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Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 3 Herausgegeben von der Stadt Karlsruhe Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhc 1976 Inhalt Dr. Ludwin Langenfeld : Geschichte des Pfinzgaumuseums . 7 Dr. Helga Walter-Dressler: Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser 19 Prof. Dr. Ernst Petrasch: Durlacher Fayencen 1723-1840 . 30 Dr. Walther Franzius: Zu r Technik der Fayeneeherstellung . 40 Dr. Ludwin Langenfeld: D ie Straßburg-Durlacher Bibel von 1529/30 und ih re Drueker Wo lf Köpfl und Velt in Kobian . 42 Dr. Eva Zimmerman n: Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen 69 Ernst Schneider: Du rlach im Wandel der Jahrhunderte . 77 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibl iothek Das Pfinzgaumuseum in Ka rl sruhe-Durlach - Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhe: C. F. Mü ller, 1976 ISBN 3-7880-9565-2 Redaktion: Archivdirektor Dr. Ludwin Langenfe ld Umschlagbild (Pfinzgaumuseum): Manfred Schaeffer, Karlsruhe Gesamtherstellung : C. F. Müller, Großd ruekerei und Verlag GmbH, Karlsruhe 5 Zugleich mit dem Erscheinen dieser Dokumentation öffnet das Pnnzgaumuseum im Prinzessinnen- bau des Durlacher Schlosses nach langw ieriger Restaurierung und Neugesta ltung wieder seine engen und doch so weit gewordenen Pforten. Eng, weil die al tehrwürdige Wendeltreppe wenig- stens zum Teil in den Zugang zu den einzelnen Stockwerken miteinbezogen bleibt. Weit, weil die Neugestaltung, indem sie große Akzente setz t, nämlich die Durlacher Fayencen, die Bi lder des Durlacher Malers Karl Weysser, die a lten Durlacher Buchdruckerzeugnisse und sd,ließlich die um die Schlacht bei Durlach kreisenden Revolu tionsdokumente von 1848/49, ei ne schöpferische und vita le Vielfalt offenbart, die der Mutterstadt Karlsruhes zur Ehre gereicht und der überörtliche Bedeutung und Ausstrahlung zukommt. Die Stadt Karlsruhe freut sich, das so erneuerte Museum, das der Initiative eines ei nzeln en seine Entstehung verdankt, der Offentlichkeit als Zeichen ihrer kulturellen Bemühungen übergeben zu können. Mögen alle sich mitverantwortlich fü hlen für die Erhaltung und Pflege der unersetzlichen Werte, die hier zusammengetragen wurden. E ine künfl:ige Restaurierung des gesamten Schloßkomplexes wi rd dem Museum weitere Räume ersch li eßen. Dann werden - über die heute gesetzten Akzente hinaus - all die vielfältigen Zeugnisse der Heimat- liebe gezeigt werden können, die den ei nzelnen Bürger mit der Gesamtheit der Gemeinde ver- binden . Ostern 1976 Otto Dullenkopf Oberbürgermeister Ludwin Langenfeld Geschichte des Pfinzgaumuseums Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach verdankt seine Gründung und sei nen Aufbau der Privatinitiative einer einzigen Persönlichkeit, nämlich dem am 29. Juli 1877 in Durlach geborenen Friedrich Eberle. Er war das jüngste Kind der a lten Durlacher Bürgerfamilie des Werkmeisters Eustachius Eberle. Der Vater Eberle war, wie später sein Sohn, ein begabter Mann, Erfinder einer für seine Firma sehr brauchbaren Zündholz maschine. Schon als Kind interessierte sich der Sohn Fried rich für die Geschichte seiner Heimatstadt. 1909 fing er an, a lte heimatliche Gegen- stände zu sammeln . Inzwischen war er in den Dienst der damaligen Reichspost getreten, bei der er eine einundfünfzigjährige Dienstzeit (Postinspektor) verbrachte. Der Sechsunddreißigjährige trat im Jahre 1913 mit dem Anerbieten an den Durlacher Gemeinderat heran, daß er Altertümer sammeln und ein Museum entstehen lassen wo ll e. Am 16. September 1913 übertrug ihm dcr Gemeinderat Durlach das Ehrenamt ci nes "Städtisdlcn Konservators". Friedrich Eberle hat die- ses Datum mit Recht späterhin immer als den Gründungstag des Pfinzgaumuseums bezeichnet. Bereits am 24. September 1913 erschien der erste einer langen Reihe seiner Artikel und Aufrufe im "Durlacher Wochenblatt (Tageblatt)", in dem es heißt: "Einem langen und vielsei tigen Wunsch entsprechend, hat nun unsere Stadtverwaltung der Anlegung einer städtischen Sammlun g zuge- stimmt und für die Sammlungsobjekte einen Raum im Rathaus zu r Verfügung gestellt. Es ist jetzt Gelegenheit, Gaben, wie Durlacher Fayence, Zinnsachen, a lte Schlösser und Beschläge, Urkunden, Durlacher Abbi ldungen und Bücher, Du rlacher Produkte der letzten Jahrzehnte u.s.w., die da und dort noch herumliegen, an den richtigen Ort zu bringen und damit se inen Namen zu verewigen. Möge jedes dazu beitragen, daß alte, interessante Gegenstände nicht mehr zu Durlach hinauswandern. Es tut ei nem ordentlich wehe, wen n man fremde Sammlungen durch- geht und sieht, daß Durlacher Sachen, vielfach als Geschenk, dort aufgestellt sind ." Der Auf- ruf war .. Durlacher Altertümersammlung" überschrieben. Bereits fü nf Wochen später, am 30. Oktober 1913, konnte Eberle im "Durlacher Wochenbla!!" melden, daß der Sammlung in- zw ischen gegen dreihundert Objekte, darunter 27 Durlacher Fayencen, zugefüh rt worden seien. Zum gleichen Zeitpunkt zog die Sammlung in ei nen großen Kellerraum der Gewerbeschule um. In der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 5. Jun i 1914 taucht zum ersten Male der Name "Pfinzgaumuseum" fü r die .. Durlacher Altertümersammlung" auf. Diese Benennung ist eine glückliche Erfindung Friedrich Eberles, der damit schon damals - unter Beibehaltung der Zentralfunktion Durlachs - seine Sammelkonzeption auf die umgebende Landschaft, insbeson- dere den östlich angrenzenden Pfinzgau ausdehnte. Bereits in der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 25. Juli 1914 erscheint nur noch die Benennung "Pfinzgaumuseum", die wohl 7 auch durch die zu gleicher Zeit laufenden Landtagsverhandlungen initiiert wurde, in denen zur Sprame kam, die einzelnen Bezirke mödlten ihre Altertümer sammeln und der Staat solle ihnen hierbei mit Rat und Tat zu r Seite stehen. Einige Tage später unterbrach der Ausbruch des Welt- krieges die heimatpflegerischen Bemühungen. Die Sammlung wurde in ein großes Zimmer des Gymnasiums verbracht. Hier wäre sie, schreibt Eberle in seinen Aufzeichnungen, den Krieg über verblieben, .. wenn nicht ein so vergeßlicher Professor im StOckwerk obenan den Wasserhahnen Wappen tafel des Durlacher Schlosses von 1565 hätte offen stehen lassen, wod urch die Nacht das Wasser durch die Decke in das Sammelzimmer drang und die Gegenstände durchnäßte und beschmutzte". Nun wurde die Sammlung in ein Zim- mer im 3. Stock werk verlagert und kam von hier aus 1918 zunächst in die Privatwohnung Eberles. Im Juli 1922 gelang es Eberle, die 1905-1907 durch den Landeskonservator der Offentlichen Baudenkmale instandgesetz ten Räume des sogenannten Prinzessi nnen baues, der südwestlichen 8 Ecke des Durlacher Markgrafenschlosses, zu erhal ten. Die Sammlung war inzwischen bedeutend angewachsen, nicht zuletzt durch den Ankauf der umfangreichen Fayencensammlung der Familie Walz durch die Stadt Durlach (ein Ankauf, der 1963 eine Parallele durch den Ankauf eines 15teiligen Services durch die Stadt Karlsruhe fand) und durch weitere Spenden aus der Bevölke- rung. Hier muß insbesondere des Freiherrn Schilling von Canstatt zu Hohenwettersbach als eines hochherzigen Förderers des Museums gedacht werden. Anfang März 1924 wurde das Museum eröffnet. In einem Schreiben vom 6. März 1924 sprach der Oberbürgermeister der Stadt Durlach, Zöller, Friedrich Eberle den Dank des Stadtrates "fü r das Gelingen des großen Werkes" aus. Einige Tage später besichtigte der Stadtrat das Museum und in der Stadtratssitzung vom 19. März 1924 wurde Eberle nochmals der Dank der Stadtverwaltung ausgesprochen. Vom April bis Oktober 1924 war das Museum nunmehr den Besuchern sonntags von 11 - 13 Uhr zugänglich, die überwachung und das Kassieren des Eintrittsgeldes (30 Pfg.) waren Ehrensache des Konser- vators und seiner Frau. (übrigens wurde erst ab 1. April 1955 der Museumsbesuch entgeltfrei ge- macht.) Während des Winters blieb das Museum geschlossen, da es nur unzulänglich beleuchtet war und vor allem über keinerlei Beheizung verfügte (die Luftfeuchtigkeit betrug bis zum Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972 im Mittel70 Ofo). Diese winterliche Schließung des Museums ist seither alljährlich durchgeführt worden, erst mit der völligen architektonischen und museums- technischen Neugestaltung des Museums, zu dessen Eröffnung im Frühjahr 1976 die vorliegende Dokumentation erscheint, wird - dank der modernen Heizungs- und Beleuchtungsanlagen - eine ganzjährige Offnung möglich. Da wir einen historischen Abriß schreiben, wollen wir um der Wahrheit wi llen nicht verschwei- gen, daß es 1925 zu einer Kontroverse zwischen dem Durlacher Oberbürgermeister und Konser- vator Eberle kam, in deren Verlauf Eberle sein Amt niederlegte. Der Stadtrat Resch wurde zum- ehrenamtlichen Verwalter des Museums bestellt ("Du rlacher Tageblatt" vom 19. 3. 1925; Proto- koll der Stadtratssitzung vom 18. 3. 1925; persönl. Aufzeichnungen Eberles). Im Anzeigenteil des "Durlacher Tageblatts" vom 21. 3. 1925 veröffentlichte Eberle eine persönliche "Erklärung", die zeigt, wie sehr er sich getroffen fühlte. Allzu lange scheint jedoch dieser Interimszustand nicht gewährt zu haben. Spätestens 1929 hat Eberle wohl seine Tätigkeit wieder aufgenommen, wie sein Artikel "Unser Pfinzgaumuseum" zeigt, den er in der Jubiläumsausgabe zum 100jährigen Bestehen des "Durlacher Tageblatts" am 1. 7. 1929 veröffentlichte. Aber schon im April 1934 kam es wieder zu Spannungen und einem Rücktritt Eherles von seinem Amt, weil das Museum wertvolle Durlacher Stücke an das Armee-Museum in Rastatt abgeben soll te. Die Verwaltung des Museums ging in die Hände der Durlacher Lehrerschaft über. Als im März 193 7 der damalige Rektor Edel infolge Arbeitsüberhäufung um Enthebung von seinem Amt als Konservator bat, erklärte sich Eberle zum zweiten Male bereit, das Amt mit Wirkung vom 1. 3. 1937 wieder zu übernehmen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Museum geschlossen, die wertvollsten Stücke (insbesondere Fayencen) wurden zur Aufbewahrung an Durlacher Bürger verteilt. Um die übrige Sammlung bei einem eventuellen Luftangriff zu schützen, schlief Friedrich Eberle wäh- 9 rend der Dauer von sechs Monaten nachts im Museum. Im Mai 1945 wurde das Museum von den Friedrich Eberle Franzosen, im Juli von den Amerikanern als "Off limits") als unbetretbar für die Alliierten, erklärt. Die meisten Waffen der Sammlu ng (Geweh re, Pistolen, Säbel, Munition ) mußten den französischen Behörden abgeliefert werden, ein Verlust, den das Museum wohl am leichtesten ver- schmerzen konnte. Friedrich Eberle konnte die zweite Nachkriegszeit sein es Museums, das im Juni 1948 wiedereröffnet wurde, nicht mehr erleben. Im April 1948 zwang ihn sein Gesu ndheitszu- stand, sein Ehrenamt endgiiltig abzugeben . Am 16.6 . 1948 fan d im Amtszimmer des Leite rs des Stadtamtes Durlach durch Oberbürgermeister Töpper, Karls ruhe (die Stadt Ka rlsruhe war seit der 1938 erfolgten Eingemei ndung Durlachs rechtmäßiger Hausherr des Museums) , ein e Ehrun g Fricdrich Eberles statt, anschließend wurde das Museum besichtigt. Am 30. 11. 194 8 verstirbt Friedrich Eberle und wi rd am 2. 12. auf dem Durlacher Bergfriedhof beigesetzt . Am 7. 6. 1948 war der damalige Stadtoberrechnungsrat H ein rich Li ede vom Karlsruher Oberbürgermeister mit der ehrenamtlichen Betreuung des Museums beauftragt worden. Die Lehrerin Mathilde Sauder un d der Lehrer Hans Wolf aus Durlach erkl ärten sich zur Unterstützung Liedes bereit. Mit H einrich Liede war eine Persönlichkeit gefunden, die mit dersel ben Hingabe wie sei n Vorgänger Eberle die angesammelten Schätze rund 25 Jahre, bis z um Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972, betreute. Seine Aufgabe war naturgemäß weniger das Sammel n als das Bewahren und Betreuen. Sein steti- ger Kampf galt der Verbesseru ng der Unzulänglichkeit der Räume, vo r a llem der (leider von ihm nicht mehr erreichten) Hinzugew innung wei terer Räume (vo r all em des erst mit der jetzigen Neueröffnung in Benutzung genommenen Raum es der frü heren Wanderherberge). Auch H einri ch Li edes Lei stung kann nicht hoch gen ug eingeschätzt werden. Unter seiner Leitun g haben von 194 8 bis 1972 rund 35000 Besucher das Museum besichtigt. W ie sein großer Vorgä nger war H einrich Liede Sonntag für Sonntag an der Spitze seiner ehrenamtlichen Aufsichtskräfhe im Museum anwesend, deren Namen hi er dankbar genannt werden soll en: neben der unermüd- lichen Witwe Fried rich Eberles, Fra u Walburga Eberle, di e am 29 . 3. 1960 versta rb, und der sdlOn genannten Lehrerin Mathilde Sauder waren dies die Damen: Gabrie le Stürzenacker und Em ma Mayer, die H erren: Heinz H entschel, Werner Krieger, Max Lenzi nger, OttO Meyer, Karl Pfatteicher, Siegfried Riemann, Wolfgang Rösch , Friedrich Schaaf, Helmut Voss und Max Zeiss. Zusammenfassend ist es unsere Pflicht, der Persönlidtkeit Eberl es gerecht zu werden. Dies ist ebenso leicht wie schwer. Leicht: den n seine Verdienste liegen klar zu Tage. E r hat aus tiefer Heimatliebe und echtem Heimatstol z heraus d ie An fänge des Museums gelegt und die Sa mmlun- gen fünfunddreißi g Jahre hindurch angereichert und betreut. Seine A ufgabe wa r mit Fug un d Recht das Sammeln, nicht das Sichten . Erst mußte ein Grundstock gescha ffen werden, der es uns H euti gen ermöglicht, auszuwähl en un d Akzente zu setzen. Für diese Sammlun g hat Eberl e auch seinen persönlichen Besitz und seine persö nlichen Mittel rückhaltlos hingegeben, unter- stützt von seiner dieser Aufgabe ebenso tief verbundenen Gattin. Gefördert wurde diese Gene- rosi tät Eberles durch seine menschliche Kommunikationsfreudi gkeit (er wa r Mi tg lied all er mög- lichen Vereine) und durch den feinen, still en Humor, der ihm zu eigen war und der sich an 11 Geburtstagen der Freunde in sinnigen Geburtstagsgedichten äußerte. Schwer: denn über den wahrhaft polyhistorischen Charakter seines Geistes wissen heute nur noch die wenigsten Bescheid. Eberle wa r ein exzellenter Kenner der Geschichte seiner Vaterstadt Durlach und des Pfinzgaus. In ungezählten Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften hat er sein Wissen ausge- breitet, in vielen Vorträgen seine Zuhörer belehrt, als Orga nisator vieler Festzüge die Zuschauer begeistert. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen, darunter zahlreiche Manuskripte, bebilderte Mappenwerke (u. a.: "Die Pfinz von der Quelle bis Zl\r Mündung", "Der Turmberg") füll en ganze Regale. Eine einzigartige Schlagwort-Kartothek über die Geschichte Durlachs enttäuscht den Sud,enden selten . Eberle war aber auch ein gewandter Zeichner und Aquarellist. Mit fein em Strich hielt er jeden geschichtlich oder künstlerisch bedeutenden Gegenstand an Durlachs Gebäuden (Wappen , Türstürze, Fensterumrahmungen) fest. Die Flora des Turmbergs hat er in Einzeldarstellungen aquarelliert. Nic!1t zul etzt ließ er seine H eimatliebe in vielen Gedichten ausströmen. Eberles größte und nachwirkendste Tat aber war die In itiative, den sogenannten Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses als Museumsgebäude einzu richten. D enn wenn auch die zwa r schöne, aber auch enge und - besonders für ältere Besucher - unbequeme ehrwürdige Wendeltreppe mit ih ren neun verschiedenen Steinmetzzeichen, die im Prinzessi nnenhau die drei Stockwerke miteinander verbindet, einer Museumsplanung nicht gerade günstig war, so han- delte es sich hier doch, abgesehen von der Ruine des Gottesauer Schlosses, um die ä lteste und eine der schönsten Raumanlagen in Karlsruhe überhaupt. Das Karlsruher Schloß ist immerhin 150 Jahre jünger. Di e "Altertümersammlungen" konnten nirgendwo adäquater untergebracht sein als in diesen historischen Räumen VOn wahrhaft: einmali gem Wert. Bei all diesen Verdien- sten Eberles war es eine Ehrenpflicht für den Karlsruher Gemei nderat, 1960 eine Straße in Durlach nach ihm zu benennen. Der Prinzessinnenbau, in dessen volkstümlirnem Namen sich die Erinnerung an die Prinzes- si nnen des baden-durlachischen Hauses erhalten hat, ist - neben zwei Treppentürmen im Bereich des Baden-Werkes und einem Balkonstück im H ofdes sog. Wasserwerkes - der einzige erha ltene Bestandtteil der alten Karlsburg, die Markgraf Karl H. (Regentschaft 1553-1577) bei der Ver- legung seiner Residenz von Pforzheim nach Durlach 1563/65 erbauen ließ . Ober die Grü nde der plötzlichen E ntsch ließung des Markgrafen, sei ne Residenz von Pforzheim nach Durlach zu ver- legen, ist (ebenso wie über die G ründe des Markgrafen Karl Wi lhelm, seine Residenz 1715 von Durlach nach dem dadurch neu gegründeten Ka rlsruhe zu verlegen) wenig Greifbares beka nnt. Die Vermutungen reichen von der Behauptung des markgräflich baden-durlachischen Hi storikers Johann Christian Sachs (1770), es seien im Falle Pforzhei m Unstimmigkeiten zw ischen den Bürgern Pforzheims und dem Markgrafen bestimmend gewesen bis zu der, im Falle Karlsruhe, von modernen Historikern konstruierten geopolitischen Bewußtheit eines Markgrafen, der aus der topog raphischen E nge der durch die sumpfige Kinzig-Murg-Niederung gehemmten Residenz Durlach in das sandige Gebiet der Niederterrasse (und damit zum Rhein hin!) hinausstrebte. Ober das Durlacher Schloß schreibt Johann Christ ian Sachs: "Es wurde mit großen Kosten in kurzer Zeit zu Stande gebracht und erhielt nach dem durchlauchtigsten Erbauer den Namen Karlsburg. E r selbst hatte den Riß dazu entworfen und das ga nze Bauwesen ging unter sei ner 12 besonderen Aufsicht vor sich; er zahlte auch die Arbeitsleute mit eigener Hand aus und bekam daher den Namen : Karl mit der Tasche." Mag es sich hinsichtlich der Funktion der Tasche auch um eine liebenswürdige Fabel handeln (sie enthielt wohl eher das Schreibzeug des Fürsten), so hat dieses Anhängsel dem Markgrafen doch seinen volkstümlichen Namen eingetragen. Die eben zur Residenz erhobene dankbare Stadt Durlach ließ 1567 ihrem Markgrafen ein lebensgroßes Standbild aus gelbem weichem Sandstein errichten. Sein Schöpfer war der Tübinger Bildhauer Leonhart Baumhauer. Es war von 1567 bis 1862 a ls Krone des Durlacher Marktbrunnens vor dem Durlacher Rathaus aufgestellt, wurde 1862 auf den Schloßplatz, an die vordere Ecke des Platzes vor der Karlsburg, versetzt und mußte dort 1911 dem zunehmend en Verkehr weichen. Die starke Verwitterungserscheinungen aufweisende Statue wurde anschließend von dem Karlsruher Bild- hauer Heinrich Bauser zur ferneren Aufbewahrung in einern nicht den Wetterunbilden aus- gesetzten Raume restauriert. Zugleich fertigte Bauser eine naturgetreue Kopie des Standbildes, die seither den Balkon des Durlacher Rathauses schmückt. Die Originalstatue wurde erst ins Rathaus, dann in die Torhalle des Prinzessinnenbaues verbracht, wo sie jahrzehntelang der Jugend als willkommene Zielscheibe diente. Im Zuge der Neugestaltung des Museums wurde sie auf Veranlassung des Schreibers dieser Zeilen 1974 in den Steinsaal des Pfinzgaumuseums gebracht und in aufwendiger Arbeit durch den Karlsruher Restaurator Anton Rommel zum zweiten Male restauriert. Der Kunsthistoriker Hans Rott hatte zwar 191 7 in seinem bekannten Werk über "Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur G ründung Karlsruhes" noch die Ansicht vertreten : "Die Statue hat in Zuk unft, gleich einer wurmzerfressenen Altartafel etwa, als Museumsstück zu gelten, an der als einer monumentalen historischen Urkunde keine Restauration oder Erneuerung vorgenommen werden darf", aber die der Statue mutwillig und geda nkenlos zugefügten Schäden rechtfertigten die vorgenommene Restaurierung. Heute bildet sie, im zeitgenössischen Steinsaal des Museums aufgestellt, für die Besucher das treffendste Eingangssymbol. Im sei ben Steinsaal ist der Sockeltorso der Statue mit der Jahreszahl 1567 und ein künstlerisch wertvoller Grabstein (Frau in kniender Gebetshaltung) aus der Mitte des 16. Jahrhundert aufgestellt. Besondere Achtung verdient der hier ebenfalls aufgestellte Grab- stein des Baumeisters Demetrius Dangel von Zwiefalten (gestorben 1570), des Erbauers der Karls- burg (Bauperiode von 1563-65). Das von den Nachfolgern Karls 11. (den Markgrafen Ernst Friedrich - 15 77/ 1604 -, Georg Friedrich - 1604/ 1622 -, Friedrich V. - 1622/ 1659 -, Friedrich VI. - 1659/ 1677 - und Friedrich Magnus - 1677/ 1709, von letzterem zeigt das Museum Originaldokumente) erwei- terte Schloß wurde am 16. 8. 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Franzosen nieder- brannt. Reste der Ruinen standen mindestens noch bis zum Jahre 1834 , wie ein kleinesOlgemälde von L. Steinbach zeigt, das im Museum aufbewah rt wird und den Zustand nach der Natur festgehalten hat. Nach der Zerstörung begannen 1698 der Auf- und Neubau, der 1702 durch den inzwischen ausgebrochenen Spanischen Erbfolgek rieg, der alle Einkünfte auf Jahre hinaus wegnahm, wieder zum Erliegen kam. Dieser kurzen Bauperiode verdanken wir das heute an 13 den Prinzessinnenbau anschließende neue Schloß (Westwand des Haupthofes) mit barocker Fassade von Domenico Egidio Rossi. In der Torhalle des Prin zessinnenbaus, deren südliche Aus- fahrt jetzt zugemauert ist (bausthützeristhe Überlegungen zwangen dazu; in der Südmauer sind noth die Gleitri nnen des ehemaligen Fallgatters sichtbar, womit der Durthgang versth lossen werden kon nte), ist seit 1905/07 in die west lithe Wand die große Wappentafel von 1565 aus grauem Sandstein eingelassen, die einst über dem Portal der a lten Karlsburg prangte und die wohl das künstleristh wertvollste und ehrwü rdigste Monument des alten Durlath darstellt. Sie ist in drei Felder ein getei lt, bekrönt von einem Schmuck fries, umrahmt von Pilastern und Säul- chen mit reichem Renaissanceornament. Im mittleren Feld trägt sie das Wappen Karls 11., auf der linken Seite das Wappen seiner ersten Gemahlin Kunigunda, geborene Markgräfin zu Brandenburg, auf der rethten Seite das Wappen seiner zweiten Gemahl in Anna, geborene Pfalz- gräfin zu Veldenz . Besonders charakteristisch ist die Figur eines liegenden, die Geige spielenden Mannes, die der Meister der Tafel im Segmentbogen feld über dem Gesims, umrahmt von Engel- figürthe n angebratht hat. Reste der typisthen Bemal ung des Kreuzrippengewö lbes sind in der Torhalle noth sithtbar, mit ähnlithen Gewölben waren in der Karlsburg sämtlithe Räume des Erd- und des ersten Obergeschosses ei ngedeckt. Im ersten Obergesthoß des Museums geben die beiden Südzimmer mit ihrem dicken Mauerwerk, den tiefen Fensternischen und den ni edrigen Tü ren mit profiliertem Gewände noch einen Begriff von der Pracht der Räume der alten Karls- burg. Thre Bemalung wurde 1905/07 naturgetreu erneuert und 1975 verständnisvoll au fge- frischt. Der erste, kleinere Raum ist von einem Kreuzrippengewölbe überdeckt, der zweite von einem Netzgewölbe, dessen Rippen auf Konsolen in halber Wandhöhe ansetzen. Sie waren unverständlitherweise durth eine später angebrachte häßl ithe hölzerne Wandverkleidung ver- deckt, di e den Raumeindruck verdarb. Diese wurde bei der Restaurierung 1974 wieder ent- fern t, so daß der Raum jetzt wieder sein e ursprüngliche kompositorische Feinheit ausstrahlt , di e wir auch bew ußt durth ei n Minimum an Einrithtungsgegenständen (Vi tr inen, Möbel) erhal- ten wollten. So kann man diese beiden ältesten auch als die schönsten Räume in Karlsruhe bezeichnen. Der Fußboden bei der Räume wurde mit Bodenfliesen ausgelegt, die eigens nach dem Muster auf dem Turmberg gefundener Bodenfliesen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts von der Karls ruher Majolika gegossen wurden. Tn den bei den "Karl-Weysser-Sälen" und dem dazugehörigen Flu r des ersten Obergesthosses wurden 1974 die Flathdecken entfernt, so daß die ursprünglithen gewölbten Decken des Baumeisters Domenico Egi dio Rossi wieder zur Geltung kommen. Im zwei ten Obergesthoß wu rden die Gewölbe des großen Saales bei der Erneuerung 1905/07 d urth eine Stuckdecke ersetzt, di e 1974 in lithten Tönen bemalt wu rde. D ie hier an der Nord(Balkon)-Seite unter der Decke vorhandenen, mit Renaissanceornamenten verzierten Konsolen trugen das Gesims der al ten Süd wand des Sthlosses. Alle diese Maßnah- men wurden von dem Architekten Rolf Siemons in Durlath mit hohem stil ististhem Feingefühl getroffen. Wenn wir nun über die Nachkriegszeit des Pfinzgaumuseums zu berichten haben, so tun wi r dies, unserer Chronistenpflicht entsprechend, mit der gebotenen Genauigkeit. Wir können aber einleitend nicht verschweigen, daß diese Jahre (von der Wiedereröffnung 1948) bis zum Beginn 14 der Restaurierungs- und museumtechnischen Neueinrichtungsarbeitcn (1972) elOcn 1m Hin- blick auf das Museum selbst (beileibe nicht in Hinblick auf die aufopfernde Betreuung durch seinen ehrenamtlichen Leiter, Heinrich Liede, und sei ne schon genannten Mitarbeiter) unfrucht- ba ren Zeitraum darstellen, weil man in dieser Zeit weder in der Hinzugewinnung zusätz licher Räume noch (folgeri chtig) in der - immer wieder erkannten und geforde rten - Sichtung und Lichtung der Bestände weiterkam. Bis zum Ableben der verdienten Gattin Friedrich Eberles, Frau Walburga Eberle, im Frühjahr 1960, bestand allseits die pi etätvoll e Meinung, daß zu Lebzeiten der Witwe des Begrü nders des Museums an den Beständen und deren A ufstellung nichts geändert werden sollte. Späterhin scheiterte das Vorhaben immer wieder am Fehlen der benötigten Magazin- bzw. Abstellräume. SdlOl1 sei t 1956 hatten sich in PresseveröfFentlichungen immer mehr kritische Stimmen erhoben, die eine Neugestaltung des Museums forderten. Der Verfasser dieses Überblicks hat versucht, durch ei ne 1965 eingerichtete Ausstellung der Werke Karl Weyssers (Olbilder, Studien, Zeich nungen) im Rathaus-Saal in Durlad, und durch eine 1973 ebendort eingerichtete Ausstellung "Die Badische Revolution 1848-1849", welch letztere sich zum größten Teil auf die (i nzwischen im letzten Augenblick vor der endgültigen Zerstö- rung durch Nässe und Fäulnis restauriert,en) Bestände des Pfinzgaumuseums stützte, die Auf- merksamkeit einer größeren OfFentlichkeit auf die Gesamtrestaurierung des Phnzgaumuseums hinzulenken. In diesem Zusammenhang verdient festgehal ten zu werden, daß die durd1 die Restauration bedingte Schließung des Museums noch einen erfre ulichen NebenefFekt hatte. Das Badische Landesmuseum im Karl sruher Schl oß veranstaltete im Sommer und Herbst 1975 eine Ausstellung "Durlacher Fayencen - 1723-1847", die für al le Zukun ft vorbi ldlich und einmalig bleiben wi rd. Eine umfangreiche Katalog-Dokumentation aus diesem Anlaß wird als nidu mehr wegzudenk endes Standardwerk über diesen Gegenstand bestehen bleiben. Da das Phllzgaumuseum neben dem Badischen Landesmuseum die zweitgrößte Sammlung Durlacher Fayencen überhaupt besitzt, kam uns das Ane rbi eten des Badisd1en Landesmuseums, aus Anlaß der Ausstellung den gesamten Bestand des Phnzgaumuseurns wissenschaftlich zu bearbeiten und die fünfz ig schönsten Stücke daraus in der Ausstellung im Schloß zu zeigen, überaus gelegen. Für die so erstmals erfolgte, überaus ergebnisreiche und in vielen Details interessante wissen- schaft liche Bearbeitung der Bestände des Pfin zgaumuseums sind wi r dem Direktor des Badischen Landesmuseums, Prof. Dr. Ernst Petrasch, insbesondere dem w issenschaft lichen Sachbearbeiter Dr. Walther Franzius zu bleibendem Dank verpflichtet . Anfang der fünfz iger J ahre setzte sich verstärkt die Einsicht d urch, daß im Aufbau des Museums der tragende Gedanke, gewissermaßen der rote Faden, der den Besucher sinnvoll durch di e Aus- stellung geleiten könne, fehl e. Imm er dri ngender wurde ein e Umgestaltung gefordert. In einem Artikel der "Badischen Volkszeitung" vom 24 . 8. 1956 hieß es: Die Räumlichkeiten seien weder ausreichend noch zweck mäßig. In einem kleinen Raum seien wertvolle Antiquitäten unter- gebracht, die jedoch nicht zur vollen Geltun g kämen, weil sie wie in einem Trödlerladen angehäuft seien . Kostbare Urkunden und Drucke seien in vorsi ntflutlichen Vitrin en gelagert. 15 Ein kritischer Leserbrief mit der für sich sp rechenden Überschrift "Pfinzgau-Museum : Ein Besuch im Reich der Spinnen", erschien am 26. 5. 1959 in den "Badischen Neuesten Nachrichten". Unter dem 3. 10. 1959 berichtete das "Durlacher Tagblatt" unter der überschrift "Bestände des Pfinz- gau-Museums sollen gesichtet werden", daß der städtische Kulturauschuß eine Kommission zur Sichtung der Bestände gebildet habe, so daß nur das Wesentliche, für die eigentliche Durlacher Geschichte Wertvolle übrigbleibe und entsprechend besser zur Schau gestellt werden könne. In einem Expose legte am 12. 4. 1960 ein Kommissionsmitglied dar, die Bezeichnung Pfinzgau- Musum sei nicht der richtige Name, denn es gleiche eher einem Depot oder Magazin. Dies liege hauptsächlich an der Unterbringung. Die Sammlungen müßten zu einer chronologisch geordneten Schau zusammengestellt, die Spreu vom Weizen getrennt werden. In einem großen Artikel der "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 10. 5. 1961 wird unter dem Titel "Das Pfinzgau-Museum braucht einen neuen Stil" festgestellt, daß die genannte Kommission "nur allgemeine Urteile zum Problem der Auslichtung dieses Urwaldes historischer Gewächse abgab, aber nicht für jedes einzelne der weit über 1000 Stücke eine endgültige Entscheidung fällte . Nur das hätte weiterhelfen können." Auch in diesem Artikel wird wieder festgestellt, daß diejenigen Stücke, deren Qualität den Wert des Museums ausmachen, durch die Masse zweitrangiger oder den Pfinzgau nicht betreffender Gegenstände erdrückt würden. Man dürfe sich daher nicht scheuen, einiges gänzlich zu beseitigen. Bei dieser "Herkules-Arbeit" gehe es nicht so sehr primär um eine Erweiterung des Museums, sondern um eine zeitgemäße Form. Ein Museum sei heute näm- lich nur wirksam, wenn es nicht auf Vollständigkeit Wert lege, sondern auf sorgfältig ausge- wählte wenige Beispiele. Da die Kommission über allgemeine Erwägungen nicht hinaus gekom- men war, wurde nun das Stadtarchiv mit einer Durchsicht der Bestände beauftragt. Der damalige Archivdirektor teilte aber zum Jahresende 1960 mit, daß mit einer Aussortierung nidtt begonnen werden könne, da die Museumsräume nicht beheizbar seien und keine ausreichenden Magazin- räume zur Verfügung stünden . In einem Artikel vom 23 . 9. 1961 berichtete das "Durlacher Tagblatt" von einer erneuten Sitzung des Kulturausschusses . Man sei sich darüber einig gewesen, daß das Museum durch unnötigen und wesensfremden Ballast beeinträchtigt sei. Die weniger guten Bestände müßten ausgeschieden werden; eine gründliche Durchsicht durch Fachleute sei nicht zu umgehen. Diese Forderung wurde wiederum in einer Sitzung des Gemeinderates vom 31. 12. 1961 aufgestellt. Am 24 . 3. 1962 berichtet das "Durlacher Tagblatt" über die bekannten Unzulänglichkeiten. Der Artikel räumt ein, daß das Museum einmal von einem Kunstkenner "der größte Ramschladen in Karlsruhe und Umgebung" genannt worden sei. Immer wieder wird auch in allen Veröffentlichungen auf die Feuchtigkeit der Räume und die Problematik der engen Wendeltreppe, insbesondere für ältere Besucher, hingewiesen . Inzwischen hatte die Stadt in ihrer Gemeinderatssitzung vom 12. 5. 1964 einen Vertrag zwischen Stadt und Land Baden- Württemberg gebilligt, der die überlassung der Karlsburg an die Stadt zum Preis von 1,6 Mil- lionen Deutsche Mark vorsah. Am 4. 1. 1965 machen die "Badischen Neuesten Nachrichten" wieder auf die unzulänglichen Zustände im Museum aufmerksam. Am 27 . 7. 1971 berichtet dieselbe Zeitung von einem Einbruch ins Pflnzgaumuseum, wobei insgesamt 21 Pistolen gestohlen wurden. 16 Inzwischen waren die Überlegungen hi nsichtlich einer Gesamtrestauration des Prinzessinnen- baues endgültig in Gang gekommen. In ei ner Sitzung von Vertretern der Durlacher Bürger- gemeinschaft, der Stadtverwaltung und des Staatlichen Denkmalamtes vom 8. 12. 1971 wurde der einzuschlagende Weg in Form ei nes Stufenplanes festge legt. Von der Idee der Restauration der jetz igen Museumsräume kam man bald zur größeren Idee des Ausbaus des gesamten Schloß- komp lexes als Kulturzentrum. Dies war fü r das Pfinzgaumuseum insofern schon von Bedeutung, als man a ls erste Etappe die Bereitstellung f reier Räum e im angrenzenden Sdlloßflügel für die Auslagerung der Museumsbestände beschloß. Das widltigste Ergebnis betraf die E ntlastun g der so vielfach kri tisierten alten Wendeltreppe. Durdl eine Verwendung des direkt an den alten Teil des Prinzessinnenbaues angrenzenden Treppenhauses im neueren Teil des Rossiflügels konnte, wie die Architekten nun feststellten, ein normaler Treppenzugang zum ersten und - auf dem ßesuchcrrückweg - vom zweiten zum ersten Stockwerk geschaffen werden ; der Zugang zum dritten Stockwerk würde allerdings immer über die Wendeltreppe erfolgen müssen. Immerhi n ergab diese Treppenkombination eine wesen tliche Verbesserung der Zugänglichkeit. Die Artikel in den "Badischen Neuesten Nach richten" vom 15 . 11., 19. 11. und 30. 11. 1971 berichteten über die erwähnten Aktivitäten der Bürgergel1Jeinschaft Durlach und A ue bzw. des Freundesk reises Pfinzgau-Museum innerhalb dieser Bürgergemeinschaft im Hinbl ick auf die Bestrebungen, das Museum unbedingt im Prinzessinn enbau zu belassen. Unter dem letzterwähnten Datum hielt der A rchitekt Dipl.-In g. Prosper Collin g in Form eines altertüml ichen Briefes an den Erbauer des Prinzessinnenbaues Demetrius Dangel ein Plädoyer für das Pfinzgaumuscum und ein im Sch loßflü gel zu erstellendes Durlaeher Kulturzentrum. Es fol gte am 15. 12. 1971 eine Gesamt- vorstandssitzung der Bürgergemeinschalt Durlach und Aue mit dem als Vertreter der Stadt ent- sandten Kulturreferenten; am 4. 2. 1972 eine Sitzung des Bezirksbeirats Durlaeh im Sitzu ngs- saa l des Durlacher Rathauses; am 8. 5. 1972 eine Sitzung bei dem Baudezernenten; am 23. 6. 1972 ei ne Ku lturausschußsitzung im Karlsruher Rathaus und am 29 . 3. 1973 ei ne weitere Sitzun g des Bezirksbeirats Durlach im Sitzu ngssaal des Durlacher Rathauses, die sich sämtlich eingehend auch mit den Maßnahmen für das Pfinzgaumuseum befaßten. Gleichzeitig eröffnete die Bürger- gemeinschaft Durlach und Aue unter ihrem Vorsitzenden Dr. Karl-Wilhelm Maurer ein e Bürger- spendenaktion für das P finzgaumuseu m, die überaus erfreulichen Anklang bei der Bevölkerung fa nd . Im Spätsommer 1972 wurden die Bestände des Museums in die angrenzenden Räume des Schloßflügeis ausgelagert und die bauliche Restaurierung konnte beginnen . Dazu erschien im August 1973 eine reich bebilderte Dokumentation über den Prinzessin nenbau (Mitteilungen des Baudezernates, N r. 20). Das neu erstandene Museum öffnet seine Pforten zu Ostern 1976. Seine Akzente liegen - neben der Sicherstellun g der erwähnten Steindokumente - bei der Repräsentation der Durlacher Fayencen, der Werke des in Du rl adl geborenen Malers Karl Weysser, der Dokumente der Revo- "ltion 1848/49 (in der Durlach d urch die Schlacht bei Durlach am 25. Juni 1849 eine besondere Rolle spielte) und der alten Durlacher Druckerzeugnisse (in ihrem Mittelpunkt die sogenannte 17 Durladler Bibel von 1529). Eine künftige Erwei terung der Raumverhältnisse im Zuge der Restaurierungsarbeiten am gesamten Schloß flügel birgt die Möglichkeiten, dieses Grundsatzpro- gramm durch die Vielfalt heimatkundlicher Exponate zu erwei tern. Bei unseren Akzentsetzungen gingen wir von der Wichtigkeit und dem Wert der zusammenhängenden Bestände aus; im Sin ne der Thesen, die der Geschäftsführer des Verbandes der Rheinischen Heimatmuseen, Professor Dr. Rudolf Stampfuß 1968 für die Heimatmuseen von heute aufgestellt hat und in denen es heißt: "Wi r wollen keine romantischen Heimatstuben mehr, wir wollen den Dingen den Moder nehmen. Das Museum ist eine Halle, in der man diskutieren darf; die Zeit der Filzpantoffel ist vorbei. Ei n Museum soll auch keine Schauerkammer sein . Die Heimatmuseen sind echte For- schungsstätten, die das Material für die Zukunft erhalten müssen." Möge sid1 das nun erneuerte Pfinzgau-Museum schon in seiner jetzigen Gestalt würd ig in den Kreis der baden-württembergischen Heimatmuseen einordnen. Möge die Bewahrung seiner alt- ehrwürdigen Räume und die Pflege seiner wertvollen Bestände ein Anliegen aller Bürger sein! 18 Helga Walter-Dressler Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser Karl Weysser wurde am 7. September 1833 in Durlach geboren '. Er war das zehnte und letzte Kind des damaligen Durlacher Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Weysser und seiner Frau Karoline geb. Musculus . Der französische H ei ratskontrakt der Eltern aus dem Jah re 1815 in kunstvoll verschnörkel ter Kanzleischrift ist noch vorhanden. Aus ihm geht hervor, daß die elsässische Braut, eine Apothekerstochter aus Sulz am Wald, 5068 Franken, der Bräutigam 8571 Franken mit in die Ehe brachten. Offensichtlich stammten beide aus wohlhabenden Ver- hältnissen . Karl Weyssers Vater war ursprünglich Kaufmann. Mi t den Jahren hatte er auch im öffent- lichen Leben Erfol g. Er wurde Stadtrat und Mitglied des evangel ischen Kirchengemeinderats, sch ließlich von 1830 bis 1836 Bürgermeister von Durlach. Von 1832 bis 1838 wa r er außerdem Mi tglied der von der Bevölkerung gewählten 2. Kammer der badischen Landstände ' . Die Familie wohnte bis 1860 am Durlacher Marktplatz im Eckhaus Hauptstraßel Kronenstraße (heute Pfinztalstraße 56). Von Kar! Weyssers zahlreichen Geschwistern lebten bei seiner Geburt nur noch zwei Brüder und eine Schwester " ein bei der damaligen hohen Säuglin gssterblichkeit leider übliches Familienschicksal. Die Schulzeit absolvierte Weysser an der Durlacher Höheren Bürgerschule, dem sog. "Pädagogium", wo er 184 1 eintrat ' . Dann schickte ihn der praktisch denkende Vater, der vom fin anziell unsicheren Künstlerberuf offenbar nicht viel wissen wollte, auf das Polytechnikum nach Karlsruhe, die spätere Technische H ochschule und heutigen Uni- versität . Dort hat sich in dem noch erhaltenen "Einschreibbuch für die Eleven" für das Studien- jahr 1852/ 53 Karl Weysser eigenhändig eingetragen. Vorher hatte er schon den ,, 1. In genieur- cours" besucht und wollte nun in die "Mechanisch-technische Schule" überwechseln, mit dem Berufsziel "Leh rfach" '. Die über Karlsruhe hinaus berühmte Po lytechnische Schule bestand damals aus drei allgemeinen mathematischen Klassen und darauf aufbauend sieben "Fachschul en". In den dreijähri gen mathematischen Grundkursen wurden neben den Kenntnissen für die technischen Fächer auch Sprachen, Religion und Geschichte sowie Freihandzeichnen, Kalligraphie und Modellieren geleh rt. Die Spezialisierung fand dann in den Fachschulen statt, zu denen die obengenannte Ingeni eur- schule und die Mechanisch-technische Schule gehörten ' . Obwohl Kar! Weyssers eigentliche Neigung dem Nebenfach Zeichnen gal t, scheint er sei n Mathe- matik- und Maschinenbaustudium 7 mit Ernst und Interesse betrieben zu haben. Denn viele Jahrzehnte später schreibt er: "Während ich mich aber noch heute meinen li ebsten, nun längst verstorbenen Lehrern der rei nen und an gewandten Mathematik: Karl Buzengeiger, Guido 19 Schreiber, Wilhelm Eiseniohr, Jakob Ferdinand Redtenbacher, Peter Gustav Lejeune-Dirichlet, Jakob Steiner und Johann Franz Encke und auch dem Geographen Karl Ritter zu großem Dank verpflichtet fühle, war ich leider im Bezug auf meine ästhetische Bildung meist nur auf eigene Erfahrungen angewiesen 8 ," Es ist zu verm uten, daß unter Weyssers obengenannten Lehrern, von denen die meisten noch heute als Kapazitäten ihres Fachs in der Literatur bekannt si nd, vor allem Redtenbacher einen prägenden Einfluß auf den jungen Studenten ausübte. Redtenbacher leitete damals die Mecha- nisch-technische Schule und wurde später Direktor des Pol ytechnikums. Er verstand nicht nur sein Fach, den Maschinenbau, außerordentlich lebendig und mit umfassender Kenntnis darzu- stell en, sondern er hatte auch darüber hinausgehende Interessen, die sich mit denen seines Schülers Weyssers unmittelbar berührten: .Seine liebste Mußebeschäftigung war das Skizzieren in der Landschaft und das Aquarellieren, das er in späteren Jahren durch das Malen in 01 ablöste'." Wie lan ge Weysser am Karlsruher Polytechnikum studiert hat, ließ sich bis jetzt nicht feststellen, ehensowenig wann er an die Berliner Bauakademie gegangen und wie lange er dort gebliehen ist 10. Inzwischen war in Karlsruhe im Juli 1854 die Großherzogliche Kunstschule gegründet und als Direktor der Düsseldorfer Landschaftsmaler Johann Wilhelm Schirmer berufen worden. Im ersten Schuljahr war Karl Weysser noch nicht dort, aber im zweiten Schuljahr 1855/56 finden wir ihn eingeschrieben 11, Die Ausbildung dauerte damals insgesamt 7 Jahre. Großer Wert wurde auf die Schulung des Formensinns durch Zeichnen gelegt. Einem Spezialgebiet (Historien-, Porträt-, Landschafts- und Genremalerei) durfte sich erst zuwenden, wer den "Antikensaal" durchgemacht hatte, wo nach Gipsabgüssen antiker und moderner Statuen gezeichnet wurde. Für die Landschaftsmaler, die in Karlsruhe als Schüler Schirmers die größte und bedeutendste Gruppe bildeten, folgte dann der Besuch der vorbereitenden Landschaftsklasse. Dort kopierten sie vor allem Naturstudien ihres Lehrers in 0 1 und lernten nach der Natur zeichnen und kleinformatige Bilder malen. In die Künstlerklasse schließl ich wurde nur aufgenommen, wer in der Vorbereitungsklasse genügend Talent gezeigt hatte. "Schi rmer regierte in Karlsruhe ganz im Sinne der Akademiedirektoren des 19. Jahrhunderts als unumschränkte Autoritätsperson. Seinen Anweisungen hatten die Schüler Gehorsam zu leisten ... Auch außerhalb der offiziellen Unterrichtsstunden sollten die Schüler im Geiste ihres Lehrers erzogen werden " ." Zu Weyssers Studienkollegen in der Landschafts- klasse gehörten u. a. earl Ludwig Fahrbach, Emil Lugo, Gusta v Osterrot und ab 1859/60 auch Hans Thoma. Nach vierjährigem Studium verließ Weysser die Karlsruher Kunstschule und siedelte im Herbst 1860 zur weiteren Ausbildung nach München über, wo er bis zum Juni 1861 blieb ". Ob er dort an der Akademie ein geschrieben war oder, was naheliegender erscheint, dem Kreis der Maler um Eduard Schleich d. 1\. und Kar! Spitzweg angehörte, ließ sich bis jetzt noch nicht feststellen. Für den Wechsel des Studienortes zu diesem Zeitpunkt sind verschiedene Gründe denkbar: 1859 wa r Weyssers Vater gestorben und 1860 das Elternhaus am Durlacher Marktplatz von den vier Geschwistern verkauft worden 14. Möglicherweise hat der Maler seine günstige Finanz- 20 lage benutzt, um einen Studienaufenthalt in München zu fi nanzieren . Vielleicht gehörte Weysser auch zu denjenigen Kunstschülern, die in den Jahren 1859-61 aus Protest die Karlsruher Schule verließen, weil sie sich durch ungerechtfert igte bürokratische Eingriffe der Obrigkeit in ihrer Ausbildung behindert fühlten ". Nicht zuletzt mag der Wunsch, ein intensiveres Studium der Architekturmalerei zu absolv ieren, für einen Wechsel nach München bestimmend gewesen sein. Im Schuljahr 1861 /62 kehrte Karl Weysser wieder an die Karlsruher Akademie zurück ". Nach dem Tod seines Lehrers Schirmer im September 1863 ging er im November 1863 ei n zweites Mal nach München und blieb dort bis zum März 1864 ". Offenbar hat er dann noch das restl iche Studienjahr bis zum Sommer 1864 in Karlsruhe verbracht 18. Damit war seine Ausbildung abgesch lossen. Schon während der Studienzeit war Weysser in den Sommerferien zeichnend und malend in Süddeutschland unterwegs. So hat er, wie man den datierten Zeichnungen im Karlsruher Denk- malamt und den Olskizzen der Städtischen Kunstsammlungen entn ehmen kann , im Jahre 1862 den Bodensee bereist. Im Sommer 1863 war er u. a. am Hochrhei n in Laufenburg, Säckingen und Basel, 1864 am Neckar, in Schwäbisch-Gmünd und Marburg an der Lahn . Wo Weysser nach dem Verkauf des elterlichen Hauses 1860 wohnte, ist unbekannt. Jedenfalls war er von 1865 bis 1869/ 70 in Karlsruhe ansässig ". In diesen Jahren reiste er u. a. ins Tauber- tal, in den Schwarzwald und an die Mosel. 1869 unternahm er eine Fahrt nad, Südtirol, was durch Zeichnungen und O lskizzen aus Klausen und Brixen belegt wird. Für die Zeit zwischen 1870 und 1881 fehlt jeg licher Hinweis fü r einen festen Wohnort. Weysser war offenbar ein unruhiger Geist, den es nie lang am seI ben Pla tz hielt. So ist überliefert, daß er am liebsten einen Zigeunerwagen besessen hätte, um damit unabhängig in der Gegend herum- zukutschieren 20 Vielleicht hat er also in den 70e r Jahren, der Zeit seiner größten Produktivität, überhaupt keinen festen Wohnsitz gehabt und immer nur ein paar Wochen an ei nem O rt zuge- bracht. 1872 war der Künstler offensichtlich längere Zeit im Elsaß (das seit 187 1 zum deutschen Reichsgebiet gehörte), denn über 100 Zeichnungen elsässischer Denkmäler und Bauten von seiner Hand aus diesem Jahr befinden sich im Straßburger Denkmalarchiv ". Seine Tätigkeit dort beschränkte sich jedoch nicht nur aufs Zeichnen, sondern bezog auch das Malen mit ein, denn im Oktober 1875 waren Bilder aus dem Elsaß von Karl Weysser im "Kunstverein der Groß- herzoglichen Kunsthalle" in Karlsruhe ausgestellt". 1880 zeichnete Weysser viel am Mannheimer Hafen, 1881-1884 wohnte er in Heidelberg". In Heidelberg gab er 1883 unter dem Pseudonym "K. W. H eisster" (Karl Weysser heißt er) auch seine erste kleine Veröffentlichung heraus. Si e trug den Titel "An di e Mitglieder des Kunst- vereins in Hutzelwaldberg" und richtete sich in sati rischer Form gegen Vorstand und Jury des Heidelberger Kunstvereins. Von 1885 bis 1888 lebte Karl Weysser in Baden-Baden " . Auch hier hat er sich publ izistisch betätigt und im Jahre 1887 ein satirisches Bän dchen unter dem Titel "Durch Dick und Dünn - Asthetische und auch andere Betrachtungen" herausgebracht. Von 1890 bis 1894 wohnte er noch- 21 mals in Karlsruhe ", von 1895 bis zu seinem Tod am 28 . 3. 1904 war er wieder in Heidclberg ansässig ~t1 . Dort erschien 1898 sei ne dritte und letzte Veröffentlichung .,Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spiegel einer möglichst richtigen Weltanschauung". Seinem unsteten Leben nach zu schließen, hätte man an nehmen können, daß Kar! Weysser nie verheiratet war. Mit ann ähernd 52 Jahren hat er aber doch noch geheiratet, und zwa r am 7. Februar 1885 in Baden-Baden ". Seine Frau, Auguste Luise Sickinger, stammte aus Durlach und war 21 J ah re jünger als er " . Viell eicht faßt e der Künstler den Entschluß zur Ehe unter dem E indruck seiner drohenden E rblindung. Das früheste bekannte Gemälde Karl Weyssers ist ei n Brustbild seines Vaters. Es ist weder datiert noch vom K ünstl er signiert; aber auf der Rücksei te w urde vermerkt, daß es den Bürger- meister Weysser 1840 darstelle, von seinem Sohn Karl gemalt und von Frau Weysser 1936 erworben worden sei ". 1840 kann nicht das J ahr sein, in dem das Bild gemalt wurde, der Künstler wäre damals erst ein Kind von 7 Jahren gewesen. Vielleicht soll es ,, 1849" heißen, da wurde nämlich der Vater 60 Jahre alt . Es wäre denkbar, daß ihn der dann immerhin 16jährige angehende Maler aus diesem Anlaß porträtiert hat. Als Zeichen der Verehrung und auch als Beweis für sein Talent. Mit liebevoll beobachtendem Blick hat sich der junge Mann in die Gesichtszüge des Vaters vertieft. Daß er den 60jährigen - abgesehen vom grauen H aar - etwas zu jugendlich ideal isiert da rgestell t hat, wäre von sei nem eigenen Alter her durchaus begreiflich. D ie feine fa rbliche Differenzierung verrät aber dod, schon eine gewisse Schulung. Vielleicht hat er das Bildnis auch in seiner Karlsruher Akademiezeit noch einmal übermalt 30. Manche von Weyssers landschaftlichen Olskizzen aus den frühen 60er Jahren zeigen noch deut- lich den Einfl uß der Schirmerschen Olskizzen. E r bevorzugt eine dunkle, au f tiefgrünen und rostroten Tönen basierende Palette, die Einzelheiten w ie z . B. Blätter und Aste sind sehr genau mit spitzem Pinsel hingetupft. Der Maler kämpft gelegentlich noch mit Komposit ionsschwierig- keiten wie z . B. auf dem Blatt von Schwäbisch-Gmünd, wo er zur Belebung des Vordergrundes ein kleines Mädchen zu absichts voll in die Mitte plaziert. Ahnlich genau durchgearbeitet sind auch Weyssers Zeichnungen aus den frühen 60er Jahren, die vor a llem Stadtansichten am Bodensee und Hochrhein darstellen. Eine ganze Reihe dieser Zeichnungen wurde fünfundzwanzig Jahre später (1887) im 1. Band der "Kunstdenk mäler des Großherzogturns Baden - Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz" veröffentlicht. Der Künstl er ha t damals sei ne Motive bis in die Einzelheiten mit der Feder durchgezeichnet. Beson- deren Wert legt er auf die Beleuchtung und schaflt so Atmosphäre. E r kontrastiert geschickt helle, weiß gelassene Partien mit beschatteten, die er mit einem dichtmaschigen Netz von Schraffuren überzieht. Dabei fällt auf, daß auch komplizierte perspektivische Verkürzungen ihm sichtlid, keinerlei Mühe machen, ja, daß er sie sogar sucht. Figü rliche Darstellungen si nd dagegen nur Neben- sache und selten überzeugend in den Gesamtzusam menhang eingebu nden. Sie wi rk en oft im Maßstab falsch und in der anatomischen Durchbildung unsicher. Ei ne Erk lärung fü r di esen Unterschied der zeichnerischen Fähigkeiten gibt Weysser sel bst in einer seiner Schriften. Er meint dort, daß . der Maler, je nach dem Gebiet, das er sich erwähl t, eine gründl ichere Kennt- 22 Marktplatz in Dur!ach. Gemälde von Kar! Weysser I1lS In manchen Hülfswissenschaften, z . B. der Landschafter in der Anatomie, gar nicht not- wend ig hat ... " 31. In den Zeichnungen der 70er Jahre verzichtet Weysser meist auf eingehende Schilderung der Einzelheiten und hebt von einem ganzen Komplex - Ortsansicht oder Straßenbild - nur besonders markante Partien wie geschnitzte oder bildhauerisch gestaltete Erker, Brunnen, Kirch- türme, Tore usw. durch genaue Zeichnung hervor, während er das übrige mit raschen Strichen a ndeutet. Die Technik ist raffinierter, er verwendet jetzt neben Lavierungen auch Weiß- höhungen als Beleuchtungseffekte und zeichnet gelegentlich auf farbigem, meist grau-blauem Papier. In diesem J ahrzeh nt zwischen 1870 und 1880 entstehen seine freiesten und ei ndrucks- vollsten Zeichnungen . Mit sparsamen, gezielt eingesetzten Mitteln zeichnet er Blätter vol ler Atmosphä re. Eine entspredlende E ntwicklung zur Großzügigkeit zeigt sich auch in den Olstudien der 70er Jahre. Die Pinselschrift ist jetzt freier und verzettelt sich nicht mehr in allzu genauer Schilderung der Einzelheiten. Dort, wo der Maler auf jede effektvolle Komposition verzichtet, nah an sein Motiv herangeht und sich ganz in das nuancenreiche Spiel der Farben vertieft, sind sie am über- zeugendsten. Mit Vorl iebe sieht er in verwinkelte Gassen, a lte Höfe, zerfallene Schuppen und Hintereingänge, schl ichte Motive ohne jeden "höheren" Anspruch. Diese Bildehen sind auch eine Augenschule für den Betrachter, der zuerst v ielleicht achtlos an ihnen vorübergega ngen ist. Beim näheren Hinsehen erkennt er den Reichtum der verschiedenen Grau-Braun-Grün- und Ockertöne und ihr fein abgestuftes Zusammenspiel. Darüber hinaus versteht Weysser es meisterhaft, die unterschiedliche Stofflichkeit von Holz, Ziegel, Sandstein, Verputz usw. zu charakterisieren. Immer wieder sind es Struktur und Farbe von sonnen beschienenem altem Gemäuer, meist in Verbindung mit Pflanzen, die ihn zum Malen locken. So hat er z. B. den Hof der alten Zehntscheuer in Durlach aus den verschiedensten Blickwinkeln festgehalte~ . Karl Weyssers Einstellun g zu solchen schlichten Motiven kommt in seinen "Ästhetischen Betrach- tungen" von 1887 deutlich zum Ausdruck: " ... überlassen wir das unschönste lind nüchternste Bauwerk sich selbst und damit allen Einflüssen und Zufällen der Witterung und pflanzlichen Entwickelung, so wird es endlich, und wenn auch erst als Ruine mit Moos und Epheu, Gesträuch und Bäumen bewachsen, ein e Schönheit erreichen, die wenig zu wünschen übrig läßt. Dieser in ästhetischer Beziehung wohltäti ge Einfluß der Natur und nicht immer die a ltertümlidle Bauart ist es auch, welche den Architekturmaler veranlaßt, vorzugsweise in alten Ortschaften Studien zu machen 3:! . " In der freien Natur wird Karl Weysser besonders vom Wasser angezogen. Am Bodensee, am Neckar, am Rhein, an der Pflnz, der Murg und der Mosel ist er den verschiedensten Stimmun- gen nachgegangen, hat das stille dunkle Gewässer um die Hungersteine am Necka r, die wind- gekräuselte Oberfläche des Bodensees und den zwischen Steinen dahinplätsdlernden Sd,warz- waldbach in nuancierten Farben festgehalten. Seine Liebe gil t der "unverfä lschten Gottesnatur" . Allem Menschenwerk steht er skeptisch gegen über, das äußert er immer wieder: "Während z. B. jede natürliche Felspartie zu ihrer ebenso natürlichen U mgebung in allen Jahreszeiten gleich gut 24 stimmt, steht z. B. bei Bauwerken der rote S:lndstein im Sommcr nicht seltcn grcll in dcr Land- schaft, während er mit dem Schnee wieder besser harmoniert. Umgekehrt wirkt ein gelb licher Stein neben dem Schnee leicht süßl ich, während seine Farbe im Sommer nichts zu wünschen übrig läßt. Aus diesen Beispielen erkennen wir aber auch wieder die ästhetischen Vo rzüge, welche die reine Natur allen menschlidlen Werken voraus hat :3:3." Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre zeichnet Kar! Weysser kaum noch mit der Feder, sondern meistens mit dem P insel. Dabei fällt a uf, daß die bisher außerordentlich sichere Art der Erfassung und Darstellung deutlid, nachläßt. Außer mit dem zuneh menden Alter - er ist jetzt Ende SO - hängt das wohl mit seiner Augenkrankheit zusammen. Bei den farbigen Studien macht sich diese Schwäche weniger bemerkbar. Hier hilft vielleicht die langjährige Erfah rung im Umgang mit Farben, die verminderte Fähigkeit zu genauer Beobachtung zu überbrücken. Ge rade die etwas diffuse, mehr a uf den zartfarbigen Zusammenklang als das deutliche Detail cingehcnde Malweisc verleiht den Bildern dieser Zeit einen besonderen Zauber. Möglicherweise hat sich Weyssers Sehkraft aud, durch eine Operation noch ein mal vorüber- gehend gebessert. Eine Stelle in seiner Schrift über den Darwinismus und die moderne Malerei von 1898 scheint von persönlicher Erfa hrung diktiert. Es heißt dort: "Nun werden al lerdings in unserer Zeit sehr bedeutende Operationen zur Heilung krankhafter oder verletzter Organe gemacht. Wenn es aber der Arzt mit seinem Wissen und Können auch fcrt igbringt, einen ver- schlimmerten Zustand des Auges, z . B. die Blindheit wieder a ufzu heben oder zu mildern, so ist dcch die An näherun g an den gcsu ndcn und normalen Zustand nod1 lange nid1t mit einer dem normalen Zustand vorausgehenden Selbsterfindung oder Selbstbildung des Auges zu ver- gleichen 34." Man hat Karl Weysser oft den "badisd1en Spitz weg" genannt und dabei wohl vor a llem a n ver- gleimbare Stadtansichten mit winkligen alten Gassen gedacht. Die Münchener Schule um Schleich d. Ä. und Spitzweg mit ihrer Vorliebe für die intime Darstellung im kleinen Format scheint tatsächlich nachhaltiger auf ihn gewirkt zu haben als Schirmers Karlsruher Sd1Ule, der in seinen offiziellen Gemälden die heroische großformatige Landschaft pflegte. Trotzdem trifft die Bezeichnung "badischer Spitz weg" auf Weysser nicht zu. Denn bei Spitzweg ist die Archi- tektur Bühnenkulisse für seine psychologisierenden Bildererzählungen, für Weysser dagegen sind Architektur und Landschaft in ihrer natürlid1Cn Erschein ung das Hauptthema und das F igür- liche nur malerisches Beiwerk. Obwohl Weysser soviel herumgereist ist, waren es immer wieder ä hnliche Winkel und Ecken, die ihn interessierten. Es ist also nicht das cha rakterist isch andere einer besti mm ten Gegend, was ihn anzieht, sondern er sucht und fi nd et das ihm Gemäße, eng Umgrenzte, Schlichte, Bescheidene. Das aber verzaubert er mit der Subti lität se iner Malerei . In klarer Einsrnätzung seiner Begabung hat Weysser damit glückl ich verm ieden, was er an anderen Malerkollegen auszusetzen fand: " ... mand1es Talent, das bei einer richtigen Erkcnntni s seiner Leistungsfähigkeit als Bäch lein fri sch und klar hätte dahin fließen können, wurdc nun, wei l es sidl nach allen Seiten ausbreiten wollte, zu einem stehenden Sumpf, a n dem höd1stens die 25 Kritiker als quakende Frösd,e ihre besondere Freude hatten "." Daß es sich bei Weyssers tllskizzen nicht nur um künstlerische Nebenprodukte gehandel t hat, scheint mir sowohl durch die ziemlich konsequente Signierung wie vor all em durch seine sch rift- lichen Außerungen bekräftigt zu werden. In seiner schlichten, unprätcntiäsen Schilderung von Natur und A rchitektur war Weysscr durch- aus fortschrittlich im Sinne der zuerst von den Mündmcr Malern Leibl und Lier vertretenen Auffassung, daß nicht wie bisher ein effekvolles Motiv die H auptsache sei, sondern die male- rische Verklärung eines anspruchslosen Stücks Natur. Der Anstoß zu dieser Auffassung, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der deutschen Landschaftsmalerei immer mehr durch- zusetzen begann, war von Frank reich ausgegangen. Dort hatten schon in den 1850er Jahren die Münchner Maler Spitz weg und Schleich d. i'i.., vor a ll em aber ein Jahrzehnt später Li er die Werke der Maler von Barbizon - einem D orf südöstlich von Paris - kennen- und schätzen gelernt. "übera ll wo ich ging und stand , gingen mir die Meisterwerke der großen Land- schaftsma ler D upre, Daubigny, Corot und Rousseau nach ... es wurde mir klar, daß die wi rkl iche Poesie der Landschaftsmalerei in der einfachen, schönen Natur selber liegt und nie durch künstliche Mittel herbeigezaubert werden kann " ." Dieses Bekenntnis Liers könnte auch sein 7 Jahre jüngerer Generationsgenosse Karl Weysser abgelegt haben. An der Karlsruher Kunstakademie verfolgte die jüngere Generation, die unter dem bei Lier geschulten Schön leber die Landschaft um ih rer selbst will en zu malen begann, ähnliche Ziele. Es war ein kü nstlerische Bewegung, die Wcyssers zurückhaltend-versponnenem Naturell, dem alles Pathos zuw ider war, wohl im Inn ersten entsprodlen hat. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß Weysser in den 1880er Jahren auch andere Bilder gemal t hat - offensichtlich im Atelier komponiert-, die im absichtsvollen Arrangement verschiedener Archi tektur- und Landschaftselemente einen altertümlicheren Eind ruck machen. Wie weit dies etwa mit Rücksicht auf Auftraggeber geschah oder ob man darin nicht doch eine gewisse Zweigleisigkeit seiner künstlerischen Außenll1gen sehen muß, bedarf noch der Klärung. Die Käufer von Karl Weyssers kleinformatigcn, unprätentiösen Bildern waren und sind wohl heute noch vor a llem Privatleute. Museen scheinen sich zu Weyssers Lebzeiten kaum für seine dem Repräsentativen abholde Kunst interessiert zu haben. Das heißt aber nicht, daß er im offiziellen Kunstbetrieb ein völlig Unbekannter wa r. So erwa rb z. B. der "Ku nstverein für das Großherzogtum Baden" 1863 neben Bildern anderer bad ischer Maler Weyssers "Der al te Marktbrunnen in Durlach" und stellte, wie schon erwähnt, 1875 mehrere Wochen lang seine Bilder aus dem Elsaß in der Karlsruher Kunstha ll e aus. Die dok umentarische Bedeutung von Weyssers Architekturzeichnungen, in denen sich sach liche Genau igkeit mit künstlerischer Qualität verband, wu rde dagegen schon damals von den für die nAl tertumssammlungen" zuständigen Stellen erkannt. So erwarb beispielsweise die "Großher- zogliche Badische Altertumshalle" eine ganze Reihe sein er badischen Stadtansichten. Wie eben- fa lls schon erwähnt, erschi enen sie ab 1887 zum Teil als Illustrationen in den Kunstinventar- bänden . Die über 100 Zeichnungen elsässischer Motive, die sich im Straßburger Denkmalamt befinden, werden vermutlich auch wäh rend Weyssers Aufenthalt dort angekauft worden sein . 26 Die im Pfinzgau-Museum ausgestellten Bilder lind Zeichnungen Karl Weyssers sind zu m Teil als Geschenke an das Museum gekommen. Der weitaus überwiegende Teil stammt aus dem Nachlaß des Malers in Pforzheimer Privatbes :tz, von dem die Stadt Karlsruhe 1942 zahlreiche Stücke erwerben konnte. Auch für Durlach haben Weyssers Bilder und Zeichnungen neben der künstlerischen eine histo- rische Bedeutung. Denn zum Teil zeigen sie Ansichten, die heute in dieser Form gar nicht meh r ex istieren. So gibt zum Beispiel das schöne Bild des Durlacher Marktbrunnens 37 eine Ansicht wieder, die schon zu Weyssers Lebzeiten histo:-isch geworden war : Der Brunnen ist hi er noch mit der bekrönenden Figur des "Karle mit der Tasch" dargestellt. Sie wurde 1862 entfernt und auf den Durlacher Schloßplatz versetzt 38 . Dasselbe gilt für den Gebäudekomplex mit der alten Zehntscheuer, den Karl Weysser in den 1870er Jahren verschiedentlid, gema lt hat. A ls man das Gelände für den Bau der Friedrichschule zw ischen Lamm- und Zehntstraße benötigte, wurde der ganze Komplex vor 1878 abgerissen. Es ist anzunehmen, daß der Durlacher Maler und Zeich ner Karl Weysser ni e ernsthafte finanzielle Sorgen hatte, denn er lebte immer in Wohn - gegenden , in denen wohlhabende Bürger ansässig waren. Sicher hing das auch mit seinem Eltern- haus und den sich daraus ergebenden per~önlichen Beziehun gen zu einer entspred1enden Käufer- schicht zusammen. Trotzdem darf man sich den Lebensweg des Künstlers nicht sorgenfrei vor- stellen. Denn ein Augenleiden hat ihn in den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens stark beeinträchtigt. Und was könnte einem Maler, der vor allem :1uf seine Augen angewiesen ist, Sd,lim meres widerfahren. Anmerkungen 1 Taufbuch der Durlacher Evangelischen Kirchengemeinde 1828-1838, S. 242. 2 Nachruf v. 29. Mai 1859 im Durlacher Tagblatt und Durlacher Stadtrechnungen (Stadt- a rd,iv Karlsruhe). 3 Friedrich Ludwig (geb. 1822), Emil Ludwi g (geb. 1826) und Marie (geb. 1828) . Nach Taufbüchern der Ev. Kirchengemeinde Durlach. 4 Stadtarchiv Karlsruhe, Bestand Durlach 2824. 5 Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 448 / 2606. 6 Anzeige der Vorlesungen an der Großherzoglich Badischen Polyted111ischell Schule zu Carls- ruhe für das Jahr 1853/ 54. Carlsruhe o. J. 7 In Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 irr tümlich "Stud. zuerst Archi - tektur . .. " 8 K. Weysser, Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spi egel ei ner mögl ichst richtigen Weltanschauung. Heidelberg 1898, S. 5. 9 O . Kraemer, Ferdinand Redtenbacher. In: Die Tech ni sche Hochschule Fridericiana Karl s- ruhe. Festschrift zur 125-Jahr-Feier 1950. Karlsruhe 1950, S. 81. 10 Leider sind keinerlei Archi valien über Weysser bei in Frage kommenden Berliner Nachfolge- 27 behö rden der Bauakademie vorhanden (brief!. Mitt. von Dipl.-Ing. Ute Büchs, Plansamm- lung Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, v. 6.10.1975) . 11 R. Theil mann, Johann Wilhelm Schirmers Karlsruher Schule. Diss. Heidelberg 1971, S. 371 . 12 ders. a. a. O . S. 127. 13 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 14.10. 1975 über einen Eintrag im poli zei lid1en Fremdenkartenregister (Serie 6, N r. 26135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 15 . 11. 1860 bis 10. 6. 1861 zur Ausbildung in München war, am Sendlinger-Tor-Platz 1/ 2 wohnte und am 10. 6. 1861 wieder nach Durlach abreiste. 14 Grundbuch Bd. 17, S. 52. 15 Die Ei ngriffe betrafen die Aktmodelle. Da die Behörden Aktmodellstehen als sittenwidriges Verhalten ansahen, wurden mehrmals weibliche Modelle von der Sittenpolizei gewaltsam abgeführt. Erst eine Verordnung des Innenministeriums von 1860 stellte klar, daß Studien "a uch nach dem Nackten zur Ausbildu ng der Kunstschüler nothwendig und durd, nichts anderes zu ersetzen sind", verpflichtete aber die Direktion, darüber zu wachen, daß dabei "nichts vorgeht, was die Zwecke der Kunstanstalt irgend wie überschreitct'j (Theil mann a. a. 0 ., S. 84 ff. ). 16 Theilmann a. a. 0 ., S. 374 . 17 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 4. 10.1975 über ei nen Eintrag im polizei lichen Frem- denkartenregister (Serie 6, Nr. 26 135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 23.11. 1863 bis 1864 zu r Ausbildung in München war und in ·der Schwanthalerstraße 2311 wohnte. Be- merkung vom 15 . 3. 1864: "z. Z. im Irrenhaus, am 26. 3.1864 abgereist nach Hause." 181m Schuljahr 1863/64 ist Weysser noch ei nmal an der Karlsruher Kunstschule eingeschrie- ben (Theilmann a. a. 0., S. 375). 19 Er woh nte in der Kriegsstr. 11 , damals ein e Wohngegend wohlhabender Bürger, H aus- besitzer war der Architekt und Bauinspektor Serger, außer Weysser wohnten dort der Maler G leichauf, der Hofmusikus Braun und der Zeichner Gladbach. Nach Weyssers Wegzug über- nahm der Maler Anton von Werner die Wohpung (nach Karlsruher Adreßkalender 1865- 1870). 20 G. Kird1er, Der Maler Karl Weysser, ein Nachfah r der Romantik: In: Das Bild. Karls- ruhe, Jg. 6 (1936), S. 83. 21 Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 und brief]. Mitt. der Di rection Regio- nale des Affaires C ultllrelles, Strasbourg v. 4. 11. 1975. 22 Karlsruher Nachrichten v. 31. Oktober 1875, S. 1022. 23 Brief]. Mitt. des Heidelberger Stadtarchivs v. 29. 10. 1975. 24 Brief]. M itt. der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Baden-Baden v. 7. 10. 1975, daß Weysser 1885 im Haus Scheibenstr. 4 wohnte (außer ihm noch ein Maler August Schott, Prof. Eduard Eisen und der Musiker-Maler Vitus Staudacher). 1888 woh nte er im Haus Rettigstr. 4. 25 ]n einem neu erbauten Haus in der Lcopoldstr. 7. Mi tbewoh ner waren Lieutenant Frh. v. Beaulieu-Marconnay, Prof. Ludwig Levy, Architekt, und Johan n Schroth, Architekt. Das Haus gehörte dem Major a. D. Hoffmann (nach Karlsruher Adreßkalender 1890-1894). 28 29 26 Briefl. Mitt. des Stadtarchi vs Heidelberg v. 29.10.1975. 27 Standesamt N r. 8/1885 (bri efl. Mitt. des Standesamtes Baden-Baden v. 16. 12 . 1975). 28 Sie starb am 23 . Januar 1912 in Heidelber;; im Alter von 58 Jahren. Ih r Vater war der Postschaffn er Wilhelm Sickinger und sta mmte aus Spöck . Ihre Mutter hieß Magdalene geb. Beck und lebte zuletzt in Waghäusel (briefl. Mitt. des Stadtarchi vs H ei delberg v. 29. 10. 1975). 29 Frau Anna Weysser war ei ne angeheiratete N ichte des Malers, wahrschcinlid1 di e Frau seines 1855 geborenen Neffen ea rl Fri ed rich Weysser. Sie lebte später in Mün chen und hat dem Pfin zgaumuseum u. a. den H eiratskontrakt der Eltern Weysser geschenkt. Sie starb 1965 fast 99jährig in München. 30 Auf diese Möglichkeit hat mich der Restaurator der StaatI. Kunsthalle Karl sruh e, Herr Brammer, hingewiesen. 3 1 Weysser, Darwinismus, 5 . 54. 32 Weysser, Durch Dick und Dünn. Baden-Baden 1887, 5.35. 33 Weysscr, D arwinismus, S. 86. 34 ders., a. a. 0., S. 7. 35 ders., a. a. 0., S. 9 1 f. 36 Zi ti ert nach Theilmann, Die Grötzinger Ma lerkolonie, Ausstellu ngskatalog der Staa tI . Kunst- halle Karlsruhe. Karlsruhe 1975, S. 11 . 37 Das Bild (Inv. Nr. 60/1690, siehe Abb.) ist n icht identisch mit dem oben erwähnten Gemäld e aus den 1860er Jahren, da es weder datiert noch signiert ist und auch di e Schlußiiberm alun g fehlt. Auch sti listisch läßt es sich nicht mit Weyssers Früh werken vereinbaren. Offensichtlich handelt es sich um die in einem Briefwechsel erwähnte Kopie, di e er Ende 1903 in Arbeit hatte, aber nicht mehr vollenden konnte, wei l er nach längerer Krankheit im März 1904 starb . Das Bild war ein Geschenk des Kü nstlers a n seine Vaterstadt Durlach, die zuvo r verschiedene Skizzen des Brunnens angekauft hatte, da man an die Wiederaufstellung der Brunnenfigu r dadlte (nach Akten im Stadtarchiv Karls ruhe, Bestand Durlach A 3156). Die Skizzen si nd vielleicht identisch mit denjenigen, die sich heu te unter der In v.-Nr. W 98-100 im Karlsruher Denkmalamt befinden. 38 s. S. 13. Ernst Pet rasch Durlacher Fayencen 1723-1840 Auf die Frage, welche unter den deutschen Fayence-Fabriken die älteste ist, gi bt uns der "Badensche gemeinnützige Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786" die Auskunft, "daß wahrscheinlich die zu Durlach" allen anderen deutschen Manufakturen "ebenso an Alter wie an Güte und Schönheit der Waare vorgehe". Dieses zweifellos lokalpatriotisch gefärbte Urteil der ältesten gedruckten Chronik über die Durlacher Fayence-Manufaktur läßt sich heute - soweit es die Entstehungszeit betriffi - freilich nicht mehr aufrecht erhalten. Denn bekanntlich wurden die ersten deutschen Fayence-Fabriken bereits um di e Mitte des 17. Jahrhunderts in Hanau, Frankfurt und Berlin gegründet. In künstlerischer Hinsicht jedoch erweisen sich vor allem die nod, vor 1800 in Durlach ent- standenen Fayencen den Erzeugnissen anderer führender Fabrikationsstätten mindestens eben- bürtig und haben ihren hervorragenden Rang in der deutschen Fayencekunst bis heute behalten. Auf eindrucksvolle Weise hat dies die große, 1975 vom Badischen Landesmuseum im Karls- ruher Schloß veranstaltete Ausstellung bestätigt, die zum ersten Male einen umfassenden über- blick über die Gesamtproduktion der berühmtesten badischen Fayence-Fabrik vermittelte und ihre künstlerische Leistung in einem gänzlich neuen Licht erscheinen ließ . Die noch vor wenigen Jahrzehnten geäußerte Meinung läßt sich heute jedenfalls nicht mehr aufrechterhalten, daß nämlich "Durlach in dem gewaltigen deutschen Fayence-Orchester nur ein bescheidenes Instru- ment gespielt hat" . Gewiß nicht die Sologeige - so dürfen wir dieses gleichnishafte, aber unzureichende Urteil jetzt mit gutem Grund zurechtrücken - aber ein dominierendes Instru- ment von durchaus eigenem und beglückendem Wohlklang unter den rund hundert Fayence- Manufakturen, die im 18. Jahrhundert in Deutschland existierten. In der heiteren Anmut ihrer manni gfaltigen Dekore, mit ihrer meist strahlend weißen Glasur von porzellanartiger Brillanz und in ihrer oftmals delikaten Farbgebung lassen Durlacher Erzeugnisse einen Wesenszug erkennen, der bei deutschen Fayencen im allgemeinen nicht allzu häufig in Erscheinung tritt. Mit ihren Geburtswehen, ihrem mehrmaligen Besitzerwechsel, den durchzustehenden Konkur- renzkämpfen und ständigen Geldnöten unterscheidet sich die Durladler Manufaktur jedoch kaum von der C hronik äh nl icher Betriebe jener Zei t. 1723 - acht Jahre nach der Grü ndun g von Karlsruhe - erteilte Markgraf Kar! Wi lhelm von Baden-Durlach "Johann Heinrich Wachenfeldt dem Porcellain-Fabrikanten, von Wolfshaagen auß dem Hessen Casselischen gebürtig" das Privil eg, "allda eine Porcellain und Tabac Pfeifenfabrique aufzurichten" . Wie wir aus dem Privileg vom 3. März 1723 weiter erfahren, überließ der Markgraf Wachenfeld zu diesem Zweck "Unsern bißhero eigenthümlidl zuständig geweßten Bauhof-Platz zur Durladl in der Vorstatt außer dem Pfinzthor, sambt denen darauf stehenden Gebäudten und Hofraithung . .. 30 neben dem Roßschwemme weg liegendt, vornen auf die Landstraß und hinten auf die Pfinz- bach stoßend .. . um Ein Tausend Gulden Reichswährung . .. " . Die Gründung der Fabrik entsprach durchaus der merkantilistischen Wirtschaftspolitik im Zeit- alter des Absolutismus, der badische Regent folgte als Protektor einer "Porcellainfabrique" dem Beispiel manch anderer Landesfürsten. Denn mit den neueingeführten exotischen Getränken Tee, Kaffee und Schokolade hatte auch das aus Ostasien importi erte Porzellan sei nen Sieges- zug durch ganz Europa angetreten, das für jene mod ischen Tafelgenüsse wie gesdlaffen war. Als dann 1709 dem Alchimisten Friedrich Böttger in Meißen die Nacherfindung des China- porzellans gelungen war, da wollte bald selbst der kleinste unter den rund dreihundert deut- schen Duodezfürsten seine eigene Porzellanfabrik. Freilich war das, was die meisten dieser Betriebe zu produzieren imstande waren, bestenfalls Fayence, die dem Porzellan nur äußerlich ähnlich ist. Man nahm es abcr mit dcr Bezeichnung nicht so genau und verlieh auch der weniger kostspieligen Fayence den Namen Porzellan, das damals von aller Welt begehrt war. Aber nichts wäre falscher, als die Fayence deshalb geri nger einzuschätzen. Ist doch die Tonmasse, die zu ihrer Herstellung verwendet wird, gleichermaßen plastisch gut bildsam, und ihre glänzend weiße, undurchsichtige Glasur bietet denselben idea len Malgrund für jederlei bunte Ausstattung. SdlOn im alten Babyion und Agypten bekannt, war die Fayence auf ihrem weltweiten Weg über die Perser, Araber und Mauren im Mittelalter nach Spanien gelangt. Mallorca (Majorca), von wo aus dieses farbenprächtige Irdengut nach Italien exportiert wurde, gab der hier bald selbst crzeugten Majolika den Namen . Faenza hinwiederum, das widltigstc Zentrum der italienischen Kunsttöpferei im 16. Jahrhundert, wurde zur Lehrmeisterin und Namensgeberin für die Fayencekunst nördlich der Alpen. Ober Frankreich und die Niederlande, wo Delft sich bald eine führende Rolle eroberte, wurde die Fayence schließlich auch in Deutschland bekannt. Doch kam es wegen des Dreißigjährigen Krieges hier erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts zur fabrikmäßigen Produktion von Fayence. Die meisten deutschen Fayence-Manufakturen wuchsen jedodl erst seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden. Um diese Zeit wurdc - wie bereits erwähnt - auch die Durlacher nPorccllain-Fabrique" gegründet. Hinter dem vielversprechenden Firmentitel verbarg sich allerdings auch hier nichts anderes als eine Fayence-Manufaktur. Johann H einrich Wachenfeld, ihr Grü nder, hatte erst wenige Jahre zuvor gemeinsam mit Karl Franz Hannong die nachmals berühmte Straßburger Fayence-Fabrik ins Leben gerufen . Ungeachtet mancherlei wirtschaftlicher und technischer Schwierigkeiten ist es Wachen feld auch in Durlach gelungen, die Produktion bald in Gang zu bringcn. Fabrikation und Warenverkauf erfreuten sidl anscheinend gerade ihres erstcn Auf- schwungs, als Wachen feld - kaum 32 Jahre alt - 1726 plötzlich starb. Obgleidl seine Frau Anna Maria, eine Tochter des Durlacher Hufschmieds Peter Geibel, das Geschäft unverzagt weiterführte, wollte sich der anfängliche Erfolg nicht wieder einstellen . Auch dann nicht, als sie 1728 den "Porzellaner" Johann Ludwig Wagner geheiratet hatte, wohl aud, in der Hoffnung, 31 dem Betrieb damit wieder zu einem sachverständigen Prinzipal zu verhelfen. Die Schulden- last der Manufaktur, die damals kaum mehr als zehn Arbeiter beschäftigt haben dürfte, wurde von Tag zu Tag drückender, während der Absatz immer mehr zurückging. Als 1733 der Polnische Erbfolgekrieg auch Durlach in Mitleidenschaft zog, scheint die Fabrik überhaupt stillgelegt worden zu sein. 1739 übernahm Joseph Vincent das Unternehmen, ver- strickte sich jedoch bald in immer größere Schulden und entfloh 1744 "bei Nacht und Nebel" kurzerhand wieder nach Frankreich. 1749 ersteigerte der Herrenalber Klosterwirt und Handelsmann Johann Adam Benckiser das verwaiste Fabrikgebäude und richtete darin mit seinem Schwager) dem Durlacher Posthalter Georg Adam Herzog, eine .. Cotton- und Fayencen-Fabriqucn CompagnieU ein. Dieser Neu- beginn hat nach jahrelang stagnierender Produktion zugleich jene Blütezeit der Manufaktur eingeleitet, die den eigentlichen Ruhm der Durlacher Fayencen begründete. Ein wesentlicher Anteil an diesem schwunghaften Auftrieb ist zweifellos Dominikus Cuny zuzuschreiben, dem neubestellten technischen Direktor des Unternehmens. Cuny oder "König aus Nancy in Lothringen gebürtig" - wie der erfahrene Fachmann in Durlach benannt wurde -, sammelte bald einen ständig wachsenden Stab geschickter Formdreher, tüchtiger Maler und erfahrener Brenner um sich. 1750 heiratete er Christina Frankin, eine Tochter des Durlacher Scharfrichters, übersiedelte aber einige Jahre später nach Hollitsch in Mähren, um die dortige Fayence-Manu- faktur zu übernehmen. In den ersten Jahrzehnten nach dem Neubeginn erreichte die Fabrik mit nahezu hundert Arbeitern ihren wirtschaftlichen und künstlerischen Höhepunkt. Durlacher Fayencen müssen schon damals weithin bekannt und beliebt gewesen sein . Schenken wir zeitgenössischen Berichten Glauben, so muß sich der rege Absatz zu jener Zeit nicht nur nach Schwaben, Bayern und Tirol erstreckt haben, sondern auch die Schweiz und Holland wurden beliefert. Abnehmer der Ware waren zunächst bürgerliche Kreise, ebenso der Adel und die markgräfliche Hofhaltung, wie uns aus mehreren Akten bekannt ist. In späterer Zeit fanden die Erzeugnisse der Manufaktur vor- wiegend unter den "kleinen Leuten" ihre Käufer, bei Handwerkern und bei der ländlichen Bevölkerung. Die Konkurrenz neuentstandener Unternehmen in den Nachbarländern, die bislang zum festen Durlacher Absatzgebiet gehörten, begann sich bald nachteilig auszuwirken. Es waren dies vor allem die 1771 errichtete Porzellanfabrik Baden-Baden und die im gleichen Jahr gegründete kurpfälzische Fayence-Manufaktur in Mosbach. Inzwischen hatten Christian Friedrich Benckiser und Georg Friedrich Gerhard Herzog, die Söhne der Gründer, die Leitung des Unternehmens übernommen. Nach wie vor waren in der Fabrik - wie es noch 1768 heißt - "Jahraus, Jahr- ein, gegen 60 Personen, worunter 20 Maler, 12 Dreher und Poussirer, 6 Brenner ete." tätig. Obgleich der Betrieb weiterhin florierte, machte sich gegen Ende des Jahrhunderts ein gewisser künstlerischer Rückgang bemerkbar. Die Geschichte der Manufaktur ist rasch zu Ende erzählt. 1806 war Johann Adam Benckiser, ein Enkel des Gründers, neuer Fabrikinhaber geworden. Unter dem allgemeinen Einfluß der neuen 33 gesellschaftlichen Verhältnisse und der zunehmenden Industrialisierung ging man jetzt auch in Durladl dazu über, zur H ebun g der Rentabilität anspruchslosere Massenware zu produzieren. So wurde 1813 mit der Fabrikation von Stein gut begonnen, jenem billigeren und widerstands- fähigen keramischen Produkt, das seit dem Ende des 18. Jahrhunderts von England aus Fayence und Porzellan mehr und mehr vom Markt verdrängte. Aber wie andernorts, ließ sich auch in Durl ach der weitere Verfall der Produktion nicht mehr aufhalten; die Tage der Manufaktur waren gezählt. H eißt es doch in ei nem Bericht des Durlacher Oberamts von 1831: "Kaum und mühselig erhält sich die Porcellain-Fab rik, die ein en Waaren Vorrath von 20 000 Gulden hat und nicht verkaufen kann. " Nachdem sie im gleichen J ahr noch- mals den Besi tzer gewechselt hatte, wurde die Manufaktur ein Jahrzehnt später von den Lahrer Kaufleuten Friedrich Lichtenberger und Friedrich Engler im Zeichen des fortsch reitenden lndu- striezeital ters in eine "Cichorien-Caffee und Kartoffel-Mehl-Fabrik" umgewandelt und ihre Brennöfen wurden für immer gelöscht. So fand schließlich auch die einz ige und erfolgreid1Ste von allen a lten Fabriken der ehemaligen Residen zstadt Durlach, die sich ins 19. Jahrhundert hinüberretten konnten, ihr Ende. Einige der brotlos gewordenen Arbeiter haben dann nod, etliche Jahre in dem benachbarten "Kutsd,er Schenkelschen Hause" Birnkrüge und an~eres Geschirr nach alter Manier in eigener Regie bemalt und gebrannt. Vom einstigen Fabrikgebäude, dessen Ansicht uns eine beschei dene Tuschzeichnung von 1795 überliefert, ist im Geviert der jetzigen Pfinz-, Hub- und Kleinbachstraße nur noch ein un an- sehn lid,er Rest stehengeblieben. * Im Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses - nur wenige hundert Meter von der einstigen Manu fa ktur entfernt - hat man zwischen den beiden Weltkriegen neben vielen anderen Kunstwerken, Dokumenten und Erinnerungsstücken zur Stadtgeschichte auch eine ansehnliche Sammlung von Durlacher Fayencen zusammengtragen; nach jahrelanger Magazinierung ist sie nun im gänzlich neugestalteten Pfinzgaumuseum der Offentlichkeit w ieder zugänglich. Mit ihren über 200 Einzelstücken bildet sie nicht nur ein e der wichtigsten Abteilungen des jetzigen Museums, sondern sie ist nach Art und Umfang di e zweitgrößte Sammlung neben den nodl wesentlich umfangreicheren Beständen im Bad isdlen Landesmuseum . Rund 50 Fayencen dieser Kollektion haben die 1975 im Karlsruher Schloß präsentierte A usstellung a ls wichtige Leih- gaben bereichert und sind im Ausstellungskatalog ausführlich beschrieben und abgebildet. Wenn- gleich in der Sammlung des Pfinzgau museums die Blütezeit der Manufaktur (1749-1800) mit einer Reihe seltener und interessanter Stücke vertreten ist, so übcrwie~en der Zahl nadl die Erzeugnisse der Spätzeit nad, 1800. Aus der Frühzeit der Durlacher Fabrik (1723-49) hingegen, deren Produktion bis vor wen igen Jahren noch gänzlich unbekannt war, haben sich überhaupt nur einige Beispiele im Sd,Ioß Favorite bei Rastatt erhal ten. Ihre kürzliche Entdeckung und Darbietung a ls Durladler Fabrikate wa r eine der ü berraschungen der Karlsruher A usstellung. Es handelt sid, dabei um 35 etliche T ell er, Platten, Schalen, Krüge und Wandleuchter, die mit ein em kräftigen Randborten- dekor in Blaumalerei ("Style rayonnant") geschmückt sind und außer dem Wappen von Baden- Durlach noch das Spiegelmonogramm des Mark grafen Karl Wilhelm zeigen. Wahrscheinlich haben w ir es dabei mit Resten eines Services zu tun, das die Manufaktur in den ersten Jahren ihres Bestehens als wohlgelungene Probe ihres Könnens für die markgräfliche H of tafel gelie- fert hat. Was in den wirtschaft lich und künstler isch ergiebigsten Jahrzehnten des Unternehmens nach 1750 erzeugt wurde, gehört zu den besten Leistungen Durlachs und bildet zugleich den Fundus, aus dem alle fo lgenden Maler- und Formergenerationen bis zur Schließung der Manufaktur immer wieder Anregungen geschöpft haben. Merkwürdigerweise scheint man beim Neubeginn 1749 zunächst auf Formen und D ekore der Frühzeit zu rückgegriffen zu haben. Jedenfa lls zeigen die um 1750 entstandenen Stücke in modifizierter Form jenen charakteristischen blauen Behang- dekor, der das vorhin erwähnte Service im Schloß Fa vo rite ziert. Dem gewandelten Zeit- geschmack entsprechend, sind die Formen der Teller, Platten und Terrinen jetzt aber vielfach geschweift und fassoniert, der zarte Randdekor ist in feines Blatt- und Bandelwerk aufge- lockert. Bald aber kam eine Fülle neuer Formen und Dekore hinzu. Allein im "Preis-Courant" von 1786 sind an die zweihundert der verschiedenartigsten Geschirrformen verzeichnet, die einzeln aufz uzählen hier zu weit führen wü rde. Begnügten sich d ie Maler zunächst mit Kobaltblau - der keramischen Kardinalfarbe schlecht- hin, die mit dem chinesischen Porzellan nach Europa gelangt war - so fand en alsbald weitere Malfa rben reichliche Verwendung: Gelb, G rün und Manganviolett, später dann noch Eisenrot. Mi tunter wurden die Dekore auch nur in einer Fa rbe gemalt, dem sogenannten "cn cama'ieu", und damit äußerst delikate Wirkungen erzielt. Verwendet wurden in den Durlacher Malerstuben aussch ließlich Scharffeuerfa rben. Daneben blieben viele Stücke auch unbemalt, um sie bi ll iger in den H andel bringen zu können; außer den obligaten weißglasierten Fayencen - die in mehre- ren Exemplaren im Pfinzgaumuseum vorhanden sind - haben sich auch einige Gesdli rre mit lindgrüner und kaffeebrauner G lasur erhalten. Der Modelaun e der Zeit entsprechend, fo lgten dem vorhin erwähnten Behangdekor die "india- nischen" Blumen, w ie man die stilisierende Blumenmalerei nach ostasiat ischen Vorbildern da- mals nan nte. Diese großflächig und flott gemalten Blumensträuße mit eigenartig aufbrechenden Blütendolden und "geknickten" G räsern finden sich auf zahlreichen Geschi rren . Zunächst nur in Blau gemalt, kamen dann bald noch Gelb und Grün dazu; in Verbindung mit der schwarzen Um- ri ßzeichnung erbrachten sie jenen harmonischen und wa rmen Farbd rei klang, der für diese Periode Durladls besonders charakteristisch ist. Wohl angeregt von anderen Manufak turen treten um 1760 auch in Durlach die ersten . deutschen" Blumen auf den P lan. Anfangs noch mit ostasiatischen Motiven gemischt und als bescheidene Nebenmotive verwendet, füllen die aus Nelken, großen Tulpen und Rosen locker gebildeten bunten Sträuße bald die Schauseiten der Gefäße und sind bis ans Ende der Produktion der bevor- zugte Dekor geblieben. Solch ein Rosenzweig in gestufter Blaumalerei schmückt auch eine um 1770 entstandene Kachel in der Sammlung des Pfi nzgaumuseums, der ein besonderer Seltenheits- 36 wert zukommt: Als einziges bisher bekanntes Exemplar dieser Gattung liefert uns dieses quadra- tische Pl ättchen den sichtbaren Beweis für die aktenkundige ü berlieferung, daß in der Durlacher Manufaktur auch Kachelöfen und Fliesen hergestellt wurden. Im Gefolge der Chinamode in der europäischen Kunst des 18. Jahrhunderts erscheinen um 1765 auch auf Durlacher Erzeugnissen figürliche Chinoiserien. Diese bezaubernden Darstellungen gehören nicht nur zum besten, was Durlach an malerischer Ausstattung geschaffen hat, sondern dürfen überhaupt zu den reizvoll sten Schöpfungen der gesamten deutschen Fayencemalerei ge- zählt werden. Inmitten exotisch anmutender Gärten oder bizarrer A rchitekturen, einzeln oder in Gruppen placiert und in phantasievol le Kostüme gekleidet, agieren di ese mu nteren Chin esen- fi gü rchen in verschiedenen Beschäftigungen und a llerl ei Vergnügungen. Meist von fli egenden Vögeln und überlebensgroßen Insekten umschwirrt, bevölkern diese europäisierten Miniatur- Ch inesen nun die Durlacher Platten, Teller, Tee- und Wärmegeschirre, Leuchter und Schreibzeuge. Zun ächst nur ein farbi g in Blau, Schwarz oder in modi schem Seladon grün gehalten, werden die C hinoiserien später auch mehrfarb ig gemalt. Wie der Verfasser kürzlich an anderer Stelle nach- weisen konnte, dienten den Durlacher Malern für ihre Chinoiserien vornehmlich Stiche von El ias Baeck a ls graphische Vorlagen, die ein Augsburger Verlag bereits um 1724 herausgegeben hatte. Reizvollen Exemplaren dieser Durlacher Ch inesendekore begegnet der Besucher des Pfi nzgau- museums außer auf einigen Kaffee- und Milchkännchen vor allem in dem großen Tablett mi t durchbrochenem Rocaille-Rand, auf dem ein Angler inmitten einer üppigen Flußlandschaft w ieder- gegeben ist. Auch das Zeitalter der Romantik hat auf Durlacher Erzeugnissen seinen Niederschlag gefunden, als man um 1780 dazu überging, die Gesch irre mit zum Tei l miniaturartig kleinen "romanti- schen" See- und Ruinen landschaften zu schmücken, wobei jetzt als neueingeführte Farbe ein leuch- tendes Eisenrot vorherrscht. Ein mehrtei liges Service, bestehend aus einem rechteck igen Tablett, mehreren Kannen und Tassen, das 1963 von der Stadtverwaltung für das Pfinzgaumuseum er- worben werden konnte, sei hier a ls besonders geglücktes Beispiel dieser in li ebevoller Klein arbeit gema lten Landschaftsdekore hervorgehoben. Diese Landschaftsmalerei ist bekanntlich in Mosbach so getreulich nachgeahmt worden, daß die Erzeugnisse der bei den Ma nufak turen oft kaum zu unterscheiden si nd, wenn sie nicht - w ie dies bei Mosbacher Fayencen häufig der Fa ll ist - mit einer Marke versehen sin d. Durlach hingegen hat niemals ein Fab rikzeichen geführt. (Nur das sei t 1813 fabrizie rte Steingut mu ßte auf amtliche Ano rdnung ab 1818 den mit Blindstempel eingepreßten H erstellungsort "Durlach" aufweisen.) Aktenstücke wurden gelegentlich mit einem Petschaft gesiegelt, dessen Buchstaben FFD (Fayence Fabrik Durlach) auch auf ei ner sei denen Jubiläumsfah ne von 1828 wiederkehren, die jetzt im Pfinzgaumuseum verwahrt wird. Ledi glich ein er größeren Zahl von Malermarken begegnen wi r auf zahlreichen Durlacher Stücken; gelegentlich haben einige der etwa fünfzig in den Fabrik- akten aufgeführten Maler ihre A rbeiten auch mit vo llem Namen signiert. Es gibt indessen ein E rzeugnis der Manufaktur, das nachhaltiger als jede Marke ihren Namen 37 weithin so vertraut gemacht hat, daß es heute gewissermaßen als das eigentliche Wahrzeichen .. der Fabrik angesehen w ird. Es sind jene schmucken Birnkrüge, die vorwiegend zu Gesmenk- zwecken auf Bestellun g in verschiedenen G rößen einzeln angeferti gt wurden. Neben figürlichen Szenen un d Zu nftem blemen - die meist von ei ner Rocaille-Kartusche und Blumenzweigen um- rahmt sind -, überliefern sie uns in ihren Aufsch riften oftmals auch den Namen, Beruf und Wohnort des Auftraggebers sow ie das H erstellu ngsjahr. Da sie nachweislich von 1754 bis zum endgült igen Verlösd,en der Brennöfen - also fast ein J ahrhundert hindurch - prod uziert wurden, hat ihre weite Verbreitun g freilich andererseits die übri gen Du rl acher Erzeugnisse etwas überschattet. Zugleich läßt sid, an diesen buntbemalten und meist recht volkstümlichen Birnkrügen - gleichsam wie in ein er Musterkoll ektion - di e gesamte künstlerische Entwicklung der Manu- faktur ablesen, wie dies beisp ielsweise auch an den fund fü nfzig Birnkrügen des Pnnzgaumuseums möglich ist, deren ältester 1757 entstanden und deren spätester 1843 datiert ist. Verwendu ng fa nden sie vorwiegend als Schenkkrü ge, mit welchen der H austrunk aus dem Keller geho lt und bei Tisdl kreden zt wurde. H andelt es sich aud, nicht um Werke "hoher Kunst", so si nd diese schlichten , in der Spätzeit zuweilen mit unbeholfenem Pinsel bemalten Wein krüge vor a llem für di e Familienforschung und H eimatgeschichte, fü r die Kostüm- und Volkskunde ei ne wahre Fundgrube. Diese nach Hund erten zählenden und in vielen Sammlungen verwah rten Birn- krüge bilden mit ihren mannigfalt igen Darstellungen einen bunten Bilderreigen, gleichsam einen ein zigarti gen Kultur- un d Zei tsp iegel vom täglichen Leben in Stadt und Land, der uns von der hei teren Welt des graziösen Rokoko über die Drangs"ale und Kriegsnöte der napoleon ischen Ara bis an die Schwe lle unseres Industri ezeitalters führt. Als weitere Du rl acher Spez iali tät seien hier noch jene reizvollen Anbietplatten in Kleeblattform genannt, di e sonst keine deutsche Manufaktur auf den Markt gebracht hat. Besonderer Beliebheit dürften sidl auch di e zierlichen Schreibzeuge erfreut haben, die in Nieren- und Herzform aus- geformt, oder aud, geschweiften Rokoko-Kommoden en mi ni ature nachgebildet und origi nalge- treu bemalt wurden. Ein namentlich in D urlach gepflegtes Formstück wa ren auch jene kegel- stumpfförmi gen Warmhaltegefäße mit abnehmbarem Napf, sogenan nte Rechauds, die zugleich als Nachtl icht gerne Verwendung gefu nden haben. Al s bescheidene Besonderheit seien noch die kleinen runden Schälchen erwähnt, die aufs Spinnrad aufgestülpt werden konnten und zum Benetzen der Finger dienten. Figü rl iche Plastik hingegen, wie sie bei anderen Manufakturen zu finden ist, wurde in Durlach so gut wie überhaupt nicht hergestellt. Belege fü r beschei dene Versuche auf diesem Gebiet liefern uns unter anderem einige Gipsformen für kleine Fa yencetiere sowie ein liegendes Löwenfigü rchen aus Du rladler Stein gut, die zu den Raritäten der Sammlung des Pfinzgaumuseums zählen, jedoch eher als interessant denn als künstlerisch bedeutsam bezeichnet werden können. Alles in allem spricht es für die Gediegenheit der in Durlach entwickelten Formtypen und für ih re Beliebtheit bei den Käufern, daß so ma nd,es Modell der Blütezeit in nur geringfügiger Abwandlung selbst noch in der Spätperiode der Manufaktur ausgefo rmt wurde. Das wichtigste Schmuckelement in der Produktion nach 1800 bi lden neben figürlichen Darstellun- gen die verschiedensten Blumenmoti ve, die jetzt frei lich !lidlt mehr die künstlerische Feinheit der 38 39 Blütezeit aufweisen, sondern meist summarisch mit flüchtigem Pinsel hingesetzt sind . An die Stelle der lockeren Rokokosträuße treten in zunehmendem Maße nun didltgeflodltene G irlanden und Kränzchen, bei welchen vor allem zu r Zeit des Biedermeier das modische Vergißmeinnicht und das Stiefmütterchen die Hauptrolle übernehmen. Auf vielen Geschirren, vor allem auf Platten und Tellern, nehmen außer den verschiedenen Blumendekoren jetzt kurze und längere Inschrif- tcn,Widmungen und Sprüche den beherrschenden Platz ein. Obgleich sie niemals über den Rang sogenan nter Gelegenheitsdichtung hinausgeh en, spricht aus diesen meist unbeholfenen, zuwcilcn aber humorvoll gewürzten Versen stets der nai ve Ton urwüchsigen Volksempfindens. Sie künden von den Freuden und Leiden eines bestimmten Berufsstandes, preisen die Liebe, Treue und Freundschaft und huldigen emphatisch - wie könnte es im Weinland Baden anders sein - dem edlen Rebensaft. Proben dieser schlichten "Dichtkunst" findet der lesefreudige Bctradlter auch auf zahlreichen Stücken im Pfinzgaumuseum. Kommen wir abschließend noch auf eine besondere Gruppe d1arakteristisd1er Formstücke und Dekore zu sprechen, die in Durlach von etwa 1825 bis ans Ende der Produktion gebräud1 1ich waren. In auffälliger Weise gleichen diese Stücke bis ins unscheinbarste Detail hinein manchen Erzeugnissen einiger Schweizer Manufaktllren, namentl ich jenen der Zürcher Fabrik im Schooren und der in Matzendorf im Kanton Solothurn. Schon seit einiger Zeit beschäftigt die Keramik- fo rschung dieses Problem, ohne daß es bisher gelungen ist, eine schlüssige Begründung für diese merkwürdige Duplizität zu finden . Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum, in der erstmals ges icherte Schweizer mit DurIacher Fabrikaten direkt konfronti ert wurden, konnte zur weiteren Klärung dieser umstrittenen Frage wesentl iche Argumente beisteuern . Dabei hat sich unter ande- rem herausgestellt, daß so manches bislang Durlach zugesch riebene Stück jetzt eindeutig als Schweizer Erzeugnis anerkannt werden muß; neben etlichen Terrinen, Kannen, Tassen und Tellern, die als vermeintliche Durlacher Fabrikate ins Pfinzgaumuseum gelangt si nd , triffi dies beispielsweise auch für das hübsche Barbierbecken von Johannes Brunner zu, das erst 1849 - a lso fast ein J ahrzehnt nach Stillegung der Durlacher Manufaktur - entstanden ist. Walther Franzius Zur Technik der Fayenceherstellung Für die Fayenceproduktion bedient man sich ei nes gut bildsamen und möglichst kalkhaltigen Tones. Die Vasen, Kannen und sonstigen Ge fäße werden vorwiegend auf der Töpferscheibe gedreht. Beim Abschneiden des Gegenstandes von der Scheibe mit Hilfe einer Drahtschlinge ent- stehen auf dem Boden bogenförmige Parallel rillen. Sie sind für die Böden von Durlacher Birn- krügen cha rakteristisch und verschwinden erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, als man zur Glättung der Böden übergeht. Die von der Scheibe abgenommenen Objekte läßt man zunächst an der Luft etwa lederhart trock- nen . D an n werden die meist in besonderen Formen hergestellten Henkel und Ausgußtüllen "an- garn iert". Mi t Tonbrei werden sie an genau festgelegten Stell en auf die Gefäße gek lebt. Da der trockene Ton von Henkel bzw. Ausgußtülle und Gefäß der Kittmasse die Feuchtigkeit entzieht, entsteht eine feste Verbindung. Darauf kommen die Stücke in den Ofen zum sogenannten "Schrühbrand" mit Temperaturen von etwa 8000 Celsi us. Durch die Hitze wird ihnen weitere Feuchtigkeit entzogen und damit eine größere Festigkeit verliehen. In einem neuen Arbeitsgang werden sie glasiert, d. h. mit einer besonderen Schicht überzogen. Grundbestandteil der Glasur ist Quarzsand, dem vor allem Zinnoxyd zugefügt wird. Das Gemenge wi rd fein gemahlen und mit Wasser zu ein em verhältnismäßig dünnflüssigen Brei angerührt. In diesen weißgrauen Glasur- brei werden die gesch rühten Stücke nur kurz eingetaucht. Die Glasurmasse sch lägt sich als mehli- ger überzug auf der Oberfläche des Gefä ßes nieder, weil der poröse Ton die in ihr enthaltene Feuchtigkeit rasch aufsaugt. Ein zweiter Brand bei etwa 10000 Celsius bringt den überzug zum Schmelzen, so daß er mit dem Scherben ei ne feste Verbindung eingeht. Die gebrannte Glasur ist wasserundurchlässig und hat eine glasartige Konsistenz. Ihr porzellanähnl iches Weiß ist für die Durlacher Fayencen besonders charakteristisch. Neben der "Weißware" wurde auch ein- oder mehrfarbig bemalte Fayence hergestellt. Für die Dekoration bediente man sich in Durlach ausschließlich der sogenannten Scharffeuerfarben. D iese werden in vorwiegend grauer Lösung auf die noch ungebrannte Glasur aufgetragen. Erst im "scharfen Feuer", a lso im Glasurbrand bei etwa 1 0000 Celsius, erha lten sie die Leuchtkraft ihrer Farben. Sie sink en in die schmelzende Glasur ein und ergeben besonders zarte, manchmal leicht verschwommene Umrißlinien. N ur weni ge der aus Metalloxyden bestehenden Farben halten die hohC' Temperatur des Glasu rbrandes aus, ohne zu verbrennen : Blau, Gelb, Grün , Manganviolett und Schwarz. Erst um 1780 kam in Durlach auch das Eisenrot a ls Scharffeuerfarbe auf. Man verzichtete bewußt au f die reichere Farbskala der sogenannten "Muffelfarben" , die bei geringerer Temperatur in einem dritten Brand auf die bereits fertige Glasur aufgeschmolzen 40 41 werden . Mit den Scharffeuerfarben hatte man einen unempfindlichen, homogen mit der Glasur verschmolzenen Dekor. Die nur auf der Oberfläche der Glasur haftenden Mulfelfarben dagegen waren viel eher Beschädigungen ausgesetzt. N ur das Scharffeuer-Schwarz, das man in Durlach gewöhnlich in ausgezeichneter Qualität herstellte, ist gelegentl ich ausgebrochen und hat dann ei ne spürbare Vertiefung in der Glasur hinterlassen . Der Scherben - so nennt man die gebrannte Tonmasse - ist bei den Du rlacher Erzeugnissen meist geblich, doch kommt er bisweilen auch in rötlicher Tönung vor. Das wegen seiner Porzellan- ähnlichkei t bekannte glänzende Weiß der Glasur ist sahniger und nicht so kalt wie bei der Por- zell anglasur. Außerdem hat die Du rlacher G lasur, besonders an dünn aufgetragenen Stell en, häufig einen rötl ichen Schimmer. Ludwin Langenfeld Die Straßburg-Durlacher Bibel von 1529-30 und ihre Drucker Wolf Köpfl und Veltin Kobian Ober das im fo lgenden kurz "Durlacher Bibel" genannte Druckerzeugnis von 1529/30 ist in der Populärlitcratur soviel Ungereimtes zusammengeschrieben worden, daß wir uns hier eingehen- der damit beschäftigen wo ll en. Dieser Bibeldruck und sein Durlacher Buchdrucker haben den Namen Durlachs seit jetzt 445 Jahren anfangs in die religiöse, dann in die wissenschaftlich inter- essierte Welt hinausgetragen. Johann Daniel Schöpflin, übrigens Schüler des markgräflichen Gymnasi ums zu Durladl, hat in seiner "Historia Zaringo Badensis" 1764 den Vermerk: "A. 1529 & 30. D urlac i imp rcssa est Gcrma ni ca versio parti s Bib liorum Lutheri 1, " D er mark gräflieh Baden-Durlachische wirkliche Kirchenrat und Rektor des Gymnasi ums JIlustre, Johann Christian Sachs, berichtet 1769 in seiner Geschichte der Markgrafschaft Baden " daß "im Jahr 1529 und 30 ein Teil der Heiligen Schrift, wie sie von DoktOr Luthcrn in die deutsche Sprache übersetzt worden, gedruckt wurde". Julius Lampadius (d. i. Julius Leichtlen) berichtet 181 1 in seinem Büchlein "Bei- träge zur Vaterlandsgeschichte", daß der Markgraf (er gibt irrtümlich M. Ernst statt M. Phi lipp an) die Bibel 1529/30 Zl1 Durladl drucken ließ. Siegmund Friedrich Gehres berichtet in seiner Kleinen Chronik von Durladl 1824 ebenfa lls, daß 1529/30 ein Teil der Bibel, wie sie von Doktor Luther ehemals ins Deutsche übersetzt ward, in der "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei" in Durlach im Druck erschien '. Schließlich berichtet auch Kar! Gustav Fecht in sei ner Geschichte der Stadt Dur!ach 1869 über den Dur!acher Bibeldruck und fügt kursorisch hinzu: "Anfang und Schluß erschienen aber in Straßburg, auch ist nicht Alles nach Luther's Obersetzung, weldlc erst einige Jahre später fertig wurde '." Mit Fechts Feststellu ng sind di e bei den widltigsten Themenkreise angeschlagen, die wir nachfolgend präzisieren wollen. Die »Durlacher Bibel" eine sog. »kombinierte" Bibel Luthers gesamte Bibelübersetzung wurde erst 1534 abgeschlossen, die erste Wittenberger Voll bibel ersdlien im September 1534. Seither beherrschte Wittenberg im ganzen weiteren 16. Jahrhundert hinsichtlidl des Druckes von Voll-Bibeln das Feld. Aber schon vorher wu rde Luthers Bibel-über- setzu ng durch den Nad1druck der schon fertiggestellten Teil e weit verbreitet. Hi er standen seit 1523 in Norddeutschland Erfurt, in Süddeutschland Augsburg, Straßburg und Nürnberg und bis 1527 aud, Basel im Vordergrund. Man stellte dabei seit 1529 sogenannte kombinierte Voll-Bibeln in der Weise her, daß man die von anderer Hand bereits übersetzten Propheten (der Züricher "Prädikanten" oder der Wormser Wiedertäufer Hetzer und Denck) und die Apokryphen (des Zü rid,er Theologen Leo Jud) dem Luthertext hinzufügte. So erschienen 1527/ 29 und 1530 in Zü rich bei C hristoph F roschauer 2 kombinierte Bibeln, 1529 die sogenan nte "Wiedertäuferbibel " bei Peter Schöffer in Worms, ei ne 1534 in Frankfurt bei Ch ristian Egenolph , ei ne 1534 in Augs- 42 bu rg bei H einrich Stay ner und eben unsere Straßburg-Duriacher Bibel bei Wolf Köpfl und Veltin Kobian 1529/30 (Nachdruck bei Wolf Köpfl, Straßburg 1530/32). Sie benutzt neben der Luther- übersetzun g für die Apokryphen Juds übersetzun g, fü r die Propheten (außer den bereits von Luther übersetzten Jesaja, Jona, H abakuk und Sacharia) Hetzer-Dencks Wormser Prophetenver- deutschung ' . Die "Durlacher Bibel" teils in Straßburg, teils in Durlach gedruckt Das zweite Kennzeichen des uns beschäftigenden Bibcldrucks ist, daß er zum Teil in Durlach, zum Teil in Straßburg gedruckt ist. Dabei ist von vorn herein festzuhalten, daß die Arbeitsteil ung zwi- schen Straßburg und Durlach nicht identisch is t mit der eben geschilderten Auftei lung zwisd,en Texten Luthers und Texten anderer übersetzer. Wir wissen nicht) wie diese Arbeitsauftcilung zustande kam. In Durlach wurden ged ruckt: der Dritte Teil des Alten Testamentes, di e "Lehr- bücher": Das Buch Hiob, Der Psal ter, Die Sprüche Salomos, Der Prediger Salomo, Das H ohelied Salomos, ferner sämtliche Propheten. Der in Durlach gedruckte Teil nimmt a lso, wie Fecht richtig bemerkt, den Mittelteil der Bibel ein. Auf dem Titelb latt zum "Dritten Teil des Alten Testamen- tes " ist Durlach angegeben (1529) und - wie wir noch zeigen werden - das Kennzeidlen , um nicht zu sagen di e Druckermarke Veltin Kobians angebracht. Die links davon befindlid,e Seite (Schluß des "anderen", Zweiten Teils des Alten Testamentes) schli eßt mit der markanten Drucker- marke Wolf Köpfls Zl1 Straßburg ab (Abb. I ). Das Titelblatt der Propheten, ein großartiger Renaissanceentwurf, trägt zwa r den Vermerk: "Straßbu rg bey Wolff Köpfl " (1530) (Abb. Ir), aber am Ende der Propheten steht - wie übrigens auch am Ende des Dritten Teils des Alten Testamentes (vgl. Abb. III, linke Seite) der Vermerk: "Gedruckt zu Durladl durch Vel tin Kobian / auß verlegung Wolff Köpffels / burgcrs zu Straßburg I" (Abb. IV). Das Renaissance- titelblatt zu den Propheten ist also unzweifelhaft in Straßburg ged ruckt, wohl weil Vel tin Kobian ei nen so aufwend igen und teuren Druckstock in Durlach nicht zur Verfügu ng ha tte. (Übri gens soll nach einer Mitteilung Engelbert Strobels' der Stuttga rter Wasserzeichenforsdler Gerhart Piccard festgestellt haben, daß auch der in Durlach herausgebrachte Teil der Bibel auf Straßburger Papier gedruckt ist.) Und Veltin Kobian in Durlach hat "auß verl egung Wolff Köpffcls, burgers zu Straßburg" gedruckt, d. h. im Auftrag Wolff Köpffels. Damit kommen wi r zu der Frage nach den bei den Druckern und ihrem gegenseiti gen Arbeits verhältnis. Die Drucker Wo lf Köp{l in Straßburg und Veltin Kobian in Hagenau' Als Luther sich 1519 öffentlich vom Papsttum lossagte, stellte er die Geister sei ner Zeit vor die offene Entscheidung. Das Elsaß, insbesondere Straßburg, empfing die Reformation mit offenen Armen. Seit 1519 wurden die Schriften Luthers in Straßburg gedruckt. Durdl den Reformator Martin Butzer erhiel t die Reform einen spezifisch straßburgischen Charakter. 1524 hatte sie schon die Mehrheit der Bevölkerung erfaßt. Zum großen Teil ist dies dem Einfl uß der Buchdrucker zuzusdlrei ben. Neben den D ruckereien von Crato, Myl ius und Wendel in Rihel gehörte Wolf Köpfl (in der "Durlacher Bibel" stehen die beid en Schreibweisen Wollff Köpffl und Wolff Köphl 43 nebeneinander; auch nannte er sich Wolfius Cephalus; in der Sekundärliteratur heißt er Wolfgang - Köpfel) zu den drei großen Druckern in Straßburg zur Reformationszeit. Wolf Köpfl wa r der Neffe des berühmten Reformators Wolfgang Capiton (einer latinisierten Form des Familien- namens Köpfel ). O hne Zweifel ha t nicht nur der Ei nfluß, sondern auch die finan ziell e Unter- stützung seines Onkels Wolf Köpfl zur Verbreitung der reformatorischen Schriften angeregt. Sie stell en mehr als die H älfte seiner Produktion dar. Er druckt die Schriften Luthers (35 Ofo seiner Druckerproduktion), die Capitons und der anderen straßburgischen Reformatoren Matthias Zell und Martin Butzer. Se in erster Mitarbeiter ist Petcr Braubach (aus Braubach am Rhein), der in der Folgezei t dann eine Druckerei in H agenau gründete (wo 1532 auch Veltin Kobian auftaucht!). 1522 ersdleint das erste Druckwerk KöpfIs, ein Brief Luthers an Hartrnut von Kronberg. Der Druckvermerk weiSt aus: "gedruckt zum Steinbruck". Steinbruck, auch Roßmarktbruck, gelegen am Roßmarkt, heute Place Broglie, wa r wahrscheinlich die Steinbrücke, die über den Graben der Lohgerber fü hrte, wenn man von der Domstraße kam, denn die anderen vier Brücken in der Nähe wa ren aus Holz. Köpfl kümmerte sich nicht um das Edikt von Worms von 152 1, das verbot, häretische Schriften zu d rucken . Der Bischof selbSt intervenierte beim MagiStrat gegen KöpfIs Geschäftigkeit. 1524 erließ der MagiStrat bindende Vorschriften für die Buchdrucker: sie mußten ihre Werke vorh er der Zensur vorlegen, mußten ihren Namen auf ihre Publikationen drucken und durften nichts anonym drucken. Im a llgemeinen wurden die Vorschriften beachtet, um 1525 trugen 80 % a ller in Straßburg veröffentlichten Werke den Druckernamen. Trotzdem veröffent- lichte Köpfl 1526 anonym ein Colloquium, das der. Reformato r Oeco lampade (H ausschein), Mittler zw ischen Luther und Zwingli , gegen sei ne katholi schen Gegner gehal ten hatte. Köpfl wu rde ins Gefängnis gesteckt, aber als sei ne Frau ein Kind erwartete, wu rde er kurze Zeit später gegen ein e Buße von 5 Florins wieder f re igelassen. Köpfl wa r stolz darauf, seinen Namen auf die Titelblätter seiner Bücher zu seezen, stolz darauf, durrn sein Engagement die neuen Ideen zu pro- klamieren. Er druckte aus reformatorischer überzeugung, erst in zweiter Linie als Kaufmann. 1524 veröffentlicht er die erste Ausgabe einer deutschen Messe, im seI ben Jahr wurde die erste Messe in DeutSch in der Kapelle St. Johannes der Kathedra le gehalten. Köpfl hat außerdem lateinische und besonders griechische Werke ged ruckt, auch eine griechische Bibel 1526, er selbst konnte Griechisch. Um sein e dreibändige Bibelausgabe von Luther, 1524125, zu ill ust rieren, wandte er sich an den großen Illustrator Joha nn Weiditz (den Alteren). Von ihm bezog Köpfl auch ornamentale Umrahmungen ("encadrementS"), die in der Mitte Platz für den Titel frei- ließen und nicht weni ger a ls 15 verschiedene Druckermarken. Im Neuen Testament a llerdings begnügte sich Weiditz damit, die Apokalypse mit Kopien nach H olbein (1523) zu schmücken ' . Auch Hans Baldu ng Grien (1476-1545) hat für Wolf Köpfl gearbeitet. Köpfl hatte neben der Druckerei auch eine der blühendsten Papiermühlen in Deutschland. 154 7 verhei ratete sich Köpfl zum zweiten Mal mit Margrethe Einhart, Witwe von Ulrich Würtemberger, Pastor von Schiltig- heim. Köpfl starb 1554. Aus der ersten Ehe hatte er zwei Söhne: Paul und Philipp, die erst das väterl iche U nternehmen fo rtführten, dann, 15 57, nach Worms übersiedelten, wo sie bis 1563 druckten. Das Bürgerbuch erwähnt eine Tochter Köpfls, die sich 1551 mit Danicl Günter aus Worms verheiratete. 