiner Knterrichtstätigkeit große und dauernde Erfolge errungen". I n dem Nachrufe des Liederkranzes heißt es u. a .: „25 Jahre hat der Entschlafene mit großer Begeisterung und Liebe zum Besten des Karlsruher Liederkranzes gewirkt und zur Förderung des deutschen Liedes beigetragen". Die Beisetzung fand nach dein Wunsche des Verstorbenen in aller Stille statt. — 378 — K a m i l l G r a f v o n A n d l a w - H o m b u r g , geboren s8H9 in Freiburg, gestorben am 27. August auf Schloß M ainau. G r war H870 als Leutnant in das Leib-Grenadier-Regiment einge­ treten, kam s872 zum s. Gardc-Aegimcut zu Fuß und wurde s877 Gberleutuaut. Nachdem er ^87ß als Grdonuanzofflzier des Großherzogs hierher versetzt worden w ar, verließ er s88s den militärischen Dienst, um sich als Kammerherr uud Hofmarschall ganz dem Hofdienst zu widmen. s8ßH wurde er zum Gberhof- marschall m it dem Prädikat „Exzellenz" ernannt und l8ß3 zum M a jo r im s. Garde-Landwehr-Infanterie-Regiment befördert. sßOl/2 und sßOo/S war er mit der einstweiligen Wahrnehmung der Geschäfte des Gberstkammerhcrrenamles betraut, wurde er Gbersthofmarschall. Nach dem Tode Großherzog Friedrichs I. wurde G ra f Andlaw zum Mbersthofmeister der Großherzogin Luise ernannt, I n dem Hofberichte wurde dem Grafen folgender Nachruf gewidmet: „Der Verewigte hat sich während einer langen und ehrenvollen Laufbahn in unermüdlicher Pflichterfüllung und treuester Hingebung hervorragende Verdienste um das Großherzog­ liche Haus erworben. Ih re Königliche Hoheit die Großherzogin Luise und die Großherzoglichen Herrschaften sind schmerzlich be­ wegt durch den Verlust dieses ausgezeichneten Mannes, der Höchstdenselben und dem Hochseligen Großherzog Friedrich I. viele Jahre hindurch nahcgestanden hat. Ih re Aönigliche Hoheiten widmen dem Verstorbenen in aufrichtiger Trauer ein dankbares Andenken". Die Aufbahrung der Leiche des Verewigten fand in Anwesenheit des Großherzogspaares und der Großherzogiu Luise am Abend des 28. August in der Schloßkirche in M ainau statt. Die Einsegnung erfolgte am Vormittag des 50., worauf die Leiche nach Konstanz und Freiburg überführt wurde. Der Großherzog, die Großherzogin und Großherzogin Luise begleiteten den Sarg bis zur Brücke. Bei der Bestattung am 5s. August auf dem Friedhof war außer den nächsten Angehörigen des Entschlafenen der Großherzog erschienen, außerdem Vertreter des 'Kaisers, der Großherzogin Hilda, der Großherzogin Luise, des Prinzen M a r und der Königin von Schweden. Ferner wohnten der Feier an Minister Freiherr von Bodman. der preußische Gesandte von Eisen­ decher, Minister a. D, von Marschall, der frühere Kommandierende — 379 — General des X IV . Armeekorps General von hoiningen gen. huene, der Erzbischof V r. Nörber, der Weihbischof Or. Anecht, der Weihbischof Zorn von Bulach von Straßburg (Schwager des verstorbenen), V r. Thoma, Oberbürgermeister von Freiburg. Domkapitular V r. Blutz nahm die kirchlichen Zeremonien vor. Zn seiner Trauerrede entwarf er ein Lebensbild des Dahingeschiedenen. E r schilderte ihn als Edelmann im wahrsten Sinne des Wortes, als Sprossen eines alten reichsuumittelbaren Geschlechts, das dem Staat und der Kirche viele treue und hervorragende Diener geschenkt habe. Die Feier wurde eingeleitet und geschlossen durch Gesaugs- vorträge des Buinsterchors. Unter Vorantritt der Kapelle des Ersatz-Bataillons des Znfanterie-Begiments N r. 113 wurde der Sarg in die Familiengruft überführt, iu der der Blünsterchor dem Verstorbenen einen letzten Gruß nachsandte. Nnter den zahlreichen Kränzen, die den Sarg deckten, befanden sich solche sämtlicher Mitglieder des Großherzoglichen Hauses, des Kaisers, der 'Kaiserin, des Kronprinzen. Auch die Stadtgemeinde Karlsruhe hatte einen Kranz an der Bahre des Verewigten niederlegen lassen. Ober­ bürgermeister Siegrist hatte außerdem der Witwe des Verstorbenen die aufrichtige Trauer der Stadt Karlsruhe um den Heimgegan­ genen ausgedrückt. V r. A d o l f West , geboren 1831 in Blannheim, gestorben am s7. September in herrenalb. Der Entschlafene wurde 1878 Amtsrichter in Blannheim, s883 Landgerichtsrat in Biosbach, s887 in Karlsruhe, war s888/90 auch stellvertretender richterlicher Beamter des Landesversicherungsamts, I 890 Landgerichtsrat in Blannheim, zugleich Vorsitzender der Kammer für Handelssachen, s892 Oberlandesgerichtsrat, 1897 Landgerichtsdirektor in B lann- heim, 1899 in Heidelberg, 1909 Senatspräsident am Oberlandes- gerächt. P h i l i p p B i e h m , gestorben am 15. Oktober im Alter von H9 Zahren. Seit 189^ widmete sich der Verstorbene dem landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen in Baden. Seit 1905 war er Direktor des Genosseuschaftsverbandes. Neben dieser Tätigkeit war er Vorstand der Zentralkasse der badischen land­ wirtschaftlichen E in- und Verkaufsgenossenschaften Karlsruhe und seit 1911 auch Vorstand des Badischen Bcolkereiverbandes. E r — 580 — war auch Vorstandsmitglied des Reichsverbandes der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften, Berlin . Aufsichtsrat der preußischen Zentral-Genossenschaftskasfe, der Mannheimer pro - duktenbörse und M itglied des badischen Eisenbahnrates. Ebenso gehörte er der Landwirtschaftskammer seit deren Bestehen an. Seit Kriegsbeginn war Verbandsdirektor Riehm Geschäftsführer der Geschäftsstelle der Badischen Futtervermittlung Karlsruhe. Bei der Beerdigung des Entschlafenen auf dem Friedhof des Stadtteils Rüppurr am s8. Oktober waren zugegen Minister Freiherr von Bodman, Ministerialdirektor Weingärtner, Bürgermeister Or. Forst­ mann, Vertreter landwirtschaftlicher Organisationen, auch außer­ badischer, mehrere Bürgermeister des Landes, zahlreiche Landwirte, die Landtagsabgeordneten Müller-Weinheim und Neck-Eggenstein. Der M ilitärverein Karlsruhe hatte eine Abordnung mit Fahne entsandt. Am Grabe sprach der Geistliche des Stadtteils Rüppurr, Pfarrer Lebrecht M ayer, worauf in einer Reihe von Ansprachen und Kranzniederlegungen die Arbeit und Erfolge des Verstorbenen gewürdigt wurden. Das W ort ergriff zunächst Okonomierat Sänger-Diersheim, Präsident der badischen Genossenschaften, dann Gkonomierat M üller, Direktor der Landwirtschaftskammer. Wei­ tere Ansprachen folgten von dem Vertreter des Reichsverbandes der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften, des Vorstandes der Zentralkasse, des Molkereiverbandes, des Getreidebüros, der Geschäftsstelle der Futtervermittlung, des Verbandes der badischen Kreditgenossenschaften, des Badischen Bauernvereins, der M ann­ heimer Produktenbörse, der Vereinigung der südwestdeutschen Warenzentralen, der hessischen und pfälzischen Genossenschaften, den Angestellten und Beamten der Genossenschaften und dem Ver­ treter des M ilitärvereins Karlsruhe. K a r l W e s t e r m a n n , gestorben am 25. Oktober im Alter von 6 s Jahren. Der Entschlafene war früher Gemeinderat und seit f903 Bürgermeister von Grünwinkel, welches Am t er bis zur Eingemeindung Grünwinkels bekleidete. Seidcm war er Gemeinde­ sekretär dieses Stadtteils. Die Parteifreunde des Dahingeschiedenen widmeten ihm einen Nachruf, in dem u. a. gesagt wurde: „Die sozialdemokratische Partei verliert in dem Verstorbenen einen über­ zeugten und treuen Anhänger, der früher lange Zahre hindurch Vorsitzender der Parteiorganisation am Orte war. Seiner regen Tätigkeit für unsere Sache ist es vornehmlich zuzuschreiben, daß die Anhängerschaft der Partei in Grünwinkel von J a h r zu Ja h r wuchs." J o h a n n e s H i r t h , geboren 185st in Darmstadt, gestorben am 30. Oktober. Der Entschlafene hatte in Berlin studiert, dann in der Schnitzereischule in Furtwangen gearbeitet und darnach seinen Wohnsitz hier aufgeschlagen. Aus der Hand des Künstlers sind u. a. hervorgegangen die Giebelfelder und die beiden Figuren rechts und links der Freitreppe des Rathauses, der Klosebrunnen vor dem Vierordtbad und zwei Reliefs in der Stephanskirche; ferner schuf er die Hagenfigur für den Rosengarten in Worms und das dortige Bürgermeisterdenkmal. Der Oberbürgermeister hat der Witwe des Verstorbenen namens der Stadtverwaltung seine Teilnahme ausgesprochen. Der Stadtrat war bei der Beisetzung durch den Oberbürgermeister und zwei Stadträte vertreten. G u s t a v K r a u s , geboren am 2 ?. M a i 1836 in Waldors, gestorben am 27. November. E r studierte in Freiburg und in Heidelberg, wurde 185st Kamcralpraktikant, 1865 Sekretär beim Katholischen Oberstistungsrat, 1871 Assessor, 1875 Regierungsrat, 1877 Oberstistungsrat, IstO^ Vorsitzender Rat im Kollegium des Oberstiftungsrats. IstOO war ihm der Charakter als Geheimer Rat I I I . Klasse verliehen worden. IstOst trat er in den Ruhestand. I n einer Reihe von fahren war der Verstorbene für den Badischen Frauenverein durch Leitung des Asyls Scheibenhardt tätig. R e i n h a r d B a u n ie is t e r, geboren am Ist. M ärz 1833 in Hamburg, gestorben am P . Dezember. E r begann seine Stu­ dien in Hannover und setzte sie später am Karlsruher Polytech­ nikum fort. I m Jahre 185^ machte er die Staatsprüfung als Ingenieur in Baden und wurde im Eisenbahnbau verwendet. 1862 wurde er als ordentlicher Professor an das hiesige Po ly­ technikum berufen, wurde 1880 zun: Baurat, 1885 zum Ober­ baurat und Vorstand der Abteilung für Ingenieurwesen ernannt. Dreimal führte er das Direktorat, bezw. Rektorat des inzwischen zur Technischen Hochschule erweiterten Polytechnikums. Neben seiner Lehrtätigkeit übte Baumeister in zahlreichen Fällen das Am t eines 382 Gutachters und Preisrichters aus. I n dieser Eigenschaft hat er Karlsruhe in der Bahnhoffrage hochgeschätzte Dienste geleistet. Baumeister verfaßte die „Architektonische Formenlehre für Inge­ nieure" und die „Aunstformen des modernen Brückenbaues". Be­ sondere Neigung widmete er dem Städtebau und zwar in hygie­ nischer wie ästhetischer Hinsicht. Nach SOjähriger Lehrtätigkeit legte er auf den s. (Oktober (9 (2 sein Lehramt nieder. E r wurde damals von der Studentenschaft durch einen Fackelzug und Aom- mers geehrt und vom Großherzog zum Geh. Rat 2. Masse er­ nannt m it der Bestimmung, daß er M itglied des Großen Rats der Hochschule bleiben solle. I m Ruhestande hielt Baumeister noch einige Vorlesungen, auch während der Ariegszeit. Die Ber­ liner Technische Hochschule verlieh ihm (906 die würde eines Or. inZ. ehrenhalber, die Universität Jena ernannte ihn (908 zum v r . ineck. Ir. c. wegen seiner Verdienste um die Förderung der Hygiene im Städtebau, (9 (2 benannte der Stadtrat eine Straße nach dem Namen des verstorbenen. Lange Zeit war er Vor­ sitzender des Verwaltungsrats der Diakonissenanstalt; alle Bauten derselben in Karlsruhe, auch die (9(2 errichteten der Offensandt- Berckholzstistung, wurden von ihm entworfen, viele Jahre gehörte er als Stadtverordneter dem Bürgerausschuß an, ebenso war er M itglied der evangelischen Airchengemeindeverwaltung. I n der Stadtratssitzung vom (3. Dezember gedachte der (Oberbürgermeister in ehrenden Worten des Verstorbenen. Der Stadtrat sprach den Hinterbliebenen, sowie der Technischen Hochschule seine Teilnahme aus und beschloß „ in Würdigung der hervorragenden Betätigung des Entschlafenen als langjähriges M itglied des Bürgerausschusses, des (Ortsgesundheitsrats und künstlerischen Beirats für die Stadt­ erweiterung einen Lorbeerkranz an seiner Bahre niederzulegen." Z u r Trauerfeier bei der Beerdigung des Entschlafenen am (ch De­ zember waren erschienen Minister Freiherr von Bodman, Geh. Rat Freiherr von Babo, (Oberbürgermeister Siegrist mit 2 Stadt­ räten als Vertreter der Stadtgemeinde, der Rektor der Technischen Hochschule, Professor V r. Hans Hausrath m it den Professoren der Fridericiana, eine Abordnung der Studentenschaft und der große Freundes- und Bekanntenkreis des verstorbenen. Nach einem Orgelspiel verlas der Geh. Rat Baumeister verwandtschaftlich M kn. v. Näoli klnain, wierbaäen. Professor M k e lm crübner, Kunslmsler. 383 nahe stehende Pfarrer Aöllner aus Aöndringen den von dem Ent­ schlafenen selbst ausgezeichneten Lebenslauf und knüpfte daran und an die Morte aus dem Aorintherbrief „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich b in" die Gedächtnisrede. Besonders dankbar gedachte der Geistliche noch der Tätigkeit Baumeisters in der hiesigen Stadt- mission und im Diakonissenhaus. Nach dem Gebet widmete für die Technische Hochschule deren Rektor dem Entschlafenen einen Nachruf, in dem er besonders dis Verdienste Baumeisters um den Aufschwung der Abteilung für Ingenieurwissenschaft hervorhob und betonte, welch regen Anteil der verstorbene an den jüngsten Bestrebungen in der Mohnungsfürsorge genommen und wie er die Gründung eines Badischen Baubundes begrüßt habe. Namens der Deutschen Architekten- und Ingenieurvereine legte Professor Reh­ bock einen Aranz nieder und erinnerte in seiner Ansprache, daß der Verstorbene als erster schon s869 seine Fachgenossen darauf hingewiesen habe, wie notwendig es sei, einen engen Zusammen­ schluß der höheren Techniker anzustreben, um der Technik die ihr gebührende Stellung im öffentlichen Leben zu sichern. Fünf J a h r­ zehnte lang sei Baumeister Freund und Berater des Badischen Landesvereins der Architekten und Ingenieure gewesen, mehrere Jahre hindurch auch dessen Leiter. s8? l sei es ihm m it gleich- gesinnten Freunden gelungen, den Deutschen Verein ins Leben zu rufen. Meitere Aranzniederlegungen erfolgten namens der Inge ­ nieur-Abteilung der Technischen Hochschule, der Rarlsruher Stu­ dentenschaft, des Badischen Architekten- und Ingenieurvereins, des Polytechnischen Vereins, des Badischen Landeswohnungsvereins, des Bundes deutscher Bodenreformer und des Badischen Verbands der Bodenreformer, sowie des Diakonissenhauses. Die Feier wurde mit einem von dem Diakonissenhaus-Thor gesungenen Lhora l ge­ schlossen, worauf der Entschlafene zu Grabe geleitet wurde. M i l h c l m T r ü b n e r , geboren am 3. Februar s85s in Heidelberg, gestorben am 2 s. Dezember. Der Entschlafene bildete sich unter Tanon in Stuttgart und unter Leibl in München aus, studierte an der Aarlsrnher und Münchener Akademie und auf Reisen in Ita lien, England und den Niederlanden, sHW wurde er als Professor an die Aarlsruher Akademie der bildenden Aünste berufen. Trübners Gemälde sind in den Galerien von Karlsruhe, — 38H Berlin, Stuttgart, München, Mannheim, Darmstadt, Hamburg, Bremen, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Posen, Breslau, Wies­ baden, Köln, Frankfurt, Bonn, Hagen, Weimar, Hannover, Wien und M ailand vertreten. Z u r Trauerfeier in der Friedhofkapelle am 2H. Dezember hatte der Großherzog einen Vertreter entsandt. Außerdem waren erschienen der Unterrichtsminister Or. Hübsch, der derzeitige Direktor der Akademie der bildenden Künste Professor D ill, der Direktor der Kunstgewerbeschule Professor Hofsacker, als Vertreter der Stadtgemeinde Oberbürgermeister Siegrist, Bürger­ meister V r. Paul und Stadtrat V r. w e ill, Geh. Rat V r. Engler, zahlreiche Mitglieder der Karlsruher Künstlerschaft. Der Verein ehemaliger Prinz-Karl-Dragoner, dessen Ehrenmitglied der ver­ storbene gewesen war, hatte eine Abordnung m it umflorter Fahne entsandt. Der Sarg war reich mit Kräüzen geschmückt, darunter solcher auswärtiger Akademien. Kammersänger Jan van Gorkom, von Hans Vogel an der Orgel begleitet, leitete die Feier mit einem geistlichen Liede ein, worauf Hofprediger Fischer deu Lebenslauf des Entschlafenen verlas und daran anschließend auf Grund der Zohannisworte „ Ic h muß wirken die Werke dessen, der mich ge­ sandt hat, so lange es Tag isV Wilhelm Trübner als Mensch und als Künstler schilderte. Durch, seine ungewöhnlichen Gaben habe der Entschlafene vermocht, Bleibendes in der deutschen Aunst zu schaffen. Die geheimnisvolle Schöpferkraft, m it der er aus­ gestattet gewesen, habe er von Zugend auf bis in seine letzten Tage treu verwaltet. Au einen nochmaligen Vortrag Gorkoms schlossen sich die Kranzniederlegungen an. Namens der Akademie der bildenden Künstler sprach Professor D ill, zugleich legte er für den Verein der Münchener Sezession einen Kranz nieder, Professor V itta li sprach für den Künstlerverein Karlsruhe, dem Trübner als Ehrenmitglied angehört hatte, Professor Fehr für den Verein bil­ dender Künstler Badens und für die freie Künstlervereinigung Baden-Baden, Geh. Kabinettsrat V r. Seyb für den Verein der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein, Kunstmaler Hermann Goebel für die Schüler Trübners. weiter wurden Kränze nieder­ gelegt von dem Ausschuß der Studierenden der Akademie, vou der „Suevia" und von den: Verein ehemaliger Prinz-Karl-Dragoner. Unter Klängen der Leibgrenadier-Kapelle wurde der Sarg sodann — 385 — zur nahen Familiengruft geleitet. I n der Stadtratssitzung vom 27. Dezember gedachte der Oberbürgermeister in ehrenden Worten des Verstorbenen und gab der Trauer der Stadtverwaltung und Bürgerschaft „über den Verlust des hervorragenden M itbürgers und großen Künstlers" Ausdruck. Dem Sohne des Entschlafenen und der Akademie der bildenden Künste wurde die Teilnahme des Stadtrats ausgesprochen, die Bahre des Verewigten m it einem Lorbeerkranz geschmückt. Der Stadtrat beschloß, „zum ehrenden und dauernden Andenken an den großen Meister" eine Straße nach seinem Namen zu benennen und eines seiner Werke für die städtische Kunstsammlung zu erwerben. XI. Verschiedenes. N e u j a h r s w e c h s e l vollzog sich in der Nacht vom ^ 1 Sonntag den 3 s. Dezember auf Ulontag deu s. Januar iu ziemlich ruhiger weise. A u f verschiedene Anregungen, die Polizeistunde in der Neujahrsnacht zu verlängern, wurde von zuständiger Seite aufmerksam gemacht, daß nach der Bundesrats­ verordnung über Ersparnis von Brennstoffen und Beleuchtungs­ mitteln die Gffenhaltung der Wirtschaften über halb s2 Uhr nachts ausgeschlossen sei, daher müsse die Polizeistunde, wofern nicht das Bezirksamt im einzelnen Falle eine Ausnahme gestattet, in den Gemeinden unter lOOOO Einwohnern auf sO Uhr, in jenen mit mehr als sOOOO Einwohnern auf ss Uhr festgesetzt bleiben. Feierliches Glockengeläute verkündete hier den Übertritt vom alten zum neuen Jahr. Da und dort sah man bengalische Streich­ hölzchen aufflammen, vereinzelt machte sich auch trotz polizeilichen Verbots das Geknatter von Feuerwerkskörpern bemerkbar, einzelne wollen auch heftiges Unallen vernommen haben, im ganzen aber ist das Treiben und Lärmen, das in Friedensjahren nicht selten zu Unfug ausartete, dem Ernst der Zeit entsprechend unterblieben. Durch Verordnung des Bundesrates wurde auch im Berichts­ jahre die S o m m e r z e i t wieder eingeführt und zwar begann sie sßl? am s6 . A p ril. Zn der Nacht vom so. zum s6. A p ril wurden die Uhren um 2 Uhr um eine Stunde vorgerückt. Zn der Nacht vom s6. zum s7. Septeniber erschien die Stunde von 2— 3 Uhr zweimal, womit der Übergang zur mitteleuropäischen Zeit wieder vollzogen war. Auch in diesem Zahre hatte die E in ­ führung der Sommerzeit, besonders in landwirtschaftlichen Areisen, starken Widerspruch hervorgerufen. --- 387 — Zn der G r o ß h e r z o g l i c h e n H o f - u n d L a n d e s ­ b i b l i o t h e k hat sich die Büchersammlung im Berichtsjahre um ^607 ( l 9 l 6 : 3(03) Bände vermehrt. Sie umfaßt am Zahres- schluß einen Bestand von 23638H (23s 777) Bänden, Druckschriften, Karten, Ruisikstücken und Blindendrucken nebst einer Kriegssamm- lung. Die Abteilung „Badisches Schrifttum" zählte allein 38 738 (37 I 86) Bände, darunter 9090 (887 s) Bände Zeitungen; ihr Zuwachs beträgt 752 (80H) Bände, darunter 2 (9 (3(H Bände Zeitungen. Ausgeliehen wurden 2 s 033 (2 s 369) Bände, davon in der Stadt Karlsruhe ( 39 ( 0 ( (H 8<(0), nach auswärts 7 l23 (6529); unter den letzteren innerhalb Badens 66H6 (6309) Bände. Der Lesesaal war an 335 (339) Tagen geöffnet und von (H773 ((6^93) Personen besucht, darunter 707 (796) weiblichen. Die Besucher setzten sich aus bloßen Lesern der Zeitschriften und aus wissenschaftlich Arbeitenden zusammen. Diese bestellten H207 (H563) Bände und benutzten (70 ((H3) eigene und 35 (3) fremde Handschriften; auch wurden (8 ( ( 6) Handschriften nach auswärts verliehen. Wegen Gasersparnis mußten die Nachmittagsstunden des Lesesaals vom Januar bis Bkitte A p r il auf 5— 7, vom (0 . Oktober auf 2— 5 Uhr verschoben werden. Don Oktober an wurde auch die durchgehende Arbeitszeit eingeführt. Zn der Zahl der Eröffnungstage steht die Anstalt dauernd an zweiter Stelle unter allen öffentlichen Staatsbüchereien im Reiche. Auch hat die Hof- und Landesbibliothek ihr Verzeichnis über Zugang (9(7 erscheinen lassen, obwohl der Krieg weitere Beschränkungen der Drittel und der Arbeitskräfte brachte. Das Sachverzeichnis ist weggelassen, die Kriegsschriften sind in einer besonderen Abteilung aufgeführt. Dem G e u e r a l l a n d e s a r c h i v sind im Berichtsjahre 36 Nummern ( ( 9 (6 : 60) durch Einlieferung, Ankauf, Schenkung, Abschriftnahme und photographische Reproduktionen neu zuge­ gangen, unter denen die zahlreichen Zugänge der badischen Bilder­ und Plansammlung besonders hervorzuheben sind. Die Benützung des Archivs gestaltete sich wie fo lg t: a) zu geschäftlichen Zwecken 23 (30) Hof-, Staats-, R lilitä r-, Kirchen- und Gemeindebehörden, sowie 3 (() Privatpersonen in 57 (68) Fällen, b) Z u wissen­ schaftlichen Zwecken 205 (2 ( 6) Personen in H-(5 (H33) Fällen. 25 " — 588 I m ganzen betrug somit die Zah l der Benutzer 23 s (253), die der Benützungen 502 (50s). An der Benützung zu geschäftlichen Zwecken waren 22 (32) badische und H (5) außerbadische Benützer beteiligt. Bei der Benützuug zu wissenschaftlichen Zwecken entfielen ( (3 ((05) Benützer auf Baden, 73 (306) auf die übrigen Bundes­ staaten und (9 (22) auf das verbündete oder neutrale Ausland. Bemerkt sei, daß bei obigen Zahlenangaben die das ganze Jahr- dauernden Benützungen der in Karlsruhe noch anwesenden Archiv­ beamten und Hilfsarbeiter der Badischen historischen Kommission nicht mitgerechnet sind. Die zahlreichen Erwerbungen, die im Berichtsjahre von den G r o ß h e r z o g l i c h e n S a m m l u n g e n (Gemäldegalerie, Kupfer­ stichkabinett, Sammlung vaterländischer Altertümer, Sammlung für Völkerkunde, Kunstgewerbemuseum) gemacht wurden, sowie die zugegangenen Geschenke, wurden im einzelnen am 22 . M a i (9(8 in der „Karlsruher Zeitung" veröffentlicht. I n der Sitzung der Archiv-Kommission vom 20 . A p ril wurde die Errichtung des Städtischen S c h e f f e l - M u s e u m s beraten und beschlossen. Der Vorsitzende, Oberbürgermeister Siegrist, er­ innerte daran, daß er in der Sitzung vom 29 . Oktober (9 (H u. a. folgende M itte ilung gemacht habe: Herr lverner Kremser, Schrift­ steller in Breslau, der m it Erlaubnis der Familie Scheffel den literarischen Nachlaß des Dichters seit einer Reihe von Jahren bearbeitet hat, soll auf sein Ansuchen m it Vorarbeiten zur Anlage eines Scheffel-Museums in Verbindung mit den städtischen Samm­ lungen beauftragt werden. Dann teilte der Vorsitzende in der Sitzung vom 20 . A p r il (9(7 mit, daß Herr Kremser seit M itte M ärz (9(5 in dem Dienst der Stadt Karlsruhe stehe und vom Stadtrat m it den Vorarbeiten zur Gründung eines Scheffelmuseums und -archivs betraut sei. Herr Kremser berichtete hierauf felbst auf Grund der dem Stadtrat seiner Zeit eingereichten Denkschrift über die Grundlage und Ziele des Scheffel-Archivs und Scheffel- Museums, sowie über seine bisherige Tätigkeit. Die Kommission nahm davon Kenntnis und sprach sich dahin aus, daß zur weiteren Förderung und Unterstützung des Unternehmens ein Arbeitsaus­ schuß aus Angehörigen verschiedener Berufskreise gebildet werden solle. I m Anschluß an diese Sitzung der Archivkommission teilte Z89 — dann der Stadtrat Herrn Kremser mit, daß das Scheffel-Museum m it dem dazu gehörigen Scheffel-Archiv als nunmehr begründet und bestehend anerkannt werde und daß Herrn Kremser in vor­ läufig widerruflicher Weise die verantwortliche Verwaltung des Scheffel-Museums übertragen sei. Dem Arbeitsausschuß, dessen Mitglieder iu der Sitzung der Kommission vom 20 . A p r il be­ zeichnet wurden, gehören der Oberbürgermeister, die Stadträte I)r. Binz, Bios, I)r. Dietz, Frey, Kölsch, Or. Weill, der Stadt- verordueten-Obmanu Frey und eine Reihe anderer Persönlichkeiten an. Geschäftsführer des Ausschusses ist Werner Kremser. Außer den oben (Seite 27fl) erwähnten Geschenken des Groß­ herzogs, des Privatmannes Ju liu s Kirsner hier und der Frau Senator Margarete Eggers in Rostock sind bis zu dem Schluß des Berichtsjahres folgende Erwerbungen für das Scheffel-Museum gemacht worden: I. A ls Leihgabe von Frau von Scheffel, der Schwiegertochter des Dichters: s. Die Textniederschriften zum Wartburg-Nibelungen- lied-Roman und zum italienischen Roman „Irene die Spilim - bergo". 2. Etwa flOO bisher verschollene Briefe Scheffels ins Elternhaus. 3. Die Urschrift des „Trompeter von Säckiugen". fl. Mehrere Fascikel literarhistorischen und biographischen Inha lts . 5. Etwa 200 Handzeichnungen des Dichters. 6 . Einige Porträts und eine Reihe von Photographien des Dichters und seiner A n ­ gehörigen. 7. Die Feustermalereien au der „M ettnau" und einige andere Gegenstände und Möbel aus dem Besitze Scheffels. 8 . Nach Verhandlungen mit Frau von Scheffel und dem Goethe- und Schiller- Archiv in Weimar wurde der bisher dort niedergelegte Teil des literarischen Nachlasses des Dichters dein hiesigen Scheffel-Museum zugeführt. I u Weimar verblieb nur die Handschrift (Reinschrift) des „Trompeter", deren Urschrift, wie oben erwähnt, sich hier be­ findet. Dieser Nachlaß umfaßt etwa 2 fl Fascikel, 70 Notiz- und 50 Skizzenbücher. U. Von den Erben Airton von Werners wurden käuflich er­ worben: s. E in O rig in a l-O lp o rträ t des Dichters. 2. L in G riginal-G lporträt des jungen Anton von Werner aus seiner Karlsruher Zeit. 3. E in weiteres Porträt Scheffels von Anton von Werner (Kohlezeichnung), fl. „Scheffels Arbeitszimmer auf — 390 — der Mettnau" (Federzeichnung Werners). 5. 80 Blätter aus den Skizzenbüchern Anton von Werners, die Scheffelstoffe behandeln. Geschenkt wurden von den Erben Werners: s. 6 große ausgefüllte Aartons zum „Ekkehard". 2. 21 große ausgeführte Illustrationen (Originale) zum „Iu n ipe rus". 3. 8 Blätter In itia len und Rand­ leisten zum „Ekkehard". H. Federzeichnung Anton von Werners „B lick auf Radolfzell". 5. s75 O rig ina l-B rie fe Scheffels an Werner. A ls Leihgabe überwiesen die Erben Werners: Die I l l u ­ strationen s58s— s626b (nach der Ikonographie Anton von Werners zum „Gaudeamus". II I . Aäuflich erworben von Frau Steinmann-Schwanitz in W eimar: 1. E tw a 280 Originalbriefe Scheffels. 2. Eine Reihe Scheffel-Akten, die A a rl Schwanitz, der Freund des Dichters, sam­ melte. 3. Eine Silhouette des Dichters als Heidelberger Alemanne m it eigenhändiger Widmung. H. Eine Reihe noch unveröffent­ lichter Iugendgedichte in Abschrift. 5. Eine Handzeichnung Scheffels. IV . Geschenkt von Frau von Großheim in Berlin : s. Sämt­ liche Briefe Scheffels an A a rl von Großheim. 2. Baupläne zur Mettnau. 3. E in Porträt A a rl von Großheims (künstlerische Photographie). V . Geschenkt von Aammerherrn von Arnswald in Lauch- röden bei Eisenach: s. 59 Briefe Scheffels an Bernhard von Arnswald, den Burghauptmann der Wartburg. 2. Etwa 300 Briefe der M utter Scheffels an Arnswald. V I. Erworben von Zeichenlehrer A a rl Gagg in Aonstanz: s. käuflich 32 Zeichnungen, die Scheffel betreffen. 2. A ls Geschenk: Eine Reihe Briefe Scheffels an Gagg und andere Scheffel-Erinne­ rungen. Die s t ädt i schen S a m m l u n g e n erwarben auch im Be­ richtsjahr eine größere Anzahl Pläne, Stadtansichten, Bildnisse, Gedenkgegenstände, Münzen, Plaketten, Autographen, Bücher und andere Drucksachen, wozu noch Schenkungen kamen. Bon letzteren sei die des Geh. Rats B r. Josef Durm erwähnt, der Pläne, Aquarelle und Photographien seiner Bauten überwies. Bon Werken Aarlsruher Aünstler wurden folgende Gemälde angekauft; - 39l — „Dolomitenlandschaft" und „Sommertag" von Franz Hoch, „G ß- linger Neckarbrücke" von Gustav Schönleber, „Stier im Hoch­ gebirge" von Bietor Weishaupt. Hierzu gelangten noch als Ge­ schenke von Aommerzienrat Lorenz das Gemälde „Sommerabend" seines Schwiegersohnes Hoch und von Frau Professor Schönleber „Strand bei Levici" ihres verstorbenen Gatten. Aus dem Nach­ lasse des durch seine leider unvollendet gebliebenen Arbeiten zu einem Denkmal für den Gründer der Stadt in Beziehung zur Stadt getretene» Fritz Böhle wurden zwei Gemälde „Heiliger w a rt in im Schnee" und „pflügender Bauer" angekauft. Die Abteilung für Graphik wurde durch Griginalradieruugen und -Lithographien von Hans Thoma, D örr, Egler, Freytag, Haueisen, Aallmorgen, Aampmann, Luntz, von Ravenstein und von Bolkmann bereichert. Auch die Sammlung von Ariegseriuueruugen wurde wie seither durch Gegenstände, Bilder, Druckschriften, Plakate u. a. erweitert. Das N o t a r i a t A a r l s r u h e wurde durch Entschließung des Justizministeriums m it Wirkung vom s. Januar in folgende 7 anstelle der bisherigen 8 Distrikte neu eingeteilt: Distrikt I. a) Gststadt: Stadtteil östlich der Aarl-Friedrich- Straße und nördlich der Ariegs-Straße von der Aarl-Friedrich- Straße an bis zur Bahnlinie Aarlsruhe— Durlach; b) Schloßgebiet und Umgebung einschließlich der Gemarkung „G r . Hardtwald", soweit diese nicht einem anderen Distrikt zugewiesen ist; c) der Borort Rintheim. Distrikt I I . westliche Innenstadt: Stadtteil zwischen der Westend-Straße, der Ariegs-Straße von der Westend-Straße bis zur Aarl-Friedrich-Straße, der Aarl-Friedrich-Straße, dem Schloß­ platz von der Aarl-Friedrich-Straße bis zur Wald-Straße, der Hans- Thoma-Straße und der woltke-Straße bis zur Westend-Straße. Distrikt I I I . Weststadt: Stadtteil östlich der Grünwinkler Straße, der tzork-Straße und der Blücher-Straße und westlich der westend- und der Brauer-Straße einschließlich des Teils der Woltke-Straße zwischen der Blücher- und der Westend-Straße und mit Ausschluß des Bororts Beiertheim, — 392 — Distrikt IV . u) Südstadt: Stadtteil südlich der Kriegs-Straße, von der lvestend-Straße an bis zur Bahnlinie Karlsruhe— Durlach, und östlich der Brauer-Straße; b) die Vororte Beiertheim, Dax­ landen und R üppurr; c) die Gemeinde Bulach. Distrikt V : u) Stadtteil Mühlburg, östlich begrenzt durch die Grünwinkler Straße, die tzork- und die Blücher-Straße bis zum großen Exerzierplatz einschließlich des Teils der Moltke Straße westlich der Blücher-Straße; b) der Vorort Grünwinkel; o) die Gemeinden Eggenstein, Knielingen, Leopoldshafen, Teutschneureut, lvelschneureut. Distrikt V I. Die Zwangsvollstreckungen in der Gemarkung Karlsruhe. Distrikt V II. Die Gemeinden: Blankenloch, Büchig, Fried­ richstal, Hagsfeld, Spöck und Staffort. Die Geschäftsräume der Distrikte I— IV befinden sich Stepha- nien-Straße 5, die der Distrikte V — V II Akademie-Straße 8. Z n der badischen A n w a l t s k a m m e r wurde am s5 . (Ok­ tober infolge Austritts des Vorsitzenden Geh. Hofrats v r . Gustav Binz, und infolge Ablebens des stellvertretenden Vorsitzenden eine Neubildung des Vorstandes vorgenommen. Gewählt wurde zum Vorsitzenden Rechtsanwalt G tto Zutt, zum stellvertretenden Vor­ sitzenden Rechtsanwalt Albert Kusel, zum Schriftführer Rechts­ anwalt v r . Richard Bielefeld und zum stellvertretenden Schrift­ führer Rechtsanwalt Zu lius Fischer, sämtliche von hier. Dem Ehrengericht gehören aus Karlsruhe an der Vorsitzende Zutt, der stellvertretende Vorsitzende Kusel, außerdem v r . Friedrich IVeill und Ju liu s Fischer, zu den stellvertretenden Mitgliedern gehört aus Karlsruhe Or. Bielefeld. Anter den H a n d e l s r i c h t e r n bei dem Landgericht Karls­ ruhe, die der Großherzog am s3. Dezember s9s7 für die Jahre 19(8, I 9 l 9 und l 920 ernannte, befinden sich aus Karlsruhe folgende Herren: Brauereidirektor Kommerzienrat K a rl Moninger, Fabrikant Friedrich M o lff jung, Bankier Kommerzienrat Fritz Hamburger, Privatmann K a rl Layh, Bankdirektor Robert Nicolai, Fabrikant Konsul K a rl Himmelheber, Buchdruckereibesitzer v r . Albert Knittel, Fabrikant Albert Eichtersheimer. Unter den Handels­ richter-Stellvertretern befinden sich aus Karlsruhe folgende Herren: — 593 — Kaufmann Friedrich Kiefer, Kaufmann Wilhelm Glsasser, Fabrik­ direktor W illiam Wagener, Bankdirektor W ilhelm Hoffmann, Kaufmann M a rtin Elsas, Kaufmann Leopold Kölsch, Kaufmann Adolf Stein, Fabrikant Robert Nees alt. Zum Vorsitzenden hatte der Großhcrzog Landgerichtsrat Adolf Neßler ernannt. Am 22. März, dem s20. Geburtstag Kaiser Wilhelm I., ließ der verband der Kriegsfreiwilligen von l870/7s als Zeichen der Liebe und Verehrung einen Lorbeerkranz m it Kornblumen­ schmuck am Kaiserdenkmal niederlegen. Auch mehrere Zeitungen erinnerten an den denkwürdigen Tag. So schrieb z. B . die „Badische Landeszeitung" in N r. ^37: „Dankbar wollen w ir alle in diesen schweren Kriegslagen des heldenhaften Begründers des Deutschen Reiches gedenken, das wie ein Fels dasteht in der B ran­ dung des gewaltigen Völkerringens. Aus Anlaß des G e b u r t s f e st es d e r K a i s e r i n am 22 . Gktober hatten die staatlichen und städtischen Gebäude Flaggen­ schmuck angelegt. Km die Mittagsstunden konzertierten die G ar­ nisonskapellen auf dem M arkt- und dem Kaiserplatz, wozu sich ein 'zahlreiches Publikum eingefunden hatte. Die Mannschaften erhielten an diesem Tage Sonderverpflegung, Gffiziere und M ann­ schaften im Dienst trugen Grdonnanzanzug. Zum J a h r e s w e c h s e l hat der Kommandant S. M . 5. „ K a r l s r u h e " , Herr Fregattenkapitän Thietgens dem Ober­ bürgermeister die Glückwünsche der Gffiziere und Mannschaften des Schiffes für die Patenstadt Karlsruhe übermittelt. Die Wünsche wurden aufs herzlichste erwidert. Aus der Stadtratssitzung vom Januar wurde folgende Mitteilung veröffentlichst: „Da Beine Exzellenz der Herr Gencralfeldmarschall von Hindeuburg infolge der großen dienstlichen Anforderungen während der Daner des Krieges sich zu seinem Bedauern außerstande steht, die ihm als Zeichen seiner Ernen­ nung*) zum Ehrenbürger der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe gewidmete *) vergl. Chronik des Sahres lstls S. 8y, — 39^ " Ehrenurkunde aus Stein und Eisen aus den Händen einer Abordnung der Stadt persönlich entgegenznuehme», hat er den Wunsch geäußert, dieselbe an seine Frau Gemahlin nach Hannover zu übersenden. Ih r e Exzellenz die Frau Generalfeldinarschall bestätigt den Empfang mit folgendem Schreiben: Hannover, zo. Januar (9(7 . Sehr geehrter Herr (Oberbürgermeister! von meiner Reise zurückgekehrt, ist es mir mein Erstes, Ihn en und der Stadt Karlsruhe von ganzem Herzen zu danken für die prachtvolle Ehren­ tafel, die dieselbe ihrem Ehrenbürger hat zukommen lassen. Die Tafel ist vollendet schön im Entw urf und Arbeit und wird, aus Stein und Eisen hergestellt, ein Denkmal sein und bleiben der schweren eisernen Zeit, in der w ir augenblicklich stehen. Sie wird meinen Mann, auch mich und meine Rinder immer an die Zeit erinnern, in der w ir in Karlsruhe lebten, von Herzen gern waren w ir dort und ist es mein .auf­ richtigster Wunsch, noch einmal, wenn Gott der Herr uns Frieden gibt, nach dort kommen zu können, uni mit meinem w ann die Stadt, in der w ir uns so wohl gefühlt, noch einmal aufzusuchen. Gott erhalte und schütze Karlsruhe und lasse es weiter blühen und gedeihe». I n diese Worte möchte ich meinen Dank kleiden. Ih re sehr ergebene Gertrud von Hiudenburg." Ferner hat seine Exzellenz der Herr Generalfeldinarschall dem Oberbürgermeister aus diesem Anlaß folgendes Schreiben zugehen lassen: „Großes Hauptquartier, den Januar (')(?. Sehr verehrter Herr (Oberbürgermeister! Rach einer M itteilung meiner Frau ist die so überaus künstlerisch aus- gefllhrte Ehrenbürger-Urkunde der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe in Hannover eingetroffen. Ich bitte, dem Magistrat, den Stadtverordneten und dem Künstler, der die Urkunde hergestellt hat, meinen herzlichsten Dank für dieses herrliche Werk zu übermitteln. Der prachtvolle Ehreubürgerbrief wird in meiner Familie stets als wertvolle Erinnerung au die Residenzstadt Karlsruhe, mit der mich so viele Beziehungen verknüpfen, hoch in Ehren gehalten werden. M it der Bitte, allen Mitbürgern meine Grüße aussprechen zu wollen, bin ich Eurer Hochwohlgeboren sehr ergebener von Hiudenburg, Gcneralfeldmarschall." Der Stadtrat hat der iu Großlichterfelde bei Berlin lebenden Witwe des Fregattenkapitäns E r ic h K ö h l e r , des ruhmreichen Kommandanten des ersten Kreuzers „Karlsruhe", zum ehrenden Andenken an den gefallenen Seehelden ein B ild des mit ihm — 395 untergegangenen Schiffes als Weihnachtsgabe zugedacht. Das B ild ist von M aler W ilhelm Volz hier als Aquarell ausgeführt und trägt eine zugleich auf die Ernennung Köhlers zum Ehren­ bürger der Stadt hinweisende Widmung. Frau Köhler sprach, wie in der Stadtratssitzung vom 25. Januar l 9s7 mitgeteilt wurde, dem Stadtrat herzlichen Dank für diese für sie und ihre Kinder wertvolle Erinnerungsgabe aus. Am l5. Februar hat Geh. Kommerzienrat F r i e d r i c h W o l f s anläßlich der Vollendung seines 85. Lebensjahres angeordnet, daß an diesem Tage dem gesamten Personal der F irm a Wolfs und Sohn, Angestellten und Arbeitern, Geldgeschenke überreicht werden. Am 22. M ärz brachte der Stadtrat Herrn F r i t z R ö m h i l d t (R o m e o) zu seinem 60. Geburtsfeste herzliche Glück- und Segens­ wünsche dar und ließ ihm „zum Zeichen der Dankbarkeit der Karlsruher Bevölkerung für die erfreuenden Gaben seiner Muse" ein Rosengebinde überreichen. Aus Anlaß der glücklichen Heimkehr der „ M ö ve " von der zweiten erfolgreichen Kaperfahrt in feindlichen Gewässern sandte der Oberbürgermeister dem zur Besatzung des Schiffes gehörigen Leutnant zu See K ö h l e r , der aus Karlsruhe stammt und auch die erste große Fahrt der „M öve " mitgemacht hat, einen herzlichen Willkommensgruß. Auf diesen Gruß ist am 27. M ärz ein Dauktelegramm eingelaufen, aus dem zu ersehen war, daß Herr Köhler auch von der zweiten Fahrt gesund zurückgekommen ist. Am 29 . M ärz feierte F r a u O b e r b ü r g e r m e i s t e r L a u t e r , die Präsidentin der Abteilung 3 des Badischen Frauen­ vereins, ihren 70. Geburtstag. Aus diesem Anlaß überreichte das Zentralkomitee des Frauenvereins Frau Lauter eine Adresse, in der das Wirken der Zubilarin mit Dank und Anerkennung verzeichnet wurde. Großherzogin Luise erschien persönlich in der WohnuNg der Frau Lauter, um sie zu ihrem Geburtstag zu beglückwünschen. Der Stadtrat sprach der Zubilarin „die wärmsten Glück- und Segenswünsche der Stadt Karlsruhe" aus. Frau Lauter steht seit vielen fahren an der Spitze der genannten Abteilung des Frauenvereins (Krankenpflege) und hat hierbei besonders der Ausbildung der Rote-Kreuz-Schwestern ihr Augen­ merk zugewandt, Aber auch anderen Gebieten des Vereins, so — 3^6 — dem Tuberkuloseausschuß, dem Arbeiterinnenheim, der Flickschule hat sie ihre Tätigkeit gewidmet. Der Oberbürgermeister hat P r o f e s s o r Or. H e r m a n n V o l z , wie aus der Ätzung des Stadtrats vom A p ril berichtet wurde, aus Anlaß der Feier seines 70. Geburtsfestes „die wärm­ sten Glück- und Segenswünsche der Stadt Aarlsruhe" ausgesprochen. Am 23. A p ril fand anläßlich des 50jährigen Berufsjubiläums des F a k t o r s T. D a n n h e i m er in der G. Braun'schen Hof­ buchdruckerei und Verlag eine m it Rücksicht aus die Zeitverhältnisse im engsten Rahmen gehaltene Feier statt. Or. F. Bran, M it- inhaber der Firm a, hielt eine Ansprache an den Jub ila r, Vertreter der einzelnen Betriebsabteilungen drückten ihm ihre Glückwünsche aus. Der Geschäftsführer des Badischen Landesausschusses für Ariegsbeschädigtenfürsorge, M inisterialrat V r. Ritter, nahm Ge­ legenheit, dem Ju b ila r seinen persönlichen Dank für dessen rege M itarbe it in der Ariegsbeschädigtenfürsorge auszusprechen. I m A p ril wurde O b e r s t v o n B e c z w a r z o w s k i , der frühere Aommandeur des Leib-Grenadier-Regiments, der im August sHsH die Leib-Grenadiere ins Feld geführt hatte, zum Generalmajor ernannt. Ende A p ril wurde Geh. R a t P r o f e s s o r Vr . B u n t e , Direktor des chemisch-technischen Instituts an der hiesigen Tech­ nischen Hochschule, von der Technischen Hochschule in Wien zum Ehrendoktor ernannt. Am 5. Ju n i feierte der zurzeit im Felde stehende G e n e r a l ­ l e u t n a n t A a r l J ä g e r s chmi d sein 50jähriges M ilitä r ­ jubiläum. E r hatte, seitdem er im Ruhestand lebte, seinen Mohn­ sitz in Aarlsruhe genommen. Beim Ausbruch des Arieges trat er wieder aktiv ein und nahm als Aommandeur einer Reserve- Feldartillerie-Brigade an den Aämpfen in Aurland, in-Sieben­ bürgen und Rumänien teil. Der Oberbürgermeister hat ihn zugleich namens des Stadtrats zn dem Jubiläum beglückwünscht. Der Oberbürgermeister hat namens der Stadtverwaltung, wie am s3. J u li berichtet wurde, den Ge i s t l i c h e n R a t u n d S t a d t p f a r r e r B o d e n s t e i n zu dessen 70. Geburtstag beglück­ wünscht. Der Jub ila r dankte in einem freundlichem Schreiben. Or. G u s t a v B i n z ließ sich aus der Liste der Anwalts streichen. Bei diesem Anlaß verlieh ihm der Großherzog am sch J u li den Titel „Geheimer Hofrat". A c i l i t ä r o b e r p f a r r e r a. D. M a x B e r b e r i c h , der am 3. Februar s8H2 iu Karlsruhe geboren war, feierte am 6. August sein goldenes Priesterjubiläum. G r war am 6 . August (867 mit 5-s anderen Alumnen vom Bischof Freiherr von Ketteler von Mainz in Freiburg zum Priester geweiht worden. Den Festtag beging der Jub ila r in stiller Zurückgezogenheit in Reichenbach (Amt Gillingen), wo er sich seit einigen Wochen zur Erholung aufhielt. I m August erhielt P r o f e s s o r I ) r . H a n s T h o m a den Orden „?our le lVlcrite" für Kunst und Wissenschaft. Dem General der Infanterie z. D. L u d w i g F r e i h e r r n B ö c k l i n v o n B ö c k l i n s a u und Generalleutnant z. D. A d o l f F r e i H e r r n B ö c k l i n v o n B ö c k l i n s a u hier hat der Ober­ bürgermeister, wie am 20 . September berichtet wurde, aus Anlaß der Feier ihres 60jährigen M ilitä rjub iläum s den Glückwunsch der Stadt Karlsruhe ausgesprochen. Aus der Stadtratssitzung vom (7. Oktober wurde berichtet: „Austelle des abwesenden Oberbürgermeisters hat der f. Bürger­ meister dem Geh. Kommerzienrat Or. ir>A. W i l h e l m L o r e n z anläßlich der Vollendung seines 75. Lebensjahres die herzlichsten Glück- und Segenswünsche der Stadtverwaltung übermittelt". Aus der Sitzung vom 2 . November wurde mitgeteilt: „Der Stadtrat nimmt von dem Dankschreiben des Herrn Wirklichen Geh. Rats E m il Glöckner, früheren langjährigen Stadtverordneten, für die ihm aus Anlaß seines 80. Lebensjahres übermittelten Glückwünsche der Stadtverwaltung Kenntnis". Am st. Dezember feierte Stadtrat F r i e d r i c h B l o s sein 25jähriges Dienstjubiläum als M itglied des katholischen Stiftungs­ rats St. Stephan. Der Stiftungsrat und Vertreter des Stiftungs­ rats der katholischen Gesamtkirchengemeinde Karlsruhe, geführt vom Geistlichen Rat Knörzer, sprachen ihm unter Überreichung einer Festgabe die Glück- und Segenswünsche aus uud zugleich den Dank für seine langjährige M itarbeit. Der Ju b ila r erhielt außerdem verschiedene Glückwunschschreiben, unter ändern auch von der Kirchenbehörde und von: Kultusminister Or. hübsch. Zum Dank für die ihn: erwiesene Ehrung übergab er Herrn Geistlichen Rat Knörzer eine Spende für kirchliche Zwecke auf Weihnachten. Aus der Stadtratssitzung vom f f . Januar wurde berichtet: „Der Oberbürgermeister hat namens der Stadtverwaltung dem Bürgermeister der Stadt Straßburg i. E . anläßlich des Hinscheidens ihres verdienstvollen früheren Oberhauptes, des B ü r g e r m e i ­ sters a. D. O t t o Back, Teilnahme ausgesprochen. Aus Anlaß des Hinscheidens des G r a f e n Z e p p e l i n am 8 . M ärz hat der Oberbürgermeister „der schmerzlichen Trauer der Karlsruher Bürgerschaft in einem Beileidstelegramm an die Gräfin Zeppelin Ausdruck verliehen". Der Großherzog hat in seinem Namen und in dem der Großherzogin der Gräfin die aufrichtige Teilnahme bei dem Hinscheiden des „um unser deutsches Vater­ land so unendlich verdienten Heimgegangenen" telegraphisch aus­ gesprochen. Auch Großherzogin Luise bekundete in einer Depesche an die Gräfin ihre tiefgehende Teilnahme. Am 3. August erinnerten die Zeitungen an den 50. T o d e s ­ t ag Au gus t Böckhs , des großen Altertumsforschers und Philo­ logen, der s?85 in Karlsruhe geboren, sZss nach Berlin berufen wurde und fünfmal an der dortigen Universität Rektor gewesen war. Zn dieser Eigenschaft hat er auch s860 das erste Zubli- läum der Universität geleitet. Folgenden städtischen Beamten und Arbeitern wurde „ in A n­ erkennung 25jähriger treu geleisteter Dienste" das E h r e n d i p l o m der Stadtgemeinde verliehen: Dem Vberstadtsekretär Ju lius Lacher, der Badegehilfin Rosina Falk, dem Aufseher Ludwig Bossert, dem Kasseudiener K a rl Endle, dem Aufseher Andreas Hacker, dem Maschinisten Friedrich Jäger, dem Aufseher Friedrich Zlg, den, Heizer Ludwig Weingärtner, dem Schuldiener K a rl Raible, dem Kassendiener Hieronymus Burger, dem Hausmeister Ludwig Gäßler, dem Oberbuchhalter Franz wildenthaler, dem Badegehilfeu Alois Klopfer, dem Kassendiener Leopold M üller und dem Maschinisten K a rl Ludwig Herning. Aus der Stadtratssitzung vom s2. A p ril wurde berichtet, daß der Stadtrat der H a u p t l e h r e r i n F r ä u l e i n A n n a P h i ­ ZHLj ^ l i p p , die im A p ril auf eine HOjährige Tätigkeit an der hiesigert Volksschule zurückblicken könne, aus diesem Anlaß „herzlichen Glückwunsch und aufrichtigen Dank für ihre in langen Jahren im Dienste der hiesigen Volksschule und insbesondere auch als M itglied der Schulkommission geleistete segensreiche A rbeit" aus­ gesprochen. Am 23. A p ril blickte O b e r l e h r e r J a k o b H ü f f n e r an der städtischen Volksschule (Töchterschule) auf eine 30jährige Tätigkeit im badischen Schuldienst zurück. Der Stadtrat beschloß, dem Genannten aus diesem Anlaß unter Überreichung eines Ehren­ geschenks „herzlichen Glückwunsch und aufrichtigen Dank für seine in langen Jahren im Dienste der hiesigen Volksschule und ins­ besondere auch als M itglied der Schulkommission geleistete segens­ reiche Arbeit auszusprechen". Für beide Iub ila re , für Hauptlehrerin Anna Philipp und Oberlehrer Hüffner, veranstaltete das Kollegium der Töchterschule einen Festakt, zu dem auch viele frühere Kollegen und Kolleginnen erschienen waren. Die Feier wurde durch einen dreistimmigen Lchülerinnenchor eröffnet. Dann hielt Hauptlehrer M aurer eine Ansprache und rühmte dabei ganz besonders die großen pädago­ gischen Verdienste der beiden Jub ila rs, jeweils am Schluß ein sinnreiches Geschenk überreichend. Hauptlehrer Göppert, V o r­ sitzender der Konferenz, überbrachte hierauf die Glückwünsche der Karlsruher Lehrerschaft. Nach einem dreistimmigen Vaterlands­ liedchen verlas Oberlehrer Bräuninger zwei selbstversaßte, launige Festgedichte. Nachdem die beiden Jubilars für die erwiesenen Ehrungen gedankt hatten, schloß der Thor „Lobet den Herrn" die Feier. Im J u li beging H a u p t l e h r e r K a r l S e ß l e r sein HO­ jähriges Dienstjubiläum. Der Stadtrat sprach ihm aus diesem Anlaß „herzlichen Glückwunsch aus und dankte ihm zugleich für die erfolgreiche Arbeit, die er während 38 Jahren im Dienste der hiesigen Volksschule geleistet" habe. I m Oktober konnten die H a u p t l e h r e r K a r l B r ä u ­ n i n g e r und K a r l R ü f f l e r auf eine HOjährige Tätigkeit im badischen Schuldienst zurückblicken. Der Stadtrat sprach ihnen aus diesenr Anlaß „herzlichen Glückwunsch und aufrichtigen Dank 400 für ihre in langen Jahren im Dienste der hiesigen Volksschule geleistete segensreiche Arbeit aus". I n dem Verlag der Aktiengesellschaft „Badenia" Karlsruhe erscheint m it Gutheißung des Erzbischöflichen Ordinariats seit dem s. Januar das „ 5 t. K o n r a d s b l a t t " , Familienblatt der Erz­ diözese Freiburg. Die Anzeige m it der Probenummer, die im Dezember sys6 ausgegeben worden war, gab an, daß das B latt illustriert rechtzeitig auf den 5onntag in einem Amfange von s2 bis (6 Seiten in die Hände der Leser kommen werde. I n der Nacht vom H. auf den 5. Februar kurz nach 2 Ahr brach in dem Bierlokal und Kaffee „ Z u m B l o n i n g e r " (Kaiser- Straße (H2/(HH) G r o ß f e u e r aus. Am meisten hat durch den Brand das kleinere Haus, das „Stammhaus" (Kaiser-Straße sH2), gelitten, das fast völlig zerstört wurde. Auch in dem Neubau, Ecke der Kaiser- und Karl-Straße, mußten die Bewohner der oberen Stockwerke, da das Treppenhaus infolge des Rauches nicht mehr betreten werden konnte, über die tiefer gelegenen Dächer der Nachbarhäuser flüchten. B lit Blühe und Not rettete sich das lvirtschaftspersonal. Der Sachschaden an dein neuen Gebäude und an den neuen Einrichtungen dürfte sehr erheblich sein. Doch konnte am 8. Februar der lvirtschaftsbetrieb in den unteren Räumen des Hauses sHH der Kaiser-Straße wieder eröffnet werden. Am s7. Februar, vormittags gegen s s Ahr, brach infolge einer kleinen Explosion in der chemischen Fabrik R o s e n b e r g 8c E ie ., lvilhelm-Straße 57, G r o ß f e u e r aus. Es griff so schnell um sich, daß in kürzester Frist das ganze dritte Stockwerk des Gebäudes in Flammen stand. Auch bei diesem Anwesen dürfte der Gebäude­ schaden sehr groß sein, während der Sachschaden nicht so bedeutend war, da die rückwärts gelegenen Lagerräume gerettet werden konnten. I n den Nachmittagsstunden des 9 . J u n i ging ein ungewöhn­ lich starkes G e w i t t e r über unsere Stadt nieder. Die Ergüsse waren so stark, daß das lvasser mitunter nicht rasch genug Abfluß finden konnte und in manchen Kellern, Gängen und Haus­ fluren ausgeschöpft werden mußte. A u f dem Türmchen der alten §0s — Friedhofkapelle (Waldhorn-Straße 6 0 wurde das Rreuz durch deu Blitz zertrümmert und herabgeschleudcrt. I m Stadtteil Mühl« bürg beschädigte der Blitzstrahl das Ziegeldach im Hause Hardt- Straße 36, die Ziegelsteine flogen auf die Straße, auch das Haus Neubruch-Straße s (Beiertheim) tra f der B litz , ohne zu zünden, ebenso die Tulla-Schule. Beim Rheinhafen fuhr der Blitz in den Draht der elektrischen Straßenbahn, sodaß der Betrieb auf der Strecke M ühlburgertor— Rheinhafen einige Zeit unter­ brochen war. Bienscheuleben kamen nirgends zu Schaden. Durch deu infolge des Gewitters stark angeschwollenen Landgraben wurde der beim Ausfluß in die A lb an der nördlichen Ufer-Straße angebrachte Hochwasscrdamm zum Teil weggerissen, eine Über­ schwemmung trat jedoch nicht ein. — Gefährlicher war das Gewitter am 3 s. Ju li. R lara Gberhardt, die 22 Jahre alte Tochter des Feldhüters Gberhardt im Stadtteil Rintheim, befand sich mit einer Frau und deren fljährigem Rinde auf dem Heimwege. A ls sie noch etwa sOO Meter von Rintheim entfernt war, wurde sie vom Blitze getroffen und war sofort tot. Auch die Frau wurde zu Boden geschlagen, erholte sich aber bald wieder, das Rind blieb völlig unverletzt. Z u gleicher Zeit schlug der Blitz in das Haus Haupt-Slraße 33 (Rintheim) und drang, ohne erheblichen Schaden anzurichten, durch die Decke des 2. Stockwerks. Das Dach am Hause Rastatter Straße 8H im Stadtteil Rüppurr wurde durch den Blitzschlag erheblich beschädigt. — Am 23. November richtete ein Sturm allerlei Schaden an. I n der Westend-Straße wurde ein großer Alleebaum entwurzelt und gegen das Haus Nr. 2H der Bismarck-Straße geworfen. Die Veranda dieses Hauses, sowie einige Steinpfeiler des Gartengeländers, wurden stark be­ schädigt. I m Stadtteil M ühlburg warf der Sturmwind einen etwa sO Meter hohen Fabrikkamin um. Personen wurden nicht verletzt. Am 29 . Dezember machte das Bürgermeisteramt bekannt, daß wegen andauernder großer Rälte vom 30. ab Wärmehallen, die täg­ lich von vormittags l l Uhr bis abends 6 Uhr unentgeltlich benützt werden könnten, eingerichtet seien und zwar in der Turnhalle der 2S — ^02 —- Hardt - Atraße - Achule, im Hildahaus, in der Wartestelle beim Mühlburger T o r , in der Wärmehalle auf dem Festplatz gegen­ über der Festhalle, in der Turnhalle der Uhland-Schule II. und im Erdgeschoß der Volkslesehalle (Grüner Baum, Aaiser-Ltraße 5). Aus dem Tätigkeitsbericht der hiesigen w a c h - und Sch l i eß - g e s e l l s c h a f t im Berichtsjahr ist zu entnehmen: offen gefunden wurden 56 524 Haustüren, 2 Aeller, s2 Fabriken, s6 Geschäfts­ zimmer, 20 Ladentüren, 32 Wirtschaften, 223 Fenster im E rd­ geschoß und 3 Wasserhahnen. Festgestcllt wurden 634 nutzlos brennende Lichter. 307 Personen wurden geweckt, 24 eingelassen, 2 ausgewiesen, 5 sestgenommen. Gefunden wurden s2 Haus­ schlüssel. Fünfmal wurde Feuer gemeldet und gelöscht. 26ß mal wurden Pferde aus gefährlicher Lage befreit und angebunden. 1. Vorträge. N I Jahre 19(7 fanden in Karlsruhe, soweit uns bekannt X wurde, im ganzen (68 ( (9 (6 : 2^9) Vorträge*) und Rezi- tationen statt. Die größte Zah l wies der Januar auf mit 2H. Es folgten November m it 23, M ärz m it 20, Oktober >"it (9, Februar und Dezember m it je (8, A p ril m it (7, M a i m it (2, September m it (0, Zum m it H, J u li m it 2 und August mit ( Vortrag. Von den Vortragenden waren 66 aus Karlsruhe, 29 gehörten dem übrigen Baden und 35 sonstigen deutschen Bundesstaaten an, 3 waren Ausländer. Bei (5 Vorträgen waren die Redner nicht genannt. M ir lassen ein Verzeichnis der Vorträge hier folgen: Januar H. Schriftsteller D. A m n i o n : „Die Benieisterung des Schicksals durch Gedankcnkräfte". (öffentlicher Vortrag.) „ L. v r. Fritz I v e r t h e i m e r aus Frankfurt a. M .: „ljindenburgs Mauer (die Gstfront)". M it Lichtbildern. (Kaufmännischer Verein.) „ 7. Missionsinspektor Licentiat F r o h n m e y e r ans Basel: „Deutsche Missionsarbeit im Weltkrieg". (Vffentlicher Vortrag in der Stadtkirche.) „ ?. Professor Erw in L e x p aus Pforzheim: „Luther und der Krieg". (Protestantenverein.) „ s. Schriftstellerin Frau V ttilie S t e i n : „Das Leben der Frauen bei uns, unseren Verbündeten und unseren Feinden". (Arbeiter­ bildungsverein.) * ) Dabei sind nur die unter X II, 1 verzeichneten, nicht die an anderen Stellen der Lhronik in Verbindung mit sonstigen Angaben erwähnten Vor­ träge gezählt. — 404 Januar io. Schwester Erna R u s c h e w e y h : „Bulgarien". M it Lichtbildern, ((öffentlicher Vortrag zum Besten deutscher Kriegswaiseu.) „ 10. „Christentum und Gegenwart". (Katholischer Arbeiterverein der Südstadt.) „ tO. Kaufmann Franz B e i l : „Grabschriften und M arterln". Erinne­ rungen ans Hochgebirge. (Gartcubauverein.) „ i l - Professor O r. H a l l e r ans Tübingen: „Die Balteuländer und die Beherrschung der (Ostsee". (verband der Deutschtumr- vereine.) „ 1 l- Lehramtsxraktikant G a u c h : „Wanderungen im Belchengebiet". (Schwarzwaldverein.) „ (2. Schriftsteller D. A m m o n : „Die Toten leben fort", ((öffent­ licher Vortrag.) „ 13- Diplomingenieur Roland L i s e n l o h r : „Die Entwicklung des Flugwesens während des Krieges". (Volksbildungsverein.) „ i-f. P farrer L. M ü h l h ä u ß e r aus Basel: „Der Berus der deutsch- evangelischen Lhristenheit in der weiten W elt", («öffentlicher Vortrag.) „ i-f. O r. K arl w e i ß aus Heidelberg: „w as brauchen w ir zum Leben?" (Freireligiöse Gemeinde.) „ 1H. Garnisonsvikar S t u r m : „Neue Bahnen christlicher Jugend­ erziehung". M it Lichtbildern. (Kirchlich-positive Vereinigung.) „ >6. Professor Lugen Br esch: „Deutschland und die uordauierika- nischc Union im Weltkrieg". (Natioualliberaler Verein.) „ 17. Geheime Rat Professor O r. Eberhard G o t h c i n aus Heidel­ berg: „Die zukünftige (Organisation der Licht- und Kraftver­ sorgung". ((öffentlicher akademischer Kriegsvortrag zum Beste» der Kriegswohlfahrtspflege.) „ 21- Pfarrer Leutnant F a l c k e n b e r g aus Hilsbach: „Sturmzeit im Vaterland und deutsche K raft", ((öffentlicher Vortrag des Evangelischen Bundes.) „ 23. O r. K arl S teck aus Biebrich: „Aufgaben und Erfolge der Deutschen Gesellschaft für Kaufmanns-Erholungsheime". M it Lichtbildern, ((öffentlicher Vortrag der (Ortsgruppe der Gesell­ schaft.) „ 25. Arthur S t a n e l l e : „Das Antlitz der Erde im Wandel der Zeiten". (Schwarzwaldverein.) „ 2g. Rabbiner O r. L sc h e l b a c h e r aus Düsseldorf: Die Erfahrungen der Gegenwart und die Lehre der jüdischen Geschichte". (Verein für jüdische Geschichte und Literatur.) „ 2A. K arl M i l l e r , stuä. clrem.: „Deutschlands Unterseeboote im Weltkriege". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) — §05 - Januar 20. Freifrau von Mar scha l l - Neuer shausen: „vaterländische Pflichten der Frau auf wirtschaftlichem Gebiet". (Öffentlicher Vortrag der Landesausschusses der landwirtschaftlichen Haus- frauenvereinigiing, Ortsgruppe.) „ 2(. Geh. Hofrat Professor v r. Asch o f f aus Freiburg: „Leben und Sterben". (Öffentlicher akademischer Kriegsvortrag zum Besten der Kriegswohlfahrtspflege.) Februar 2. Re s s e l m e i e r ans Hamburg: „Es gibt ein Fortleben nach dem Tode", ((öffentlicher Vortrag.) Prälat v . S c h m i t t h e n n e r : „Der Siegeswille in der Heimat, seine Pflege und seine Betätigung", ((öffentlicher Vortrag in der Stadtkirche.) q. Missionar Petrus B i r n e s k e r aus Abtei St, Ottilien in Gbcrbayern: „Die Mission in den deutschen Kolonien, insbeson­ dere in Deutsch.Gstafrika". (Katholischer Volksverein im Stadt- teil Rüppurr.) „ . 5. Bankier August H ech t: „Die Kriegsfinauzierung Deutschlands und seiner Feinde". (Arbeiterbildungsverein.) „ 7. Kaplan L o r e n z : „Des deutschen Kriegers Heimstätte". (Katho­ lischer Arbeiterverein der Südstadt.) „ 8. Professor Or. G . B r i e ß aus Gießen: „Teuerung und Teue- rungsbekämpfung". (Öffentlicher Vortrag.) „ ll> Vr. K arl w e i ß aus Heidelberg: „w ie denkt sich der Frei­ religiöse seinen G ott?" (Freireligiöse Gemeinde.) „ (2. „D-ie Schlacht an der Somme". M it Lichtbildern. (Arbeiter­ bildungsverein.) „ (2. Fra» Emilie L a d e n b a c h : „Die deutsche M utter als Ouelle der Volkskraft". (Öffentlicher Vortrag.) (8. Pfarrer S a i e r aus Otigheim: „Stadt und Land im Krieg". (Katholische Vereine der Südstadt.) „ (8. Stadtpfarrer G ötz aus Heidelberg: „w as haben w ir als Deutsche und als Christen von der Verbindung mit dem Grient zu hoffen?" (Öffentlicher Vortrag.) „ (8. Pfarrer P h i l i p p aus Schefflenz: „Luther und die deutsche Seele". (Evangelischer Bund.) „ (y. Rechtsanwalt Gtto H e i n s h e i m er : „Deutschlands W irt- schaftskräfte". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsvereiu.) „ 22. Fräulein Käthe K r a u s m a n u : „Säuglingsfürsorge". (Öffent­ licher Vortrag.) „ 22. „Die Naturerscheinungen und ihre Erklärungen". (Arbeiter- Jugend.) „ 22. Geh. Hofrat Professor v r . Adolf von O e c h e l h ä u s e r : „Die wirtschaftlichen Kräfte Deutschlands im Weltkrieg". (Volks­ bildungsverein.) — §06 — Februar 25. Zuchtinspektor a. D. H i n k : „Kleintierzucht im Kriege". (Hffent- licher Vortrag.) „ 2S. Pfarrer Friedrich S t o b e r aus Ispringen: „Krieg und Kultur". (Arbeitcrbildungsvereiu.) M ärz -l. Stadtpfarrer Julius W e r n e r aus Frankfurt a. M .: „Aus Ägypten durch die wüste nach dem Sinai". Reiseeindriicke mit farbigen Lichtbildern nach eigenen Aufnahme», ((öffentlicher Vortrag.) „ 5. Bankprokurist Leo L o b : „Die Reichsbank im Weltkrieg". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildnngsvcrein.) „ 5. Professor v r . S a u e r aus Stuttgart: „Die Mineralschätze Deutschlands und ihre Bedeutung für den Weltkrieg". M it Lichtbildern. ((Öffentlicher Vortrag des Naturwissenschaftliche», sowie des Badischen Architekten- und Ingenieurvereins.) „ 6. Frau K lara S i e b e r t : „Muttergedanken in schwerer Zeit". (Verein abstinenter Katholiken, Ortsgruppe.) „ l l - IK . K arl w e i ß aus Heidelberg: „Unsere sittliche Aufgabe". (Freireligiöse Gemeinde.) „ l l - P farrer v a t h aus Manuheim-Rheiuau: „Luthers bleibende Bedeutung". (Gottesdienstliche versammluug des evangelischen Bundes in der Stadtkirche.) „ l?. „Rumänien, Land und Leute". M it Lichtbildern. (Arbeiter« bilduugsvereiu.) „ (Z. Oe. M a r q u a r d aus B erlin : „Aufgabe und Erfolge der Luftflotte im Kriege". M it Lichtbilder». (Deutscher Luft- flotteuvereiu, Ortsgruppe.) „ (5. Professor Or. Kourad G u eu th er aus Frciburg: „Die Ukrainer". (Öffentlicher Vortrag zinn Bosten der deutschen Kriegsgefangenen in Rußland.) „ (-). Geh. Hofrat Professor Georg L e n o i t : „wassertransport- weseu". M it Lichtbildern. (Öffentlicher akademischer Kriegs­ vortrag zum Besten der Kriegswohlfahrtspflege.) „ (S. Rechnuugsrat w ilhem F r i e d e r i c h : „Die Bagdadbahn". (Katholischer Gescllenverein.) „ t«. Kaplan Richard D o l d : „Egoismus und Vaterlandsliebe". (Katholischer Mäunerverein und katholischer Arbeiterverein der Weststadt.) „ (g. Professor v r. W illi H e l l p a c h : „Die deutsche Volksseele vor und nach dem Kriege". (Kaufmännischer Verein.) „ 21. Bankprokurist Leo L ö b : „Die Reichsbauk im Weltkrieg". M it Lichtbildern. (Gewerkschastskartell.) „ 22. „w ie soll man wandern?" (Arbeiter-Jugend.) „ 26. „Der Krieg im Westen, im Osten und auf der See". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsvereiu,) — H07 — März 28. Wilhelm W a s s e r m a n n : „Die Nachtigall von Wittenberg" Deutsche Historie von Strindbcrg, übersetzt von Em il Schering. (Rezitation im kaufmännischen Verein.) „ 28. Professor v r. K r a e m e r aus Hohenheim: „Stimmungen in der Schweiz", ((öffentlicher Vortrag zugunsten der Auslands- nachrichten-Abteilung.) „ 2y. Generalkonsul G a l l i : „Wesen, Wandel und Wirken des heiligen Kriegs des Is la m " , ((öffentlicher Vortrag der deutsch- türkischen Vereinigung, (Ortsgruppe.) „ 2g. Arthur S t a n e l l e : „Das Antlitz der Erde". I I . Teil. (Schwarzwaldverein.) April 2. Kapitänlentnant a. D. van B e b b er : „M it dem N-Boot gegen England". M it Lichtbildern, ((öffentlicher Vortrag.) „ 2. Bankproknrist Leo L ö b : „Die Reichsbank im Weltkrieg". (Volksbildungs-Verein.) „ z. Direktor v r. K arl ( Ot t : „Deutsche Frauen helft siegen!" M it Lichtbildern, ((öffentlicher Vortrag.) „ q. v r. K arl M ü l l e r von Angustenberg: „Die Pflanzen des Schmarzmaldes". M it Lichtbildern. (Gartenbanverein.) „ s. „Zucht und pflege der Bastarde". (Verein von vogelfreunden.) „ a. v r. K arl W e i ß von Heidelberg: „Das freireligiöse Bekenntnis". (Freireligiöse Gemeinde.) „ g. Wilhelm W asse r in a n n : „Aus Dichtungen von Heinrich Lersch und von Herman Löns". Rezitation im katholischen Arbeiter­ verein der Südstadt.) „ 15. v r. W a l d schmi dt aus Wiesbaden: „Spanien", ((öffent­ licher Vortrag der deutsch-spanischen Vereinigung, (Ortsgruppe.) „ tö- „Rationelle B rut- und Kückenaufzucht". (Badischer Verein für Geflügelzucht.) „ ts. Pfarrer H a u ß aus Spöck: „Jung Stilling". Zum Gedächtnis von dessen tvo. Todestag. (Kirchlich positive Vereinigung.) „ t8. Instizrat t v a g n e r ans B erlin : „polenfrage", ((öffentlicher Vortrag.) „ 2Z. Dramaturg v r. Georg p l o t k e : „Die Aufgaben des Einzelnen zur Wiederherstellung der internationalen Hiinianitätsbewcgungen nach dem Kriege". (Kaufmännischer Verein.) „ 2Z. Bczirksrabbiner v r . B e e r m a n n ans Heilbronn: „vom Friedenstraum der Propheten". (Verein für jüdische Geschichte und Literatur.) „ 27. (Obstbamninspcktor K a r m a n n : „Gemüsebau in Kriegszeiten". ((Öffentlicher Vortrag.) — §08 — April 28. (Dberingenieur G . B ü g g e l e aus Stuttgart: „Die Gewinnung von Nebenerzeugnissen bei der Kohlenvergasuug, ihre volks­ wirtschaftliche Bedeutung für die öffentliche Llektrizitäts- erzeugung". («Oberrheinischer elektrotechnischer Verein.) „ zo. v r . K arl B r u n n e r aus B e rlin : „Unsere Jugend — unsere Zukunft". («Öffentlicher Vortrag.) „ 30. „Unsere Flieger im Weltkrieg". M it Lichtbildern. (Arbeiter« bildnngsvereiu.) M a i s. v r . Johannes M ü l l e r aus Schliersee : „Eine neue Art Lebe»". («Öffentlicher Vortrag.) „ 7. Derselbe: „Meisterung des Schicksals". ((Öffentlicher Vortrag.) „ y. Adolf D a ma s c h k e aus B erlin : „Die deutsche Kriegerheim- stätten-Beweguug — ihr werden und ihr wachsen". (Kauf­ männischer Verein.) „ 9. „Nordamerika — der Freiheitsstaat". (Katholischer Arbeiter­ verein der Südstadt.) „ 9 . Privatdozent V r. ing. K ö n i g : „Elwas über die Theuiie des Ammoniaks, eines unserer wichtigsten Düngemittel". M it Lichtbildern. (Gartenbauverein.) „ «5. Missionar G e c h s l e r : „Mißbrauch geistiger Getränke". (Kreuz­ bündnis, Verein abstinenter Katholiken.) „ 20. Pfarrsekretär B a u m e i s t e r : „Des deutschen Jünglings Mutter". (Katholischer Iugendvereiu der Mittelstadt.) „ 22. Pfarrer v r . R . B u r c k h a r d t aus B erlin : „Bei den inter­ nierten deutschen Kriegern in der Schweiz". M it Lichtbilder». ((Öffentlicher Vortrag zugunsten badischer Kriegsbeschädigten.) „ 22. Professor v r . Ulrich B e r u a y s : „Das Volkstümliche bei Gott­ fried Keller". (Allgemeiner deutscher Sprachverein, Zweig­ verein Karlsruhe.) „ 22. Kapitäulentuant a. D. van B c b b e r : „UnserKreuzergeschwader". Erlebnisse, Tätigkeit und kseldenkampf. M it Lichtbildern. ((Öffentlicher Vortrag.) 30. Professor O. S c h l a t t e r aus Tübingen: „Das wirken des heiligen Geistes im Werk der Reformation". (Kirchlich-positive Vereinigung.) „ 3 «. Rechuuugsrat Wilhelm F r i e d c r i c h : „Rußland und der Friedcus- schluß". (Katholischer Gcselleuvereiu.) Jun i 6. Geh. ksofrat Professor v r . Ludwig K l e i n : „Wildgemüse". M it Lichtbildern. (Gartcubauvcrciu.) „ 8. Silvio B r ö d r i c h aus Kurland: „Die russische Revolution und ihre Bedeutung für Deutschland". («Öffentlicher Vortrag.) „ ( 9- Generalsekretär A. G e i s e r : „Die Not der Auslanddeutschcu im Weltkriege". (Verein für das Deutschtum im Auslände.) — -§09 — Juni 22. Prokurist Decker aus Frankfurt a. M .: „Die Bankbeamten und das neue Deutschland". (Deutscher Bankbeamtenverein, Zweigvcrein Karlsruhe.) J u li 2. pfarrkurat v r. Albert R ü d e : „ Irlan d s Größe und Irla n d s Schwäche". (Verein abstinenter Katholiken.) „ 7. Vberingcnieur G . B ü g g c l e ans Stuttgart: „Die Gewinnung von Nebenerzeugnissen" usw. August «7. Geh. Hofrat Professor v r . Ludwig K l e i n : „Die pilzschätze unserer Heimat mit Rücksicht aus die Kriegsernährung". M it Lichtbildern. («Öffentlicher Vortrag.) September 5. «Dbstbaulehrer Georg T h i e m aus Augustenberg: „Herbstarbeiten im Garten und Aufbewahrung der Gemüse für den W inter". (Gartenbauverein.) „ 0̂. Rechtsanwalt Gtto H e i n s h e i m er : „Das deutsche Heimats- Heer". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ 19. und 20. Schriftsteller Friedrich G ö tz : „Meine Reise durch die Balkanstaaten und Ägypten unter Beleuchtung deutscher Kultur­ arbeit und der Weltkrieg". N i t Lichtbildern. («Öffentlicher Vortrag.) „ 20. Kanzleirat S c h m i d t : „Die Leibesübungen im Iugendverein". (Katholischer Iugendverein der Vststadt.) „ 20. Reichstagsabgeordueter S c h ö p f l i n aus B erlin : „Friede und Demokratie". («Öffentlicher Vortrag.) „ 2 «. „Die Erde und ihre Bewohner". (Touristenverein „Die N atur­ freunde".) „ 22. Torpedo-Vberleutnaut a. D. P . F. K n h l: „Der Möwe-Flug". Meine Erlebnisse als M inen-, Spreng- und Gefaugenenoffizier an Bord S. M . S. „Möwe". M it Lichtbildern. («Öffentlicher Vortrag.) „ 2S. «Dberingenieur K a y s e r aus B erlin : „Der Zentralheizungs- betrieb unter Berücksichtigung des herrschendeil Koksinangels". M it Lichtbildern. («Öffentlicher Vortrag.) „ 27. Geh. Hofrat Professor Or. Ludwig K l e i n : „Die Pilzschätze unserer Heimat mit Rücksicht auf die Kriegsernährung". M it Lichtbilder». («Öffentlicher Vortrag.) Gktober 8. Direktor B r ä n c h l e (städtisches Nahrungsmittelamt): „Die Lebensmittelversorgung der Stadt Karlsruhe im Kriege". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ y. Fräulein L lly S c h m i d t : „w ie spare ich Gas" ? («Öffentlicher Vortrag.) „ 10. Landwirtschaftsichrer S t o l z e n b e r g von Augustenberg: „Zeit­ genössische Winke für die städtischen Gutsbesitzer", (G arten­ bauverein.) - ^ 0 - Oktober N - Pfarrer G r « e b e n e r aus Neureut (z. Z t. Hauptmann bei dein Armeeoberkommando): „Flandernschlacht", ((öffentlicher Vortrag.) „ i l - Pfarrer lic. L o b m a n n aus Hannover: „Die Bedeutung der Reformation für das religiös-sittlichc Leben", ((öffentlicher Vortrag der evangelisch.lutherischen Gemeinde.) „ (L. Gberrechnungsrat Albert R o t h e n a c k e r : „Deutschland ini vierten Kriogsjahre". Aut Lichtbildern. (Volksbildungsverein.) „ tö. Rechtsanwalt Gtto H ei n s h ei m e r: „England unser Tod- feind". Aut Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ ( 6. „Aus der Geschichte von Elsaß Lothringen". (Katholischer Arbeiterverein der Südstadt.) „ lo. Adolf D a m a s c h k e aus B erlin : „Die deutsche Kriegerheim- steitten-Bewegnng, ihre Ausgaben nnd ihre Ziele", (Öffent­ licher Vortrag.) „ ( 8. Rechnungsrat Wilhclni F r i e d e r i c h : „Zusammenbruch der russischen Dynastie". (Katholischer Gesellenvercin.) „ ( 8. Kaufmann Franz B e i l : „Grabschriften und Marterln im Hoch­ gebirge". (Schwarzwaldverein.) „ 2 t. „Das Friedcnsxrogramm des heiligen Vaters". (Katholischer Arbeiterverein der Mittelstadt.) „ 2 (. Professor Or. Arthur B ö h t l i n g k : „Luther als Nationalheld". (Protestantenverein.) „ 23. „Die Badener vor Verdun". (Iungliberaler Verein.) „ 23. Landeswohnungsinspcktor Or. Hans K a m x s f m cy o r : „Wie unsere Wohnung sein soll". (Katholischer Iugendverein der Vststadt.) „ 27. General der In fan terie von L i e b o r t aus B erlin : „Der deutsche Friede". (Alldeutscher verband.) „ 28. Stadtpfarrer R o g g e n k u r z e r aus Pforzheim: „Allein durch den Glauben! Die Kampf- und Sicgeslosung der Reformation". (Protestantenverein.) „ 2I . Unteroffizier Z a c h a : „von Fliegern nnd Luftschiffen". M it Lichtbildern. (Arbeitcrbildungsverein.) „ zv. Richard D ö r i n g aus Hamburg: „Die Gehaltsfrage für An- gestellte in Handel sowie in Industrie", ((öffentlicher Vortrag.) November s. K arl W e l t e r s h a n s aus Barm en: „Die heutige Weltlage in Verbindung mit dem Gffenbarwerden des Königreichs Gottes auf Erden", ((öffentlicher Vortrag.) „ 6. Hanptlehrcr M ü l l e r ans Heidelberg: „Alkoholismns und Krüppclelend". (Verein abstinenter Katholiken, Ortsgruppe.) „ 7. Rechnungsrat S c h n e i d e r : „Eine Friedensreiso durch Tirol nnd das Piavetal nach Venedig". (Gartenbauverein.) — - November 8. Frau Kathinka K a u t h ^ R o b e r t s o n aus Stuttgart: „Das Reiuigeu der Wäsche iur Weltkriege". ((öffentlicher Vortrag.) „ 9. Pfarrer v r . R i t t e l m e y e r aus B erlin : „Luther und Goethe". (Kaufmännischer Verein.) „ 12. K arl B ö h r i u g e r : „Oer internationale Nachrichtenverkehr und der Krieg", M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) „ (Z. und 20. Pastor K r e u z e r aus Freiburg: „Die Gründung von Kricgerheimstätten, ihre Ziele und Wege der Bodenreform". (Volksbildnngsverein.) „ 1-1. pfarrkurat v r. R ü d e : „ Ita liens verrat und Strafe". (Katho­ lischer Arbeiterverein der Südstadt.) „ >q. Mberbaurat Professor Theodor R e h bock: „Die Verwertung von Modellversuchen, Aufgaben des praktischen Wasserbaues". M it Lichtbildern. (Badischer Architekten- und Ingenieurverein.) „ 15. Professor Richard M a s s i n g e r : „Aus der Geschichte von Herreualb, Franenalb, Barbarakapelle, Ettlingen". M it Licht­ bildern. (Schmarzwaldverein.) „ 16. Geh. Hofrat Professor v r. Adolf von G e c h e l h ä u s e r : „Der Rathausplatz in Brüssel". (Altertumsverein.) „ is. Paul L l b e r d i n g aus Köln: „Die Lage der kaufmännischen Angestellten". (Dentschnationaler Handlungsgehilfen-Verband.) „ ( 7. Fräulein von Pe t z o l d : „Riga". (Frauengruppe des Vereins für das Deutschtum im Ausland.) „ 18. Pfarrer v r. Busch aus Frankfurt a. N i . : „Gerichtszeit". (Evangelischer Verein für Stadtmission). „ 18. Albert S e x a u c r : „Deutscher Glaube". (Freireligiöse Gemeinde.) „ 21. v r. K a u f m a n n ans B erlin : „W as verdankt das kämpfende Deutschland seiner sozialen Fürsorge?", ((öffentlicher Vortrag zugunsten des Landesvereins vom Roten Kreuz.) „ 21. Frau Agnes N e u h a u ß ans Dortmund: „Der Anteil der Frau an der religiös-sittlicheu Erneuerung des Volkes". (Katholischer Frauenbund, Zweigvercin Karlsruhe.) „ 22. Professor v r. M artin S p a h n aus Straßbnrg: „Boden und Volk in der Politik der Großmächte". (Kaufmännischer Verein.) „ 22. Licenziat G r e i n er aus Frankfurt a. M . : „Luthers Gottesdienst". (Kirchlich positive Vereinigung.) „ 25. Wilhelm L ö l s c h e : „Feldgrau in der N atur. Die Geheimnisse der Anpassung und Mimikry". M it Lichtbildern, ((öffentlicher Vortrag.) „ 26. „Land und Leute in Rumänien". M it Lichtbildern. (Arbeiter- bildnngsverein.) „ 28. Professor v r. S ch loß m a n n ans Düsseldorf: „Säuglings- und Kleinkinderfürsorge vom nationalen Standpunkt aus", ((öffent­ licher Vortrag.) — 4 ( 2 - Dezember H. Professor Or. A b d e r h a l d e n aus P alle : „Unsere Ernährung im Kriege". M it Lichtbildern. ((Öffentlicher Vortrag). Rechtsanwalt Btto P e i n s h e i m er : „Die Ansprüche der Kriegsbeschädigten nach den jetzigen Gesetzen". (Bund der Kriegsbeschädigten, (Ortsgruppe.) q. pauxtlehrer W o h l f a h r t aus Flehingen: „Die Jugend, unsere Zukunft, unsere poffnung und unser Schmerz." (Verein abstinenter Katholiken.) 5. Chefredakteur Theodor M a y e r : „Die politische Lage". (Katho- lischer Arbeiterverein und katholischer Männerverein der Siidstadt.) s. Geh. pofrat Professor Or. Ludwig K l e i » : „Veränderungen der Pflanzen und deren Peilung". M it Lichtbildern. (Gartenbau­ verein.) s. Gewerkschaftssekretär Josef L r s i n g : „Das deutsche Volk im Entscheidungsstadium des Weltkriegs". (Katholischer Männer­ verein der Meststadt.) S. v r. meä. Alfons F i scher : „Gegenwärtige Aufgaben der Stadt Karlsruhe auf dem Gebiet der sozialen pygiene". (Nationaler Frauendienst.) 7. Lehramtspraktikant Josef D o l l a n d , L. d. R .: „Die Durch- bruchsschlachten in Ita lie n " . ((Öffentlicher Vortrag zugunsten des Badischen peimatdanks.) y. P . S c h a e f e r : „Neue Zeugen für die alte Bibel". ((Öffent­ licher Vortrag.) tv. K arl R e i c h e r t aus Freiburg: „Erlebnisse in englischer Gefangenschaft". (Arbeiterbildnngsverein.) (Z. Professor Or. (Othmar M c i s i n g e r : „Das Volkslied Badens in der Gegenwart". (Altertnmsvercin.) (H. Geh. pofrat Professor Or. Gcrhart von S c h u l z e - G ä v e r n i t z von Freibnrg: „Der Neubau der Weltwirtschaft". (Kauf­ männischer Verein.) Geh. pofrat Professor Or. (Otto L e h m a n n : „Werner Siemens und der Weltkrieg". (Naturwissenschaftlicher Verein.) ( 6. Professor Or. Ludwig N e u m a n n aus Freibnrg: „ Italiens Natur, Sprach- und Staatsgrenze". M it Lichtbildern. (Verein für das Deutschtum im Ausland.) (6. P farrer O. G r ü n b e r g aus Straßburg: „Das Rcformations- jubiläum und der Weltkrieg". ((Öffentlicher Vortrag.) l L. Gewerkschaftssekretär Josef E r s in g : „Arbeiterin und Christliche Gewerkschaften". (Katholischer Arbeiterinnenverein.) !7. (Oberstadtrechnungsrat Alfred W e i l e r : „Die Ziele des Ver­ bandes der Beamten- und Lehrervereine Badens". (Karlsruher verband der Beamten- und Lehrervereine.) — 4 , 3 - Dezember 27. Geh. Rat Professor v r. I . R . S t e r n f e l d aus B erlin : „Richard Wagner in Zeit nnd Zukunft". (Kaufmännischer Verein.) Außerdem fanden im K o n s e r v a t o r i u m während des Winterhalb­ jahres 1916/17 folgende Vorträge statt, die oben nicht mitgezählt w urden: Stadtpfarrer K arl He s s e l b a c h e r sprach über „Die »euere Literatur in ihren Hauptvertretern von der Romantik an". Jeweils am Dienstag von 6 bis 7 Uhr abends. Hofrat Professor Heinrich G r d e n s t c i n sprach über: „Die Deutsche Musik von Beethoven bis zur Neuzeit". Jeweils am Mittwoch von s bis 6 Uhr nachmittags. 2. Werke Karlsruher Schriftsteller. M ir teilen hier die im Berichtsjahre von A a r l s r u h e r V e r f a s s e r n geschaffenen l i t e r a r i s c h e n A r b e i t e n m it, soweit uns solche bekannt geworden sind. A l brecht , Emilie. Badischer mobiler Lazarett-Trupp. 2. Zug. Aus einem Kriegstagebuch. B e i l , Emilie. Aus schwerer Zeit. Kriegsgedichte. B i h l m a u u , Karl, Rechnungsrat. Badisches Beamtenrecht. Text-Ausgabe. Aus Grund amtlicher (Quellen bearbeitet. B r i n c k m a n n , A . Erich, Baukunst des 17. und 18. Jahrhunderts in romanischen Ländern. (Handbuch der Kunstwissenschaft.) V i e h m , Friedrich, Rechnuugsrat. Laset barfuß! Gereimte Aufmunterung G ö tz , Franz Josef. Don w eg entlang. Friedliche Bilder zur Kriegszeit. G r o l l , Friedrich, Gbcrrevisor. Wegweiser durch die reichsgesetzliche Invaliden- uud Hinterbliebeneu-Versicherung. Badischer H e i m a t dank. Bericht über die Sitzung des Badischen Landes­ ausschusses der Kriegsbeschädigtcn-Fllrsorge vom 26. Gktober (1917. (vergl. oben Seite 187 sf.). H e i n z , Adolf, Registrator. M ein bargeldloser Verkehr. H e r z o g , Albert, Chefredakteur. Lrinneruugsblätter an die Feier des 70. Geburtstags von Ferdinand Thiergarten. Sonderabdruck aus der „Badischen Presse". H e s s e l b a c h e r , Karl, Stadtpfarrer. Die Kirchner!». Derselbe, vom Vaterland der Treue. Derselbe. Daheimgeblieben. Aufzeichnungen ans dem Tagebuch Hans Lorenz aus Lichberg. Derselbe. I m Flammeuglauz der großen Zeit. Erlebnisse von Kriegsteil­ nehmern. 1. Bändchen. Derselbe. Sieger über die Not. Erzählungen nnd Betrachtungen aus dem Weltkrieg. — ^ 4 - - H e s s e l b a c h e r und M o h r . Grüß dich Gott mein Badnerland! Line Weihnachtsgabe, Badens Kriegern dargebracht von. Badischen Landes­ verein vom Roten Kreuz. Herausgegeben unter Leitung von Karl Hesselbacher und Heinrich Mohr. Buchschmuck von V tto Eichrodt. H in den l a n g , Friedrich, Stadtxfarrer. Lhristusreutte. Kleine Geschichten aus dem Gberlande. Derselbe. Luther und die heutige Tagesxresse. P r e i s s c h r i f t evangelischen Presseverbandes für Deutschland. H o f f m a n n , Peter, Domänendirektor a. D. Wegweiser für ansiedlungs­ beflissene Landwirte, Landarbeiter nnd Handwerker. H o f m a n n , Or. K arl, Professor. Aus Badischen Landen. Beiträge zur Heimatsgeschichte. K a m p f f m e y e r , Or. Hans, und S t ü r z e n a c k e r , Hans, Baurat. w oh- nungsfürsorge und Anstedlung nach dem Kriege. Heft 9 der Schriften des Badischen Landeswohnungsvereins. K e m x f , Or. Johann Karl, Rechnungsrat. Heinrich Hansjakob. Sein Leben, wirken und Dichten. K i s t n e r , Adolf, Professor. Physik und Chemie im Weltkrieg. Aus dem Völkerkrieg td lH /l? V. (Heim und Herd N r. ^ . ) Kommission, Badische Historische. Festgabe zum 9. J u li i dl? mit Beiträgen von Professor Or. Eberhard Gothein: Ulrich Zasins und das badische Fürstenrecht. Professor Or. Heinrich Finke: Das badische Land und das Konstanzer Konzil. Archivdirektor Or. K arl Nbscr: tpuellen zur B au- und Kunstgeschichte des Überlingcr Münsters. Kriegsbeschädigte. Fürsorge für die Kriegsbeschädigten im Gewerbe. Sonder­ nummer der Badischen Gewerbe- nnd Handwerkerzeitung, herausge­ geben vom Badischen Landesgewerbeamt. K r i e n e n , Or. W alter, Syndikus der Handelskammer. Das Reichswirtschafts­ amt als Gesamtvertretung der Interessen von Industrie nnd Handel im Frieden und im Kriege. Leibgrenadiere, Badische, bei Loretto. Nach Aufzeichnungen von Hans S c h m i d t , herausgegeben von M ajor a. D . P i p e r . Verlag der Liller Kriegszeitung. L u i s e , Großherzogin. Den Leidtragenden. M ü l l e r - L i s e r t , V r. Arthur. Rechtswissenschaft und Kulturwissenschaft, Recht und Staat Heft 9. M ü n s c h b a c h , K arl, Gberrevisor. Bestimmungen über das Heilverfahren der Landesversicherungs-Anstalt Baden. Nachrichtenbureau für das neutrale Ausland. Tätigkeitsbericht vom tS. August Z9t-k bis tS- August t 9 l?. p a s c h e n , Paul, Hofschauspieler. Ursache und Heilung des Stotterns. R e h bock, Theodor, Gberbaurat und Professor. Betrachtungen über Abfluß, Stau und Walzbildung für fließende Gewässer und ihre Verwertung für die Ausbildung des Überfalls bei der Untertunnelung der Sihl durch die linksufrige Secbahn in der Stadt Zürich. Untersuchung aus dein Flußbaulaboratorium der Technischen Dochschnle. Festschrift zur Feier des so. Geburtstags des Großherzogs. R ö m h i l d t , Fritz (Romeo). Schwertlilie. R o t t , lsans. Kunst und Künstler am Laden-Durlacher ksof bis zur G rü n ­ dung Karlsruhes. S a l l w ü r k , Dr. Ernst von, Staatsrat. Die Deutsche Einheitsschule und ihre pädagogische Bedeutung. S c h i f f e r , Dr. Sinai, Rabbiner. Schuld und Sühne. Predigt anläßlich des Gebnrtsfestcs des Kaisers. S t r a u ß , Eduard, Pfarrer a. V . Lichtstrahlen auf dem Lebensweg. Deutsch- evangelische Internierten-Bücherei bseft ^7. D i l l i n g e r , pcrmine, ( f ) . I m Zeichen des Doppelgestirns. t D a g n e r , v r. Ernst tvirkl. Geheimerat. Die Turmbcrg-Ruine bei Durlach. tveistümer, Badische, und Dorfordnnngen k, .̂, herausgegeben von der historischen Kommission. t v i t h u m , Fritz, Sekretär. Tascheukalender für Klcingartenbau für ly l? . Anhang. Chronologische Übersicht der hauptsächlichsten Ereignisse des Jahres 1917. Wichtigere Ereignisse auf den Kriegsschauplätzen. Westfront: Am 25. Januar wurden auf dem lvestufer der M aas (Höhe 58^) französische Stellungen in Breite von Z600 m erstürmt und 500 Gefangene gemacht. Gegenangriffe des Feindes am 26., 28. und 2y. blieben erfolglos. Am Z5. Februar ein großer deutscher Erfolg südlich von Repont in der Cham» pagne. Die französischen Linien wurden in einer Breite von 26vn in nnd einer Tiefe von 800 m erstürmt nnd 2Z Offiziere nnd 857 M ann gefangen. Am 28. Februar teilte die deutsche Heeresleitung mit, daß auf beiden Ufern der Ancre ein Teil der deutschen Stellungen freiwillig nnd planmäßig geräumt worden sei. Die Räumung geschah in einer Breite von 20 und einer Tiefe von 5 km. vom Z5. bis t7. M ärz geschah dasselbe weiter im Süden in einer Breite von 55 und einer Tiefe von 5— 8 km. Am z?. wurden Bapanme und jderonne geräumt. E in Vorstoß deutscher Truppen bei Reims am -z. April brachte 800 Gefangene ei». Am 8. April, Ostersonntag, heftiger Artilleriekampf zwischen Lens nnd dem Südosten von Arras. Am y. A pril Beginn der englischen Offensive bei Arras unter Feldmarschall Haig gegen die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht in einer Breite von 20 km. Dem Feind gelang es, in unsere Stellungen einzudringen. Eine bayerische und eine württembergische Division und die Hamburger wurden unter schweren Verlusten 2 '/« km zuriiekgedrängt. Der Feind behauptete l l ovo Gefangene gemacht zu haben. E in Durchbruch ist ihm nicht gelungen. Am l t . April schlugen die lvürttemberger bei Bnllecourt den englischen Ansturm ab und machten n o o Gefangene. Am 25. ein zweiter Durchbrnchsversuch der Engländer bei Lens und Arras unter schweren Verlusten für den Feind gescheitert, ebenso scheiterte am 28. der dritte Durch­ bruchsversuch bei Arras. A m z s . A p r i l c r ö f fn e te » au ch d ie F r a n z o s e n n a ch lo t ä g ig e m T r o m m e l ­ fe u e r e in e n M a s s e n a n g r if f a n d e r A is n e in -^o Ir in B r e i t e u n t e r N i v e l l e g e g e n d ie H e e re s g ru p p e D e u ts c h e r K r o n p r in z . A u c h h ie r g in g e n d ie ers ten deutschen S te l lu n g e n v e r lo r e n , w o b e i d ie F r a n z o s e n < 0 0 0 0 G e f a n g e n e g e m a c h t h a b e n w o llte n . A b e r d a n n k a m d e r A n g r i f f in s S to c k e n , D e r D u rc h b ru c h s v e rs u c h w a r e b e n s o w e n ig g e lu n g e n w ie d ie en g lisc h en . N e u e r D u rc h b ru c h s v e rs u c h d e r F ra n z o s e n , b e i d e n e n in z w is c h e n a n N i v c l le s S t e l le p e t a i n g e tre te n w a r , a m 5 . n n d 6 . M a i a n d e r A is n e in e in e r B r e i t e v o n 25 k m . D ie K ä m p f e g in g e n im M a i m i t w e ch se ln d en E in z e le r f o lg e n w e i t e r , im g a n z e n a b e r w a r d ie fe in d lic h e O f fe n s iv e g e sch e ite rt. A m 2 0 . M a i w u r d e n zw is ch e n A r r a s u n d L a m b r a y en glische A n g r i f f e in e in e r F r o n t b r e i t e v o n ^2 k m zu riic k g e s c h la g e n . A m 6 . J u n i e r fo lg te n ach la n g e r V o r b e r e i t u n g S t u r m d e r E n g lä n d e r in F la n d e r n südlich v o n H p e r n u n d d e m W y ts c h a e te b o g e n . A m 7 . g e la n g es d em F e in d be i F o rts e tz u n g d e r S c h la c h t ü b e r w y ts c h a e te u n d M e s s in e s v o r z u - d r in g c n ; im G e g e n a n g r i f f w u r d e e r a u f M e s s in e s z u rü c k g e w o r fe n . A m ^0 . g a b e n d ie E n g lä n d e r d ie S ch lac h t in F l a n d e r n a u f . A m 2 0 . J u n i s tü rm te n deutsche T r u p p e n a b t e i lu n g e n b e i v a u x a i l lo n d ie fran zö s isch e S t e l lu n g in Z5o o m B r e i t e . A m 2 V g e la n g es d e m F e in d e u n t e r sc h w eren V e r lu s te n e in e n T e i l d e rs e lb e n no rd ö s tlic h v o n V a u x a i l lo n w ie d e r z u n e h m e n . B e i e in e r T ru p p e n s c h a u a m 2 V sprach d e r K a is e r in lä n g e r e r R e d e d e n T r u p p e n den D a n k des V a t e r la n d e s f ü r ih r ta p fe r e s K ä m p f e n n n d z ä h e s A u s h a l t e n w id e r d e n F e in d a u s . A m 2 8 . J u n i w u r d e n a m L h e m in - d e s - D a m e s fran zö s isch e S te l lu n g e n in ü b e r 1 0 0 0 m B r e i t e g e s tü rm t u n d g e g e n h e f t ig e G e g e n a n g r i f f e g e h a lte n . A m k v e s ta b h a n g e d e r H ö h e 30-4 w u r d e d ie fran zö s isch e S t e l lu n g b e id e rs e its d e r S t r a ß e M a l a n c o u r t — E s n e s in 2 0 0 0 m B r e i t e n n d 5 0 0 m T ie f e g e n o m m e n . A m 3 0 . J u n i t r a f d ie erste A b t e i lu n g a m e r ik a n is c h e r T r u p p e n in F ra n k re ic h e in . A m z o . J u l i i in D ü n e n a b s c h n it t des M a r in e k o r p s E r s t ü r m u n g d e r V e r t e id ig u n g s a n la g e n zw is ch e n d e r K ü s te u n d L o m b a r tz y d e . D i e E n g lä n d e r w u r d e n ü b e r d ie H s e r z n rü c k g e w o r fe n . Ü b e r Z2 s o G e f a n g e n e , d a r u n t e r 2 ? O f f iz ie r e , w u r d e n u n s e re rs e its e in g e b ra c h t. A m z-V J u l i E r s t ü r m u n g d e r fran zö s isch en S t e l lu n g a m L h e m in - d e s - D a m e s i n Z50v m B r e i t e u n d 3 0 0 m T ie f e . A m 2 2 . J u l i e n tb r a n n te in F l a n d e r n d ie A r t i l le r ie s c h la c h t zu v o l le r K r a f t , sie g in g in d e n nächsten T a g e n w e i t e r . A m 3 V B e g i n n d e r J n f a n t e r i e - schlacht. M i t M a s s e n , w ie sie b is h e r a n k e in e r S t e l le d ieses K r ie g e s , auch n ich t im O s te n , e ingesetzt w o r d e n w a r e n , g r i f f e n d ie E n g lä n d e r u n d in ih r e m G e fo lg e d ie F ra n z o s e n a u f 2 5 k m b r e i te r F r o n t zw isch e n N o rd s c h o o te u n d lv a r e n t o n a n . D i e A n g r i f f e , d ie a b e n d s v o n n e u e m h e rv o rb ra c h e n , b lie b e n e r fo lg lo s . — v i e r m a l ig e r , e b e n fa l ls v o rg e b lic h e r A n g r i f f d e r F r a n z o s e n a m L h e m in - d e s - D a m e s a m 3 V D a s G r a b e n g e w i r r a u f d e r H o ch fläch e , südlich des G e h ö f te s v o n L a B o v e l le w u r d e d e m F e in d e en trissen u n d ü b e r t 5 » o F r a n z o s e n g e fa n g e n . A u f d e m w e s tlic h e n M a a s - U f e r s tü rm te n badische 27 Bataillone die kürzlich verlorenen Stellungen beiderseits der Straße M alait- court— Esnes. A m 15 . A n g n s t e n tb r a n n te d ie z w e ite g ro ß e S c h la c h t in F la n v e r n in 18 k m B r e i t e zw is ch e n B ixs ch o o to u n d lv y ts c h a e te . O e r A n g r i f f zerschellte a b e r n ach g ro ß e n V e r lu s te n des F e in d e s . A u c h d e r z w e ite G r o ß k a m p f t a g a m 1 6 . en tschied zu u n s e re n G u n s te n . A u f 2 0 k m F r o n t v o n d e r H s e r b is z u r L y s to b te ta g s ü b e r d ie S c h la c h t. D i e E n g lä n d e r d u rch stie ß en b e i L a n g e m a r k u n s e re L in i e n u n d d r a n g e n b is P o e lk a p e lle v o r . A m A b e n d w a r e n nach z ä h e m R in g e n d iese v e r lo r e n e n S t e l lu n g e n w ie d e r in u n s e re r V a u d . — A m 16 . b ra c h e n a m G s t u f e r d e r M a a s badische R e g im e n t e r in d e n E a u r iL r c s - l v a l d v o r , ze rs tö rte n fe in d lic h e A n g r is f s a r b e i t e n u n d k e h r te n m i t m e h r a ls 6 0 0 G e f a n g e n e n zu rü ck . A m l g . A u g u s t B e g i n n d e r ers ten S c h la c h t v o r V e r d u n a u f b e id e n U f e r n d e r M a a s v o m b v a ld e v o l l A v o e o u r t b is z u m E a u r i ö r e s - l v a ld e , 2 2 k m . D e m F e in d e g e la n g e n T e i la n g r i f f e . A m 2 1 . F o r ts e tz u n g des K a m p f e s . A m 2 2 . s te ig e rte sich b e id e rs e its d e r M a a s d e r A r t i l lc r ic k a m p s im l v a l d e v o n A o o c o u r t , a u f d e r H ö h e 2 0 H , be i B e a u m o u t u n d im F o s s e s -b v a ld e zu b e trä c h tlic h e r S tä r k e . A u c h in d e n n äch sten T a g e n daselbst F o r ts e tz u n g d e r K ä m p f e ; sie d a u e r te n auch in d e n ers ten S e p te m b e rw o c h e n noch f o r t . A m 2 0 . S e p te m b e r w a r d ie d r it te S c h la c h t in F la n d e r n a u f d e r A n g r i f fs « f r o n t d e r E n g lä n d e r v o n L a u g e m a r k b is H o llc b e e k e im v o lle n G a u g e . D e r erste T a g e n d e te w ie d e r m i t e in e m E r f o lg d e r deutschen T r u p p e n . A m 2 2 . le b te d e r F e u e r k a m p f s ta rk w ie d e r a u f . A u c h a m 2 6 . u n d 2 7 . w a r d ie S c h la c h t noch im G a n g e . S ie to b te b is in d ie N a c h t h in e in . D ie K ä m p fe g e h e n w e i t e r . D e r 2 . O k t o b e r w a r e in b e so n d e rs sc h w e re r S c h la c h tta g . D e r K a m p f g e w in n t d a n n a m g . a u A u s d e h n u n g . E r s p ie lt sich in fa s t 2 0 k m B r e i t e a u f d e n T r ic h te r fe ld e r n zw is ch e n B ixs ch o o te u n d G h e lu v e l t a b . E r g e h t m i t s ta rk e r E r b i t t e r u n g im O k t o b e r u n d A n f a n g N o v e m b e r w e ite r . A m 2 0 . u n d 2 < . N o v e m b e r e r n e u te O f fe n s iv e d e r E n g lä n d e r be i L a m b r a i . I m ers ten A n l a u f e n t r iß u n s d e r F e in d d ie D ö r f e r G r a i n c o u r t u n d M e r c o in g u n d b rach e in e 5 k m t ie fe Lücke. I n L o n d o n lä u te te n d ie S ie g e s g lo c k e u . A b e r a m z o . h o lte n u n s e re T r u p p e n z u e in e m G e g e n s to ß a u s , g e w a n n e n n ic h t n u r v e r lo r e n e S tre c k e n zu rü ck , s o n d e rn en trissen in de n nächsten T a g e n d e n E n g lä n d e r n a l le S t e l lu n g e n u n d k a m e n a u f 10 k m B r e i t e u n d 1 k m T ie f e v o r w ä r t s . 9 0 0 0 G e f a n g e n e w u r d e n e in g e b ra c h t. A m 2 . D e z e m b e r A n g r i f f d e r E n g lä n d e r in m o n d h e lle r N a c h t b e i u n d n ö rd lic h v o n p a s c h c u d a e le . D e r F e in d w u r d e z u rü c k g e w o r fe n . A m 1-1. E n d e d e r O f fe n s iv e in F la n d e r n . A m 15 . D e z e m b e r ste llt d e r deutsche T a g e s b e r ic h t fe s t: „ E i n B r u c h te i l d e r deutschen A r m e e h a t m i t u n e rs c h ü tte r lic h e m H e ld e n m u t in 16 g ro ß e n S c h la c h te » e n g ­ lischer Z ä h ig k e i t e in e N ie d e r la g e nach d e r a n d e r e n z u g e fü g t . 