44 Die Druckerzeichen Köpfls sind fast ausschließlich charakterisiert durd1 einen Eckstein, der in den verschiedensten Variationen auftaucht. Nur einige Marken reduzieren sidt auf Engel- oder Tierköpfe, in Schilder oder in Bordüren plaziert und machen Anspielungen auf den Namen des Druckers. Das Sinnbild des Ecksteins ist aus der Heiligen Schrift genommen: "Christus ist der Eckstein / Und ein Schildt der Wahrheit / Wer auff disen steyn feilt der wirt zurschellen" heißt cs auf der wohl schönsten Druckermarke (1525), die Köpfl verwandt hat (Abb. V). Dieser Eckstein wird tei ls durch Engel gehalten, teils von zwei Schlangen umschlungen (wie in dcr "Durlacher Bibel"), die, umgeben von einer Strahlenkrone, eine Taube übersteigt (vg l. Abb. I). Von diesem Eckstein-Schlangen-Signet gibt es noch eine einfachere Variante (in der "Durlacher Bibel " als Abschluß des 1. Teils des Alten Testaments). Wir zeigen sie in Abb. VI (allerdings mit dem in der DB nicht ausgedruckten Namenshinweis Ce-phal = Cephalus) '. Nach Straßburg nimmt Hagenau den zweiten Platz in der Geschichte des elsässischen Buchdrucks cin ". Gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts rivalisieren zwei große Drucker in Hagenau, Heinrich Gran und Thomas Anshelm, mit Straßburg. Von 1523 bis 1532 führt Johann Setzer, dann, bis 1536, dessen Schwiegersohn Peter Braubach. Von 1532 bis 1542 machte Veltin (Valentin) Kobian ihm Konkurrenz, der -:- wie Köpfl in Straßburg - der eifrigstc Propagan- dist der Reformation in Hagenau war. Er druckte vorwiegend Wiedertäufer-Sd1rifttum . Kobian stammte, nach Angabe Ritters 11, aus Durlach. Bevor er eine eigene Druckerei hatte, arbeitete er während mehrerer Jahre (mindestens seit 1520) in Hagenau als Druckereigeselle. Hier heißt er 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" oder" Veltin Kobie buchtrucker" . Zwischen 1525 und 1530 ist man ohne Nachrichten von ihm. 1529/ 30 lindet man ihn als selbständigen Drucker zu Durlach. Aber schon 1530 siedelt er nach Ettlingen über, wo er, unter dem Impressum "Ettelingae apud Va- lentinum Kobian" fünf Drucke erscheinen läßt. Warum Kobian von Durlach nach Ettlingen über- siedelte, ist unbekannt, man nimmt an, daß ihn die um die Mitte des 15. Jahrhunderts dort errich- tete erste Papiermühle Badens dazu verlockte ". Im September 1532 gründete er seine Druckerei in Hagenau, in der er, anschließend an seine Durlacher und Ettlinger Publikationstendenz, drei weitere medizinische Werke veröffentlichte. Der Erfolg dieser medizinischen Abhandlungen beim Publikum scheint nicht sehr groß gewesen zu sein. Kobian verzichtet auf dieses Genre und ver- öffentlicht ab 1534 vorzüglich religiöse Werke der sektiererischen Wiedertäufer-Richtung (Mel- chior Hofmann, Johann Eisenburg, Kaspar Beck, Michel Wächter). Der Hagenauer Magistrat überwachte - wie in Straßburg - seine Produktion (etwa 30 Werke), indessen scheinen die Stadtväter der katholischen Stadt doch ziemlich tolerant gewesen zu sein, weil sie 1536 eine Verdeutschung einer Kampfschrift gegen den kirchlichen Zölibat des Venezianers Franziskus Barbarus durchgehen ließen. 1537 wird er a ls "Feltin in der Rosengasse" genannt. Am 16. August 1543 (nach Ritter, a. a. 0., Anm. 7) oder nach einer anderen Quelle am 17. August 1542 (nach Heitz-Barack, a. a. 0., Anm. 9) stirbt Kobian im Hospital, dem er die bescheidene Summe von 10 Batzen hinterläßt. Wennig vor 1550 verschwindet die Kobian-Druckerei in Hagenau. Ober die Hagenauer Druckermarken Kobians besteht offensichtlich Ungewißheit. Er besaß wohl 45 in Hagenau keine eigene Druckermarke, sondern nur ornamentale Titeleinfassungen. Das schöne - Signet mit dem sein Gefieder spreizenden Pfau, der einen Fuß auf e inen H ahn, den anderen auf einen Löwen setz t, wobei der Pfau, dem österreichisd1en Wappen entlehnt, a ls Anspielung auf die kaiserliche Stadt H agenau zu gelten hätte, schreibt Hanauer dem persönlichen Wappen Jerome Gebweilers zu, des Direktors der Lateinschule in Hagenau, der bei verschiedenen Druckern drucken ließ ". Auch die Druckermarke Kobians mit zwei Schilden, deren eines die Rose von H agenau, das andere ein Hufeisen mit zwei Sternen und einem Kreuz zeigt 14, ordnet Hanauer dem Hagenauer Hufsd1mied und Verleger Hans Griesbach zu. Tatsächlich tri tt in den übrigen H agcnaucr Druckermarken kein Hufeisen au f, nur die der Stadt zugeord nete Rose. Die srnriA:- künstl erische Qualität eines Hagenauer Kobian-Druckes von 1536 möge unsere Abb. VII zeigen. Die Druckertätigkeit Veltin Kobians in Dur/ach 1529130 Vel tin Kobian hat in den woh l knapp zwei Jahren sei ner Durlacher Tätigkeit außer sei nem Bibeldruek "auß verlegung Wolff Köpffls, burge rs zu Straßburg", noch drei kleinere Schriften gedruckt. Bleiben wi r zu nächst bei der uns zen tral interessierenden Bibel: Wir w issen nicht, w ie di e Geschäftsverbindung mit Köpfl in Straßburg zustande kam, können nur vermuten, daß die Sdla ltstation dieser Verbindung Hagenau war. Weder das städtische noch das staatliche Archiv in Straßburg besitzen Unterlagen, die sich auf die Verbindung Köpfl - Kobian beziehen ". Selt- samerweise erwähnen auch weder Ri tter noch Hanauer (vgl. Anm. 7) das gemeinsame Bibel- U nternehmen zwischen Köpfl und Kobian . Auch feh ren uns verbindliche Fakten darüber, wie Velti n Kobian aus Hagenau nach Durlach kam, wenn man hier nicht seine von Ritter 16 behaup- tete Durlacher H erkunft a ls ausschlaggebend werten wi ll. 17 Jahre vor Kobians Durlacher Bibel- druck hatte a ll erdings Du rlach (auch Turrclaci, Thurrelacum) bereits eine kl eine Druckerei zu verzeich nen, der man bisher drei Drucke zuschreiben konnte 17. Als Drucker bezeichnet sich der Durlacher Pfarrer N ikol aus Keibs, Mitglied des Johanniterordens. Er stand offenbar in näheren Beziehungen zu dem bekannten Künstler Hans Schäuffelin, da drei H olzschnitte desselben a ls Einblattdrucke den Keibschen Druckvermerk tragen . Keibs bedeutendster Druck wa r di e "Passio C hristi" von Ulrich Vannius, 1512, dessen Titelblatt wir zeigen (Abb. VIII) . Vermutlich kam Veltin Kobian nach Durlach (oder nach Durlach zurück), weil die damals schon sich in Durlach bei Hof und Bevölkerung zeigenden lutherischen Neigungen sein em Bibelunternehmen günstiß waren . Zwar wurde die Reformation in Durlach, wie überhaupt in der ganzen Markgrafschaft Baden-D urlad1 erst 1556 durch Markgraf Kar! II. (eben unseren "Karl mit der Tasche", Regie- rungszeit 1553 - 1577) offi zie ll eingeführt. Der Rcformationsbefehl gin g am 1. Juni 1556 ins Land hinaus >s. Aber schon der Vo rgänger Karls 11. , Markgraf Ernst (Regierungszeit 1527 bis 1553), nahm zwar keine offizielle Reformation in seinen Landen vor, bekannte sich auch nicht öffentlich zur "Augsburgischen Konfession" (1530), der maßgeblichen Bekenntnisschrift der luthe- rischen Kird1e, arbeitete aber auf den Reichstagen an der Vereinigung der Gemüter, nahm sich der Evangelisd1en zu Kenzingen und Waldshut an und hi elt sich selbst einen evangelischen H ofpredi- ger. D ie Durlacher Bibel war noch unter Markgraf Philipp (t 1533) gedruckt worden und Vier- ordt behauptet, wohl in Anlehnung an Leichtlen (vgl. Anm. 3), der Markgraf selbst habe Auftrag 46 gegeben, sie zu drucken ". Adolf Wolfhard drückt den Sad1Verhalt so aus: "Die Markgrafen hatten cvangelisd1c Neigungen, wollten es aber doch mit dem Kaiser nicht verderben ." Wolf- hard weist auch auf die Tatsache hi n, daß der aus Du rl ach stammende Jakob Si mmler Luthers ständiger Begleiter während dessen H ei delberger Aufenthalts im Frühjahr 1518, a lso ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, war . "Er dürfte also der erste Durlacher gewesen sein, der mit Luther in persönl iche, freundsrnafHiche Beziehungen trat :!O ." Vor dem Hintergrund dieser günstigen geistesgesch ichtlichen Posi tionen muß man Veltin Kobians Durlacher Bibeldruck-Unternehmen sehen, von dem man annehmen kan n, daß es woh lwollende Förderung durch den Markgrafen Phil ipp erfuhr. überhaupt waren ja die Markgrafen in religiö- sen Fragen stark engagiert, w ie auch das sogenannte "Stafforter Buch" beweist, das der Nach- folge r Karls 11. , Markgraf Ernst Friedrich (Reg ierungszei t 1577 - 1604), der sich seit 1599 öffentl id, zu r Leh re Ca lvi ns bekannte, auf Anraten sei ner Berater Georg Hanfeid, Johann Pisto- ri us und Joha nn von Münster im Jah re 1599 in dem Fürstlid1en Schlosse zu Staffort drucken ließ. Dieses Bud1 ist ei ne Abhandlung über die Grü nde, die den Markgrafen veranlaßten, zur Calvi- nischen Glaubenslehre überzutreten . Das Buch rief heftige Gegenschriften württembergischer und säd1sischer Theo logen hervor, ein Exempl~r dieses sehr seltenen D ruckes befi ndet sich im Pfinz- gaumuseum " . Schließlich sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß die Gemahlin von Friedrich Magnus, Markgräfin Augusta Maria, während ihres durch die französischen Kriege (1689 völlige Zerstörung Durlachs) erzwungenen zehnjährigen Aufenthalts im BaseIer Domizil, ein e vierbändige Bibelausgabe veranstaltete, d ie vor allem für die vielen markg räflichen Pfarrer bestimmt war, deren Bücher in dem unseli gen Kri ege verbrannt wa ren . Es ist ein sorgfältiger, von Augusta Maria seit 1696 begonnener, stets überwachter und 1698 zu Ende gebrachter Druck des Basler Druckers Joh. Jak . Battier ". Veltin Kobia n druckte, wie bereits erwähnt, außer der Bibel in Du rlach noch drei k leinere Sch ri f- ten, und zwar 1529 eine fünfzehnseitige naiv-medizin ische Abha ndlu ng "Eyn Regiment Wie man sich vor der Neüwen P lage / Der Englische Schweis gena nt / bewaren . Unnd so man da mit ergrif- fen wi rt / darinn halten soll / Durch Euricium Lord um / Der Artzney Doctorem und Professo- rem zu Margpurg". Das Büchlein ist im Pfinzgaumuseum vorhanden (Abb. IX). Auf dem letz ten Blatt steht der Drllckervermerk: "Gedruckt zu Durlach durch Velt in Kobian / Anno 1529", aber auch die Zierleiste auf dem Titelblatt weist das Büchlein, wie wir noch zeigen werden, als Kobian-Druck aus. - Der zweite Druck von 1530 ist eine Art Gesch ichtskalender von Christi Geburt bis 1529 auf achtundzwanzig Seiten unter dem Titel: "Annotatio seu Breviarium Rcrum Memorabilium ac magis insign ium a nato Ch risto usq ue ad nostra tempora gesta rum . Ex pro batissimis historiographis Industrie se lectar." Der D ruckervermerk steht auf dem Titelbl att : "Turrelaci per Valentinum Kobian, An : 1530." Auf der letzten Seite ist nur noch" Turrelacum" genan nt (Abb. X). Die Zierleiste ist dieselbe, aber auch das typische Druckerzeid1en Kobians (wie wi r noch zeigen werden) t ritt auf dem Titelblatt auf. - Der dritte DlIriacher Druck hat den Titel: "Xpovos sive Cronichon ins in gn iorum gestarum 1530" und hat uns nid1t vorgelegen. Er 47 ist lateinisch gehalten ". Die buchtechnisch-künstlerische Gestalt der "Durlacher Bibel" Neben un vollständigen beziehungsweise aus erstem und zweitem Druck zusammengesetzten wenigen sogenannten nMischexemplaren" und w enigen "Tei lexemplaren" der "Durlacher Bibel" gibt es - neben dem Exemplar des Pfinzgaumuseums - nur noch drei vollständige Exemplare der ganzen Bibel. Wir hatten das Glück, zwei davon mit dem Durlacher Exemplar durch Augen- schein vergleichen zu können " . Wolf Köpfl hat seine Bibel mit reichem Buchschmuck ausgestattet, der zu einem erheblichen Teil gewiß besonders für sie hergestellt worden is t. Wen n wi r Ritter glauben können " , ist der Illustrator H einrich Vogtherr, 1490 in Dillingcn (Donau) geboren, 1556 in Wi en gestorben. Textbilder finden sich an 332 Stellen der Bibel, doch ist dasselbe Bild oft zwei mal und mehrmal gebraucht, so daß die Zahl der vorhandenen verschiedenen Bilder erheb- lich nied ri ger ist " . Köpfl selbst gibt auf dem Eingangs- bzw. Gesamttitelblatt an: ,, !tem auch mitt zweyhundert Figuren mehr dann vo r hien nie / im Truck auß gangen seind ." Die Charakteri- stik der Personen auf den Tex tbildern ist gut. Die Bilder sind sämtl ich durch Zierleisten an der einen Seite auf di e Breite des D rucksatzes gebracht und des öfteren auch durch soldlC oben oder un- ten, bzw. oben und unten höher gemacht. Besonders schön ist das schon erwähnte Renaissance-Titel- bl att der Propheten, im Mittelpunkt unten eine weibliche H albfigur, deren Körper in zwei Schlan- genleiber ausgeht, ein Motiv, das in ähnlichen Varianten im 16. Jahrhundert immerwieder auftaucht (Abb . ll) ". Das Ein gangs- bzw. Gesamtti telbl att selbst is t in der Einfassung ident isch mit dem Teiltitelblatt zum "Ander they l des Alten Testaments", wie wi r durch Vergleichung mit dem Wolfenbüt teler Exemplar feststellen konnten. Da das Gesamtti telblatt im Exempl ar des P fin z- gaumuseums und im Stu ttga rter Exempl ar fehl t , im Wolfenbütteler Exempl ar im Druck ver- schmi ert ist, zeigen wi r statt dessen ein en guten Abdruck des, wie gesagt, identischen Teiltitel- blatts des "andern Teils des Alten Testaments" (Abb. X I). Das Blatt zeigt den Kampf Josuas mit den Amalekitern . In der Mitte unten das Druckerzeichen Köpfls in einer gegenüber den Abbil- dungen I und VI va riierten, reicheren Form. A uf der linken Seite ist auf einem Fahnentuch die Jahreszahl 1528 sichtba r (die auch einmal auf einem Textbild im "Buch der Richter" auftaucht). Der Bildersd,mllck des Neuen Testaments ist unabhängig von dem des Alten Testaments, künst- lerisch wen iger wertvoll und, wie es scheint, in den Anfängen steckengeblieben. D as Titelblat t zum Neuen Testament zeigt in sei ner Einfassung Gegenstände der Rüstung und Ausrüstung eines Kriegers. Unter den vier Bildern der Evange listen, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, taucht dasjenige des Johannes zweima l auf, mit einem Gesicht von mädchenhafter Weichheit. Es fo lgen fünf Apostelbilder von immer demselben H olzstock, dem auf besonderem H olzstock jedesmal das Attribut mit der haltenden H and zugefü gt is t. Sie trägt bei Pau lus (oft wiederholt) das Schwert, bei Petrus den Schlüssel, bei Joha nnes den Kelch mit der Schlange, bei Jakobus d ie TlId1 wa lkerstange, bei Judas die Keul e ". Zum T ext der Offenbarung find en wir die 21 H olbein- schen Bilder in schl echten Abdrücken (in allen verglichenen Bibelexemplaren), d ie eine starke Abnutzung der Stöcke erkennen lassen. Zierleisten sind in den in Straßburg ged ruckten Teilen durchgehend verwendet, um den zu schmalen Bildern die Breite der Kolumne zu geben; zuwei- 48 len ist außerdem oben oder unten oder aum an beiden Stellen eine Zierleiste an das Bild ange- fügt. Die Initialen sind von verschiedener Größe und Gestalt (teils Pflanzen-, tei ls Körperorna- mentik), künstlerisch besonders herausragend sind zwei N- und I-Initialen (42/3 x 42/3 mm) im zweiten Teil des Alten Testamentes (Straßburger Teil) und zwei schöne Zierbuchstaben (E und D), die mit den besten europäischen Leistungen der Zeit konkurrieren :!II. Der in Durlach gedruckte Teil weist - neben z. T. schönen Initialen - kaum Bildschmuck auf. Kobian ver- fügte in Durlach offensichtl ich nicht über die entsprechenden Druckstöcke (was wir sd10n beim Titelblatt zu den Propheten feststellten). So bleibt aud, das in Durlach gedruckte Titelblatt zum Dritten Teil des Alten Testaments ohne Zierrahmen (Abb. I). Lediglich bei den Propheten finden wir links von der kleineren Initiale zwei verschiedene leistenartige Bilder (insgesamt 16mal) mit einem bärtigen Mann mit Spruchband neben einer tragenden Säu le, einmal von vorn, einmal von der Seite dargestellt. Besondere Erwähnung verdienen aber im Durlacher Teil (Dritter Tei l des Alten Testaments) zu Beginn des Buchs Hiob und des Psalters zwei große bildliche Darstellungen Hiobs und Davids (letzterer von der B-Initiale eingefaßt; 11,5 x 7,2 cm und 10 x 8 cm, s. Abb. XII u. XIII) . Kobians Bemühen um die Schönheit des Satzbildes soll Abb. XIV demonstr ieren. Das Druckerzeichen Köpfls findet sid1, wie scho n erwähnt, öfters (vgl. Abb. I, I V, X I). Auf den von Kobian in Durlach gedruckten Teilen fehlt das Druckerzeichen, es sei denn, man macht sid, unsere folgende Theorie zu eigen : Kobian verwendet, gewissermaßen als Ersatz für ein eigenes Druckerzeichen (das er, weil er im Auftrag Köpfls druckte, nicht bringen konnte) 30 ei ne ihm spez ifisch eigene Zierleiste. Es handelt sich um ein e vertikal angelegte, aber stets horizontal gedruckte Komposition mit Schild- und Körperornamentik, insbesondere mit einem spitzbärtigen nackten Mann und einer nackten Frauengestalt. Diese .,Zwei Körper-Leiste" taucht in dem in Durlach gedruckte Teil (Kobian) insgesamt sieben mal auf, insbesondere auch auf dem absolut sicher in Durlach ged ruckten Titel zum Dritten Teil des Alten Testaments (Abb. J), aber auch z. B. unter dem benannten König-David-Bild (Abb. XIII). Diese Zierleiste hat Kobian aber auch bei seinen dem Durlacher Bibeldruck vorangehenden kleinen Durlacher Drucken verwandt (Abb. IX u. X) . Sie scheint also wirklich eine Art Ersatz-Druckermarke zu sein ' 1. Der kleine, sozusagen verspielte Zierschnörkel aus einer herz- oder blattförmigen Figur mit versch nörkeltem Stiel (Abb . I) taucht außer auf dem Durlacher Titelblatt am Ende des Buches Hiob (ebenfa lls Durlacher Teil) noch einmal auf. Das Zeichen ist auf einem der Bibel vorangehenden Durlacher Druck eindrucksvoll variiert (Abb. X) und ist auch auf einem Hagenauer Druck Kobians aus dem Jahre 1536 zu sehen (Abb. VII) . Obwohl dieser Zierschnörkel in mannigfach variierter Form von vielen deutschen und europäischen Druckern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhu nderts benutzt wird 3:!, scheint Kobian eine besondere Vorliebe für seine dekorative Verwendung gehabt zu haben. Die spezifische Gestalt des Bibelexemplars im Pfinzgaumusettm Der Vergleich unseres Bibelexemplars mit den Exempl aren von Stuttgart und Wolfenbüttel 49 ermöglicht erstmals eine genaue Zustandsschi lderu ng des Exemplars im Pfinzgaumuseurn. Sein - Zustand ist im allgemeinen als gut zu bezeichnen. Gebunden ist es in einen einfachen Kalbs- ledereinband aus den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts. Es fehlen insgesamt 85 Seiten, die sich wie folgt au fteilen: Gesamttitelblatt und Rückseite (" Register der gantzen Bibel ") Vorrede D. Martin Luthers und leere Rückseite Das erste Buch Mose Der in Durlach gedruckte "Dritte Teil des Alten Testamentes" ist voll- ständig vorhanden . 2 Seiten 9 Seiten Seite 62 Seiten (Renaissance)-Titelblatt der Propheten (Abb. 11 ) 1 Seite und Rückseite (erste Seite der Vorrede) Seite Im Durlacher Exemplar statt dessen ein leeres Blatt (2 leere Seiten); der Druckstock für das Titelblatt der Propheten befand sich augenscheinlich in Straßbu rg; sonst ist auch dieser in Durlach gedruckte Teil vollständig vo rhanden. Titelb latt: "Dye bücher dye bey den alten ... " (Abb. IV) Seite (nach "End des Propheten Maleachi") und Rückseite ("G nad und frid dem Chris tlichen Leser") Seite Rückseite von "Bel. cvij", vor Titelblatt "das gantz New Testament" Seite (enthält Köpfls Druckermarke und den Text: "Getruckt zu Straßburg by Wolff Köpphel uff den neünden tag des H erbstmons im ja r M.D.XXIX." D ie Seite ist im Durlacher Exemplar unlösbar überklebt. Offenbarung 4 Seiten (zwischen - rechts unten - "Das xvi . Capi tel" und - rechts mitte - "Das xx. Capitel") Vorletzte Seite: .. Hie volgt das Register . .. " und Rückseite (letzte Seite): "Errata" Seite Seite 85 Seiten Handschriftliche Ei ntragungen aus der Zei t zeuge n von frühem eifrigem Studium der Bibel, augen- schein lich durch einen Theologen. Das in Durlach ged ruckte Titelblatt zum D ritten Teil des Alten Testaments weist in roter Tinte die Jahreszahl 1533 aus. Besonders der "Psalter" ist mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen, an seinem Schluß finden wir einen Sdmörkel mit der Jahreszahl 1540. übri gens zeigt ein Schriftvergleich der Eintragungen im Durlacher und Straßburger Bibelteil (um 1533/40), daß beide Teile sd10n von Anfang an zusammengebunden waren . Am Schluß des Buches "Esther" find et sid, ein Eintrag: "Anno 1667 hab ich die Bibell ... kauft kost Ein Reichsdaler ... " Das statt des Renaissance-Titelblatts der Propheten gesetzte leere Blatt ist vor- und rückseitig mit einer der üblichen fam il iä ren Eintragun gen (Tauf-Vermerk 1670) und Hinweisen auf Bibelstel len beschrieben. 50 Wie wir sahen, stellt uns dieser gemeinsame Straßburg-Durlacher Bibeldruck noch vor manche ungelöste Probleme. Als Zeugnis der religiösen Entwicklungen, der frühen drucktechnischen Mög- lichkeiten wie als Dokument der hei matlichen Geschichte ist er uns gleicherweise wichtig und ehrwürdig. Anmerkungen 1 Johann Daniel Schöpflin, Hi storia Zaringo Badensis. Carlsruhe 1763-1766, Bd. I!, 1764, 5.333. 2 Johann Christian Sachs, Ei nlei tung in die Geschichte der Marggravschafl und des marggräv- lichen altfürstlichen H auses Baden. Carlsruh e. II! . Teil, 1769, S. 190; IX. Teil, 1770, S. 58. 3 Julius Lampadius (d . i. Julius Leichtlen), Beiträge zur Vaterlandsgeschichte. Heidelberg 1811 , 5.50. - Siegmund Friedrich Gehres, Kleine Chronik von Durlach. Ein Beitrag zur Kunde deutscher Städte und Sitten. Karlsruhe 1824, I. Teil, S. 70 . - Woher Gehres die Bezeichnung "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei " hat, ist uns unbekannt. 4 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach. Heidelberg 1869. S. 243. 5 Vgl. M. Luther, Die gantze Heilige Schriffi Deudsch. Wittenberg 1545 . Nad1druck Mün- chen (Rogner & Bernhard) 1972, I. Bd., S. 77. Weitere Nachd rucke bei Köpfl 1535/ 36 und 1537/38. Letzterer bringt schon ganz Luthers übersetzung. 6 Engelbert Strobel, Ein Streifzug durch die Geschichte von Alt-Durl ach. Tei l 11. In : Badische Neueste Nachrichten . Karlsruhe. Vom 3. 11. 1961. 7 Sämtliche Inhalte dieses Abschnitts verdanke ich der grundlegenden Arbeit von Fran,ois Ritter, Histoire de )'imprimerie alsacienne aux XVc er XVIc siecles. Strasbourg-Paris 1955 (eingehend besprochen von Jean Rott, Note sur I' imprimerie Alsacienne aux XVc et XVIc siecl es. In: Revue d'Alsace. Bd. 95 (1956), S. 63 ff .) und der Arbeit von A. H anauer, Les imprimeurs de Hagenau. Straßburg 1904. - Die Arbeit von Ca rl Schmidt, Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, Straßburg 1882 (unver- änderter Nachdruck Graz 1971 ) ist für unsere Untersuchung unergiebig, da sie mit dem Jahre 1520, das "den übergang aus dem Mittelalter und dem elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Reformation" bezeichnet, absch ließt. 8 Seltsamerweise erwähnt die grundlegende Arbeit von Ritter - Anm. 7 - KöpfIs Gesamt- bibelausagbe von 1530 nur am Rande, nämlich an läßlich ihres Illustrators Heinrich Vogtherr (a. a. 0., S. 283 ). D iese Erwähnung geschieht ohne jeden Bezug auf Kobian. 9 Vgl. Pau l Heitz und K. A. Barack, Elsässische Büchermarken . Straßburg 1892, S. XIX, XV I-XX. (Ein Exem plar im Lesesaal der Württembergischen Landesbibliothck Stuttgart.) 10 Ritter - Anm . 7 - hat augenschein lich Hanauers Forschungen mitverarheitet. In unseren Darlegungen sind die Ergebnisse beider Forscher zusammengefaßt. 11 Ritter, a. a. 0., S. 402: "Valentin Kobian etait originaire dc Durlach." Woher Ritter (der sich auch hier auf Hanauer stützt) dies wissen will , ist unbekannt. Wahrscheinlich schließt er dies 51 aus Kobians H agenauer Druckervermerk von 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" . Sicher ist • nur, daß Kobian als selbständiger Drucker zum ersten Mal in Durlach auftaucht. Die Durla- cher Kirchenbücher, die allein Auskunft geben könnten, si nd 1689 sämtlich verbrannt. 12 Vgl. Karl Springer, Ettlinger Wasserzeichen. Ein Beitrag zur Geschichte der Papiermacherei . In: Badische H eimat, 15 Jg. (1928), S. 232 ff . Ferner: Strobel - s. Anm. 6 - und den Artikel "Medizinbücher aus Ettl ingcr Druckereien" in: Badisme Neuestc Naduichten, Karlsruhe, vom 7. 9. 1968. Die Ettlinger Drucke sollen danach auf Ettlinger Papier ged ruckt sein; Strobel behauptet dies teilweise auch für den im nächsten Kapitel näher behandelten Durlacher Druck "Annotatio" von 1530. Die Ettlinger Drucke waren: Jak. Schenk, Gerichtsordnung, 1530; Kaspar Gretter, Drey schön Psalmen .. . 23 . 8.1531; Joh. Virdung, Novus medicinae metho- dus, 1532 ; Joh. Brenz, Tractatus casuum ... matrimonialium, 1532 ; Avicenna, Quarta fen, primi de universali ratione medendi, 1531. (Quel le: Josef Benzing, Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1952, S. 50).- Das Albgaumuseum in Ettlingen war im Besitz einiger Ettl inger Kobian-Drucke, sie sind, wie der Leiter des Museums mitteilt, vor einigen Jah ren entwendet worden . 13 Vgl. Heitz - Barack, a. a. 0., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. I, und Ritter, a. a. 0., Anm. S. 407. 14 Vgl. H eitz - Barack, a. a. 0 ., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. 2, und ei ne Notiz S. XXXII. Es scheint so zu sein, daß di e Komposition mit zwei Schilden, von denen eines obl igatori sch die Hagenauer Rose trug, das andere das jeweilige Drucker- (oder Verleger) zeid1en, die übliche Form der Hagenauer Signete darstellt . So finden wir diese Komposition z. B. auf ei ner Titel- einfassung aus Heinrich Grans Druckerei um 1510, wo das rechte Schild ein X-förmiges Zeichen, darüber das Monogramm H. G. trägt (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher-Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 74). Siehe ferner Anm. 30. 15 An dieser Stelle sei dem Direktor des Städtisd1en Ard,ivs in Straßburg, Monsieur F. J. Fuchs, und dem Direktor des Archives Departementales in Straßburg, Monsieur F. J. Himl y, für freund liche Auskünfte gedankt. 16 VgI.Anm.11. 17 Vgl. Josef Rest, Die Entwicklung des Buchd rucks in Baden. In: Klimschs Druckerei-Anzeiger, Frankfurt a. M., 57 Jg. N r. 26 v. 1. 4. 1930 und Engelbert Strobel, Von alten Durlacher Druckern. In: Soweit der Turmberg grüßt, Karlsruhe, 2. Jg. Nr. 5 v. 1. 7. 1950. - Der im folgenden erwähnte Druck "Passio Christi " war 1924 im Buchhandel angeboten . 18 Sachs, a. a. O. - Anm. 2 -, IV Teil, Carlsruhe 1770, S. 95 ff. - In diesem Zusammen- hang ist interessant, was Sachs über die Beziehungen der badischen Markgrafen zu Straßburg berichtet: "Die Freundschaft, welche die Herren Markgrafen zu Baden seit langen Jahren gegen die Stadt Straßburg gezeigt hatten, veru rsachte, daß Markgraf Karl an demjenigen Anteil nahm, was zwischen derselben und ihrem Bischof vorgi ng. Der Stadtrat hatte Anno 1529 das Meßwesen in den Hauptkirchen eingestellt." Sachs berichtet dann von den jahre- langen Verhandlungen der Stadt Straßburg mit dem katholischen Bischof E rasmus und fährt fort: "Bei diesem ganzen Geschäfte wurde von den Straßburgern nichts ohne unsers Mark- grafen Rat und Gutbefi nden vorgenommen." (Sachs, a. a. 0., S. 132 f.) 52 19 a. a. O. - Anm. 18 -, S. 10,17,22 f., 56. Ferner: J. Chr. Sachs, Auszug aus der Geschichte der Markgrafschaft und des markg räflichen altfürstlichen H auses Baden, Carlsruhe 1776, S. 85. - Durlach kam erst nach dem Ableben Markgraf Philipps (Baden-Badische Linie) 1533 zur Pforzheimischen oder Durlachischen Linie. - Vgl. Karl Fried rich Vierordt, Ge- schichte der evangelischen Kirche in dem Groß herzogturn Baden, Karlsruhe 1847, Bd. I, S. 243. 20 Adolf Wolfhard, Aus Durlachs Vergangenheit. In: Evangelischer Bundesbote. Karlsruhe, Jg. 1928, Nr. 8/9, S. 4. - Den Gesamtzusammenhang der badischen Reformationsgeschichte beleuchtet Ernst Walter Zeeden, Klein e Rcformationsgeschichte von Baden-Durlach und Kur- pfalz. Karlsruhe 1956 (hier insbesondere S. 20 ff.). 2 1 Titel: "Christi ichs Bedencken und erheb liche wolfund irte Moti ven deß Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn / Herrn Ernst Friderichen Markgraven zu Baden und Hochberg / ... Welche ihre Fürst. Gn. biß dahero von der Subscription der Formulae Con- cordiae abgehalten / auch nachmaln / dieselbige zu underschreiben / bedencken haben. Samt ihre F. G. Confession und Bekandrnuß über etliche von den Evangelischen Theologen erweckte strittige Artickel. An den Durchleuchtigen Hochgebornen Fü rsten und Herrn / Sei ner F. G. geliebten Herrn Brödern und Gevattern / Herrn Georg Friderichen / Markgrafen zu Baden und Hochberg / . .. Ausser den / in Ihrer F. G. vorhero gesetzem schreiben / oder Epistel / an statt der Pracfation / ei ngewendten Ursachen / getreuer Brüderlicher wohlmeinung / selbsten verfast / und in Truck verfertigt. Getruckt in Ihrer F. G. Schloß Staffort Durch Bernhardt Albin M.D.XCIX." - Im selben Jahr erschien in Staffort ei ne kleinere Ausgabe dieses Buches zum Gebrauch in der Schullehre, deren Satz, abgesehen vom Titel, vorangestelltem Edikt und Paginierung sich buchstäblich mit S. 359-555 der größeren Ausgabe deckt (vgl. Lautenschla- ger, Bibliographie der badischen Geschichte. Bd. H , 1, Karlsruhe 1933, S. 37, Nr. 9572 . Und: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 18. Bd., Leipzig 1906, S. 744 f.). - Der Markgraf hatte den Speyerer Drucker Bernhardt Albin, Calvinist und bedeutendster Speyerer Drucker im 16. Jahrhundert, eigens nach Staffort kommen lassen. - Staffort liegt nörd lich von Karlsruhe, gehört jetzt zur Großgemeinde Stutenscc. Das Schloß wurde 1689 völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Markgraf Ernst Friedridl weilte häufig zu länge- rem oder kürzerem Aufenha lt dort. - Literatur: Sachs, a. a. 0., Anm. 18, S. 252 ff.; Sachs, Auszug, a. a. 0., Anm. 19, S. 99; Gehres, a. a. 0 ., Anm. 3, 2. Teil, S. 95; Karl Friedrich Vierordt, a. a. 0., Anm. 19, Tr. Bd. Karlsruhe 1856, S. 32 ff.; Fecht, a. a. 0., Anm. 4, S. 251 (Titel des "Stafforter Buches" ist fa lsch wiedergegeben); Die Kunstdenkmäler Badens, IX. Bd., 5. Abteil.: Karlsruhe Land (bearb. v. Lacroix, Hirschfeld, Paeseler), Karlsruhe 1937, S. 197. Emi l Strauß hat den Widerstand der Pforzheimer Bürger gegen das kalvinistische Engage- ment Ernst Friedrichs in seinem 1912 erschienenen Roman "Der nackte Mann" behandelt. 22 Titel: "Bi blia ... Teutsch Doct. Mart. Luther. Auff gnädigste Vero rdnung und Vorschub der durchlauchtigsten Fürstin Frauen Augustae Mariae Marggräfin zu Baden und Hochberg. Basel 1698 bei Joh. Jak. Battier." Literatur: Hans Rott, Kunst und Künstler am Baden-Durlacher 53 Hof bis zur Gründung Karlsruhes. Karlsruhe 1917, S. 141. F 23 Der Druck soll in der Vatikan-Bibliothek in Rom vorhanden sem. Vgl. Benzing, a. a. 0 ., Anm. 12, S. 43 u. 5 . 7. - Der zweitgenan nte Druck .,Annotatio" stand uns in einem seltenen Exempla r der Stadtbibliothek Trier zur Verfügung, wofür wir H errn Bibliotheksdirektor Dr. Laufner, Trier, zu Dank verpflidltct sind. (Ein Exemplar war 1927 im Antiquariat an- geboten.) - In dieser Geschichtschronik heißt es unter der Jahreszahl 1222: "Conradus Fridcrici primi Cesaris frater occisus in Du rlach oppidu lo, prope Lueshardum si luam, ob adu lterium, dum proficiscitur contra Zeringeses." Unter 1230: "Rudolphus Habspurgen . Alsatiae dominus Durlachum, Mulbergum ac Baden cepit, turrim Durlacensem destruxit." Unter 1519 : "Pestis admodum sevit, ur a Pasce festo uscß Martini in Durlarn mille ceorum, & apud Ettlingen Sesquimille emigrarent." Der Verfasser (oder Kobian) hat also in weltge- schichtlichem Zusammenhang der Druckerstadt Durlach gebührende Reverenz erwiesen. Unter 1524 vermerkt er auch die von uns schon berichtete Intervention des Markgrafen Ernst zugu nsten der Kenzingcr Lutheraner. - Im ganzen handelt es sich um ein Kompositum aus weltgeschichtlichen und provinziellen Daten. 24 Die "Durlacher Bibel" ist in Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek), Wolfenbüttel (Herzog-August-B ibliothek) und Wernigerode als Gesamtexemplar vorhanden . Die Bayerische Staatsbibliothek München hat ihr Exemplar durch Kriegseinwirkung verloren, die Schloß- bibliothek Maihingen (FürstI. Bibliothek Harburg) hat ihr Exemplar 1934 verkauft. Für die freu ndl iche Vermittlun g in die Einsichtnahme des Stuttgarter und Wolfenbütteler Exemplars sowie des in Stuttgart vorhandenen Nachdrucks von 1530/32, sind wir dem Leiter der Badi- schen Landesbibliothek Karlsruhe, Bibliotheksdirektor Dr. Elmar Mittler, zu Dank verbun- den . 25 Ritter, a. a. 0., Anm. 7, S. 283. 26 Diese wie die folgenden Angaben sind - nach Überprüfung - folgender maßgeblichen Quelle entnommen: P. Pietsch, Bibliographie der deutschen Bibel Luthers. Nr. 146. In: M. Luther, Deutsche Bibel. Bd. 2, 1909, S. 472 u. S.490/500. Wir ergänzen diese Angaben später durch spezielle Hinweise auf die Druckermarken Kobians und auf das Bibelexemplar des Pfinzgaumuseums. 27 Erinnert sei auch an die bei den Schlangenleiber in der Druckermarke Wolf KöpfIs. 28 Derselbe Druckstock ist auf einem Corvinus-Druck KöpfIs aus dem Jahre 1540 für Sankt Andreas wiederverwendet, das Attribut ist hier das Kreuz mit schräggestelltem Balken (vgl. Ritter, a. a. 0 ., Anm. 7, S. 241). 29 z. B. mit den Arbeiten von Geoffroy Tory in Paris um 1536 (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher- Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 97). 30 Es war üblich, daß ein Drucker, der im Auftrag ("auß Verlegung") druckte, keine eigene J!1ruekermarke benutzte, sondern dem betreffenden Werk das Signet des Auftraggebers mit- g~b. So zeigte z. B. der Straßburger Drucker Matthias Schürer, der für die Brüder Atlantsee in Wien druckte, in diesen Büchern nur das schöne Atlantsee-Wappen) nicht das Schürersmc Wappen mit der Garbe (vgl. auch Anm. 14). 54 55 31 Im ganzen in Straßburg ged ruckten Bibelteil taucht diese Zierleiste nur dreimal auf (Neues Testament, Episteln St. Pauli u. St. Johannis). Es ist zu vermuten, daß dieser Teil auch in Durlach ged ruckt wurde. Unsere These wi rd gestützt durch die Einsicht in den Straßburger Nachdruck von 1530/ 32, der ohne Kobians Mitwirkung bei Wolf Köpfl erschien. In dieser Neuauflage, die im übrigen im ganzen nicht mehr so reich illustriert ist wie die Erstausgabe (es fehlen Holbeins Holzschnitte zur Offenbarung; dafür ist als Titelblatt für das Neue Testa- ment die Renaissance-Umrahmung der Erstausgabe - Abb. II - übernommen) taucht weder di e spezielle Zierleiste noch der besagte Zierschnörkel auch nur einmal auf. 32 z. B. bei dem Straßburger Drucker Christian Egenolph, dem Mainzer Peter Schöffer oder dem Franzosen Jean de Tournes. - Das Exemplar des Pfinzgaumuseums wurde wohl beim späte- ren Einband beschnitten, ebenso wie die Exemplare in Stuttgart und Wolfenbüttel. Einer Seiten höhe von 25,5 cm (Exempla r Pfinzgaumuseum) steht eine Seitenhöhe von 28 cm (Exemplar Stuttgart der Neuauflage 1530/32) gegenüber. Dagegen erwähnt Schöpflin 1764 (a. a. 0., Anm. 1) ein Durlacher Exempla r in Quartformat aus der nach Basel geretteten Baden-Durlachischen Bibliothek. ... .' : , , ; ... I . ' .. ; : ". J)lop~(tdl ~lUc groß 6nb fkitt. J.Ja~u Urcr~tQ Gar fU! <tnitrdil. ~ ~IOi~lr blr I})!Op~tltn. f<) ' "'f (JI(aia Jncmla 11111 • LJr~totitl ~anlll f<)it IlI>öltf flrplI/n I})lop~tlCn f. J.Jorta. ~il. O1~~um. ij. Jo~d. \)iij J)abafuf iJj. :2Ionoe. ir. @<vI/ania 'ili; .o6.1bia. r. J)aßoai. ]"olla. rj. 6rdlaiia rolidia. ril. ~aladii. , .. -)./ # .', ' 1"'".1. 1 ' '., I • • ' .,', . ,,' jJ '" l( il 'I,t 'O lpll(il l!J..U'~J U 9 "JJ °tlU O C ·'I'OOttcr 'J ' t I ~ "!1J1IiJd>e 'J, .... ,1.'; Jnl"q.C ( I". 'p~oC . _ ~ . _ 'wngotcl '1.1' " ')0 (( 'I 1~ ;C1I'~ W I,qclo'({, ",uam M I!"" 1)(3' ;t~ \ : ?'W " , ~ P)J"9 '(1 '1111 lI'" """,uC .).j'C J ... . '" "'''ljdo:\t> 1lQ 1l~)O'lG liO 'IlJIJ'PIX tUl ,.0 # l''')n nv.Ci 'U Pij ~U9 ~O.l!3 lJl).cs !P"AdOt{f ,p)I<I,"O ) IJlQ ung ~l"" UIllI~lj UlQ "9 0 IJU l)"!)) 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( r 9JQ Jw tU I'Y U (lJ QU U ;\ 16u~j 11, IQI~ :1j1 /'1I'1j "Q '" '' V') VI " j '.Ja' Q II" ',qo, U Q )~.u JJJr'V !/I '9'11 tJUJ~ . . . . '" .= -c I' ..... ~ "",u« /1U ll! U Ju.ttQ lInflpfi!.l U (\JJlaI Q uu"'iJ.ug ... ~W'lI'lpjH'J U U Q lInr 1'"11 U~""u ""'" '"'9 ';' lUrQ: .lPuo,"nQJ'~ tJvlj w :ogJG P lll J10/!l1 UJF.,p6.1IQ Utu 'UII/p~>j u'u ~Q""9 l,09,61p'Q U IIQ 'U 'U !'Q rQ lip)Q /PI ~UlOltl9 q),IJ *9 9~~ --- IV v VI ~:E~5iia·~·~~ i 1 ~mounefre"ottbtee( f~uuerain feigtteur / mOttfCI,gtteUr ~(tttb~tne f<)ucbe ~alab:elbc f.~r:attte/etbe ~anc. ~ ~ oy cflant bc ~ofIre n~bJ(sra(e/ttcr.l/uffte ec·fouucrai" feigne~r /ecbtmon Jculn( parfalre/ccquepartic p"te (uybe auoirparacbeut I ctffaffalloi: bc monlabeur; ettJ;iguc& lucllb:ation& ~ou&faire palticipant/oÖt ayJebefbic a ~offre !}onlltur ct ~enom cternel; cc cn uoyt antc: l)"1IQlllt gracc; ce petit opufcul bll broit tfa,pt que fuy& cfIc par pricre& bamy& contrailKt/publicr / 611ppliant ttcs!}umblcmcnt "rebictc fouuctainc graet le "oulloit sraticufcmet ~cc(puoir let bc "re Ctcfbllmble fubsect/ct petit ftruitcur btnignemcnt a mallicrc accou~ ffumee acccrtcr / 2tyant fouucnance becdluyqllilibtta~ lemct par "rebiete gracc a cffeltetenu a "rc noblcfcruice 2tuqud tdlcmtnt JI tfptrc foy maintcnir/ a "reprolfict que auecla src bu (Clcat~lIr Jl y aura, bonn(\ft~ ~t quc cy apreslc tlolllb*,~l"rl oy~r/ttqu.1 VOlJ6 plalra luy 0:; bOltncr '" feraloyaulmet fon acq~iff/iDc 6pirc c,c pcnlll: Joul:bc Juillct ~anbc graccnrcfctsnCllr; ,"11c'"'1(cn& trentc fiJ;. VII • p2166JO Ab'Vb41t'l mcc(~ 4:Q,1t'}S'l1 co 'Vannfo nie ArAtA t·. VIII tepn ~egimett( ~ie tlt(tn fic(j ~~ Dfr \neUt1'ln W(age/ ~" ~ngfifcf1c ~t1'd& aenant/6tt1'artn. C:Unnb f~ man Da tnit "griffen~irtl Dannn ~a("n foUl ~urdi~uriw um~o~ euml ~"arl1Rtt1 tf)Otff, rfm "nb (})~fell'omn . ,1\ Wlafgpuf6. t I I' a, . " IX • • • • 7 ilnnorario (eu BREVIARlV-M RERVM MEMO~ " b11iumac magis "inngruuma nato CHRISTO ufqucad noltra cemporagcijarum.Expro batiffimis hillorioe graphit Indu ,.;.. . • ,.Qo ftrie(c ,,Plffn /~,"t~ !!:..t"'~'''f ./ .P, I~. ~u~ ---~ OpIculum ftotrum, er antefaat, DIlftt in lucem ~tum. LI" J2-.j,iA g Q 0 ':01"11 " cS'rpa -,..4tJJ ~ ~l; ,j"::' '3 t c;~.~ ü " • 1C)' - J. ~ TurreIacl per Vafflltinum - Kobian, An: • r JO. x ~aG ~)eiiifter ii6erbie~"~ d2er\)ifcG t~ep(6. . rI 1 JJorua• • I[ .!Die IXidittr. 1Il \XUf~. '" J III[ L""dlf: E3amud • .{ja$lV J"'" 11.!Dit ,UniBi VI ~~!oni'a. Vll <&f~tr. Vlll .Erra$ vIi \1lt~tmj41 M. D. XXX, • XI .. ~a6~n~g;icb. _ ii . rnadill fldi DtemOlgme fra aufT~.l OvfT« It b.dOovffcrtnadi i~!a(ftr ;.'/~tii.f,Jio~ Q) gtOadilt/ m,ine fÖnt m~dilfllge("nDietl! 1In0 Dfn~mn gt('Ontt ~abtn inl~ltm ~q: qen.~Wo I~rt J)iob aUt taßt • .E~6eßa&fldi a6er anfT t~nCtag/Da Dt~ finDe r Q!Otlt, tamm MnD für Dm RERRf!! I",um/tam D,r6atd and) ~nDerflt.~q: HERRa&cr (p'adi.u Dem 6alan/ll'0 tüp~ bu ~cr'6atan anltl>OllU Dem HERREN bR fp,at!ilJdi ~ab im fanO bm6~er .ogrn ~R 6~n ~erDlIrlf1 jogrnn. ~er HERR (p"'di;~ 6atan/.f,Jafr Ou nidit adil 9~61 auff llIti nm fnedit .f,Jio&, ~rnn reifr ('in gftidie nidil im fanD'/(dif'dir ~nDrcdif/90ttf~'di tiß ~nD m,tDu Oaß 60(e. 6arall anrWOlfte Dem HERREN ~nnD (pI4di/ ro?t~nfr Du Daß .f,Jio6 bm6 fUnfr <!loft (o'ditrt' .f,Jafr 01. bodi i~n/ fein flallv~nnD affte wae ,r ~al/ rin9hm6~"~ml>art/ ou ~fr Dem ",erd fein.fl ~rnOt9'f'9nef/\,"Dfrin 06r ~.I ndi aa~!tVfltl im fanO,/<lI&crml"brin, ~dO auv ~nnb rafr' an olfe~ wae er ~afl "'a5 gifbfO/rr wirt bidi ine ongrfldil fe9f·~,r HERRE f",odi!IA 6at.n/ 6i~e/ allt&wae -.! tr ~.f/f'v in Deintr ~,lbf/ on aUevn an ;~II ftfbe fege Oein, ~,lbt nidit.~a 9irnO 6!V lan auv \'on btln HERREN. . ~ae raoeea6cr Da ftint (ont ~nD radi' malTen ~nnD rrunden Ivrill in i~,e6 &:Ö' . Dr.re~au(t btHlflfl farn tvn 601r;1i J,Jio6 man lm ~IID fp,adil ~it rinDrrp/l'ugtftn NIIID Die fanOt<:lOIJ.Dtr&i,& tfdvnnen oi,"gtnne6mi~n an berwIV> . ,. gOUfoUig .~I/ Dalldrn bit auv ffidi 21r06io ~mvnl \,"nb namtll flt ~nnD fdifügtfl Diefna6tll mir.DII fdicrpfTt Dte fdin'erDIP/\'nb id! bIll 'amldl f'Önfrbil alftvn tnrrunen/bae icf) Dite anfagtt/~4 Dtrnv.di rtDtf/fam tvn anDcrbnnb fp:adjt al? baeftf\!! ~rtte fit! bom ~piitd/MnDwf' . b:.nDI (diaff~nbfna6m ~nD wrltlet fltt madi .~nD icf)6vlI affr~n tnlrUnntnl bae idj biro auff allfa9tl .. ~a Du nodi "betl fam rvnirl1~ .!D .N ..... "· '" jpladil ~(c .!:~afDttrrnadilmC:tp Wi~fJ r,~;~~~i~~i!~i~t;;::!~:~ ~b G6ufitfm bi,'amttl~nb fdjfltgtn Oie 'na6en mil ber fclitrpfli Dff fdi"'trDe lbtl~ 1>4 ijfi5vn ,,"tPII II\tfIInnmlbae idi birean(q <lI~'; .. .{ XII i :](rum6 t06m bit .(Jtvbtn / bnb :]( g bie ledu rc~f(o btrge6lidi. ~ie g(d)id). tünige i", IdOl II~ntn fidi duff/ 4.b \)110 biera~tQmn ratQ(dilagm mil IVtlallDer t<;llliOer o,n.(J ~\X \X 01 \)110 (<inm o,(ollictm. ÜPI bns ItlrtifTcn t~" 60nO<l MIIO \lon bnne 11>""'10 tQ!t rlvl'. :<I6tr Dir im QuollI 1I>0nlt lI>irt ;~!laditnl bnnO Ocr J)~\X\X lI>irN ;Ql!pomn. ~a f.!) "'irN er mit iQ" rcOlO in (tint'" lomlMO nlit rein,,,, grvtu roirOt er fi t (di:rcfcn. ~6er icfl 1/06' mlillen rwnig 'v"~,(e~ C/ auff\l1einen Ilcvlig," 6crg;;l ton. Jd) lI>il \lonOC\l1 ßfat! p"Oi9,"/~"SOer .(J~\X<;)( ~,b". ;u \I1irgcfaot Qat/ ~16 iflm'illfoll l [!rntll •. b~ ~g6 iW DicfWitÜQet • . J)ev/fcf1' IJon mirl ~ fo !uill ilt)bir b" J) evom ;um erDe ge6wI ~!.,td;' \)110 Der "'c((t cnOqtim tligtlulj ll mo • .€lu (olt fie mit b,m eife," i'pt., j('(d/laoml wie eVll6 topffm ocf'('\ foftu fie jii(dim'i(' ("'. S o fdll1" fl ngil/! fun ' \i e/ \lnblagl eucf) ; tiO)II9W ill! ricf)ter il\l lallO" .€lit' CD fftn. 1IC1 bellt J) o!:\XOX'V ' mil fo: cf)I/MI fmu't b~ . , . ~. rlld} mir 5iucrn· .iüffcn btttllt' b4& (r tln,19' ( . "icf)t lür.c l\li! j1i! brn II>tg\llrlirret. ~C!i (beln bcr ItIC~t fcin jO:1I ",irt 6al0 an6!rnnrn/a6t1wol al' r.tQ btrGou' fm bie aufft~ trawCll. tritt a"ff bm ~ iii I"ccf) fir.1 ~ GoI '" . ~ b Oill'ootl'rr/iqm ec~. ~",pn').'!l" m ",-,a~" I o,r ~'IIIfLuu.SCji\!b~.b:~ tlodi für (rinen (on ;:Y6(,tl011 • ~~fcinau.ß'l'~ 1119 »llb natfi' 11.{:l HERR/tIlicifl meiner f"mbt ro :]( ~I\lItDlrtillll>i"vn 6aum g'pt!ant,1 \lid / \lnO f,~rn fi di (0 .itlll>iOtr ~f~r 6ccfitnn I ~I reine fulll" ._ mief). <:Vi!1 fa gm ~on m,illrr 2!. r. . 1ll;tI1l / (Ul1I\b (Iint 6lttt.o" ftll/ -ir ~.I f,v"e Quljf, b~v G~tI, 6da. ~'~n~ "!"'rn "I~trmdcf!lll\l~ waHr fdiafft ~r ~u HERR 6i~ ~ fdi llt fur midi I bil'er • .r,. ~',~m glhnO"'. ~6tr (0 II>trOf6 ~'" midi IUIQIC f"!tI\l!i mciE f},ti614ufliidil. • i>: Iieren Illdit oeQtn/ec.n~'rt1 wir Ocr Jdi lI>illmit /II,intr flvm btn HERRN an' ~"' DitOrrl~lI\or Utr/lrIUtl. ~arum6 tllff,n /So noirt rrmief) trf}a:t" bo (,i "tm ... ~n ~It GoUlo(tn Im gtrid/lnidil fit' ~tVlig," ['erg,.SlIa. Jdi "'gM fdilielfl .. "illlitn/nodibif {RnOn in OtrgtlllfP' uii 6in ,rwatlil/~il~HER.R /l1I!}1I1 mief1. c .E.{. iiit .. ' XIII . f~U ~5~i~~f;::~~i!: IW'Mig/l,n tag Cfe /ftlßlfftrn mona"/~as .EntlIDIrrobildjbtr'tinig ~on <;!lo&rr I (.11 /or .'6rr tDnig warbl ba6 ~aupl JOi •• tim bt6 "ni96 in JUbiI rr~ti6 /.nnb (tU' !Xrilf 4ulfbtm trQblltpn, n,unqisor" granafaffet! I~n au§b,r 9'fdncfnti6 au§ fi" ~nn~ rlb" im fl',untlidj ;tl/~nnb r.q, (,in'R • 1~lon ~6,r oll, 1~16n~rr 'IV nig,n bi'6,pim/a <;!la6rlftlar'n/I>nb rr ~,rdnbrrt im bit '('V~~ g'fdncfnti6b.l trn~6 alllltgfrtnlt6,n lan9 ~I im b.l (tin vfrilO """biIllC<l91i<fl ~on ot fünlg aUf <;!la6t! ge 6~rtallt lag (0 M tr btOolfft ftin Itbt 'al1g. !Cltltbc beG Pl(\P~Cf tcn~ct'c mia. tl il • • XIV Eva Zinunermann Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen Im Gegensatz zu den immer noch reichen Beständen des Breisgaus an spätgotischer Plast ik haben sich in unserer Gegend nur wen ige Skulpturen aus dieser Zeit erhalten. Um so größer wa r die Überraschung, als an läßlich der Neuein ridltung des Pfinzgaumuseums zwei aus Wössingen stam- mende Figuren dieser Epoche, eine Madonna und ein männlicher Heiliger, ans Licht kamen, die mit besonderer Sorgfalt geschnitzt sind '. Leider tragen die Bildwerke schwere Schäden: beiden si nd die Hände sowie die Nase bzw. Nasenspitze abgeschlagen; mit den Händen hat der Heilige seine Attribute, hat die Maria ihr Kind verloren. Dies si nd typische Wunden, w ie sie ein Bi lder- stürmer den ihm verhaßten Idol en zuzufügen pflegte. Fragen wir, wann das geschah, stellt sich ganz a llgemein die Frage nach der Geschichte der Bildwerke. Ehe sie im April 1893 in die dama- lige Großherzogliche Sammlung vaterländischer Altertümer kamen, befanden sich die Figuren im Rathaus von Wössingen. Ein hl. Sebastian und eine weibliche Heilige, die heute verschollen si nd, gehörten noch dazu:!. Es hieß damals, daß die vier Bildwerke aus einer der zwei früheren Kirchen von Wöss ingen sta mmten 3. Diese Angabe läßt sich heute genauer fassen: die Figuren müssen vom Hochaltarsch rein der Kirche zu Unterwössingen herrühren, für den sie am Ausgang des 15. Jahrhunderts, also noch vor der Reformation, geschaffen wurden. Der Ort, der ursprüng- lich in Unter- und Oberwössingen getrennt war, gehörte zur Markgrafschaft Baden; nach den im 16. Jahrhundert erfolgten Erbteil ungen kam er zur Linie Baden-Durlach. Das bedeutet, daß spätestens mit der Kirchenordnung von 1556 U nter- und Oberwössingen evangelisch geworden si nd . Welche Patrozinien die Kirchen in den beiden Ortsteilen zur katholischen Zeit besaßen, ist nicht bekannt; doch wissen wi r, daß zu Unterwössingen eine Kaplanei St. Katharina und eine Kapla nei St. Wendelin gehörten '. Wendel in ist nun auch die Benennung, die w ir aufgr und der ikonographischen Untersuchung unserer männlichen Figur geben müssen. Trotz der Verstümmelung lassen sich die Attribute dieses Heiligen erkennen : der jetzt kopflose Schäferhund, der auf der rechten Seite des Man- nes hockt, vo rne am Sockel der Ansatzpunkt der Hirtenkeule, die der Heilige in der Linken gehalten hat, und schließlich auf der linken Seite ein ebenfalls als Attribut gedachtes, min iatur- haft klein es Felsengebi rge mit buschigen Bäumen und zwei kopflosen Tieren, die wohl Schaf und Schwein darstellten. Wendel in war ei n iroschottischer Königssoh n, der auf den Thron verzichtet hatte und nach einer Rom-Wallfahrt bei Trier ein Einsiedlerleben führte. Er hütete die Tiere eines Edelmannes und pflegte die Herde zu einem weit entfernten Berg, dem heutigen St. Wendel, zu treiben, wo er betete. Darüber geriet der Edelmann in Zorn, weil er glaubte, daß die Tiere nicht mehr rechtzeitig heimkehren würden, was aber wunderbarerweise doch geschah. Wendclin wurde 69 später Abt des Klosters Tholey. Sein Grab fand er auf jenem Berg, zu dem er so oft zum Beten .. HI. Wendelin aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. gezogen war. Vielleicht soll das kleine Felsmassiv zu Füßen unserer Figur eben diesen Berg andeu- ten. Die besondere Kleidung des Heiligen: über violettem Gewand trägt er eine rote Pelerine mit Kapuze und einen breitkrempigen roten Hut (kann sowohl Pilger- wie Hirtentracht sein); nur wenn sich auf der jetzt abgeschlagenen vorderen Hutkrempe eine Muschel, das typische mittel- alterliche Pilgerabzeichen, befand, war eindeutig das Pilgergewand gemeint. Als Schutzpatron des Viehs war Wendelin im späten Mittelalter ei n viel verehrter, volkstümlicher Heiliger, der in der spätgotischen Kunst oft dargestellt wurde, so z. B. nicht weit von Wössingen in dem 1523 datierten Beiertheimer Altar 5. Dadurch, daß glücklicherweise St. Wendelin als Patron der einen Kaplanei in Unterwössingen überliefert ist, läßt sich die Kirche dieses Ortsteiles als ursprünglicher Standort unserer Figuren bestimmen. Die Größe der Bildwerke - die Muttergottes ist immerhin 114,5 cm hoch - legt es nahe, in ihnen die Reste des Hochaltarretabels zu sehen. Wenn die beiden verschollenen Figuren, Sebastian und eine weibliche Heilige, auch dazu gehörten - wofür die übereinstimmenden Maße sprechen -, müßten wir aus Gründen der Symmetrie sogar einen stattlichen, mit fü nf Bildwerken gefüllten Altarschrein annehmen: ZU Seiten der Madonna standen dann je zwei Figuren. Die Ver- stümmelung der Skulpturen geht wahrscheinlich auf die Reformationszeit zurück. Danach mögen die Figuren auf dem Kirchenspeicher verschwunden sein . Vielleicht hat man sie erst wiederent- deckt, a ls nach dem Neubau einer Kirche für ganz Wössingen, die 1821-1822 nach dem Entwurf Weinbrenners entstand, die beiden alten Gotteshäuser abgerissen wurden. Reste einer steingrauen Bemalung, die über den jetzt freigelegten Spuren original er Fassung lag, sprechen dafür, daß man die Figuren im 19. Jahrhundert "aufgefrischt" hat. Trotz aller Beschädigungen, trotz des weitgehenden Verlustes der ursprünglichen Fassung, die den Bildwerken etwas Leuchtendes gegeben hatte - während wir heute den stumpfen dunklen Holzton sehen -, ist noch so viel künstlerische Substanz vorhanden, daß wir die Leistung des Schnitzers zu erkennen vermögen. Beide Skulpturen stehen auf hohen mitgeschnitzten Architektursockeln, wobei derjenige der Maria durch reichere Profilierung ausgezeichnet ist. Auch die Körperhaltung entspricht sich hi er und dort : mit leichtem Tritt ist das unbelastete rechte Bein, das "Spiel"bein, vorgeste ll t, auf der Gegenseite schwingt die Hüfte aus, die Schulter folgt dieser Schrägstellung, d. h. die rechte Schulter hängt herab, doch der Kopf ist wieder aufgerichtet, beim Wendelin sogar der erhöhten Schulter zugeneigt. Dadurch ergibt sich ein Aufbau in schwingender gotischer S-Linie, der alle gewichtigen ruhenden Horizontalen meidet. Bei der Madonna als der Hauptfigur ist die Schwin- gung stärker ausgeprägt; durch die Neigung des Oberkörpers nach rückwärts - a ls Gegenbewe- gung zu dem ehemals vorne auf dem link en Arm sitzenden Kind - gew innt sie auch noch an räumlicher Tiefe. Das ruhige Antlitz der Maria mit dem nur eben angedeuteten Lächeln in den Mundwinkeln war ursprünglich wohl als stilles Gegenbild zum Christkind gedacht, das die Spätgotik quirlig-bewegt - wie ein richtiges Kind - darzustellen pflegte. Der H eilige dagegen zeigt die Vorliebe der Zeit 71 für ed le Charakterköpfe von schmerzlich-bewegtem Ausdruck . Scheinbar bildnisgetreu in der • Madonna aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. genauen Wiedergabe der Einzelheiten, jeder Runzel, jeder Locke, ordnen sich die Formen doch nach dem Gesetz künstlerischer Ebenmäßigkeit ; auch der Ausdruck bleibt verhalten im Sinne spätmi ttelalterlicher Frömmigkeit. Die Gewänder sind auffallend knittrig. Dies gilt wieder für die Marienfigur in besonderem Maße: nach dem weitgehenden Verlust der Fassung mit ihren sondernden Farben ist es oft schwer zu unterscheiden, was Kleid, was Kopftueh, was Mantelfutter, was Außenseite des Mantels ist . Der Blick schräg von der Seite zeigt, wie auch hier die Gewandgebung nicht abgerundet, sondern die Tiefe räumlich zu staffeln versucht. Maria trägt ein eng tailliertes blaues Kleid mit Pelzbesatz am Hals, wie es zu Ende des 15. Jahrhunderts Mode war, darüber einen goldenen, rotgefütter- ten Mantel, d. h. eigentlich ei n loses Tuch, das unter den Ellenbogen hochgenommen ist und dessen ei ne Bahn quer über den Leib gezogen ist, so daß sie vorn e den Unterkörper deckt. Offen herabfallendes Haar, Schleier und Kronreif kennzeichnen die Gestalt a ls die jungfräuliche Him- melskönigin; der Mond zu ihren Füßen ist das Attribut des apokalyptischen Weibes (Offenba- rung 12, 1), das von der mittelalterlichen Theologie seit dem 12. Jahrhundert oft mit Maria gleichgesetzt wurde. Gerade bei diesen Motiven zeigt sich die Lust des Künstlers an ein er kompli- zierten Verknüpfung der Formen: der Schleier deckt nicht nur das Haupt der Mutter, sondern diente mit sei nem Ende auch als Unterlage für das - sicher nackt dargestellte - Kind; und die Mond- sichel muß sich gleich in zwei Kleidungsstücken - Rocksaum und Mantelsaum - verfangen. Auch der Schäferhund des Wendel in ist halb vom Mantel des Heiligen verdeckt. Beide Figuren tragen spitze Schuhe, wie sie nach dem Jahr 1500 nidn mehr Mode waren. Die nächstverwandten Skulpturen - auch sie heute Eigentum des Badischen Landesmuseums - stammen aus der Kirche von Knielingen, ebenfalls einem altbadischen Ort, welcher zum Gebiet der protestantischen Durlacher Linie zählte ' . Die ursprüngliche Aufstellung der Knielinger Figu- ren läßt sid, nicht mehr mit Sicherheit bestimmen. Vielleicht stand das große Vesperbi ld in der Mitte des Hochaltarschreins und die Anna Selbdritt ebenda als Seitenfigur, während die kniende Maria Magdalena zur Kreuzigung im Gesprenge gehörte. Oder es handelte sich um einen Kreuzaltar mit der Kreuzigungsgruppe im Schrein; in diesem Fall wäre zumindest das Vesper- bild a ls isoliert aufgestelltes Andachtsbild zu denken . Obwohl durch den Holzwurm hier viel von der Oberfläche zerstört wurde, lassen sich Gemeinsamkeiten mit den Wöss inger Figuren er- kennen: die Gesichter mit den tiefliegenden Augäpfeln, den scharf umrissenen, schweren Ober- lidern, die Bildung des Halses bei der Wössinger Madonna und der Maria des Vesperbildes, die fei ne knittrige Behandlung der Binnenfalten, überhaupt die genaue Ausarbeitung der Einzel- fo rmen, und schl ießlich die Bändigung dieser kleinteiligen Unruhe durch den geschlossenen Umriß . Wir sehen uns hier der Spätform eines Stiles gegenüber, der den großen, oft versch lun genen, aber immer räumlich aufgelockerten Faltenwurf schätzte, der Gestalt und Gewand gerne vonein- ander zu lösen versuchte, um dadurch ein reiches Gegenspiel ihrer Formen zu erzeugen (Da ngols- heimer Maria im Museum Berlin-Dahlem, Hochaltar der Nördlinger Georgskirche). Doch jetzt sind aus der ehemals großzügigen Faltenfülle kleine scharfkantige Splitterformen, aus den 73 Raumtiefen zwischen Mantel lind Körper schmale Schluchten geworden. Neu ist, daß nun der Kopf des hl. Wendclin Vesperbild aus Knielingen, vermutlich Straßburger Werkstatt, um 1500 • Umriß die räumliche Bewegung zusammen faßt, wodurch die bildhaft-flächige Ansicht der Skulp- tur betont wird. Bei den Knielinger Figuren - vor allem bei der Anna Se1bdritt - ist darüber hinaus auch ein Flacherwerden der einzelnen Motive festzustellen . Sie dürften deshalb etwas später als die Wössinger - schon um die Jahrhundertwende - entstanden sein. Doch sonst ist vom Neuen der Renaissance-Zeit noch nichts zu spüren. Seinem Ursprung nach ist dieser Stil straßburgisch. Das spricht dafür, daß die Wössinger und Knielinger Bildwerke aus einer bisher nicht mit Meisternamen belegbaren Straßburger Werkstatt stammen; auch andernorts in der Markgrafsdtaft, in Baden-Baden, Oos und Beiertheirn, hat man sich damals Altäre in diesem Hauptort spätgotischer Schnitzerkunst bestellt. Anmerkungen 1 Bei diesen Figuren handelt es sich um Dauerleihgaben des Badischen Landesmuseums, die sich seit 1924 im Pfinzgaumuseum befinden . - Maria, Höhe mit Sockel 114,5 em, Inv.-Nr. C 6704; hl. Wendelin, Höhe mit Sockel 104,5 em, Inv.-Nr. C 6706; beide aus Lindenholz, dreiviertelrund, rückseitig ausgehöhlt. Herr Restaurator Anton Rommel hat die Figuren im Sommer 1975 von übermalungen befreit und gereinigt. 2 Hl. Sebastian, Höhe 110 em, Inv.-Nr. C 6703; weibliche Heilige, Höhe 111 em, Inv.-Nr. C 6705 . 3 Die Kunstdenkmäler des Großherzogturns Baden, -Bd. IX, 1, Kreis Karlsruhe, Amtsbezirk Bretten, Tübingen 1913, S. 162 ff. erwähnt die Figuren nicht. Für Auskünfte und Hi lfe bin ich Herrn OttO Bickel, Herrn Dr. Hans Huth, Herrn Dr. Hermann Rückleben, Herrn und Frau Pfarrer Hans-Ulrich Schulz und Herrn Dr. Hans Martin Schwarzmaier zu Dank ver- pflichtet. 4 Wössingen im Wandel der Zeit, 1971, S. 69. 5 Ausstellungskatalog Spätgotik am Oberrhein, Meisterwerke der Plastik und des Kunsthand- werks 1450-1530, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 1970, Nr. 147-152, Abb. 130. 6 Alle drei Figuren aus Lindenholz, Fassung abgelaugt. Vesperbi ld Höhe 106,5 em, untere Breite 53 em, Inv.-Nr. C 1993; Anna Selbdritt, Höhe 112 em, Inv.-Nr. C 1996; Maria Mag- dalena, Höhe 70,5 em, Inv.-Nr. C 1992. Nähere Angaben bei A. v. Schneider, Die plastischen Bi ldwerke, Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 1938, Nr. 90-92, Taf. 44-46, und bei Spätgotik am Oberrhein (Anm. 5), Nr. 112-113, Abb. 104. Aus Knie- lingen stammten außerdem die heute verschollenen Figuren: Christus am Olberg, Holz, Höhe 68 em, Inv.-Nr. C 1994, und ein Holzrelief mit männlicher Figur, Höhe 70 em, Inv.-Nr. C 1995; der Zusammenhang dieser bei den mit den drei hier behandelten Figuren ist unklar. Laut Inschrift am Westturm wurde der spät gotische Bau der Knielinger Kirche 1480 begonnen (siehe: Die Kunstdenkmäler Badens, Bd. IX, 5, Karlsruhe-Land. Karlsruhe 1937, S. 157). 76 Ernst Schneider Durlach im Wandel der Jahrhunderte Im Uf- und Pfinzgau lassen sich sei t der Mitte des 12. Jahrhu nd ertS die Sta ufer nachweisen. Sie konnten in diesem Raum vor allem als Inhaber der Vogtei über klösterlichen Besitz, in erster Li nie des Klosters Weißenburg, Fuß fassen. Im Pfinzgau kam dem heutigen Turmberg bei Du rl ach eine wichtige Stellung der staufischen Macht zu. Zwischen 1187 und 1196 sind di e Staufer in den Besitz der Burg Grötzingen (auf dem Tu rmberg) gelangt, haben die G rafschaft im Pfinzgau und die weißenburgischen Lehen an sich gezogen. Als ihr bedeutendstes Werk im Pfinzgau gilt die Gründung der Stadt Du rlach, die in den Jahren 1191/92 wohl gleichzeitig mit Etdingen durch Kaiser H ein rich VI. erfolgt sein dürfte. D ieser Kaiser hielt sich vom Dezember 11 91 bis Mai 1192 - eine ungewöhnlich lange Zeit - in Weißenburg, H agenau und Speyer auf. Im Jahre 11 96 weilte H einrich VI. in Durlach und hat hier zwei Urkunden ausgestellt. Und aus dem Jahre 11 96 stammt die erste urkundliche Erwähnung von Du rlach als "oppidum" . Diese Fak ten bewei- sen, daß Du rlach im Jahre 11 96 als Stadt bestanden hat. Vorher ist der Name nicht nachzuweisen. Wie andere frühe Stauferstädte liegt Du rl ach an der Grenze zwischen Altsiedel- und Rodun gs- land , zwischen Ebene und Hügelland. Von Bedeutung ist auch die Lage an der alten Straße von Frankfurt nach Basel. Die Stauferstad t Durlach, woh l a ls Festungsstadt gedacht und im Bereich der Gemarkung Grötz ingen angelegt, wurde durch ein 5traßenkreuz bestimmt, dem sich im Laufe der Jahrhunderte vier Stadttore anschlossen. Vo n dieser Stauferstadt ist nichts mehr erhalten. Durlach zählt aber auch zu den Städten, die durch Anlehnung an ei ne berei ts vorhandene Burg entstanden sind. Diese Burg erhob sich auf dem heutigen Turmberg und ist, entgegen Angaben im Durlacher Schrifttum, ä lter a ls die Stadt. Zu Ende des 11 . Jahrhunderts haben auf diesem Berg die Grafen von Hohenberg ihre Burg err ichtet. Das Gebiet gehörte seit dem 8. Jahrhundert dem Kloster Weißenburg, die Burg stand vo r der Gründ ung von Durlach auf Grötzi nger Ge- markung und heißt deshalb auch "castrum Grecingen". Von hi er aus kolonisierten die H ohen- berger den H ardtwa ld und gründeten das Kloster Gottesaue. Im 12. Jahrhundert war diese Burg Sitz der G rafen von Grötzingcn, die in engen Beziehungen zu den Staufern standen. Auch die Grabungsergebnisse lassen den Sch luß zu, daß diese Burganlage vor 1100 entsta nden ist. Nu r weni ge Jahre verblieb Du rlach in staufischem Besitz. Markgraf H ermann V. von Baden (11 90-1243) hatte sich mit Irmingard, der Tochter des welfischen Pfal zgrafen Heinrich des Jüngeren, verheiratet. Dadurch wa r er in den Besi tz der Stadt Pforzheim und ei nes Teils der braunschweigischen Güter gelangt. Im Jahre 1219 tauschte H ermann V. von Kaiser Friedrich 11. die Reichs- und Stauferstädte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als P fa ndschaften, Etdingen als Lehen und Du rlach a ls Eigentum gegen die bra unschweigischen Güter. In einer späteren U rkunde vom November 1234 wurde dieser Tausch durch Kaiser Fried rich II . nochmals bestäti gt . Mit Durlach war sicher die Burg Grötzingen an die badischen Markgrafen gekommen, auch die Vogtei über das Kloster Gottesaue, aber nicht der gesamte Stauferbesitz. Für die markgräfliche Städtepolitik bedeutete diese Erwerbung, daß dad urch eine Verbindung vom oberrhei nischen Gebiet zu den a lten markgräflichen Besitzungen am mittleren Neckar geschaffen werden konnte. Die Markgrafen förderten die Stadt und bauten sie aus. Die überlieferung ist zu dürftig, um den Ausbau Durlachs vom 13. bis 15. J ahrhundert genauer verfolgen zu können. Selbst über ein so hervorstechendes Merkmal der mittelalterlichen Stadt, nämlich die Stadtummauerung mit den Stadttoren und -türmen, lassen sich zur Entstehung keine genauen Angaben mad1en. Die Stadtmauer erscheint urkundli ch als Lagebenennung seit dem 14. J ahrhundert und umschloß ursprünglich das von der (heutigen) Bienleinstor-, Zunft-, Amt- haus- und Kclterstraße gebi ldete Oval. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadtmauer nach Nord- osten hinausgerückt, 1468 wurde das Blumentor errichtet. Früh belegt si nd die Kirche (ecclesia Durlach 1255) und die mittela lterl iche Ticfburg, auf deren Stelle die spätere Karlsburg mit dem heutigen Prinzessinnen bau errichtet wurde. Für den Rang Durlachs als Stadt ist auch die Verleihung des Marktrechts von Bedeutung. Am 10. August 1418 verlieh König Sigismund der Stadt das Recht, jährlich zwei Jahrmärkte, auf St.-Jakobs- und St.-Gallen-Tag, abzuhalten. Dies ist die friiheste Nachricht über die Abhaltung von Jahrmärkten in Durlach. Das Marktwesen wurde .wie überhaupt das öffentlid,e Leben durch Ord nungen geregelt, die 1536 im Durlacher Rechtsbuch zusammengefaßt wurden, aber sicherlich schon lange vo rher bestanden. Sowohl die Königsurkunde von 1418 als auch das Rechtsbud1 von 1536 befinden sich im Stadtarchiv Karlsruhe. Als im Jahre 15 35 die Markgrafen Ernst und Bernhard den Vertrag über die Teilung der Mark- grafsd1aft schlossen, erhi elt Ernst neben seinen bisherigen Besitzungen u. a. die Städte, Schlösser, Amter pforzheim, Durlach, Mühlburg. Er wählte Pforzheim als Residenz, die sein Nachfolger, Markgraf Karl 11. , im Jahre 1565 nach Durlach verlegte. Durlach - Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach. Dies wirkte sich zunächst im Stadt- bild aus. Im Vordergrund stand der Bau des Residenzschlosses, der Karlsburg, aber auch Stadt- mauer und Stadttore wurden erneuert, Straßen und Plätze wurden gepflastert. Die Durlad1cr wurden von manchen Abgaben befreit. Das Verhältnis des Landesherrn zu den Einwohnern sciner Residenz wird in besonderer Weise durch den Inhalt einer am 17. Mai 1567 ausgestellten Urkunde gekennzeichnet. Karl I I. sprach in dieser Urkunde die Befreiung der "E inwohner und gantzen Gemeindt unser Statt Durlach" von der Leibeigensd1aft gegen Bezahlung einer bestimmten Summe aus. In diesem "Servitut" sah der Landesherr ein großes Hindernis für die Entwick lung seiner Residenzstadt. Auch diese Urkunde wird im Stadtarchiv Karlsruhe verwahrt. Als selbstbew ußter Landesherr hat Karl TI. die Errichtung einer Münzstätte ins Auge gefaßt (Ende 1571). Von 1572 bis 1575 wurden unter Karl 11. Münzen geprägt : Taler, Halbbatzen, Dreier und Pfennige. Die Talerprägungen von 1575 waren nur von kurzer Dauer und gehören heute zu den Seltenheiten. Unter Karls Sohn, Markgraf Ernst Friedrich, wurd e 1586 das Dur- 78 lacher Gymnasium vollendet und eingeweiht. Zahlreiche bedeutende Gelehrte haben an diesem Gymnasium gewirkt. Diese Entwicklung der Residenzstadt auf den verschiedensten Gebieten fiihrte im 17. Jahrhundert zu schweren Rückschlägen. Der 30jährige Krieg lastete schwer auf den Oberrheinlanden, aud, auf Durlach und sei ner Bevölkerung. Nur langsam gelan g es, normale Verhältnisse zu schaffen, als das Land vom Pfälzischen Erbfolgek ri eg heimgesucht wurde. Schicksalstag für die Stadt und ihre Bewohner wurde der 16. August 1689 : an diesem Tag ging Durlad1 in Flammen auf. Das Schloß brannte bis auf den Prinzessinnenbau ab. Nur wenige Häuser blieben verschont. Unter den zahl reichen Maßnahmen, die nach diesen schw eren Kriegsjahren zur Förderung der Stadt ergriffen wurden, ist der von Markgraf Fried rid1 Magnus seiner Residenzstadt am 3. April 1699 erteilte "Freiheitsbrief" zu nen nen . Die bisherigen Privilegien blicben bestehen, also auch die Befreiung von der Leibeigenschaft. Wer ein modellmäßiges Haus baute, war 20 Jahre lang von gewöhnlichen und außergewöhnl ichen Abgaben und Lasten befreit, auch von Frondiensten. Die Sorge um das Wohl der E inwoh ner geht aus folge nder Stelle dieser Urku nde hervor: "Uns wi rd auch übrigens immerfort gelegen sein, die jetzige sowohl als künftige Bürger und Inwohner dieser unser lieben Statt Durlach nicht all~in bey guter auskömm licher Nahrung zu conserviren und zu schützen, sondern auch darin von Tag zu Tag nach Möglichkeit zu verbessern ... " Auch dieser "Freiheitsbricf" zähl t zum Bestand des Karlsruher Stadtarchivs. Mitten in den nur langsam vorankommenden Wiederaufbau der zerStörten Stadt trat ein Ereig- nis, durch das die weitere Entwicklung von Durlach einen empfindlichen Stoß erlitt: 1715 ver- legte Markgraf Karl Wilhelm seine Residenz von Durlach nach Karlsruhe. Man darf diesen Vor- gang nicht isoliert, nur auf Durlach bezogen sehen. Durlach zählt zu der Städtcgruppe an der Bergstraße und am Gebirgsrand, die als planmäßige Gründung ebenso wie andere Randstädte längere Zeit landesherrliche Residenz war und im 18. Jahrhundert diese Funktion an die Neu- gründungen in der Ebene abtreten mußte. Die Stadt DurIach war sich der Folgen, di e sich aus diesem Verlu st ergaben, durchaus bewußt. Wohl versuchten die Markgrafen Ka rl Wilhe1m und vor allem Karl Friedrich, die Wirtschafts- kraft der Stadt zu fördern. Es entstanden im 18. Jahrhundert Fabriken oder Manufakturen, die auf landesherrliches Privileg hin gegründet und mit zahlreichen, immer wieder erneuerten Frei- heiten von Abgaben, Steuern und Zöllen ausgestattet wurden. Diese industriellen Versuche sind als Ausdruck des merkantilistischen Wirtschaftssystems zu sehen. Sie haben sich für die Stadt öfters nachteilig ausgewirkt: wiederholt waren ihre Besitzer unter Hinterlassung von Schulden "echap- piert". N ur eine dieser Gründungen hat das 18. Jahrhundert überdauert: die Fayencefabrik . Im Jahre 1779 befaßte sich der Durlacher Rat mit der Frage über die Errichtung einer Univer- sität. Aus zwei Gründen sei dieses Vorhaben genannt: zum einen zeigt es das Bemühen der städti- schen Organe um Mittel und Wege für die Entwicklung der Stadt, zum andern aber gibt dieses Vorhaben Aufschluß über allgemeine Durlacher Verhältnisse des 18 . Jahrhunderts. Wegen des Universitätsprojektes hat sich der Durlacher Rat am 30. April 1779 in einer ausführlichen Bitt- schrift an den Landesherrn gewandt. Darin wird die wirtschaftliche Lage, die Armut und der • Zerfa ll der Stadt in bewegten Worten geschildert. "Hätte Durlach das unschätzbare Gl ück eines solchen Instituts, so würden die Brandstätten und Lücken der Stad t, welche bisher traurige Zeugen der Un vermögenheit der Inwohner sind, bald in modellmäßige Gebäude verwandelt seyn, schlechte Lotterfall en niedergerissen, zu tauglichen Häusern gemacht, an dere um ei n Stockwerk erhöhet und die ganze Stadt nach und nach verschönert werden.« Nach diesem Zeugnis hatte Durlach im ausgehenden 18. Jahrhundert die Folgen langer Kriegs- jahre noch nicht überwunden. Erst die im 19 . Jahrhundert eingetretenen territorialen, politischen und wirtschaft lichen Veränderungen schufen auch für Durlach ein en Wandel. Vor a llem war es die zunehmende Industrialisierun g, die nicht nur neue StädtetypeIl SdlUf, sondern auch die älteren Städte veränderte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist in D urlach ein wi rtschaftlicher Auf- schwung zu verzeichnen. Als im Jahre 1903 die Durlacher Gewerbe- und Indust rie-Ausstellu ng veranstaltet wurde, befanden sich unter den 230 Ausstellern 132 Durlacher Firmen. Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung bildete der Ausbau der Verkehrsverbindun- gen, vo r a ll em der Bahnbau (Lini en H ei delberg - Karlsruhe, Durlach - Mühl acker, Kraichgau- bahn). Aber auch städtische Einrichtun gen wurden geschaffen wie das Gaswerk (1861) und das Wasserwerk (1896/97). Um die Jah rhundertwende wuchs die Stadt weit in das Umland hinein . Eine wesentliche Strukuränderung brachte der aufs trebenden Stadt das Jahr 1938, in dem sie in die Großstadt Karlsruh e eingegliedert wurde . . Die Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner is t Spiegelbild der Landes- und Reichsgesch ichte. Durlach, von den Staufern gegründet, seit dem 13. Jahrhu ndert Markgrafenstadt, 150 Jahre lang Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach, ha t in dieser jahrhundertelangen territoria- len Zugehöri gkeit Zeiten friedliche r Entwicklung und Entfaltung, aber auch schwere, von K rieg, Not und Armut geprägte Jahre erlebt. Alle diese Schicksalssch läge hat die Durlacher Bevölke- rung gemeistert. Der Gegenwa rt obliegt die verpfli chtende Aufgabe, sich dieser Tradition bewußt zu sein und das überlieferte Kultu rgut zu bewah ren. Dieser Aufgabe dient auch das neugestaltete Pfin zgaumuseum . Hinsichtlich der Revolutionsdokumente 1848/49 des Pfinzgaumuseums verweisen wir auf "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" Band 2 Die Badische Revolution 1848/49 im Pfinzgaumuseum erhältlich (DM 2,-) Vorankündigung: Als Band 4 der "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" wird erscheinen: Ernst Schneider Durlacher Volksleben 1500 - 1800 Volkskundliches aus archivalischen Quellen
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZbwlSRBoIy/Pfinzgaumuseum.pdf
untitled Sanierung Karlsruhe Alter Schlachthof Stadtumbau West 2007 – 2021 Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt 2 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Impressum Herausgegeben von: Stadt Karlsruhe | Stadtplanungsamt Leiterin: Prof. Dr.-Ing. Anke Karmann-Woessner Bereichsleiterin: Generalplanung und Stadtsanierung, Heike Dederer Redaktion: Karlsruher Fächer GmbH, Ariane Dony, Nathalie Henn, Lina Hoscislawski, Isabel Schüler Text, Konzeption: Karlsruher Fächer GmbH Layout: Karlsruher Fächer GmbH, Angelina Amann, Iris Dietrich; Presse- und Informationsamt, Zimmermann Titelbild: Liegenschaftsamt Quellen: Bieringer, Liane: Die Geschichte des Schlacht- und Viehhofes der Stadt Karlsruhe von 1928 bis in das Jahr 1988. Hannover 1991. Hofschulte, Bernhard: Die Geschichte des Schlacht- und Viehhofes der Stadt Karlsruhe bis zum Jahre 1927. Hannover 1983. Druck: Rathausdruckerei, Recyclingpapier Stand: Mai 2021 Stadtplanungsamt | 3 Sanierung Karlsruhe Alter Schlachthof Stadtumbau West 2007 – 2021 FetFetFetFetFetFF tsctsctscctschmehmehmehmehmehmehmehmelzelzezelzlz , F, F, FF, otootooto : F: F: FFFFFiideideideiid lislisilis FuFuFuchschshhhhhchshhs 4 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof IIIIIInnnnnnnhhhhhhhaaaaaallllllt Vorwort 6 Einleitung 8 HiHiststororrieieieieeeee 10 KoKoKKoKoKoKoKonvnvnvnvnvnvnvnvnvn ererereereeeee sisionon 222222200 PlPllllPllanananannnnanananananununununununununungsgsgsgsgsgsggsgsg rerererererererechchchchchchchchc tltltltltltltltliciciciciciciccchehehehehehehehehe uuuundndndnnd gggesese tatat ltltererisisssschchcccc e e GrGrununununununnnddddldlddddllagagagaaageneeeeeeeen 28 BBBeBeBBB teililiggunungg unnnunnnnnddddddd QuQuQuQuQQuQuuararaaaaaa titiererseseininbibindn ung 34 GeGebäbäududee (A(A(A(A(A(A(A(AA( usususuuuuu wawawawawawawaahlhlhhh )) 40  Fleischchcchchc markthalle undddddddddddd AAAAAAAtettt lililieereeeeeeeee haaaus ((((((AAlAlAllAA teteteteeteer SccScScccScSccchlhhhhhhhhh achthof 13 und 13 a) 42  Schweinestall (((Alter Schllllachttttthohohohhhh f ff 15) ) ))))) ) 46  Pferdeschhhlachhthhhhauaua s (AAltereeee Schhhhlalallllachchchthoofofofofoffofo 2222227)7)7))77)7))7) 48  UU U Umbmmbmbauaua - unundd Neubbaua maßnahmemeeeennnnnn auauauauaua ßeßeßeßßßßßeß rhalb des Stadtumbaugebieteseesssss 52 KoKoststenen-- unund Finan nznzieierurungngsüsübbersicht 60 ReReR sümem e e 64 Stadtplanungsamt | 5 PföPföPföPföPfPföPföPföfPföPföPffföff rtnrtnrtnrtnrtnrtnrtnrtnrtnrtnrtnr erherherherherherherherhereerheee äusäusäusäusäusäusäusäusäusäuäussäuuuä chechechechechechechechechechechecchen, n, n, n, n, n, n,nn,n, nnn FotFotFotFotFotFotFotFotFottotFotFotFoo oo:o:o:o::o:oo:o MatMatMatMatMatMatMatMaMatMatMMatMMatMatMMaMatttMattM thithithithithithithththhitththiihthh asas as as as asassassssaass KapKapKKapKapapKapKapKapKapKapapKapKapKapppicaicaicaicaicaicaicaicaicacicacaicaicacaccicca 6 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Stadtumbau – so ist das Bund-Länder-Förderprogramm überschrieben, mit dessen Unterstützung aus dem Schlacht- und Viehhof Karlsruhe das Kreativareal Alter Schlachthof werden konnte. Der Alte Schlachthof ist ein Beispiel dafür, dass sich hinter diesem Wort mehr verbirgt als das auf den ersten Blick Offensichtliche: Kräne und Bagger, Baustellen, Sperrungen, Hinweisschilder und Umwege. Stadtumbau beginnt, dies hat die Konversion des Alten Schlachthofs gezeigt, im Kopf – mit Gedanken und Ideen zu der Frage, wie eine Stadt sein soll, was eine Stadt braucht, in der wir als Menschen unserer Zeit leben wollen. Stadtumbau beginnt, wenn sich wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen verändern und einzelne Gebäude oder ganze Areale Zeuge dieser Veränderungen werden: Weil ihre Nutzung nicht länger besteht, weil ihre Beschaffenheit nicht länger zeitgemäß ist, weil sich, was einmal für den Fortschritt stand, in ein Abbild der Vergangenheit wandelt. Geschieht dies, braucht es Mut mitunter auch zu fundamentalem Wandel und den Willen, mit dem Bestand umzugehen und diesen aus neuen Perspektiven zu betrachten. Wer hätte vor wenigen Jahrzehnten, als der Schlachtbetrieb noch in vollem Gange war, als die Stadtgesellschaft vor und die Arbeit hinter den geschlossenen Mauern war, gedacht, dass aus diesem Ort einmal ein Zentrum für Kunst, Kultur und kreatives Arbeiten werden würde? Dass man sich in der ehemaligen Fettschmelze zum Mittagessen trifft, Besprechungen im ehemaligen Kühlhaus stattfi nden, man später sein Büro in einem Seefrachtcontainer in der ehemaligen Schweinemarkthalle zuschließt, um den Abend in der einstigen Hackerei ausklingen zu lassen? Stadtumbau – in einem zweiten Schritt braucht es dann sicherlich die Ausdauer und den langen Atem, die Phase des tatsächlichen Umbaus zu überstehen – mit allen Baustellen und Umwegen, Einschränkungen und gelegentlichen Hindernissen. Die Konversion des Alten Schlachthofs dauert bis heute an und hat in den vergangenen 15 Jahren einiges von den Nutzerinnen und Nutzern, die sich nach und nach auf dem Gelände ansiedelten, abverlangt. Stadtumbau bedeutet auf dem Alten Schlachthof auch, sich immer wieder die Frage nach dem weiteren Weg zu stellen. Bei jedem Gebäude, das nun in der zweiten Phase der Konversion auf dem ehemaligen Viehhof entsteht, wird – gemeinsam mit den aktuellen und zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern, mit der Politik, der Verwaltung, mit Expertinnen und Experten verschiedener Fachbereiche – baulich und inhaltlich Konzeptarbeit geleistet. Welche Nutzungen ergänzen das Bestehende? Wovon profi tiert das Areal? Wie steht das Gebäude zu den Herausforderungen der Gegenwart, zu Nachverdichtung, zu Klimaschutz, zu Nachhaltigkeit? All diese Themen machen deutlich, dass der Stadtumbau auf dem Alten Schlachthof mit Ende des Förderprogramms bei Weitem nicht abgeschlossen ist. Vielmehr war es ein entscheidender Baustein eines Transformationsprozesses, in dem es immer wieder auf neue Fragestellungen zu reagieren gilt. Ich freue mich darauf, die Entwicklung dieses außergewöhnlichen Areals auch weiterhin zu begleiten. Vorwort Dr. Frank Mentrup Oberbürgermeister Stadtplanungsamt | 7 PerPerfekfekt Futur, Foto: Fidelis Fuchs 8 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Wandel als Chance Die Konversion des Alten Schlachthofs Karlsruhe ist weitestgehend abgeschlossen. Wo früher geschlachtet und Fleisch verarbeitet wurde, sind Ateliers und Büros, Werkstätten, Galerien und Gastronomien entstanden. In ehemaligen Stallgebäuden, in Verwaltungs- und Wohngebäuden, in Verarbeitungshallen, in Maschinenräumen und Kühlhäusern. Das Programm Stadtumbau West, das die Konversion des Alten Schlachthofs in bedeutendem Maß gefördert hat, wurde etabliert, um Städte dabei zu unterstützen, Prozesse des wirtschaftsstrukturellen Wandels zu bewältigen und städtebaulich auf Umbrüche zu reagieren. 2006, mit dem endgültigen Ende des Schlachtbetriebs an der Durlacher Allee, stand der Schlacht- und Viehhof Karlsruhe, seit 1887 in Betrieb, ohne Zweifel vor einem bedeutenden Umbruch. Die repräsentativen und anspruchsvollen Funktionsbauten des Stadtbaumeisters Wilhelm Strieder, geplant als verbergende Hülle für die innere, wenig ansehnliche Nutzung, haben die Zeit überdauert und nichts an Schönheit und Qualität verloren. Ihre Nutzung jedoch wurde unter anderem aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen aufgegeben. Man begriff das Ende des Alten Schlachthofes als Chance auf etwas Neues, füllte Häuser, Hallen und Höfe mit neuem kulturellem, kreativem und wirtschaftlichem Leben. Diese Broschüre blickt zurück auf die Geschichte des Schlacht- und Viehhofs Karlsruhe und auf seinen Wandel hin zum Kreativareal. Sie erläutert beispielhaft das Vorgehen bei der Umnutzung des überwiegend denkmalgeschützten Gebäudebestands und bei der Errichtung nutzungsergänzender Neubauten. Sie beleuchtet außerdem die Themen Erschließung und Finanzierung und thematisiert abschließend die Beteiligung der Öffentlichkeit am Konversionsprozess und die Integration des Areals in das Quartier und die Gesamtstadt. Einleitung Stadtplanungsamt | 9 GasGasGasGasGasGasGaGasGasGasGaGasGGGaG thathathathathathathathththathahthtthhth us,us,uus,s,s StStStStStStStS raßraßraßraßraßraßraßraßraßßenpenpenpenpenpenpeee perserserserseerseereerspekpekpekpekpekpekpekekekekekpeekpekektivtivtivtivtivtivivivtivtivtivttivtivitivve ve ve ve ve ve ve ve veee ve ve ve vee vee vvononon nonnoonononn derderdderderderderdd DuDuDuDuDuDDuDDDuDuDuDuDuuDDDDD rlarlarlarlrlarlarllarlarlrrrr chechechechechechehechehehcheeeeeeeer Arr Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar Ar AAr AAAAAAllellllellellellellellellelellellll e Ee Ee Ee Ee Ee Ee Ee Eeee Ee Ee ndendendendendendedendendeddedededdddended dededededededededddededddeddes 1s 1s 1s 1s 1s 1s 1s 1s 1s 19.99. 9. 9.9.99.999. . 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Teil des Rathauskomplexes war ein Schlachthaus mit zwei Fleischbänken. Da der Landgraben um 1729 noch die südliche Grenze der Stadt bildete, lagen Rat- und Schlachthaus zunächst außerhalb des Wohngebietes. Doch nur wenige Jahrzehnte nach der Errichtung hatte sich die junge Stadt in einem solchen Maß vergrößert, dass sich das einst abgelegene Gebäude inmitten einer bewohnten Gegend befand. Dieser Umstand wurde von den ansässigen Nachbarn besonders im Sommer viel beklagt. Aus diesem Grund wurde 1794 das zweite Schlachthaus Karlsruhes errichtet, wieder am Rande der Stadt, am heutigen Ludwigsplatz gelegen. Doch nur wenige Jahre nach seiner Errichtung wurde das Gebäude am Ludwigsplatz für baufällig erklärt, überdies weitete sich die Stadt weiterhin kontinuierlich aus und man benötigte Platz für den Bau der Karlstraße. So wurde schon im Jahre 1819 in der heutigen Leopoldstraße das dritte Schlachthaus Karlsruhes in Betrieb genommen. Das beständige Wachstum der Stadt sowie der aus gesundheitlichen und hygienischen Gründen obligatorisch gewordene Schlachthausbenutzungszwang erforderten um 1880 einen weiteren Umzug beziehungsweise Neubau der städtischen Schlachteinrichtung. Man plante die Installation eines weitläufi gen Areals, eines kombinierten Schlacht- und Viehhofgeländes im östlichen Randbezirk Karlsruhes. Ein Gutachten des Veterinärs August Lydtin, erstellt im März 1883, beschreibt die grundsätzlichen Anforderungen an den neuen Schlacht- und Viehhof. Zu seinen Forderungen zählten unter anderem eine Geräumigkeit der Anlage sowie die strikte Trennung von Schlachthof- und Viehhoffl ügel aus Gründen der „Sittlichkeit“ – und um die Seuchengefahr gering zu halten. Außerdem, so verlangte Lydtin abschließend und formulierte damit sein zentrales Anliegen, müsse eine „Gefälligkeit der Anlage im Ganzen und in ihren Teilen, im Äußeren und Inneren“ gegeben sein: „Das Widerliche, welches aus dem Zwecke der Anstalt [...] hervortritt, muß durch die Kunst des Architekten gewissermaßen verhüllt oder mindestens abgeschwächt werden. [...] Die Forderung eines gefälligen Äußeren kann noch damit begründet werden, daß [...] es überhaupt der Würde der rasch aufblühenden Residenz entspricht, nicht allein zweckmäßige, sondern auch für das Auge gefällige Baulichkeiten aufzuweisen“. Wilhelm Strieder, der damalige Stadtbaumeister, der mit der Umsetzung des Bauvorhabens Schlacht- und Viehhof Karlsruhe betraut war, machte diese letzte Forderung Lydtins zur Maxime für die Gestaltung des Areals. Im Juni 1883 beschloss der Karlsruher Bürgerausschuss die Errichtung des neuen Schlacht- und Viehhofs entlang der Durlacher Allee gemäß den von Lydtin vorgegebenen Kriterien. Stadtplanungsamt | 13 SchSchSchS hSchweiweiweiweiwe nesnesnesnenesn chlchlchlhlachachaccccachccc thathathahaaususuusus undundundun KeKeKeKessessessesselhalhalhahahalh us,us,us,s,us,us,sss,ss, FoFoFoFoFoFoFoFoFF to:to:to:to:toto:to:tt StStStStStStStStadtadtadtadtadtadtadtadtd arcarcarcarcarcarcarcrchivhivhivhivhivhivhivhi KaKaKaKaKKaKaKaKaarlsrlsrlsrlsrlsrrrls hhruhhruhruhruhe (e (e (8/P8/P8/PPBSBSBSBSS oXIoXIoXIoXIVVVa Va V 100001008)88) 14 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Eine „gefällige Anlage im Inneren und Äußeren“ (1885 – 1887) Der Baubeginn für die neue Schlacht- und Viehhofanlage war im März 1885. Nicht einmal zwei Jahre später, im Dezember 1886, konnte die erste Probeschlachtung auf dem Areal stattfi nden. Strieder hatte eine zweifl ügelige Anlage errichtet, geteilt durch die bis heute vorhandene Schlachthausstraße und somit Lydtins Forderung nach einer strikten Trennung der beiden Höfe erfüllt. Schlacht- und Viehhof waren und sind noch immer jeweils von einer Mauer umschlossen, die nur an wenigen Stellen zum Viehübertrieb geöffnet werden konnte. Während auf dem Schlachthof geschlachtet und das Fleisch verarbeitet wurde, wurden auf dem Viehhof Viehmärkte abgehalten. Bei Inbetriebnahme des Schlacht- und Viehhofs gab es auf dem Areal unter anderem drei Schlachthallen, die Kaldaunenwäsche, ein Remisengebäude, mehrere Stallgebäude und Markthallen, zwei Verwaltungs- bzw. Wohngebäude sowie ein Gasthaus, in dem auch die Viehbörse stattfand. Die neu errichtete Anlage war bewusst nur rudimentär ausgestattet. Strieder hatte darauf gesetzt, dass sich mit Beginn des Betriebes schnell herausstellen würde, um welche Gebäude der Schlacht- und Viehhof zu ergänzen war, um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu ermöglichen. Am 28. März 1887 schließlich wurde der Schlacht- und Viehhof feierlich eröffnet. Die Karlsruher Bevölkerung versammelte sich entlang der Kaiserstraße, um den Festzug beobachten zu können, der vom Mühlburger Tor bis zum neuen Schlacht- und Viehhofgelände an der Durlacher Allee zog. Neue Gebäude, technischer Fortschritt und der erste Weltkrieg (1887 – 1919) Um die Jahrhundertwende hielten einige technische Neuerungen auf dem Schlachthof Einzug. 1899 wurde beispielsweise der erste Fernsprechapparat im Schlachthof installiert, ein Jahr später wurde das ganze Gelände von elektrischem Licht beleuchtet. Es gab immer wieder Besuche in- und ausländischer Delegationen, die sich ein Bild von dem äußerst modernen Betriebsablauf auf dem Schlacht- und Viehhof Karlsruhe machten. Wie Strieder es vorausgesehen hatte, zeichnete sich bereits kurze Zeit nach der Eröffnung der Bedarf an weiteren Gebäuden auf dem Schlachthofgelände ab. 1905 wurde neben dem Verwaltungsbau ein Wohnhaus für den Direktor des Schlacht- und Viehhofs errichtet. Ein äußerst umfangreiches Modernisierungs- und Ergänzungsprogramm wurde 1910 beschlossen und in den Jahren 1912 – 1916 durchgeführt. Hierbei entstanden auf dem Areal unter anderem ein neues Schweineschlachthaus, ein Kessel- und Maschinenhaus, eine Vorkühlhalle mit Eisfabrik, eine Talgschmelze, ein Pferdeschlachthaus und ein Seuchenschlachthaus. Das erste Kriegsjahr 1914 hatte zunächst keinen negativen Effekt auf den Schlacht- und Viehhof Karlsruhe – im Gegenteil. Im Jahresbericht ist sogar von „außerordentlich günstigen“ Auswirkungen des Kriegsbeginns auf das Geschäft die Rede, vermutlich bedingt durch die Fleischlieferungen an das Heer und die Verminderung der Viehbestände durch die Landwirte, denen es aufgrund der eingezogenen Männer an Arbeitskräften zur Versorgung der Tiere mangelte. Stadtplanungsamt | 15 Schchweiwe nemnemarkrkthahallele, FFoto: Stadadtartarchichiv Kv Karlar srusruhe he (8/(8/AlbAlben4en41 31 376 6 a)a) 16 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Der zweite Weltkrieg, Wiederaufbau und wirtschaftlicher Aufschwung (1919 – 1963) Das Ende des Ersten Weltkriegs brachte zunächst keine wirtschaftliche Erholung. Die zu Beginn der 1920er Jahre einsetzende Infl ation hatte auch für den Schlacht- und Viehhof verheerende Folgen. Erst nach Überwindung der Infl ation 1924 normalisierte sich der Betrieb auf dem Areal, allerdings nur für einige wenige Jahre. 1927 begann man ein zweites umfangreiches Modernisierungsprogramm umzusetzen. An einigen Gebäuden wurden Verbesserungen vorgenommen, man passte sich erneut den Entwicklungen der Zeit an. Auf dem Viehhof entstand die neue Schweinemarkthalle, die bis heute erhalten ist. Bereits in den frühen 1930er Jahren etablierte sich der Nationalsozialismus auch in Karlsruhe. Die jüdische Bevölkerung wurde systematisch und beständig aus dem Handel mit Tieren und Fleisch gedrängt. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs führte zu einem enormen Lebensmittelmangel, besonders in den Städten. Die Freibank des Karlsruher Schlacht- und Viehhofs, wo zweitklassiges Fleisch zu günstigen Preisen an die Bevölkerung verkauft wurde, wurde nach Kriegsausbruch verstaatlicht. Es bestand die Anweisung, das Fleisch nur noch an Bedürftige zu verkaufen, die sich anhand einer Bescheinigung des Wohlfahrtsamts ausweisen mussten. Nach Kriegsende, im November 1945 nahm sich die amerikanische Militärregierung des Schlacht- und Viehhofs an. Alle Gebäude hatten durch die Fliegerangriffe mehr oder minder schwere Schäden davongetragen, Wenngleich nur zwei Gebäude vollständig zerstört waren - das Maschinenhaus und die Großviehmarkthalle auf dem Viehhof - traf doch der Verlust des Maschinenhauses den Betriebsablauf auf dem Areal empfi ndlich, da die Kühlung des Fleisches gänzlich unmöglich geworden war. In den 1950er und 1960er Jahren stieg das durchschnittliche Einkommen der Verbraucher in Deutschland bedeutend an - und mit ihm der Fleischkonsum, auch, weil sich die Preise für Fleisch seit den unmittelbaren Nachkriegsjahren kaum erhöht hatten. 1963 arbeiteten auf dem Schlacht- und Viehhof 96 Vollzeitkräfte und 16 Teilzeitkräfte - im Betrieb waren in diesem Jahr mehr Beschäftigte angestellt als jemals zuvor oder jemals danach. Dass der Schlacht- und Viehhof schon bald bedeutend weniger Personal beschäftigte, war unter anderem der Vollautomatisierung einiger Arbeitsabläufe wie der Kühlung in den späten 1960er Jahren und der Viehhofverpachtung in den frühen 1970er Jahren geschuldet. KKalKalaKaKaKaaa daudauauudaa nennennennennwäswäswäswäswwässässww chechechechechecheche, F, F, F, Fotootootootot : S: Stadtadadddtartartartaa chchichichhh v Kv Kv arlarlar srusrusruhe he he (8/(8/8///PBSPBSPBSPBS XXXIXIIIX VaVaVaVaVaVaVaVaVaVaVVaVa 4344314434343114 ))))) Stadtplanungsamt | 17 AbbAbbrucruch dh der er hishistortoriscischenhen ScSchlahlachtchthalha lenen 1919971,71, FoFoto:to: StStadtadtarcarchivhivh KaaKarlsrlsruhruhe (e (e 8/B8/BA SA A Schlhlh esiesigergerg A2A2A22 12 16 76 76 7 25525))) 18 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Der letzte Neubau, Fremdnutzungen und erste Zukunftsvisionen (1970 – 1990) 1971 wurde der Viehhof privatisiert. Hintergrund war das beträchtliche wirtschaftliche Defi zit, das der Viehhof regelmäßig verzeichnete und das den städtischen Haushalt stark zu beeinträchtigen begann. Da der Viehhof auch in den folgenden Jahren stark bezuschusst werden musste, vermietete man zahlreiche Bestandsgebäude an externe Firmen. So siedelten sich mit der Zeit unter anderem Automobilfi rmen, Werkstätten, ein Braugeschäft, ein Pizzabäcker, ein Gewürzhändler und eine Spedition an. Resultierend aus den veränderten Anforderungen an einen zeitgemäßen Schlachtbetrieb wandelte sich in den Nachkriegsjahrzehnten auch das bauliche Erscheinungsbild. Die Schlachthallen der ersten Bauphase waren noch in Betrieb, angesichts der fortgeschrittenen Technik stellten sich die hygienischen und verfahrenstechnischen Vorgänge jedoch zunehmend als nicht länger tragbar dar. Dies hatte unter anderem den Abbruch zweier der vier historischen Schlachthallen zwischen 1971 und 1973 zur Folge. An ihrer Stelle entstand bis 1975 eine neue kombinierte Großschlachthalle mit zeitgemäßer Ausstattung. Doch auch solche Modernisierungsmaßnahmen konnten mit den sich immer weiter verändernden Entwicklungen und immer neuen Anforderungen langfristig nicht mithalten. Viele Gebäude wurden durch betriebsnotwendige Anbauten neuerer Art ergänzt. Gleichwohl blieb auf der Westseite des Areals, dem Schlachthof, die ursprüngliche Bebauungsstruktur und der Großteil historischer Bestandsgebäude weitgehend erhalten. Anders gestaltete sich die Lage auf dem Viehhof, dort gibt es außer den erhaltenen Randbauten und der ehemaligen Schweinemarkthalle keine ursprüngliche Bausubstanz mehr. Nicht nur der Viehhof, sondern auch der Schlachthof geriet zunehmend in wirtschaftliche Bedrängnis. Bedingt durch die sinkenden Schlachtzahlen hatte man schon seit den 1980er Jahren immer wieder über eine Aufgabe des Karlsruher Schlachthofs nachgedacht und Überlegungen über alternative Nutzungen des Areals angestellt. Bis zur endgültigen Schließung sollte es noch zwei Jahrzehnte dauern, doch mit dem Nebeneinander aus Fleischbetrieben und immer vielfältigeren branchenfremden, auch kulturellen Nutzungen begannen sich ab Mitte der 1990er Jahre die Ideen für eine kulturelle Ausrichtung des Gebiets zu konkretisieren. BliBliBliiliBliBBB ck kck ckkc aufaufufufufaauaauauaauuuf dididid ee ke kee ombombbbiniinininn erterterterttte GGGe Ge Gee Ge roßroßroßroßßschschhschschschschschchschchchs hlacacacacaclaclacaaaclaclaclaclaacccccaccchhthhthhththhhhthhthhthhththththhthhthhhhtthhthhhhhhhthh allallllalallalalaalalalaaaaaaaaaal e ie ie ie iee ie iee n dn dn ddn dddn ddddn denenenneneeeneeee 191119919971971971991971119191971979991 7197797199999 0er0er0er0eererererererer0ere0erereeeeee0e JJJJJJaJaJaJaJaJ hrehrehhrehrehrehren,nnn,nn,n FotFFototFotFotFototottFFo ooooo:o:o:o:o unununbnbnbunuuunbu bbbekaekaekaekaekakakakaekaekakakaekakkkkeke nntnntntnntnntnnttnnnnnntntnntnnnnnnnnnnnn Stadtplanungsamt | 19 SchSchchchchhchchhlaclaclacachthhthhhthooof,of, DeDeDD taaaaaiaiataaa l, l FotF o: karkarlsrs uhuhhhhhhehuhuhhhh rrfärfärfärfär äächechec r 20 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Konversion Stadtplanungsamt | 21 Lageplan, Darstellung: ASTOC Archititectsctst ananananand Pd Pd Pd Pd Pd Pdd Pd Planlanlanlananlanannernernernernernernne ss 22 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Vom Schlacht- und Viehhof zum Areal für die Kultur- und Kreativwirtschaft 1992 zog mit dem Tollhaus der erste Kulturbetrieb auf den Viehhof und bereitete als Pionier aus der Kulturbranche – wenn auch zunächst sicher ungeplant – den Weg für die Zukunft des gesamten Areals. Schon in den folgenden Jahren, unmittelbar nach dem Einzug des Tollhauses auf das Gelände, wurden erste Ideen zur Umnutzung des Schlacht- und Viehhofes zu einem Standort der Kultur in Karlsruhe entwickelt. Bewerbung als Kulturhauptstadt 2010 Im Zuge der Bewerbung Karlsruhes als Kulturhauptstadt 2010 wurde die Idee einer städtebaulichen Erneuerung über den Gedanken eines „Kreativparks Ostaue“ gezielt weiterentwickelt und als eines von vier Leitprojekten für die Bewerbung festgelegt. Die Idee war, Karlsruhe als Standort zu profi lieren, an dem sich Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur verbinden. Absolventen der Karlsruher Hochschulen sollten vor Ort attraktive Bedingungen und Perspektiven geboten werden, um ihr kreatives und wirtschaftliches Potenzial für Karlsruhe zu erhalten. Obwohl die Bewerbung der Stadt Karlsruhe als Kulturhauptstadt letztlich nicht berücksichtigt wurde, hielt die Stadt an den Plänen der Gebietskonversion fest. Die Ergebnisse eines in diesem Kontext durchgeführten Ideenwettbewerbs wurden im städtebaulichen Rahmenplan Karlsruhe-Südost konkretisiert und galten im Folgenden als Leitlinie für die Planungen zur Neuordnung der Situation um das Schloss Gottesaue und den Bereich des Schlacht- und Viehhofes. Im Alten Schlachthof mit seinem qualitätvollen historischen Baubestand sah man die geeigneten Voraussetzungen, Räume für innovative künstlerische und kulturaffi ne Nutzungen zu schaffen. 2003 formierte sich die Arbeitsgemeinschaft KreativParkOst, die Ideen und ein Programm für das Areal entwickelte und festschrieb. Städtebaulicher Ideenwettbewerb und Bebauungsplanverfahren Im Juli 2004 beschloss man die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Schlacht- und Viehhof. Als Ziele wurden die Neuordnung und Aufwertung des Areals für gewerbliche und kulturelle Nutzungen formuliert. Es sollte ein Gebiet entstehen, das Unternehmen mit medialem, kulturbezogenem und innovativem Hintergrund sowie Kultureinrichtungen optimale Bedingungen und damit zukunftsorientierte Arbeitsplätze bietet. Im Januar 2005 traf sich ein Gremium von Experten aus verschiedenen Fachbereichen in einem Expertenworkshop des Stadtplanungsamtes. Unter Beteiligung der AG KreativParkOst, städtischer Verantwortlicher, Vertreterinnen und Vertreter der politischen Parteien und der Kulturszene, darunter Jazzclub, Tollhaus und Substage und anderer bürgerschaftlich organisierter Interessengruppen wie dem Bürgerverein Oststadt erarbeitet die Runde Ideen, Programmvorstellungen und Richtlinien für eine erfolgreiche Umnutzung des Schlacht- und Viehhofs. Man beschäftigte sich unter anderem mit den Themenfeldern „Leitbild, Image, Nutzung“, und „Prozess“ und „Betreiber“. Im selben Jahr wurde die Karlsruher Schlachthof Betriebsgesellschaft mit der Karlsruher Fächer GmbH (KFG) verschmolzen; die Verantwortung für das Konversionsprojekt ging über an die Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG (KFE), die zugleich auch das Eigentum an den Grundstücken und Gebäuden des Schlacht- und Viehhofs übertragen bekam. Die Anregungen des Expertenworkshops mündeten schließlich in einer Planungswerkstatt mit anschließender Architekturbeauftragung, die im Frühjahr 2006 stattfand. Aufgabe des konkurrierenden Entwurfsverfahrens war es, das Areal des Schlachthofes städtebaulich zu überarbeiten und ein Nutzungskonzept zu erstellen. Es sollte eine Bündelung von bereits bestehenden Kultureinrichtungen im Gebiet erfolgen. Auch sollte der zu erstellende Rahmenplan eine sukzessive Konversion berücksichtigen und unterstützen sowie eine Grundlage für den aufzustellenden Bebauungsplan darstellen. Als Gewinner des Wettbewerbes ging die Arbeitsgemeinschaft ASTOC (Köln)/Feigenbutz Architekten (Karlsruhe) hervor. Diese wurden im Spätjahr 2006 mit dem Bebauungsplanvorentwurf, den Beratungsleistungen und der Erstellung eines Gestaltungshandbuches beauftragt. Die von ASTOC/ Feigenbutz erarbeitete Konzeption für das Areal legt den zentralen Fokus auf die Identität des Geländes und auf die zum Großteil unter Denkmalschutz stehenden Gebäude. In einem Gestaltungshandbuch werden die städtebaulichen Grundgedanken für die Konversion festgehalten und wesentliche Anliegen formuliert. Die dargestellten Grundgedanken fi nden sich auch im Bebauungsplan „Schlachthof/Viehhof“ wieder, der die planungsrechtliche Grundlage für die Umsetzung der Gebietskonversion bildet. Stadtplanungsamt | 23 Umbau der Großschlachthah llel F, Foto kk: kk lllarlsrurururuherherherherhheeh fäcffäcffäccfäcächerherherher 24 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Projektfahrplan und Beginn der Konversion Der Projektfahrplan für die Konversion sah eine sukzessive Umnutzung des Schlacht- und Viehhofs bis 2015 vor. Vor Beginn der Maßnahmen galt es, sich einen Überblick über Strukturen, Bauzustand und Eigentumsverhältnisse auf dem Areal zu verschaffen. Am 27. Dezember 2006 fand auf dem Areal in einer feierlichen Zeremonie die letzte Schlachtung statt. Am 31. Dezember 2006 schließlich wurde der Betrieb auf dem Schlacht- und Viehhof Karlsruhe, nach 119 Jahren, offi ziell eingestellt. Der letzte fl eischverarbeitende Betrieb verließ 2010 das Gelände. Hinsichtlich der Nutzungen existierte zu Beginn der Konversion ein recht buntes Zusammenspiel aus den verschiedensten Branchen. Auf dem Schlachthof dominierten Zerlegebetriebe das Bild, einige Räumlichkeiten wurden auch von Künstlerinnen und Künstlern und kreativen Gewerbetreibenden und damit bereits im Sinne des künftigen Gebietskonzeptes genutzt. Auf dem Viehhof bestimmten zunächst noch vorwiegend Kfz-Betriebe das Bild, jedoch zeichnete sich ein Wandel bereits ab. Die Verlagerung des auf dem Viehhof ansässigen Autohauses in den Westen der Stadt bedeutete für viele der Kfz-Betriebe ebenfalls eine Einstellung des Betriebs oder die Verlagerung an einen anderen Standort. Eine umfassende Bestandsaufnahme attestierte dem Gebäudebestand bis auf wenige Ausnahmen einen schlechten Bauzustand. Marode Substanz, völlig veraltete technische Infrastruktur und Altlastenverunreinigungen waren nur einige der Unwägbarkeiten, mit denen sich die Projektverantwortlichen zu Beginn konfrontiert sahen. Ab 2007 setzte eine Phase reger Planungs- und Bautätigkeit ein. Nicht denkmalgeschützte Gebäude mit schlechter Bausubstanz, für die keine wirtschaftliche Nutzung möglich schien, wurden entfernt. Dem Abriss fi el auch die Großschlachthalle und spätere „Zschernitz-Halle“ zum Opfer, in der 2007 noch Kunstausstellungen stattfanden. Gleichzeitig begann man mit der Sanierung der historischen Bestandsgebäude. Aus ehemaligen Schlachthallen, Kühlhäusern und Stallgebäuden wurden Büros, Ateliers, Werkstätten und Gastronomieräume. Noch nicht sanierte Gebäude wurden teilweise als Atelierräume oder für Kunstveranstaltungen zwischengenutzt. Mit der wachsenden Zahl umgebauter Räume und neuer Mieterinnen und Mieter veränderte sich nach und nach das innere und äußere Erscheinungsbild des Alten Schlachthofs, vom unwirtlichen Industriegelände hin zu einem offenen und lebendigen Kommunikations- und Aufenthaltsort. Stadtplanungsamt | 25 GasGasGasGasGasGassGasG tsttsttsttsttsttsts ättättättätätää e, eee, e,e, ee FotFotFotFotFotFotto: o: oooo: o: karkarkarkarkarkarkkarlsrlslsrlsrlsssls uheuhuheuheuheheheu eheheheeu eu rfärfärfärfärfärfärfärfärfärfärfäächechechehhhhcheerrrr 26 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Das Leitbild Unter der Projektleitung der Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Kulturamt, der Wirtschaftsförderung und dem Verein ausgeschlachtet e. V. bei der Konversion des Alten Schlachthofes einige grundlegende Ziele verfolgt: Dazu gehören die Schaffung von Raum für Kreative und Kulturschaffende und einhergehend damit die Bündelung von vorhandenen Potenzialen sowie die Ermöglichung von Synergien auf dem Areal sowie mit dem städtischen Umfeld. Auch der öffentliche Raum wird den Nutzerinnen und Nutzern und den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt bereitgestellt – zum Aufenthalt, zur Begegnung, als Kommunikationsort. Durch ein neuartiges Verkehrskonzept entstand ein sogenannter shared space, in dem Fußgänger, Radfahrer und PKW-Fahrer gleichberechtigt sind und in dem Verkehrsfl ächen und Parkplätze als temporärer Veranstaltungsraum mit rauem Hofcharakter bespielt werden können. Ein weiterer Vorsatz war und ist das Betreiben einer nachhaltigen Stadtentwicklung durch die Umnutzung von bereits Bestehendem und der Ansiedlung von innovativen und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen. Der Alte Schlachthof Karlsruhe soll in erster Linie eines sein: eine Plattform, die die Nutzerinnen und Nutzer frei und kreativ gestalten und damit das Areal auf individuelle Art beleben können. Den geeigneten Rahmen hierzu gibt das gestalterische Grundkonzept vor, das in einem Gestaltungshandbuch festgehalten wurde. Dieses sieht vor, den Alten Schlachthof mit seinen charakteristischen Merkmalen so weit wie möglich zu erhalten und seine Identität durch gezielte Akzentsetzung zu unterstreichen. Die einzigartige Verbindung von Ästhetik und Funktionalität, die das Gelände auszeichnet, soll Raum für die eigene Interpretation der Nutzerinnen und Nutzer offenlassen. Der Alte Schlachthof und „Stadtumbau West“ Der Alte Schlachthof Karlsruhe konnte 2007 in das Bund- Länder-Programm „Stadtumbau West“ aufgenommen werden. Es war das erste Areal in diesem Städtebau-Förderprogramm in Karlsruhe. Der Förderzeitraum wurde während der Laufzeit bis Ende 2020 verlängert. Der Stadtumbau auf dem Areal wurde über diesen Zeitraum hinweg mit circa 2,3 Millionen Euro durch Bund und Land unterstützt. Weitere circa 1,6 Millionen Euro verbleiben bei der Stadt als Komplementärmittel. Zur Aufnahme ins Förderprogramm, das sich auf die Unterstützung von Kommunen bei der Bewältigung von Folgen des wirtschaftlichen und demografi schen Wandels konzentriert – mit dem Ziel einer städtebaulichen Qualitätsoffensive im Bestand – trugen folgende für den Schlacht- und Viehhof Karlsruhe festgestellten städtebaulichen Missstände bei: ein Funktionsverlust und eine fehlende Nutzungsstruktur nach Aufgabe der Nutzung als Schlacht- und Viehhof; eine zunehmende Verödung des Gebietes, die mangelhafte Bausubstanz, eine fehlende Verkehrsanbindung, der Mangel an öffentlichen Flächen, der hohe Anteil an versiegelten Flächen sowie die nicht vorhandene Einbindung des Gebiets in die Ost- und die Gesamtstadt. Stadtplanungsamt | 27 StrStrStrStraßeaßeaßeaßßenbanbababn hnthnthnthhnnn rasrasrassse se ssess in inin derder ehehemaemamamamm ligligigi enen SchSchSchccS laclacaclaca hthhthhthhthhausauausauu strstrstraßeaßeaßeaßeaßeße, F, F, FFotootootootoo: M: M: MMattattattt hiahiahiahiahiaas Ks KKapiapiapiapa cacacacca 28 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Planungsrechtliche und gestalterische Grundlagen Stadtplanungsamt | 29 Bebauungsplan „Schlachthof-Viehhof“, 31. Juli 2007: Stadt Karlsruhehtth srusrusrusrusrulsrlsrlsrlsrls 30 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Bebauungsplan „Schlachthof-Viehhof“ Grundlage für das planerische Konzept des Bebauungsplans bildete der Rahmenplan Karlsruhe-Südost, der 1993 als Ergebnis eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs zur Neuordnung von Karlsruhe-Südost entwickelt wurde. Gestalterische Basis des Bebauungsplans ist die Beibehaltung der städtebaulichen Struktur im Schlachthof und die Neustrukturierung des Viehhofs nach dem vorgefundenen Prinzip. Dieses wird bestimmt durch folgende vier Grundbestandteile: Größtmöglicher Erhalt der bestehenden denkmalgeschützten Mauer. Schaffung von Wegebeziehungen durch einzelne defi nierte Durchbrüche. Beibehaltung der Höfe. Neben der Nutzung zu Erschließungs- zwecken und als Parkierungszone sollen diese für eine fl exible Bespielung (zum Beispiel für Veranstaltungen) nutzbar sein sowie als Aufenthalts- und Kommunikationszonen dienen. Erhalt des historischen Baubestandes einerseits und Schaffung qualitätvoller Neubauten andererseits. Defi nition der Randzonen zwischen Gebäuden und den Höfen als sogenannte „Aurazonen“. Diese sollen als „Arbeitsfl äche im Freien“ und Verweilzonen dienen und die Nutzungen, die im Inneren stattfi nden, nach außen sichtbar machen. Alle wichtigen Vorgaben zum Umgang mit den Gebäuden und Flächen, zu Begrünung, Werbeanlagen, Geräuschkontingentierung und vieles mehr sind im Bebauungsplan verankert. Inhaltlich defi niert der Bebauungsplan das Baugebiet Schlachthof Viehhof im Wesentlichen als „Sondergebiet für Kulturnutzungen und hochwertiges und kulturnahes Gewerbe“. Gestaltungshandbuch Ergänzend zum Bebauungsplan wurde ein Gestaltungshandbuch als zusätzliches wesentliches Steuerungselement von der AG ASTOC/Feigenbutz erarbeitet. Darin sind weitere gestaltungsrelevante Aussagen zu wesentlichen Aspekten der Architektur und Außenraumgestaltung festgehalten. Es soll Verständnis für diese Regeln bei den Nutzern wecken, zur Zusammenarbeit animieren und gemeinsam mit dem Bebauungsplan die Qualität der Quartiersentwicklung sichern. Die Inhalte sind deshalb nicht restriktiv formuliert, sondern werden anhand von positiven Beispielen und Bildern veranschaulicht. Analog zum Bebauungsplan werden Grundgedanken zu den Themen „Öffentlicher Raum“, „Baukörper“, „Grün“, „Aurazonen“ und „Umgang mit dem Bestand“ skizziert und Impulse für Nutzungsmöglichkeiten gegeben. Stadtplanungsamt | 31 KühKüKühKühKühKKühKühKühlhahalhalhalhahalhalhalhalhah usus,us,us,us,us,us FoFoFoFoFoFoFoto:to:to:o:to:toto:oo:o:o:to:ooo:o::o MaMaMaMaMMaMaMaMMaMaM tthtthtthtthtthtthtthtthtththhthhht hhhiasiasiasasiasasiasiaiasiaiasaiasasaiaaaaiaaaiaiasassssa KaKaKaKaKaKaKKaKaKaKaaKaaKK picpicpicpicpicpicpicpicpicpicpiccpicpicipicipppicpicpicipiccpicaaaaaaaaaaaaaaa 32 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Öffentliche Flächen, Verkehr und Infrastruktur Neben den Gebäudesanierungen bedurfte es einer Neuordnung der Verkehrssituation und der Trennung zwischen öffentlichen und privaten Flächen. Zwischen 2012 und 2013 erfolgten dazu umfangreiche Erschließungsarbeiten und die Herstellung der öffentlichen Straßenfl ächen im Gebiet durch das städtische Tiefbauamt. Die bestehenden Gebäude erhielten neue Hausanschlüsse für die Versorgung mit Strom und Gas; einige Gebäude im westlichen Teil des Schlachthofs konnten an das örtliche Fernwärmenetz angeschlossen werden. Im Rahmen der Verkehrserschließung wurde das Areal außerdem an die Straßenbahntrasse Süd-Ost angegliedert, die inzwischen durch die ehemalige Schlachthausstraße verläuft und 2013 eingeweiht wurde. Mit zwei Haltestellen in unmittelbarer Nähe („Tullastraße/Verkehrsbetriebe“ und „Schloss Gottesaue/ Hochschule für Musik“) ist der Alte Schlachthof optimal an den ÖPNV angebunden. Ein im Rahmen der Konversion geschaffener Zwischenbau in der Gebäudegruppe 23 dient als Durchfahrt für den Radweg und schafft gleichzeitig die Verbindung zum Otto-Dullenkopf-Park und der benachbarten Musikhochschule im Schloss Gottesaue. Als weitere Bausteine wurden ein Leitsystem mit Orientierungstafeln und die Begrünung der Pfl anzbeete in den Höfen umgesetzt. Denkmalschutz Der Alte Schlachthof ist Kulturdenkmal nach §2 Denkmalschutz- gesetz. Zur Sachgesamtheit gehören alle bis 1945 errichteten Gebäude. Der Erhalt des historischen Baubestands ist wesentlicher Bestandteil des städtebaulichen Konzepts und gibt dem Areal sein unverwechselbares Gepräge. Die bauliche Umnutzung von ehemaligen Schlachthallen, Kühlhäusern und Tierställen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen möglichst weitgehender Substanzerhaltung und Herstellung neuer adäquater Nutzungsbedingungen. Hier galt es, denkmalverträgliche Lösungen zu fi nden, zum Beispiel bei der Herstellung neuer Fensteröffnungen, um dunkle Kühlräume in lichtdurchfl utete Arbeitsräume umzuwandeln. Gleichwohl waren teilweise auch Kompromisse nötig, etwa bei der Schaffung von Durchbrüchen in der denkmalgeschützten Mauer für die öffentliche Straßenführung. ErsErsErsErsrschlchlchlchließießießießungungungungunn auauauauauauaauauauf df df df ddf ddff ememm VieVieVieVieehhohhohhoohhof,f, f, f, FotFoFotFotFotoFotFotFoFo o:o:o:oo: karkarkarkarkkkarkarlsrllsrlsrlslsrrruheuheuheuheuhehuheeuheuheuheheherfärfärfärfärrfärrfär ääächeechecchchc rr Stadtplanungsamt | 33 SymSymSymymympppospospoposiiiumiiumuu 202000015,5,11 FoFootto:toto:to: kakarlsrlssrlslsruhruhruhruhru erferffächächerere 34 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Beteiligung und Quartierseinbindung Stadtplanungsamt | 35 BetBetttteieileilleileieililiguiguiguiguiguigiiguiiigiiiguiguigungsgsngngnngngnngng wwwworwwwwww kshopopop,oop FoFoto:to kakaarlsrlssslslslslssssrururuhruhruhruhruhurrr erferferfrferferfferferferffee fächächääcächächäcäcääääääächääääächeeererererrereeee Beteilliliguigui ngsngsngsgng wowowowooro kshk op, Foto: kkkkkkarlsruhu erfächer 36 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Beteiligung vor Beginn der Konversion bis heute Schon vor Beginn der Konversion des Schlachthofgeländes waren bürgerschaftliche Vertreterinnen und Vertreter an der Ideenfi ndung für die Zukunft des Areals beteiligt. Insbesondere Kunst- und Kulturschaffende aus der Stadt setzten sich für die Etablierung von kreativen Nutzungen auf dem Areal ein. Mit dem Zusammenschluss zur KreativParkOst AG 2003 organisierten sich diese Interessensvertreterinnen und -vertreter. Einige der Akteure waren schon auf dem Areal verankert bzw. hatten das Ziel, sich dort auch selbst niederzulassen. Auch das städtebauliche Wettbewerbsverfahren wurde von bürgerschaftlichen Akteuren begleitet: neben Vertreterinnen und Vertretern der Bürgervereine waren unter anderem Expertinnen und Experten der Kultur- und Kreativszene Karlsruhes eingebunden. 