9 2 D iv is io n e n setzte d e r en g lisc h e F ü h r e r b is M i t t e N o v e m b e r a u f d e in S c h la c h tfe ld e v o n F la n d e r n e in . S e i n g a n z e r E r f o l g besteht in e in e m S t r e i f e n L a n d e s v o n 2 0 k m B r e i t e , d e r a n w e n ig e n S t e l le n e in e T ie f e v o n 7 k m e rre ic h t, e in B o d e n , a u f d e m k e in B a u m u n d S t r a u c h m e h r w äch st, d e r du rch M i l l io n e n sch w erer Geschosse a u f g e w ü h l t u n d u m g e p f lü g t , f ü r J a h r z e h n t e h in a u s in e in e trostlose W ü s te n e i v e r w a n d e l t ist D e r F e ld z u g ; 9 f 7 in F la n d e r n ist f ü r e w ig e Z e i t e n e in sto lzes R u h m e s b l a t t d e s deutschen M e s th e e r e s , d a s h ie r m i t u n v e rg le ic h lic h e m H e ld e n m u t d ie g lä n z e n d s te P r o b e a l le r k r ie g eris ch e n T u g e n d e n l ie f e r t e " . A m 2 4 . N o v e m b e r h a t te n im Z u s a m m e n h a n g m i t d en en g lisch en A n g r i f f e n auch d ie F ra n z o s e n zw is ch e n L r a o n n e u n d B e r r y a u B a c m i t s ta rken V o rs tö ß e n b e g o n n e n ; sie w u r d e n fa s t d u rc h w e g zn rü ckg esc h lag en . G e s te ig e rte K ä m p f e fa n d e n a m 2H . N o v e m b e r g e g e n d ie F r a n z o s e n n o rd ö s tlic h v o n L r a o n n e , in m e h r e r e n A b s c h n itte n d e r L h a m p a g n e u n d a u f d e m östlichen U la a s u f e r s ta tt. A m 2 ; . D e z e m b e r besuchte d e r K a is e r d ie N o r d f r o n t v o n v e r d u u u n d h ie l t e in e A n s p ra c h e a n d ie T r u p p e n . (Ostfront: I m J a n u a r ve rsch ied en e A n g r i f f e d e r R u ss en b e i D ü n a b u r g u n d a n d e r A a be i R ig a . A m 5 . d r a n g e n russische B a t a i l l o n e in u n s e re S t e l lu n g e n a n d e r A a e in , w u r d e n a b e r w ie d e r z u rü c k g e d rä n g t . E in z e ln e K ä m p f e au ch in den nächsten T a g e n . A m 2 » . J a n u a r w u r d e n d ie russischen S t e l lu n g e n b e id e rs e its d e r A a in B r e i t e v o n ; o k m e rs tü rm t u n d ; ? o o G e f a n g e n e e in « g e b rach t. I m F e b r u a r fa n d e n K ä m p f e a n d e r B e r e s in a , n ö rd lic h d e s N a r o c z - S e e s u n d sü dw estlich v o n R ig a s ta tt. D ie russische R e v o lu t io n v o m A t ä r z lä h m te d ie K r ie g f ü h r u n g des F e in d e s u n d h a t te m e h r fa c h e » W e c h s e l des O b e r b e fe h ls z u r F o lg e . A m 2 . A p r i l e r s tü rm te n u n s e re T r u p p e n a m S to c h o w d e n B rü c k e n k o p f v o n T o b o ly , n a h m e n f z o O f f i z ie r e u n d ü b e r 9 5 0 0 w a n n g e f a n g e n , e rb e u te te n ; 5 G esch ü tze u n d z a h lre ic h e s so nstiges K r ie g s m a t e r ia l . A m 2 0 . J u n i g r if fe n d ie R u ss en u n te r d em O b e r b e f e h l des G e n e r a ls B r u s s ilo w , de r d e n a m z . J u n i z u rü c k g e tre te n e n O b e r b e fe h ls h a b e r A le x e je w ers eh t h a t te , m i t s ta rk en K r ä f t e n a n d e r o b e re n S t r y p a b is a n d ie N a r a j o w k a an s e in e r F r o n t v o n e tw a 2 0 k m a n . D i e fe in d lic h e n S t u r m t r u x p e n w u r d e n ü b e r a l l u n te r sch w eren V e r lu s te n z u rü c k g e d rä n g t . A u c h n ä c h tlic h e V o rs tö ß e d e r R u ss en b ra c h e n z u s a m m e n . A m ; . J u l i u n d d en n ä c h s tfo lg e n d e n T a g e n w u r d e n d ie K ä m p f e fo rtg e s e tz t. B e s o n d e rs e r b i t t e r t w u r d e b e id e rs e its B r e r z a n y a m ; . J u l i g e k ä m p ft . I n im m e r n e u e n W e l l e n s tü rm te n d o r t russische D iv is io n e n g e g e n u n s e re L in ie n . D i e V e r lu s te d es F e in d e s ü b e r ­ stiegen je d e s b is d a h in b e k a n n te M a ß . E in z e ln e v e r b ä n d e w u r d e n a u fg e r ie b e n . A m 5. J u l i e n tb r a n n te d ie S ch lac h t m i t n e u e r H e f t ig k e i t . D e u ts ch e , ö s te rre ic h ­ u n g a risc h e u n d o s m a n isch e T r u p p e n s ta n d e n in d iesen J u l i t a g e n im F e u e r . A m 9 . w u r d e n d ie Ö s te r re ic h e r b e i S t a n i s l a u z u rü c k g e d rä n g t . D i e R u ss en h a t te n a m 8 . H a l i r z beseh t, a m f f - n a h m e n sie K a lu s z , d a s sie a b e r a m f ü . w ie d e r r ä u m te n . A m ; 9 . J u l i B e g i n n e in e r deutsch en G e g e n o ffe n s iv e . U n t e r d e m O b e r ­ b e fe h l des P r in z e n L e o p o ld v o n B a y e r n e r fo lg te b e i Z lo c z o w e in D u rc h s to ß durch d ie russischen L in ie n , d ie in e in e r T ie f e v o n ; s k m a n d r e i S t e l le n z e r ­ t r ü m m e r t w u r d e » , v o m S e r e th b is z u r I l o t a L i x a to b te d ie S c h la c h t. A m 2 f . s ta n d e n u n s e re T r u p p e n v o r T a r n o p o l . D e r H a u p t t e i l d e r russischen — (s20 — A r m e e w a r g e s ch lag e n . B e i B r e c z a n y b e g a n n auch d ie 7 . russische A r m e e zu w e ic h e n . A m 2 2 . w a r e n u n s e re T r u p p e n v o m S e r e th b is in d ie W a l d ­ k a r p a th e n in e in e r B r e i t e v o n 2 50 k m im v o r w ä r t s d r ä u g e n . D ie g e sam te (O s tfro n t zw is ch e n (Ostsee u n d S c h w a rz e m M e e r e s tan d im Z e ic h e n e r b i t te r te r K ä m p f e . K a is e r W i l h e l m a u f d e m S c h la c h tfe ld e . A m 2H . w u r d e T a r n o x o l g e n o m m e n . A u c h südlich des T a ta rc u p a s s c s k a m d ie russische F r o n t in s W a n k e n . T r e m b o w l a , S t a u i s l a u u n d N a d w o r u a f ie le n . A m 2 6 . bem äch ­ t ig t e n sich B a y e r n u n d Ö s te r re ic h e r nach h e f t ig e m S t r a ß e u k a m p f K o lo m e a s . A m 3 t - ü b e rs c h r it te n deutsche u n d ös terre ich isch -u n g a risch e D iv is io n e n den G r e n z f lu ß Z b r u c z in e in e r B r e i t e v o n so Icm . A m 2 . A u g u s t w u r d e g e m e ld e t, d a ß a n S t e l le B r u s s i lo w s G e n e r a l K o r n i lo w z u m (O b e rb e fe h ls h a b e r de r russischen A r m e e e r n a n n t w o r d e n sei. A b e r au ch e r k o n n te d ie schw ere N ie d e r la g e n ic h t m e h r a b w e h r e u . A m z . A u g u s t w u r d e T z e r u o w itz v o n d e r R u s s en u o t b e f re it . D ie S t a d t w a r im v e r l a u f e des K r ie g e s d r e im a l in d ie H ä n d e de r R u ss en g e fa l le n . I n d e r sü d lich en B u k o w in a w u r d e K im p o lu n g b e f re it . A m 2 2 . A n g u s t r ä u m t e n d ie R u ss en auch ih r e S t e l lu n g e n w estlich de r Aa. A m 2 2 . e rre ic h te n u n s e re T r u p p e n d ie A a all e in ig e n S te l le n . A m 26 . besetzten sie e in ig e S t e l le n a u s d e m S ü d u f e r d e r D ü n a . A m 3 . S e p te m b e r w u r d e R i g a n a c h d r e i tä g ig e r S c h la c h t v o n u n s e re n T r u p p e n u n te r G e n e r a l v o n H n t i e r g e n o m m e n . A m H. besetzten u n s e re T r n p p e n D ü u a » iu n d e . A m 7 . besuchte K a is e r W i l h e l m R i g a . I n lä n g e r e r A n s p ra c h e d a n k te e r den T r u p p e n f ü r d ie B e f r e i u n g d ieser a l te n deutschen H a n s e a te n s ta d t . D e r K a is e r ü b e r w ie s d e r S t a d t v e r w a l t u n g z u r L in d e r u n g d e r N o t ( o o o o o M k . A u f dem S c h la c h tfe ld e v o n R i g a w u r d e n im g a n z e n 8 A 0 0 M a n n g e fa n g e n u n d 325 G esch ü tze e rb e u te t . A m 2 ( . S e p te m b e r g a b d e r F e in d d e n HO b in b re ite n u n d e t w a 80 b in t ie fe n B rü c k e n k o p f a u f d e in W e s tu fe r d e r D ü n a a u f . A m 2 2 . f ie l J a k o b s ta d t in deutsche H a n d . M e h r a ls q o o o G e f a n g e n e w u r d e n e iu - g e b ra c h t u n d ü b e r s o G eschütze e rb e u te t . Größere Kampfhandlungen kamen zu Lande an der Russenfront td>> nicht mehr v o r . Über die Wasfenstillstandsvorhandlungen wird unten berichtet. Rumänische F ront: D i e N ie d e r la g e R u m ä n ie n s w u r d e im J a h r e ( y (7 v o lle n d e t . A m -s. J a n u a r w u r d e d ie fe in d lic h e S t e l lu n g v o r L r a i l a d u rch b ro ch e n . A m s . d ie S t a d t g e n o m m e n . A m 8 . e r s tü rm te n d ie v o n S ie b e n b ü rg e n v o rd r in g e n d e n T r u p p e n F a lk e n h a y n s F o r s a n i u n d n a h m e n s ^ o o M a n u u n d Z I (O ff iz ie re g e fa n g e n . I m F e b r u a r e r fo lg re ic h e K ä m p f e u n s e re r u n d ö s terre ic h isc h -u n g a - risch er T r u p p e n . A m s . M ä r z w u r d e n fe in d lic h e A n g r i f f e in d en sü d lich en W a ld k a r p a t h e n a b g e s c h la g e n . G r ö ß e r e K a m p f h a n d lu n g e n k a m e n a u f d iesem K rie g s s c h a u p lä tz e erst im A u g u s t w ie d e r v o r . A m s . A u g u s t s tü rm te n preu ß ische u n d b ayerisch e R e g im e n t e r fe in d lic h e S t e l lu n g e n n ö rd lic h F o c s a n i , b ra c h ten (300 G e f a n g e n e e in u n d e rb e u te te n (3 G eschütze . A m y. w u r d e d e r Ü b e r ­ g a n g ü b e r d ie S u s ita e r z w u n g e n . E r b i t t e r t e K ä n i f e fa n d e n in d e n nächsten T a g e n a u s d iesem K rie g s s c h a u p lä tz e g e g e n ru m ä n is c h e u n d russische T r u p p e n — ^ — sta tt. A m 12 . A u g u s t w u r d e d e r h a r tn ä c k ig v e r te id ig te V r t P a n c i u v o n u n s im S t u r m e g e n o m m e n , a m 14 . d e r z ä h v e r te id ig te B r ü c k e n k o p f v o n B a l t a r e t u e rs tü rm t u n d a m 12 . d e r a u f d e m W e s tu fe r d es S e r e th noch s te h en d e F e in d ü b e r den F lu ß z u rü c k g c iv o r fe n . A m 1 6 . A u g u s t w u r d e b e ric h te t, d a ß se it B e g in n d e r K a m p f e n ö rd lic h v o n F o r s a n i d ie G e s a m tb e u te a n G e f a n g e n e n 2 0 0 (O ff iz ie re , ü b e r 1 ( o o o M a n n , d a z u ( 1 8 M a s c h in e n g e w e h r e u n d s o G e ­ schütze b e tra g e . A m 1 9 . fa n d e n a u f d e m w e s tlic h e n S e r e t h n f e r h e f t ig e K ä m p f e a m B a h n h o f M a r a f e s t i s ta tt, be i d e n e n m e h r a ls 2 2 0 0 G e f a n g e n e e in g e b ra c h t w u r d e n . A m 2 8 . d r ä n g te n deutsche R e g im e n t e r d e n F e in d n a ch N o r d w e s te n zu rü ck . R u ss isc h -ru m ä n isc h e G e g e n a n g r i f f e ze rs c h e llte n . D e r F e in d b ü ß te ü b e r lo o o G e fa n g e n e e in . D ie K ä m p f e n o rd w e s tlic h v o n F o e s a n i g in g e n au ch im S e p te m b e r w e it e r . E in z e ln e e r fo lg te n auch i n d e n n äch sten W o c h e n . A7akedoiüsche F ro n t: A n d ieser F r o n t fa n d e n i n d e n ers ten M o n a t e n des J a h r e s ( 9 ( 7 g e g e n S a r r a i l , de n fran zö s isch en F ü h r e r d e r T r u p p e n d e s V ie r v e r b a n d e s , K ä m p f e a m L e rn a b o g e n s o w ie zw is ch e n G c h r id a - u n d P r e s p a - S e e s ta tt. A m 1? . M ä r z w e rd e n d ie H ö h e n v o n M o n a s t i r v o n deutsch en u n d b u lg a r is c h e n T r u p p e n g e g e n starke A n g r i f f e b e h a u p te t . L i n e r n e u te r A n g r i f f des F e in d e s be i M o n a s t ir a m l y . b le ib t e r fo lg lo s . A m 2 2 . M ä r z v o r lä u f ig e r e rg e b n is lo s e r A n g r i f f d e r fe in d lic h e n (O ffe n s iv e zw isch en G c h r id a - u n d P r e s p a - S e e u n d b e i M o n a s t ir . A m 8 . M a i sch eite rte e in n e u e r g ro ß e r A n g r i f f zw is c h e n D o i r a n - u n d P r e s p a - S e e u n d a m L e r n a b o g e n ; a m 9 . w u r d e e r in e in e r B r e i t e v o n 16 K m w ie d e r h o lt , a b e r a b e r m a ls o h n e E r f o l g u n d u n t e r b lu t ig e n V e r lu s te n . A m i s . J u n i g a b e n d ie E n g l ä n d e r ' l ä n g s d e r u n te r e » S t r u m a d ie b is h e r e in g e n o m m e n e v o rg esc h o b en e S t e l lu n g a u f u n d z o g e n sich in ih r e B r ü c k e n - k o p fs te lln n g a u f d e m l in k e n R f e r des F lu s se s z u rü ck . I m N o v e m b e r r ä u m t e n d ie F ra n z o s e n d ie G e g e n d w estlich v o m G c h r id a -S e e . Italienische Front: I n den ers ten M o n a t e n d e s J a h r e s ve rsch ied e n e K ä m p f e a n d e r K a r s t - s ro n t, im W ip p a c h t a l u n d im G e b ie t v o n G ö r z . A m 1 1 . M a i B e g i n n d e r z e h n tä g ig e n Is o n z o s c h la c h t. (O b e r b e fe h ls h a b e r d e r I t a l i e n e r G r a f L a d o r n a . D ie S ch lac h t d e h n te sich in e in e r F r o n t b r c i t e v o n Ho k m a u s . D e r erste A n g r i f f w u r d e ab g es c h la g e n . A b e r a m 1? . M a i m u ß te d e r österreichische G e n e r a l L o ro e w its c h d ie H o ch fläch e v o n K ic k u n d a m 2 2 . I a m i a n o r ä u m e n . A m 2 8 . (P f in g s tm o n ta g ) n e u e s A n f f la m m e n d e r Is o n z o s c h la c h t a b e r o h n e w e ite re n E r f o lg f ü r d ie I t a l i e n e r . A m 2 . J u n i E n d e d e r ( v . Is o n z o s c h la c h t. D ie (Ö sterre ich e r b e re c h n e te n d ie V e r lu s te d e r I t a l i e n e r a u f 1 6 0 0 0 0 T o t e u n d v e r w u n d e t e u n d 2 2 0 0 0 G e fa n g e n e . D ie s e n V e r lu s te n s tan d f ü r d ie I t a l i e n e r n u r d ie B e s e tzu n g des K u k - B e r g e s u n d des z u m T r ü m m e r h a u f e n zerschossenen D o rs e s I a m i a n o a ls R a u m g e w in n g e g e n ü b e r . A m 1 0 . J u n i B e g i n n des A n g r i f f s d e r s . ita lie n is c h e n A r m e e a u f d e r H o ch fläch e d e r S ie b e n G e m e in d e n im S u g a n a - T a l e zw is ch e n A s ia g o u n d d e r — §22 — B r e n t a . D i e K ä m p f e d a u e r te n in d e n n äch sten T a g e n f o r t , a b e r o h n e E r f o lg f ü r d ie I t a l i e n e r . D ie «Ö ste rre ich er b ra c h te n b is z u m 2 5 . ( 8 0 0 G e fa n g e n e , d a r u n t e r « O ff iz ie re e in . A m t « - A u g u s t B e g i n n d e r ( > . Is o n z o s c h la c h t. D e r K a m p s to b te fast in a l le n A b s c h n itte n d e r 6 0 k m b r e i te n F r o n t , be i T o lm e iu , no rd ö s tlich v o n L a n n l e , zw is ch e n D e s o la u n d d e m M o n t e T a n G a b r ie le , südlich v o n G ö r z u n d d e r K a rs t -H o c h f lä c h e . D ie K ä m p f e g in g e n in d e n nächsten T a g e n in d e r b lu t ig ­ sten M e is e u n d u n te r d e n schw ersten V e r lu s te n f ü r d ie I t a l i e n e r w e ite r . D ie h e iß e s te n K a m p f t a g e w a r e n d e r 2 ( . , d e r 2 8 . u n d z o . J u n i . A n d e m le tz g e n a n n ­ te n T a g e b e s o n d e rs s ta rke s R in g e n a u f d e m in d iesen T a g e n in« M i t t e lp u n k t d e r Is o n z o s c h la c h t s te h en d en M o n t e S a n G a b r ie le . A m H. S e p te m b e r e rre ic h te d a s R in g e n a u f den« M o n t e S a n G a b r ie le s e in e n H ö h e p u n k t . A m 5 . w a r d e r M o n t e w ie d e r v o l l im B es itz d e r ö s terre ic h isch -u n g arisch en T r u p p e n . «L ine K a m p fp a u s e t r a t a m y . e in . A m t e i l t e d e r österreichische B e r ic h t m i t , d a ß d e r V e r lu s t d e r I t a l i e n e r in d ieser t l - Is o n z o s c h la c h t e in ­ sch ließ lich 2 0 0 0 0 G e f a n g e n e n 2 2 0 0 0 0 M a n n b e tra g e . D ie « L in u a h m e des D o r f e s S e lo a u f d e r K a rs t -H o c h f lä c h e b ild e d e n e in z ig e n V o r t e i l , de r dem F e in d e z u g e fa l le n se i. W e n n in d e n nächsten T a g e n auch noch K ä m p f e s ta tt- f a n d e n , d e r e rs tre b te D u rc h b ru c h a u f T r ie s t w a r d e n I t a l i e n e r n n ic h t g e lu n g e n . A m 2 4 . «O kto b er d r a n g e n deutsche u n d ö s terrc ich isch -u n g arisch e T r u p p e n b e i F lits c h , T o ln ie in u n d a n , N o r d t e i l v o n B a in s iz z a in d ie v o rd e re n i t a l i e ­ n is ch en L in i e n e i» . U n t e r d e m B e f e h l d e s deutsch e» G e n e r a ls v o n B c lo w w u r d e d ie ita lie n is c h e F r o n t in m e h r a ls z o lcm B r e i t e d u rc h b ro ch e n . D ie «2 . Is o n z o s c h la c h t, e in e deutsche u n d ö s terre ic h isc h .u n g a risc h e (O ffe n s iv e , h a t te b e g o n n e n . K a is e r K a r l erschien p e rs ö n lic h u n d f ü h r t e d en (O b e rb e fe h l. A n , 2 6 . b e t ru g d ie Z a h l d e r G e f a n g e n e n b e re its 6 0 0 0 0 . D ie S ie g e r d r in g e n v ie lfa c h a u f ita lie n is c h e s G e b ie t e in . A m 2 7 . zo g e n deutsche T r u p p e n in d a s b r e n n e n d e L i v i d a l e , d ie erste S t a d t in d e r E b e n e , e in . A m 2 8 . w u r d e G ö r z u n d a n , 2 9 . U d in e g e n o m m e n . A m Z ( . streckten in d e r F r ia u lis c h e n E b e n e östlich d e s u n te r e n T a g l ia m e n t o s o 0 0 0 I t a l i e n e r d ie M a s s e n . A n , H. N o ­ v e m b e r e r k ä m p fte n sich deutsche u n d ö fte rre ic h is c h -u n g a ris c h e T r u p p e n a m m it t le r e n T a g l ia m e n t o de n Ü b e r g a n g . A n , 7 . s ind d ie I t a l i e n e r in v o lle n , R ü c k z u g e g e g e n d ie P i a v e . A n , 9 . s ta n d B e lo w a n d e r P i a v e . A m 5 . h a t te d e r österreichische F ü h r e r L o n r a d v o n H ö h e n d o r f f , d e r sich m i t se in en T r u p p e n v o n T r i e n t h e r in B e w e g u n g gesetzt h a t te , d e n L o l d i L a n a u n d A s ia g o e r s tü r m t ; im B r c n t a t a l e d r a n g e r g e g e n d ie o b e re P i a v e v o r ; a n , «o . fie l B e l l u n o . A n S t e l le L a d o r n a s w u r d e G e n e r a l D ia z z u m L h e f dos G e u e r a l - s ta b s d e r ita lie n is c h e n A r m e e e r n a n n t . D och e r h a t d en w e ite r e n S ie g e s la u f n ic h t a n f g e h a lt e n . A m I « . N o v e m b e r v e r le g te n deutsche u n d österreichisch- u n g a r is c h e G e b ir g s t r u p p c n d e m im o b e re n P ia v c t a lc z u rü c k w e ic h e n d c n F e in d e b e i L o n g a r o n e d en M e g . « o o o o I t a l i e n e r m u ß te n sich e rg e b e n . Z a h lr e ic h e s G esc h ü tz , u n d a n d e re s K r ie g s m a t e r ia l w u r d e e rb e u te t . D ie Z a h l d e r G e f a n ­ g e n e n ü b e rs tie g n u n m e h r 2 5 0 0 0 0 , d ie d e r e rb e u te te n G eschütze 2 2 0 0 . A n , ( o . N o v e m b e r t r a t K a is e r M i l h e l m e in e R e is e nach d e m ita lie n is c h e n — §23 — K rie g s s c h a u p lä tze a n . E r t r a f a m ( ( . » n t K a is e r K a r l u n d K ö n ig F e r d in a n d v o n B u lg a r ie n i n d e r N ä h e v o n T r ie s t zu lä n g e r e r B e s p re c h u n g z u s a m m e n , a n d e r auch d e r österreichische G e n e r a l v o n A r z u n d d e r b u lg a r is c h e G e n e r a l I e k o w te i ln a h m e u . A m ( 3 . f u h r e n d ie b e id e n K a is e r n ach G ö r z u n d A q u i le ja . D ie K ä m p f e a u f den H ö h e n u n d im B r e n t a t a l e g in g e n w e i t e r . I m D e z e m b e r n a h m e n sie a n H e f t ig k e i t z u . F r e i h e r r L o u r a d e rs tü rm te a m s . D e z e m b e r den M o n t e M e l e t t a a u f d e r H o ch fläch e d e r L ie b e n G e m e in d e n . D eu tsch e A r t i l l e r i e w ir k te h ie rb e i m i t . l l o o o G e f a n g e n e w u r d e n e in g e b ra c h t, g e g e n s o G eschütze e rb e u te t . A m 9 . w u r d e a n d e r P ia v e m ü n d u n g d e m F e in d e d e r B rü c k e n k o p f v o n B r e s s e n t in e en trisse n . A m 2 3 . e r s tü rm te n öster­ re ic h isch -u n g arisc h e T r u p p e n zw is ch e n A s ia g o u n d d e r B r e n t a d e n T o l d e l Rosso u n d d ie a n s c h lie ß e n d e n H ö h e n , s o o o G e f a n g e n e w u r d e n e iu g e b ra c h t. A m 30. en trissen fran zö sisch e T r u p p e n d e n (Ö s te rre ic h e rn u n d D e u ts c h e n e in e n T e i l ih r e r S t e l lu n g e n a m K lo n te T o m b a . I n v a l e n a v e r k ü n d ig te G e n e r a l F e r r c r o a m 3 . J u l i d ie U n a b h ä n g ig k e i t A lb a n ie n s u n te r ita lie n is c h e » , P r o t e k t o r a t . A m 9 . besetzten ita lie n is c h e T r u p p e n I a n i n a . I n m e h r e r e n T e i le n A lb a n ie n s b e h a u p te te n sich d ie Ö s te rre ic h e r . Der türkische Arieg: I n M e s o p o ta m ie n e r h ie lt nach d e r K a ta s t r o p h e v o n K u t e l A m e r a ( a m 2 9 . J u n i des V o r ja h r e s , v e r g l . L h r o u i k ( 9 ( 6 S . 3 7 8 ) G e n e r a l M a u d e d e n (O b e rb e fe h l ü b e r d ie en g lisch en T r u p p e n . G e g e n ih n m u ß te n d ie T ü r k e n a m 23. F e b r u a r K u t e l A m e r a r ä u m e n . D ie E n g lä n d e r besetzten es a m 2 7 . A m ( ( . M ä r z besetzten d ie E n g lä n d e r au ch B a g d a d , v o n h ie r d r a n g M a u d e nach N o r d e n v o r u n d schlug d ie T ü r k e n a m 2 8 . S e p te m b e r b e i R a m a d je . I n P a lä s t in a ve rsu c h ten d ie E n g lä n d e r a m 26. M ä r z e in e n A n g r i f f a u f G a z a . S ie w u r d e n v o n den T ü r k e n n ach z w e itä g ig e m G e fe c h t a m 26 . u n d 2 7 . u n te r sch w eren V e r lu s te n z n rü ckg es c h lag en . D ie T ü r k e n z ä h lte n a u f d e m S c h la c h tfe ld c 3000 to te E n g lä n d e r . A m ( 9 . A p r i l b ra c h te n d ie T ü r k e n den E n g lä n d e r n b e i G a z a e in e z w e ite N ie d e r la g e b e i. A n S t e l le M u r r a y s , d e r b is d a h in d e n (O b e rb e fe h l ü b e r d ie E n g lä n d e r g e f ü h r t h a t te , w u r d e G e n e r a l A lle n b y e r n a n n t . E r z w a n g a n , 7 . N o v e m b e r d ie T ü r k e n , G a z a a u fz u g e b c n , b e m äc h tig te sich a m ( 0 . A s k a lo n s u n d rückte a m ( 8 . in J a f f a e in . A m 8 . D e z e m b e r g r if fe n d ie E n g lä n d e r d ie tü rk is c h e n S t e l lu n g e n sü d lich u n d w e s t­ lich v o n J e r u s a le m a u . D ie T ü r k e » r ä u m t e n d ie S t a d t a m 9 . A m ( ( . z ie h e » d ie E n g lä n d e r in J e r u s a le m e in . D e n D l b e r g h a t te n sie a m 26. J u n i b e re its e in m a l m i t 70 B o m b e n b e w o r fe n . A m 2 7 . D e z e m b e r fa n d e n östlich v o n J e r u s a le m starke K ä m p f e s ta tt, in d e n e n sich b e id e T e i le , E n g lä n d e r u n d T ü r k e n , d e n S ie g zu sch rieb e n . Vstafnka: L e tto w -V o rb e c k b e h a u p te te sich in d e r K o lo n ie tro tz m e h r a ls (o fa c h e r Ü b e rm a c h t d e r E n g lä n d e r , P o r tu g ie s e n u n d B e lg ie r . E r h ie l t sich zw is ch en — — M g e t a u n d R u fid s c h i. G h n e d e n e rh o ffte n v o lle n S ie g k e h rte G e n e r a l S m u t s n a ch p r ä t o r i a h e im . A l s d ie E n g lä n d e r n a ch S c h lu ß d e r R e g e n z e it d ie A n g r i f f e e r n e u e r te n , m a c h te sich d ie e rd rü c k e n d e Ü b e r m a c h t d e r F e in d e g e lte n d . , A m 3 . V k t o b e r m e ld e te n d ie E n g lä n d e r d e n F a l l v o n M i k in d a u i , a m t 8 . de» v o n N e w a l a . A m 2 7 . N o v e m b e r m u ß te sich H a n p t m a n u T a f e l , b e i N e w a l a v ö l l ig e in g e k re is t, m i t t? G f f iz ie r e n , 6 M i l i t ä r ä r z t e n , 9 2 deutschen U n t e r ­ o f f iz ie r e n u n d S o ld a t e n , t 2 t 2 A s k a r is u n d 2 2 6 0 so n stig en E in g e b o r e n e n e r g e b e n . A m 2 8 . t r a f d ie M e ld u n g e in , d a ß d ie D e u ts c h e n n ach d r e itä g ig e m K a m p f e d e n v o n P o r tu g ie s e n v e r te id ig te n B e r g M k u l a e ro b e r t h a t te n . D och t r a t L e t to w -V o r b e c k a m E n d e d es J a h r e s u n t e r R ä u m u n g u n s e re s G e b ie te s a u s d e n p o rtu g ies isch e n B o d e n ü b e r . A b e r d e r K a m p f in d e r K o lo n ie w a r n ic h t zu E n d e , w ie in d e r C h r o n ik v o n t d l S zu b e ric h te n se in w ir d . Vom Luft- und Seekrieg: J a n u a r t - E i n deutsch es T a u c h b o o t v e rs e n k te in , M i t t e lm e e r d e n en g lischen T r a n s p o r t d a m p f e r „ I v c r u i a " , d e r T r u p p e n a n B o r d h a t te . „ 9 . E i n deutsches T a u c h b o o t v e rs e n k te südöstlich v o n M a l t a d a s en g lisc h e S c h lac h ts ch iff „ L o r n w a l l i s " . „ tö> w u r d e g e m e ld e t, d a ß d a s ita lie n is c h e L in ie n s c h if f „ R e g in a M a r g e r i t h a " v o n v a l o u a durch e in e M i n e o d e r e in e n T o rp e d o u n te r g e g a n g e n sei. 6 0 0 M a n n d e r 830 K ö p f e s ta rken B e s a tz u n g k a m e n d a b e i u m . „ »5. L in deutsches Unterseeboot versenkte den bewaffneten englischen Tankdampfer „Garfield". „ 2 3 . Bei den Hoofden von Holland zwei englische Torpedozerstörer durch deutsche Seestreitkräfte vernichtet. Ein deutsches Torpedo­ boot läuft beschädigt in vmuidcn ein. „ 2 5 . Der englische Hilfskreuzer „Laurentic" an der irischen Küste durch Unterseeboot oder M ine versenkt. „ 2 6 . I n der Nacht zum 2 6 . stießen deutsche leichte Streitkräfte in das englische Küstengewässer südlich von Lowestoft vor. „ 3 l - N o t e a n d ie v e r e in i g t e n S t a a t e n v o n A m e r ik a m i t E r k lä r u n g des u n e in g e s c h rä n k te n U n te rs e e b o o tk r ie g e s ab F e b r u a r . D ie V e r lu s te d e r F e in d e a n H a n d e ls fa h r z e u g e n im J a n u a r b e tru g e n 336 0 0 0 B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n , d ie d e r N e u t r a le n Z o o . D e r F e in d v e r lo r im J a n u a r 5 5 F lu g z e u g e . Februar 7. Englische Flieger werfen Bomben auf Brügge. Mehrere Belgier wurden getötet. „ 7 . Die französische Südwestküste an der Mündung des Adour beschossen. — Z w ei Schiffe vor dem Hafen von Alexandria versenkt. „ Z7. I m Mittelmeer der italienische Trausxortdampfer „Minas" versenkt. — -H25 — F e b r u a r 2 5 . I n d e r N a c h t v o m 2 5 . z u m 2 S. V o rs to ß deutsch er T o r p e d o ­ b o o te iu d c u K a n a l u n d in d ie T h e m s e ; M a r g a t e w u r d e beschossen. D e r V e r lu s t d e r F e in d e a n H a n d e ls f a h r z e u g e n im F e b r u a r b e tru g sq-4 o o o B r u t to -R e g is te r to n n e n , d e r d e r N e u t r a l e » Z37 5o o , z u s a m m e n s o m it 7 8 Z 5 0 0 B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n . w i r v e r lo r e n 2 «l F lu g z e u g e , u n s e re G e g n e r z u s a m m e n 9 l - M ä r z Z8 . V o rs to ß deutsch er S e e s tr e i tk r ä f te g e g e n d e n K a n a l u n d d ie T h c u is e m ü n d u u g . „ V a s französische G r o ß k a m p fs c h if f „ D a n t o n " im M i t t e lm e e r v e rs e n k t. „ 2 Z. P r i n z F r ie d r ic h K a r l v o n P r e u ß e n , S o h n d es P r in z e n F r ie d r ic h L e o p o ld , g e r ie t a ls F l ie g e r sc h w er v e r w u n d e t in en glische G e fa n g e n s c h a f t . D e r P r i n z ist in d e r N a c h t z u m 8 . A p r i l g e sto rb en . „ 2 2 . D e r H i l fs k r e u z e r „ M ö w e " , K o m m a n d a n t B u r g g r a f u n d G r a f zu D o h n a -S c h lo d ie n , k e h rte v o n s e in e r z w e ite n m e h r m o n a t l ic h e u K r e u z f a h r t im A t la n tis c h e n G z e a n z u rü c k . D a s S c h if f h a t te 2 2 H a n d e ls s c h iffe u n d 5 S e g le r m i t z u s a m m e n t 2 Z z o o B r u t t o - R e g is te r to n n e n a u fg e b ra c h t . D ie „ M ö w e " b ra c h te 5 9 z G e f a n g e n e m it . „ 29. An der Südwestküste Englands der bewaffnete englische Dampfer „Maseotte" versenkt. I m g a n z e n w u r d e » im M ä r z 885 0 0 0 B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n v e rs e n k t, d a r u n te r Z-Z5 fe in d lic h e S c h iffe m i t 6 8 9 0 0 0 B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n — U n s e re G e g n e r b ü ß te n im M ä r z z s z F lu g z e u g e u n d Z9 F e s s e lb a llo n s e i» , w i r v e r ­ lo r e n H5 F lu g z e u g e u n d k e in e n F e s s e lb a llo n . A p r i l 5 . E i n en g lisch es F lie g e rg e s c h w a d e r ü b e r D o u a i v e rn ic h te t . — D eu tsch e F l ie g e r g r e i fe n R a m s g a te a n . „ z q . M i t t a g s Z2 U h r A n g r i f f z w ö l f fe in d lic h e r F lu g z e u g e a u f F r e i b u r g , n a c h m it ta g s 5 U h r w ie d e r h o lte r A n g r i f f v o n 23 F lu g z e u g e » . G e t ö t e t w u r d e n 7 F r a u e n , q M ä n n e r , u n t e r d iesen e in S o ld a t , v e r le tz t Z7 F r a u e n , 8 M ä n n e r u n d 2 K in d e r . D ie A n a t o m ie w u r d e stark be sch ä d ig t. Z w e i d ie ser fe in d lic h e n F lu g z e u g e w u r d e n im E ls a ß abgeschossen (b e i S c h le tts ta d t u n d M a r k i r c h ) , e in d r it te s , v e r e in t m i t B e s c h u ß v o n d e r E r d e , z u m A b s tu rz g e b ra c h t. D e r F ü h r e r d e s A n g r i f f s , e in en g lisc h er D b e r s t - le u t u a n t , w u r d e g e fa n g e n . „ 2 Z . D eu ts c h e S e e f t r c itk rä f te beschießen C a l a i s u n d D o v e r . „ 2 5 . Dünkirchen wird von deutschen Torpetobooten beschossen. „ 2S . E n g lis c h e G r o ß k a m p f f lu g z e u g e g r i f fe n n a c h m it ta g s e in ig e v o r d e r f la n d r is c h e n K ü s te k re u ze n d e T o r p e d o b o o te u n d d en H a f e n v o n J e e b r ü g g e e r fo lg lo s » n t B o m b e n a n . I m a n s c h lie ß e n d e n L u ftg e fe c h t w u r d e e i» en g lisch es G ro ß k a m p s f lu g z e u g ab geschoffen . E i n h iu z u k o m m e n d e s fran zö s isch e s F lu g b o o t w u r d e durch u n s e re K ü s te n b a t te r ie n a u ß e r G e fe c h t gesetzt. — I n d e r N a c h t z u m — §26 — 2 7 . f ü h r t e n deutsche S e e s tr e i tk r ä f te e in e U n t e r n e h m u n g g e g e n d ie T h e m s e m ü u d u n g a u s . D e r H a f e n M a r g a t e w u r d e beschossen. U n s e re S t r e i tk r ä s te s ind u n b e s c h ä d ig t u n d o h n e V e r lu s te zu rü ck ­ g e k e h r t . I m A p r i l w u r d e n im g a n z e n z o g z o o o B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n v e rn ic h te t , d a r u n t e r 8 2 0 0 0 0 B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n fe in d lic h e n S c h if fs r a u m s . U n s e re G e g n e r v e r lo r e n im A p r i l a u f a l le n F r o n t e n z u s a m m e n 362 F lu g z e u g e u n d 29 B a l l o n e , w i r 7 4 F lu g z e u g e u n d 1 0 B a l l o n e . A n d e n 362 a u ß e r G e fe c h t g esetzten fe in d lic h e n F lu g z e u g e n w a r d ie W e s t f r o n t a l le in m i t 3 5 0 b e te il ig t . M a i 5 . Ü b e r O d es sa d a s erste deutsche F lu g z e u g . „ s5 . S e e g e fe c h t i n d e r S t r a ß e v o n V t r a n t o ; V s te rre ic h is c h -u n g a r is c h e S t r e i t k r ä f t e v e rn ic h te n e in e n e n g lisc h en Z e r s tö r e r , s H a n d e ls ­ d a m p fe r u n d 2 0 B e w a c h u n g s fa h r z e u g e . — L i n deutsches U n t e r ­ seeboo t v e rs e n k t e in e n g ro ß e n en g lis c h en R r e u z e r . „ 2 0 . A n d e r f la n d r is c h e n R ü s te V o rp o s te n g e fe c h te zw is ch e n deutschen u n d fran zö s is ch e n T o r p e to b o o te » . „ 2 4 . L i n deutsches M a r in e lu f ts c h if fg e s c h w a d e r g r e i f t L o n d o n , S h c e rn c ß , H a r w ic h u n d N o r w ic h m i t L r f o l g a n . „ 2 5 . Deutsche Flugzeuge greifen Dover und Folkcstone erfolgreich an. „ 2 6 . I m A t la n tis c h e n O z e a n w u r d e d e r en glische H i l fs k r e u z e r „ H i l a r y " v e rs e n k t. „ z o . v o n e in e m u n s e re r M a r in e b o o t e w u r d e d ie ita lie u is c h e F e s tu n g B e n g h a s i a n d e r » o rd a fr ik a n is c h e n R ü s te m i t -zo G r a n a t e n beschossen. „ 3 l - D eu ts c h e M a r in e f lu g z e u g e beschießen d en H a f e n S u l t a n a m S c h w a rz e n M e e r e . I m M a i w u r d e » in s g e s a m t 8 S 9 0 0 0 B r u t t o - R e g is t e r t o n n e n H a n d c ls - s c h iffs ra n m du rc h krieg erisch e M a ß n a h m e n d e r M i t t e lm ä c h t e ve rs e n k t. — w i r v e r lo r e n im M a i 7 9 F lu g z e u g e n u d 9 F e s s e lb a llo n e , v o n den fe in d lic h e n F lu g z e u g e n s ind z z q h in t e r u n s e re n L in ie n , Z-Z8 je n s e i ts d e r fe in d lic h e n S t e l lu n g e n e r k e n n b a r a b g e s tü rz t . A u ß e rd e m b ü ß te n d ie G e g n e r 2 6 Fessel­ b a l lo n e e in u n d 2 3 w e it e r e F lu g z e u g e , d ie durch R a m p f e in w ir k n n g z u r L a n ­ d u n g g e z w u n g e n w u r d e n . J u n i 2 . L i n U n te rs e e b o o t v e rs e n k te im östlichen M i t t e lm e e r e d e n e n g ­ lischen T r a n s p o r t d a m p s c r „ L a n c r e n ie n " . „ 5 . F e in d lic h e M o n i t o r s beschossen O s te n d e ; m e h re re B e lg ie r w u r d e n g e tö te t o d e r v e r le tz t . S t a r k ü b e r le g e n e A u fk lä r u n g s s t r e itk r ä f te , d ie d e n M o n i t o r e n b e ig e g e b e n w a r e n , s tieß en a u f z w e i u n s e re r w a c h t to r x e d o b o o te , v o n d e n e n n ach h e f t ig e m G e fe c h t „ 8 2 0 " z u m S in k e n g e b ra c h t w u r d e ; e in T e i l d e r B e s a tz u n g w u r d e g e re tte t . D ie fe in d lic h e n S t r e i t k r ä f t e e r h ie lte n m e h re re T r e f f e r u n d zo g e n sich zu rü ck. — §2? — J u n i 9 . L i n e s u n s e re r U n te rs e e b o o te v e rn ic h te te a n d e r K ü s te v o n T u n i s e in g ro ß e s fran zö s isch e s U n te rs e e b o o t du rc h T o rp e d o s c h u ß . „ M - E in i g e u n s e re r S e e s tu g z e u g g e s c h w a d e r b e le g te n d ie russischen S tü tz p u n k te L e b a r a u n d A r e n s b u r g (b e id e im s ü d lich e n T e i l d e r I n s e l G s e l ) e r fo lg re ic h m i t B o m b e » . L i n T e i l d e r m i l i ­ tä r is ch e n A n la g e n w u r d e n a h e z u v ö l l ig ze rs tö rt. U n s e re F l u g ­ zeu g e k e h rte n u n v e r s e h r t zu rü ck . „ z-tz U n s e r M a r in e f l u g z e u g „ L . 4 3 " w u r d e a l s v e r m iß t g e m e ld e t. E n g lis c h e » N a c h r ic h te n z u fo lg e w u r d e cs in d e r N o rd s e e a b g e - schossen. „ 4 7 . I n d e r N a c h t z u m Z7 . g r i f f e in e s u n s e re r M a r iu e lu f ts c h is f - g e s c h w a d e r w ic h t ig e F e s tu n g e n S ü d e n g la n d s e r fo lg re ic h a n . E r ­ b it te r te K ä m p f e fa n d e n s ta tt, w o b e i „ L 4 3 " b re n n e n d z u m A b s tu rz g e b ra c h t w u r d e u n d d ie g e s a m te B e s a tz u n g nebst ih r e m B e f e h ls h a b e r , K o r v e t t e n k a p i t ä n V ik t o r S ch ü tze , d e n H e ld e n to d fa n d . „ zg . N ö r d lic h v o n D ü n k ir c h e n w u r d e e in en g lisc h es T o r p e d o m o to r ­ b o o t v e rs e n k t u n d d ie B e s a tz u n g g e fa n g e n . I m J u n i w u r d e n im g a n z e n ^ o z s o o o L r u t t o - R e g is t e r t o n n e n durch K r ie g s m a ß n a h m e n d e r M i t t e lm ä c h t e v e rs e n k t. — U n s e re G e g n e r h a b e n im J u n i 2 2 0 F lu g z e u g e u n d 33 F e s s e lb a llo n e v e r lo r e n . U n s e r V e r lu s t b e tru g 58 F lu g z e u g e u n d z F e s s e lb a llo n e . Ju li 2. I n der Nacht zum 5. griff ein Geschwader das englische Munitionslager bei Aire mit 2600 Icpi Bombe» erfolgreich au. Am Nachmittag des Z. warfen andere Geschwader 2200 Ic§ Bomben auf die Bahnhöfe von Lhauuy und Tennier sowie aus französische Truxpenlager von Aisnetal und weitere 800 kg Bomben auf feindliche Maidlager bei Lraonno. - I n der Nacht zum 4. griff ein Bombengeschwader die Industrieanlagen von Pempcy im Lecken von Nancy au und w arf 6500 Ic§ Sprong- inunitiou auf das Ziel. I n der Zeit von t l bis 3 Uhr folgte ein Angriff dem andere». Dabei gingen die Flugzeuge zum Abwurf bis auf einige hundert Meter herunter. „ -z. D eu ts ch e F lu g z e u g g o s c h w a d e r b e le g te n d ie F e s tu n g u n d d e n K r ie g s h a s e u v o n H a r w ic h m i t B r a n d - u n d S p r e n g b o m b e n . — I n d e r G e g e n d v o n Z e e b r ü g g e n e u e , a b e r f ü r d e n F e in d w ie d e r u m e rfo lg lo s e K ä m p f e m i t F l ie g e r n v o n d e r S t a t i o n D ü n k irc h e n . D i e deutschen F lu g z e u g e la n d e te n v o l lz ä h l ig in d e m H e im a t s h a f e u . „ -tz T ü rk is c h e F l ie g e r b e w a r fe n d e n B a h n h o f v o n P o r t S a i d e r fo lg ­ reich m i t B o m b e n . „ 7 . I n d e r N a c h t z u m 7 . A n g r i f f e fe in d lic h e r F l ie g e r a u f d a s F e s tu n g s g e b ie t v o n K ö ln , a u f L u d w ig s h a f e n a . R h . u n d U m ­ g e b u n g , a u f M a n n h e i m u n d W o r m s , ü b e r a l l e in ig e r S a c h - — §28 — sch ad e». A u f d e m H i n - u n d R iic k f lu g e b e r ü h r te » fe in d lic h e F l ie g e r K a r ls r u h e , w u r d e n a b e r durch S p e r r f e u e r v e r ja g t . A u ch T r i e r u n d U m g e b u n g w u r d e n m i t B o m b e n b e w o r fe n , d a b e i e in K in d g e tö te t , e in M a n n v e r le tz t u n d e in ig e r G c b ä u d e s c h a d e n v e ru rs a c h t. E i n fran zö s isch e s F lu g z e u g w u r d e b e i S a a r b u r g z u r L a n d u n g g e z w u n g e n u n d d ie z w e i In s a s s e n g e fa n g e n . J u li 7 . Eines unserer Fliegergeschwader griff London an und bewarf die Docks-, Hafen- und Speicheranlagen an der Themse aus­ giebig mit Bomben. Nach englischen Berichten wurden bei dem Angriff zo Männer, 8 Frauen und 5 Kinder getötet, t y M änner, 2S Frauen und 53 Kinder verwundet. Unsere Flugzeuge sind bis auf ein auf der See notgclandetes sämtlich zurückgekehrt. „ U n s e re F lu g z e u g e b ra c h te n in den H o o s d e n d e n h o llä n d is c h e n S e g le r „ A g i d a " , m i t B a n n w a r e n ach L e H a v r e b e s tim m t, a ls P r is e e in . „ E n g lis c h e K r ie g s s c h if fe g r if fe n e in e n B e g le i t z u g deutscher D a m p f e r , d ie R o t t e r d a m v e rla s s e n h a t te n , a n . D e r Ü b e r f a l l e r fo lg te in d e n h o llä n d is c h e n H o h e its g e w ä s s e rn . v o n d e n t o S c h iffe n , d ie a u s g e fa h r e n w a r e n , s ind z w e i g e su n k en , e in e s w u r d e nach H m u id e n zu rü ckg esch lep p t, e in e s s tra n d e te , z w e i sind e n tk o m m e n , d r e i w u r d e n v o n den E n g lä n d e r n g e n o m m e n u n d e in e s w a h r ­ schein lich v o n ih n e n a u fg e b ra c h t. „ 20. Lines unserer U-Boote versenkte in der Nordsee das englische U-Boot „L 3-t". „ 2 3 . E in e s u n s e re r F lu g z e u g e h ie l t i n den H o o s d e n d e n h o llän d is ch e n D a m p f e r „ G e ld e r la n d " a n u n d b rac h te ih n m i t U n te rs tü tz u n g v o n T o rp e d o b o o te n n ach Z e e b r ü g g e e in . „ Z t - D a s en g lische K r ie g s s c h if f „ A r ia d n e " w u r d e to r p e d ie r t u n d sank. 38 M a n n d e r B e s a tz u n g w u r d e n durch d ie E x p lo s io n g e tö te t . I m J u l i w u r d e n im g a n z e n 8 t l 0 0 0 B r u t to -R e g is te r to n n e n durch krie g eris ch e M a ß n a h m e n d e r M i t t e lm ä c h t e v e rs e n k t. — U n s e re G e g n e r h a b e n im J u l i a u f a l le n F r o n t e n im g a n z e n 2 3 S F lu g z e u g e u n d 3 -t B a l l o n e v e r ­ lo r e n . D a v o n k a m e n Y 8 F lu g z e u g e in u n s e re n B e s itz , n s sind je n s e its u n s e re r L in ie n e r k e n n b a r a b g e s tü rz t, 23 w u r d e n je n s e its z u r L a n d u n g g e z w u n g e n . ! v i r h a b e n im J u l i im g a n z e n s o F lu g z e u g e u n d k e in e » B a l l o n e in g c b ü ß t. A u g u s t 2 . u n d 3 . D eu ts ch e S e e f lu g z e u g e g r if fe n d ie englische F lu g s ta t io n a u f d e r I n s e l T h a s o s e r fo lg re ic h m i t B o m b e n a » . „ 2 . D e r H i l f s k r e u z e r „ S e e a d le r " sch eite rte b e i d e n L o rd L o w in s e ln . „ 3. I n der Nacht zum z. belegten feindliche Flugzeuge die Stadt und den Hafen von pola mit rund 8 0 Bomben, darunter viele Brandbomben. I n der Nacht zum K wurde Stadt und Am- gebnug von Pola mit etwa icio Bomben belegt. Ein weiterer Angriff erfolgte in der Nacht zum y. Bein» ersten Angriff - §29 - wurde» 2 Personen getötet und 12 verletzt. B e i allen drei entstand Sachschaden. August N - F liegerangriff auf F rank fu rt a. M . D ie Bombe fie l unm itte l­ bar vor einem großen M ilitä rla z a re tt nieder. E in ige Insassen des Lazaretts wurden leicht verletzt. B e i einem A n g riff auf F rank fu rt am nächsten Tage wurde eine Person getötet und mehrere verletzt. „ Z7. E in feindliches Fluggeschwader w a rf mehrere Bomben auf F re i­ burg. v ie r Personen wurden leicht verletzt und drei P r iv a t- gcbäude beschädigt. E ines der feindlichen Flugzeuge wurde durch unsere Kam pfflieger aus dem Geschwader herausgeschossen, es zertrümmerte am Boden. L in weiterer, aber erfolgloser A n g riff erfolgte am 22 . E in Flieger wurde im Lnftkam pf abgeschossen. „ 22 . I n der Nacht zum 22. g riff eines unserer M arineluftschiff- geschwadcr militärische Anlagen am pum ber und in der G ra f­ schaft Lincoln sowie.Bewachnugsstreitkräfte an der englischen Küste m it gutem E rfo lg an. A lle Luftschiffe sind trotz fe ind­ licher Gegenwehr ohne Schaden und ohne Verluste zurückgekehrt. „ 22 . Die militärischen Anlagen von M argate, Ramsgate und Dover wurden erfolgreich m it Bombe» belegt. I n zahlreichen Käm pfen verlor der Feind drei Flugzeuge, zwei eigene kehrten nicht zurück. „ 27 . Unsere Flugzeuggeschwader der kurländischcn Küste führten an mehreren Tagen zahlreiche erfolgreiche A ngriffe gegen die Flngstationen und militärischen Anlagen der In s e l Bsel aus. L in Zerstörer der Norwik-Klasse wurde zum Sinken gebracht, ein feindliches Flugboot bei der In s e l Abo zu Landen gezwungen. Unsere Flugzeuge kehrten sämtlich ohne Verluste oder Beschädi­ gungen zurück. I m August wurden insgesamt 808 ooo Brutto-Registertonnen ksandels- schiffsraum durch kriegerische Maßnahmen der M ittelmächte versenkt. — v o n Flügen gegen den Feind kehrten im August 6H unserer Flugzeuge nicht zurück, unserer Fesselballone wurden abgeschossen. Der Verlust der Gegner belief sich im August aus 27 Fesselballone und wenigstens 2 I5 Flugzeuge, von denen Z2S hinter unserer und zsg jenseits der feindlichen F ron t brennend zum Ab­ sturz gebracht wurden. September z. Nördlich von lsorns R if f stieß eine unserer S icherungsxatrouillen auf englische Kreuzer und Torpedoboote. Nach kurzem Gefecht entzog sich der Feind dem E ingre ifen stärkerer K rä fte . „ 2 . I n der Nacht zum 3. bewarfen unsere Flieger L a la is und Dünkirchen m it Bomben. — Dover wurde am z., Ehatham, Sheerneß und Ramsgate in der Nacht zum q. m it Bomben angegriffen. --- F I0 - - September 4 . Feindliche Flieger bewarfen Lahr m it Bomben. Z w e i Personen wurden getötet, drei schwer verletzt, der Sachschaden w ar gering. 4. Eines unserer U-Boote beschoß den befestigten Hafcnplah Scar- borough an der englischen Vstküste. Zahlreiche Treffer wurden beobachtet. — Dover, Bonlogne und Lalais wurden erfolgreich mit Bomben angegriffen. Am L. erfolgte ein nächtlicher Flieger­ angriff auf London, Southend und Margate. — I n der Nacht zum 5. griffen Marineflugzeuge militärische Anlagen von Dün­ kirchen und St. Pol mit insgesamt 2500 I-Z Bomben an. 5 . Feindliche Flieger warfen in der Nähe von V ffenburg zwei Bomben ohne jeglichen Schaden ab. y. Z w e i Marineflugzeuge versenkten in der Themsemiindung einen englischen Dampfer. t? . E ines unserer U-Boote vernichtete in den Hoofden das franzö­ sische Flugzeug „O 40 " und nahm die drei Insassen gefangen. 22 . E in englischer M on ito r beschoß Bstende. E inige Granaten trafen die Kathedrale, in der Frühmesse gehalten wurde. Sieben B e lg ie r wurden getötet, 24 schwer verwundet. Der M on ito r wurde durch Feuer unserer Küstenbatterien vertrieben. 22 . I m M itte lm eer wurde unter zahlreichen Versenkungen der bewaffnete französische Dam pfer „A d m ira l K crsa in t" zum Sinke» gebracht. Der Dam pfer versuchte erfolglos, sich durch hartnäckige Gegenwehr der Versenkung zu entziehen, er wurde nieder« gekämpft und der K ap itän gefangen. 24 . A u f militärische B auten und Speicher im Herzen von London, aus Dover, Southend, Lhatham und Sheerneß wurden Bomben abgeworsen. — Dünkirchen wurde m it Bomben angegriffen. 24 . I n der Nacht zum 24 . wurden befestigte Plätze und militärische Industriean lagen am Humber, sowie in den Gebieten zwischen Scarborough und Boston angegriffen. A lle Luftschiffe kehrten trotz feindlicher Gegenwehr unbeschädigt zurück. 24 . Feucrgefecht unserer Torpedoboote an der flandrischen Küste m it feindlichen Zerstörern und Flugzeugen. E in feindliches F lug ­ zeug wurde abgeschossen, zwei englische V ffiz ie re gefangen. E in weiteres Gefecht an derselben Küste fand am 28. statt gegen eine überlegene Z a h l feindlicher Zerstörer. Unsere Boote hatten in beiden Gefechten keine Verluste. 25. Erneuter Angriff unserer Flieger auf London, Ramsgate, M ar- gate und Dover, sowie ans Bonlogne, Calais, Gravelines und Dünkirchen. Eines unserer Flugzeuge kehrte nicht zurück, w e i­ tere Angriffe auf die genannten englischen Plätze fanden am 29. und ein dritter am 50. auf London statt, auch diese ohne Verluste für n»s. September Z o . I n der Nacht vom 3 0 . wurde S tu ttga rt zweim al von fe ind­ lichen Luftfahrzeugen angegriffen. D re i M änner wurden getötet und einige Personen leicht verletzt. Der Sachschaden w a r uner­ heblich. I m September wurden insgesamt 6 7 2 o o o Brutto-Registertonnen versenkt. Unsere Gegner verloren im September auf allen Fronten im ganzen Z7H Flugzeuge und 32 Fesselballone, w ir 8 2 Flugzeuge und s Ballone. Don den Z 7 H feindlichen entfielen 362 auf die Westfront, von den 82 deutschen 76 . v o n den feindlichen kamen 167 in unseren Besitz, 207 stürzten erkennbar jenseits unserer L in ien ab. Gktober 2 . I n der Nacht zum 2 . wurden London, Sheerneß, Ramsgate und Dover von unseren F liegern angegriffen. Auch auf H aupt- verkehrspunkte in Nordfrankreich wurden Bomben abgeworfen. „ 2. Feindliche Flieger über Straßbnrg. Der Sachschaden w a r gering. I n der Nacht zum z. fanden zahlreiche A ngriffe statt: E in F lu g ­ zeug kam bis in die Nähe von S tu ttg a rt und w a rf über Feuer­ bach 6 Bomben ab. Auch da geringer Sachschaden. F rankfu rt wurde von etwa io Fliegern angegriffen. S Personen wurden leicht verletzt. Der Sachschaden w a r unbedeutend. Das lo th­ ringische Industriegebiet wurde von zahlreichen A ngriffen heim- gesucht, aber m it geringem E rfo lg . E in Flieger gelangte bis in die Gegend von Dortm und. 6 Bomben beschädigten den Bahnkörper auf der Strecke Dotsfeld— Dortm und-Süd, eine Person wurde getötet. E inige Bom benabwürfe ohne Menschen­ oder Sachschaden fanden bei Achern, Rastatt und Baden statt. I n Tübingen einiger Sachschaden. E ines der Flugzeuge, das F rankfu rt angegriffen hatte, wurde auf dem Rückfluge zur Lan­ dung gezwungen. „ H. Das englische Kriegsschiff „D rake" wurde an der Nordküste Ir la n d s torpediert. Es erreichte einen Hafen und sank. E in V ffiz ie r und 18 M ann wurden getötet. „ 7. Das in L a d ir am y. September eingelaufene und internierte U -Boot N r. 2gz ist in der Nacht entwichen. „ io . Be i einer abends sich über Zonnebekc-Zandvoorde entwickelnden Luftschlacht, an der rund 8 0 Flugzeuge beteiligt waren, wurde» 3 feindliche F lieger abgeschossen. ,, 1 3 . I n gemeinsamer Unternehmung von Teilen des Heeres und der F lotte faßten w ir auf der In s e l Besel festen Fuß. Am 13. kam Arensburg, die Hauptstadt der In s e l, in unsere Hand. A u f der nach Süden auslanfenden Halbinsel Sworbe leisteten die dort abgeschnittenen russischen Truppen hartnäckigen w id e r ­ stand. B e i den Käm pfen um den Brückenkopf von D rrissar am Bstrand von Gcsel w irkten von Norden her unsere See­ streitkräfte erfolgreich m it. w i r besetzten die In s e l Runö und Aboe und machten am lZ- Fortschritte ans der Halbinsel Sworbe. Die feindlichen K rä fte wurden am lö . überwältig t. D am it kam die In s e l Gesel vö llig in unseren Besitz. Nördlich von Vcsel und im Rigaischen Meerbusen hatten unsere Secstreitkräfte günstig verlaufene Gefechte m it russischen Zerstörern und Kanonenbooten. O hne eigene Verluste wurden die feindlichen Schiffe zur Umkehr gezwungen. Mehrere Luftschiffe bewarfen Pernan m it Bomben. Am l?- setzten unsere Secstreitkräfte ihren Vormarsch nach Osten fo rt und beherrschen das Seegebiet bis zum M oon-Sund. A m ^8. wurde die In s e l M oon von Land- und Soestreitkräften genommen. Unsere Truppen hatten, in Booten aus dem Steindamm durch den kleinen Sund über­ gehend, das westliche Ufer von M oon erkämpft. Drei russische In fante rie reg im en te r in Stärke von 5000 M ann wurden ge­ fangen. Unsere Seestreitkräfte hatten in den Gewässern uni M oon mehrfach Gefechte m it feindlichen Kriegsschiffen. Das russische Linienschiff „S la w a " (^z soo Tonnen) wurde in Brand geschossen und sank. Am 20 . landeten w ir Truppen auf der In s e l Dagö, wo schon einige Tage zuvor Landnngsabteilnngcn der M arine Fuß gefaßt hatten. Am 2 l- kam die I» s e l ganz in unsere Hand. Die In s e l Schildan wurde besetzt. Die G e­ samtbeute der O perationen gegen die In s e ln im Rigaischen Meerbusen betrugen 20 lZo Gefangene, über lo» Geschütze, gegen 2000 Pferde, über l2oc> Fahrzeuge und zahlreiches anderes Kriegsgerät, große Vorräte an Verpflegungsm itteln und 5 Staats- kaffen m it ZS5 000 Rubel. Oktober l? . Nancy von uns mit Bomben belegt. Größere Brände beo­ bachtet. „ l? . Leichte deutsche SeestreitkrLfte griffen nahe bei den Shetlands- In s e ln einen Geleitszug von insgesamt >2 Fahrzeugen an, darunter als Schutz die beiden Zerstörer „ 6 2 I " und „ 6 3s". A lle Schiffe des Geleitzuges sowie die Bedeckungsfahrzciige wurden vernichtet bis aus einen Geleitschiffdampfer. Unsere Seestreitkräfte kehrten ohne Verluste und Beschädigungen zurück. ,, ld - I n der Nacht zum griffen unsere Torpedobootsstreitkräfte Dünkirchen an. Hafenanlagen erfolgreich m it Bomben belegt. Die auf der Reede liegenden feindlichen S tre itkräftc wurden ebenfalls m it E rfo lg bekämpft. E in englischer M on ito r schwer beschädigt. Unsere Boote vollzählig und unbeschädigt eingelanfen. „ ly . Das erste amerikanische Einheitsschiff „ w a r L lo w e r" (8000 Tonnen) kurz vor seinem E intreffen an seinem Bestimmungsort M a lta vernichtet. „ 20 . I » der Nacht zum 20 . belegte ein Marinc-Luftschiffgeschwader die Industriean lagen von London, Manchester, B irm ingham , — §33 — Nottingham , Derby, Lowestoft, Hüll, G rim sby, Norw ich und wapple ton m it rund 26 noo KZ Bomben. Spreng- und B rand - Wirkung überall beobachtet. Ans dem Rückmarsch gerieten vier Luftschiffe über das französische Kam pfgebiet und wurden dort nach französischen Nachrichten abgeschossen oder zur Landung gezwungen. Oktober 20. Ostende von See beschossen. I n der Stadt Häuserschaden. „ 25. I n der Nacht zum 25. griffen mehrere feindliche Geschwader das lothringisch-luxemburgische und das Saar-Indnstriegebiet m it Bomben an. I n Esch in Luxemburg wurden 5 Personen getötet und 4 verwundet. I n Saarbrücken t Toter und 6 v e r­ wundete. Der Sachschaden w a r unbedeutend. H Flugzeuge wurde» abgeschossen oder zur Landung gezwungen. „ 27. Nördlich Ostende kreuzende leichte S tre itkräfte des Gegners wurden gleichzeitig von unseren Torpedobooten m it A rtille r ie und von Flugzeugen m it Bomben angegriffen und dem Feinde mehrere Treffer beigebracht. Unsere S tre itkräfte kehrten unbe­ schädigt zurück. „ 20. Feindliche Flieger warfen auf Pirmasens und Umgebung Bomben ab. > Person wurde getötet, H verletzt. E in ige r Sach­ schaden entstand an Wohngebäuden. I m Oktober verloren die Gegner im ganze» 2HH Flugzeuge und A B a llons, w i r büßten 67 Flugzeuge und 1 B a llo u ein. A u f die W estfront allein entfielen von den 2HH feindlichen Flugzeugen 207 , von den 67 deutschen 52. — 67Hvoo Brutto-Registertonnen des fü r unsere Feinde nutzbaren Handels- schiffsraums wurden im Oktober durch kriegerische Maßnahmen der M it te l­ mächte versenkt. November F liegerangriff auf V ffenburg . Unbedeutender Sachschaden. I n Schutterwald wurden 2 Personen getötet, mehrere verletzt. „ 2. I n der Nacht zum 2 . griffen unsere Flieger London, Lhatham , Grovesend, R anisgate, M arga te , außerdem Dünkirchen m it Bomben an. Starke Brände wurden beobachtet. „ t» . I n der Nacht zum tv . g riffen 6 englische Großflugzeuge die w e r ft Brügge an. Z w e i B e lg ie r wurden getötet. K e in m il i­ tärischer Sachschaden. „ t?- Starke englische Seestreitkräfte versuchten in die Deutsche Bucht einzudringen. Durch sofort angesehten Gegenstoß unserer Torpedostreitkräfte wurden sie mühelos und ohne eigene V er­ luste abgewiesen. „ 20. M itte ilun g erfolgte an die verbündeten, neutralen und feindlichen Staaten, daß vom 22 . ab das Sperrgebiet erweitert werde. I n erster L in ie werde das Sperrgebiet um England erweitert, sodann ein neues um den feindlichen Stützpunkt auf den Azoren 28 - - geschaffen, ferner der im M ittelmeere bisher freigelassene K a n a l in das Sperrgebiet einbezogen. I m November wurden im ganzen 6N7 ovo Brutto-Registertonnen ver- senkt. Der Verlust der feindlichen Luftstreitkräfte im November betrug 22 Fesselballone und 205 Flugzeuge, v o n den letzteren stürzten 85 hinter unseren Lin ien, die übrigen jenseits der gegnerischen Stellungen erkennbar ab. w i r verloren im Kam pfe so Flugzeuge und 2 Fesselballone. Dezember 5. F liegerangriff auf Zweibrücken, v ie r Personen zum T e il schwer verletzt. Der Sachschaden w ar unbedeutend. Dezember 5 . Unsere Flieger griffen die Hafeuanlagen von Calais, sowie London, Sheerneß, Grooesend, Lhatham , Dover und Margate m it Bomben an. Große und zahlreiche Brände wurden beobachtet. „ Z2. L ines unserer Marineflugzeuge vernichtet das englische Lu ft- schiff „ 6 27 ". „ t2 . Leichte S tre itkräfte griffen dicht unter der englischen Küste vor der Tyne-M ündnng den feindlichen Handelsverkehr an. Z w e i große Dam pfer und zwei bewaffnete Patrouillenfahrzeuge wurden versenkt. Unsere S tre itkräfte kehrten ohne Verluste und B e­ schädigungen zurück. Gleichzeitig griffen leichte Streitkräfte den Geleitzugverkehr Bergen— Shetlands an und vernichteten aus dem Z ug s Dam pfer. Der englische Zerstörer „P e llew " entkam beschädigt. Unsere S tre itkrä fte sind ohne Verluste m it einer größeren Z a h l Gefangener, darunter -z O ffizieren zurückgekehrt. „ Unsere F lieger griffen London, Ramsgate und M argate m it Bomben an. G ute W irkungen wurden erzielt. „ 19- Bethune, Furnes und Dünkirchen wurden erfolgreich m it Bomben belegt. „ 22. Sheerneß, Dover, Dünkirchen sowie Bahnanlagen und M un itio n s ­ lager wurden hinter der englischen und französischen Front kräftig »nt Bomben belegt. „ 22. L ines unserer Unterseebote hat die Hochöfen und Schmelzwerke von p iom b ino w irkungsvo ll beschossen. „ 2H. Englische F lieger warfen Bomben auf M annheim . 2 Personen wurden getötet und zo bis t? verletzt, daruter keine M ilitä r - xersoncn, dagegen französische Kriegsgefangene. E in Flugzeug in der P fa lz wurde zum Niedergehen gezwungen und die I» » fassen gefangen. „ 29 . F liegerangriff au f Lahr. E in ige r Sachschaden an bürgerliche» Wohngebäuden. Durch kriegerische Maßnahmen der M ittelmächte wurden im Dezember insgesamt 702 000 Brutto-Registertonnen des fü r unsere Feinde nutzbaren Handelsschiffraumes versenkt. D am it erhöhen sich die bisherigen Erfolge des uneingeschränkten U-Bootskrieges auf s g s s o o o Brutto-Registertonnen. — §35 — I m Dezember betrug der Verlust der feiudlicheu Luftstreitkräfte an den deut- scheu Fronten 9 Fesselballone und 119 Flugzeuge, von denen -Z7 h in ter unseren Linien, die übrigen jenseits der gegnerischen Stellungen erkennbar abgestürzt sind, w i r verloren im K am pf 82 Flugzeuge und 2 Fesselballone. ö. Andere erwähnenswerte Ereignisse. Ja n u a r z. I n Heidelberg starb im A lte r von 78 Ja h re n Geh. R a t P ro ­ fessor Or. Richard Schröder, seit 1888 M itg lied der juristischen Faku ltä t an der Universität Heidelberg. „ s. I n S tu ttga rt starb im A lte r von H8 Jah ren Gberspielleiter E m il Gerhäuser, >893 bis 1901 Heldentenor an der K a rls ruhe r Hofbühne. „ 6. I n Straßburg starb w irk liche r G eheim rat v r . G tto Back, A l t ­ bürgermeister von Straßburg. „ 10. I n S tu ttga rt Gründungsversam mlung des deutschen A uslands­ museums. „ zu. Rücktritt des russischen Ministerpräsidenten T re p o w , Fürst G a liz in wurde sein Nachfolger. „ 10. Tagung des deutschen Hausabundes in B e rlin . „ >7. M ediz ina lra t v r . Leopold Vster, Leiter der H e il- und Pflege- austalt bei Konstanz, im A lte r von 6H Jah ren gestorben. „ >8 . Der österreichische Ministerpräsident G ra f L la m -M a rtin itz und der ungarische Ministerpräsident G ra f Tisza in B e r lin zur Besprechung kriegswirtschaftlicher Fragen. ,, ld- I m preußischen Abgeordnetenhaus scharfe Auseinandersetzung über die polnische F rage; M in ister des In n e rn von Löbell gegen den polnischen Abgeordneten K ofan ty. „ 2Z. K önig Ludw ig empfängt den neu ernannten päpstlichen N u n tiu s am bayerischen Hofe, Monsignore Aversa. „ 27. Der Deutsche Kronprinz wurde zum General Ser In fanterie ernannt. „ 29 . I n F rank fu rt a. M . starb im 92 . Lebensjahre der Schopenhauer. B iograph Geheimrat W ilhe lm von G w inner. „ 29 . I n Neckargemünd starb im A lte r von 72 Jah ren der frühere Reichstagsabgeordnete Konsul J u liu s Meuzer. Februar 2 . I n Heidelberg starb Universitätsxrofessor v r . A do lf Schmidt, er w a r Z8S6 in K arlsruhe geboren. „ -z. Rücktritt des türkischen Großvesirs Said H a lim Pascha, sein Nachfolger wurde T a la a t Pascha. „ s. Jahresversammlung des deutschen Museums in M ünchen; G ras Zeppelin wurde zum 1. Ehrenm itglied des Museums ernannt. „ 12. /1Z. Kaiser W ilhe lm in W ien. 28 * — ^36 —' Februar Z7. I n Freiburg starb im 77. Lebensjahre der Industrielle Theodor Schlumberger, Mitglied der Ersten Kammer des elsaß-lothringi- scheu Landtags, von zgoo bis lyos Vertreter Mülhausens i. E lf. im Reichstage. „ 20 . I n Fre iburg starb im A lte r von 8 t Jahren Geheimrat P ro ­ fessor O r. Bernhard Schmidt, von ;872 bis lZoo Professor der klassischen Philo logie an der dortigen Universität. „ 22 . Zusammentritt des Reichstags. Am 25. Bewilligung eines neuen Kriegskrcdits von zs Milliarden gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft. „ 27. Rede des Reichskanzlers über die Kriegslage und über die innere Politik. M ärz 2. D ie amerikanische Presse brachte M itte ilungen über einen deutschen Bündnisvorschlag an Mexiko. „ s. Feldmarschall Lonrad von Pötzendorff trat als Chef des österreichisch-ungarischen Generalstabs zurück. Z u seinem Nach­ folger wurde Freiherr Arz von Straußeuberg ernannt. „ z. I n Berlin Empfang einer Abordnung des „Rats von Flandern" durch den Reichskanzler; Ankündigung einer Trennung der Verwaltung in Belgien in einen flämischen und wallonischen Teil. „ s. Wilson tritt seine zweite Amtszeit als Präsident der vereinigten Staaten von Amerika an. „ 8. I n Berlin starb General der Kavallerie O r. Ferdinand G raf von Zeppelin, der Erfinder des lenkbaren Luftschiffs starren Systems, im Alter von 78 Jahren. Die Beisetzung erfolgte in Stuttgart am Z2. in Gegenwart des Königs und der Königin von Württemberg. I n dem überaus zahlreichen Trauergefolge befanden sich Vertreter des Kaisers, des Großherzogs von Baden und der Großherzogin Luise, des Deutschen Kronprinzen, des Königs von Bayern, des Königs von Sachsen u. a. „ Zl- Ausbruch der Revolution in Petersburg. Eine provisorische Re­ gierung bildete sich mit Fürst Lwow an der Spitze. Am ;8. dankte der Z a r für sich und den Thronfolger, seinen Sohn Alexei, ab und übergab die Herrschaft seinem Bruder Michael. Der letztere kam aber nicht in die Lage, die Regierung auzu- treten. Unter Lwow übernahm der Kadettenführer Miljukow das Ministerium dos Auswärtigen. Die neue Regierung hielt an dem Bündnis und der Entente sowie deren Kriegszielen fest. „ Z3. Großherzog Ernst Ludw ig von Hessen beging sein 25jähriges Regierungsjubiläum. „ ZH. Rede des Ministerpräsidenten von Bethmann Hollweg im preußischen Abgeordnetenhaus über die Neuordnung nach dem Kriege. — ^37 — M ärz is . China brach die diplomatischen Beziehungen m it Deutsch­ land ab. „ t 8 . I n Frankreich Rücktritt des M in isterium s B r ia n d ; R ibot bildet am 20 . ein neues K abinett. „ 2§. Der Vizegeneralissimus der türkischen Armee L n ve r Pascha im Großen Hauptquartie r zur Besprechung m it dem Kaiser, m it H iudenburg und Lndendorff. „ 29 . Rede des Reichskanzlers im Reichstag über auswärtige und innere Po litik . „ 29 . Rücktritt des schwedischen M in isterium s Hammarskjöld. Der frühere M in ister Swartz wurde m it der Neubildung des Kab inetts beauftragt. „ 29 . Generaloberst von p r ittw itz und G a ffron in B e r lin im A lte r von 67 Jahren gestorben. „ 29 . Annahme der Kriegsstener im Reichstag in d ritte r Lesung gegen die Stim m en der Sozialdemokraten und der Polen. >, 2 t. I n M arburg starb der Serumsorscher w ir k l. Geh. R a t Professor O r. E m il von Behring, 63 Jah re alt. „ 3 t- Übergang der dänisch-westindischen In s e ln an die vere in ig ten Staaten von Amerika. A p r il 7. E in E rlaß des Kaisers kündigt die E in füh rung des unm itte l­ baren und geheimen Stimmrechts fü r die W ahlen zum preußi­ schen Abgeordnetenhaus und eine Reform der Zusammensetzung des Herrenhauses an. „ t?. I n München starb K a rd in a l von B e ttin g e r, Erzbischof von Mllnchen-Freising, im A lte r von 66 Jahren . t 2 . I n Warschau starb O r. Ludw ig Zam enhof, E rfinder der W e lt­ sprache „Esperanto", im A lte r von 57 Jahren. „ t 6 . I n B e rlin wurde in einem T e il der M un itionsfabriken von den Arbeitern gestreikt. Am 19. richtete H iudenburg an General­ leutnant G röner, den Lhe f des Kriegsamtes, ein Schreiben, in dem u. a. gesagt wurde, „daß jede noch so unbedeutend erschei­ nende Arbeitseinstellung eine unverantwortliche Schwächung unserer Verteid igungskraft bedeutet" und sich „a ls eine unsühn» bare Schuld am Heer und besonders am M ann im Schützen­ graben, der dafür bluten müßte, darstcllt". G röner sandte den B r ie f Hindenbnrgs m it einem Begleitschreiben au die Gewerk­ schaften Deutschlands. A m 26. antworteten die Gewerkschaften m it dem Dank fü r die Übersendung des Brie fes Hindenburgs und schrieben, daß „n u r ein herzloser und gewissenloser Mensch" dazu raten könnte, den kämpfenden Volksgenossen „die erforder­ lichen Verteidigungsm ittel z» versagen". I n dem Schreiben wurde auf die G ründe hingewiesen, die nach der Ansicht der — § 3 8 — Gewerkschaften die Arbeitseinstellung zwar nicht entschuldigten, aber doch einigermaßen erklärten. Nach einige» Tagen wurde die A rbe it allgemein wieder ausgenommen. A p r il t8 . I n Konstanz Gedenkfeier zur 500 . Wiederkehr des Tages der Belehnung des Hohenzollcrn Friedrich, Burggrafen von N ü rn ­ berg, m it der M ark Brandenburg. „ ;8 . I n Brüssel starb Generaloberst F re iherr von Bissing, General- gouverueur von Belgien, im A lte r von 73 Jahren. Z u seinem Nachfolger wurde am 23 . Generaloberst Freiherr von Falken- hauseu ernannt. „ tg . schweres Eisenbahnunglück bei A ugsburg ; 2H Tote. „ Der L u ndesra t tra t dem Beschluß des Reichstages auf A u f. Hebung des Iesuitengesetzes sowie auf Beseitigung des K ;2 des Reichsvereinsgesehes (Sprachenparagraph) bei. „ 20 . Rücktritt des spanischen M in isterium s Romauones. G arcia p rie to wurde m it der Neubildung des Kabinetts beauftragt. „ 22 . I n Berlin starb wirkl. Geh. Gberhofbaurat von Ihne, so Jahre alt. „ 23. Der türkische Großwesir Talaat Pascha in Berlin. „ 2 q. I n B e r lin starb der Lustspieldichter G skar B lum entha l, SH Ja h re alt. „ 25 . I n F ü rth schweres Explosionsunglück; Tote. M a i z. I n M annheim G ründung einer Vereinigung südwestdeutscher Handelskammern. „ 5. Neue Straßenkämxfe in Petersburg. „ tq . Rücktritt des russischen Kriegsmiuisters Gutschow. „ ;5 . Rede des Reichskanzlers im Reichstag zu den In te rpe lla tionen über die Kriegsziele. „ ;5 . I n Leipzig starb der Kirchcnrechtslehrcr Geh. R at v . O r. Rudolf Sohm im A lte r von 75 Jahren . „ ;s . Vertagung des Reichstags bis 5. J u li. „ ;s . Rücktritt des russischen Auslandsm inisters M ilju kow . Umbildung der vorläufigen Regierung durch E in tr it t radikaler M inister. Kerenski wurde Kriegsminister, Tereschtschenko M in ister des Ausw ärtigen. „ <7. G ra f Lzernin im deutschen Großen Hauptquartier. „ Z7. I n Nizza starb pu tn ik , der ehemalige Gberbesehlshaber des serbischen Heeres. ,, ld - I n M ü llhe im starb im A lte r von 63 Jahren v r . Ernst Blanken- Horn, M itg lie d der Zw eiten badischen Kam mer von Z887 bis tyog, M itg lied des Reichstags von ;887 bis t8go und ;8yz bis zu seinem Tode. ,, 23, Das ungarische M in isterium T isza tra t zurück. — §39 — M a i z o . E r s te r Z u s a m m e n t r i t t d es österre ich ischen R e ic h s r a te s s e it dem K r ie g e ; a m 2 ; . T h r o n r e d e des K a is e r s K a r l . — I n a l le n B e z ir k e n W i e n s so z ia ld e m o k ra tis c h e M a s s e n v e r s a m m lu n g e n , d ie sich zu e in e r e in h e it l ic h e n F r ie d e n s d e m o n s tr a t io n g e s ta lte te n . J u n i 5 . E r ö f f n u n g des e ls a ß -lo th r in g is c h e n L a n d t a g s . B e i m S c h lu ß d e r T a g u n g e in B e k e n n t n is des P r ä s id e n te n d e r E r s te n u n d des P r ä s id e n te n d e r Z w e i t e n K a m m e r , d a ß d ie R e ic h s la n d e n deutsch se ien u n d deutsch b le ib e n w o l l t e n . ,, r . D e r b u lg a r is c h e M in is te r p r ä s id e n t R a d o s la w o w in B e r l i n . „ 8. G ra f Moritz Esterhazy wurde zum ungarischen Ministerpräsi­ denten ernannt. „ n . D e r K ö n ig v o n B u l g a r i e n b e g a b sich in B e g le i t u n g des K r o n ­ p r in z e n B o r i s , des P r in z e n L y r i l l u n d des M in is te r p r ä s id e n te n in d a s G r o ß e H a u p t q u a r t ie r z u m B es u ch e K a is e r W i lh e lm s . I n , H a u p t q u a r t ie r t r a f auch d e r R e ic h s k a n z le r u n d d e r S t a a t s ­ s e k re tä r d e s A u s w ä r t ig e n e in . „ z z . R ü c k t r i t t des sp an isch en M i n is t e r iu m s G a r c i a p r i e t o ; D a t o b ild e t e in n e u e s K a b i n e t t . „ Z 2 . K ö n ig K o n s ta n t in v o n G r ie c h e n la n d w u r d e v o n d e r E n t e n t e z u r A b d a n k u n g g e z w u n g e n ; e r v e r lä ß t m i t d e m T h r o n f o lg e r d a s L a n d . K o n s ta n t in s z w e it e r S o h n A le x a n d e r w u r d e K ö n ig . A m 2 5 . t r a t d a s M i n is t e r iu m Z a i m i s z u rü ck , w o r a u f v e n is e lo s a m 2 S. M in is te r p r ä s id e n t w u r d e . „ i q . E r ö f f n u n g e in e r hessischen K u n s ta u s s te l lu n g in D a r m s ta d t . „ I n L u z e r n K u n d g e b u n g e n g e g e n K ö n ig K o n s ta n t in v o n G r ie c h e n la n d ; cs k a m zu T ä t l ic h k e ite n g e g e n d e n K ö n ig . „ 2 0 . I m en g lisc h e n U n t e r h a u s A n n a h m e des p o lit is c h e n F r a u e n s t im m ­ rec h ts m i t 585 g e g e n H5 S t im m e n . „ 2 2 . R ü c k t r i t t des österreich ischen M i n is t e r iu m s L l a m - M a r t i n i t z . A m 2-z. b ild e te R i t t e r v o n S e id le r e in n e u e s M i n is t e r iu m . „ 2 q . T a g u n g des V e r b a n d e s b a d isc h er G r u n d - u n d H a u s b e s itz e rv e re in e in E t t l in g e n . „ 2 7 . D e r N a t io n a lö k o n o m w i r k l . G e h . R a t v r . G u s t a v v o n S c h m o lle r , P ro fe s s o r a n d e r U n iv e r s i t ä t B e r l i n , im B a d H a r z b u r g im 7 9 . L e b e n s ja h r e g e s to rb e n . „ 2 8 . I n S e r a je w o E n t h ü l lu n g des S ü h n e d e n k m a ls u n d d e r G e ­ d ä c h tn is ta fe l z u m A n d e n k e n a u d e n daselb st a m 2 8 . J u n i Z I i q e rm o rd e te n ö s te rre ic h isc h .u n g a ris c h en T h r o n f o lg e r F r a n z F e r d in a n d u n d se ine G e m a h l in . „ 3 0 . D a s österreichische K a is e r p a a r z u m B es u ch des b a y e r is c h e n H o fe s in M ü n c h e n . J u l i D a s österreichische K a is e r p a a r z u m B es u ch e des w ü r t t e m b e r g i - schen H o fe s in S t u t t g a r t , J u l i 2 . H in d e n b u r g u n d L u d e n d o r f f im ö s terre ic h isc h -u n g a risch en H a u p t ­ q u a r t ie r . „ 2 . D e r ju g e n d lic h e M a n d s c h u k a is e r v e rk ü n d e te se in e T h ro n b e s te i­ g u n g . T r d a n k te a b e r a m 7 . w ie d e r a b . D a m i t w a r d ie W ie d e r h e rs te l lu n g d e r M o n a r c h ie in L h i n a g esch e itert. „ 3 . D ie d e u tsch -en g lisch e K o n f e r e n z im H a a g g e la n g te in d en w e s e n tlic h e n P u n k t e n z u e in e r Ü b e r e in s t im m u n g in d e r G e f a n ­ g e n e n fü rs o rg e . D ie n ie d e r lä n d is c h e R e g ie r u n g e r k lä r te sich b e re it , b is z u z s o o o Z i v i l - u n d K r ie g s g e fa n g e n e in H o l la n d a u fz u ­ n e h m e n . D ie deutsche u n d d ie en g lische R e g ie r u n g g e n e h m ig te n a m 2 5 . d ie V e r e in b a r u n g e n d e r K o n fe r e n z . „ 5 . I n B e r l i n s ta rb im A l t e r v o n 77 J a h r e n d e r N e r v e n a r z t G e h . M e d i z i n a l r a t O r . E n le n b u r g . „ 5 . W ie d c r z u s a m m e n t r i t t des R e ic h s ta g e s . „ s . D a s deutsche K a is e r p a a r z u m B e s u c h e des österreichischen H o fe s in W ie n . „ 7 . D r e iß i g jä h r ig e s R e g i e r u n g s jn b i lä u m des K ö n ig s F e r d in a n d v o n B u lg a r ie n . „ 9 . I n M ü n c h e n s ta rb im A l t e r v o n 72 J a h r e n G e n e r a l d e r A r - t i l l e r ie F r e i h e r r v o n w ie d e n m a u n , G e n e r a la d ju t a n t K ö n ig L u d w i g s , e h e d e m F r e u n d u n d B e r a t e r des P r in z r e g e n te n L u itp o ld . „ l l - E r l a ß des K a is e r s a n d e n p reu ß isc h en M in is te r p r ä s id e n te n , daß in E r g ä n z u n g d e s E r la s s e s v o m 7 . A p r i l de r a u s z u a rb e ite n d e G e s e tz e n tw u r f ü b e r d ie R e f o r m des p o litisc h en W a h lr e c h ts in P r e u ß e n a u f d e r G r u n d la g e des g le ic h e » W a h lr e c h ts a u fz u ­ s te lle n sei. ., n . D e r D eu ts ch e K r o n p r in z in B e r l i n ; e r e m p fä n g t a m >2 . d ie P a r t e i f ü h r e r des R e ic h s ta g s . „ zq . D e r R e ic h s k a n z le r v e r ö f fe n t lic h te , d a ß d e r K a is e r d ie nachgesuchte E n t la s s u n g B e t h m a n n H o l lw e g s g e n e h m ig t u n d d e n U n t e r - s ta a ts s e k re tä r W ir k l ic h e n G e h e im r a t v r . M ic h a e l is z u m R e ic h s ­ k a n z le r u n d p re u ß is c h e n M in is te r p r ä s id e n te n e r n a n n t h a b e . D e r n e u e R e ic h s k a n z le r s te llte sich a m 19 . d e m R e ic h s ta g e v o r . A u d e m s e lb e n T a g e n a h m d e r R e ic h s ta g e in e E n ts c h lie ß u n g , d ie e in e n F r ie d e n m i t e r z w u n g e n e r G e b ie t s e r w e i t e r u n g v e r w a r f u n d e in e n v e r s tä n d ig n n g s f r ie d e n e rs tre b te , m i t 2Z-Z g e g e n zs S t im m e n a n . E r g e n e h m ig te s o d a n n w e ite re 15 M i l l i a r d e n K r ie g s k r e d i te u n d v e r ta g te sich b is z u m 2 S. S e p te m b e r . „ lq . H in d e n b u r g u n d L u d e n d v r f f in B e r l i n . S ie b e sp rach en sich m it d e n P a r t e i f ü h r e r n des R e ic h s ta g e s . A m zs . s ta tte te ih n e n d a s R e ic h s ta g s p r ä s id iu m e in e n B es u ch a b . A m A b e n d des z s . v e r ­ l ie ß e n sie B e r l i n w ie d e r . „ Z6 . T ü rk is c h e T a g e s s c h r if ts te lle r in B e r l in . — - m — J u l i i s . A n S te l le d es M in is t e r s B e y e n s w u r d e d a s belg ische A u s l a n d s - M in is te r iu m d e m M in is te r p r ä s id e n te n B r o q u e v i l le ü b e r t r a g e n . „ 1? . D e r K ö n ig v o n E n g la n d n a h m f ü r sich u n d se in e F a m i l i e den N a m e n „ M in d s o r " a n . A u c h d ie ü b r ig e n M i t g l ie d e r des K ö n ig s h a u s e s le g te n d ie B e z e ic h n u n g e n , d ie a n ih r e deutsche A b k u n f t e r in n e r n , w ie H e rz o g e v o n S a c h s e n , ab u n d n a h m e n en g lisc h e N a m e n a n . „ 2 t - F ü r s t H u g o R a d o l in - R a d o l in s k i , f r ü h e r deutsch er B o ts c h a fte r in K o u s ta u t in o p e l, in P e t e r s b u r g u n d in P a r i s , a u f se in em Schlosse Ia r o t s c h in im A l t e r v o n 7 7 J a h r e n g e sto rb en . „ 2 1 . F ü r s t L w o w t r a t z u rü c k ; a n s e in e r S t e l le w u r d e K e r e u s k y russischer M in is te r p r ä s id e n t . „ 2 4 . I n B a d e n - B a d e n s ta rb d e r R e ic h s ta g s a b g e o rd n e te E r n s t B a s s e r - m a n n , F ü h r e r d e r n a t io n a l l ib e r a le n P a r t e i , z w e i T a g e v o r V o l le n d u n g se in es 6 2 . L e b e n s ja h r e s . D ie B e s ta t tu n g d e s v e r ­ s to rb e n e n fa n d a m 2 7 . in M a n n h e i m sta tt. „ 2 7 . B e g i n n d e r M in is te r k o n fe r e n z d e r E n t e n t e in P a r i s . A u g u s t 1. R e ic h s k a n z le r v r . M ic h a e l is in M e n . „ 1. N o t e des P a p s te s a n a l le V ö lk e r , e in e n v e r s ö h n u n g s s r ie d e n zu sch ließen . „ -z. K r ie g s g e d c n k fe ie r in d e r W a n d e lh a l le d e s R e ic h s ta g s . A n ­ sp rach en h ie lte n d e r R e ic h s ta g s p r ä s id c u t v r . K e m p f , d e r L h e f des s te llv e r tre te n d e n G e n e r a ls ta b s G e n e r a l le u t n a n t F r e i h e r r v o n F r e y t a g - L o r in g h o v e u , d e r B e r l in e r « O b e rb ü rg e rm e is te r M e r ­ m u th , V e r t r e t e r v e rsch ie d e n er L e r u fs k r e is e u n d d e r R e ic h s k a n z le r v r . M ic h a e l is . T e le g r a m m a n d e n K a is e r m i t d e r V e rs ic h e ru n g u n e rs c h ü tte r lic h e n Z u s a m m e n s te h e n s b is z u e in e m F r e i h e i t u n d S ic h e rh e it des deutschen V o lk e s v e r b ü r g e n d e n F r ie d e n . „ 5 . R ü c k t r i t t d e r p re u ß is c h en M in is t e r v r . B e s e le r , v . v r . v o n T r o t t zu S o lz , v r . F r e i h e r r v o n S c h o r le m e r , v r . L e u tze u n d v o n L o e b e l l ; fe r n e r d e r S ta a ts s e k r e tä r e K r ä t k e , v r . L is c o u n d J i m i n e r m a n n , d e s P r ä s id e n te n des K r ie g r e r n ä h r u n g s a m t e s v o n B a to c k i u n d des U n te r s ta a ts s e k r e tä rs v r . R ic h te r . S ta a ts s e k r e tä r v r . H e lf fe r ic h w u r d e v o n d e r L e i tu n g des R e ic h s a m ts des I n n e r n e n th o b e n , b lie b a b e r S t e l lv e r t r e t e r des R e ic h s k a n z le rs u n d M i t g l i e d des S t a a t s m iu is t e r iu m s . — P re u ß is c h e r Iu s t iz m in is t e r w u r d e G b e r - la n d e s g e r ic h ts p rä s id e u t v r . S p a h n ; K u l t u s m in is t e r M i n i s t e r i a l ­ d ire k to r v r . S c h m id t ; L a n d w ir ts c h a f ts m iu is te r L a n d e s h a u p t m a n n v o n E is e n h a r t - R o t h e ; F in a n z in in is t e r R e g ie r u n g s p r ä s id e n t H e r g t ; M i n is t e r des I n n e r n U n te r s ta a ts s e k r e tä r v r . V r e w s . S t a a t s ­ se k re tä r des R e ic h s x o s ta m ts w u r d e d e r E is e n b a h n d ir e k t io n s ­ p rä s id e n t R ü d l i n ; des R e ic h s ju f t iz a m ts G e h . I u s t i z r a t v r . v o n K r a u s e ; d e s A u s w ä r t ig e n A m t s B o ts c h a fte r v o n K ü h le m a n n . A n d ie S p itz e des R e ic h s a m ts d es I n n e r n t r a t w a l l r a f , b is h e r - ^ 2 - Gberbürgermeister von Köln, an die Spitze des vom Reichsamt des In n e rn ausgeschiedencn und neu geschaffenen Reichswirt­ schaftsamtes trat v r . Schwandcr, bisher Bürgermeister von Straßburg. Am 7 . August wurde Gberverwaltungsgerichtsrat Schiffer zur Leitung der dritten Abteilung des Reichsschatzamts berufen. A u g u s t 6 . A n lä ß l ic h d es S ie g e s z u g e s d e r v e r b ü n d e te n T r u p p e n in G a l iz ie n u n d d e r B u k o w in a T e le g ra m m w c c h s e l zw isch en H in d e n b u r g u n d d e m b u lg a r is c h e n G e n e r a l le u t n a n t S c h e k o w . „ 6 . I m K u r h a u s S a n d s ta rb im A l t e r v o n 8 l J a h r e n G e h . K o m ­ m e r z ie n r a t V t t o S toesser v o n L a h r , eh e d em la n g jä h r ig e s M i t - g lie d d e r G e m e in d e v e r w a l t u n g in L a h r u n d " P r ä s id e n t d er d o r t ig e n H a n d e ls k a m m e r . „ 8. Konferenz der Vertreter der Vierverbandsmächte in London. „ D e r ö s te rre ic h is c h -u n g a risch e M i n is t e r d e s A u s w ä r t ig e n G r a f L z e r n in in B e r l i n . „ t6. Generalmajor Scheuch an Stelle von Generalleutnant Gröner Lhef des Kriegsamtes. „ t k . B u lg a r is c h e P re s s e v e r tre te r in B e r l i n . ,, ly- I n der Nacht zum ly- brannte die ganze Altstadt von Saloniki nieder. „ 2 0 . A le x a n d e r U le k e r le a n S t e l le des G r a f e n E s te r h a z y z u m u n g a ­ rischen M in is te r p r ä s id e n te n e r n a n n t . „ 2 0 . K a is e r W i l h e l m in H a m b u r g . „ 2 0 . D e r L h e m ik e r P ro fe s s o r A d o l f v o n B a e y e r im 8 2 . L e b e n s ­ j a h r e in S t a r n b e r g g e s to rb en . „ 2 0 . I n B e r l i n s ta rb im A l t e r v o n 5g J a h r e n R o b e r t v o n M e n d e ls ­ s o h n , S e n io rc h e f des B a n k h a u s e s M e n d e ls s o h n L T ie . „ 2 t . G r a f B e r n s to r f f a n K ü h lm a n u s S te l le deutsch er B o ts c h a fte r in K o n s ta n t in o p e l. „ 2 2 . S ta a ts s e k r e tä r v o n K ü h lm a n n s te llt sich d em H a u p ta u s s c h u ß d es R e ic h s ta g s v o r . E r b eze ich n e te a ls R ic h tp u n k t s e in e r G e ­ s c h ä fts fü h r u n g , d a ß d ie deutsche P o l i t i k a u s M a c h t u n d R e c h t z u g r ü n d e n sei, u m D a u e r n d e s z u schaffen . „ 2 2 . I n B a d e n s ta rb v r. m e ä . e t O r . m e ä . v e t . G e h . V b e r r e g ie - r u n g s r a t A u g u s t L y d t in im 8 H. L e b e n s ja h r e , M i t g l ie d des R e ic h s g e s u n d h e its a m te s , t . E h r e n p r ä s id e n t dos D e u ts c h e n V e t e r i ­ n ä r r a t e s , E h r e n m it g l ie d la n d w ir ts c h a f t l ic h e r u n d t ie rä r z t l ic h e r V e r e in e . „ 2 5 . E r ö f f n u n g d e r v o n d e r v o r lä u f ig e » russischen R e g ie r u n g b e ru fe n e n S ta a ts k o n fe r e n z in M o s k a u . S c h lu ß d e r K o n fe r e n z a m 2 0 . d u rc h K e r e n s k i . D e r R e d n e r g a b selbst z u , d a ß d ieselbe ke ine p ra k tis c h e n E r f o lg e g e h a b t h a b e , - ^ 3 — A u g u s t 2 K. A u s d e m Z e u g e n v e r h ö r in d e m P r o z e ß g e g e u d e n e h e m a lig e n russischen K r ie g s m in is tc r S u c h o m lin o w g in g h e r v o r , d a ß d ie M a c h th a b e r in d e n k ritisch e n T a g e n E n d e J u l i t d l H d e n Z a r e n b e w u ß t g e täu sc h t h a t te n . A u ß e r d e m e rg a b sich a u s d e m P r o z e ß v o n n e u e m d ie S c h u ld R u ß la n d s u n d a n d e r e r u n s e re r F e in d e a n d e m A u s b ru c h des W e lt k r ie g s . „ 2 8 . I n M a n n h e i m sta rb im A l t e r v o n 72 J a h r e n d e r d o r t ig e G a le r ie d ir e k t o r H e r m a n n L ic h s e ld . E r s ta m m te a u s K a r ls r u h e , w u r d e a ls a k t iv e r (O f f iz ie r a n d e r L is a in e v e r w u n d e t . Z8 7 Z n a h m e r s e in e n A b sch ied u n d w id m e te sich d e r M a l e r e i . S e p te m b e r i . A n k u n f t v o n 5 -Z7 P e r s o n e n , d ie b is h e r in d e r S c h w e iz in t e r n ie r t w a r e n , in K o n s ta n z ( (O f f iz ie r e , S o ld a te n u n d Z iv i l is t e n ) . U n t e r d e n Z n rü c k g c k e h r te n au ch d ie (O ff iz ie re u n d M a n n s c h a f te n d e r K r e u z e r „ B lü c h e r " , „ G n e is e n a u " u n d „ L e ip z ig " . „ i . u . 2 . T a g u n g d e r w ir ts c h a f ts f r ie d l ic h e n A r b e i te r v e r b ä n d e in F r a n k f u r t a . M . „ 2 . I n K ö n ig s b e r g G r ü n d u n g d e r „ D e u ts c h e n v a t e r l a n d s x a r t e i " . „ z . D e r e h e m a lig e russische M in is te r p r ä s id e n t S t ü r m e r in P e t e r s b u r g im A l t e r v o n 77 J a h r e n g e s to rb en . „ q. R e ic h s k a n z le r v r . M ic h a e l is b e m e rk te ü b e r d e n S u c h o m lin o w - P r o z e ß in e in e r U n t e r r e d u n g u . a . , d a ß d ie A u s s a g e n des f r ü h e r e » russischen K r ie g s m in is t e r s u n d G e n e ra ls ta b s c h e fs g e e ig n e t se ien , d ie fe in d lic h e L e g e n d e v o n d e r deutsch en S c h u ld a m K r ie g e v o lle n d s zu ze rs tö re n , w e r d e n Z e i t p u n k t z u m K r ie g e g e w ä h l t h a b e , stehe je tz t u n w id e r r u f l ic h fest. N ic h t D e u ts c h la n d sei es g e w e s en , so n d e rn e in e M i l i t ä r p a k t e ! , d ie d e n russischen Z a r e n u m g e b e n u n d sich im B a n n e v o n F r a n k r e ic h u n d E n g la n d b e fu n d e n h a b e . „ s. I n B a d e n s ta rb G y m n a s ia ld ir e k t o r a . D . G e h . H o f r a t F r a n z X a v e r F r ü h e im A l t e r v o n g> J a h r e n . „ s. Städtctag der mittleren Städte Badens in Radolfzell. „ 5. Der bisherige (Oberpräsident von Waldow wurde zum preußi­ schen Staatsmiuister und zum Staatssekretär des Kriegsernäh- ruugsamts ernannt. „ s . G r a f L z e r n i» , d e r ö s te rre ic h isc h -u n g a ris ch e M i n is t e r d e s A u s ­ w ä r t ig e n , in B e r l i n . „ s. Geburt einer Tochter des Deutschen Krsnxrinzen. „ 7 . Rücktritt des französischen Ministeriums Ribot. Am ( Z . bildete painleve ein neues Kabinett, in dem Ribot Minister des Aus­ wärtigen wurde. „ 8 . I n R u ß la n d le h n te sich G e n e r a l K o r n i l o w g e g e n d ie R e g ie r u n g K e r e n s k i j a u f . D e r G e n e r a l v e r la n g te , d a ß ih m d ie g e s a m te Z i v i l - u n d M i l i t ä r g e w a l t ü b e rg e b e n w e r d e . K e r e n s k i j e r k lä r te K o r n i lo w f ü r abgesetzt u n d e r n a n n te K le m b o w s k y z u m G e n ? - — — r a l is s im u s . K o r n i l o w rü ck te g e g e n P e t e r s b u r g . A m ( 2 . ze ig te es sich, d a ß d a s U n te r n e h m e n K o r n i lo w s m iß g lü c k t ist. A m ( 7 . E r k l ä r u n g d e r R e p u b l ik in R u ß la n d . U m b i ld u n g des M in is t e r iu m s . K e r e n s k i j b lie b a n d e r S p itz e u n d Tereschtschenko M i n is t e r des A u s w ä r t ig e n . S e p te m b e r t t - K ö n ig i n E le o n o r e v o n B u l g a r i e n in S o f ia g e s to rb e n im A l t e r v o n 5 7 . J a h r e n . „ ( 2 . E in s e tz u n g e in e s R e g e n ts c h a fts ra te s in P o le n . „ ( 2 . H e r m a n n F is ch e r, B ü r g e r m e is te r a D . u n d E h r e n b ü r g e r vo n D o n a u e s c h in g e n , im A l t e r v o n 70 J a h r e n daselbst gesto rb en . „ l y . Z u s t im m e n d e s A n tw o r ts c h re ib e n d e r deutsch en R e g ie r u n g a u f d ie F r ie d e n s u o te des P a p s te s . A m 2 0 . d a s se lb e v o n se iten des K a is e r s K a r l v o n (Ö sterre ich . „ 2 ( . f f . K a is e r W i l h e l m in R u m ä n ie n , a m 2 5 . in S ie b e n b ü rg e n - A m 2 0 . a u f d e r R ü c k re is e Z u s a m m e n t r e f fe n m i t K a is e r K a r l . „ 2 H. L a n d e s v e r s a m m lu n g des B a d is c h e n F r a u e u v e r e in s in H e id e lb e rg . „ 2 6 . W ie d e r z u s a m m e n t r i t t des R e ic h s ta g s . „ 2 6 . V e r u r t e i lu n g dos e h e m a lig e n russischen K r ie g s m in is te r s S u c h o m - l in o w w e g e n H o c h v e r r a ts , V e r t r a u e n s m iß b r a u c h s u n d B e t r u g s z u le b e n s lä n g l ic h e m Z u c h th a u s . G k t o b e r 1. A n t w o r t d e s S u l t a n s a u f d ie F r ie d e n s u o te des P a p s te s . „ 2 . H in d e n b u r g s 70 . G e b u r t s t a g . I m G r o ß e » H a u p tq u a r t ie r erschien d e r K a is e r in d e r W o h n u n g des G e n c r a lfe ld m a r s c h a lls u n d sp rach ih m a ls ers ter s e in e G lü c k w ü n s c h e a u s ; e r schenkte ih m e in e M a r m o r b ü s te u n d s te llte ih n L la s u ite des o ld e n b u rg is ch e n I n f a n t e r i e - R e g i m e n t s N r . 9 ; . v o r d e m G e n e ra ls ta b s g e b ä u d e e m p f in g G e n e r a l L u d e n d o r f f a n d e r S p itz e d e r G e u e ra ls ta b s - o f f iz ie re d e n F e ld m a rs c h a ll, e n t w a r f in k u rz e n W o r t e n e in L e b e n s b ild d e ss e lb en a ls V e r k ö r p e r u n g d e r ru h m re ic h e n E n t ­ w ic k lu n g des p re u ß is c h e n u n d deutschen V a t e r la n d e s u n d b rach te im N a m e n d e s G c n e r a ls ta b s e in H u r r a au s den G e n e r a l f e ld ­ m a rs c h a ll a u s . H in d e u b u r g d a n k te . E r sch ritt d a ra u s d ie F r o n t d e r v o r d e m G e n e ra ls ta b s g e b ä u d e a u s g es te llten K r ie g e r ­ v e r e in e u n d a n d e r e r K ö rp e rs c h a fte n a b . D ie B e g lü c k w ü n s c h u n g d e r M i l i t ä r b e v o l lm ä c h t ig t e n d e r V e r b ü n d e te n schloß sich a n . K a is e r K a r l l ie ß du rch se in en F lü g e la d ju t a u tc n e in H a n d s c h re ib e n ü b e r re ic h e n . D e r S u l t a n u n d d e r K ö n ig v o n B u lg a r ie n ü b e r ­ m i t te l t e n te le g ra p h is c h e G lü c k w ü n s c h e . D eu tsch e B u n d e s fü r s te n s a n d te n G lü c k w ü n s c h e . I m g a n z e n R e ic h e w u r d e d e r G e b u r t s t a g g e f e ie r t ; z a h lre ic h e S t ä d te e r n a n n te n H in d e u b u r g z u m E h r e n ­ b ü r g e r . A m 2 . V k t o b e r l ie ß d e r G c n e r a lfe ld m a r s c h a ll e in D a n k s c h re ib e n v e rö f fe n t lic h e n , in d e m es u . a . h ie ß : „ w i r h a b e n im ü b e r m ä c h t ig e n A n s tu r m u n s e re r G e g n e r m i t G o t t e s H i l f e durch deutsche K r a f t w id e rs ta n d e n , w e i l w i r e in i^ w a r e n , — 4 4 5 w e i l je d e r f r e u d ig a l le s g a b . S o m u ß es b le ib e n b is z u m le tz te n „ N u n d a n k e t a l le G o t t !" A u f b lu t ig e r W a h ls t a t t s o rg t n ic h t, w a s nach d e m K r ie g w e r d e n so ll I D a s b r in g t n u r M i ß m u t iu u n s e re R e ih e n u n d s tä rk t d ie H o f f n u n g u n s e re r F e in d e , v e r t r a u t , d a ß D e u ts c h la n d e rre ic h e n w i r d , w a s es b ra u c h t, u m f ü r a l le Z e i t gesichert d a zu s te h e n , v e r t r a u t , d a ß d e r deutschen E ic h e L u f t u n d L ic h t gesch a ffen w e r d e » w i r d z u f r e ie r E n t ­ f a l t u n g !" . . . . w i r sehen d a s Z i e l v o r u n s : e in D e u ts c h ­ la n d hoch iu E h r e n , f r e i u n d g r o ß ! G o t t w i r d au ch w e i t e r m i t u n s s e in ! " O k to b e r 5 . Z u s a m m e n t r i t t des russischen V o r p a r l a m e n t s . A m y . B i ld u n g e in e s K o a l i t io n s k a b in e t t s . D e r B e g i n n d e r V e r h a n d lu n g e n des V o r p a r la m e n t s w u r d e a u f d en 2 0 . ve rsch o b en . „ 6 . I n M o o s b e i B ü h l s ta rb v . K a r l R e in f r ie d , P f a r r e r in M o o s , k o rre s p o n d ie re n d e s M i t g l i e d d e r B a d is c h e n h is to risch en K o m ­ m iss io n , im 75 . L e b e n s ja h r e . „ 7 . I n M a n n h e i m sta rb G e h . K o m m e r z ie n r a t V ik t o r L e n e l, l a n g ­ jä h r ig e r P r ä s id e n t d e r d o r t ig e n H a n d e ls k a m m e r , S t i f t e r des V ik t o r - L e u e l - S t i f t s zu N e c k a r g e m ü n d , im s o . L e b e n s ja h r e . „ 8 . H e r m a n n S ie lc k e n , G r o ß k a u s m a u n u n d G u ts b e s itz e r , E h r e n ­ b ü r g e r d e r S t a d t B a d e n , S t i f t e r d e s W ö c h n e r in n e n a s y ls in B a d e n , S p e n d e r g ro ß e r S t i f t u n g e n f ü r K r ie g s w o h lfa h r ts z w e c k e , in B a d e n g e s to rb en im A l t e r v o n 70 J a h r e n . „ y. I m R e ic h s ta g D e b a t te ü b e r d ie F r ie d e n s p o l i t ik d e r R e ic h s ta g s ­ m e h r h e it . D a b e i e r k lä r te S t a a ts s e k r e tä r v o n K ü h l m a n n u . a . : w e n n F r a n k r e ic h d ie F r a g e a u f w e r f e , ob deutsche K o n z e s s io n e n in B e z u g a n s E ls a ß - L o t h r in g e n in B e t r a c h t k o m m e n k ö n n te n , so a n tw o r te te e r : N e i n , n ie m a ls I w i r k ä m p fe n n ic h t u m p h a n ta s tis c h e r E r o b e r u n g e n w i l le n , s o n d e rn u m d ie U n v e r s e h r t ­ h e it des deutschen V a t e r la n d e s . A m n . v e r ta g te sich d e r R e ic h s ta g b is z u m 5 . D e z e m b e r . „ t l> K a is e r W i l h e l m in S o f ia z u m B esu ch des K ö n ig s F e r d in a n d . A m 15 - t r a f d e r K a is e r in K o n s ta n t in o x e l z u m B es u ch des S u l t a n s e i» . A m 1 6 . u n t e r n a h m d e r K a is e r e in e n A u s f lu g nach d e m B o s p o r u s b is »a ch T h e r a p ia , w o e r d ie G r ä b e r des G e u c r a lfc ld m a r s c h a lls v o n d e r G o ltz u n d d e s F r e i h e r r n v o n w a n g e u h e i m besuchte. A m 17 . sch iffte sich d e r K a is e r a n B o r d d e r K a is e r ja c h t „ L r t h o g r u l " e in u n d f u h r , v o n K r ie g s s c h if fe n b e g le ite t , nach d e n D a r d a n e l le n . D e r S u l t a n e r n a n n te den K a is e r z u m M a r s c h a ll in d e r o s m a u is c h e u A r m e e . „ i i . I n S t u t t g a r t s ta rb H e r z o g P h i l i p p v o n W ü r t t e m b e r g , d e r V a t e r des A r m e e f ü h r e r s u n d n u n m e h r ig e n w ü r t te m b e rg is c h e n T h r o n f o lg e r s A lb re c h t , im A l t e r v o n 7 y J a h r e n . - - ^ 6 Oktober ;2. N itteilung am t?., daß v r. K arl Schweickert, bisher Bürger­ meister in Pforzheim, im Alter von HO Jahren im Felde ge­ fallen sei. „ 14- Tagung des Badischen Bancrnvereins in Bruchsal. „ »H.