2010 gründete sich der Verein ausgeschlachtet e. V. als spartenübergreifender Zusammenschluss von Kulturinstitutionen, Unternehmen aus den Bereichen der Kreativwirtschaft, Künstlerorganisationen und freien Kulturträgern, die auf dem Schlachthofgelände ansässig sind. Der Verein machte es sich zum Ziel, Kunst, Kultur und Kommunikation im Alten Schlachthof zu fördern und sich für die Interessen der Mieterinnen und Mieter und Nutzerinnen und Nutzer des Geländes einzusetzen. Seit seiner Gründung fi nden regelmäßige Jour Fixe mit der Karlsruher Fächer GmbH, Kulturamt und Wirtschaftsförderung zum Austausch über das Geschehen auf dem Areal statt. Auch in die konzeptionelle Entwicklung von Gebäuden und bei architektonischen Wettbewerbsverfahren für Bauvorhaben auf dem Areal werden Vertreter des Vereinsvorstandes eingebunden. Seit 2016 hat der Verein außerdem einen beratenden Sitz im Aufsichtsrat der KFE. Der Austausch mit Interessensgruppen und potenziellen Nutzergruppen spielte auch bei der Konzeption des Gründerzentrums Perfekt Futur eine wichtige Rolle. In einem Workshop waren Studentinnen und Studenten dazu aufgerufen, ihre Ideen und Vorstellungen zu einem Gründerzentrum der Kultur- und Kreativwirtschaft darzustellen und ihre Bedürfnisse und Anforderungen an ein solches zu formulieren. Die Ergebnisse dieses Workshops fl ossen in die Konzeption zur Umnutzung der ehemaligen Schweinemarkthalle ein. Der Name „Perfekt Futur“ wiederum entspringt einem offenen Ideenwettbewerb für Studentinnen und Studenten kreativer und künstlerischer Studiengänge. Im Jahr 2015, zehn Jahre nach Beginn der Konversion, fand ein öffentliches Symposium unter dem Leitmotiv „Einblicke Ausblicke – Chancen und Herausforderungen für den Alten Schlachthof“ statt. Verschiedene Themenfelder – der Alte Schlachthof als Wirtschaftsstandort, die Nutzungsstruktur und Aspekte der Stadtplanung, Architektur und Gestaltung – wurden diskutiert und Handlungsempfehlungen für die Zukunft verfasst. Stadtplanungsamt | 37 Kunstausstellung in der r FleFlFleFl iscci hmhmhmaaaaaarktrktrkthalhalhalle,lele FoFoFF to:to:::o::o kakkakaakakkakkaaarlsrlsruhruherferffächächächerererr Schweiin gn gn gn gn gehaehaehaehaehabt!bt!bt!bt!bt! FoFoFoFoFotto:ttt karlsruhuhuhruhrruhrrruhherferferferferferferfächhchächächächächächächächächchherererererererererr 38 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Einbindung in das Stadtquartier und die Gesamtstadt Aus dem abgesperrten, undurchlässigen Areal von einst ist ein offener, ein öffentlicher Ort geworden – dies ist wohl die gravierendste Veränderung insbesondere für die Oststädterinnen und Oststädter, von denen sich viele noch an die gelegentlichen Straßensperrungen zum Viehübertrieb und an den Geruch, der von den Stallungen auf dem Schlacht- und Viehhof ausging, erinnern. Den Schlachthof selbst aber hatte bis zum Ende des Schlachtbetriebs kaum einer von innen gesehen. Heute ist der Alte Schlachthof nicht nur Treffpunkt für jene, die dort ihren Arbeitsplatz haben – große und kleine Veranstaltungsstätten, Cafés, Restaurants, eine Punk- und eine Weinbar bieten ein vielfältiges Angebot auch für Besucherinnen und Besucher. In den Aurazonen und Höfen zeigen viele Kreativschaffende zudem ihre Arbeit auch im Außenraum, ein Spaziergang über den Schlachthof lässt also Einblicke zu in die kreativen Schaffensprozesse, die dort stattfi nden. Noch weiter hinter die Kulissen blicken können Besucherinnen und Besucher am Tag der offenen Türen „ausgeschlachtet“ und an der Kulturnacht „Schwein gehabt“, die vom Verein ausgeschlachtet e. V. organisiert werden und abwechselnd einmal jährlich auf dem Areal stattfi nden. Als Ausstellungs- und Veranstaltungsort, besonders jedoch als Experimentierraum ist von Beginn der Konversion an die Fleischmarkthalle angelegt. Als Gemeinbedarfseinrichtung und Bürgerzentrum der besonderen Art liegt bei der Nutzung der Fleischmarkthalle das Hauptaugenmerk auf öffentlichen künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen. Sie fungiert also als fl exibel nutzbarer Raum für unterschiedlichste Ideen und Veranstaltungskonzepte der Kultur- und Kreativwirtschaft. Die Fleischmarkthalle steht jedoch auch Hochschulen, gemeinnützigen Organisationen und Vereinen zur Verfügung und wird von solchen gerne und regelmäßig genutzt. 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Fortan diente sie als fl exibel nutzbarer Raum für unterschiedlichste Ideen und Veranstaltungskonzepte der Kultur- und Kreativwirtschaft und als zentraler Kommunikations- und Begegnungsort des Areals und der angrenzenden Stadtgebiete. Mit der Sanierung 2017 bis 2019 sollte die Fleischmarkthalle dauerhaft als Veranstaltungshalle für bis zu 400 Besucher verstetigt werden. Die Halle wurde dabei optisch nur wenig verändert, die Tragstruktur aus Gusssäulen und Gewölbedecken ist weiterhin sichtbar und prägt wesentlich den rauen Charakter des Hallenraums. Das Hauptaugenmerk der durchgeführten Maßnahmen lag auf der funktionalen Verbesserung. Diese beinhaltete insbesondere den Einbau einer Heizungs- und Lüftungsanlage und einer zweiten Verglasungsebene an den Hallenfenstern, um die Halle, anders als in der Vergangenheit, auch in den Wintermonaten nutzbar zu machen. Die Außenwände, Stahlstützen und Katzenläufe blieben unbehandelt. Ein neutraler Gussasphaltboden, der sich über die gesamte Halle erstreckt, vereinheitlicht und veredelt das Raumbild. Mittels zweier Öffnungen wurde die Fleischmarkthalle im Zuge der Sanierung auch mit der angrenzenden Wursterei verbunden. Durch die bauliche Verbindung der beiden Gebäude sind nicht nur Funktionseinrichtungen für die Veranstaltungshalle entstanden, sondern auch zwei Seminarräume, die unabhängig von der Fleischmarkthalle genutzt werden können. Als Gemeinbedarfseinrichtung und Bürgerzentrum der besonderen Art liegt bei der Nutzung der Fleischmarkthalle weiterhin das Hauptaugenmerk auf öffentlichen künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen. Mit der Eröffnung und offi ziellen Einweihung der ehemaligen Fleischmarkthalle im September 2019 erhielten die KFG und die Stadt eine Auszeichnung des Landes für herausragende Stadtsanierung auf dem Areal des ehemaligen Schlachthofes (s. nebenstehendes Bild; Plakette: Städtebauförderung, „Stadt Bürger Dialog“ des Landes Baden-Württemberg). Ebenfalls in 2019 wurde die Fleischmarkthalle mit dem Hugo-Häring-Preis für vorbildliches Bauen ausgezeichnet. Die Jury würdigte mit dem Preis den „sensiblen Umgang mit der Bausubstanz und Geschichte und die kaum wahrnehmbare Integration neuer Elemente“. Seminarraumum in derder ehemaligigene WuWururssterei, Fotoo: N: N. K. K. 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An ihrer Stelle wurde westlich der Fleischmarkthalle als Nebengebäude ein Funktionsbau (ASH 13 a) errichtet, in dem sich zwei Zerlege- bzw. Fleischverarbeitungsbetriebe niederließen, die ihren Betrieb auch nach Stilllegung des Schlachthofs 2006 für einige Jahre fortführten. Aufgrund der großen Nachfrage nach Atelierräumen in Karlsruhe und dem Wunsch der Stadt, hochqualifi zierte Hochschulabgängerinnen und -abgänger künstlerischer Studienrichtungen in der Stadt zu halten, entstand die Idee, das Gebäude in ein Atelierhaus umzunutzen. Ziel der Planung war es, den Ist-Zustand des Gebäudes möglichst weitgehend zu erhalten. An der Gebäudestruktur, den Oberfl ächen innen und außen sowie an den Einbauten, wie zum Beispiel den Transportbahnen an den Decken, wurde so wenig wie möglich verändert. Dies entspricht dem grundsätzlichen Bestreben, den Gebietscharakter und die Geschichte jedes Gebäudes zu erhalten. Gleichzeitig trug man so dem Anspruch Rechnung, ein „Low-Budget-Projekt“ zu verwirklichen, welches das Ansetzen einer sehr geringen Miete für Kunstschaffende ermöglicht. Um eine ausreichende Belichtungssituation im Erdgeschoss zu schaffen, wurden die Nord- und Südfassade zu den Höfen hin geöffnet und großfl ächige Glasfronten eingesetzt. Neben ihrer Belichtungsfunktion dienen die Fassaden so auch als Präsentationsfl ächen für die Nutzerinnen und Nutzer der Atelierräume und ermöglichen Aus- und Einblicke. Im Obergeschoss waren nur geringfügige strukturelle Änderungen notwendig. Insgesamt entstanden im sogenannten „Atelierhaus“ acht verschieden große Atelierräume für künstlerische und kunsthandwerkliche Nutzungen. Seit April 2014 sind dort Kunstschaffende aus unterschiedlichsten Bereichen wie zum Beispiel Theatermalerei, Schmuckdesign oder Performancekunst tätig. 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Vertikale Gliederungselemente, Fenstergewände mit Zierquadern, dekorative Fassadenabschlüsse außen und gusseiserne Säulen als Tragelemente im Inneren verbinden den Schweinestall optisch mit den Nachbargebäuden Fleischmarkthalle und Großviehstall. An einen schmalen Mittelbau schließen sich traufseitig im Norden und Süden zwei große Räume mit hochliegenden Bogenfenstern an, in welche früher die Stallboxen integriert waren. Ziel der Planung war es, unter Beibehaltung der historischen Struktur eine Nutzung für zwei Großraumbüros zu ermöglichen. Hierfür war es notwendig, zusätzlich zu den bestehenden, hochliegenden Stallfenstern weitere Lichtöffnungen zu schaffen. Die neuen, größeren Fenster wurden unterhalb der historischen Stallfenster in selber Achse eingebaut; die Verwendung von dunklen Metallrahmen zeigt bewusst den Unterschied zu den historischen Fenstern mit Sandsteingewänden. Innenputzfl ächen und Böden mussten aufgrund der Kontaminierung mit Tierurin und sonstigen Gerüchen vollständig erneuert werden. An das traditionelle „Kalken“ von Stallwänden erinnert die reinweiße Farbgebung von Wänden und Decke. Durch den Einbau eines Boxensystems konnten notwendige Funktionsbereiche wie Sanitärbereiche, Teeküche oder Besprechungsraum in die neuen Büroeinheiten integriert werden, ohne den großzügigen Raumcharakter zu beeinträchtigen. Das Obergeschoss des Mittelbaus ist als Besprechungsbereich eingerichtet. Der Umbau des Gebäudes (verantwortet vom Architekten Matthias Tebbert, der als Teil der Bürogemeinschaft zwo/ elf auch Nutzer des Gebäudes wurde) wurde 2013 von der Architektenkammer Baden-Württemberg mit einem Preis für beispielhaftes Bauen (Kategorie: Bauen im Bestand) ausgezeichnet. Ebenso erhielt der Umbau die Hugo-Häring- Auszeichnung 2014 des BDA Kreisgruppe Karlsruhe. Der nördliche Teil des Gebäudes war mit eines der ersten Gebäude, welches im Rahmen des Stadtumbaus modernisiert/ umgebaut und gefördert wurde. Ebenfalls gefördert wurde der auf der gegenüberliegenden Straßenseite zur Schlachthausstraße hin liegende Gebäudeumbau und die Modernisierung des ehemaligen Großviehstalls Alter Schlachthof 47 auf dem ehemaligen Viehhofareal. Dieses Gebäude stellt hinsichtlich der Gebäudekubatur das Zwillingsgebäude zum Gebäude Alter Schlachthof 15 dar. Stadtplanungsamt | 47 PfePfePfePferderderded schschschs laclaclachthhthhtht ausausaus, F, F, otootoot : M: MMattattatthiahiahiai s Ks KKapiapip cacaa PfePPPferdedeerdrd schccc lacaaala hthhthhthttht ausausaausausau , F, F, F, ,, otoottotoototo : S: S: S: Staddtatataa t Ktt Kt KKt KKarlarlararararaa srusrsrusrusrss hehe 48 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Alter Schlachthof 27 Pferdeschlachthaus Über die Geschichte des 1914 errichteten Pferdeschlachthauses ist nur wenig bekannt. Es befi ndet sich im südlichen Teil des Schlachthofs und ist mit seiner aufgesetzten Dachlaterne weithin sichtbar. Die Fassade ist geprägt von vertikalen Gliederungs- elementen. Hohe, zum Teil geschossübergreifende Fenster mit Sprossengliederung und ein Aufzugsschacht mit Putzfassade im Süden verstärken die vertikale Betonung und verleihen dem Gebäude ein insgesamt eher sachliches Erscheinungsbild. An zwei Seiten ist der Fassade eine Laderampe vorgebaut. Wenngleich als Pferdeschlachthaus errichtet, ist diese Nutzung für das Gebäude nicht dokumentiert. Auf Vorschlag der Karlsruher Häute- und Fettverwertungsgenossenschaft wurde das Gebäude unterkellert und dort ein Häutelager eingerichtet. Das Obergeschoss nutzte man durchgängig als Verwaltungsetage. 1953 erfolgten eine Instandsetzung und die Ausstattung mit elektrischen Winden. Zuvor war das Schlachten und die damit verbundenen Tätigkeiten Handarbeit. Ebenfalls in jüngerer Zeit wurden Vordächer und eine neue Glaseingangstüre im Norden ergänzt. In späteren Jahren nutzte die Fleischereigenossenschaft die Büroräume im Obergeschoss. Im Erdgeschoss waren Kühl- und Lagerräume untergebracht. Bis zur Sanierung 2014 wurden die früheren Büros unter anderem als Künstler- und Kleinkunstateliers zwischengenutzt. Wie in allen Bestandsgebäuden des Alten Schlachthofs sah das Sanierungskonzept einen möglichst behutsamen Umgang mit der historischen Bausubstanz vor. So blieben etwa die bestehenden, zum Teil rau anmutenden Wandoberfl ächen in weiten Teilen erhalten. Die Bodenbeläge sind in beschichtetem Gussasphalt, Linoleum sowie Bestands-Holzdielen ausgeführt. Teilweise wurden die Mietbereiche um neue Raummodule für die notwendigen Funktionsräume ergänzt. Im Obergeschoss zeugen noch einzelne Relikte wie Stahltresore oder eine Kassendurchreiche von der früheren Nutzung als Verwaltungsetage. Auch andere Elemente der historischen Ausstattung wie etwa Holz-Glas-Trennwände vom Treppenhaus zum Erdgeschoss und ersten Obergeschoss, Wandfl iesen und die Stahlfenster mit Öffnungsmechanismus blieben erhalten. Mit der Sanierung stehen insgesamt neun Mieteinheiten zwischen 40 und 300 Quadratmetern für Büro- und Ateliernutzungen zur Verfügung, die nach Abschluss der Umbaumaßnahmen 2019 von verschiedenen Kreativunternehmen bezogen wurden. Weitere Maßnahmen im Rahmen des Stadtumbaus Neben den beispielhaft dargestellten Umbau-/ Modernisierungsmaßnahmen konnte auf dem Areal eine Vielzahl von weiteren Gebäuden reaktiviert werden. So sind weiterhin die Gebäude der ehemaligen Kaldaunenwäsche (AS 21), die ehemaligen Kühlhäuser (AS 11), die ehemalige Großmarkthalle und Fettschmelze (AS 25) sowie das Remisengebäude (AS 23) Beispiele für einen gelungenen Stadtumbau auf dem Alten Schlachthofareal. Die Arbeiten im Gebäude des ehemaligen Kesselhauses (AS 01) sind derzeit noch im Gange. Der Plan auf Seite 62 gibt eine Übersicht über die Einzelgebäude, deren Lage und erfolgten Förderung. 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Sie unterscheidet sich mit ihren Anklängen an den Stil der Neuen Sachlichkeit von den historisierend und repräsentativ gestalteten Gebäuden der ersten Bauphase. Markant wirken die beiden Schiffe auf dem Flachdach der Halle, die der Belichtung und Belüftung dienen. Ein Sandsteinrelief über dem nördlichen Zugangstor mit einem Bauern, einem Viehhändler und vier Schweinen nimmt Bezug auf die anfängliche Gebäudenutzung. Ursprünglich besaß die Halle im Süden einen Vorbau mit Loggien. Vor 2006 diente die Schweinemarkthalle als Lagerhalle für die auf dem Viehhof ansässigen Kfz-Betriebe. Nachdem jahrelang nicht in die Bauunterhaltung investiert worden war, befand sich die Halle in einem solch schlechten Zustand, dass sie im Jahr 2000 trotz ihrer Einstufung als Kulturdenkmal zum Abbruch freigegeben wurde – der jedoch glücklicherweise nicht vollzogen wurde. Ein nicht denkmalgeschützter Anbau aus den 1960er-Jahren auf der westlichen Seite der Halle wurde 2007 rückgebaut. Ab 2007 entstanden erste Entwürfe für eine Umnutzung mit Blick auf eine künftige Funktion als Gründerzentrum. Von der Idee eines Raum-in-Raum-Konzepts aus gebrauchten Seefrachtcontainern galt es zunächst noch die zuständigen Entscheidungsgremien zu überzeugen. Im Rahmen einer Potenzialanalyse wurde im Juli 2010 der Bedarf eines Gründerzentrums für Kultur- und Kreativschaffende in Karlsruhe durch eine Studie des Fraunhofer ISI bestätigt. Um die Bedürfnisse und Anforderungen potenzieller Gründerinnen und Gründer schon in den Planungen umfassend berücksichtigen zu können, wurde im selben Jahr ein Nutzerworkshop veranstaltet, an dem Studierende und junge Absolventinnen und Absolventen verschiedener Karlsruher Hochschulen teilnahmen. 2011 schließlich beschloss der Gemeinderat die Umsetzung des Containermodells. Umbau- und Neubaumaßnahmen außerhalb des Stadtumbaugebietes Stadtplanungsamt | 53 PerPerPerPerPerPP fekfekfekfekekfekkkt Ft Ft Ft Ft Ftt Ft utuutuututuutuuuu r, rrr, r,r, rrr ©©©©©©Wo©Wo©©©©©©©W©©©©©© rksrkskshophoophop AAArArrchichitekturfotogrogrrogrrogrogrgrggggggg afiafififiafiafi afiafi aaafi afi fiaa e,ee,ee,eeeee,e,e,eeee, HocHocHocHocHocHocHocHocHocHocHoHoHocHoHHoHoHocH cHoH hschschschschhschsschschschhhhschhhschulhulhuhuhh lllh llhulhulh KKKKKe Ke Karlarlsrusruhe,he, Leeituitungng DirDirk Ak Altelt nkirch 54 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Umbau- und Neubaumaßnahmen außerhalb des Stadtumbaugebietes Alter Schlachthof 39 Perfekt Futur (ehemalige Schweinemarkthalle) Noch im selben Jahr wurde mit den umfangreichen Sanierungs- maßnahmen begonnen. Unter anderem waren eine komplette Dacherneuerung und eine Sanierung der Stahlbetonkonstruktion notwendig. Die historische Betonwabendecke konnte aus statischen Gründen nicht erhalten werden. Ebenfalls aufgegeben werden musste die südliche Vorhalle. Nach einem Abwägungsprozess verschiedener öffentlicher Belange wurde damit den bauordnungsrechtlichen Vorgaben zur Nachweisbarkeit von Stellplätzen Rechnung getragen. Mit dem Raumkonzept aus insgesamt 68 Seefrachtcontainern auf drei Ebenen entstanden kleinere und mittlere Arbeitseinheiten aus einem, zwei oder drei Containern. Die freien Flächen im Erdgeschoss sowie die Dachterrassen um und auf den Containern sind Bürobereich, Gruppenarbeitsplatz, Ruhe- oder Kommunikationsort, Ausstellungs- oder Präsentationsfl äche. Eine Containereinheit dient als Besprechungsraum. Die Container und Flächen wurden bewusst unmöbliert übergeben und eröffneten so den Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit zur individuellen Gestaltung und Bespielung. Das Café im Eingangsbereich mit Außenbewirtungsfl äche ist zentrale Anlaufstelle und Treffpunkt für Nutzer und Gäste. Im April 2013 wurde das Gründerzentrum in der ehemaligen Schweinemarkthalle nach knapp anderthalbjähriger Umbauzeit feierlich eröffnet. Die ersten Gründerinnen und Gründer hatten ihre Container da bereits bezogen. Heute ist das „Perfekt Futur“ Standort für über 30 junge Firmen, die hier ihre ersten Schritte in die Selbständigkeit machen. Untrennbar mit der Entstehung von Perfekt Futur verbunden ist die Gründung des K³ Kultur- und Kreativwirtschaftsbüros. Das gemeinsame Büro von Wirtschaftsförderung und Kulturbüro des Kulturamtes der Stadt Karlsruhe wurde von städtischer Seite ins Leben gerufen, um Gründerinnen und Gründer zu begleiten und zu unterstützen. Das K³-Büro ist gemeinsam mit der Karlsruher Fächer GmbH für den Auswahlprozess für das Perfekt Futur zuständig und unterstützt darüber hinaus den Konversionsprozess auf dem Alten Schlachthof. 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Zu den bauzeitlichen Gebäuden, die nicht erhalten sind, gehört beispielsweise die ursprünglich zentral gelegene Großviehmarkthalle. Bei Übernahme des Areals und mit Abbruch einiger jüngerer Ergänzungsbauten verblieben auf dem Viehhoffl ügel entsprechend mehrere unbebaute Grundstücke, die nach der Konversion der Bestandsgebäude sukzessive bebaut werden. Drei Grundstücke wurden an private Investoren verkauft und bebaut (AS 45, AS 51-53). Für einige andere Grundstücke gab es Interessenten und Projektideen, die jedoch nicht umgesetzt wurden. Der Bebauungsplan enthält für Neubauprojekte zahlreiche gebietsspezifi sche Vorgaben, unter anderem für die architektonische Gestaltung und die Nutzung der Gebäude – Regularien, die nicht jeder Bauherr in seine individuellen Planungswünsche einzubeziehen bereit ist. Resultierend aus diesen Erfahrungen und den bisherigen Entwicklungen im Gebiet, steht der Gedanke, alle Grundstücke zwingend an Privatinvestoren zu veräußern, nicht mehr im Vordergrund. Stattdessen sind andere Projektideen in den Fokus gerückt, die von der Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG als Bauherrin verwirklicht werden. Konzeptionell sollen die Gebäude eine Ergänzung zu den bereits verwirklichten Flächen und Nutzungen bilden. Nachdem der Neubau des FUX Festigungs- und Expansionszentrums 2019 fertig gestellt wurde, befi ndet sich derzeit das Kreativwirtschaftszentrum (KWZ) in der baulichen Umsetzung. Weitere Neubauprojekte, wie beispielsweise ein Erweiterungsbau auf der Grundstücksfl äche des Perfekt Futur, befi nden sich in der Planungsphase. TolTolTollhalhalhaus usus ErwErwErwErE eiteiteitterueruerueruurerungsngsngsgssngsnggsbaubaubaubaubauu F, F, FFotototo: MMMM: Mattatthiahias Ks Kapiapicaca Stadtplanungsamt | 57 FUXFUXFUX FeFeFestististit gungungung gs-ss unnund Ed Ed Expaxpaxp nsinsins onsonsonsn zenzee trur m, mm Fototo: Brigida Gonzáles RohRohRohRohRohRRRohRRRoRo baubaubaubaubaubabaua KrKrKrKrKrrKrreateateateateateata ivwivwivwivwivivwivwwirtirtirtirtrtrtirtrttschschschschschschchschschsc aftaftaftaftaftaftafta szeszeszeszeszeszentrntrntrntrntrntrtt um,um,um,um,m,um,um,um,m FoFoFoFoFoFoooto:to:to:to:toto:t kakakakakakarlsslrlsrlslsrlsrlsssruhruhuhhhhhruhruhruhruhruhuhruhuhruhuhhuhuhruhuhruhr herferferferferfrferferferferfeerfeerfeerferfeerferre ächäächächächächächächächächäächäcäcäcää erererererrer 58 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Umbau- und Neubaumaßnahmen außerhalb des Stadtumbaugebietes Alter Schlachthof 33 FUX Festigungs- und Expansionszentrum In unmittelbarer Nachbarschaft zum Gründerzentrum Perfekt Futur und dem Kulturzentrum Tollhaus setzt das FUX Festigungs- und Expansionszentrum die Reihe der Neubauten im Gebiet fort. Es ist der erste von der Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG als Bauherrin in Auftrag gegebene Neubau. Das Gebäude richtet sich an Firmen, die für die Container im Perfekt Futur zu groß geworden sind, den Alten Schlachthof als liebgewonnene Nachbarschaft und kreativen Nährboden jedoch nicht verlassen möchten. Darüber hinaus bietet es weiteren jungen Unternehmen die Möglichkeit, Teil der Schlachthof- Gemeinschaft zu werden. Entworfen von der Birk Heilmeyer und Frenzel Gesellschaft von Architekten mbH aus Stuttgart, hebt sich das FUX durch eine moderne Architektursprache von den bestehenden Altbauten ab und fügt sich dennoch durch eine unaufdringliche und zeitlose Bauweise in das Gesamtensemble ein. Das Gebäude setzt zudem auf zukunftsweisende und nachhaltige Technik, um Ressourcen zu schonen. In hellen, lichten Räumen sind auf circa 3.300 Quadratmetern und fünf Stockwerken Büroeinheiten entstanden, die offen und fl exibel gestaltet sind und sich den Anforderungen junger Firmen anpassen, indem sie eine dynamische Nutzung zulassen. Kommunikationszonen und offene Räume im Loft- Charakter, die als Gemeinschaftsbereiche fungieren, unterstützen den Austausch zwischen den wachsenden Unternehmen. Sie bieten außerdem Platz für fi rmeneigene Veranstaltungen, Meetings oder Ausstellungen. Alter Schlachthof 57 Kreativwirtschaftszentrum Nach der Fertigstellung des FUX im April 2019 befi ndet sich in unmittelbarer Nähe derzeit das Kreativwirtschaftszentrum in der baulichen Umsetzung durch die Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG. Der Neubau bildet durch seine identische Kubatur nicht nur architektonisch einen direkten Anschluss zum Festigungs- und Expansionszentrum, sondern stellt auch hinsichtlich seines Nutzungskonzepts den nächsten Schritt in der Entwicklung der Nutzerinnen und Nutzer dar. Er soll in Zukunft einen vergrößerten Raumbedarf von Firmen abbilden, die schon seit Jahren auf dem Areal zu Hause sind und darüber hinaus Unternehmen beherbergen, die sich auf dem Alten Schlachthof neu niederlassen möchten. Als nordöstlicher Abschluss des Schlachthofareals wird das Gebäude zusammen mit dem Festigungs- und Expansionszentrum als repräsentative Adresse zum Messeplatz hin fungieren. Im Jahr 2017 wurde ein Planungswettbewerb (RPW) durchgeführt. Die Jury hat sich für den Entwurf der Architekten Steimle GmbH aus Stuttgart entschieden. Die Raumzuschnitte und Qualitäten entsprechen den Bedürfnissen von bereits etablierten Unternehmen. Entsprechend sind die Raumgrößen für die Büronutzung großzügig bemessen. Diese liegen zwischen 100 und 600 Quadratmetern, insgesamt werden neun Büroeinheiten realisiert. FUXF Festigungs-gs- unund Ed Expaxp nsionsonszenzentrutrum, m, FotFoto:o:: BriBrigidgida Ga onzáles Stadtplanungsamt | 59 SchSchlacl hththofmofmaueauueu r, FFoFototo: : karkarllsrlsrsruheuherfrfärfächer 60 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Kosten- und Finanzierungsübersicht Stadtplanungsamt | 61 Sanierung Alter Schlachthof, Maßnahmenübersicht, Stadt Karlsruhe/karlsruherfächer 0 25 50 m Abgrenzung Sanierungsgebiet (ca. 4,1 ha) kte/Zuschussbeträge ehem. Kesselhaus/Schweineschlachthaus 186.590 € Verwaltung (Teil) ehem. Direktorenhaus 10.250 € ehem. Kühlhäuser 670.580 € ehem. Schweinestall 248.080 € ehem. Filmhaus Nord 17.450 € Mitte/Süd 32.520 € ehem. Wursterei, Fleischmarkthalle (Gemeinbedarfseinrichtung) 784.070 € ehem. Fleischerei 84.400 € Durlacher Allee ho f Messplatz")P Stellplätze 36.000 € ehem. Remisengebäude 170.520 € ehem. Schlachthaus 487.110 € ehem. Seuchenschlachthaus 120.720 € ehem. Großviehstall 418.950 € ehem. Großmarkthalle (Geb. 2) 341.780 € Fettschmelze (Geb. 1) 31.840 € ehem. Kaldaunenwäsche, Salzlager 1.BA 187.040 € 2.BA 63.240 € !32( !72( !92( !74( !52( !12( , Heutige Nutzung: Haus der Produktionen , Heutige Nutzung: Kreativbüros (Film und Medien) , Heutige Nutzung: Kreativbüros , Heutige Nutzung: Kreativbüros Heutige Nutzung: Kreativbüros , Heutige Nutzung: Gastronomie, Technische Werkstatt , Heutige Nutzung: Kunsthandwerk, Kreativbüros , Heutige Nutzung: Ateliers für Kunsthandwerk , Heutige Nutzung: Kreativbüro , Heutige Nutzung: Gastronomie, Kreativbüros, Kunsthandwerk, Schlagzeugschule , Heutige Nutzung: Künstlerateliers , Heutige Nutzung: Veranstaltungsort , Heutige Nutzung: Kreativbüros 1 3 11 13a 13 15 17 Projekte/Heutige Nutzung/Zuschussbeträge 21 23 25 27 29 47 62 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Bund-Länder-Programm „Stadtumbau West“ (SUW) Alter Schlachthof Bewilligter Förderrahmen: 4,3 Millionen Euro Bewilligte Fördermittel: 2,6 Millionen Euro Die tatsächliche Gesamtförderung betrug rund 3,9 Millionen Euro. Hiervon wurden rund 2,3 Millionen Euro aus Städtebaufördermittel des Bundes/Landes bezuschusst; der Restbetrag von 1,6 Millionen Euro verblieb als Komplementärförderung bei der Stadt. Gesamtinvestitionsvolumen: circa 30 Millionen Euro  davon städtische Eigenkapitalausstattung KFE 5 Millionen Euro  Weitere Investitionen für Sanierungen über Bankdarlehen Stadtplanungsamt | 63 Duru chgchgangg zwwischenen KüKühlhhlhausaus und SSSSchwhhchch einesccchhhlah achtccc halle, Foto:o: StStadtadtadttplaplaplaplaplaalapplplpp nunnunnunnunnunnunnnunnunnn gsagsagsagsgsasamt mt mt mtmmmm KKKarK rlsrlsrs uhee 64 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Resümee Stadtplanungsamt | 65 UrbUUrbUrbUrbUrbrbU brbbbbrbbbbr ananananannannnnaaaaa Garararrrrrarrrarrdendendededededededeendendendenddededenddedennddeee inginginininngnginnngng vvovovovoov rrr Pr PPrr erferferfrffrfffrfektektektektktektekttektkt FuFuFuFuFuFuuF turtturtuurru F, FFFF, F, FFFFotootoototootototootoottootootoooto k: k: k: kkk: kkk: karlarlarlararararlararlarlararlarlararllrlrlaa srusrusrssrusrusrrusrsrss herhherherheheherherhhehehh fäcfäcfäcfäcfäcfäcächerheheherheh rrr 66 | Stadtumbau West 2007 – 2021 | Sanierung Karlsruhe | Alter Schlachthof Der Alte Schlachthof hat sich zum zentralen Inkubator der Kultur- und Kreativwirtschaft in Karlsruhe entwickelt – sein „kreatives Grundrauschen“ wirkt ins Quartier, in die Stadt und über die Stadtgrenzen hinaus. Als Gewerbegebiet der besonderen Art bietet der Alte Schlachthof heute Raum für alle Sparten der Kultur- und Kreativwirtschaft. Einem Areal, das durch das Aus seiner ursprünglichen Nutzung vor einer ungewissen Zukunft stand, wurde – ganz im Sinne von Stadtumbau West – durch einen offensiven, mutigen Umgang mit dem Bestand und ein durchdachtes städtebauliches und wirtschaftliches Konzept zu einem neuem Dasein verholfen. Der denkmalgeschützte Gebäudebestand – wenn auch zu völlig anderen Zwecken erbaut – spielte dabei aufgrund seiner hohen baulichen und gestalterischen Qualität eine entscheidende Rolle. Die ehemaligen Schlacht- und Markthallen, Verwaltungs- und Werkstattgebäude, Remisen und Ställe bieten eine atmosphärisch außergewöhnliche Hülle für ihre heute kreativen und kulturellen Nutzungen. Die Freifl ächen auf dem Viehhof – lange ungenutzt und verödet – bieten zudem das Potenzial, den Alten Schlachthof räumlich, konzeptionell und strategisch zu ergänzen und ihn so in seiner Eigenschaft als Gewerbegebiet mit Sondernutzung zu stärken und weiterzuentwickeln. Doch der Alte Schlachthof ist mehr als eine Bündelung von Arbeitsplätzen der Kultur- und Kreativbranchen – er hat sich zu einem Treffpunkt, zu einem integrierten Bestandteil des Quartiers entwickelt. Mit seinen Cafés und Restaurants, bei öffentlichen Veranstaltungen und Konzerten, an einem Tag der offenen Tür oder schlicht als Fuß- oder Radweg zum Otto-Dullenkopf-Park oder zum Park vor dem Schloss Gottesaue – der Alte Schlachthof steht, anders als in der Vergangenheit, den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt offen. Um all dies zu ermöglichen, brauchte es die Begleitung, die Unterstützung und die Überzeugung von vielen Seiten – das Bund-Länder-Programm Stadtumbau West war dabei ein wichtiger und verlässlicher Baustein. Stadtplanungsamt | 67
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Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt Sanierung Mühlburg 2007 bis 2021 2 | Sanierungsgebiet Mühlburg Impressum Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt Lammstraße 7 76133 Karlsruhe Postadresse: 76124 Karlsruhe stpla@karlsruhe.de Auflage: 80 Ansprechpersonen: Redaktion: Marcus Dischinger, Freier Journalist Andreas Lehn, Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt Mitwirkung: Tiefbauamt, Gartenbauamt, Hochbauamt, Volkswohnung Layout: Cindy Streeck, Stadt Karlsruhe, Presse- und Informationsamt Titelbild: Stadt Karlsruhe, BN 1, Stadtplanungsamt Bilder: Seite 7: Presse- und Informationsamt Stadt Karlsruhe, Seite 10: Stadtarchiv Karlsruhe alle anderen Bilder: BN 1 Monika Müller-Gmelin, Stadtplanungsamt; BN 2 Roland Fränkle (auch Seite 4), Presseamt; BN 3, Stadtplanungsamt; BN 4 Tiefbauamt Druck: Rathausdruckerei auf 100 Prozent Recyclingpapier mailto:stpla@karlsruhe.de Stadtplanungsamt | 3 Sanierung Mühlburg 2007 bis 2021 4 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtplanungsamt | 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................................................................................... 7 Plan Sanierungsgebiet ................................................................................................................................................ 8 Von Mulenberc zu Mühlburg: die wechselhafte Geschichte des heutigen westlichen Stadtteils ............................... 9 Mühlburger Privilegienbrief aus dem Jahr 1670 ist Vorläufer des Karlsruher Privilegienbriefs .......................... 9 Industrielle Entwicklung flankiert vom Bau der Maxau-Bahn vom Karlsruher Hauptbahnhof zum Rhein ......... 9 Mühlburg wird im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und im Anschluss wiederaufgebaut ........................... 10 Vorbereitende Untersuchung legt Defizite im Sanierungsgebiet offen .................................................................... 11 Sozialstruktur ............................................................................................................................................... 11 Eigentumsverhältnisse und städtebauliche Aspekte ...................................................................................... 11 Bausubstanz und Defizite ............................................................................................................................. 12 Nutzungen und Potenziale ........................................................................................................................... 12 Verkehr ........................................................................................................................................................ 12 Die Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner ............................................................................................... 13 Fazit der Vorbereitenden Untersuchung ....................................................................................................... 14 Sanierungskonzept und Ziele ....................................................................................................................... 14 Maßnahmen im Straßenbereich: Große Veränderungen mit viel Nutzen für alle Verkehrsteilnehmer ............ 15 Plätze im Sanierungsgebiet: Aufwertung an vielen Stellen im Stadtteil ......................................................... 22 Klettergerüst und Co: Spielen, Toben und Kicken auf neu gestalteten Arealen ........................................... 25 Runderneuerter und ausgebauter Kinder- und Jugendtreff in Mühlburg erweitert Angebotspalette ...................... 29 Das Bürgerzentrum Mühlburg: Neuer Mittelpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger ..................................... 31 Private Sanierungen steigern Wohnstandards in vielen Mühlburger Gebäuden ...................................................... 33 Bürgerbeteiligung: Große Bereitschaft in Mühlburg, sich für den eigenen Stadtteil einzusetzen ............................ 36 Mehrere Förderprogramme – ein Ziel: Die Aufwertung des Sanierungsgebietes in Mühlburg................................ 39 Resümee ................................................................................................................................................................... 41 6 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtplanungsamt | 7 Vorwort Die stadtnahe Lage, die hervorragende Verkehrsanbindung und die sehr guten Einkaufsmöglichkeiten zeichnen den Karlsruher Stadtteil Mühlburg aus. Insbesondere diese Einkaufsmöglichkeiten haben Bedeutung über den Stadtteil hinaus. In den Nullerjahren des Jahrhunderts wurden allerdings zunehmend städtebauliche und sozial-strukturelle Probleme wahrgenommen. Dies mündete im Gemeinderatsbeschluss vom Mai 2007, eine Sanierung Mühlburgs durchzuführen. Grundlage dafür bildete das Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ von Bund und Land. Ziel war es, die Lebensqualität, das Wohnen und das Stadtbild zu verbessern. Diese Ziele sind in der Zeit zwischen 2008 und 2021 erreicht worden. Das B-Zentrum ist deutlich aufgewertet worden, etwa durch die umfassende Umgestaltung der Rheinstraße. Die modernisierte Einkaufsstraße hat nun mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger und ist dadurch deutlich attraktiver geworden. Mehrere Plätze und Freiräume konnten ebenfalls aufgewertet werden, darunter der Fliederplatz, der neugestaltet wurde. In Verbindung mit der umfassenden Sanierung des Kinder- und Jugendtreffs ist das Areal nun zu einem Treffpunkt für Kinder und Jugendliche ganz verschiedener Altersgruppen geworden. Außerdem wurden verschiedene Spielplätze und der Lindenplatz erneuert. Hinzu kamen bautechnische und energetische Sanierungen in mehr als 500 privaten Wohneinheiten, darunter auch die Hochhäuser der Volkswohnung GmbH in der Weinbrennerstraße. Das ist ein erfreulich hoher Wert. Große Bedeutung in Sanierungsgebieten haben auch immer die sozialen Projekte, die das Miteinander im Stadtteil stärken. Insgesamt konnten in all den Jahren mehr als 20 Projekte für verschiedene Zielgruppen umgesetzt werden. Sie haben viele Menschen nachhaltig zusammengeführt. Mit dem Bürgerzentrum Mühlburg und der dort ebenfalls etablierten neuen Stadtteilbibliothek wurde ein Leuchtturmprojekt umgesetzt. Es ist heute ein sozialer Mittelpunkt Mühlburgs. Gleichzeitig wurde im Außengelände ein neuer Quartiersspielplatz geschaffen. In diesem Sanierungsgebiet wurden im Bereich Bürgerbeteiligung und Partizipation neue Maßstäbe gesetzt. Zum ersten Mal wurde in Karlsruhe das Instrument der Spielleitplanung angewendet. Außerdem wurden Stadtteilspaziergänge und Konferenzen durchgeführt. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände und Institutionen beteiligten sich an verschiedenen Arbeitskreisen und –gruppen. Die Ergebnisse des Sanierungsprozesses haben den Stadtteil deutlich nach vorne gebracht und den Bewohnerinnen und Bewohnern eine hohe Aufenthaltsqualität beschert. Ich danke allen Beteiligten, insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, dafür, dass sie sich in dieser umfassenden Art und Weise eingebracht haben. Dr. Frank Mentrup Oberbürgermeister 8 | Sanierungsgebiet Mühlburg Plan Sanierungsgebiet Plan Stadt Karlsruhe, Liegenschaftsamt Stadtplanungsamt | 9 Von Mulenberc zu Mühlburg: die wechselhafte Geschichte des heutigen westlichen Stadtteils Als Karlsruhe 1715 gegründet wird, ist der Abstand zwischen dem markgräflichen Schloss und den wenigen Gebäuden in Mühlburg noch sehr groß. Der Raum dazwischen ist unbebaut, aber die beiden Orte wachsen aufeinander zu. Mühlburg wird Ende des 19. Jahrhunderts eingemeindet, innerhalb weniger Jahre vervielfacht sich die Bevölkerungszahl. Im Zweiten Weltkrieg wird der Stadtteil schwer getroffen. Heute ist Mühlburg ein bedeutendes B-Zentrum von Karlsruhe. Ein Blick zurück in die Geschichte Mühlburgs. Mulenberc – diesen Namen trägt eine Mühle in der Mitte des 13. Jahrhunderts, die an der Alb liegt, an der Nahtstelle zwischen Hochgestade und Rheinniederung. Genau im Jahre 1248 taucht der Name Mulenberc urkundlich zum ersten Mal auf, vermutet wird aber, dass auf dem Gebiet nahe der Alb beim heutigen Mühlburg die Römer schon viel früher eine Albquerung nutzten und damit ebenfalls Spuren hinterlassen haben. Darauf deutet auch der Fund einer Sandstein-Statue am Albufer mit dem Namen Diana Abnoba hin. Der keltische Name meint in der Antike die Göttin des Schwarzwalds. Heute befindet sie sich im Eigentum des Badischen Landesmuseums. Mühlburger Privilegienbrief aus dem Jahr 1670 ist Vorläufer des Karlsruher Privilegienbriefs Zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert besteht Mühlburg im Wesentlichen aus einem Schloss, sowie wenigen Gebäuden und Bewohnerinnen und Bewohnern. Der Ort gehört zur Markgrafschaft Baden-Durlach, nur wenige hundert Einwohnerinnen und Einwohner leben hier. Das Schloss erlebt mehrere Besitzerwechsel und Zerstörungen. Ende des 17. Jahrhunderts wird es endgültig zerstört und nicht mehr aufgebaut. 1670 verleiht Markgraf Friedrich VI Mühlburg das Stadtrecht, verbunden mit einem Privilegienbrief, der Freiheit von Leibeigenschaft und Frondiensten verspricht, Gewerbe- und Religionsfreiheit zusichert und die Steuern für die kommenden drei Jahrzehnte erlässt. Die Zusicherungen sind quasi eine Vorwegnahme des Privilegienbriefs aus dem Jahr 1715 des Karlsruher Stadtgründers Karl III. Wilhelm. In Mühlburg bleibt der Vorstoß zunächst ohne Erfolg. Der Privilegienbrief wird 1699 von Markgraf Friedrich Magnus erneuert und hat nun mehr Durchschlagskraft. 1714, ein Jahr vor der Karlsruher Stadtgründung, hat Mühlburg immerhin 521 Bewohnerinnen und Bewohner. Allerdings lässt die Stadtgründung die weitere Entwicklung von Mühlburg und auch von Durlach stagnieren. Denn: beide Orte leiden unter der nun folgenden Konzentration der Herrschaft auf Karlsruhe. „Es war bezeichnend, dass die Steine des zerstörten Mühlburger Schlosses zum Neubau in Karlsruhe verwendet wurden“, stellt Heinz Schmitt1 fest. Auch während des ganzen 18. Jahrhunderts kommt Mühlburg kaum über 700 Einwohnerinnen und Einwohner hinaus. Industrielle Entwicklung flankiert vom Bau der Maxau-Bahn vom Karlsruher Hauptbahnhof zum Rhein Zaghaft entwickelt sich Mühlburg auch als Industriestandort, beispielsweise durch die Gründung der Seldeneck‘schen Brauerei im Jahr 1770 durch Prinz Wilhelm Ludwig, dem Bruder des damaligen Badischen Markgrafen Karl Friedrich. 1856 etabliert sich die Eisengießerei und Maschinenfabrik Seneca. Flankiert wird die Entwicklung auch vom Bau der Maxau-Bahn im Jahr 1862, die vom alten Hauptbahnhof am Ettlinger Tor über die Weststadt, die spätere Nordstadt, die Südliche Hildapromenade und dem heutigen Grünzug zum alten Bahnhof am heutigen Fliederplatz, weiter an Knielingen vorbei zum Hafen Maxau führt. Auch die soziale Infrastruktur entwickelt sich: beispielsweise durch den Bau der Evangelischen Kirche im Jahr 1786, die erst bei einer Erweiterung Anfang des 20. Jahrhunderts ihren heutigen Namen Karl-Friedrich-Gedächtniskirche erhält. Die Katholische Kirche St. Peter-und-Paul folgt 1882. Die Hardtschule entsteht 1874. Inzwischen wachsen beide Städte auch baulich rasant aufeinander zu – auch eine Entwicklung der Industrialisierung an anderer Stelle in der sich erweiternden Stadt. Die Eingemeindung Mühlburgs „ohne größere Probleme“2 am 1. Januar 1886 ist die folgerichtige Konsequenz dieser Entwicklung. Zu diesem Zeitpunkt leben in Mühlburg schon 4.110 Einwohnerinnen und Einwohner. Durch die Eingemeindung wächst Karlsruhe um 212 Hektar Fläche. Nur 15 Jahre später sind die baulichen Übergänge zwischen der Karlsruher Weststadt und Mühlburg fließend. Mit dem Rheinhafen und seiner Eröffnung im Jahr 1901 wächst die Bedeutung Mühlburgs als Wirtschaftsstandort weiter. 1 Heinz Schmitt: Der Raum Karlsruhe vor der Stadtgründung. In: Karlsruhe – die Stadtgeschichte, hg. von Stadt Karlsruhe, 1998, Seite 46. 2 Heinz Schmitt: Der Raum Karlsruhe vor der Stadtgründung. In: Karlsruhe – die Stadtgeschichte, hg. von Stadt Karlsruhe, 1998, Seite 59 10 | Sanierungsgebiet Mühlburg PBS_XVI_209 Stadtplan 1865 Mühlburg wird im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und im Anschluss wiederaufgebaut Der Zweite Weltkrieg ist für den Stadtteil ein massiver Einschnitt. In der Nacht vom 5. auf den 6. August 1941 gibt es erste schwere Luftangriffe, am 3. September 1942 werden der Rheinhafen und auch Teile von Mühlburg getroffen. Der schwerste Luftangriff folgt am 4. Dezember 1944 durch 900 englische Flugzeuge. Es gibt rund 100 Tote im eingestürzten Luftschutzkeller unter dem Lokal „Zu den drei Linden“ in der Rheinstraße. Mühlburg wird bei den Luftangriffen großflächig zerstört. Ein Wiederaufbau des Stadtteils ist nötig. Er folgt ab dem Jahr 1952, beispielsweise mit dem Mühlburger Feld als „zügig realisierte Wohnbaumaßnahme“3. Dafür wird das 19 Hektar große Areal zwischen Entenfang und westlicher Kriegsstraße entlang der Alb genutzt, auf dem sich bisher Kleingärten befanden. Umgesetzt wird das Projekt als aufgelockertes Wohngebiet für 4.000 Personen mit starker Durchgrünung. Insgesamt umfasst das Mühlburger Feld 1.325 Wohnungen. Es ist damit die letzte umfangreiche bauliche Erweiterung Mühlburgs nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Die Rheinstraße wird auf 39 Meter verbreitert und gleichzeitig zum Geschäftszentrum von Mühlburg. Auch eine umfassende Sanierung der zerstörten oder überalterten Häuser ist Teil der Planungen. Zwischen 1954 und 1969 entstehen am Entenfang, nahe des Mühlburger Felds, drei Hochhäuser. PBS_oXIIIb_68 Ecke Hardtstraße / Rheinstraße 1950 Alben3_Bd 4_XV_3 Blick von Westen Ende der 50er 3 Manfred Koch: Trümmerstadt. Residenz des Rechts. Zentrum der Technologieregion. Wechselvoller Weg in die Gegenwart. In: Karlsruhe – die Stadtgeschichte, hg. von Stadt Karlsruhe, 1998, Seite 574 Stadtplanungsamt | 11 Vorbereitende Untersuchung legt Defizite im Sanierungsgebiet offen Städtebauliche Mängel, eine große Verkehrsbelastung und die Notwendigkeit, etliche Straßen und Plätze neu zu ordnen: auf diesen kurzen Nenner kann man die Ergebnisse der Vorbereitenden Untersuchung durch das Büro Voegele + Gerhardt bringen. Gleichzeitig ergab die Vorab-Analyse aus dem Jahr 2006, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner zu einem hohen Grad mit ihrem Stadtteil identifizieren. Das Soziale Stadt-Programm (SSP) existiert seit 1999 und ist für Stadtteile gedacht, in denen sich Benachteiligungen und Belastungen häufen, die sich negativ auf ein Quartier auswirken. SSP soll Revitalisierungs- und Entwicklungsprozesse anstoßen. Mit Blick auf dieses Programm wurden im Januar 2005 auf Grundlage einer Strukturuntersuchung städtebauliche Missstände in Mühlburg festgestellt. Sie mündeten in den Beginn einer Vorbereitender Untersuchung (VU), die vom Gemeinderat der Stadt Karlsruhe am 24. Januar 2006 beschlossen wurde. Die VU ist Voraussetzung für die Aufnahme in das SSP. Die für die VU notwendigen Bestandsaufnahmen und Analysen wurden zwischen Februar und Mai 2006 vorgenommen. Bestandteil waren schriftliche Erhebungen bei den Haus- und Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern, eine Befragung von Betrieben, Handel- und Gewerbetreibenden sowie Bewohnerinnen und Bewohner. Ein beauftragtes externes Büro ermittelte durch eine Ortsbegehung die praktische Nutzung von Gebäuden und Flächen. Im April 2006 fand ein öffentlicher Stadtteilrundgang statt. Zusätzlich wurde eine große Menge sozialstatistischer Daten ausgewertet, was ergänzt wurde durch eine Gesprächsrunde mit vielen Trägern sozialer Einrichtungen im Stadtteil. Letztlich wurde am 22. Mai 2007 durch Gemeinderatsbeschluss auf Grundlage der VU-Ergebnisse folgende Begrenzung des Sanierungsgebiets mit dem offiziellen Namen „SSP Mühlburg“ festgelegt: Hardtstraße, Seldeneckstraße, Philippstraße, Bachstraße, Händelstraße, Herder- und Wichernstraße, Radweg entlang der Straßenbahnlinie 5, Am Entenfang, Südtangente und Starckstraße, nördliche Begrenzung des Grünzugs Hildapromenade, Feldstraße, Steubenstraße und Neugrabenstraße. Damit fiel das Sanierungsgebiet (76,2 Hektar Fläche) gegenüber dem ursprünglichen Untersuchungsgebiet 3,4 Hektar größer aus. Ein Teil des Gebietes war bereits länger zuvor im abgeschlossenen PES-Programm (Programm einfache Stadterneuerung) enthalten. Alle folgenden Angaben, Zahlen und Fakten beziehen sich entweder auf das Untersuchungsgebiet, das Gegenstand der VU war, oder treffen Aussagen über den ganzen Stadtteil, wenn dies nicht anders möglich war. Sozialstruktur Insgesamt lebten zum 31. Dezember 2005 knapp 11.000 wohnberechtigte Einwohnerinnen und Einwohner in rund 5.900 Wohnungen im Sanierungsgebiet. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren betrug 13,1 Prozent – etwas weniger als in der Gesamtstadt (15,8 Prozent). Demgegenüber lag der Anteil von Menschen von 65 Jahren und älter bei 22,1 Prozent und damit etwas höher als in der Gesamtstadt (19,3 Prozent). Das galt mit 19,3 Prozent auch für den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund (Gesamtstadt: 14,3 Prozent). Gekennzeichnet war das Gebiet durch einen überdurchschnittlichen Anteil von Einpersonenhaushalten und Alleinerziehenden, nämlich 59 Prozent (Karlsruhe: 51 Prozent). In der VU wurde festgestellt, dass Kita- und Kindergartenplätze fehlen. Bei den Sozialdaten zeichneten sich im Vergleich zur Gesamtstadt eine erhöhte Arbeitslosenquote und ein erhöhter Transfer von Sozialleistungen ab bei gleichzeitig großer Wohnungsfluktuation und vielen Räumungsklagen. Mit Blick auf die Situation in den Schulen kam die VU damals unter anderem zum Ergebnis, dass die Gewaltbereitschaft von Schülerinnen und Schüler in Mühlburg deutlich zugenommen habe. Eine massive Zunahme sei auch im Bereich des regelmäßigen unentschuldigten Fehlens in der Schule zu beobachten. Schon vor Beginn der Sanierung wurde deswegen ein „Runder Tisch des Sports“ oder das Projekt „Kinder in Bewegung“ der Sportjugend Karlsruhe gestartet. Die VU stellte aber auch fest, dass Schulsozialarbeit ausgebaut und Drogenprävention forciert werden müsse. Eigentumsverhältnisse und städtebauliche Aspekte Ein Großteil der Gebäude im späteren Sanierungsgebiet befand sich im Allein- und Gemeinschaftseigentum mehrerer Personen oder im Eigentum von Wohnungsunternehmen. Die großen Kriegsschäden Anfang der 1950er Jahre leiteten größere städtebauliche Maßnahmen ein. Die Rheinstraße wurde saniert, die Lameystraße und das Seldeneck’sche Feld neu bebaut, das Mühlburger Feld als neue Siedlung mit mehr als 1.300 Wohnungen in Zeilenhäusern errichtet, etliche Baulücken wurden geschlossen. Letzteres gilt auch für zahlreiche Stellen im Mühlburger Zentrum. Am Entenfang entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg drei Hochhäuser. Dennoch erschienen Straßenzüge in den Nullerjahren des neuen Jahrhunderts städtebaulich problematisch. Beispiele waren hier die Breite der Rheinstraße mit ihrer Funktion als Durchgangsstraße und einem fehlenden attraktiven Platz. In Alt-Mühlburg, also beispielsweise entlang der westlichen Rheinstraße und in der Hardtstraße entstanden schon im 19. Jahrhundert eingeschossige Häuschen, die 12 | Sanierungsgebiet Mühlburg durch mehrgeschossige Bauten aus dem vergangenen Jahrhundert ergänzt wurden. Der Grad der Überbauung betrug im untersuchten Gebiet 39,3 Prozent, in einzelnen Bereichen wie entlang der Rheinstraße, der Sedanstraße oder der Hardtstraße erreichte dieser Überbauungsgrad aber Werte von teilweise mehr als 80 Prozent. Insgesamt standen 37 Gebäude im untersuchten Gebiet unter Denkmalschutz. Bausubstanz und Defizite Eine Abfrage bei rund 700 Eigentümerinnen und Eigentümern im Gebiet ergab, dass in rund jedem zehnten Gebäude deutliche Mängel festzustellen waren. Für 58 Prozent der Gebäude gaben die Befragten an, es gebe geringe Mängel, bei 31 Prozent der Gebäude seien keine Mängel nachzuweisen. Darüber hinaus gab es Hinweise auf einen Sanierungsstau. Bei jedem fünften Gebäude lagen die letzten größeren Modernisierungen länger als zehn Jahre zurück. Für den Sanitärbereich galt das nur teilweise. So waren nur noch in etwa zwei Prozent der Fälle Toiletten außerhalb der eigentlichen Wohnung, also etwa auf einer Zwischenetage untergebracht. Das galt auch für Badezimmer, die sich lediglich in drei Prozent der Fälle nicht in der Wohnung befanden. Defizite gab es bei der Heizungsausstattung. So verfügten 61,5 Prozent der Wohnungen über eine Zentralheizung, 34 Prozent über Etagenheizungen und noch knapp 16 Prozent über Einzelöfen mit Kaminanschluss. Modernisierungspotenziale entdeckte die VU im Bereich der Wärmedämmung. Sie fehlte in 42 Prozent der Fälle. Mehr als die Hälfte der Hinterhöfe konnten von den Bewohnerinnen und Bewohnern nicht genutzt werden. Grund war entweder die Größe des Hofs oder die Belegung als Pkw-Stellplatz. Rund 45 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner selbst sahen Mängel an ihrem Gebäude. Gebäude in der Rheinstraße; wurde ersetzt durch Neubau (BN1) Nutzungen und Potenziale Im B-Zentrum Mühlburg wurden zum Zeitpunkt der VU 277 Gewerbebetriebe in einem Erdgeschoss gezählt – darunter 21 Lebensmittelgeschäfte, 29 Fachhändler oder 13 Bekleidungsgeschäfte. Insgesamt fanden sich in Mühlburg 162 Dienstleistungs- und 30 Gastronomiebetriebe sowie 21 Handwerksunternehmen. Es zeichnete sich eine hohe Zufriedenheit mit dem Standort ab: knapp zwei Drittel der Befragten Betriebe waren entweder „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Gründe für Unzufriedenheit waren ein „schlechtes soziales Umfeld“ oder die „abgelegene Lage mit geringer Frequenz“. Bei der offenen Frage nach Verbesserungen im Stadtteil gaben die befragten Gewerbetreibenden besonders häufig an, die Parksituation müsse verbessert werden. Insbesondere gab es damals den Wunsch, die so genannte Brötchentaste über den Versuchszeitraum hinaus zu verlängern. Angeregt wurden außerdem ein besserer Branchenmix und die vermehrte Ansiedlung von Cafés, Bistros oder Biergärten. Verkehr Die VU kam zum Ergebnis, dass große Teile von Mühlburg „in erheblichem Maße vom Verkehr, insbesondere dem Kfz-Verkehr belastet und geprägt“ seien. Als hoch frequentierte Hauptstraßen galten damals die Bundesstraße 36, Rhein-, Lamey- und Hardtstraße – mit Immissionsbelastung und hoher Trennwirkung. So fuhren allein auf der Rheinstraße mehr als 25.000 KfZ in 24 Stunden, was als sehr starke Belastung gilt. Gleichzeitig stellte die Rheinstraße eine bedeutsame zentrale Erschließungsstraße für Mühlburg selbst und die Weststadt dar. Im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs konnte in Mühlburg von einer sehr guten Erschließung gesprochen werden. Die Fußgänger hingegen hatten Schwierigkeiten, die Rheinstraße zu queren. Das war abseits der ampelgeregelten Übergänge kaum möglich. Der Radverkehr hatte zum damaligen Zeitpunkt keine eigenen Flächen zur Verfügung. Bedeutsam und problematisch zugleich war in diesem Zusammenhang der Entenfang mit seiner ganz besonderen Erschließungsfunktion und einer „extremen Konkurrenzsituation zwischen verschiedenen Nutzungen und Verkehrsträgern“. Dies begann beim motorisierten Individualverkehr: der (über)regionale Pkw- und Lkw-Verkehr verursachte eine hohe Frequenz mit Stadtplanungsamt | 13 teilweise langen Wartezeiten und Rückstaus. Zusätzlich erschwert wurde die Situation durch die Vielzahl von Straßenbahn- und Buslinien, die am Entenfang Station machen. Radwege existierten bis dahin nur bruchstückhaft, Fußgänger konnten diesen Bereich nicht in einem Stück überqueren. Wenig attraktiv für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmende waren auch die Bereiche Lameystraße und Lameyplatz sowie der Abschnitt der Rheinstraße bis zur Bundesstraße 36. Das umfangreiche Verkehrsaufkommen führte dazu, dass Mühlburg durch Schallimmissionen hoch belastet ist. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität sei erheblich beeinträchtigt, lautet die Analyse in der VU. Vorgeschlagen wurde, ein noch zu definierendes Maßnahmenbündel umzusetzen, um die Situation zu verbessern. Weiter wurde ein Stellplatz-Problem identifiziert: davon ausgehend, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung pro Wohneinheit ein Stellplatz angenommen wurde, ergab sich ein Fehlbedarf von 3.450 Stellplätzen. Kleine Rheinstraße vor Sanierung (BN1) Große Rheinstraße vor der Sanierung (BN1) Die Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner Um die Einschätzungen der im Untersuchungsgebiet lebenden Menschen über ihren Stadtteil zu erfahren, wurde eine repräsentative Stichprobe unter 600 Bewohnerinnen und Bewohnern vorgenommen. 91 Prozent der Befragten lebten zum damaligen Zeitpunkt gerne in Mühlburg. Gelobt wurden vor allem die guten Einkaufsmöglichkeiten, die stadtnahe, zentrale Lage, die Verkehrsanbindung oder die Grünanlagen. Genannt wurden auch die Überschaubarkeit und die generelle Infrastruktur im Stadtteil. Kritisiert wurden die Verkehrs- und Lärmbelastungen sowie zu viel Dreck und Müll. Die generelle Wohnqualität wurde von 56 Prozent der Befragten für „sehr gut“ oder „gut“ befunden, 35 Prozent fanden sie noch befriedigend. Die Durchschnittsnote lag bei 2,5. Seit 1996 hatte dieser Wert um 0,2 Prozentpunkte abgenommen. Die Mühlburgerinnen und Mühlburger wünschten sich vor allem weniger Verkehrslärm, mehr Pkw-Stellplätze, mehr Grünflächen, Straßenbäume und Ruhezonen. In geringerem Umfang wurden auch mehr Kinderspielbereiche, mehr Sauberkeit und langsamerer Verkehr genannt. Festzustellen war außerdem, dass die sozialen Kontakte unter den Bewohnerinnen und Bewohnern eher unterdurchschnittlich entwickelt sind. Knapp ein Viertel hatte keine Bekannten oder Freunde im Stadtteil. Gegenüber einer Bürgerumfrage aus dem Jahr 2002 hatte sich die Anonymität im Stadtteil verstärkt. Auch das Zusammenleben der Menschen wurde unterdurchschnittlich bewertet: rund 56 Prozent hielten es für „befriedigend“ oder „ausreichend“. In den Vorbereitenden Untersuchungen wurde aber auch deutlich, dass sich eine überdurchschnittliche Zahl von Menschen aus dem Stadtteil eigenen Angaben zufolge in einen Sanierungsprozess einbringen würde. Zudem plante jeder dritte Eigentümer in den beiden darauffolgenden Jahren Investitionen am Gebäude oder auf dem Grundstück. Konkret ging es dabei um Wohnungssanierungen, Fassadenarbeiten und Arbeiten an Fenstern, Heizung, Wärmedämmung oder Balkon. Rund 56 Prozent bekundeten ein grundsätzliches Interesse, im Rahmen der Sanierung eine mögliche Förderung in Anspruch zu nehmen. Jeder fünfte Eigentümer konnte sich vorstellen in einem Bürgerarbeitskreis mitzuarbeiten. 14 | Sanierungsgebiet Mühlburg Fazit der Vorbereitenden Untersuchung Die VU hatte erhebliche strukturelle, städtebauliche und sozialstrukturelle Mängel im gesamten Untersuchungsgebiet aufgezeigt. Das Ergebnis rechtfertige für weite Teile des Gebiets die Ausweisung als Sanierungsgebiet. Die Missstände hatten folgende Schwerpunkte:  sozialstrukturell: hoher Anteil an sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen, Förderbedarf bei Kindern und Jugendlichen, Mangel an Betreuungsplätzen, Defizite im sozialen und kulturellen Miteinander  städtebaulich: viele Nutzungskonflikte, hohe Lärmbelastung durch Verkehr, bauliche Mängel vieler Straßen, Stellplatzmangel, unzureichende Radwegeverbindungen, mangelhafte Aufenthaltsqualität, veraltete Substanz der Wohnhäuser, ungeordnete Baustruktur, hoher Versiegelungsgrad Sanierungskonzept und Ziele Insgesamt hatten sich in der VU vier Handlungsfelder herauskristallisiert:  Soziale und kulturelle Integration: Stärkung des Wir-Gefühls, Sicherung und Stärkung des kulturellen Angebots, Förderung der Integration von Migrantengruppen, Verbesserung der Situation für benachteiligte Gruppen, Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in die Stadtteilentwicklung  Wohnen und Wohnumfeld: Sanierung von Wohngebäuden, Steuerung von Nachverdichtungsmöglichkeiten, Aufwertung des Wohnumfelds, stärkere Begrünung von Straßenzügen, Freiflächen für Spiel, Bewegung und Begegnung  Plätze, Grünflächen, Verkehr: übersichtliche Verkehrsflächen am Lameyplatz, Erneuerung Grün- und Spielfläche auf dem Lindenplatz, Straßenumgestaltung, Verkehrsberuhigung und Verbesserung für Fußgänger in der Rheinstraße, Verbesserungen für Radfahrer in der Kaiserallee und in der Rheinstraße, Verbesserung des Lärmschutzes im Bereich Hardtschule  Nahversorgung und lokales Gewerbe: Stabilisierung des Versorgungsangebots, Steigerung der Attraktivität von Geschäften, Imageverbesserung Stadtplanungsamt | 15 Maßnahmen im Straßenbereich: Große Veränderungen mit viel Nutzen für alle Verkehrsteilnehmer/-innen Umbau und Verbesserung, neue Zuschnitte, Neuordnung Parkierung, mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden und höhere Aufenthaltsqualität – auf diesen Nenner lassen sich die Straßenbaumaßnahmen im Rahmen der Sanierung Mühlburgs bringen. Über einen Zeitraum von insgesamt zehn Jahren wurde in insgesamt zwölf Straßen die Situation verbessert. Im Fokus waren dabei die Rhein- und die Lameystraße. Rheinstraße Die Rheinstraße hat im Sanierungsgebiet die größten Veränderungen mit Blick auf die Straßenbaumaßnahmen erfahren. Sie wurde in vier Teilbereichen und zu verschiedenen Zeitpunkten umgestaltet:  Abschnitt 1: zwischen Lameyplatz und Hardtstraße (Mai 2013 bis Oktober 2013) („Kleine Rheinstraße“)  Abschnitt 2: zwischen Am Entenfang und Hardtstraße (Juni 2014 bis November 2014) („Kleine Rheinstraße“)  Abschnitt 3: zwischen Lameyplatz und Neureuter Straße (April 2013 bis November 2013) („westliche Rheinstraße“)  Abschnitt 4: zwischen Philippstraße und Am Entenfang (März 2014 bis Oktober 2015) („Große Rheinstraße“) Dieser letzte Abschnitt war in der Umsetzung besonders anspruchsvoll, weil eine Vielzahl von Menschen beteiligt und betroffen waren. Hier waren die Anforderungen und Interessen des motorisierten Verkehrs, des Radverkehrs, des ÖPNV und der Gewerbetreibenden im B-Zentrum in Einklang zu bringen. Der gesamte Straßenquerschnitt ist neugestaltet worden, gleichzeitig sind der Parkraum neu geordnet und die Gehwege verbreitert worden. Auf der Südseite gliedern neue Bäume zusätzlich den Parkraum, der nicht reduziert wurde. Zusätzlich entstanden an drei Stellen zuvor nichtexistierende Anlieferzonen, neue Abstellplätze für Räder, ausreichend Parkplätze für Menschen mit Handicap sowie neue Grünflächen. Die Neuordnung führte auch dazu, dass Geschäfte und Gastronomie jetzt über mehr Freiflächen vor den Läden verfügen, was nicht zuletzt positive Auswirkungen auf die Aufenthaltsqualität für Fußgängerinnen und Fußgänger hat. Die Verkehrsbetriebe wechselten Gleise aus und verlegten durchgängig ein Rasengleis, was den durch Straßenbahnen entstehenden Lärm minimiert. Die Haltestelle Philippstraße ist nun barrierefrei, gleichzeitig erhielt die Haltestelle am westlichen Ende eine weitere Querungsmöglichkeit für Fußgängerinnen und Fußgänger. Zusätzlich wurden die bestehenden Überwege verbreitert. Speziell in der westlichen Rheinstraße bis zur Bundesstraße 36 wurden auf der westlichen Seite die Längsparkstände in senkrechten Parkraum umgewandelt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Kreuzungsbereich Bundesstraße 36/ Neureuter Straße/ Starckstraße neu hergestellt – inklusive Erneuerung der Signalanlage. Für zu Fuß gehende Menschen wurden im Bereich der Dreiecksinseln Bedarfsampeln ergänzt. Gleichzeitig wurde die Radverkehrsführung vereinfacht. Die so genannte kleine Rheinstraße zwischen Hardtstraße und Lameyplatz wurde niveaugleich ausgebaut, so dass die parkenden Fahrzeuge näher an die Hauswände rückten. Zu Fuß gehende und mit dem Rad fahrende Menschen sowie Fahrzeuge teilen sich jetzt den verbleibenden Straßenraum in der Mitte. Es lässt sich festhalten, dass die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit die Verkehrssicherheit für die Verkehrsteilnehmenden erhöht haben. Parallel zur Neugestaltung der Fahrbahn-, Gleis- und Gehwegflächen erfolgten umfangreiche Kanal- und Leitungsverlegungen. Der bestehende Untergrund erwies sich dabei als besondere Herausforderung. Dies betrifft die frühere Bebauung entlang der Rheinstraße, die während der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Teile der mit Bauschutt verfüllten Keller sind heute noch im Untergrund anzutreffen. Deswegen waren umfangreiche Sondierungen notwendig. Wie in vielen Sanierungsgebieten gibt es auch Maßnahmen, die am Ende nicht umgesetzt werden konnten. Für die Rheinstraße war ein Lichtdach als besondere Inszenierungsmöglichkeit des B-Zentrums angedacht. Es konnte aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden. 16 | Sanierungsgebiet Mühlburg Große Rheinstraße vor Umbau (BN 3) … und während des Umbaus (BN1) Stadtplanungsamt | 17 Große Rheinstraße nach Fertigstellung (BN1) Kleine Rheinstraße nach Umbau (BN3) 18 | Sanierungsgebiet Mühlburg Lameystraße Die Lameystraße wurde in zwei Abschnitten zwischen August 2013 und März 2015 umgebaut. Dabei wurde der gesamte Straßenquerschnitt neugestaltet. Dies umfasst etwa die Neuordnung der Parkierung für den ruhenden Verkehr und die Markierung von Radstreifen in beide Richtungen. Für den motorisierten Individualverkehr steht stadteinwärts ein Fahrstreifen zur Verfügung, stadtauswärts sind es zwei. Die Haltestelle „Lameyplatz“ wurde im Zuge der Maßnahmen barrierefrei umgebaut. Erst durch die Neugestaltung des Querschnitts konnte der Platz in seiner heutigen Form geschaffen werden. Der Verkehr auf der Lameystraße rollt jetzt zudem auf lärmoptimiertem Asphalt. Schon im Jahr 2010 hatten die Verkehrsbetriebe Karlsruhe im Bereich Entenfang/ Lameystraße die Gleise erneuert und ein Rasengleis eingebaut. Gleichzeitig wurde die zu kurze Haltestelle der Linie 5 südöstlich des Entenfangs nach Nordwesten in die Lameystraße verlegt und auf 80 Meter verlängert, so dass nun auch Züge in Doppeltraktion dort halten können. Lameystraße stadteinwärts (BN3) Hardtstraße Die Hardtstraße im Norden des Sanierungsgebiets wurde in zwei Abschnitten zwischen Herbst 2014 und Herbst 2015 sowie zwischen Juni 2016 und November 2016 umgebaut. Sie erhielt einen neuen Fahrbahnbelag und in jede Richtung einen Radstreifen. Gehwege und Parkplätze sind jetzt niveaugleich. Bei der Maßnahme musste besonders darauf geachtet werden, dass die zahlreichen mittelständischen Gewerbetriebe während der Bauzeit weiterhin zugänglich bleiben konnten. Auf der Hardtstraße verkehrt auch die Buslinie 70 zwischen dem Entenfang und dem Heidehof in der Nordstadt, die auch in der Bauphase aufrechterhalten wurde. In Höhe des Gasthauses „Ritter“ wurde schon im Jahr 2009 ein Fußgängerüberweg eingerichtet. Im Jahr 2010 folgte eine Querungshilfe auf Höhe des Lindenplatzes nach dessen Umgestaltung. Die Unterführung, die von der Hardtstraße abgehend die Südtangente quert, wurde neugestaltet und besser ausgeleuchtet. Hardtstraße (BN3) Stadtplanungsamt | 19 Wichernstraße Der Umbau der Wichernstraße inklusive des Neubaus eines Kreisverkehrs an der bisherigen Kreuzung Wichernstraße/Sophienstraße erfolgte zwischen Oktober 2014 und Dezember 2015. In einer gemeinsamen Ausschreibung zwischen Tiefbauamt und Stadtwerken wurden zum einen die Neugestaltung der Oberfläche und zum anderen umfangreiche Leitungsverlegungen im Gas- und Wassernetz ausgeführt. Während der Umbaumaßnahme musste die Erreichbarkeit eines Stützpunkts für Rettungsfahrzeuge gewährleistet werden. Wichernstraße während Umbau (BN3) Wichernstraße (Kreisel zur Sophienstraße) nach Umbau (BN3) Weinbrennerstraße Der Abschnitt der Weinbrennerstraße zwischen Rheinstraße und Staudingerstraße konnte wegen der Verlängerung des Förderzeitraums noch in den Maßnahmenkatalog aufgenommen und zwischen Juli 2019 und Mitte 2020 realisiert werden. Dort wurden die Verkehrsflächen vollständig neu geordnet. Die Fahrbahn in diesem Bereich ist nun auf 5,70 Meter reduziert worden. Der ruhende Verkehr findet nun auf Senkrechtparkplätzen seinen Raum. Wie bisher wird der Radverkehr in dieser Tempo-30-Zone auf der Straße abgewickelt. Im Zuge der Sanierung wurde allerdings der noch bestehende Radweg parallel zum Gehweg aufgegeben, so dass die Neuordnung der Straße vollzogen werden konnte. Es eröffnete die Möglichkeit, den Gehweg auf das heute übliche Breitenmaß von 3,5 bis 4 Metern auszubauen. Auch der vorhandene Baumbestand musste aufgrund der Verlagerung der Fahrbahnränder neu geordnet werden. Teilweise konnten die Bäume erhalten werden, andere mussten aber entfernt werden. Sie wurden durch Neupflanzungen ersetzt. Die Bauarbeiten wurden in vier Bauabschnitten jeweils unter Vollsperrung des Verkehrs vorgenommen. Weinbrennerstraße vorher/nachher (BN1) 20 | Sanierungsgebiet Mühlburg Gellertstraße und Klopstockstraße Die Gellertstraße wurde im Abschnitt zwischen Peter-und-Paul-Platz und Herderstraße, die Klopstockstraße zwischen Sophienstraße und Kaiserallee saniert. Die Maßnahmen wurden zwischen September 2019 und Juni 2020 umgesetzt. Ausgangspunkt war der insgesamt schlechte Zustand der Straßenabschnitte verbunden mit einer unübersichtlichen Parksituation, die Konflikte mit Fußgängerinnen und Fußgängern hervorrief. Der Umbau und die damit verbundene Neuaufteilung des Straßenraums führte zu einer klaren Zuordnung der Verkehrsflächen. In beiden Straßen wurde im Zuge der Maßnahme auch die Beleuchtung erneuert. Um die Bäume in diesem Bereich zu erhalten, wurden die Parkflächen mit Rasengittersteinen belegt, eine Abgrenzung der Baumquartiere durch Bordsteine gibt es nicht. Stattdessen kommen Baumschutzbügel zum Einsatz. Gellertstraße nach Umbau (BN1) Klopstockstraße nach Umbau (BN4) Herderstraße Ebenfalls wegen der Verlängerung des Förderzeitraums der Sanierung konnte auch die Herderstraße umgebaut werden. Die Maßnahmen wurden zwischen Juni 2020 und April 2021 umgesetzt. Auch hier erfolgte eine komplette Neuaufteilung des Straßenquerschnitts. Im Zuge des Umbaus durch das Tiefbauamt erneuerte auch die Netzservice GmbH der Stadtwerke Karlsruhe das Leitungsnetz und die dazugehörigen Hausanschlüsse. Herderstraße vorher und nachher (BN1 und BN4) Stadtplanungsamt | 21 Weitere Maßnahmen Sonnenstraße: In der Sonnenstraße zwischen Zietenstraße und Bundesstraße 36 waren parkende Lastkraftwagen auf der Südseite das Ausgangsproblem. Zwischen den Bäumen wurde im Jahr 2011 deshalb eine Längsparkierung für Pkw eingerichtet. Mit diesen Maßnahmen konnte der Parkplatzmangel für Friedhofsbesucherinnen und –besucher entschärft werden. Die Lkw sind auf die Nordseite verdrängt worden, wo sie von den Besucherinnen und Besuchern aber nicht mehr als so störend empfunden wurden. Ein Lkw-Parkverbot konnte aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt werden. Angepasst wurde auch der übergroße Einmündungs- bereich in die Bodelschwinghstraße. Zudem wurden die Gehwege in diesem Bereich erweitert und die Straßenentwässerung neu angelegt. Sonnenstraße (BN3) Südtangente/Vogesenbrücke: Als Lärmschutz für die Hardtschule wurden in einem ersten Schritt Lärmschutzwände zwischen den Fahrbahnen der direkt angrenzenden Südtangente realisiert. In einem zweiten Schritt folgten Lärmschutzwände auf der Vogesenbrücke in deren westlichem Teil. Diese Maßnahmen wurden allerdings nicht im Rahmen der Städtebauförderung bezuschusst. Lärmschutz Vogesenbrücke (BN3) 22 | Sanierungsgebiet Mühlburg Plätze im Sanierungsgebiet: Aufwertung an vielen Stellen im Stadtteil Plätze in einem Stadtteil haben große Bedeutung für die Aufenthaltsqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Im Sanierungsgebiet wurden der Lameyplatz, der Fliederplatz und der Lindenplatz umfassend neugestaltet. Die Ausgangssituationen waren zum Teil herausfordernd, weil verschiedene Interessen zu vereinbaren waren. In allen Fällen ist es gelungen, diese Interessen auszutarieren. Die Aufwertung der Plätze hat zu einem besseren Wohnumfeld für die Menschen im Sanierungsgebiet geführt. Lameyplatz Um den Lameyplatz städtebaulich aufzuwerten, wurde im Jahr 2009 zunächst ein Planerworkshop mit drei ausgewählten Stadtplanungsbüros durchgeführt. Die komplexe und schwierige Ausgangssituation hing mit der Verkehrsbelastung des Knotenpunkts zusammen. Der Platz bildet zum einen den Auftakt des Kerns des Stadtteils, zum anderen ist er Verbindung und Übergang in die Honsellstraße zum Rheinhafen. Die Bundesstraße 36 führt über den Lameyplatz stadteinwärts in Richtung Entenfang und weiter in Richtung Daxlanden und Rheinstetten. Die Herausforderung bestand darin, trotz des umfangreichen Verkehrs die Aufwertung des Platzes zu realisieren. Die Aufwertung gelang ab dem Jahr 2012 durch eine Neuordnung des Straßenraums (siehe Kapitel Straßen) und durch das Schaffen von zusammenhängenden Grünräumen insbesondere auf der Nordseite des Knotenpunkts. Zusätzlich wurden neue Bäume gepflanzt. Der bestehende Gehweg vor den Häusern mit den Nummern 62 bis 70 in der Rheinstraße wurde zu einer großzügigen grünen Vorfläche umgestaltet. Zugunsten dieser Vorfläche sind dort zwölf Parkplätze entfallen. Auf diesem Raum findet nun Außengastronomie statt. Zur Abschirmung des Verkehrs wurde zwischen Vorfläche und dem Knoten Lameyplatz/Rheinstraße ein grüner Erdwall geschaffen, der zusätzliche Aufenthaltsqualität bringt. Die entfallenen Parkplätze wurden im Zuge einer Neuordnung in den südlichen Bereich der Lerchenstraße verlagert. Es existieren nun drei Parkplätze mehr als zuvor. Neu geschaffen wurde im Zuge der Platzumgestaltung auch eine neue Linksabbiegemöglichkeit von der Honsellstraße in die westliche Rheinstraße für Verkehrsteilnehmende, die aus Richtung Rheinhafen kommen. Lameyplatz während der Umbaumaßnahmen und nach Fertigstellung (BN3, BN1) Fliederplatz Am Fliederplatz ergab sich ein Handlungsbedarf, die Situation für alle Verkehrsteilnehmenden und für Kinder sowie Jugendliche zu verbessern. Die dort verlaufende Glümerstraße war von ihrem Zuschnitt her so eng, dass sich Radfahrerinnen und Radfahrer auf der einen Seite und der Kfz-Verkehr auf der anderen Seite nicht ohne Gefahr begegnen konnten. In den Sommermonaten gab es zudem großen Fußgängerverkehr über die Glümerstraße zur Eisdiele, was wegen der Parksituation zu zusätzlichen Gefahrenmomenten führte. Der Fliederplatz selbst war durch die Fliederstraße in zwei Teile getrennt. In der Bürgerbeteiligung wurde der Wunsch geäußert, diese Trennung aufzuheben. Ein daraus entwickelter Verkehrsversuch brachte zunächst nicht die erhoffte Wirkung. Denn: Die Sperrung der Fliederstraße zwischen Geibelstraße und Ludwig-Marum-Straße für den Kfz-Verkehr führte zu einer weiteren Verlagerung des Verkehrs auf die Glümerstraße. In der Folge wurde die Glümerstraße noch einmal genauer betrachtet und die Planungen verbessert. Umgesetzt wurden sie ab dem Jahr 2012. Der Parkraum auf der Nordseite wurde weiter in Richtung Mauer verschoben, so dass zunächst ein gefahrloser Begegnungsverkehr zwischen Autos und Rad erfolgen konnte. Der Abschnitt ist verkehrsberuhigt und wurde mit einer zwölf Meter breiten roten Pflasterfläche ausgestattet, um den Bereich hervorzuheben. Die erwähnte Mauer gegenüber der Eisdiele wurde großzügig geöffnet, so dass ein Publikumsverkehr zwischen Spielplatz und Eisdiele stattfinden kann. Parken ist im Bereich des Übergangs nun nicht mehr möglich, so dass die Situation für alle Verkehrsteilnehmenden gut einsichtig und damit sicherer für querende Fußgängerinnen und Fußgänger ist. Sie dient gleichzeitig als Stadtplanungsamt | 23 Ausweichstelle für den Begegnungsverkehr zwischen Autos. Parallel dazu wurde ein Rückbau der Fliederstraße auf Höhe des Fliederplatzes umgesetzt. Damit endet die Straße an der Einmündung zur Geibelstraße. Dies schafft eine zusammenhängende Fläche zwischen dem neu gestalteten Kinder- und Jugendtreff (siehe Kapitel Kinder- und Jugendtreff) und der Eisdiele in der Glümerstraße. So gab es die Möglichkeit, den Platz zu einer großen Spielfläche für alle Generationen umzubauen (siehe Kapitel Spielplätze). Der Umbau des Fliederplatzes selbst und die Umbaumaßnahmen/Querung Glümerstraße konnte allerdings nicht mit Städtebaufördermitteln gefördert werden, da der Platzbereich bereits Gegenstand der ehemaligen Förderung im PES Programm des Landes war. Neu gestalteter Querungsbereich zum Fliederplatz an der Glümerstraße und anschließender Aufenthaltsbereich (BN3) Lindenplatz Im Herbst 2010 wurde die Umgestaltung des Lindenplatzes abgeschlossen. Er erfuhr auf Basis der Wünsche aus der Bürgerbeteiligung eine zeitgemäße Aufwertung mit dem platzprägenden Element der Karl-Friedrich-Gedächtniskirche. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass am Boden die vorhandene Bepflanzung aus Bodendeckern und Sträuchern die Nutzungsmöglichkeiten und Sichtbeziehungen einschränkten. Vermisst wurden von den Bürgerinnen und Bürgern attraktive und sichere Aufenthaltsräume auf diesem Platz. Auch der vorhandene Kinderspielplatz bot in Größe und Ausstattung lediglich eingeschränkte Spielmöglichkeiten. Ziel der Umgestaltung war, den Lindenplatz wieder an sein ursprüngliches Erscheinungsbild anzunähern. Dies beinhaltete auch, den Platz wieder bis an die Hauskanten der umgebenden Bebauung heranzuführen. Im Zuge der Umgestaltung wurden deshalb zunächst die Sedanstraße, die Straße Am Lindenplatz und die Glümerstraße niveaugleich umgebaut. Die Stellplätze für Autos wurden im Belag gekennzeichnet und gegenüber der zentralen Platzfläche durch Hecken abgeschirmt. Der Platz selbst wurde mit einer wassergebundenen Decke ausgestattet. Die vorhandenen Pflanzbeete wurden entfernt und durch Staudenbeete mit blühenden Pflanzen ersetzt. Als zentrales Element ist eine große, attraktiv beleuchtete Rundbank installiert worden. Der Kinderspielbereich wurde durch „Spielpunkte“ ersetzt – auch deshalb, weil auf dem unmittelbar in der Nähe gelegenen Fliederplatz ein umfangreiches Angebot für jüngere Kinder bis sechs Jahre geschaffen wurde. Das „Dach“ aus Bäumen wurde zum Teil erhalten. Insgesamt wurden 17 Linden durch 13 Winterlinden ersetzt. Auch die Beleuchtung ist neugestaltet: installiert wurden etwa Strahlergruppen, die abwechslungsreich die Bäume durchleuchten – quasi in Form eines „Mondlichts“. Die Schinkelleuchten rund um den Platz ergeben einen orangefarbenen Lichtrahmen. Die bisherigen Quecksilberdampflampen dort wurden durch energieeffiziente Natriumdampflampen ersetzt. Die Sitzgruppe ist unterleuchtet, ebenso wie der obere Teil des Kirchturms, der nun illuminiert ist. Lindenplatz vor Umbau (BN1) 24 | Sanierungsgebiet Mühlburg … und nach dem Umbau (BN3) Platz bei der St. Peter und Paul Kirche Im Zuge des Umbaus der Rheinstraße wurde im dortigen Bereich auch der im Eigentum der katholischen Kirche stehende Platz neu geordnet und mit umgebaut. Er lädt heute ebenfalls zum kurzen Verweilen nahe den Stufen zu den Eingangsportalen der Kirche ein. Platz bei St. Peter und Paul vor der Umgestaltung (BN1) … während des Umbaus im Abschnitt der Rheinstraße (BN3) Stadtplanungsamt | 25 Klettergerüst und Co: Spielen, Toben und Kicken auf neu gestalteten Arealen Spielplätze und Bolzplätze sind ein wichtiger Bestandteil von Stadtteilen und Quartieren. Hier treffen sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für gemeinsames Spiel und Aktivitäten. Im Mühlburger Sanierungsgebiet gab es großen Nachholbedarf, was Ausstattung und Zustand der Spielplätze angeht. Im Zuge der Sanierungen gab es deshalb etliche Erneuerungen. Ein Bolzplatz wurde auch neu eingerichtet. Spielplatz auf dem Fliederplatz Die neue Verkehrskonzeption rund um das Areal Fliederstraße, Glümerstraße und Kinder- und Jugendtreff (siehe Kapitel Plätze) ermöglichte erst die Schaffung eines Platzes, der seit 2014 zu einem wichtigen Anziehungspunkt für verschiedene Generationen in Mühlburg und darüber hinaus geworden ist. Die neu gewonnene Fläche durch den Rückbau der Fliederstraße auf Höhe des Kinder- und Jugendtreffs wird von dieser Einrichtung auch aktiv für dessen Zielgruppe bespielt (siehe auch Kapitel Kinder- und Jugendtreff). Hinzu kommen neue gestaltete Spielflächen für verschiedene Altersgruppen. Insgesamt umfasst der Platz eine Fläche von 6 100 Quadratmetern. Das Grundkonzept beinhaltet eine großzügige und offene Fläche, die multifunktional für alle Generationen nutzbar ist. Die Fläche ist mit einer wassergebundenen Decke ausgestattet, lediglich Bereiche mit besonderen Nutzungen, wie etwa der Kinderspielbereich oder die Basketballfläche weichen davon ab. Im neuen Zentrum des Platzes befindet sich eine kreisförmige Aktionsfläche in Form eines erhöhten Plateaus. Weitere Nutzungen finden sich an den jeweiligen Rändern. Im nördlichen Bereich gibt es Angebote für ältere Kinder und Jugendliche, im östlichen Bereich die schon erwähnte Basketballfläche. Sie sind räumlich dem Kinder- und Jugendtreff zugeordnet. Der Süden der Fläche gehört dann mit einer eigens abgetrennten Fläche den kleineren Kindern. Sie finden dort Sand- und Wasserspielbereiche vor. Dieser Kinderspielbereich wurde außerhalb der Sanierung realisiert – ausschließlich mit städtischen Mitteln. Die Voraussetzungen für eine Förderung lagen in diesem Fall nicht vor. Ergänzt wurden im südlichen und westlichen Platzbereich außerdem auf Betonflächen integrierte Holzbänke als Sitzmöglichkeiten. Spielplatz Fliederplatz (BN3 Fliederplatz, Spielplatz und Jugendtreff (BN3) 26 | Sanierungsgebiet Mühlburg Spielplatz südlich der Weinbrennerstraße Der Spielplatz befindet sich in der Grünverbindung zwischen Sophienstraße und der Alb. Er ist die Fortsetzung des Spielplatzes zwischen Sophien- und Weinbrennerstraße. Mit einer Größe von rund 3.500 Quadratmetern gehört er zu den großen Spielplätzen im Sanierungsgebiet. Ausgehend von den Ergebnissen der Spielleitplanung (siehe Kapitel Bürgerbeteiligung) wurde dieser Spielplatz mit Beteiligung aus der Bürgerschaft im Jahr 2009 grundlegend aufgewertet. Diese Runderneuerung wurde im Jahr 2010 abgeschlossen. Er verfügt nun über verschiedene Spielhäuser, Klettergerüste, Gerätekombinationen, Balanciergeräte, Hängematten, eine Korbschaukel und eine Wasserspielanlage. Spielplatz südlich Weinbrennerstraße (BN1) Außenanlagen beim Schülerhort Weinbrennerstraße 69 a Mit der Sanierung der Außenanlagen beim Schülerhort in der Weinbrennerstraße im Frühjahr 2011 wurde die Spielfläche nach Norden erweitert. Dort konnten neue Spielangebote ergänzt werden. Spielplatz (BN3) Spielplatz Sternstraße Im Februar 2011 konnte der Spielplatz, der neben der Hardtschule liegt, saniert und durch neue Spielgeräte ergänzt werden. Die Fläche mit einer Größe von insgesamt 620 Quadratmetern wird von den Schülerinnen und Schülern quasi als erweiterter Pausenhof genutzt. Die Maßnahme wurde zwischen November 2010 und Februar 2011 umgesetzt. Das Areal ist der einzige Spielplatz zwischen Lameystraße und Südtangente in diesem Quartier. Stadtplanungsamt | 27 Bolzplatz im Albgrün Im Rahmen der Sanierung gab es vor allem unter der jüngeren Bevölkerung den Wunsch nach einer Aufwertung des Bolzplatzes an der Draisschule. Aus rechtlichen Gründen war dies aber nicht möglich. Anwohnerinnen und Anwohner hatten sich deutlich gegen solche Schritte ausgesprochen. Als Ausgleich gelang es aber im Jahr 2010, einen neuen Bolzplatz im Albgrün in der Nähe des Vereinsgeländes des Karlsruher Eislauf- und Tennisvereins (KETV) einzurichten. Obwohl sich dieses Areal eigentlich außerhalb des offiziell festgelegten Sanierungsgebiets befindet, erhielt die Maßnahme aufgrund der hohen Relevanz und Bedeutung für den Stadtteil eine Förderung aus dem SSP. Dort wo der neue Bolzplatz in einer Größe von 22 mal 40 Metern entstand, war zuvor eine Grünfläche als Teil des Grünzugs entlang der Alb und auf Höhe des Mühlburger Felds. Die unmittelbare Nähe zu den Haltestellen Mühlburger Feld und Kühler Krug machen den Platz gut erreichbar. Ausgestattet ist er mit einem Kunstrasen und einem Metallgitterzaun. Der Bolzplatz entlang der Südlichen Hildapromenade wurde zu einer Ballspielfläche in der Größe 13 mal 24 Meter verkleinert. Neuer Bolzplatz im Albgrün (BN 3) 28 | Sanierungsgebiet Mühlburg Neuer Spielplatz beim Bürgerzentrum und der Stadtteilbibliothek Im Zuge des Neubaus des Bürgerzentrums (siehe Kapitel „Bürgerzentrum“) wurde in unmittelbarer Nachbarschaft ein neuer Quartiersspielplatz auf einer Fläche von rund 200 Quadratmetern errichtet, der insbesondere für die jüngeren Besucherinnen und Besucher des Zentrums und für das Quartier in Mühlburg eine schöne neue Spielplatzlandschaft bietet. Die Errichtung wurde im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramm des Bundes und Landes „Soziale Integration im Quartier“ und mit städtischen Zuschüssen gefördert. Neuer Quartiersspielplatz neben dem Bürgerzentrum (BN 1) Stadtplanungsamt | 29 Runderneuerter und ausgebauter Kinder- und Jugendtreff in Mühlburg erweitert Angebotspalette Der Kinder- und Jugendtreff Mühlburg am Fliederplatz ist mit seinen Angeboten ein wichtiger Anlaufpunkt für sehr viele junge Menschen im Stadtteil. Innerhalb der Sanierung wurde eine umfangreiche Innensanierung sowie ein Ausbau des Dachgeschosses vorgenommen. Das hat die Möglichkeiten des Jugendzentrums deutlich erweitert, was gut ankommt bei den Kindern und Jugendlichen. Der Kinder- und Jugendtreff in Mühlburg des Stadtjugendausschusses (stja) e. V. hat eine traditionsreiche Heimat. Er liegt an der früheren Bahnstrecke von Karlsruhe nach Maxau. Mehr noch: das Jugendzentrum befindet sich im ehemaligen Mühlburger Bahnhof, der bis 1913 in Betrieb war. Das Gebäude selbst stammt aus dem 19. Jahrhundert. Nachdem die Funktion als Bahnhofsgebäude aufgegeben worden war, zog in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts die „werkstatt 68“ ein, auch ein Motorradclub war hier untergebracht. Im Jahr 1979 zog schließlich der heutige Kinder- und Jugendtreff Mühlburg ein. Im Rahmen der Sanierung wurde das Gebäude nicht nur umfangreich erneuert, sondern auch ausgebaut. Dies eröffnete die Chance von weiteren Nutzungen, die bis dahin nicht durchführbar waren. Der komplette Umbau des Erdgeschosses ermöglichte beispielsweise das Einrichten eines selbst organisierten und barrierefrei zugänglichen Jugend- und Schülercafés. Durch den Ausbau des Dachgeschosses wird das Angebot des Jugendtreffs entschieden erweitert. Auch eine parallele Nutzung des Treffs für verschiedene Altersgruppen ist nun möglich geworden. Umgebaut und saniert wurden sämtliche Geschosse vom Keller bis zum Dachgeschoss. In diesem Zuge war es notwendig, den Wärme-, Brand- und Schallschutz sowie die sanitären Anlagen umfassend zu erneuern. Bei den Toiletten steht jetzt ein Behinderten-WC zur Verfügung. Erneuert wurde auch die baufällige Kellerdecke, die durch eine Stahlbetondecke ersetzt wurde. An der Nord- und Südseite des charakteristischen Gebäudes am Fliederplatz wurden jeweils drei große Fenster- und Türelemente eingebaut. Sie verleihen dem Jugendtreff große Transparenz und Helligkeit. Der Umbau an dieser Stelle lässt die frühere Nutzung als Bahnhofsgebäude wieder deutlicher erscheinen. Beheizt wird der Jugendtreff jetzt über einen neuen Fernwärmeanschluss. Abgestimmt werden musste die Planung auch mit der Denkmalschutzbehörde und der Branddirektion. Deren Auflagen waren bei Sanierung und Umbau ebenfalls zu berücksichtigen. Innerhalb der Sanierung Mühlburgs lohnt es sich besonders, den Kinder- und Jugendtreff Mühlburg zu betrachten. Ursprünglich waren der Umbau des Kellers und der Dachgeschossaufbau nicht geplant gewesen. Im Zuge einer Jugendkonferenz des stja im Jahr 2008 war aber ein dringender Bedarf für ein Jugendcafé nachgewiesen worden, so dass hier zusätzliche Planungsüberlegungen angestellt wurden. Sie wurden im Zuge der Sanierung dann eingebracht. Um die neuen Planungen umsetzen zu können, wurden konzeptionell Aktionsflächen in das Dachgeschoss verlegt. Außerdem befinden sich Abstell- und Lagerbereiche nun im Keller. Die Sanierung und Umbau des Kinder- und Jugendtreffs in der Übersicht:  Austausch der drei großen Fensterelemente auf der Nord- und Südseite  Neue Briefkastenanlage  Einbau einer Küche und eines Thekenbereichs  Neue Bodenbeläge im Erd- und Obergeschoss und im WC  Neuer Anstrich der Wände und der Türen  zum Teil neue Türen  abgehängte Decken sowie abgehängte Akustik- und Brandschutzdecke im Jugendcafé  Einbau einer neuen Treppe vom Unter- bis zum Dachgeschoss (zwischen Erdgeschoss und Obergeschoss nur neue Stufen und Geländer)  Neue Sanitäranlagen und Trennwände in den Toiletten  Neue Beleuchtung  Neue Einbaumöbel im Erd- und Dachgeschoss  Neue Elektro-, Sanitär- und Heizungsinstallation  Fernwärmeanschluss Der Umbau und die Modernisierung des Kinder- und Jugendtreffs konnte mit Mitteln aus dem Investitionsprogramm „Zukunftsinvestitionsplan ZIP“ mit Städtebaufördermitteln gefördert werden. 30 | Sanierungsgebiet Mühlburg Jugendzentrum Mühlburg beim Fliederplatz (BN1) Ausgebautes Dachgeschoss im Jugendzentrum Mühlburg (BN3) Einbau eines Teeküchenbereichs im Jugendzentrum (BN3) Stadtplanungsamt | 31 Das Bürgerzentrum Mühlburg: Neuer Mittelpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger Das Bürgerzentrum Mühlburg ist eines der Kernelemente der Sanierung Mühlburgs. Erst nach intensiver Diskussion konnte eine Interimslösung auf dem Gelände der ehemaligen Seldeneck’schen Brauerei gefunden werden. Schließlich konnte das aus Sicht der Bürgerschaft so wichtige Projekt in ganz zentraler Lage in der Nähe des Entenfangs realisiert werden und, in Kombination mit der neuen Stadtteilbibliothek, gleich zwei, für Mühlburg wichtige Einrichtungen, an einem Standort vereint werden. Das neu errichtete Bürgerzentrum Mühlburgs in der Weinbrennerstraße 79a nahe des Entenfangs ist Ergebnis eines umfangreichen bürgerschaftlichen Engagements über viele Jahre hinweg, der von der Stadt mitbegleitet und nachhaltig unterstützt wurde. Ausgangspunkt waren Überlegungen aus der Bürgerschaft für ein Bürgerzentrum, das Anlaufstelle, Treffpunkt und Mittelpunkt für verschiedene Gruppen und Menschen werden sollte. In der Bürgerbeteiligung war herausgearbeitet worden, dass ein Bürgerzentrum ein Haus für alle Kulturen und Generationen sein soll, Raumangebote für Vereine und ehrenamtliches Engagement beinhalten soll, Erwachsenen- und Elternbildungs- und andere Beratungsangebote macht und eine neue Heimat für die Stadtbibliothek wird. Die bisherigen Räumlichkeiten der Stadtteilbibliothek, waren ehemals im Hochhaus nahe dem Lameyplatz, Rheinstraße 95, untergebracht. Diese Räumlichkeiten entsprachen baulich und energetisch und mit Blick auf die Barrierefreiheit nicht mehr dem heutigen Standard. Mit der jetzigen Kombination der beiden Einrichtungen in einem Gebäude wurde ein optimaler Standort an repräsentativer Stelle im Quartier gefunden In einem ersten Schritt konnte im Jahr 2010 zunächst für ein temporäres Bürgerzentrum eine Interimslösung in der Hardtstraße 37a, dem Bau 2 der ehemaligen Seldeneck‘schen Brauerei gefunden werden. Dafür wurde der Verein Bürgerzentrum Mühlburg e. V. gegründet. Darin hatten sich alle Interessengruppen zusammengefunden, die ein solches Zentrum inhaltlich tragen. Zur Verfügung standen darin unter anderem ein Mehrzweckraum, mehrere Räume für Besprechungen und Büroarbeit. Per Hublift wurde ein behindertengerechter Zugang geschaffen. Ab dem Jahr 2011 machten der Caritasverband Karlsruhe, der CJD Karlsruhe, die Familienheim Karlsruhe, das Projekt In Schwung, das Kulturnetzwerk Mühlburg, der Soziale Dienst der Stadt, Pro Familia und die Arche Noah Angebote im Bürgerzentrum. Bis Mai 2013 wurde das Bürgerzentrum an diesem Ort als Modellvorhaben im Rahmen des Programms Soziale Stadt gefördert. Die jährlichen Mietkosten wurden zu 60 Prozent über das Programm finanziert, 40 Prozent stammten aus städtischen Mitteln. In einer Standortuntersuchung wurden zunächst neun Orte in Mühlburg untersucht, die für ein Bürgerzentrum in Frage kommen könnten. Darunter waren etwa das ehemalige Fischer-Areal oder das Post-Areal am Entenfang, die Ecke Rheinstraße/Hardtstraße („Rheingold“), die Hardtstraße 13, das Jochen-Klepper-Heim oder ein Areal am Lameyplatz. Am Ende ließ sich aus ganz unterschiedlichen Gründen keine der Optionen umsetzen – unter anderem, weil nicht genügend Platz für das vorgesehene Raumprogramm zur Verfügung stand oder weil ein Areal generell nicht zur Verfügung stand. Eine Chance zur Realisierung ergab sich ganz in der Nähe des Entenfangs am westlichen Ende der Weinbrennerstraße. Die Volkswohnung Karlsruhe gab das zwischen den drei Hochhäusern gelegene Parkdeck aus den 1950er Jahren auf und errichtete dort in zweijähriger Bauzeit das neue eingeschossige Bürgerzentrum Mühlburg. Eröffnet wurde es im Juni 2019. Insgesamt hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft rund 5,3 Millionen Euro investiert. Der Standort war zwar bis dahin gar nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Mit der Aufgabe des Parkdecks wurde aber die Basis für das spätere Bürgerzentrum geschaffen. Die Volkswohnung fungierte als Bauherr und veräußerte das Gebäude nach Fertigstellung an die Stadt Karlsruhe. Vorgeschaltet war ein Architektenwettbewerb, aus dem das Karlsruher Büro Klinkott als Sieger hervorging. Das Bürgerzentrum beinhaltet heute auf insgesamt 850 Quadratmetern Räume verschiedener Größe, unter anderem auch einen Veranstaltungssaal und die Mühlburger Stadtteilbibliothek. Im neuen Stadtteilzentrum werden auch verschiedene Betreuungsangebote unterschiedlicher Träger durchgeführt. Um Bedenken von Anwohnenden auszuräumen, gab es Maßnahmen zum Schallschutz. Das Flachdach des Neubaus ist begrünt, es wurden neue Bäume gepflanzt, außerdem ist ein Quartiersspielplatz entstanden. Das Gebäude besitzt auch eine Tiefgarage mit 36 Plätzen. Zusätzlich stehen 30 Parkmöglichkeiten an der Weinbrennerstraße zur Verfügung. Hinzu kommen elf Stellplätze für Gäste des Bürgerzentrums auf einem städtischen Grundstück am Entenfang. Mit der Aufnahme in das 2017 aufgelegte Bund- und Länderprogramm zum Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ konnte der Neubau des Bürgerzentrums mit Stadtteilbibliothek sowie anliegendem Quartiersspielplatz mit rund 1,1 Millionen Euro gefördert werden. 32 | Sanierungsgebiet Mühlburg Zu Beginn der Bauphase (2017) (BN1) … und während der Bauphase (BN1) Das 2019 fertiggestellte Gebäude des Bürgerzentrums und Stadtteilbibliothek (BN 1) Stadtplanungsamt | 33 Private Sanierungen steigern Wohnstandards in vielen Mühlburger Gebäuden Die Sanierung in Mühlburg zeichnete sich durch eine hohe Nachfrage an privaten Modernisierungen aus. In mehr als 500 Wohneinheiten wurde eine Maßnahme zur Verbesserung des bautechnischen oder energetischen Zustands umgesetzt. Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang die vollständige Sanierung der drei Hochhäuser in der Weinbrennerstraße 77 bis 81 durch die Volkswohnung GmbH. Im Rahmen der Sanierung konnten zahlreiche private Maßnahmen umgesetzt werden. Die Nachfrage nach Modernisierungszuschüssen, gerade in den ersten Jahren des Sanierungszeitraums, war sehr hoch. Dies zeigt auch den zum Teil erheblichen Modernisierungsbedarf in Häusern und Wohnungen. Insgesamt konnte die hohe Anzahl von 518 Wohneinheiten im Rahmen der Förderung an die heutigen Anforderungen angepasst werden. Betrachtet man diese Anzahl im Kontext anderer Sanierungen der vergangenen Jahre in Karlsruhe, liegt Mühlburg damit an der Spitze. Der Schwerpunkt der Modernisierungen lag im Bereich der bautechnischen und energetischen Instandsetzungen – etwa der Austausch von Heizungen oder Maßnahmen zur Dämmung des Daches oder Fassaden. Festzustellen war, dass Heizanlagen oder zu erneuernde Fenster oft veraltet waren und die nach heutigen Gesichtspunkten gestellten Anforderung zur Energieeinsparung nicht mehr erfüllten. In einigen Fällen waren auch Speicherbereiche noch vollständig ohne Dämmung. Konkret wurden Einzelofenheizungen gegen Etagenheizungen oder zentrale Heizsysteme ausgetauscht. Alte Fenster wurden gegen wärmeschutzverglaste Fenster getauscht. Eher geringer ausgeprägt war der Bedarf an generellen Grundrissverbesserungen. Das ist dann der Fall, wenn beispielsweise die sanitären Einrichtungen einer Wohnung wie Bad oder WC noch außerhalb liegen, etwa auf einem Zwischengeschoss. Das war in Mühlburg seltener der Fall. Insgesamt war in Mühlburg zu beobachten, dass viele Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden und Wohnungen das Gesamtgebäude in den Blick genommen und weniger einzelne Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt haben. Vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer von Mehrfamilienhäusern haben Förderungen beantragt. Umfassende Maßnahmen wurden in vielen Fällen durchgeführt, in denen nach dem Verkauf eines Gebäudes die neuen Eigentümer oder Bauträger eine grundlegende Sanierung vornahmen. Sie beseitigten damit einen seit Jahrzehnten bestehenden Modernisierungsrückstand. Am Ende dieser Skala liegen üblicherweise Wohnungseigentümergemeinschaften, weil in solchen Gemeinschaften oftmals unterschiedliche Zielrichtungen zutage treten, was Sanierungen angeht. Zu Beginn des Sanierungszeitraums gab es für Antragstellerinnen und Antragsteller eine 25-prozentige Förderung. Der Anteil wurde auf 35 Prozent erhöht, wenn über die Gesamtmaßnahmen ein erhöhter energetischer Standard erreicht wurde. Insgesamt wurde ein Fördervolumen von 1,9 Millionen Euro erreicht. Hiervon wurden 60 Prozent aus Städtebaufördermitteln refinanziert. Untersuchungen zeigen, dass ein Euro an Sanierungszuschuss in der Folge sieben bis acht Euro an tatsächlichen Investitionen auslösen. Diese Investitionen fließen in den meisten Fällen in die regional ansässigen Handwerksbetriebe. Rein räumlich lässt sich feststellen, dass die Sanierungen gut und gleichmäßig über das Gebiet verteilt waren. Vermehrt wurden Anträge von Eigentümerinnen und Eigentümern in der Rheinstraße, der Sophienstraße und in der Glümerstraße gestellt. Schwerpunktmäßig wurden Häuser und Wohnungen aus den 1950er Jahren saniert. Eine Art Leuchtturmfunktion und Initialzündung für das Sanierungsgebiet hatte die bereits recht früh zu Beginn des Sanierungsgebietes erfolgte umfassende Sanierung zunächst der Hochhäuser in der Weinbrennerstraße 77 und 81 durch die Eigentümerin Volkswohnung GmbH. Die Gebäude stammen aus den 1950er Jahren. Sowohl die Hülle der Gebäude als auch die Wohnungen selbst waren in die Jahre gekommen. In den 17-stöckigen Hochhäusern wurden 64 Mietwohnungen – in der Regel Dreizimmerwohnungen mit einer Größe von 75 Quadratmetern – strangsaniert. Das bedeutet, dass sämtliche Wasser- und Abflussrohre erneuert wurden. Das Verfahren sieht vor, dass die Leitungen bis vor die einzelnen Wohnungen verlegt werden, so dass die Sanitäranlagen und Bäder innerhalb der Wohneinheiten an die Frisch- und Abwasserversorgung angeschlossen werden können. Außerdem wurden Heizungs- bzw. Trinkwasseranlagen sowie Fenster und Wärmedämmung erneuert. Die Hochhäuser erhielten eine neue Belüftungsanlage, die Treppenhäuser eine neue Verglasung. Zudem wurde die Sicherheitsbeleuchtung erneuert. Das oberste Geschoss ist mit einer Fassade aus Aluminiumpaneelen neugestaltet worden. In Folge der Erneuerungen wurden auch zahlreiche Brandschutzmaßnahmen umgesetzt. Die Wohnungen wurden komplett erneuert. Das gilt beispielsweise für die Bäder und die Bodenbeläge. Die Hochhaussanierung konnte mit Mitteln aus dem Förderprogramm Soziale Stadt finanziert werden. Außerdem wurden Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau für die energetische Sanierung eingesetzt. Im weiteren Verlauf des Sanierungsgebietes wurden danach auch das Hochhaus an der Weinbrennerstraße 79 (hinter dem jetzigen Bürgerzentrum) umfassend saniert. 34 | Sanierungsgebiet Mühlburg Beispiele für modernisierte Gebäude in der Geibelstraße (jeweils vorher/nachher) (BN 3) Stadtplanungsamt | 35 … und in der Herderstraße (nach Modernisierung) (BN3) Hochhäuser Weinbrennerstraße (Nr. 81, rechts bereits fertig) (BN1) Weinbrennerstraße 79 (während Modernisierung) (BN3) 36 | Sanierungsgebiet Mühlburg Bürgerbeteiligung: Große Bereitschaft in Mühlburg, sich für den eigenen Stadtteil einzusetzen Stadtteilkonferenzen oder Stadtteilspaziergänge gehören zum festen Bestandteil von Sanierungsprojekten. So auch in Mühlburg. Die Beteiligung der Bürgerschaft war über drei Jahre lang hoch – ein Zeichen dafür, wie sehr sich die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Stadtteil identifizieren. In zahlreichen Workshops und Arbeitsgruppen wurden wichtige Grundlagen für Sanierungsprojekte erarbeitet. Hinzu kam der Einsatz von Fördermitteln für Projekte im sozialen Bereich. In Mühlburg wurde eines der umfangreichsten Bürgerbeteiligungsprogramme im Rahmen einer Sanierung durchgeführt, das es in Karlsruhe bisher in diesem Bereich gegeben hat. Ziel des Beteiligungsverfahrens war es, langfristig tragfähige Beteiligungs- und Vernetzungsstrukturen in Mühlburg zu etablieren. Insgesamt über drei Jahre gab es viele verschiedene Formate – angeleitet und moderiert vom Büro GRiPS aus Ettlingen in Kooperation mit dem Büro Voegele & Gerhardt aus Karlsruhe. Die Büros übernahmen in der Phase ab 2007 auch das Stadtteilmanagement. In diesem Rahmen wurden im Sommer 2007 Interviews mit Schlüsselpersonen im Stadtteil durchgeführt. Ziel der Interviews war eine erste Kontaktaufnahme und die Identifikation von Themen, Problemlagen und Ansatzpunkten in der weiteren Arbeit. Schon im Spätsommer 2007 wurde im gemeinsamen Büro des Bürgervereins Mühlburg und der Interessengemeinschaft Attraktives Mühlburg ein Stadtteilbüro eingerichtet. Dort fanden auch die Treffen der später eingerichteten Arbeitskreise und Gruppen statt. Die erste von drei Stadtteilkonferenzen fand im Oktober 2007 in der Aula der Draisschule statt. Insgesamt nahmen an der Veranstaltung rund 300 Bürgerinnen und Bürger teil. Folgende vier Arbeitskreise bildeten sich heraus:  Kinder und Jugendliche (1)  Soziales und kulturelles Miteinander (2)  Einzelhandel, Gewerbe und Image (3)  Wohnen, Stadtgestaltung und Verkehr (4) Die etwa 30 bis 40 Personen, die jeweils Teil der Arbeitskreise waren, ermittelten für ihr Thema die Stärken und Schwächen des Stadtteils. Daraus folgten Verbesserungsvorschläge und konkrete Projekte, die nach Priorität geordnet wurden. Die Teilnehmenden an den Arbeitskreisen eins bis drei arbeiteten auch an der Umsetzung von Projekten mit. Im Arbeitskreis vier ging es vor allem darum, die Vorschläge der Stadtverwaltung zu diskutieren. An einer zweiten Stadtteilkonferenz im Juni 2009 beteiligten sich 70 Personen, am zuvor durchgeführten Stadtteilspaziergang nahmen rund 100 Bürgerinnen und Bürger teil. Ergänzt wurde das Beteiligungsprogramm durch zahlreiche weitere Aktivitäten, beispielsweise zwölf Projektgruppen, die sich aus den vier Arbeitskreisen gebildet hatten, unter anderem zu den Themen „Bürgerzentrum“ und „Leitbild“. Aus letzterer entwickelte sich das Kulturnetzwerk, das in der Folge unter anderem das Brahmsplatzfest organisierte. Mehrere Treffen und Planungsworkshops gab es zu verschiedenen Spielplätzen. Im Bereich Verkehr gab es einen „Runden Tisch“, der verschiedene Einzelvorschläge zur Verbesserung der Verkehrssituation diskutierte. Workshops wurden mit Beteiligung aus der Bürgerschaft auch zu den Themen Lameyplatz und Fliederplatz durchgeführt. Spielleitplanung Das Instrument der Spielleitplanung wurde im Jahr 2008 in Mühlburg zum ersten Mal in der Fächerstadt angewendet. Die Spielleitplanung richtete den Blick auf den Stadtteil als Spiel-, Erlebnis- und Erfahrungsraum für Kinder. Öffentliche Freiräume, in denen sich die Zielgruppe aufhält, wurden erfasst, bewertet und berücksichtigt. Einbezogen war das Gebiet zwischen Grünzügen der Hildapromenade im Norden und der Alb im Süden. Beide Grünbereiche verlaufen in Ost-West-Richtung. Im Westen wurde das Betrachtungsgebiet von der Südtangente, im Osten von der Händelstraße begrenzt. Zur Anwendung kamen zum einen Mental Maps und Streifzüge durch das Gebiet. Mental Maps beschreiben die Darstellung von individuellen Eindrücken einer Umgebung in subjektiven Landkarten. Beteiligt waren daran die damaligen Klassen 5 und 6 der Friedrich-Ebert-Schule und der Draisschule. Bei den Streifzügen nahmen Architekturstudierende mit Kindern aus dem Stadtteil deren „schönste“ und „schlimmste“ Plätze genauer unter die Lupe. Die begangenen Wege wurden in Karten eingetragen. Die Ergebnisse der Stadtteil-Analyse durch die Kinder boten Ansatzpunkte, diese in die Planungen einzubeziehen. ExWoSt Mühlburg Das Bundesförderprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ konnte zusätzlich zu den Städtebau-Fördermitteln akquiriert werden. Ziel des Programms war es, das Image des Quartiers aufzuwerten und ein einheitliches Vermarktungsdesign zu schaffen, Existenzgründungen zu fördern und ein Netzwerk aus Gewerbe, Kunst und Kultur sowie sozialen Einrichtungen Stadtplanungsamt | 37 aufzubauen. Entstanden sind daraus unter anderem das Portal www.muehlburg-live.de, das die Gewerbetreibenden vernetzte. Außerdem wurde ein gemeinsamer Gewerbestammtisch mit Unternehmen aus dem Rheinhafen und Mühlburg durchgeführt. STÄRKEN vor Ort Über das Förderprogramm STÄRKEN vor Ort des damaligen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend konnten in den Jahren 2009 bis 2011 insgesamt 20 soziale Projekte mit einem Volumen von 186.000 Euro finanziert werden. Rund 200 Jugendliche und 130 Frauen wurden über diese Projekte erreicht.  Jugendcafé im Kinder- und Jugendhaus Mühlburg  Schülernachhilfeprojekt für Jugendliche der damaligen Drais-Hauptschule  Quali-Café des Türkischen Elternvereins  Nähprojekt der Arbeiterwohlfahrt zur Qualifizierung von Frauen  JobFit für Jugendliche von Elke Vienken durch CJD Karlsruhe und Arbeitsförderungsbetriebe  Stadtteilmütter von Elke Vienken  Internetkurse für Seniorinnen und Senioren EU-Modellprojekt „Q-Ageing – mehr Lebensqualität in der zweiten Lebenshälfte“ Im Rahmen des EU-Projekts „Quality Ageing – mehr Lebensqualität in der zweiten Lebenshälfte“ wurden durch das Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung aus Freiburg etliche Angebote für ältere Menschen gemacht. Unter anderem wurde die Veranstaltungsreihe „Mühlburger Gespräche“ durchgeführt. Dabei ging es etwa um Themen wie Altersmanagement oder Älter werden in Mühlburg. Zum selben Thema gab es im Jahr 2011 in Mühlburg einen Fotowettbewerb mit Ausstellung. Höhepunkt des Projekts war ein „Marktplatz der guten Geschäfte“ im Oktober 2010 im Kulturzentrum Tempel. Dabei konnten Unternehmen und gemeinnützige Einrichtungen Partnerschaften zum beiderseitigen Nutzen ohne den Einsatz von Geld schließen. Insgesamt gab es zehn solcher „Engagement-Vereinbarungen“ über den Austausch fachlicher Kompetenzen oder personellen Leistungen. Nichtinvestive Städtebauförderung (NIS) Gewissermaßen als Teilneuauflage der vorangegangenen Programme, wie zum Beispiel „LOS“ (Lokales Kapital für Soziale Zwecke oder auch „STÄRKEN vor Ort“) wurde auf Landesebene das Programm zur Nichtinvestiven Städtebauförderung (NIS) etabliert. Ziel ist es zeitlich begrenzte Maßnahmen, die den sozialen Zusammenhalt in den entsprechenden Wohnquartieren stärken, zu fördern. Des Weiteren sollen das bürgerschaftliche Engagement und insbesondere auch Kooperationsprojekte im Quartier gefördert werden. Hierbei soll eine möglichst schnelle, unbürokratische Projektumsetzung erfolgen. Das Sanierungsquartier Mühlburg wurde ab 2019 in das Programm der Nichtinvestiven Städtebauförderung aufgenommen. Die Laufzeit endet im Jahr 2023. Die Fördermittel werden über einen so genannten Verfügungsfonds eingesetzt. Verwaltende Stelle ist hier die Stadtteilkoordination der Sozial- und Jugendbehörde. Über die Vergabe der jeweiligen Projektmittel aus dem Verfügungsfonds beschließt das Entscheidungsgremium aus Vertreterinnen und Vertretern aus dem Stadtteil und der Stadt. Bisher konnten insgesamt neun Projekte unterstützt werden. Die Projekte sind beispielsweise „Lesen im Grünen“ für Ältere, in Kooperation mit der Stadtbibliothek/Bürgerzentrum, oder ein Videosoundprojekt für Jugendliche im Kinder- und Jugendhaus Mühlburg aber auch ein Sprach- und Poesieprojekt für Menschen mit Migrationsgeschichte. Weitere sind: „Alt & Jung: Gemeinsam kochen hält gesund!“, Nachbarschaftswerkstatt Mühlburg, Sozialbörse Mühlburg oder ein Theaterprojekt mit Kindern und Jugendlichen im Kulturzentrum Tempel. http://www.muehlburg-live.de/ 38 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtteilerkundung und Kinder- und Jugendbeteiligung im Rahmen der Spielleitplanung für Mühlburg (BN3) Lenkungsgruppensitzung „Sanierung“ in den Räumlichkeiten des Bürgervereins Mühlburg (BN 3); Infostand Sanierung (BN3) Stadtplanungsamt | 39 Mehrere Förderprogramme – ein Ziel: Die Aufwertung des Sanierungsgebietes in Mühlburg Bundes-/Landessanierungsprogramm „Soziale Stadt“ in Mühlburg Die förderfähigen städtischen Investitionen: Ausgaben Tausend Euro Vorbereitung der Sanierung (Vorbereitende Untersuchungen, Bürgerdialog/-beteiligung, Öffentlichkeitsarbeit und anderes) 218 Kostenerstattungsbeiträge für private Modernisierungen Ordnungsmaßnahmen 1.900 Spiel und Grünflächen (Lindenplatz, Spielplatz Sophien-/Weinbrennerstraße, Bolzplatz Albgrün, Spielweg südlich der Weinbrennerstraße, Spielplatz Sternstraße, Lameyplatz (siehe unten) Straßenumgestaltung (Sonnenstraße (Teil), Straßen um den Lindenplatz, westliche Rheinstraße (Teil), Hardtstraße (zwischen Lamey-/Neugrabenstraße und Teil bis Stösserstraße), Große Rheinstraße (zwischen Philippstraße/Am Entenfang) Kleine Rheinstraße (zwischen Lerchen- und Hardtstraße und Am Entenfang), Lameystraße/-platz (zwischen Am Entenfang und Rhein-/Honsellstraße), Wichernstraße/Kreisverkehr Sophien-/Herderstraße, Weinbrennerstraße (zwischen Entenfang und Nuitstraße und Einmündungsbereich Staudingerstraße, Umbau Klopstock-/Herder-/Gellertstraße) 10.390 Grunderwerb Weinbrennerstraße 79 a (Bodenanteil Bürgerzentrum/Stadtteilbibliothek) und Nebenkosten 607 Ergebnis 13.115 Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund/Land 7.741 Zukunftsinvestitionsprogramms des Bundes Bereich Städtebau (ZIP) Die förderfähigen städtischen Investitionen: Modernisierung „Kinder- und Jugendtreff Mühlburg“ im SSP Gebiet Mühlburg Ausgaben Tausend Euro Anteilige Umbau-/Modernisierungskosten ZIP Vorhaben (85 Prozent) 602 Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund 361 40 | Sanierungsgebiet Mühlburg Investitionspakt Soziale Integration im Quartier (SIQ) Die förderfähigen städtischen Investitionen: „Errichtung-/Erwerb des Bürgerzentrums mit Bibliothek und Errichtung Quartiersspielplatz“ im SSP Gebiet Mühlburg Ausgaben Tausend Euro Anteilige Erwerbskosten; Kosten der Errichtung 1.171 Herstellung Quartiersspielplatz 48 Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund 1.098 NIS Nichtinvestive Städtebauförderung (als Verfügungsfond) (noch bis 2023 laufend) Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund 27 Darüber hinaus wurden ebenfalls auch Fördermittel unter anderem im Rahmen des Modellvorhabens „Bürgerzentrum“ und weitere zum Beispiel im „ExWost Programm (Bund), „LOS“ und „Stärken vor Ort“ (beides ESF Programme) während der Laufzeit der Sanierung eingesetzt. Stadtplanungsamt | 41 Resümee Mit der Sanierung im Stadtteil Mühlburg ist eines der umfangreichsten Sanierungsprojekte in Karlsruhe durchgeführt worden. Über einen langen Zeitraum von 14 Jahren wurden zahlreiche Straßen neu geordnet, Plätze aufgewertet, Spielplätze neugestaltet und Modernisierungsmaßnahmen in Privathäusern durchgeführt. Hinzu kommen zwei Leuchttürme der Sanierung: der Bau des Bürgerzentrums Mühlburg und die grundlegende Sanierung des Kinder- und Jugendhauses Mühlburg. Mit Beschluss vom 22. Mai 2007 hatte der Gemeinderat die Entscheidung getroffen, den Sanierungsprozess in Mühlburg zu starten. Dem vorausgegangen war die Vorbereitende Untersuchung (VU), die zahlreiche städte-bauliche Mängel und sozialstrukturelle Defizite zutage gefördert hatte, so dass das Gebiet in das Bund-/Länderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen werden konnte. Die Sanierung startete mit einem umfangreichen Bürgerbeteiligungsprogramm, das in über zwei Jahren mehrere hundert Personen einbezog. Unter anderem wurde zum ersten Mal in Karlsruhe die Spielleitplanung eingesetzt. Dafür wurden zahlreiche Kinder und Jugendliche im Stadtteil befragt. Aus der Bürgerbeteiligung entwickelten sich mehrere Arbeitskreise mit Bürgerinnen und Bürgern. Mit der Aufwertung von etlichen Straßenabschnitten konnten städtebauliche Modernisierungsakzente für den Stadtteil gesetzt, außerdem konnten die Abschnitte für heutige verkehrliche Anforderungen fit gemacht werden. Das gilt unter anderem für die Rheinstraße, die neu geordnet und erneuert wurde – sowohl für den motorisierten Individualverkehr als auch für Rad fahrende Menschen. Fußgängerinnen und Fußgänger haben nun deutlich mehr Platz als zuvor. Eine grundlegende Überarbeitung erfuhr auch der Lameyplatz – mit der Schaffung von mehr Grünflächen. Das gilt auch für die Straßenbahn, die nun in der Rheinstraße und in der Lameystraße auf einem Grüngleis unterwegs ist. Bei den Plätzen ist auch der Lindenplatz zu nennen, der modernisiert und zeitgemäß umgestaltet wurde. Mit der Erneuerung von Spielplätzen hat die Sanierung ganz intensiv Kinder und Jugendliche in den Blick genommen. Zu nennen ist hier unter anderem der neu geschaffene Bolzplatz am Albgrün. Vor allem der Fliederplatz ist nun zur Anlaufstelle von jungen Menschen aus dem Stadtteil und darüber hinaus geworden. Voraussetzung für die Umgestaltung des Fliederplatzes war der Rückbau eines Teils der Fliederstraße vor dem Kinder- und Jugendhaus und die Umgestaltung der Verkehrssituation in der Glümerstraße. Das Kinder- und Jugendhaus Mühlburg selbst ist im Zuge der Sanierung grundlegend erneuert, umgebaut und erweitert worden. Jetzt steht zum ersten Mal ein Dachgeschoss für weitere Angebote zur Verfügung. Im Erdgeschoss ist ein Jugendcafé entstanden, das moderne Kinder- und Jugendarbeit ermöglicht. Das Bürgerzentrum Mühlburg gehört unbestritten zu den Highlights der Sanierung. Erbaut wurde es zwischen den Hochhäusern der Volkswohnung in der Weinbrennerstraße in unmittelbarer Nähe des Entenfangs. Es beherbergt nun zahlreiche Angebote von und für Bürgerinnen und Bürger, etwa für Kinder, für Migrantinnen und Migranten und weitere Gruppen aus dem Stadtteil, die sich zum Teil aus dem Bürgerbeteiligungsprozess herausgebildet haben. Das Bürgerzentrum Mühlburg ist nun auch neue Heimat der Stadtteilbibliothek, die dort – in zentraler Lage – zeitgemäße Bibliotheksangebote machen kann. In ungewöhnlich hohem Maße haben Eigentümerinnen und Eigentümer auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Förderung für private Modernisierungen in ihren Häusern und Wohnungen zu erhalten. Über 60 Maßnahmen im Rahmen von Rest- und umfangreichen Modernisierungen wurden im Laufe der Sanierung bezuschusst. Damit hat dieses Instrument maßgeblich zum Erreichen des Ziels der Erneuerung im Sanierungsgebiet beigetragen. Schwerpunktmäßig ging es hier um die Verbesserung des bautechnischen und energetischen Zustands von Gebäuden. Hervorzuheben ist auch die umfassende Sanierung der drei Hochhäuser der Volkswohnung in der Weinbrennerstraße 79 bis 81. Mit dem Abschluss der Sanierung Mühlburg lässt sich erkennen, dass der Sanierungsprozess den Stadtteil städtebaulich und soziostrukturell fit gemacht hat für das 21. Jahrhundert. Straßen wurden saniert, erneuert und umgestaltet, Plätze wurden hergerichtet und Spielplätze neu- oder umgebaut und mit modernem Spielgerät ausgestattet. Mit dem erneuerten Kinder- und Jugendhaus am Fliederplatz ist auch die Kinder- und Jugendarbeit in Mühlburg deutlich attraktiver geworden. Das Bürgerzentrum mit der Stadtbibliothek als wichtigem „Anker“ ist zum Zentrum für die Bürgerschaft des Stadtteils geworden. 42 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtplanungsamt | 43 44 | Sanierungsgebiet Mühlburg