— td> Parteitag der Sozialdemokratie in lvürzburg. „ 22. Rücktritt Ribots, des französische» Ministers des Auswärtigen, an seine Stelle trat Barthou. „ 22. Kriegsminister von Stein in lvien. „ 22. Tagung des Vereins südwcstdeutscher Zeituugsverleger in Baden. „ 25. Geh. Oberregierungsrat Or. Julius Becker, Landeskommissär in Freiburg, daselbst im Alter von 6H Jahren gestorben. „ 26. Rücktritt des italienischen Ministeriums Boselli; am 20. bildete Orlando ein neues Kabinett, in dem neben anderen auch der bisherige Minister des Auswärtige», Sonnino, in seinem Amte verblieb. „ 27. Feierliche Einsetzung des polnischen Regentschaftsrates. „ 27. Rücktritt des spanischen Ministeriums Dato. „ 20. Tagung des Christlich-nationalen Arbeiter-Kongresses in Berlin. L in Huldigungsgruß an den Kaiser, von ihm selbst telegra­ phisch beantwortet. Lnde Oktober sandten anläßlich des Reformationsjubilänms reformierte Pfarrer und Hochschullehrer der Schweiz, etwa ;oo Personen, einen Gruß und Kundgebung „aufrichtig evangelischer Brudergesin- nnng" an die deutschen Protestanten. November Der Reichskanzler und preußische Ministerpräsident v r. Michaelis trat zurück. Am 2. wurde an seine Stelle G ra f Hertling, bis­ her bayerischer Ministerpräsident, ernannt. Zu dessen Nachfolger berief der König von Bayern den Staatsrat Otto von Dandl. „ 2. I n Mannheim fand unter Beteiligung sämtlicher badischer Handelskammern eine Präsidialkonferenz des Badischen Handels­ tages statt. „ 3. Tagung der südwestdeutschen Handelskammern in Mannheim. „ H . Neubildung des spanischen Ministeriums unter dem Präsidium Garcia prietos. „ H . Kaiser K arl verbot allen Angehörigen der bewaffneten Macht Österreich-Ungarns den Zweikampf und jedwede Teilnahme an einem Zweikampfe. „ H. I n Petersburg Eröffnung des allgemeinen Kongresses der A r­ beiter« und Soldatenräto ganz Rußlands. I n den nächsten Tagen kam es zur Krisis; Kampf zwischen den Räten und der Regierung Kerenskijs. Die Maximalisten siegten. An die Arbeiter- und Soldatenräte ging am 8. die Regierungsgewalt über. Kerenskij floh. Programm der neuen Regierung: So­ fortiger Vorschlag eines demokratischen Friedens. Übergabe des Bodens der Grundbesitzer an die Bauern. Demokratisierung der Armee. Kontrolle der Arbeiter über die Erzeugung der W aren in den Fabriken, Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung zu gegebener Zeit, Sicherung des Rechtes aller Nationalitäten Rußlands, über ihre Zukunft zu bestimmen. Der Arbeiter- und Soldatenrat in Petersburg setzte einen Regie« rungs-Ausschnß ein mit Lenin als Präsident und Trotzky als Minister des Auswärtigen. Bürgerkrieg in Rußland. Doch hält sich die Regierung Lenin-Trotzky. November s. I n Bremen starb Bürgermeister v r . Barkhausen, 6g Jahre alt. „ 8. I n Berlin starb Wirkl. Geh. Rat Professor Or. Adolf Wagner, Vertreter der Nationalökonomie an der dortige» Universität, im Alter von 82 Jahren. „ y. v r . Helfferich, Stellvertreter des Reichskanzlers, trat zurück. Z u seinem Nachfolger wurde am 12. der württembergische G e­ heimrat von Payer ernannt. „ y. Staatsminister v r . von Breitcnbach wurde seinem Ansuchen gemäß vom Amte eines Vizepräsidenten des preußischen Staats- Ministeriums entbunden. Zum Vizepräsidenten ernannte der Kaiser den Landtagsabgeordneten Professor a. D. v r. Robert Friedberg. „ zo. Kaiser K arl durch Bruch eines V eh rs am Isonzo in Lebens­ gefahr. „ (Z. Mitteilung, daß für England, Frankreich und Ita lie n ein ge­ meinsamer oberster Kriegsrat gebildet worden sei. „ 12. Rücktritt des französischen Ministeriums Painlevi. Am (6. bildete Llemenceau als Ministerpräsident und Kriegsminister ein neues Kabinett. Minister des Auswärtigen pichon. „ 15. Die Sozialisten bemächtigten sich durch Staatsstreich der Gewalt in Finnland. „ 1Z. I n Berlin starb der Knnstschriftsteller und Ästhetiker Professor v r . Brnno Meyer, 7 7 Jahre alt. „ 15. Tagung des katholischen Kirchensteuer-Parlamentes in Freiburg. „ 17. I n Varfield (England) starb S ir W illiam James Berschel, Erfinder der Daktyoskopie, im Alter von sq Jahren. „ 18. I n Heidelberg erste Mitgliederversammlung der Badischen G e­ sellschaft für soziale Hygiene. „ ly. Vsterreichisch-ungarische Tagesschriftsteller in Berlin. „ 20. Or. Schwander trat als Staatssekretär des Reichswirtschafts­ amtes zurück und übernahm wieder sein Amt als Bürgermeister von Straßburg. Z u seinem Nachfolger im Reichswirtschafts­ amt wurde Unterstaatssekretär Freiherr von Stein ernannt. — §48 — November 24. I n Freiburg Landesversammlung der „Badischen Heimat" des Vereins für Volkskunde, ländliche Wohlfahrtspflege, Heimatschutz und Denkmalspflege. „ 26. I n Dobersdorf (Holstein) starb in, Alter von 74 Jahren G raf Kuno zu Rantzau, früher Gesandter in München und im Haag, Schwiegersohn des Reichskanzlers Fürsten Bismarck. „ 2g. Zusammenkunft der Könige von Schweden und Dänemark mit dem König von Norwegen in Lhristiania. „ 2g. Der Reichskanzler teilte im Reichstag mit, daß die russische Regierung an die Regierungen und die Völker der kriegfüh­ renden Länder ein Funkentelegramm gerichtet habe, in dem sie sich zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen allgemeinen Frieden bereit erkläre. Die deutsche Regierung sei bereit, in solche Verhandlungen einzutreten. Den gleichen Be­ scheid erteilte die österreichisch-ungarische Regierung. — I n derselben Sitzung des Reichstags stellte sich der Reichskanzler vor und entwickelte sei» Programm. „ 2g. Die russische Regierung begann mit der Veröffentlichung aus den Geheimakten des Attslandsministeriums über Verhandlungen und Kriegsziele des Vierverbandes. „ so. Rudolf Nosse in Berlin stellte der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg zoo ooo Mk. für eine Theodor-Mommsen- Stiftung zur Verfügung. Dezember 2. I n Florenz starb in, Alter von go Jahren Pasguale v illari, einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber des heutigen Ita lien , ein aufrichtiger Verehrer deutschen Geisteslebens. ,, 4- I n der Nacht zum -z. Eisenbahnunglück zwischen Bahnhof Ahlen und Hamm. 25 Fahrgäste des In g es , darunter 8 deutsche Landsturmlente, und z Zugbeamter wurden getötet und 45 Personen verletzt. „ 4. I n Berlin starb im Alter von 60 Jahren der Reichstagsabge­ ordnete Arthur Stadthagen, einer der Führer der Unabhängi­ gen Sozialdemokratie. „ s. Hindenburg und Ludendorff zur Besprechung mit dem Reichs­ kanzler in Berlin. „ 7. I n Mannheim starb im 8 z. Lebensjahre Kommerzienrat August Im hoff, Mitglied des Kreisausschusses, Handelsrichter, früher auch Mitglied der Handelskammer in Mannheim, Bezirksrat und Stadtverordneter daselbst. „ 8. Durch Explosion geriet ein Teil der Stadt Halifax (Kanada) in Brand. Mehr als zovoo Menschen wurden als verunglückt gemeldet, 25 ooo seien obdachlos. „ A. Revolution in Lissabon. Der Präsident der Republik Portugal dankte ab. — 4 4 9 — Dezember 40. Finnland erklärte sich unabhängig. „ 42. Anklage gegen den ehemaligen französischen Minister Laillaur wegen Gefährdung der Sicherheit des Staates. „ 48. Freigabe der aus Tabora (Deutsch.Gstafrika) durch den Kongo nach Frankreich verschleppten und dort internierten Reichs­ deutschen, darunter etwa 450 Frauen und Kinder. Die deutsche Regierung hat daraufhin die seinerzeit zur Vergeltung in Holz- miuden internierten angesehenen Belgier sowie eine Anzahl belgischer Frauen und Kinder, die in Deutschland interniert waren, entlassen. „ 48. Der badische Evangelische Gberkirchenrat beantwortete den Gruß, den Pfarrer und Hochschullehrer der deutschen Schweiz anläßlich des Reformationsfestes an die deutschen Protestanten gesandt hatten. „ 49. Ernennung des Generalobersten von Eichhorn zum General­ feldmarschall. „ 49. Die ukrainische Rada erklärte die Ukraine zu einer demokrati­ schen Republik. „ 49. Der „Volksbund für Freiheit und Vaterland", der im Dezember gegründet wurde, trat mit einem Aufruf an die (Öffentlichkeit. „ 24. Der osmanische Thronfolger Prinz w ahid Eddin Effendi be­ suchte auf Einladung Kaiser Wilhelms Teile der deutsche» Westfront. Rach der Rückkehr von da besuchte der Prinz die Hohköuigsbnrg. „ 27. I n Heidelberg starb Geh. Medizinalrat O r. K arl Mittermaier, 9-4 Jahre alt. „ äz. Ernennung des Generalobersten Moyrsch zum Generalfeldmar- schall. „ zz. Neujahrswunsch Kaiser Wilhelms an Heer und Flotte. Die Schlußworte lauten: „ Im vertrauen auf unsere gerechte Sache und unsere K raft sehen w ir mit fester Zuversicht und stähler­ nem w illen auf das Ja h r 4943. Darum vorwärts mit Gott zu neuen Taten und zu neuen Siegen!" Lg — §50 — V e l la g e l . Schülerzahl Karlsruher Schulett. Schuljahr I. Städtische Schulen. 1915,16-, 1916/17-) l. Goetheschule......................................................... 671 688 2 . Humboldtschule................................................... 425 H 3 . G berrea lschu le ................................................... 468 491 °) -1- Realschule............................................................... 391 394 ') ö. Lessingschule........................................................ 630 609°) 6 . Fichteschule......................................................... 857 837 «) 7. Dem Rektorat unterstellte Schule»: a. Erweiterte Knabenschule............................ . 6 448 6 315 b. Erweiterte M ädchenschule....................... . 7 352 7 113 c. Hilfsschule für K n a b e n ............................ 139 137 6 . Hilfsschule für M ädchen ............................ 128 140 e . Knabenvorschnle............................................. . 1126 1062 k. Bürgerschule................................................... 776 754 ß. Töchterschule................................................... . 1585 1 659 ') Ii. Knabenfortbildungsschule. . . . . 800 771 l . Mädchenfortbildungsschule....................... 734 792 lc. Sophienschule................................................... 222 175 Zusammen s . — lc. . . 19 310 18 918 Die Zahlen beziehen sich, wenn nichts anderes bemerkt ist, auf den Stand am Schlüsse Ses Schuljahres. 2) Stand am l6 . Juni l9 l? - 2) Stand am l- ^u li ^9l?. Stand am l6 . Juni l9 l? . ö) Stand auf l- I^"li l9 l^ . !?on den 60st Schülerinnen besuchten l l8 das IKädchengz'tU- Nasium ( l9 l6 /l6 : l lö ) . °) Stand am l. Ju li l9 l^ - Davon besuchten 73 (l9 l6 /s6 : -40) die Selekta der Töchterschule. — — Schuljahr I I . S taatliche Schule». 1915/16 1916/17 8. Akademie der bildenden K ü n s t e 32 29 y. Laugewerkeschule........................................................ — 60 ') 10. G y m n a s iu m .................................................................. 526 496 11. Kunstgewerbeschule 101 103 12. Lehrerseminar I 93 56 12. Lehrerseminar I I 42 49 1-1. Übuugsschule des Lehrerseminars I . . . . 121 130 15. Übungsschule des Lehrerseminars I I . . . . 142 146 IS. L eh reriunenscm inar 90 91 III. Schule» des Ladische» Fraueiwerems. 17. Frauenarbeitsschule................................................... 1 709 H 1 606") 18. Haushaltuugsschule des Friedrichsstiftes . . 22 20 ly . Haushaltungsschule (Herren-Straße 3y) . . . 59 58 20. Industriekurse zur Ausbildung von Handarbeits- lehrcrinnen: a. au Volksschulen 122 75 b. an höheren INadchenschuleu . . . . 28 18 21- Schule für Kunststickerei........................................ 45 53^) 22. Seminar zur Ausbildung von Haushaltuugs- le h re r iu n c n 24 24 22. Handelsschule 27 39 IV . jÜrwatschule». 2-z. Konservatorium für l l lu s ik .................................. 764 H 904 H 25. Klunzschcs Konservatorium .................................. 538 797 2S. M aleriuueuschu le ................................................... 14 16 27. vorbereitungsschule von A. F ech t..................... 80 153 28. Pädagogium (Schmidt und Iviehl) . . . . 82 110 2Y. viktoriaschule.............................................................. 241 273 20. v ik to riap en s io u a t 57 59 i) Bei Beginn des Wintersemesters 1916/17. >1 Darunter 1916/1? 669 eigentliche Schüler (1915/16 625, 201 (112) Gäste und 55 (27) Rinder. * — §52 — V. Übersicht über den Besuch der Technischen Hochschule im Studienjahr l9 l6 /s7 . Wintersemester ld lS /t7 Sommersemester 19l7 L>r- dentl. ard̂ ntl. ganzen Br- dentl. or^N, ganzen Allgemeine A bte ilung ............................. 26 29 33 33 Abteilung für Architektur . . . . 102 25 127 100 24 124 Abteilung für Ingeuienrwcsen. . . 198 10 208 204 12 216 Abteilung für Maschinenwesen. . . 227 33 260 236 38 274 Abteilung für Elektrotechnik . . . 93 11 104 87 10 97 Abteilung für Lkeinie............................. 125 6 131 128 4 132 Abteilung für Forstwesen . . . . 15 1 16 18 — 18 789 86 875 806 88 894 G ä s te .............................................. — — 92 — — 57 Davon sind beurlaubt, weil in Felde stebend................................................... 668 79 967 747 708 81 951 789 M ith in haben an den Vorlesungen teilgenoinnien........................................ 121 7 220 98 7 162 I m Wintersemester befanden sich unter den immatrikulierten Studierenden 9 Damen und zwar je 2 in der Allgemeinen Abtei­ lung und in der Abteilung für Architektur, 5 in der Abteilung für Chemie, im Sommersemester waren es 7 Damen und zwar l in der Allgemeinen Abteilung und 6 in der Abteilung für Chemie. Unter den 92 Gästen des Wintersemesters befanden sich 58 Damen, unter den 57 des Sommersemesters §s. — §53 — V e i la g q H . Statistik der Vevölkerungsvorgänge 1917. ü L s starben ii den einzelnen M onaten*) T o d e s n r s a ch e n Z HI HI A ug us t «o 8 Z u ­ sa m m en 1 Angeborene Lebcusschwäche 8 3 4 4 11 7 2 6 1 5 5 56 2 Altersschwäche....................... 13 8 7 7 8 3 10 3 3 6 12 14 94 3 4 K indbettfieber....................... Andere folgen der Geburt 2 — — 1 1 1 5 und Schwangerschaft . . — — — — — — — — 1 — 1 — 2 5 Scharlach.................................. 1 1 6 Maser» und Röteln . . . 2 — 1 1 2 1 — — — — 1 — 8 7 Diphtherie und Krupp . . 5 4 3 2 — 2 3 1 5 6 6 8 45 8 9 Aenchhnsten............................ Typhus (ausschließlich jdara 1 1 2 2 2 1 9 t y p h u s ) ............................ 1 — 1 — — — ' 1 — 1 — 1 1 6 10 Akuter Gelenkrheniuatisuius 1 1 2 11 Übertragbare Tierkraukheit. — 12 R o s e ....................................... 1 4 — 1 3 — — — — 1 1 1 12 13 Starrkrampf............................ — — — — — — — — — — — — — 11 Blutvergiftung....................... 2 2 2 — I 1 1 3 2 1 1 3 19 15 16 Tuberkulose der Lungen Tuberkulose anderer Grgaue 25 31 29 32 30 28 16 23 13 15 16 24 282 17 (auch Skrofulöse) . . . Akute allgcui. M iliartube» 3 12 3 5 13 4 9 1 3 2 — 1 56 kulose .................................. l — 1 1 1 1 1 — 1 — — 1 8 18 Luugeneutzüuduug . . . 24 28 31 23 17 8 10 3 5 11 20 14 194 19 In f lu e n z a ............................ 2 4 — — 1 — — I — — — — 8 20 21 venerische Krankheiten . . Andere übertragbare Krank' — — — — 1 2 2 5 22 h e ite n .................................. Zuckerkrankheit (ausschließ. 1 --- 2 6 35 20 12 6 2 84 lich Diabetes insipiäus) . 2 3 1 3 1 1 1 1 1 3 2 2 21 23 24 A lkoh o lism us....................... Entzündungen und Katarrhe des Kehlkopfes) der Luft- 25 röhre und der Bronchien Sonstige Krankheiten der 6 6 11 5 1 3 3 1 2 1 4 43 Atmungsorgane. . . . 4 10 6 3 3 — 4 3 — — — 2 35 26 27 (Organische Herzleiden . . Herzschlag, Herzlähuinug (ohne nähere Angabe des 11 17 10 13 13 6 5 4 7 10 5 13 114 Grundleidens) . . . . 3 4 2 7 1 9 5 2 3 6 8 5 55 6 Ls starben ii den einzelnen Konnten *) T o d e s u r s a c h e n i /̂ Si A pr il Z 2r", Ni 6 1̂1 28 Arterienverkalkung . . . 2 3 1 2 2 6 2 6 2 3 1 1 31 29 Sonstige Herz- und L ln t- gefäßkrankheiten . . . 4 5 8 5 6 2 4 5 4 8 2 6 59 30 G e h irn s c h la g ....................... 5 11 4 7 7 8 8 4 5 3 11 12 85 31 Geisteskrankheit . . . . 1 I 1 — 3 32 Krämpfe (ausschließlich Iahnkrämpse usw.) . . 4 3 3 2 4 4 _ 3 2 1 5 31 33 Sonstige Krankheiten des Nervensystems . . . . 6 4 3 2 4 4 1 4 I 2 4 3 38 34 Atrophie der Kinder . . . 1 — 2 — 1 2 7 6 1 2 1 — 23 35 Brechdurchfall....................... 30 Magen« und Darmkatarrh. Durchs., Lliolers nostras 4 7 2 4 7 4 15 9 13 7 5 4 81 37 Blinddarmentzündung . . — 2 3 — 3 1 I — I — 1 1 13 38 Krankheiten der Leber und G allen b lase ....................... 3 1 2 4 1 1 2 3 l 1 1 20 39 Sonstige Krankheiten der Verdauungsorgane. . . 7 4 3 7 6 6 6 9 5 3 6 5 67 4V Nierenentzündung. . . . 3 3 7 2 8 5 6 6 3 5 8 2 58 41 Sonstige Krankheiten der Harn- n. Geschlechtsorg. 5 3 2 2 1 2 2 1 2 20 42 K re b s ........................................ I I 3 20 9 10 13 18 13 8 12 20 14 151 43 Sonstige Neubildungen . . 1 1 3 1 1 — — 2 — 4 2 1 16 44 Krankheiten der äußeren Bedeckungen....................... 1 1 1 1 1 _ 1 — 6 45 Krankheiten der Bewegungs­ organe .................................. 1 1 1 2 _̂ 3 I 9 40 Selbstm ord ............................. 3 — 3 1 3 1 2 — 3 1 1 — 18 47 Mord und Totschlag, sowie H in ric h tu n g ....................... 1 — 1 48 Verunglückung und andere gewaltsame Einwirkungen 3 6 ')4 5 4 2 3 -)4 7 4 5 7 54 49 Andere benannte Todesnrs. 4 1 3 4 1 6 2 3 2 3 5 — 34 50 Todesursache nicht angcgeb. 5 3 — 1 — — — 2 1 — — 12 Zusammen: Gestorbene aus« schließ!, der Totgcborenen 189 196 191 166 178 136 162 169 134 144 162 167 1994 darunter gestorben im Alter bis unter ( Jahr . . . 24 21 16 >3 22 18 25 23 17 16 8 13 216 Lebendgeborene . . . . 175 146 175 154 169 144 141 133 153 134 126 147 1797 Totgeborene............................ 4 5 2 4 2 6 3 3 9 4 4 2 48 Geburtenüberschuß (-s-,) Über« schuß an Gestorbenen (—-) -1 1 -50 -16 -12 - 9 -21 -36 4-lS -10 -36 -20 -197 1) Davon ist l Sterbefall auf den Fliegerangriff am 22. Juni l9 l6 und l weiterer Sterbefall auf deit Fliegerangriff vom März l 9 l? zurückzuführen. 2) Davon ist ̂ Sterbefall auf den Fliegerangriff vom 22. Juni l 9 l 6 zurückzüführeg.
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/chronik/HF_sections/content/1450265494993/10_Dq1_Karl_Chronik_1917.pdf
Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe 1910 Inhalt. S eite I. S c h ic k s a le d e s G r o ß h e r z o g l i c h e n E j a u f e s ....................................... t II. E n t w i c k l u n g d e r G e m e i n d e a l s s o l c h e r ; G e m e i n d e v e r w a l t u n g . 55 III . B a u l i c h e E n t w i c k l u n g d e r S t a d t ...........................................................54- I V . K ir c h e , S c h u l e u n d K u n s t . . ............................................................... 62 V . p o l i t i s c h e s , i n d u s t r i e l l e s u n d v e r e i n s l e b e n ............................ ......... . 8 H V I . L e i s t u n g e n d e s G e m e i n s i n n s ; A r m e n - u n d K r a n k e n w e s e n . . \ 2 0 V I I . V e r s a m m l u n g e n , F e i e r l i c h k e i t e n u n d F e s t l i c h k e i t e n , A u s s t e l l u n g e n u n d S e h e n s w ü r d i g k e i t e n ............................................. .... ...............................w V I I I . V e r k e h r s w e s e n ...................................................................................... 1 8 1 I X . Ü b e r s i c h t ü b e r d i e M i t t e r u n g s v e r h ä l t n i s s e ................................ Z89 X . B e v ö l k e r u n g s v o r g ä n g e , S t e r b l i c h k e i t , T o t e n s c h a u . . . . . . . 1 9 3 X I . v e r s c h i e d e n e s ........................................................................................ ......... . 205 X I I . V o r t r ä g e .............................................................................................................. 2 \ \ 2 . M e r k e K a r l s r u h e r S c h r i f t s t e l l e r ............................................................. 227 A nhang. C h r o n o l o g i s c h e Ü b e r s i c h t d e r h a u p t s ä c h l i c h s t e n E r e i g n i s s e d e s J a h r e s 1 9 0 9 ..............................................................................................2 2 8 / S / 0 Beilagen. I. S c h ü l e r z a h l d e r K a r l s r u h e r S c h u l e n .................................................. 235 II. S t a t i s t i k d e s B e v ö l k e r u n g s v o r g a n g e s 1 9 0 9 ............................... 238 /SAT' ■ Verzeichnis der Abbildungen. T i t e l b i l d . G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h II. u n d G r o ß h e r z o g i n H i l d a z u r z e i t der s i l b e r n e n H o c h z e i t . 5 . H / i 5- D e r S p r i n g b r u n n e n a u f d e m M a r k t p l ä t z e a u s der F e s t d e k o r a t i o n b e i d e r s i l b e r n e n H o c h z e i t d e s G r o ß h e r z o g s p a a r e s . 5 . 8 8 / 8 9 . F i n a n z m i n i s t e r D r . M a x H o n s e l l . 5 . 9 5 . P r ä l a t D . F r i e d r i c h G e h l e r . S . . t 96 / l 9 7 . G e n e r a l A n t o n F r e i h e r r v o n F r o b e n . 5 . 2 0 2 / 2 0 3 . M a l e r P r o f e s s o r E r n s t S c h u r t h . 5 . 2 0 8 / 2 0 9 . W i r k l i c h e r G e h e i m e r a t E m i l G l ö c k n e r . I . Schicksale des Großherzoglichen Hauses. rinz M ax begab sich ant 2 . J a n u a r nach Dessau und von da nach Petersburg, um als Vertreter des Großherzogs an der am 5. J a n u a r stattfindenden Beisetzungsfeier fü r den verewigten Großfürsten M ichael Nicolajewitsch teilzunehmen. A m 6. J a n u a r , dem 60. G ründungstage des 5. Badischen Dragonerregiments Prinz K arl N r. 22 , wurden am Sarge des ver­ storbenen Großherzogs und des Prinzen A arl seitens des Regim ents Kränze m it Aufschrift und den Jahreszahlen s850— sßlO nieder­ gelegt. I n der Nacht zum \2 . J a n u a r wurde m it dem Telephon ein versuch über große Entfernungen m it einem neu erfundenen System mit Hilfe des Starkstrom -M ikrophons von den schwedischen Ingenieuren Egner und Holmström gemacht. Verbunden w aren das Großherzogliche Schloß hier und das schwedische in Stockholm. Der König und die Königin von Schweden sprachen über Helsing- fors— Kopenhagen— H am burg m it dem Großherzog, der G ro ß ­ herzogin und der Großherzogin Luise. M a n hörte deutlich jedes M ort. Am 22. J a n u a r begab sich die Großherzogin nach Dessau. A m 23. reiste der Großherzog ab, tra f m it der Großherzogin am 2 \. in Leipzig zusammen, von wo die Herrschaften sich zum Besuche des Herzogs und der Herzogin von Sachsen-Altenburg nach Alten­ burg begaben und von da nach Berlin, um der Feier des Kaiser­ lichen G eburtstages anzuwohnen. A m 2ß. kehrten die Herrschaften hierher zurück. i Am 26. J a n u a r tra f Königin Viktoria von Schweden hier ein. A m 29 . J a n u a r begab sich auf Befehl des G roßherzogs Kammerherr G ra f Hennin nach Pforzheim, um zur E rinnerung an den 50jährigen Todestag der Großherzogin Stephanie an deren G ru ft Kränze des G roßherzogspaares und der Großherzogin Luise niederzulegen. Auch an dem Denkmal der Großherzogin Stephanie in M annheim ließ Großherzogin Luise einen Kranz niederlegen. A m 3. Februar empfing der Großherzog eine belgische Sonder­ gesandtschaft, die ihm das Ableben König Leopolds II. und die Thronbesteigung König A lberts notifizierte. K m 8. Februar erhielt die Königin von Schweden die Nach­ richt, daß sich ihr G em ahl in Stockholm einer (Operation des B linddarm s unterziehen mußte. Die O peration verlief glücklich. Die Königin reiste am Abend nach Stockholm ab. A m fg. F ebruar fuhren der Großherzog und die Großherzogin nach T riberg, um einer E inladung des Gemeinderates zum Besuch der S tad t und der W intersportausstellung Folge zu leisten. A m 2 2 . F ebruar nahm der Großherzog an einem Essen des Offizierkorps des s. Badischen Leibdragonerregiments teil. D as Regiment beging die 60jährige Erinnerung an den T ag , an dem G roßherzog Friedrich I. das Kom m ando des Regiments über­ nommen hatte. A m 23. F ebruar, dem Sterbetag des Prinzen Ludwig Wilhelm, wohnten der Großherzog, die Großherzogin und die Großherzogin Luise einer Gedächtnisfeier in der Kapelle des Ludwig Wilhelm- Krankenheims bei. Am s. M ärz fand die feierliche Einweihung der zum A n­ denken an den G rafen Rhena von den Unteroffizieren des Badischen Leibgrenadierregiments gestifteten Gedenktafel statt. A m 3. M ärz besichtigte der Großherzog die Erdbebenstation in Durlach. A m (s. M ärz begab sich der Großherzog nach M annheim , um die preisgekrönten Entw ürfe des dortigen Denkmals Großherzog Friedrichs I. zu besichtigen und sodann der Fam ilie Lanz aus A nlaß des bevorstehenden 50jährigen Ju b ilä u m s der F irm a Heinrich Lanz einen Besuch abzustatten. A m 5. M ärz traf die Königin von Schweden hier ein und reiste am (0 . nach dem Süden ab. Der König folgte seiner G em ahlin am \7. nach dem Süden. — 5 — Ebenfalls am 5. begab sich der Großherzog nach Rastatt, um sich von dem Infanterieregim ent von Lützow N r. 25 (f. Rheinischen), das m it dem 1. A pril die G arnison verläßt, zu verabschieden. Am s5. M ärz reisten der Großherzog und die Großherzogin von Schloß Hohenburg, wo sie seit einigen Tagen verweilten, zum Besuch des Prinzregenten von B ayern nach M ünchen und kehrten am Abend hierher zurück. A m 28. M ärz erhielten die Großherzoglichen Herrschaften die Nachricht von der G eburt einer Tochter des Aronprinzen von Schweden, der ersten Urenkelin der Großherzogin Luise. A m 50. M ärz begab sich der Großherzog m it A utom obil von hier nach der bei Schwetzingen gelegenen Lustschiffwerft des Fabrikanten D r. K arl Lanz in M annheim und besichtigte das im B au befindliche Luftschiff. Dom 6 . A pril bis M a i weilte Prinzessin Hildegard von Bayern zum Besuch der Großherzogin Luise hier. A m 13. A pril wohnte die Großherzogin der vom Badischen Frauenverein anberaumten IX. Landestuberkulosenversammlung in Aehl an. A m 21. A pril begaben sich der Großherzog und die Großherzogin nach Rastatt, um der S tad t einen Besuch abzustatten und an der Eröffnungsfeier des neuen W aisenhauses teilzunehmen. Am 25. A pril trafen der Kaiser und die Kaiserin mit Prinzessin Viktoria Luise von Preußen hier ein. D as G roßherzogspaar, G ro ß ­ herzogin Luise, Prinzessin W ilhelm, Prinz und Prinzessin M ax waren zum Em pfang am B ahnhof anwesend. A m Nachm ittag reisten der Kaiser, die Kaiserin und die Prinzessin wieder ab. A m 30. A pril wohnte der Großherzog der T aufe des Luft­ schiffes „Schütte-Lanz" an der Luftschiffwerft bei Schwetzingen an. A m 5. M a i wurde Prinzessin In g r id , die Tochter des K ron­ prinzen von Schweden, getauft. P aten waren außer anderen Fürstlichkeiten die Großherzogin und die Großherzogin Luise. A m 6. M a i wohnte die Großherzogin der Einw eihung des neuen Schwesternheims in Scheuern bei Gernsbach an. A m ü . M a i statteten der Großherzog und die Großherzogin der S tadt Eberbach einen Besuch ab. \ * — 4 - A m {2 , M a i traf die Königin von Schweden hier ein, reiste am V J u n i nach München, von wo sie mit dem König nach Stockholm zurückkehrte. A m s6. M a i begab sich Prinz M a x nach London, um den Großherzog bei den Beisetzungsfeierlichkeiten für den verstorbenen König E duard zu vertreten. A m 20. M a i erkrankte Großherzogin Luise an einem Luft­ röhrenkatarrh, so daß sie mehrere Wochen zu Bett zubringen mußte. Ende J u n i w ar der K a ta rrh bis auf einige Reste abgeheilt. Der S tad tra t hatte Großherzogin Luise aus A nlaß ihrer Erkrankung herzliche Teilnahm e und innige Wünsche für baldige völlige Wieder­ genesung unter Überreichung einer Blütengabe aussprechen lassen. D as G roßherzogspaar wohnte am 25. M a i der Enthüllungs­ feier des Hebeldenkmals in Lörrach an. A m 29 . M a i nahm der Großherzog an der 50jährigen Jubelfeier der Freiwilligen Feuerwehr in Oberkirch teil und stattete zugleich der Am tsstadt und dem Bezirk einen Besuch ab. A m 30. und 3 V M a i besuchten der Großherzog und die Großherzogin die Konzerte des Musikfestes in Freiburg und besich­ tigten den N eubau des städtischen Theaters und die städtischen Kunstsammlungen daselbst. A m 7. J u n i besichtigten der Großherzog und die G roß­ herzogin die in der O rangerie ausgestellten Entw ürfe zu einem von der S tad t K arlsruhe zu errichtenden Denkmal für Großherzog Friedrich I., am 9 . besichtigten sie die S ternw arte auf dem König­ stuhl bei Heidelberg. A m \ 2. nahm der Großherzog an der Feier des 25jährigen Stiftungsfestes des M ilitärvereins in Hoch­ stetten teil, sowie an der E inw eihung des dortigen Kriegerdenkmals. Am N achm ittag des \2 . wohnte der Großherzog in Lahr dem 33. Gaukriegertag a n , m it dem die Fahnenweihe des Leib­ grenadiervereins in Lahr verbunden w ar. Zugleich stattete der Großherzog der S tad t Lahr einen Besuch ab. A m J[3. nahm der Großherzog an der Eröffnung der neuen Bahnstrecke Weisen­ bach— Forbach teil. A m j 9 . Z um wohnten der Großherzog und die Großherzogin der Enthüllungsfeier eines Denkmals für Friedrich I. in Schopf­ heim an. Am 23. J u n i nahm der Großherzog in D bersasbach an der Trauerfreier für die dort verschiedene Prinzessin Feodora zu Schleswig - Holstein, Schwester der K aiserin , teil. A m Abend trafen mit dem Großherzog die Kaiserin und P rinz August W ilhelm von Preußen hier ein. A m 28. J u n i begab sich das G roßherzogspaar nach Neuwied, um an der im Schloß M onrepos stattfindenden Beisetzungsfeier der verstorbenen Fürstin-M utter zu Wied teilzunehmen. A m Abend nach der Feier reisten die Herrschaften nach Heidelberg und wohnten am 29. der Einweihung der neuen evangelischen Kirche im S tad t­ teil Handschuhsheim an. A m N achm ittag des 29 . machten sie auf E inladung der Stadtverw altung eine F a h rt durch den S tad t­ wald nach dem Kohlhof, fuhren dann nach R ohrbach, besuchten die evangelische Kirche und besichtigten nach Begrüßung durch die Gemeindevertreter und aufgestellten Vereine das Genesungsheim im Rohrbacher Schlößchen. Am 2 . J u l i besuchte die Großherzogin das E rholungsheim der Mädchenfürsorge in Marxzell, der Großherzog wohnte am 3. der 32. Oberrheinischen R egatta in M a n n h ä m an. Am 5. J u l i begaben sich der Großherzog und die G ro ß ­ herzogin zu längerem Aufenthalt nach Schloß Eberstein. Die Herrschaften unterbrachen den dortigen Aufenthalt auf einen T ag und wohnten am 7. der Eröffnung der badischen Volkskunstaus­ stellung im Kunstgewerbemuseum hier a n , außerdem empfing der Großherzog am 7. den Reichskanzler. D as Geburt-fest. des Großherzogs wurde in der üblichen weise gefeiert. Bei dem Bankett der Bürgerschaft am 8 . J u l i w ar der große S a a l der Festhalle reich geschmückt. A n der Ehrentafel befanden sich Staatsm inister Freiherr von Dusch, M inister Freiherr von B o d m an , der preußische Gesandte von Eisendecher, S tad t- . kommandant G eneralleutnant Rinck von Baldenstein, G eneral­ m ajor Anheuser, der Rektor der Technischen Hochschule, Ge­ heime H ofrat von (Dechelhäuser, Oberbürgermeister Siegrist, die Bürgermeister D r. Horstmann und D r. Kleinschmidt, S tadträte und Landtagsabgeordnete u. a. D as P ro g ram m enthielt zehn Num m ern. Den Trinkspruch auf den Großherzog brachte — 6 — Rechtsanwalt D r. Richard Gönner. Lieder für B ariton trug Konzertsänger Adolf M üller aus Frankfurt a. M . vor. Den T hor stellte der M ännergesangverein „Liederkranz" unter der Leitung von Professor Scheibt, die Kapelle die Freiwillige Feuer­ wehr unter der Leitung von F r. Hellmuth. Folgendes Telegram m wurde an den Großherzog abgesandt: „ (Euerer Königlichen Hoheit bringt die zur Feier des morgigen Geburtsfestes in der Festhalle zahlreich versammelte Bürgerschaft der Residenz in treuer und ehrfurchtsvoller Gesinnung die innigsten Glück- und Segenswünsche dar". Dom Großherzog lief an (Oberbürgermeister Siegrist folgende telegraphische A ntw ort ein: „F ü r die m ir zu meinem G eburtstag nam ens der gestern in der Festhalle versammelt gewesenen B ürger­ schaft der Residenz dargebrachten freundlichen Glück- und Segens­ wünsche und den Ausdruck treuer Gesinnung sage ich herzlichen Dank. Ic h erwidere sie aufrichtig für das Wohlergehen der Haupt- und Residenzstadt. Friedrich, Großherzog." Bei dem Festessen am 9 . im kleinen Festhallesaal brachte der M inister Freiherr von B odm an den Trinkspruch auf den G roß­ herzog aus. Bei dem Schützenessen sprach S tad tra t Kölsch, bei dem Bankett der Schützengesellschast Fritz Held. Die Schulfeiern fanden in der üblichen Meise statt , die meisten bereits am D or­ abend des Geburtsfestes. Der Ausschuß der Studentenschaft der Technischen Hochschule sandte an den Großherzog ein Glückwunschtelegramm, das der Großherzog telegraphisch erwiderte. Ebenso begingen verschiedene Pereine das Geburtsfest des Landesherrn in der üblichen Meise. A m D orm ittag des 9 . erfolgte die Übergabe der M edaillen für treue Arbeit an die in gewerblichen Betrieben beschäftigten Personen im großen R athaussaa l durch den Amtsvorstand Geheimen R egierungsrat Freiherrn von K rafft-Ebing. Nach einer Ansprache durch den letzteren wurden die M edaillen überreicht, w orauf S tad t­ ra t Käppele ein Hoch auf den Großherzog ausbrachte. D aran schloß sich die Übergabe der Ehrenzeichen für 25- und ^Ojährige Dienstzeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Auch hier leitete der A m tsvorstand die Feier m it einer Ansprache ein, ihm erwiderte Feuerwehrkommandant Heußer und ließ seine M orte in ein Hoch — 7 auf den Großherzog ausklingen . N i t der von der Feuerwehr- kapelle gespielten Fürstenhymne schloß diese Feier. 3 m Hoftheater wurde am Abend bei festlich beleuchtetem Hause W agners „Tannhäuser" gegeben. Vor Beginn der V or­ stellung brachte Geheimer Hoffinanzrat Huppert ein Hoch auf den Großherzog aus, w orauf das (Orchester die Fürstenhymne anstimmte. A m 9 . w ar Prinz m ax zur Beglückwünschung des G ro ß ­ herzogs in Schloß Eberstein eingetroffen. Am Nachm ittag fuhren der Großherzog und die Großherzogin zum Besuche der G ro ß ­ herzogin Luise hierher und kehrten nach einigen Stunden nach Schloß Eberstein zurück. Am (6 . feierte der Verein K arlsruher Polizeibeamter den G eburtstag des Großherzogs. Die Festrede hielt Schutzmann A rm bruster. D as Befinden der Großherzogin Luise hatte sich soweit gebessert, daß sie am 10. J u l i zum erstenmal wieder den G ottes­ dienst in der Schloßkirche besuchen konnte. A m 13. siedelte die Großherzogin Luise auf einige Wochen nach Baden über. Sie übersandte vor ihrer Abreise nach Baden ein Handschreiben an den Frauenverein mit dem Ausdruck des Dankes für die treue und sorgsame pflege, die ihr durch Schwestern des Frauenvereins gewidmet worden w ar. Außerdem übermittelte sie der Abteilung III des Frauenvereins 1000 Alk. a ls Entgelt für die Pflegedienste, zur Verbesserung der Einrichtung der Kranken­ zimmer im m utterhause Gegenstände im w erte von etwa 1000 Alk. und einen B eitrag von 1000 Alk. für den Fonds zur Errichtung eines E rholungsheim s für die Schwestern des Frauenvereins. A m 5. August begab sich Großherzogin Luise zu längerem Aufenthalt nach Schloß m ainau. Prinz m ax begab sich am 15. a ls Vertreter des Großherzogs nach Heidelberg zur Jahrhundertfeier des K orps „Suevia". A m 19. erkrankte der Großherzog an einem leichten B ronchial­ katarrh. E r konnte am 2*\. erstmals das Bett verlassen. A m 1- August trafen der Großherzog und die Großherzogin von Schloß Eberslein hier ein und reisten am 2 . zu längerem Aufenthalt nach Badenweiler. Z u dem Veteranentag in Gffenburg am J^. August erschien der Großherzog. A n der P arade vor dem Großherzog nahmen ^ 8*0 Veteranen teil. A uf der Festtribüne erblickte m an einen Lorbeerkranz m it weißer Schleife und T rauerrand und der Aufschrift: „G roßherzogin Luise von Baden. I n erhebendem Rückblick auf qo J a h r e *870/1910." A m 22 . August traf der Großherzog aus Badenweiler hier­ ein, reiste am Abend nach M annheim und begab sich von da in der Frühe des 2*\. auf den Übungsplatz der 28. Kavalleriebrigade bei Darm stadt. A m Nachm ittag fuhr der Großherzog zurück nach Sinsheim zum Besuch der S tad t und der Gewerbe- und Industrieausstellung. Die Großherzogin fuhr am 23. von Baden- weiler über die Sirnitz bis zum Heubronnereck, ging von da zu F u ß nach dem Belchen, nachm ittags stieg sie nach Neumühl herab, von wo sie m it dem W agen nach Badenweiler zurückfuhr. A m 27. August verließen der Großherzog und die G ro ß ­ herzogin Badenweiler und begaben sich nach Baden. N achm ittags wohnten die Herrschaften dem Rennen bei Iffezheim an, besuchten am 2 9 . die „Deutsche Kunstausstellung Baden-Baden 19*0 ", besichtigten das Luftschiff Z . 6 in der Halle bei (Dos und fuhren sodann nach K arlsruhe. A m 30. begab sich der Großherzog nach Konstanz, fuhr von da nach Schloß M a in a u und am 1. September nach Donau- eschingen zur Teilnahm e an den M anövern . Die Großherzogin reiste am 3*. August zum Besuche der G roßherzogin-M utter von Luxemburg nach Schloß Königstein. A m 5. September tra f die Königin von Schweden zu kurzem Besuch des G roßherzogs hier ein und reiste am Nachmittag nach Schloß M a in a u weiter. Der Großherzog begab sich am Nachm ittag des 5. zur T eil­ nahme an den M anövern des 16. Armeekorps nach Metz und reiste am 7. hierher. A m 8. fuhr der Großherzog nach Schloß M a in a u , wohnte am 9 . von dort aus den M anövern der 29 . Division in der Gegend von Schwenningen-Stetten a. k. M . an. Am 10. wohnte der Großherzog dem M anöver der 59 . Division bei Hohenbodman - Herdwangen a n , am *2. reiste er — 9 — nach Niederbronn i. E . zur Teilnahm e an den M anövern des (5. Armeekorps. Am (H. September begab sich die Großherzogin zu der T n t- hüllungsfeier des Denkmals ihres verstorbenen V aters, Großherzogs Adolf von Luxeinburg, des letzten Herzogs von Nassau, nach Aönigstein. Z u r Feier des silbernen Ehejubiläum s des G roßherzogs­ paares veröffentlichte der S tad tra t A nfang September folgendes Festprogram m : „S on n tag , den *8. Septem ber 1910 N a c h m i t t a g s 3 U h r : R e g a t t a i m s tä d t i s c h e n R h e i n h a f e n , v e r a n s t a l t e t v o n d e n R u d e r v e r e i n e n d e r S t a d t . N a c h m i t t a g s 4 U h r : F e s t k o n z e r t i m S t a d t g a r t e n ( n u r b e i g ü n s t i g e r W i t t e r u n g ) . N a c h m i t t a g s 6 U h r : S c h w i m m f e s t i n d e r S c h w i m m h a l l e d e r s tä d t i sc h e n B a d e ­ a n s t a l t ( v i e r o r d t b a d ) , v e r a n s t a l t e t v o n d e n S c h w i m m v e r e i n e n d e r S t a d t . A b e n d s s U h r : K i n d e r f e s t z u g i n d e r S ü d s t a d t , v e r a n s t a l t e t v o n d e r B ü r g e r ­ g e s e l l s c h a f t d e r S ü d s t a d t . M ontag, den Septem ber 1910 V o r m i t t a g s 1 1 U h r : t c h i l d i g n n g s a k t i n d e r F e s t h a l l e u n t e r M i t w i r k u n g d e r M ä n n e r g e s a u g v e r e i u e L i e d e r h a l l e u n d L i e d e r k r a n z u n d d e s I n s t r u m e n t a l ­ v e r e i n s . N a c h m i t t a g s U h r : F e s t k o n z e r t i m S t a d t g a r t e n ( n u r b e i g ü n s t i g e r W i t t e r u n g ) . A b e n d s 6 U h r : F e s t a k t d e r v e r e i n i g t e n B a d i s c h e n L e i b g r e n a d i e r - V e r e i n e i m g r o ß e n F e s t h a l l e s a a l . A b e n d s 8 U h r : F e ie r l ic h e s (E in l ä u te n d e s F e s t t a g e s m i t a l l e n G lo c k e n der S t a d t . A b e n d s 8 h s U h r : G e s a n g s s t ä n d c h e n d e s B a d i s c h e n S ä n g e r b u n d e s v o r d e m G r o ß h e r z o g l i c h e n S c h l o ß . L a m p i o n s z u g v o m R a t h a u s e m i t M u s i k d a h i n . D ien stag , den 20. Septem ber 1910 M o r g e n s 7 U h r : F e s tg e l ä u te . A b g a b e v o n tox K a n o n e n s c h ü s se n a u f dem L a u t e r b e r g . M o r g e n s 7 Hs U h r : T h o r a l m u s i k v o m T u r m e d e s R a t h a u s e s , v o r m i t t a g s ( 0 U h r : F e i e r l i c h e r D a n k g o t t e s d i e n s t i n d e r S c h lo ß k ir c h e , v o r m i t t a g s u 1/2 U h r : F e s t k o n z e r t ( F r e i k o u z e r t ) d e r S t ä d t i s c h e n S c h ü l e r k a p e l l e i m S t a d t g a r t e n ( n u r b e i g ü n s t i g e r W i t t e r u n g ) . N a c h m i t t a g s g e g e n 3 U h r : R u n d f a h r t d e r G r o ß h e r z o g l i c h e n H e r r s c h a f t e n du rc h e i n e n T e i l d e r S t r a ß e n d e r S t a d t . N a c h m i t t a g s 3 U h r : Festschießen d e r K a r l s r u h e r Schü tzengese l lschaf t im Schü tzen hau se . N a c h m i t t a g s U h r : F e s t k o n z e r t i m S t a d t g a r t e n , b e i u n g ü n s t i g e r W i t t e r u n g i m g r o ß e n F e s t h a l l e s a a l . - (0 — A b e n d s 8 U h r : F e s t l i c h e B e l e u c h t u n g d e s M a r k t p l a t z e s . A b e n d s s ' / ü U h r : F e s t a u f f ü h r u n g i m G r o ß h e r z o g l i c h e n l h o f t h e a t e r . M ittwoch, den 2t. Septem ber 1910 v o r m i t t a g s t 1 Hs U h r i F e s t k o n z e r t ( F r e i k o n z e r t ) d e r F e u e r w e h r k a p e l l e i m S t a d t g a r t e n ( n u r b e i g ü n s t i g e r l V i t t e r u n g ) . N a c h m i t t a g s 3 U h r : F e s t z u g d e r T u r n - u n d S p o r t s v e r e i n e v o r d a s G r o ß ­ h e r z o g l i c h e S c h l o ß . I m A n s c h l u ß d a r a n t u r n e r i s c h e A u f f ü h r u n g e n d e r s t ä d t i s c h e n V o l k s s c h u l e d a s e lb s t . ( F r e i ü b u n g e n d e r K n a b e n u n d R e i g e n d e r M ä d c h e n ) . N a c h m i t t a g s 3 U h r : F e s t s c h i e ß e n d e r K a r l s r u h e r S c h ü t z e n g e s e l l s c h a s t i m S c h ü t z e n h a u s e . N a c h m i t t a g s s U h r : R a s e n s p o r t s f e s t a n s d e m S p i e l p l a t z e d e s K a r l s r u h e r F u ß ­ b a l l v e r e i n s , v e r a n s t a l t e t v o n d e n T u r n - - u n d S p o r t s v e r e i n e n d e r S t a d t . D onnerstag, den 22. Septem ber 1910 B e s u c h v o n A u s s t e l l u n g e n d u rch d i e G r o ß h e r z o g l i c h e n H e r r s c h a f t e n * ) . A b e n d s 7 U h r : F e s t v o r s t e l l u n g i m G r o ß h e r z o g l i c h e n k s o f t h e a t e r . S a m sta g , den 2*. Septem ber t9v> A b e n d s 8H 2 U h r : F e s t b a n k e t t d e s M i l i t ä r v e r e i n s K a r l s r u h e i m S a a l e ^ e s C o l o s s e u m s . S on n tag , den 25. Septem ber 1910 N a c h m i t t a g s 4 U h r : F e s t b a n k e t t d e s D e u t s c h e n w e r k m e i s t e r v e r b a n d e s , B e z i r k s ­ v e r e i n K a r l s r u h e , i m F e s t s a a l e d e s „ K ü h l e n K r u g “ . v o m 7. A uli b is Ende Oktober A u s s t e l l u n g f ü r b a d i s c h e V o l k s - u n d k f e i m a t k u n s t i m G r o ß h e r z o g l i c h e n K u n s t ­ g e w e r b e m u s e u m , v e r a n s t a l t e t v o m B a d i s c h e n K u n s t g e w e r b e v e r e i n . Vom j(. Septem ber b is A nfang Oktober A r c h i t e k t u r - A u s s t e l l u n g ( Z e i c h n u n g e n u n d M o d e l l e , h e r g e s t e l l t v o n d e n M i t ­ g l i e d e r n d e s V e r e i n s K a r l s r u h e r A r c h i t e k t e n , u n d A u s s t e l l u n g v o n A r b e i t e n W e i n b r e n n e r s , S c h ä f e r s u n d R a t z e l s ) i n d e r G r o ß h e r z o g l i c h e n O r a n g e r i e , v e r a n s t a l t e t v o n d e r V e r e i n i g u n g K a r l s r u h e r A r c h i t e k t e n . Vom 11. Septem ber b is 10. Oktober A u s s t e l l u n g v o n W e r k e n f r ü h e r e r S c h ü l e r d e r K a r l s r u h e r K u n s t a k a d e m i e i m K u n s t v e r e i n s g e b ä u d e , W a l d s t r a ß e 3 , v e r a n s t a l t e t v o m B a d i s c h e n K u n s t ­ o e r e i n . Vom IT. Septem ber b is A nfang Oktober E l e k t r o t e c h n i s c h e S o n d e r a u s s t e l l n n g f ü r K l e i n g e w e r b e , L a n d w i r t s c h a f t u n d k s a u s h a l t u n g i n d e r G r o ß h e r z o g l i c h e n L a n d e s g e w e r b e h a l l e , K a r l f r i e d r i c h ­ s t r a ß e \ 7 , v e r a n s t a l t e t v o m G r o ß h e r z o g l i c h e n L a n d e s g e w e r b e a m t . * ) D e r B e r i c h t ü b e r d i e A u s s t e l l u n g e n f o l g t u n t e r V I I , 3 . — ü — von» It. b is 20. Septem ber Herbs trosenschau , v e r b u n d e n m i t e in e r A u s s t e l l u n g v o n N e lk e n . D a h l i e n u n d H e r b s tb l l l h e rn a l l e r A r t , i n de r städt ischen A u s s t e l l u n g s h a l l e , v e r a n s t a l t e t v o m G a r t e n b a u v e r e i n K a r l s r u h e u n t e r M i t w i r k u n g d e s V e r e i n s deutscher R o s e n f re u n d e . vom Hl. Septem ber b is A nfang Oktober Historische A u s s t e l l u n g v o n B i l d e r n , A r c h iv a l i e n u n d so ns t igen G e g e n s t ä n d e n im G e b ä u d e d e r s tädtischen S a m m l u n g e n , G a r t e n s t r a ß e 53 , v e r a n s t a l t e t v o n der S t a d t K a r l s r u h e . vom f8. b is 22. Septem ber M e t t b e w e r b i n B e z u g a u f geschmackvolle D e k o r a t i o n v o n S c h a u fe n s t e r » , vor» a n s ta l te t v o m V e r e in z u r H e b u n g d es F r e m d e n v e r k e h r s f ü r K a r l s r u h e u n d U m g e b u n g . " Noch vor den Festtagen, an denen obiges P ro g ram m zur Ausführung kam, fanden verschiedene Norfeiern statt. Der Landes - kriegertag des Badischen M ilitärvereinsverbandes am 25. und 26. J u n i wurde als Vorfeier zur silbernen pochzeit des G roß- Herzogspaares vom Vorstand selbst bezeichnet. A m S am stag den 25. wurde für die hiesigen und die von ausw ärts eingetroffenen M it­ glieder ein Begrüßungsabend im großen S a a l der Festhalle abge­ halten. Nach (Empfang des Präsidenten des Verbandes und der auswärtigen Verbandsvertreter begab sich der Großherzog in die Festhalle. Der Abend wurde durch .tue Iubelouvertüre von Bach eröffnet, w orauf Pauptm ann der Landwehr Schwaninger die Gäste begrüßte, Verbandspräsident Generalleutnant Fritsch ein poch auf den Kaiser ausbrachte und der 2 . Vorsitzende des Alb- und pfinzgau- verbandes Dr. Schneider die Festrede hielt. Sie schloß mit einem Poch auf den Großherzog, die Großherzogin und das Großherzogliche p a u s . Andere Reden, musikalische Darbietungen wechselten, eine Reigen-Reiterquadrille nebst althistorischem Bauerntanz durch $0 Knaben und Mädchen folgte». Am Sonntag fand die P arad e statt. Präsident Fritsch führte diese zum P o rta l des Schlosses, wo der Großherzog und die Großherzogin, umgeben von einer Anzahl aktiver und inaktiver Offiziere, Aufstellung genommen hatten. I m Z ug befände» sich etwa 6000 M an n , unter diesen die M inister von M arschall und von B odm an, und über s000 Fahnen. Bei dem Festakt in der Festhalle am Nachm ittag brachte M ajo r Geh. R at K o p p dem Großherzog bei dessen (Erscheinen — \2 - ein dreifaches H urra , w orauf die Festouvertüre folgte und Hofschau­ spieler Baum bach in der Aleidung eines Herolds einen von ihm verfaßten P ro log sprach, der die Gemeinsamkeit von Fürst und Volk betonte. Die Festrede hielt Präsident Fritsch, er schloß mit einem Hoch auf den Großherzog und die Großherzogin. Hieraus sprach der Großherzog folgende W orte: „ K a m e r a d e n ! A u s t i e f s t e m H e r z e n s g r ü n d e s a g e ich z u g l e i c h a u c h n a m e n s d e r G r o ß h e r z o g i n I h n e n a l l e n D a n k f ü r d ie t r e u e n W u n s c h e , d ie S i e durch d e n M u n d I h r e s v e r e h r t e n P r ä s i d e n t e n G e n e r a l l e u t n a n t F r i t s c h s o e b e n m i r g e w i d m e t h a b e n , u n d d i e s i e u n s b e i d e n i m v o r a u s z u d e r s i l b e r n e n H o c h z e i t , d i e w i r , so G o t t w i l l , i m H e r b s t b e g e h e n d ü r f e n , z u g e r u f e n h a b e n . I c h s tehe u n t e r den» e r h e b e n d e n u n d b e w e g e n d e n E i n d r u c k d e s i n s ch ö n ster , a l l b e w ä h r t e r O r d n u n g u n d S t r a m m h e i t v o l l z o g e n e n P a r a d e m a r s c h e s a n u n s e r e m l i e b e n , a l t e n S c h l o ß v o r b e i , a n d e n F e n s t e r n v o r b e i , a u s d e n e n ü b e r s o J a h r e d a s g ü t i g e A u g e m e i n e s t e u e r e n V a t e r s g e b l i c k t h a t ; a n d e n s e l b e n S t u f e n , a n d e n e n s ie i h m so o f t i n s t r e u e A u g e h a b e n s e h e n d ü r f e n . B e w e g t e n H e r z e n s s e h e ich I h n e n h e u t e i n s A u g e i n E r i n n e r u n g a n d i e u n v e r g e ß l i c h e Z e i t , d ie i n d i e H e r z e n a l l e r e i n g e g r a b e n ist. 55 J a h r e s e g e n s r e i c h e r R e g i e r u n g z u m W o h l e d e s L a n d e s u n d u n s e r e s g r o ß e n , d e u t s c h e n V a t e r l a n d e s . w i e o f t h a t v o n d i e s e r S t e l l e a u s d e r M u n d , d e r n i c h t m e h r r e d e n k a n n , g e s p r o c h e n g o l d e n e W o r t e d e r M a h n u n g d e r E i n i g k e i t , d e r P f l i c h t t r e u e , d e r S e l b s t e n t s a g n n g . E r h a t e s I h n e n v o r g e l e b t i n e i n e m l a n g e n L e b e n u n d s o w o l l e n w i r , je tz t , d a S i e sich u m m ic h s c h a r e n , e r n e u t g e l o b e n , d a ß w i r s e i n e m h ö h e r e n B e i s p i e l a n s g a n z e r K r a f t N a c h a r b e i t e n w o l l e » , j e d e r a n s e i n e r S t e l l e , d a ß w i r u n s z u s a m m e n s c h a r e n w o l l e n , z u m W o h l e u n s e r e s d e u t sc h e n V a t e r l a n d e s u n t e r H i n t a n s e t z u n g j e d e r p e r s ö n l i c h e n R ü c k s i c h te n f ü r d a s g e m e i n ­ s a m e G a n z e u n d z u r F ö r d e r u n g d e s s t a a t s e r h a l t e n d e n G e d a n k e n s . E s ist m i r e i n e g r o ß e F r e u d e , S i e h e u t e i n so g r o ß e r A n z a h l v e r s a m m e l t z u s e h e n , so v i e l e , d e n e n ich i n m e i n e r m i l i t ä r i s c h e n T ä t i g k e i t n ä h e r t r e t e n u n d i n v e r ­ s c h i e d e n e n S t e l l u n g e n b e g e g n e n d u r f t e . S e i e n S i e a l l e h e r z l i ch s t b e d a n k t , d ie h e r g e k o m m e n s in d , I h r E r s c h e i n e n b e w e i s t I h r e T r e u e z u u n s e r e m H a u s , v o n g a n z e m H e r z e n e r w i d e r e ich, m i t d e r V e r s i c h e r u n g , d a ß d i e s e l b e F ü r s o r g e , d i e m e i n s e l i g e r V a t e r f ü r S i e u n d d a s g a n z e L a n d g e h a b t , m i r w ä h r e n d m e i n e s g a n z e n L e b e n s z u r R i c h t s c h n u r d i e n e n w i r d . ( B e i f a l l . ) D e n b a d isc h e n M i l i t ä r v e r e i n s v e r b a n d , d i e S c h ö p f u n g m e i n e s t e u e r e n V a t e r s i n E h r e n z u h a l t e n u n d z u f ö r d e r n , w i r d u n s e r h ö c h s t e s u n d s c h ö n s t e s S t r e b e n s e i n . U n d n u n s c h l i e ß e ich m i t d e n b e s te n W ü n s c h e n f ü r a l l e , d i e h i e r s in d , u n d d i e , d ie n i c h t k o m m e n k o n n t e n , a b e r i m G e i s t e b e i u n s w e i l e n . W i r s in d h i e r z u s a m m e n m i t d e n V e r t r e t e r n d e r s ä m t l i c h e n d e u t s c h e n v e r b ä n d e u n d d e s K y f f h ä u s e r b n n d e s , u n d w i r v e r e i n i g e n u n s m i t i h n e n i n d e m R u f e : S e i n e M a j e s t ä t d e r K a i s e r , u n s e r o b e r s t e r K r i e g s h e r r , H u r r a , H u r r a , H u r r a ." A n die Großherzogin Luise wurde ein Grgebenheitstelegramm gesandt, auf das die Großherzogin mit einem Dankschreiben erwiderte. — \3 — Line zweite Vorfeier bildete der Huldigungsakt der badischen Studentenschaft der Universitäten Freiburg und Heidelberg und der Technischen Hochschule A arlsruhe am 7. J u l i . Gegen 9 U hr abends setzte sich der Z ug m it Vorreitern, G alaw agen, Fahnen und mehreren Musikkapellen von der Durlacher Allee her durch die Aaiser- und W aldstraße zum Schloßplatz in Bewegung. Der Großherzog und die Großherzogin hatten sich mit den Hofstaaten und mit den geladenen Herren, darunter die Prorektoren von F rei­ burg und Heidelberg und der Rektor der Technischen Hochschule, auf den Balkon des Schlosses begeben. A ls dis Musik verstummte, hielt der Vorsitzende des Gesamtausschusses, stud. m ach. K a rl Mitte aus Llberfeld von der Technischen Hochschule, eine Ansprache. L r schloß mit einem Hoch auf das Ju b e lp aa r. Der Großherzog erwiderte und forderte zu einem dreifachen H urra auf die drei Hochschulen auf. Hierauf empfingen die Herrschaften die M it­ glieder der Ausschüsse der drei Hochschulen, von denen Glückwunsch­ adressen überreicht wurden. Nach dem E m pfang der Ausschüsse ging der Z ug zurück durch die A arl Friedrich-Straße, Ariegstraße, A arl-S traße, Amalienstraße nach dem Aaiserplatz und von da durch die Aaiserstraße nach dem M arktplatz, wo die Fackeln gegen halb 12 Uhr unter dem Gesang des „G audeam us" zusammengeworfen wurden. Am 23. August forderte der S tad tra t die Bürgerschaft auf, der S tad t während der Festtage einen würdigen Festschmuck an ­ zulegen. Die A rt der Ausschmückung blieb den einzelnen H au s­ besitzern und w ohnungsinhabern anheimgegeben. F ü r die Straßen, die voraussichtlich auf einer R undfahrt der Großherzoglichen Herr­ schaften besucht wurden, hatten sich die M itglieder der A u s­ schmückungskommissionen bereit erklärt, den H aus- und W ohnungs­ besitzern R a t zu erteilen und Vorschläge über die einheitliche A u s­ schmückung einzelner Straßen- und Häusergruppen zu machen. L s w ar eine Zentralkommission für die Ausschmückung und sechs Unterkommissionen gebildet worden. Vorsitzender der Z en tra l­ kommission w ar S tad tra t Friedrich Hoepfner, den Vorsitz in der Unterkommission für den Stadtteil östlich des M arktplatzes führte S tadtrat Rudolf Dewerth, für den westlich des M arktplatzes P r iv a t­ mann Dr. Friedrich Ströbe, für die A arl Friedrich-Straße B ankier W U l I f > W W M » W » W M W « W W « !W M W W W W M W W W ^ ' — \<k — August Zechst für den Schloßplatz Stadtverordneter Friedrich Bock, fü r die Kriegstraße Stadtverordneter K arl Lacroix, für die Westend­ straße S tad tra t Robert (Dstertag. Außerdem hatte der Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs einen Wettbewerb für Schaufenster- Dekoration ausgeschrieben. F ü r vier G ruppen: V N ahrungs- und G enußm ittel, 2 . Bekleidungsgegenstände, 3. Gebrauchsgegenstände und -f. Luxuswaren- und kunstgewerbliche Erzeugnisse wurden goldene und silberne M edaillen und Ehren-Diplom e slobende E r ­ wähnung) an verschiedene Firm en der einzelnen Gruppen gegeben. E ine größere Anzahl Firm en hatte sich an der Ausschmückung der Schaufenster außerhalb des Preiswettbewerbes beteiligt. Über das Festgewand der S tad t soll Folgendes angeführt werden: Der Schloßplatz wirkte durch die Einheitlichkeit, mit der hier die Ausschmückung durchgeführt w ar. Sämtliche Arkaden­ bogen von der W aldstraße bis zur W aldhornstraße waren mit Guirlandengewinden geschmückt, die durch blaue Schleifen unter­ brochen waren. Die Pfeiler waren mit Tannengrün bekleidet und nach oben mit Lorbeer-Spitzbäumen in einheitlich bemalten Kübeln abgeschlossen. Reicher Flaggenschmuck herrschte hier wie in der ganzen S tadt. I n der K arl Friedrich-Straße waren die G uirlanden m it lila- und rosa-Schleifen durchwunden, zahlreiche Bogen über­ spannten die Straße. Der ganze M arktplatz w ar m it Flaggen­ masten umstanden, von denen die W impel in badischen und deutschen Farben wehten, und m it Pylonen, die m it lila-Stoff ausgeschlagen und durch Blumenschmuck gekrönt waren, v o n M ast zu M ast zogen G uirlanden, m it Blumenknospen besät, deren Kelche Tausende von G lühbirnen bargen. Die Pyram ide w ar von Postamenten umgeben, auf denen sich Palm en erhoben. Dazwischen w ar Tannen­ grün angebracht, außerdem rosa-Herbstblumen in Kübeln, v ier S tänder trugen (Dpserschalen, aus denen während der Beleuchtung die F lam m en züngelten. D as R athaus stand in vollem Blum en­ flor. Um das Großherzog Ludwig-Denkmal zog sich ebenfalls T annengrün und Blumenschmuck. I n der Nähe des Bezirksamtes w ar ein künstlerisch ausgeführter Brunnen errichtet. Rechts und links von ihm erhoben sich zwei Pylone, von abgetönten B lum en­ wölbungen begrenzt. I n diesen w ar eine M enge Glühlämpchen versteckt, so daß das Ganze bei Beleuchtung wie eine glühende w* m Springbrunnen aus dem f estscbmuck des M arktplatzes bei der silbernen Hochzeit des g roßberzogspaares. - 15 — Masse erschien. Den Vorder- und Hintergrund zierten die W appen der Zähringer, B adens und der S tadt K arlsruhe, m it Fahnen verschiedener Länder drapiert, dazu künstlerisch geordnete Gewinde in Silber, Auch da waren an den Konturen unzählige G lüh- lämpchen angebracht. E in Meerungeheuer spie in breiter Fläche Wasser, das sich abends in den schönsten Farben spiegelte, in ein vorgelagertes Becken. Astern in lila und rosa umgaben im Verein mit Tannengrün die Verfassungssäule. Die m it elektrischem Licht erzielte Beleuchtung des Rathauses und des M arktplatzes an mehreren Abenden während der Festwoche gewährte einen imposanten E in ­ druck. Die ganze F ron t des Bahnhofes, um dieses aus der A u s­ schmückung noch hervorzuheben, bedeckten G uirlanden, m it Silber­ band durchzogen, eine breite Silberquaste hing oben in der M itte. Die W appen der badischen Amtsstädte, von Kränzen m it gelb­ roten Rosetten und Silberschleifen um rahm t, waren angebracht. K m oberen Gesims sah m an die W appen Deutschlands und B adens mit Fähnchen besteckt. Alle Konturen waren von elektrischen Lämpchen gekennzeichnet. B is hinauf zum T urm , dessen Spitze ein Strahlenstern bildete, fanden sie sich. V or dem Gebäude waren Kugellorbeerbäume mit Silberknospen aufgestellt. Von der Schau­ fensterdekoration in der Kaiserstraße haben w ir eben gesprochen, hier sei nur noch erwähnt, daß die lange F ron t der Ausschmückung bis zur Westendstraße durch die zum Teil äußerst gelungenen Deko­ rationen der Privathäuser stilvoll wirkte, w i r möchten nun noch die Pylone in weiß und lila am E ingang der Westendstraße, solche in weiß und gelb am Übergang der Sophienstraße, die vier O be­ lisken beim Übergang der K arl-S traße über die Kriegstraße erwähnen, ebenso den Schmuck vieler anderer S traßen, w i r heben nur noch heraus, daß die Herrenstraße, in der sich Tannenbäum e an T annen­ bäume reihten, förmlich in einen W ald verwandelt w ar, und fassen das Ganze zusammen, daß alles aufgeboten w ar, um das S traßen­ bild so wirksam und gefällig wie nur möglich zu gestalten. Die Reihe der Festlichkeiten eröffnete ein Bankett des B ürger­ vereins der Oststadt am 17. E s folgte die R egatta im Rheinhafen am Sonntag den 18. September, nachmittags 3 U hr. A n derselben nahmen teil: „Salam ander", \. K arlsruher Ruderklub, der R uder­ verein „Sturm vogel" K arlsruhe und der Rheinklub „A lem annia" — 16 — K arlsruhe unter Beteiligung der S traßburger Rudergesellschaft. Der R egatta wohnte der Großherzog und die Großherzogin an, Prinz und Prinzessin M ax , sowie Prinz und Prinzessin W ilhelm von Schweden. Außerdem waren zugegen der Kommandierende General von hoiningen genannt huene, M inister Freiherr von B odm an, Oberbürgermeister Siegrist, die Bürgermeister D r. P au l, Dr. Forst­ m ann und Dr. Kleinschmidt, S tadträte und Stadtverordnete, sowie eine Anzahl geladener Ehrengäste. An den beiden Ufern des Rheinhafens hatte sich zahlreiches Publikum eingefunden. (Es fanden f0 Rennen statt. M ehrere Ehrenpreise waren gestiftet worden, darunter einer von der S tad t K arlsruhe, er fiel Knäbel II vom S alam ander zu. Außerdem wurde am Abend des f8. ein Kinderlampionzug veranstaltet, den die Bürgergesellschaft der Süd­ stadt angeregt hatte. Gegen 2000 Kinder zogen in Begleitung zweier Musikkapellen m it Lam pions durch die Straßen der Südstadt. Auf dem Werderplatz wurden den Kindern Bretzeln verteilt. Am Abend desselben T ages hielten die Schwimmvereine „N eptun" und „Poseidon" ein Schwimmfest im Vierordtbad ab. Der erste Vorstand des Vereins brachte ein hoch auf das G ro ß ­ herzogliche H aus aus. Die hiesigen Zeitungen mit monarchischer Gesinnung brachten ohne Unterschied der Parteien zu den Festtagen Festartikel, Fest­ schriften, die sich auf das Leben des Herrscherpaares bezogen. Die meisten zeigten die Bildnisse des Fürstenpaares. Von preßerzeug- nissen außerhalb K arlsruhe sei ein besonders warmherzig gehaltener Artikel der „Norddeutschen Allg. Z tg ." in Berlin erwähnt. Bei dem huldigungsakt der K arlsruher Bürgerschaft am V orm ittag des fft. im großen S a a l der Festhalle waren sämtliche M inister anwesend, zahlreiche hohe Beamte aller Zweige der S ta a ts ­ verwaltung, die Bürgermeister, die G eneralität und viele andere Ehrengäste. Die Halle w ar dicht besetzt. Um s s Uhr tra f das G roßherzogspaar unter dem Geleite einer Eskadron des Leib­ dragonerregiments vor der Festhalle ein, wo eine Ehrenwache des Leibgrenadierregiments aufgestellt w ar. Gleichzeitig langten an die Königin von Schweden, P rinz und Prinzessin M ax, die Herzogin von A nhalt, der K ronprinz von Schweden, Prinz und Prinzessin W ilhelm von Schweden, die G roßherzogin-M utter von Luxemburg — \ 7 — und die Prinzessinnen von Luxemburg. Die Herrschaften wurden am H auptportal von einer Vertretung der Stadtgemeinde, an deren Spitze (Oberbürgermeister Siegrist, empfangen und in die Halle geleitet. Unter den Klängen eines von Musikdirektor M urtz komponierten Festmarsches, den der Instrum entalverein unter Leitung des Komponisten zum V ortrag brachte, betrat das G roßherzogspaar den S aa l. Mädchen und Knaben in antiken Gewändern bildeten Spalier und bestreuten den Weg zum Ghrensitze des Ju b e lp aa res m it Blumen. Nachdem der Großherzog und die Großherzogin die für sie bereiten silbergeschmückten Sessel eingenommen hatten, schwieg die Musik. D arauf hielt Oberbürgermeister Siegrist folgende Ansprache: „m it i n n i g e r F r e u d e b e g r ü ß e ich E u r e K ö n i g l i c h e n H o h e i t e n n a m e n s d e r g e t r e u e n H a u p t - u n d R e s i d e n z s t a d t b e i u n s e r e r h e u t i g e n F e i e r i n d i e s e m R a u m e , i n d e m s c h o n so o f t m a l s d i e K a r l s r u h e r B ü r g e r s c h a f t i h r e r w a r m e n A n t e i l n a h m e a n d e n G e s c h i c k e n d e s G r o ß h . H a u s e s i n f r e u d i g e n u n d l e i d v o l l e n T a g e n A u s d r u c k v e r l i e h e n h a t . w i e d e r u m b e d e u t e t j a d e r 2 0 . S e p t e m b e r e i n e n f r o h e n G e d e n k - u n d F e s t t a g f ü r u n s e r e G r o ß h e r z o g l i c h e F a m i l i e . I h n m i t i h r z u f e i e r n u n d d u rch fe s t l i c h e K u n d g e b u n g e n z u v e r s c h ö n e r n , ist d e r K a r l s r u h e r B ü r g e r s c h a f t e i n a u f r i c h t i g u n d w a r m e m p f u n d e n e s B e d ü r f n i s . F r o h b e w e g t e n H e r z e n s , g e d e n k e n w i r h e u t e d e s b e d e u t s a m e n T a g e s , d a B a d e n s T h r o n e r b e d e r v o n i h m e r k o r e n e n B r a u t a u s e d l e m d e u t s c h e n F ü r s t e n - g e sc h le c hte d ie H a n d z u m L e b e n s b u n d e r e i c h t e , g e d e n k e n w i r d e s b e g e i s t e r t e n J u b e l s , m i t d e m d a s v o m G l a n z e d e r J u g e n d u n d d e s h ö c h s t e n G l ü c k e s u m ­ s t r a h l t e p a a r b e i f e i n e m E i n z u g i n u n s e r e S t a d t b e w i l l k o m m n e t w u r d e , g e ­ d e n k e n w i r d e r f r ö h l i c h e n F e s t e , z u d e n e n sich a l l e G a u e u n d S t ä n d e d e s B a d e n e r L a n d e s m i t d e n K a r l s r u h e r B ü r g e r n v e r e i n i g t e n , u m d a s j u n g e p a a r a u f s i n n i g e A r t z u f e i e r n u n d z u b e g l ü c k w ü n s c h e n . S e i t d e m is t w i e i m F l u g e e i n V i e r t e l j a h r h u n d e r t v o r b e i g e z o g e n . G a r m a n c h e s J a h r h a t d a s E r b g r o ß h e r z o g l i c h e p a a r , ö e r b e r u f l i c h e n P f l i c h t i m D i e n s t e d e s V a t e r l a n d e s g e h o r c h e n d , f e r n v o n d e r R e s i d e n z g e w e i l t — a b e r n i e is t e s u n s v e r b o r g e n g e b l i e b e n , d a ß s e i n E h e b u n d s t e t s a l s e ch te r u n d w a h r h a f t e r B u n d d e r H e r z e n sich b e w ä h r t h a t u n d e i n u n v e r s i e g l i c h e r B o r n r e i n e n G l ü c k e s u n d r e i c h e n S e g e n s f ü r b e i d e G a t t e n g e w o r d e n ist, d i e d u rch T r e u e u n d L i e b e e i n a n d e r d e s L e b e n s F r e u d e n z u v e r d o p p e l e » , s e i n e B i t t e r k e i t e n u n d H ä r t e n a b e r z u m i l d e r n u n d z u e r l e i c h t e r n w i s s e n — e i n l i e b l i c h e s B i l d e h e l i c h e n G l ü c k s , d a s n u n d u rch d e n m i l d e n G l a n z d e r s i l b e r n e n M y r t e n w e i h e v o l l v e r k l ä r t w i r d ! A b e r e s ist n i c h t d i e F r e u d e a n d e m p e r s ö n l i c h e n G l ü c k u n s e r e s F ü r s t e n p a a r e s a l l e i n , w a s i n d i e s e n f e s t l i c h e n T a g e n d i e H e r z e n s e i n e r L a n d e s ­ k in d e r h ö h e r s c h l a g e n l ä ß t , z u i h r g e s e l l t sich n o c h e i n z w e i t e s H o c h g e f ü h l : die b e g l ü c k e n d e E m p f i n d u n g u n d d a s e r h e b e n d e B e w u ß t s e i n , d a ß B a d e n s T h r o n , a u f d e m w i r so l a n g e J a h r e e i n G r o ß h e r z o g s p a a r v o n u n v e r g l e i c h - 2 — *8 — l i c h e r V e r e h r u n g s w ü r d i g k e i t s e g e n s v o l l h a b e n w a l t e n s e h e n , w i e d e r u m g e z i e r t i s t du rc h e i n e n F ü r s t e n u n d e i n e F ü r s t i n , d i e g le ic h a u s g e z e i c h n e t s in d durch d e n A d e l u n d d e n Z a u b e r i h r e r P e r s ö n l i c h k e i t w i e d u rch d i e s c h ö n s t e n T u g e n d e n u n d F ä h i g k e i t e n , d e r e n e i n H e r r s c h e r p a a r z u r E r f ü l l u n g s e i n e r h o h e n A u f g a b e i n u n s e r e n Z e i t e n b e d a r f . W e n n G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h I . e in s t d i e H o f f n u n g a u s s p r a c h , d a ß s e i n S o h n e i n w e i s e r u n d g e r e c h t e r F ü r s t w e r d e n m ö g e u n d w e n n e r u n f e r m h o h e n J u b e l p a a r b e i s e i n e r V e r m ä h l u n g d e n W u n s c h a u f d e n L e b e n s w e g g a b , d a ß e s sich s t e t s d e r A u f g a b e n s e i n e s h o h e n B e r u f e s b e w u ß t f e i n m ö g e , i m L e b e n u n d i n d e r P f l i c h t e r f ü l l u n g e i n V o r b i l d z u f e in , so d ü r f e n w i r h e u t e a l s u n s e r e Ü b e r z e u g u n g b e k e n n e n , d a ß d ie s e H o f f n u n g e n u n d W ü n s c h e sich a u f s sc h ö n s t e e r f ü l l t h a b e n . U n s e r G r o ß h e r z o g , w e i s e u n d g e r e c h t , f r e u n d l i c h u n d g ü t i g , d e r t r e u e s t e F r e u n d s e i n e s g e l i e b t e n V o l k e s , v o l l V e r s t ä n d n i s f ü r d e s s e n E i g e n a r t u n d d i e v i e l f ä l t i g e n R e g u n g e n s e i n e r S e e l e , i n u n e r m ü d l i c h e m P f l i c h t e i f e r s e i n e r m i t t i e f s t e m E r n s t e r f a ß t e n L e b e n s a u f g a b e sich h i n g e b e n d — u n d a n s e i n e r S e i t e u n s e r e G r o ß h e r z o g i n , h e r z g e w i n n e n d d u rc h i h r e h o h e A n m u t u n d g e m ü t v o l l e H e r z l i c h k e i t , d i e t r e u e G e f ä h r t i n u n d P f l e g e r i n i h r e s g e l i e b t e n G a t t e n , d ie F r e u n d i n a l l e s S c h ö n e n u n d G u t e n , d i e W o h l t ä t e r i n u n d H e l f e r i n d e r A r m e n u n d B e d r ä n g t e n , d ie B e s c h ü t z e r i n u n d M e h r e r i n a l l e r W e r k e d e r N ä c h s t e n l i e b e u n d B a r m h e r z i g k e i t — f ü r w a h r ! e i n F ü r s t e n p a a r v o n s o lc h e r A r t t r ä g t n i c h t n u r d i e B ü r g s c h a f t s e i n e s e i g e n e i l G l ü c k e s i n s ich, s o n d e r n b e d e u t e t a u c h e i n e n u n e r m e ß l i c h e n H o r t d e s G l ü c k e s u n d S e g e n s f ü r s e i n V o l k u n d s e i n L a n d . D a n k b a r u n d v e r e h r u n g s v o l l , i n u n w a n d e l b a r t r e u e r G e s i n n u n g u n d v o l l f r o h e r Z u v e r s i c h t b l ick en w i r d a r u m h e u t e e m p o r z u u n s e r e m f ü r s t l i c h e n J u b e l p a a r . Z u m H i m m e l a b e r s e n d e n w i r d e n h e i ß e s t e n W u n s c h : G o t t schütze, G o t t s e g n e u n d e r h a l t e u n s recht l a n g e u n f e r n G r o ß h e r z o g u n d u n s e r e G r o ß h e r z o g i n ! M i t b ü r g e r I n so lch er G e s i n n u n g u n d z u r B e k r ä f t i g u n g u n s e r e r G l ü c k - u n d S e g e n s w ü n s c h e la s se n S i e u n s d a s g e l i e b t e J u b e l p a a r fe s t l ich i n u n s e r e r M i t t e b e g r ü ß e n m i t d e m R u f e : I h r e K ö n i g l i c h e n H o h e i t e n d e r G r o ß h e r z o g u n d d i e G r o ß h e r z o g i n l e b e n h o c h ! " h ierau f erwiderte der Großherzog folgendes: „ N e h m e n S i e d e r G r o ß h e r z o g i n u n d m e i n e n h e r z l i c h e n u n d r e i c h e n D a n k f ü r d ie t r e u e n G l ü c k - u n d S e g e n s w ü n s c h e , d ie S i e n a m e n s d e r H a u p t « u n d R e s i d e n z s t a d t e b e n i n so w a r m e n W o r t e n a n u n s g e r i c h t e t h a b e n , e n t ­ g e g e n , a n d e m V o r t a g e e i n e s L r i n n e r u n g s t a g e s , d e r f ü r u n s e r b e id e r H e r z e n d i e g lü c k l ich s te R ü c k s c h a u e r m ö g l i c h t . I n d i e s e n R ä u m e n , i n d e n e n w i r , w i e S i e s c h o n e r w ä h n t e n , so m a n c h e s r o h e u n d e r n s t e F e i e r e r l e b e n d u r f t e n a n d e r S e i t e m e i n e r t e u e r n E l t e r n e n t b i e t e n S i e u n s n u n h e u t e w i e d e r e i n e so h e r z l i c h e B e g r ü ß u n g s f e i e r , d a ß w i r n i c h t d a n k b a r g e n u g s e i n k ö n n e n . S i e h a b e n i n b e r e d t e n W o r t e n d e r T e i l n a h m e d e r g a n z e n B e v ö l k e r u n g a n u n s e ­ r e m F e s t e g e d a c h t u n d e s l i e g t m i r a m H e r z e n , e s a u s z u s p r e c h e n , w e l c h e n d a n k b a r e n u n d f r e u d i g e n W i d e r h a l l d i e s e W o r t e b e i u n s g e f u n d e n h a b e n . D e r m o r g i g e T a g ist j a z w a r n i c h t u n g e t r ü b t , d a u n s e r H a u s n i c h t m e h r v o l l ­ z ä h l i g i s t , a b e r doch h a t e r e i n e F ü l l e d e r t e u e r s t e n E r i n n e r u n g e n a n e i n e - \9 g r o ß e V e r g a n g e n h e i t , d i e w i r a l l e m i t e r l e b e n d u r f t e n . W e n n u n s a u c h m e i n B e r u f l ä n g e r e J a h r e v o n m e i n e r t e u e r e n V a t e r s t a d t f e r n g e h a l t e n h a t , f o w i s s e n S i e doch, d a ß ich u n d d a ß w i r b e i d e u n s s t e t s u n d i m m e r w i e d e r a u f s n e u e v e r b u n d e n g e f ü h l t h a b e n m i t K a r l s r u h e s t r e u e n B ü r g e r n . U n d ich m ö c h t e e s h i e r n o c h b e s o n d e r s a u s f p r e c h e n , w i e e s g e w e s e n is t u n d w i e e s au c h f ü r d ie Z u k u n f t b e i u n s s e i n u n d b l e i b e n s o l l : d a ß u n s e r e k s e r z e n u n d K r ä f t e d e m M o h l e d e s g e l i e b t e n t e u e r e n V a t e r l a n d e s a u s s c h l i e ß l i c h g e w i d m e t f e i t t s o l l e n u n d d a ß w i r d i e t r e u e n E m p f i n d u n g e n , d i e S i e u n s e n t g e g e n ­ b r i n g e n , m i t d e r g l e i c h e n T r e u e e r w i d e r n u n d m i t d e m W u n s c h e e i n e s s t e t e n W o h l e r g e h e n s u n d e i n e r f e r n e r e n g l ü c k l i c h e n E n t w i c k e l u n g u n s e r e r l i e b e n S t a d t K a r l s r u h e . ITtit n o c h m a l i g e m D a n k e v e r b i n d e n m i r d e n I v n n f c h : G o t t schütze u n s e r e S t a d t K a r l s r u h e , G o t t schütze u n s e r e t e u e r e b a d i s c h e f j e i m a t . I h n e n b e i d e n g i l t m e i n f j o c h !" Nachdem das Hoch verklungen w ar, begann das Festspiel. Die szenische Id ee und (Entrichtung stammte von A arl Hoffacker, Direktor der Kunstgewerbeschule, die Dichtung von Hofschauspieler Felix Baum bach, die Musik von Hofkapellmeister Alfred Lorentz. Die Bühne zeigte in ihrer A nordnung antike Form en. I h r erhöhter M ittelteil wurde links durch einen Rosenhain abgeschlossen, rechts durch eine M yrtenlaube, vor denen A ltars der Liebe und Treue aufgebaut waren. Die Dichtung verherrlichte die drei Murzein des ehelichen Glückes: Liebe, Treue und Pflicht. Felix Baum bach sprach den Pro log . D ann traten Jünglinge und Ju n g frau en auf und schmückten mit Rosen und M yrten die A ltäre. Knaben und Mädchen sangen und tanzten einen Kinderreigen. E in junges P a a r stand am A lta r der Liebe. Gesänge des Gesamtchores fielen ein, ein Rosenopfer beschloß diesen Teil, die Feier der Liebe. D arauf erhob der Thorführer zum Preise der Treue seine Stim m e. E in idealer K ult am myrtengeschmückten A ltäre und ein vom T hor gesungener, von den Darstellern getanzter Hochzeitsreigen bildeten den I n h a l t des zweiten Teiles. Unter leiser Musik öffnete sich der Vorhang des Tem pels. Vesta (Hoffchaufpielertn M arie Frauendorffer), die Göttin des häuslichen Herdes, schürt die A lta r­ flamme, Vestalinnen opfern Rauchwerk. Einen Silberkranz in der Hand, tra t die G öttin vor und feierte in hymnischer Rede die Pflicht. Der Thorgesang fiel ein, und während drei F rauen­ gestalten, Liebe, Treue und Pflicht darstellend, auf einem B lum en­ gewinde den Silberkranz auf die Vorbühne trugen, wurden im Hintergrunds die Städtebilder Heidelberg, K arlsruhe und Freiburg 2 * — 20 — sichtbar. Die Bühne erglänzte in heilem SilberfchmucF, und in seinem Schlufzspruche brachte der Chorführer die Huldigung des badischen Landes zum Ausdruck. Sämtliche IHitrouckenbe begaben sich in den Vordergrund der Bühne und brachten dem Ju b e lp aar ein dreifaches fjetl dar. Die Musik spielte einen Fürstenhymnus. — Don den M itwirkenden nennen w ir hier den Instrum ental­ verein, den freiwilligen Damenchor, sowie die Sänger der „Lieder­ halle" und des „Liederkranzes". Um 5 U hr nachm ittags begann der Festakt der vereinigten Leibgrenadiervereine in Verbindung mit dem aktiven Regiment. Z u r Vorbereitung der Feier w ar ein Ehrenausschuß gebildet worden, dem der Präsident des M ilitärvereinsverbandes, G eneral­ leutnant z. D. Fritsch, Oberst von Lüttwitz, K om m andeur des V Badischen Leibgrenadierregiments, Oberbürgermeister Siegrist, Ehrenmitglied des Badischen Leibgrenadiervereins K arlsruhe, H auptm ann Freiherr von Türckheim, Ehrenvorsitzender des Vereins, sowie, die f. Vorsitzenden der Grenadiervereine K arlsruhe, M a n n ­ heim, Freiburg, Pforzheim, Heidelberg, Konstanz, Ossenburg, Lahr und U m gebung, der Vereinigung ehemaliger Leibgrenadiere im H anauerland, Durbach, Singen i. Schw. und K olm ar angehörten. Die Festleitung lag in den fän d en des 2 . Vorsitzenden des Leib­ grenadiervereins K a rls ru h e , I . Steiner. Außerdem wirkte bei der Feier mit die vollständige Kapelle des Leibgrenadierregiments, Fräulein M argarete I re n e Neff (G esang), sowie die Turngesell- schast K arlsruhe. Der große Festhallesaal w ar geschmückt. Die Szenerie aus der Bühne zeigte den Schwarzwald, umgeben von Tannenbäum en; hinter einem künstlich hergestellten Tannenhaag hatte die Grenadierkapelle Platz genommen. Rechts und links des G arderobeeingangs waren die alten Veteranen des Grenadier­ regiments in der U niform und m it den Gewehren früherer Zeit­ perioden als Ehrenwache ausgestellt. M it dem Großherzog F riedrich-Iubiläum sm arsch, komponiert und gewidmet zur silbernen Hochzeit des G roßherzogspaares von E m il K aiser, wurde der Festakt eingeleitet. Hieraus sang die Sängerriege der Turngesell- schast m it Instrum entalbegleitung den M ännerchor: „ I m deutschen Geist und Herzen sind w ir eins" von Kremser. Um halb sechs U hr betrat der G roßherzog, begleitet von dem Kronprinzen von — 2 { — Schweden, den S aa l. Dem Festakt wohnte auch Prinzessin W ilhelm und die Fürstin zu S olm s an. Nachdem der Großherzog durch ein Hoch begrüßt w ar, begann das Festspiel mit dem Huldigungs- aft und dem (Ehrenappell der Veteranen des R eg im ents, verfaßt von Alberta von Freydorf. Die Handlung ist in einem Schwarz­ walddorfe gedacht, wo die Landleute Kränze und G uirlanden zur silbernen Hochzeit des G roßherzogspaares binden, wobei die Veteranen ihrer Dienstzeit und der Hochzeitsfeier des Fürstenpaares vor 25 Ja h re n gedachten. Die der Handlung angepaßten Bilder zeigten die (Entwicklung des Regiments während der 100 J a h re des Bestehens, auf das die einzelnen Dialoge Bezug nahmen. 2Uit einem Pro log des Herolds, Herrn Held, der m it einem H urra auf Kaiser und Reich, das B adnerland und sein Fürstenpaar schloß, und während dem sich vor den Büsten des G roßherzogs­ paares Landleute, Kinder, Grenadiere huldigend versammelt hatten, schloß der Festakt. Nachdem der Großherzog sich verabschiedet hatte, begann um halb sieben U hr ein Festbankett, bei dem Fräulein Neff einige Lieder vortrug, die Turngesellschaft turnerische Übungen machte und die Sängerriege sang. Die Festrede hielt Geheimer Regierungsrat ZMajor a. D. Kopp aus Freiburg. Abends halb neun Uhr brachten die K arlsruher Gesang­ vereine im A uftrag des badischen Sängerbundes den Großherzog­ lichen Herrschaften ein Gesangsständchen dar. Die Sänger zogen mit Lam pions unter V orantritt der Grenadierkapelle vor das Schloß, wo sie unter Leitung des Professors Scheidt einige Volkslieder vor­ trugen. Bundespräsident Adolf ZDilfer brachte dem Ju b e lp aare ein Hoch. Der Großherzog dankte vom Balkon des Schlosses und schloß mit einem Hoch auf die badische Heimat. A lsdann wurden das Bundespräsidium und die Vorstände der hiesigen Vereine von den Herrschaften empfangen. Der eigentliche Festtag, 20 . Septem ber, wurde in der Frühe m it Festgeläute, Abgabe von 101 Kanonschüssen auf dem Lauter­ berg und mit Thoralmusik vom T u rm des R athauses eingeleitet. Um 9 Uhr nahmen der Großherzog und die Großherzogin im P a la is die Glückwünsche der Damen und Herren der Umgebung entgegen und fuhren sodann in das Schloß, wo die Beglück­ wünschung seitens der fürstlichen Gäste stattfand. Der Z ug in die — 22 — Schloßkirche ordnete sich folgendermaßen: Zwei Hoffouriere, zwei Kammerherren, zwei Zeremonienmeister, der Großhofmeister, der Großherzog und die G roßherzogin, gefolgt von der E rbgroß- herzogin von Luxemburg und den Prinzessinnen Charlotte und Hilda von Luxemburg, der Oberzeremonienmeister, der Dberhos- marschall, P rinz Adalbert von Preußen als Vertreter des Kaisers mit der Königin von Schweden, der Kronprinz von Schweden mit der Königin von W ürttemberg, Großherzogin Luise m it der G ro ß ­ herzogin-M utter von Luxemburg, Prinz Wilhelm von Schweden mit Prinzessin Heinrich von P reußen , der Herzog von Sachsen- Altenburg m it Prinzessin W ilhelm von Schweden, der Herzog von A nhalt m it der Erbprinzessin von M ein ingen , der Fürst zu Waldeck m it der Herzogin von Sachsen-Altenburg, Prinz M ax mit der Herzogin von A nhalt, der E rbprinz von M einingen mit Prinzessin W ilhelm , P rinz Friedrich von Schaumburg-Lippe mit Prinzessin M ax, der Fürst zu Leiningen mit der Fürstin zu Waldeck, der Fürst zu Bentheim m it der Fürstin zu E rbach , der Fürst zu Erbach m it der Fürstin zu Bentheim, der Erbprinz zu Hohenlohe- Langenburg mit der Fürstin zu Leiningen, der Prinz H ans zu Hoheulohe-Dshringen m it der Prinzessin Amelie zu Fürstenberg. Die den fürstlichen Gästen beigegebenen Kammerherren und Kammerjunker schritten ihren Herrschaften unm ittelbar voran, die Hofstaaten und der militärische Ehrendienst folgten. Die kirchliche Feier begann mit Lhorgesang, Eingangsgebet und Gemeindegesang. Die Festpredigt hielt D. Helbing, Präsident des Oberkirchenrates. E r legte den Text zu Grunde Psalm {03 , {7 : „Die Gnade des Herrn w ährt von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, so ihn fürchten." Nach der predigt folgten Hauptgebet, Ehorgesaug und Segen, w orauf die kirchliche Feier schloß. Der Z ug bewegte sich in gleicher O rdnung in das Schloß zurück. Nach dem Gottesdienst empfingen der Großherzog und die Großherzogin im Schloß zur Beglückwünschung das Gefolge der anwesenden Fürstlichkeiten, die M itglieder des S taatsm inisterium s, Abordnungen der beiden K am m ern der Landstände, den Kommandierenden General und eine Abordnung des X IV . Arm eekorps, als Vertreter der katholischen Kirche den Erzbischof von Freiburg mit dem D om kapitular Brettls und dem Stadtdekan Geistlichen R a t Knörzer von hier und als Vertreter der evangelischen Kirche den Präsidenten des Oberkirchen- ra ts D. Belbing mit dem Vorsitzenden R a t Geheimerat B u jard , P rä la t Schmitthenner, und den M itgliedern des Generalsynodal- Ausschusses Ministerialdirektor Geheimerat W eingärtner und P farre r K appler. Einen Spezialgesandten des Kaisers von Österreich hatte der Großherzog bereits am fß. September empfangen. Der Gesandte überreichte ein Glückwunschschreiben des Kaisers Franz Josef. L in katholischer Festgottesdienst fand am 20 . morgens 8 U hr in der Stephanskirche statt. Der Erzbischof von Freiburg Dr. Nörber zelebrierte das feierliche Pontifikalam t. Der altkatholische Bischof hatte am September an alle badischen P farräm ter einen E rla ß ergehen lassen, im Gottesdienst des f 8 . September der silbernen Hochzeit des G roßherzogspaares besonders zu gedenken und die Feier mit dem Danklied „G roßer G ott, w ir loben Dich", zu beschließen. Der O berra t der Is rae liten hatte angeordnet, daß am \ 7 . in allen Synagogen des Landes aus A nlaß der silbernen Hochzeit ein Festgottesdienst stattzufinden habe. Der Oberschulrat hatte verfügt, daß in allen M ittel- und Volksschulen am sß. im Anschluß an den Unterricht die Schüler aus die Bedeutung des Festes hinzuweisen seien, und daß am 20 . der Unterricht ausfalle. Einem persönlichen Wunsche des Großherzogs entsprechend wurde der 20 . September bei allen Behörden des Landes als Feiertag behandelt. Nach Anordnung der Ministerien blieben demzufolge die Geschäftsräume der Behörden am 2 0 . geschloffen. Z um Besten der beiden Krippen des Frauenvereins wurde hier am 20 . ein M argeritentag abgehalten. Z n allen Straßen der Stadt boten Damen und Mädchen B lum en zum Verkauf an. Der P re is betrug f0 P f., doch wurden höhere G aben mit Dank angenommen. Z u r Belebung des Verkaufs spielten vor- und nachmittags Musikkapellen an verschiedenen Plätzen der S tadt. 250 000 Stück M argeriten mit Schleifen in badisch-nassauischen Farben waren hergestellt worden. Freilich erschwerte Regenwetter den Verkauf. — 24 — I m Laufe des N achm ittags unternahmen der Großherzog und die Großherzogin eine R undfahrt durch einen Teil der Straßen der S tad t und empfingen dann im Schloß das diplomatische A orps und die Vertreter fremder Fürstlichkeiten, eine Abordnung der G rundherren , sowie die Häupter und M itglieder der ftandesherr- lichen Fam ilien, die sich zur Beglückwünschung angemeldet hatten. U m 6 U hr fand G alatasel im Schloß statt. W ährend derselben brachte im A uftrag der anwesenden fürstlichen Verwandten und Gäste P rinz A dalbert von preußen einen Trinkspruch auf das G roßherzogspaar a u s , w orauf der Großherzog erwiderte. Den Schluß des Hauptfesttages bildete die Festaufführung im Hoftheater, das feierlichen Schmuck angelegt hatte. Guirlanden von T annen­ grün und ZTTyrtenlaub, aus dem Silberblumen hervorleuchteten, zogen sich an den Rängen entlang, elektrische Lampen ergossen reichliches Licht über den T heaterraum . A ls die Herrschaften eintraten, brachte Hoffinanzrat Ruppert ein Hoch aus, worauf die badische Fürstenhymne gespielt wurde. D ann begann die A uf­ führung des von A lbert Geiger von hier gedichteten und von Hof­ kapellmeister Alfred Lorentz in Musik gesetzten Festspieles: Schwarz­ wälder und Städter bringen dem Fürstenpaar ihre Huldigung dar. Nach einer kurzen Pause ging der erste Akt von W agners „Lohengrin" in Szene. A m V orm ittag des 2{. empfingen der Großherzog und die Großherzogin im P a la is die Oberbürgermeister der Städte der Städteordnung und eine A bordnung der mittleren Städte des Landes, die zur Feier des silbernen Hochzeitsfestes als Zeichen der innigen und freudigen Anteilnahme ihrer B ürger an dem Iubeltage des Fürstenhauses eine Silbergabe*) überreichten. Bei der Übergabe hielt Oberbürgermeister D r. W interer von Freiburg eine Ansprache. Außerdem wurden am V orm ittag des 2 V empfangen: eine A bordnung der beiden Universitäten des Landes und der Tech» * ) D i e S i l b e r g a b e b e s ta n d a u s 6 I a r d i n i e r e n m i t U n te r sa tz u n d v e r ­ g o ld e t e r E i n l a g e , s F r u c h t s c h a le n a u f h o h e m F u ß , 6 v ie r e c k ig e n F r u c h t k ö r b e n , 6 r u n d e n F r u c h t k ö r b e n u n d 6 B l u m e n v a s e n . D a s G a n z e w a r n a c h d e n E n t ­ w ü r f e n v o n P r o f e s s o r K a r l k fo ffa c k e r , D ir e k to r d e r K u u s t g e w e r b e s c h u le h ie r , d u rch d ie S i l b e r w a r e n f a b r ik p . B r u c k m a n n & S ö h n e i n k f e i lb r o u n h e r g e s te l l t w o r d e n . — 25 — nischen Hochschule, der Akademie der bildenden Künste, der Akademie der Wissenschaften in Heidelberg, der Vorstand der Badischen Histo­ rischen Kommission, der Bischof der Altkatholiken D r. Demmel aus Bonn mit dem altkatholischen S tad tpfarrer Bodenstein von hier, eine Abordnung des O berrates der Is rae liten , der Kreise des Landes und des badischen Handelstages. Gegen \2 U hr begaben sich die Herrschaften ins Schloß zur Entgegennahme der Huldigung des Verbandes der Bürgermeister der Land- und kleineren Stadtgemeinden. Der Z ug, der gegen tausend Bürgermeister umfaßte, rückte m it Musik vor das Schloß und nahm im Halbkreis vor dem H auptportal Aufstellung; der Vorstand des Verbandes, Bürgermeister Hambrecht von Sandhaufen, richtete an die Herrschaften, die auf dem Balkon standen, eine Ansprache, auf die der Großherzog erwiderte. Der Großherzog und die G ro ß ­ herzogin ließen darauf die Bürgermeister im G artensaal an sich vorüberziehen. A m Abend fand auf Befehl des Großherzogs im Hoftheater für alle zu dieser Huldigung Erschienenen eine Sonder­ vorstellung statt. E s wurde „O beron" von Weber gegeben. Bei dem E in tritt des Großherzogs und der Großherzogin, die dem ersten Akt beiwohnten, brachte Bürgermeister Hambrecht ein Hoch aus. Der Huldigungsfestzug der T u rn - und Sportvereine setzte sich nach 3 H4 U hr in Bewegung. An der Spitze fuhren O berbürger­ meister Siegrist und der Vorsitzende der Festzugskommission, S tad tra t Kölsch. Abteilung I umfaßte Automobile, Abteilung II T u rn ­ vereine von K arlsruhe und Umgebung, Abteilung III Schützen von K arlsruhe und Umgebung, Abteilung IV Sportvereine von K a rls ­ ruhe und Umgebung, in besonderer Aufstellung Abteilung V Knaben und Mädchen der oberen Klassen der hiesigen Volksschulen. A ls der Z ug sich dem Schlosse näherte, erschienen das G roßherzogspaar, Großherzogin Luise, die Königin von Schweden, Prinz und P r in ­ zessin M ax und die übrigen noch hier anwesenden Fürstlichkeiten auf dem Balkon. Der Oberbürgermeister und S tad tra t Kölsch begaben sich auf den Balkon, um den Herrschaften die gewünschten Erläuterungen über den Z ug während des Vorbeimarsches zu geben. I m ganzen mögen sich, wie mitgeteilt wurde, an 2000 Personen an dem Z ug beteiligt haben. I m Anschluß an den Huldigungsfestzug fanden vor dem Schloß turnerische Vorführungen — 26 — statt. 222 Knaben der oberen Klaffen der Volksschulen führten unter der Leitung des Turninspektors Stetsiin Freiübungen vor. D aran schloß sich nach dem R hythm us einer von der Schüler» fapelle gespielten M azurka ein Reigen von 128 Mädchen der Volksschule. Unter der Leitung des Hauptlehrers Lechnet fangen die Kinder (1005 Knaben und 1057 Mädchen) die Hymne aus dem O ra to rium „Befreites Jerusalem " von Stadler, ein Lied „D as Badener Land" von i senmann und die „Badische Hymne". Sodann brachte Stadtschulrat Dr. Gerwig ein hoch auf das G roß ­ herzogspaar aus. Der Großherzog erwiderte dankend. Nach den Festlichkeiten ließen die Herrschaften dem S tad tra t 23'fO E rinnerungs­ münzen an die silberne Hochzeit zur Verteilung an die Kinder, die in dem Auge gewesen waren, überreichen. Außerdem wurden dem S tad tra t fünf weitere Exemplare dieser Münzen sowie eine silberne Erinnerungsm edaille für die städtische M ünzen- und M edaillen­ sam m lung übersandt. . Die T urn -, Fußball- und Athletenvereine hatten sich vom Schlosse nach dem Sportsplatze des Fußballvereins in der ver­ längerten M oltke-Straße begeben, wo um 5 Uhr das Rasensportfest stattfand, dem der Großherzog, der Kronprinz von Schweden, sowie P rinz und Prinzessin M ax beiwohnten. D as P rog ram m lautete: 1. Aufmarsch der T urner und allgemeine Freiübungen; 2. Fußball­ wettspiel; 3. Vorführungen der Athletenvereine: Gewichtheben, Kugel- und Steinstoßen, Pyram idenbau , Ringkämpfe, Tauziehen, Übungen der geübteren T u rn e r , T am burin- und Faustballspiel; ch E ilbotenlauf der Fußballvereine vom Schloß nach dem Sport­ platz und Endkam pf um die Ehrenpreise. A m Abend fand im Schloß eine Abendgesellschaft mit Konzert statt. A m v o rm ittag des 22. empfingen der Großherzog und die Großherzogin eine Abordnung des Badischen Frauenvereins, des Deutschen Frauenvereins vom Roten Kreuz für die Kolonien, der Badischen Landwirtschaftskammer, des Badischen landwirtschaftlichen Vereins, des Präsid ium s des Badischen M ilitärvereins-V erbandes, einen Vertreter des Badischen Landesausfchusfes des Deutschen Flottenvereins, eine Abordnung der vier Handwerkskammern des Landes, des Badischen Landesfeuerwehrvereins, des Badischen - 27 — Landesvereins für In n e re M ission, des Landesverbandes der badischen Gewerbe- und Handwerker - Vereinigungen, der S tad t W eilburg, des Provinzialausschusses der Rheinprovinz, der S tad t Koblenz, den Regierungspräsidenten der Pfalz, sowie Abordnungen folgender Regimenter: des f. Badischen Leibgrenadier-Regiments, des V Badischen Leib-Dragoner-Regiments, des V Badischen Feld- artillerie-Regiments, des 5. Badischen Infanterie-R egim ents, des 8. Bayerischen Infanterie-R egim ents (Großherzog Friedrich), und des 8. Württembergischen In fan te rie - Regiments (Großherzog Friedrich) und des Sächsischen Infanterie-R egim ents. A m Abend wurde im Hoftheater das huldigungsspiel wieder­ holt, dann in neuer Ausstattung „Fidelio" von Beethoven gegeben. Am 23. empfingen der Großherzog und die Großherzogin eine Abordnung des Naturwissenschaftlichen Vereins K arlsruhe. Am Abend des 2%. verband der M ilitärverein mit dem 38. Stiftungsfest die Feier der silbernen Hochzeit des Fürstenpaares. Die Festrede hielt Rechtsanwalt Dr. Lorenz. A m N achm ittag des 25. veranstaltete der Werkmeisterverband das oben erwähnte Bankett, bei dem Herr Schumann die Festrede hielt. Der Großherzog und die Großherzogin stifteten anläßlich der Festlichkeiten dem Ludwig W ilhelm-Krankenheim 5000 M f., den gleichen B etrag ließen die Herrschaften dem (Oberbürgermeister zur alsbaldigen Verteilung an Bedürftige der S tad t K arlsruhe zu­ gehen. — Der Großherzog hat eine Plakette aus Altsilber von sich und der Großherzogin Herstellen lassen und an alle Fürstlich­ keiten, die hier waren, sowie an alle Hofbeamte und an die M inister verteilt. Die Landwirtschaftskammer hat beschlossen, zur dauernden Erinnerung an das Ehejubiläum des G roßherzogspaares alljährlich einen B etrag von 500 M f. auszusetzen, der dazu dienen soll, geeignete Personen m it dem Studium mustergültiger Einrichtungen und wichtiger Neuerungen auf dem Gesamtgebiete der Land- und Forstwirtschaft, sowie mit der Prüfung ihrer Nutzanwendung für unsere heimischen Verhältnisse zu beauftragen. Geheimer K om m er­ zienrat Dr. K arl Reiß in M annheim hatte im August dem Präsidium des Badischen M ilitärvereinsverbandes 5000 M f . zu­ gehen lassen mit der Bestimmung, diese Sum m e an besonders — 28 — bedürftige Kriegsveteranen in Beträgen von 50— \0 0 ITEF. am Tage der silbernen Hochzeit des G roßherzogspaares zu verteilen. Der Großherzog hat aus A nlaß des E hejubiläum s 36 gerichtlich, zum Teil wegen schwerer Derbrechen zu Freiheitsstrafen verurteilten Personen teils durch völligen oder teilweisen Nachlaß, teils durch A nordnung der vorzeitigen vorläufigen Entlassung oder der vor­ zeitigen B eurlaubung auf w ohlverhalten nach Derbüßung eines Teils ihrer S trafen Gnade erwiesen. Außerdem hat das Justizministerium auf G rund der ihm übertragenen Zuständigkeit aus dem gleichen A nlaß in 57 Fällen Gnadenakte verfügt. Am 2ch September ging dem Staatsm inister folgendes H and­ schreiben des Großherzogs zu: „ L ie b e r S t a a t s m i n i s t e r F r e ih e r r v o n D u s c h ! N a c h d e m d ie F e i e r u n s e r e s s i lb e r n e n E h e j u b i l ä u m s v o r ü b e r g e g a n g e n ist, d r ä n g t e s d ie G r o ß h e r z o g in u n d m ic h , u n s e r e r D a n k b a r k e i t f ü r a l l e s E r l e b t e d e n ö f f e n t l ic h e n A u s d r u c k z u g e b e n , d e r d e r W ä r m e u n s e r e r E m p f in d u n g e n e n ts p r ic h t . ■ W i r s in d a u f d a s T ie f s t e g e r ü h r t d u rch d ie A n t e i ln a h m e , d ie u n s e r e G e d e n k f e i e r i n d e n w e i t e s t e n K r e is e n m e i n e s t e u e r e n V o lk e s g e f u n d e n h a t , d u rch d ie z a h l lo s e n B e w e i s e v o n L ie b e u n d T r e u e , d ie u n s e n t g e g e n g e b r a c h t w o r d e n f in d u n d d u rch d ie h e r z l ic h e G e s i n n u n g , d ie in a l l e n V e r a n s t a l t u n g e n d e r le tz te n T a g e z u m A u s d r u c k k a m . I n n i g e n u n d a u f r ic h t ig e n D a n k s a g e n w i r a u s b e w e g t e m H e r z e n f ü r a l l e d ie s e K u n d g e b u n g e n u n d w i r g e b e n d ie fe s te V e r s ic h e r u n g , d a ß w i r i n Z u k u n f t w i e b i s h e r d ie g a n z e K r a f t u n s e r e s L e b e n s d e m D ie n s t d e s V a t e r l a n d e s w id m e n w e r d e n . N u r so g la u b e n w ir d e r t i e f e n D a n k e s s c h u ld g e r e c h t z u w e r d e n , d ie d ie L ie b e u n s e r e s V o lk e s u n s a u f e r l e g t h a t . I c h e rsu c h e S i e , d i e s z u r ö f f e n t l ic h e n K e n n t n i s z u b r in g e n . I h r s e h r w o h lg e n e ig t e r K a r l s r u h e , d e n 2 \ . S e p t e m b e r ( 9 ( 0 - F r ie d r ic h ." Dem Oberbürgermeister ging folgendes Handschreiben zu: „ L ie b e r O b e r b ü r g e r m e is t e r ! D e r G r o ß h e r z o g in u n d m ir l i e g t e s a m H e r z e n , u n s e r e r l i e b e n H a u p t - u n d R e s id e n z s t a d t K a r l s r u h e u n s e r e n h e r z l ic h e n u n d w a r m e n D a n k z u s a g e n f ü r a l l e s , w a s u n s in d e n T a g e n d e r F e s t f e ie r u n s e r e s s i lb e r n e n E h e j u b i l ä u m s s o w o h l v o n s e i t e n d e r S t a d t v e r w a l t u n g w i e v o n d e n V e r e in e n , d e n S c h u le n u n d d e r g a n z e n B e v ö l k e r u n g a n B e w e i s e n d e r L ie b e u n d t r e u e r A n h ä n g l i c h ­ k e it e n t g e g e n g e b r a c h t w o r d e n ist. W i r s in d t i e f e r g r i f f e n v o n a l l e n d ie s e n K u n d g e b u n g e n , d ie in d e r fe s t lic h e n A u s s c h m ü c k u n g d e r S t a d t , in d e r ü b e r a u s h e r z l ic h e n B e g r ü ß u n g d u rch d ie B e v ö l k e r u n g a u f u n s e r e n F a h r t e n , in d e r g r o ß a r t ig e n u n d e r h e b e n d e n F e i e r in d e r F e s t h a l l e , in d e m F e s tz u g v o r d e m - 29 - S c h lo ß , d e n D a r b ie t u n g e n d e r V e r e in e u n d v i e l e m a n d e r e n ih r e f ü r u n s u n v e r g e ß l ic h e n H ö h e p u n k t e g e f u n d e n h a b e n . A u ß e r s ta n d , f ü r j e d e s e in z e ln e so z u d a n k e n , w i e e s u n s e r e m H e r z e n s b e d ü r f n i s e n ts p r ic h t , e rsu c h e ich S i e , d u rch V e r ö f f e n t l ic h u n g d ie s e s S c h r e ib e n s u n s e r e D a n k b a r k e i t a l l e n B e w o h n e r n d e r S t a d t k u n d z u g e b e n . I h r w o h l g e n e i g t e r K a r ls r u h e , d e n 2 4 . S e p te m b e r t g t o . F r ie d r ic h ." Am 25. September reiften Großherzogin Luise und Königin Diftoria von Schweden nach Schloß M a in a u ; am 26. begab sich Prinzessin M ax nach Schloß S alem ; am 27. reiften der Großherzog, die Großherzogin und die G roßherzogin-M utter von Luxemburg ab. Der Großherzog begab sich für einige Tage nach Schloß M ain au , die Großherzogin und die G roßherzogin-M utter von Luxemburg reiften zu längerem Aufenthalt nach Badenweiler. Den Todestag Großherzog Friedrichs I. verlebte der G ro ß ­ herzog mit der Großherzogin Luise und der Königin D iftoria aus Schloß M ain au . P rä la t Schmitthenner hielt daselbst einen T rau e r­ gottesdienst ab. Am Sarge des verewigten Fürsten legte der preußische Gesandte im Austrage des Kaisers einen K ranz nieder. Staatsm inister Freiherr von Dusch und M inister Freiherr von M arschall legten im Nam en des Staatsm inisterium s einen Kranz nieder. Dom Oberbürgermeister und einer A bordnung des S tad trates wurde im Namen der Stadtgemeinde K arlsruhe ein K ranz niedergelegt. Auch wurde in Telegrammen an den Großherzog und die G ro ß ­ herzogin Luise der teilnehmenden und dankbaren Gesinnung der K arlsruher Bürgerschaft Ausdruck verliehen. Des weiteren wurden Kränze am Sarge niedergelegt vom Osfizierkorps des Leib-Grenadier- Regiments und von der Technischen Hochschule. A m 3. Oktober reiste die Königin von Schweden von Schloß M ain au ab, um nach Schweden zurückzukehren. Sie traf in Basel mit den Großherzoglichen Herrschaften zusammen; die Großherzogin begleitete die Königin bis M fillheim und kehrte dann nach B aden­ weiler zurück, während der Großherzog m it der Königin bis K arlsruhe fuhr und am D orm ittag des ch nach Badenweiler zurückreiste. Am 6. ließ Großherzogin Luise die Zöglinge der lDessen- bergfchen Erziehungsanstalt Konstanz zu sich nach Schloß M a in a u - 30 — kommen. Die Rinder wurden bewirtet und beschenkt; am 8. wurden der evangelische Iünglingsverein und der Iungfrauenverein ein­ geladen. Am 7. (Oktober begaben sich der Großherzog und die G roß­ herzogin mit der G roßherzogin-M utter von Luxemburg von Baden­ weiler nach Freiburg, wo auch Prinz und Prinzessin M ax eintrafen. Abends besuchten die Herrschaften die Schlußvorstellung im alten Stadttheater. A m 8. besichtigte der Großherzog das tierhygienische In s titu t der Universität, am Abend des 8. wohnten die Herr­ schaften der Eröffnungsvorstellung des neuen Stadttheaters an. A m 9 . (Oktober reiste der Großherzog nach W aldshut. E r begrüßte die vor dem B ahnhof aufgestellten M ilitärvereine und Feuerwehren der Umgebung, fuhr durch die Straßen der Stadt, in denen die Vereine und Schulen aufgestellt waren, nach der landwirtschaftlichen Ausstellung. Am Abend fuhr der Großherzog nochmals durch die Straßen zur Besichtigung der Beleuchtung der S tadt, begab sich in der Frühe des lO. nach Fützen, um der Gemeinde feine Teilnahm e bei ihrem Brandunglück zu bezeugen und den Brandschaden zu besichtigen, und reiste gegen M ittag nach Badenweiler. Am 9 . hatten auch Prinz und Prinzessin M ax die Brandstätte besucht. Die Großherzogin begab sich am \0. nach Weinheim zum Besuche der dort tagenden Landesversammlung des Badischen Frauenvereins, sie besichtigte später die Frauenarbeitsschule und d as städtische R rankenhaus und fuhr am Abend nach Badenweiler. A m \2. Oktober fuhren der Großherzog und die Großherzogin nach Schönau im Wiesental, um an der Feier des (00jährigen S tad tjub iläum s teilzunehnien und dabei der S tad t und dem Bezirk einen Besuch abzustatten. I n t R athaus fand ein Festakt statt. Am Abend kehrten die Herrschaften nach Badenweiler zurück. A m (7. Oktober verließen die Herrschaften Badenweiler. Die Großherzogin reiste m it ihrer M utter nach Schloß Hohenburg in D berbayern, während der Großherzog nach Stockach fuhr, um die dortige landwirtschaftliche Ausstellung zu besuchen. A m Abend begab er sich nach Salem zum Besuch des Prinzen M ax und am vo rm ittag des (8. nach Sigm aringen zum Besuch des Fürsten von Hohenzollern. Abends erfolgte die Abreise nach Freiburg. Der Großherzog besichtigte daselbst am s9- das neue Universitäts­ gebäude, das neue Stabttheater, sowie das städtische M useum für N atu r- und Völkerkunde und folgte am M ittag einer E inladung des Vffizierkorps seines 5. badischen Infanterieregim ents N r. f so, das sich mit zahlreichen ehemaligen Regimentskameraden zur Feier des vor 25 Ja h re n erfolgten Diensteintritts des Großherzogs in das Regiment versammelt hatte. A m Abend fuhr der Großherzog nach Karlsruhe. A m 22. Oktober begab sich der Großherzog nach Schmeßingen und fuhr durch die Straßen der S tadt, in denen di^ Schuljugend Spalier stand, nach dem Schloß. Hier hatten die M ilitärvereine des G aues Aufstellung genommen. Nach E m pfang der Beamten, Geistlichen und Bürgermeister unternahm der Großherzog eine Rundfahrt durch den Schloßgarten und reifte am Abend nach Heidelberg, besuchte am 25. das Konzert der Heidelberger Bachvereins- Iubelfeier in der Stadthalle und besichtigte das städtische Hallenbad in Heidelberg und die Ausgrabungen auf dem Heiligenberg. A m Nachmittag fuhr der Großherzog nach W aghäusel, um die dortige Zuckerfabrik zu besuchen, und kehrte am Abend nach K arlsruhe zurück. Z um Konzert des Bachvereins in der A ula der Universität begab sich der Großherzog auch am 25. nach Heidelberg, unternahm dann eine F ah rt durch die W aldungen der S tad t und wohnte am Abend dem Schlußkonzert des Bachvereins in der Peterskirche an, w orauf er nach K arlsruhe zurückreifte. • Am 26. Oktober kam Großherzogin Luise von Baden auf mehrere Stunden hierher und wohnte hier der Leichenfeier für die Vorsteherin des Asyls Scheibenhardt, F rau Hahn, bei. Der Großherzog reifte in der Nacht des 27. nach Schloß Hohenburg. E r traf in München mit der Großherzogin und der Großherzogin-M utter von Luxemburg zusammen. Die Herrschaften besuchten daselbst die Ausstellung im G laspalast. Am November besuchte Prinz Heinrich von Preußen Großherzogin Luise in Baden. Der Großherzog und die Großherzogin reiften am \0 . November nach Schloß W olfsgarten bei Darmstadt, um dem Kaiser und der Kaiserin von R ußland und dem Großherzog und der Großherzogin von Hessen einen Besuch abzustatten. — 32 — A m \ N o v e m b e r begaben sich der Großherzog und die Großherzogin nach Baden, woselbst der Kaiser zum Besuch des Großherzoglichen Hofes eintraf. Der Kaiser reiste am \2. von B aden nach Donaueschingen. Der Großherzog und die Großherzogin fuhren am Abend nach Badenweiler. A m {7. kam Großherzogin Luise auf einige Stunden von Baden hierher, ebenso am sß. An diesem Tage legte die G ro ß ­ herzogin am Sarge des G rafen Rhena einen Kranz nieder und verweilte dann längere Zeit am Sarge Großherzog Friedrichs I. A m f8. begaben sich der Großherzog und die Großherzogin von Badenweiler nach Freiburg und wohnten daselbst dem Konzert des Musikvereins an. Der Großherzog reiste dann hierher, wohnte dem Rektoratswechsel in der Technischen Hochschule an, besichtigte am N achm ittag die Gartenstadt-Ausstellung und kehrte am Abend nach Badenweiler zurück, wohin sich die Großherzogin bereits am N achm ittag von Freiburg aus begeben hatte. A m 20., dem Todestag des G rafen Rhena, hat der hiesige Leibgrenadierverein einen Lorbeerkranz am Sarge des Verstorbenen niederlegen lassen. A m 22. November folgten der Großherzog und die G ro ß ­ herzogin einer E inladung der Museumsgesellfchaft zu einer Festfeier, die nachträglich zu Ehren der silbernen Hochzeit des Herrscherpaares von der Gesellschaft veranstaltet w ar. Der S a a l w ar festlich geschmückt. Die Herrschaften wurden von jungen Damen in griechischen Gewändern begrüßt. F ra u Rechtsanwalt H arrer sprach einen von ihrem G atten gedichteten Prolog, dann wurde die Fest­ ouvertüre vom Hoforchester gespielt. Die Festrede hielt S tad tra t Boeckh. Sie klang in ein hoch auf das G roßherzogspaar aus, w orauf das Festkonzert mit einer von Josef Hummel komponierten und dem G roßherzogspaar gewidmeten Festhymne begann. Die Rückkehr des Großherzogs und der Großherzogin nach Badenweiler erfolgte am 23. A m 5. Dezember empfingen dis Großherzoglichen Herrschaften den Besuch des Herzogs Z ohann Albrecht von Mecklenburg, Regenten von Braunschweig, und seiner Gem ahlin, die bis zum 7. hier verweilten. A m 8. Dezember empfing der Großherzog den G roßbritan ­ — 33 — nischen Geschäftsträger zur Überreichung eines Notifikationsschreibens über das Ableben König E d u ard s VII. und die Thronbesteigung Georgs V. A m 19. Dezember fand im P a la is des Prinzen M ax eine Weihnachtsbescherung für arme Fam ilien statt. Jede Fam ilie erhielt ein Thristbäum chen, die Kinder Kleidung und Schuhe. Außerdem wurde allen Eingeladenen Kaffee und Kuchen gereicht. Großherzogin Luise hat denjenigen Bürgermeistern der kleinen Stadt- und Landgemeinden des G roßherzogtum s, die an der Huldigung vor dem G roßherzogspaar anläßlich der silbernen Hochzeit am 2\ . September hier teilgenommen haben , ein einge­ rahm tes Doppelbild des Ju b e lp aa res zur E rinnerung zugehen lassen. Die Gabe w ar von folgendem Handschreiben begleitet, das jeder der Bürgermeister erhalten h a t: „ D e r 2 v S e p t e m b e r h a t i n d e r B e g r ü ß u n g e in e r a u ß e r o r d e n t l i c h g r o ß e n Z a h l v o n B ü r g e r m e is t e r n u n s e r e s L a n d e s m e in e n g e l i e b t e n K in d e r n , d e m G r o ß h e r z o g u n d d e r G r o ß h e r z o g in , e in e b e s o n d e r s e r h e b e n d e F r e u d e g e w ä h r t u n d w ir d u n a u s lö s c h l ic h i n d e r E r i n n e r u n g a n j e n e s c h ö n e n T a g e d e r s i lb e r n e n H o c h z e it d e s G r o ß h e r z o g l ic h e n P a a r e s w e i t e r l e b e n . A n d e r F r e u d e m e in e r K in d e r d u r f te ich b e w e g t e n H e r z e n s t e i l n e h m e n u n d in d e r S t i l l e m e in e r Z u r ü c k g e z o g e n h e i t Z e u g i n s e in v o n j e n e r u n v e r g e ß l ic h e n H u l d i g u n g . D i e m e in e n K in d e r n d a r g e b r a c h te n E m p f in d u n g e n d e r T r e u e u n d d e r A n h ä n g l ic h k e i t a u s so v i e l e n G e m e in d e n u n s e r e r t e u e r e n b a d is c h e n H e i m a t h a b e n in m ir d a s G e f ü h l e in e r D a n k b a r k e i t h e r v o r g e r u f e n , d ie sich n i e v e r m in d e r n w ir d u n d sich a n s c h lie ß t a n d ie Z e i t e n d e r V e r g a n g e n h e i t u n d a n d a s A n d e n k e n u n s e r e s t e u e r e n i n G o t t r u h e n d e n G r o ß h e r z o g s , d e sse n S e g e n w i e ü b e r d e m g e s a m t e n b a d isc h e n L a n d , so ü b e r s e in e m H e r r s c h e r x a a r fo r t w ir k e n d w e i t e r l e b t . D ie s e D a n k b a r k e i t f ü r V e r g a n g e n h e i t u n d G e g e n w a r t m ö c h te ich i n e in e r E r i n n e r u n g s ­ g a b e z u m A u s d r u c k b r in g e n , w e lc h e ich f ü r j e d e n e in z e ln e n d e r B ü r g e r m e i s t e r , d ie a n j e n e r g r o ß a r t ig e n w e i h e v o l l e n K u n d g e b u n g sich b e t e i l i g t e n , b e s t im m e u n d s ie a l le a n z u n e h m e n b it t e . E i n B i l d d e s t e u e r e n s i lb e r n e n J u b e l p a a r e s w ir d i h n e n a u s s p r e c h e n , w i e t i e f m e in m ü t t e r l i c h e s H e r z d ie E r i n n e r u n g j e n e r fe s t l ic h e n S t u n d e f ü r im m e r b e w a h r e n w ir d . Lui s e , G r o ß h e r z o g in v o n B a d e n , P r in z e s s in v o n P r e u ß e n ." A uf die E inladung zu einem Wettbewerb zur Gewinnung von Entw ürfen für ein von der S tad t zu errichtendes Denkmal für weiland G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h I. wurden bis zu dem vorgeschriebenen Term in (15. M ärz) 36 Entw ürfe eingeliefert. 3 — 5^ — D a s vom S tad tra t einberufene Preisgericht tra t am 4 . J u n i zusammen. Preisrichter w aren: V Professor Jo se f F loßm ann von Pasing; 2. B a u ra t J u l iu s G räbener von Dresden; 3. Professor Adolf von bsildebrand von M ünchen; H. Professor W ilhelm "Kreis, Direktor der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf; 5. Professor Louis Tuaillon von B erlin . D as Preisgericht hat folgende Entw ürfe preisge­ krönt: M it dem V P re is (5000 M f.) den E n tw urf N r. 5 ( M o tto : „Z ähringen", Verfasser Architekt Franz Kuhn in Heidel­ berg, m it dem 2. P re is (3000 M f.) den E n tw urf N r. 28 M o tto : „Eckpfeiler", Verfasser B ildhauer H erm ann Binz in K arlsruhe und die Architekten Pfeifer und G roßm ann in K arlsruhe, m it dem 3. P re is (2000 M f.) , den E n tw urf N r. f0. M o tto : „Kunst und Frieden", Verfasser B ildhauer Hermann Binz in K arlsruhe. Sämtliche eingegangenen Entw ürfe waren vom 8. J u n i an in der Großherzoglichen (Orangerie, die von der Generalintendanz der Zivilliste m it Genehmigung des Großherzogs dem S tad tra t zu diesem Zwecke zugesagt worden w a r , mehrere Wochen ausgestellt. Z n der Stadtratssitzung vom (5. Dezember wurde auf G rund des Ergebnisses des Wettbewerbs wegen Errichtung eines Denkmals für Großherzog Friedrich I. beschlossen, den mit dem 2. und 3. P re is ausgezeichneten K ünstler, B ildhauer H erm ann B in z , zu ersuchen, m it den Architekten Pfeifer und G ro ß m an n , die die Architektur für den mit dem 2. P re is bedachten E n tw urf ausge­ führt haben, einen neuen E n tw u rf herzustellen. Derselbe solle bis längstens f. A pril f y s f abgeliefert werden. Die Entscheidung über die A usführung blieb Vorbehalten. II. Entwicklung der Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung. 1. Entwicklung der Gemeinde. •X ^X ad * der Volkszählung vom *. Dezember *9*0 betrug auf L diesen T ag die Z a h l der Einw ohner unserer S tab t ohne die Vororte Beiertheim, Rintheim, R üppurr, Grünwinkel und Daxlanden *20 *04. A m *. Dezember *905 betrug die Z a h l in demselben Umsang des Stadtgebietes * * * 249, es hat in den fünf Ja h re n demnach eine Vermehrung von 8855 Personen — 7,96 °/0 stattgesunden, während in dem gleichen Z eitraum vom *. Dezember *900 bis zum *. Dezember *905 die Vermehrung *3 *52 P e r­ sonen — *4,4? °/o betrug. A us die einzelnen Stadtteile verteilten sich die *20 *04* Personen wie folgt: *. In n e re Dststadt *6 252 (*905: *6 93*), 2 . In n e re Weststadt *936* (*9 634), 3. A lter ^ardtwaldstadtteil 3 * 0 3 (3 048) , H. Äußere o ststadt *7 034 (*5 087), 5. Südstadt 24 306 (2 4 *04), 6. Stadtgartenviertel 652 (6 8 *), 7. Südweststadt 23 979 (20 655), 8. Neuer hardtw aldstadt- teil 4 * * 2 (3 895) und 9 . M ühlburg * * 305 (7 2 *4). Som it wiesen innere ©ff stabt, innere weststadt und das S tadtgarten­ viertel eine A bnahm e der Bevölkerung a u f, alle übrigen S tad t­ teile eine Zunahm e und zwar die stärkste Zunahm e Nkühlburg um 56,7* ° /o . Von den feit *905 eingemeindeten Vororten zählte Beiertheim am *. Dezember *9*0 2 675 Personen (*905: 2 *72), Rintheim — 36 — 2 247 (20*7), R üppurr 2 8 * 9 (2 57*), Grünwinkel 2 003 (* 804) und Daxlanden 4 4 5 4 (3 825), die fünf Vororte zusammen *4 *98 (*2389). Die Vermehrung betrug somit *809 Personen — *4,60 ° / o , in dem Ja h rfü n ft *900/*905 *7,*0 °/o * ) . F ü r das ganze Stadtgebiet ergaben sich simüt (*20 *04 -(- *4 *98) *54 302 Personen. A m *. Dezember *905 betrug die Z a h l der E inw ohner in diesem Gebietsumfang (***249 -j- *2389) *23 638. E s hat demnach in dem ganzen Stadtgebiet *905— *9*0 eine Vermehrung von *0 664 Personen — 8,63 °/0 stattgefunden, während die Zunahm e in dem Z eitraum *900— *905 *4,73 % betrug **). Über die F i n a n z l a g e der S tad t entnehmen wir dem städ­ tischen Rechenschaftsbericht folgende Angaben: Die ! V i r t f c h a f t s e i n n a h m e n für das Rechnungsjahr *9*0 wurden im Voranschlag vom Bürgerausschuß am 7,/*5. A pril a u f .................................................................................... 5 558 839 Dlk. und der durch Umlagen aufzubringende Gemeinde» auswand a u s ......................................... 3 844 508 „ zusammen . . 9 403 347 U lf. festgesetzt, welcher Sum m e die l V i r t s c h a f t s a u s g a b e n im gleichen B etrag gegenüberstanden. Der Abschluß der S tadthaupt­ kassenrechnung ergab für die lvirtschaftseinnahm en die Summe von 9 6 9 * 805 ITCF., für die lVirtschaftsausgaben 8 899302 lNk. 48 P f., mithin einen Einnahmeüberschuß von 792 502 Ulk. 52 P f. Dieser Berechnung sind die wirklichen E innahm en und Ausgaben zugrunde gelegt; würde m an die Sollbeträge der Rechnungen annehmen, so ergäbe sich ein Einnahmeüberschuß von 9 4 * 4*2 U lf. 89 P f. Gegenüber dem Abschluß des Rechnungsjahres *909 mit * ) S i n g a n z e n L a n d e b e t r u g n a c h v o r lä u f i g e r F e s t s t e l lu n g d ie o r t s a n w e s e n d e B e v ö l k e r u n g a m D e z e m b e r ( 9 i o : 2 8 3 2 P e r s o n e n g e g e n 2 0 (0 7 2 8 a m V D e z e m b e r 190s . L s h a t i n d ie s e m J a h r f ü n f t s o m it e in e V e r m e h r u n g v o n I 3 l \o $ = 6 ,5 2 °/o s t a t t g e f u n d e n . D i e Z u n a h m e b e i d e n m ä n n l ic h e n P e r s o n e n b e t r u g 6 2 203 — 6,23 ° /o , b e i d e n w e ib l ic h e n 6 8 9 0 t — 6,80 °/o . * * ) E i n q u a r t i e r t w a r e n in h ie s ig e r S t a d t im J a h r e l 9 ( o : ; o O f f i z i e r e m i t z u s a m m e n 80 ( Q u a r t ie r t a g e n u n d 8 0 3 M a n n m i t z u s a m m e n ; 0 6 6 7 (Q u a r t ie r ­ t a g e n . ( O f f i z i e r e u n d M a n n s c h a f t i n M ie t q u a r t i e r e n ) . — 37 — einem Einnahmeüberschuß von 879 676 M k. 33 P f. bezw. 977 f79 ZITf. 02 p f . tra t eine Verminderung des W irtfchafts- überfchuffes von 87 f73 M k. 8f P f. (im bsaben) bezw. von 35 766 M k. 0^ P f. (im Soll) ein. Der Wirtfchaftsüberfchuß von 792 502 M k. 52 P f. wurde im wesentlichen erreicht durch M ehrablieferungen der Kassen des G asw erks, Wasserwerks, Elektrizitätswerks, Schlacht- und Vieh­ hofes, der Kaffe für das Bestattungswefen, durch M ehrerträgniffe aus den Umlagen und M ehreinnahm en an Zinsen und Gebühren. Auch die Ausgaben sind wesentlich hinter dem Voranschlag zurück­ geblieben, da die Straßenbahn, der Rheinhafen, der Stadtgarten, das V ierordtbad, das K rankenhaus und die Schulen geringere Zuschüsse nötig machten, a ls vorgesehen waren. Bei der Ver­ zinsung der Schuldkapitalien, dem Personalaufw and für die Beam ten und bei der Straßenunterhaltung und Straßenreinigung konnten ebenfalls Ersparnisse erzielt werden. Ungünstig wirkten dagegen aus den Wirtschaftsüberschuß bedeutende M ehrausgaben für die Armenkasse, für den Polizei­ beitrag, sowie hohe Umlage-Rückersätze und ein M ehraufw and für Feste und Feierlichkeiten. Ferner wurde die Kursdifferenz für das aufgenommene Darlehen im B etrag von 20 500 M k. auf die Wirtschaft übernom m en, ohne daß M ittel im Voranschlag zu deren Deckung vorhanden gewesen wären. Auch die E hrung der Kriegsteilnehmer erforderte einen nicht vorgesehenen A ufw and von 8300 M k., den der Bürgerausschuß m it Beschluß vom f V Oktober \9 \0 bewilligt hat. Schließlich ist der Reinertrag der Verbrauchs­ steuer hinter dem Voranschlagssatz zurückgeblieben, da infolge des Übergangs von der Malzsteuer zur Fabrikatsteuer für den s. Z t. vorhandenen B iervorrat eine beträchtliche Rückvergütungssumme bezahlt werden mußte. A ls Deckungsmittel wurden von dem Überschuß der Wirtschaft in den Voranschlag l ßs s 765 822 M k. eingestellt. Z n dem V or­ anschlag f 9 f 0 konnten 839 603 M k. eingestellt werden, somit für f9 U weniger 73 78s M k. Von den E innahm en des J a h re s f 9 l ° im G esam tbetrag von 9 69 s 805 M k. entfielen au f: — 38 — ( . D a s G a s w e r k * ) . . . . 7 5 6 6 2 8 M k . = 7 ,8 1 °/o g e g e n 7 ,8 4 °l0 ( 9 0 9 2 . D a s W a s s e r w e r k * * ) . . 5 8 6 6 8 2 „ = 6 ,0 6 „ „ 5 ,8 8 „ „ 3 . D i e V e r b r a u c h s s t e u e r n . . ( 4 ( 9 4 0 „ = ( , 4 6 „ „ 3 ,9 8 „ „ 4 . D ie S p a r - u . P f a n d le ih k a s s e — — — 5 . D i e U m l a g e n ......................... 4 0 3 0 8 2 2 „ = 4 ( , 5 9 11 11 3 8 , ( 8 „ „ 6 . D i e V e r k e h r s - u n d W a r e n ­ h a u s s t e u e r ............................... 9 ( 468 „ — 0,94 ., „ 0 ,9 7 „ „ 7 . D i e G e b ä u d e , G r u n d s t . re . 9 ( 9 240 „ = 9 ,4 8 11 11 9 ,4 5 „ „ 8 . D e n S c h la c h t - u n d V i e h h o f (42 0 8 8 „ = ( , 4 7 11 11 0 ,9 6 „ „ 9 . D e n R h e i n h ä f e n . . . ( 7 ( 6 2 5 „ = ( , 7 7 ii 11 ( , 6 7 „ „ ( 0 . D a s E le k t r iz i t ä t s w e r k * * * ) 4 0 7 0 4 3 „ — 4 ,2 0 11 11 2,68 „ „ ( ( . D i e S t r a ß e n b a h n . . . 4 0 7 ( 8 9 „ = 4 ,2 0 11 11 4 /3 5 „ „ ( 2 . D i e G e b ü h r e n f ü r V e r r ic h ­ t u n g e n d e r G e m e i n d e ­ b e a m t u n g e n ......................... ( 0 9 0 5 0 „ = ( , ( S 11 11 J [,H „ „ ( 3 . D i e G e b ü h r e n v o n w e g e n , K a n ä l e n u . A n l a g e n , s o w i e f ü r U n t e r h a l t u n g d e r f r ü h e ­ r e n L a n d s tr a ß e n s tr e c k e n . 8 3 7 2 4 „ = 0 ,8 6 11 11 V 0 2 „ „ ( 4 . D i e s o n s t ig e n L i n n a h m e - x o s t t i o n e n ............................... ( 844 3 0 6 „ = ( 9 ,0 3 11 :i 2 1 /8 9 „ ._________ 9 6 9 1 8 0 5 M k . * ) I n d e n s tä d t isc h e n G a s w e r k e n w u r d e n v o m 1. J a n u a r b i s 3 ( . D e z e m b e r ( 9 ( o : ( 5 529 8 3 0 k b m G a s e r z e u g t g e g e n ( 5 3 5 8 (50 k b m im J a h r e n9 0 9 . A b g e g e b e n w u r d e n f ü r ö f f e n t l ic h e B e l e u c h t u n g ( ^5 ̂ 05 ^ k b m ( ( ( 3 6 0 66 ) , f ü r P r i v a t e u n d B e h ö r d e n ( 3 ( 7 8 654 k b m ( ( 3 0 ( 6 390 ) . G a s ­ m e s se r w a r e n a m 5 ( . D e z e m b e r ( 9 ( 0 a u f g e s t e l l t ( 6 809 S tü c k ( ( 6 ( 43) f ü r L e u c h t- , K o c h - u n d H e i z g a s ; M ü n z g a s m e s s e r w a r e n a u f g e s t e l l t a m 3 ( . D e ­ z e m b e r ( 9 ( 0 : 5 8 ? ( S t ü c k ( 5030 ) . ( ö f f e n t l i c h e L a t e r n e n b r a n n t e n E n d e D e ­ z e m b e r ( 9 ( o : 2 7 5 5 S tü c k ( 2705 ) . — A m 26 . A p r i l w u r d e n v o n M it g l ie d e r n d e s S t a d t r a t e s u n d v o n S t a d t v e r o r d n e t e n i m G a s w e r k d ie m a s c h in e l le n R e ­ to r te n b e s c h ic k e r b e s ic h t ig t . M i t d e r E in r i c h t u n g d ie s e r M a s c h in e n is t a u c h d ie t ä g l i c h e A r b e i t s z e i t d e r F e u e r h a u s a r b e i t e r a u f 8 S t u n d e n v e r k ü r z t w o r d e n . * * ) B e i m s tä d t isc h e n W a s s e r w e r k b e t r u g ( 9 (0 d e r G e s a m t w a s s e r ­ v e r b r a u c h 5 5 ( 7 5 7 3 k b m g e g e n 5 344 (92 k b m i m J a h r e ( 909 . D i e stärkste T a g e s a b g a b e b e t r u g 1 9 ( 0 : 23 (60 k b m (23 228 ) , d ie s ch w ä c h s te 9380 k b m ( 9 0 6 7 ) . Z u ö f f e n t l ic h e n Z w e c k e n f ü r S t r a ß e n g i e ß e n , S p r i n g b r u n n e n u s w . w u r d e n a b g e g e b e n : 690 844 k b m ( 6 6 3 3 2 8 ) . ( ö f f e n t l i c h e B r u n n e n w a r e n 74 ( 70) v o r h a n d e n , F e u e r h a h n e n ( ( 8 6 ( ( ( ( ( ) u n d S p r i n g b r u n n e n ( 7 ( ( ? ) . * * * ) V o m s tä d t is c h e n E l e k t r i z i t ä t s w e r k w u r d e n v o m ( . J a n u a r b i s 3 ( . D e z e m b e r ( 9 ( o : 3 3 3 7 739 K w t t . S t r o m a b g e g e b e n g e g e n ( 827 ( 6 ( ,4 K w t t . im J a h r e ( 9 0 9 . A n s c h lü s s e w a r e n E n d e D e z e m b e r ( 9 ( 0 v o r h a n d e n ( 3 6 6 ( ( ( 2 3 ) m i t ( 6 7 2 A b n e h m e r n ( ( 4 5 5 ) . I n s t a l l i e r t w a r e n E n d e D e z e m b e r 5 2 7 7 5 G l ü h l a m p e n (45 5 4 ( ) , 730 B o g e n l a m p e n ( 743 ) u n d ( (4 9 M o t o r e n (97 0 m i t 3 8 7 2 H P ( 3430 , 6) . — 39 — Von den A usgaben des J a h re s 191° im Gesam tbetrag von 8 899 302 M k. trafen au f: V D i e M i t t e l - u n d V o lk s ­ s c h u le n ........................................ { 9 5 t 0 3 8 M k . — 2 t ,92 ° /o g e g e n 2 ( , 3 6 ° /o t 909 2 . D i e A r m e n - u n d K r a n k e n - p f l e g e ................................ 78 { 506 „ = 8,78 „ „ 8,32 „ „ D ie G e s u n d h e its p f le g e , e in ­ schließlich L t r a ß e n r e in i - g u n g u n d K e h r ic h ta b fu h r 25-4 <t90 „ — 2,86 „ „ 3,06 „ „ D ie U n te rh a l tu n g de r B r u n n e n , t v e g e , P lä tz e , G e w ä sse r u n d d e rg l. . . s o ! m = 9-0 l „ - l 0 ^ 2 „ „ D ie S c h u ld e n ti lg u n g u n d V e r z i n s u n g ..................... 2 2 -Z6 309 „ — 25 ,2 -t „ 11 25 , 3 ( „ „ D a s R a t h a u s u n d d ie G e ­ m e in d e v e rw a l tu n g . . . 9 0 9 W ,, = lO ,22 ,. - t 0,23 „ „ D ie K r e is u m la g e u n d die P o l i z e i ................................ 450 H ß t „ = 5,06 , - i '9 l - „ D ie ü b r ig e n A u s g a b e x o s it . t 505 365 „ = l s , 9 t „ „ 15,38 „ „ 8 8 9 9 3 0 2 M k . Am V J a n u a r 19\0 betrug die gesamte A n l e h e n s s c h u l d der Stadtgemeinde ^ 523 800 Akk. (gegen 39 780 500 Akk. am V J a n u a r 1909), von denen 5 8 2 0 ^0 0 Akk. auf das 3 prozentigs Anlehen von 1886 entfielen, 2 578 000 Alk. auf das 3 prozentigs Anlehen von ̂889, 750 000 M k. auf das 31/2 prozentigs Anlehen von 1882 bei der Versicherungsanstalt Baden, 1 58^ 700 Akk. auf das 3 prozentigs Anlehen von 1896, 3 325 500 Akk. auf das 3 prozentigs Anlehen von 1897, 5 661 100 M k. auf das 3^2 pro- zentige Anlehen von 1900, ^ 3 ^ 1 600 M k. auf das 3 H2 prozentigs Anlehen von l 902, 9 7 6 2 5 0 0 M k. auf das 5^/2 prozentigs Anlehen von 1903, 200000 M k. auf ein vorübergehendes Anlehen bei der K arlsruher Lebensversicherung vom J a h re 1907 zu % ° /o , 5 0 0 0 0 0 0 M k. auf das H prozentigs Anlehen von 1907, 500 0 0 0 M k. auf ein vorübergehendes Anlehen bei der Stadtgemeinde Freiburg von I 909 zu ^ ° / o , 500 000 M k. auf ein vorübergehendes Anlehen von 1909 bei der Großherzoglichen Staatsfchuldenverwaltung zu 4 ° /o , 1 0 0 0 0 0 0 M k. auf das H prozentigs Darlehen des Allgemeinen Deutschen Versicherungsvereins A .-G . in S tu ttgart hl 000000 M k. hiervon einbezahlt) 3 500 000 M k. auf das prozentigs Darlehen der K arlsruher Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit vorm . A ll^ gemeine Versorgungsanstalt. Von diesen Anlehen wurden im. HO J a h re \ 9 \ 0 insgesamt f 9 83 9 ° ° 2TTf. abgetragen, so daß die Anlehensschuld \ 2 539 900 ZHf. betrug. D as gesamte V e r m ö g e n der Stadtgemeinde belief sich auf 5^ 998 6 ^ 2TEf. 06 P f., die daraus ruhenden S c h u l d e n auf ^3 1s2^8l(7 Zlif. 62 P f., so daß sich ein reiner Vermögensstand von t \ 873 796 2TEf- ^ P f. ergab. Derselbe betrug am Zs. De­ zember *909 8 5 3 9 0 0 3 ZlTf. 8^ P f . , sonach s9 s0 eine Ver­ mehrung des Vermögens um 3 35H 792 M k. 60 P f. D as Vermögen der S tad t wurde von folgenden Anstalten gebildet, die einen, wenn auch teilweise geringen E rtra g abwarfen. . . 5 224 5 5 8 M k . 04 p f .V D a s G a s w e r k , L r s te llu n g s k o s te n . . . . 2 . D a s W a ss e rw e rk , L r s te llu n g s k o s te n . . . 3 . D ie S t r a ß e n b a h n , L r s te llu n g s k o s te n . . . 4 . D e r S c h lac h t- u n d v ie h h o s , L rs te llu n g sk o s te n 5. D a s E le k tr iz i tä ts w e rk , L r s te llu n g s k o s te n 6 . D e r R h e i n h a f e n , G e b ä u d e im F e u e rv e r ­ s ic h e ru n g sa n s c h la g v o n 9 2 9 2 0 0 ZTif. u n d G e lä n d e im S te u e ra n s c h la g v o n 3 9 9 0 4 3 m ? . , sow ie d ie F a h rn is s e m it \ \ 7 \ -*60 M k . . . 7 . D ie B a d a n s t a l t , F e n e rv e rs ic h e ru n g sa n s c h la g 8. D ie F e s th a l le , F e u e rv e r s ic h e ru n g s a n s c h la g . 9 . D ie A u s s t e l lu n g s h a l le , F e u e rv e r s ic h e ru n g s ­ an sc h la g . . - ................................................ ( 0 . D a s R a t h a u s m it d e n G e b ä u d e n K a r l» F rie d r ic h s tra ß e N r . 8 u n d Z ä h r in g e r s t r a ß e N r . 9 6 / (0 0 , F e u e rv e r s ic h e ru n g s a n s c h lä g e . > V M a le r a te l ie rg e b ä u d e m it B i ld h a u e r a te l i e r , F e u e rv e rs ic h e ru n g sa n s c h la g . . . . . . (2 . D ie A r b e i te rw o h n u n g e n in de r B a n n w a l d ­ a lle e N r . 2 6 /3 0 , F e u e rv e rs tc h e ru n g sa n s c h la g ( 3 . D ie A x p e n m ü h le m it G e b ä u d e n im F e u e rv e r ­ s ic h e ru n g sa n sc h la g v o n 8 4 9 0 0 M k . u n d G r u n d - stücken im S te u e r a n s c h la g v o n 5 4 248 M k . 14- D ie G e s c h ä f ts - u n d W o h n h ä u s e r , K a is e r ­ s tra ß e N r . (4 3 u n d 445 , F e u e rv e r s ic h e ru n g s ­ a n sch la g ...................................................... ( 5 . W o h n u n g e n in v e rsc h ied e n e n städ tischen G e b ä u d e n m it e in e m G e s a m tv e rs ic h e ru n g s a n sch lag v o n ...................................................... 16. D ie W a ld u n g e n im S te u e ra n s c h la g v o n . ( 7 . D ie v e rp a c h te te n Ä c k e r, w i e s e n , L a g e r p lä tze 2c. im S te u e ra n s c h la g n o n . . . ( 8 . D ie v e rz in s lic h e n F o r d e r u n g e n u n d w e r t p a p ie r e im B e t r a g e v o n ........................... 42 20 92 3 7 ^ 6 7 5 5 6 3 5 8 8 3 9 ( H 82 7 0 ( 3 134 896 2 4 9 9 2 0 5 „ — 5 3 7 0 0 0 „ — 6 ( 0 2 0 0 „ — 79 0 0 0 „ — ( ( 4 9 8 0 0 „ — ( 3 0 7 0 0 „ — 6 7 2 0 0 „ — U S 148 „ — 391 9 0 0 „ — 952 0 0 0 „ — 6 0 9 0 8 6 „ — 3 8 ^ 9 2 6 „ — 6 5 3 2 ^ 0 5 „ \3 Ü b e r t r a g . . 3 7 467 9 ( 9 M k . ( 5 p f . — <k\ — Ü b e r t r a g . . 3 7 4 6 7 9 ( 9 IT if . ( 5 p f . D a s k e in e n E r t r a g a b w e r f e n d e v e r m ö g e n , w e lc h e s z n G e m e in d e - , v o r z ü g l ic h a b e r z u S c h u l- , K r a n k e n - u n d A r m e n z w e c k e n d ie n t , b e lä u f t sich m it s e in e m F e u e r v e r s ic h e r u n g ? « b e z w . S t e u e r a n s c h la g a u f 17 530 7 9 » ITTf. 91 P f - G e s a m t s u m m e ..................................... 5 4 9 9 8 6 ( 4 M k . 06 p f . N un dürfen aber nach den gesetzlichen Vorschriften die G e­ bäude nur mit ihrem Brandversicherungsanschlag, die Grundstücke nur m it ihrem Steueranschlag und die gewerblichen (Einrichtungen nur mit den wirklichen Anlagekosten, sonach nicht mit ihren: wahren W ert ausgenommen werden. W äre letzteres gestattet, d. H. dürften die Gebäude und Grundstücke m it ihrem mutmaßlichen verkaufs­ wert und die gewerblichen Anlagen m it ihrem e rtragsw ert in Berechnung gezogen werden, so würde sich das Reinvermögen von U 873 796 Alk. P f . auf 6 3 1 0 9 8*6 ITTf. \ 2 P f . erhöhen. Diese S u m m e ergibt sich a u s fo lgender A ufs te l lung : ( . D i e G e b ä u d e u n d G r u n d stü c k e s in d n a c h d e m i n d e m L ie g e n s c h a f t s in v e n t a r f ü r ( 9 (0 b e ig e s e tz te n m u tm a ß l ic h e n v e r k e h r s w e r t a u f ( . J a n u a r ( 9 ( ( g esch ä tzt a u f 39 8 5 0 309 M k . — p f . 3 n d e n V e r m ö g e n s s t a n d s in d s ie a u s g e n o m m e n m it 21 951 6 6 3 „ — „ D e m n a c h M e h r w e r t d e r s e l b e n ..................................... ( 7 8 9 8 646 M k . — p f . 2 . D e r n a c h d e m R e in e r t r a g b e m e s se n e 4 p r o z e n t ig e W e r t a n s c h la g b e t r ä g t : a) f ü r d a s G a s w e r k . . (8 826 550 M k . — p f . b ) f ü r d a s W a s s e r w e r k . ( 3 9 3 0 2 5 0 „ — „ c) f ü r d a s E le k t r iz i tä t s ­ w e rk 7 4 4 ( 7 2 5 „ — „ d ) f ü r d e n S c h la c h t - u n d V i e h h o f ...................... , 2 8 ( 4 650 „ — „ e) f ü r d ie S t r a ß e n b a h n ( 0 2 2 1 9 5 0 „ — „ 5 3 2 8 5 ( 2 5 M k . — p f . E in g e s t e l l t s in d f . d ie se g e w e r b l . U n t e r n e h m u n g e n i n d e n V e r m ö g e n s s t a n d . 19 947 7 5 1 M k . 02 p f . S o m i t M e h r w e r t ...................................................................33 3 3 7 3 7 3 M k . 98 p f . H ie r z u d a s R e i n v e r m ö g e n m i t ............................... 11 8 7 5 7 9 6 ,. 44 „ S u m m e d e s w ir k lic h e n r e i n e n V e r m ö g e n s d e r S t a d t g e m e i n d e .......................................................6 3 (09 8 ( 6 M k . 42 p f . N e b e n d ie s e m v e r m ö g e n d e r S t a d t g e m e in d e b e s itz en n o c h a n A k t i v v e r m ö g e n : ( . D ie S p a r - u n d p f a n d le ih k a s s e K a r l s r u h e . . . ( 400 6 5 5 M k . 82 p f . 2 . D ie w e l t l i c h e n G r t s s t i f t u n g e n ............................................. 2 ( 3 6 6 6 ( „ t o „ 3 5 3 7 3 ( 6 M k . 92 p f . — 42 — Umlagen wurden 55 P f. von f O O Zllk. Steuerwert des Liegen­ schafts- und Betriebsvermögens, 2 U tf. f O P f. von fO O Ulk. der Einkommensanschläge und f O p f . von f O O Ulk. Steuerwert des Kapitalverm ögens erhoben. Die umlagepflichtigen Steuerwerte stellten sich auf 4 \5 2 U 290 Ulk. Liegenschaftsvermögen, 192 668 200 Ulk. Betriebsvermögen 456 02 l 000 Zllk. Kapitalvermögen und 6 f 3 8 1644 ZRf. Einkommensteueranschläge. Gegenüber dem J a h re lstOst ergab sich bei dem Liegenschaftsvermögen ein Z ugang von 6 506 700 U lk ., bei dem Betriebsvermögen ein solcher von 7 630 200 Ulk., bei dem Kapitalvermögen ein solcher von \2 374 700 Ulk. und bei den Einkommensteueranschlägen von 2 6 4 8 4 0 2 ZNk. Z u r Vergleichung geben w ir in der folgenden Zusam m en­ stellung eine Übersicht über den Um lagefuß der S tädte, die der Städteordnung unterstehen. S t a d t D o m S t e u e r ­ w e r t d e s L i e g e n ­ s c h a f t s v e r ­ m ö g e n s 3 f D o m S t e u e r - w e r t d e s B e t r i e b s ­ v e r ­ m ö g e n s 3 f D o m S t e u e r ­ w e r t d e s K a p i t a l ­ v e r ­ m ö g e n s 3 ? D o n d e n (E in ­ k o m m e n - s te u e r a n - s c h lä g e n 9 f E r t r a g d e r U m la g e M K o n s t a n z ............................... 2 4 4 4 10 2 5 0 i ) 2 6 4 - ) | 7 4 6 6 6 0 M a n n h e i m e in s c h l . d e r D o r o r t e K ä f e r t a l u n d N e c k a r a u ......................... 3 6 3 5 10 210 7 3 1 1 9 1 3 K a r l s r u h e m it d e n D o r - o r t e n a u ß e r G r ü n w i n k e l 3 5 3 5 10 210 j 3 8 4 4 5 0 8 G r ü n w i n k e l . . . . 20 20 10 120 © f f e n b u r g ......................... 3 4 3 4 10 2 0 4 3 8 0 4 8 7 H e i d e l b e r g ......................... 3 3 3 3 10 1 9 8 1 8 4 1 3 4 3 B r u c h s a l ............................... 3 3 3 3 10 1 9 8 3 9 1 1 2 9 L a h r ..................................... 3 3 3 3 10 1 9 8 3 4 6 7 8 3 P f o r z h e i m m i t B r ö t z i n g e n 3 2 3 2 10 1 9 2 1 8 7 2 3 7 4 F r e i b u r g ............................... 3 1 3 1 10 1 8 6 2 6 0 9 8 4 9 B a d e n m i t L ic h t e n t a l 3 1 3 1 10 1 8 6 9 2 7 2 8 1 9 D o m E in k o m m e n a u s ö f f e n t l ic h e m D i e n s t v e r h ä l t n i s § 34 S t . © . 2) D o m E in k o m m e n a u s s o n s t ig e n B e z u g s q u e l l e n . — 45 2. Gemeindeverwaltung. Durch Landesgesetz vom 22. Dezember (909 wurde die A uf­ lösung der Gemeinde D a x l a n d e n und ihre Vereinigung m it der Stadtgemeinde K arlsruhe auf (. J a n u a r ( 9 ( 0 verordnet. Der Beschluß des Bürgerausschusses Daxlanden auf Eingemeindung erfolgte am 29 . J u l i (909 einstimmig, der Beschluß des K a r ls ­ ruher Bürgerausschusses am 2. August (909 ebenfalls einstimmig. Die Gemarkung der Gemeinde Daxlanden um faßte nach den früheren Abtretungen an die Stadtgemeinde noch (0 6 8 0 8 (2 qm (also über (068 ha). D as Gemeindevermögen von Daxlanden setzt sich aus Liegenschaften und K apitalien zusammen. Die G e­ bäude (R a th au s , drei Schulhäuser, eine T urnhalle , ein Lehrer­ wohnhaus, eine Kleinkinderschule und Schwesternhaus, ein Spritzen­ haus, eine Friedhofkapelle, ein Feuerwehrsteighaus und ein F arren - stall) standen im Feuerversicherungsanschlag m it 205 900 ZHf. (ohne die neuerbaute Turnhalle). Der landwirtschaftlich genutzte Grundbesitz der Gemeinde umfaßte 4 29? 8 (5 qm und w ar (909 mit ( 523 458 ATf. zur Vermögenssteuer veranlagt; an W aldungen waren außerdem 3 037 634 qm im Steueranschlag von 3 5 3 7 9 ° 2Hf. vorhanden. Von dem gesamten Grundbesitz unterliegen 2 9 3 3 2 6 6 qm dem Almendgenuß, der Rest w ar freies Gemeindegut. An K ap ita l­ vermögen besaß die Gemeinde am 3 ( . Dezember (908 Forderungen im Betrag von 632 265 ZTK. 72 P f. Schulden w aren nicht vorhanden. A n Steuerkapitalien waren (909 in Daxlanden berechnet: Liegenschaftsvermögen 4 995640 Z H i, Gewerbevermögen 4:89 700 KTf., Kapitalvermögen ( 5/io) (07 500 und E in- kommensteueranschläge (sechsfach) 2 056 500 2TiF. Nach annähernder Berechnung erwächst der Stadtgemeinde K arlsruhe durch die Eingemeindung von Daxlanden für die nächsten J a h re ein M ehraufw and von etwa 20000 2Xtf., von denen höchstens ein Drittel durch einige erhöhte Einnahmeposten v o rau s­ sichtlich gedeckt werden. Demgegenüber stand der oben erwähnte Zuwachs an Gemarkungsfläche m it (068 ha und ein Gewinn an Einwohnern nach der Z ählung von (905 m it 3825 Personen, wie ebenfalls oben bemerkt. D urch E r l a ß des Ju s t iz m in is te r iu m s w u rd e zu den bestehenden drei S tandesam tsbez irken der S tad tg em e in d e ein vier ter gebildet — w — un te r der Bezeichnung „ S t a n d e s a m t K a r l s ru h e -D a x la n d e n " der die b isherige G e m a rk u n g D ax landen u m f a ß t . D o m V J a n u a r l 9 ( 0 a n unterliegen die zwischen der b is ­ herigen G em einde D a x lan d en und den übrigen T e ilen der G e s a m t­ gemeinde K a r l s r u h e gewechselten Postsendungen und T e le g ra m m e der M rts taxe . Z u r W a h r n e h m u n g v o n F unk tionen der G em eindeverw a l tung w u rd e in D a x lan d en ein G em eindesekre tar ia t errichtet. Z u den A u fg a b e n desselben gehört a u ß e r der E n tg e g e n n a h m e der A n m e l­ dungen zur K rankenversicherung usw . insbesondere auch die T ä t i g ­ keit des S t a n d e s a m t s . Zahlste llen der Stadtkasse und der städtischen Sparkasse w urden in D a x lan d en errichtet. I n f o l g e der E in g e m e in d u n g D ax la n d e n s m u ß te eine größere A n z a h l S t r a ß e n und W ege wegen gleicher B e n e n n u n g solcher im a lten S tad tgeb ie t neu b e n a n n t w e r d e n ; andere noch nicht benannte S t r a ß e n w u rd en m i t N a m e n belegt. E s heiß t künft ig : D er W eg zwischen F a u lb r u c h w e g und B u r g a u w e g „ (D lga r ten tueg" , die D order- S t r a ß e zwischen B u r g a u w e g und M i t t e l - S t r a ß e „ L i l ie n -S t ra ß e " , die D o r d e r - S t r a ß e westlich der L i l ien -S t raß e „ W a i d - S t r a ß e " , die D o r d e r - S t r a ß e südlich der A u e r - S t r a ß e „ M a l v e n - S t r a ß e " , die S c h a t t e n -S t r a ß e südlich der M a l v e n - S t r a ß e „ G o ld g r u n d - S t r a ß e " , der W e g im G e w a n n „ G e s ä l l " zwischen D a m m - und Fritschlachwcg „ G e f ä l lw e g " , die M i t t e l - S t r a ß e zwischen Schule und D o rd e r -S t ra ß e „ H a h n e n - S t r a ß e " , die L a m m - S t r a ß e zwischen K re is - und H a m m - S t r a ß e „ F e d e rb a c h - S t r a ß e " , die L a m m - S t r a ß e (Abzweigung) „K le ine F e d e r b a c h - S t r a ß e " , d a s G ä ß ch en zwischen der K leinen F e d e r b a c h - S t r a ß e und der P f a r r - S t r a ß e „ B i e n e n - S t r a ß e " , die R h e i n - S t r a ß e „ T a u b e n - S t r a ß e " , die L e o p o ld -S t r a ß e „ R a p p e n ­ w ö r th - S t r a ß e " , die ^ u e r - S t r a ß s anstoßend a m H a m m w e g „ H a m m - S t r a ß e " , die F r ie d r ic h -S t ra ß e „ K a s te n w ö r th -S t r a ß e " , die G stend- S t r a ß e „ A n k e r - S t r a ß e " , die A l b - S t r a ß e „ K r ä m e r - S t r a ß e " , die S ü d e n d -S t r a ß e „ H ö r d t - S t r a ß e " , die M ü h l - S t r a ß e „K ir s c h -S t r a ß e " , die J a h n - S t r a ß e „ T u r n e r - S t r a ß e " , die H i ld a - S t r a ß e nördlich und südlich der K re is s t r aß e „ L a n g en ack e r -S t raß e" , d a s D e rb in d u n g s - sträßchen zwischen T a u b e n - und F e d e rb a c h -S tra ß e „ L a u b - S t r a ß e " , d a s D erb indungss träßchen zwischen T a u b e n - un d p s a r r - S t r a ß e — ^5 — „H anf-Straße", das Verbindungsgäßchen zwischen R appenw örth- und Kastenwörth-Straße „Daxgasse" und das Verbindungsgäßchen zwischen Lilien- und Border-S traße „B u rg au -S traß e" . A ußerden i w a r a n einer g rößeren A n z a h l D äu se r im S tad t te i l D ax landen eine andere N u m e r i e ru n g vorzunehm en . I n der Stadtratssitzung des 28. A pril wurde mitgeteilt, daß die Einrichtungen für die künstlerische Ausgestaltung des kleinen R athaussaales, die von hiesigen f irm e n unter Leitung des Professors Hoffacker, Direktors der Kunstgewerbeschule, ausgesührt wurden, fertig gemacht und auf der W eltausstellung in Brüssel ausgestellt worden seien. G egen die beabsichtigte E i n f ü h r u n g v o n S c h i f f a h r t s a b ­ g a b e n h a t der S t a d t r a t u n te r au s füh r l iche r B e g r ü n d u n g a n den Reichstag d a s dringende E rsuchen gerichtet „dem Gesetzentwurf, betreffend den A u s b a u der W assers traßen u n d die E i n f ü h r u n g von S ch if fah r t sab g ab en die Z u s t im m u n g grundsätzlich zu versagen, jedenfalls abe r zunächst die erforderlichen zah le n m äß ig en U n te r ­ lagen über die N o tw end igke it , Z w eckm äßigkeit und H öhe der zu machenden A u s g a b e n und über die S u m m e der zu e rw ar tenden E in n a h m e n zu v e r lan g en " . Der S t a d t r a t hielt ( 9 (0 56 Sitzungen ab ( (9 0 9 : 5H), in denen 3788 (3666) Gegenstände der Beschlußfassung unterlagen. Außerdem vollzog er 366 (302) amtliche Schätzungen von G ru n d ­ stücken und 33 762 (35 782) Dekreturen. Bon den s t ä d t i s c he n K o m m i s s i o n e n hatte die B a u ­ kommission 52 Sitzungen ((909*. 52), der Arm en- und W aisenrat 25 (23), die Friedhofkommission 5 (7), die Krankenhauskommission 2 (6), der V erw altungsrat der S p ar- und Pfandleihkaffe 5 (6), die G a s- und Wasserwerkskommission H (5), die Schlacht- und Viehhofkommission 3 (5), die Schulkonnnission \ (5), die S tad t- gartenkommisfion ( (5), die Archivkommission 2 (3), der B eirat der Höheren Mädchenschule 2 (3), der Handelsschulrat 2 (3), der B eirat der Goetheschule ( (2), der der Humboldtschule ^ (2), der der Realschulanstalten 2 (2), der der Gewerbeschule 3 (2), die E in ­ quartierungskommission 0 (2) und die Straßenbahnkommission ( ((). Der B ü r g e r a u s s c h u ß hatte (9 (0 7 Sitzungen ( ( 9 0 9 : (0), — §6 — in denen über 5^ (^2) Gegenstände beraten wurde. (Et bewilligte die Verwendung von Anlehensmitteln für nachstehende Zwecke*). I. F ü r H o c h b a u t e n : V (Erweiterung des (Elektrizitätswerkes und (Erstellung dreier B runnen daselbst. A ufw and 332 000 M f. 2. Um - und Neubauten im städtischen Schlacht- und viehhof. A ufw and 2 ^80 000 M k. II. F ü r G r u n d s t ü c k s k ä u f e . V (Erwerbung von Gelände zur Herstellung eines öffentlichen Platzes (Lützow-platzes) im Stadtteil R üppurr. Rosten f0 3H2 Ukk. 50 P f . + 139 M k. 20 P f. — I 0 ^ 8 \ M k. 70 p f . 2. (Erwerbung von Gelände vorn Großherzoglichen Domänen­ ä ra r zur Herstellung der w einbrenner-Straße zwischen n ork- und G eranien-Straße. A ufw and 26 325 M k. .3. Geländeerwerb zur Verbreitung der R arl-S traße südlich der K riegs-Straße. A ufw and 20 069 M k. 72 p f . -|~ 5500 M k. = 25 569 M k. 72 p f . H. Ankauf von Gelände zur Durchführung der Schwemm- kanalisation auf den Gemarkungen k nielingen und (Eggenstein. A ufw and 77H86 M k. 72 P f. III. F ü r S o n s t i g e s . V Herstellung der Boeckh-Straße südlich der Südend-Straße. A ufw and 56 U I M k. P f. 2. Herstellung der K anonier-Straße zwischen H ardt- und Stoesser-Straße und (Erlassung eines Gemeindebeschlusses über den Ersatz der Straßenkosten. Aufw and 3^ ^00 M k. 3. Herstellung der K örner-S traße zwischen Sophien- und w einbrenner-Straße und Erlassung eines Gemeindebeschlusses über den Ersatz der Straßenkosten. A ufw and 36 29^ M k. 62 P f. H. Erneuerung der Straßenbahngleise in der Kaiser-Straße zwischen K arl-S traß e und Durlacher T o r. Aufw and 196 000 M k. * ) D i e B e w i l l i g u n g k le in e r e r B e t r ä g e u n t e r \ o o o o M k . b le ib t h ie r u n b e r ü c k s ic h t ig t . - V — 5. Herstellung der P fauen-S traße zwischen Rastatter und Löwen-Straße und Erlassung eines Gemeindebeschlusses über den Ersatz der Aasten dieser Straßenstrecke. A ufw and \2 66% ZTtf. 50 P f. 6. Herstellung der ZVeinbrenner-Straße zwischen tzork- und G eranien-Straße. A ufw and 26 603 M k. 23 P f. 7. A usbau der A analifation und E inführung des Schwemm» fystenis. Aufwand ^ f 60 000 M k. 8. Erneuerung der Straßenbahngleise in der Honsell-Straße. Aufwand ^0 700 M k. 9 . Vertrag mit der F irm a B illing und Zoller wegen Gelände­ tausches. Aufwand 3H 075 M f. f0. Herstellung der Essenwein-Straße zwischen Sternberg- und Georg Friedrich-Straße. A ufw and sO^ 9 9 ° M k. U . Herstellung von S traßen in der G ew ann Göhren im Stadtteil R üppurr. A ufw and 53 H55 M k. \2. Aufstellung von Dauerbrandöfen an Stelle von G asöfen in städtischen Gebäuden. f3. Vertrag mit A athreiners Malzkaffeefabriken über A n- und Verkauf von Gelände. Aufgeld der S tad t P 9 0 0 0 M k. H . Errichtung einer Anlage zur Beisetzung von Aschenresten beim K rem atorium und Erlassung von Bestimmungen über die Beisetzungsanlage beim K rem atorium . A ufw and ^0 000 M k. \5 . Herstellung der Esfenwein-Straße zwischen T ulla-P latz und H um boldt-Straße und der südlich einmündenden Sackgasse und Erlassung von Gemeindebeschlüssen über den Ersatz der S traßen­ kosten. A ufwand 29 ^3^ M k. s5 P f. IV. w e i t e r e B e s c h l ü s s e d e s B ü r g e r a u s s c h u s s e s b e t r a f e n : f . E r la s s u n g v o n B es t im m ungen über die G e l tu n g v o n G r t s - statuten u n d Gemeindebeschlüssen im V r t s t e i l D a x lan d en und Ä n d e ru n g von D r ts s ta tu te n a u s A n l a ß der E in g e m e in d u n g von D ax landen . 2 . Änderung des G rtsfta tu ts über das Bestattungswesen. 3. Aufnahm e eines Anlehens im Gesam tbetrag von 5 000000 M k. — §8 — H. Erhebung eines Gemeindezuschlags zur Hundetaxe in Höhe von 8 ITif. 5. Änderung der Verbrauchssteuerordnung. 6. Änderung der Gebührenordnung für den Schlacht« und viehhof. 7. Verkauf von Gelände am Rheinhafen an die F irm a Altschul & S im on und Pfaim fuch & Cie. 8. Abschluß eines Dienstvertrags m it dem Vorstand des städtischen T iefbauam ts E m il B lum -N eff. 9- Änderung des V rtssta tu ts über die Stellvertretung des (Oberbürgermeisters und der Bürgermeister. - sO. Verbescheidung der \ 907er städtischen Rechnungen. U . Aufrechterhaltung von Restkrediten. s 2. Festsetzung des für die Ruhegehaltsberechtigung und Hinter- bliebenenverforgung städtischer Beam ten maßgebenden Dienstein­ kommens und Anstellung städtischer Beam ten m it dem Recht auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung. s3. B eratung des Gemeindevoranschlags für das ^ a h r 191°- H . Festsetzung von neuen Satzungen für die Goetheschule, die Humboldtschule, die Gberrealschule und die Realschule. \5, Errichtung der Stelle eines zweiten Grundbuchbeamten. s6. verkauf des Grundstücks Lgb. N r. \ \ 2 2 Ecke der ver­ längerten W einbrenner- und G eranien-Straße an die Elisabeth von Dffensandt-Berckholtz-Stiftung. \7. Umlegung von Grundstücken in der G ew ann Göhren int Stadtteil R üppurr. s8. Vereinigung der Allgemeinen Rlusikbildungsanstalt K arls­ ruhe m it dem Großherzoglichen Konservatorium für Akusik. s9- Verkauf von Gelände an der Essenwein-Straße an die Zimmermeister Christoph Häfele Eheleute. 20. Verkauf von Gelände am Rheinhafen an die F irm a Süddeutsche Flußspatwerke G . nt. b. H, in Vberkirch. 2 s . Vergleich der S tad t und den Buchhalter Heinrich Sickle Eheleute sowie der F irm a Gesellschaft für Brauerei, S p iritus- — 49 — und P reßhefen fab r ika t io n v o r m a l s G . S inr te r in K a r l s ru h e » G rünw inke l. 22. U m bau von alten M otorw agen der städtischen Straßenbahn. 23. E hrung der Kriegsveteranen von (864, (866 und 1870/7f. 24. Verkündigung der Rechnungen der städtischen S p a r- und Pfandleihkasse und der städtischen Schulsparkasse K arlsruhe vom J a h re (909, sowie der Rechnung der S p ar- und Leihkasse R üppurr vom J a h re (9O8/O9 . 25. Vertrag mit der F irm a Stachelhaus & Buchloh über Verkauf von Hafengelände. 26. Verkündigung der städtischen Rechnungen vom J a h re (909. Beim G e m e i n d e g e r i c h t wurden (9 (0 erwirkt: 3482 Zahlungsbefehle ((9 0 9 : 3000) und (594 ((378) Vollstreckungs­ befehle. 6 /6 (599) Zahlungsbefehlen wurde widersprochen. A ivil- prozesse waren 2987 (2964) anhängig, hievon wurden erledigt: durch abweisende Erkenntnisse 206 ((70), durch verurteilende E r ­ kenntnisse (8 (0 ((77 (), durch Vergleiche, Verzicht und Beruhen­ lassen 943 ((000), 28 (23) blieben unerledigt. Berufungen gegen ergangene Erkenntnisse fanden in (85 ((45) Fällen statt, in, 30 (23) Fällen wurde das ergangene Erkenntnis bestätigt, in 33 (26) abgeändert, in 75 (52) durch Vergleich erledigt, das Verfahren für beruhend erklärt oder die Berufung zurückgezogen. Z n 45 (44) Fällen wurde das Erkenntnis dem Bürgerm eisteram t nicht m it­ geteilt. Sühneversuche fanden 776 (563) statt, hievon gelangen 277 (236), mißlangen 499 (327). I m J a h re (9 (0 wurden 3955 Q u i t t u n g s f a r t e n ( ( 9 ° 9 : 4 0 / 8), N r. ( und 9 (8 sogenannte M arkenbewahrkarten ausgestellt, umgetauscht wurden (8 2 (8 K arten ((5 8 (2 ) , erneuert an Stelle in Verlust geratener K arten 273 (((6 ) , verlängert ( ( 5 ( 2 K arten ((0 703). Anträge auf G ew ährung von In v a lid en - und Altersrenten wurden (07 ((20) entgegengenommen. A n hier wohnende Ver­ sicherten wurden (73 ((28) In v a lid en - und (2 ((7) Altersrenten gewährt. Die höchste Invalidenrente betrug 263 M k. 4 ° Pf* (256 M k . 20 P f . ) , die höchste Altersrente (99 M t. 80 P f. (2 (0 M k. 60 p f .) . 4 — 50 — Wegen Verehelichung wurden 357 (555), wegen Ablebens der Versicherten 50 (60) und wegen Bezugs einer Unfallrente { A ntrag gestellt. A uf Entscheidung gemäß § 58 K .v .G . wurden 73 A nträge ( l U ) gestellt, davon 60 (66) gegen Kaffen wegen Krankenunter­ stützung, 5 (f2 ) wegen Versicherungspflicht und Kassenzugehörigkeit, sowie 8 (33) Klagen von Kassen gegen Dritte aus G rund des § 50 K .V .G . und wegen Rückzahlung von zur Ungebühr bezogener Unterstützung. Von 60 (66) Beschwerden gegen Kassen führten 5 (H) zur Verurteilung der Kassen, abgewiesen wurden Z\ (23), 6 ({\) Fälle wurden a ls beruhend erk lärt, in 8 (7) Fällen wurden die Be­ schwerden zurückgezogen, in l9 ((7) Fällen haben die beklagten Kassen die Unterstützung freiwillig geleistet, in \ (H) F a ll erfolgte eine teilweise Verurteilung der betreffenden Kasse. V on 5 Streitigkeiten wegen Versicherungspflicht wurde in t F a ll die Versicherungspflicht sestgestellt. 3 Fälle wurden abge­ wiesen und \ F a ll für beruhend erklärt. Von 7 Klagen gemäß § 50 K .V .G . erfolgte in 6 Fällen Verurteilung nach A n tra g , in l Falle erkannte der Beklagte die Forderung freiwillig an. I n einer Klagesache wegen Rückersatz von zur Ungebühr bezahlter Krankenunterstützung wurde ebenfalls dem K lagan trag entsprechend erkannt. Gegen U Entscheidungen wurde Klage bei Großherzoglichem Verwaltungsgerichtshos erhoben, davon wurden 5 Entscheidungen bestätigt und 5 ausgehoben, ( F a ll wurde daselbst durch Vergleich erledigt. Die Z a h l der A r b e i t e r , die im Berichtsjahre im städtischen Dienst beschäftigt waren, betrug im Durchschnitt HU7 (lßOß: { (22). Die niedrigste Z a h l zeigte der {. August m it (OflH, die höchste der J a n u a r mit { \63. Von den \ \ \ 7 Arbeitern waren bei dem Hochbauamt 28 (28) beschäftigt, bei dem Tiefbauam t 270 (279), bei der Gartendirektion l0 6 ( U l ) , bei den G a s- und Wasser­ werken 386 (4ck0), bei dem elektrotechnischen A m t 3^ (30), bei dem Rheinhasen 78 (7 0 ), bei der S traßenbahn ( s 2 s ) , bei dem Schlacht- und Viehhos 20 ( (9 ) , bei dem Vierordtbad 8 (8), - 5( - bei dem K rankenhaus 29 (35), bei dem Ulaschinenbauam t 8 (3), Arbeiter bei anderen städtischen Stetten (Hilfsdiener usw.) 6 (8). Die Gesamtzahl der städtischen B e a m t e n betrug im Berichts­ jahre 80( ( ( 9 0 9 : 777). Davon w aren wissenschaftliche und tech­ nische Beamte (73 ((70), B ureau- und Kasfenbeamte 256 (2 2 (), sonstige Beam te 3 ( (33) und Unterbedienstete 3 6 ( (353). D as G e w e r b e g e r i c h t verhandelte im Berichtsjahre in 57 Sitzungen ( (9 0 9 : 63) 6 ( ( (57() Streitsachen, v o n diesen wurden durch Urteil 4 (3 (3 9 () erledigt, durch vergleich 45 (56), durch Zurücknahme der Klage (6 ( ( 8) ; beruhen blieben (24 ( (02), ein Anerkenntnis erfolgte in (2 (4) Fällen, ein Verzicht im Sinne des § 306 <£.p.(D. in einem F all. Von den 4 (3 durch Urteil erledigten Äechtsstreitigkeiten wurden 75 ganz nach dem A ntrag der Klage entschieden, bei (67 wurde die Klage ganz und bei (73 teilweise abgewiesen. I n diesen 4 (3 Fällen waren 54 Arbeitgeber und 359 Arbeitnehmer als K läger aufgetreten, v o n den 54 Klagen der Arbeitgeber wurden 35 ganz nach dem A ntrag entschieden, 3 ganz abgewiesen und (6 teilweise; von den 559 Klagen der Arbeitnehmer wurden 38 ganz nach dem A ntrag der K lage ent­ schieden, (64 ganz und (57 teilweise abgewiesen. I n den nicht durch Urteil erledigten Angelegenheiten w aren a ls K läger (0 A rbeit­ geber und (88 Arbeitnehmer aufgetreten. — (Eine Tätigkeit des Gewerbegerichtes a ls (Einigungsamt fand nur in einem Falle statt, indem der Vorsitzende auf A ntrag der Schneidergehilfen über den (Entwurf eines T arifvertrags einen (Einigungsversuch machte, der am ( ( . ZHärz die A nnahm e des (Entwurfes ergab. A ls begut­ achtende und antragstellende Behörde tra t das Gewerbegericht (9 (0 nicht in Tätigkeit. — Bei den im J u l i vorgenommenen W ahlen zum Gewerbegericht wurden bei der W ahl der Arbeitgeber 358 gültige Stim m en abgegeben, wovon 32 ( auf den Vorschlag der vereinigten Gewerbetreibenden und Handwerksmeister und 37 auf den des Gewerkschaftskartells abgegeben wurden. Die erstgenannte Liste erhielt danach 5, die letztere ( Beisitzer. Von Arbeitnehmern wurden 3 (57 gültige Stim m en abgegeben, davon 2682 für die Liste des Gewerkschaftskartells und 475 für die des Ausschusses für soziale Angelegenheiten. Die erstgenannte Liste erhielt danach 6, die letztere 2 Beisitzer. 4* — 52 D as K a u f m a n n s g e r i c h t behandelte im Berichtsjahre in 3^ Sitzungen (1909 : 30) (3 ( ( (3 ( ) Rechtsstreitigkeiten. Von diesen wurden 8(( (80) durch Urteil erledigt, durch Vergleich \7 (20), durch Zurücknahme der Klage 3 (9) ; beruhen blieben 26 (20), ein Anerkenntnis erfolgte in f (2) Falle. I n den 8H durch Urteil erledigten Fällen wurden (9 ganz nach dem A ntrag der Klage entschieden, in 36 die Klage ganz und in 29 teilweise abgewiesen. I n diesen 8^ Streitigkeiten waren als K läger 9 Kaufleute und 75 Handlungsgehilfen aufgetreten. Von den 9 Klagen der K auf­ leute wurden 5 ganz nach dem A ntrag der Klage entschieden, s ganz und 3 teilweise abgewiesen; von den 75 Klagen der Handlungsgehilfen wurden 22 nach dem A ntrag der Klage ent­ schieden, 26 ganz und 27 teilweise abgewiesen. I n den nicht durch Urteil erledigten Streitigkeiten waren als K läger 3 Kaufleute und Handlungsgehilfen aufgetreten. — (Eine Tätigkeit des K aufm annsgerichts a ls (Einigungsamt hat im Berichtsjahre nicht stattgefunden. Gutachten wurden erteilt: f bezüglich der (Erlassung eines Gesetzes betreffend die amtliche Pensionsversicherung der P riv a t­ angestellten, 2 . bezüglich der reichsgesetzlichen Regelung der Sonn­ tagsruhe.*) Bei der Zentralstelle der städtischen F e u e r a l a r m a n l a g e (R athaus) wurden im Berichtsjahre 29 B rände I 9 0 9 : stch) gemeldet, * ) D i e G e s a m t z a h l d e r im J a h r e ( 9 ( 0 v o n d e m G r o ß h e r z o g l ic h e n B e ­ z i r k s a m t b e h a n d e l t e n A n z e i g e n w e g e n in n e r h a l b d e s S t a d t b e z ir k s b e g a n g e n e r Ü b e r t r e t u n g e n b e l ie f sich a u f (4 359 A n z e i g e n m i t ( 4 4 5 2 A n g e z e ig t e n ( ; 9 0 9 : ( 3 456 A n z e i g e n u n d ( 3 7 0 ( A n g e z e i g t e ) . E r l e d i g t w u r d e n d ie A n z e i g e n b e i 4923 P e r s o n e n d u rch E i n s t e l l u n g d e s V e r f a h r e n s , b e i 9223 d u rch p o liz e i l ic h e S t r a f v e r f ü g u n g , b e i 39 d u rch E n t s c h e id u n g d e r h ö h e r e n P o l iz e ib e h ö r d e ( 3 5 b e s tr a f t , 4 s t r a f f r e i ) , b e i 2 ( 0 d u rch r ic h te r l ic h e s U r t e i l ( ( 5 8 b e s tr a ft , 52 f r e ig e s x r o c h e n ) . D i e z u e r k a n n t e n S t r a f e n b e s ta n d e n i n ( ( 8 ( f f a f t s t r a f e n u n d 8 2 3 5 G e ld s t r a f e n . U n e r l e d ig t b l i e b e n 64 A n z e i g e n g e g e n 64 P e r s o n e n . D i e e r l e d ig t e n A n z e i g e n u n te r s c h ie d e n sich in d e n e in z e ln e n A r t e n w i e f o l g t : G r d n u n g s p o l i z e i 3 7 6 2 , S i t t e n p o l i z e i 54z , G e s u n d h e i t s x o l i z e i 428 , F e u e r ­ p o l i z e i 4, B a u p o l i z e i 39 , W a s s e r - u n d S t r a ß e n p o l i z e i 3509 , H a n d e l s - u n d G e w e r b e x o l i z e i 769 , F e l d - u n d G e m a r k u n g s x o l i z e i 2 7 , J a g d - u n d F is c h e r e i- p o l i z e i 10, S c h i f s a h r t s - u n d E i s e n b a h n x o l i z e i ( , E i g e n t u m s f r e v e l 9 , s o n s t ig e Ü b e r t r e t u n g e n 3 6 7 . D ie Z a h l d e r v o n d em G ro ß h e rz o g lic h e n A m t s g e r i c h t im J a h r e ( 9 ( 0 e r la s se n e n Z a h lu n g s b e f e h le b e tr u g 5457 ( ( 9 0 9 : 4866 ) , die d e r V o llstreckung?- 53 — von denen (6 in der Zeit zwischen 6 U hr m orgens und 6 Uhr abends und (3 in der Zeit zwischen 6 U hr abends und 6 Uhr morgens zur M eldung kamen. Unter den 29 B ränden waren 5 M ansarden-, Dachstuhl- und Bodenbrände, 3 K am in-, Essen- und Rußbrände, ( ( Zim m erbrände, 4 Gewölbe-, M agazin-, Werk­ stätten-, S tall-, Remisen-, Laden- und B ürobrände, \ Aellerbrand und 5 sonstige Brände. Nach den Stadtbezirken verteilen sich die B rände: 7 im ersten Bezirk, 5 im zweiten, 2 im dritten, 3 im vierten, H im fünften, 7 im siebenten und ( im achten. b efeh le 2750 ( 2542 ) , die d e r v o rg e n o m m e n e n F a h r n i s p f ä n d u n g e n 5306 ( 5 3 6 o ) , die d e r v o llz o g e n e n F a h rn is v o l ls t re c k u n g e n s o ; ( 5 5 8 ) , d ie d e r e rö ffn e te n K o n » k u rse 2 3 ( 3 t ) u n d d ie d e r a u fg e n o m m e n e n W e ch se lp ro te ste 3989 ( 3459 ) . I m J a h r e 1( 9 ( 0 w a r e n b e i d e m G r o ß h e r z o g l ic h e n N o t a r i a t t ? 8 Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g e n ( < 9 0 9 : 1(88) a n h ä n g i g , v o n d e n e n 1(30 e r l e d ig t w u r d e n u n d z w a r 98 ( \ 2 0 ) d u rch V e r s t e ig e r u n g , 3 2 ( 30 ) d u rch V e r w a l t u n g . I n 44 (^ 3) F ä l l e n w u r d e d a s V e r s t e ig e r u n g s v e r f a h r e n a u f g e h o b e n u n d i n 54 ( 7 7 ) d u r c h g e fü h r t . III. Bauliche Entwicklung der Stadt. die am s. J a n u a r l9sO vollzogen^ Eingemeindung des I . J V orortes Daxlanden haben sich die G e m a r k u n g s g r e n z e n im Norden, Westen und Süden wesentlich geändert. Der Flächeninhalt der Gemarkung hat sich nahezu um ein Drittel ver­ mehrt ; er stieg von 5363 ha 2H a 63 qm im J a h r s9°9 auf HH32 ha s8 a 4s6 qm. Der städtische G r u n d b e s i t z stieg im J a h re s9sO namentlich durch die Eingemeindung von Daxlandcn von ?9 854s; a r um 68 968 ar auf f^8 822 ar. D am it im Zusam m enhang stand eine beträchtliche E r ­ weiterung des o rtsstraßennetzes, dessen Länge auch durch den B a u einer Reihe neuer S traßen sich vergrößerte. E s wurden hergestellt: Die Boeckh-Straße südlich der Südend-Straße, die Vorholz-Straße zwischen Boedch- und B ürklin-Straße, die Wein- brenner-Straße westlich der tzork-Straße, die k örner-Straße zwischen W einbrenner- und Sophienstraße und die Auer S traße im Stadtteil R üppurr. F ü r die Rosten dieser Straßenherstellungen hatten die Angrenzer ortsstatutarisch Rückersatz zu leisten. Gegen Ende des J a h re s wurden die nachstehenden S traßen­ bauten noch in A ngriff genommen, aber nicht mehr vollendet: Die kan o n ier-S traß e , die E ssenwein-Straße östlich der Humboldt- S traße einschließlich der Jäg e r-S traß e und Essenwein-Straße zwischen der Georg Friedrich- und Sternberg-Straße, durch deren Herstellung insbesondere die zweckmäßigere Bebaubarkeit des Fuchsschen Anwesens erzielt werden sollte, nachdem die F irm a ihren Gewerbebetrieb nach dem Rheinhafen verlegt hatte. F ü r einen Teil dieser neuen S traßen wurde eine neue Querschnitts- anordnung gewählt, die eine leichtere und billigere Herstellung einer — 55 — späteren Pflasterdeckung ermöglicht. Die im vorigen Ja h re in größerem Umsange begonnenen Kleinpflasterungen wurden m it der Pflasterung der L am m -S trafe zwischen Erbprinzen- und Kriegs* S trä fe zu Ende geführt. Eine Reihe von bestehenden Schotter-Strafen erhielten eine neue Decke. Dagegen unterblieb mit Rücksicht aus die ungünstige Finanzlage der Stadt die ursprünglich vorgesehene Erneuerung der Fahrbahndeckung von Pflasterstrafen. ZTtit dem U m bau der Strafenbahngleise in der K aiser-S trafe vom Durlacher T o r bis zur K arl-S tra fe wurde im S p ä tjah r begonnen und eine Anzahl von Teilstrecken bis zum Ende des J a h re s fertiggestellt. Durch die Herstellung der K anäle neuerbauter oder im B au begriffener S tra fen hat sich die Länge des Kanalnetzes von l02 926 m im V orjahr aus 209 m vermehrt. E ingebaut sind darin \3 \0 Schächte und 266H Strafenschlam m fänger. Von der R üppurrer Regenwasserkanalisation wurde im Berichtsjahr die Kreuzung des E ndkanals m it der Alb und die Einmündung in die Reiherbach unter schwierigen Verhältnissen fertiggestellt und der B a u der übrigen K anäle gleichfalls in Angriff genommen. Ebenso wurde zu A nfang des J a h re s m it dem B au des grofen Beiertheimer Sam m elkanals, der bei der Südend-S traße beginnt, durch die Breite S tra fe und die künftige A lbufer-Straße zieht und bei der Herder-Straße in den Landgraben einmündet, begonnen und die Arbeit derart gefördert, daß am Ende des Ja h re s der größte Teil des B aues vollendet w ar. I n das Berichtsjahr fällt auch der Beginn der Arbeiten für die Schwemmkanalisation. A m 7. November ds. I s . wurde die offene Strecke des Hauptsam m elkanals westlich vom Hochwasser- dam m und am Z. Dezember ds. I s . der östliche Entlastungskanal bei der Georg Friedrich-Straße in Angriff genommen. Der im J a h re 1909 bereits eingeleitete B a u des Nordbeckens im städtischen Rheinhafen machte im B erichtsjahr wesentliche F o rt­ schritte, so daß die Baggerarbeiten bis zum Ende des J a h re s nahezu vollendet waren. I n der nachstehenden Zusammenstellung ist der S tand der einzelnen K anal- und S trafenbauten übersichtlich dargestellt. — 56 — a . i n früheren Jah ren begonnene und im Jah re M V vollendete B au ten . B a u g e g o n s ta n d D o m B ü r g e r - au ssc h u ß b e w ill ig t a m B e w il - l ig te r A u f - w a n d M \Sf A u f . w a n d im J a h r e 1910 M \ Sf G e s a m t­ a u fw a n d M \3f D e s B a u e s Beginn Vollendung P f l a s t e r u n g v o n S tre c k e n d e r B l u m e n - , R i t t e r , u n d L m m n - S t ra ß e , so w ie d e r S tä n d e - H a u s - S tr a ß e . . 21. V I. 09 50 087 - 14 324 42 46 990 95 Ju li 1909 Ju n i 1910 b. I m Jah re M O begonnene und vollendete B auten . D o m B ü r g e c - a u ssc h u ß b e w ill ig t a m B e - w il l ig te r A u f - w a n d G e s a m t­ a u fw a n d D e s B a u e s B a u g e g e n s ta n d Beginn Vollendung M 3f M 3f I . S t r a ß e n b a u t o n : B o e c k h -S tra ß e , süd l. d e r S ü d e n d - S t r a ß e 15. I II . 10 9 583 12 8 923 41 28. V I. 10 20. IX . 10 D o r h o lz - S t r a ß e , z w i­ schen B ü r k l in - u . B o e c k h - S tr a ß e . . 7. IV . 10 3 950 3 768 39 7. V II . 10 10. V III. 10 W e in b r e n n e r - S tr a ß e , w estl. P o r k - S t r a ß e 23. V. 10 12 653 53 11 204 52 30.V III . 10 3. X II. 10 K ö r n e r - S t r a ß e , zw . S o p h ie n - ü . W e in - b r e n n e r - S tr a ß e . 15. I I I . 10 16 894 62 12 902 89 1. IX . 10 3. X II . 10 A u e r - S t r a ß e i . S t a d t ­ te i l R ü p p u r r . . 15. V II. 10 1 122 59 1 006 44 26. IX . 10 10. X . 10 I I . K a n a l b a u t e n : K a n a l in d e r B oeckh - S t r a ß e . . . . 15. I I I . 10 4 600 3 386 20; 1. IV . 10 17. V . 10 S in k k a s te n a n la g e in de r D o r h o lz - S tra ß e 7. IV . 10 320 _ 217 89 4. V II. 10 12. V II. 10 — 57 — D o m B ü r g e r . B e w i l ­ l ig te r A u s - w a n d G e s a m t­ a u fw a n d D e s B a u e s B a u g e g e n s ta n d a u ssc h u ß b e w ill ig t a m Beginn Vollendung Sf M 3f K a n a l in de r W e in - b r e n n e r - S tr a ß e . 23. V. 10 5 700 5 632 46 26. V I. 10 30. V II. 10 K a n a l in d e r K ö rn e r - S t r a ß e . . . . 15. I I I . 10 13 400 6 446 43 27. V II . 10 18. IX . 10 K a n a l in der (Essen- w e in -S tr a ß e , östlich d .ls u m b o ld t- S tr a ß e u n d J ä g e r - S t r a ß e 16. und 21. I . 08 7 600 5 261 98 1. V III. 10 16. IX . 10 K a n a l in d e r K a n o ­ n ie r - S t r a ß e . . . 15. I I I . 10 12 400 _ 9 163 8 1. IX . 10 2. X I. 10 K a n a l in d e r (Essen- w e in -S tr a ß e , roeftl. d .S te rn b e r g -S t r a ß e 11. V II. 10 5 700 5 453 64 2. X I. 10 16. X II. 10 c . 3 in Zahre H9H0 begonnene und noch nicht vollendete B auten . B a u g e g e n s ta n d D om B ü r g e r . a u ssc h u ß b e w ill ig t a m B e - w il l ig te r A u f - w a n d A u f - w a n d im J a h r e 1910 B a u b e g i n n a m Jt, 1 3f M 3f V S t r a ß e n b a u te n . (E ffe n w e in -S tra ß e , östl. d e r H u m b o ld t- S t r a ß e . . m it de r J ä g e r - S t r a ß e 21. I . 1808 21. I . 1908 9 689 4 944 90 25 8 544 3 922 95 74 20. X . 1910 (E ffe n w e in -S tra ß e , w estl. d e r S t e r n b e r g - S t r a ß e . 11. X . 19f0 14 000 _ 5. X II . 1910 K a n o n ie r - S t r a ß e . . . 15. I I I . 1910 14 500 - 4 042 86 2. X . 1910 2. K a n a lb a u te n . B e ie r th e im e rS a m m e lk a n a l L o s I . . . . L o s I I . . . 17. X II . 1908 795 000 — 416 453 37 1. I I I . 1910 22. I I . 1910 R e g e n w a s s e rk a n a l is a tio n R ü p p u r r ...................... 17. X I I . 1908 126 500 75 596 02 27. V I. 1910 L s a u p tsa m m e lk a n a l . . 23. V . 1910 1 670 000 — 17 969 11 7. X I . 1910 «östl. (E n tla s tu n g s k a n a l . 23. V . 1910 1 865 000 — 1 828 95 9. X I I . 1910 P f in z s p ü lk a n a l . . . . 23. V. 1910 200 000 — 29 59 — — 58 — Der Bautätigkeit wurde durch die nachstehenden Baufluchten- feststellungen und Bauplatzumlegungen die Möglichkeit zu weiterer Entwicklung geboten: Feststellung des Baufluchtenplans für das Gebiet zwischen Hirsch-Straße, Fröbel-Straße und neuem B ahnhof; 2. für die Essenwein-Straße zwischen Georg Friedrich- und S ternberg-S traße; 5. für das Gebiet zwischen Durmersheimer-, Sinner- und Zeppelin-Straße im Stadtteil Grünwinkel. Außerdem wurde der Baufluchtenplan der N ebenius-Straße zwischen M arien - S traße und R üppurrer S traße abgeändert. Vollzugsreif erklärt wurde die auf gütlichem Wege zustande gebrachte Grundstücksumlegung für das Gelände zwischen Beiert­ heimer Allee und A arl-S traße einerseits, sowie zwischen Hohen- zollern- und Reichsring-Straße anderseits. D aran beteiligt waren f6 Grundstücke m it einem Flächeninhalt von \ ha ^7 ar und 88 qm. D as abgetretene Straßengelände betrug 22,6\ 0/g der Gesamtfläche. Z n Vorbereitung w aren während des Berichtsjahres ß weitere Grundstücksumlegungen m it 26\ Grundstücken und einem Flächen­ inhalt von 58 ha und 37 ar. Vom städtischen H o c h b a u a m t wurden int Berichtsjahre folgende B auten ausgeführt: Der Znnenbau für das im V orjahre begonnene D o p p e l ­ s chu l h a u s Ecke Boeckh- und Südend-Straße wurde fertiggestellt. Die neue 2. H ö h e r e M ä d c h e n s c h u l e am Gutenbergplatz konnte im R ohbau vollendet und unter Dach gebracht werden. Über die p r i v a t e B a u t ä t i g k e i t ist folgendes zu be­ merken: Neu errichtet wurden im Z ahre sßsO 52 Vorderhäuser und 2 selbständige Seiten- und Hintergebäude mit sß5 Stockwerk­ wohnungen und 5 s Dachstockwohnungen; im ganzen also 2^6 W ohnungen (lßOfl: 226 Stockwerk- und ^8 Dachstockwohnungen, zusammen 27H W ohnungen). Von den Neubauten liegen in der I. Bauzone 2, in der — 59 — II. 0 , in der III. \<{ *), in der IV . Bauzone m it offener Bauweise 31 und in der IV. mit geschloffener Bauweise 7. Der Zim m erzahl nach sind die erstellten 195 Stockwerk­ wohnungen: 2 einzimmerige, 25 zweizimmerige, 99 dreizimmerige, 2\ vierzimmerige, 19 fünfzimmerige, 16 sechszimmerige, 11 sieben« zimmerige und 2 acht- und mehrzimmerige. Durch An-, A uf- und Um bauten wurden weitere 7 Stock­ werkwohnungen errichtet (1909'• 7 Stockwerk- und 2 Dachstock­ wohnungen), so daß die Gesamtzahl der neu erstellten W ohnungen 253 betrug (283). Durch Abbruch von Häusern kamen 38 W oh­ nungen in Wegsall (4(3); es bleibt mithin ein reiner Zuw achs von 215 W ohnungen (24(0). Die G r t s b a u k o m m i s s i o n hat im Berichtsjahre 4(5 Sitz­ ungen ( 1909: 4(7) abgehalten und darin 865 (789) Bausachen behandelt. I m ganzen wurden 4(95 (512) Baugenehmigungen erteilt, darunter 203 (151) für Neubauten und 292 (361) für Umbauten. Die Z ah l der Kontrollen zur Überwachung der zum Schutze der B auarbeiter erlassenen Vorschriften betrug 7566 (6658). Die vorgenommenen Kontrollen verteilten sich aus 599 (558) B au - bezw. Arbeitsstellen und auf 239 (158) Leitergerüste. A us B au - bezw. Arbeitsstellen, die einer fortlaufenden Revision unterzogen werden mußten, entfielen 278 (209). B auabnahm en erfolgten im ganzen 527 (592), darunter Neubauten 1 (5 (1(4(). Wegen wieder­ holten Verstößen gegen die Arbeiterschutzbestimmungen, sowie in solchen Fällen, wo durch mündliche Anordnungen an (Drt und Stelle eine Beseitigung der bestehenden Nlißstände nicht erzielt werden konnte, mußten 80 (108) schriftliche amtliche Verfügungen (Auflagen) ergehen, v o n sonstigen Arbeitsleistungen fielen den Beamten noch zu: Berichte und Gutachten in W irtschafts- und Wohnungsangelegenheiten u. a., desgleichen bei Rauchbelästigungen, feuergefährlichen oder sonstigen ordnungswidrigen Zuständen, periodische Besichtigungen von W arenhäusern, feuergefährlichen Lagerungen u. dergl., im ganzen in 3074( (234(1) Fällen. B a u - Unfälle, die auf eine ungenügende P rüfung der B aupläne oder *) D a r u n te r 6 G e b ä u d e , d ie noch k e in e r B a u z o n e z u g e te i l t u n d in fo lg e dessen der z u n ä ch s tlie g e n d en B a u z o n e zu g e sc h la g en w o rd e n sind . — 60 — mangelhafte B auausfüh rung zurückzuführen wären, haben sich nicht ereignet. Auch solche Unfälle, die sich infolge der Nichtbeachtung von Vorschriften für den Bauarbeiterschutz oder infolge Unacht­ samkeit der Arbeiter ereigneten, waren nicht ernster N atu r. In fo lge der Eingemeindung der Vororte wurden folgende E rgänzungs­ vorschriften der städtischen B auordnung erlassen: Vom 7. April ( 9 (0 . D as B auen außerhalb des Bereichs der Straßen und p iän e der S tad t K arlsruhe betreffend. Vom 2 . J u n i (9 (0 . Die Überbauung von Grundstücken in den Vororten Daxlanden und Grünwinkel betreffend; vom 2 9 . J u n i \ 9 xo. Die B auordnung für die S tad t K arlsruhe bezw. die Vororte Rintheim und Rüppurr- betreffend. W ohnungsuntersuchungen wurden erstmals vorge­ nommen vom ( 9 . J a n u a r bis (7 . Februar. E s wurden zunächst inr ältesten Stadtteil (Dürfte) 20 Gebäude untersucht, von denen (7 Beanstandungen erfuhren. Weiter wurden inr ersten Bezirk vom ( 6 . November b is (5. Dezember (60 Käufer untersucht. D arau f folgte eine Besichtigung der besonders beanstandeten W ohnungen durch die Wohnungskommission. A m (. Dezember ( 9 (0 wurden in hiesiger S tadt 585 l e e r ­ s t e he nde W o h n u n g e n gezählt ( f 9 ° 9 : 326). D avon entfielen aus die innere o ststadt 68 (65), auf die innere Weststadt 68 (59), auf den alten h ardtwaldstadtteil 9 ( ( ( ) , auf die äußere o ststadt 29 (3 0 ), auf die Südstadt ^6 (5 8 ), auf das Stadtgartenviertel 2 ( 0 , auf die Südweststadt 75 (H5), auf den neuen H ardtw ald­ stadtteil 8 (5 ), auf die Stadtteile M ühlburg 65 (^7), Beiertheim ( (5), Rintheim 6 ( ( 2) , R üppurr 0 ( I ) , Grünwinkel ( (6) und Daxlanden ( ( . Unter den 585 (526) leerstehenden W ohnungen befanden sich 92 (65) Dachstockwohnungen und (5 (22) mit Gewerberäumen verbundenen W ohnungen. Der Zim m erzahl nach waren es 55 (55) leerstehende W ohnungen mit je einem, (2<( (98) m it je 2, 77 (67) m it je 5, 50 (-(() m it je 5 ( (^0) mit je 5, ( ( (H9) m it je 6, (9 ((0) m it je 7 und 20 (1(8) m it je 8 und mehr Z im m ern. Teils infolge der B ahnhofanlage, teils infolge von Gelände­ verkauf gehen die Leepromenade, die M itterm eier-Straße und die G ewerbe-Straße ein; der Beschrieb der A rbeits-S traße lautet: — 6 \ — „beginnt in der Bannwaldallee und endigt in der L ager-S traße", der des Buchenweges: „beginnt in der G riesbach-Straße und endigt an der Lohn-Straße". Die bisher in die Seepromenade als N r. 8 und S(0 gezählten Anwesen werden künftig a ls E ttlinger- S traße fO a und fO d geführt. A m 27. und 28. ZTtai weilte eine aus 9 M itgliedern be­ stehende A bordnung hier, die die A s s o c i a t i o n d e s c i t e s - j a r d i n s d e F r a n c e zum Studium der Stadterweiterung und öffentlichen Anlagen nach K arlsruhe entsandt hatte. Bürgermeister Dr. P a u l hielt der Abordnung am 28. einen V ortrag über die Stadterweiterung. IV. Kirche, Schule und Kunst. 1. Kirche. von der letzten evangelischen Generalsynode eingesetzte aus 1 j Geistlichen und Laien bestehende L e h r b u c h k o m m i s s i o n hielt im Dienstgebäude des o berkirchenrates unter Vorsitz des K arlsruher S tad tpfarrers Rohde am 3. J a n u a r eine Sitzung ab. Gegenstand der B eratung w ar die Behandlung des ersten Artikels des Glaubensbekenntnisses im zukünftigen Katechismus. Durch Verfügung des erzbischöflichen O rdinaria tes wurde A nfang F ebruar die P fa rre i D a x l a n d e n vom Kapitel Ettlingen getrennt und dem K apitel S tad t K arlsruhe zugeteilt. A m \0. A pril hielt die E v a n g e l i s c h e K o n f e r e n z hier ihre erste Frühjahrsversam m lung ab. Sie beschäftigte sich mit einer Reihe religiöser Fragen und behandelte u. a. auch die Ange­ legenheit der Besetzung der theologischen Lehrstühle an der Universität Heidelberg. Sie nahm folgende Resolution a n : „Die in K arlsruhe tagende H auptversam m lung der Evangelischen Konferenz spricht ihr volles Einverständnis au s zu den Schritten, welche ihr Vorstand bei der Neubesetzung der beiden theologischen Lehrstühle in Heidel­ berg unternommen hat. Sie legt entschieden V erwahrung dagegen ein, daß trotz der dankenswerten Unterstützung durch die Kirchen­ behörde die wünsche und Rechte der Positiven aberm als in ver­ letzender weise mißachtet wurden." Bei der am \2. A pril vollzogenen Erneuerungsw ahl in den E v a n g e l i s c h e n K i r c h e n g e m e i n d e r a t wurden gewählt: o berbaurat Heinrich Amersbach, Kommerzienrat und S tad tra t August D ürr, Buchhändler W ilhelm G räff, Kommerzienrat und 65 — Stadtrat Friedrich Döpfner, Gberrechnungsrat P a u l Lam binus, Gberrechnungsrat Heinrich Rinkler, Oberlehrer W ilhelm Schumacher, Geheimer F inanzrat W ilhelm Sievert, Gberlandesgerichtspräsident Dr. E m il Dorner und P riva tm ann P h ilipp Domberg. A m 2<\. A pril wurde in der Stadtkirche das 28. Iah resfest der e v a n g e l i s c h e n S t a d t M i s s i o n gefeiert. Der Feier wohnte Großherzogin Luise an. Die Begrüßungsansprache hielt S tad t­ pfarrer Kühlewein. Den Jahresbericht erstattete P fa rre r Bender. E r erwähnte die Evangelisationsvorträge von Pastor Keller, die Missionsausstellung, die im Berichtsjahre unternommenen 5— 6000 Hausbesuche bei Arm en und Kranken, die Fürsorge für sittlich in N ot und G efahr geratene Gemeindemitglieder, die M itarbeit in der Jugendpflege in 3 Kindergottesdiensten mit s5— s600 Kindern und den verschiedenen Jugendvereinigungen, die A bhaltung von Bibelstunden und die Predigt- und Schriftenverbreitung. Neu gegründet wurde der evangelische Jungfrauenverein der Südstadt und der Blaukreuzverein im Vereinshaus. Z um Vorsitzenden der Stadtmission wurde S tad tpfarrer Kühlewein gewählt, zum Stell­ vertreter S tadtpfarrer Hindenlang. A n Stelle von Stadtmissionar W ahl tra t Stadtm issionar G erm ann. Den Schluß der Feier bildete die Festpredigt von S tad tpfarrer Schwarz aus Freiburg. A n den Festgottesdienst schloß sich im Vereinshaus Adlerstraße 23 eine Nachfeier an, die 3— H00 Personen bei einem Teeabend vereinigte. Dabei wurde auch das 25 jährige Dienstjubiläum des B ureau- direktors Koch begangen. Vom f5. M a i. bis {2. J u n i fanden auf dem Festplatz V or­ träge (Bibelstunden und Evangelisationsvorträge) der süddeutschen Z e l t m i s s i o n statt. A m 20. M a i hielt der hiesige englische Geistliche Rev. Davies in der Schloßkirche einen T r a u e r g o t t e s d i e n s t für König E duard ab, an dem der Großherzog, die Großherzogin, die Großherzogin Luise und die Königin von Schweden teilnahmen. Anwesend waren ferner der gesamte Hofstaat, der preußische Gesandte von Eisendecher, Minister von M arschall, Oberbürgermeister Siegrist, zahlreiche M itglieder der englischen Kolonie, sowie mehrere hier weilende Amerikaner. Die Investitur des zum Stadtpfarrer der Bernharduskirche — 6 ̂ — ernannten bisherigen p fa rrku ra tes S t u m p f fand am 5. J u n i statt. Die Kirche w ar festlich geschmückt. Die Festpredigt hielt Geistlicher R a t Ehrendom herr Knörzer. E ine weltliche Feier wurde am Abend im großen S aale der Festhalle abgehalten. Die B e­ grüßungsansprache hielt O berregierungsrat B ra n d , die Festrede Betriebsinspektor B ertram . Geistlicher R a t Anörzer brachte ein Hoch auf den Großherzog und den Erzbischof aus. Dom katho­ lischen Frauenbund wurde ein von K la ra Siebert verfaßtes Fest­ spiel aufgeführt. Der Kirchenchor trug Lhöre von Mendelssohn, H aydn, D ürrner, Lachner und Schum ann vor. A m iß . J u n i wurde von hiesigen katholischen M ännern unter zahlreicher Beteiligung eine P i l g e r f a h r t nach W alldürn unternommen. Hosdiakonus K a y s e r wurde vom Großherzog auf die P farre i Badenweiler eingewiesen. E r verabschiedete sich von der Hof- pfarreigemeinde in der Schloßkirche am 2 \ . August. — A m 28. August verabschiedete sich S tad tp farrer J ä g e r von der Neu­ weststadtgemeinde, um sein neues A m t in Freiburg anzutreten. Der an seine Stelle neugewählte S tad tp farrer Schilling wurde am \3. November in sein A m t eingeführt. A m s7. und \8. Oktober spendete Erzbischof D r. N ä r b e r von Freiburg in der hiesigen Stefanskirche das Sakram ent der Firm ung. A m 6. November fand die R e f o r m a t i o n s f e i e r der evangelischen Kirchengemeinde im großen S a a l der Festhalle statt. Nach dem P sa lm : „K o m m t, laß t uns beten und knien vor dem H errn", der von den vereinigten evangelischen Kirchenchören der S tad t unter der Leitung des Lhormeisters der Lhristuskirche, H ans Vogel, vorgetragen w urde, begrüßte Hofprediger Fischer die Ver­ sam m lung im N am en des evangelischen Kirchengemeinderats. Die Festrede hielt P fa rre r M an z aus Britzingen. Der Rede folgte eine dramatische A ufführung „Die B annbulle", nach der Ehöre gesungen wurden. M it dem allgemeinen Gesang „ E in feste B urg ist unser G o tt" wurde die Festfeier geschlossen. A nfang Dezember verließ der katholische S tad tpfarrer F ö r s t e r die Gemeinde K arlsruhe-D axlanden , um nach seinem neuen Wirkungskreise Schliengen zu ziehen. I h m zu Ehren veranstaltete — 65 — die Kirchengemeinde am H. eine Abschiedsfeier. Der Kirchenchor, die Gesangsabteilung des Arbeitervereins und die Musikkapelle des Iünglingsvereins beteiligten sich mit musikalischen Darbietungen. Nach dem Bericht des D i ö z e s a n a u s s c h u s s e s für die Diözese K arlsruhe-S tad t erfolgten im J a h re 50 E intritte in die evangelische Gemeinde und 89 A ustritte. Bon den eintreten­ den Personen waren 28 römisch-katholisch, { israelitisch, { ohne Angabe der bisherigen Konfession, von den austretenden wurden 26 römisch-katholisch, 2 lutherisch, 6 s traten ohne Angabe aus. Der Reinertrag der örtlichen Kirchensteuer im J a h re s9 s0 betrug s^3 066 M f., 6 8 ^ M k. mehr als ^909 . — Der evangelischen Kirchengemeinde fiel s9 s0 eine Stiftung von 5000 N if. zu, deren Zinsen zur Unterstützung arm er Konfirmanden bestimmt wurde. 2. schulen. Der s t äd t i s che A u f w a n d f ü r di e S c h u l e n ohne G e­ werbe- und Handelsschule betrug im Berichtsjahre s 95 s 038 N if. 2 P f. (gegen s 823 ^ s8 N if. 92 P f. im J a h re s9°9)- 3 n dieser Sum m e sind 502 089 N if. für Niietwert der städtischen Schul­ gebäude und Fahrnisse inbegriffen, dieselben erscheinen als die Zinsen der für die bezeichneten Zwecke verwandten K apitalien. Außerdem sind in dieser Sum m e s087 N if. 43 P f. für Errichtung einer Reinigungsstation für Bolksschüler, 375 N if. 5 P f. für Speisung von Schulkindern und s s 580 N if. 90 P f. ( s 9 0 0 : 7s52 N if. s6 p f .) für Befreiung vom Schulgeld enthalten. Nach Abzug dieser Sum m en betrug der Barzuschuß für die Vo l k s s c h u l e s s8 ^7 6 6 N if. s8 P f., für die G o e t h e s c h u l e ^ 6 2 s 6 M k. s P f., für die H u m b o l d t ­ schul e ^6278 NTf. s P f . , für die beiden R e a l a n s t a l t e n 9*H57 N if. 50 P f. und für die H ö h e r e M ä d c h e n s c h u l e 6H s87 M f. 2H P f. Der Barzuschuß an die G e w e r b e s c h u l e betrug 78825 M f . 78 P f., der aufgerechnete M ietzins s22^5 M f., der Barzuschuß an die H a n d e l s s c h u l e 2 0 2 6 0 M f. 62 P f., der aufgerechnete M ietw ert 7500 M f. Außerdem wurden noch Z u ­ schüsse in verschiedener Höhe an die M usikbildungsanstalt, das Konservatorium für Musik (beide Anstalten sind seit dem (. Sep­ tember H9\0 vereinigt), die Malerinnenschule, die F ra u e n a rb e it­ — 66 — schule, die Kochschule des Badischen Frauenvereins, den botanischen G arten der Technischen Hochschule, dem Arbeiterbildungsverein für Unterrichtskurse, für Arbeiterfortbildungskurse und dem Kauf- männischen Verein für kaufmännische Hochschulkurse gewährt. Über die S c h ü l e r z a h l im Schuljahr (909/ ( 0 *) im einzelnen vergleiche m an Beilage I. Die Z ah l der Schüler und Schülerinnen in den dem Rektorat unterstellten städtischen Schulen hat sich gegen das vorhergehende Z a h r und zwar am Anfang des Schuljahres um {620, gegenüber dessen Schluß um (289 vermehrt. Durch die Eingemeindung von Daxlanden am f. Z a n u a r (9-1° erhielt die Volksschule einen Zuw achs von 888 Volksschülern und (Os Fortbildungsschülern. Z u A nfang des Schuljahres ((5 . M a i (9°9) betrug die Z a h l der Zöglinge (7 099 ((5 322 im Vorjahre), am Schluß (5. M ärz ( 9 (0) ( 6 7 ( 8 ( ( 5 350). Die Z u g e n d s p i e l e wurden seit Ostern (9 (0 auch im (. Schuljahre der Knabenschulen und im (., 2 . und 3. Schuljahr der Mädchenschule obligatorisch durchgeführt; die -(— 8 Klassen der Mädchenschulen erhielten, soweit es die Verhältnisse gestatteten, wöchentlich ( obligatorische Spielstunde. S c h u l b ä d e r wurden im J a h re (909/(0 (35 882 (gegen ( (-(6 8 6 im V orjahre) genommen, Volksbäder 23 60( ( (8 858), zusammen (59 ^83 ((3 3 5 ^ ) . Außerdem wurden an Volksschüler (7 (5-( ( (6 ^32) Badekarten zu (0 P f. für das städtische Vierordt- bad abgegeben. A m unentgeltlichen S c h w i m m u n t e r r i c h t nahmen ^50 Knaben und (H6 M ädchen teil, zusammen 596 gegen -(78 im V orjahre. Von den zugelassenen Knaben konnten 80— 90°/o als Freischwimmer entlassen werden. Zeder ausgebildete Schwimmer erhielt 20 Freikarten für das Vierordtbad. F ü r die F e r i e n k o l o n i e n liefen im Z ahre (9 (0 60( Gesuche ein. (90 Kinder konnten zugelassen werden und zwar 87 Knaben *) D ie A n g a b e n ü b e r d ie F re q u e n z d e r S c h u le n u n d die B e n ü tz u n g e in z e ln e r S c h u le in r ic h tu n g e n w e rd e n , w ie b i s h e r , n ach dem S c h u l ja h r , d a s sich b e k a n n tlic h m it dem B e r ic h t s ja h r n ich t deckt, a lso z. B . bei d en V o lksschu len n a c h dem S ta n d e a n dom je w e i l s im F r ü h ja h r s ta ttf in d e n d e n S chu lsch luß g e m a c h t. D ie ü b r ig e n A n g a b e n f ü r d ie S c h u le n n e h m e n w ie a lle a n d e re n M it t e i lu n g e n d e r L h r o n ik a u f d a s B e r ic h t s ja h r B e z u g . — 67 — und 105 Mädchen, denen sich 10 selbstzahlende Kinder anschlossen. 9 Kolonien wurden gebildet. A m s. August traten die Kolonisten die Reise in das M u rg ta l an und kehrten nach 3 Wochen hierher zurück. — Einnahm en und Ausgaben balancieren m it 12 0^9 M f. 39 P f. (15 385 M f. 35 P f.). Beiträge und Schenkungen ein­ schließlich 570 M f. von 10 selbstzahlenden Kolonisten betrugen 79^3 M f . 15 P f. (72-(0 M f . 20 P f.). Der Zuschuß der S tad t­ gemeinde betrug wie im V orjahre 1500 M f. An den W a l d s p i e l e n im W ildpark beteiligten sich in der Zeit vom V bis 2 \. August 1 10 (6-4) Knaben. F ü r S c h ü l e r a u s f l ü g e , die die Knaben und M ädchen der VIII. Klasse unternahmen, bewilligte der S tad tra t wieder 1,60 M f. pro Kops. Der Gesam taufw and betrug 1897 M f . 75 P f. (180-4 M f. 60 p f.) . Die S c h ü l e r s p e i s u n g wurde in der im J a h re (909 begonnenen Weise fortgeführt. Von der Einrichtung machten in der Schützenstraßen-Schule durchschnittlich 75 Kinder täglich Gebrauch. Z n den Konferenzen der S c h u l ä r z t e kamen im Schuljahre I 909/IO folgende Them ata zur B ehandlung: Wasch- und Badgelegen­ heit der Schüler. Nervenkrankheiten und geistige Störungen. W ander­ vogel, Deutscher B und für Zugendwanderungen. Znfektionskrank- heiten der Kinder. W oher kommt es, daß viele Kinder b lu tarm sind? Schülerspeisung. W oher kommt bei manchen Kindern schon in den ersten Unterrichtsstunden eine Schwäche? W as kann die Volksschule zur Bekämpfung der geschlechtlichen Verrohung unseres Volkes tu n ? Zugendspiele. Wirkung des Alkohols und Ferien­ wanderungen. D as Verhalten der Schule gegen die ansteckenden Kinderkrankheiten Diphtherie, Scharlach und M asern. F ü r die S c h u l z a h n k l i n i k ist seit f. Z um 1909 ein Z ah n ­ arzt im H auptam t angestellt, der die Sprechstunden täglich vor- und nachm ittags abhält. Z m Schuljahre 1909/10 wurden außer den Anweisungen und Belehrungen in der Pflege der Zähne und den Untersuchungen 2851 Kinder zahnärztlich behandelt. Die H i l f s s c h u l e f ü r s c h w a c h b e f ä h i g t e K i n d e r wurde zu Beginn des Schuljahres 1909/fO von 158 Kindern, und zwar 98 Knaben und 60 M ädchen besucht, am Schluß des Schuljahres von 155 Kindern. 5 * 68 — An dem Unterricht für s p r a c h l e i d e n d e S c h ü l e r nahmen 1909/10 78 (75) Zöglinge teil, von denen 56 der Volksschule, (2 der Knabenvorschule, 2 der Bürgerschule, 6 der Hilfsschule, ( der Sophienschule und ( der Höheren Mädchenschule angehörten. Nach der A rt des Sprachgebrechens waren es 38 Stam m ler, 26 Stotterer (Anfänger) und (4( Stotterer (Geförderte). F ü r den K n a b e n H a n d a r b e i t s u n t e r r i c h t wurde im Herbst 1909 eine 6 . Schülerwerkstätte im neuen M ühlburger Schulhaus errichtet. Die gesamte Knabenhandarbeitsschule zählte t 909/ l 0 65 Abteilungen mit 1292 Schülern, die von 18 Lehrern in (30 Mochenstunden unterrichtet wurden (gegen 55 Abteilungen m it (04(6 Schülern, (4( Lehrern und ( ( 0 Mochenstunden im V or­ jahre). Die Teilnehmer setzten sich aus (008 Volksschülern und 284( Mittelschülern zusammen. Am Unterricht der M ä d c h e n a r b e i t s s c h u l e nahmen durch­ schnittlich 22 Schülerinnen im J a h re (909 /(0 teil. A n (08 Abenden m it zusammen 250 Unterrichtsstunden wurden 6(4( Kleidungsstücke für Knaben und M ädchen angefertigt und 550 M k. Arbeitslohn dafür ausbezahlt. Q m V orjahre 22 Schülerinnen, ( (2 Abende, 250 Unterrichtsstunden, 9?0 Kleidungsstücke, 677 M k. Lohn.) A m H a u s h a l t u n g s u n t e r r i c h t nahmen am Schluffe des Schuljahres (050 (869) Schülerinnen teil. Davon besuchten 523 die Volksschule, 66 die Töchterschule, 4(08 die Fortbildungsschule und 53 eine höhere Schule. Die Z ah l der Klassen betrug 50 (4((). F ü r (725 ((4(00) Lektionen wurden 4(8(2 M k. ^ P f. (4((2( M k. 25 p f .) verausgabt, so daß eine Lektion durchschnittlich auf 2 M k. 79 P f. (2 M k. 94 Pf.) zu stehen kam. Die K n a b e n f o r t b i l d u n g s s c h u l e schloß m it einer Schüler­ zahl von 50 ( (4(96). Nach Berufen geordnet zählte die Schule 2 Klaffen für Kellner und Köche, 4( Bäcker- und ( Metzgerklaffe, (2 Klassen für Lohnarbeiter und Dienstboten. — A m ( ( . M ärz (9 (0 genehmigte der S tad tra t die Erw eiterung der Unterrichtszeit in der Knabenfortbildungsschule von 3 auf 6 Stunden wöchentlich. Die M ä d c h e n f o r t b i l d u n g s s c h u l e zählte am Schluffe 220 (275) Schülerinnen, von denen (8 ( ohne Beruf, 39 in B erufs­ vorbereitung waren. — 69 — I m Stadtteil Daxlanden wurde seit der Eingemeindung der Fortbildungsunterricht für 63 Knaben und 38 M ädchen vorerst in dem dortigen Schulhause weitergeführt. Die F o r t b i l d u n g s k l a s s e (Selekta der Töchterschule) zählte am Schluffe ^6 (23) Schülerinnen. Don diesen nahm en 37 am französischen Unterricht teil, 'fS am stenographischen (System Gabelsberger), ^3 am Maschinenschreiben, (3 am englischen Unter­ richt und 23 am H aushaltungsunterricht. A n den übrigen Fächern (deutsche Literatur und Lektüre, Geschichte, Rechnen, Korrespondenz, Buchführung und Handarbeiten) nahmen alle Schülerinnen teil. Die S o p h i e n s c h u l e zählte 255 (205) Schülerinnen (909/ ( 0 . Die Vermehrung erforderte die Einrichtung von 2 weiteren Klassen, ( ( statt bisher 9 und die Berufung von 2 weiteren Lehrkräften. Die Ostern ( 9 (0 entlassenen Schülerinnen wandten sich nach­ stehenden Berufen zu: Arbeitslehrerinnen 2 , Kindergärtnerinnen 7, Kontoristinnen (2 , Ladnerinnen 2 , Postbeamtin (, Dienstmädchen 9, Stickerin (, Schneiderinnen ^ 7 ; 2 \ hatten noch keine B erufsw ahl getroffen. — F ü r bestellte Arbeiten wurden 929 M f , 8^ P f. ( 6 s 5 M f. 6 P f.) eingenommen, die wieder an die Schülerinnen ausbezahlt wurden. Die S c h ü l e r k a p e l l e zählte am Schluffe des Schuljahres (85 ( ( 86) Zöglinge. Von diesen gehörten ( 6H der Volksschule und 9 den Mittelschulen a n ; (2 waren nicht mehr schulpflichtig. E s fanden \2 Veranstaltungen, darunter 7 Stadtgartenkonzerte statt. Bei der Weihnachtsfeier (909 erhielten (8 Zöglinge das silberne Ehrenzeichen und ( das goldene. A m f r e i w i l l i g e n Z e i c h e n u n t e r r i c h t beteiligten sich l 909/(0 (72 Knaben aus den Klaffen V bis V III der B ürger­ schule und Volksschule. Der Unterricht wurde in (8 Wochenstunden von 5 Lehrern erteilt. I m September (909 wurde ein 5. S c h u l g a r t e n in der M ühlburger Schule errichtet. Die Z a h l der H o r t e wurde um zwei vermehrt, indem am (7. M a i (909 der 8 . Hort (1f. K naben­ hort) in der Bahnhofschule eröffnet wurde und Ostern (909 der 9 . (5. Knabenhort) in der M ühlburger Schule. Die S c h ü l e r b i b l i o t h e k zählte durch Hinzutritt der Bibliothek der M ühlburger Schule nunm ehr (9 Büchereien m it zusammen — 70 — 10909 Bänden (9837), worunter sich 508 (609) Neuanschaffungen befinden. Die Z a h l der Benützer betrug 6023 (501(2). D as L e h r e r p e r s o n a l der Volksschule setzte sich am Schlüsse des Schuljahres 1909/1° aus 1(58 Hauptlehrern (1^2), 39 H aupt­ lehrsrinnen (36), Q(\ Unterlehrern (HH), Unterlehrerinnen (tp ), 3 Hilfslehrern (3), l Hilfslehrerin (9) und 5H (53) H andarbeits­ und H aushaltungslehrerinnen zusammen, im ganzen somit aus 3^4 (328) Lehrkräften. 