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untitled Vorbereitende Untersuchungen SANIERUNGSGEBIET GRÜNWETTERSBACH Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt 2 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG STADTPLANUNGSAMT | 3 INHALT 1. Grundlagen und Vorbemerkungen ........................................................................................................................ 7 1.1 Vorbemerkung, Ziele der vorbereitenden Untersuchungen .......................................................................... 7 1.2 Ablauf der vorbereitenden Untersuchungen ................................................................................................ 8 2. Bestandsaufnahme ............................................................................................................................................... 9 2.1 Gebietsbeschreibung .................................................................................................................................. 9 2.1.1 Lage des Untersuchungsgebietes ................................................................................................ 9 2.1.2 Statistische Basisdaten.............................................................................................................. 10 2.1.3 Geschichte des Quartiers .......................................................................................................... 14 2.1.4 Integrierter Planungsansatz – Ableitung aus übergeordneten Planungen ................................... 15 2.1.5 Übergeordnete Planungen/vorhandenes Planungsrecht ............................................................. 16 2.1.6 Städtebauliche Grundstruktur und Ortsbild ................................................................................ 20 2.1.7 Denkmalschutz ......................................................................................................................... 21 2.1.8 Gebäudezustand ...................................................................................................................... 24 2.1.9 Nutzungsstruktur/soziale Infrastruktur ....................................................................................... 25 2.1.10 Öffentliche Räume/Freiräume .................................................................................................... 27 2.1.11 Erschließungsstruktur motorisierter Individualverkehr (MIV) ....................................................... 28 2.1.12 Erschließungsstruktur Umweltverbund....................................................................................... 29 2.2 Ergebnisse aus der Beteiligung ................................................................................................................. 31 2.2.1 Ergebnisse der Eigentümerbefragung ........................................................................................ 31 2.2.2 Ergebnisse der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ........................................................ 37 2.2.3 Ergebnisse der Beteiligung der Öffentlichkeit ............................................................................. 38 2.3 Mängel und Missstände im Untersuchungsgebiet ..................................................................................... 43 2.4 Potenziale im Untersuchungsgebiet .......................................................................................................... 47 3. Ziele für die Neuordnung .................................................................................................................................... 48 4. Das Neuordnungskonzept und beabsichtigte Maßnahmen ................................................................................... 51 4.1 Handlungsschwerpunkt 1: Stärkung des Nahversorgungszentrums ............................................................ 52 4.2 Handlungsschwerpunkt 2: Lindenplatz, Entwicklung eines Freiraums als Dorfplatz im rückwärtigen Raum zwischen Ortsdurchfahrt und Bachlauf des Wettersbachs .......................................................................... 55 4.3 Handlungsschwerpunkt 3: Freiraum zwischen der Straße Im Rodel und dem Bachlauf des Wettersbachs sowie Komplettierung der Fußwegeverbindung in zweiter Reihe entlang des Wettersbachs ....................... 60 4.4 Handlungsschwerpunkt 4: Altes Schulhaus und angrenzendes Funktionsgebäude ..................................... 63 4.5 Handlungsschwerpunkt 5: Historischer Ortskern ....................................................................................... 66 4.6 Handlungsschwerpunkt 6: Ortseinfahrt Nord ............................................................................................ 68 4 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG 4.7 Handlungsschwerpunkt 7: Kreuzungsbereich Busenbacher Straße/Am Wetterbach und dortige Geschäftsvorfelder ................................................................................................................................... 69 4.8 Handlungsschwerpunkt 8: Wohnbauliche Entwicklung in zweiter Reihe südlich der Straße Zur Ziegelhütte . 71 4.9 Handlungsschwerpunkt 9: Wohnbauliche Entwicklung im Bereich Reutlinger/Heidenheimer Straße ............ 73 5. Vorschlag zur Abgrenzung des förmlich festzulegenden Sanierungsgebietes ......................................................... 75 6. Sanierungsverfahren und rechtliche Instrumentarien ............................................................................................ 77 6.1 Anwendungsvoraussetzungen umfassendes Verfahren (Regelverfahren)/Ausgleichsbeträge und Kaufpreisprüfung ..................................................................................................................................... 77 6.2 Vereinfachtes Verfahren ........................................................................................................................... 77 6.3 Genehmigungspflichtige Vorhaben/Genehmigung (§§ 144/145 BauGB) .................................................... 78 6.4 Vorkaufsrecht der Stadt (§ 24 BauGB) ...................................................................................................... 78 7. Begründung zur Wahl des Sanierungsverfahrens ................................................................................................. 79 8. Hinweise zur Sozialplanung ................................................................................................................................. 80 9. Kosten- und Finanzierungsübersicht (KuF) ........................................................................................................... 81 Anlagen ..................................................................................................................................................................... 82 STADTPLANUNGSAMT | 5 ABBILDUNGEN Abbildung 1: Überblick über den Ablauf der vorbereitenden Untersuchungen ......................................................... 8 Abbildung 2: Untersuchungsgebiet der vorbereitenden Untersuchungen ................................................................. 9 Abbildung 3: Baujahr der Gebäude ...................................................................................................................... 10 Abbildung 4: Baujahr der Gebäude ...................................................................................................................... 12 Abbildung 5: Auszug aus Rahmenplanung für die Karlsruher Höhenstadtteile ....................................................... 16 Abbildung 6: Auszug aus Regionalplan Mittlerer Oberrhein 2003 ......................................................................... 16 Abbildung 7: Auszug aus Flächennutzungsplan Nachbarschaftsverband Karlsruhe 2010 ....................................... 17 Abbildung 8: Schutzgebietskulissen ..................................................................................................................... 18 Abbildung 9: Auszug aus großräumigem Biotopverbund ...................................................................................... 18 Abbildung 10: Lage der Altlastenverdachtsflächen ................................................................................................. 19 Abbildung 11: Charakteristik der historischen Siedlungsstruktur im Stadtteil Grünwettersbach ................................ 20 Abbildung 12: Schwarzplan des Untersuchungsgebietes und städtebauliche Grundstruktur ..................................... 21 Abbildung 13: Denkmalgeschützte Gebäude im Stadtteil Grünwettersbach ............................................................. 22 Abbildung 14: Etter des mittelalterlichen Dorfers Grünwettersbach (Quelle: Landesamt für Denkmalpflege) ............. 23 Abbildung 15: Nahversorgungszentrum im Süden des Untersuchungsgebietes ........................................................ 25 Abbildung 16: Freiraum entlang des Wettersbachs ................................................................................................. 27 Abbildung 17: Der Lindenplatz ............................................................................................................................... 28 Abbildung 18: Fußwege im Bereich der Ortsdurchfahrt ........................................................................................... 29 Abbildung 19: Busliniennetz in den Karlsruher Höhenstadtteilen ............................................................................. 30 Abbildung 20: Auswertung der Frage: Wie viele Wohnungen befinden sich auf Ihrem Anwesen? ............................ 32 Abbildung 21: Auswertung der Frage: Wie schätzen Sie selbst den Zustand Ihres Gebäudes ein? ............................ 33 Abbildung 22: Auswertung der Frage: Wie viele PKW-Stellplätze sind auf dem Grundstück vorhanden? .................. 33 Abbildung 23: Auswertung der Frage: Welches ist die überwiegende Heizungsart im Gebäude? ............................. 35 Abbildung 24: Auswertung der Frage: Welche Teil der Gebäude mit Wohnnutzung sind mit einer Wärmedämmung versehen? ............................................................................................................ 35 Abbildung 25: Auswertung der Frage: Haben Sie grundsätzlich Interesse, die im Rahmen des Sanierungsverfahrens mögliche Bezuschussung von Wohnraum-Modernisierungsmaßnahmen zu nutzen und Erneuerungsmaßnahmen an Ihren/Ihrem Anwesen durchzuführen? ................................ 36 Abbildung 26: Route und Impressionen aus dem Quartiersrundgang am 24. Januar 2015 ....................................... 39 Abbildung 27: Impressionen aus der Auftaktveranstaltung am 28. Januar 2015 ...................................................... 41 Abbildung 28: Impressionen aus der Bürgerwerkstatt am 10. Juni 2015 ................................................................. 42 Abbildung 29: Übersicht über das Neuordnungskonzept......................................................................................... 51 Abbildung 30: Ausgangssituation der Geschäftsvorfelder im Umfeld des Ladenzentrums (Ostseite) ......................... 52 Abbildung 31: Ausgangssituation der Geschäftsvorfelder im Umfeld des Ladenzentrums (Westseite) ....................... 53 Abbildung 32: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich des Nahversorgungszentrums ...................... 54 Abbildung 33: Ausgangssituation im Bereich des Lindenplatzes .............................................................................. 56 Abbildung 34: Ausgangssituation gegenüber des Lindenplatzes ............................................................................. 56 Abbildung 35: Skizzen zur Prüfung unterschiedlicher Entwicklungsoptionen für den Lindenplatz und dessen Umfeld 58 Abbildung 36: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich Lindenplatz/Dorfplatz/ Zweite Reihe Am Wettersbach ........................................................................................................ 59 Abbildung 37: Ausgangssituation im Bereich der Hanglage .................................................................................... 60 Abbildung 38: Ausgangssituation im Bereich der Fußwegebeziehungen .................................................................. 61 6 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Abbildung 39: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich Im Rodel und Wegebeziehung in zweiter Reihe entlang des Wettersbachs ...................................................................................... 62 Abbildung 40: Ausgangssituation im Bereich des Alten Schulhauses und des Funktionsgebäudes ............................ 63 Abbildung 41: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich des Alten Schulhauses ................................. 65 Abbildung 42: Ausgangssituation im Bereich des historischen Ortskerns ................................................................. 66 Abbildung 43: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich des historischen Ortskerns ........................... 67 Abbildung 44: Ausgangssituation am nördlichen Ortseingang ................................................................................ 68 Abbildung 45: Auszug aus der vorhandenen Planung und dem Neuordnungskonzept für den Bereich der Ortseinfahrt Nord ...................................................................................................................... 69 Abbildung 46: Ausgangssituation im Bereich des Kreuzungsbereichs Busenbacher Straße/Am Wetterbach .............. 69 Abbildung 47: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich Busenbacher Straße/Am Wetterbach ............ 70 Abbildung 48: Ausgangssituation im Bereich des Handlungsschwerpunkts 2 .......................................................... 71 Abbildung 49: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich Zur Ziegelhütte ............................................ 72 Abbildung 50: Ausgangssituation im Bereich Zur Ziegelhütte/Reutlinger Straße ...................................................... 73 Abbildung 51: Auszug aus dem Neuordnungskonzept für den Bereich Heidenheimer Straße/Reutlinger Straße ........ 74 Abbildung 52: Vorschlag zur Abgrenzung des förmlich festzulegenden Sanierungsgebietes ..................................... 76 STADTPLANUNGSAMT | 7 1. GRUNDLAGEN UND VORBEMERKUNGEN 1.1 VORBEMERKUNG, ZIELE DER VORBEREITENDEN UNTERSUCHUNGEN Mit Gemeinderatsbeschluss vom 1. Juli 2014 (Veröffentlichung am 25. Juli 2014) wurden für den Bereich „Grünwetters- bach“ die Einleitung der vorbereitenden Untersuchungen nach § 141 BauGB beschlossen. Im Sinne des § 141 BauGB sind Vorbereitende Untersuchungen erforderlich, um Beurteilungsgrundlagen über die Notwen- digkeit, die Ziele und die Durchführbarkeit der Sanierung zu schaffen. Die Untersuchungen sollen sich dabei auch auf die möglichen nachteiligen Auswirkungen der beabsichtigten Sanierung für die unmittelbar Betroffenen erstrecken. Als Maßstab zur Beurteilung der Notwendigkeit der Sanierung werden nach § 136 BauGB die sogenannten „städtebaulichen Miss- stände“ im Gebiet herangezogen. Diese beziehen sich insbesondere  auf die Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder die Sicherheit der in dem Gebiet wohnenden und arbeitenden Menschen  und auf die Funktionsfähigkeit des Untersuchungsgebietes. Aufgabe der vorbereitenden Untersuchungen ist es, auf Basis einer städtebaulichen Analyse und auf Grundlage einer Beteili- gung der Eigentümerinnen und Eigentümer, der im Gebiet wohnenden Bevölkerung und der Träger öffentlicher Belange Aussagen zu treffen,  ob entsprechende städtebauliche Mängel und Missstände vorliegen,  ob eine Sanierung im Untersuchungsgebiet oder in Teilbereichen davon notwendig ist,  wie die Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer sich abzeichnet,  welche Ziele und Maßnahmen im Sinne der städtebaulichen Erneuerung verfolgt werden sollen,  und ob die Sanierung hinsichtlich ihrer Finanzierbarkeit durchführbar ist. 8 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG 1.2 ABLAUF DER VORBEREITENDEN UNTERSUCHUNGEN Der Ablauf der vorbereitenden Untersuchungen „Grünwettersbach“ war geprägt durch ein iteratives Vorgehen zwischen Planung, der Beteiligung der Öffentlichkeit und der kommunalpolitischen Gremien: So wurde in einem ersten Schritt die Analyse aus der planerischen Perspektive heraus vollzogen, diese über einen Stadt- teilspaziergang und eine erste öffentliche Werkstatt reflektiert. Daran anschließend wurden gemeinsam mit der Öffentlich- keit die grundlegenden Zielsetzungen und ein Maßnahmenpool erarbeitet. Gleichermaßen wurden im Schritt der Bestands- erhebung die im Untersuchungsgebiet vorhandenen Eigentümerinnen und Eigentümer sowie die Träger öffentlicher Belange schriftlich befragt. Aufbauend auf diesen Informationen und Analysen wurden von der planerischen Seite die Ziele überarbeitet und ein Vor- schlag für ein Neuordnungskonzept mit Handlungsschwerpunkten entwickelt. Auch dieses wurde im Nachgang in einer öf- fentlichen Bürgerwerkstatt rückgekoppelt und dementsprechend angepasst, bevor das Neuordnungskonzept zunächst in nichtöffentlicher Sitzung im Ortschaftsrat Wettersbach zur Diskussion stand. Basierend auf den Anregungen und Hinweisen wurde nachfolgend die Vorbereitende Untersuchung ausgearbeitet und im Ortschaftsrat in öffentlicher Sitzung diskutiert und hierauf aufbauend in den weiteren kommunalpolitischen Gremien der Stadt Karlsruhe behandelt. Abbildung 1: Überblick über den Ablauf der vorbereitenden Untersuchungen Analyse Missstände und Chancen Stadtteilspaziergang Gemeinsame Eichung, Ziele Begehung, Grundlagenermittlung Aktivierende Auftaktveranstaltung Information, Ziele Mi 28.01.15 Sa 24.01.15 Bürgerwerkstatt: Rückkopplung Ziele Konkretisierung Maßnahmenoptionen Fertigstellung VU/Maßnahmen-/Entwicklungskonzept Zieldefinition, Handlungsansätze Eigentümerbefragung, TÖB-Befragung GR- Beschluss Sanierungssatzung ö Mi 10.06.15 Ortschaftsrat Wettersbach nö Di 21.07.15 Ortschaftsrat Wettersbach öDi 15.09.15 Schriftliche Befragung Eigentümer Schriftliche Befragung Träger Öffentlicher Belange STADTPLANUNGSAMT | 9 2. BESTANDSAUFNAHME 2.1 GEBIETSBESCHREIBUNG 2.1.1 LAGE DES UNTERSUCHUNGSGEBIETES Der Stadtteil Grünwettersbach liegt im Südosten von Karlsruhe und gehört aufgrund seiner topografischen Lage am Rand des Nordschwarzwalds zu den Karlsruher Höhenstadtteilen. Grünwettersbach erstreckt sich beidseits des in die Schwarz- wald-Randplatte tief eingeschnittenen Wettersbachs, der in Richtung Wolfartsweier entwässert. Der Stadtteil ist von Süden über die zwei Kilometer entfernte Autobahnanschlussstelle Karlsbad von der östlich verlaufenden A8 zwischen Karlsruhe und Pforzheim oder von Norden über die L 623 von der Rheinebene Wolfartsweier aus erreichbar. Das Untersuchungsgebiet umfasst eine Größe von 16,61 Hektar, beinhaltet weitestgehend die historische Kernortslage und erstreckt sich beidseits entlang der Ortsdurchfahrt von Süden vom Nahversorgungszentrum aus nach Norden entlang der Straße Am Wetterbach bis zum Ortsausgang von Grünwettersbach in Richtung Wolfartsweier. Abbildung 2: Untersuchungsgebiet der vorbereitenden Untersuchungen 10 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Nordwestlich grenzen der Wettersbach sowie die Straße Am Steinhäusle das Untersuchungsgebiet ab. Teilbereiche der Be- bauung entlang der Straßen Wintergasse, Baumgasse, Pfeilerweg und Busenbacher Straße werden mit einbezogen. Die westliche Bebauung der Hohenheimer Straße sowie nach Süden weiterführend der Fußweg Im Löhl und die Straße be- ziehungsweise der Fußweg Im Rodel sowie die Reutlinger Straße/Zur Ziegelhütte bilden die östliche Begrenzung. Den südlichen Abschluss bildet die nördliche Bebauung der Straße Zur Dorfwies/Reickertstraße. 2.1.2 STATISTISCHE BASISDATEN Städtebauliche Basisdaten Innerhalb des Untersuchungsgebietes existierten 2011 auf Basis der Gebäude- und Wohnungszählung (Ergebnisse des Zen- sus 2011, Quelle Amt für Stadtentwicklung, Statistikstelle) 186 Wohngebäude und 16 sonstige Gebäude mit Wohnraum mit insgesamt 340 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum. 97,3 Prozent der Wohngebäude waren im Privatbesitz. Rund 47 Prozent der Wohnungen wurden von den Eigentümern bewohnt, während im gesamten Stadtteil Grünwettersbach knapp 61 Prozent der Wohnungen von Eigentümern bewohnt wurden. Innerhalb des Untersuchungsgebietes waren 2011 circa 49 Prozent der Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet (Anteil Grünwettersbach: circa 35 Prozent). Die Leerstandsquote betrug 2011 3,5 Prozent und lag damit leicht unter der Leerstandsquote des Stadtteils Grünwetters- bach von 3,8 Prozent und deutlich über der Leerstandsquote der Gesamtstadt Karlsruhe von 2,3 Prozent. Die Siedlungsdichte beträgt (trotz der im Untersuchungsgebiet enthalten Freiflächen Im Löhl/Im Rodel) im Untersuchungsge- biet 39,5 EW/Hektar, während im Stadtteil Grünwettersbach Ende 2013 nur eine Siedlungsdichte von 6,67 Einwoh- ner/Hektar vorzufinden war. Die Belegungsdichte im Untersuchungsgebiet beträgt derzeit circa 1,9 Personen/Wohneinheit, im gesamten Stadtteil Grün- wettersbach lag sie Ende 2013 bei 2,2 Einwohnern/Wohneinheit. Rund 37 Prozent der Gebäudesubstanz entstammt einer Zeit vor 1919, weitere knapp 20 Prozent einer Zeit zwischen 1920 und 1959. Knapp 20 Prozent der Gebäude verfügen nach der Gebäude- und Wohnraumzählung 2011 des Zensus 2011 noch über Einzel- oder Mehrraumöfen, knapp 99 Prozent verfügen über eine Badewanne/Dusche und ein WC. Abbildung 3: Baujahr der Gebäude Soziostrukturelle Basisdaten STADTPLANUNGSAMT | 11 Innerhalb des Untersuchungsgebietes leben derzeit 657 Personen (mit Hauptwohnung) und 19 Wohnberechtigte mit Ne- benwohnung, mithin also 676 Personen. Innerhalb des Untersuchungsgebietes leben damit knapp 16 Prozent der Bevölke- rung von Grünwettersbach, während die Zahl an Wohneinheiten des Untersuchungsgebietes am Stadtteil Grünwettersbach knapp 18 Prozent beträgt. Im Hinblick auf die Altersstruktur ist auffallend, dass im Untersuchungsgebiet gegenüber dem gesamten Stadtteil  die prozentualen Anteile der jungen Personengruppen (0 bis 18 Jahre) nahezu gleich sind,  ein im Untersuchungsgebiet der vorbereitenden Untersuchungen deutlich erhöhter Anteil an Personengruppen zwi- schen 25 und 65 vorzufinden ist  und der Stadtteil Grünwettersbach einen deutlichen Überhang an älteren Personen über 65 Jahren besitzt. Im Hinblick auf die Zahl der Personen pro Haushalt weist das Untersuchungsgebiet gegenüber dem Stadtteil Grünwetters- bach einen deutlich erhöhten Anteil an Einpersonenhaushalten auf, während die Zahl der Mehrpersonenhaushalte unterre- präsentiert ist. Die Zahl der großen Haushalte mit fünf und mehr Personen hält sich in einem sehr geringen Rahmen. In der Struktur der Haushaltstypen bestehen Auffälligkeiten  in der deutlich erhöhten Zahl der Einpersonenhaushalte zwischen 30 und 60 Jahren innerhalb des Untersuchungsge- bietes,  in deutlich unterrepräsentierten Anteilen an Paaren ohne Kinder  sowie in den ebenfalls deutlich unterrepräsentierten Anteilen an Paaren mit Kindern. Folgende soziostrukturelle Merkmale liegen nur für den Gesamtstadtteil Grünwettersbach vor:  Arbeitslosenquote: 2,4 Prozent im Vergleich zu Stadt Karlsruhe 4,2 Prozent (Stichtag zum 30. September 2014).  SGB II-Bezieher: 0,5 Prozent (Stichtag 30. September 2013).  Übergangsquote 4. Klasse auf das Gymnasium: 63,2 Prozent im Vergleich zu Stadt Karlsruhe 56,8 Prozent (Durch- schnitt letzte fünf Jahre). 12 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Abbildung 4: Baujahr der Gebäude STADTPLANUNGSAMT | 13 Auszug aus Bürgerumfrage 2011 (Bezug gesamter Stadtteil Grünwettersbach) Im Zuge der Bürgerumfrage aus dem Jahr 2011 (Quelle: Amt für Stadtentwicklung) können für den gesamten Stadtteil Grünwettersbach folgende Aspekte festgehalten werden, die in einem inhaltlichen Kontext zu den vorgefundenen Mängeln und Missständen stehen (dezidierte Auswertungen für das Gebiet der vorbereitenden Untersuchungen konnten nicht vorge- nommen werden):  Knapp 24 Prozent der Befragten sind unzufrieden/sehr unzufrieden mit der Verkehrssituation im Stadtteil (Vergleich Gesamtstadt Karlsruhe: knapp 15 Prozent).  Knapp 29 Prozent sind unzufrieden/sehr unzufrieden mit den wohnortnahen Einkaufsmöglichkeiten im Stadtteil (Ver- gleich Gesamtstadt Karlsruhe: knapp 12 Prozent).  Knapp über 30 Prozent sind unzufrieden/sehr unzufrieden mit den Gastronomieangeboten im Stadtteil (Vergleich Ge- samtstadt Karlsruhe: knapp 19 Prozent).  Knapp über 32 Prozent sind unzufrieden/sehr unzufrieden mit den Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren im Stadtteil (Vergleich Gesamtstadt Karlsruhe: knapp über 30 Prozent). 14 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG 2.1.3 GESCHICHTE DES QUARTIERS Folgender geschichtlicher Abriss ist auszugsweise zu geben (Quelle: Stadtwiki Karlsruhe und Wikipedia):  1289: Der Ort Grünwettersbach (Wedersbach) wird erstmals urkundlich erwähnt.  1278: Erste Erwähnung der evangelischen Pfarrkirche, der Kirchturm ursprünglich wohl früher freistehend, wird auf das 12. Jahrhundert datiert.  1289: Die Namensform „Grünenweterspach“ taucht in den Quellen auf; bis dahin wird in der Regel der Name „Wed- dirsbach, Weterspach“ erwähnt. Verschiedene Grundherren waren im Spätmittelalter im Quartier begütert, so die Herren von Remchingen, von Württemberg, von Baden sowie insbesondere das Kloster Herrenalb.  1535: Säkularisation des Kloster Herrenalb durch Herzog Ulrich von Württemberg und damit Übergang von Grünwet- tersbach an Württemberg. Grünwettersbach gehört daraufhin zum württembergischen Oberamt Neuenbürg, umgeben von badischem Territorium. Grünwettersbach war damit der am weitesten nach Baden hineinragende württembergi- sche Landesteil, „der württembergische Stachel im badischen Fleisch“.  Ausgehend von einem Haufendorf um die Kirche (heutiges städtebauliches Umfeld um das Rathaus) entwickelte sich ein Straßendorf entlang der Straße Grünwettersbach.  1648: Nach dem Dreißigjährigen Krieg leben in Grünwettersbach nur noch 15 Einwohner.  1743 Bau des Pfarrhauses.  1755 Bau des Schulhauses an der heutigen Steinhäusle 8.  1782: Grünwettersbach hat 575 Einwohner.  1783: Neuerrichtung des 1871 abgebrochenen Langhauses der evangelischen Kirche, deren Turm als ältestes Bau- werk des Dorfes aus dem 13. Jahrhundert stammt.  1806: Grünwettersbach fällt durch Tausch an das Großherzogtum Baden (Amt Durlach).  1846: Abbruch des alten Schulgebäudes und Bau eines neuen Schulhauses.  1881: Im heutigen Rathaus von 1881 waren Feuerwehr, die Polizei sowie das Gefängnis untergebracht.  1972: Grünwettersbach und Palmbach schließen sich zur neuen selbstständigen Gemeinde Wettersbach zusammen und bilden die Verwaltungseinheit Wettersbach.  1975: Eingemeindung, Wettersbach wird Stadtteil von Karlsruhe. STADTPLANUNGSAMT | 15 2.1.4 INTEGRIERTER PLANUNGSANSATZ – ABLEITUNG AUS ÜBERGEORDNETEN PLANUNGEN Die vorbereitenden Untersuchungen basieren auf zwei übergeordneten informellen Planungsebenen, welche unter Beteili- gung der Öffentlichkeit zustande gekommen sind: Integriertes Stadtentwicklungskonzept „Karlsruhe 2020 – Leitlinien der Stadtentwicklung“ Das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe 2020“ gibt als gesamtstädtische informelle Planung eine Leitlinie für die nachfolgenden Stadtteilentwicklungen. Im Zuge des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts wurden Strategien, Hand- lungsfelder und Impulsprojekte erarbeitet. Dabei standen im Stadtteilbezug insbesondere Themen wie die Sicherung der Nahversorgung, die Stärkung vorhandener Zentren, die Mischung aus Wohnen und Arbeiten und die Gestaltung attraktiver Lebensräume im Mittelpunkt der Diskussion. Bereits im Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe 2020 wurde ein Planungserfordernis auch für die Karlsruher Höhenstadtteile erkannt, um stadtteilübergreifend eine abgestimmte Entwicklung einzuleiten und Ziele für die Höhenstadtteile zu formulie- ren. Städtebaulicher Rahmenplan „Höhenstadtteile“ Ausgehend von den Zielen des Stadtentwicklungskonzepts wurde im Jahr 2011 ein städtebaulicher und freiraumplanerischer Rahmenplan für die Karlsruher Höhenstadtteile in Auftrag gegeben. Dieser wurde unter intensiver Beteiligung der Öffentlich- keit erarbeitet. Der Rahmenplan definiert Ziele und Leitlinien für die städtebauliche und freiraumplanerische Entwicklung der Karlsruher Höhenstadtteile. Für die einzelnen Stadtteile wurden dabei Lupen erarbeitet, im Rahmen derer dezidierte städte- bauliche und freiraumplanerische Handlungserfordernisse formuliert wurden. Der Rahmenplan (Netzwerk für Planung und Kommunikation, 2013) wurde 2013 beschlossen und dient somit fortan als Leitlinie für die spezifische Stadtteilentwicklung. Für den Stadtteil Grünwettersbach definiert die Rahmenplanung zwei wesentliche Schwerpunkte: Zum einen die Durchfüh- rung einer Sanierungsmaßnahme für den Ortskern von Grünwettersbach entsprechend dem Untersuchungsgebiet der vorlie- genden vorbereitenden Untersuchungen, zum anderen die Fokussierung auf das Thema der Qualifizierung der zweiten Reihe als städtebauliche und freiraumplanerische Leitlinie. Innerhalb der Rahmenplanung wurden unter anderem bereits folgende Einzelaspekte benannt:  Qualifizierung der historischen Bausubstanz beidseits der Ortsdurchfahrt.  Erhöhung der Verkehrssicherheit im Bereich der Ortsdurchfahrt, Temporeduzierung auf Tempo 30.  Gestaltung der Ortsdurchfahrt (öffentlicher Raum).  Update des Lindenplatzes.  Qualifizierung des Einzelhandelsschwerpunkts (Nahversorgungszentrum).  Fußwegeverbindung entlang des Wettersbachs.  Ergänzende Freiraumangebote entlang des Wettersbachs.  Nachnutzung des Alten Schulhauses.  Sicherung der Nahversorgung. 16 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Abbildung 5: Auszug aus der Rahmenplanung für die Karlsruher Höhenstadtteile 2.1.5 ÜBERGEORDNETE PLANUNGEN/VORHANDENES PLANUNGSRECHT Regionalplan Mittlerer Oberrhein 2003 Im Regionalplan Mittlerer Oberrhein 2003 sind das Untersuchungsgebiet als Bestandssiedlungsfläche und der Stadtteil Grünwettersbach als Siedlungsbereich dargestellt. Abbildung 6: Auszug aus Regionalplan Mittlerer Oberrhein 2003 STADTPLANUNGSAMT | 17 Flächennutzungsplan Nachbarschaftsverband Karlsruhe 2010 Im Flächennutzungsplan 2010 des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe mit Stand 2004 sind entsprechend der Struktur des Ortskerns große Bereiche des Untersuchungsgebiets als gemischte Bauflächen (M) dargestellt. Nordöstlich des Wettersbachs schließen Grünflächen und Wohnbauflächen (W) an. Der Bereich um die Kirche ist als Gemeinbedarfsfläche gekennzeichnet. Innerhalb des Untersuchungsgebiets weist der Flächennutzungsplan keine geplanten Bauflächen aus. Entsprechend der Aussagen der Schutzgutkarte Freiraum und Erholung sind die zwischen Wettersbach und dem Wegeverlauf Im Löhl/lm Rodel liegenden Grünflächen mit ihren Baumbestand für die lokale Naherholung von allgemeiner Bedeutung. Abbildung 7: Auszug aus Flächennutzungsplan Nachbarschaftsverband Karlsruhe 2010 Vorhandene Bebauungspläne Innerhalb beziehungsweise im direkten Umfeld des Untersuchungsgebietes existieren folgende Bebauungspläne: 18 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Schutzgebietskulissen Schutzgebiete nach Naturschutzrecht/Natura 2000-Gebiete Im nördlichen Teil des Plangebietes umfasst das Untersuchungsgebiet nördlich der Zigarrenfabrik und westlich der L 623 ei- nen geringen Teil des Landschaftsschutzgebietes Grünwettersbacher Wald/Hatzengraben. Ebenso existiert dort ein Waldbio- top („Wettersbach SO Wolfartsweier“, Biotopnummer: 270162126242), welches sich auf den Verlauf des Wettersbachs be- zieht. Innerhalb und angrenzend an das Untersuchungsgebiet existieren keine weiteren Schutzgebiete nach dem Naturschutzrecht, keine geschützten Biotope und auch keine Natura 2000-Gebietskulissen. Das Plangebiet spielt bei den großräumigen Planungen zum Biotopverbund aufgrund seiner Lage und dem Kontext zum In- nenbereich keine Wert gebende Rolle. Abbildung 8: Schutzgebietskulissen Quelle LuBW, 2015 Abbildung 9: Auszug aus großräumigem Biotopverbund STADTPLANUNGSAMT | 19 Quelle LuBW 2015 Wasserschutzgebiete, Überschwemmungsgebiete Das Plangebiet liegt nicht innerhalb der rechtskräftig festgesetzten Wasserschutzgebietszonen. Aussagen aus Hochwasser- gefahrenkarten liegen nicht vor, allerdings ist bekannt, dass der Wettersbach insbesondere bei Starkregenereignissen stark anschwellen kann. Altlasten/Altstandorte Im Bereich des Sanierungsgebietes sind insgesamt fünf Flächen beim Umwelt- und Arbeitsschutz bekannt. Die Flächen „AA Am Wetterbach“ und „AS Textilherstellung Köhler“ sind im Bodenschutz- und Altlastenkataster erfasst. Die restlichen Flä- chen („AS Transportunternehmen Mangold“, „AS Chemische Reinigung Raupp“, „AS Verpackungsmaschinen Hundt“) sind aufgrund der geringen Altlastenrelevanz aus der aktiven Bearbeitung ausgeschieden. Abbildung 10: Lage der Altlastenverdachtsflächen Quelle: Stellungnahme Umwelt- und Arbeitsschutz 20 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG 2.1.6 STÄDTEBAULICHE GRUNDSTRUKTUR UND ORTSBILD Das Untersuchungsgebiet beinhaltet folgende wesentliche städtebauliche Strukturen und Charaktere:  Die zentrale Ortskernsituation wird durch das ehemalige Haufendorf im Umfeld des Rathauses und der Straßen Am Steinhäusle und Kirchstaig gebildet: Hier finden sich sehr kleinräumige Grundstückszuschnitte und häufig eine auf- grund der steilen Topografie gestaffelte städtebauliche Disposition. Charakteristisch sind neben dem Rathaus und dessen Umfeld die hangaufwärts gestaffelte städtebauliche Abfolge entlang des Kirchstaigs mit dem markanten Schulhaus am Ende des Kirchstaigs sowie die evangelische Pfarrkirche als wichtigster städtebaulicher Bezugspunkt innerhalb des Ortskerns von Grünwettersbach.  Das Straßendorf entlang der heutigen Ortsdurchfahrt Am Wettersbach/Wiesenstraße: Hier wirken die nahezu durch- gängig noch erhaltenen giebelständigen ein- bis zweigeschossigen Gebäude und Hofanlagen mit steilen Satteldä- chern ortsbildprägend. Die Grundstücke verfügen meist über eine große Tiefe und sind häufig mit ehemals landwirt- schaftlichen Nebengebäuden in den rückwärtigen Bereichen ausgestattet. In Teilen ergibt sich so ein dichtes städte- bauliches Konglomerat mit teils sehr beengten Wohn- und Arbeitsverhältnissen. Das gesamte Straßendorf wird un- mittelbar von der Ortsdurchfahrt her erschlossen. Innerhalb des Straßendorfs existieren nur wenige städtebauliche Zäsuren. Es ist aufgrund der städtebaulichen Struktur durch eine starke Linearität geprägt. Eine wichtige Zäsur bildet die Bachgasse, welche als einziger öffentlicher Straßenraum einen direkten Bezug zwischen der Ortsdurchfahrt und dem Wettersbach herstellt. Abbildung 11: Charakteristik der historischen Siedlungsstruktur im Stadtteil Grünwettersbach  Das Nahversorgungszentrum am Südrand des Untersuchungsbereichs besitzt zum einen eine wichtige funktionale Be- deutung für den Stadtteil. Andererseits hebt es sich als noch junge städtebauliche Entwicklung sich städtebaulich mit seiner Neubebauung und größeren Kubaturen von der umliegenden Siedlungsstruktur abhebt.  Die Heinz-Barth-Schule aus dem Jahr 1912 im Südwesten des Untersuchungsgebietes, welche städtebaulich das Um- feld in der Busenbacher Straße und der Straße Zur Dorfwies dominiert und neben Rathaus und evangelischer Kirche eine deutliche städtebauliche Prägnanz auf und über das Untersuchungsgebiet hinaus besitzt.  Die blockartige Struktur zwischen der Straße Zur Ziegelhütte und der Reickertstraße, welche insbesondere an der Straße Zur Ziegelhütte durch Hofanlagen geprägt sind. Diese erstrecken sich sich in die zweite Reihe und bilden einen Blockinnenraum in zentraler Lage zum Nahversorgungszentrum aus.  Die Siedlungsstruktur entlang der Straße Zum Wald, welche von der Busenbacher Straße sich hangparallel entwickelt und aus einer kleinteiligen Wohnbebauung jüngerer Zeit besteht. STADTPLANUNGSAMT | 21 Abbildung 12: Schwarzplan des Untersuchungsgebietes und städtebauliche Grundstruktur 2.1.7 DENKMALSCHUTZ Folgende Kulturdenkmäler nach §§ 2, 28 DSchG befinden sich im Untersuchungsgebiet:  Am Steinhäusle 10 (Flst. Nr. 0-70159), § 28 Evangelische Kirche, Westturm aus dem 12. Jahrhundert, Glockengeschoss des Turmes und Kirchenraum von Wilhelm Friedrich Goetz, 1782. Taufstein 1491, Holzkanzel um 1780, Orgel.  Am Steinhäusle 8 (Flst. Nr. 0-70158), § 2 Altes Schulhaus, 1846, 1983 zur Atelierwohnung mit großen Fenstern umgebaut, nördliche Scheune abgebrochen, deren Nord- und Ostwand dabei in einen Garagenbau integriert.  Am Wetterbach 31 (Flst. Nr. 0-70043), § 28 Fachwerkhaus, zweigeschossig über hohem massivem Kellergeschoss mit Rundbogeneingang und Eckkonsole, bez. GB 1799.  Am Wetterbach 40 (Flst. Nr. 0-70220), § 2 Rathaus, zweigeschossiger Putzbau mit Lisenen- und Risalitgliederung, Walmdach, Glockentürmchen, 1881. 22 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG  Bachgasse (Flst. Nr. 0-70082), § 2 Gewölbebrücke aus rotem Sandstein mit niedriger Brüstungsmauer, Ende 19. Jahrhundert.  Bachgasse (Flst. Nr. 0-70063/1), § 2 Trafohaus mit rotem Werksandstein.  Busenbacher Straße 1 (Flst. Nr. 0-70284), § 28 Eingeschossiges Fachwerkhaus, Wohnteil, 18. Jahrhundert.  Busenbacher Straße 13, Zur Dorfwies 1 (Flst. Nr. 0-72178), § 2 Heinz-Barth-Schule von 1912, Schulhaus und Hausmeisterwohnhaus, Brunnen. Abbildung 13: Denkmalgeschützte Gebäude im Stadtteil Grünwettersbach Des Weiteren werden von Seiten des Denkmalschutzes folgende Gebäude als erhaltenswert eingeschätzt:  Am Steinhäusle 6, Hofanlage  Am Steinhäusle 13, Hofanlage  Am Steinhäusle 13a, Hofanlage  Am Wetterbach 2, Fabrikgebäude  Am Wetterbach 18, Wohngebäude  Am Wetterbach 43, Gasthaus  Am Wetterbach 45, Hofanlage  Am Wetterbach 71, Hofanlage  Reikertstraße 1, Wohnhaus  Zur Ziegelhütte 4, Hofanlage  Zur Ziegelhütte 8, Hofanlage Von Seiten der Denkmalpflege sollte die Sanierung so gestaltet werden, dass die historisch gewachsenen Strukturen von Grünwettersbach erhalten bleiben und Neubauten sich in das vorhandene Ortsbild im Hinblick auf Trauf- und Firsthöhen, Geschossigkeiten, Dachneigungen und die Gebäudestellung einfügen, ohne den historisch gewachsenen Charakter zu über- formen. Bei Veränderung des Erscheinungsbildes der Kulturdenkmale ist nach der vorherigen Abstimmung mit dem Land- ratsamt für Denkmalpflege eine denkmalrechtliche Genehmigung erforderlich. STADTPLANUNGSAMT | 23 Archäologische Denkmalpflege Innerhalb des Untersuchungsgebietes ist zudem ein archäologischer Prüffall im Gebiet betroffen: Hierbei handelt es sich um den „Etter des mittelalterlichen Dorfes Grünwettersbach“ (Prüffall; Listennr. MA 1). Das heißt, dass für den ausgewiesenen historischen Ortsbereich muss der Denkmalbestand im Einzelfall noch geprüft werden. Flächige Baumaßnahmen in den auf- geführten Bereichen bedürfen – sofern nicht tiefgreifend gestört – der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Geplante Maßnahmen sollten frühzeitig zur Abstimmung bei der Archäologischen Denkmalpflege eingereicht werden. Für die weiteren Planbereiche wird auf die Regelungen beim Antreffen bislang unbekannter Kulturdenkmale gemäß §§ 20 und 27 DSchG hingewiesen. Das bedeutet, dass bei archäologischen Funden oder Befunden gemäß § 20 DSchG die Denk- malschutzbehörde(n) oder Gemeinde umgehend zu benachrichtigen sind und bis zum Ablauf des vierten Werktages nach der Anzeige in unverändertem Zustand zu erhalten sind. Abbildung 14: Etter des mittelalterlichen Dorfers Grünwettersbach (Quelle: Landesamt für Denkmalpflege) 24 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG 2.1.8 GEBÄUDEZUSTAND Der Gebäudezustand wurde Anfang des Jahres 2015 durch eine Übersichtsbegehung anhand der äußeren Inaugenschein- nahme aufgenommen. Die Erfassung und Beurteilung des Gebäudezustandes schafft in der Analyse wesentliche Fakten zur Einschätzung der Sanie- rungserfordernis. Beurteilt wurde der äußere Gebäudezustand der Haupt- und Nebengebäude (Scheunen, Schuppen und Wirtschaftsgebäude). Die Gebäudemängel wurden in fünf unterschiedliche Kategorien unterteilt. Kategorie I Neubau oder vollständig renoviertes Altgebäude: Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen nicht erforderlich. Kategorie II Altgebäude mir geringfügigen Mängeln: geringfügige Maßnahmen in Zusammenhang mit Modernisierung erforderlich. Kategorie III Altgebäude mit teilweise erheblichen Mängeln (ältere Doppelfenster, geringe Schäden im Fassadenbereich, in Anstrich und Dachhaut): Instandsetzung-/Modernisierungsmaßnahmen mittlerer Intensität erforderlich. Kategorie IV Altbau mit erheblichen substantiellen Mängeln (Einfachverglasung, erhebliche Schäden an Fassade, Dachhaut, Dachrinne und Kamin, erkennbare Schäden an Mauerwerk/Fachwerk): umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erforderlich. Kategorie V Abgängige Gebäudesubstanz, Erhalt absehbar wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Nach der festgesetzten Mängelkategorie ist bei der Kategorie III-V mit Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwand in größerem Umfang zu rechnen. Hierbei wurde der energetische Aspekt nicht berücksichtigt. KATEGORIE GEBÄUDEANZAHL RELATIV I 10 3% II 166 52% III 91 28% IV 39 12% V 14 4% Bewertete Gebäude insgesamt 320 100% Quelle: Eigene Erhebung STADTPLANUNGSAMT | 25 Zusammenfassend können folgende Aussagen getroffen werden: Innerhalb des Plangebietes weisen über die Hälfte der Gebäude (55 Prozent) keine oder geringfügige Mängel auf. Sie unter- liegen der Kategorie I beziehungsweise II. Bei den Gebäuden der Kategorie III und IV ist mit mittlerem bis hohem Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwand zu rechnen. Davon sind 130 Gebäude betroffen. Dies bedeutet, dass rund 40 Prozent des bewerteten Bestandes bei einer In- standsetzung oder Modernisierung des Gebäudes mit relativ hohen Kosten verbunden sind. Vier Prozent der Haupt- und Nebengebäude weisen so große Schäden auf, dass der Erhalt dieser Gebäude zu prüfen ist. Die- se sind der Kategorie V zugeordnet. Von der Kategorie V sind vor allem Schuppen und Scheunengebäude, sowie leerstehen- de Wohn- und Geschäftshäuser betroffen. Die Ergebnisse der äußeren Inaugenscheinnahme decken sich im Vergleich weitestgehend auch mit der Einschätzung der Ei- gentümer im Zuge der Eigentümerbefragung. In deren Rahmen lag die Einschätzung schwerwiegender Mängel bei 2,9 Pro- zent (vgl. Kategorie V) und deutlicher Mängel bei 13 Prozent (vgl. Kategorie IV). 2.1.9 NUTZUNGSSTRUKTUR/SOZIALE INFRASTRUKTUR Das Untersuchungsgebiet wird in der Summe vorrangig durch die Wohnfunktion und die begleitenden Infrastrukturangebote (Nahversorgung, soziale Infrastruktur) charakterisiert. Eine gemischte Nutzung im Sinne eines Dorfgebietes (Wohnen, Einzel- handelsangebote, Dienstleistung, Gewerbe, Gastronomie, landwirtschaftlicher Nebenerwerb) existiert vor allem im Kontext der Ortsdurchfahrt in der Straße Am Wetterbach/Wiesenstraße. Im Kreuzungsbereich Am Wetterbach/Zur Ziegelhütte ist im Süden des Untersuchungsgebietes ein relativ dichtes Angebot an Nahversorgung beziehungsweise Dienstleistungen ansässig. Eine Metzgerei, eine Bäckerei, eine Eisdiele, ein Imbiss, ein Op- tiker, die Sparkasse sowie das sogenannte Nahversorgungszentrum befinden sich in diesem Bereich. In dem Nahversor- gungszentrum sind weitere Einzelhändler und Dienstleistungen (Änderungsschneiderei, Blumenladen, Boutique, Kleintierfut- ter, Post, Zeitungen, Solarium, Fernsehreparatur) vertreten. Ein mobiler Marktstand mit Obst und Gemüse steht zudem zweimal in der Woche zwischen den Häusern Zur Ziegelhütte 2 und Wiesenstraße 1. Abbildung 15: Nahversorgungszentrum im Süden des Untersuchungsgebietes Weitere Angebote bezüglich der Nahversorgung im Untersuchungsgebiet im Verlauf der Ortsdurchfahrt sind ein Bioladen, eine Bäckerei/Konditorei, ein Schreibwarenladen, eine Apotheke und ein Wollladen. Eine Grundversorgung ist in der Summe gewährleistet, wenngleich der südliche Teil des Untersuchungsgebietes deutlich besser versorgt ist als der nördliche Teil mit dem Unterdorf. 26 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Im Bereich des Ortskerns befindet sich das heutige Rathaus. Auf der gegenüberliegenden Seite der Ortsdurchfahrt hat die Polizei ihre Dienststelle. Private Dienstleistungen (Friseursalon, Arztpraxen, Büros, Versicherungen, mobile Transporte sowie handwerkliche Betriebe) haben sich vor allem an der Hauptstraße Am Wetterbach angesiedelt. In der Summe existieren jedoch auch viele Leerstände vor allem in der Erdgeschosszone der Ortsdurchfahrt Am Wetterbach. Hier sind unter anderem auch einige gastronomische Einrichtungen nicht mehr existent und stehen nun leer. Nach dem Umzug der Grundschule in die Heinz-Barth-Schule in der Esslinger Straße wurde die ehemalige Heinz-Barth- Schule zum Schuljahresbeginn im Juli 2010 geschlossen. Das historische Grundschulgebäude steht seitdem ebenfalls leer. Im Ärztehaus in der Busenbacher Straße sind ein Arzt und eine Ärztin für Allgemeinmedizin sowie eine Frauenärztin ansäs- sig. Sowohl in der Wiesenstraße als auch in der Straße Am Wetterbach gibt es eine Zahnarztpraxis. Auch eine Physiotherapiepraxis befindet sich in der Straße Am Wetterbach. Eine Tierärztin für Kleintiere hat ihre Praxis neben dem Ärztehaus in der Busenbacher Straße. Eine Apotheke findet sich an der Kreuzung Am Wetterbach/Busenbacher Straße. Im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach existieren derzeit keine spezifischen Angebote für Seniorinnen und Senioren. 400 Meter südlich des Untersuchungsgebietes wurde 2009 die Seniorenresidenz am Wettersbach (Am Wiesenacker/ Wiesenstraße) gebaut. Im Hinblick auf die Betreuung von Kindern findet sich angrenzend an das Untersuchungsgebiet der Evangelische Kindergar- ten in der Horfstraße. Diesen kann man vom Lindenplatz über einen Fußweg erreichen. Kirchliche Einrichtungen bestehen mit der evangelischen Kirche und dem Gemeindehaus im historischen Ortskern sowie der evangelisch-methodistischen Kirche am Lindenplatz. Der Verein ASV (Allgemeiner Sportverein) hat seinen Standort im Untersuchungsgebiet an der Straße Im Rodel und bietet ein vielseitiges Sportangebot an. In der Sporthalle mit angrenzender Vereinsgaststätte finden viele Aktivitäten für den Breiten- sport statt. Folgende Abteilungen sind vertreten:  Fußball (Frauen/Mädchen, Freizeit)  Tischtennis  Jugend (Tanzen/Kinderturnen/Mutter-Vater-Kind-Turnen)  Freizeit  Fitness  Gesundheitssport Auch das Laientheater D‘Wedderschbacher Kug’lbire-Biehn nutzt die Räumlichkeiten des ASV für Proben und Aufführungen. STADTPLANUNGSAMT | 27 2.1.10 ÖFFENTLICHE RÄUME/FREIRÄUME Die freiraumplanerische Grundstruktur definiert sich über die öffentlichen Räume einerseits aus der Siedlungsstruktur heraus, andererseits definiert das Landschaftselement des Wettersbachs eine freiraumplanerische Gebietsprägung:  Der Wettersbach, der seinen Ursprung in Palmbach hat, fließt als lineares Freiraumelement von Süden nach Norden durch den Stadtteil Grünwettersbach. In seinem Verlauf bildet der nur teilweise wasserführende Bach eine wichtige freiraumplanerische Zäsur innerhalb der Siedlungsstruktur und besitzt insbesondere im Abschnitt zwischen dem ASV und der Bachgasse beziehungsweise auch im weiteren Verlauf auf der Ostseite Im Löhl einen ablesbaren bachbeglei- tenden Freiraum. Dieser ist auf der Westseite des Bachlaufs durch private Gärten und Freiflächen geprägt, die Ostsei- te wird zwischen Bachlauf und der Wege Im Rodel/Im Löhl durch eine durchaus steile Hanglage charakterisiert, wel- che teils landwirtschaftlich genutzt wird (Weidefläche), teils brach liegt. In der Summe besitzt dieser Freiraum wichti- ge Freiraumfunktionen: Kleinklimatisch bildet er einen Ausgleichsraum für die angrenzenden, teils historisch stark verdichteten Siedlungsstrukturen und beinhaltet gewässerökologisch Wert gebende Vegetationsstrukturen. Der Frei- raum ist im Sinne der Erholungsnutzung zwar derzeit nicht allgemein zugänglich, er bildet aber dennoch einen wich- tigen grünordnerischen Beitrag zur Erlebbarkeit des Ortskerns. Im Süden des Untersuchungsgebietes wie auch nach der Querung der Ortsdurchfahrt ist der Bachlauf des Wettersbachs hingegen stark in seinem Verlauf eingeengt, be- ziehungsweise läuft verdohlt.  Die durch den gut strukturierten Freiraum geprägte Hanglage setzt sich auf der Ostseite des Wettersbachs als Frei- raum entlang der Wegeverbindung Im Löhl nach Norden in Richtung der Hohenwettersbacher Straße fort. Er bildet mit der Wegebeziehung eine attraktive Panoramasituation aus. An der Wegeverbindung findet sich ein kleinteiliges Kinderspielangebot. Abbildung 16: Freiraum entlang des Wettersbachs  Öffentliche Freiräume liegen entlang der Ortsdurchfahrt und markieren hier wichtige Zäsuren in der Linearität des Straßenraums: Im Süden des Untersuchungsgebietes liegt mit den Vorfeldern vor dem Nahversorgungszentrum und der Metzgerei ein platzartiger Raum. Er wird zwar durch die Ortsdurchfahrt zerschnitten und bildet nachhaltige Defizi- te in der Aufenthaltsqualität, markiert aber in der Summe den Auftakt der eigentlichen Ortsdurchfahrt.  