3 m Verlauf des Schuljahres 1909/1° wurden die hiesigen Schuleinrichtungen von Schulbeamten und Lehrern im ganzen von 1 l Personen besucht, darunter 3 aus Baden, 3 aus anderen deutschen Bundesstaaten und 5 aus dem Auslande. Die G o e t h e s c h u l e (Realgymnasium mit Gym nasialabtei­ lung) zählte am Schluffe des Schuljahres 1909/1° (H02) Zöglinge in 1(5 Klaffen. ITtit Beginn des Schuljahres tra t eine Erw eiterung des wahlfreien Unterrichts ein, indem praktisch­ physikalische Übungen w ahlfrei*) eingeführt wurden und der H and­ arbeitsunterricht nunmehr im Schulgebäude selbst erteilt wurde. Außerdem wurde wahlfreier Unterricht erteilt im Englischen für Gymnasiasten, im Griechischen für Realgymnasiasten, im Hebräischen für Gymnasiasten (dieses gemeinsam m it den Teilnehmern aus dem staatlichen G ym nasium durch den dortigen Professor Im graben), im chemischen L aboratorium und in Stenographie (Stolze-Schrey). — Dem Jahresbericht 1909/1(0 ist eine A bhandlung von Professor (Dtto Fritsch: „A us B adens römischer Vorzeit" beigegeben. Die H u m b o l d t s c h u l e zählte am Schluß des Schuljahres ^ 8 (^26) Schüler in 15 Klaffen. W ahlfreier Unterricht wurde im chemischen Laboratorium und in der Stenographie (Stolze- Schrey) erteilt. Die V b e r r e a l s c h u l e zählte am Schluß (HH8) Schüler in 15 Klassen. W ahlfreier Unterricht wurde im chemischen Labo­ ratorium , in Physik, in Latein und in Stenographie (Stolze-Schrey) erteilt. *) H ie r w ie be i d e n ü b r ig e n S c h u le n w ird j e w e i l s n u r d e r w a h l f r e ie U n te rr ic h t b e s o n d e rs a n g e f ü h r t , fe i e s , d a ß e r a l s E r g ä n z u n g d e s o b l ig a to ­ rischen w ie z. 23. b e i P h y s ik u n d C h e m ie , o d e r a l s se lb s tä n d ig e r w a h l f r e ie r U n te rr ic h t w ie z. B . be i S t e n o g r a p h ie e r te il t w ird . — 7( — Die R e a l s c h u l e zählte am Schluß 522 (3^6) Schüler in (2 Klaffen. W ahlfreier Unterricht wurde in Latein, Stenographie (Stolze-Schrey) und im chemischen L aboratorium erteilt. A m Schluß des Schuljahres wurde wie in früheren Ja h re n von P ro ­ fessor Hermann Ernst M a ie r ein Sanm riterkurs (praktische Unter­ weisung in der ersten Hilfe bei Unglücksfällen) abgehalten. D aran beteiligten sich 2 \ Schüler aus O II . Die Vorschule der h ö h e r e n M ä d c h e n s c h u l e zählte am Schluß 235 Schülerinnen, die Höhere Mädchenschule selbst 637, das M ädchengymnasium (28, die Schule im ganzen somit (000 Schülerinnen. Die H a n d e l s s c h u l e zählte am Schluß des Schuljahres ( 909/(0 53 ( Schüler und 238 Schülerinnen, im ganzen somit 769. Freiwillige Unterrichtsfächer waren Stenographie (Stolze-Schrey) und Maschinenschreiben. Z u r E rgänzung und Vermehrung der Bücherei wurden von den städtischen Kollegien 200 M k. bewilligt. M it ( 9 ( 0 wurde das O rtssta tu t für die Handelsschule aus den V orort Daxlanden ausgedehnt. Die G e w e r b e s c h u l e zählte am Schluß des Schuljahres (909/ t 0 2058 Schüler, darunter Gäste. Die Z ah l der T e il­ nehmer an den verschiedenen Fortbildungskursen für Gesellen, Gehilfen und Meister betrug -((5 gegen 600 im V orjahre. Auch für die Gewerbeschule wurde das O rtssta tu t auf den V orort Dax­ landen ausgedehnt. Z m G y m n a s i u m wurde am (0. M a i zur E rinnerung an den (50. G eburtstag Jo h a n n Peter Hebels, der der Anstalt mehrere J a h re als Professor und Direktor angehört hatte, eine Feier ver­ anstaltet, bei der Professor Zm graben die Rede hielt. Dem Redeakt der Fichtefeier am 27. M a i ( 9 ( 0 wohnte der Großherzog a n . — W ahlfreier Unterricht wurde im Englischen, Hebräischen, der Steno­ graphie (Stolze-Schrey und Gabelsberger), im Freihandzeichnen, in der darstellenden Geometrie und in der Handfertigkeit erteilt. Dem Jahresbericht für (909 /(0 ist eine wissenschaftliche A bhandlung von Professor K arl Lang: „Die badischen T ruppen in Spanien in den Ja h re n (808— (8(H " beigegeben. Die B a u g e w e r k e s c h u l e eröffnete ihr 32. Schuljahr am 3. November (909 m it 5 (6 Schülern (-(88). v o n diesen gehörten — 72 — <P6 (390) Baden a n ; aus Preußen stammten 7, aus B ayern \2 (darunter 8 aus der Rheinpfalz), aus W ürttemberg 6 f , aus Hessen 5, aus Elsaß-Lothringen 5, aus Österreich 2, aus der Schweiz 7 und aus I ta lie n V A uf die einzelnen Abteilungen verteilten sich die 516 Schüler in folgender Weife: hochbautechnische Abteilung 287, bahn- und tiefbautechnische 52, maschinenbautechnische 7% elektrotechnische 1H, Abteilung zur Heranbildung der Gewerbe­ lehrer 89. A n B erufsarten waren vertreten: M au re r 229, Zimmer-- leute 41, Steinhauer (3, Schreiner 8, Blechner Maschinen­ schlosser 67, B a u - und Maschinenschlosser 7, Elektrotechniker 14, Lehrer 54 und weitere 35 Besucher der Gewerbelehrer-Abteilung. Ferner w aren tä tig : im Eisenbahnbau 2 8 , ' im Wasser- und S traßenbau 4 , im W asserbau 4, im Straßenbau 1, im Straßen- und B ahnbau 7, im S traßen- und A analbau 2 und im Straßen« und Brückenbau s. I n der k u n s t g e w e r b e s c h u l e erfuhr der Lehrplan durch E inrichtung einer besonderen Fachklasse für Flachmusterzeichner eine E rw eiterung; ferner wurde ein besonderer Unterricht in: Aktzeichnen für die Schülerinnen der III. j ahreskurse eingerichtet. Die M a l e r i n n e n s chul e beging in: Schuljahre das Ju b iläu m ihres 25jährigen Bestehens. Den: Festakt an: Abend des 8. A pril in: S a a l des Konservatorium s wohnten die Großherzogin, die Großherzogin Luise und die Prinzessin Hildegard von B ayern an. F ü r die Feier hatte Großherzogin Luise, die protektorin der Anstalt, 1000 M k. gestiftet. Die Festrede hielt Professor Hemmer. Glück­ wünsche überbrachten Staatsm inister Freiherr von Dusch, M in i­ sterialdirektor Dr. B öhm , Bürgermeister Dr. P a u l und weitere Freunde der Schule. (Uber die Ausstellung der Schülerinnenarbeiten wird unter V II, 3 berichtet werden.) An der T e c h n i s c h e n Ho c h s c h u l e „ F r i d e r i c i a n a " fand der Rektoratswechsel an: 19- November (9 1 ° statt. Der Feier wohnte der Großherzog an. Großherzogin Luise hatte einen Ver­ treter entsandt. Außerdem waren neben dem Lehrkörper und den Studierenden erschienen die M inister Freiherr von Dusch und Frei­ herr von B odm an, Großhofmeister von B rauer, der preußische Gesandte von Eisendecher, Oberbürgermeister Siegrist und zahlreiche andere Persönlichkeiten. A us der Geschichte der Hochschule ist — 73 — anzuführen: Durch den Tod vorlor die Hochschule den Professor der Kulturtechnik, Geheimer © berbaurat Adolf Drach. I n dem verstorbenen Finanzminister Dr. Honsell verlor die Hochschule eben­ falls einen langjährigen Lehrer, der an ihr bis zu seiner Ernennung zum M inister Vorlesungen hielt. ■— A m 3s. Dezember 1910 wurde der außerordentliche Professor D r. W ilhelm paulrfe zum ordentlichen Professor der Geologie und M ineralogie ernannt. A n 6 Herren wurde die Würde eines D oktor-Ingenieurs ehrenhalber verliehen; unter ihnen befinden sich aus K arlsruhe Kommerzienrat Theodor Henning und Kommerzienrat W ilhelm Lorenz. A uf G rund einer P rüfung wurde der G rad eines D oktor-Ingenieurs an 25 Personen erteilt (f 2 im V orjahre). 138 (102) Studierende haben m it der Diplom prüfung ihre Studien abgeschlossen, 10 bestanden die phar­ mazeutische Prüfung. — Der neugewählte Rektor, Geheimer Hof­ ra t Professor Dr. Stärfel, hielt einen V ortrag über das T hem a: „Geltung und Wirksamkeit der M athem atik." F ür die vom kaufmännischen Verein eingerichteten Handels- hochschulkurse waren im W inter 1909/10 2 8 0 Personen eingeschrieben. A m 3. November begannen die s t u d e n t i s c h e n U n t e r - r i c h t s k u r s e für Arbeiter in der Technischen Hochschule und zwar im Schönschreiben und Lesen, in deutscher Sprache (Aussatz • und Rechtschreibung), im Rechnen, in Korrespondenz und Buchführung. Der K urs im Schönschreiben und Lesen w ar von 100, der deutsche K urs von 80 Teilnehmern und Teilnehmerinnen besucht. 3 . K unst. Vom G r o ß h e r z o g l i c h e n H o f t h e a t e r wurden im J a h re 1910 in K arlsruhe 263 Vorstellungen gegeben (1909: 260), darunter 39 (50) außer Abonnement, in B aden 36 (43), darunter H (7) außer Abonnement. Von den 263 Vorstellungen in K a rls ­ ruhe fallen 80 auf die ernste G attung des Schauspiels, 51 auf die heitere, im ganzen somit 131 (127) Schauspiele, auf die große und ernste © per 9 5 , aus die heitere 3 7 , im ganzen 132 (153) ©pern. I n Baden waren es 25 (31) Vorstellungen im Schau­ spiel PO der ernsten und 15 der heiteren G attung) und U © pern (12), 8 große und ernste und 3 heitere. Ballettvorstellungen wurden in K arlsruhe 7, in Baden 1 gegeben. - 74 — Dort Autoren waren (in A arlsruhe und Baden zusammen m it mindestens 5 Ausführungen) vertreten und zwar im Schauspiel: Schiller m it 17, Goethe mit 16, B a h r mit 12, G rillparzer und P au p tm an n m it je 8, B jörnson und Suderm ann mit je 7, Wilden­ bruch und A adelburg-Presber mit je 6, Shakespeare, Gutzkow und Wilde m it je 5 A ufführungen; in der © per: Richard W agner m it 3 s, M ozart m it 8, Verdi und Gluck m it je 7, Weber, Lortzing, Beethoven, N icolai und d'Albert m it je 5 Aufführungen. Z u m erstenmal wurden ausgeführt 20 Schauspiele (darunter U raufführung „D as zweite Leben" von Georg Pirschfeld), 8 ©pertr (darunter U raufführung „Banadietrich" von Siegfried W agner) und 3 B alletts. Neu einstudiert wurden 8 Schauspiele und 5 © pern. I m Schauspiel traten sO Gäste auf, in der © per ^3. G e­ samtgastspiele veranstalteten das Elfäffische Theater aus S traßburg, das Deutsche Theater aus Berlin und Suzanne D espres mit ihrer Gesellschaft vom T heä tre de l ’O euvre in P a ris . A u s dem Verbände des Poftheaters schieden im Berichtsjahre 23 Personen aus, unter ihnen A arl Leser, Ernst M ew es und Franz W ah l vom Schauspiel und J u l i a Pofm ann-Bielfeld von der © per. Pensioniert wurden 5 Personen. Neu engagiert wurden 28 Personen, unter ihnen Pedwig Polm , © tto Pertel, A arl Aöstlin und p en ry P leß für das Schauspiel, Beatrice Lauer-A ottlar und Pancho Rochen für die © per. A m \9 . A pril starb Pofschauspielerin Lisa podechtel, geboren s874 zu Meiderich bei R uhrort, nach neunjähriger Wirksamkeit am Großherzoglichen poftheater. I m S t a d t g a r t e n t h e a t e r gab auch 1910 während der M onate J u l i und August ein aus M itgliedern verschiedener au s­ w ärtiger T heater bestehendes Personal unter der Direktion von peinrich p a g in täglich gut besuchte ©perettenoorstellungen. Von anderen t h e a t r a l i s c h e n A u f f ü h r u n g e n seien hier angegeben: Gastspiel des M ichael Dengg Bauerntheaters im Aoloffeum, jeden Abend während des M o n a ts Februar. A m 5. M ärz wurde in der E intracht zur Einweihung der dortigen neuen Bühne das einaktige Lustspiel von Jakobson „Singvögelchen" und der Schwank „D as Stiftungsfest" von Siegfried Philippi durch M itglieder der Gesellschaft aufgeführt. I m M a i fanden — 75 — einige Gastspiele des Ensembles der In te rna tiona len heiteren Künstler vom Königlichen Belvedere in Dresden statt, im J u n i Gastspiele des Frankfurter In tim e n Theaters. — A m \8. J a n u a r wurde im katholischen Gesellenhaus vom Derein katholischer Ge- schäftsgehilftnnen und Beam tinnen das D ram a von M a r ia Deodato „Die weiße Rose" und das Lustspiel von O lg a Steiner „Die haushaltungsschule" aufgeführt, am 50. (Oktober vom katho­ lischen Iiinglingsverein der Südstadt die Posse von Raeder „Robert und B ertram ", am 1(3. und 27. November vom katholischen Gesellenverein „Der Steinmetz von K öln", am 1(3. und 2\. N o ­ vember im A nnahaus (B ernhard-S traße (5) „D as Hirtenmädchen von Lourdes" von D r. lveißenhofer, am 2 0 . und 27. November von Schülerinnen des Iosephshauses das Schauspiel von C hr. von Schmid „Die kleine Lautenspielerin" und am K und ( ( . Dezember das D ram a „Lucius" von p . P a u l hum bert im katholischen Iugendverein der M ittelstadt. Die A b o n n e m e n t s k o n z e r t e des Hoforchesters fanden am \2. J a n u a r , 2 . M ärz, 6. A pril, (9- (Oktober, 9- November und 7. Dezember statt ; am 9 . November Solist Professor von Dohnanyi (Klavier). Don k i r chen m u s i k a l i s c h e n A u f f ü h r u n g e n sind zu nennen: E in Konzert fand am 9 . J a n u a r in der altkatholischen A uf­ erstehungskirche statt, Mitwirkende Fräulein E lsa Io o s , Hofmusiker Richter und Herm ann Knierer; am 27. Februar ein Orgelkonzert in der Schloßkirche, veranstaltet von O rganist B ernhard aus F rank ­ furt a. M . unter M itw irkung von Fräulein Elisabeth Knittel und Fräulein Iean n e G odat von hier; am (6. M ärz Konzert des Bach­ vereins in der evangelischen Stadtkirche: Die hohe Messe in H -M o ll von I . O . Bach. Mitwirkende Sophie Schm idt-Illing von Darm stadt (Sopran), M a rg . Bruntsch (Alt), Heinrich K ühlborn von Berlin (Tenor), M ax Büttner (B aß), Rudolf Dem an (Diolinfolo), Theodor B arner (O rgel). Dirigent M ax B rau e r; am 20. M ärz (P a lm ­ sonntag) durch den Derein für evangelische Kirchenmusik ein Konzert unter Leitung von Herm ann Junker und M itw irkung von Fräulein Gertrud B rauer (G esang), P a u l Hüttisch (Dioline) und Friedrich Heyn aus S tu ttgart (O rgel); am 25. M ärz (K arfreitag) ein Konzert des T hors der evangelischen Thristuskirche unter Leitung — 76 von £). Vogel und M itw irkung der hofopernsängerin G Iga Kallensee (Sopran) Hermann Poppen aus Heidelberg (Drgel) und Hofmusiker P a u l Trautvetter (Cello); am gleichen Tage ein Konzert des C hors der Südstadtkirche in der evangelischen Stadtkirche unter Leitung des Chordirektors August Hoffmeister, Mitwirkende Fräulein Hildegard Schumacher (S o p ra n ) , Fräulein M argarete Schweikert (Violine) und Herm ann Poppen ((Drgel), im Stadtteil R üppurr am 29 . M a t ein Konzert des evangelischen Kirchenchors unter Leitung des D irigenten, (Oberlehrers B ra u n , Mitwirkende Musiklehrer Schmid ((Drgel), Cellist Schilling von M annheim und Fräulein A . D ürr vom Bam berger Stadttheater (Sopran); im Stadtteil M üh lbu rg am 13. November in der evangelischen K arl Friedrich-Gedächtniskirche ein Konzert des Kirchenchors unter M it­ wirkung von Fräulein Hildegard Schumacher (Sopran), Dr. Fritz Weng (B a r ito n ) , Theodor M ünz ((Drgel) und B runo Stürm er (Begleitung der Chöre), musikalische Leitung Theodor M unz; am 16. November gab der Bachverein in der evangelischen Stadtkirche einen K antaten-Abend, an dem Merke von 3 - 5 . Bach und M ozart zum V ortrag kamen, Dirigent M ax B rauer, Mitwirkende Fräulein E lsa 3 ° ° s (Sopran), Franz M üller von Darm stadt (Tenor), Hof­ opernsänger E duard Schüller ( B a ß ) , Theodor B arner ((Drgel); am 20 . November (B u ß - und Bettag) in der evangelischen S tad t­ kirche durch den Verein für evangelische Kirchenmusik ein Konzert unter der Leitung des Musikdirektors M ax Thiede, unter M it­ wirkung der Konzertsängerin M elitta Freund aus S traßburg (Mezzosopran), von (Dtto Süsse (H arfe), und Theodor B arner ((Drgel); am gleichen Tage ein Konzert des Kirchenchors der evangelischen Christuskirche unter Leitung von H. Vogel und M it­ wirkung von Fräulein Hildegard Schumacher (S o p ra n ) , Rosa Schaible aus Freiburg (Alt), Ie a n n e Godot (Cello), P a u la Bilharz (Begleitung) und H. Vogel ((Drgel); am 25. Dezember ein W eih­ nachtskonzert in der evangelischen Stadtkirche durch den verein für evangelische Kirchenmusik unter der Leitung von M ax Thiede und M itw irkung von Hildegard Schumacher (Gesang), Kammermusiker P a u l K äm pfe (D boe), K a rl Rinderknecht ((Drgel), M ax Thiede (Violin) und Theodor B arner (Begleitung). A us den von verschiedenen V e r e i n e n veranstalteten Konzerten 77 - führen wir a u : I m M u s e u m fand am f5. Februar ein Konzert statt, Mitwirkende Fräulein A m alie Ju n k e r, Gpernsängerin aus Barm en, Hermann w eil, Hofopernsänger aus S tu ttgart und hiesige Künstler: Hofkonzertmeister Deman, K am m ervirtuos Schwanzara, die Kammermusiker B ühlm ann und M üller, am K lavier Herm ann Ju n k e r; ein zweites Konzert im M useum w ar am \8. M ärz , Mitwirkende Fräulein F lo ra K aut, Konzertsängerin aus Nürnberg, Fritz H aas, Konzertsänger von hier und die vom ersten Konzert erwähnten hiesigen Künstler. Bei der oben erwähnten Nachfeier zur silbernen Hochzeit des G roßherzogspaares veranstaltete das M useum am 22 . November ein Konzert unter M itw irkung des Hofkapellmeisters Reichwein, Künstlern des Hoforchesters und des Herrn Rust aus Baden. Die L i e d e r h a l l e veranstaltete am 23. A pril einen musika­ lischen Familienabend (Nolksliederabend) unter M itw irkung von Hofopernsängerin Gisela Ceres. D as 68. Stiftungsfest feierte die Liederhalle im großen S a a t der Festhalle am 3. Dezember zugleich als Schubert-A bend unter M itw irkung der Hofopern­ sängerin Beatrice Lauer-K ottlar und des Hoforchesters. M usika­ lische Leitung Chormeister Ludwig B aum ann . A m fH. Dezember gab die Liederhalle im p a la is Bürklin (Kriegstraße 8H) ein Konzert, um ihrem langjährigen M itg lieds, Geheime R a t Dr. Bürklin, der zum Ehrenmitglied ernannt worden w ar, eine Huldigung darzubringen. Iü n g s t's „A n die H eim at" leitete die Chorgesänge ein, es folgten N eurnanns „G in Wörtchen n u r", S aum am ts „Korsarengesang" und Schuberts „R uhe". D arau f überreichte der Präsident der Liederhalle, Rechtsanwalt H arrer, Geheime R at Bürklin die Urkunde über Ernennung zum E hren­ mitglied. Dabei gedachte er Bürklins Wirken in der Leitung des Hoftheaters und bezeichnet die „Ä ra Bürklin in der Geschichte der künstlerischen Entwicklung unseres Hoftheaters a ls Höhepunkt". Nach den Dankesworten D r. Bürklins folgte der zweite Ceil des Konzerts m it Schuberts Chor „Die N acht", dem Liede von Schauß „ Ich hört ein Näglein pfeifen", und „Schatzerl klein" von Heinrich Sickinger, aktivem M itglieds der Liederhalle, (Dthegravens „ J ä g e r aus K urpfalz" und Silchers „Ach du klarblauer H im m el". Der L i e d e r k r a n z hielt am N eujahrstag im großen S a a t — 78 — der Festhalle eine N eujahrsfeier. C höre, Solopartien und der V ortrag einer melodramatisch-deklamatorischen Weihnachtsepisode m it gemischten Chören, deren verbindender Text von Herrn K arrer gesprochen wurde, wechselten. D as 63. Stiftungsfest der Fulderei feierte der Liederkranz am \2. M ärz im großen S aa l der Festhalle. Einen Volksliederabend zur Wiederkehr des 50. Todestages Friedrich Silchers P ? 89— \ 860) veranstaltete der Liederkranz im großen S a a t der E intracht am ^6. A pril unter Leitung von Professor J u l iu s Scheidt und M itw irkung von Fräulein A nna Zinkeisen aus München (Mezzosopran). Z u r Feier des 69jährigen Bestehens des Liederkranzes fand im großen Saale der Festhalle am 26. N o­ vember ein Konzert statt, unter Leitung van Professor J u l iu s Scheidt und M itw irkung der hofopernsängerin F rau Lilly hafgren- W aag aus M a n n h e im , des Pianisten Lill Erik hafgren aus Neustadt a. H. und Hofkonzertmeisters Rudolf Deman von hier. Der B a c h v e r e i n hielt am f9- J a n u a r sein l 6 . Konzert im großen S a a l der E intracht ab. Vorgetragen wurde händels O ra ­ torium „S ufanna". Ausführende Personen waren O lg a Kallensee, Rosa Ethoser, Selm a Wertheimer und M ax Büttner von hier, F ranz M üller von D arm stad t Außerdem wirkten mit M itglieder des hoforchesters, am K lavier Theodor B arner, Dirigent Hof­ kirchenmusikdirektor M ap B rauer. Der I n s t r u m e n t a l v e r e i n veranstaltete am 23. J a n u a r im großen S a a l der Eintracht unter Leitung von Theodor M unz eine musikalische Aufführung. Mitwirkende Solisten waren h o f­ opernsängerin Gisela Tercs (Sopran), Fräulein Luise Beck (Klavier), O skar ho rm uth (Flöte). D as Frühjahrskonzert hielt der In s tru ­ mentalverein am H8. M ärz unter M itw irkung der Opernsängerin A nna D ürr von B am berg und des Cellisten E m m eran Stoeber aus München, die Klavierbegleitung hatte Hermann Knierer. Eine weitere musikalische Aufführung des Vereins fand am \7. A pril statt unter Leitung von Theodor M u n z ; mitwirkende Solisten waren F ra u E rn a Weber (Alt) und Fräulein Elfriede C ham pirm ont von Baden (Violine). E ine Nachfeier zur silbernen Hochzeit des G roß­ herzogspaares veranstaltete der Verein am \6. Oktober im großen Saale des M useum s. Die Feier wurde durch eine Suite von Jo h a n n K asp a r Ferdinand Fischer in der Einrichtung von Georg ♦ 79 — Göhler eingeleitet. Diese Suite w a r , wie mitgeteilt wurde, in dem „Journal du P rin tem ps“ enthalten, das \6ty5 in A ug s­ burg im Druck erschien und von Fischer, dem damaligen badischen Hofkapellmeister, dem M arkgrafen Ludwig W ilhelm von Baden gewidmet w ar. E s folgte Glucks Huldigungskantate, in der Fräulein Hildegard Schumacher das Sopransolo sang. D as 5^. Stiftungsfest beging der Verein im großen S a a l des M useum s am \8. November unter Leitung von Theodor M unz und unter M itw irkung der Konzertsängerin Alice B aehr aus Frankfurt a. M ., Begleitung der Soli H erm ann Knierer. D as K a r l s r u h e r S t r e i c h q u a r t e t t (Rudolf Dernau, Heinrich M üller, K arl B ühlm ann und J u l iu s Schwanzara) hielt am 5 . J a n u a r einen Konzertabend unter M itw irkung der Pianistin M arie Geselschap aus Berlin im M useum a b , einen weiteren Konzertabend am 9 . J a n u a r unter M itw irkung der P ianistin P a u la Stebel von hier, ein Konzert am \2. M ärz unter M it­ wirkung der Herren Grüschow (Kontrabaß), K lupp (Klarinette), Gerbothe (Fagott) und Suttner (Horn), einen Schubert-Abend am 30. November unter M itw irkung des Hofkapellmeisters Reichwein (Klavier) und des Hofmusikers T rautvetter (Cello). Die Gesellschaft E i n t r a c h t gab am (7. Novem ber ihren M itgliedern ein Konzert, bei dem F ra u Kam m ersängerin von Westhoven Lieder von B rah m s, W olf und M endelssohn vortrug, Kammersänger J a n van Gorkom Lieder von M arschner und Richard S trauß , Fräulein Jeanne Godot Cello spielte und Hofschauspieler Fritz Herz ernste und heitere Gedichte vortrug. Der Gesangverein C o n c o r d i a beging am (9- November im großen Saale der Festhalle die Feier des 35. Stiftungsfestes unter Leitung des Chormeisters Heinrich Lechner und M itw irkung der Kammervirtuosin Hedwig M arx-K irsch aus M annheim und des Konzertsängers G erhard Tödte aus Krefeld. Der L e h r e r g e s a n g v e r e i n K a r l s r u h e gab am 7. M a i im kleinen Saale der Festhalle ein Konzert, dessen erster Teil dem G e­ dächtnis des Komponisten Robert Schum ann gewidmet w ar, unter Leitung des Dirigenten I . Kollmer und M itw irkung der Konzert­ sängerin Fräulein Elisabeth G utzm ann. Eine Silcherfeier veran­ staltete der Verein am 8. Oktober. D as 27. Stiftungsfest feierte — 80 der Verein am 7. Dezember unter M itw irkung von Fräulein M a r ­ garetha Zippel (Sopran), Fräulein M arg are th a von M öllendorf (Klavier) und Professor D üring ((Cello), alle drei von Koburg. Der Verein V o l k s b i l d u n g veranstaltete am H). M arz im großen S a a l der Festhalle ein Konzert, bei dem K am m ervirtuos J u l iu s Schw anzara Cello spielte, Konzertsängerin (Ella Schmucker aus Berlin mehrere Lieder sang und Hofschauspieler Wassermann Gedichte vortrug. D as B rüder P o s t - Q u a r t e t t gab am 27. November ein Kammermusikkonzert unter M itw irkung von (Emmy Küchlet aus F rankfurt a. M . (Sopran), Professor D r. Fritz Volbach aus Tübingen (Klavier), Theodor Röhmeyer aus Pforzheim (Klavier) und H erm ann Post (Viola). Der K o n z e r t - V e r e i n K a r l s r u h e gab am 15. J a n u a r im M useum ssaal ein Konzert m it dem C haigneau-Trio aus P a ris bestehend aus den Dam en Suzanne (Violine), M argueritte (Violin- cello) und Therese (Klavier) C haigneau , einen Liederabend am 16. F ebruar mit dem Kam m ersänger F ranz N av a aus Berlin (lyrischer Tenor) und am 8. M ärz ein Konzert m it dem Violin­ virtuosen Franz von Veesey. Der Evangelische M ä n n e r v e r e i n der Südstadt veranstaltete im Gemeindehaus der Südstadt am \ 6. J a n u a r einen Konzert­ abend mit F ra u D r. Lina Sachs-Zittel (p iano), Fräulein Gertrud B rau er (A lt) , Leopold Schmidt (Violine) und P h ilipp Schmidt (Cello). D as S c h ü l e r b i b e l k r ä n z c h e n K a r l s r u h e hielt am H. M a i im evangelischen Vereinshaus einen musikalischen Abend ab. Der B i l l k l u b hielt am 15. A pril im S a a l 3 der Brauerei Schrempp ein Konzert m it M itgliedern des Hoftheaters ab. Die K arlsruher M a n d o l i n e n - G e s e l l f c h a f t feierte am 22 . Oktober im oberen S aale des Cafe Nowack ihr 8. Stiftungs­ fest mit einem Konzert. Der I l l i c h s c h e Z i t h e r v e r e i n beging am 2ß. Oktober die Feier seines 30jährigen Bestehens m it einem Konzert. Die „ H e i m a t l i c h e K u n s t p f l e g e " gab am 3. November ein Konzert, bei dem der Komponist J u l iu s W eisrnann aus F rei­ — 8 \ — bürg, die Violinistin A nna Gegner aus Basel und die Sängerin M argarete Bletzer aus B aden auftraten. Der Sängerbund „ V o r w ä r t s " feierte am 8. Gktober sein 2 \. Stiftungsfest m it einem Konzert im großen Saale der Festhalle. Der Deutsche M e t a l l a r b e i t e r v e r b a n d hielt am \2. M ärz einen Heine-Abend ab. M itw irkende: M argare te Wallkotte aus Berlin, Friedrich Hunkler aus Bruchsal, sowie eine Abteilung des Sängerbundes „V orw ärts" . Der Gesangverein „ L a s s a l i a " feierte am \2. November das sß. Stiftungsfest im großen S aale der Festhalle m it einem Konzert unter M itw irkung des O pernsängers F ranz Spada (B aß) und K arl Reinfurth (Oboe). Der A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n veranstaltete am \2. De­ zember einen musikalischen Abend unter M itw irkung von Lehrern und Schülern des K onservatorium s. D as G e s c h ä f t s g e h i l f i n n e n h e i m des Frauenvereins ver­ anstaltete am 27. November einen musikalischen Abend m it der Gesangslehrern! Fräulein Luise Spitz und einigen ihrer Schülerinnen und dem Violinisten M ax Schneider. A us der großen Z ah l der übrigen K o n z e r t e , die im Berichtsjahre stattfanden, führen w ir von ausw ärtigen Künstlern, soweit sie oben noch nicht genannt wurden, folgende a n : Den Pianisten E duard R isler aus P a r is , den Liedersänger Sven Scholander aus Stockholm, die Kam m ersängerin Lula M ysz- Gmeiner, Sigfrid K arg -E lert aus Leipzig (H arm onium ), den Violinvirtuosen W illy Burmester, den Hof-Pianisten Em eric von Stefaniai aus Budapest, die sächsische Kam m ersängerin E rika Wedekind, den Hofpianisten Professor Heinrich Lutter, M a ry a Delvard und M a rc Henry, die Altistin I d u n a W alter-L hoinanus aus Berlin, den Violinisten Professor M ichael p reß , den Cellisten Josef p reß , die Pianistin V era M a u rin a , den Pianisten Fritz von B oß, den Cellisten Professor J u l iu s Klengel, die Solistin Valentine S a rta , das F itzner-^uartett au s Wien (Fitzner, Weiß- gärber, Czerny, W alther), den Bassisten, königlich sächsischen Kammersänger Leon R ains, den Pianisten Frederic Lam ond, die Solistin T illy Koenen, den Solisten J u l iu s M u h r und den Pianisten 6 — 82 — A lbert Ernst aus Wien, den Violinisten P a u lu s Bache, den Pianisten (Dtto V oß von Heidelberg, den Pianisten Wilhelm Backhaus. E i n z e l k o n z e r t e von hiesigen Künstlern sind noch anzu­ führen: A m 2\. J a n u a r veranstaltete Fräulein Elisabeth Gutzmann im M useum ssaal einen Liederabend. Sie sang Lieder von B rahm s, Franz, (Cornelius und Schubert. Außerdem wirkten mit Professor W alter petzet (Klavier) und Konzertmeister Alfred Heß von Frank­ furt a. M . (Violine). Einen zweiten Liederabend veranstaltete Fräulein Gutzmann am 29 . November m it Liedern von Gluck, Schubert, Schum ann und Tschaikowsky; am Klavier Hedwig Diefenbacher. — Einen Schumann-Abend hielt Fritz H aas am 2 \ . F e b ru a r ; am K lavier H erm ann Junker. — Einen Lieder­ und Duettenabend veranstaltete am U . M ärz Kammersängerin A da von Westhoven (Sopran), Hofopernsängerin M agarete Bruntsch (Alt) und Hofkapellmeister Leopold Reichwein. — Einen Musik­ abend gab am 25. M a i M a x B rauer unter M itw irkung von F ra u © Iga Klupp-Fischer, F ra u F rid a Goldschmidt und Eduard Schüller (Sologesang), Professor W alter petzet (Klavier), K arl B ühlm ann (Violine) Kammermusiker K lupp und Hofmusiker Spranger (Klarinette), Hofmusiker Berbig (Fagott), die Hofmusiker Suttner, Zetscheck, S o rns und G ebhardt (Horn). — A m (h Dezember veranstaltete Hofschauspieler Felix Krones einen V ortragsabend: Deutsche Volkslieder zur Laute. A m H. Februar veranstaltete der Ar b e i t e r d i s k u s s i o n s k l u b einen lustigen Abend, an dem von der Hofbühne die Damen Fräulein Bruntsch und Fräulein Genter und die Herren Baumbach, K orth und K rones auftraten. A m 27. F ebruar gab M arcell Salzer einen l u s t i g e n Ab e n d . E r trug Dichtungen von W ilhelm Busch, Fontane, Liliencron, Rosegger, Ludwig T hom a u. a. vor. A m 20 . Februar hatte das K o n s e r v a t o r i u m zu einer V or­ führung der verschiedenen Klassen für Rh y t h mi s c h e G y m n a s tik eingeladen. F ra u Hofrat o rdenstein legte den Zweck dieser Gymnastik a ls die Ü bertragung der Musik in Körperbewegung dar. — 85 — Am H5. M ärz veranstaltete G udrum h ildebrandt im M useum s­ saal einen T a n z - u n d R e z i t a t i o n s a b e n d . A m A pril hielt Elizabeth Duncan m it ihren Schülerinnen und dem Komponisten M ax M erz im großen Saale der Festhalle einen Abend m it V ortrag und Tanzvorführungen. A m Oktober tra t im M useum ssaal die lyrisch-dramatische Tänzerin R ita Sacchetto auf. Z u r Umgestaltung des K a r l s t o r s unter Entfernung der Torhäuschen erließ der Badische Architekten- und i ngenieurverein ein Preisausschreiben, zu dem die S tad t K arlsruhe drei Preise stiftete. Der Wettbewerb wurde m it 38 Entw ürfen beschickt. Den ersten P re is erhielt der E n tw u rf von Fritz Rößler von hier (Kennw ort: „M aiw ein und Kometenschein"), den zweiten der E n t­ wurf von Pfeifer und G roßm ann von hier (K ennw ort: „A m neuen Karlsplatz") und den dritten der E n tw u rf des Regierungs­ baumeisters A . Lorenz von hier (K ennw ort: „T o r"). Die E n t­ würfe waren im M o n a t Z um in der A ula der Technischen Hochschule ausgestellt. 6 * V. Politisches, industrielles und Vereinsleben. 1. Politisches Leben. ' m 9 . J a n u a r fand eine M a u r e r v e r s a m m l u n g statL die sich mit der durch die Arbeitgeber am 3\. Dezember f909' erfolgten Kündigung des zwischen dem Baugewerbe-Verband K arlsruhe und dem M aurerverband feit bestehenden T a rif­ vertrag beschäftigte. A m f 8. J a n u a r hielt der Z u n g l i b e r a l e V e r e i n eine öffentliche Versam m lung ab. T agesordnung: „B aden und die Schiffahrtsabgaben", Berichterstatter Redakteur Dr. M unzinger. A m 2^. J a n u a r besuchten die Z e n t r u m s a b g e o r d n e t e n den katholischen Arbeiterverein. Der Vorsitzende des Vereins,. Friedrich Eichelfer, der Gewerkschaftssekretär Eichenlaub sowie mehrere Abgeordnete ergriffen das M ort. A m 30. J a n u a r fand unter dem Vorsitz des Landgerichts­ direktors © bkircher-M annheim eine Sitzung des engeren Ausschusses der N a t i o n a l l i b e r a l e n P a r t e i statt. Abgeordneter Rebm ann berichtete über den bisherigen V erlauf des Landtags und die der­ zeitige politische Lage, Generalsekretär Thorbecke über seine seitherige Tätigkeit. A m s3. F ebruar fand im Kolosseum eine Versammlung der S o z i a l d e m o k r a t i s c h e n P a r t e i statt. T agesordnung: Die Äußerungen des konservativen Abgeordneten ©Idenburg im Reichstag. 2 . Die Reform des preußischen W ahlrechts. E ine Resolution, die sich scharf gegen den Abgeordneten ©Idenburg aussprach, wurde einstimmig angenommen. — 85 — A m 19. Februar sprach im D e u t s c h e n M e t a l l a r b e i t e r ­ v e r b a n d H. Lauer über „Die Denkschrift der Badischen Regie­ rung über die Arbeitslosenversicherung". A m s. M ärz wurde in einer Versammlung im S a a l III der Brauerei Schrempp die Verschmelzung der lokalen l i n k s l i b e r a l e n V e r e i n e zum Verein der „ F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s P a r t e i " vollzogen. Nach den M itteilungen in den Tagesblättern seien in den neuen Verein eingetreten der „Demokratische Verein" m it über 500 M itgliedern, der „Freisinnige Verein" m it über 300 und der „Nationalsoziale Verein" mit 70. I n den Vorstand des neuen Vereins wurden gewählt: Direktor D r. Heimburger, erster V or­ sitzender, S tad tra t Sieber erster stellvertretender und Rechtsanwalt D r. Gönner zweiter stellvertretender Vorsitzende, Revident A. Scheu und Subdirektor K arl von M üller Kassiere, Professor August H ausra th und Parteisekretär Dees Schriftführer. Außerdem wurde dem Vorstand ein Ausschuß von 25 M itgliedern beigegeben. D ann berichtete Reallehrer Fink über den Berliner P arte itag . Am 19. M ärz fand eine öffentliche Versam m lung s t ä d t i s c h e r A r b e i t e r statt. T agesordnung: „Die Lage der städtischen Arbeiter und die Zustände in den städtischen Betrieben". Berichterstatter G auleiter Heckmann aus M annheim . Am 27. M ärz fand im Stadtteil Daxlanden eine s o z i a l ­ d e m o k r a t i s c h e V e r s a m m l u n g statt. T ageso rdnung : Angliede­ rung an den sozialdemokratischen Verein K arlsruhe. A m v A pril hielt der K o n s e r v a t i v e V e r e i n seine G eneral­ versammlung ab. T agesordnung: Geschäfts- und Kassenbericht und W ahl des Vorstandes, dann V ortrag „Die politische Lage im Reich und in B aden" durch Chefredakteur A dam Röder von S tuttgart. A m 9- und 10. A pril fand der erste P arte itag der F o r t ­ s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i in Baden hier statt. A m 9 . wurde im großen S a a l der Festhalle unter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Heimburger eine Volksversammlung abgehalten, in der Reichs­ tagsabgeordneter K onrad H außm ann von S tu ttgart über „Die Lage im Reiche" sprach. A m 10. fand der P arte itag im kleinen S a a l der Festhalle statt. T agesordnung: f . Die E inigung der Linken — 86 — und das P ro g ram m der Fortschrittlichen Volkspartei. Bericht­ erstatter 5 taö tra t D r. Ludwig H aas von hier. 2 . Die «Organisation der Fortschrittlichen Volkspartei im Reich und in Baden. B era­ tung der Latzungen der P arte i in Baden. Berichterstatter Rechts­ anw alt Bortisch von Lörrach. 3. W ahl des geschäftssührenden Ausschusses und des Landesausschusses der P arte i in Baden. H. Die Parteipresse. Berichterstatter Verlagsbuchhändler Dr. Richard Knittel von hier. 5. Der badische Landtag und die politische Lage in B aden. Berichterstatter Abgeordneter Professor Hummel. 6 . A nträge. — Durch Z u ru f wurden in den geschäftsführenden Ausschuß gew ählt: Direktor D r. Heimburger \. Vorsitzender, V Stellvertreter S tad tra t D r. Friedrich Weilt, 2. Stellvertreter Rechtsanwalt D r. G önner, Schriftführer Professor Hummel, Schatz­ meister (Oberinspektor Reime und als weitere M itglieder Rechts­ anw alt F rühauf, Lokomotivführer Herrm ann, Buchhändler Dr. Anittel und S tad tra t D r. H aas, sämtliche von K arlsruhe. Der Landesausschuß besteht aus ^0 M itgliedern. Am \3. A pril sprach Abgeordneter Dr. Schofer aus Freiburg im K a t h o l i s c h e n M ä n n e r v e r e i n der Altstadt über „Die Schulfrage", im gleichen Verein am 27. Abgeordneter Landgerichts­ ra t W ittem ann von (Offenburg über „Die Trennung von Kirche und S ta a t" . (Eine Diskussion folgte. A m A pril fand bei dem M inister Freiherrn von M arschall eine p a r l a m e n t a r i s c h e A b e n d g e s e l l s c h a f t statt, zu der sich P rinz M ax , zahlreiche M itglieder der (Ersten und der Zweiten K am m er und verschiedene höhere Beamte einfanden. Gegen die B i e r p r e i s e r h ö h u n g veranstaltete die Sozial­ demokratische P arte i am \7. A pril eine Protestkundgebung im Freien hinter dem Stadtgarten. Die Tagespresse schätzte die Beteiligten auf 3 bis 4O00 Personen. A ls Redner traten auf die beiden Arbeitersekretäre Abgeordneter W illi und Philipp. (Eine einstimmig angenommene Resolution sprach sich gegen „die fort­ schreitende Verteuerung aller Lebens- und Genußmittel durch die Zoll- und Steuergesetzgebung" aus und protestierte mit der Ver­ hängung des Boykotts gegen die „beabsichtigte und durch die Steuergesetzgebung nicht gerechtfertigte ungeheuerliche Steigerung des Bierpreises". — 87 — A m 22 . A pril fand im unteren Nowacksaal eine vom hiesigen W in d t H o r s t b u n d veranstaltete V ersam m lung statt, in der Abgeordneter N euhaus von Schwetzingen über „Die politische Lage in B aden" und Generalsekretär Dr. Scharmützel aus Adln über „Die Bedeutung der Windthorstbünde für die Z entrum spartei" sprachen. An dem gleichen Tage wurde im N a t i o n a l l i b e r a l e n V e r e i n der Vorstand neugewählt. (Erster Vorsitzender wurde Abgeordneter Geheimer H ofrat Rebm ann, zweiter S tad tra t Kölsch, Kassier S tad trat Händel, alle drei wie bisher, zum Schriftführer des zurückgetretenen o berrechnungsrates G auggel, Architekt Gottfried Zinser alt. Am 29 . A pril hielt der R e i c h s v e r b a n d z u r B e k ä m ­ p f u n g de r S o z i a l d e m o k r a t i e unter dem Vorsitz des Freiherrn von Türckheim eine Versammlung ab, in der D r. Heims aus Berlin über die Notwendigkeit der Bekämpfung der Sozialdemokratie sprach. (Eine O rtsgruppe wurde gegründet. A m 30. hielt der Zentralverband D e u t s c h e r B r a u e r e i ­ a r b e i t e r zwei Versammlungen ab. T agesordnung: f . „Bericht über die Tarifunterhandlung mit dem Verband der Brauereien", Berichterstatter Geschäftsführer Hilz. 2 . „Stellungnahm e zu den angekündigten (Entlassungen". Berichterstatteter der V erbands­ vorsitzende (Etzel. Di e M a i f e i e r der S ozia ldem okratischen P a r t e i a m fan d im F re ien h in te r dem S ta d tg a r te n statt. D ie A b g eo rdne ten A d o lf Geck vo n o ffenburg und W ilh e lm K o lb v o n h ier h ielten A nsp rachen . D a n n bewegte sich ein Festzug, a n dem sich nach A n g a b e n der Presse ^ 0 0 0 P erso n en beteiligten, v o m M e ß p la tz nach der (E ttlinger S tra ß e , der R ü p p u rre r - , K ap e lle n - und K a ise rs traß e zum M a rk te und vo n d a durch die K a r l F rie d ric h -S tra ß e nach dem P la tze a n der Festhalle, w o sich der Z u g auflöste. A m A b en d tru g en in der Festhalle die A rbeitergesangvere ine L ieder v o r , T u r n e r und T u rn e rin n e n und die A rb e ite rrad fah re rv e re in e m achten Ü b u n g en . D ie Feuerw ehrkapelle spielte. W egen des B o y k o tts w a r B ie rg e n u ß ausgeschlossen. A m 6. M a i sprach A bgeo rdne te r D r . H e im b u rg e r im V erein der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i über „D ie A u fg ab en des geg en w ärtig en L a n d ta g s " . A m HO. M a i gab M inister Freiherr von B odm an einen p a r l a m e n t a r i s c h e n A b e n d , zu dem sich Prinz M ax und die meisten M itglieder beider K am m ern einfanden. A m \2. M a i sprach Abgeordneter Geheimer ksofrat Rebmann im N a t i o n a l l i b e r a l e n V e r e i n über „D as Frauen-lVahlrecht". A m 3. J u n i gab Geheimer R at Dr. Bürklin einen p a r l a ­ m e n t a r i s c h e n A b e n d , zu dem der Großherzog und Prinz M ax erschienen. Außerdem w aren anwesend die M inister Freiherr von [Dusch, Freiherr von M arschall, Freiherr von Bodm an andere Beam te und zahlreiche M itglieder beider Kammern. A m s5. J u n i sprach in einer öffentlichen Versammlung der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i Rechtsanwalt Dr. Leopold Friedberg über den „E n tw u rf der neuen Reichsversicherungs- ordnung"^ A n der Diskussion beteiligten sich Dr. med. Alfons Fischer, Rechtsanw alt P a u l F rühauf und Lokomotivführer August fjerrm m in. A m 7. J u l i w eilte der R e i c h s k a n z l e r vo n B e th m a n n H ollw eg h ier. E r h a tte A udienz bei dem G ro ß h e rzo g und eine B esprechung m it dem M in is te r F re ih e rrn v o n M a rsc h a ll . A m N a c h m it ta g w u rd e er v o n der G ro ß h e rz o g in Luise em pfangen . A m s6 . J u l i w urde der L a n d t a g im N a m e n des G r o ß ­ herzogs durch den M in is te r F re ih e rrn v o n Dusch geschlossen. A m V S ep tem b er w u rd e im S ta d tte il B e ie rth e im eine F r a u e n ­ s e k t i o n d e r S o z i a l d e m o k r a t i s c h e n P a r t e i gebildet. A m 4 . September hielt der S o z i a l d e m o k r a t i s c h e V e r e i n im kleinen S a a l der Festhalle eine Volksversammlung ab, in der Redakteur lve ißm ann über „A bsolutism us oder Demokratie" sprach. E ine einstimmig angenommene Resolution sprach sich scharf gegen die Rede des Kaisers in Königsberg aus. A m 2 \ . S ep tem b er sprach A b g . P ro fesso r A u g u st H u m m el v o n h ier in einer öffentlichen V e rsa m m lu n g des V ere in s der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i über „D ie L age der badischen E ise n b a h n e r un d des E ise n b a h n p e rso n a ls " . A m 27. September ernannte der Großherzog den bisherigen f inan zminister Dr. Ing. M a x Ronsell. — 89 — Ministerialdirektor Joseph Rheinboldt zum F i n a n z m i n i s t e r . Der neue M inister ist am 6 . Dezember 1860 in Sinzheim bei Baden geboren. Nach Vollendung seiner Studien bekleidete er verschiedene Stellen in der badischen Finanzverw altung. IflOö kam er in das Reichsschatzamt, aus dem er nach einiger Zeit wieder ausschied und in den badischen Dienst zurückkehrte. Am 5. Oktober sprach Gauleiter ß . Joseph in einer S c h n e i d e r v e r s a m m l u n g über „Die Tätigkeit der deutschen Gewerkschaften". D ann wurde über das Tarifwesen im Schneider­ gewerbe Bericht erstattet und bemerkt, daß bis jetzt sich s06 A rbeit­ geber für tariflich geregelte Löhne verpflichtet haben. Über acht in keinem T arifverhältn is stehende Geschäfte wurde Sperre für organisierte Arbeiter verhängt. Am 6 . Oktober erstatteten in einer Versammlung des N a t i o ­ n a l l i b e r a l e n u n d Z u n g l i b e r a l e n V e r e i n s Abgeordneter Geheimer Esofmt Rebm ann, S tad tra t Kölsch und Kammerstenograph Frey Bericht über den Parteitag in Kassel. Am 8. sprach in einer öffentlichen Versammlung des Vereins der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i im Stadtteil M ühlburg Abgeordneter Vogel von M annheim über „Die Tätigkeit des letzten Landtags unter besonderer Berücksichtigung der Steuergesetze", am \2. in dem gleichen Verein im S a a l III der B rauerei Schrempp A b­ geordneter M user von Offenburg über „Die politische Lage und die Grundforderungen der Fortschrittlichen Volkspartei". A m \2. hielt der K o n s e r v a t i v e V e r e i n eine M o n a ts ­ versammlung m it V ortrag des Thefredakteurs A dam Röder aus S tu ttgart über „Einst und Jetzt" — „M agdeburg und Kassel". Am 16. fand in der O rtsgruppe des Bundes der F e s t- b e f o l d e t e n eine freie Aussprache statt über: „B und der Festbesol­ deten und die politischen Parteien". A m s8. Oktober fand im Z u n g l i b e r a l e n V e r e i n ein Diskussionsabend statt über das T h em a: „Welche Grundsätze und Forderungen soll die nationalliberale P a rte i vertreten?" Am 2 \ , sprach Fritz Behringer aus S tu ttgart in einer öffent­ lichen Versammlung über „Die Gehaltsverhältnisse der H a n d e l s - a n g e st e l l t e n". Nach dem V ortrag fand eine freie Aussprache statt. A m 25. Oktober hielt die S o z i a l d e m o k r a t i s c h e P a r t e i — 90 — im Kolosseum eine Volksversammlung ab, in der Parteisekretär Wilhelm Engler von Freiburg über „Fleischnot und Fleifchteummg" sprach, Reichstagsabgeordneter Geck von Gffenburg über „Die Vorgänge in M o ab it" . 3 m 3 u n g l i b e r a l e n V e r e i n sprach am 2\. Professor D r. Robert Helbing über „M eh r Interesse für Politik". I n der (Ortsgruppe für F r a u e n s t i m m r e c h t sprachen am 5 . November Rechtsanwalt Dr. Gönner über die politischen E r ­ eignisse des vergangenen M o n a ts . Musikalische Unterhaltung schloß sich an. Ebenfalls am 5. sprach E . B rauer von hier in einer V e r e i n i g u n g s t ä d t i s c h e r A r b e i t e r - V e r e i n e über „Die städtische Arbeitervereinigung und der Gemeinde- und S taats- arbeiterverband. A m 6 . November hielt der De u t s c h e F a b r i k a r b e i t e r ­ v e r b a n d eine Versammlung ab. Tagesordnung: „Die Arbeits­ und Lohnverhältnisse der Fabrikarbeiter und -Arbeiterinnen und der P ro fit der Unternehmer". Berichterstatter Gauleiter Wörner aus Cannstatt. A m 9 , November fanden hier die W ahlen der U r e i s w a h l ­ m ä n n e r statt. Die Liste der vereinigten liberalen Parteien ging durch. A m sO. sprach in einer öffentlichen V e rsa m m lu n g der F o r t ­ s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i P f a r r e r U o re ll vo n U önigstätten (Hessen) über „ D ie politische L ag e" . Die Landesversam m lung der N a t i o n a l l i b e r a l e n P a r t e i B adens fand am \2. und 1(3. November hier statt. I n der am \2. abgehaltenen Sitzung des Engeren Ausschusses der P arte i wurde Abgeordneter Rebm ann einstimmig zum Chef der Parte i gewählt, die früheren Parteiführer Dr. Wilckens - Heidelberg, Dr. Binz- U arlsruhe und D r. G bkircher-M annheim zu Ehren,nitgliedern des Engeren Ausschusses. Rechtsanwalt Thorbecke von hier erstattete den Geschäftsbericht, nach dem die Landesorganisation der Partei nunmehr 1(79 Vereine mit gegen 25 000 M itgliedern um faßt. I n den, Bankett am Abend des (2 . sprach Reichstagsabgeordneter D r. Streefemann aus Dresden im Saale des Friedrichshofs über: „Die politische Lage im Reiche". Die Landesversammlung am so. wurde im kleinen S a a l der Festhalle unter dem Vorsitz des - 91 — Landgerichtsdirektors D r. Gbkircher abgehalten. Abgeordneter Rebm ann sprach über: „Die politische Lage in Baden, insbesondere über das Verhältnis zu den übrigen Parteien". (Eine Diskussion fand statt. Z u r (Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten fand nach der öffentlichen Landesversammlung eine geschlossene Sitzung der Delegierten und der Pressevertreter statt. A m ( 8. November hielt die Z e n t r u m s p a r t e t eine Volks­ versammlung ab, in der Geistlicher R a t Wacker aus Zähringen- Freiburg über „Die politische Lage in B aden" sprach. I m Verein der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s p a r t e i sprach am s8 . November Reallehrer Sim on Fink über „Staatsbürgerliche (Erziehung". Über die vom Vortragenden aufgestellten Leitsätze fand eine rege Diskussion statt. I n einer Versammlung des D e u t s c h e n H o l z a r b e i t e r - V e r b u n d e s , Zahlstelle K arlsru h e , sprach am sy. November Gauvorstand Buckendahl aus Frankfurt a. 2TL über: „Unsere gegenwärtige wirtschaftliche Lage und die Aufgaben unseres Ver­ bandes". Am 25. November hielt der S o z i a l d e m o k r a t i s c h e V e r e i n eine Frauenversam m lung ab. Luise Zietz aus chamburg sprach über „Die F ra u im K am pfe gegen die N ahrungsm ittelteuerung". I n einer Versammlung der T a b a k a r b e i t e r am 28. sprach R . Weichmann aus B arm en,, der Vorsitzende des Deutschen Tabak- arbeiterverbandes über „Die Lohnkämpfe im deutschen T abak­ gewerbe", Gauleiter Ejeifirtg aus Durlach über die Differenzen m it einer dortigen F irm a. A m 2 . Dezember sprach im Stadtteil Grünwinkel in einer Betriebsversammlung des P e r s o n a l s d e r F i r m a S i n n er Hof, der Vorsitzende der Grtskrankenkasse, über „(O rts- und B etriebs­ krankenkassen". A m 2 . Dezember fand int Verein der F o r t s c h r i t t l i c h e n V o l k s P a r t e i ein Diskussionsabend statt über: „D as Streikrecht der Arbeiter". Berichterstatter Rechtsanwalt D r. Butz. A m 7. gab in der (Ortsgruppe des Vereins für F r a u e n ­ s t i mmr e c h t Rechtsanw alt D r. Thorbecke einen Überblick über die politischen (Ereignisse des vergangenen ZUottats. (Ein unterhaltender Teil mit Liedervorträgen schloß sich an. - 92 - A m ( 6 . fand in der (Ortsgruppe des B u n d e s de r Fes t - b e f o l d e t e n P o rtra g und Diskussion über „Die Stellung des B undes zu den politischen Parteien" statt. A m 20 . sprach Abgeordneter Professor Hermann Hummel von hier im Perein der F o r t s c h r i t t l i c h e n P o l f s p a r t e i über „Die neue badische Gemeinde- und Städteordnung". 2. Industrie, Handel und Gewerbe. Über den Perbrauch der wichtigsten N ahrungs- und G enuß­ mittel in unserer S tad t liegen folgende Angaben vor: x) Die Gesamteinfuhr von 2P e t r t 2) betrug 3 7 ^ 8 , 7 6 Hekto­ liter, die w einausfuhr ^ ,50 Hektoliter. Der w einverbauch beträgt also 37 (19^,26 Hektoliter, das ergibt bei einer mittleren j ahres- bevölkerung von (32 2 (2 Köpfen auf den Kopf einen Weinver­ brauch von 28,36 Liter. Zuverlässige Ziffern über den B i e r k o n s u m können für das J a h r ( 9 ( 0 nicht festgestellt w erden; denn es sind in den ZUonaten J a n u a r bis ZUärz ( 9 ( 0 ^ 599 Hektoliter w e n i g e r gebraut worden a ls in den gleichen M onaten des J a h re s (909 (in den M onaten Oktober bis Dezember 1909 aber 36 270 Hektoliter m e h r a ls in den gleichen M onaten des J a h re s 1908). Dagegen wurden im I. Vierteljahr ( 9 ( 0 2 2 5 7 7 H Hektoliter K arlsruher B ier ausgeführt (d. i. (((( (((6 Hektoliter mehr als gebraut), während die A usfuhr im I. h a l b j a h r 1909 nur (69 850 Hekto­ liter betrug. Obige große Schwankungen sind offenbar darauf zurückzu­ führen, daß die B au industrie infolge der am (. A pril 1910 in K raft gesetzten n e u e n Perbrauchssteuerordnung bereits im J a h re 1909 auf V orra t produziert hat. Um zu einem richtigeren Ergebnis h B e i de r V o l k s z ä h l u n g ( 9(0 h a t sich h e r a u s g e s t e l l t , d a ß die wirkliche E i n w o h n e r z a h l k le in e r w a r a l s die v o m S t a t i s t . A m t rechnerisch e rm i t te l t e u n d z w a r erstreckt sich d ie s a u f die E i n w o h n e r z a h l d e r J a h r e (9 0 6 b i s ( 9 0 9 . I n f o l g e d e s s e n sind auch a l le f r ü h e r e n B e r e c h n u n g e n „ p ro K o p f der B e v ö l k e ­ r u n g " f ü r die J a h r e ( 9 0 6 b i s ( 9 0 9 e t w a s zu n ied r ig . 2) D ie f ü r die G r o ß h . H o f h a l t u n g u n d f ü r die M i l i t ä r v e r w a l t u n g e in ­ g e f ü h r t e n M e n g e n s in d , s o w e i t n ich t v e rb r a u c h s s t e u erpfl icht ig , in den o b ig en Z i f f e r n nicht e n th a l t e n . — 93 — zu kommen, müßte nmn die P roduk t-, E in fuhr- und A usfuhr- Mengen in den Ja h re n 1909 und 1910 zusammen nehmen; es ergibt sich dann für den Durchschnitt b e i d e r J a h re ( E i n f u h r - 1) 2) u n d P r o d u k t m e n g e A u s f u h r <117 009 hl hl, mithin bleiben für den Verbrauch 122 565 Hektoliter oder auf den Kopf 95,01 Liter. Angaben über den M e h l v e r b r a u c h können ü b e r h a u p t nicht mehr geliefert werden, da mit W irkung vom V A pril 1910 ab (Inkrafttreten der neuen Verbrauchssteuerordnung) die Ver­ brauchssteuer auf M ehl aufgehoben wurde und infolgedessen keine Unterlagen für die Berechnung des Verbrauchs vorhanden sind. Der F l e i s c h v e r b r a u c h betrug 7 5 5 2 3 7 3 ,<f0 K ilogram m , das ergibt 63,89 K ilogram m (1909: 67,60) für 1 Einw ohner. I m städtischen S c h l a c h t h o f wurden an G r o ß v i e h geschlachtet: K ü h e <909 WO also ( 9 ( 0 (Ochsen 4 < 0 7 ■‘( 2 ( 3 - 204 R i n d e r F a r r e n 2 474 2 489 + (5 3 02 I 2 (<(6 — 875 An K l e i n v i e h wurden geschlachtet: ( 9 0 9 . . . 3 ( 834 23 095 4 978 ( 9 ( 0 . . . 36 506 20 329 4 3 ( 6 also ( 9 ( 0 . . . + 1(672 — 2 766 — 662 Außerdem wurden 390 (365) P f e r d e geschlachtet. F i s c h m ä r k t e fanden 8H statt, (darunter 6<f Hauptmärkte und 20 Filialm ärkte ( 1909: 60), in denen 85 877 Kilo Seefische ( 1909: 75 895) und ((19 Kilo Flußfische (1909: 2<5(6) verkauft wurden. 2 060 2 236 + (76 F e r k e l u . K i tz le in 2 (97 2 -(-(0 + 243 Z u s a m m e n Stuck ( ( 9 7 2 ( ( 084 Z u s a m m e n S tü ck 62 (04 63 5 9 ( + ( -(87. 9 D ie f ü r die G r o ß h . H o f h a l t u n g u n d f ü r die M i l i t ä r v e r w a l t u n g e i n ­ g e f ü h r t e n M e n g e n sind, s o w e i t nicht v e rb ra u c h ss te n e rp f l i c h t ig , auch h i e r i n den ob ig en Z i f f e r n n ich t e n t h a l t e n . 2 ) D ie f ü r R i n t h e i m u n d R ü p p u r r v o n a u s w ä r t s e i n g e f ü h r t e n M e n g e n sind nicht berücksichtigt. 3) N u r f ü r A l t - K a r l s r u h e . 94 — Dem städtischen Viehhof wurden im ganzen 70 057 Tiere zugeführt ( t 9 ° 9 : 65 465) und zwar 9 269 Stück Großvieh und 60 788 Stück Kleinvieh. Der Jahresdurchschnitt der B r o t p r e i s e betrug für K alkw eiß - Schw arz- S chw arz- K , ( 1(o,.nbro t Brot Brot I Brot II n o ln tn o t t io rn tn o t 450 g 700 g 700 g 450 g 700 g 1909 . . . 20,7 P f . 23,7 P f . 20,7 P f . 16,7 p f . 22,7 p f . 1910 . . . 20,4 n 23,2 „ 20,1 ,, 15,7 „ 20,8 „ Der Jahresdurchschnitt der F l e i s c h p r e i s e betrug für 500 g r: Rindfleisch Kalbfleisch K uhfleisch Schw eine- H am m el- P f . P f- P f- P f- • P f- P f- 1909 . 8O— 84 76— 80 85— 89 50— 60 82— 92 70— 90 1910 . 84— 89 80— 85 90— 95 53— 63 82— 92 70— 92. 3 m J a h re \ 9fO wurden 5 \9 L i e g e n s c h a f t e n m it einem Gesam twert von 1(2 s20 f'sö W k. verkauft ( \9 09 : 338 Liegen­ schaften im Gesamtwert von 12 9 H 358 2TEf.), darunter s89 Ge­ bäude im W ert von 10 2 (7 362 ZTTf,, { \8 Bauplätze m it einer Fläche von 8 ha 's a r und 2<\ qm im W ert von s 535 820 ZTtf.; s^6 Äcker m it einer Fläche von (6 ha (3 ar und 86 qm im W ert von 205 237 ZTif. und 66 Stück G arten-, Wiesen- und sonstiges Gelände m it einer Fläche von 's ha 95 ar und 95 qm im W ert von s6s 726 ZNk. H y p o t h e k e n wurden neu bestellt 8^2 r) ( l9 ° 9 : 852), gelöscht wurden U 9 7 2) (s s?6). Die neubestellten Hypotheken beliefen sich auf s5 968 s78 2TTf. 3) ((6 (36 250 ZNk.), die gelöschten auf \2 680 250 ZTTf. 4) (( 's ^85 035 Wlk.). Von den neu bestellten Hypotheken entfielen auf bisher freie Liegenschaften \22 (((0 ) im Betrage von 3 876 588 DT f. (s 765 955 DTf.); davon waren Zwangshypotheken 28 hsO) im Betrage von ( (7 (((9 Wik. (55 505 m t ) . 9 D a z u noch 2 Z leu B ef te l l im g e i t v o n G r u n d s c h u ld e n ( 1 9 0 9 : 2). 9 D a z u noch 3 L ö s c h u n g e n v o n G r u n d s c h n ld e n (0). 3) D a z u noch N e u b e s t e l l u n g e n v o n G r u n d s c h u ld e n im B e t r a g e v o n 11 4 0 0 I M . (32 0 0 0 I l t f . ) . 4) D a z u noch L ö s c h u n g e n v o n G r n n d s c h u ld e n im B e t r a g e v o n 30 2 0 0 INk. (0). — 9o Uber die hiesigen G e l d - u n d K r e d i t a n s t a l t e n ist folgendes zu bemerken: I. Bei der s t ä d t i s c h e n S p a r k a s s e werden die Ergebnisse des Geschäftsjahres (9 (0 im allgemeinen a ls befriedigend be­ zeichnet. Bei den Znhaberpapieren wurden, da die Kurse auf 3 ( . Dezember ( 9 ( 0 fast durchweg niedriger standen a ls auf 3 V Dezember 1(909, zur inneren Festigung der Kaffe erstmals größere Abschreibungen vorgenommen. Danach stehen die 3hz °/»igen Papiere nunmehr höchstens zum Nennwert zu Buch. —- Die ver­ fügbaren M ittel wurden in guten Hypotheken zum Z in sfu ß von 4 °/o für größere, 4chs °/0 für kleinere Beträge untergebracht. Der Einlagezinsfuß von 5 3/<1 ° /o konnte das ganze J a h r über gehalten werden. — Neu eingelegt wurden im Berichtsjahre f f 76( 4 ( 4 M P. 4 P f. ( ( ( 484 (4 ( M f . 70 P f.), davon entfielen auf die A nnahm e­ stelle R üppurr 77 302 M f. 4 P f. (82 00s M f. 97 P f.). Rück­ zahlungen erfolgten 95 8 0 8 (7 M f. 28 P f. (8 (27 254; M f. 69 P f.), davon in R üppurr 22 680 M f. 86 p f . (29 (5 ( M f. ( P f.). Die Einlagen überwogen die Rückzahlungen um 2 (80 596 M f. 76 p f . gegen 3 556 887 M f. ( P f. im B orjahre, unter hinzu- rechnung der gutgeschriebenen Zinsen mit ( 2 ( ( 079 M f . 32 P f. ergab sich eine Zunahm e des Einlagebeftandes von 5 39 ( 676 M f. 8 P f., der dadurch von 34 (09 880 M k. 78 p f . auf 37 50 ( 556 M f. 86 P f. stieg. Die postenzahl der Einlagen und Rückzahlungen einschließlich der reinen Zinszahlungen m it ( (5 3 betrug im B e­ richtsjahre (3 ( 088 gegen (2 ( 576 im Borjahre. A n h e im sparbüchsen w a re n a m 3 ( . D ezem ber (9 (0 2605 Stück (2485) im V erkehr. E n tle e r t w u rd en im B e r ic h ts ja h re 3738 B üchsen (36(6) m it (39 984 M f . ((37 043 M f . 50 P f .) . A n S p a rm a rk e n w u rd en im V o ro r t R ü p p u r r im B e ric h ts ­ ja h re 7525 Stück (8450) m it 7525 M f . (8450 M f . ) abgefetzt. D ie Ü berw eisungen a n G eh a lte n un d G e h a lts te ile n beliefen sich im J a h r e ( 9 ( 0 a u f 540547 M f . 58 p f . (284 802 M f . 46 P f .) bei einer B e te ilig u n g vo n 284 B e a m te n (208). h in te rleg te S p a rb ü c h e r w a re n a m 3 ( . D ezem ber ( 9 ( 0 845 (742) v o rh an d en . A n h in te r le g u n g sg e b ü h re n g ingen 535 M f . 75 P f (433 M f . 75 p f . ) ein. — 96 — B ei der s t ä d t i s c h e n 5 ch u l s p a r k a s s e fanden im Berichts­ jahre s 4(395 O 9 0 9 : (5 f?9) Einlagen statt, m it 24( s66 ZITk. 4(0P f. (23 598 2Tif. 75 Pst), Rückzahlungen erfolgten 696 (64(0) mit 24( 962 ZTEf. 27 P f. (25 303 ZTEf. 4(5 Pst). Die Rückzahlungen überwogen demnach die E inlagen um 795 ZTtf. 87 Pst (s704( ZTTf. 70 Pst). Durch die gutgeschriebenen Zinsen im B etrag von 6293 ZTEf. 70 P f. erhob sich indessen der Einlagebestand von 200 236 RTf. 4(7 p f . am 5 s . Dezember H909 um 54(97 ZTEf. 83 P f. auf 205 754( R if . 30 P f. am '3s. Dezember s9s0 . Die Z a h l der E inlagen betrug am Schluß des Berichtsjahres 8288 (8U8). Bei der s t ä d t i s c h e n P f a n d l e i h k a s s e wurden im Berichts­ jahre 20 79s Fahrn ispfänder m it 2 s3 84(8 ZITf. gegen s9 990 Stück m it 204( 3 s 8 ZTEf. im J a h re s909 eingesetzt, erneuert wurden 8269 Stück (77sO) m it s3 3 5 8 s ZNf. ( s f 9 674( ZNf.), ausgelöst s7557 Stück (s7 627) m it f 8 0 8 3 ^ ZNf. ( s7s s8s ZITf.) und versteigert 2378 Stück (2 s29) m it 2s79-s ZTif. (sß 787 ZITf.). Der gesamte Pfänderverfehr umfaßte somit 4(8 995 Stück (4(7 4(56) m it 550 057 ZTif. (5s^ 960 ZTif.). A m Schluffe, des J a h re s betrug das in Pfändern angelegte K ap ita l s69 624s ZTEf. (s58 4(04( ZTEf.), die Z ah l der in den ZNagazinen vorhandenen P fänder s3 s20 ( (2 264s). A ls Rechnungsergebnisse der S p ar- und pfandleihka sse find zu verzeichnen: die E innahm en mit s 529 s54( ZTEf. 3 P f . ( s39^574( ZTEf. 4(3 P f.), die A usgaben m it s 4(9 s U 9 RTf. 55 P f. (s 352 954s ZTEf. 70 P f.), somit Überschuß 38 034s ZITf. 4s8 P f . (4s s 569 RTf. 73 Pf.). D as reine Vermögen ist auf 3 s . Dezember s9 s0 auf (4(00 655 ZTEf. 82 P f . gegen s 3 5 2 0 0 5 ZTEf. 7s P f. auf 3 s . Dezember (909 zu berechnen. D a der Reservefonds nach § 7 der Satzungen mit mindestens 5 °/o des G esam tguthabens der Einleger s 88 5 364s ZTEf. 56 P f . betragen soll, so fehlen der gesetzlichen f)öhe 4s84s 708 ZTEf. Pf- 2. Der Gesamtumsatz der K arlsruher R e i c h s b a n s st el l e betrug im Berichtsjahre 3 s \2 237 000 ZTEf. gegen 2 790 4(9 f f 00 ZTEf. im J a h re 1(909. I m einzelnen belief sich der G iro - und An- weisungsverkehr auf 2 74(f 74(8 992 ZTEf. (2 501 789 4(00 ZTEf.), der w echselverkehr auf 306 704( 708 ZTEf. (239 ?06 600 ZTEf.) und der Lom bardverkehr auf 63 783 300 ZTEf. (4(8 995 f00 ZTEf.) — 0)7 - 5. D er G esam tu m sa tz der B a d i s c h e n B a n k b e tru g im J a h r e ( 9 (0 in E in g a n g u n d A u s g a n g 4 0 9 s 0 (4 9°7 Akk. 92 p f . gegen 4 567 072 375 M k. 32 P f . im J a h re (909 . 4 . D er G esam tu m satz der R h e i n i s c h e n K r e d i t b a n k b e trug im J a h r e (9 (0 in E in g a n g und A u s g a n g (7 (20 737 200 Akk. gegen ( 6 7 4 ( 9 (3 0 2 9 M k . (9 P f . im J a h r e 1(909 . 5. Der V e r e i n s b a n k K a r l s r u h e gehörten am Schluß des J a h re s ( 9 (0 5046 M itglieder an ((909'- 5076). D as G uthaben der Genossenschafter belief sich auf 2538 725 M k. (2 5 (7 5 4 9 M k.). Die Kasseneinnahme betrug (02 885 ( (4 M k. (99 926 532 M k.), der Reingewinn (88 7 (8 2Tlf. ((5 3 076 M k.), der Reservefonds 769 000 M k. (743 000 M k.), die Dividende 6 % (5 ° /o ) . 6. Die G e w e r b e - u n d V o r f c h u ß b a n k K a r l s r u h e hatte am 3 ( . Dezember ( 9 (0 eine B ilanz von 653 99? M k. 9 P f. gegen 6 (4 276 M k. 74 P f. im V orjahre, die Dividende betrug 5 °/o (5 0/0). 7. D ie p r i v a t s p a r g e f e l l f c h a f t K a r l s r u h e zählte a m S ch lu ß des J a h r e s (9 (0 ( 0 4 ( 3 E in le g e r ( (9 0 9 : (0 2 3 7 ) m it einem G u th a b e n vo n (4 (00 (38 M f . ( (5 ( ( ( 7 2 3 M k .) . N e u eingelegt w u rd en ( 788 2 2 8 M k . (( 6 2 3 9 (3 M f .) , zurückgenom m en ( 326 468 M k . (( 356 007 M k .) . 8. Die M ü h l b u r g e r K r e d i t b a n k hatte am Schluß (9 (0 586 M itglieder ((9 0 9 : 385) m it einem G uthaben von (5 (4 3 0 M k. ((5 0 806 M f.). Die Kasseneinnahme betrug ( 690 465 M k. (( 505 (47 M k.) der Reingewinn (5 036 Akk. ((2 747 M k.), der Reservefonds ( 0 ( 945-M f. ((00 462 Akk.), die Dividende 6 °/o (6 °/0). D a s G esam tv erm ö g en der K a r l s r u h e r L e b e n s v e r s i c h e ­ r u n g belief sich a m E n d e des B e r ic h ts ja h re s a u f 259 (92 783 Akk. ( ( 9 0 9 : 246 574 324 M k .) . D ie G esellschaft zäh lte E n d e ( 9 (0 (48 940 V ersicherungen ((4 4 3 8 () über 702 205 523 Akk. (668 6 (7 368 Akk.). D er (9 (0 erzielte Ü berschuß stellte sich a u f 7 946 682 M k . (7 893 292 M k .) . D ie G ew in n an te ile be trugen 5 9 8 9 5 4 9 M f . (7 P f . (5 243 (57 Akk.). D ie S terblichkeit blieb h in te r der E r w a r tu n g hinsichtlich der P erso n en u m 36,7 % (33,73 % ), hinsichtlich der V ersicherungssum m e u m 3 (,6 °/o (36,62 ° / o ) zurück. B e i der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t B a d e n w u rd en (9 (0 6630 Rentengesuche (4 (6 A lte r s - un d 62 (4 I n v a l id e n - bezw. 7 __ 98 — Krankenrentengesucheeingereicht und 4(94(3 Renten (3 0 8 -( -^ 2 8 3 + 5 5 2 ) bewilligt. 6 (2 Gesuche wurden abgelehnt, 587 blieben unerledigt. Die Rentenempfänger beziehen Renten im Gesam tjahresbetrag 4( 692 (30 U lf. 52 P f. (mehr seit (. J a n u a r (9 (0 23 ( 986 ZUf. 39 Pf.). 3 m ganzen sind 50 920 Rentenempfänger vorhanden (2356 Alters-, 28 265 In v a lid en - und 508 Krankenrenten). Beitragserstattungen wurden im ganzen 2 (9 0 3 7 Alk. angewiesen. I n ständiger Heil­ behandlung w aren am (. J a n u a r (9 1 ° 6 (3 Kranke, Ende Dezember 684(. Arbeiterwohnungsdarlehen wurden ausgezahlt im ganzen 2 693 380 A I!. Bei der s t a a t l i c h e n G e b ä u d e v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t stellte sich der gesamte Versicherungsanschlag der Gebäude im B erichtsjahre aus 4f ( f 7 2 5 (9 0 0 Alk. gegen 3 9 7 4 (6 7 (2 0 0 Alk. im V orjahre. Die Brandentschädigungen beliefen sich (9 (0 aus 4(778 755 Alk. (4(395 082 Alk.). Bei der B a d i s c h e n F e u e r v e r s i c h e r u n g s b a n k in K arlsruhe betrug die Versicherungssumme in der Feuerversicherung im Berichtsjahre ( 084(820 83( Alk. gegen (0 3 5 87( 83( Alk. im V orjahre, in der Ginbruchdiebstahlversicherung 37 360 029 Alk. (30 9 2 ( 526 Alk.). Schäden w aren in der Feuerversicherung ( 64(6 6 (0 Alk. 96 P f . (( 7 (0 039 Alk. 74( P f.) und in der Diebstahlversicherung (0 229 Alk. 4(7 P f. (693 ( Alk. 87 P f.) zu bezahlen. I n dem Verein K r e d i t r e f o r m betrug die Z ah l der schrift­ lichen Auskünfte im hiesigen B ureau (9 (0 (5 600 ( ( 9 0 9 : (4( 838). Der Absatz von Anfragezetteln belief sich auf (8 580 ((5 880). I m A lahnversahren waren 875 (877) Posten m it 57 792 Alk. (63 574( Alk. 97 P f.) in B ehandlung; davon wurden 4(0^ (390) Posten m it 25 800 Alk. (29 976 Alk. 27 P f.) erledigt. B ei dem R a b a t t s p a r v e r e i n K a r l s r u h e wurden im Berichtsjahre für 4(29 780 Alk. R abaltsparm arken entnommen und 4(2(4(25 Alk. dem Publikum ausgezahlt. Die Aktiven des Vereins beliefen sich Gnde (9 (0 auf ( 9 0 224( Alk. 80 P f., denen der W ert der bis Gnde (9 (0 begebenen und noch im Umlaufe befind­ lichen R abaltsparm arken m it (69 992 Alk. 26 P f., die zu einer Verlosung im J a h re ( 9 ( ( zurückgestellten 5000 Alk., die Reserve für unvorhergesehene Fälle m it (0 662 Alk. 7 ( P f . und der - 99 Vermögensvortrag auf ( 9 U m it ^570 M f . 53 P f. a ls Passiva gegenüberstanden. Die H a n d e l s k a m m e r hat im Berichtsjahre 8 Vollver­ sammlungen wie im V orjahre abgehalten. D as Geschäftsjournal verzeichnet 3936 ( 3f f 8) Eingänge und U 9 2 l (6857) Ausgänge. M ündlich wurde im H am m erbureau bei \\2ty ( U U ) Besuchen Auskunft erteilt. Ursprungszeugnisse wurden 32^ ( f9 7 ) , andere Beglaubigungen 65 (92) ausgestellt. Auskünfte in Zollangelegen­ heiten wurden an 328 (299) Gesuchsteller erteilt und zwar 260 (252) auf mündlichem, bezw. telephonischem, 68 (67) auf schrift­ lichem Wege. A n der 36. Vollversammlung des Deutschen Handelstages am 13. und 1^. A pril in B erlin nahm en fünf Delegierte der Handelskammer teil. — A us den Beschlüssen der Handelskammer erwähnen w ir folgendes: Vom K arlsruher S tad t­ ra t wurde die H am m er im M a i 1910 ersucht, wegen der Frage der E inführung der völligen Sonntagsruhe im Handelsgewerbe unter den beteiligten Gewerbetreibenden eine Um frage zu veranstalten und sich aus G rund der erfolgten Antworten selbst zur Sache zu äußern. Der Fragebogen hiezu wurde von der H am m er an 785 Firm en gesandt, von 515 liefen Antworten ein. Fast durchweg zeigte sich, daß selbst Vertreter der einzelnen Geschäftszweige sich in ihren Ansichten und Vorschlägen widersprachen. Die H am m er selbst erklärt eine „tunlichst weitgehende Sonntagsruhe" für ein erstrebenswertes Z iel, befürchtet aber bei E inführung der völligen Sonntagsruhe in K arlsruhe eine Schädigung der hiesigen Geschäfts­ inhaber, so lange die F rage nicht einheitlich durch Gesetz für das ganze Reich geregelt fei. Die E inführung der völligen S onn tags­ ruhe im Handelsgewerbe durch G rtssta tu t bedürfe darum einer sorgfältigen Prüfung. Dagegen hielt die H am m er die Gleich­ stellung der Vororte mit der Altstadt hinsichtlich der Bestimmungen für die Sonntagsruhe „für durchaus geboten". Vom Bezirksamt K arlsruhe wurde die Handelskammer um eine Äußerung darüber ersucht, ob in hiesiger S tad t durch Bauschwindel in den letzten Ja h re n erhebliche Schädigungen der Bauhandwerker vorgekommen seien, und ob das Inkrafttreten des zweiten Abschnittes des Gesetzes über die Sicherung der Bauforderungen für K arlsruhe befürwortet werde. Die H am m er suchte festzustellen, in welchem U m fange 7 * — 100 — Schädigungen durch Bauschwindel hier in den letzten Ja h re n vor- gekommen sind, es sei aber die Feststellung nur unvollkommen gelungen. Die K am m er empfahl von der Inkraftsetzung des in Rede stehenden Gesetzesabschnittes für K arlsruhe vorerst abzusehen und zunächst zuzuwarten, wie sich unter der Herrschaft des in K raft getretenen ersten Abschnittes des Gesetzes und bei tunlichst energischer H andhabung der Bestimmung des sogenannten Bauschutzgesetzes vom 7. J a n u a r 1907 — § 55 Absatz 5 der Gewerbeordnung — die Verhältnisse im Bauhandw erk beziehungsweise Baugewerbe weiter entwickeln werden. — I m ZUai ersuchte der S tad tra t die Handelskammer geeignete Personen aus dem Kreise der Arbeitgeber für die neu geschaffene Kommission zur Unterstützung der städtischen Arbeitsnachweisstelle vorzuschlagen. Auf G rund einer gemeinsamen Besprechung schlugen die Vorsitzenden der Handelskammer, der Handwerkskammer und des Gewerbevereins Fabrikant G skar Edelm ann und als Stellvertreter Kommerzienrat K arl Junker und Hofjuwelier Ludwig Bertsch vor. Von den K arlsruher M itgliedern der Handelskammer starb am 12. ZITärz Bankdirektor Robert J a k o b i , an dessen Stelle Bankdirektor Robert N icolai berufen wurde. Unter den Ende 1910 nach der Gesetzesbestimmung ausscheidenden Mitgliedern befanden sich H von K arls ru h e , die am 18. November sämtlich wiedergewählt wurden. I n der konstituierenden Sitzung der Handels- kammer vom 9 . Dezember wurde Geheimer Kommerzienrat Generalkonsul Robert Koelle wiederum a ls Vorsitzender, K aufm ann Richard Gesell a ls stellvertretender Vorsitzender neugewählt. Die Funktionen des Kassiers wurden wiederum dem Syndikus Dr. p la n e r übertragen. I m übrigen verweisen w ir über die Tätigkeit der K am m er wie über die Vorkommnisse und die Statistik in Handel und Industrie auf den Jahresbericht der Handelskammer, K arlsruhe 1911- Die H a n d w e r k s k a m m e r wählte in der öffentlichen Sitzung am 2 . September 1910 den bisherigen Vorsitzenden, Friseurmeister K arl m oser, wiederum auf die D auer von 6 Ja h re n zum V or­ sitzenden. Außerdem wurde aus K arlsruhe noch Hofblechnermeister Louis Anselment in den Vorstand gewählt. Die K am m er hielt in der:Berichtsperiode (1. A pril 1910 bis 5 f . ZNärz 1911) 3 Voll- — WI — sitzungen und 9 Vorstandssitzungen ab. Der Voranschlag für die Berichtsperiode beläuft sich in E innahm en auf 164(00 BTf. darunter befindet sich ein Staatszuschuß von 5000 Blk. zu freier Verwendung der K am m er und eine besondere Zuweisung des S taates für Präm iierung der Gesellenprüflinge u. dgl. m it 2000 Blk. Die Ausgaben _ betragen 35 4(00 Blk. Der ungedeckte A ufw and von (7 0 0 0 Blk. ist von den Gemeinden des Kammerbezirks aufzu­ bringen. Der Anteil der S tad t K arlsruhe an dieser Umlage beträgt 5235 Blk. Die Z ah l der Eingänge betrug in der Berichts­ periode 8998 (1909/10: 8263), die der A usgänge 12953 (19062). Zn den Vollsitzungen kamen neben Voranschlag, Rechnungsablage, W ahlen und Bericht über die bisherige Tätigkeit der K am m er zur B eratung: Die Reichsversicherungsordnung. Abänderung der Gesellenprüfungsordnung. Bericht über die Konferenz der badischen Handwerkskammern und über den XI. deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag in S tuttgart. M aßnahm en zur Förderung des Handwerks auf sozialwirtschaftlichem Gebiet (Kreditschutz, Handwerkerschutzverein). Z m übrigen verweisen w ir auch bei dieser K am m er auf ihren ausführlichen Jahresbericht, K arlsruhe 1911- Bei deni s t ä d t i s c h e n A r b e i t s n a c h w e i s wurden im B e­ richtsjahr 12 359 ( 1909: U 791) männliche und 9750 (7152) weibliche Arbeitskräfte verlangt. 25 4(3H (27 872) männliche Personen und 9286 (7026) weibliche suchten um A rbeit nach. Eingestellt wurden 96^3 (8719) männliche und 5254( (3551) weib­ liche Personen. Bei dem W o h n u n g s n a c h w e i s wurden 3 (2 (3(1) kleine W ohnungen, Z im m er und Schlafstellen angemeldet, von denen 85 (83) vermietet wurden. Die R e c h t s a u s k u n f t s s t e l l e hat an 5395 (5821) Personen 5691 (6374() Auskünfte erteilt. Der G e w e r b e v e r e i n zählte am Schluß des Berichtsjahres ^03 (1909: 355) M itglieder. Die E innahm en des Vereins betrugen 5(8*1 M k. 7-1 P f. (4(207 M k. 83 P f.), die Ausgaben 4(889 B (f. I I P f. (3723 M k. 69 Pf.). Z m Berichtsjahre wurden 2 H aupt­ versammlungen, 4( M onatsversam m lungen, (4( Vorstandssitzungen bezw. Bezirksausschußsitzungen und zwei Bezirksversammlungen abgehalten. Die Z a h l der ausgegangenen Schriftstücke betrug — f02 — ^76^. Die 79. H auptversam m lung fand am f7. M ärz statt; mit dieser w ar die Verleihung von Ehrenurkunden an f^ Mitglieder für 25jährige Mitgliedschaft und an 36 Arbeiter für 25jährige, ununterbrochene Tätigkeit bei Vereinsmitgliedern verbunden. V or­ träge wurden im Berichtsjahre 5 im Verein abgehalten. Eine Ausstellung von Lehrlingsarbeiten fand vom 3. bis fO. A pril im Landesgewerbeamt statt. E s konnten 5 erste, 23 zweite und 6 dritte Preise verliehen werden. Die Preise bestanden in technischen Büchern, in Reißzeugen und Werkzeugen. Nach Verordnung des Landesgewerbeamts vom f f . F ebruar f9 fO sind künftighin die Lehrlingsarbeiten jeweils m it den Ausstellungen der Schülerarbeiten der Gewerbeschulen zu vereinigen. Der Gewerbeverein K arlsruhe gehört dem Landesverband badischer Gewerbe- und Handwerker­ vereinigungen und in diesem dem G au M ittelbaden a n , in dem er a ls Vorortsverein gewählt ist. A ls solcher besorgt er die Leitung der Verbandsangelegenheiten im G auverband. — 3 n einer größeren M onatsversam m lung des Vereins sprach S tad tra t Robert Vstertag über die Notwendigkeit der Erhöhung der Warenhaussteuer. Eine Diskussion fand statt. Die K arlsruher Geschäftsstelle des Verbandes deutscher G a s t ­ w i r t s g e h i l f e n richtete im F ebruar an den S tad tra t eine Petition, in der sie ersucht, im Anschluß an das städtische A rbeitsam t eine Fachabteilung paritätischer Stellenvermittelung für alle im Gast­ wirtsgewerbe beschäftigten Personen zu errichten. A m f3. M ärz behandelte eine Versammlung der W i r t e neben der F rage der Bierpreiserhöhung die vorgeschlagene E in ­ führung von G ktroi auf Schaumweine, Geflügel und Wild. Sie sprach sich gegen die E inführung aus. A m f5 . M ärz veranstaltete der Ausschuß hiesiger kaufmänni­ scher Vereine eine öffentliche Versammlung zur Herbeiführung der v ö l l i g e n S o n n t a g s r u h e . T agesordnung: f. Nützlichkeit und Notwendigkeit der Sonntagsruhe. Berichterstatter Dellinger aus M annheim . 2. Die praktische und ideale Durchführung der Sonn­ tagsruhe. Berichterstatter Schellin aus Frankfurt a. M . Die Versammlung wurde von K aufm ann N orbert Sinsheimer eröffnet. Nach den Referaten fand eine Diskussion statt. E ine Resolution mit der Forderung der völligen Sonntagsruhe wurde angenommen. — (03 — Der Vorstand der gewerblichen Vereinigung des B a u h a n d ­ w e r k s hielt am 2 V M ärz eine Versam m lung ab. Tagesordnung: V Regiearbeiten bei S ta a t und S tadt. 2. Submissionswesen, ins­ besondere die A rt der Vergebung der städtischen Arbeiten. 3 n der Zeit vom 2st. M ärz bis 8 . A pril wurde vom Landes­ gewerbeamt ein M e i s t e r k u r s f ü r S c h l o s s e r abgehalten. Z u ­ gelassen wurden Meister und ältere Gesellen, die sich selbständig machen wollen (M eisteranwärter). Der Unterricht w ar unentgeltlich. Der Vorstand der O rtsg ruppe des l) a n s a b u n d e s schloß sich in der Sitzung am 25. A pril der Resolution der Berliner Pauptstelle des Bundes behufs Sicherung des deutschen Außen­ handels gegenüber den Zollerhöhungen fremder S taaten an. Außer­ dem sprach sich der pansabund für die Vorlegung und Durch­ beratung eines Gesetzentwurfes über die Versicherung der P r iv a t­ angestellten noch in der gegenwärtigen Reichstagsperiode aus. A m 30. A pril sprach in einer Versammlung des hiesigen G l a s er V e r b u n d e s P a u l Franz über die vor 25 Ja h re n erfolgte G ründung des Verbandes. J t t einer Versammlung der H a u s - und G e s c h ä f t s d i e n e r am P . J u n i sprach G auleiter Reinmüller über das T hem a: „Welche M aßnahm en von der vollständigen Sonntagsruhe halten die Pandelshilfsarbeiter für notw endig? Nach einer Diskussion wurde eine Resolution angenommen, die vollständige Sonntagsruhe im Pandelsgewerbe sowie eine Einschränkung der Beschäftigungs­ zeit im Bedürfnisgewerbe auf 2 Stunden bis längstens 10 U hr vorm ittags verlangte. Der vom S tad tra t beantragte und vom Bezirksrat genehmigte W o ch en m a r k t für die o ststadt auf der südlichen pälfte des östlichen Gehweges der Georg Friedrich-Straße wurde am (3. J u n i eröffnet. M arktage sind M ontag , M ittwoch und Freitag. A m 9 . J u l i beging die F irm a W i l h e l m Z e u m e r , pelz­ waren-, p u t- und Mützengeschäft, Kaiserstraße 125/(2? die Feier ihres HOjährigen Geschäftsjubiläums. Die F irm a J u n k e r & R u h , die bisher offene P andels­ gesellschaft w a r , wurde im August in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Die F irm a hat auf der Ausstellung in S tu ttgart für ihre Gaskochherde die goldene M edaille und einen Ehrenpreis — w — erhalten. Sie wurde vom S tad tra t mit dieser Auszeichnung beglück­ wünscht. M it der gleichen Auszeichnung wurde die Fachschule für Blechner und Installateure an der Gewerbeschule für ihre au s­ gestellten Arbeiten in S tu ttgart bedacht. I n einer von der O rtsg ruppe des Verbandes De u t s c h e r G a s t w i r t s g e h i l f e n Ende September berufenen Versammlung sprach G auleiter Wetzlar über das neue Stellenvermittelungsgesetz. E ine einstimmig angenommene Resolution erkennt in dem neuen Gesetz und den Ausführungsbestimmungen „für das G astw irts­ gewerbe einen bedeutenden Fortschritt", bedauert jedoch, daß nicht die „völlige Beseitung der gewerbsmäßigen und der einseitigen Interessenarbeitsnachweise durch die Schaffung paritätischer A rbeits­ nachweise von S taa ts- oder Gemeindewegen durch das Gesetz bestimmt w ird". Die am \0. Dezember ssisO in der Altstadt und in den V or­ orten vorgenommenen Z ählung der A r b e i t s l o s e n ergab, daß sich 207 Arbeitslose m eldeten, darunter 5 weibliche. Bemerkt wurde, daß die M eldung in den Vororten sehr gering wa r ; in Daxlanden hat sich kein Arbeitsloser gemeldet, in Rintheim und R üppurr nur je einer. 3. Vereinslrben. Anfang J a n u a r bildete sich hier ein V e g e t a r i e r - V e r e i n . Vorsitzender ist der praktische Arzt Dr. Selß. A m \2, J a n u a r feierte der Verein der R ö ch e im kleinen S a a l der Festhalle sein ss . Stiftungsfest. A m so. J a n u a r hielt der S t e n o g r a p h e n v e r e i n S t o l z e - S c h r e y seine Generalversam m lung ab. J a h re s - und Kassenbericht wurde erstattet, die W ahl des Vorstandes vorgenommen. Erster Vorsitzender wurde wieder K aufm ann F r. G irr. A m Ich J a n u a r hielt der Verein B a d i s c h e r L e h r e r i n n e n in Verbindung m it dem Verein Frauenbildung— Frauenstudium einen M ü t t e r a b e n d ab. Erziehungsfragen im Sinne eines Zusammenwirkens von Schule und H aus wurden besprochen. Musikalische Darbietungen eröffneten und schlossen die Versammlung. A m s5. J a n u a r veranstaltete der M i l i t ä r a n w ä r t e r - V e r e i n im Kolosseum eine Abendunterhaltung. Neben Prolog, — \ 0 5 — der von Fräulein S . Krause gesprochen w urde, und der B e­ grüßungsansprache, die mit einem Hoch auf Kaiser und G ro ß ­ herzog ausklang, wurden Gesang- und Musikstücke vorgetragen und zwei Dichtungen: „M anöverliebe" und „ 3 m fremden B ett" au f­ geführt. Am f5. hielt der W ü r t t e m b e r g i s c h e K a v a l l e r i s t e n - v er e i n feine Generalversammlung ab. Die N euw ahl des V or­ standes wurde vorgenommen. Am (9- 3 a n u a r hielt der W i r t s v e r e i n eine M o n a ts- versanmllung ab, in der über die Biersteuerfrage und über mehrere Vereinsangelegenheiten gesprochen wurde. Am 23. hatte der Gesangverein B r u d e r b u n d G eneral­ versammlung. Geschäfts- und Kassenbericht wurden erstattet, die Neuwahl des Vorstandes vorgenommen. Am 25. veranstaltete der A r b e i t e r d i s k u s s i o n s k l u b im großen Saale des M useum s einen Beethovenabend. H ofrat P ro ­ fessor Vrdenstein sprach über „Beethovens Leben und Werke". D as anschließende Konzert wurde vom Konservatorium unter M it­ wirkung des Konzertsängers Rummel-Schott gegeben. Am 25. hielt der Verein V o l k s b i l d u n g seine G eneral­ versammlung. Nach dem Jahresbericht ist die Z a h l der M i t ­ glieder von P 20 auf P 5 7 gestiegen. Die Iahresrechnung schloß mit einem Fehlbetrag von etwa 5000 M F. ab, obwohl das M in i­ sterium des In n e rn einen Beitrag von 500 M k. gegeben hatte. An Stelle des bisherigen Vorsitzenden, Professor D r. von Zwiedineck- Südenhorst, wurde der Schriftführer, Dr. Albert Knittel, zum V or­ sitzenden und an dessen Stelle Professor Dr. W ilhelm paulcke zum Schriftführer gewählt. K m 2K J a n u a r hatte der B a d i s c h e K u n s t v e r e i n G eneral­ versammlung. Der Verein zählt 577 M itglieder, 266 aus K a rls ­ ruhe, 3 P ausw ärtige. Sechs Vorträge wurden im vergangenen J a h re vom Verein veranstaltet, w eiter wurde mitgeteilt, daß der Vorsitzende am Verbandstage deutscher Kunstgewerbevereine in Halle teilgenommen hatte, daß die vom Verein abgehaltene W eihnachts­ ausstellung von mehr a ls 2000 Personen besucht w ar. Die E in ­ nahmen des Vereins betrugen 6190 M k. 70 P f., die Ausgaben 5799 Mk. 73 P f. Die satzungsgemäß ausfcheidenden Vorstands- — 106 — Mitglieder wurden wiedergewählt. An die Hauptversammlung schloß sich eine gesellige Unterhaltung. A m 28. J a n u a r hatte der I. B a d i s c h e K y n o l o g e n - V e r e i n Generalversam m lung. Der Verein zählt 2 (0 M itglieder, er hatte im abgelaufenen J a h re 2 s Vorstandssitzungen und (0 M onatsversam m lungen abgehalten. A uf Ausstellungen haben s4( M itglieder mit ihren Hunden Preise errungen. Die Neuwahl des Vorstandes wurde vorgcnommen. A m 28. hielt der E v a n g e l i s c h e M ä n n e r v e r e i n de r W est s t a d t die ordentliche M itgliederversammlung ab. Der Verein zählt 655 M itglieder. D as reine Vermögen des Vereins betrug Ende 1909 88 000 M k. Der Voranschlag für 191° wurde genehmigt. Die Vorstandsw ahl wurde vorgenommen. Z n der Hauptversam m lung der K a r l s r u h e r T u r n - g e m e i n d e am 29. J a n u a r wurde berichtet, daß die M itglieder­ zahl um 11^ gestiegen sei (55 Aktive, Zöglinge und 65 Turne­ rinnen) und nunm ehr 4(79 betrage. Der Umsatz des Vereins belief sich in E innahm e und A usgabe auf 7060 M k., das Barverm ögen auf 4(803 M k. N euw ahl des Vorstandes und W ahl der A b­ geordneten zum G au tu rn tag fand statt. Z n der M onatsversam m lung des K arlsruher A r c h i t e k t e n - u n d Z n g e n i e u r - V e r e i n s berichtete Architekt Döring aus M annheim über den (0. Denkmalspflegetag in M annheim , sodann hielt Bahnbauinspektor B lum einen V ortrag über neuere Rangier­ bahnhöfe. Der V s t m a r k e n v e r e i n hielt am (2 . Februar einen Abend ab. E inen dreistimmigen Frauenchor trugen Schülerinnen der Höheren Mädchenschule vor. D as Gedicht „Die deutsche Sprache" deklamierte Adele Büßler, G berprim anerin des M ädchengymnasiums. Professor D r. K a rl (Dtt von der Höheren Mädchenschule hielt einen V ortrag über „Die deutsche Sprache und die deutsche N ation", E in M ännerchor, vorgetragen vom 5. und 6. K urs des Sem inars II, schloß den Abend. A m (3 . gab der Verein V o l k s b i l d u n g einen Unter­ haltungsabend, bei dem der Znstrumentalverein, Fritz H aas und Hofschauspieler W alter Korth mitwirkten. — no? — A m 14- sprach im A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n F ra u D r. Kronstein über die Geschichte der deutschen Frauenbewegung. <£s fand eine Diskussion statt, in der u. a. F ra u Geheime ß o fra t Rebm ann für die gewerbliche A usbildung der F ra u eintrat. Am 17. Februar hielt der B ü r g e r v e r e i n d e r Os t s t a d t Generalversammlung ab. Tätigkeits- und Kassenbericht wurde erstattet und N euw ahl des Vorstandes vorgenommen. I n der Besprechung wurde die „derzeitige verwahrloste U m zäum ung" der Radrennbahn an der Durlacher Allee scharf getadelt, beanstandet der Zustand des Lagerplatzes des städtischen Elektrizitätswerkes. Die Generalversammlung des Vereins e h e ma l i g e r b a d i s c h e r g e l b e r D r a g o n e r fand am ist. Februar statt. Nach dem Jahresbericht zählt der Verein 125 M itglieder. D as Vermögen beträgt ohne In v e n ta r 4*753 NTf. 36 Pst, davon entfallen auf die Nnterstützungskaffe 1781 M k. 73 P f., auf die Sterbkasse 297 { ZTtf. 63 p f . Trotz ausgezahlter Unterstützungen ergab sich eine Vermehrung des B arverm ögens gegen das V orjahr um 362 ZU F. 89 Pst Die bisherigen Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt. A us dem Jahresbericht des L e i b - G r e n a d i e r - V e r e i n s ist folgendes zu entnehmen: Der Verein besaß am Ende des Ja h re s 1910 l? 9 Ehren- und 598 ordentliche M itglieder (Ende 4909: H 8 H Ehren- und 625 ordentliche M itglieder). Die Vereins­ kasse hatte 4940 51 (3 M k. 58 P f. E innahm en und 4*656 M k. 50 Pst Ausgaben, die Unterstützungskasse 2 { o \ 5 M k. E innahm en und 1470 M k. 4 pst Ausgaben. Der Vermögeusbestand der Unter­ stützungskasse belief sich Ende des Berichtsjahres auf 20 302 M k. 14 P f. (18 3 U M k. 49 pst). A m 22. Februar veranstaltete der V e r e i n f ü r V e r b e s s e ­ r u n g de r F r a u e n k l e i d u n g einen Gesellschaftsabend m it A uf­ führungen und darauffolgendem T anz. Instrum entale und gesang­ liche Darbietungen, sowie Stabreigen und Freiübungen der Damen- turnkurse des Vereins wechselten. I n der Generalversammlung des K a t h o l i s c h e n M ä n n e r - v e r e i n s de r Os t s t ad t am 23. wurde der Jahresbericht erstattet und die N euwahl des Vorstandes vorgenommen. — ̂08 — Am 27. hielt der E v a n g e l i s c h e M ä n n e r v e r e i n de r We s t s l a d t einen Familienabend ab, an dem neben verschiedenen musikalischen Darbietungen, das Lustspiel „ L in Schatz fürs H aus" von Kistner und „Die M edaille", Komödie von Ludwig T hom a, aufgeführt wurden. An dem Abend des D st M a r k e n v e r e i n s am f. M ärz trugen Schüler der Goetheschule den C hor „Sturmbeschwörung" von Dürrner, ein Schüler das Gedicht „Die Helden vom I l t i s " von presber vor, w orauf Gustav Rieger, Professor an der Humboldtschule, über „Die neuzeitliche Ausbreitung des Deutschtums über See" sprach. Am \. M ärz wurde die Generalversammlung des B ü r g e r ­ v e r e i n s de r S ü d w e s t s t a d t abgehalten. Der Bereut zählt f 73 M itglieder und besitzt ein Vermögen von Über fOOO M k. Nach der N euw ahl des Vorstandes und Erledigung anderer geschäftlichen Angelegenheiten tra t m an in eine E rörterung über verschiedene Interessen des Stadtteils ein: Beseitigung der Wach­ häuschen am K arlsto r, Bebauung des Berckholtzschen Grundstückes Ecke der K arl- und Kriegstraße u. a. Schließlich wurde eine Tellersam m lung zugunsten der brandbeschädigten Deutschen in B aldivia (Chile) vorgenommen. Z u einem W interabend unter Dach mit Tee und Tanz hatte der a k a d e m i s c h e S k i k l u b K a r l s r u h e auf den 2. M ärz in den M useum ssaal eingeladen. Architekt Habisch erläuterte eine Skitour im Engadin , Professor Dr. W ilhelm Paulcke sprach über Skiläufe und Skiwettläufe, stud. Steiner schilderte eine Partie im M ontblanc-G ebiet. E ine größere Serie Bilder aus dem Schwarz­ wald und den Alpen wurde sodann vorgeführt. E in Tanz schloß den Abend. A m st. M ärz bildete sich ein V e r e i n K a r l s r u h e r P r e s s e . Z u m V Vorsitzenden wurde Dr. Ludwig M unzinger, Chefredakteur der Badischen Landeszeitung, gewählt. A m [2. M ärz hielt der M i l i t ä r v e r e i n einen Fam ilien­ abend m it V orträgen ernster und heiterer A rt ab. Ebenfalls am \2. fand die Generalversammlung des Gesang­ vereins C o n c o r d i a statt. Der Jahresbericht wurde erstattet, die N euw ahl des Vorstandes vorgenommen und an Stelle des wegen - 109 — vorgerückten Alters zurücktretenden ersten Vorsitzenden Heck K aufm ann Konrad Schwarz gewählt. I m P f ä l z e r w a l d v e r e i n , O rtsgruppe K arlsruhe, wurde am \2. eine Anzahl Gedichte in Pfälzer M u n d a rt vorgetragen. I n der Generalversammlung des f a r r - C ä c i l i e n v e r e i n s A. £. F . am H3. M ärz wurde der Bericht über die T ä tig ­ keit des Kirchenchores im abgelaufenen J a h r erstattet, ebenso der Kassenbericht, sodann die W ahl des Vorstandes vorgenommen. Bei einem Familienabend des E v a n g e l i s c h e n M ä n n e r ­ v e r e i n s der- We s t s t a d t am \5 . M ärz sprach nach einigen musikalischen Darbietungen Stadtvikar D uhm über seine Reise nach Palästina. Der B l i n d e n v e r e i n für K arlsruhe und Umgebung hielt feine Generalversammlung am 6, A pril ab. I n der Frauengruppe des Vereins für das D e u t s c h t u m i m A u s l a n d ( 5 c h u l v e r e i n ) am \2. A pril berichtete Fräulein Zöckler „A us der Arbeit zur E rhaltung des Deutschtums in Galizien". Z um Gedächtnis B ism arcks w ar der Abend m it der Verlesung ausgewählter Bismarckworte eingeleitet worden. I m R u d e r v e r e i n S t u r m v o g e l wurde bei einem Herren­ abend am f6. A pril eine Reihe gesanglicher und deklamatorischer Vorträge geboten. A m \7 . unternahmen die M itglieder einen Fam ilienausflug nach der „H ansa" am Rheinhafen. Der A r b e i t e r d i s k u s s i o n s k l u b hielt am lg . A pril G eneral­ versammlung ab. Erstattet wurde der Tätigkeits- und Kassenbericht und die satzungsgemäße N euw ahl des Vorstandes vorgenommen. I m E v a n g e l i s c h e n M ä n n e r v e r e i n d e r S ü d s t a d t sprach am 20 . A pril Revisor Vstertag über den Volksdichter Sam uel Friedrich Lauter. Musikalische Darbietungen folgten. P fa rre r Hesselbacher sprach ein Schluß- und Dankeswort. I n der Generalversammlung der V e r e i n i g u n g K a r l s ­ r u h e r P r i v a t a n g e s t e l l t e n am 22 . wurde Jahresbericht erstattet und N euw ahl des Vorstands vorgenommen. Über ver­ schiedene die Pensionsversicherung berührende Fragen entspann sich eine Debatte. Der M i l i t ä r v e r e i n hielt am 23, Generalversam m lung. E r zählt U 93 M itglieder. Die Einnahm en des Vereins betrugen — HO — 7^68 M k. 85 P f., die Ausgaben 7CKH M k. 7% p f . D as v e r ­ mögen beträgt f 5 9 H Akk. gegen f5 5 3 s Akk. im Vorjahre. Die N euw ahl des Vorstands wurde vorgenommen. Erster Vorsitzender wurde Rechtsanwalt D r. Lorenz. Der M ä n n e r t u r n v e r e i n hielt am 30. A pril ein Schau­ turnen der V Damenabteilung ab. E tw a 60 Turnerinnen boten Freiübungen, S tab - und Keulenübungen, Übungen am B arren, Pferd und an den Schaukelringen. A n das Schauturnen schloß sich ein Fam ilienabend im Vereinslokal der Liederhalle. A m 3. M a i hielt die B ü r g e r g e s e l l s c h a s t de r S ü d s t adt ihre Hauptversam m lung ab. Über die Tätigkeit des Vereins im abgelaufenen J a h re wurde Bericht erstattet und die Neuwahl des V orstands vorgenommen. Einzelne Angelegenheiten von Interesse für den Stadtteil wurden besprochen. A m 5. M a i sprach im K a t h o l i s c h e n M ä n n e r v e r e i n (Stadtteil M ühlburg) Bureauches Henry W ittm ann über „Spanien, das Land voll Sonnenschein", humoristische Vorträge bildeten den Schluß des Abends. A m 7. M a i feierte der De u t s c h e B a n k b e a m t e n - V e r e i n , Zweigverein K arlsruhe, sein Stiftungsfest. D as P rogram m bot neben den Darbietungen der Musikkapelle Liedervorträge von Fräulein Herma M üller (Sopran), Lieder zur Laute von hosschau- spieler Felix Krones und Deklamationen von Fritz Held. A m \2. M a i hielt im K arlsruher A r c h i t e k t e n - u n d I n g e n i e u r - V e r e i n Bahnbauinspektor B lum einen V ortrag über „Die Bestrebungen zur Verhütung des Überfahrens der Halte­ signale". Nach dem V ortrag fand eine Diskussion statt, dann eine Besprechung der badischen Landesbauordnung und der aus G rund dieser zu erlassenden V rtsbauordnungen. Die W anderriege des K arlsruher M ä n n e r t u r n v e r e i n s unternahm an den pfingsttagen M a i ff.) eine T our durch die Schwäbische Alb. A m 2^. M a i sprach im A r b e i t e r d i s k u s s i o n s k l u b der frühere norwegische Iustizminister über „Die rechtliche Stellung der F ra u und des Frauenstimmrechts". E s folgte eine lebhafte Diskussion. — m — A m 3 uni feierte der V e r e i n e h e m a l i g e r P r i n z A a r l - D r a g o n e r sein 20. Stiftungsfest. Ansprache, musikalische D ar­ bietungen, ein historischer Bauerntanz standen auf dem P rog ram m , außerdem wurde ein Theaterstück „ Z u Befehl Herr Leutnant" aufgeführt. A m U - J u n i fand im verein für V e r b e s s e r u n g de r F r a u e n k l e i d u n g der Schlußakt des Kurses für Gesundheits­ und Schönheitsturnen statt. Nach der Ansprache des Vorstandes D r. med. p a u ll wurden mehrere Turnübungen vorgeführt. Am 24h J u n i hielt der N a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e V e r e i n seine M itglieder-Hauptversam m lung ab. A us den Berichten des Schriftführers und des Kassiers ergab sich ein sehr günstiger S tand über M itgliederzahl — 266 — und Finanzen des Vereins. A n Stelle von Geheimerat Dr. K a rl (Engler, der sich m it Rücksicht auf sonstige starke Inanspruchnahm e genötigt sah, den Vorsitz niederzulegen, wurde Geheimer H ofrat Professor D r. (Dtto Lehmann zum ersten Vorsitzenden gewählt'. Geheimerat (Engler wurde in der nächsten Sitzung des Vereins zum (Ehrenvorsitzenden gewählt. Auf ein im J u n i von dem Vorstand der Abteilung K a rls ­ ruhe der D e u t s c h e n K o l o n i a l g e s e l l s c h a f t an Staatssekretär a. D. Dernburg abgesandtes Telegram m tra f folgende A ntw ort ein: „Die Abteilung K arlsruhe der Deutschen Kolonialgesellschaft hat m ir durch (Euer Hochwohlgeboren unter dem s6 . d. ZT£. eine überaus anerkennende Depesche gesandt, wofür ich verbindlichst danke. Bei der gemeinsamen Aufgabe, dem deutschen Volke seine Freude an dem überseeischen Besitze zu erhalten und ihn in zweck­ m äßiger und dem hohen zivilisatorischen Id ea le der deutschen N ation entsprechender Weise auszugestalten, wird mich die Deutsche K olonial­ gesellschaft auch in meiner privaten (Eigenschaft stets an ihrer Seite finden. I n vorzüglicher Hochachtung D ernburg." A m 2 H J u l i wurde ein Bezirksverein K arlsruhe des Ver­ bandes d e u t s c h e r D i p l o m - I n g e n i e u r e gegründet. Z u m ersten Vorsitzenden wurde D iplom -Ingenieur Philipp Fach gewählt. Die Referate über Zweck, Ziele, O rganisation und bisherige A r­ beiten des Verbandes erstatteten D iplom -Ingenieur IV. von Pasinski — \ \ 2 — aus Düsseldorf und P aten tanw alt D iplom -Ingenieur A. Münch aus M annheim . Der Verband um faßt 23 Bezirksvereine mit f500 M itgliedern und 200 Fördern. I n Baden besteht außer dem neu gegründeten Bezirksverein ‘K arlsruhe ein solcher in M annheim . Am V August wurde eine (Ortsgruppe K arlsruhe des K lubs für r a u h h a a r i g e T e r r i e r s F r a n k f u r t a. M . gegründet und A rthu r lvim pfheim er zum Vorsitzenden der (Ortsgruppe gewählt. A m 6 . September sprach im G r u n d - u n d H a u s b e s i t z e r - v er e i n der erste Vorsitzende des Vereins, Rechnungsrat Merkle, über die Tätigkeit des letzten Landtages, soweit sich diese auf die Änderung des Vermögenssteuergesetzes bezw. den Schuldenabzug bei den Umlagen bezog. E r erblickte in der E rhöhung der K apita l­ steuer von sO auf I 6 P f. und der E rm äßigung des Liegenschafts- fteuerwertes bis auf 25 % eine kleine Erleichterung für die G rund- und Hausbesitzer. E ine Resolution verlangte im Sinne des Redners von der S tadtverw altung die Durchführung der Erm äßigung. I n der Diskussion wurde neben dieser Besprechung der Besteuerungs­ frage die Übernahme der Gehwegunterhaltung durch die Stadt und eine Änderung der Bezugsordnung für Elektrizität verlangt. A m 7. September erstattete im K a t h o l i s c h e n M ä n n e r - v e r e i n d e r M e ft s t ad t cand. theol. M üller einen Bericht über den Katholikentag in A ugsburg. Danach fand eine Diskussion über Missionstätigkeit, Freidenkertum und Großstadtseelsorge statt. A uf E inladung des V e r b a n d e s m i t t l e r e r Re i ch s post - u n d T e l e g r a p h e n b e a m t e n sprach am s5. September der Sekretär der Deutschen Gartenstadtgesellschaft, E . Behnisch, über „Die Verwirklichung der Gartenstadtbewegung bei K arlsruhe". E ine Resolution erblickt in der Gartenstadtbewegung eine „die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der am (Ort woh­ nenden Angehörigen der Postverwaltung sehr günstig beeinflussende U nternehm ung" und bittet die Vorgesetzte Behörde, diesem Unter­ nehmen eine möglichst weitgehende Unterstützung leihen zu wollen. A m 2\ . September sprach im Klub für r a u h h a a r i g e T e r r i e r s L. F . Diefenbach von Frankfurt a. M . über das T h em a: „Der A iredale-Terrier a ls Polizeihund und Polizeihunde im allgemeinen". Dem V ortrag wohnten u. a. die S taatsanw älte — US — pubev und M o ra th und Polizeidirektor Schaible an. A nr 25. fand eine Schau von Airedale-Terrier statt. A m 25. September feierte der V e r e i n e h e m a l i g e r P i o n i e r e u n d V e r k e h r s t r u p p e n das 10jährige Stiftungsfest. Nach der Begrüßungsansprache und einem Pro log wurden mehrere kleine Lustspiele aufgeführt und musikalische Vorträge geboten. A m 3. Oktober hielt der E v a n g e l i s c h e B u n d einen Familienabend ab. Der frühere katholische Priester, Viktor M üller, nunmehr Schriftsteller in R o m , sprach über „Die konfessionelle Abschließungspolitik im V atikan". Professor D. Albrecht T h o m a forderte zum B eitritt und zur Unterstützung des Evangelischen Bundes auf. Der evangelische Südstadtchor trug einige Lieder vor. A m 7. Oktober wurde eine O rtsg ruppe des Vereins für deu t s che S c h ä f e r h u n d e gegründet und zum Vorsitzenden J u l iu s Schmidt gewählt. A m P . Oktober berichtete im Verein für V e r b e s s e r u n g d e r F r a u e n k l e i d u n g nach Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten F ra u Em ilie Eudenbach über den Delegiertentag des Deutschen Verbandes für Verbesserung der Frauenkleidung in Leipzig. E s folgte eine kleine Ausstellung neuer Unter- und Oberkleidung. Am 23. Oktober feierte der Ruderklub S a l a m a n d e r sein 3s. Stiftungsfest. Dem Ehrenvorsitzenden K aufm ann Friedrich Kern und dem Ehrenmitglied K ap itän a. D . E g lau wurden besondere O vationen zuteil. Die M itglieder, die 25 bezw. s5 J a h re dem Klub angehörten, erhielten Ehrendiplome. I n der Generalversam m lung des w i r t e v e r e i n s am 26. Oktober wurde der Jahresbericht erstattet. Der Verein hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr 3 s 79 M k. 's P f . E innahm en und 276-s M k. t\<5 P f . Ausgaben. D as Gesamtvermögen beträgt 'ssSs M k. 85 P f. 269 M itglieder gehören dem Verein an. Die Sterbekasse zählte 2 s's M itglieder mit einem Versicherungskapital von 260 000 M k. Z u r Diskussion standen: s. D as Verhalten des K arlsruher Brauereivorstandes; 2 . die w einpreiserhöhung und ihre Folgen. A uf A ntrag des Vorstandes beschließt der Verein, vom s. November ab kein Viertel Mein unter 30 P f . zu verkaufen. 8 — m — I n der Generalversam m lung des K arlsruher M ä n n e r ­ h i l f s v e r e i n s v o m R o t e n K r e u z am 26. Oktober wurde an Stelle des von hier versetzten V beram tm anns D r. Arnsperger Landgerichtsdirektor D r. Dolder zum V Vorsitzenden gewählt. Der Tätigkeitsbericht wurde erstattet. Außerdem berichtete H auptm ann a. D. von Westhoven über den Deutschen Führer- und Ärztetag der Sanitätskolonnen in Königsberg. Bei einem kameradschaftlichen Familienabend des M i l i t ä r ­ v e r e i n s am 26. sprach Buchhändler Helbing über „D as Deutsch­ tum in den russischen Ostseeprovinzen". Ansprachen und hum ori­ stische Darbietungen folgten. A m 27. Oktober fand ein M ü t t e r a b e n d statt. Nach musikalischen Darbietungen des Schülerinnen-Grchefters der Höheren Mädchenschule behandelte Schularzt Dr. Schiller das Them a „G e­ sundheitspflege der Kinder im schulpflichtigen A lter". Diskussion schloß sich an den V ortrag. I m K arlsruher P r o t e s t a n t e n v e r e i n erwähnte bei der B egrüßung S tad tp farrer a. D. D. W ilhelm Brückner die B orro- mäusenzyklika und das preußische Irrlehregesetz. D ann sprach P fa rre r Lic. R udolf W ielandt aus Niedereggen über den W elt­ kongreß für freies Christentum in Berlin. Auch in diesem J a h r hatte der A r b e i t e r - D i s k u s s i o n s - k l u b auf der Novembermesse eine Bude aufschlagen lassen, in der gute Schriften, Bilder usw. feilgeboten wurden. A m November sprach im G r u n d - u n d H a u s b e s i t z e r - v e r e i n der \. Vorsitzende, Revisor Merkle, über die Haltung der S tadtverw altung gegenüber den: Vereine. T r hielt es für wünschens­ wert, daß der S tad tra t sich bei den Verhandlungen des Vereins vertreten lasse. D ann wurde über das Gebäudeversicherungsgesetz diskutiert. Z u einer lebhaften Aussprache führte die Gartenstadt­ bewegung. M ehrere A nhänger der letzteren ergriffen das W ort. Verschiedene M itglieder des Hausbesitzervereins äußerten sich dahin, daß sie nicht Gegner der Gartenstadtbewegung seien, daß sie sich aber gegen die E in räum ung besonderer Vorteile dieser Interessenten­ gruppe vonseiten der Stadtverw altung verwahrten. A m 5. November hielt der A r b e i t e r - R a d f a h r e r v e r e i n seine G eneralversam m lung ab. Der Verein zählt 3fl2 Mitglieder. An Unfallunterstützungen wurden im abgelaufenen J a h r (7 ( Ulk. ausbezahlt, Sterbeunterstützungen an die Hinterbliebenen zweier M itglieder je 50 U lf. A n Spareinlagen zur weiteren Entwicklung des „F ah rrad -H aus Frisch-Auf" wurden von einigen M itgliedern 6^0 M k. gegeben. Die N euw ahl des Vorstandes fand statt. A m \ \ . November hatte der B a d i s c h e L u f t s c h i f f a h r t - V e r e i n Generalversammlung. Bei der N euw ahl des Vorstandes wurde Professor Schütte, der vom nächsten J a h re an Vorlesungen über Luftschiffahrt an der Technischen Hochschule hier halten wird, zum ersten Vorsitzenden gewählt. (Es wurde sodann der Anschluß des Vereins an den allgemeinen Deutschen Luftschifferverband, Sitz in Berlin, und an den neugegründeten südwestdeutschen Kartell» verband der Luftschiffahrtsvereine beschlossen. Z u r Beschaffung eines eigenen B allons beschloß m a n , die nötige Sum m e von (0 000 M k. durch A usgabe von Anteilscheinen aufzubringen. An die deutschen Teilnehmer des Gordon-Bennett-W ettfliegens \ 9 \ 0 in Amerika, H auptm ann von Abercron (B allon „G erm ania") und Ingen ieur Gericke (B allon „Düsseldorf"), die die deutsche N ation im Kampfe mit anderen Ländern m it so schönem Erfolge vertreten hatten, wurden Glückwunschtelegramme abgesandt. Am ( 2 . hielt der Verein s t ä d t i s c h e r B e a m t e r sein (Ojähriges Stiftungsfest. Besondere E hre wurde 8 M itgliedern zuteil, die 25 J a h re im Dienste der Stadtverw altung tätig sind. Unter den Gästen befanden sich Oberbürgermeister Siegrist, B ürger­ meister Dr. Horstmann, Vertreter des S tadtrates, der S tadtverord­ neten und des Landesverbandes städtischer Beamten. Der V e r e i n e h e m a l i g e r g e l b e r D r a g o n e r hielt am ( 2 . November sein (5jähriges Stiftungsfest ab. Ansprachen, C höre des Gesangvereins „Rheingold" und Aufführungen der Athletengesellschaft „A rm in ia" wechselten. A m (3. November beging der G rtsverein des V e r b a n d e s m i t t l e r e r R e i c h s p o s t - u n d T e l e g r a p h e n b e a m t e n sein (5jähriges Stiftungsfest. Unter anderen Darbietungen wurde das Lustspiel „E in toller E in fa ll" aufgeführt. Die A ufführung wurde am 27. November wiederholt, der E rlö s zugunsten hilfsbedürftiger Hinterbliebener von Post- und Telegraphenbeamten verwendet. — U 6 — Der Verein der d e u t s c h e n R a u f l e u t e (O rtsverein K arls- ruhe) feierte ebenfalls am (3 . fein (Zjähriges Stiftungsfest. Prolog, Ansprache, musikalische V orträge und die Ausführung des Theater­ stückes „Liebesgeschichten" wechselten. Der A l l g e m e i n e De u t s c h e S p r a c h v e r e i n hielt am (9- zur Feier des (00 . G eburtstages des Dichters Fritz Reuter unter M itw irkung des Regisseurs O tto Kienscherf vom Hoftheater einen Fritz Reuter-Abend ab. Herr Aienscherf sprach einige W orte über Reuters Leben und las dann mehrere Aapitel aus seinen Werken vor. A m (9 . sprach im K o n s e r v a t o r i u m f ü r M u s i k P ro ­ fessor D r. Philipp W olfrum von Heidelberg über Wilhelm Friede­ m ann Bach m it V orführung Bachscher Alavierwerke unter piani- stischer M itw irkung von Fräulein Hedwig Dieffenbacher. D aran anschließend wurde die G ründung einer O rtsgruppe K arlsruhe der In ternationalen Musikgesellschaft besprochen. I m Verein für F r a u e n s t i m m r e c h t sprach am 20 . N o ­ vember Professor Rodolphe B ro d a aus P a r is über das T hem a: „M eine Erfahrungen auf dem Gebiete des Frauenstimmrechts in F innland und A ustralien". Die anschließende Diskussion wandte sich dann auch dem Zwiespalts und der Möglichkeit gemeinsamer A rbeit der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung, der Rassenhygiene und der Alkoholfrage zu. A m 2 (. veranstaltete der Verein für V e r b e s s e r u n g de r F r a u e n k l e i d u n g einen Tee-Nachniittag mit musikalischen und deklamatorischen Vorträgen, verbunden mit einer Ausstellung von Kleidern für H aus, S traße und Gesellschaft. A m 22. erstattete im K a t h o l i s c h e n F r a u e n b u n d F rau (Clara Schmidt Bericht über die G eneralversam m lung in Düsseldorf. Von der Frauengruppe des Vereins für das D e u t s c h t u m i m A u s l a n d wurde am 26. November eine Versammlung ab­ gehalten. T agesordnung: plauderet über eine Reise durch Südtirol. Bericht über die Regensburger T agung von Professor Dr. Kahle au s Heidelberg. I n dem vom Verein F r a u e n b i l d u n g — F r a u e n s t u d i u m veranstalteten M ütterabend am 27. fand nach einem einleitenden Gesang durch F ra u V beram tm ann p fa ff von Ettlingen über das — \ u — T h em a: „W as schenken w ir unfern Kindern zu W eihnachten?" eine Aussprache statt. I m E v a n g e l i s c h e n W a n n e r v e r e i n d e r W ests t a d t wurde (im 27. ein Fam ilienabend abgehalten. S tad tpfarrer Dr. M enton von Etttlingen sprach über „P asto r von Bodel- schwingh und seine A nstalten"; gesangliche und instrumentale V or­ träge folgten. Der A r b e i t e r d i s k u s s i o n s k l u b veranstaltete am 29 , N o ­ vember einen M ärchenabend mit Vorlesungen von Fräulein E lsa Metzger und Hofschauspieler Fritz Herz. A m Dezember veranstaltete der K a t h o l i s c h e A r b e i t e r ­ v e r e i n einen Volksliederabend in Verbindung m it einer Hebelfeier. A m 9- Dezember hielt der K a t h o l i s c h e F r a u e n b u n d einen V ortragsabend ab. Nach den einleitenden W orten durch F rau o berlandesgerichtsrat Schmidt sprach Hofkaplan N opp aus Freiburg über das T hem a: „Der M ädchenhandel". Art den V ortrag schloß sich eine Diskussion, in der u. a. über den Mädchenschutz in K a r ls ­ ruhe M itteilung gemacht wurde. Zurzeit stünden 1(5 Damen für die Bahnhofsmission zur Verfügung. Berichtet wurde auch über die Tätigkeit des Fürsorgevereins. Am (O. Dezember feierte der L i e d e r k r a n z die E hrung seiner Veteranen. A ltstadtrat Döring gehörte dem verein über 50 J a h re an, er wurde zum Ehrenmitglied ernannt. M ehrere andere Herren wurden für 50jährige Mitgliedschaft unter die Ehrenmitglieder ausgenommen, für HOjährige und längere M it­ gliedschaft Diplome erteilt. Den Festakt um rahm ten Musikstücke und humoristische Vorträge. Die hiesige Loge „ A l l z e i t G e t r e u " d e s n e u t r a l e n G u t t e m p l e r o r d e n s veranstaltete am (0 . einen U nterhaltungs­ abend m it Ansprachen, Liedervorträgen und Vorlesungen. I m Verein für V e r b e s s e r u n g d e r F r a u e n k l e i d u n g hielt F rau Em ilie Kadenbach am s ( . eine Ansprache an die Konfirmandinnen und Kommunikantinnen. D ann wurden Kleider und Unterkleidung vorgezeigt; zum Schluß folgte eine unentgeltliche Verlosung von Kleidern und Unterkleidern. I n der Versammlung der K u n s t g e n o s s e n s c h a f t am 20. Dezember wurde Herm ann Moest zum Vorsitzenden gewählt. — U8 — Dort den zahlreichen Deranstaltungen der S p o r t v e r e i n e seien hier folgende angeführt: A m 16. J a n u a r wurde ein Wettspiel zwischen dem Heidelberger Hockey-Klub und der Hockeyabteilung des akademischen L aw -T ennis-K lubs K arlsruhe ausgespielt, es endigte mit einem Sieg Heidelbergs m it 7 : I Toren. — A m 15. F ebruar standen K arlsruher Fußballvereine Stuttgarter Der- einen gegenüber. E rgebn is: Sieg des phönch über Stuttgarter Union m it 2 : 0 Toren, der A lem annia über Stuttgarter S p o rts­ freunde m it 1 :0 Toren. Ebenso endigte ant 3. A pril der Wett­ kampf zwischen K arlsruher Phönix und S tuttgarter Sportsfreunde m it einem Sieg K arlsruhes mit ^ : 0 Toren. Am gleichen Tage schlug Fußballverein Beiertheim den von Zuffenhausen mit 3 : 0 Toren und A lem annia-K arlsruhe U nion-Stuttgart m it 5 : 0 Toren. A m 10. A pril schlug der K arlsruher Fußballverein die M an n - heimer Fußballgesellschaft m it 5 : 2 Toren. I n Köln wurde der K arlsruher Fußballverein am 16. M a i S ieger; zu dem Erfolge drückten Prinz M ax und Oberbürgermeister Siegrist dmt Dereine telegraphisch ihren Glückwunsch aus. Z u dem großen Sportfeste am 10. J u l i zu Ehren des badischen Fürstenhauses w ar eine große Z a h l Ehrenpreise gestiftet, darunter der W anderpreis Großherzog Friedrichs I., ein P re is Großherzog Friedrichs II., der Prinzessin W ilhelm, des prinzen M ax , der Stadtgemeinde K arlsruhe, des Kommandierenden G enerals, des Staatsm inisters Freiherrn von Dusch und anderer Persönlichkeiten, im ganzen H5 Preise. A m 25. J u n i feierte der Fußballverein zu Ehren seiner in dem Bundesspielen um die Deutsche Meisterschaft in Köln siegreichen M annschaft einen Festkommers. A m 5. Dezember siegte K arlsruher Fußballverein über K arlsruher Phönix m it 6 : 2 Toren. A m 20. Februar fand ein Wettschwimmen zwischen dem Schwimmklub D elphin-Stuttgart und den: Schwimmverein Poseidon- K arlsruhe statt. E s endigte m it einem Sieg des letzteren über den Delphin und den Schwimmerbund Schwaben. A m 6. J u n i ver­ anstaltete der Schwimmklub poseidon aus A nlaß seines zehn­ jährigen Bestehens ein nationales Iubiläum s-Schw im m fest. Prinz M ax , der das Protektorat über das Fest übernommen hatte, wohnte demselben an. Endlich hielt am 2{. J u l i der Am ateur- Schwimmklub N eptun einen „Besonderen Ü bungsabend" ab. - U 9 - D as Rennen des K arlsruher Reitervereins auf dem Rennplatz bei A lein-Rüppurr fand am 2\ . A pril statt. Demselben wohnten der Großherzog, die Großherzogin, Prinzessin Hildegard von Bayern, Prinz und Prinzessin M ax , Prinzessin (Dlga von B rau n - schweig-Lüneburg, M inister Freiherr von B odm an, der K om m an­ dierende General, Vertreter der S tad t und anderer Behörden sowie (Dsfiziere aller Waffengattungen an. Wettrennen sand statt um den P re is von R üppurr, um den Ehrenpreis des Prinzen M ax , den vom Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs in K arlsruhe, den von Kommerzienrat Sinner, den Ehrenpreis des Großherzogs und den von Freiherrn von Seideneck. — E in zweites Rennen fand am 23. Vktober statt. Ehrenpreise hatten der Großherzog gegeben, der Kommandierende General des Armeekorps, die Stadtgemeinde K arlsruhe, der Verein zur Hebung des Fremden- Verkehrs und der Badische Automobilklub K arlsruhe. VI. Leistungen des Gemeinsi nns. Armen- und Krankenpflege. 1. Leistungen des Gemeinstrms. m J a h r e s ß s O w u rd en im städtischen V i e r o r d t b a d in s ­ gesamt 2 s3 5 3 9 B äder abgegeben ( \ 9 0 9 ‘ 20s 790/ darunter s s 0 587 ( s 3 0 2 s s ) Schwimmbäder, s 2 s 6 0 ( s 3 5 9 Q Heiß­ luft- und Dam pfbäder, 5 3 s3 7 (50 9 8 s) W annenbäder und 7055 (6975) K urbäder. Z u ermäßigten Preisen (Volksbäder) wurden im ganzen 37 696 (55 5s9) abgegeben und zwar 36 628 (32 378) Schwimmbäder und s068 (s s7s) Heißluft- und Dampfbäder. Außerdem erhielten Kinder im Alter von 3— \2 Jah ren auf Kosten des Frauenvereins Freibäder III. Klaffe, im ganzen s3sß ( s 399). 3 nt S t a d t g a r t e n wurden im J a h re sßsO : 6 6 738 Einzel­ eintrittskarten zu \7 635 ZTTk. 5 P f . verkauft (sßOst: 8s s66 zu s 5 s 3 7 ZTTF. 90 Pf.), und zwar für Erwachsene 55 s52 (70 2s3) zu s6 005 ZITf. s0 P f., für Kinder s s 286 (15 953) zu s629 2Ttf. 75 P f . ; ferner wurden an Sonntagvorm ittagen zu ermäßigten Preisen 76 852 (80 038) K arten für Erwachsene zu 7685 ZTTf. 20 P f. und s 373 ( s 0 s 8) für Kinder zu 68 ZTTf. 65 p f . gelöst. j ahresabonnementskarten wurden im ganzen 6750 (ss 08s) für 23 3 s5 ZTTf. (3 0 9 s6 ZNF.) abgegeben, und zwar I)auptkarten 208s (3 s3 8 ) , B eikarten , W ärterinnen-, Schüler- und Studentenkarten s 666 (76s3). Konzertkarten wurden im ganzen 9 3 9 s2 (ss7 s0 7 ) für 35 899 ZTTf. 75 P f . abgegeben. Der Anteil der S tad t betrug s2 80s ZTTF. 7 p f . ( s s 785 ZITF. s5 p f . ) , der der Kapellen 25 095 ZTTF. 68 P f. (5 s 08 s ZTTf. 35 Pf.). Außerdem wurden 65s (3 so) Konzertabonnementsheftchen zu s272 ZTTF. (s5 s8 ZTTf. — 121 — 50 P f.) abgegeben. Bootskarten wurden und zwar E inzelkarten 57 (70 (4(2 838) zu 3 7 (7 M f . (4(285 Mcf. 80 P f.) und Abonne­ mentskarten 3258 (3762) zu (954( Blk. 80 P f. (2257 Blk. 20 Pf.) verkauft. Wiegekarten wurden 264(0 (274(7) im B etrag von 26^ M k. (274( Blk. 70 Pf.) entnommen. Eiskarten wurde ein Heft um ( Blk. abgegeben. Karten für die Cam era obscura wurden 958 ( ( (97) zu 95 Blk. 80 P f. ( ( ( 9 Blk. 70 Pf.) gelöst. Der E rlö s aus Netzballspielplätzen betrug ( (4(0 Blk. wie im B or­ jahre. An K artenheften für den S tadtgarten wurden für E rw ach­ sene 2 2 (6 Stiicf zu 4(4(32 Blk. und für Kinder (79 zu (79 Blk. abgegeben. A m Schluß des Jah res (9 (0 ergab sich im Stadtgarten folgender Tierbestand: Raubtiere 29 , K erfjäger 5, Nagetiere (4(4(, Beuteltiere 3, Z ahnarm e 2 , Wildschweine 3, Huftiere 4(8, Affen {7, Raubvögel 3 2 , Sittiche und Papageien 3 0 , Sing- und Ziervögel und zwar a. Körnerfresser 65, b. Insektenfresser (7, Hühner und Hähne 365, W aldhühner 3, Scharrhühner (, Fasanen ( 9 , Pfauen 2 , S trauße (, Tauben 2 ( 8, Gänse (7, Schwäne 26, Enten (7( , Pelikan (, Sumpfvögel 25, Reptilien 20 , Fische 266, Seetiere (0 , Robben 2 . Bon der Vergünstigung des freien E in tritts für Schulen in den S tadtgarten haben im Berichtsjahre 4(68 ( Schüler der Volks­ schulen, 4(68 der Lehrerseminare, 225 der Realschule, (4(6 der Ober-Realschule , 303 Schülerinnen der Höheren Mädchenschule, 70 Schüler der Goetheschule, 290 der Humboldtschule, 25 des G ym nasium s und 59 der Kunstgewerbefchule Gebrauch gemacht. Der Stadtgarten und die Festhalle wurden in der hergebrachten Weife zu Konzerten, Abendunterhaltungen, Versammlungen usw. benützt, die Festhalle am 22. J a n u a r und 5. Februar auch wieder zu städtischen M askenbällen. Die Z a h l der Konzerte im S tad t­ garten und in der Festhalle betrug 91 (99)- Davon kamen 85 (93) Konzerte auf hiesige M ilitä r- und Zivilkapellen und zwar 55 (4(9) auf die Kapelle des Leibgrenadier-Regiments, (6 ((5) auf die des Artillerie-Regiments N r. (H, (2 ( ( ( ) auf die des Artillerie- Regiments N r. 50 und (5 ( ( ( ) auf die des Leibdragoner-Regiments, 6 (4() auf fremde Kapellen und 9 (9) auf die Feuerwehrkapelle. I n einigen Konzerten der hiesigen M ilitärkapellen wirkten aus- — \ 2 2 — wärtige Längergesellschaften m it, zu anderen Konzerten wurden weitere hiesige oder ausw ärtige Kapellen beigezogen (Iohannisfeier, Konzerte in der M anöverzeit u. a. m.). Der große Festhallesaal wurde einschließlich der städtischen Veranstaltungen in 5 ( Fällen benützt. I n 22 Fällen wurde von der S tad t der volle M ietpreis, in 7 Fällen der ermäßigte, in f5 Fällen nur der Ersatz der Selbstkosten der S tad t für Heizung und Beleuchtung erhoben, in 7 Fällen wurde sowohl auf Entrichtung des M ietpreises a ls der erwähnten Selbstkosten verzichtet. Der kleine S aa l wurde in ^8 Fällen von Dritten benützt. I n 25 Fällen wurde der geordnete M ietbetrag bezahlt, in 7 Fällen der ermäßigte und in 7 Fällen lediglich der B etrag der Selbstkosten der S tad t, für Heizung und Beleuchtung des S a a le s ; in 8 Fällen wurde auf die Entrichtung des M ietpreises und der erwähnten Selbstkosten verzichtet. Die Eintrittspreise für den S tadtgarten und die Eisbahnen wurden mit W irkung vom {. A pril fstfO neu festgesetzt. Der E in trittspreis für einmaligen Besuch des S tadtgartens einschließlich des T iergartens: für eine erwachsene Person 30 P f., für eine M ilitärperson vom Feldwebel abw ärts f5 P f., für ein Kind im Alter von 2 bis f0 J a h re n {5 P f. (Kinder unter 2 Ja h re n sind frei); der P re is der Jah reskarten : für eine Hauptkarte 6 M k., für eine Beikarte für je ein Familienmitglied oder eine Kinder­ wärterin 2 M k. 50 P f . , für eine K arte für Studierenden der Technischen Hochschule und für Schüler staatlicher oder städtischer Lehranstalten (einschließlich der Fachschulen) 2 M k. 50 P f. A ußer Jahreskarten wurden auch unpersönliche Kartenhefte mit je lO K arten zu einmaligem E in tritt abgegeben und zwar für Erwachsene für 2 M k., für Soldaten und Kinder (von 2— fO Ja h re n ) \ M k. F ü r die E isbahnen wurde m it sofortiger Wirkung bestimmt: für die E isbahnen im Stadtgarten für einmaligen E in ­ tritt (Erwachsene oder Kinder) fO P f., für unpersönliches K arten­ heft mit H2 Karten f M k. Die Eisbahnkarten sind nur in Ver­ bindung m it Stadtgartenkarten g iltig ; für die künstlichen E isbahnen außerhalb des S tadtgartens für einmaligen E in tritt (Erwachsener oder Kinder) 20 P f., für ein persönliches Kartenheft m it 6 Karten l M k. Bei Eisfesten im Stadtgarten oder auf den künstlichen E isbahnen wird ein Musikzuschlag von \0 P f. für die Person — 123 — erhoben, wenn nichts anderes bestimmt wird. W ährend des Som m ers l9sO soll zunächst versuchsweise an jedem -f. Sonntag für den Besuch des Nachmittagskonzerts im Stadtgarten oder in der Festhalle nur 30 P f. von Erwachsenen, f5 P f. von Kindern und Soldaten erhoben werden. Bei Kartenheften ist von E rw ach­ senen ein Zuschlag von J[0 P f., von Soldaten und k indern von 5 P f. zu zahlen, bei Jahreskarten wie an jedem ändern Sonntag 20 P f. von Erwachsenen, fO P f. von Soldaten und k indern. Z n der B r o c k e n s a m m l u n g betrugen f9 1 ° die E innahm en 5 2 8 l M k. 9 9 0 9 : 5973 im. 6\ P f.), die Ausgaben 62 l9 M k. einschließlich der M iete für die Räumlichkeiten mit s030 M k. f^695 + 1030 = 5725 M k.). Die V o l k s l e s e h a l l e in der Zähringerstraße wurde im J a h re s9sO von 7s 968 ( f 9 ° 9 : 72 60<f) Personen besucht, darunter s5s5 (f743) weiblichen Geschlechts. Die Lesehalle in der Schützen- straße wurde f9fO von \7 530 ({7 W ) Personen besucht, darunter 203 (^32) weiblichen Geschlechts. D er D e u t s c h e S c h u l v e r e i n zur E r h a l tu n g des D eu tsch tum s im A u s la n d (O r ts g ru p p e K a r ls ru h e ) erh ielt auch im J a h r e f 9 \ 0 von der S tad tgem einde einen Z u sch u ß von 500 M k . A ußerdem g ib t die S tad tg em ein d e fü r gem einnützige Zwecke verschiedene Zuschüsse, die hier e rw ä h n t w erden, sow eit sie noch nicht angegeben find, w ie oben z. B . die fü r u nterrichtszwecke, oder noch angegeben w erden. E s erhielten l 9 f 0 : D e r B adische k unstverein 2 0 0 0 M k ., der A lte r tu m sv e re in fOO M k ., d a s G erm anische M u s e u m in N ü rn b e rg s0 0 M k ., die B ere in ig u n g fü r heim atliche k unstpflege 600 M k ., die D ich tergedäch tn isstiftung \0 0 M k ., der G ew erbevere in zur A uszeichnung v o n L e h rlin g s ­ a rbeiten 2 0 0 M k ., der Z e n tra lv e re in fü r Deutsche B in n en sch iffah rt 50 M k ., der V erein städtischer H afen - und E lek triz itä tsw e rk sa rb e ite r 350 M k ., der V erein städtischer T ie fb a u a rb e ite r 350 M k ., der V erein „V ere in ig te s F a c h p e rso n a l der städtischen S tr a ß e n b a h n " 350 M k ., der V ere in der S ta d tg a rte n a rb e ite r 350 M k ., die Z e n t r a l ­ stelle fü r V o lk sw o h lfa h rt 50 M k ., die B ild u n g s a n f ta lt fü r K in d e r­ gärtn erin n en 250 M k ., der M ä n n e rh ilf sv e re in fü r die fre iw illige S an itä tsk o lo n n e 700 M k ., der B ezirksverein fü r j ugendschutz und G efangenenfü rso rge 50 M k ., die K a ise r W ilh e lm -S tif tu n g fü r — 124 — deutsche In v a lid en 500 ZTTf., die Uleinkinderbewahranstalt ZUf. H3 P f., das Gesellschaft Seem annshaus Berlin 50 M L , der Verein zur Rettung sittlich verwahrloster Rinder s50 ZN k., die Rranken- und Schulschwestern im Stadtteil Beiertheim 500 ZNf., das Komitee der Uleinkinderschule im Stadtteil Rintheim \6 0 ZNk., die Uleinkindersch'ule im Stadtteil R üppurr 25 ZNk., die Sektion K arlsruhe des Badischen Schwarzwaldvereins H30 ZNk., der K arlsruher Reiterverein 500 ZNk., das Komitee zur Bekämpfung der Schnakenplage in Eltville a. R h. 20 ZNk., der G artenbau­ verein zur Ausstellung von Preisen und Zluszeichnungen 200 ZNf., der Verein gegen ZNißbrauch geistiger Getränke HO ZNk., der Deutsche Städtetag 273 ZNk., das Kolonialwirtschaftliche Komitee in Berlin sOO ZNk. Der A r b e i t e r b i l d u n g s v e r e i n zählte am f. Oktober ffHO 620 M itglieder (fgof): 538). A n Spenden erhielt der Verein im Berichtsjahre j3 6 0 ZNk., darunter befanden sich j 00 ZNk. vom Großherzog, je 50 ZNk. von Prinzessin W ilhelm und Prinz ZNax, 250 ZNk. vom M inisterium des In n e rn für Unterrichtszwecke, HOO M k. von der Stadtgemeinde K arlsruhe ebenfalls für Unterrichts­ zwecke, von dein Ehrenmitglied Exzellenz Dr. Bürklin 200 ZNk. I n dem Jahresbericht des Vereins wird Dr. Bürklin der Dank für die Anerkennung ausgedrückt, die er der Tätigkeit des Vereins in der Ersten K am m er ausgesprochen hatte. Auch brachten die Sänger des Vereins D r. Bürklin ein Gesangsständchen. — I m Berichtsjahre fanden Unterrichtskurse im Schönschreiben, in der Rund- und Lackschrift, in Buchführung und Korrespondenz, in Stenographie, im Maschinenschreiben, im Rechnen und Geld­ verkehr, in der sozialen Gesetzgebung und in französischer Sprache statt. Zw anzig V ortragsabende wurden abgehalten. Auf deni V erbandstag der badischen Zlrbeiterbildungsvereine in Lahr sprach der 2. Vorsitzende des hiesigen Vereins, Verwaltungsassistent Adolf ZUöser, über „Die Aufgaben der Arbeiterbildungsvereine". Der V Vorsitzende, Rechtsanwalt O tto peinsheimer, wurde zum Ver­ bandsvorsitzenden und dam it der K arlsruher Verein zum V orort des Verbandes gewählt. D as Stiftungsfest feierte der Verein am 29 . Oktober. D as im J a h re j875 verstorbene Ehren- und Gründungsm itglied des Vereins, P rivatm ann Busch, hatte dem — \ 2 ö — Verein (000 Gulden vermacht mit der Bestimmung, daß die Nutznießung aus diesem K apita l seiner E hefrau zustehe. Durch das am 20. August 19(0 erfolgte Hinscheiden der F ra u m arie Busch hat der Verein nunm ehr dieses Vermächtnis angetreten. D as verm ögen des Vereins belief sich am (. Oktober 19(0 auf 59399 KTf. 16'. P f ., die Schulden auf 52 000 M k. D as V er­ mögen der Kaffe des Sparvereins betrug am f. J a n u a r \<){0 bei 88 M itgliedern 62 000 M k. Dem Reservefonds konnten 661 M f. 18 P f. überwiesen werden. A uf E inladung eines vorbereitenden Komitees, bestehend aus S tad tra t D r. Binz, Geheimer R a t Professor Dr. Engler, S tad t­ schulrat Dr. Gerwig und Oberbürgermeister Siegrist, versammelte sich am K M ärz 19 10 eine größere Anzahl M än n er und Frauen int großen R athaussaal, um die G ründung eines B ildungsvereins für die v o l k s s c h u l e n t l a s s e n e J u g e n d zu beraten. Die Satzungen wurden beraten und beschlossen. Der K a r l s r u h e r J u g e n d - B i l d u n g s v e r e i n gliedert sich danach in % Abtei­ lungen im Anschluß an folgende städtische Schulen: K naben­ fortbildungsschule, 2. Mädchenfortbildungsschule (und Sophien­ schule), 3. Gewerbeschule, H. Handelsschule. Jede Abteilung hat einen Vorstand. A ls ständige M itglieder gehören an : den V or­ ständen der Abteilung I und II der Stadtschulrat, sowie der V or­ stand des städtischen A rbeitsam ts, dem Vorstand der Abteilung I ein von der volksschulkommission ernannter Lehrer der K naben­ fortbildungsschule, dem der Abteilung II eine Lehrerin und ein Lehrer der Mädchenfortbildungsschule, ebenfalls von der Schull- kommission ernannt, dem der Abteilung III der Vorstand der Gewerbeschule und dem der Abteilung IV der Vorstand der Handelsschule. J n jeden Abteilungsvorstand entsendet der S tad tra t ein M itglied aus seiner M itte. Die Vorsitzenden und Schriftführer der Abteilungsvorstände, sowie die ständigen M itglieder bilden zusammen den Ausschuß, dem als weiteres M itglied der O b er­ bürgermeister beitritt. Der Verein stellt sich die Aufgabe, die geistige und körperliche Weiterbildung der K arlsruher Jugend nach der Schulentlassung zu fördern. Z u r Erreichung des Zweckes dienen Vorträge, musikalische und dramatische Aufführungen, Lese­ abends (unentgeltliche Verteilung von Jugendschriften), Elternabende, — \ 2 6 — Turnen, Schwimmen, (Eislauf, Rudern, W anderungen, Iugend- spiele, Bibliothek und Lesehalle. v o m Vereine wurde am f8. M arz Professor H ans T hom a zum (Ehrenmitglied ernannt. A m 2 (f. M ärz tra t P rinz M ax m it einem Jahresbeitrag von 50 M k. dein verein als M itglied bei. A n größeren Gaben nennt der Jahresbericht 5000 M k. in b ar und Wertpapieren, ferner f00 Rucksäcke, die letzteren gestiftet von S tad tra t Kölsch. M it­ glieder zählte der verein am Schluß des Vereinsjahres (bis \. A pril 1 9 U ) H3f. Die Abteilung I unternahm am {. M a i einen Ausflug nach deni Rittnertw ald mit 200 Teilnehmern, die Abteilung II am 8. M a i mit etwa (fOO Teilnehmern nach der Hedwigsquelle. Abendveranstaltungen fanden für Abteilung I im kleinen S a a l der Festhalle am 29. M a i, für Abteilung II am f5. J u n i ebenfalls im kleinen Festhallefaal statt. Die Abtei­ lung IV besichtigte am 15. J u n i den städtischen Rheinhafen und am 22. die industriellen Anlagen der F irm a Sinner. Die Wieder­ kehr der vaterländischen Gedenktage wurde für die vier Abtei­ lungen am 3{. J a n u a r 19U großen Saale der Festball« gefeiert. Der A l l g e m e i n e n V o l k s b i b l i o t h e k (M ännerhilfsverein vom Roten Kreuz) stellte und unterhielt die Stadtgemeinde im B e­ richtsjahre wie früher die Räum e der Bibliothek und des Lese­ zimmers und gab außerdem einen Beitrag von f500 M k. Die Z a h l der Besuche der Bibliothek betrug im Berichtsjahre 37 795 und verteilte sich auf 3^87 Besucher, die H8 387 Bände entliehen. Neu zugegangen find 720 Leser (^26 männliche und 29^ weibliche). Neu angeschafft wurden f7 f Werke. Die E innahm en beliefen sich auf 3790 M k. 52 P f., darunter befinden sich Geschenk des G ro ß ­ herzogs 100 M k, des © berfchulrats, der Generaldirektion, der Loge Leopold zur Treue, der Vereinsbank je fOO M k., des Ge­ werbevereins 50 M k. u. a . Die Ausgaben betrugen 3 f08 M k. 6H P f. An Reinvermögen besitzt der Verein einschließlich der F a h r­ nisse H 269 M k. 38 P f . A n Stelle des von hier versetzten ©bet« am tm anns D r. A rnsperger wurde Landgerichtsdirektor Dr. August Dölter zum Vorsitzenden gewählt. Von der vom B a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n u n t e r h a l t e n e n V o l k s b i b l i o t h e k wurden f9fO 75 Bücherkisten mit 3500 - (27 — Bänden versandt. Die Lichtbildapparate wurden von (6 Gemeinden benützt, an drei O rte wurden Bilderserien ohne den A p p ara t ab ­ gegeben. Die Z ah l der K arlsruher Leser belief sich auf (20, die 5500 Bände entliehen. Der G esam taufw and betrug 5255 ME. (1909: 525 l), dem 2755 ZTTE. (2795) E innahm en gegenüberstanden. D as Vermögen beträgt (0 4 0 0 ZITE. I m L e b e n s b e d ü r f n i s v e r e i n betrug die Z a h l der M i t ­ glieder am Ende des Berichtsjahres 9 5 (9 ( ( 9 ° 9 : 8875), der Umsatz 5 507 754; ME. 56 P f. (5 246 830 ZUE. 65 P f.) Die Bilanz ergab in Aktiven und passiven ( 687 827 ZUE. 72 P f. (( 6 (5 958 ZUE. 87 Pf.). Der Reingewinn betrug 562 548 ZUE. 4 P f. (522 5 (7 ZUE. 8 ( P f.). Der Gewinn wurde verteilt: 5 °/o Zinsen (5 °/o) auf die Geschäftsguthaben, 9 % Dividende (8 /̂g % ) auf den M arkenum satz im eigenen Geschäft und 6 0/0 (6 °/0) auf den im Lieferantengeschäft. Der Reservefonds betrug wie int V or­ jahre 80 000 ZUE., der Dispositionsfonds 27 000 ZUE. ( (2 000) und der Unterstützungs- und Ruhegehaltsfonds 25 007 ZUE. ( (5 604). I n dem Badischen Landesverein der K a i s e r w i l h e l m s - S t i f t u n g für deutsche Invaliden hatte der Bezirksverein K a rls ­ ruhe E innahm en im Gesamtbetrag von 24 524 ZUE. 8 P f. ((9 0 9 : 24 (65 ZUE. 59 Pf.), Ausgaben 6054 ZUE. 55 P f. (5785 ZITE. ( Pf.). E s blieb ein Bestand von (8 469 ZITE. 53 P f. Die K a r l F r i e d r i c h - , L e o p o l d - u n d S o p h i e n - S t i f t u n g (pfründnerhaus) zählte am Schluffe des Berichtsjahres 62 Pfründner erster und 56 zweiter Klasse. Die laufenden E in ­ nahmen betrugen 85 069 ME. 2 ( P f. ( ( 9 0 9 *. 84 2 (4 ZUE. 46 Pf.), die Grundstockseinnahmen 7350 ME. ( ( 3 9 ? ( ZUE. 2 P f.) und zwar 500 ME. Schenkungen und 6850 ZUE. EinEaufsgelder. Die Ausgaben beliefen sich auf 85 722 MF. 5 ( P f. (8 (6 4 9 ME. 62 Pf-)- Die u n e n t g e l t l i c h e Re c h t s a u s k u n f t s s t e l l e f ü r F r a u e n hatte in ihrem Geschäftsjahre ( ( . A pril (9 (0 bis 3 ( . M ärz ( 9 ( 0 385 Besuche ( ( 909/ ( 0 : 382) zu verzeichnen. D avon betrafen 202 ((84) neue Fälle, (83 ((98) Besprechungen laufender Fälle. E in ­ nahmen und A usgaben balancierten mit 392 ZUE. 3 P f. (38 ( ZUE. 98 Pf.). I m K a t h o l i s c h e n m ä d c h e n s c h u t z v e r e i n K a r l s r u h e widmeten sich (8 junge Damen der Bahnhofmission. I m B ureau — H28 — des Vereins- (Sophien-Straße s9) erfolgten U 37 Angebote von Stellensuchenden, s635 Nachfragen von Geschäften und Herrschaften, 8^3 Stellen wurden vermittelt. Die E innahm en des Vereins betrugen 857 ZTtf. 65 P f., die A usgaben 8 ^ ZTtf. 65 P f. Jeden Freitag vor dem V des M o n a ts fanden die Sitzungen der B ahn- hofmission statt. K u ra t Vomstein hielt hierbei jeweils einen V ortrag über folgende T h em ata : V Ziel und Zweck des Mädchenschutzes; 2. Stellenvermittlung, gewerbsmäßige und carita tive ; 3. das neue Stellenvermittelungsgesetz; die Arbeitsnachweise in den deutschen Bundesstaaten; 5. M ädchenhandel und seine Bekämpfung u. a. Der Verein zur B e l o h n u n g t r e u e r D i e n s t b o t e n hielt am 20. M a i in Anwesenheit der Großherzogin die alljährlich wiederkehrende Feier ab. Großherzogin Luise hatte einen Vertreter entsandt. Die Feier wurde m it Gesang und einer Ansprache durch kjofprediger Fischer eingeleitet.' Von den von Großherzogin Luise gestifteten Ehrenkreuzen erhielten 3 Dienstboten das silberne Kreuz für mehr a ls 25 J a h re Dienstzeit, das silbervergoldete Kreuz l Dienstbote für mehr a ls HOjährige Dienstzeit. A us dem Vereine erhielten eine Belobung für mindestens 3jährige Dienstzeit 3 j Dienst­ boten, den V P re is für mindestens 6jährige Dienstzeit ebenfalls 3 f , den 2. P re is für mindestens f2jährige Dienstzeit ss Dienstboten, den 3. P re is für mindestens f 8jährige Dienstzeit s3 Dienstboten, den H. P re is für mindestens 2Hjährige Dienstzeit 5 Dienstboten, den 5. P re is für mindestens 30jährige Dienstzeit H Dienstboten, den 6. P re is für mindestens 36jährige Dienstzeit ^ Dienstboten und den 7. P re is für mindestens H2jährige Dienstzeit \ Dienstbote. A ußer­ dem wurden wegen langjähriger Dienstzeit an die m it dem H., 5., 6. und 7. Preise belohnten Dienstboten Geldzulagen gegeben, ebenso an mehrere wegen aufopfernder Krankenpflege in Krankheitsfällen. Der M i e t e r - u n d B a u v e r e i n K a r l s r u h e ergab für l ß j O an Aktiven und passiven eine Bilanz von 2 5H0 805 M k. s0 P f. Der Reingewinn betrug 2s 057 M k. s s P f. H°/o D ivi­ dende wurden für die Geschäftsanteils-Guthaben der M itglieder gutgeschrieben. Der Verein hatte am Schlüsse des J a h re s J2H8 M itglieder. Wegen Zahlungsrückstand wurden 7 M itglieder aus der Genossenschaft ausgeschlossen. Die Z a h l der gebauten Däuser betrug 53 ( j H aus wurde verkauft) m it 387 W ohnungen. — *29 — A us dem Jahresbericht des Vereins zur H e b u n g d e s F r e m d e n v e r k e h r s geht folgendes hervor: Der Verein zählte Ende *9*0 ^92 M itglieder (*9 0 9 : 4*88). I n der Auskunftsstelle betrug die Z ah l der Besucher 7*66, die Z a h l der G eschäfts-Ein- und Ausgänge 4*800. Die Z a h l der Fremden, die in K arlsruher Gasthöfen übernachteten, betrug 2 * * 290 . Die Stadtgemeinde gab auch im J a h re *9*0 dem Verein einen B eitrag von 3000 M f. Über den Besuch der K l e i n k i n d e r b e w a h r a n s t a l t e n (Kleinkinderschulen) liegen folgende M itteilungen v o r: A m *. Dezember *9*0 besuchten im ganzen 865 Kinder (*9 0 9 : 896) die unter dem Protektorate der Großherzogin Luise stehende K lein­ kinderbewahranstalt (M utterhaus für Kinderschwestern). Von den 865 Kindern waren 64* im M utte rhaus untergebracht, *84* im Luisenhaus, *33 im h ild ah au s, 224* im Gemeindehaus der Süd» stadt, 54* im Anstaltsgebäude der A ugusta-S traße , *34* in dem der R udolf-Straße, 32 in dem der B elfort-S traße und 4*9 in dem der Akademie-Straße. A us der Tätigkeit des Frauenvereins für S ä u g l i n g s f ü r ­ s o r g e erwähnen w ir folgendes: Der Fürsorge w aren im J a h re *9*0 im ganzen 5 9 7 Kinder ( * 909 : 5 6 9 ) unterstellt. Von diesen waren 3 6 * Brustkinder und 2 5 6 Flaschenkinder. Von den 5 9 7 Kindern starben 4*8 = 8 °/o und zwar von den Brustkindern * 3 — 3 ,3 °/o, von den Flaschenkindern 3 6 — ** °/o. Von 3 2 5 * lebend geborenen Kindern starben im Berichtsjahre in der S tad t K arlsruhe 54*2 = *6,4* °/o . Der G esam taufw and für die S äu g ­ lingsfürsorge belief sich auf 22 8 0 0 M f. (22 4*7* M f . ) , die E in ­ nahmen auf 2 3 94*5 M f. (22 84*7 M f.) , darunter S taatsbeitrag 2 5 0 0 M f., B eitrag der Stadtgemeinde 5 0 0 M f. D as Vermögen betrug Ende des J a h re s 2 * 7 4 * 2 M f. Die Z a h l der die S äu g ­ linge in den W ohnungen überwachenden sogenannten Schutzdamen betrug 2 8 . D as S t . J o s e p h s h a u s (W inter-S traße 29) beherbergte im Berichtsjahre 274* Dienstmädchen (*9 0 9 : *80) m it 2384* Über­ nachtungen. *4*6 Stellen (*30) wurden verm ittelt, 269 M ädchen (254*) suchten Stellen, 24*6 (253) Herrschaften suchten Dienstboten. Die Nähschule wurde von *00 Schülerinnen (92) besucht. 23 9 — *30 ständige Pensionärinnen (25) befanden sich im D am enheim , vor­ übergehende keine (26). D as S t. F r a n z i s k u s h a u s (Grenz-Straße 7) beherbergte im B erichtsjahre (8 ( Dienstmädchen ((909*. f84) mit 955 Über­ nachtungen. (06 Stellen ( ( 3( ) wurden vermittelt. (86 Dienst­ mädchen (386) suchten S tellen , 288 Herrschaften (334) suchten Dienstboten. Haushaltungszöglinge waren es (04 (102), Pensio­ närinnen 45 (46). Der Bezirksverein für j u g e n d s c h u t z u n d G e f a n g e n e n ­ f ü r s o r g e zählte Ende (9 (0 824 M itglieder ((909: 8(9)- Die laufenden E innahm en betrugen 3 (3 7 M k. 46 P f., die Ausgaben 3336 M F. 34 P f. Die Z ah l der Schützlinge belief sich auf 629 (554). A uf G rund der neuen Satzungen wurde je ( M itglied des Badischen Frauenvereins, sowie des evangelischen und des katho­ lischen Fürsorgevereins für M ädchen, Frauen und Kinder in den Vorstand ausgenommen. I n der M ä d c h e n f ü r s o r g e des Frauenvereins fanden im J a h r e ( 9 ( 0 230 M ädchen ((909** 200) neu Aufnahme. Die Eröffnungsfeier des H909 erworbenen Heims erfolgte am ( ( . M a i (9 (0 . A ufnahm e finden schulentlassene M ädchen, die nach Krank­ heit a ls Genesende noch der K räftigung bedürfen oder infolge von B lu ta rm u t an der A usübung ihres Berufes gehindert sind. Die verpflegungskosten sind auf 2 M k. für den T ag festgesetzt. D as Heim w ar vom (0. M a i bis f. November geöffnet und während der ganzen Zeit (mit A usnahm e der letzten (4 Tage) voll besetzt. (44 Pfleglinge mit 3692 Verpflegungstagen wurden ausgenommen. (3 waren Selbstzahler, andere sandten die Krankenkassen, andere wurden von: Frauenverein entsandt u. s. f. Der K a t h o l i s c h e F ü r s o r g e v e r e i n für Mädchen, Frauen und Kinder zählte ( 9 ( 0 3 ( 4 Schützlinge P 9 0 9 : 256). I m Z u ­ fluchtsheim (A ntoniusheim , Fabrikstraße 9) befanden sich 47 Hilfe­ suchende (48) mit 5303 pflegetagen und 27 Kinder mit 3(828 pflegetagen. Von Prinzessin M ax erhielt der Verein im Berichts­ jahre 50 M k. Die F r e i w i l l i g e F e u e r w e h r der Altstadt zählte im Be­ richtsjahre 270 M itglieder (3(909: 268), die des Stadtteils M ü h l­ burg ( 43, des S tadtteils Beiertheim (06, des Stadtteils R üppurr — \ 5 \ — {23, des Stadtteils Rintheim 78, des Stadtteils Grünwinkel 75 und die durch Eingemeindung von Daxlanden angegliederte Feuer­ wehr Daxlanden 159 M itglieder. Die Bahnhoffeuerwehr zählte 72 und die Feuerwehr der Maschinenbaugesellschaft 60 M itglieder. Der Feuerwehr ist eine Kapelle m it 1 Kapellmeister und 30 M a n n unter dem Nam en „Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr" an ­ gegliedert. — I n einer Sitzung der K om m andos der Borortfeuer­ wehren, der Bahnhoffeuerwehr und der Feuerwehr der M aschinen­ baugesellschaft gemeinschaftlich m it dem Kom m ando der Altstadt­ feuerwehr wurden die einzelnen Kompagnien der Feuerlöschordnung entsprechend wie folgt gegliedert: (Dftftaöt 1. Kompagnie, M itte l­ stadt 2. Kompagnie, Weststadt 3. K om pagnie, Südstadt H. K om ­ pagnie, M ühlburg 5. K om pagnie, Beiertheim 6. Kompagnie, R üppurr 7. Kompagnie, Rintheim 8. Kompagnie, Grünwinkel 9 . Kompagnie, Daxlanden 10. Kompagnie, Maschinenbaugefellschaft IV K om pagnie, Bahnhoffeuerwehr 12. K om pagnie. I n der gleichen Sitzung wurde beschlossen, daß die Kompagnien 5— {2 auch weiterhin ihre eigene innere V erwaltung und K om m andos behalten. D as Kommando der Altstadtkompagnien, dem auch die M o n ­ tierung der Borortkompagnien unterstellt ist, erhielt die Bezeichnung „Oberkom m ando" und der K om m andant der Altstadtkompagnien die Amtsbezeichnung „V berkom m andant". — Die Feuerwehr der Altstadt hielt zwei große Korpsübungen, die eine am Ihofcheater, die andere an der evangelischen Stadtkirche, und 20 kleinere Übungen a b ; die Feuerwehren der Vororte hielten je 2 Übungen ab. Die aus M itgliedern der. Feuerwehr gebildete und dem K om m ando der Altstadtfeuerwehr unterstellte ständige Feuerwehr bestand aus 2 Abteilungen zu 1 Führer und 7 M an n . I m M a t 19 j0 wurde an Stelle des seitherigen Feuerwagens ein automobiler M annschafts­ und Gerätewagen mit aufmontierter Eentrifugalpum pe in Dienst der Wache gestellt. Z u B ränden ist die Feuerwehr im Berichts­ jahre 38 m al ausgerückt. M it dem ebenfalls in den Diensten der Feuerwehr stehenden automobilen Krankenwagen wurden 600 T ra n s ­ porte ausgeführt und dabei 7999 km zurückgelegt. — F ü r HOjährige Dienstzeit erhielten int Berichtsjahre das Ehrenzeichen Schreiner­ meister Ernst Kastei von der Feuerwehr der Altstadt und P r iv a t­ m ann Philipp Karcher von der in M ühlburg . D as Ehrenzeichen 0) * — { 3 2 — für 25jährige Dienstzeit empfingen 3 M itglieder von der Feuerwehr der Altstadt, { von der in M ühlburg und 3 von der in Dax­ landen. Die Auszeichnung für 20jährige Dienstzeit erhielten s l M it­ glieder von der Feuerwehr der Altstadt, 2 von der in M ühlburg, ^ von der in Daxlanden, 2 von der in Grünwinkel und 3 von der der Maschinenbaugesellschaft.*) Die Stadtgemeinde verwendete im 3cchre \ty\0 auf die Feuer­ häuser und Feuerwehrübungsgebäude 6 7 ^ M f. 5 P f. (7373 M i. 69 Pf.), für die Feuerwehr selbst f 9 5 6 s M f. l3 P f. (s8 087 M f. 36 P f.), für die Feuerwache und zwar für den Feuerwehrdienst 52 762 M f. 95 P f. (28 {36 M f . \7 P f.), für den Rettungsdienst ^ f 29 M f. 5s p f . (12 305 M f. -p Pf.), für die Alarmeinrichtung 9 1 (6 M f. 7 P f . (9 2 (2 M k. 60 P f.). Demgegenüber steht in (Ein­ nahme ein B eitrag von der Landes-Feuerwehrunterstützungskasse für den M annschafts-K raftw agen m it (0 600 M f. und Beiträge D ritter für Mitbenützung der Feueralarm - Einrichtungen mit 2 (2 M f. 50 P f. Der Verein Frauenbildung— Frauenstudium hat eine Kinder-Lesehalle errichtet und am 7. November dem Betrieb übergeben. Der R aum wurde von der S tad t in der Volkslesehalle (M arien» Straße) zur Verfügung gestellt. Die Lesehalle ist täglich von 2 bis S 8/* U hr geöffnet. Die Aufsicht führen Dam en des Vereins. Knaben und Mädchen der hiesigen Volksschule haben unentgeltlich Z u tritt. Die nötigen M itte l zur Anschaffung der Bücher wurden von verschiedenen Seiten gestiftet. Die A usw ahl der Bücher erfolgte unter Benützung des amtlich empfohlenen Verzeichnisses der deutschen j ugendschriften-Kommissionen. A n W o h l t ä t i g k e i t s a u f f ü h r u n g e n , soweit solche nicht im Zusam m enhang m it anderen Angaben erwähnt werden, führen w ir hier a n : A m 2 s. J a n u a r führten Schülerinnen des St. Elisabethenhauses (Sophien-Straße 19) das religiöse D ram a „ M a rz ia " und das Lustspiel „Die K rönung der neuen Pensionärin vom Lande" auf. — Einen „Teeabend nach Münchener A rt" veranstaltete unter dem Protektorat der Großherzogin der Frauen» *) Ü b e r die F e i e r z u m - w j ä h r i g e i i S t i f t u n g s f e s t de r F e u e r w e h r d e s S t a d t ­ t e i l s R ü p p u r r w i r d u n t e r VII , 2 berichtet . — \ 5 3 — verein im M useum am 20. F ebruar zugunsten der Krippen und der Milchküche. Instrum entale und gesangliche Vorträge, Rezitationen, sowie eine Tanzpantom im e wurden geboten. — A m 7. M arz gab Fritz Romeo unter M itw irkung von F ra u Luise Kachel-Bender. (München), Ehrenmitglied des K arlsruher Hoftheaters, und der Kammersängerin F rau von Westhoven im M useum einen Abend. D as Reinerträgnis wurde dem Frauenverein für die Kolonien unter dem Protektorat der Großherzogin übergeben. — A m 3. J u n i fand auf Veranlassung des Frauenvereins eine musikalische U nterhal­ tung für den Kinderhilfstag statt, ausgeführt vom Konservatorium . Den ersten Teil bildeten Vorführungen der rhythmischen Gymnastik nach der Methode von E . Iaques-D elacroze, den zweiten Teil die Wiedergabe des „Dornröschen" (Chor, Soli, Deklamation und Klavier von K arl Reinecke). Die musikalische Leitung hatte Professor J u l iu s Scheidt, die Soli sangen Hildegard Fischer, Rosa Geifert, Amti Sutter, die Deklamation sprach K aro la Kratzer, am Klavier begleitete Elisabeth M oritz. Der Unterhaltung wohnte die Großherzogin an, Großherzogin Luise hatte sich vertreten lassen. — Eine W ohltätigkeitsaufführung für die Missionen fand am 16. Oktober im Katholischen Gesellenhaus statt, dargestellt wurde „Die Waise A ngela" und „E ine Kaffee-Visite". — E in W ohl­ tätigkeitskonzert zum Besten der evangelischen Stadtmission wurde am 2H. Oktober im großen S a a l der E intracht gegeben. — I m A nnahaus wurde am 6. November „D as Hirtenmädchen von Lourdes", Dichtung von D r. Weißenhofer, gespielt. Der E rlö s w ar für wohltätige Zwecke bestimmt. Für die Sam m lungen am K i n d e r h i l f s t a g am 30. M a i hatten sich ^00 Damen zur Verfügung gestellt. Der E rlö s betrug 6959 M k. 72 P f . Dazu kamen der Reinertrag des erwähnten U nterhaltungsabends am 3. J u n i m it 91^ M k. 8 P f. Einen W e i h n a c h t s - V e r k a u f veranstalteten Frauen des Vincentiusvereins am \ \ . , \2. und 13. November in den Sälen der Eintracht. Der B azar w ar a ls holländische Messe gedacht, er wurde mit einem von F ra u K la ra Siebert gedichteten und von Hofschauspielerin M a r ia Genter vorgetragenen P ro log eingeleitet. Dann folgten Konzert und Deklamationen, w orauf Büffet und Verkaufsbuden geöffnet wurden. A m 12. und 13. wurden jeweils — ^ - um 6 U hr abends lebende Bilder mit ZTiufif vorgeführt. — (Ein Weihnachtsverkauf für In n e re Mission wurde am 29. und 30. November im (Evangelischen Vereinshaus (Adler-Straße 23) abgehalten. Zugunsten eines wohltätigen Zwecks wurde das W e i h ­ n a c h t s t r a n s p a r e n t „Die Verkündigung der Geburt (Lhristi. Die Anbetung der Wirten. Die Flucht nach Ägypten", am 22., 23., 2 9 . und 30. Dezember in der Turnhalle der Viktoriaschule dem Publikum mit Weihnachtsmusik vorgeführt. Bei dem heramiafyen des W e i h n a c h t s f e s t e s erfolgten auch im Berichtsjahre wieder von verschiedenen Seiten Aufforderungen mit der B itte um Spenden für eine Weihnachtsbescherung oder um sonstige Unterstützung und zwar von der Altkatholischen Gemeinde, dem A rm enpsründnerhaus, den Barmherzigen Brüdern, dem (Evangelischen Diakonissenhaus, der (Evangelischen Uleinkinder­ bewahranstalt im Stadtteil M ühlburg , dem Evangelischen Kranken- verein, dem Flickverein und den Flickschulen des Frauenvereins, den Frauen der Vincentius-Konferenz von S t. Stephan, der Herberge zur Heimat, dem Katholischen Fürsorgeverein, dem Katholischen Gesellenverein, der Kinderpflege (Durlacher S traße 32), der Kinder­ schule der Vststadt, dem K inderrettungshaus (Hardtstiftung), der Kleinkinderschule des Herz Iesu-S tiftes im Stadtteil M uhlburg , der Krankenhauskommission, den Krippen im Luisen- und im h ild ah au s, dem Ludwig W ilhelm-Krankenheim, dem Mädchen» und Arbeiterinnenheim des Frauenvereins, dem M utterhaus für Kinderschwestern, dem pfründnerhaus, dem S t. B ernhardushaus, dem S t. F ranziskushaus, dem S t. Io sep h sh au s, den beiden St. V incentiushäusern, dem Schwestern-Erholungsheim des Frauen­ vereins, dem Sophienfrauenverein, dem Verein für badische Blinde, dem Verein für Mädchenfürsorge, dem Verein zur Rettung sittlich verwahrloster Kinder, dem W aisenhaus und dem Wöchnerinnen- äsyl. A m 8. August tra t im großen R athaussaal unter dem Vorsitz des (Oberbürgermeisters Siegrist der L a n d e s h i l f s a u s s c h u ß f ü r di e W a s s e r b e s c h ä d i g t e n zusammen, der sich im J u l i gebildet und an die Einwohnerschaft des badischen Landes mit der B itte gewandt hatte, ihm alsbald Gaben zur Unterstützung — (35 — der Bedürftigen zuzuwenden. M itgeteilt wurde, daß nach den bisherigen Erhebungen des M inisterium s der durch das Hochwasser angerichtete Schaden sich auf mehrere M illionen belaufe. Z u r Besorgung der weiteren Geschäfte des Landeshilfsausschusses wurde ein Arbeitsausschuß gebildet, dem aus K arlsruhe folgende Herren angehörten: Regierungsrat c ronberger, Geheimer o berregierungs- ra t Nebe, Geheimer O berregierungsrat Salzer, der auch zum Geschäftsführer gewählt wurde, (Oberbürgermeister Siegrist und Geheimer o berregierungsrat Wiener. I m M inisterium des In n e rn fand am 8. August eine Besprechung mit den Amtsvorständen und Landwirtschaftslehrern der vom Hochwasser am schwersten betroffenen Amtsbezirke statt. Zweck dieser Besprechung w ar ein M einungsaustausch über die an der Abschätzung des Hoch­ wasserschadens und an der bisherigen Hilfstätigkeit gemachten Erfahrungen und über weiterhin zu ergreifenden M aßnahm en . — F ü r die Wasserbeschädigten im Kinzigtal hatte der Großherzog am 29. Ju n i (000 M k. gespendet. Z u r Linderung der ersten N ot spendete der Großherzog am 2 \. Oktober für die B r a n d b e s c h ä d i g t e n in Adelsberg 300 M k. Großherzogin Luise sandte Kleidungsstücke und Wäsche. A m 2 \. A pril überwies ein nicht genannt sein wollender W ohltäter dem Oberbürgermeister 5000 M k. für das W aisen­ haus. — I n der Stadtratssitzung vom 5. August wurde mitgeteilt, daß der verstorbene M a l e r u n d P r o f e s s o r E r n s t S c h u r t h der Stadtgemeinde K arlsruhe durch letztwillige Verfügung seinen Anteil an dem Grundstück K arl-S traße 3^ hier m it der Austage vermacht habe, die Erträgnisse des Vermächtnisses — vorbehaltlich der Nutznießung seiner Schwägerin an dem Grundstücksanteil — zur Errichtung einer städtischen Gemälde- und Handzeichnungs­ sammlung im Anschluß an die städtische Archiv- und Altertümer-Sammlung zu verwenden. A us dem E rträg n is des Vermächtnisses sollen jährlich nach A usw ahl des Lehrerkollegiums der Akademie der bildenden Künste Gemälde und Handzeichnungen von in K arlsruhe lebenden Künstlern deutscher Staatsangehörigkeit ange­ kauft werden. — I n der Stadtratssitzung vom V September wurde mitgeteilt, daß die verstorbene F ra u Revisor Eugen Lueger Witwe, Elisabeth, geb. M üller, entsprechend dem Wunsche ihres verstorbenen — *36 — M an n es aus ihrem Nachlasse den B etrag von 30 000 M k. zum Andenken an ihr verstorbenes Kind der Stadtgemeinde als „Friedrich Lueger-Stiftung" mit der Auflage vermacht habe, die Grabstätten der Fam ilie auf dem neuen Friedhofe für die Dauer dessen Bestehens zu unterhalten. I n , übrigen sollen die Erträgnisse der Stiftung a ls Beiträge zur Verpflegung kranker (protestantischer) Kinder der S tad t und zu einem bestimmten Betrage dem Diakonissenhaus hier­ für ein Freibett für arm e evangelische Kinder zufallen. 2. Armenwesen. Der städtische A ufw and für die A r m e n p f l e g e betrug §5*65* M k. 33 P f., darunter Zuschuß der Stadthauptkasse § 2 0 6 5 § M k. §7 P f. (*9 0 9 : 3 9 8 0 §§ M k. 20 P f.). I n d r ­ osselten Armenpflege wurden *29 697 M k. 7 P f. (*27 305 M k. §9 P f.) v e rau sg ab t, in der geschloffenen 2 **3*0 M k. 5 P f. (200520 M k. 72 P f.) und für die Kinderpflege §5560 M k. 66 P f. (28 265 M k. 97 P f.) . Der V erw altungsausw and für das Armen- wesen betrug §5 76* M k. 55 P f. (§2 §*7 M k. 32 Pf.). I n der W o h l t ä t i g k e i t s k a s s e wurden vereinnahmt aus Geschenken und Vermächtnissen *0 790 M k. 69 Pf. (*3 §09 M k. §8 P f.), aus Beiträgen für Enthebung von Neujahrsbesuchen und Absendung von K arten *§76 M k. (*§§7 M k. 50 P f.). Die Kasse verausgabte an Geldunterstützungen 7229 M k. 5 P f. (87*8 Mk.), für Kleidung arm er K onfirm and ,: *6 9 * M k. 67 p f . (§92 Mk. 60 P f .) , für Solbäder- in der Kinderfolbadstation 3600 M k., für Säuglingsfürsorge **76 M k. 20 P f, (für die beiden letztgenannten Posten zusammen *909 69*8 M k. 20 P f.), für Frühstück an arm e Kinder 635 M k. (§53 M k. 20 P f.) und für die Schüler­ speisung *9§* M k. 39 P f. I n der von der Abteilung II des Badischen Frauenvereins (Kinderpflege) unterhaltenen K r i p p e im Luisenhaus wurden im J a h re *9*0 *9 * Kinder ( 1909: 2*5) mit **§08 (*3 7fl§) v e r ­ pflegungstagen verpflegt, in der Krippe des Hildahauses 8§ (*32) m it 7*§8 (6968) Verpflegungstagen. Von den *9 * Kindern im Luisenhaus waren 6§ vom V orjahre übernommen, *27 traten neu hinzu und zwar 63 Knaben und 6§ Mädchen. 68 von den neu \ 3 7 — eintretenden Kindern waren evangelisch, 59 katholisch. I m Hilda- haus wurden 35 übernommen, 49 traten neu hinzu und zwar 50 Knaben und (9 M ädchen. 32 von den neu eintretenden Kindern waren evangelisch, s7 katholisch. Der A ufw and für die Krippe int Luisenhaus belief sich auf (3 994 M k. (s5 679 AK. 6 P f.). A n Pflegegeldern gingen 2425 M k., an Geschenken und sonstigen E innahm en 2688 M k. ein, so daß ein Zuschuß von 888 s M k. aus der Abteilungskasse erforderlich wurde. E in Kind erforderte einen täglichen Aufwand von f M k. 25 p f . (99 pf.)- Der A uf­ wand im H ildahaus betrug 9393 M k. (877 f M k. 94 p f .) . An Pflegegeldern gingen k637 M k ., an Geschenken usw. s08s M k. ein, der Zuschuß belief sich auf 6675 M k. Der tägliche Aufwand für ein Kind stellte sich auf { M k. 52 p f . ({ M k. 26 P f.). — I n den Krippen wurden kleine Kinder bedürftiger Einw ohner der S tadt K arlsruhe im Alter von f 4 Tagen bis zu 3 J a h re n den T ag über gewartet und verpflegt, dam it die M ütter der Arbeit und dem Verdienst nachgehen können. E rfolgt die A ufnahm e durch Vermittlung des A rm enrates, so beträgt das tägliche pflege- gelü 20 P f., für Geschwister (5 P f. Nicht vom A rm enrat einge­ wiesene Kinder zahlen täglich 50 P f. Die Stadtgemeinde gewährt den Krippen außer der Stellung und Unterhaltung der Räumlich­ keiten einen jährlichen Zuschuß von 5000 M k. Die Überwachung der 366 ( * 305) H a l t e k i n d e r wurde von {6 im E hrenam t tätigen Aufsichtsdamen und zwei besoldeten Gehilfinnen ausgeübt. Der V erw altungsaufw and betrug 500 M k. I n der Abteilung IV des Frauenvereins (Armenpflege und Wohltätigkeit) hat der S o p h i e n - F r a u e n v e r e i n folgende Unter­ stützungen gew ährt: M ilch und Fleisch im B etrag von s646 M k. ( I9 0 9 : s864 Mk.), 4504 (34:56) Laib B ro t zu H 9 l M k. ( I 240 M k.), 5038 (4263) Portionen Volksküchenessen zu 96O M k. (785 M k.), 577 (699) Zentner Kohlen zu 677 M k. (9O8 M k.), 535 (44l) P fund Kakao zu 375 M k. (309 M k.), zusammen 5f 49 M k. gegen 5 U 5 im Vorjahre. I n Solbäder und zwar nach Dürrheim wurden 74 (84) Kinder, nach R appenau 9 ver­ bracht und an 2396 Pflegetagen (2450) m it einem A ufwand von 624 l Mk. (6 s 89 M k.) behandelt, zu dessen Deckung die S tad t­ gemeinde 800 M k. beitrug. I m Nymphengarten wurden in der — ^58 — Zeit vom 25. M a i bis 15. August 225 (240) k inder ausgenommen. Jedes Kind empfing täglich B ro t und hg Liter M ilch ; 121 (106) k inder erhielten Solbäder. Z m Vierordtbad wurden von J u n i bis Ende August 166 (12st) k inder und zwar 70 unter 6 Ja h re n und st6 schulpflichtige mit je 16 Solbädern und täglich einmal m it M ilch und B ro t unterstützt. Die A usgaben für die Fürsorge­ tätigkeit im N ym phengarten und im Vierordtbad beliefen sich aus 2567 M k., wovon die Stadtgemeinde 2200 M t . übernahm, die E ltern der k inder 165 M k. beitrugen und der Sophienverein 202 M k. zuschoß. Nicht inbegriffen sind die Beiträge der G roß ­ herzogin (185 M k.) für das Aussichtspersonal u. dgl. Don dem E l i s a b e t h e n v e r e i n wurden 1 9 1 0 an arme k ranke G aben in Geld, Wein, E iern, Fleisch, Suppen und k ohlen im Werte von 4 1 4 7 M k. ( I s tO s t : 5 9 9 8 M k.) ausgeteilt, außerdem 8 1 2 6 ( 6 8 8 5 ) Portionen Suppen und Fleisch im Werte von 1401 M k. ( 11 7 5 M k.) angewiesen. A n 5 4 7 ( 2 2 5 ) Wöchnerinnen wurden Speisekörbe, M ilch u. dgl. verabreicht und dafür 645 M k. ( 8 1 2 M k.) verausgabt. F ü r 8 3 ( 8 4 ) in den Solbädern Dürrheim und R appenau ausgenommene k inder leistete der Verein einen B eitrag von 2 5 0 M k. (200 M k.), für ein Freibettchen im D ia­ konissenhaus 100 M k. (120 M k.). Die Gesamteinnahmen des Vereins beliefen sich aus 12 3 0 8 M k. (1 4 2 1 8 M k.), die Ausgaben aus U 6 0 5 M k. ( U 461 M k.). Der A rm enrat der S tad t gab einen Zuschuß von 8 0 0 M k. Die drei V o l k s k ü c h e n gaben 1 9 1 0 zusammen 422 3 2 5 P o r ­ tionen ab ( 1909: 3 5 2 3 5 3 ) und zwar die k üche im Luisenhaus 2 1 6 7 4 9 ( 1 8 3 4 4 1 ) , die im h ild ah au s 1 3 9 1 5 6 ( f U 7 1 6 ) und die in der Ritterstraße 66 4 5 8 ( 5 7 1 3 6 ) . Die E innahm en der drei k üchen betrugen 101 4 4 8 M k. (84 7 9 4 M k.), die Ausgaben 9 5 7 6 5 M k. ( 8 3 1 9 2 M k.). Z n der h oc hs chul e des Frauenvereins wurden 1910 5 Tageskurse wie 1909 von je 73 Tagen abgehalten. Die Schule übernahm vom V orjahre 4 und erhielt neu 96 (86) Schülerinnen. Von diesen machten 11 einen zweiten, 4 einen dritten und 1 einen vierten K urs durch. Von den 96 neu eintretenden Schülerinnen waren 21 aus K arlsruhe, 67 aus dem übrigen Baden, 4 aus — 1,39 — der Pfalz, ( aus Thüringen, 2 aus W ürttemberg und ( aus Jerusalem . •— Für Arbeiterinnen fanden in der Kochschule Abend­ kurse statt. (9 (0 wurden 242 Kochabende ( ( 6 () für (22 (73) Mädchen abgehalten. Don den (22 Schülerinnen w aren (09 Arbeiterinnen aus hiesigen Fabriken und (3 Fürsorgemädchen. Der Aufwand für diese Kochabende berechnete sich auf 677 ITT f . ; die Schülerinnen trugen ( (8 ZTTf. bei. Z u den Abendkursen für Arbeiterinnen gibt der S ta a t einen B eitrag von 250 ZTTf., die S tadt 200 ZTTf., außerdem gibt die S tad t für die Fürsorgemädchen einen Zuschuß von 200 ZTTf. I n der F l i c ks c hu l e des Frauenvereins wurden (9 1 ° an (60 Arbeitsabenden 500 junge M ädchen unterrichtet. Die E in ­ nahmen betrugen (2 (6 ZTTf. ( ( 9 0 9 : (368 ZTTf.), die Ausgaben ( 2 ( 5 ZTTf. ((359 ZTTf.). —- I m Flickverein wurden im Lokale Erbprinzenstraße (2 ( ( 0 und in dem der Bahnhofstraße 40 Frauen ausgenommen und Flickabende m it ihnen abgehalten. Die E in ­ nahmen des Flickvereins betrugen (058 ZTTf. ((5 2 6 ZTTf.), die Ausgaben 753 ZTTf. ((0 5 ( ZTTf.). 3. Krankenwesen. I m städtischen K r a n k e n h a u s , das 652 Krankenbetten enthält, wurden (9 (0 5202 Kranke von zusammen (46 740 Tagen verpflegt ( (9 0 9 : 500( Kranke). Durchschnittlich waren täglich 402 Kranke im Pause. I n den einzelnen M onaten bewegte sich der Krankenstand zwischen folgenden Z ahlen: J a n u a r . CO1<Mto Kranke J u l i . . 565— 4 (9 Kranke F e b ru a r . 436— 49 ( H August . 327— 370 „ M ärz . 365— 456 U September 504— 342 A pril 358— 452 n (Oktober. 324— 407 „ ZTTai . . 409— 442 H ZTovember OT *N l 0 1 O J u n i . . 405— 435 // Dezember 383— 430 „ . Der Krankenstand w ar am höchsten am (8 . Februar mit 49 ( Personen. Die laufenden E innahm en des Krankenhauses betrugen 769442 ZTTf. (7(6 460 ZTTf.), die Ausgaben 7 8 0 5 (7 ZTTf. - MO — (755 fl85 M l ) . Der Zuschuß der Stadtkasse zu den Betriebskosten betrug 97 028 Blk. (fl7 590 M l ) , das sind für jeden Kranken­ verpflegungstag 66 P f. I m ganzen hatte die Stadtkaffe für das Krankenhaus einschließlich des A ufw ands für Verzinsung und T ilgung der Anlagekosten 1910 einen Zuschuß von 3 f 9 986 Blk. oder 2 Blk. 25 P f. für den verpflegungstag zu leisten. Von den hauptsächlichsten A usgaben betrugen: {. Blietzins an die Stabt* kaffe 222 958 Blk., 2. B auunterhaltung, Heizung und Beleuchtung, Reinigung und Wasserverbrauch U l 673 B lk ., 3. Gehalte und Löhne l69 187 Blk., fl. Hauseinrichtungsgegenstände, Instrum ente, A pparate usw. flO 661 B lk ., 5. Arzneien und Verbandsstoffe 56 fl38 Blk., 6. Speisungskosten 185 293 Blk. D as E r h o l u n g s h e i m der S tad t K arlsruhe wurde am 15. M ärz 19fO eröffnet und am 50. November 1910 für den W inter geschloffen. 205 personen ( 1909: 203) haben um A uf­ nahme nachgesucht. Aufnahm e fanden 186 Personen (188), die in fl2 fl9 Tagen (fl 123) verpflegt wurden. Die laufenden Einnahm en betrugen 12 211 Blk. 98 P f. (11 6fl3 Blk. 67 P f.), die Ausgaben 12 895 B lk. 51 P f. (10 970 Blk. 58 P f.). F ü r dis städtische D e s i n f e k t i o n s a n s t a l t lagen 807 Auf­ träge vor ( 1909: 792), die durch die beigesetzten Krankheiten ver­ ursacht und, wie folgt, erledigt w urden: A r t d e r v o r g e n o m m e n e n D e s in fe k t io n e n ,c- JS-£*. A •V- s jEr^Ü. Z n y ^ * vO3 sca 42 Ö T*0 *6* w 3vCTO* b) 3 ^ 2 0 HÜD3 S-» | n £ S c h e u e r- n . f fo rm a l in d e s in fe k t io n 25 _ 105 27 10 42 209 w a s s e rd a m p fd e s in fe k t io n . . . 5 — 27 6 1 359 398 S c h e u e r- , w a f f e r d a m p f - u n d f fo r m a l in d e s in fe k t io n . . 2 t \ W U H 13 200 807 — H l — F ür das K rankenhaus selbst wurden außer den in den A pparaten desinfizierten Betten und Kleidungsstücken 91 Z im m er und Säle mit 13 730 cbm I n h a l t desinfiziert. Die A usgaben der Anstalt betrugen H333 M f. (H9 H8 A lf.). Dabei sind aber die Ausgaben für Verzinsung und T ilgung der Anlagekosten, für die V erw altung, die Heizung, Beleuchtung und Wasser nicht berück­ sichtigt. A n Gebühren gingen 583 \ M f. ein (5999 Alk.), von denen die S tad t f562 Aff. 50 P f. (1219 Alk.) für ärmere Leute übernahm. I m L u d w i g W i l h e l m - A r a n k e n h e i m wurden 191° in der Abteilung für Augenkranke 509 Personen (1909: 553) und zwar 229 männliche und 280 weibliche m it 1 0 6 7 { (12 51H) Ver- pfiegungstagen verpflegt. A ls k reisaugenanstalt wurde das b)eim von 125 (f35) armen Augenkranken aus dem k reise K arlsruhe und von 28 (2H) aus dem Kreise Baden aufgesucht. I n der Frauenklinik des h eims wurden 625 (6 2 p Personen mit \2 573 (12 257) Verpflegungstagen behandelt. I m Wöchnerinnenasyl wurden 673 (71 1) F rauen ausgenommen, in der P rivatabteilung (Klasse I und II a) wurden außerdem 9fi (82) Frauen verpflegt, von der Abteilung II b machten 192 (IHO) Frauen Gebrauch. Die Anzahl der Verpflegungstage für Asylwöchnerinnen betrug 6^79 (6911), die der Kinder 6 2 17 (6100). Die Verpflegungstage in der privatabteilung (Klasse I und II a) beliefen sich auf IHH6 (1278), die der Kinder auf 1161 (1116). I n der S tation für rhachitische Kinder wurden 19 (21) ausgenommen. Der Verein zur E rhaltung des W ö c h n e r i n n e n a s y l s zählte 1910 636 M itglieder (1909: HHO). Die Beiträge der M itglieder beliefen sich auf 3H18 Alk. (2836 Alk.), die einmaligen G aben auf 7285 Alk. (9095 M k.). Unter den Spenden befinden sich 100 Alk. von der Großherzogin, 1000 Alk. von der Prinzessin W ilhelm nebst einer besonderen Weihnachtsspende von 50 Alk., 1200 M k. aus der Großherzog F ried rich jub iläum sstiftung , ein Beitrag der S tadt von 1000 Alk. E innahm en und A usgaben im ganzen balanzieren m it Hl 383 M k. 3H p f . (37 009 M k. 55 Pf.). Der Vermögensstand wies am 31. Dezember 1910 HO 211 Alk. 70 P f. auf (39 831 M k. 12 P f. Ende 1909). — \<k.2 — I n der E v a n g e l i s c h e n D i a k o n i s s e i: a n st a l t wurden im Berichtsjahre 2 (5 0 Kranke ((flOfl: \ 956) und zwar ( (60 männliche und 990 weibliche in 52 0 (7 (47 8 (2 ) verpflegungs­ tagen behandelt. I m alten 5 t. v i n c e n t i u s h a u s wurden ^9 \0 (232 Personen (l9 °9 * 1273) in H9 232 (23 248) verpflegungstagen behandelt, im neuen (849 Personen (2035) in 52 6 (3 (55 344) verpflegungs­ tagen. I m I s r a e l i t i s c h e n ( Ho s p i t a l wurden l 9 l 0 (8 Personen ( ( 9 0 9 : (4) in 262 (1(88) Verpflegungstagen behandelt. I m G a r n i s o n s l a z a r e t t betrug (9 1 ° die Z ah l der ver­ pflegten Kranken (71(3 ( ( 9 0 9 : ( 695) mit 43794 (46 976) v e r­ pflegungstagen. Die durchschnittliche Z ah l der M itglieder der der städtischen Arbeiterversicherungs - Konimission unterstellten K r a n k e n k a s s e n (5 Mrtskrankenkassen, 2 Innungskrankenkassen und 9 Betriebs- (Fabrik-(Krankenkassen — von den letzteren löste sich eine am (. J u l i auf) betrug im Berichtsjahre 32 538 ( ( 9 0 9 : 3(94*6). Die E innahm en beliefen sich auf 2 082 009 ZTlk. (( 676 202 ZTtf.), die A usgaben auf ( 978 253 ZTtf. ( ( 60( 409 ZTkf.). — Die durchschnittliche Z a h l der ZTkitglieder der dem Großherzoglichen Bezirksam t unterstellten Krankenkassen betrug 52 (7 . Die E in ­ nahmen beliefen sich auf 204 738 ZTif., die Zlusgaben auf (97 660 ZTtf. Die Generalversam m lung der A l l g e m e i n e n M r t s k r a n k e n - ka s s e K a r l s r u h e fand am 2 ( . November statt. Der Vorsitzende Stadtverordnete ZVilhelm (Hof, machte zunächst geschäftliche Zeit­ teilungen, dann berichtete er über die Finanzlage der Krankenkasse und über den S tand der E inführung der Zvochenbettunterstützung an die Ehefrauen der ZTkitglieder. Ferner wurde bekannt gegeben, daß der hiesige Zilrzteverein den Vertrag mit der Allgemeinen G rts - krankenkaffe auf (. J a n u a r ( 9 ( ( gekündigt und neue Verträge, die eine E rhöhung des Arztehonorars vorsehen, wünsche. Der A ntrag , daß auch den in ausw ärtigen Krankenhäusern oder (heil­ — 143 — statten untergebrachten Kranken der satzungsgemäße B eitrag gewährt werde, wurde einstimmig angenommen. Der F e u e r b e s t a t t u n g s v e r e i n zählte am Ende des Be­ richtsjahres M itglieder. ^ 3 Einäscherungen fanden statt. Von den Eingeäscherten waren \ H3 evangelisch, sy katholisch, ^ altkatholisch, 3 israelitisch und H freireligiös. 73 der E inge­ äscherten waren von hier. VII. Versammlungen, Feierlichkeiten und Festlich­ keiten, Ausstellungen und Sehenswürdigkeiten. 1. Versammlungen. tf'm 3 V J a n u a r hielt der neue Leiter der H e i l s a r m e e in Deutschland, K om m andeur W . 3 - M a c A lonan, eine Ver­ sam m lung mit einem V ortrag. A m 3. Februar tagte hier der erweiterte V erw altungsrat der Großherzoglich badischen G e b ä u d e v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t , um den Voranschlag der 3ahresbedürfnisse der Anstalt für das J a h r l 9 l O zu beraten. Der Gebäudebrandschaden im F ^h re fgog im ganzen Großherzogtum betrug % ^9s 88^ M f. 9^ P f., so daß die E rhebung einer Umlage von s3 P f. auf fOOO M f. Versicherungs­ anschlag erforderlich wurde. A m 6. F ebruar versammelten sich auf E inladung des M in i­ steriums des Iu n e rn Vertreter des Genossenschaftsverbandes b a d i s c h e r l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r V e r e i n i g u n g e n u n d des b a d i s c h e n B a u e r n v e r e i n s . E s galt eine E inigung der beiden Vereinigungen herbeizuführen. E ine Verständigung wurde auf beiden Leiten gewünscht und zunächst eine Kommission von 6 personen m it den weiteren Verhandlungen beauftragt. 3 « der am fg. F eb ruar abgehaltenen j ahresversammlung der badischen Bezirksvereine gegen den M i ß b r a u c h ge i s t i g e r G e t r ä n k e hielt der praktische Arzt D r. Steiner von hier einen V ortrag über die „Bekäm pfung des Alkoholmißbrauchs durch die Schule". Verwaltungsdirektor Sigm und von hier sprach über die „organisierte Trinkerfürsorge". m edizinalrat D r. T hom a aus i llenau gab Aufschluß über die Alkoholentziehungskuren in der — H5 — Trinkerheilstätte Renchen. (Eine Diskussion fand statt. I n einer öffentlichen Versammlung am Abend hielt der Generalsekretär Gonser aus Berlin einen V ortrag über „Bierboykott, Bierkriege und Volkswohlfahrt". A m 20. F ebruar wurde der G au tu rn tag des Karlsruher- T u r n g a u e s hier abgehalten. Der G au zählt 3^ Vereine m it 55^9 steuerpflichtigen M itgliedern gegen 5 5 s2 im V orjahre, h ie r­ unter befinden sich ^82^ (Erwachsene und 725 Zöglinge. D as Frauen- und Mädchenturnen wurde in 5 Vereinen neu eingeführt. Die Z a h l der Turnerinnen betrug 6Hs gegen 4f85 im V orjahre. Die (Einnahmen beliefen sich auf 283 { M k. 9 P f., die A usgaben auf 2760 M k. 76 P f. I n einer Versam m lung der G a s t w i r t e au s K arlsruhe und Umgebung sprach am 23. F ebruar der Direktor der Bundessterbe- kasse, D r. Koch aus Darmstadt, über die Bestrebungen und (Erfolge der Gastwirtevereine und Verbände, wirtschaftlichen (Einrichtungen des Bundes deutscher Gastw irte, sowie über die Bundessterbekasse und die Haftpflicht der Gastwirte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. I n der am 27. F ebruar abgehaltenen Bezirksgeneralversamm- lung der M a u r e r stand „Die Lohnbewegung und die K riegs­ erklärung des U nternehm ertum s" auf der Tagesordnung. Außerdem erstattete Bezirksleiter P h ilipp den Geschäftsbericht. A m H.8. M ärz fand eine Versam m lung badischer W a s s e r - k r a s t b e s i t z e r hier statt, in der in einer Resolution das M in i­ sterium des In n e rn ersucht w urde, den (Entwurf eines neuen badischen Wassergesetzes vor Vorlage an den Landtag den H andels­ kammern und dem Verband südwestdeutscher Industrieller zugänglich zu machen. A m 2 s. M ärz hielt der Vorstand der gewerblichen Vereinigung des B a u h a n d w e r k s eine öffentliche Handwerkerversammlung ab. M alermeister K arl Lacroix sprach über „Regiearbeiten in S taa t und S tad t" . (Eine Resolution erblickte in den „im m er mehr um sich greifenden Regiearbeiten eine Schädigung des Handwerks". Der Sekretär des Gipserverbandes, Fritz aus Hannover, sprach über das Submissionswesen. (Eine Diskussion fand statt. A m 28. M ärz wurde vom Landesverband der badischen G r u n d - u n d H a u s b e s i t z e r eine Versam m lung abgehalten. io — 146 — Verbandsvorsitzender Hofm ann von M annheim eröffnete lind hob hervor, daß die Versammlung, zu der s8 Vereine mit HO 000 organisierten G rund- und Hausbesitzern ihre Vertreter entsandt hätten, um gegen die vorgeschlagene Änderung der Gemeinde- und Städteordnung und die Wertzuwachssteuer zu protestieren. Bericht­ erstatter w ar Rechnungsrat W ilhelm Merkle von hier. Die Ver­ sam m lung verlangte in der Gemeindebesteuerung eine wesentliche E rhöhung der Am lagen vom Kapitalvermögen, etwa bis zu 20 P f . von f 00 M f., und bei dem Liegenschaftsvermögen weitgehenden prozentualen Schuldenabzug, tunlichst bis zu zwei Drittel der Schulden, des weiteren die E inführung einer Wertzuwachssteuer fü r den S taa t im Hinblick auf die bevorstehende Reichswertzuwachssteuer nicht zu beschließen. A m 27. A pril beschloß eine hier abgehaltene Konferenz der S t a d t v e r o r d n e t e n - V o r s t ä n d e der Städte der Städteordnung eine E ingabe an die Zweite K am m er behufs Änderungen an dem vorliegenden E n tw u rf zur Gemeinde- und Städteordnung und zwar sollten in Zukunft die städtischen Kommissionen in gemeinsamer B eratung des S tad trates und des Stadtverordnetenvorstandes ernannt werden, es solle auch der Stadtverordnetenvorstand beantragen können, daß seine M itglieder Gemeindeangelegenheiten unter B e­ rechnung der entsprechenden Gebühren außerhalb der Gemeinde besorgen, es solle dem Vorstand Einsicht in die sämtlichen auf V orlagen bezüglichen Akten gewährt werden, die gemischten Kom ­ missionen sollten zwei Drittel Stadtverordnete zählen und endlich solle der S tad tra t verpflichtet sein, über Vorschläge, die die S tad t­ verordneten gemäß ihren neuen Befugnissen von sich aus machen, eine Beschlußfassung des Bürgerausschusses herbeizuführen. An der Konferenz nahm en je 5 Vertreter aus K arlsruhe und Pforz­ heim teil, au s Bruchsal <{, aus M annheim und Baden je 3, aus Heidelberg, Mffenburg und Lahr je 2, aus Freiburg und Konstanz je Z n der 8. ordentlichen Plenarversam m lung des Direktoriums des Verbandes S ü d w e s t d e u t s c h e r Z n d u s t r i e l l e r a m 2 8 . A pril berichtete der erste Vorsitzende über die F rage der Erhebung von Schiffahrtsabgaben. E s folgte eine B eratung über die südwest­ deutschen W asserwirtschaftsfragen. I m Anschluß an die Ver­ sam m lung fand eine Sitzung des südwestdeutschen Komitees für — H7 — die in te rn a tio n a le In d u s tr ie - und G ew erb eau sste llu n g in T u r in l statt. Der Reichsverband a l t k a t h o l i s c h e r J u n g nt a n n s c h ä f t e n hielt hier am \5. und f6. M a i seine 3. H auptversam m lung ab. Der altkatholische Bischof Sem m el wohnte derselben an und beteiligte sich an den Beratungen. A . W ag aus (Dxsord berichtet über „Die katholische Wiederbelebung in der anglikanischen Kirche", Z irngiebl-M ünchen behandelte die Jugendfürsorge, D r. Steinwachs- A ugsburg die Bedeutung der Presse. Die Frankfurter I u n g - mannfchaft wurde mit Schaffung eines V erbandsorgans beauftragt. A ls Sitz der Verbandsleitung wurde für die D auer von 2 J a h re n die Iungrnannfchaft F rankfurt a. M . gewählt. Die Jahresversam m lung der k i r c h l i c h - l i b e r a l e n V e r ­ e i n i g u n g i n B a d e n wurde hier am f7. M a t abgehalten. Am Nachmittag fand eine Sitzung des Landesvorstandes und der Ver­ trauensm änner statt, am Abend eine öffentliche Versammlung. I n dieser hielt Gberrealschuldirektor Friedrich W ittm ann aus Heidelberg einen V ortrag über „Die kirchenpolitische Lage in B aden". G r sprach sich gegen die A rt aus, wie die Neubesetzung der P rä la tu r und die Berufung theologischer Professoren an die Universität Heidelberg zustande gekommen sei, ebenso gegen. den am \2. A pril ergangenen Synodalbescheid des Gberkirchenrates. G r w ar der M einung, daß „D as Vertrauen der Liberalen zur Kirchenbehörde erschüttert" sei. I n der Diskussion traten sämtliche Redner der Auffassung des Direktors W ittm ann bcit Die Generalversam m lung des Verbandes der l a n d w i r t ­ s c h a f t l i c h e n K r e d i t g e n o s s e n s c h a f t e n wurde hier am s8. M a i unter dem Vorsitz des Mkonomierates Schmid von Freiburg abge­ halten. M inisterialrat Gustav A rnold begrüßte die Versammlung im A uftrag des M inisters des In n e rn . Der Verband zählt - ^ 9 vereine m it 022 M itgliedern. Die Gesamteinnahmen der Vereine betrugen ^9 709 985 M k., die Ausgaben ^8 \25 72 \ M k., der Gesamtumsatz 9? 895 259 Ulk., der Gesamtgewinn 520 339 M k. Dem Rechenschaftsbericht folgte eine Besprechung innerer V erbands­ angelegenheiten, die N euw ahl des Vorstands und die Verteilung von Ghrendiplomen für 25jährige Mitgliedschaft. A m 2 0 . und 2 {. M a i h ielt der B a d i s c h e p h i l o l o g e n - \o * — H 8 — v e r e i n hier seine 25. Jahresversam m lung ab. Die Beratungen wurden von Friedrich Keim, Direktor der Höheren Mädchenschule, geleitet. Geheimer R a t D r. von Sallw ürk begrüßte die Versamm­ lung im N am en des Unterrichtsministers und des Oberschulrates. E r wies auf die E hrung hin, die dem Vorsitzenden durch die E rnennung zum Geheimen H ofrat geworden, wodurch auch eine E hrung des Vereins selbst zu erblicken sei. Seitens der S tad t K arlsruhe überbrachte Oberbürgermeister Siegrist G ru ß und Glück­ wünsche. A ls Vertreter der Hochschulen sprach der derzeitige Dekan der philosophischen Fakultät in Heidelberg, Dr. Boll. Nach den Ansprachen hielt Direktor D r. Jak o b Sitzler von Freiburg einen V ortrag über das T h em a: „Der wiedergefundene M enander" und Professor D r. K a rl O tt von hier über: „Die neuzeitliche Entwicklung der deutschen Sprache und der deutsche Unterricht in Vberklassen". I n der geschlossenen N achm ittagsversam m lung wurden verschiedene innere Angelegenheiten des Vereins behandelt und, Heidelberg a ls nächstjähriger Versam m lungsort bestimmt. Am Vorabend der V ersam m lung w ar von M itgliedern des Vereins (Damen und Herren) eine antike Komödie von M enander aufge­ führt worden. , A m 22. und 23. M a i fand hier die 20. Hauptversammlung des D e u t s c h e n V e r b a n d e s k a u f m ä n n i s c h e r V e r e i n e statt. Den Verhandlungen wohnten u. a. Vertreter des Reichsamts des In n e rn , des preußischen Handelsministeriums, des badischen M inisterium s des In n e rn an, außerdem Bürgermeister D r. Klein­ schmidt a ls Vertreter der S tadt, Geheimer Kommerzienrat Robert Kölle für die Handelskammer und S tad tra t Leopold Kölsch für den Hansabund. Dr. R uppel-H am burg sprach über die heutigen Forderungen einer Interessenvertretung des Handlungsgehilfen­ standes, V oigt-Berlin über Stellenvermittlung, B aum -Frankfurt a. M . über das Lehrlingswesen, Fischer-Offenbach a. M . über die staatliche Pensionsversicherung der Privatbeam ten, Backasch- Zwickau über die Bestrebungen des Hansabundes, Hans Hofm ann- M agdeburg über die Stellung der freien Hilfskassen nach der neuen Reichsversicherungsordnung. F ü r die nächstjährige Hauptversam m ­ lung wurde W iesbaden gewählt. A m 22. M a i wurde hier der V erbandstag badischer — H 9 — F l e i s c h b e s c h a u e r - V e r e i n e abgehalten. Den Vorsitz führte Gemeinderat und Fleischbeschauer Fischerkeller von Hüfingen. A ls Vertreter der Regierung w ar Veterinärassessor D r. H erm ann M änner, a ls Vertreter der S tad t Schlachthofdirektor Friedrich Bayersdoerfer anwesend. ^5 Bezirksvereine hatten Vertreter entsandt. Der Ver­ band zählt 5l, Bezirksvereine m it rund J[300 M itgliedern. Nach dem Rechenschaftsbericht hielt Bürgermeister und Fleischbeschauer Schwarz aus Hausen a. d. A . einen V ortrag über „Hausschlach­ tungen", Ratschreiber und Fleischbeschauer Allweier aus Frickingen über „Fleischbeschau im allgemeinen". Der Anschluß an den Reichsverband wurde abgelehnt. F ü r die nächstjährige V ersam m ­ lung wurde wieder K arlsruhe gewählt. Am 26. M a i wurde hier die Generalversam m lung des E v a n g e l i s c h e n K i r c h e n g e s a n g v e r e i n s für B aden abge­ halten. Den: Verein gehören etwa \?o Einzelgesangvereine an. S tadtpfarrer K arl Hesselbacher von hier erstattete den Geschäfts­ bericht und widmete den im letzten J a h re verstorbenen M itgliedern einen Nachruf. Verschiedene Fragen wie die Anschaffung eines Volkslieder- und Choralbuches riefen eine lebhafte Diskussion hervor. Bei der N euw ahl des Vorstandes wurde S tadtpfarrer Heffelbacher zum Vorsitzenden gewählt. A m 29 . M a i fand hier die Landesversammlung des B u n d e s de r L a n d w i r t e im Großherzogtum B aden unter dem Vorsitze des Freiherrn Böcklin von Böcklinsau statt. Der Vorsitzende sprach über die Aiele des Bundes und fein V erhältnis zu den politischen Parteien , Landtagsabgeordneter Rechtsanwalt Schmidt von Breiten über die Verhandlungen des badischen Landtags, Reichstagsabgeordneter Dr. Dietrich Hahn über die W irtschafts­ politik des Bundes. A m 6 . und 7. J u n i wurde hier die 7. T u b e r k u l o s e - Ä r z t e - V e r s a in m l u n g abgehalten. Der Eröffnung wohnten der Großherzog und die Großherzogin a n , Großherzogin Luise ließ sich vertreten. Die Versammlung wurde geleitet von Professor Dr. Hugo Starck von hier und Professor Dr. M einer aus B erlin . B egrüßt wurde die Versammlung von O berm edizinalrat D r. W ilhelm Hauser nam ens des M inisterium s des In n e rn , von O b er­ bürgermeister Siegrist nam ens der S tadt, von Generalsekretär G e­ — (50 — heim rat M üller nam ens der badischen Frauenvereine, Geheimrat A nton Rasina nam ens der Landesversicherungsanstalt Baden und von Dr. K arl G utm ann im N am en der K arlsruhe Ärzte. Professor Dr. Starcf sprach über „Verbreitung und Bekämpfung der Tuberkulose im Großherzogtum B aden", Professor Dr. Feer- Heidelberg über „Die Bedeutung der v. pirquetschen Reaktion im K indesalter", Dr. Roepke-Melsungen über „Die ambulante Nach­ behandlung mit Tuberkulin nach der Heilstätten - Behandlung". Über „Beschäftigung und Atemübung in Lungenheilstätten" berich­ teten Dr. K oppert-Berka a. I l m , Dr. Iunker-T o ttbus und Dr. Liebe-Waldhof-(Elgershausen. A m Abend des 6. fand ein Stadt- gartenfest statt. — A m 2. T a g (7. J u n i) sprach S an itä tsra t Dr. G ebser-Larolagrün i. V. über „(Ehe und Tuberkulose", Professor Dr. Starcf über „Tuberkulose und Schwangerschaft" und Dr. R um pf - (Ebersteinburg über „Die physikalische Untersuchung bei (Einleitung und Beendigung des Heilverfahrens". M ährend der Sitzung wurde ein Dankestelegramm der Großherzogin Luise auf die Begrüßungsdepesche verlesen. A m Nachm ittag fuhren die Teilnehmer der Versam m lung nach Baden zur Besichtigung der dortigen Kureinrichtungen und zu dem Sanatorium (Ebersteinburg. A m M ittw och, 8. J u n i w ar Gelegenheit geboten zum Besuch der badischen Lungenheilstätten, wie auch während der Sitzungstage ein Damenkomitee den die Teilnehmer der Versammlung begleitenden fremden Damen die W ohltätigkeitsanstalten des Badischen F rauen­ vereins in K arlsruhe und die Sehenswürdigkeiten der S tadt zeigte. (Eine V e rsa m m lu n g der b a d i s c h e n Z a h n ä r z t e , die a m ( 8 . J u n i h ier ab g eh a lten w u rd e , n a h m S te llu n g zu den Beschlüssen der K eichstagskom m ission zur R eichsversicherungso rdnung . I n s ­ besondere w u rd e gegen die v o n der K om m ission beschlossene R eso­ lu tio n p ro te s tie rt, die a u f Ä n d e ru n g der G ew erb eo rd n u n g und S ch a ffu n g eines d ip lo m ie rten Z ahn techn ikerstandes h in au s lau fe . D e r V e rb an d der süddeutschen k a t h o l i s c h e n M ä d c h e n - v e r e i n e hielt a m (8 . J u n i eine außerorden tliche D elegierten­ v e rsa m m lu n g hier a b . P f a r r e r K n a u e r - w ö r th a . M . sprach über d a s T h e m a : „ W a r u m g ründen w ir katholische Iu g e n d v e re in e fü r die im (E rw erbsleben stehenden M ä d c h e n ? " F ü rs tin G ttin g e n - S p ie lb e rg behandelte d a s T h e m a : „W elches ist die praktische A rb e it — \5 \ — der Jugendfreundinnen in der katholischen Jugendbewegung?" Nach reger Diskussion wurde eine Resolution beschlossen, wonach der Verbandstag es als eine „dringliche Aufgabe der katholischen Frauen erachte, die erwerbstätigen Mädchen zu sammeln und deren Erziehung und Bildung im jugendvereine zu betätigen". Außer­ dem erwarte der Verbandstag den Anschluß sämtlicher in Süd­ deutschland bestehenden Iugendvereine an den Verband katholischer jugendvereine Süddeutschlands. Eine Versammlung der K i n e m a t o g r a p h e n u n t erneh m e r Ba d e n s am 29 . Jun i erklärte, daß der Erlaß des Ministeriums über die Kinematographen die Interessen der Unternehmer enorm schädige und nicht durchführbar sei. M it der Tendenz des Erlasses „Sittlicher Schutz der Jugend" waren die Anwesenden einverstanden. Es wurde ein Landesverein der Kinematographenbesitzer Badens gegründet. Vorsitzender ist G . Kasper-Karlsruhe. Der Landesverband n a t i 0 n a l g e s i n n t e r Krankenkassen- be amten i m G r o ß Herzog t um Bad e n hielt am \ 7. J u li seine Jahresversammlung hier ab. Der Vorsitzende, Kempf- Mannheim, gab einen umfassenden Bericht über die Tätigkeit des Verbandes im abgelaufenen Geschäftsjahre, insbesondere über die Petitionen an die gesetzgebenden Körperschaften wegen der Beamten­ bestimmungen in der Reichsversicherungsordnung. Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten wurde wegen des bevorstehenden Ehejubiläums des Großherzogspaares ein Telegramm an den Großherzog abgesandt, auf das der Großherzog telegraphisch dankte. Am Nachmittag wurde unter Führung des Geheimen Rates Anton Rasina eine Besichtigung des Geschäftsbetriebes der Landesversiche­ rungsanstalt Baden vorgenommen. Der Verein der K i n e ma t o g r a p h e n b e s i t z e r B a d e n s hielt am 25. J u li Generalversammlung ab. E r zählt 2 \ M it ­ glieder, von denen \ \ anwesend waren. Nachdem der Vorsitzende, D . Kasper von hier, über die Tätigkeit des jungen Vereins berichtet hatte, sprach Rechtsanwalt Dr. Kullmann über den mini­ steriellen Erlaß und die daraufhin erfolgten Auflagen einzelner Bezirksämter. E r wandte sich gegen mehrere Bestimmungen des Erlasses. Gegen verschiedene Auflagen der Bezirksämter wurde — \ 5 2 — Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof erhoben. A m Schluß wurden geschäftliche Angelegenheiten erledigt. Der Verband der F a b r i k a r b e i t e r D e u t s c h l a n d s , G a u 9 , hielt am 2 V August feine Gaukonferenz hier ab. 3^ Vertreter au s Württemberg, Baden, der Pfa lz und Elsaß-Lothringen waren anwesend. Gauleiter W örner berichtete, daß die Gaukasse 5832 Z T tf. 67 P f . E innahm en und 5591 M k. \ 0 p f . A usgaben hatte. Lohn­ bewegungen wurden 62 geführt, 5H ohne und 8 mit Streik. Uber die Verbandstage u. a. berichtete Z iegler-S traßburg . Der Verband zählt \ 60 000 männliche Mitglieder und ^6 000 weibliche. Die nächste Gaukonferenz soll in Eßlingen abgehalten werden. A m 9 . September wurde hier die \. Generalversammlung des B a d i s c h e n F ü r s o r g e v e r e i n s f ü r b i l d u n g s f ä h i g e K r ü p p e l abgehalten. Den Vorsitz führte Geheimer Mberregie- ru n g s ra t D r . Becker a u s M an n h e im . A ls Vertreter der Regierung wohnte Minister Freiherr von B o d m a n der Versammlung an. Nach verschiedenen geschäftlichen Mitteilungen berichtete der V or­ sitzende, daß das Krüppelheim in Heidelberg vollständig besetzt sei. E s liege dringendes Bedürfnis für den B a u eines neuen Krüppel­ heims vor. Der S taa t , die Kreise und die Landesversicherung B ad en geben einen jährlichen Zuschuß zur Deckung der Ver­ waltungskosten. F ü r den N eubau haben zwei Spender \0 000 und 5000 M k . gestiftet. Anschließend an die Versammlung er­ folgte eine Besichtigung des Heidelberger Krüppelheims unter F ü h ru n g von Professor Dr. Vulpius und der G berin der Anstalt, Gräf in Heimstatt. A m 9 ., \ 0 . und \ \ . September wurde der Verbandstag des A l l d e u t s c h e n V e r b a n d e s hier abgehalten. Z u r Vorbereitung der Versam mlung hatte sich ein Ehrenausschuß von verschiedenen hiesigen Herren gebildet. A m 9 . hielt der Ausschuß eine Sitzung. A m Vorm ittag des [0 . w a r Vorstandssitzung, am Abend fand die B egrüßung statt. N am e n s der S tad t sprach Bürgermeister D r . Kleinschmidt, G rüße überbrachten Vertreter reichsdeutscher und ausw ärt ige r deutscher Vereine. Die Festrede hielt Superintendent K lingem ann a u s Essen. A m Sonntag V orm it tag wurden Kränze am G ra b e Großherzog Friedrichs I., am Kaiser- und am Bismarck- Denkmal niedergelegt. Dann folgte die Hauptversammlung. Die Eröffnungsansprache hielt Rechtsanwalt L la ß aus M ainz, P ro ­ fessor D r. Samassa-Halensee berichtete über deutsche Forderungen in der Polenpolitik. Eine Resolution bedauerte den Rückgang der Ansiedlungstätigkeit in der (Dstmark. General Keim sprach hierauf über den Ausbau der deutschen Flotte, Abgeordneter Liebermann von Sonnenberg über die Rede des Kaisers in Königsberg, j n einem 5 atze des Redners erblickten die Journalisten eine Beleidigung ihres Standes und drohten, die Berichterstattung niederzulegen. E in ähnlicher Zwischenfall trat während einer Rede des Grafen Reventlow ein. Durch befriedigende Erklärung des Borsitzenden wurde in beiden Fällen die Sache beigelegt. Superintendent Klinge­ mann berichtete über die elsaß-lothringische Verfassungsfrage. Eine Resolution sprach sich scharf gegen die Errichtung eines neuen Kleinstaates aus. Aber die Frage der deutsch-englischen Rüstungs­ verständigung berichtet Gras Ernst zu Reventlow. A m M ontag den \ 2 . September wurde eine Fahrt nach dem Schlachtfelde von Meißenburg unternommen, wo ein M itkäm pfer bei Meißenburg, Generalleutnant von Mrochem, eine Ansprache hielt. Am 20. September fand hier der K r e i s i m k e r t a g der B i e n e n z u c h t v e r e i n e des Kreises Karlsruhe statt. Die erste Besprechung betraf Vereinsangelegenheiten, sie wurde vom f. V o r­ sitzenden des Badischen Landesvereins, P farrer Gräbener in Teutsch- neureut, geleitet. Der zweite Teil bestand in einer Besprechung über bienenwirtschaftliche Fragen. Z u r Einleitung derselben hielt P farrer Gräbener einen Vortrag über: „M iß ja h re in der Bienen­ zucht, ihre Forderungen und ihre Folgerungen." Am 26. September fand eine Versammlung zur B e k ä m p f u n g der Schnaken p l a g e statt. Sie war von Freiherrn Böcklin von Böcklinsau einberufen. Die badische und die elsässische Regierung war vertreten, ebenso die Stadt Karlsruhe und andere badische Städte. E in Antrag an die Regierung verlangte Einrichtung eines wissenschaftlichen Institutes zur Bekämpfung der Plage, budgetmäßige M itte l und Einvernehmen m it dem Reichsgesundheits­ amt in der Frage. Der Deutsche V ege t a r i e r b u n d tagte am Oktober hier. Nach der Begrüßung durch den \ . Vorsitzenden, D r. med. — \Ö% — Selß-Karlsruhe, hielt Pastor Schlepper aus Lemgo einen Vortrag über „Vegetarismus, eine neue Weltanschauung". Nach ihm berichtete D r. med. Riedlin-Freiburg über seine diätetischen E r ­ fahrungen aus der ärztlichen Praxis. A n : 2 . Oktober fanden Beratungen statt, in denen nur Bundesmitglieder Z u tr itt hatten. E s wurde beschlossen, zur Verstärkung der Propaganda einen Werberedner anzustellen. Aus dem Rechenschaftsbericht ging hervor, daß der Bund aus 2000 M itgliedern besteht und ein Ver­ mögen von über ^0 000 B lk . besitzt. A m Abend wurde ein Familienabend m it Vorträgen abgehalten. A m 8. und y. Oktober fand hier der Gautag der drei Ober­ rheinischen Verbände des Bundes der V e r s i c h e r u n g s - V e r ­ t r e t e r statt. Nach einem Bankett am 8. sprachen am 9. Justi­ tia r G irth-S traßburg über „D ie Lage der Feuerversicherung in Deutschland" und Inspektor Stammler von hier über „Haftpflicht­ versicherung und die Aufgaben der Vertreter". A m 9. tagte hier die Konferenz badischer H a n d e l s l e h r e r f ü r W i t t e l b a d e n . Berichte erstatteten W artin-Pforzheim und Fink-Karlsruhe über „Vereins- und handelsfragen". Eine D is­ kussion folgte. A m 2 V und 22. Oktober wurde die 29. Plenarversammlung der B a d i s c h e n h i s t o r i s c h e n K o m m i s s i o n hier abgehalten. Der Versammlung wohnten ordentliche und H außerordentliche M itg lieder an; sowie als Vertreter der Regierung Staatsminister Freiherr von Dusch, M inisterialdirektor Geheimer Oberregierungs­ ra t D r. Franz Böhm und M in isteria lra t D r. Bauer. Den Vorsitz führte Geheimer h o fra t Professor D r. Dove aus Freiburg. Über den Stand der einzelnen Unternehmungen der Kommission wurde M itte ilung gemacht. A m 2. November versammelten sich hier K a f f e e h a u s ­ besi t zer aus Karlsruhe, Pforzheim, Baden und Freiburg und gründeten nach Vorträgen des Verbandssekretärs Sommer aus Berlin und des Verbandspräsidenten p o lt einen Verein der Kaffee­ hausbesitzer. A m \ 3. November fand hier unter der Leitung des Haupt­ lehrers Hauer aus Spöck die Gauversammlung des R h e i n g a u e r — \55 — S ä n g e r b u n d e s statt. D e m G a u gehören 6 Vereine a n . V e r ­ einsangelegenheiten w u rd en besprochen. Line öffentliche Versammlung der E v a n g e l i s c h - s o z i a l e n V e r e i n i g u n g f ü r B a d e n wurde a m 23. November hier abge­ halten. T ageso rdnung : „Soziale Volkserziehung". Berichterstatter- Waren Stadtpfarrer Dr. Lehmann-Hornberg und Arbeiter-Sekretär J o h a n n Fischer-Heilbronn. L ine Diskussion fand statt. Die Versammlung des L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V e r e i n s am 29 . November genehmigte nach eingehender Diskussion den Vertrag mit der Landwirtschaftskammer über die Herstellung einer organischen Verbindung des Vereins mit der K am m er . L t w a 65 Landesausschußmitglieder waren erschienen. Auch Minister F re i­ herr von B o d m an wohnte der Versammlung an. Nach der E r ­ öffnung durch den Vereinspräsidenten Geheimen R a t Salzer befür­ wortet der Minister in längerer Ausführung die Genehmigung des Vertrags. Line Sitzung des L a n d e s g e s u n d h e i t s r a t e s fand unter dem Vorsitz des Ministers Freiherrn von B o d m a n am fO. Dezember statt. Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege wurden besprochen, so die F rage der Bestellung von Schulärzten, des 5stündigen Vormittagsunterrichts und des Frühbeginn des Unterrichts, die geplante Bestellung eines Landeswohnungsinspektors. Endlich beschäftigte sich der Landesgesundheitsrat mit den ausgearbeiteten Entwürfen von Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten sowie über das Desinfektionswesen. 2. Feierlichkeiten und Festlichkeiten. A m (5. J a n u a r veranstaltete der Fußballklub P h ö n i x ein winterfest mit gesanglichen und instrumentalen Darbietungen. Z u m G e b u r t s f e s t d e s K a i s e r s fanden wie alljährlich verschiedene Feierlichkeiten statt. Der Mili tärverein vereinigte bereits am \ 6. J a n u a r feine Mitglieder in den Sälen der Eintracht zu einer Doppelfeier (Kaiser- und Belfortfeier), der der Großherzog anwohnte. Nach einem Musikstück und Männerchören brachte der 2 . Vorstand des Vereins, Rechtsanwalt Dr. K a r l Lorenz, den Trinkspruch auf den Großherzog aus . Die Festrede hielt Rechts- \56 — anmalt D r. Robert Süpfle, er endigte m it einem Hurra auf den Kaiser. Dann ergriff der Großherzog zu einer längerer Rede das W ort. G r erinnerte an die Kämpfe, die notwendig waren, um das Reich zu schaffen und sagte u. a .: „W ir haben die Verpflich­ tung, alles zu tun, was zur Erhaltung unserer Größe und Stellung beiträgt". . . . „S ie müssen gewillt sein, auch ihren Kindern diesen Geist einzuimpfen, den Geist der Pflichterfüllung, der Hintansetzung des eigenen Ichs , der Unterordnung unter das Ganze". ZtTit einem Hoch auf das deutsche Vaterland und das Heer schloß der Großherzog. Vorträge und musikalische Darbietungen wechselten. — A m 22. feierte der Verein Karlsruher Polizeibeamter im katho­ lischen Gesellenhaus das Geburtsfest des Kaisers. Polizeidirektor Schaible, Generalmajor Röder von Diersburg u. a. waren bei der Feier zugegen. Den Trinkspruch auf den Kaiser brachte Schutzmann Bender aus, den auf den Großherzog der Kassierer des Vereins, Ernst Brennerstuhl. Theatralische Vorträge und ein Tanz schlossen sich an. — A m 25. Januar wurde das Festbankett der Bürgerschaft im großen Saal der Festhalle abgehalten. Das vom Festausschuß ausgegebene Program m wies an Musikstücken, Männerchören, Soli, Kinderreigen und Reden Nummern auf. Den Trinkspruch auf den Kaiser brachte Rechtsanwalt Gustav Trunk (Aentrumspartei) aus, den auf den Großherzog Stadt­ verordneter Kammerstenograph Ernst Frey (Iunglibera l) und den auf das deutsche Vaterland Reallehrer Simon Fink (Fortschrittliche Volkspartei). A n der Ehrentafel hatten die M inister Freiherr von M arfcha ll und Freiherr von Bodman, der preußische Gesandte von Eisendecher, der Stadtkommandant Freiherr Rinck von Baldenstein, Generalmajor Anheuser, der Rektor der Technischen Hochschule Geheimer Hofrat D r. von Oechelhäuser, Oberbürgermeister Siegrist, die Bürgermeister D r. P au l und D r. Kleinschmidt, Stadträte und Stadtverordnete, Landtagsabgeordnete u. a. Platz genommen. Nach der Kaiserhymne ging folgendes Huldigungstelegramm an den Großherzog nach Berlin ab: „E u re Königliche Hoheit bittet die zur Kaiserfeier zahlreich versammelte Bürgerschaft der badischen Residenzstadt, 5. ZTt. dem Kaiser zum Geburtsfest die innigsten Glückwünsche und das Gelöbnis treuer Gesinnung fü r Kaiser und Reich zu übermitteln". A n Oberbürgermeister Siegrist kam am — \o7 — ändern Tag vom Großherzog folgende telegraphische A n tw o rt: „S . A I. der Kaiser hat sich über die warnien Glückwünsche der gestern zur Vorfeier seines Geburtstages festlich versammelten Bürgerschaft sehr gefreut und lassen ih r seinen herzlichen Dank sagen". — A m 26. fand der Zapfenstreich statt von (Ecke Westend- und Bismarck-Straße aus m it anschließender ZNusikaufführung auf dem Kaiserplatz. A m 27., dem Festtage selbst, war die Stadt beflaggt, morgens 7 Uhr war Festgeläute, \ 0 \ Kanonenschüsse wurden durch die Freiwillige Feuerwehr auf dem Lauterberg abge­ geben, Wecken vom U lühlburger T o r aus fand statt und um 8 Uhr Thoralmusik vom Turme der evangelischen Stadtkirche, von 9 bis \ \ Uhr wurde Gottesdienst in den Kirchen der Stadt abgehalten, dann folgte die Parade der Garnison auf dem Schloß­ platz und die Abgabe von sOs (Ehrenschüssen auf dem (Engländer- Platz. Bei dem Festessen im lU iifernn um 2 Uhr, an dem die Spitzen der Z iv il- und Militärbehörden teilnahmen, brachte Staats- minister Freiherr D r. von Dusch den Trinkspruch auf den Kaiser­ aus, den auf den Großherzog der Stadtkommandant, General­ m ajor Freiherr Rinck von Baidenstein. A u f ein Huldigungs- telegramm, das an den Großherzog m it dem (Ersuchen gesandt wurde, es den: Kaiser zu übermitteln, tra f an den Staatsminister am ändern Tage vom Großherzog folgende Depesche ein: S. ZU. der Kaiser läßt Ihnen und den anderen mitunterzeichneten Herren für die Namens der Festversammlung dargebrachten warmen Glückwünsche seinen herzlichen Dank sagen". I m Hoftheater wurde am Abend bei festlich beleuchteten: Hause M ozarts „Zauberflöte" gegeben. Bor Beginn brachte Hofflnanzrat Ruppert ein Hoch auf den Kaiser aus, den: die Nationalhymne folgte. Der Vorstellung wohnte die Königin von Schweden, sowie Prinz und Prinzessin ZNax an. — A m 28. Januar gab der Studentenverband bei* Technischen Hochschule zur Feier des Geburtsfestes des Kaisers einen Kommers in: großen Saal der Festhalle. Die Festrede hielt stud. Witte, den Trinkspruch auf die Gäste brachte stud. Hepp aus, worauf der Prorektor P rof. D r. Krazer erwiderte. — A m V Februar feierten Landsmannschaften in : Friedrichshof einen Kaiserkommers, den: etwa 200 Landsmannschafter von hier, Heidelberg, Freiburg und Straßburg anwohnten. (Oberlandes- — J58 — gerichtsrat Dr. Dölter brachte den Trinkspruch auf den Kaiser aus , P r iv a tm a n n D örlam den auf den Großherzog und S tad t ­ pfarrer van der Floe a u s Pforzheim den auf das Vaterland. Die Zeit für die Faschingsbelustigungen w a r kurz, denn Fastnacht fiel im J a h r e J9 J0 au f den 8 . F ebruar. Doch hat es an zahlreichen karnevalistischen Veranstaltungen nicht gefehlt. A u s der großen Reihe werden folgende hier angeführt: Die Fulder des Liederkranzes veranstalteten am 8 . J a n u a r eine närrische Z usam m en­ kunft, am gleichen T age die Karnevalsgesellschaft Badenia, Damen- und Fremdensitzungen hielten am J O . die Karnevalsgesellschaft der Südstadt und die G roße Karnevalsgesellschaft am 9 . und 23. J a n u a r ab, am J 5 . gab der Arbeiterbildungsverein einen Kostümball, am gleichen Abend das Gewerkschaftskartell und die K arls ruher T u rn - gemeinde. T inen Kostümball gab der M ännerturnverein am 2 2 . J a n u a r , an demselben Abend veranstaltete der Verein bildender Künstler eine Künstler-Redoute. A m 29 . gab die Liederhalle ein großes Maskenfest, der Gesangverein G erm an ia ein Kostümfest, am 30. der Gesangverein T oncordia ebenfalls ein Kostümfest. Die Museumsgesellschaft gab am 3. F eb ru ar einen Kostümball, der Gesangverein Lassallia hielt an diesem T age eine Damen- und Fremdensitzung. A m 5. F eb ru ar gab der „S a lam an d er" ein Kostümfest m it der Id e e „ein T a g in K a iro " , am gleichen T age der Liederkranz eine Redoute (Larventanz), die E in tracht ein Kinder­ fest, der Gesangverein H arm onie eine Fastnachtsfeier. A m 7. F ebruar veranstaltete der Katholische Gesellenverein einen N arrenabend mit darauffolgendem Kostümkränzchen und endlich am 8 . F eb ruar die G roße Karnevalsgesellschaft einen kostümierten B ürgerball. — Die beiden städtischen M askenbälle im großen S aa le der Festhalle fanden a m 2 2 . J a n u a r und am 5. F eb ru ar statt. A n diesen wurden Preise im G esam tbetrag von je J J 0 0 ME. verteilt. T in Z u g an den Fastnachtstagen, wie ihn in den letzten J a h r e n die Große Karnevalsgesellschaft veranstaltet hatte, fand J 9 J 0 nicht statt. An den Fastnachtstagen selbst (<5. und 8 . Februar) w ar das übliche lärmende Treiben auf den S traßen , insbesondere auf der Kaiserstraße zu beobachten. Der K a t h o l i s c h e M ä n n e r v e r e i n d e r V s t s t a d t veran- anstaltete am JO. F eb ru a r zu E hren des zum pfarrverweser von — \59 — Breiten ernannten K a p la n s Dreher eine Abschiedsfeier. Der zweite Vorstand des Vereins, Herr K öhler , schilderte die Verdienste des Scheidenden um den Verein und um die Seelsorge. Andere Reden und gesangliche Vorträge folgten. A m 26. F eb ru ar wurde in der T u rn h a lle der Töchterschule an Hauptlehrerin P a u l i n e F o r c h die von der Großherzogin Luise verliehene goldene Verdienstmedaille überreicht. Stadtschulrat D r. Ludwig G erw ig beglückwünschte die J u b i l a r in , die in diesen Tagen nach HOjähriger Tätigkeit im Dienste der Schule in den Ruhestand trat. Geistlicher R a t (Ehrendomherr Knörzer übermittelte den Glückwunsch der Kirchenbehörde, O berlehrer K a r l Kirsch überreichte nam ens des Lehrerkollegiums der Töchterschule ein Blumengewinde. (Ein Schülerchor trug Lieder vor. A us A n laß des am \9 . J u l i bevorstehenden ^00jährigen T o d e s t a g e s d e r K ö n i g i n L u i s e von Preußen fand am J O . IHärz auf Veranlassung der Großherzogin Luise im großen R a th au ssaa l eine Gedächtnisfeier statt. Der Feier wohnten der Großherzog, Großherzogin Luise, Prinzessin ZTtay, sowie die Fürstin zu Leiningen bei, außerdem eine größere Anzahl der Hof-, S ta a ts - , Reichs- und M ilitärbehörden. I n einer G ruppe von Lorbeer- und Zierpflanzen w a r eine Gipsbüste der Königin aufgestellt. Die Gedächtnisrede hielt der Gym nasium sdirektor Geheime H ofra t Dr. Joseph Häußner von hier. A m 22. A pril und den folgenden T agen wurde im großen S a a l der Festhalle ein K ü n f t l e r f e f t „D rei T ag e in M o n te C a r lo " abgehalten. Z u r (Eröffnung erschienen der Großherzog, die G ro ß ­ herzogin, P rinz und Prinzessin M a x , sowie die Prinzessin O lg a zu Braunschweig-Lüneburg. Die Herrschaften begaben sich nach der Terrasse zum Kasino, um von da den kleinen S a a l zu betreten, wo im „Theater R o y a l" das altsizilianische Spiel „ D a p h n is " auf­ geführt wurde. Die Machen von M o n te C arlo w aren vom E in g an g bis zum Kasino aufgestellt. A ußer dem Theater w a r ein C abare t eingerichtet, ein M u fee (Dceanographique, ein M a r io ­ nettentheater, auch ein Teleskop zur Beobachtung der F lugbahn des Kometen w a r angebracht. D an n w a r ein Spielsalon m it Roulette vorhanden. (Eine Damenkapelle spielte allerlei Meisen. A n einem Schießstande konnte m a n T au b e n schießen. M a n konnte — \ 6 0 — ein C a fe de P a r i s , eine American B a r , drei Büfetts besuchen. Künstlerpostkarten waren ebenfalls zu haben. — Die E innahm en in den 3 T ag en flössen in die Kasse des Künstlervereins. A n t 8. Ztlai fand die HOjährige Jubelfeier des K a r l s r u h e r M ä n n e r h i l f s v e r e i n s vom Roten Kreuz und seiner S an i tä ts ­ kolonnen statt, verbunden mit dem 2. badischen Führer- und Ärztetag. A m 7. M a i wurde ein Begrüßungsabend im Kolosseumssaal abgehalten, dem mehrere Mitglieder des Militärvereinspräsidiums anwohnten, seitens der S tad t waren Bürgermeister Dr. P a u l und S tad t ra t Glaser erschienen. Die Gäste begrüßte der V Borsitzende des M ä n n e rh i l f sv e re in s , M beram tm ann K a r l A rn sp e rg e r , Dr. Gerber-Bretten dankte. Nach musikalischen Vorträgen hielt Rechts­ anw a l t Dr. Robert Süpfle eine Ansprache. E r schloß mit einem bjoch auf den Großherzog. Der bayerische Regierungskommissär Stefan überbrachte die G rü ß e der bayerischen Kolonnen. A m v o r m i t t a g des 8. fanden sich die Teilnehmer zur Hauptversamm­ lung des Führer- und Ärztetages im großen Saa le des Friedrichs­ hofes ein. H au p tm an n von Westhoven, der Vorsitzende des A u s ­ schusses, begrüßte die Erschienenen. Professor H. E . M a ie r hielt einen V or trag über die Genfer Konvention und ihre Beziehungen zu Baden. Dr. Guttenberg-Freiburg sprach über den E n tw u rf einer Dienstvorschrift für den Unfallrettungsdienst, Dr. Baumstark von hier über die Desinfektion. Hofapotheker Dr. Friedrich Ströbe von hier berichtete über die erste Hilfeleistung der Freiwilligen Sanitätskolonnen bei durch Elektrizität hervorgerufenen Unfällen. U m halb \2 U hr begann der Festakt im großen S a a l der Festhalle. Z u demselben erschienen der Großherzog, die Großherzogin, die Großherzogin Luise und Prinz M a x . Ferner waren anwesend, der kaiserliche Kommissar und Militärinspekteur der freiwilligen Krankenpflege bei der Armee im Felde Fürst zu S o lm s-B a ru th , die Minister Freiherr von M arschall und Freiherr von Bodm an, General der In fan te r ie z. D. von v iebahn , Vertreter der deutschen Vereine vom Roten Kreuz, der preußische Gesandte von Eisen­ decher, der S tad tkom m andant Freiherr Rinck von Baldenstein, (Oberbürgermeister Siegrist, Bürgermeister Dr. P a u l , der General­ sekretär des Frauenvereins Geheimrat M ü l le r u. a. Nach dem Erscheinen der Großherzoglichen Herrschaften wurde der Hochzeits- — \ 6 { — marsch aus dem Sommernachtstraum vom Instrumentalverein unter Leitung von Direktor Munz gespielt. Hofschauspielerin Edith Delcamp sprach einen von Hofschauspieler Aempf verfaßten Prolog. Sodann teilte sich der Vorhang und in einer von Direktor Albert lv o lf angeordneten Szenerie mit Gruppen von Sanitätern wurde den Großherzoglichen Herrschaften eine Huldigung darge­ bracht, bei der Fräulein Delcamp einen Lorbeerkranz an den Büsten der Herrschaften niederlegte. Nunmehr hielt Oberamtmann Dr. Arnsperger die Festrede. Nach der Begrüßung verbreitete er sich über die Gründung und die Entwicklung des Karlsruher Nkänner- hilfsvereins und schloß mit einem Hoch auf den Großherzog und das Großherzogliche Haus. Hierauf ergriff der Großherzog das lvo rt und führte etwa folgendes aus: „w erte Anwesende! Es ist m ir eine Herzenspflicht, an dem heutigen Ehrentage des Karls­ ruher Männerhilfsvereins zunächst warmen Dank der Großherzogin Luise, der Großherzogin Hilda und den meinigen auszusprechen für das freundliche Gedenken, das Sie uns eben entgegengebracht haben, und hieran die Ver­ sicherung zu knüpfen, daß w ir alle wie bisher so auch in Zukunft unsere wärmsten und treuesten wünsche dem Ergehen des Karlsruher Männerhilfs­ vereins widmen, eines Vereins, dessen 40jährige segensreiche Tätigkeit uns eben in beredter weise geschildert worden ist, beginnend und sich gründend auf jene große Zeit, die in unser aller Kerzen lebt und die ich miterlebt habe. Ganz besonders deutlich stehen in meiner Erinnerung die verschiedenen Arten der Wirksamkeit des damaligen jungen Vereins, sei es drüben im Palais oder am Bahnhofe, wie ich sie selbst verfolgen durfte. Deutlich steht jene große Zeit in den Herzen aller, die sie miterlebt haben, und auch den anderen, denen sie geschildert worden ist, wird sie im Kerzen bleiben. Ich danke dem Verein für alles, was er bisher geleistet hat und rufe ihm ein herzliches Glückauf zu für fernere erfolgreiche Tätigkeit, sei es im Frieden, wo er sich stets bei Unglücksfällen bewährt hat, sei es im Kriege, was Gott verhüten wolle, worauf w ir aber immer bereit sein müssen. Nochmals von uns allen herzlichen Glückwunsch!" 5odann hielt der Minister des Innern Freiherr von Bodman folgende Ansprache: „A ls Territorialdelegierter für die freiwillige Krankenpflege und als Vertreter der Großherzoglichen Regierung überbringe ich dem Karlsruher Männerhilfsverein vom Roten Kreuz die herzlichsten Glückwünsche zu seiner Jubelfeier. Die Gründung des Vereins fä llt in die Zeit der nationalen Erhebung Deutschlands, deren Frucht die Einigung Deutschlands gewesen ist. Entstanden im Angesicht der drohenden Kriegsgefahr, bewährt in der schweren U — [62 — A rbe i t des großen K r ie ges b a t der Verein in der l an gen Re ihe der F r ied en s ­ jah re , die u n s sei ther beschieden w a r e n , still und unverdrossen seine Arbei t fo r tge führ t . Diese A rbe i t bestand und besteht vor al lem in der Vorberei tung f ü r den Kr iegsfa l l , in der Auff indung , H e ra n z ie h u n g und S chu lung der Kräf te , die im Kriege nöt ig sind, den T r a n s p o r t und die U n te rb r in g u n g der v e r ­ w u n d e te n und K ra n k e n zu vollziehen. S e ine fü r den Krieg geschulten K rä f te h a t der M ä n n e rh i l f s v e re in ab e r schon im F r ieden bei jedem A n la ß zur V e r ­ f ü g u n g gestellt und in Tät igkei t t re ten lassen, wo es sich u m die Fürsorge f ü r eine größere Z a h l v e r w u n d e t e r und K ra n k e r h an d e ln konnte. S o h a t er j a h r e l a n g segensreich gewirkt. S e in e A rbe i t abe r ist geleistet worden von M ä n n e r n , die selbstlos und opferwil l ig einen Tei l ih rer oft kärglichen M u ß e in den Dienst der Nächstenliebe gestellt haben . (Es ist ein Ruhmeszeichen unseres Volkes und unseres so oft a l s materialistisch gescholtenen Z e i ta l te r s , daß sich so viele M ä n n e r im Lande berei t finden, der Sache des R o te n Kreuzes zu dienen. I m m e r dichter w ird d a s Netz der S an i t ä t sko lonne n , im mer zah l ­ reicher die S cha r geschulter K ra n k e n t r ä g e r , die im F r ieden eingreifen, wo im m e r die G e w a l t der (Elemente oder die F e h le r der Menschen Unfäl le und N o t bewirken, u nd die bereit sind, w e n n der Ka ise r sein Volk a u f ru f t zum Schutze seiner heiligsten G ü t e r , die O p f e r des K r ieges zu l indern, w e n n heute a u s A n l a ß der J u b e l f e i e r des K a r l s r u h e r M ä n n e rh i l f s v e re in s der zweite F ü h r e r - und Ärz te tag zahlreiche V er t re te r der M änne rh i l f sve re ine unseres L a n d e s zusam m enführ te , so ist es m ir Herzenssache, I h n e n allen auch n a m e n s der R e g ie ru n g D a n k und A ne rkennung auszusprechen, den F ü h r e r n un d Ärz ten, nicht m inder abe r auch jedem einzelnen Mitgl ied? der S a n i t ä t s k o lo n n e n , d a s heute Z e i t und Arbe i t sk ra f t dem w o h l e der M i tb ü rg e r und d am i t des V a te r l a n d e s w idm et . D e m M ä n n e rh i l f s v e re in K a r l s r u h e aber wünsche ich von Kerzen ein w e i te res Fortschreiten a u f der bew ähr ten B a h n und eine glückliche Z u k u n f t !" (Oberbürgermeister Siegris t überbrachte die Glückwünsche der S t a d t u n d führ te u. a . a u s : „Königl iche Hoheiten , hochverehrte F es tve rsam m lung ! I h r e schöne J u b e l f e i e r gibt m i r wi l lkommenen A n la ß , den K a r l s r u h e r M ä n n e r h i l f s v e r e in zu seiner v ierz ig jähr igen verdienstvollen Tätigkei t n a m e n s der H a u p t - und Residenzstadt K a r l s r u h e a u f s wärmste zu beglückwünschen u n d zugleich den zahlreichen Festgästen, welche von fern und n a h in die badische Residenz gekommen sind, den W il lkomm der Residenzstadt entgegen­ zubr ingen . I c h will nicht all die Leis tungen des M ä n n e rh i l f s o e re in s in seiner HOjährigen Wirksamkei t nochmals a u s z äh len ; aber d a s eine dar f auch ich b e to n e n : (Es ist eine verdienstvolle patriotische T a t gewesen, daß sich in den großen T a g e n der W iede rg ebu r t unseres deutschen V a te r l an d es wackere M ä n n e r in unserer S t a d t zusammengeschar t haben , u m in edlem Wettstreit m i t dem segensvollen w i r k e n des Badischen F r a u e n v e r e i n s den O p f e r n des K r ieges L in d e ru n g ih re r Leiden zu b r ingen und daß diese M ä n n e r nach dem S t u r m e des K r ieges sich entschlossen haben , auch im F r ieden zusammenzuhal ten , nicht nur, um zu einem W affengang gerüstet zu sein, sondern nm sich allezeit in den Dienst ihrer Mitbürger zu stellen. Der Karlsruher Männerhilfsverein hut sich nicht darauf beschränkt, fruchtbare Anregungen un öffentliche Organe zu richten, sondern er hut in schöpferischer Arbeit uns eigener K r aft viel Gutes geschaffen. Ganz besonders möchte ich mit einem Worte rühmend der Karlsruher S anitätskolonne gedenken: Sie hut viele Jahre hindurch die wichtige und schwierige Ausgabe des Krankentransports völlig uns eigene Schultern genommen und sich auf diesem Gebiete vortrefflich bewährt; wir sind auch heute noch durch das gesteigerte Bedürfnis gezwungen, ihr einen großen T eil dieser Ausgabe zu überlass en. Allen den w ackeren Männern, die als Führer oder als Mannschaften sich in den Dienst der S anitätskolonne gestellt haben, spreche ich heute Namens ihrer Mitbürger herzlichen Dunk uns, besonders aber herzlichen Dunk und Anerkennung den Gründern des Vereins, von denen ja noch einer, soviel ich weiß, in unserer Mitte weilt. Der Karlsruher Männerhilssverein wird uns der zahlreichen Beteiligung un der heutigen Feier ersehen, in wie weiten Kreisen seine Bestrebungen Anerkennung finden und welch großer Sympathie er sich bei den Mitbürgern erfreut. Möge die heutige feier dazu beitrugen, daß die Ziele, die Sie sich gesteckt huben, in weiteren Kreisen erkannt und gewürdigt und Ih n e n dadurch immer neue Hilfskräfte zugeführt werden, möge sie auch dazu beitrugen, daß der edle Geist opferwilliger T a tkraft und gemeinnütziger Gesinnung, dem der Verein seine (Erfolge verdankt, in den H erzen immer weiterer Kreise unserer Mitbürger Wurzel fassen! Dann werden auch die guten Wünsche, die dem Karlsruher Verein heute von allen Seiten entgegengebracht werden, sich um besten erfüllen. Dann wird auch der Wunsch in E rfüllung gehen, mit dem ich schließe: Der Karlsruher Männerhilssverein möge blühen, wuchsen und gedeihen allezeit!" V orsitzende bes landes-Vereins Pom Roten Kreuz, © Generalmajor Limberger,' bankte. Als letzter Redner ergriff Dr. G erber-Bretten im N amen bes Ärzte- und F ührertages bas Wort. M it ber O uvertüre zu E gmont schloß die Feier. — Km Nachmittag fand am Westbahnhof eine Kriegskrankenpflegeübung statt. Nach dem S chuß derselben ergriff Oberstabsarzt Dr. M antel bas W ort zur Kritik. Auch der M ilitärinspekteur F ürst zu SoIms-Barutfh fpraφ seine Befriedigung aus. hierauf begaben sίch bie T eilnehmer zu einer kameratschaft- Iiφen Vereinigung nach dem Kühlen Krug. Anläßlich des 150. © Geburtstages v on J o h a n n P eter H ebel fanden außer der bereits oben erwähnten S chulfeier am 10. M ai in allen S chuchäusern der hiesigen Volksschule feierlich- 1 1 * ketten statt, bei denen durch Ansprachen, GeSänge und Vortrag des vaterländischen Dichters gedacht wurde» Eine besondere Feier veranstaltete die Töchterschule in der mit der Büste Hebels geSchmückten Turnhalle der Hebelschule. i n der Ansprache wurde Hebel insbesondere als Dichter der alemannischen Mundart und Erzähler im Volkston geschildert. — Der Liederkranz hatte beab­ sichtigt, wie alljährlich, an Hebels Denkmal im Schloßgarten eine Feierlichkeit abzuhalten. Die ungünstige Mitterung machte die Feier im Freien unmöglich» Dafür wurde im Vereinslokal am 11. M ai ein Bankett abgehalten, bei dem neben mehreren geSanglichen Dar­ bietungen Geheimer H°frat Rebmann, der Präsident des Lieder- kranzes, die Ansprache hielt. — Der Evangelische Männerverein der SüdStadt feierte den 150. Geburtstag Hebels am 22. M ai. Die Ansprache hielt Stadtpfarrer Friedrich Hindenlang. Heben anderen Darbietungen wurden frei von Professor Lamey in f r e i burg aus Hebelschen Gedichten zusammengearbeitete Idyllen in alemannischer M undart: „Der Sommerabend" und „Vom Schmelz ofen", aufgeführt. Das Korps „ F r i f i a " von der Technischen Hochfchule feierte am 13. und 14. M ai Sein 50jähriges Stiftungsfest Am Abend des erste n Tages fand ein Stadtgartenfest mit Feuerwerk statt. Am zweiten Abend wurde ein Kommers im großen Festhal le saal abgehalten. An den Großherzog wurde ein Begrüßungstelegramm abgesandt, auf das eine telegraphische Danksagung einlief. — Die gleiche Feier beging an denselben Tagen das Korps „ A l e m a n n i a " mit Festkonzert F estfahrt und Kommers. Am Pfingstsonntag, 15. 2Mai, schloß ein N achtfest im Korpshaus und Korpsgarten (N owacksanlage) die Feierlichkeiten» Die Akademische Architekten-Verbindung „ V i t r u v i a " feierte an den Pfingsttagen (14.— \6. M ai) ihr 75jähriges Bestehen Der “K a t h o l i sche A r b e i t e r v e r e i n im Stadtteil Daxlanden beging am 22. M ai fein 20. Stiftungsfest. Bei der kirchlichen Feier hielt Stadtpfarrer Hörner die F estpredigt. Es folgte ein levitiertes Hochamt. Bei der weltlichen Feier am Abend hielt Pfarrer Grießbaum aus Kirchheim bei Heidelberg die Festrede. Die auf einer Deutschlandfah r t begriffenen Mitglieder des Deut schen K r i e g e r - und V e t e r a n e n b u n d e s von N o r d - 165 a me r i k a trafen am 9· Ju n i von Frankfurt a. M . kommend mit ihren Damen hier ein. Am B ahnh o f hatten Sich das P rä ­ sidium des BadiSchen Militärvereins - Verbandes, Vertreter des Stadtrates und des Fremdenverkehrsvereins zum Empfang ein gefunden . Die Gäste wurden von Hauptmann d. L. O berrechnungsrat Georg Schwan inger begrüßt. Der Präsident des Zentralverbandes der deutschen Veteranen- und Krieger-Verbände in Amerika, Richard Müller aus New — Dorf, dankte und brachte ein hoch auS die Deutschen Kameraden aus. Sodann setzte Sich der ZUG durch die Krieg- und Karl Friedrich-Straße in Bewegung. 3 m Rach ausSaal wurden die Gäste namens der Stadt von Stadtrat Emil G laser begrüßt, nachmittags fand eine Zusammenkunft im Stadtgarten Statt, am Abend Bankett im großen Saale der Festhalle. Hiezu war das GeSamtpräSidium des Militärvereinsverbandes erschienen; außerdem hatten Sich Geheimerat von Babo, Amtsvorstand Freiherr von kraft-E bing und mehrere Offiziere eingebunden. Die Stadt war durch Oberbürgermeister Siegrist, Bürgermeister Dr. Hor tmann und mehrere Stadträte vertreten. Die Amerikaner waren angeführt von den fünf ersten Offizieren des „Washington First Regiments Minute men" in ihren Uniformen aus dem Jahr e 1776. General­ leutnant 3. D. F rit sch begrüßte die Gäste und brachte ein Hurra auf den Kaiser und den Großherzog a u s Deutschland. Darauf folgte der Gesang „Deutschland, Deutschland über alles!" Generalleutnant Fritfch überreichte eineu Fahn en nagel mit einem Hoch auf die amerikanischen Kameraden. Rechtsanwalt Dr. Lorenz überreichte eine Adresse des Karlsruher M ilitärvereins. Am Vormittag des 10. wurden die Gemäldegallerie, der Rheinhafen, die Orangerie, der Schloßgarten und die Fabrikanlagen der Firma W olff und Sohn besichtigt. Um 11 Uhr wurde eine Abordnung der amerikanischen Gäste, der sich die fünf amerikanischen O ffiziere angeschlossen hatten, vom Großherzog empfangen. Der Großherzog verlieh Richard Müller den Zähringer Löwenorden zweiter Klasse mit Eichenlaub. N ach dem Empfang ließ sich der Großherzog die übrigen deutsch-amerikanischen Veteranen mit ihren Damen vorstellen. Eine Abordnung begab sich auch nach dem Mausoleum und legte am Sarge Großherzog Friedrichs I. einen Kranz nieder. 166 Am nachmittag erfolgte die Abreife. Am B ahnh o f e hatten Sich das Präsidium des Militär vereins-Verbandes Sowie die Stadträte Glaser und Kölsch eingefunden. Die Kapelle des Feldartillerie> regiments N r. 50 Spielte beim Abschiede mehrere M usikstücke. Am 23. J uni fuhren die Mitglieder der f ünf K o r p s der Technischen Hochschule zum Bismarckdenkmal, wo der Erstchargierte der „Bavaria", stud. GuStav Moll, eine AnSprache hielt und im N amen des S. C. der Hochschule am Denkmal des Kanzlers einen Kranz niederlegte. Abends fand in Ettlingen der Faebelsug der Studentenschaft zur Bismarcksäule auf dem Mattkopf Statt. Vor der Abfahrt nach Ettlingen wurde auch durch den Vertreter des „Studentenverbandes" am Bismarckdenkmal ein Lorbeerkranz niedergelegt. Die J a h a n n i s f e i e r wurde am 24. wie alljährlich mit Doppet-Konze r t abgehalten. Auf dem Stadtgartensee Saud ein Feuerwerk Statt. Der größte Teil der Feier mußte aber wegen der ungünstigen Witterung im Saale abgehalten werden. Der Ka t ho l i s c he J ü n g l i n s s t verei n S t . P e t e r und P a u l beging am 26 . Juni die weltliche Feier Seines Patrimoniums-Festes , nachdem die kirchliche bereits am 19. vor Sich gegangen war. Die Festrede hielt präSes Geißle. Gefängliche und turnerische Darbietungen wechselten. Auch wurde das Schauspiel „Kaiser Maximilian von M exiko" von Mildermann aufgeführt. Für das 2 4 . Ve r b a n d s f c h i e ß e n des Badischen Landes schüttzenvereins , des Mittelrheinischen und des Pfälzischen Schützen- bundes, das vom 3. bis 10. J uli unter dem Protektorat des Groß- herzogs stattfand, war folgende F eStordnung ausgestellt worden: „Sonntug, den 26. Ju n i (Vorfeier). M ittugs 1 Uhr: Probebankett in der Schützenfesthalle mit T afelmu si k. 31/2 Uhr: probeschießen. 3 Uhr: Konzert auf dem Schützenfestplatz. Sam stag, den 2. J u l i , nachm ittags: Empfang der ankommenden Schützen am Hauptbahnhof. Abends 8 Uhr: Empfangsabend im Stadtgarten. Sonntag, den 3. J u l i , vormittags: Empfang der ankommen- den Schützen. 10 Uhr: Aufstellung znm Festzug. u Uhr: Abmarsch des Fostzugs durch die Straßen der Stadt nach dem Festplatze. Nachmittags 1 Uhr: Großes Festbankett in der Schützenfesthalle. Tafelkonzert. 31/2 Uhr: Beginn des Konkurrenzschießens um die 10 ersten Becher im Stand und Feld; hierauf Beginn des allgemeinen Schießens. 3— 7 Uhr: Konzert auf dem F estplatze. 6 U h r: Feierliche Verteilung der Konkurrenzbecher am Gabentempel. Abends 8 Uhr: Schluß des Schießens und Verteilung der ansgeschossenen Becher am 167 Gubentempel; hierauf großes Monstrekonzert in der Schützenfesthalle. Mondtag , den 3. Ju li, nachmittags 1 Uhr: Bankett in der Schützenfestha lle mit Konzert. 3—7 Uhr: Konzert a u f dem F e stplatze. Abends 8 Uhr: M ilitär- konzert in der Schützenfesthalle. Dienstag, den 5. Ju li, vormittags 101/2 U hr: Verbunds-Schützentug des Badischen Landesschützenvereins, des pfälzischen und des Mittelrheinischen Schützenbun des int Hotel „Friedrichshof". Nachmittags 1 Uhr: Bankett in der Schützenfestha lle mit Konzert. Abends 8 U hr: Großes Gesangs- und Militärkonzert. Mittwoch, den 6. Ju li , Nachmittags 1 Uhr: Bankett in der Schützenfesthalle mit Konzert. 3 Uhr: Kinderfest und Konzert unf dem Fes tp la t z e Abends 8 U hr: Turnerische Vorführungen der hiesigen Turnvereine und Militärkonzert. Donnerstag, den 7. J u l i , nach­ mittags 1 Uhr: Bankett in der Schützenfestha lle mit Konzert. Abends 8 U hr: Bunter Abend in der Schützenfestha lle. Freister- reit 8· Ju li , Nachmittags 1 Uhr: Bankett in der Schützenfestha lle mit Konzert. Abends 8 U h r: Großes Konzert und italienische Nacht. Sumstug, den 9. Ju li, Nachmittags 1 Uhr: Bankett in der Schützenfestha lle mit Konzert 3—7: Konzert auf dem Frse5 plutze. Abends 8 Uhr: Großes Festkonzert zur Feier des Geburtsfestes des Großherzogs Frie drich von Baden. Gesangsaufführun g , turnerische Vor­ führungen. Sonntug, den 10. Ju li, Nachmittags 1 Uhr: Schlußbankett mit Konzert. 3 Uhr: Feierliche Verteilung der ersten 20 p re ise auf jeder Scheibe, Abends 8 U hr: Großes Schlußkonzert. Montag, den 11. J u l i : Allgemeines Volksfest. Das Programm für die Schießwoche lau te t: Beginn des Schießens jeden Morgen 7 Uhr, Schluß des Schießens mittags 1 Uhr und herau f Ver­ teilung der Becher um G abentempel. Wiederbeginn des Schießens Nachmittags 1/23 Uhr, Schluß des Schießens abends 8 Uhr. Sodann Verteilung der Becher um G abeatem pel)" Das Schützenhaus au der Linkenheimer Allee, int 3ahre 1891 erbaut, wurde für die F eStlschfeiteu durch Seitliche Aulagen an die Schießhallen nach OSlen und Meften wefentlich vergrößert» Der geSarnte Schützenplatz umfaßte eine F la^e Pon 45 000 qm und zerfiel in das Schießfeld und den eigentlichen Feftplatz. Die Schieß­ anlagen wurden mit einem Aufwand von 50000 Mk. vollständig neu und durchweg iu mafftuem Bauwerk errichtet. AuSgeftellt waren 18 Standfcheibeu — 175 m Entfernung — davon \2 Punkt- Scheiben, 4 MeiSlerfcheiben, 2 Feflscheiben; ferner 15 Feldfcheiben — 300 m Entfernung — davon 8 Punktfcheiben, 3 Zneifterfcheiben, 2 Feflscheiben, 2 Mehrmannfchetben; 2 3asdfcheiben — 60 m Entfernung — und 3 piftolenfcheiben — 35 m Entfernung. 3n der Mitte des großen planes, der etwa 8000 Perfonen faßte, erhob sich der Gabentempel, ein Pavillon mit Marqnifen und Spiegelgtasfcheiben auf hohem Podium, der 31W Aufnahme der Ehrengaben und Schießprämien bestimmt war* Die FeSchatle bot Raum für 2000 bis 3000 Perfonen; ein Podium von 15X12 m war für die befonderen Aufführungen eingebaut, ein kleineres diente 3m* Aufnahme der Ehrengäste. An die Halle felbft war die Rüche angebaut, an die sich die Keller und Richlrciume anfchloffen. Der Haupteingang zur FeSchatle befand Sich au der vorderen Langfeite, das portal war mit FlaSJeu und Mappen der Bundesvereine geSchmückt. 3 nnen waren Verkaufsräume für Zigarren und Blumen eingebaut, an der Meftfeite befand Sich die Sanitäts- und Feuerwache. Eine eigene JT>oft- und Telegraphen^ anftalt mit Telephoifürle und Schreibzimmer war für die Fefimoche eingerichtet. Zimfchen den HaUeu lag der 81 qm große, mit Fahnen und Tännchen begretrsee Tai^boden, angeSchloSSen an den großen Musik­ pavillon, in dem während der4 Fefimoche täglich die hlefisen Militärkapellen abwechselnd Ködert und Tansmufik Spielten. Auf der rechten Seite des Hauptmeges befand Sich das Bichselt des Münchener Löwenbräu, der Sektkiosk, Sowie andere der Belustigung dienenden Schaubuden und Anlagen. Der geiamte Feftplsch, die HaUeu und Z ufahrtswege waren während der Fefimoche elektrisch beleuchtet. Der Feftsus am Sonntag den 3* 3 uli Setzte Sich kuij nach 11 Hhr vormittags von der Beiercheimer Allee aus in Bewegung. E r ging durch die 'Karl Friedrich-Straße nach dem Rachaufe, von da durch die Aaiserftraße, die Maldhonfüraße nach dem Schloß» Von hler aus nahm der Z US Seinen Meg am Hofcheater vorbei über den Schloßplatz durch die Karl Friedrich-Straße, nach der Raiserftraße, Karl-Straße, an dem Palais des Prfüren M ar, des Ehrenvorsitzenden des FeStaUsichuSfes, vorüber, durch die Stephanien-' Straße, Linkenhetmer Straße nach dem Schüßenhaus. Eröffnet wurde der Z US durch 3 berittene Herolde, denen die Leibdragoner- liapelle folgte. An diefe reihten fich die vermiedenen Vereine mit ihren Fahnen und 4 weitere Mufikkorps. Am Portal des Schloffes nahmen der Großhetagg und die Großhetjogin die Huldigung der ZUSsteilnehmer entgegen, wobei der Gefangverein „Badenia" ein Sängerhoch erfchallen ließ und die Turner ein Gut Heil den Herrschaften 5uriefen. Von der Karlsruher Schüßengefellfchaft — 168 — 169 brachte Herr Rrautinger ein i)od) aus, der Großher3og ließ ihn zu sich rufen, um ihm 311 danken. Bet dem anfchließenden F eftbankett begrüßte der Oberfchüßen- meifter der Karlsruher Schüsterigefellfchaft, Profeffor Dr. Udo Müller, die Erschienenen, übermittelte den Dank der G rößtm ög­ lichen Herrschaften und des Prfüren 2Ttap für die Huldigung und Schloß mit einem H°ch auf den Großhe^og und das G rößtm ög­ liche Haus. An den Kaiser, den Prfürregenten von Bayern, den Großhetjog von Baden, den Großhetjog von Heffen und den Prfüren Map wurden Begrüßungstelegramme abgefandt, auf die telegraphische Antworten erfolgten» 3 m Verlaufe des Banketts nahm Oberbürgermeister Siegrift das M ort, um die Schützen namens der Karlsruher Bevölkerung 3U begrüßen. t t über deu Befuch au dieSem Sonntag wurden von den Zeitungen folgende Angaben gemacht: An der Tageskaffe wurden 6000 Eintrittskarten gelöst, der Feftplatz war nach annähernder Schätzung von etwa 8000 Perfoueu befucht Am Mittwoch deu 6. 3ati bcfuchte priri3 M ar das Schützen­ fest. Der Prfür wurde am Eingang des Schütagchaufes vom Verwaltungsrat der Karlsruher Schürsengefellfchaft empfangen uud in den BaukettSaal geleitet, wo er von 3 EhrenjungSrauen (Fräulein Frohmüller, F raulein Reiumuth und Fräulein Maeyer) begrüßt wurde» Außer dem üblichen Ehrentrunk wurde dem Preisen eine Feftmifüre und für feine Gemahlin eine Fehierofche überreicht» Hach dem Empfang wurden die Scheibeuftände befichtigt. Das auf Mittwoch angekündigte Kinderfest: wurde wegen der ungünstigen Mitterung auf Samstag nachmittag verlegt» Am Abend wurde 3U1* Feler des Geburtsfeftes des Großher3ogs eiu Bankett abgehalten, bei dem Held von hler das H°ch auf den Großheijog ausbrachte, Ju lius Kaller von hier das deutfche Vaterland und das deutfche Lied in Poefte und Profa feierte. Bet der Schlußfeier fand die Verteilung der erstatt 3wari3tg Preife auf den efürelnen F efkfcheiben statt. Sieger aus Karlsruhe waren folgende: Feflscheibe „Karlsruhe7' (175 m) der 8. Adolf Steiner (1207 Teiler), preis ein Bror^ehirfch. Feftfcheibe „Offen­ bach" (175 m), der 2. Röhn (489 Teiler), filberner Pokal der Stadt Karlsruhe, der 8. Malter (1573 Teiler), Tafelfervice. 170 Scheibe „ Baden" (300 m) der 6. Maier (35 Ringe), Standuhr, der 8. ProfeSSor Dr. Udo Müller (34 Ringe), Pokal mit Deckel. W ehrmannsfestscheibe „Deutschland" (300 m) der 12. Georg Schmidt (30 Ringe), Barometer, der 13. Glich (30 Ringe), Reife­ koffer. „J agdfcheibe" (60 m) der 2. Ju lius Steiner (32 Ringe), Wanduhr mit Geweih· Während der Preisverteilung, der u. a. auch Staatsminister Freiherr von DuSch anwohnte, brachten verschiedene Sieger Toaste aus. So der Gewinner des Pokals auf der Festscheibe Karlsruhe, Hartmann-Heidenheim, ein H°ch auf die Stadt. EhrenpretSe hatten gestiftet; Der Großherzog, Prinz M ax,FürStenberg Prinzessin Wichelm, der Fürst von . Die Stadt Schmückte die FeSlschetben mit einer Büßte des Großherzogs in Galvano, stiftete außerdem einen Silberhumpen mit Deckel, einen Tafelaufsatz mit zwei Beigaben. Die Damen der Schützengesellschaft hatten gegen 1000 Mk. aufgebracht, für die gleichfalls Ehrengaben beschafft wurden. Außerdem spendeten Gaben: Die Deutschen W affen- und Munitionsfabriken, die Fabriken F· Wolff und Sohn, C hriStofle und Co., Haid und Heu, Brauereien und verschiedene andere Geschäftsinhaber. Von auswärts Spendeten u. a.; Der Deutsche Schüßenbund 4 Silberhumpen und 400 Mk. bar, der Badifche Landesfchützenoereiu 4 Gaben im Gesamtwerte von 630 Mk., der PfäspSche Schütagtbund 500 Mk., der Schmar3- waldgau 200 Mle Am 3. 3ult beging die F r e i w i l l i g e F e u e r we h r des Stadtteils Rüppurr ihr 40jähriges Stiftungsfest. Um 8 Uhr in der Früfye legte der Stellvertretende Kommandant Schäfer K rä^e an den Gräbern früherer Kommandanten nieder. Durch Gefang- vodräge wurde diefer Teil der Feier eröffnet und gefchloffen. Hach einem Gottesdienst, bei dem StadtpSarrer Mayer die F efle predigt hielt, verSammelte ffch das Korps mit den Gäften, unter denen Sich Minister Freiherr von Bodmau, Amtsvorftand Freiherr von KraffteGbiug, Bürgermeister Dn Horfimann, die Stadträte Gauler und Schlebach, Stadtbaurat Helek u. a. befanden, auf dem Feftplatz 3um Feftakt. Hach einem GeSaugsvortrag Sprach Freiherr von Arafft-Ebing über die Bedeutung eiuer Feuerwehr und die bisherige Mirkfamkeit der Feuerwehr in Rüppurr. E r Schloß mit % einem H°ch auf den Großherzog. Dann überreichte er an 9 M it­ glieder das Ehreirseichen für 40jährige Dienfrseit und an ein M it­ glied für 25jährige. Hach chm dankte MimSler von Bodman in längerer Ausführung für die Einladung und fchloß mit einem Hoch auf deu Stadtteil Rüppurr. Hamens der Stadt übermittelte Dr. Horftmann die Glückwünfche 3ur Feier* Kommandant Flscher dankte uud bemerkte u. a., daß von den 2\ Mitgliedern, die 1885 von Herrn vou Bodman als Amtsoorftand die Aus3eich- nung für 25jährige Dieufrseit etchalteu hatten, nur noch neun am Leben feiern Sein Hocl? Salt der Deutfcheu Feuerwehrfache. Männerchöre der „Freuudfchaft" und des „Männergefangvereius" fchloffen diefeu Teil der F eler. Ein F efleffen folgte. Darauf bewegte fich ein Feftjug nach dem Feftplntze auf dem Kommandant Flscher der Regierung uud der Stadtverwaltung für die Unter­ stützung der Feuerwehrfache dankte. 3 m weiteren teilte er mit, daß Karl Veuovis dem Korps eine Fahueufchleife gestiftet ijahe uud daß der Rreisoorschende Pfeifer-Mühlburg und Kommandant Heußer-Rarlsnche 311 Ehrenmitgliedern ernannt worden feien. — Zu der Feier hatte Kommandant Fif^er ein F espt>uch verfaßt, das in kuijen Zllseu die Tätigkeit des Korps und feine *Entwick- lung in den 40 J ahreu fchildert. Am 3. 3uli feiert der Aa t ho l i f c he 3 u s e n d v e r e i n der Südftadt fein 20. Stiftungsfest. Bet der kirchlichen F eler hielt der präfes des Vereins, Kaplan 3 auch, die Feftpredigt. Stadtpfarrer Hörner 3elebrierte das levitierte Hochamt. Abends fand im Saale des „ Apollo", ein Bankett ftatkt Die Feftrede hielt Betriebsaffiftent Sturm Den Hauptteil des folgenden Programms bildete die Auf­ führung von Schillers „Mallenfteins Tod" (für die Vereinslnchnc bearbeitet von Dr. Tarrell Z uni Schluß machten Vereinsmitglieder t # turnerifche Übungen* Aus Anlaß der 4 0 j ä h r i g e n Fe i e r der Ereigniffe des Zachues 18?0 ließen die Deutfchen Maffen-- und Munitionsfabriken Karlsruhe den bet ihnen beschäftigten Arbeitern, die am deutfch- fran3Öfifchen Kriege aktiv teilgenommen hatten, am 4. Auguft je 100 ÜTlh aus3ahlem Außerdem wurde jedem eine Moche Urlaub bewilligt und für diefe Zeit der Arbeitslohn gewährt* Das 71» 3 ahresfeft des Thr i f t l i chen Ve r e i n s j u n g e r - 171 — t M ä n n e r fand am 2* Oktober in der Stadtkirche statt. Hach einem Vortrag des pofaunenchors und einem allgemeinen Gefang begrüßte Stadtpfarrer 3atius Kühlewein die F eftsemeinde. Den 3ahresbericht erstattete der Vorstand des Vereins, Pfarrer Bender. Die einzelnen Abteilungen 3ählen 368 Mitglieder und 187 unter­ stützende Mitglieder* Die Feftpredigt hielt BundesSekretär Pfarrer Köhler aus Stuttgart* Eine Hachseter wurde am Abend im Vereinshaus abgehalten* Vou der „Liederhalle" wurde am 22» Oktober die M et he der neuen Falsche, die die Damen des Vereins deu bei dem Kaiserwettsingen in Frankfurt a. M . preisgekrönten Sängern der Liederhalle gefiiftet hatten, uolschgem Der Thor sang M o3arts „Meche des Gesäuges" mit 3nftrumentalbegleitung, mehrere Solls trug Fräulein Hildegard Banmann, die Tochter des ThormeiSters der Liederhalle, vor* Dann wurde ein von Rechtsanwalt Map Harrer, dem Präsidenten der Liederhalle, verfaßtes F eftfpiel auf* geführt* An die Feftfeier Schloß Sich ein Balle EbenSalls am 22* erfolgte die Einweihung des vou der BurSchenSchaft „Germania" au der Parkstraße erbauten Hauses- Hach der feierlichen Eröffnung erfolgte ein Rundgang durch das Haus. Am Abend wurde ein F estfommers abgehalten» Außer auswärtigen GäSten, Vertreten! fremder Burfchetlschafteu wohnten der Feier der Rektor der Technischen H°chfchule, Geheimer H°frat Professor Dr. von Oechechäuser, und andere Professoren an, als Vertreter der Stadt Bürgermeister Dr. Kleinschmidt. H°faPotf?eker Merner von Salem brachte ein H°ch aus Kaiser und Großher30g aus» Grüße und Glückwünsche der H a^i^ate übermittelte der Rektor, die der Stadt Dr. Kleinschmidt Verschiedene andere Toaste und Salamander folgten. A us der großen Zafyl der Mei l en ach ts f e i ern führen wir folgende an: Am 14. De3ember Mechnachtsseier der Reserve- und Landwehr^Ofüriere. Dem F esle wohnten der Großhetjog und prfür Map an. Den Trinkspruch aus deu Kaiser brachte der Großheijog aus, deu aus den Großher50g Oberst von Rohrscheidt. Prolog und Aufführungen mit Erinnerungen aus dem FeldFug 1870/71 nebst Gabenverlosuug folgten* — Am 17. Meihuachtsseier der Turugesellschast, am 18. der Blindenvereinigung von Karls- — 172 — 173 rsche und Umgebung» EbenSalls am 18. feierten der Chriftliche Verein junger Männer das F eft, Ansprache von Stadtpfarrer Huldenlang; der Verein ehemaliger U3er; der Verein ehemaliger Leibdragoner; der Gefangverein Toncordia, bei dem letzteren wechfelten verfchiedene Vorträge mit Aufführung von Theater­ stücken; die ftädtifche Schüleickapelle, Anfprache von Turninfpektor Stehlen; die Liebfrauenpfarrgemeinde. Die letztgenannte Feier fand im großen Saal der Fefthatle Statt unter 2Tiitwirkung von Aoirsert- Sängerin Fräulein Klara Siebold, Ronzertfänger Peter Maier, des Kirchenchors, der Feuermehrkapelle u* a» Am 25» Dezember beging der Bäckergehilfenverein eine Thriftbaumfeier mit gefänglichen Vor­ trägen und der Aufführung des dreiaktigen Bäckerfchwankes „Michss Verlobung"* Ebenfalls am 25» feierten der Gefangverein „Laffürlia" das Fesp der Arbeitergefangverein „Harmonie", die vereinigten Möbelpacker Karlsruhe und der Karlsruher Bremfernereiu. Eine Befchcrung für durchreifeude Gewerkfchaftsgenoffen verauftaltete am 25. das hlefige Gewerkfchaftskartell. Lieder der „Typographta" kamen 3um Vortrag, eilte Ansprache hielt Arbeiterfekretär Milli. Am 26. hielt der Gefangverein „Toncordia" feine Mechnachtsfeier mit Gefangsvorimgen und Ansprache nebft Gabenoerteilung» Die Feier im Arbeiterdiskuffiousklub fand am 29. ftatt, Dr. Alfons Flscher hlelt eine Ansprache. Hach dem Vortrag von drei geistlichen Liedern durch Fräulein Eifa F raUf las F rau Marie Schloß eine Thriftuslegende von Lagerlöf vor. Hieran fchloß fich die Verlegung von 27 Kunstblättern, die Haus Thoma gestiftet und mit feinem Hamen eigenhändig unterschrieben hatte* Meitere mufikalifche Vor­ träge folgten, am Schluß las F rau Schloß ein Schwar3waldmärchen vor, das sie auf Hans Thoma geftiftet hatte* Endlich wurde am 30» die Mechuachtsfeier im Maifeuhaus in Gegenwart des Großheijogspaares abgehalten, Eine Ansprache hielt der eoan- gelifche Stadtpfarrer Rapp, in der er die Maifenkinder auf die Bedeutung des Mechnachtsfeftes hiuwies. Dann sprach Stadtrat Dr. Gustav Biser über die Tätigkeit des Maifenhaufes im letzten 3ahre, über die erfolgten Schenkungen und Stiftungen» Vorträge und Auffichrungeu durch die Rinder folgten» — Auch in diefem Jahre wurden die Kiuder von Oberfchloßhauptmanu Fbelherru von Seidenei 311 einer Vorftelluug im H°fthealer eingeladen. Dem — 1^4 — Grundstock des Waisenhauses gingen 1000 Mk. von Kommerzienrat Friedrich Wolff zu, 100 Mk. und 5000 Mk. von nicht genannt Sein wollenden Mohleätem, 500 Mk. aus dem Hachlaß der Frau Karl von Lilier Witwe und 342 Mk. 86 Pf. aus einem Ver­ mächtnis des verstorbenen Anwalts Karl Bus ch. Auch verzichtete die MüllerSche Hofbuchhandlung auf Zahlung von 56 Mk* 90 Pf* für Anseigen* Am 27» Dezember hielt die Ortsgruppe des deutschen Frei* denker-Bundes eine Freidenker-Sonnenwendfeier ab unter Mitwirkung des Sängerbundes „Vorwärts"* T. Vogtherr aus Miesbaden Sprach über: „Mechnacht, das F eft der Liebe und des Lichts"» 3* 3lu0]M mx$m. 3m Aunf f ve r e i n waren im 3auuar ausgeftellt: Merke des Schotten Aufton Brown, der Münchener Gruppe (Haus Hamnier, Hans Lesker, VD. Krieger, E. Oswald, 3· Tepler und H· Schuls), 2 Bilder von Lovis CorinfürBerlin, \ Arbeit von E* Burmefter- Ratzeburg, Arbeiten der Karlsruher Aünftler E. Sprung und E* Segwch und Solche des Lefürtger Aünftlerbundes» J t t der Größtmöglichen M a j o l i k a - M a n u f a k t u r fand Seit Ende 3anuar eine Sonder-Ausstellung Statt: Original M ajo­ liken von Haus Thoma» Ferner waren neu ausgeftellt: 2 prunk- vafen von Michelm Süs und Hans Graßmann, große ptaftik von T. Taucher, Reliefs von Dr. Greiner, 3 usendheim, Michelm Kollmar u» a. Am 15. und 16. Februar waren in der Turnhalle der GartenStraßeSchule die im Laufe des vergangenen Schuljahres in der Sophi enSchul e angefertigten Handarbeiten und Kleider aus­ gestellt Die Seit 1899 begonnene HeuaufStellung der geologischen Schaufamrulungen im G r o ß h e r 3ogl i chen n a t u r a l i e n - ka b i n e t t hat durch die am 20. Februar 1910 Stattgefundene Miedereröffnung des Südöstlichen Eckfaales einen gewiffen Abschluß erreicht* Mährend der nordöstliche Eckfaal mit der HeuaufStellung der 3nSe?tenSammlungen 1902 eröffnet werden konnte, ift im Süd* östlichen Eckfaal die heimische Säugetier- und Vogelwelt neu auf* 175 geftellt. Es ist eine biologische Aufstellung mit Beschränkung auf die in Baden als Ständig aUspifaSSenden Arten. Die Baugewet keSchul e hatte im März eine Ausstellung Sämtlicher Schülerarbeiten ihrer 5 Abteilungen veranStaltet. Die Ausstellung wurde vom Großher3og am 2\. M är3 befucht. Am Ostermontag, 28. M äiJ, wurde in der Städtischen Aus­ stellungshalle eine E t h n o g r a p h i s c h e Au s s t e l l u n g der B a s l e r M i f i t o n eröffnet. Sie enthielt eine Darstellung des Lebens und Treibens der Eingeborenen aus den vier Ländern, in denen die Basler Mifffon arbeitet (Goldfürte, Kamerun, 3adien und (China). Fat die Ausstellung hatte Sich ein Ehrenkomite gebildet, dem der Vorschende des Aolontalveretns, ProfeSSor Dr. von Oechechäufer, außerdem Galeriedirektor D. Hans Thorna, Geheimer ©berbaurat ProfeSSor Dr. Baumeister, der Präsident des evangellschen Oberkirchenrats D. Helbing, MimSler Fbelherr von Marschall und der Direktor des Realgymnafiums Geheime HoSrat Treutlein angehörlen. Am 14. April hielt auf Veranlagung der MiSSion Dr. med. Olpp im kleinen Saal der FefchaUe einen Vortrag über Erfahrungen aus der ältlichen Miseron. Der Schluß der Ausftellung fand am 17. April mit einer Anfprache von Oberkirchenrat Mayer von hier und einem Dankgebet von MiSstonar Knobloch- Durlach Statt. Hierauf wurden die M it­ wirkenden MtSSionare von Großher30gin LulSe empfangen. Hachu trägüch besuchten am 19. noch einige Schulen die Ausstellung, auch PrfüreSsin Map mit ihrer Tochter besichtigte Sle* 3 m Saujen Sollen nach Angaben der Tagesblätter an 25 000 Personen in der Ausstellung gewefen Sein. 3m Lichthofe des KunStgewerbemuSeums fand im April eine Ausstellung von A m a t e u r - P h o t o g r a p h i e n Statt. Etwa 400 Arbeiten waren 3ur Schau gebracht» Am 24. April veranstaltete der I. Badlsche Aynologenverein eine „ Al l g e me i n e Au s s t e l l u n g von Hunden"» Am Abend Sand Abgabe der Diplome und Verteilung der Ehrenpreife Statt, an denen über 200 gegeben wurden» Am !♦ M at wurde die Ausstellung der Vereinigung für a n g e wa n d t e A un ft im Auultverein mit einer AnSprache von ProfeSSor Tarl Ule eröffnet* Die Vereinigung hatte Sich tat Saufe 176 des Wintens gebildet zur Förderung derjenigen Art von Kunst, die mit den Bedürfnissen des praktischen Lebens verwachsen für Die Ausstellung zeigte einen Empfangsraum, eine Verkaufshalle eines Kaufhauses, ein Herrenzimmer, Diele mit Vorplatz, Kinder- 3immer, Konventzimmer und ein Hote lzimmer. Außerdem waren Keramik, Majolika-Manufaktur, Handarbeiten (Stickereien) und Textilsachen, Reklamekunst, Schwarzwaldindustrie, Metallarbeiten, Glasmalerei vertreten» An Malerei und Plastik wurde vorgeführt, was sich in den besonderen Dienst der Raumkunst Stellte. Der Katalog war mit Abbildungen, Sowie zeichnerlschen Beiträgen von Hans Thoma, Volkmann, Eichrodt, Schoneter u. a . vertreten. Die Z ahl der Aussteller betrug etwa 140. I m M ai befand Sich im städtischen Archiv, G artenstraße 53, eine Ausstellung, die die geschichtliche Entwicklung des KarlsruherHoftheaters starstellte. Die Sammlung umfaßte Porträts, Theaterzettel und verschiedene sonstige auf das Hoftheater bezÜgliche Archivalien. Vom !♦ bis 8* M ai besang Sich in den Räumen des Landes­ gewerbeamts, Karl Friedrich-Straße 17, eine Ausstellung von Ge f e i t e n stücken im Haudwerkskammerbe3trk Karlsruhe» 3 m Mufeum der *Hunftftic?ereiSchule der Abteilung I des Badifchen Frauenvereins, Hans Thoma-Straße 2, wurde vom 23» M at bis 3* 3 uul eine ausgewählte Sammlung chineSlscher und japaulscher kunstgewerblicher EtjeugulSSe aus hlefisem Privat- beSiß ausgestellt* Am 4* 3uui wurde im Auuftverein aus dem Hachlaß des verstorbenen ProfeSSors M a p R o m a n eine Ansahl Gemälde, Studien und Zeichnungen ausgeSlellle Ebenfalls im 3 uui Saud im KunStoerein eine F e r d i n a n d uud M i l h e l m Ao b e l l - Au s S t e l l u n g , pfäfürche Aunft jur Zeit Aarl Theodors, Statt Am 17* 3uli veranStaltete der Klub Badi Scher F a r b e n - ka n i nc he u3Üchter Durlacher Allee 29 eine Aautucheu-AusSlellung verbunden mit GartenfeSt uud Preiskegeln, Zur Erinnerung an den 100jährigen Todestag der K ö n i g i n Lui j e von P r e u ß e n am 19* 3ati wurde auj VeranlaSSung der Großhe^ogin Luije, der Enkelin der Königin, in der KunSchalle 177 eine Ausstellung veranStattet, die dem Gedächtnis der Königin gewidmet war» Die Ausstellung enthielt außer einer Anzahl persön­ licher Andenken der Fürftin eine große Sammlung von Bildnisern» E s waren Gemälde, JDaftelle, Stiche, Reliefs und BüSlen von M armor und Bron3e, die ihre Gestalt in verschiedensten Lebens­ altern und Lebenslagen vor Augen führten. Am 25» 3ati veranstaltete der Verein von A q u a r i e n - und T e r r a r i e n f r e u n d e n in der Orangerie eine Ausstellung von Aquarien und Terrarien» Erfte, sweite und dritte preife wurden verteilt Am 27. 3uli wurde auS Anregung der „ T y p o g r a p h i s c h e n Ve r e i n i g u n g K a r l s r u h e " im oberen Saale der Aarlsburg, AkademleStraße 30, eine Ausstellung von juleraten aus K arls­ ruher Tagesseitungen veranStattet Mährend der Ausstellung fand ein Vortrag statt über das Thema; „Mie Stelle ich ein geschmack­ volles 3 nferai her?" Vom 27* bis 29* AuguSt faud im GartenSaal der Eintracht eilte B r i e f m a r k e n - A u s S t e l l u n g Statt Eiue Reihei von Ausstellungen wurde anläßlich der St Iber neu Hochjei t des Großhetjogspaares veranftaltet; über diefe wird hier berichtet» Die Vol ks kunSt aus St e l t ung im AunStgewerbemtrseunt wurde bereits am 7. Ju li eröffnet. AuweSend bei der Eröffnung waren der Großher30g und die Großheijogin, Großhersogin Luife hatte einen Vertreter entfandte Außerdem waren 3Ugegeu der Viser präSident der ErSten Kammer, Geheimer Rat Dr. Bürklin, Ober­ bürgermeister Siegriff, die Bürgermeister Dr. H°rfimann und Dr. Rknlschmidt und mehrere Stadträte, der Rektor der Technischen Hochschule, Geheimer H°frat ProfefSor Dr. von OechechäuSer, Galeriedirektor Haus Thoma, die VorftandSchaft der KunSlschule und andere Vertreter von liunft und XDiffenSchaft, Soime mehrere Hof- und Staatsbeamte. Die Größtmöglichen Herrschaften wurden von Herrn HalZSchuh und Fräulein Emmy Schoch, die beide Volks­ tracht angelegt hatten, in einem mundartlichen Dialog, bet dem Herr Holsfchuh in oberbadlschem, Fräulein Schoch in unterbadlschem Dialekt Sprach, bewillkommt. Auf eine Aniprache des Direktors der KunStge werbefchule, ProSeSSor Karl H°ffacker, der mit einem 12 178 Hoch auf den Großherzog Schloß, antwortete der Großheijog. E s könnte. So hlef es in den Mörlen des FürSlen, nicht leicht etwas Schöneres geboten werden, als das, was in der Ausstellung mit umsichtigem Fleif und mit hulsebender Sorgfalt 3uSammengeStellt Sei. Schon lange hatten der Großheitjog und die Großheijogin mit großem 3atereffe und mit Steigender Fatforge die Bestrebungen 3ur Erhaltung der Volkstrachten verfolgt, und So Sei es befonders erwünscht, die Volkskunst da vereinigt 3U Sehen» Hach der An­ sprache wurde ein Rundgang durch die Ausstellung unternommen.— Die Gruppierung der großen und 3erSplitterten MafSe von Efürel- gegenStänden geSchah nach 5wet Gesichtspunkten: nach inhaltlichen und nach lokalen Gruppen. Durch die Gruppierung nach efürelnen Städten und Landschaften 30g das gatrse badlsche Laud vou Mert- heirn bis in die Bodenfeegegend in gefchloSSeneu Bildem vor den Augen des BeSchauers vorüber. Mir neunen fiser die beiden großen Sammlungen von Alt-Durlacher und Alt-Mosbacher Fayencen, Erseugniffe des Aüferhaudwerks aus Meinbaugegeuden, Maffel- modelle der in Mercheim einheimischen Zuekerbäckerei, aus dem Möbelgewerbe Schränke in verschiedenem Stil, je nachdem Sle dem Oberland oder dem Unterland entstammen, EtJeugniffe der Kunft- Schmiedearbeit» Ein besonderer Raum war der Schwar3wald- induStrie mit ihren Haupt3treigen — der Strohflechterei, der Uhr­ macherei, der GlasbläSerei und der Kattundruckerei — gewidmet. Die Trachteulammlung des KunStgewerbemuSeums und die bäuer­ lichen Mohn- und Mirtsftuben ergäu3teu das Bild, das die Aus­ stellung von alter Volkskunst bot. 2. 3 n den Räumen der Orangerie wurde am 4. September die Ar c h i t e k t e n - Au s s t e l l u n g eröffnet. Der Großhe^og und das Minifterium hatten Vertreter entfandt. Die Stadt war durch Bürgermeifter Dr. Paul und Stadtrat Rölfch vertreten. Außerdem waren der präfident des evaugelifchen ©berkirchenrats Geheimer Rat D. Helbing, der Vorstand der Größtmöglichen Sammlungen Geheimer Rat Dr. Gruft Magner uud andere perfönlichkeiten anwefeud. Die Eröffnungsansprache Irsele der Vorftaud der Architektenvereinigung, profeffor Hermann Billing. Hach dem Rundgaug fand in den Räumen des Rünftlervereins ein Fespeffen ftatt, bei dem Profeffor Billing die Gäfte begrüßte, Bürgermeifter Dr. Paul namens der Stadtverwaltung den Dank für die Ein­ ladung, aber auch für das Merk der Ausstellung felbft ausfprach. Der 2. Vorstand der Architektenvereinigung, Profeffor Eugen Beck, gab ein Bild des XVirkens und Strebens des Vereins» — Die Ausstellung umfaßte in 18 Abteilungen Miedergabe von Merken hlefiger Architekten: neben ausgeführten Schöpfungen auch Ergebniffe von Mettbewerben und Projekten für die ZukUUft. Mir können hier nur einige nennen: Modelle des von Profeffor Billing gefchaffenen Kieler Rachaufes und der Mannheimer Runfchalle* Zahlreiche 2Tiodelle von Mobnhäufern, Villen, Kirchen, Bank- gebäuden, Hotels, wie fie von der Fim ia Turjel und Mofer gefchaffen wurden* Architekt Emil Deines ftellte Entwürfe für Znduftriehauten aus, Heinrich Sepauer einen plan des zur Bebau­ ung freigewordenen Balischofgeländes. Stilvolle Gartenanlagen bot Map Länger* 3. Am 11. September wurde in den Räumen des Aunf t - v er e i ns eine Ausstattung eröffnet, die nicht nur charakteriftifche Merke der 3ur3eit tu Karlsruhe wirkenden "Künstler, fondern auch folche aus der großen Zal?l jeuer, die jemals an den tischsen Aunftiuftituteu als Schüler ftudiert hatten* Etwa 70 auswärtige Künstler wurden eingeladen, Merke 3ur Verfügung 3U ftelleu. Hahe3u fämtliche entsprachen der Einladung. Darunter befanden Sich die Maler Schramm-Zittau, Haus am Ende, F rch Aall- worgen, Ulrich Habeler, Schuisernaumburg, SteinhauSen, E* R» Meiß-Berlin, Eugeu Bracht-Dresden, Anton von Merner, M ay Klinget* und die Bildhauer Bermaun - München, HeSne * Rom, Stephauie-Dresden, Stadechofer-Rom, Elkan-Paris. Von den Suijeit hler wirkenden Selen genannt, Hans Thom a, Ferdinand Adler, Kaspar Ritter, Otto Leiber, Hellmuth Eichrodt. 4* Die EröSfnungsSeier der RoSen- und H e r bSt bl umen- a u s S t e l l ung , die der Gartenbauverein Karlsruhe und der Verein deutscher Rofenfreunde unter der Leitung des Stadtgartendirektors Friedrich Ries in der Städtischen Ausstellungshalle veranStattet hatte, Sand am 17. September um U Uhr vormittags Statt* <ZU der Feier waren neben einer A^at^l höherer Beamten Oberbürger­ meister Siegrift, die Bürgermeister Dr. HorSimann und Dr. paut, mehrere Stadträte und andere GäSle erschienen. Die Eröffnungs­ 180 ansprache hielt Stadtrat Emil Glafür 3 m vorderen Ausstellungs­ raum Standen Tafeln mit Schnittrofen, Gruppen von dunkelgrünen Myrchenbäumchen, Thryianthemen, Dahlien in allen Farben, rot- leuchtende Gladiolen und Tritona Tarolina» Dazwischen Sah man Veilchen, Begonien, Tifche mit Heiken, Roien und feinen Farrenkräutern, Blumenkörbe und Bukette in kunstvollen Ge­ binden, auch ein Zeppeltnfchtff, geSchmückt mit Maiblumen und Veilchen u. a. Durch einen Laubgang, der aus Lorbeerbäumen hergeftellt war, gelangte man in den 3weiten Teil der Ausftellung. Hier befand Sich das GeSchenk für das Großhersogspaar, ein mehrteiliger Blumenständer, bekrönt von 3 Helkengebinben in den badiSchen Farben, während die Seitenteile mit Veilchen, Orchideen und ZtatmerSarren veheiert waren. Den Abschluß des Raumes bildete ein Kunstwerk der Teppichgärhierei. AuS einer Schiefen Ebene waren nämlich aus nerSchiedenSarbigen Dahlienblüten Mappen und Krone des badiSchen Fürfleuhaufes hergeftellt Durch die AuSSlellung von palmen und Sonstigen grünen Bäumen rund um das parkett wurde der Aoutraft 3Wtfchen blschendeu Blumen, RoSen, Cyclamen (Alpenveilchen), Dahlien und ASlern lebhaft hervorgehobem — Um 3 Uhr nachmittags Statteten der Großhetjog, die Großhetjogin und die Königin von Schweden der Ausstellung einen Befuch ab. — Heben Geldpreisen waren 32 Ehrenpreise gestiftet worden, darunter 1 von prfüreSfin Map, von Geheimerat Dr. Bürklin, von den Stadträten Glajer und Kölsch und anderen hiefigen und auswärtigen Firmen, EfürelperSonen und Korporationen. 5. Am 17. September um {2 Uhr nachmittags faud in der Landesgewerbehalle die Eröffnung der El ekt rot echni schen S o u de r a u s Stel lung für "Kleingewerbe, Landwirtschaft und Haus­ halt Statt, die vom Laudesgewerbeamt und vom GenoSSenSchafts- verband landwirtschaftlicher Vereinigungen veranstaltet worden war. Der Eröffnung wohnten der Großher30g und die GroßhetJogiu an. Außerdem waren 5ugegen MiutSler Freiherr von Bodman, der Voaffand des Landesgewerbeamts, Geheimer Regierungsrat Dr. Tron, der Präsident des GeuoSSenSchaftsverbaudes badlscher landwirtschaftlicher Vereinigungen, Stadtrat niederbichl von RaStatt, der Pfürident des Verbandes badlscher Handwerker- und Gewerbe­ vereine, Stadtrat Robert OSlertag von hier, Oberbürgermeister 181 Siegrift, die präfidenten der Handelskammer und der Handwerks­ kammer, von Profefioren der Technischen H°chfchuler die Geheimen Hofräte Dr. Bunte, Dr. Lebmann und Dr. Arnold und andere höhere Beamte, Sowie Vertreter von Handel, Gewerbe und Land- wirtfchafkt Die Eröffnungsrede hielt Dr. Tron. Seinem Munfche entsprechend erklärte der Großherzog mit einleitenden Morten die Ausstellung für eröffnet, woratlS eine Besichtigung derselben ftatt- Sand. 3n der Ausstellung waren folgende Hauptgrnppen vertreten: 1. Motore verschiedener Bauarten für Gleich* und MechSelStrom. 2» ArbeitsmaSchinen für Ein3el- und Gruppenantriebe, und 3war für Schreiner, Schloffer, Buchbinder, Schneider, Bäcker, Metzger und andere Handwerke, Mebftüliser 3. Arbeitsmafchinen für die Landwirlschasu, 3. B. F utterfchneidmafchinen/ Drefchmafchinen, Häckfelfchneidmafchinen, Zentrifugen ufw. 4* Maschinen für den Haushalt, Entftaubungsanlagen, Ventilatoren, Hät^, Mafch-, Eis-, Gefchirrfpül- ufw» Mafchinen. 5. HeiS? und Kochapparate, Bügel- eifen. 6. Beleuchtung, Treppenfchaltung, Reklamebeleuchtungs­ apparate u. dergl. 7♦ Statiftifches Material. 6. Endlich fand im f t ädt i fchen S a m m l u n g s g e b ä u d e feit dem 19. September eine Ausftellung ftatt, die die wichtigften Vorgänge aus dem Leben des Großher30gs und der Großhetjogin durch die in den ftädtifchen Sammlungen befindlichen Archivalien, Bildern und fonftigen Gegenftäuden darftellte. Die Fef t Jefchenke, die das Großher3ogspaar anläßlich der filbernen H°ch3eit erhielt, waren im Oktober im Palais Prfür Rarl ausgeftellt. 7. nachträglich veranftaltete aus Anlaß der filbernen Hochzeit des Großhersogspaares der B r i e f t a u b e n -Z u ch t v e r e i n „B 11 vom 10. bis \ 2. Dejember in der ftädtifchen AusfteUungshalle eilte Allgemeine füddeutfche Militärbrieftauben-Ausftellung. Am 16» Oktober wurde im alten ftädtifchen Krankenhaus eine G a r t e n ft a d t a u s ft e l l ung eröffnet. Modelle engtifcher Gartenftädte, holländisches Einfamilienhaus, deutfche und amert- kauifche Arbeiteranftedelungen, Material der deutfchen Gartenftadt- bewegung, piäne der geplanten Gartenftadt im Stadtteil Rüppurr, Vorarbeiten für die Gartenftadt bet München, eine Darftellung der MotMungskolonien in Ulm, Photographien und Modelle für die 182 Häuser von Bahn- und Weichenwärtern und anderen B eamten der Generaldirektion der badischen Verkehrsanftalten waren vertreten. Am 5» Hovember wurde in der städtischen Ausstellungshalle die G e f l ü g e l a usSt e l l ung des Badischen GefIügelzuchtvereins eröffnet* Sie enthielt über 500 Hummern und mehrere Tausend Stück der verschiedensten Geflügelarten. Der M a l e r i n n e n - V e r e i n K a r l s r u h e hielt, wie Seit mehreren 3 ah ren, vom 13. November an eine 15tägtge Ausstellung von angewandter Kunst, Graphik, Kunstzeichnungen u. dgl. und zwar im Berichtsjahre im Laden Ritterftraße 14* Der 1888 gegründete Verein von Vo g e l f r e u n d e u in Karls­ ruhe veranstaltete vom 26. bis 28. November eine Ausstellung von Kanarien-, Zier* und Singvögeln mit Glückshafen. Am 27. November hielt der I. K a r l s r u h e r Ky n otogen* K l u b (Protektorat der Großherzogin Luise) eine Große Spezial- Schau von polizeihunden-Raffen und Vorführung dressierter Polizeihunde ab. Die Ausstellung der Ή u n ft ft t Æ e r e i f ch u 1 e des Badlschen Frauenoeretns fand im Galeriegebäude, Haus Thoma-Straße 2, am 3., 4., 5. und <5. De3ember Statt. Vom 18. De3ember an waren im K u uff ver e i n Merke von MeiSlerfchütern der Akademie ausgefteltt, Malerei, ptaftik und Graphik. Außerdem Sand daSelbft eine Hachlaß^ Ausstellung oou Merken des ver- ♦* Stör benen M alers Aarl Hetlis Statt : Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Am 25. uud 26. De3ember hielt der I. Ge f l ü g e l - und R a n i n c h e n - Z u c h t o e r e i n im Gasthaus „311m Ritter", Ecke Hardt- und RheinStraße, eine Ka n i n c h e n - und Ge f l ü g e l - Au s f t e l t u n g mit Prüfung von Schlacht- und RaSSetieren ab. 4. ^hiern^würbigbelißn. Vom 13. bis 25. Jun i Sat* der Z i r k u s S c h u ma n n Vor­ stellungen auS dem Feftplsch. Vom 23. bis 28. August war auf dem Meßplatz HaSeUbecks JndiSche VölkerSchau aufgefchlagen: etwa 100 3udier (Männer, Frauen, Rinder), ferner RleSenelephanten, Bären, Affen, Schlaugen ufw. Vom 26. Oktober bis 5. Hovember gab der rumänische Z i r k u s C é f a r S i d o l i Vorftellungeu auf dem Feftplsch· VIII. V e r k e h r s w e s e n . ♦♦ ber den p o st = u n d T e l e g r a p h e n v e r k e h r von Karlsruhe im J ahr e 1910 liegen folgende Angaben vo r: Briefssendungen (Briefe, postkarten, D rucksachen, Geschäfts» papiere und W aren p ro b e n )...................... 25 020 900 Stück an 21 873 900 Pakete ohne W e r t a n g a b e ................................ 938 606 ,, an 893 660 ,, Briefe und Pakete mit Wertangabe . . . . . . . ab 30 866 ,/ an 30 895 ,/ Nachnahm efendiingen........................................... 165 396 ,, p o s ta n f trä g e ........................................................... 23 057 ,, an 14 W ,, Postanweisungen..................................................... 566 331 ,, an 739 256 ,, Betrag d e r s e l b e n ................................ 29 713 237 Mk. an 38 391 827 ,, Aufgegebene Z a h lk a r te n ..................................... , . . . ab 200 009 Stück Betrag derselben..................................... 33 115 373 Mkt Eingegangene Zahlungsanweisungen. . . . . . . an 25 976 Stück Betrag derselben..................................... . . . . an <5 953 0 18 Mk. ~ , , ( tnlundtfche: T elegrun in te ..................................... ab ft. ' ‘1 uuslundtsche: un (in- und unsländifche): 130 609 Stück 34 580 ,, 203 855 „ 3m Vergleich mit dem Verkehr des Z aires 1909 hader zuge- nommen: Die abgegangenen und angekommenen Pakete ohne Mertangabe, ebenfo die Poftaufträge, die Zahlfarten und Zahluugs- anweifungen, die abgegangenen inländifchen Telegramme, fowie die angekommenen Telegramme. Alle übrigen Pofitionen weifen eine Abnahme auf. 184 Von dem Umfang des Weih nachts- und N eujahrsverkehrs bei den Postämtern der Stadt geben folgende Zahlen ein Bild: 3 n der Zeit Pom 16. bis einschließlich 24. De3ember wurden 50 398 Pakersendungen (1909: 429O8) eingeliefert. Ferner gingen in der Zeit vom 19- bis 25. Dezember 37 847 Stück (38 539) 5ur Bestellung und Abholung ein» Vom 27. Dezember mittags bis ein­ schließlich 31. Dezember wurden 934 648 (879 148) Stück Freimarken, PoStkarten und K artenbriefe verkauft, darunter 450 281 (443 565) Freimarken 311 3 Pf., 271 378 (231 956) Freimarken 3U 5 Pf., 130 438 ( I I 6999) Freimarken 3U 10 pf., 34 086 (34747) poft- karten 3U 5 Pf. und 287 (301) Kartenbriefe. Auf die Zeit vom 30. Dezember mittags bis 31. Dezember abends entfielen von der angegebenen GeSamt3ahl 488 293 (389 630) Stück. Te t e p h o n g e Sp r ä c h e fanden 1910 Statt und 3war im O rts­ verkehr gegen PauSchgebülsu 9 2^0 821 (1909* 6 573 082), gegen Grund- und Gesprächsgebühren 1 513 791 (1 331 581), Sonstige GeSpräche 39 1Z4 (40 360), im Vorortsverkehr 230 368 (210 001), im Fernverkehr 912 183 (875 158). Die Zafyl der übermittelten Telegramme und Sonstigen Hachrichten betrug 8508. t » Uber deu Verkehr auf den lischsen Stationen der S t a a t s * e i f e n b a h n e n liegen folgende Angaben vor: 3 m 3al?r 1910 wurden 2 080946 (19°9: 19^1581) PerSonenfahrkarten für 2 325 414 ( 1909: 2 168 667) Fahrten ausgegebeu. Abgegangen Sind U 602 760 (10 106 160) Kilogramm Gepäck, Expreßgut und Milch, 18 79.9 ( 1̂ 672) Tiere und 42 (36) F ahr3euge und Leichen. Au Gütern Suld 1 749 166 (1 669 027) Tounen abgegaugen und angekommen. Die Gesamteinnahmen betrugen 10 114 998 (10 179 358) Mk. 3m Hanptbahnhof wurden 236 632 (231 794) Bahnsteigkarten gelöst. Auf der Städt ischen S t r a ß e n b a h n betrugen 1910 die Gesamteinnahmen von Personenbeförderung 1 210 093 Mk. 20 Pf. ( I909: 1 193073 Mk. 83 Pf.), das iSt eine Zunahme von 1,4 °/o ( I909 seJen 1908: 3,9 °/o). Die laufenden Betriebseinnahmen*) *) Vom 1· Junnur 1910 wurden Unstelle der bisherigen Fahrichuinhefte zu 2 Mkt (25 Scheine für 10 pst-Strecken) und 3 Mkt (25 Scheine für 15 pf.- Strecken), folche zum Preife von 1 Mkt (11 Scheine für 10 psuStrecken) und 1 Mkt 50 pst ( u Scheine für 15 psu Strecken) unsgegeben. 185 im garten (Personenbeförderung, Gepäckbeförderung, Stromabgabe an Dritte, Mieten aus Gefchäftsanzeigen u. dgl.) betrugen 1 256 251 Mk. 46 Pf., die reinen Betriebsausgaben 849 078 Mk. 10 pf. (8U 922 Mk. 50 Pf.). Der Betriebskoeffizient betrug 67,58 % (66,46 °/0). Fat Veheinfung und Tilgung der in der Straßenbahn angelegten Anlehensmittel, fowie 5ur verstärkten Amortifation waren 447 330 Mk. an die Stadtkaffe ab3uliesurn; hievon konnten 40? 189 Mk. 20 Pf. aus den Betriebsergebniffen aufgebracht werden, fo daß 3ur Ablieferung des garten Betrages ein ZufchUf der Stadt in Höhe non 4° 14° Mk. 80 Pf. in Anspruch genommen werden mußte. 1909 betrug diefer Zilschuß 29254 Mk. 10 Pf. Die höchfte Tageseinnahme (ohne Falsch fcheinhefte und Abonnements) brachte der 18. September mit 5315 Mk. 20 Pf. aus Anlaß der Durlacher Airchweihe und der Ruderregatta im Kheischafen. 3 m normalen Betrieb beliefen fich die höchsten Tagesbareinnahmen (ohne Fahrfcheischefte und Abonnements) wie folgt: Am 16. M ai (Pfingftfonntag) 4703 Mk. 50 Psp am 28. M äij (Oftermontag) 4439 Mk. 80 pf., am 16. Oktober (allgemeine Kirchweche) $282 Mk. 50 pf. Die niedrigste Tages­ bareinnahme brachte der 17. Februar Mit 1794 Mk. 60 Pf. Perfouen wurden im Berichtsjahre 13 998 326 befördert (13 608 8O9), d. i. etue Zunahme von 2,86 °/o (1,3 %). Die Betriebslänge betrug 16,99 ime im Vorjahre, die Gleisläuge 29,80 km (29,65 km). Die Zahl der geleifteteu Motorwagenkilometer betrug 2 718 057 (2 506 659), Zunahme 8,43 °/0. Die Zal?l der Anhänge­ wagenkilometer betrug 467 678 (467 085), Z unahme 0,12 °/0. Der Magenpark wurde um einen in den eigenen Merkftätten ijahge- ftellten Schienentransporimagen vermehrt; es find voichauden: 56 Motorwagen, 33 Anhängewagen, 3 Sakwagen, 1 Gepäck­ wagen, \ , Hilfsserätewageu, 1 Achsbruchwagen (für Betriebs­ störungen), 3 Schieuentranspoiüwagen, 1 BahnmeifterlowrY, 5 Montagewagen und 2 lschrbare Leitern. 3U der Magenfolge auf Linie 6 (Hauptbalischof—“Kühler Krug) wurde eiue Verdichtung vorgenommeu, infofern, als von 7 Uhr morgens bis 9 lisch abends ein durchgehender Fulifminutenbetrieb eingeführt wurde. 3 m übrigen blieb der regelmäßige Fahrulan für den Minter- und Sommerdienft der gleiche wie im Vorjahr. Die Zal?l der Unfälle bei Falschäften betrug insgefamt 20 wie 1909, wobei einige unerhebliche Vorfälle unberücksichtigt find; weitaus die Mehrzahl diefer Unfälle wurde durch Selbftverfchulden der Betroffenen verurfacht. Bei einigen waren die Verletzungen ernfterer Hatur. Bet Drittpersonen kamen 15 Unfälle vor, 2 mit TodesSolge. j u beiden Fatteu las Selbftverfchulden vor. Bet dem eigenen Perfonal ereigneten Sich 20 Unfälle, doch hatte keiner ernSle F °lseu. Zufanimenftöße mit fremden Fahrmerken und Drofchken erfolgten 13, von deuen 6 erheblicher Art waren. 3 n einer größeren Reihe von Fallen konnten drohende Z ufammen- ftöße durch die Aufmerkfamkeit der Mageufübrer verhindert, be3W» abgefchwächt werden, fo daß nur unbedeutende Befchädigungcn erfolgtem Z ufantmenftöße 3wifchen 3wet Straßenbahnwagen waren fünf 311 verzeichnen; in einem diefer Falle trugen einige Perfonen Verletzungen davon. Die bei der Verficherungsgefellfchaft gemeldeten Unfälle wurden von diefer in 3ufriedenftellender Meife erledigt. Die Gefamtfumme der von der Gefellfchaft 1910 be3ahlten Gntfchädi- gungen belief sich auf 1945 Mk. 80 Pf. Seit 1903 bis Ende 1910 wurden von der Straßenbahnkaffe an Versicherungsprämien insgefamt 78 532 Mk. 16 Pf. be3ahlt, denen während des gleichen Zeitraums Gegenleistungen von 4485 Mk. 34 pf. gegenüberflehem Angebahnte Verhandlungen hatten den Erfolg, daß vom l . 3 auuar ab die Straßenbahn auf die Dauer nou 3 Zafüru mit 25 °/o an dem Prämiengewinn der Verficherungsgefellfchaft, foweit der Karls­ ruher Betrieb in F raSe kommt, beteiligt ift. Befchäftigt waren im gau3cn 1910 tu der Verwaltung uni> in den Bureaus, in den Merkftätten, dem Kraftwerk und im Fahr? dienft 34B (332) perfoueu. Die Betriebseiuuahmeu der K a r l s r u h e r L o k a l b a h n e n (Durmersheim—Karlsruhe—Spöck) beliefen fich im Betriebsjahr 1909/10 auf 218 833 Mk. (1908/9: 204 420 Mk.). Die Zat?l der verkauften Perfonenfahrkarlen betrug 1 696 993 (1605 406). Tiere wurden 176 (143) Stück befördert, an Gepäck 355 170 kg (537 350 kg) und an Gütern 5812 (5266) Tonnen. 3 m P er? fonenveickehr floffen etwa 62 °/0 der Einnahmen aus dem Arbeiter- verkehr. Die Einnahmen aus dem Güterverkehr betrugen etwa 7 °/o der Gefamteinnahmeul 187 Auf der Al b t a l bahN wurden 1910 3 323 258 Perschien befördert ( 1909: 3 101 712), außerdem 627 (575) Tonnen Gepäck, 259 (303) Tonnen Tiere und 198 736 (190 U 2) Tonnen Güter. Die Einnahmen betrugen 73(5064 Mk. (711 311) Mk., die Aus­ gaben 463 256 Mk. (460 128 Mk.). 3m K a r l s r u h e r R h e i n h a f e n kamen im Zalsue 191° 1833 Schiffe an (1909: 1710), abgegangen statt 1800 (1692). Von den im ganzen 3633 (3402) angenommenen und abgegangenen Schiffen waren 1987 (1744) leer. Der Verkehr in Kies- und Steinnachen belief sich auf 292 (375) im Z U:? und Abgang. 11m- geschtagen wurden im ganzen 846 470 (830 823) Tonnen Güter. Angekommen Sind an Gütern 685 353 (673 714) Tonnen, ab- gegaugeu 161 U7 (157 109) Tonnen. Vom GeSamtverkehr ent­ fallen auf Steinkohlen, Koks uud Briketts rund 51 °'o, auf H°l3 riutd 19°/o, auf Getreide, Ölfaateu und (Ölfrüchte rund 11 % und auf Baumaterialien rund 6,8 °/o. Hach dem Mapauer Pegel hatte der Rhein einen MaSSerschnd unter 3,5 m an 7 (82) Tagen. Die Schiffahrt nach dem Karls­ ruher Rheiichafen war an 12 (63) Tagen eingestellt. Der Güterverkehr hat gegenüber dem Vorjahre um 15 647 t = 1,9 °/o 3Ugeuommen (1909 seJeu 1908 um 188 180 t = 29°/o). Die geringe Verkehrszunahme ift in der Hauptjache darauf 3uriicf- 3uführen, daß in dem gelinden Miuter 1909/1° nur weuig Kohlen ab Lager Rarlsrsche verkauft wurden und infolgedeffeu die hleftseu Kohlenlager im Frühjahr 191° noch faft gari3 angefüllt waren. Die Einnahmen ftieson um ruud 42 874 Mk. = 10,8 °/o und « t die Ausgaben um rund 25 160 Mk. = 10,7 % * Der Uberschuß der tatsächlichen Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben belief sich auS 181016 Mk. (163 302 Mk.) uud war Somit nur 17 714 Mk. = 10,8 °/o höher als im Zhiere 1909· Die Gesamt­ einnahmen betrugen nämlich 441 204 Mk. (398 330 Mk.), die Aus­ gaben ausschließlich VetjinSung und Tilgung des Anlagekapitals 260 188 Mk. (235 028 Mk.). Bis Ende 1910 wurden ab3iigiich des ErlöSes für verkauftes Hafengelände für den benützbaren Teil des Rheinhafens insgesamt 4 174 483 Mk. aufgewendet. Der t t genannte Uberschuß der Einnahmen über die Ausgaben (181 016 Mk.) ermöglicht Somit eine 3,6 °/oise VetjinSung und O,75°/0ige Tilgung 188 des Anlagekapitals. Z u der vorgefchriebenen 1,1 Etagen Tilgung des Gefamtkapitals und der größeren Abschreibung der Ausgaben für Maschinen ulw. ift noch ein Z uSchuß Pon 45 055 ZTif. 4 pf\ erforderlich. Zur Vermietung kamen weitere 3362 qm HafeUJelände, ins­ gesamt waren 216 623 (215 261) qm vermietet» Verkauft wurden 5026 qm große Plätze. —> IX Übersicht über bie Witterungsverhältnisse. A. JitlimmätligE ©archellung bet rotchf lochen klimaiipchen (ElentEitiB. 1 9 1 0 Luftdruck Lufttemperutur in C°. in M0-' nats= mittel mm 2lb- tvei= chung tz Monats: mittel Ab* rvei* chung1) höchste C° | Vat. Niedrigste C° Vat. ü O B w e «0<n 2) C i a 0 qo 2) Cü Q u»a> £ § 2) Junnur . . 750,3 - 3,4 3,2 + | 10,8 11 . — 5,5 2 8 . 14 Februar . . 747,8 - 4,8 16,0 2 2 . — o,0 5 . — 10 — März . . . 754,2 + 4,5 5,6 + 0,3 16,5 1 0 . - 2,6 20 . 3 1 . — 15 — April . . . 748,0 — 1,5 9,6 - 0 ,2 24,2 14 . - 1,9 1 1 . — 3 __ Mu t . . . . 747,0 — 3,3 13,8 0,0 29,0 19/2 0 . 0,2 1 . 5 — 3 uni . . . 748,5 - 2 ,7 17,8 0,0 29,2 6 . 10,4 2 3 . 9 — — Ju li . . . 748,8 - 2,7 17,3 - 1,9 30,4 2 2 . 9 , 1 5. 8 — — August ♦ . . 751,0 - 0,7 17,9 — 0,3 27,6 2 1 . 9 , 9 8. 6 — September 754,1 -j- 1,4 12,9 - 1 ,7 21,2 2 9 . 4,8 2 2 . — — — Oktober . . 752,7 -j- 1,5 10,9 + 1 ,5 22,0 2 . 2,5 2 5 . — — — November. . 744,5 - 7 ,9 4,5 — 0,5 13,3 2 8 . - 4 ,4 2 5 . — 8 — Dezember . . 748,1 - 4 ,5 3,6 + 2 ,2 12,3 16 . — 9,3 2 9 . 11 1 3 af?r · · · 749,6 - 2 , 0 1 0 ,1 + 0 ,4 30,4 22.VH. — 9,3 29 .XI1. 28 61 ~ !) Bet der Rubrik Abweichung bedeutet + zn große, — zu kleine Werte gegenüber den durchschnittlichen. Die Mittelwerte des Luftdruckes und der Lufttemperutur beziehen sich uuf den §eitruum 1886— 1905, jene der Luft­ feuchtigkeit und der Bewölkung uuf 187 x — 1900, jene der Niederschläge uuf 1888— 1907. 2) Sommertuge find folche, un denen dus Thermometer mindestens 25 C° er­ reicht hut, F r°sikane folche, un denen es uuf oder unter den Gefrierpunkt ge­ sunken ist und Wintertuge folche, un denen es unch untertags nicht mehr duriibcr gestiegen ist. \90 1 9 1 0 Abi Fei i m m ’olnte ichtig- 'eit ub= tuet* chung *) Rc vfc % llutive richtig- keit Ab* tvet= ebung x) B °/o ewöl- fling ivei= cheung j) 2 tri ( ii £ 2 B 0 £ S a Jiederfd lettgen ■ Eiter auf Ab* tvei» djung ?lugs- n mm 1 qm) (Sröbte in 23 Stunden mm |Uat. An T _1 +-» £§■ u C. r y / 3 >_» c j 0 SS 130h age £ (LI C l 0 « 1 d nti t j 0£ »ff er t w Cu 8 O © Juttuur I 4 ,9 ;+ 0,7 83 — 2 85 + 10 63,9 + 10,5 18,7 19. 20 15 9 _ Februar* . 5,0 + 0,5 77 — 4 75 + 5 75,7 + 30,5 22,3 7. 17 13 7 — März . . 4,9 - 0 , 2 73 — 2 58 — 3 33,3 — 25,3 13,9 19. 9 9 4 1 April . . 5,7 — 0,5 65 — 5 62 + L 58,3 + Ö,Z 31,0 23. 13 13 — 1 M u t . . 8,1 — 0,1 69 — 1 6 4 H“ 3 77,8 + L0,1 16,0 12. 15 15 — 6 3« n t . . 11,2 + 0,8 74 + 8 66 + & 168,2 + 90,2 23,9 80. 17 17 .— 12 Suli . . 11,1 - 1 , 0 76 + 2 75 + 16 142,5 + 58,2 22,4 7. 21 21 10 A n g l i s t . . 11,4 — 0,8 75 - · 1 60 + 9 132,9 + 67,4 28,9 22. 21 21 — 9 September. 9,7 - 0 , 4 87 + 7 63 + 9 49,2 — 11,8 16,1 5. 12 12 — 2 Oktober . 8,4 aff 0,8 85 + t 68 — fi 13,4 — 60,6 4,2 3. 12 12 — 1 November. 5,4 - 0 , 4 83 — 2 88 + 12 172,7 + 1 2 4 , 1 38,1 2. 22 20 7 1 Dezember . 5,3 + 0,8 88 + 1 80 + 2 65,6 + 12,4 17,0 28. 17 16 3 — 3af)i· · · 7,6 0,0 78 0,0 70 + 5 1 0 5 3 , 0 + 321,0 38,1 2 . XI. 196 1 8 4 3 0 16 S o n n e n f ch e i n d u u e r. Ju n . Feb. März April Mut Ju n i Ju li Stunden 25,9 42,7 104,5 144,1 181,2 151,1 163,9 % der möglichen 10 15 28 35 38 31 34 Ang. Sept. Okt. Nov. Dez» Ju h r. Stunden 179,3 75,7 92,1 35,4 20,5 1216,4 °/o der möglichen 40 20 28 13 8 27 Letzter Frost: 12. April. Längste Regenzeit: 22. Ju n i bis 9. Ju li (18 Tuge, jeden Tug Regen). Erster Frost: 13. November. Letzter Schnee: 31. März. Längste Trockenzeit: 2. bis u . März (io Tuge). Erster Schnee: 17. November. i) Bet der Rubrik Abweichung bedeutet -f- zn große, — zn kleine Werte gegenüber den durchschnittlichen. Die Mittelwerte des Luftdruckes und der Lufttemperutur beziehen sich unf den geitrunm 1886— 1905, jene der Luft­ feuchtigkeit und der Bewölkung unf x87 x— 1900, jene der Niederschläge uuf 1888— 1907. B. Schilderung des W itterungsverlaufs. J a n u a r und F e b r u a r find ungewöhnlich mild, dabei trüb und sehr reich an niederschlägen gewesen; es hat zwar öfters gefroren, doch ift das Thermometer nur wenig unter den Gefrier­ punkt gefallen. Geschneit hat es nur wenig und nur an einigen Tagen hat eine dünne Schneedecke bestanden. Der M ä r z ift, wie die beiden vorangegangenen Wintermonate zu warm, doch ist er im Gegensatz zu diesen sehr trocken gewesen; mehrmals hat er Schönes Frühlingswetter gebracht. Der A p r i l ist im Durchschnitt zu kühl und nur wenige Tage Sind etwas wärmer gewesen; einigemale Sind recht empfindliche Spätfröste aufgetreten. Der Witterung-Charakters ist dabei, wie normalerweise in einem April, von Tag zu Tag stark wechselnd gewesen. Die feit Anfang März anhal­ tende Trockenheit hat noch bis zur Hälfte des April angehalten, von da ab find aber das gatrse Frühjahr und den ganzen Sommer hindurch viel zu reichliche Niederschläge gefallen. Der M a i ist im erfteu Drittel kalt uud regnerisch, in der übrigen Zeit dagegen warm und reich an Gewittern gewefen; Spätfröste find nicht mehr aufgetreten, doch ift es noch 3ur Bildung von Reif im Freien gekommen. Der 3 uni ift trüb, und fehr reich an Regenfällen und Gewittern, dabei in der ersten Halfle noch warm, in der 3weiten dagegen kühl gewefen» Die Mitterungsverhältniffe waren für die Ernte des Heus, das größtenteils verdorben ift, und für die Blüte der Reben überaus ungünftspe G au3 verregnet und noch dasu gatt3 ungewöhnlich kühl ift der 3 u ü semefen und auch der Auguf t hat noch vorwiegeud triibes, kühles Metter mit vielen ergiebigen Regenfällen gebracht* Gan3 befouders kühl und trüb ift der S e p t e mb e r gewefen, die Hiederfchläge find aber in etwas 3U geringen Mengen gefallen* 3 m O k t o b e r erft ijahen fich die fonft für den September charakteriftifchen fchönen milden Herbst­ tage mit den großen Temperaturfchwankungen eingeftellt, doch waren Morgetmebel fchon recht haufe* ®le fonft im Oktober mit Vorliebe eintreteuden Laudregen ijahen gau3 gefehlt und die nlederfchlagsfumme ift deshalb auch viel 311 klein ausgefallen* Der H o v e mb e r ift dagegen gan3 ungewöhnlich reich an Hieder- fchlägen gewefen; nur Anfang und Ende waren dabei mild, die übrige Zeit aber fehr kichle Mehrmals ift 3lemlich ftrenger F roft 192 aufgetreten und an 5 Tagen hat Schnee gelegen. Der D e5ember ift, von einigen mäßig falkn Tagen abgefehen, wieder mild, dabei Sehr trüb und regnerisch geweSen. 3m Durchschnitt aff das 3al?r 1910 etwas zu warm, viel 3U trüb und ungewöhnlich reich an HiederSchlägen geweSen. Hur wenige 3 achue find es, in denen annähernd gleich große Hieder- Schlagsmengen niedergegangen find* Die Bewölkung aff in jedem M onat 3U Stark gewefen. So daß die SonnenScheindauer nur einen Sechu kleinen Betrag, der um volle 400 Stunden unter dem lang­ jährigen Durchschnitt geblieben ift, erreichen konnte. Die 3U reichen nlederfchläge im Sommer und der Mangel an Sonnenschein baten auch 3U einer völligen Mißernte im Meinbau geführt*)* *) W ir verdanken die gufumtnenstellting unch in dtefem Juhre den gentrulbüreun für Meterologie nnd chudrogruphte. X. Bevölkerungsvorgänge, Sterblichkeit, T o t e n sc h au . 3m 3alsch 1910 betrug die Z ahl der Lebendgeborenen 3251 ; davon waren 475 unehelich (1909: 3296 mit 462 Unehe­lichen^ Von den Rindern gehörten 1657 dem männlichen (1909 t 1688) und 1594 (1909: 1608) dem weiblichen Geschlecht am Die höchste Z ahl der Lebendgeborenen wies der September mit 306 auf (1909 t der AuguSt mit 305), die niedrigfte Zahl der Dezember mit 224 (1909: der De3ember mit 233) ̂ Totgeborene wurden 98 angemeldet (1909: 80)* Auf je 1000 Einwohner H kamen: Geburten überhaupt Lebendgeborene Totgeborene 1 9 1 0 ........................... 25,05 24,59 0,74 1909 . . . . . . 26,53 26,20 0,64 Die Zahl der Todesfälle 1 2) betrug 2051 (19°9: 2013); darunter waren 996 TodesSälle von perfonen mänulichen (1909 t 1024) und 1055 von Solchen weiblichen Geschlechts (1909: 989)* Rinder im Alter bis unter 1 Zhier Starben 542 (19°9: 571)* Sie meiften TodesSälle erfolgten im Auguft, nämlich 194 (19°9: tat M ätJ 1) Die mittlere Etnwohtterzuhl der Gefumtstudt betrug im Berichtsjahr 132 212 (1909: 125 785). 2) Über die Einzelheiten stehe Betluge II. 13 194 192), die geringste Zahl wies der Dezember auf mit 146 (1909; der 3unt mit 145)* Auf je 1000 Einwohner kamen 15,51 Todes­ fälle (1909: 16,00)* Auf die eisereinen Stadtbezirke verteilten Sich die Lebendgeborenen und GeStorbenen Folgendermaßen; S t a d t b e z i r k Lebendgeborene Gestorbene I n n ere Oststad t ...................................... 411 310 Jnnere W e s ts tu d t ...................................... 270 318 Alter Hardtwaldstad t t e i l ........................... 25 37 Außere Oststad t ........................................... 400 170 Südstad t ...................................................... 662 361 S tadtgar te n v ie r te l ...................................... 18 10 Südweststad t ................................................. 545 327 Neuer ch u rd tw u ld s tu d tte il...................... 104 22 M ü h lb u rg ................................ ..................... 310 213 B e ie r th e i m ................................................. 81 42 R in th e im ...................................................... 77 45 R ü p p u r r ...................................................... 92 68 Grünwinkel · * ...................................... 73 36 Daxlanden . ............................................ 188 92 G esamtstad t ................................................ 3251 2051 Eheschließungen fanden im Jahre 1910: 1014 Statt (1909: 1025), die Sich auf die einzelnen Monate wie folgt verteilen: Januar . . . . 36 3uit . . . . . 102 ^ebruar . . . . che August . . . . 75 ZTTärj . . . . . 7\ September . . . 76 2lpril . , . . . 1*0 Oktober . . . · U 2 UTat . . . . . 97 Hovember . . · 97 3unt . . . . . 79 Dezember . . 58 Tuljenfrstatt. M artin Schweicker t , Oberlehrer, geStorben am 1. 3auuar im Alter von 82 3hieren. E r war als Lehrer 50 3afyre am Seminar I hler tätig, bis er vor wenigen 3ah ren in den Ruhei- Stand trat. Lange Zeit hat er auch der Städtischen SchulkommiSSton angehört. Prälat D. Friedrich Oehler. — 19«I - Karl B i ssi nge r , Geheimer Hofrat, geboren 1845 in Karls­ ruhe, gestorben am 3. J anuar in Pforzheim. Der Verstorbene wurde nach Vollendung Seiner Studien 1867 Praktikant und 1871 ProSeSfor am iiseriseu GymnaSium, 1885 Direktor des Pro- gymnafiums in DonaueSchingen, 1890 Direktor des Gymnafiums in pfolscheim. Bei Seiner Bestattung, die am 6♦ 3 anuar hier Stattfand, hatte der Großher3og einen Vertreter entSandt, anwefend waren der Direktor des Oberschulrates mit mehreren Räten, das Lehrerkollegium mit den Primauern des Reuchlinkollegtums in Pfoischetm, eine größere Ansahl ProSeSSoren des Karlsruher Gymnasiums, der anderen hleftsen und verschiedener benachbarter Mittelschülern Die Trauerrede hielt Stadtpfarrer Kapfer von Pfolschetm. Am Grabe wurden Kräi^e des Pfor3heimer Lehrer­ kollegiums und der dortigen Schüler, Sowie des badlschen Philo­ logenvereins niedergelegte Unter den 3ahlretchen den Sarg bedeckenden Krähen beSanden Sich Solche des Großhe^ogs, der Großher30gin Luife und der Königin von Schweden. — Der Verstorbene hat letztwillig verfügt, daß die Zullen aus einem Rapital von 8000 Mk. an evangelische Oberprimaner, die im Fleif urld im Griechischen die Hole „gut'' halben, und 3war 3U je 2/s an Schüler der Gym­ nasien Karlsruhe uud Pfolscheim und 3U x/ö an Solche des Gym­ naSiums in DonaueSchingen 31W F°rischuug ihrer Studien gegeben werden» Die Stiftung tritt erft nach dem Tode der Mitwe des Verstorbenen in Kraft* Friedrich Rarl M ü l l e r , Geheimer R at, geboren am 10. 3 anuar 1822 3U Mercheim, geftorben am 23. 3 anuar* E r war nach Vollendung Seiner Studien als Praktikant, Affeffor, Amts­ richter, H°fserichtsaffeffor, H°föerichtsrat, Kreisgerichtsrat und Oberhofgerichtsrat tätig* 1879 wurde er Landgerichtsdirektor in Mannheim, 1889 LandgerichtspräSident in Mosbach, I892 Senats- präfident am ©berlandesgericht, 1899 trat er in den RuheStand. Eine ausführliche Mürdtgung der Persönlichkeit des Verstorbenen wie feines Mirkens findet Sich in Ht\ 149 der Karlsruher Zeitung vom 3. 3 uul 1910» fi|. Adolf D rach , Geheimer ©berbaurat, geboren 1844 in Kork, geftorben am 5» Februar. £ r wurde 1866 3 nSeuleurpraktikant, 1869 Kulturingenieur, 1879 Kulturinspektor, 1888 Baurat und 13 * 196 'Hollegtalmitglied der ©berdirektion des Maffer- und Straßenbaues, \894 Oberbaurat, 1899 ProfefSor mit Lehrauftrag an der Tech­ n ik en HochSchUle, 1906 vorschender Rat der Oberdirektion. Robert ^ a c o b Direktor der Filiale der Rheinifchen Tredit- bank hier, gestorben am \2. März im Alter von 58 Zhieren. D. Friedrich © e h l e r , geboren am 19. August I844 311 Meisweil, gestorben am 12. M ärs in Heidelberg» E r wurde 1867 Vikar 3u Betberg, A. Müllheim, 1869 in Laufen uud 1870 tu Meßkirch, 1873 folgte Seine Ernennung 3um pSarrer in St. Georgen, 1879 Seine Berufung 3um Stadtpfarrer in Pfoischeim, I894 3um Oberkirchenrat und 1904 Seine Eruenuuug 3um P rä ­ laten der Evangelischen Landeskirche. Ende 1908 Schled er wegen leidender GeSundheit aus dem Amte. 1904 hatte chn die theologische Fakultät der Universität Heidelberg 3um Ehren­ doktor ernannt. Die Beischung erfolgte hier. Eine große Trauer- verSammlung gab dem Verstorbenen das letzte Geleite. 3 n der Friedhofkapelle fanden Sich ein: Großhetjogin Luise, Prfür Map, eine Reihe ijaher Staatsbeamter, der Oberkirchenrat, die Vertreter der ’Diajefcn und Dekane, leine befondere Vertretung von Pfoischeim und Oberbürgermeister Dr. Milckens von Heidelberg. Die Trauerrede hielt H°sprediger Flscher. Außerdem Sprach der Prästdent des Oberkirchenrates D. Helbing, dann legte Geheimer HoSrat Rebmann als Vorftand * des Liederkranses eine Blumen- Spende nieder als letzten Dank für die Gedächtnisreden, die der Verstorbene in den letzen Zähren jeweils 3ur Erinnerung an Hebels Geburtstag bet den Feierlichkeiten am Hebeldenkmal gehalten hatte. Zu AUSang und am Ende der Bestattungsfeier SauJ der Thar des Liederkra^es* Ludwig M o r g e n w e g , geboren 3U Karlsruhe am 27* Juni 1827, gestorben am 19. M är3. 3 m 3atsue 1838 wurde er als Tanseleve in deu Verband des Hofcheaters aufgenommen, 1841 ging er 311m SchauSpiel uud gehörte dem H°ftheater bis 3um Oktober 1891 an, wo er in den Ruheftand trat» Der EntfchlaSeue hat auch deu kleineren hUnioriStlschen Hollen Bedeutuug ab3ugewiuueu verstanden und Sich in den 50 Zhieren feiner BichueuwirkSamkeit der Beliebtheit des Publikums erfreut. Anton ïreiberr von ïroben General der JTrtillerïc. 197 Anton Freiherr von F r oben, geboren zu Karlsruhe am 51* Oktober 1839, gestorben am 14. April. E r trat am 20. September 1857 in das Badifche Artillerieregiment als FalMrsch ein, wurde 1858 Leutnant, 1863 Oberleutnant und 1868 Haupte mann. Als folcher machte er den Feldjug 1870/71 mit und kam 1873 in das 1. Garde-Feld-ArtillerspeRegiment 1875 wurde er unter BeSörderung 3um M ajor Flüseladjutant des Großher3ogs, 1878 Abteilungskommandeur im Feld* Artillerie-Regiment Hr. 27, 1880 im Feld5Artillerie-Regiment Hr. U , 1882 Oberstleutnant, 1883 Kommandeur des \. Badifchen F etatArtillerie-Regiments Hr. 14, 1886 ©berft, 1889 Generalmajor und Kommandeur der 14. Feld-Artillerie-Brigade, I 892 Generalleutnant und Komman­ deur der 3* Divifion, I890 Gouverneur von Meij, 1897 General der Artillerie, 1901 wurde von F r°ben 3U Dispofition geftellt. 3tn Kriege erhielt er das Eijerne Kreu3 I. Klaffe* Aus Anlaß Seiuer 50jährigen ZuJehörigkeit 3ur Armee wurde ihm vom Groß- heijog der Frechermtitel verliehen. Bet der Beischung am 16* April war die Leichenhalle mit Palmen und frlschem Grün geschmückt» Zur F eler erschienen der Großhe^og, Priser Map, Vertreter der Großhersogiu, der Großhetjogin LulSe, der PrfürefSin Michelm, der Kommandierende General des 14. Armeekorps als Vertreter des Kaisers, das Präsidium des Badlschen Militärvereins­ verbandes, die Minister Freiherr von Dufch, Freiherr von Bodman und Freiherr von Marschall, der preußische GeSandte von Gifen- decher, sahireiche ©ffspere, Sowie Vertreter Staatlicher und Städtischer Behörden. An dem von Blumen und Krätzen dicht umgebenen Sarg hielten 8 MachtmeiSler der Artillerie Ehrenwache, davor Standen 4 Veteranen 1870/71, ehemalige Batterieangehörige des Verblichenen, unter ihnen Geheimer Oberregierungsrat Hebe. Die Trauerrede hielt der evangelische Militäroberpfarrer Schloemann. Hach einem ku^en Gebet Seule Sich dann der Traueijug unter den Klängen eines Trauermarfches nach dem Krematorium in Be­ wegung» Voran Schritt das 2. Bataillon des Leibgrenadier- Regiments, dann folgte der Artilleriebund St. Barbara und Kriegs­ teilnehmer von 1870/71, einige Ararfüräger und nun kam, von 8 UnterofSsperen getragen, der S a rg , auf ihm , mit Rofen beftreut, Helm, Degen und Epaulettes des Verstorbenen. Dem 198 Sarg voran wurden die Orden und Ehreirseichen des Verblichenen getragen. Dem Sarge folgten die Familienangehörigen, der Groß* hersog, Prinz Map und die übrige Trauerverfammlung. Den Schluß des Z uses bildete eine Abteilung Artillerie. Am Krema­ torium war das 3» Bataillon des Leibgreuadier-Regimeuts, außer­ halb der Mauer eine Abteiluug Artillerie uud eiue Schwadron des Leibdragouer-Regiments aufgeftellt. An ihnen vorbei begab Sich der Trauer3Ug ins 3 nnere, es folgte eine kuije AnSprache, draußen wurden 3 GewehrSalveu und 24 RanonerlschüSSe abgegeben, worauf der Sarg mit der irdischen Htate des DahingeSchtedenen den Flammen übergeben wurde. — Der Kaiser hatte befohlen, daß die Offspere des FetatArtillerie-Regiments Großhe^og, dem der Verstorbene angehörte, 3 Tage Trauer atstattegen haben, außer­ dem hatte der RaiSer am Sarge einen Kran3 niederlegeu lafSen. Heinrich Z i e s l e r , geboren I842 in Karlsruhe, geftorben am 25. April. E r trat 1868 als Baupraktikaut in den badlschen Staatsdieuft, wurde 1874 Ho^dauiuSpektor bei der Generaldirektiou der StaatseiSeubahnen, 1891 Baurat und Kollegialmitglied der Generaldirektion und 1899 Oberbaurat. Map R o m a n , profeSSor an der MalerinnenSchule,geftorben am 8. M ai im Alter von 62 Zhieren. Bei der Bestattung am 11. M at hatten Sich außer den Htaterbliebenen, Aammerherr von Thelius als Vertreter der Großheitjogin Lutie, der Protektorat der MalerinnenSchule, die ProfeSSoren der MalerinnenSchule, die Vor­ stände des Künftlerbundes, des Badlschen KunStvereins, des Ver­ eins bildender KünStler, der Renten- und PeulionsanStatt bildender AünStler, ferner sahireiche Kollegen, Freunde und Schülerinnen des Verstorbenen eingefunden. Der evangelische Stadtpfarrer 3aSer hielt die Trauerrede. Am Grabe legten Krän3e nieder ProfeSSor Aemmer für die MalerinnenSchule, profeffor Lieber namens des Künftlerbundes, Oberstleutnant a. D. Haueminkel im Hamen des AünStlernereins. Die 3 Herren verbanden mit der 2{ran3uleder- Iegung Morte des Hachrufs. Zahlreiche andere Kran3fpenben für hiefise und auswärtige RünftlergenoSSenSchaften wurden dem Verblichenen gewidmet* Heben Seiner langjährigen Mirkfamkeit an der MalerinnenSchule hat Sich der Verstorbene durch Zeichnungen, Radierungen und LandSchaSlen einen dauernden Hamen erworben. 199 incif ln ü 11 er, Uomimrjienrat, geboren am HO. gitli 1849 in Karlsruhe, gestorben am 19. 2TEai. E r trat zunächst in das väterliche Gefchäft ein (Ehr. F r· Müllerfche Hofbuchdruckerei und Hofbuchhandlung), beSuchte dann die Universität Berlin, eilte bei Ausbruch des Krieges 1870 unter die Fahnen, bis er im ja u u a r 1871 infolge Schwerer Erkrankung nach Haufe 3urückkehren mußte* Hach Seiner MiedcrgeueSuug nahm er eilte Stellung im deutschen Konfulat in Portsmouth au, wandte Sich dann von England 5U feiner weiteren Ausbildung in deu technischen Gefchäfts3weigen nach Frankfurt a» M* und Leichsig. Hach Seiner Rückkehr hat er daun noch 3U Lebseiten des Vaters fast ausschließlich das Müllerfche Gefchäft geleitet. 1897 wurde ihm anläßlich des 100jährigen Gefchäftsjubiläums der Kommehiernratstitel verliehen. Zur Be­ stattung des Verftorbeneu waren tu der Kapelle des Krematoriums die Minister Freiherr von Bodmau und Freiherr von Marfchall, Großhofmeifter Minifter a* D* vou Brauer, Oberbürgermeister Siegrift und viele Sonstige Vertreter von Behörden uud Korpora­ tionen erschienen* Die Trauerfeier wurde mit einem Choral von der Kapelle des FetatArtillerie-Regiments GroßheitJog eröffnet, es folgte ein von der „TyphoJraphia" vorgetragener Thor, worauS der evangelische Stadtpfarrer Rolfür die Trauerrede htat* Hach der Aniprache des Geistlichen wurdeu Krätze am Sarge nieder­ gelegt namens des Müilerschen Geschäftes, namens der technischen Leituug desfelben, des technischen PerSouals uud des ArUlleriebuudes Si. Barbara be3w* der freiwilligen Kriegsteilnehmer vou 1870/71» Andreas Si ckinger , gestorben am 27* M ai im Alter von 82 Jahren. Der Verdorbene hat in feiner 50jährigen Lehrtätigkeit in vermiedenen Gemeinden des Landes mit allfeitig anerkanntem t t Streben und Erfolg feines Amtes gewaltet» Uber 30 3 ah re wirkte er an der lischsen Volksfchule, lange 3al?re bekleidete er im ftädtifchen Rektorat die Stelle eines Sekretärs und Oberfekretärs, bis er im hohen Alter in den Ruhestand trat» Map H o n fel l / seboren am 10. Hovember 1843 in Konftan3, gestorben am !♦ 3atle Gr befuchte das Gymnafium feiner Vater- ftadt und widmete fich dann an der Technifchen Ho^f^ule dem Studium des 3 n senieurwefens, nachdem er 1864 fein Staats­ examen abgelegt, wurde er 1865 als jngenieurpraktikant der 200 Maffer- und Straßenbauinspektion Mannheim beigegeben. 1869 benützte er einen hatulahrisen Urlaub, um feine Kenntniffe in der ,,Ecole des ponts et chaussées“ in Frankreich zu erweitern und fich in der frarrsefifchen Sprache 311 vervollkommnen» Hach feiner Rückkehr wurde er wieder als 3 nSeuleurpraktikant verwendet, meldete fich 1870 bet Ausbruch des Krieges als Freituilliger, wurde aber von feiner vorgefetzten Behörde dem Generalftab des Generals Blumenthal norgefchtagen, um Stromsperren im Rhein aus3uführem Durch den Gaug des Krieges fiel aber diefe 3uau- fpruchuahme weg. 1872 fand er vorübergehend bet den Vor­ arbeiten der Rheiukorrektion im Kanton St* Gallen Beschäftigung» Doch fchon nach ku^er Zeit trat er in den badtfcheu Dienft 3urücf, wurde Affeffor in der Oberdirektion des Maffer- uud Straßen­ baues, einer Behörde, der er dann 34 3afyre ununterbrochen angehörte und 5war feit 1874 als Baurat, feit 1881 als Ober­ baurat, feit 1885 als Baudirektor, feit 1886 als vorschender Rat und feit 1899 als Direktor» H°niells Tätigkeit lag hauptsächlich auf dem Gebiet des wiffeufchaftlichen und praktifchen Mafferbaues uud in der Organifation der Mafferbauoerwaltung» Haelimaffer- kataftrophen gaben Anlaß 3111* umfaffeuden Verteuerung des Fatß- baues, 3ur Schaffuug eines HochiPaffernachrichtendienftes und 3ur Einrichtung des Zentralbureaus für Meteorologie und Hydrographie» E r konnte die Regulierung des Obencheins beginnen und die erstatt Erfolge noch erleben* Unter feiner Leitung oder Mitwirkung find große Hafeuanlagen, wie jene in Mannheim und Karlsruhe, eutftanden, ift die Aettenfchteppfchiffahrt auf dem Heckar eingefichrtz find andere Mafferbauten ausgeführt worden* Von 1886 bis 1896 hielt H°nfell Vorträge au der Technifchen H°chfchule über Maffer- wirtfchaft Aber durch feine Befchäftigung mit der Rheinkorrektion trat er auch in Bestellung 3U den anderen am Rheinverkehr betei­ ligten deutfchen Regierungen, die ihn vielfach 311 Gutachten über Mafferfchutj und Schiffahrt aufforderten, ebenfo war er für außer- deutfche Staaten, Ungarn, der Schwesp öfter mit Gutachten und mit Bearbeitung von Entwürfen befaßt» Der Kaiser ernannte ihn 1883 3um außerordentlichen Mitglied der Akademie des Bau- wefens in Preußen, bei feinem Ausfcheiden aus der Oberdirektion verlieh ihm die Technifche den Titel eines Doktor- 201 3Useuieurs* 1893 berief ihn der Großherzog in die Erste Kammer, verlieh chm den Titel Staatsrat und ernannte ihn am 22. Oktober 1906 nach Beckers Rücktritt 311m Präsidenten des Finanzministeriums und Mirklichen Geheimerat, 1908 311m Fatai^minifter. M it Auf­ bietung feiner Aräfte und mit ungewöhnlichem Erfolge arbeitete sich H°uiell in diefes neue Gebiet ein. Sein Streben war darauf gerichtet, das FtuaT^wefen des Staates 311 kräftigen, weil er darin eine wefentliche Grundlage des Staates erblickte* Die durch die Zeitverhältniffe gebotene Erhöhung der Beamtengehälter konnte er durchführen, ohne die übrigen Berufsftände alsprsechr 311 belasten. Seit 1909 lastete Schwere Krankheit auf ihm* Aber mit der hohen Millenskraft, die in ihm lebte, überwand er Schniefen und Druck des Leidens und gab am U . 3auuar 1910 in 5weiStündiger Rede f » in der Z lbelteu Kammer einen Überblick über den Stand der badlscheu F a ta len und feine eigene Fatauspolitik. M as HonfeU hier bot, war mehr als ein übliches Eppofe. E s war ein groß angelegtes Fata^programm, auf das man Sich auch in Später Zukunft noch berufen wird» Der Minifter hat mit diefem P ro­ gramm wie mit feiner Amtsführung nicht imeirigefchränkte Billigung gefunden. Zwar ftaud die Kammer unter dem überwältigenden Eiudruck der Rede, das hinderte begreiflicherweife die Kritik nicht, deun au der Fata^gebahrung des Staates find fo viele und fo verschiedenartige Kreife intereffiert, als daß fich über alle Teile ein Einverständnis etjielen ließe, Uber Efürelheiten wird immer gestritten werden, die Grundgedanken vou Honfells Programm werden aber die Richtfchnur für jede gefunde Fulai^politik bleibem Die Friedhofkapelle konnte bei weitem nicht alle die Trauernden faffen, die gekommeu waren, um dem Verdorbenen die letzte Ehre 511 erweifem Auwefeud waren bei der Trauerfeier der Großhetjog, Prfür M ar, Vertreter der Großheijogin und der Großhetjogin Lutsp Außerdem nahmen neben den Familienangehörigen teil: Der Staatsminifter Fbelherr von Dilsch, Minifter Frecherr von Bodmart, Ministerialdirektor Göller, der Kommandierende General des XIV. Armeekorps, der preußifche Gefandte, Oberbürgermeister Siegrift, na l^u völkisch!^ die Mitglieder beider Rammeru der Landftäude, der Rektor der Technifchen H°chfchule Geheimer Haspat Profeffor Dr. von Oechechäufer, fowie 3ahlretche andere Vertreter 202 der Reichs-, Staats- und ftädtifchen Behörden, des Haudels, der Aunft und Xüiffenfchaft. Die Trauerfeierlichkeiten leitete der katho­ lische Stadtdekan, Geistlicher Rat und Ehrendomherr Knorzer. Art dem mit Blumen geschmückten Sarge hatte der Großheitjog einen “Kran3 niedergelegt, außerdem waren Krärtje u> a* gefpendet worden von den ‘Kammern, vom Stadtrat, Am Grabe legten Arän3e nieder der Rektor namens der Technischen Ho^f^ule, Oberbaurat Rehbock namens der Abteilung des Zuseuleurwefens, Geheimer H0frat Lehmanu namens des HaturwiSSenSchaStlichen Vereins, außerdem Solche im Auftrag der Stadt Straßburg, des Studentenverbandes des Karlsruher S.C., der Karlsruher Burfchen- Schaften, der kachotifcheu Verbindungen u» a♦ — 3 n der Volks­ vertretung Selbst wurden dem Verstorbenen warme Morte des Hach- ruSes gewidmet und 3war in der Ztbelten Kammer am 2» Ju li durch den Staatsminifter Freiherrn von DuSch und den Präsidenten Rohrschrft, in der Gaffen am 8* 3ati durch den Präfidenten Prfüren Map* Ernft Schulisch, Jeboren -den 1. M ai 1848 in Heuftadt i. Schw., geftorben am 10* 3 uIt. E r befuchte an der lischsen Akademie die antike Klaffe, die Ruuftgewerbefchule in Hümberg, die Akademie in München und dann wieder die Karlsruher Aka­ demie der bildenden Künfte. Z u Seiner weiteren Ausbilduttg nahm er längeren Studienaufenthalt in Dresden und Mien. Den Feldjus 1870/71 machte er im 5- Badlschen 3ufaUterie-Regiment mit. Sodann übernahm er hier an der Akademie die Stelle eines Affiftenten für Antike und die naturseichenklafsp, feü 1885 wirkte er als profeffor an der Akademie der bildenden Künste* Lange Zeit wandte fich Ernft Schurth der Porträt-Malerei 3m Seine hauptsächlichsten Bilder Sind: Kaiser Michelm II., Kaiserin Augufta Viktoria, GroßhetJog Friedrich I., Prfür Karl, Staatsminifter Turban, Maler Rlofe, Geheimer Rat Krupp. F erUer Stammt das große Mandgemälde in der Aula der Technischen H°chfchule, die efürelnen Lehrfächer darftelleud, Sowie ein großes Fresco-Gemälde: „Mein, Meib und Gefang" (Villa Bürklin), von ihm» Auch auf laudfchaftlichem Gebiete betätigte er fich durch eine Reihe landfchaftlicher Studien uud Bilder» 1906 war er durch das Gemälde „Christus am Olberg" in der Kunstausstellung vertreten» — Bet der Trauerfeier tlialer £rn$t Schurtb Professor an der Akademie der bildenden Künste. 203 erschien Geheimer Rat Böhm als Vertreter' des Unterrichtsmini­ steriums, das proSeSSoreukollegium der Akademie und viele eftag malige Schüler des Verstorbenen. Professor Trübuer widmete dem Heimgegaugeneu einen warm empfundenen HachmS. Am Grabe Sprachen außerdem namens der Studierenden der Akademie M aler Pope, namens der Schüler des Verstorbenen M aler Siebert. Ludwig Becker, geboren 1846 in H°rrenberg bet Miesloch, geftorben in jUeuau am 16. Juli. Hach Seiner jnsenieurprüfung war der Verstorbene in verschiedenen Stellungen des Staatlichen BauweSens tätig. I896 wurde er zum VorStand der Rheinbau- iuSpektion ernannt. Hier entwarf er und bearbeitete er die piäne für den Karlsruher Rheischafen. Seit 1901 wirkte er in ©ffen- burg, 1905 als Vorftand der Maiser- und StraßenbauinSpektion in Lahr, in denselben 3al?re wurde er 5um Baurat ernannt,· 1908 Sah er Sich infolge Seiner Erkrankung genötigt, um Seine Zurschefetzuug 3u bitten. f t Johann Georg F r a n k , Okouomierat, geboren den !♦ April 1836, geStorbeu in Karlsruhe am 8. Augufle E r war von 1877 bis 1900 Vertreter des 43. Mahlschirks (Pfoischeim-Land) in der Zweiten Kammer, 1893 bis 1898 auch Mitglied des Reichstags für den 9· badlscheu Reichstagswahlbe3trk (Pfoischeim—Durlach— Gernsbach), er gehörte der nationalliberalen Partei an. Als Ab­ geordneter wie in einer Reihe anderer Ehrenämter widmete er Sich mit Hachdruck und Erfolg beSonders der Vertretung landwirt­ schaftlicher Zatereffem So war er dann auch 50 3hiere Mitglied des Landwirtfchaftlichen Vereins, gehörte bis 5U feinem Tode dem Präsidium desfelben an, außerdem Mitglied der landwirtfchaft­ lichen Berufsgenoffenfchaft und wurde für Durlach—Pfolscheim in die Landwirtfchaftskammer gewählt, die ihn 1905 in die Erfte Kammer der Landftände entfandte» Map R ö ß l e r , Lokomotivführer, geftorben am 17. Auguft im Alter von 61 3ahren* Als 21 jähriger hat er im Feld^Artillerie- Regiment Hr. 14 den FeldFug 1870j7\ mitgemacht und in acht Schlachten und Gefechten gestanden. 3ofeph B i l h a r s , Oberlehrer, geftorben am 8. September im Alter von 55 3afyreu. Seine langjährige Mirkfamkeit an der ftädtifchen Vorfchule fichert ihm ein treues Andenken» 204 Ferdinand Leuß, Geheimer H°frat, geboren in Eberbach, gestorben am 6. Hovember im Alter von 80 3ah l<en. E r ftudierte Theologie, wandte Sich früh dem Schulfach 3U, war kurje Zeit Kreisfchulrat in Heidelberg und wurde 1866 zum Direktor des Karlsruher Lehrerseminars I berschen, das er 37 Zhiere lang bis 3U Seiner Zurschefctzung im Zalsch 1903 leitete» Durch Seine botanlschen und pädagogischen Schriften, fowie als Vorfitzender der Prüfungskommission für Kindergärtnerinnen wurde er in weiten t t Areifen bekannt Uber feine Mirkfamkeit im allgemeinen und die vielfeitige Anerkennung, die er gefunden, wurde anläßlich feiner Zunchefeßung in der Chronik des 3al?res 1903, Seite 42/43 berichtet» Hugo Schne i der , Geheimerat, geboren 1833 in Durlach, geftorben am 10* Hovember. E r trat 1854 als Poftpraktikant in deu badtfcheu Poftdienft, wurde 1867 Poftinfpektor, 1871 Rat bet der Direktion der Veickehrsanftalten, 1877 Regierungsrat bei der Generaldirektiou der Staatseifenbahuen, bei der er bis 311 feiner ZUruhefetzung tätig war, 3uletzt als Direktor der Rechnungsabteilung» Die Trauerfeier für den Verstorbenen fand hier in der Fried- hofkapelle am 12. Hovember statt, worauf nach Überführung die Beiferseutg am nachmittag auf dem Friedhof in Badeu erfolgte. Karl H e i 1 i S / Aunftmaler, gestorben am 13, Hovember im Alter vou 4? Zähren. 3 n Karlsruhe geboren, ftudierte Karl Heilig an der tischsen "Kunftgewerbefchule und an der Akademie der bildenden Künste. F n lh betätigte er fich auf dem Gebiete der Karikatur; er war lange Zeit Mitarbeiter der „Meggendorfer Blätter", Märchen- und Gnomenbilder bildeten dann fein eigent­ liches Stoffgebiet. Bet der Beftattung im Krematorium nach der Rede des Geistlichen widmeten Helimul Eichrodt, 3weiter Vorstand des Vereins badifcher Künftler, und Maler Pope dem Dahlei- gefchiedenen warmempfundene Morte des Hachrufür Map H u m m e l , geboren 1855 in Mannheim, geftorben am 3. De3ember. E r ftudierte Architektur und war als Privatarchitekt tätig, bis er I892 3um Profeffor an der Bangewerkfchule hier ernannt wurde. 190(5 erfolgte feine Ernennung 5um Baurat* Verlclltetrene#. >̂ | <us dem Zahresbericht der H°f* und L a n d e s b i b l i o t h e k entnehmen wir folgende Angaben: Ausgelschen wurden 1910 an 284 Tagen 27 511 Bände, davon in Karlsruhe 17636 und uach auswärts 9^75; unter den letzteren innerhalb Badens 9385. Der Z uSanS (Ankauf, Gefcheuke, Taufch) betrug 4105 Bände (1909: 3691); die Abteilung „Badlsche Literatur" ift um 1525 Bände (I486) gewachsen. Der Gefamtbeftand um­ faßte am 3al?resSchluß 208 740 (204 635) Bäude, Karten und Mufikalien (worunter 1312 Miegendrucke und 33 Bände Bliuden- drucfe) und 3800 (3800) HaudSchriften. Die Abteilung „Badlsche Literatur" zählte allein 30947 (29 412) Bände, darunter'7080 Bände Zeitungen. Unter deu außerordentlichen Z uSansen befanden Sich die F°rtfetzuugen der „Denkmäler der Tonkunst" und die des Prachtwerkes „Fauna und Flora des Golfes von Heapel", die der Großher30g wie Srscher der Bibliothek überwiefen hat· Außer­ dem hat F rau ProfeSfor Bernays aus der Bibliothek ihres ver­ storbenen Mannes, des Profeffors Michael Bernays, 290 Bände mit über 4200 Efürelschrifteu meift 3ur deutschen Literaturgeschichte und klaSSiicheu Philologie der Landesbibliothek als GeSchenk über- wiefem Sie fiud als „Sammlung Bernays" für Sich aufgeftellt» Geheimer Hofrat Profeffor Dr. M arc Rofenberg hat der Bibliothek wiederum eiue größere At^ahl Schriften 3ur badifchen Aunft- gefchichte iibergebem 3m G e n e r a l l a n d e s a r c h i v find 131 nummern (\9 °9 : 98) durch Einlieferung, Austanfch, Ankauf, Abfchriftnahme, Schenkung und Hinterlegung neu 3ugegangem 3 n dem Bericht des Archivs wird befonders hervorgehoben, daß Prfür Map die bisher noch in XI. 206 Salem verwahrten Reftbeftände der ehemaligen Alofterarchive Salem und Petershaufen dem Generallandesarchiv dauernd überwiefen hat. So daß nunmehr Sämtliche Archivalten dleSer beiden Klöster in Karls­ ruhe vereinigt Sind. — Die Ständige archivallsche Ausstellung wurde von 53 Einzelperionen, Sowie 4 Klaffen Karlsruher Mittelschulen befucht Die Benützung des Archivs gestaltete sich Solseudermaßen: a) Z u geschäftlichen Zwecken 75 Staats-, Militär-, Kirchen- und Gemeindebehörden, Sowie 19 Privatperionen in 178 Fallen; b) 511 wissenschaftlichen Zwecken 432 Perfonen in 9^0 Fällen* Die Erwerbungen, die im Berichtsjahre von den G r o ß - herzogl i chen S a m m l u n g e n (Gemäldegalterie, Kupferstichs kabinet, Sammlung vaterländischer Altertümer, Archäologische Sammlung, Sammlung für Völkerkunde, Aunftgewerbemufeum) gemacht wurden, Sind im efürelnen in Hr. 145 der „Karlsruher Zeitung" vom 28. M ai 1911 aufgefichrte Am 9. 3 anuar feierte 3 o h a n n P f e i f e r , lian3leirat bei dem VerwaltungshoS, Sein 50jähriges DienStjubiläum, W0311 von den Beamten des VerwaltungshoSes und vom badlschen Amtsregiftra- torenverein Glückwünsche und GeSchenke dargebracht wurden. Der Stadtrat hatte Oberbürgermeister Dr. M t 1 cf en s 3U Seinem 25jährigen Amtsjubiläum an der Spche der Gemeindever­ waltung in Heidelberg die tätlichsten Glücfwünfche namens der Stadt Karlsruhe ausgesprochen und dabei auch der Verdienste gedacht, die Dr. Milckens Sich um die Förderung der Landes- intereffen erworben habe» 3 U der Stadtratsfitzung vom 20. 3 auuar verlas der Vorschende ein Schreiben des 3 ubilars, in dem er für diefe Aufimerkfamkeit und die ihm ge3ollte Anerkennung dankte. Altftadtrat F r i ed r i ch M* D ö r i n g wurde vom Oberbürger­ meister und dem Stadtrate 3U feinem 80. Geburtstage Glückwünfche ausgesprochen. Ebenfo wurden dem Kunstmaler Profeffor G ustav S chön­ l eber , der vom Kaiser mit dem preußifchen Orden pour le mérite für Kunst und Miffenfchaft ausgeseichnet wurde, Glücf- wünfche ausgedrückt Profeffor Schönleber dankte durch ein Schreiben an den Stadtrat 207 Dem Minister des jnnem , Freiherrn von B o d m a n , über­ mittelte der Oberbürgermeifter namens der Stadtverwaltung die Glückwünfche zum 60. Geburtstag. 3n der Stadtratsfitzung vom 28. April wurde mitgeteilt, daß Geheimerat A d o l f F ö h r e n b a c h , bisher Landeskommiffär für die Kreife Karlsruhe und Badeu, anläßlich feines Ausfcheidens t t aus dem Staatsdienfte und feiner Übersiedlung nach Freiburg der Stadt in einem Schreiben heimlichen Dank für das Entgegen­ kommen und die dienftfördernde Unterftützung ausgesprochen, die er während feiner Ujährtgen Mirkfamkeit als Amtsvorftand wie als Landeskommiffär bei der Stadtverwaltung unausgefeul ge­ funden habe» 3 n dem Antwortfchreiben bedauerte der Stadtrat das Ausfcheideu des Herrn Fahrenbach aus feiner langen hervor­ ragenden Mirkfamkeit und dankte ihm mit den wärmsten Münfchen für fein ferneres Mohlergehein für die freundlichen Abfchiedsworte, gati3 befonders auch für die wohlwollende Geftnnung, die der Scheidende der Stadt 'Karlsruhe und ihrer Verwaltung gegenüber ftets betätigt habel Kommeheienrat T h e o d o r H e n n i n g hier wurde in Anbe­ tracht feiner Erfindungen auf dem Gebiet des Eifenbahnficherungs- wefens von der Techuifchen H°chfchule tiser snm Doctor ing. h. c. ernannte Stadtbaurat H e r m a n n Schlick wurde anläßlich feines aus Gefundheitsrückfichten erfolgten Austritts von den ISzamkn des ftädtifchen Tiefbauamtes ein ©elgemälde von Map Roman, von den akademifch gebildeten Beamten der Stadtverwaltung eine Adreffe mit dem Hinmeis auf feine Mitwirkung beim Ausbau der Refiden3 überreicht. Der Verein ftädtifcher Beamten ernannte ihn tt 3um Ehrenmitglied unter Übersendung einer künftlerifch ausgeftatteten Urkunde. Der Präfident des evangelifchen Oberkirchenrates, Mirklicher Geheimerat D. A l b e r t He l b i n g , beging am 19» 3 uni fein 50jähriges Amtsjubiläum als Geiftlicher der badifchen Landes* kirche. Der Großher30g überbrachte dem jn b ila r bereits am 18. perfönlich feine Glückwünfche und überreichte ihm die goldene Kette jum Großkreu3 des Ordens vom Zhieringer Löwen. Der Stadtrat entfandte eine Abordnung, heischend aus dem Oberbürgermeifter Wirklicher oebeimerat €m il Glöckner Präsident der Oberrecbnungskatmner. 208 und drei Mitgliedern des Stadtixites, um D. Heibing die Glücf- wünfche der Stadt Karlsruhe zu übermitteln» 3 m Hamen der katholischen Stadtgeiftlichkeit überbrachte Ehrendomherr und Geiser licher Rat Anötjer, Sowie StadtpSarrer 3Seniann die Glückwünsche. An denselben Tage wie der Präsident beging ein anderes Mitglied des Oberkirchenrates, D. Z a l ? r tatger, ein 50jähriges Amts- jubtläum als Geistlicher der Landeskirche. Am 22. 3 uul feierte Stadtbaurat M il he Im S t r i e d e r das 25jährige Zubtläum als Vorstand des Stadtbauamts. Vom Stadtrat wurde ihm das Ehrendiplom der Stadt und eine blumengeSchmücfte Silberne Schale überreicht Dem Rechner der Krankenkaffett, August RaSt e t t e r , wurde ebenfalls für 25jährige Dienfrseit das Ehren­ diplom der Stadt verliehen, dasfelbe am !♦ September dem Straßen- meifter F r i e d r i c h Heuber ge r . Gartendirektor F r i e d r i c h R i e s , Vorsitzender des Vereins deutfcher Rofenfreunde, wurde von der Hauptversammlung diefes Vereins für befondere Verdienfte um die Rofen3ucht uud in Aner­ kennung feiner Verdienfte um den Verein felbft die goldene Medaille verliehen* - Der Oberbürgermeifter hatte Generaloberst von Bock und P o lach in Haunover, der früher tiser Kommandierender General des 14» Armeekorps war, 311m 50jährigen Militärdienftjubiläum namens der Stadt Karlsruhe die beften Glückwüufche ausgesprochen Der 3 ubelar drückte dafür in einem Schreiben feineu Dank aus, wie in der Stadtratsfchuug vom 28* 3att mitgeteilt wurde* Ein 40jährtses Dienftjubitäum im Staatsdienft feierte am 10* Oktober V a l e n t i n K r i e g , ©berrechnungsrat bei der Ober- rechnungskammer» Dem Ehrenbürger der Stadt Karlsruhe, M i l h e l m Klofe , sprach der Stadtrat 311m 80* Geburtstag am 18» Hovember unter t t Übersendung einer Blumeufpende die hefürchften Glückwüufche aus. Herr Klofe dankte in einem Schreiben für diefe Aufmerkfamkeite Mirklicher Geheimerat, E m i l Glöckner , präfident der ©berrechnungskammer, beging am 19» Hovember das 50jährige Amtsjubiläum im Staatsdienft» 3 m Hlubelek auf fein ijahes Alter legte Geheimerat Glöckner auf Schluß des Jahres das feit 1879 ununterbrochen bekleidete Amt als Stadtverordneter nieder* Der 209 Stadtrat bedauerte „Das Ausscheiden eines fo langjährigen und hervorragenden Mitgliedes aus dem Bürgerausfchuß und Spricht Geheimerat Glöckner für das warme 3atereSSe an dem Gedeihen Seiner Vaterftadt, das er durch pflichttreue Ausübung Seines bürger­ lichen Ehrenamtes So lange Zhiere hindurch betätigt" habel auf­ richtigen Dank aus* Am !♦ De3ember beging Auguf t v a n der K o r s , Direktor der hleßsen Filiale der Badifchen Bank, das 40jährige 3ubtläum feiner Tätigkeit bet diefer Bank» Am U* M ai ftieg beim Gaswerk 2 der Ballon „ F r e t b u r g - B r e i s g a u " gegen hier0 Utzu vormittags auf* Drei perfonen nahmen an der F ahl‘t teile Der Ballon gehört der Ortsgruppe Freiburg des deutfchen Luftfchiffahrtsvereins^ Die Ortsgruppe Karlsruhe des Luftfchiffahrtsvereins ver- anftaltete am \6. Oktober mehrere Ba l l o n a u f f t i e g e * Doch konnten von den 4 vorbereiteten nur 5wet die Fahrt antretem Der eine Ballon, „Tlouch 5" etchob fich gegen hier Uhr mittags mit 4 perfonen und landete gegen 5 Uhr nachmittags bei Schirrheim im Eiaß, der andere „Baby", ftieg mit einer Perfon gegen 3/4l auf und landete um 2 Uhr bei Haseubach in der Pfalz* Z e p p e l i n 6 unternahm im M onat Auguft und September von Baden-Oos mehrere Fahrten mit Paffagieren, wobei das Luftfchiff mehrmals über Karlsruhe flog* Bei der erstatt Fabel am 24* Auguft ließen die Paffagiere Postkarten herabfallen mit der Bitte an den Fulder, fie in den nächften Briefkaften 3U werferu Bet der Fhiert am 6♦ September fiel die herabgeworfene Ballon- poft auf das Dach des Htaterhaufes liaiferftraße 139» Der G a r t e n b a u v e r e i n Karlsruhe hat auch im Berichts­ jahre eine Prämiierung der angemeldeten Ausfchmückungen von Fenftern und Baikonen mit lebenden Pflatrsen vorgenommen* Die Prämien (!♦, 2» und 3» Preife) beftanden in fchönen gefunden Zimnierpflan3en; die Prämien wurden am 14* Oktober abgegeben^ 210 Am 19. 3auuar wurde die neue, höher selesle Strecke an der Du r l a c h e r Al l ee , unter der die Bahnlinie hulwegläuft, dem Verkehr übergeben, die alte Strecke gefperrle Die Verlegung eines Teiles der Durlacher Allee wurde durch den Umbau des Bahn­ hofs in Durlach und die dadurch bedingte Veränderung eines Teils des Bahnkörpers nötig» \ <r XII. 1 . Vvrträge.*) 3 m 3al?l*e 1910 wurden. Soweit uns bekannt wurde, hier tm ganzen 318 Vorträge bezw. Re3imtionen gehalten* Die Srößte Zal?l mies der Hovember auf mit 56. E s folgten der Februar mit 47, der M är3 mit 4 6 , der Desember mit 44, der Oktober mit 41, der 3 amtar mit 26, der April mit 21, der M ai mit 17, der 3att mit 7, der 3 uni mit 6, der September mit 4 und der AuguSt mit 3 Vorträgen» Von den Vortragenden waren 152 aus Karlsruhe, 68 gehörten dem übrigen Baden und 74 dem übrigen Deutschland an, 19 waren Ausländer; bei 5 Vor­ trägen wurden Redner nicht genannt. Mir laSSen ein Verzeichnis der Vorträge hler folgen; Juttnur 3. chuuptmunn chuns von Pezo l d : „Reife durch Algier". (Arbeiterbtldnngsveretn.) ,, 5. Rabbiner Dr. Acke rmunn uns Brundenbnrg: „Arbeit und Arbeiter im Judentum". (Verein für jüdische Geschichte und Literutur.) ,, 6. Fräulein Annu E t t l i n g e n „Gottfried Keller". ((Öffentlicher Vortrug für Dutnen.) ,, 7 . Geh. rsefrut profeffor Dr. Ludwig K l e i n : „Die Lebensweife und Gefährlichkeit des echten chuusfchwumms und feine Verwechs­ lung mit underen holzzerstörenden Pilzen". (Nutnrwiffenfchaft- sicher Verein.) ,, 10. Oberlehrer Otto F r i t z » „Jngend* und Gegenwartskunde''. (Arbeiterbtldnngsveretn.) „ u . Dr. Richard Lof fen: ,,purstful von Wolfrum von Efchenbach". (Arbeiterdiskufstonsklub.) *) Dubei find nur die hier unter XII, 1 verzeichnten, nicht die an fonstigen Stellen der Ehronik in Verbindung mit anderen Angaben erwähnten Vorträge gezählt. w* 212 Januar 11. Dr. med. S e x a u e r von Godesberg u. Rh.: „Lebenskunst und Lebensglück, Wege zur Gewinnung und Erhaltung seiner Ge­ sundheit". ((Öffentlicher Vortrag.) ,, 12. Dr. B er i nger von M annheim: „Hans Thoma in der Lite- ratur". (Allg. Deutsch. Sprachverein, Ortsgruppe Karlsruhe.) „ 12. Chefredukteur Theodor M e y e r : „Ferrer- und der Ferrei> Rummell'. (Katholischer M ännerverein der Weststadt.) „ 12. Lithograph Robert Glockner und Rechnungsrat Friedrich Schne i der : „Von Toblach gen Süden". Mit Lichtbildern. (Gewerbevereister „ 13. R. P a r they uns Ettlingen (Schweiz): „Wie werde ich uns den Fesseln meiner Nervosität befreit" ? (Offentl. Vortrag.) ,, 13. Dr. Albert K n i t t e l : „Bosnien und Herzegowina". (Jung- liberuler Verein.) „ 16. Dekan K a ppler uns Pforzheim: „Naturgesetz und Schuld''. (Öffentlicher Vortrag.) „ 17. Dr. med. rse F u l ^ a ailS F rankfutt 0· M . : „Suggestion und chupnofe". (Kuufmännifcher Verein.) „ 18. Gulerieinfpektor Dr. Kurl Köl i tz: „Rembrundt". M it Licht­ bildern. (Arbetterdiskufstonsklnb.) ,, 19. Pfurrer J. ph. G lock uns Wolfenwetler: „Dus historische Volkslied in Buden während des 19. Juhrhnnderts". (Kitnst- gewerbeverein.) ,, 20. puter B u u r m u n n uns der Gefellschuft der weißen Väter in Afrika: „Knltnrurbeit der kutholifchen Kirche in Jnnerufrikti". (Kutholifcher F rcutenbund.) ,, 20. Dr. med. Willy spellpuch: „Beruf und Berufswuhl in ihren Beziehungen zur geistigen Gesundheit bet Munn und Weib". (Verein für Volkshygiene, Ortsgruppe.) „ 20. Studtpfurrer Fran3 R o h de: „Gedurtken und Erlebniffe in der Gefungenen-Seeiserge". (Evung. Männerveretn der Weststudt.) ,, 22. Profeffor Dr. B r o d u uns Paris: „Konstitutionelle Fabriken in Austrulten". (Arbetterdiskufstonsklnb.) ,, 23. Dr. med. M uj R o f e n b e r g : „Gefchlechtskrunkheiten und deren Verhütung''. (Vortrug für Herren im Arbetterbildnngsverein.) ,, 23. Dr. med. Otto B l o o s : „Können wir die fortwährende Ent- urtnng unferer Ruffe unfhulten" ? ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 2 8 . Dr. med. rsertnann P u n l l : „Frunentiirnen — F rauen3efurei heit — F rauenschenheit/<· (Verein für Verbeffernng der Fruuen- kleidnng.) ,, 31. pfurrer lic. W i e l u n d t uns Ntedereggenen: „Brennende sttt- liche Frugen der Gegenwurt itn Lichte des protestuntismns". (Evungelifcher Bund.) 213 Juttnur t t Febrnur t t t t r /, ,, f t tt t t t t t t t t t t t t t t 31. E. W. M e y e r , givtlingenteur uns Pforzheim: „Glauben und Wiffett". (Deutscher Montstenbnnd, Ortsgruppe.) 31. Professor Otto Fre ifch: „Aus der Frühgeschichte von Riegel um Kuiferstnhl". (Altertumsverein.) 2. Lithogruph Robert Gl ockner und Rechnungsrut F riedrich Schneider : „Reife in die Dolomiten, nach Venedig, F i° ren3 und un die Riviera''. M it Lichtbildern. (Gewerbeveretn). 2. A. p o h l m u n n - s p e h e n u s p von Detmold: „Marxismus und Bodenreform". (ArbeiterdiskuffionsklubI 2. Frau B u r k u m p , chugienikertn uns Berlin: „Ein Leben in Schönheit, Geheimnisse nnd Gefetze wissenfchuftlicher Kosmetik''. ((Öffentlicher Vortrug für Dumen.) 3 . Privutdozent Dr. Kü ste r uns F reibnrg: „Jnfekten nnd Jnfekt tionskrunkheiten". M it Lichtbildern. (Deutscher Verein für Volkshygiene, Ortsgruppe.) 3. Rudolf i? erzog, Schriftsteller uns Berlin: „Vorlesung eigener, bisher unveröffentlichter Dichtungen". (Kaufmännischer Verein.) 3. „Über den Brenner durchs Ampezzo nach Venedig". M it Licht­ bildern. (Schwurzwuldveretn.) 3 . Geh. rsefrut Professor Dr. Muthius isertd: „Mtkrofeismifche Oscillutionen der festen Erdkruste". (Nutnrwissenschuftlicher Verein.) 9. Pfarrer J o h n uns Dutsbuch: „Mifston nnd Kolonifution in Deutfch-Südwest-Afrtkad. (Mtfstons-Frunenveretn.) 10. Fletulein Annu E t t l i n g e r : „Über Gnstuv Fpenssens neuesten Romun." (Ossentlicher Vortrug für DumenI 13. Direktor S t u h r m u n n uns Burmen: „Moderne Bestrebungen zur Fheiorge für die Großstudtjngend". (Evungell Verein.) 13. Ftatilein Muriu B u f f e r m u n n uns Heidelberg: „Vorlesung uns Ovids Metumorphofen". ((Öffentliche Vorlesung.) 15. Kronkenkossenkontrollenr p i ch l e r uns Buden: „Wundernngen durch die Krunkenstnben von Kussenmitgliedent". (Arbeiter- disknfstonsklub.) 15. Dr. Schäfer uns Bremen: „Der Kunfmunn uls Vermittler zwischen Kunst nnd Volk". (Knnstgewerbeveretn.) 16. Reduktenr Philipp S p u n d o w ans Berlin: „Die Eroberung der Luft". M it Lichtbildern, Experimenten, Modellen von Luft­ schiffen u. u. (Kaufmännischer Verein.) 17. J. R e i f uns Leipzig: „Stund der Penstons- nnd hinter- bliebenenversichernng der Privutungestellten". (Vereinignng Karlsruher privutungestellten.) 18. n. 2 5 . Notur Dr. Stöcker: „Vorträge uns dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsburkeit." (Deutscher Bunkbeumtenverein.) 2 M Februar t t 1 1 t t t t tt // n tt t t t t t t t t t t t t t t t t t t t t t t 18. B u l z u r d - F ü g e r : „Dfchiu-Dfchttfu, der jupunifche Sport''. ((Öffentlicher Vortrug mit Demonstrution.) 18. Dr. Adolf Fel leneth* „Die ftuutsbürgerliche Erziehung''. (Alldeutscher Verbund.) 18. Jngenteur Schuber t uns Berlin: „Die Wertschätzung der geistigen technischen Arbeit und utisere Pflicht zur Orgunifution". (Technischer Verein.) 18. Oberleutnant chuns p leger: „Ein Besuch in den Kohlenberg­ werken in Tongshun in Nord-China". (Deutsche Kolontul- gefellchuftz Abteilung Karlsruhe.) 19. Generulfekretär J. G u n f e r uns Berlin: „Bierboykottz Bier- krieg und Volkswohlfahkt". (Deutscher Verein gegen Mißbrunch geistiger Getränke.) 19. Rechtsunwult Dr. Leo K u l l m u n n : ,,Dte gefetzltche Regelung des Tarifvertrages". (Deutscher Metullurbeiterverbund, Gruppe Oststudt.) 19- Reduktenr Anton W e t ß m u n n : „Rezitation ernster und heiterer Gedichte". (Deutscher Metullurbeiterverbund, Gruppe Südstudt.) 19. Rechtsunwult Dr. Ednurd Dtetz: „Kurl Marse'. (Deutscher Metullurbeiterverbund, Gruppe Weststudt und Mühlbnrg.) 20 . Studtpfurrer Heinrich R u p p : „Brutschen wir Christen noch dus ulte Testament"' ? (ProtestantenvereinJ 20. „Jakob Lindau". (Katholischer Männerveretn Badenta.) 20 . Pfarrer Dr. g t l cher t aus Prag: „Gegenwartsbilder aus der evangelischen Kirche (Österreichs". (Evangelischer Bund und Gustav Adolf-Verein.) 21. Eduard U h l i g : ,,Der Ultramontanismns, eine nationale und kulturelle Gefahr". (Akademischer Btsmarckbnnd, Ortsgruppe.) 2 1 . Lic. B o h n aus Berlin: „Mädchenunglück und Ft^uenleid". (Offentlicher Vortrag für erwachfene Mädchen und Frauen.) 2 1 . Schriftsteller Dr. M e f f e r t : „Der Kampf um die Welt­ anschauung". (Volksverein für die Katholiken Deutschlands.) 22. Lic. B o h n ans Berlin: „Sind Bordelle notwendig"? (Offene sicher Vortrag für Männer.) 22. profeffor Dr. Arthur B o e h t l i n g k : „Friedrich der Große". (Arbeiterdisknfstonsklnb.) 23. Kaplan spefherr: ,,Lebensrätfel nnd deren Lösung in Goethes Fuitst". (Katholischer Männerveretn St. Stephan.) 23. Fräulein Ltttfe L a v a t e r von Genf: „Rezitationen ans fran- zöstfchen Dichtern". ((Öffentliche Vorlesung in franz. Sprache.) 23. Geh. rsefrat Profeffor Dr. Adolf von Oeche l häu fe r : „Die Burgen des Kratchgans". Mit Lichtbildern. (Altertnmsverein.) 23. Erich S t e p h a n i aus Dresden: „Das Wefen des Schönen"., (heimatliche Kunstpflege.) Flebruur ,, n /, // // // März ,, n n // // 23. Ftattlein Annu E t t l i n g e r : „putil E^eyfe". (Offentll Vortrug für Dumen.) 25. F rau F rle^a f i e be r t , chugienikertn uns Konstunz: „Wie be- hundeln wir unfere Frauenkrankheiten" ? ((Öffentlicher Vortrug für F rauen·) 2 5 . Pfurrer W u r t h von Bretten: „Die gegenwärtigen Verhund- liingen über die Trennung von Kirche und Staat". (Kirchlich- posttive Vereinigung.) 25. Fran Annu B e r i n g : „Heinrich von Steins Leben und Schaffen". ((Öffentlicher Vortrug.) 26. Rechnnngsrut F rlereich Schneider : „Wanderung über die Dolomiten nach Venedig und Fl°reiI3 an die Riviera". (Stenogruphenverein „Gubelsberger".) 27. Pfurrer K ü h l e w e t n : „Die Sünde wider den heiligen Geist". (Evungelifches Vereinshuus.) 27. pfurrer lic. K ü h n e r uns Wuldktrch: „Ernst Moritz Arndt". (Evangelischer Männerverein der Altstadt.) 28. rseffchuufpieler Wilhelm Wuf fer t t tunn: „Der Gruf von Gleichen". (Rezitution im Kuufntännifchen Verein.) 28. Pustor M u h ler uusOstrowo: „Ein nationales Liebeswerk im Osten nnferes Vaterlandes". (Evungeltfcher Bund.) 28. Professor Dr. Wilhelm Puul cke: „Jugend, Erziehung und Sport". M it Lichtbildern. (Arbeiterbildungsverein.) \ . Pustor S. Ke 11 er ansFreiburg: „Was heißt beten? " (Ossenkt sicher Vortrug.) che Abg. Anwuit Murtin Venedey uns Konstunz: „Das Juhr 1838". (Arbeiterdiskusstonsklub.) 1. Frau A. R itz mann , chugtentkertn als Waldenburg t. Schu: „Modetorheiten, Modekrankheiteu und Modegifte". (Offentlicher Vortrag.) 1 . Stadtrat Rechtsanwalt Dr. Ludwig l ? a a s : „Arbeiterfrage und Frauenfrage". (Verein der Deutschen Kaufleute, Ortsgruppe.) 2. Pastor S. K e l l e r ans FreiderS1 «Schuld und Sühne". ((Öffentlicher Vortrag.) 2. Kanzleirat F ran3 K ä f l e t n : „rseimatfchutz". (Gartenban- veretn.) 3. Pastor S. K e l l e r ans Freiburg: „Der Charakter Gottes und das Unglück von Mefstna". (Öffentlicher Vortrag.) 3. Dr. med. G i e r ke , Profektor am städtischen Krankenhaus: „Die Bakteriologie des täglichen Lebens". (Deutscher Verein für Volkshygiene, Ortsgruppe.) 3. Profeffor Dr. Alexander R i f f e l : „Die Bedeutung der ver- • gleichend-statistisch-genealogifchen Fbelchung für Prophylaxe und Therapie". (Natnrwiffenfchaftlicher Verein.) — 215 — 216 März 3 ., nt. und 18. Notar Dr. Stocker: „Vorträge uns dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit". (Deutscher Bunkbeumtenverein.) ,, 3 . Pustor S. K e l l e r uns F reiburg: „Signale uns der nnsicht- buren Welt". ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 6. Derselbe: „Wus heißt Bekehrung?" ,,Wunn kommt der Welt- friede?" (gwet öffentliche Vorträge.) ,, 7. Derselbe: ,,Dus schnelle Problem in der Kinderstube". ((Öffent­ licher Vortrug.) „ 7. Redukteur W. S i e g e r t uns Berlin: „Wie sichern nnd erhulten wir dus Eheglück?" ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 7. Profeffor Dr. Wulther M u y : „Darwinismus". (Arbeiter- btldnngsveretn.) ,, 8. Studtpfarrer Heinrich R u pp: „Die biblische Schöpfungs* gefchichte". (ArbeiterdtskufstonsklubZ ,, 8. pustor S. K e l l e r uns Freiburg: ,,Geheimmittel der Keusch­ heit^. ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 9. Derselbe: „Mittel gegen dus Sterben". (Öffentlicher Vortrug/) ,, 10. Kurl Mu l f ch : „Buchs Stellung in der Mustkgeschichtc mit befonderer Berückstchtignng feiner H-moll Messe". (Buchveretn.) „ 1 0 . Geh. rsefrut Direktor Dr. Josef f j äußne r : „Königin Lntfe von Preußen". (Offentlicher Vortrug.) „ 10. Generul B o o t h , Gründer der rseilsurtnee: „Die Vergungen- heit, Gegenwurt, Ankunft der rsetlsartnee". (Offentlicher Vortrug.) ,, 11. privutntunn Erwin Dietner: „Wefen nnd Arten des Monis­ mus". (Deutscher Montstenbund, Ortsgruppe.) ,, 11. Prokurist Jrsermunn spelbtng: „Dus Deutschtum in den Ostfee- provinzen". Selbsterlebtes. Mit Lichtbildern. (Alldeutscher Verbund.) ,, 11. MU£ Ft i r f tenberg uns Berlin: ,,Wus will der Deutsche Bunkbeumtenverein?'1 (Deutscher Bunkbeumtenverein, Orts­ gruppe.) ,, 12. Rechnnngsrut F rledrtch Schneider : „Wunderungen mit dem gweirud über die Dolomiten" nfw. Mit Lichtbildern. (Militär- verein.) ,, 12. Duntel K ü h n uns Speyer: „Vortrug eigener Gedichte in Pfälzer Mnndurkt'. (Rezitution im Pfälzerwuldveretn, Orts­ gruppe.) ,, 13. J. M e t f t n g e r , Pfarrer von Söllingen: ,,Wus lehrt die hl. Schrift von dem gorne Gottes?" (Offentlicher Vortrug.) ,, 13. Geheimerut Profeffor Dr. Mu£ F r t e d l ä n d e r uns Berlin „Alterer deutscher Volksgefung". (Kuufmännifcher Verein.) ,, 13. ksunptlehrer Heinrich h e c k m u n n : „Erziehungsfragen". (Evangelischer Männerveretn der Südstudt.) 217 März 1 3 . Privutdozent Dr. Willi H e l l p a ch: „Degeneration und Tragik". (heimatliche Kunstpflege ,, 13. F rau Dr· S i e v e k i n g : „Gegenwärtiger Stund der Dienstboten* fruge". (Generalversammlung der Rechtsauskunftsstelle für Fronen.) „ 13. profeffor Dr. G erster er uu§ Mannheim: „Erziehung zur Persönlichkeit''. (Arbeiterbildtungsverein.) „ 15. J. M et f i ng er, Pfarrer von Söllingen: ,,Dte Bedeutung des Todes Chris ti ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 16. Pfarrer K u n z von Seckenheim: „Religiöfe Dichtung im 19. Juhrhtindekt". (Evangelisch-protestantischer M issionsverein.) ,, 16. Robert Schneider , Nutnrheilknndtger: „gnckerkrunkheit". ((Öffentlicher Vortrug.) „ 16. „piuntugen in Kamerun/' M it Lichtbildern. (Deutsche Koloniul- gefellfchuft, Abt. Kurlsruhe.) „ 17. Dr. med. B e h r e n s : „Mutter- und Säuglingsfürsorge". (Deutscher Verein für Volkshygiene, Ortsgruppe.) ,, 17. Professor K arl L a ng: „Die Ausbreitung des Deutschtums nach Osten“. (Ostmurtcnverein.) ,, 17. Dr. Kurl W o 1 iS uns Berlin: „Schiller und der Unsterblichkeits- gedunke". (Arbeiterdiskusfionsklub.) „ 18. Professur D r. tauber: „Durstellting des Ammontuks uns feinen beiden gusförmigen Bestundteilett-, uns Stickstoff und Wusserftoff". (NuturwiSfenschuftlicher Verein.) „ 19. Fletatetn A. von pezo l d : „persönliche Eindrücke vom Leben der Deutschen in Eftlund vor und nuch der Revolution". (Verein für dus Deutschtum im Auslund.) ,, 2 0 . Dr. med. Schmitt , prutt. Arzt: ,,Wus wissen wir vom Ur­ menschen (Kutholischer Männerverein der OststudtI „ 25. Friedrich J a s k o w s k i uns Leipzig: „Wugners purftful". ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 50. Rechtsunwult Dr. Leo K u l l m a nn: „Die Entstehung des Christentums". (Öffentlicher Vortrug.) April 5 , profeffor D r. S t u n d i n g e r uns Durmstudt: „Die Käufer* orgunifution uls Gegenwehr gegen die Ring- und Rentenwirt- fchuft". (Bund der technisch-industriellen Beumten.) ,, 5 . rsefschuufptcler Wulter K o r t h : ,,Colberg" von punl rseyfe. (Rezitution im ArbeiterbildungsvereinJ „ 5 . Jngenienrlentnunt u. D. J. p. M ü l l e r uns Kopenhugen: „Mein System". ((Öffentlicher Vortrug.) „ 10 . Studtpfarrer Dr. M e n t o n uns Ettlingen: „Ans dem Leben Vuter Bodelschwinghs". (Jugendubteilnng des Ehriftlichen Vereins junget* Männer.) 218 April ff ff ff ff ff ff ft ■ft tt tf tt tt tt tt tt Mut / / // U. Frau M. R i t zmunn , Vygtentkerin uns Wuldenburg i. Schl.: „Was ist Liebe? Wus ist Glück? u ((Öffentlicher Vortrug.) 12. Reullehrer August B e r g m u n n: „Fremde Sprüchen im Dienste des Kaufmanns". (Fidelitus, Vereitt Katholischer Kunstente und Beamten.) 13. Rechnungsrut F r i e ^ r ich: „Andreas Hofer und Lueger". (Katholischer Männerveretn St. Stephun.) 13. Dr. med. Schmitt, prukt. Arzt: „Wus wiffen wir vom Ur­ menschen?" (Kutholifcher Männerveretn der Südstadt.) 13. August K u h 1 uns chumburg: „Weitschöpfung und Weltuntergung mit Berücksichtigung des chulleyfchen Kometen“. (Deutscher Monistenbund, Ortsgruppe.) 15. Oberstleutnant D. Schuster: „Einfluß des Mondes uuf die Atmofphäre". (Nuturwiffenschuftlicher Verein.) 23 · Studtpfurrer Kurl speffelbucher: „Bäuerliche Kunst in Buden und die Urfuchen ihres Verfalls in der Gegenwart." (^heimatliche KunstpstegeI 2(5. Profeffor D r. Alexander R i f f e l : „Theorie und prujis uuf hygienischem Gebiete". ((Öffentlicher Vortrug.) 2 6 . Jngenteur und Schriftsteller O. E. S n t t e r : „Das Pflanzen- leben im Schwurzwuld". (Arbeiterdiskufstonsklub.) 26 . Frau M. R i t z mu n n uns Wuldenburg: „Die Menschwerdung Christi". ((Öffentlicher Vortrug.) 2 7. Profeffor Buurut Albert Neumei s ter : „Die Bebuunng der Studt Karlsruhe". (Fortschrittliche Volkspurtei.) 27. und 29. T u m b e r l u n d : „Jntereffunte Probleme: Suggestion, Spiritismus, Gedankenlefen" tisch. (Offentlicher Vortrug mit Experimenten.) 28. rsefpredtger Ernst Fi fcher: „Mit Sven rsedtn im Kirchenstuut des innersten Asten (Tibet)". (Gustuv Adolfürrauen- und Jung- fruuenverein.) 28. Profeffor Oskur A rm brüster: „Studienjahr! nach griechischen Jnfeln". (Altertumsverein.) 2 9 . Dr. Ludwig W i l f e r uns Heidelberg: „Der fofstle Mensch". (Deutsche Kolontulgefcllfchuft, Abt. Karlsruhe.) 29. Kurt E t s n e r aus Nürnberg: „Goethes Egmont". (Offentlicher Vortrag.) Miffionar Dr. E. L ü r i n g : „Bedürfen die Heiden das Evangelium?" ((Öffentlicher Vortrag.) Stadtvikar Dnhnt : „Eindrücke ans Palästina4'. (Evangelischer Männerveretn der Altstadt.) Frun Alberta von F r e y d o r f : „Königin Luife von Preußen", (Geschäftsgehilstnnenheim des Badischen F ranenveretns.) Mut 2. profeffor Heinrich Lentz: ,,Dus Kometenwefen". (Arbeiser- disknffionsklnb.) „ 3 . Dr. chuittemunn uns Berlin: ,,Dus Gewerbe und der chunfu- biind". (Hunfubtind, Ortsgruppe.) „ 3. rsefgurtendircktor Leopold G r ä b etter: ,,Dus Answintern und Vertagen der Kakteen". (Verein der Kukteenfrcnnde.) ,, 3. Studtpfurrer K n e b e l uns Munnhetm: „Der Stuutsgedunke im Christentum". (Kutholischer Männerverein der Oststudt.) ,, 5 . Schriftsteller und Bürochef rsenry W i t t nt unn: „Spanien, dus Lund voll Sonnenschein". (Kutholischer Männerveretn Budenin.) „ 10. Abbe N u n d et uus Paris: „Trennung von Kirche und Staut". (Arbeiterdiskuffionsklub.) ,, 15. Prediger Gäd e : „Die Sieben Siegel von Offenburung 5 und 6. ((Öffentlicher Vortrug.) „ 20. Redukteur W o h l r u b e ' u u s Chemnitz: „Die stenographische Bewegung der Gegenwart". (Nutionul-Stenogruphen-Verein.) „ 20. profeffor D. Albrecht T h o m u : „Die höheren Schulen in Buden". (Evungelifcher Bund.) „ 20. Minister u. D. T e r st bet* g uns Norwegen: „Die Ftage des rechtlichen Stellung der Frau und des Frauenstimmrechts". (Arbeiterdisknfstonsklub.) „ 27. Profeffor Aguche uus Purts: „Soziale Kunst in F rankreich". Mit Lichtbildern. (ArbetterdtsktiSstonskiitb.) ,, 28. K n r t B l n m e n f e l d uns Berlin: „JüdifcheWirtschaftsprobleme". ((Öffentlicher Vortrag.) ,, 29. Prokurist rsertnann spelbing: ,,Dus Deutschtum und die evangelische Kirche in den Oftfeeprovinzen. Geschontes und Erlebtes uus der rnfstschen Revolution''. M it Lichtbildern. (Christlicher Verein junger Männer.) ,, 30. Direktor Albrecht : „Die Wufferkruftunlugen Rheinfelden und Angst-Wyhlen". M it Lichtbildern. (Elektrotechnischer Verein.) Juni l. Geh. rsefrut Oberfchulrut Dr. Albert W u u g : „Die budifchen Mundarten". (Allgemeiner deutscher Spruchverein, Ortsgruppe.) ,, 10. Profeffor Dr. Lothur W ö h l e r : „Über die epploftven Eigen­ schuften der Knullfulze und Azide". (Nutunviffenfchuftlicher Verein.) ,, 23. privutdozent Dr. rserwann S i ev e k t n g : „Nettere Beobuchtnngen über die Rudiouktivität der Budener Thermen". (Nuturwiffen- fchuftlicher Verein.) ,, 2 5 . W. E i f e n l o h r : „Dus Deutschtum in Paraguay". (Verein für dus Deutschtum im Anslund.) „ 27. profeffor Th. R e h bock: „Die Ausnützung der Mnrgwuffer- kräfte". M it Lichtbildern. (Architektenverein.) ,, 28. Geh. rsefrut Profeffor Dr. Ludwig K l e i n : „Unfere Wald­ bäume". (Arbeiterdisknistonsklnb.) — 219 — 220 J n l i l l . Georg R i e h l , chupnologe uns München: „Die Phänomen des chupnotismns". ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 5. Studtpfurrer Schu lz uns Heidelberg: „Ein Schlußwort zum Enzyklikustretkt'. (Evungelifcher Bund.) „ 2 \ . D ü n n nt et er uns Kiel: „Warum find wir Guttempler ?" (Jnternutionuier Guttempler^Orden.) ,, 2 2 . profeffor Dr. Wilhelm punlcke: „Nene geologische Fheichuitgen in den Alpen". (Nuturwiffenschuftlicher Verein.) ,, 22. rseinnch B e y t h i e n uns chunnover: „bsundel und Gewerbe im Kumpf um ihre Existenz". (Rubuttfpurverein.) ,, 26. Reduktenr R e i f e r ich: „Die Nutnr in der Dichtung". (Arbeiter- diskuffionsklubJ ,, 28 . „Urluubsreife nach Strußburg, Ports, Bordeuut*, Lourdes, Touloufe, Nimes, Murfeille und Monuco". (Katholischer Männer­ verein Konstuntiu.) August 14. W ü h l uns Bremen: „Ein Univerfulmittel gegen Trunksucht1'. (Evungelifches VereinshunsI „ 23. Studtvikur R o l u n d : „Stunden mit Goethe". (Arbeiter* dtsktifstonsklub.) n 31. Studtpfurrer J ä g e r : „Die Religion Goethes". (Arbeiter** diskuffionsklub.) September 2. Bnndesgefchäftchuhrer Schm ul uns München: „Christliche oder freidenkerische Lebensgestultnng". (Öffentlicher Vortrug.) ,, 6. Rechtsunwult M u r um: „Die Urfuchen des Verbrechens". (Verein deutscher Kuuflente.) ,, 7. stud. rer. nat. S t u r k : „Der Einfluß der Eiszeit uuf die Vegetation". (Gurtenbunverein.) ,, 26. Schriftstellerin Frau ©ttilie S t e i n : „Fruuenleben einst und jetzt". (Arbeiterbildungsverein.) Oktober che Oberlehrer pustor Sch l epper uns Lemgo: „Der Vegetarismus eine nette Weltunfchuuiing". (Öffentlicher Vortrug.) ,, i. Dr. med. R red I in , prukt. Arzt uns Freilettze „Diätetische Erfuhriingen uns der ärztlichen prujis". (Öffentlicher Vortrug.) ,, 3. chuftheuterdrumuturg Dr. Kronucher : „chuttneles rsemmelfuhrt von Gerhurt chunptmuun". (ArbeiterdiskufstonsklubI ,, 8. Dr. K. von M u n g o Id: „Gurtenftudt und Stadterweiterung". ((Öffentlicher Vortrug.) ,, ii. Studtfchulrut Dr. Anton S i ck i ng er uns Munnhetm: „Die Munnhetmer Studtfchulorgunifution". (Arbeiterdiskiiffionsklub.) ,, 13. Puitl T r e n n uns Jenu: „Der Druck des Kupitulismus und wie ihn dus Volk von Sich wälzt7'. (Öffentlicher Vortrug.) ,, 15. u. 20. Rudolf Ge ist: ,,Wus tutfere F rauen tafffen muffen. Erziehung zur Schönheit und Gcfiindheit". ((Öffentlicher Vor­ trug für Damen von der Gefellfchuft für rutionelle Körperpflege.) 221 Oktober ,, ,, ,, ,, n n t t n ,/ ,, // n /, 13. Prosper M ü l l e n d o r f uns Köln: „Jndnstrie und Technik in Ostufritu". (Deutsche Koloniulgefellfchuft, Abt. Kurlsrnhe.) 16. profeffor Dr. R i g g e n b u c h uns Bu ie l: ,,Dus Geheimnis des Kreuzes". (Evungelifches Veretnshuus.) 17. Albert G e i g e r : Rezitution uns feiner Dichtung ,,Dus Winzer­ feste. (Arbeiterbildnngsverein.) 17., 23. n. 31. Studtpfurrer August S t u m p f : „Sittliche Lebens- unfchuunngen der Neuzeit und ihre numhuftesten Vertreter". (Kutholifcher Frauenbund.) 18. Hoftheuter- Jntcndunt profeffor G r e g o r i uns Mannheim: „poeste der Arbeit". (Rezitutionsubend im Arbeiterdiskufstons* klitb.) 18. F rutt U fe r aus B armen: „Wozu lebe ich eigentlich? " (Vortrug für junge Mädchen tut evungelifchen Veretnshuus.) 19· DieSelbe: „Christliche Frauenarbeit nnferer geit". (Nuchmittugs- vortrug für Frunen und erwuchSene Mädchen im VeretnshunsJ 19. Dieselbe: „Wie muche ich Munn und Kinder glücklich? " (Abend- vortrug für Frunen im VereinshuusJ 19. Dr. med. R i e d l i n , prukt. Arzt uns Freibnrg: „Urfuche, Be- hundluug und Teilung von Lungenfchwindfncht". ((Öffentlicher VortrugI 20. profeffor Dr. S ch nt t d t uns Offenburg: „Gultlet". (KutholiScher Fruuenbund.) 2 \ . Redakteur G u t f l e i s ch: „Lourdes". (Kutholifcher Männer- veretn St. Stephun.) 21. Professor Dr. Wulther Muy: „Die kunurifche Jnfel Lu pultna". (Nuturwiffenichuftlicher Verein.) 21. purteifekretär T r i n k s : „Arbeiterfchuft und Gurtenstudt". (Öffentlicher Vortrug.) 22. Schreiner Hermann S c h l a geter: „Der BeSnch der Welt- uusstellnng in Brüffel". (Deutscher rselzurbeiter-Verbund, Orts- grnppe.) 22. Wilhelm H ä n l e i n aus Berlin: „Die gnknnft der Porträt- photogruphen". ((Öffentlicher Vortrug.) 23. Ehefredukteur Theodor M e y e r : „FleiSchtenernng und Arbeiter- Schuft". (Katholischer Arbeiterverein.) 23. Oberleutnant Hans P l e ge r : ,,Jupun und Koreu". (Arbeiter- bildungsvereinI 25. privatdozent Dr. A. Sk t tu: „Die natürlichen Faterseofspe ((Öffentlicher Vortrug.) 26. ProSeSfor Dr. G ö l l e r uns Frei&urg: ,,Dte kirchenpolitifchen Ereigntffe und die Entwicklung des päpstlichen Fututtztreietis zu Anfung des XIV. Juhrhunderts". (Katholischer Männer* verein der Oftftudt.) 9 9 9 U J L~! Oktober 27. Fräulein Anna E t t l i n g er: „Bilder utts der Litcrutur der Gegettwukt". ((Öffentlicher Vortrug für Dunten.) ,, 27. Ft-ut1 Dr. A l t m a n n - G o t t h e i n e r , Dozentin von Munn- heim: „Über Bürgerkunde". (Verein Frunenbildnng— F rauen ̂ stndtnm.) „ 28. E. V o g t h e r r uns Wiesbuden: „Die F rcuienftage uud &le Stellung der Freidenker hierzu". (Ortsgruppe der Freibeuter.) „ 28. Dr. med. Albert E l l i n g e r : „Gewerbliche Angenkrunkheiten". (ArbeiterdiskufstonsklubJ ,, 29. E. V o g t h err uns Wiesbuden: „Moderne Kultur und klerikale Weltunfchunung". (Ortsgruppe der Freidenker.) „ 29. £>. S chürm a nn uns Stuttgart: „Weltfchöpfung und Welt- eutwicklting". (Deutscher Metullurbeiterverbund, Ortsgruppe.) ,, 30. Pustor D. L. S chne l l e r uns Köln: „Eine Wunderung zum Sinai". (Evungelifches Vereinshuns.) „ 30. Pfurrer Lic. W i e l a ndt von Niedereggenen: „Der Berliner Weltkongreß für freies Christentum und religiöfen Fektichim“» (Protestuntenverein.) ,, 3 0 . Dr. med. Muj R o s e n berg: ,,Dic chuut und ihre pflege". (Gefchäftsgehilstnnenheim des Budifchen F raueni?ereins.) ,, 31. Geh. h ofrat Profeffor Dr. Lndwig K l e i n : „pfluuzenwunder utts uller Welt". (Deutscher F rauertrerein vom Roten Kreuz für die Kolonien, Abt. Karlsruhe.) „ 31. Schreiner Hermann S c h l a geter: „Der Besuch der Weltuus- stelluttg in Brüffel". (Arbeiterdiskufstousktub.) „ 51. F riedrtch J a s k ow s k t uus Leipzig: „Dus Grundgeheimnis von Muntt uud Weib tu der Gegeuwart". (Offeutlicher Vortrag.) November 2., 9„ 16., 23. u. 30. Studtpfurrer August S t u m p f : „Sittliche Lebettsunfchuuuugeu der Neuzeit uud ihre namhaftesten Ver* treter". (Kutholifcher F rautubund.) „ 2 . Profeffor Dr. MU£ Auerbuch: „Durch Protozoeu (Urtierchen) verurfuchte Kruukheiteu beim Meufcheu uud bet Tiereu". (Gurten- buuveretn.) „ 2 ., 9 . u. 16. Geh. rsefrut Profeffor Dr. rseury Thode von Heidelberg: „Flereuz". (Kuufmätintscher Verein.) „ 3., 10., 17. u. 23. Fruu Dr. A 11 m u u u - G o 11 h e t u e r , Dozeutiu uus Munnheim: „Über Bürgerktinde". (Verein Fpatteubildung— Fruueustudium.) „ 3. privutdozent Dr. rsermuun S t e v e k t u g : „Metallisches Radium". (Nuturwiffeufchuftlicher Verein.) „ 3. Dr. E. O e t t i u g e r : „Die Temperutur der Sterne". (Nutur- wiffeufchuftlicher Vereiu.) ,, 3 . privatdozeut Dr. Gerhard Just: „Die giuupeft". (Nutur- wiffeufchuftlicher Verein.) 223 November /, rr n n // // n n // n n n n n n n 3. Privutdozent Dr. Mont b er t uns Frelelir3: ,,Die Arbeiter- Wohnungsfruge". (Arbeiterdiskufstonsklub.) 3. Dr. chuns K u m p f f m e y e r : „Die Verwirklichung des Gurten- studtgedunkens in Karlsruhe''. (Offentlicher Vortrug.) 7. Dozent Diplomingenieur F le iJe le ,,3)le großen Tulfperren- buuten". M it Lichtbildern. (ArbeiterbildnngsvereinI 8. Professor Dr. August f j u n s r u t h uns Heidelberg: „Die ugru- rifchu Revolution im Altertum". (ArbeiterdisknfstonsklubJ 9. profeffor Kurl R i eg er: ,,Dus Anslunddcutfchtum, feine Ent­ wicklung und Bedeutung". (Verein für dus Deutschtum im Anslund, Ortsgruppe, Frauenubteilung.) 9. Jngenteur T h t m m uns Berlin: „Die Verschmelzung der Techntkerverbänd^. (Bund der technisch-industriellen Beumten, Ortsgruppe.) 9. profeffor Dr. A. Schmidt uns Offenburg: „Druhtlofe Tele- gruphie". (Kutholifcher Männerveretn der Oststudt.) 9. Studtpfurrer Heinrich R u p p : „Ehinestfches". (Mtfstons-Fruuen- verein.) 11. Dr. S c h u u s m u n n uns Strußburg: „Dus Strußburger Münster und fein Schmuck". M it Lichtbildern. (Mufenm.) U . Dr. med. Trungott T r ü m e r , prukt. Arzt: „Modern-ärztliche Angriffe uuf die perfönlichkeit Jesu und deren ärztliche Wider­ legung". (Kirchlichuposttive Vereinigung.) 13. Profeffor Lepp von Pforzheim: „Wie ist dus Pupsttnm ent­ stunden ? " (protestuntenverein.) 13. Prediger Gäde : „Die Reichen des Auti-Christett". ((Öffent­ licher Vortrug.) 13. Studtpfurrer Götz uns Heidelberg: „Die Ruffenfruge zwischen Schwurzen und Weißen vom Stundpnnkt der Koloniulpolitik und des Christentums". (Evungelifches VereinshunsI 13. Oberlentn. chuns p 1 e g e r : „Meine Reife durch Koreu n. Jupun". M it Lichtbildern. (Deutsche Koloniulgefellfchuft, Abt. Karlsruhe.) 13. Reduktettr Anton W e i ß m u n n : „Rezitation uns Ludwig Thomu, Richurd Dehme! n. u.". (Arbeiterbildungsverein.) 13. Puul Schi r rmei s ter , Redukteur uns Berlin: „Gicht und Rhenmutismus". (Nutnrheilverein.) 15. nnd 22. Profeffor Dr. Gerfon B u n u u e r : „Die frunzöstfche Revolution''. (ArbeiterdiskufstonsklubI ) 5 . Dr. E. Schuur fchmidt uns Dresden: „Durwins Lehre und der Spiritnulismus". (Offentlicher Vortrug.) 15. K ö r n e r : ,,Lund nnd Leute in Togo". (Kutholifcher Männer­ verein der Südstudt.) 16. Professor B lufchko uns Berlin: „Neue Ausblicke in der Bekämpfung der Gefchlechtskrunkheiten". (Deutsche Gefellschuft zur Bekämpfung der Geschlechtskrunkheiten, Ortsgruppe.) 224 November 16. Gewerbelehrer E. M u t t e r n uns Pforzheim: „Futbenphoto- graphte". Mit Lichtbildern. (Gewerbeveretn.) ,, 16. Profeffor Dr. B r o d a uns P a r i s : „Erfahrungen uuf dem Gebiete des Frauenstimmrechts in Fiuttlund, Australien und N euseeland". (Bud. Verein für Frauenstimmrecht.) „ 17. Rabbiner Dr. p o s n e r uns Kottbns: „Die Juden int Karolinger- retchu. (Verein für jüdische Geschichte und Literatur.) ,, 17. Fräulein Anna E t t l i n g e r : „Rostands Chantecler". ((Öffent­ licher Vortrag für Damen.) ,, 19. Regiffenr Otto K i e n f c h e r f : „Rezitation ans Fim Reuter". (Allgemeiner deutscher Sprachverein.) ,, 19. Professor Dr. Wilhelm W o 1 f r u m ans Heidelberg: „Wilhelm Friedemann Bach". (Öffentlicher Vortrag.) ,, 2 \ . Professor Karl Wi dme t * : „Das moderne Wohnhaus". (Arbeiter* bildiingsverein.) ,, 2 1 . M artha R a h m e r - R e n e e , Sprachkünstlerin: „Rezitation ans Goethe, Veine, rserder, Wildenbrnch n. a.". ((Öffentlich.) ,, 22. Vera Nillins: „Der Magnetismus als Universalsaktor im Welten- bau, sein Wesen und seine Wirksamkeit". ((Öffentlich.) ,, 2 3 . D r. chuns K a m p f f m e y e r : „Die Gartenstadtbewegung". (Katholischer Männerverein der Südstadt.) ,, 23. Professor Dr. B e r t s c h e ans Schwetzingen: „Abraham a Santa Clara". (Katholischer Männerverein der Oststadt.) „ 23. Professor Valentin M er k: „Über Volkskunst". (Altertumsverein.) ,, 23. Dr. rsermann B a h r ans Wien: „ÜberSchauspielkunst". (Kauf* männischer Verein.) ,, 2 5 . D r. Richard L o s s e n : „Glaubensfreiheit in Deutschland seit der Reformation". (Katholischer Männerverein St. Stephan.) ,, 27. Stadtpfarrer August S t u m p f : „Die Bedeutung der Strafe in der Erziehung des Kindes". (Katholischer Männerverein der Oststadt.) ,, 28. Profeffor Dr. Otto von g w i e d e n e c k - S ü d c n h o r s t : „Der foziale Gedanke im 19. Jahrhundert". (Arbeiterbildnngsverein.) ,, 28. Ernest S h a c k l e t o n : „Meine Südpolarreiser. Mit Licht­ bildern. ((Öffentlicher Vortrag.) „ 29. Profeffor Dr. M aj W i n g e n r o t h ans Freibtug: ,,Die E?017e*· punkte der Kunst im i?. Jahrhunderte. I. (Öffentlicher Vortrag.) ,, 30. Privatdozent Dr. G r a m m ans Freiburg: „Das Madonnenideal in der bildenden Kunst". (Katholischer Fputtenbnnd.) Dezember \. Fran Vx- med. p n r t f c h e r , prakt. Arztin aus Bafel: „Wie schützen wir lins vor F raitenleleen (Öffentlicher Vortrag.) ,, i„ 8. n. 15. $vau Dr. A l t m a n n ^ G o t t h e i n e r ans Mannheim: „Bürgerkunde". (Verein Ft’utteabiidung—F raucnstndtnntJ 225 Dezember 2. u. 6. Profeffor D r. Mur W i n g e n r o t h uns Freibnrg: ,,Die Höhepunkte der Kunst im 17. Juhrhundert". (Offentll Vortrug.) „ 2. D r. August L u y h : „Abend- und Morgengedächtnis unf Grund erperimentuler Untersuchungen". (Nutnrwiffenfchufti. Verein.) ,, 2. Geheimerut profeffor D r. Frlebelch Del t t zf ch uns Berlin : „Die Bedeutung der mefopotumifchen Grubnngen für die Gegen­ wart". Mit Lichtbildern. (Kaufmännischer Verein.) ,, 3. Profeffor Dr. Otto F re is te r : „Buukanst im deutschen Osten". (Deutscher Ostmurkenveretn.) ,, 3. Studtpfurrer R o g g e n b u r g e r uns Pforzheim: ,,Wur Luther ein Revolutionär?" (protestuntenverein.) „ 3. Apotheker M ü 11 e r uns Göppingen: „Skrofnlofe und Ruchitis". (rsemöoputhifcher Verein.) ,, 5 ., 12., 19. und 26.: Studtpfurrer August S t u m p f : „Sittliche Lebensunfchuunngen der Neuzeit nnd ihre numhufteften Ver­ treter". (Katholischer Frunenbund.) ,, 5. „Vom Grundübel des Mode-Wuhnstnnes". (Nuturheiiveretn.) ,, 5 . Dr. med. Mur R o f e n b e r g : „Die Aufguben der Fquntlie im Kumpfe gegen die Gefchlechtskrunkheiten". (Vortrug für Finnen und Mädchen im Arbeiterbildnngsverein.) ,, 5. J . £7 et t r i ch uns Freiburg: „Der Spurkocher (Ökonom14. ((Öffent­ licher Vortrug.) ,, 6. pfurrer l ? ö f e r uns Guggenuu: „Christentum und Krieg". (Arbeiterdisknfstonsklnb.) ,, 6. petryt S c h o n : „Jndtsche F aktr-^ehre". (Offentl. Vortrug.) ,, 7 . Dr. Richard L o f f e n : „Gluubensfreiheit — Gluubenszwung im Mittelulter". (Kutholifcher Männerveretn der Oststudt.) ,, 7. postdtrektor u. D. E. E ß l t n g e r uns Reichelsdorf (bet N ürn­ berg): „Ostfrtstsche Volkskunst". (KunstgewerbeveretnJ ,, 7 . pfurrer V t e l h u n e r uns Rohrbuch: ,,Die ärztliche Mifston'V (Mifstons-FrunenvercinZ ,, 8. Wilhelm B o o s : ,,Dus Blindenwefen und die Erwerbsfähigkeit der Blinden". ((Öffentlicher Vortrug eines Blinden.) „ 8. u. 15.: Oberleutn. isuns p i e g e r : „Kultur- u. Lundschuftsbilder uns Koreu und Jupun". Mit Lichtbildern. (SchwurzwuldveretnI „ 8. D r. isuns K u m p f f m e y e r : „Kunst und Gurtenstudt". ((Öffent­ licher Vortrug.) „ 9. rsefkuplun B o pp uns Freibnrg: „Mädchenhandel". (Kuthol. Frunenbund.) „ 9. D r. Adolf F e l l m e t h : „Der Kumpf um die Reichsungehörig- keit". (Alldeutscher Verbund.) „ 9. pfurrer S c h e e l von Rofenberg: „Eindrücke und Anregungen vom Berliner upologetifchen Jnstruktionskitrfus 1910". (Ktrchu lich-posttive Vereinigung.) Io 226 Dezember 9. Philipp S p u n d o w uns Berlin : „Deutschlunds Stellung in der Luftschiffuhrt". Mit Lichtbildern. (Deutscher Luftstotten- verein, Ortsgruppe.) ,, 9., 16., 23., 30. Dr. med. W. v. Vo ß : „Stimmbildung Und Stimmpflege". (Konfervutorium.) „ u . Pfarrer B e n z uns Bufel: ,,E. F* Me?ep, der Dichter des Protestuntismus". (Evungelifches Veretnshuus.) ,, 12. Dr. Kurl I j u g e m u n n uns chumburg: „Die moderne futirische Komödie". (Kaufmännischer Verein.) „ 13. Dr. Mu£ M u u r e n b r e c h e r uns Erlungen: „Die religiöfen Elemente im modernen Soztultsmus". (Arbeiterdiskufstonsklub.) „ 15. K e f f e m e i e r : „ E s gibt ein F°ktlebcn nuch dem Tode". Mit Lichtbildern. ((Öffentlicher Vortrug.) ,, 15. privutdozent Dr. S ü p f l e utis Freibur9: „Die Bedeutung der Ernährung für die Lebenskruft, befonders der ländlichen Be­ völkerung". (Deutscher Verein für Volkshygtene, Ortsgruppe.) ,, 16. Kontreudmirul z. D. Recke uns Kiel: „Der moderne Kreuzer, feine tuktifche und strutegifche Verwendung im Verein mit druhtlofer Telegruphie, Luftschiffen, Fheifichsztageu und Uuter- feebooteit". Mit Lichtbildern. (Flettenverein.) „ 18. Lundgerichtsdirektor B i r k e n m u y e r uns Wuldshut: „LeoIX., der rsetlige, ein deutscher pupft". (Kutholifcher Männerveretn der Weststudt.) „ 19. Fräulein rsenny W e i l uns Muinz: „Rezitutionen uns der Bibel und uns jungjüdtfchen Dichtungen". (Verein für jüdische Geschichte nnd Literutnr.) ,, 2 che Dr. Richurd L o f f e n : „Gluubensfreiheit — Gluubenszwung in der Neuzeit/' (Katholischer Männerveretn der Oststudt.) Außer diefen oben angeführten und gezählten Vorträgen fanden im Minter 1910/11 noch folgende ftatt: 3 m Anfchluß an das V i k t o r i a p e n f i o n a t wurde ein Zyklus von Vorträgen gehalten von Profeffor Dr. Grüt zenacher aus Heidelberg über „Die modernSle deutsche Dichtung, chre Melt- und Lebensanfchauung" und ein Solcher von Geheime H°frat Direktor Dr. Haufner hler über: „Charakterbilder aus der neueren Gefchichte". Außerdem ließen der Verein F raUenbildung—F rauenStudium, die Ortsgruppe des badlschen Verbandes für F rauenStimmrecht und die Rechtsauskunftsstelle für F rauen Vorträge von Partei- führern über Mefen und Ziele der politischen Parteien hallen; und 3war Sprachen Abgeordneter Geheimer Hafrat Edmund R e b m a n n 227 über die nationaltibcrale Partei, Rechtsanwalt Dr. Guftav Tr unk über das Zentrum, Abgeordneter Direktor Dr. Karl Hei mburger über die demokratische Partei und Abgeordneter Redakteur Michelm Ko l b über die fozialdemokratlsche Partei. 2. IVerite Uarteruyer S thrifi ließet*. Mir teilen das Verzeichnis von Solchen l i t e r a r i s chen Ar­ beiten mit, die Karlsruher Autoren 3U VerfaSSern chabeli und, Soweit kein anderes Zhier angegeben ift, im Berichtsjahre erschienen find. A d l c r s f e l d - B u l l e s t r e t t t , Eufetttiu von. Jh re Mujestät, Rotttun. 2. Muskertbull in der E. Torcellt, Rotnun. B o e h t l i n g k , D r. Arthur, profeffor un der Technischen Hochschule. 1- Chrtstus- mythologie. 2. Schiller und Shukespeure. D r e w s , Dr. Arthur, profeffor un der Technischen Hochschule. Ehristusmythe. G o l d f c h m i t , D r. Robert, Profeffor um Gymnuftnm. Lehrbuch der Geschichte für die Onurtu höherer Unterrichtsunstulten. L e h m u n n , D r. Otto, Geh. rsefrut, profeffor un der Technischen Hochschule. Kristullifutionsmikrofkop. M e y e r , Fran3 Sales, profeffor un der Knnstgewerbefchule. Gurtentechnik und Gurtenkunst. * O e c h e l h ä u f e r , D r. Adolf, Geh. rsefrut, profeffor un der Technischen Hoch­ schule. 1- Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Epptngen, Wiesloch. Mit Abbildungen. 2. Denktnulpstege. I. Mit Abbildungen. R o f e n b e r g , Dr. Mure., profeffor un der Technischen Hochschule. Geschichte der Goldfchmiedekunst uuf technischer Grundluge. Mit Abbildungen. S u l l w ü r k , D r. Edmund von, Profeffor un der höheren Mädchenschule. \. Deutsche Lyrik der Neuzeit. 2. Deutsche Romuntikt Sch ui b i e , A. Dus verzunberte Mädchen. T h o m u , D. Albrechu, profeffor um Seminur I. Jesus und die Apostel. V i l l t n g e r , Termine, Leodegur. 2. Rundgloffen. 3. Sterngucker. W u u g , Dr. Albert, Geh. rsefrut, Oberschulrut. Deutsche Spruchlchre. W t d m e r , Kurl, Profeffor un der Reulfchule. Karlsruhe und Umgebung. Mit piutt. § w t e d i n e c k - S ü d e n h o r s t , D r. Otto von, Professor un der Technischen Hochschule. Erörterungen zur Retchsversicherungsordnung. \o * A n h a n g . CfttmtolagtfdjE itiretfuchi bet f|aupi|'ädjliri;r lieft ires Jal|tea 1910. Junuu r 3. Wilhelm Ernst, Großherzog von Suchfen-Wetmur, vermählt sich mit Prinzessin Eurolu Feodoru von Suchfen-Metningen. ,, 8. J t t Englund beginnen die Neuwahlen zum Unterhuus. ,, 1 1 . Eröffnung des preußischen Lundtugs durch den Kuifer. ,, 11 . Gruf Khuen-rsedervury wird mit der Neubildung des ungari­ schen Ministeriums beuuftrugt. ,, 19. Brund des türkischen Parlumentsgebändes. ,, 20 ff. rsechwuffer in verschiedenen frunzöstfchen Flußgebieten. Febrnur 2. J n Dresden stirbt der Dichter Otto Julius Bierbunm im Alter von 33 Juhren. ,, i i . Untergung des frunzöstfchen Ozeundumpfers „Generul Ehunzy" un der Nordküste von Minortu; die §uhl der umgekommenen Perfonen wird unf 155 ungegeben. ,, 15. Beendigung des feit 1903 zwischen Dentfchlund und Kunudu bestehenden Zollkrieges. ,, 16. Fürstin Termine von Schuumburg-Lippe, Mutter des regierenden Fürsten, im Alter von 82 Juh ren in Bückeburg gestorben. ,, 16. Der Schriftsteller rsermunn rsetberg im Alter von 69 Juhren in Schleswig gestorben. ,, 19. Der prästdent des Deutschen Reichstugs, Gruf Udo zn Stolberg- Werntgerode, im Alter von 70 Juhren in Berlin gestorben; um März wird Gruf Schwerin-Löwitz zum prästdenten ge­ wählt, Mitglied der konfervutiven Fraktion wie der Verstorbene. ,, 2 che Juhresverfummlung des Bundes der Lundwirte in Berlin. ,, 22. Der österreichisch-ungarische Minister des Auswärtigen, Graf 2lehrenthul, in Berlin. ,, 23. Dugobert von Gerhurdt, uls Dichter unter dem pfendonym Gerhurd von Amyntor bekannt, in potsdum im Alter vott 79 Juhren gestorben. r 229 Fü'bruur 25 . Die Familien rsetnrich Lunz, Geh. Kommerzienrut Röchling und Rittmeister der Referve von Seubert in Munnhetm stellen der dortigen Studtgemeinde eine Million Murk zur Verfügung, deren ginfen für die chundelshochschnle in Munnhetm verwendet werden füllen. ,, 28. J n rseffen wird B runn , der feitherige Minister, des Jnnern , un Stelle des zurücktretenden Ministers Knunth Fütunzuttnister, dus Jnnere erhält Freiherr von rsembergkt März 6. Tugung der Foktichuimichsn Volkspurtet in Berlin. ,, io. Dr. Lueger, Bürgermeister der Studt Wien, gestorben, 66Juhrc uU. ,, 20. Rücktritt des itulienifchen Ministeriums Sonntno, Lnzzuti mit der Neubildung des Kabinetts beuuftrugt. „ 2\. Vollendung des Kübels von Emden über Vigo nach Monrovia (Huuptstudt von Libertu), wodurch Dentfchlund eine unabhängige telegruphifchc Verbindung mit feinen westufrikunifchen Besttzungen erhulten wird. „ 21 . Btldhuuer Johunnes Schilling, der Schöpfer des Niederwuld- dcnkmuls, im Alter von 82 Juhrcn in Klotzsche bet Dresden gestorben. 21. Skundulfzenen im nngurifchen Abgeordnetcnhuus; Mitglieder der Opposttion werfen mit Tintenfäffern nach den Ministern, wobei Khuen-rsedervury und der Lundwirtschuftsminister Serenyt verletzt wurden. Dus chuns wird um 22. uufgelöst. ,, 22. Der Reichskanzler von Bethmunn rsellweg zum Besuch des itulienifchen Ministeriums in Rom. ,, 29. Der 15. christlich-foziule Kongreß tugt in rsennover. ,, 31. Schweres Eifenbuhnnnglück in Mülheim u. Rh., 19 Perfonen, meist Solduten, fofort tot, 39 schwer verletzt. April che Verlegung des ersten Geschwaders der Schluchtstottc von Kiel nach Wtlhelmshufen. „ 1. Die Gerichtsreform tritt in Kruft, durch die n. u. die gu* ständigkeit der Amtsgerichte bis zn 600 Mark Streitwert erhöht wnrde. „ 1. Muler Profeffor Andreus Achenbuch in Düffeldorf im Alter von 93 Juhren gestorben. „ 2. Der Kaiser, die Kuiferin und die prinzefstn Viktoriu Ltttfe treffen in rsembug v. d. ein. ,, 2. Pustor Bodelfchwingh, der Gründer der Ansicht Bethel, in Bielefeld gestorben, 79 Juhre ult. „ 7 . Prinz und prinzefstn Eitel Fim üon Preußen in Jernfalern; um 9. Einweihung des Erholungsheims unf dem Olberg und einer kutholifchen Kirche unf der „Dormition" in Anwefenhett des Prinzen und der Prinzefstn und der buyertfchen Prinzen Georg und Konrud. 230 April 15.—23. J u n i : Großer Ansstund im Bungewerbe. ,, 22. Sumuel Lunghorne, uls umcrikanifcher Dichter unter dem Numen Mark Twutne bekannt, im Alter von 73 Juhren gestorben. „ 23. Eröffnung der Wcltunsstellung in Brüffel in Anwefenheit des belgischen Köntgspuures. ,, 23. Neuwuhlcn zur frunzöfifchen Abgeordnetenkummer. „ 26. Der norwegische Dichter Björnstjerne Björnfon in Parts im Alter von 77 Juhren gestorben. ,, 27. Der Kaiser, die Kaiserin und Prinzefftn Viktortu Luife in Metz. Mut Bildung des füdufrikunifchen Bundesamtes unter englischer Oberhoheit; erster Ministerprästdent Louis Bothu. ,, 5. Zerstörung der Studt Eurtugo in Eosturicu durch ein Erdbeben, gegen 1000 Tote. ,, 6. J n der Nucht des 6. Mut König Eduurd VII. von Englund int Bnckinghum-pulust gestorben im 69. Lebensjahre, er regierte feit 22. Jurtuur 1901. Sein Nuchfolger ist fein Sohtt, König Georg V. „ 10. Der frühere präfident der Vereinigten Stuuten von Nord- umeriku, Theodor Roofevelt, in Berlin vom Kaiser empfungen. E r hält um 22. eine Rede in der Berliner Universttät; die philofophifche Fakultät der Universttät verleiht ihm den Doktor- titel h. c. ,, 10. Die Büste Moltkes wird in der Wulhullu unfgestellt. „ 10. 13. ordentlicher Bernfsgenoffenfchuftstug in Berlin. „ 14· J n Brüffel Unterzeichnung eines Vertruges von deutschen, eng­ lischen und belgischen Vertretern behufs Neuregelung der Grenzen des früheren Kongostuutes. ,, 17. ff. Tugung des deutschen Lehrervereins in Strußbnrg. „ 1?. Kaiser Wilhelm reist nach London zu der um 20. Mut stutt- stndenden Besetzung des verstorbenen Königs. ,, 20. Geheimerut profeffor Dr. Gottlieb piunk, einer der Schöpfer des Bürgerlichen Gefetzbnches, in Göttingen im Alter von 86 Juhren gestorben. ,, 20. ff. Juhrhnndertfeier der Unubhängigkeitserklärung Argentiniens, Vertreter des deutschen Kaisers Generulfeldmurfchull Freiherr v. d. Goltz. ,, 21. Dritter deutscher Friedenskongreß in Wiesbuden. ,, 26. Borromäusenzykltku Pupst p in s X. J n Verfammlnngen und purlamenturifchen Verhundlnngen protestierte mun gegen die in der Enzykliku enthultenen Angriffe unf die Reformution und die Reformatoren. Der buyerifche und der preußische Gefundte beim heiligen Stuhl überguben eine Beschwerde, der König von Suchfen wandte sich felbst brieflich mit einer Vorstellung un den pupft. Am u . Ju n i erfolgte von Rom die Erklärung, duß die deutschen Bischöfe ungewiefert feien, die Enzykliku nicht zn veröffentlichen. Der Kurdinulstuutsfekretär fpruch unßerdem dem preußischen Gefundten dus Bedutiern des pupstes über die Erregung in Deutschlund uns, du dem Pupft eine Kränkung der Nichtkutholiken in Deutschlund ferngelegen hübe. Mut 27. Der Bukteriologe Profeffor Dr. Robert Koch, Entdecker des Tnberkclbuzillns, in Buden-Buden im Alter von 67 Juhren gestorben. „ 27. Der itulienischc Minister des Auswärtigen, Sun Ginliuno, in Berlin. , 27. Der Kaiser durch einen Karfunkel um rechten chundgelenk einige Tuge um Schreiben verhindert; die Unterschriften werden unf feine Anordnung durch den Kronprinzen vollzogen. „ 50. Dus belgische Königspuur zum Besuch des kuiferltchen Vofes in Berlin. ,, 50. Kaiser Fran3 Jofeph tritt die Reife zum Besuch Bosniens un. Juni che Abgeordnetenwuhlen in Ungarn, Mehrheit für dus Ministerium. ,, 5. Der Dichter Ju liu s Wolff, Jnhuber des Eisernen Kreuzes, in Berlin im Alter von 76 Juhren gestorben. „ 6. Niederwerfung des Anfstundes in Albunien. ,, 8. prtnz Friedrich Wilhelm von Preußen vermählt sich in Berlin mit prinzeffin Aguthe von Rutibor und Eorvey. ,, 9. Dernburg, Stuutsfekretär des Reichskoloniulumts, tritt zurück, un feiner Stelle wird der bisherige Unterstuutsfetretär im Reichs- koloniulumt v. Ltndequist zum Stuutsfekretär ernunnt. ,, 15. Lochmuster in verschiedenen Teilen Deutschlunds, in Buden befonders im Gebiet der Enz, Kinzig u. u. ,, 18. Die preußischen Minister von Arnim (Lundwirtfchuft) und Gruf Moltke (Jnneres) treten zurück; ernunnt werden von Schorlemer zum Lundwirtschuftsminister und von Dullwitz, bisher Ober- prästdent von Schlesten, 1903/9 Minister in Anhult, znm Minister des Jnnern . ,r 18. Heimsuchung des Lechtules durch rsechwuffer. „ 22. Kuifer Wilhelm in Altona, um 23. in Kiel. ,, 27. 51. Tugung des Vereins deutscher Jngentenre in Dunzig. ,, 28. Der preußische Finan3miniSter ü0n Rheinbuben tritt zurück, für ihn wird der bisherige Oberbürgermeister Lentze von Mugdebnrg ernunnt. An Stelle des in den Ruhestund tretenden Fürsten Rudoltn, des deutschen Botschufters in Paris, wird der bisherige Stuutsfekretär des Auswärtigen von Schoen znm Bot- fchufter ernunnt, für den von Kiderlen-IVächter,' deutscher Ge- fundter in Bukureftz Stuutsfekretär wird. — 251 — 232 Ju n i 28. Der Kongreß in Wufhington beschließt, dem Deutschen Kaiser für die geschenkte Stutne Frlebelchu des Großen eine Nuchbil- dung des Steuben-Denkmuls zu übergeben. ,, 29. J n Wien stirbt im Alter von 95 Juhren die Witwe Friedrich rsebbels. Ju l i 3. Der Kaifer tritt feine Nordlundsretfe un. ,, 3. Sluvenkongreß in Sostu. ,, 8. Der Erbprinz zu rsehenlohe-Lungenbnrg legt fein Amt uls 2. Vizeprästdent des Reichstages nieder, für ihn wird um 22. November Abgeordneter Schultz zum Vizeprästdenten gewählt. „ 13. panamerikanischer Kongreß in Bnenos*Ayres. ,, 50 . Der Kutfer in Swinemünde. August Friedenskongreß in Stockholm. ,, 3. Kuiserpurude in Stettin. ,, 5. ff. Weltkongreß für freies Christentum und religiöfen Foktichim in Berlin. ,, 6. Dus Kuiserpuur in Hannover, um 8. in Küster, um 16. in Mainz. ,, 6. J n Wörth und bei den Spicherer rsehcn, ebenst) um 13. bet Metz Feiern zur Erinnerung un die Kämpfe von 1870. „ 13. Ein Brund in der Brüffelcr Weltunsstelliing zerstört einen großen Teil derselben, die deutsche Abteilung bleibt unberührt. „ 18< Kutfer F ran3 Jrsef feiert feinen 80. Geburtstug. ,, 20 . Dus Kuiserpuur in pofett, Einweihung des dortigen Kuiser- fchloffes. ,, 21 . purteitug der budifchen Soziuldcmokrutie in Offenbnrg. ,, 2 che ff. 57. Generulverfummlung der Kutholiken Deutfchiunds in Augsburg. ,, 23. Dus Kuiserpuur in Königsberg, um 27. in Dunzig. ,, 28. Fürsi Nikolaus von Montenegro nimmt den Königstitel un. ,, 29. Einverleibung Koreus durch Jupun. ,, 30. J n Munnheim stirbt im Alter von 88 Juhren der frühere Reichs­ tags- und badische Lundtugsubgeordnete Geheimer Kommerzienrut Kurl Eckhard. „ 31. Kutfer Ntkoluns II. von Rußland mit Gemahlin zn längerem Aufenthalt in F r ledberg (rseffen). September \. Der Kaifer hält Parade über das Gardekorps ab. ,, \. Ein Motu proprio Papst p ins X. verlangt von den katholischen Geistlichen der ganzen Welt eine neue eidliche Verpflichtung zum Gehorfam auf die Kirchettlehre und die Erlaffe des Papstes (Antimodernisteneid). ,, 3. Das paffagierluftfchiff 6 in der chulle in Oos verbrattut. ,, 6. Einweihung eines Denkmals für Kaifer Wilhelm I. in Stolp in Pommern in Gegenwart des Kaiserpaares. ,, 16. Kaifer Wilhelm nach Kis-Koszeg (Ungarn) zur Jagd. 233 September 18. ff. Parteitag der Soziuldemokruten Deutfchlunds in Mugdebnrg. „ 20. 18. Verbundstug budifcher Arbeiterbildungsvereine in Luhr. „ 20. Kaiser Wilhelm in Wiett, um Kaiser F ran3 J ° f ef 3um Gebnrts- tug zn grutulieren; bet dem Empfung uuf dem Ruthuus erwähnte Kaiser Wilhelm in feiner Rede die Bedeutung des Bündniffes zwischen Dentfchlund und (Österreich-Ungarn und fugte n. u.. duß dtefes Bündnis „zum Beil der Welt in die Überzeugung und in dus Leben beider Völker uls Jmponderubtle etngedrnngen" fei. Der Gemeinderut in Wien beschloß, eine Struße Kuifer Wilhelm-Ring zu benennen und die Szene uuf dem Ruthuus durch eine künstlerische piukette verewigen zn luffen. ,, 22. Kuifer Wilhelm in Sigmurtngert. „ 25. 25. Tugting des Evungelifchert Bundes in Ehemnttz. ,, 28. Deutsche Bunten vermitteln ein ungurifches Anlchert, um 10. November deutsche und österreichische Bunten ein folches für die Türkei, nachdem beide Anlehen in par*ts uns politischen Gründen unf Schwierigkeiten gestoßen wuren. Oktober 1. purteitug der Nutionulliberulen in Küster. ,, 3. Suffonow wird ritfstfcher Minister des Auswärtigen un Stelle von Jswolski, der uls rnfstfcher Botfchufter nuch Purts geht. ,, 3. Revolution in Portngul, König Munuel und die Königsfumilie verluffen dus Lund, gehen nuch Englund. J n Lissabon wird die Republik uusgentfert. An die Spitze der einstweiligen Regierung tritt der Historiker Brugu. · „ 9. Eröffnung der 9. Generulverfummlnng des Bundes deutscher Fruuenveretne in Heidelberg. ,, 10* ff· Juhrhundertfeier der Berliner Universttät. Stiftung einer Forfchnngsunstult für natnrwiffenfchuftliche Zwecke. ,, U . Ansstund der Bediensteten der frunzöftfchen Nordbuhn. Minister Briund ruft die dienstpflichtigen Ober- nnd Unterbeumten unter die Faffnen nnd unterdrückt in wenigen Tugen den Ausstund. „ 13. Der Schriftsteller Rudolf Lindun im Alter von 81 Juhren in Paris geftorben. ,, 13. Juhrhundertfeier der Krtcgsukudemte in Berlin. ,, 23 . König TSchululongkorn von Stum geStorben. E r regierte feit 1868, Sein Nuchfolger Sein SohnMuhuMujiruwndh, geboren 1881. ,, 25. Dus Kuiserpuur nnd Prinzefstn Viktoriu Luife zum Befuch des bclgifchcn HoScs nuch Brüffel ubgereift, unS der Rückrerse um 28. Befisch der Studt Köln. , 27 . ff. Mehrtägige Unruhen in Berlin inSolge von Arbeitseinstellungen. November 2. Der Deutsche Kronprinz nnd die KronprtnzeSftn treten die Reife nuch Oftusten un. ,, 3. Kaiser Nikoluns II. von Rnßlund zum Befnch bei Kuifer Wilhelm in potsdum. Über die Bedeutung diefer gufummenkunft Spruch 234 sich der Reichskanzler um 10. Dezember im Reichstag uns. Kuifer Wilhelm erwiderte den Besuch um u . November in Wolfsgurten bei Durmstudt. November 5. bis 2. Junuur. Aussperrung in der Goldwurenindiistrie in Pforzheim. ,, 12. Kaiser Wilhelm in Donuuefchingen, um 19. in Kiel. ,, 15. Der Dichter Wilhelm Ruube im Alter von 79 Juhren in BrunnSchweig gestorben. ,, 19. Prinz Ludwig von Buyern feiert fein 50jahrtges Militärjubiläum. „ 20. Leo Tolstoi, der ruffische Dichter und phtlofoph, in Astupowo im Alter von 82 Juhren gestorben. ,, 26. J n Bejahen wird in Gegenwart des Kaisers ein Denkmut Friedrichs des Großen, um 29. die Technische Hochschule in Breslun eingeweiht. Dezember 5. Die medizinische Fatta tä t der deutschen Univerfität in prug verleiht Kuifer Wilhelm den Doktortitel. „ 6. J n ullen türkischen Mittel- nnd Hochschulen wird der Unterricht in der deutschen Spruche uls Pstichtfuch etngefühkt. ,, 9. Der österreichische Thronfolger Fran3 Fereinarle Mit Gcmuhlin zum Besuch des kutferltchen rsefes in Berlin. , 12. Kuifer Wilhelm speicht in der Frsesttzung der deutschen Lund- wirtfchuftsgefellfchuft. ,, 23. Die muthemutisch-nutnrwiffenfchuftliche Fatultat der Univerfität Klunfenburg in Ungarn verleiht Kuifer Wilhelm den Doktortitel. ,, 29. Der Thronfolger FraiI3 Fereinaile eröffnet im Auftrug des Kaisers die Delegutionen in Pest und tritt dumit erstmuls mit den Mugyuren umtlich in Berührung. \ ( I. — 235 — Schülerzahl karlsruher Schulen. Schuljahr I. S tä dtische Schulen. 1908/91) 1909/10 9 1. Goetheschule ....................................................... 402 474 2. Hum bold tsch u le .................................................. 426 448 3. Oberrealfchule .................................................. 448 444 3 . Realschul e ........................................................... 346 322 5. höhere Mädchenschule mit Gymna sia labteilung 933* * 2) 10Q02) 6. Gewerbeschul e .................................................. 1 706 2 0383) 7. Handelsschule....................................................... 819 879 8. Sophienschule (Unterricht für weibliche Hand- arbeit) ............................................................ 195 242 9 . Dem Rectorat unterstellte Schulen: a. Erweiterte Knabenschule .............................. 5 416 5 975 b. Erweiterte M ädchenschul e .................. 5 832 6 392 c. Hilfsschule....................................................... 156 155 d. Knabenvorschule............................................. 1 078 1 116 e. Bürgerschule................................................. 472 551 f. T öchterschul e .................................... 1 245 1 299 g. Knabenfortbildungsschule . .................... 498 564 h. Mädchenfortbtldun g ssc h u l e ......................... 653 666 Zu sammen a.—h. . . 15 350 16 718 J) Oie gablcn bejiehen ftch, foiveit nicht nnbers bemerft iq, auf ben Stcrnb ani Schluffe des Scchuljahres, 2) Vavoit befuchten 128 bas MâbchençjYmrtafiuni (tm Vorjahre 127). 3) Oauoit fittb 1595 Pflichtfchitler, 433 freirrnllige. 236 Schuljahr II. Staatliche Schulen. 1908/9 1909/10 10. Akademie der bildenden K ü n s t e .................... 120 102 11. B augewerkesc h u le ............................................. 488A) 5161) 12. G ym nasium ....................................................... 613 590 13. Kunstgewerbeschule............................................. 231 232 13. Lehrerseminar I ...................................................... 234 241 15. Lehrerseminar I I ................................. 240 245 16. Lehrerinnenfemtnur (Prinzessen Wilhelm-Stift) 146 145 17. Schule des Lehrerseminars I ......................... 154 162 18. Schule des Lehrerfeminurs I I ......................... 133 126 III. Schulen des badischen Frauenvereins. 19. Frauenarbeitsschule............................................. 1 166 1088 20 . Haushultungsschule des Frlereichustifts . . . 24 24 2 che chuushultiingsschule (Herrenstruße 39) . . . 56 58 * 2) 22. Jndustrtekurfe zur Ausbildung von chundurbetts- lehrerinnen: a. un Volksschulen................................... 105 104 b. un höheren Mädchenschulen . . . . 31 37 23 . Luifenfchule...................................... 88 3) 743) 23 . Schule für Kunststickerei...................... 43 32 25 . Seminar zur Ausbildung von chunshultiings- le h re r in n e n ................................................. 46 37 26. Xsundelsfchule....................................................... 204) * 30 *) IV. Privalschulen. 27. Allgemeine Mustkbildungsunstult.................... 345 305 28. Jnstitut mit Fortbildungskurs von A. Fried8* lä n d e r ...................................r ...................... 158 155 29 . Konfervutorium für M n s tk .............................. 937 9965) 50 . M ulertnnenfchule............................................. 68 54 31. Vorbereitungsunstult von A. Fsicht . . . . 85 85 32 . pädugogtum (Schmidt und Wiehl) . . . . 147 131 33. Vtktortuschule........................................ 265 240 33 . Viktortupenstonut............................................. 53 58 *) Bei Beginn bes tVinterfemejlers 1908/9 be3tv. 1909/10. 2) 3n 3tr»et balbjäbrigen Kurfen. 5) Bis Ment 1910 bejtv. M arj 1911- 4) Viele fahlen bejiehen [ich auf ben Stand des Schuljahres 1909/10 be3n>. 1910/11. 5) Davon eigentliche Schüler 737, Hofpitanten 223, Galle 35. 237 t» _ V. Übersicht über den Befuch der Technifchen Ho^fchule im Studienjahr 1909/10. lüinterfemefter JW /to Sommerfemester 1910 Stubte= rende tanten im gamcn Stubte= rende Hospi5 tanten tm ganjen Abteilung für Mathem a tik unda ll- gemein bildende Fächer . . . . 23 2 25 19 1 20 Abteilung für Architektur . . . . 184 27 211 177 25 202 Abteilung für Jngenieurwesen . . . 245 3 248 205 3 208 Abteilung für Maschinenwesen . . . 809 5 314 274 4 278 Abteilung für Elektrotechnik . . . 215 11 226 171 7 178 Abteilung für C hem i e ......................... 243 32 275 214 16 230 Abteilung für Forstwesen . . . . 20 — 20 19 — 19 1239 80 1319 1079 56 1135 Teilnehmer (dar*. 57 Domen im Winter- femester und 6 im Sommersemester) — — 109 — — 36 ■ 1428 « 1171 An der Turnlehrerbildungsanftalt wurden 1910 folgende Rurfe abgehalten : 1. Spielkurs für Lehrer vom 29. März bis 2» April mit 47 Teilnehmern* 2. Kurs für Volksschulen ohne Turnsaal vom 8.— 16* April mit 29 Teilnehmern» 3. Kurs für Knabenturnen vom !♦—20* August mit 68 Teilnehmern» Außerdem haben 7 Damen und 1 Herr je ein Vierteljahr an der Anstalt volontiert. II. Statistik der Bevölkerungsvorgänge 1910 00to . CU M o n a t Lebend- Tot- Gestorbene, uusschltcßlich der Totgeborenen T o d e s ii r f u c h e t t W af er n un b Hö tel n *8- uC •8* ■ ö. u * SS->K >o s onoxr P 3xr S>~uri*2’STi C i £5 u CJ O *£r Cj -O £ £3 ■O S£ 's:Ocne3w u» ^OJO ccr: cnOcn o C3 S' S 3« t S-l Erfranfungen ber Verbatningsorgane £o-*-» Ck> VM2=CJ-»« o *nÄ o2r5 jC iob> 5-,O 5 so © Z.0nc j= Darunter an Utagen= unb Varrnfatarrb Geborene int gatten unter 1 Iahr alt a,o£C s S-» >o£ cJ-» J-»-s Ä- r s c O s*r» o cs P Ju ttuur . . . 277 9 153 27 3 1 3 - 1 21 24 17 5 5 80 3 Februar . . . 285 8 171 33 3 1 2 — 1 22 29 10 4 4 98 5 März . . . . 280 8 190 47 4 1 2 — — 21 32 24 11 7 97 9 April . . . . 266 8 191 43 8 3 3 1 — 28 29 24 15 14 94 6 Mut . . . . 297 9 186 48 2 — 5 — 2 12 22 32 17 14 102 9 Ju n i . . . . 241 8 168 38 1 1 3 — 1 38 14 31 14 13 81 3 Ju li . . . . 283 7 185 54 4 — 5 1 — 23 12 32 2 b 23 96 12 August . . . 264 9 194 79 1 — 1 — — 18 23 65 57 56 79 7 September . . 306 7 153 46 — — 2 — — 16 17 33 28 27 80 5 Oktober . . . 289 5 160 47 — 1 — — — 19 17 32 25 22 87 4 November . . 2.39 9 154 36 1 — 2 1 1 15 17 29 16 14 84 4 Dezember . . 224 11 146 44 1 — 2 1 — 17 19 17 13 13 8 8 1 Summe . . 3 251 98 2 051 542 28 8 30 4 6 240 255 346 230 212 1066 68 ub Gestorbene 2 051 Gebnrtenüber- f t h n g . . . 1200 10_Dq1_Karl_Chronik_1910 10_Dq1_Karl_Chronik_1910__Titel
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/chronik/HF_sections/content/ZZmmykr28mGp7v/10_Dq1_Karl_Chronik_1910.pdf