Einen weiteren Freiraum bildet das Vorfeld am Kreuzungspunkt mit der Busenbacher Straße, welches jedoch derzeit über den Zugang zur Apotheke hinaus keine Nutzungsfunktion besitzt.  Der Lindenplatz bildet in der Abfolge der Ortsdurchfahrt den nächsten Freiraum. Es besitzt jedoch durch seine Hoch- lage kaum eine visuelle Wirkung auf den Straßenraum und weist auch aufgrund der Randbelastungen durch die Orts- durchfahrt, fehlender Nutzungsangebote und fehlender randlicher Nutzungen große Defizite in seiner Qualität als öf- fentlicher Raum auf. 28 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Abbildung 17: Der Lindenplatz  Das Umfeld des Rathauses und der Kirchstaig bilden im Bereich des historischen Ortskerns wichtige öffentliche Räu- me, die einen steinernen Charakter besitzen und durch die Kraft der angrenzenden historischen Gebäude wirken. Der Freiraum der evangelischen Kirche bildet zudem „on top“ im Ortskern einen prägenden Charakter aus.  Schließlich besitzt auch das Alte Schulhaus an der Straße Zur Dorfwies mit seinem baumbestandenen ehemaligen Schulhof einen prägenden Freiraum.  Private Freiräume befinden sich neben den dem Bachlauf zugeordneten Freiflächensituationen auch in der rücklie- genden Hanglage zwischen der Ortsdurchfahrt und der Horfstraße sowie in den Blockinnenräumen zwischen Busen- bacher Straße und der Ortsdurchfahrt, außerdem zwischen der Straße Zur Ziegelhütte und der Reickertstraße.  Wichtige angrenzende Freiräume stellen der Friedhof an der Heidenheimer Straße sowie das Umfeld um das evangeli- sche Gemeindehaus an der Straße Am Steinhäusle dar: Beide vermitteln zwischen dem historischen Ortskern und den angrenzenden Landschaftsräumen (steile Hanglage des Nordschwarzwaldrands und Höhenzug). 2.1.11 ERSCHLIESSUNGSSTRUKTUR MOTORISIERTER INDIVIDUALVERKEHR (MIV) Der Stadtteil Grünwettersbach ist über die L 623 an das übergeordnete Straßennetz angeschlossen. Anschlüsse an die A 8 bestehen an der Anschlussstelle Karlsbad-Langensteinbach und an die B 3 in Wolfartsweier. Die L 623 weist als eine der Haupterschließungsachsen der Karlsruher Höhenstadtteile und des Rands des Nordschwarzwalds eine hohe Verkehrsbelas- tung von circa 11.000 Fahrzeugen/Tag (Zählung aus dem Jahr 2013) auf. Der Schwerlastanteil liegt mit circa vier bis fünf Prozent auf einem durchschnittlichen Niveau, belastet jedoch die Ortsdurchfahrt der Straßen Am Wetterbach und Wiesen- straße in hohem Maße. In Verkehrsspitzenzeiten ist bereits heute die Kapazitätsgrenze der Ortsdurchfahrt erreicht; es herrscht ein Kolonnenverkehr durch den Stadtteil Grünwettersbach. Auch ist der Querschnitt der Ortsdurchfahrt in ihrem zentralen Abschnitt zwischen historischem Ortskern und Nahversorgungszentrum aufgrund der historischen Randbebauung nur eingeschränkt für den Begegnungsfall LKW-LKW ausgelegt und Fahrzeuge müssen in diesem Fall die volle Straßenbreite mit entsprechenden kritischen Auswirkungen auf die schmalen parallelen Gehwege in Anspruch nehmen. Die L 623 ist zudem aufgrund ihrer Parallellage zur A8 und fehlender alternativer Straßenzüge trotz der Enge der Ortsdurch- fahrten von Grünwettersbach und Palmbach als Bedarfsumleitung für die A 8 ausgeschildert. Hier kommt es in Ausnahme- fällen (Unfallsituation, baustellenbedingte Umleitungen) zu weiteren Spitzenbelastungen, die häufig den Verkehr innerhalb der Ortsdurchfahrt kollabieren lassen. Neben der L 623, die Grünwettersbach mit Palmbach und Wolfartsweier verbindet, besteht mit der K 9652 eine weitere Querverbindung nach Hohenwettersbach. Auch diese Kreisstraße weist in ihrem Abschnitt im Untersuchungsgebiet (Hohen- wettersbacher Straße) Defizite in ihrem Querschnitt auf, welche jedoch durch die angrenzende Siedlungsstruktur bedingt und letztlich nicht änderbar sind. STADTPLANUNGSAMT | 29 In den weiteren innerörtlichen Straßenzügen übernimmt die Straße Am Steinhäusle eine wichtige Erschließungsfunktion für die oberhalb des historischen Ortskern gelegenen Wohnflächen und weist aufgrund des Querschnitts und der Lage im histo- rischen Ortskern wie auch durch die Topografie Defizite in der Verkehrsabwicklung auf. Ebenso übernehmen die Pfeilerstra- ße, die Busenbacher Straße, die Straße Zur Ziegelhütte und die Reickertstraße Erschließungsfunktion für angrenzende Wohnbauflächen, sind jedoch in ihren Querschnitten deutlich leistungsfähiger. 2.1.12 ERSCHLIESSUNGSSTRUKTUR UMWELTVERBUND Fußwegenetz Das Fußwegenetz im Untersuchungsgebiet ist weiterhin stark durch den Verlauf der Ortsdurchfahrt und die historische Sied- lungsstruktur geprägt: So liegt weiterhin der Schwerpunkt der Fußwegbeziehung auf einer Nord-Süd-Richtung, während Ost- West-Beziehungen nur untergeordnet vorhanden sind. Die Fußwegebeziehung zwischen dem historischen Ortskern und dem Nahversorgungszentrum entlang der Ortsdurchfahrt Am Wetterbach ist in der Ausgangssituation durch die starke Verkehrsbelastung und durch eine sehr geringe Dimension der Gehwege geprägt. Zum Teil existieren deutliche Engstellen (beispielsweise im Vorfeld zwischen Einmündung Busenbacher Straße und Zur Ziegelhütte auf der Ostseite), die es für Fußgänger mit Kinderwagen oder Rollatoren unmöglich machen, den Gehweg zu benutzen. Aufgrund der notwendigen Fahrbahnquerschnitte innerhalb der Ortsdurchfahrt und der flankierenden Bebauung ist jedoch keine Verbesserung der Fußwegesituation entlang der Straße Am Wetterbach möglich. Abbildung 18: Fußwege im Bereich der Ortsdurchfahrt Vor diesem Hintergrund spielen Wegeverbindungen in zweiter Reihe eine wichtige Rolle als alternative Wegebeziehungen abseits der Ortsdurchfahrt. In diesem Sinne wurde die Fußwegesituation in zweiter Reihe entlang des Wettersbachs erst in jüngster Vergangenheit deutlich erweitert und führt derzeit von der rückwärtigen Parkierung hinter dem Gasthaus Adler bis zur Bachgasse. Eine barrierefreie/barrierearme Weiterführung in Richtung Nahversorgungszentrum ist jedoch nicht vorhan- den. Stattdessen führt die Fußwegebeziehung weiter über eine steile Treppenanlage bergauf zur der Fußwegebeziehung Im Ro- del. Hier existiert in der Höhenlage über dem Wettersbach eine Fußwegeverbindung zwischen der Hohenwettersbacher Stra- ße und der Straße Zur Ziegelhütte („Panoramaweg“). Eine direkte Querverbindung zwischen der Siedlungsstruktur östlich des Wettersbachs und der Ortsdurchfahrt ist außerhalb der Bachgasse nicht vorhanden. Auf der Westseite der Ortsdurchfahrt stellen sich fußläufige Verbindungen strukturell besser dar: Hier existieren Fußwege zwischen der Horfstraße und dem Lindenplatz (fehlende Fortführung nach Osten) wie auch von der Horfstraße herunter zum Pfeilerweg und weiter zur Baumgasse. Auch der Kirchstaig bildet eine wichtige fußläufige Verbindung hangaufwärts von der Bushaltestelle an der Ortsdurchfahrt in Richtung der Wohnbauflächen der oberen Hanglage. 30 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Radwegenetz Innerhalb der Ortslage von Grünwettersbach existieren keine separaten Radwegestrecken, der Radverkehr wird auf dem vor- handenen Straßennetz abgewickelt. Das führt insbesondere im Bereich der Ortsdurchfahrt aufgrund der vorhandenen Ver- kehrsbelastung zu Problemsituationen. Während in Richtung Palmbach eine gute Radwegeanbindung vorhanden ist, existiert von Grünwettersbach aus keine gesi- cherte Radwegeverbindung hangabwärts in Richtung Wolfartsweier, was zu weiteren Verkehrssicherheitsproblemen führt. Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) Grünwettersbach ist sehr gut an das Netz des KVV angeschlossen: Es bestehen Busverbindungen zum Zündhütle (Straßen- bahnhaltestelle), zum Hauptbahnhof, nach Durlach sowie nach Waldbronn und Langensteinbach.  Buslinie 47 nach Wolfartsweier – Zündhütle – Hauptbahnhof  Buslinie 27 nach Durlach beziehungsweise Wolfartsweier Zündhütle  Buslinie 47 nach Palmbach – Stupferich beziehungsweise Waldbronn Ermlisgrund  Buslinie 27 nach Palmbach und teilweise Waldbronn Ermlisgrund  Buslinie 118 nach Palmbach – Langensteinbach Bahnhof – Langensteinbach Schulzentrum Abbildung 19: Busliniennetz in den Karlsruher Höhenstadtteilen Quelle: KVV Schienengebundener Anschluss Grünwettersbach ist derzeit nicht unmittelbar an das Karlsruher Stadtbahnnetz angebunden. Der nächste schienengebunde- ne Anschluss existiert in Wolfartsweier am Zündhütle. Im Verkehrsentwicklungsplan 2012 ist vorgesehen, langfristig auch die Karlsruher Höhenstadtteile an das Stadtbahnnetz anzubinden, wofür jedoch noch die technische und wirtschaftliche Machbarkeit geprüft werden muss. Als Trassenführung innerhalb des Untersuchungsgebietes ist die Ortsdurchfahrt Am Wet- terbach/Wiesenstraße im Fokus. STADTPLANUNGSAMT | 31 2.2 ERGEBNISSE AUS DER BETEILIGUNG 2.2.1 ERGEBNISSE DER EIGENTÜMERBEFRAGUNG Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen im geplanten Sanierungsgebiet Grünwettersbach wurde von Seiten des Amts für Stadtentwicklung eine Befragung der Eigentümer im Untersuchungsgebiet der vorbereitenden Untersuchungen durchgeführt. Ziel war die Abfrage des Zustands der Gebäude und der Mitwirkungsbereitschaft im Zuge der Sanierungsmaß- nahme. Im Rahmen der Eigentümerbefragung wurden insgesamt 217 Eigentümerinnen und Eigentümer beziehungsweise Eigentü- mergemeinschaften angeschrieben und mittels Fragebogen um Auskunft zum Zustand ihrer Gebäude beziehungsweise Wohnungen gebeten. Öffentliche Gebäude wie Schulen, Kirchen, Rathaus und so weiter gingen nicht in die Untersuchung ein. Hierzu erfolgte eine schriftliche Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Die Eigentümer haben pro Objekt einen Fra- gebogen erhalten. Eigentümer mit mehreren Eigentumswohnungen in einem Gebäude haben folglich nur einen Fragebogen bekommen. Eigentümer mit Eigentumswohnungen in verschiedenen Gebäuden haben pro Objekt einen Fragebogen erhal- ten. Insgesamt wurden 235 Fragebögen verschickt. Die 163 ausgefüllten Fragebögen (Rücklaufquote 69,4 Prozent) liefern Informationen zu 149 Gebäuden. Das entspricht ei- nem Anteil von 76 Prozent aller in die Untersuchung eingegangenen Gebäude im Gebiet. Ein erstes Zeichen für eine hohe Mitwirkungsbereitschaft im weiteren Verfahren. Gebäudealter und Gebäudegröße Die Differenzierung der Wohngebäude nach Baualtersklassen belegt den hohen Anteil älterer Gebäude: Knapp die Hälfte (47,2 Prozent) der in die Auswertung eingegangenen Gebäude wurde vor 1949 fertiggestellt, 37,3 Prozent sogar vor 1918. Im Stadtteil sowie in der Gesamtstadt sind diese Anteile deutlich geringer: In Grünwettersbach insgesamt wurden laut Gebäude- und Wohnungszählung 2011 nur 11,9 Prozent der Gebäude vor 1949 errichtet, 6,8 Prozent vor 1919. Der Anteil der nach 1994 fertiggestellten Gebäude beträgt im Untersuchungsgebiet insgesamt 12,7 Prozent. Nur 3,5 Prozent der Wohngebäude wurden 2003 oder später errichtet. Die Baustruktur ist geprägt von Ein- und Zweifamilienhäu- sern. Bei den erfassten Gebäuden handelt es sich überwiegend um Gebäude mit einer Wohnung (54,1 Prozent). Etwa ein Viertel (26,7 Prozent) der in die Untersuchung eingegangenen Gebäude besitzt zwei Wohnungen, 13 Prozent der Gebäude umfas- sen nach Angaben der Eigentümer drei Wohnungen. Vier Wohnungen und mehr weisen 6,2 Prozent der Gebäude auf. 32 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Abbildung 20: Auswertung der Frage: Wie viele Wohnungen befinden sich auf Ihrem Anwesen? Basis 146/196 Anwesen im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach, Quelle Amt für Stadtentwicklung Kaltmiete Angaben zur Kaltmiete liegen aus der aktuellen Befragung nicht zuletzt aufgrund des hohen Anteils selbst genutzter Immo- bilien nur für 50 Gebäude vor. Diesen Angaben zufolge beträgt die Kaltmiete in 21,6 Prozent der Fälle unter 5 Euro pro Quadratmeter. In 29,4 Prozent der Gebäude werden die Wohnungen für 5 bis unter 6 Euro pro Quadratmeter vermietet. In weiteren 29,4 Prozent liegt die Kaltmiete zwischen 6 bis unter 7 Euro pro Quadratmeter. Über 7 Euro pro Quadratmeter ver- langen Eigentümer in 19,6 Prozent der Gebäude. Im Durchschnitt muss man demnach im Untersuchungsgebiet mit einer Kaltmiete von knapp 6 Euro pro Quadratmeter rechnen. Im Vergleich liegt in Karlsruhe der durchschnittliche Nettokaltmiet- preis bei 6,41 Euro je Quadratmeter für Wohnungen und 7,97 Euro je Quadratmeter für Einfamilienhäuser.1 Gebäudezustand und Ausstattung Nach Einschätzung der Eigentümerinnen und Eigentümer weisen 70,3 Prozent der in die Auswertung eingegangenen Ge- bäude Mängel auf. Überwiegend sind dies geringe Mängel (54,4 Prozent), bei 13 Prozent handelt es sich um deutliche Mängel. Schwerwiegende Mängel verzeichnen 2,9 Prozent der Gebäude. Knapp ein Drittel (29,7 Prozent) der Gebäude hat nach Einschätzung ihrer Eigentümer keine Mängel. Die Einschätzung der Eigentümer liegt damit im Hinblick auf schwerwiegende Mängel und deutliche Mängel auf einem ähn- lichen Level wie die planerische Einschätzung der Gebäude nach äußerer Inaugenscheinnahme. 1 Bei den Nettokaltmietpreisen handelt es sich um rechnerische Mittelwerte auf Basis des Mietspiegels 2015. STADTPLANUNGSAMT | 33 Abbildung 21: Auswertung der Frage: Wie schätzen Sie selbst den Zustand Ihres Gebäudes ein? Basis 146/196 Anwesen im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach, Quelle Amt für Stadtentwicklung Stellplätze Die meisten Gebäude verfügen entsprechend ihrer Wohnungsanzahl über einen Stellplatz (28,2 Prozent) oder über zwei Stellplätze (36,3 Prozent). Drei eigene Stellplätze besitzen 15,3 Prozent der Anwesen. Jeweils unter 5 Prozent der Gebäude haben vier oder mehr Stellplätze. Lediglich 1,6 Prozent der Gebäude können nach Angabe der Eigentümer keinen Stellplatz vorweisen. Abbildung 22: Auswertung der Frage: Wie viele PKW-Stellplätze sind auf dem Grundstück vorhanden? Basis 124/196 Anwesen im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach, Quelle Amt für Stadtentwicklung 34 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Sanitärausstattung Im Sanitärbereich verfügen die Wohngebäude im Untersuchungsgebiet ganz überwiegend über WCs sowie Badewanne und/oder Dusche. Lediglich in 2,7 Prozent der Gebäude verfügen die Wohnungen nach Eigentümerangaben nur teilweise über WCs. Ähnlich fallen die Ergebnisse für das Ausstattungsmerkmal Badewanne oder Dusche aus: In 95,2 Prozent der Ge- bäude befinden sich in den Wohnungen Badewanne oder Dusche. 3,4 Prozent der Gebäude besitzt zumindest teilweise Ba- dewanne oder Dusche in den Wohnungen. Lediglich in zwei Gebäuden (1,4 Prozent) geben die Eigentümer Wohnungen oh- ne Badewanne und Dusche an. In rund einem Viertel (21,9 Prozent) der Gebäude sind die Badezimmer mindestens 25 Jahre alt. In 12,5 Prozent der Gebäu- de wurden die Badezimmer zuletzt vor mindestens 35 Jahren modernisiert. Umgekehrt gibt es auch einen hohen Anteil an Gebäuden mit umfassend modernisierten Bädern: Den Eigentümerangaben zufolge sind die Badezimmer in 23,4 Prozent der Anwesen innerhalb der letzten fünf Jahre instandgesetzt und modernisiert worden. Etwa fünf bis zehn Jahre zurück liegt die Sanierung der Badezimmer in 12,5 Prozent der Gebäude. Ein Modernisierungsalter von 10 bis 15 Jahren verzeichnen 15,6 Prozent der Anwesen. Zu etwa 14 Prozent der in die Auswertung eingegangenen Gebäude wurde die Frage nach der letzten Badmodernisierung nicht beantwortet – entweder, weil die Eigentümer hierzu keine Aussage machen können oder aber weil diese Bäder seit Gebäudeerstellung nicht modernisiert wurden. Fenster Die Fenster weisen sehr unterschiedliche Altersklassen auf – Informationen hierzu liegen für 136 Gebäude vor. Bei den ver- bleibenden 13 Gebäuden ist davon auszugehen, dass die Fenster dem Gebäudealter entsprechen. 8,1 Prozent der Gebäude haben Fenster, die neuartig/jünger als fünf Jahre sind. Die Fenster knapp jedes zehnten Gebäudes (9,6 Prozent) sind fünf bis unter zehn Jahre alt. Etwas älter, 10 bis unter 15 Jahre, sind die Fenster in 11,8 Prozent der untersuchten Anwesen. Laut Auskunft der befragten Eigentümer beträgt das Alter der Fenster in 12,5 Prozent der Gebäude 15 bis unter 20 Jahre. Über die Hälfte (58,1 Prozent) aller in die Auswertung eingegangenen Anwesen haben jedoch Fenster, die 20 Jahre und älter sind. Heizungsarten Bei der Frage nach der überwiegenden Heizungsart wurden für einzelne Gebäude mehrere Angaben gemacht, so dass die Gesamtsumme über 100 Prozent beträgt. Die meisten Gebäude im Untersuchungsgebiet sind den Angaben zufolge mit einer Zentralheizung (84,6 Prozent) ausgestattet. Diese werden überwiegend mit Öl (51 Prozent) betrieben, gefolgt von Gas (20,8 Prozent) und Strom (8,7 Prozent). Rund jedes zehnte Gebäude (10,1 Prozent) wird mit sonstigen Energieträgern wie Pellets oder Holz beheizt. Etwa jedes fünfte Gebäude (19,5 Prozent) weist laut Auskunft der Eigentümer Einzel- oder Mehrraumöfen (auch Nachtspei- cherheizung) auf. Damit liegt im Untersuchungsgebiet der Anteil der Gebäude mit Einzel- und Mehrraumöfen deutlich höher als in Grünwettersbach insgesamt (11,7 Prozent) beziehungsweise der Gesamtstadt (8,5 Prozent). Fern- und Nahwärme spielen in Grünwettersbach zur Wärmegewinnung keine Rolle. 1,3 Prozent der Eigentümer geben an, im Gebäude oder in den Wohnungen keine Heizung zu haben. Da diese Eigentümer gleichzeitig jedoch Zentralheizung als überwiegende Heizungsart genannt haben, könnte es sich dabei um nicht an die Heizung angeschlossene Nebengebäude handeln. STADTPLANUNGSAMT | 35 Abbildung 23: Auswertung der Frage: Welches ist die überwiegende Heizungsart im Gebäude? Basis 149 Gebäude/196 Anwesen im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach, Quelle Amt für Stadtentwicklung Wärmedämmung Die Wärmedämmung betreffend weisen einige Gebäude Modernisierungspotential auf: Mehr als ein Viertel (26,8 Prozent) der 142 in die Auswertung eingegangenen Wohngebäude hat nach Angabe der Eigentümer keine Wärmedämmung. Ein Großteil der Gebäude ist jedoch im Dachbereich isoliert (69,7 Prozent), gefolgt von einer Wärmedämmung der Fassade zum Hof (29,6 Prozent) und zur Straße (24,6 Prozent). Eine Wärmedämmung im Kellerbereich (Boden, Decken, Außenwände) weisen 11,3 Prozent der Gebäude auf. Abbildung 24: Auswertung der Frage: Welche Teil der Gebäude mit Wohnnutzung sind mit einer Wärmedämmung versehen? Basis 142/196 Anwesen im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach, Quelle Amt für Stadtentwicklung 36 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Modernisierungsabsichten/Mitwirkungsbereitschaft In knapp der Hälfte der in die Auswertung eingegangenen 142 Gebäude (51,4 Prozent) planen die Eigentümer in den nächs- ten Jahren Modernisierungen oder Instandsetzungen. Ähnlich hoch ist mit 47,8 Prozent der Anteil der Gebäude, für die die Eigentümerinnen und Eigentümer Interesse an einer Bezuschussung von Wohnraummodernisierungsmaßnahmen kundtun. Abbildung 25: Auswertung der Frage: Haben Sie grundsätzlich Interesse, die im Rahmen des Sanierungsverfahrens mögliche Bezuschussung von Wohnraum-Modernisierungsmaßnahmen zu nutzen und Erneuerungsmaßnahmen an Ihren/Ihrem Anwesen durchzuführen? Basis 136/196 Anwesen im Untersuchungsgebiet Grünwettersbach, Quelle Amt für Stadtentwicklung Die an 73 Gebäuden vorgesehenen Erneuerungen betreffen vor allem die Heizungen und die Fenster (jeweils 39,7 Prozent) sowie die Wärmedämmung des Dachs (32,9 Prozent) und der Fassade (23,3 Prozent). In 17,8 Prozent der für eine Moderni- sierung vorgesehenen Gebäude sollen Maßnahmen zur Nutzung regenerativer Energien durchgeführt werden. Die weiteren geplanten Erneuerungen betreffen die Wärmedämmung im Kellerbereich (11 Prozent) sowie die Elektroinstallationen (8,2 Prozent). Für annähernd ein Drittel (30,1 Prozent) der 73 Gebäude sind sonstige Modernisierungsmaßnahmen vorgese- hen, wie beispielsweise Erneuerung der Badezimmer oder der Bereiche Hof/Garage/Abstellplatz. Nur für 19 Prozent der Gebäude können sich die Eigentümer vorstellen, Modernisierungsmaßnahmen gemeinsam mit ande- ren Eigentümern durchzuführen. STADTPLANUNGSAMT | 37 2.2.2 ERGEBNISSE DER BETEILIGUNG DER TRÄGER ÖFFENTLICHER BELANGE Im Zuge der vorbereitenden Untersuchungen wurde gem. § 139 BauGB eine Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchgeführt. Die Ergebnisse finden sich tabellarisch aufgearbeitet in der Anlage der vorbereitenden Untersuchungen. Die Inhalte der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sind in die vorbereitenden Untersuchungen im Rahmen der Darstel- lung der Analyse, aber auch im Kontext der Beschreibung der Maßnahmen des Neuordnungskonzepts eingeflossen. Folgen- de Aspekte sind (auszugsweise) von wesentlicher Bedeutung:  Bedenken der Verkehrsbetriebe Karlsruhe hinsichtlich einer weiteren Temporeduzierung im Bereich der Orts- durchfahrt vor dem Hintergrund der Sicherung des Bustaktes und möglicher Zusatzaufwendungen bei Einsatz zusätz- licher Fahrzeuge aufgrund längerer Fahrzeiten. Hinweis: In den Maßnahmen ist lediglich eine kleinräumige Erweiterung der Tempo 30-Beschränkung im Vorfeld des Nahversorgungszentrums und damit im Bereich der beiden Bushaltestellen vorgesehen. Bei denen verkehrt der Bus sowieso bereits aufgrund der An- und Abfahrten mit reduzierter Geschwindigkeit.  Hinweis der Verkehrsbetriebe Karlsruhe auf die im Verkehrsentwicklungsplan 2012 vorgesehene neue Stadt- bahnstrecke von Wolfartsweier nach Palmbach und die mögliche Führung über die Straßen Am Wetterbach und Wie- senstraße (Ortsdurchfahrt). Hinweis: An den Querschnitten der beiden Straßenzüge werden keine Veränderungen vorgenommen.  Hinweis der Branddirektion auf eine problemlose Befahrbarkeit der Ortsdurchfahrt für Rettungsfahrzeuge. Hinweis: An den Querschnitten der beiden Straßenzüge werden keine Veränderungen vorgenommen.  Hinweis der Branddirektion: Die Branddirektion führt für den Katastrophenfall zur Sicherstellung erforderlicher Löschwassermengen für die Höhenstadtteile neue Planungen durch. Bei der Neugestaltung des Grünstreifens „Im Löhl“ (hier ist der Grünstreifen am Wettersbach gemeint) könnte aus Sicht der Branddirektion ein Löschwasserteich mit Fassungsvermögen von 150 bis 200 Kubikmeter realisiert werden. Dies soll in der weiteren Planung berücksich- tigt werden.  Hinweis des Umwelt- und Arbeitsschutzes auf notwendige faunistische Untersuchungen im Aspekt des Arten- schutzes im zeitlichen Vorlauf vor jeder Sanierung von Bestandsgebäuden. Darüber hinaus wird auf mögliche Maß- nahmen zur Sicherung des faunistischen Potenzials (Niststeine, Öffnung von Dachstühlen für Fledermäuse und so weiter) hingewiesen.  Hinweis des Umwelt- und Arbeitsschutzes auf bekannte Altlastenverdachtsflächen, Hinweis: Sind im Textteil aufgenommen worden.  Hinweis des Umwelt- und Arbeitsschutzes auf Beachtung des Gewässerrandstreifens entlang des Wettersbachs (Hinweis: Entsprechende Hinweise auf den Gewässerrandstreifen sind in der Beschreibung des Neuordnungskonzepts enthalten) und Hinweis auf notwendige Abstimmung aller Maßnahmen am Gewässer mit ZJD, UA und dem TBA so- wie dem vorhandenen Vorkaufsrecht für Flurstücke im Bereich des Gewässerrandstreifens  Hinweis des Umwelt- und Arbeitsschutzes auf Befürwortung erfolgter und weiterer Geschwindigkeitsreduzierun- gen im Sinne des Lärmschutzes  Hinweis des Umwelt- und Arbeitsschutzes zur Sicherung prägender Freiraumstrukturen und einer Stärkung der Erlebbarkeit des Wettersbachs zur Gestaltung attraktiver Spiel- und Aufenthaltsräume, Hinweis: Entsprechende Maßnahmen sind im Neuordnungskonzept/Maßnahmenplan enthalten 38 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG  Hinweis des Umwelt- und Arbeitsschutzes auf energetische Sanierung sowie die Aufstellung eines Energiekon- zepts Hinweis: Energetische Maßnahmen sind im Zuge einer umfassenden Modernisierung förderfähig. Derzeit ist zudem beabsichtigt, über die die Stadtwerke Karlsruhe zeitnah – sobald eine Förderzusage der Kreditanstalt für Wiederauf- bau (KfW) für das Energetische Quartierskonzept vorliegt – mit der Konzepterstellung für ein energetisches Quartiers- konzept/Nahwärmekonzept zu beginnen.  Hinweis der Denkmalpflege auf die im Untersuchungsgebiete vorhandenen Kulturdenkmale nach § 2/28 DSchG und weitere erhaltenswerte Gebäude, Hinweis: Sind im Neuordnungskonzept/Maßnahmenplan aufgenommen worden.  Hinweis der Denkmalpflege auf einen archäologischen Prüffall („Etter des mittelalterlichen Dorfes Grünwetters- bach“) und Hinweise auf eine frühzeitige Abstimmung bei flächigen Baumaßnahmen, notwendiger denkmalschutz- rechtlicher Genehmigungen und der Sicherung der Fundbergung gem. §§ 20 und 27 DSchG  Hinweis der Denkmalpflege auf die Berücksichtigung der Parzellenstruktur, der Straßenfluchten, der Kubaturen und Dachneigungen der historischen Gebäude wie auch ortsüblicher, handwerklicher Bautraditionen bei der Durchführung der Sanierungsmaßnahme  Hinweis der evangelischen Kirche auf den geplanten Umbau des Gemeindehauses einschließlich Kindertagesstät- te, Hinweis auf Berücksichtigung der Zufahrten und Fußwege im Kontext der Straße Am Steinhäusle  Hinweis des Regierungspräsidiums Karlsruhe auf die Wahl des Sanierungsverfahrens nach § 142 Abs. 4 BauGB (keine Ermessensentscheidung). Die förmliche Festlegung ist nicht mehr anzeigepflichtig, das Regierungspräsidium ist jedoch zu informieren. Hinweis auf genaue Überprüfung der Vollständigkeit der Grundstücke und die Pflicht, in dar- legbarer Weise die Gründe zu prüfen, die die förmliche Festlegung des sanierungsbedürftigen Gebietes rechtfertigen. 2.2.3 ERGEBNISSE DER BETEILIGUNG DER ÖFFENTLICHKEIT Neben der Beteiligung der Eigentümerinnen und Eigentümer fand im Zuge der vorbereitenden Untersuchungen auch eine Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der allgemeinen Öffentlichkeit statt. Hierfür wurden drei Beteiligungs- angebote gemacht, die auf einen durchgängig regen Zuspruch stießen: Zum einen wurde im Vorfeld der Auftaktveranstaltung am Samstag, 24. Januar 2015, ein gemeinsamer Quartiersrundgang angeboten. Ziel war es, gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor Ort erste Eindrücke zu sammeln, Hinwei- se aufzunehmen und eine Eichung der Problemsituation an Ort und Stelle vorzunehmen. An dem Stadtteilrundgang nahmen trotz winterlichen Wetters rund 100 Personen teil. Im Zuge des Rundgangs wurden an mehreren Stationen erste Fragen zu der Ausgangssituation, aber auch zu laufenden Planungen und möglichen Handlungsoptionen beantwortet und erörtert. STADTPLANUNGSAMT | 39 Der Rundgang folgte ausgehend vom Rathaus Grünwettersbach folgender Route:  Treffpunkt Ortsverwaltung  Hauptstraße Am Wetterbach  Lindenplatz  Busenbacher Straße  Altes Schulhaus, Zur Dorfwies  Nahversorgungszentrum  Zur Ziegelhütte  Im Rodel/entlang Wettersbach  Ortsausgang  Kirchstaig , Am Steinhäusle/Baumgasse  Ortsverwaltung Abbildung 26: Route und Impressionen aus dem Quartiersrundgang am 24. Januar 2015 Auf den Quartiersrundgang folgte am 28. Januar 2015 die Auftaktveranstaltung. Ziel war, neben Informationen zum Sa- nierungsverfahren aufbauend auf dem Stadtteilrundgang im Sinne der Analyse und Zielsetzungen Anregungen und Hinweise zu einzelnen Teilbereichen des Untersuchungsgebietes zu sammeln, um auf diese Weise die gemeinsame Basis für die weite- re planerische Bearbeitung zu legen. 40 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Hierbei wurden nach einem ersten planerischen Blick aus der externen Perspektive insgesamt 16 differenzierte Teilbereiche zur Diskussion gestellt:  Teilbereich 1: Nahversorgungsschwerpunkt  Teilbereich 2: Kreuzung Am Wetterbach/Busenbacher Straße  Teilbereich 3: Lindenplatz  Teilbereiche 4 und 5: Umfeld Rathaus/Am Steinhäusle  Teilbereich 6: Umfeld Bushaltestelle Rathaus  Teilbereich 7: Verlauf des Wettersbachs  Teilbereich 8: Ortseingang Nord  Teilbereich 9: Ortsdurchfahrt Grünwettersbach  Teilbereich 10: Bebauung Am Wetterbach nördlich der Bachgasse  Teilbereiche 11 und 13: Freiraum östlich des Wettersbachs und durchgängige Fußwegeverbindung  Teilbereich 12: Städtebauliche Entwicklung in 2./3. Reihe östlich der Ortsdurchfahrt  Teilbereich 14: Ergänzungsbebauung im Bereich der Heidenheimer Straße  Teilbereich 15: Rückwärtige Bebauung Zur Ziegelhütte  Teilbereich 16: Alter Schulstandort In der Summe konnten eine Vielzahl an Anregungen und Hinweisen dokumentiert werden (vgl. auch beiliegendes Protokoll) und es zeigte sich, dass die Analyse der Mängel und Defizite im Untersuchungsgebiet sowohl aus der externen planerischen Perspektive wie auch aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer überaus deckungsgleich waren. Des Weiteren konnte eine hohe Übereinstimmung zu grundsätzlichen Sanierungszielen erzielt werden. Zudem gab es eine Reihe von Hinweisen und Prüfaufträgen für den weiteren Fortgang der vorbereitenden Untersuchungen. STADTPLANUNGSAMT | 41 Abbildung 27: Impressionen aus der Auftaktveranstaltung am 28. Januar 2015 Die in der Auftaktveranstaltung vorgebrachten Anregungen und Hinweise wurden in der Folge intensiv in eine verwaltungs- interne Projektgruppe eingebracht und intensiv geprüft. Die Ergebnisse der Prüfung wie auch ein Entwurf für das Neuordnungskonzept wurden am 10. Juni 2015 in einer Bürger- werkstatt präsentiert und offen zur Diskussion gestellt. Diese ebenfalls wieder sehr gut besuchte Bürgerwerkstatt verfolgte als Rückkopplungsveranstaltung das Ziel, zu dem Entwurf des Neuordnungskonzepts weitere Anregungen aus der Öffent- lichkeit einzuholen, Sie sollten diese nachfolgend nochmals prüfen und darauf aufbauend als nächsten Schritt das Neuord- nungskonzept in den Ortschaftsrat einbringen. In der Summe wurde dem Vorschlag des Neuordnungskonzepts ein hohes Maß an Zustimmung entgegen gebracht, wenn- gleich auch zu einzelnen Bausteinen (Nachnutzung Funktionsgebäude am Alten Schulhaus, Umgang mit dem Lindenplatz oder Fortführung des Wegs in der zweiten Reihe entlang des Wettersbachs) durchaus auch divergente Meinungen herrsch- ten. Diese wurden aber entsprechend dokumentiert und nachfolgend auch so in den Ortschaftsrat eingebracht. 42 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Abbildung 28: Impressionen aus der Bürgerwerkstatt am 10. Juni 2015 STADTPLANUNGSAMT | 43 2.3 MÄNGEL UND MISSSTÄNDE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET Aufgrund der Untersuchungen und Analysen können im Untersuchungsgebiet der vorbereitenden Untersuchungen folgende städtebauliche Missstände im Sinne des § 136 BauGB festgestellt werden: Städtebauliche und funktionale Mängel und Missstände Folgende städtebauliche Mängel und Missstände sind festzustellen:  Innerhalb des Untersuchungsgebietes spielen die beiden Zentren im Bereich des historischen Ortskerns und des Nah- versorgungszentrums eine wichtige identitätsstiftende Rolle und tragen wesentlich zur Adressbildung im Stadtteil Grünwettersbach bei. Durch gestalterische Defizite in der Gebäudesubstanz wie auch im öffentlichen Raum bestehen Defizite und Qualifizierungsoptionen.  Innerhalb des Ortskerns von Grünwettersbach existiert derzeit kein zentraler Platz-/Freiraum, welcher außerhalb der Belastungen der Ortsdurchfahrt eine identitätsstiftende Funktion eines „Dorfplatzes“ mit einer entsprechenden Auf- enthaltsqualität übernehmen könnte.  Der Verlauf der Ortsdurchfahrt bildet mit seinen giebelständigen Gebäuden und seinen in die Tiefe der Parzellen rei- chenden ehemals landwirtschaftlichen Gebäudestrukturen einen wichtigen Teil der historischen Ortsidentität ab. Die zur Ortsdurchfahrt orientierten Vordergebäude werden jedoch in ihrer Wohnfunktion durch die Verkehrsbelastung der L 623 nachhaltig beeinträchtigt. Dies schlägt sich in deutlich ablesbaren Modernisierungserfordernissen nieder und führt letztlich zu einer Gefährdung der historischen städtebaulichen Grundstruktur.  Die Ortseingangssituationen an der nördlichen Gebietseinfahrt (ehemalige Zigarrenfabrik), am Auftakt der histori- schen Ortsmitte von Norden im Bereich der Bushaltestelle am Rathaus und der Auftakt im Bereich des Nahversor- gungszentrums von Süden her kommend weisen städtebauliche Handlungserfordernisse auf, um strukturell die Orts- eingangssituationen zu akzentuieren und funktional zu stärken.  Teile des Gebäudebestandes im Untersuchungsgebiet weisen erhebliche und substanzielle Mängel auf. Defizitäre Bausubstanz findet sich dabei insbesondere im Bereich der Ortsdurchfahrt, aber auch im Kontext des historischen Ortskerns und beinhaltet ortshistorisch wichtige Strukturen (beispielsweise Umfeld Gasthaus Adler). Die Mängel in der Bausubstanz schwächen die Wohn- und Einzelhandelsfunktion und beeinflussen das städtebauliche Erschei- nungsbild nachteilig.  Innerhalb des Gebäudebestandes existieren punktuelle Leerstände. Darunter sind auch städtebaulich prägende Ge- bäude wie beispielsweise das Alte Schulhaus. Andererseits befinden sich Leerstände im Verlauf der Ortsdurchfahrt mit entsprechenden negativen Folgewirkungen auf die Adressbildung und Belebung der Erdgeschosszonen (beispielswei- se am Kreuzungspunkt Busenbacher Straße/Am Wetterbach, im historischen Ortskern oder am Lindenplatz).  Innerhalb der Siedlungsstruktur bestehen zum Teil aufgrund der historischen Entwicklung sehr kleinteilig strukturierte Grundstückssituationen und damit auch baulich negativ beeinflusste Wohnverhältnisse im Hinblick auf Besonnung, Belüftung, Versiegelung und gesunde Wohnverhältnisse.  Innerhalb der Siedlungsstruktur existieren aufgrund der früheren landwirtschaftlichen Nutzungen extensiv genutzte rückwärtige Grundstückssituationen mit altem, heute un- oder untergenutzten Scheunenbestand. Im Hinblick auf das Gebot der Innenentwicklung stellt diese extensive Nutzung in zentraler Lage einen Mangel dar (beispielsweise im Be- reich Ziegelhütte, Reutlinger Straße). Zum anderen sind einzelne Scheunen wichtig für das Ortsbild (beispielsweise an der Straße Am Wetterbach zurückliegende Scheunen in Orientierung zum Bachlauf). Durch Wünsche einer baulichen Weiterentwicklung wären diese gefährdet. 44 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG  Hinsichtlich der Nahversorgungsfunktion besteht im Bereich des Nahversorgungszentrums und im Bereich der histori- schen Ortsmitte noch ein kleinteiliges Handelsangebot für den täglichen Bedarf. Dies wird aber durch gestalterische und funktionale Mängel in der Gebäudesubstanz und dessen direktem Umfeld in seiner Wettbewerbsposition beein- trächtigt.  In der Ausstattung mit sozialer Infrastruktur besteht ein akuter Handlungsbedarf zur Etablierung weiterer Betreu- ungsplätze für Kinder. Mängel und Missstände im öffentlichen und halböffentlichen Raum Folgende Mängel und Missstände sind in den öffentlichen und halböffentlichen Räumen festzustellen:  Die Ortsdurchfahrt weist aufgrund ihrer Struktur (Querschnitt, Enge, historische Randbebauung ohne Vorfelder) und ihrer Längenausdehnung eine starke visuelle Linearität auf, die nur an wenigen Stellen in der Abwicklung der Orts- durchfahrt gestalterisch befriedigend unterbrochen wird.  Die das Untersuchungsgebiet und den Verlauf der Ortsdurchfahrt prägenden öffentlichen Räume und Vorfelder (Um- feld Rathaus, Lindenplatz, Kreuzungspunkt Busenbacher Straße/Am Wetterbach und Vorfeld Nahversorgungszentrum) weisen gestalterische und funktionale Defizite auf. Sie besitzen nur eine untergeordnete Funktion zum Aufenthalt und der Kommunikation und tragen so zu einer Schwächung auch angrenzender Nutzungen (Geschäftsvorfelder, Woh- numfeld) bei.  Innerhalb des Ortskerns existiert kein öffentlicher Raum mit Rückzugs-, Verweil- und Kommunikationsfunktion, wel- cher nicht durch die Ortsdurchfahrt belastet ist.  Das Untersuchungsgebiet weist zwar quantitativ eine ausreichende Versorgung mit Spielflächen auf, diese liegen je- doch kleinteilig und dezentral verteilt. Ein zentrales Spielangebot im Ortskern Grünwettersbach mit einer entspre- chenden Identifikationswirkung als kommunikativer Treffpunkt ist nicht vorhanden.  Die „halböffentlichen Räume“ (liegen auf Privatgrundstücken und sind dem öffentlichen Raum zugewandt), insbe- sondere auch die Geschäftsvorfelder im Nahversorgungsbereich, weisen gestalterische und funktionale Defizite auf. STADTPLANUNGSAMT | 45 Freiraumplanerische Mängel und Missstände Folgende freiraumplanerische Mängel und Missstände sind festzustellen:  Der Bachlauf des Wettersbachs durchzieht als Freiraumelement den Ortskern von Grünwettersbach in Süd-Nord- Richtung, besitzt jedoch nur eine sehr eingeschränkte Erlebbarkeit und faktisch keine Zugänglichkeit. Auch bezüglich der Gewässerökologie bestehen Defizite durch Verbauungen und Abstürze. Der Bachlauf bildet heute emotional und funktional eher eine Zäsur als ein verbindendes Element im Siedlungsgefüge.  Teile der das Stadtbild prägenden Freiflächen unterhalb der wichtigen Wegeverbindung Im Rodel/Im Löhl sind derzeit nicht erlebbar/nutzbar oder liegen brach.  Die rückwärtig zur Straße Am Wetterbach in Orientierung zum Bachlauf liegenden privaten Freiflächen bilden klein- klimatisch ein wichtiges Potenzial aus, sind aber durch bauliche Entwicklungswünsche in „dritter“ Reihe in ihrer Sub- stanz gefährdet. Mängel in der Erschließungsstruktur/Straßenräume Folgende Mängel und Missstände in der Erschließungsstruktur sind festzustellen:  Die Ortsdurchfahrt ist aufgrund ihrer Funktion als Landesstraße und Bedarfsumleitung für die Autobahn A8 mit einem grundsätzlich hohen und belastenden Verkehrsaufkommen belegt. In Spitzenzeiten (Bedarfsumleitungen) werden die Kapazitätsgrenzen deutlich überschritten.  Der Querschnitt der Ortsdurchfahrt reicht für einen Begegnungsverkehr LKW-LKW gerade aus, Reserven im Quer- schnitt für gestalterische Maßnahmen oder auch zur Optimierung von Querungsbeziehungen für Fußgänger bestehen nicht.  Außerhalb der Ortsdurchfahrt bestehen gestalterische Defizite im Straßenraum im Bereich der historischen Ortsmitte in der Straße Am Steinhäusle. Im Umfeld des Rathauses und am Kirchstaig wurden bereits große Teile aufgewertet.  Im gesamten Untersuchungsgebiet ist aufgrund knapper privater Parkierungsflächen im Kontext der historischen Struktur ein grundsätzlich hoher Parkierungsdruck festzustellen. Dies gilt in besonderem Maße für das Umfeld der Nahversorgungsangebote im Bereich des Nahversorgungszentrums und in der historischen Ortsmitte.  Aufgrund der hohen Verkehrsbelastungen auf der Ortsdurchfahrt bestehen Probleme in der Anfahrbarkeit von öffent- lichen Stellplätzen, die von der Ortsdurchfahrt her erschlossen werden (beispielsweise Senkrechtparker am Nahver- sorgungszentrum). 46 | KARLSRUHE GRÜNWETTERSBACH | VORBEREITENDE UNTERSUCHUNG Mängel und Missstände im Umweltverbund (Fuß- und Radverkehr, ÖPNV) Folgende Mängel und Missstände sind im Kontext des Umweltverbunds festzustellen:  Die Fußwegeverbindungen innerhalb der Ortslage von Grünwettersbach sind stark geprägt durch die linear entlang der Ortsdurchfahrt ausgerichtete städtebauliche Grundstruktur. Dabei spielt aufgrund mangelnder Alternativen die Fußwegebeziehung in Nord-Süd-Richtung entlang der Ortsdurchfahrt weiterhin eine wichtige Rolle. Diese Fußwege- verbindung ist jedoch aufgrund der Verkehrsbelastung auf der L 623 mit einem hohen Anteil an Schwerlastverkehr im Falle der Funktion als Bedarfsumleitung, aufgrund des engen Straßenraums und der daraus resultierenden zum Teil unzureichenden Querschnitte der Fußwege stark beeinträchtigt.  Alternative Fußwegeangebote in zweiter Reihe in Nord-Süd-Richtung existieren derzeit nur teilabschnittsweise, nicht aber in durchgängiger, funktional gut nutzbarer Form.  Fußwegeverbindungen in Ost-West-Richtung existieren aufgrund der Lage des Wettersbachs und der gewachsenen historischen Siedlungsstruktur entlang der Ortsdurchfahrt nur in untergeordneter Form.  Probleme bestehen im Grundsatz für Fußgänger in der Querung der Ortsdurchfahrt aufgrund der hohen Verkehrsbe- lastung und in Teilabschnitten fehlender Querungshilfen.  Die Radwegeführung erfolgt innerhalb der Ortslage mangels Alternativen auf dem bestehenden Straßennetz, welches in weiten Teilen in der Ortsdurchfahrt bereits mit Tempo 30 belegt ist. Probleme bestehen vor dem Hintergrund der starken Verkehrsbelastung im Aspekt der Verkehrssicherheit.  Eine Radwegeführung über die Ortslage hinaus in Richtung Wolfartsweier besteht derzeit nur auf einem straßenbe- gleitenden Weg mit entsprechenden Defiziten hinsichtlich des Begegnungsverkehrs und der Verkehrssicherheit.  Die Bushaltestelle am Nahversorgungszentrum (Westseite) ist noch nicht barrierfefrei ausgebaut.  Die Höhenstadtteile und damit auch Grünwettersbach werden derzeit in einem angemessen dichten Takt über den Busverkehr mit Anschluss an die Umsteigebeziehung in Wolfartsweier angebunden. Eine schienengebundene Anbin- dung der Höhenstadtteile (wie der Verkehrsentwicklungsplan vorsieht) existiert derzeit nicht. STADTPLANUNGSAMT | 47 2.4 POTENZIALE IM UNTERSUCHUNGSGEBIET Neben den beschriebenen Mängeln und Missständen bestehen innerhalb des Untersuchungsgebietes Potenziale für eine Qualifizierung des Ortskerns:  Das Untersuchungsgebiet leistet mit seiner historischen Bausubstanz einen wichtigen Beitrag im Sinne einer identi- tätsstiftenden Wirkung für den gesamten Stadtteil. Die historischen Baustruktur und Bausubstanz bilden eine Quali- tätsbasis und einen Standortfaktor.  Die vorhandene kleinteilige Siedlungsstruktur und die noch vorhandenen Relikte der landwirtschaftlichen Nutzung bilden in Grünwettersbach einen dörflichen Charakter ab, der im Kontext der Gesamtstadt Karlsruhe einen Qualitäts- faktor darstellt (vgl. auch Aussagen der Rahmenplanung zu den Höhenstadtteilen hinsichtlich der Begrifflichkeit der „Bergdörfer“).  Innerhalb des Untersuchungsgebietes existiert mit dem vorhandenen kleinteiligen Nahversorgungsangebot am Nah- versorgungszentrum und in der historischen Ortsmitte eine dem Stadtteil angemessene und die Wohnfunktion si- chernde Angebotsstruktur. Die gilt es zu sichern und durch flankierende Maßnahmen im öffentlichen Raum zu stär- ken.  Die Freiräume entlang des Wettersbachs bilden zusammen mit den landschaftlichen Bezügen zum Schwarzwaldrand grünordnerisch das Rückgrat des Untersuchungsgebietes und bilden ein Potenzial, welches es im Sinne der Qualifizie- rung des Wohnumfelds zu sichern und qualitativ weiterzuentwickeln gilt.  Die Verkehrsbelastung wird sich auf der L 623 in den nächsten Jahren aufgrund der Bedeutung der Landesstraße und ihrer Funktion als Bedarfsumleitung mangels vorhandener Alternativen nicht verringern. Dennoch existieren bereits Ansätze für eine Qualitätsentwicklung in zweiter Reihe abgewandt von der Ortsdurchfahrt. Diese positiven Ansätze gilt es auszubauen.
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Vorhabenbezogener Bebauungsplan „Steinkreuzstraße 14“, Karlsruhe – Wolfartsweier Entwurf Vorhabenträger: SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH Alte Kreisstraße 42 76149 Karlsruhe T. 0721 – 7802‐0 F. 0721 – 7802‐22 info@sbw‐karlsruhe.de Planverfasser: VbB VEP GERHARDT.stadtplaner.architekten Werkgemeinschaft Karlsruhe Weinbrennerstraße 13 Freie Architekten BDA 76135 Karlsruhe Kammerer & Stengel T. 0721 – 831030 Partnerschaft mbB F. 0721 – 8310399 Schubertstraße 2 mail@gsa‐karlsruhe.de 76185 Karlsruhe T. 0721 – 84006 ‐ 0 F. 0721 – 84006 ‐ 66 info@wgk‐ka.de ‐ 2 ‐ Inhaltsverzeichnis: A. Begründung gemäß § 9 Abs. 8 Baugesetzbuch (beigefügt) ...................... 5 1. Aufgabe und Notwendigkeit ................................................................... 5 2. Bestehende Planungen ........................................................................... 5 2.1 Vorbereitende Bauleitplanung .................................................................. 5 2.2 Verbindliche Bauleitplanung ..................................................................... 6 3. Bestandsaufnahme ................................................................................ 6 3.1 Räumlicher Geltungsbereich ..................................................................... 6 3.2 Naturräumliche Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Artenschutz ........... 6 3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten ................................................................ 6 3.2.2 Bodenbeschaffenheit ............................................................................... 7 3.2.3 Artenschutz ............................................................................................ 7 3.3 Vorhandene Nutzung, Bebauung und Erschließung .................................... 9 3.4 Eigentumsverhältnisse ........................................................................... 10 3.5 Belastungen .......................................................................................... 10 4. Planungskonzept ................................................................................. 11 4.1 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung .................................................. 12 4.2 Art der baulichen Nutzung ..................................................................... 12 4.3 Maß der baulichen Nutzung ................................................................... 13 4.4 Bauweise .............................................................................................. 14 4.5 Abstandsflächen .................................................................................... 14 4.6 Erschließung ......................................................................................... 16 4.6.1 ÖPNV ................................................................................................... 16 4.6.2 Motorisierter Individualverkehr ............................................................... 16 4.6.3 Ruhender Verkehr ................................................................................. 16 4.6.4 Geh‐ und Radwege ................................................................................ 16 4.6.5 Feuerwehrzufahrt .................................................................................. 17 4.6.6 Ver‐ und Entsorgung .............................................................................. 17 4.7 Gestaltung ............................................................................................ 17 4.8 Grünordnung / Ersatz‐ und Ausgleichsmaßnahmen / Artenschutz ............. 18 4.8.1 Grünplanung, Pflanzungen ..................................................................... 18 4.8.2 Ausgleichsmaßnahmen ......................................................................... 19 4.8.3 Maßnahmen für den Artenschutz ........................................................... 20 4.9 Belastungen .......................................................................................... 26 4.9.1 Altlasten ............................................................................................... 26 4.9.2 Schall ................................................................................................... 27 4.9.3 Luftqualität ........................................................................................... 28 4.9.4 Energieeffizienz / Klimaschutz ................................................................ 28 4.9.5 Kampfmittel .......................................................................................... 29 5. Umweltbericht ..................................................................................... 29 6. Sozialverträglichkeit ............................................................................ 29 7. Statistik ............................................................................................... 29 7.1 Flächenbilanz ........................................................................................ 29 ‐ 3 ‐ 7.2 Geplante Bebauung ............................................................................... 30 7.3 Bodenversiegelung ................................................................................ 30 8. Kosten ................................................................................................. 30 9. Durchführung ....................................................................................... 30 10. Übersicht der erstellten Gutachten ....................................................... 30 B. Hinweise (beigefügt) ............................................................................ 31 1. Versorgung und Entsorgung ................................................................... 31 2. Entwässerung ....................................................................................... 31 3. Niederschlagswasser ............................................................................. 31 4. Archäologische Funde, Kleindenkmale .................................................... 32 5. Baumschutz .......................................................................................... 32 6. Altlasten ............................................................................................... 32 7. Erdaushub / Auffüllungen ....................................................................... 32 8. Private Leitungen .................................................................................. 32 9. Barrierefreies Bauen .............................................................................. 32 10. Erneuerbare Energien ............................................................................ 33 11. Dachbegrünung und Solaranlagen .......................................................... 33 12. Artenschutz .......................................................................................... 33 13. Wasserschutzgebiet ............................................................................... 34 14. Kriminalprävention ................................................................................ 34 C. Planungsrechtliche Festsetzungen und örtliche Bauvorschriften ........... 35 I. Planungsrechtliche Festsetzungen ....................................................... 35 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen .............................................. 35 2. Art der baulichen Nutzung ..................................................................... 35 3. Maß der baulichen Nutzung ................................................................... 35 4. Überbaubare Grundstücksfläche ............................................................. 36 5. Abstandsflächen .................................................................................... 36 6. Stellplätze und Garagen, Carports .......................................................... 36 7. Nebenanlagen ....................................................................................... 36 8. Grünflächen / Pflanzgebote und Pflanzerhaltung ..................................... 36 8.1 Erhaltung von Bäumen ........................................................................... 36 8.2 Pflanzgebote für Einzelbäume ................................................................ 36 8.2.1 Zu pflanzende Bäume außerhalb der Tiefgarage ...................................... 37 8.2.2 Zu pflanzende Bäume auf der Tiefgarage ................................................ 37 8.2.3 Bedingte Festsetzung für die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der Freihaltetrasse der Stadtbahn ........................................................... 37 8.2.4 Artenverwendungsliste für Pflanzgebot Einzelbaum ................................ 37 8.3 Dachbegrünung ..................................................................................... 38 8.4 Begrünung der Tiefgaragen .................................................................... 39 8.5 Pflanzung von Schnitthecken ................................................................. 39 9. Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ....................................... 39 9.1 Ersatzpflanzungen von Gehölzen ............................................................ 39 ‐ 4 ‐ 9.2 CEF‐Maßnahmen .................................................................................. 40 9.3 Weitere Artenschutzmaßnahmen (keine CEF‐Maßnahmen) ..................... 41 9.3.1 Nistmöglichkeiten ................................................................................. 41 9.3.2 Beleuchtung .......................................................................................... 41 10. Geh‐ und Leitungsrechte ........................................................................ 41 11. Schallschutz .......................................................................................... 41 11.1 Aktive Schallschutzmaßnahmen ............................................................. 41 11.2 Passive Schallschutzmaßnahmen ........................................................... 42 II. Örtliche Bauvorschriften ....................................................................... 43 1 Dächer .................................................................................................. 43 2. Werbeanlagen und Automaten ............................................................... 43 3. Einfriedigungen, Stützmauern ................................................................ 44 4. Gestaltung der nicht überbaubaren Flächen ............................................. 44 5. Abfallbehälterstandplätze ...................................................................... 44 6. Außenantennen .................................................................................... 44 7. Niederspannungsfreileitungen ............................................................... 44 III. Sonstige Festsetzungen ....................................................................... 45 IV. Zeichnerische Festsetzungen – Planzeichnung ...................................... 46 Unterschriften ................................................................................................ 48 Anlage zur Begründung ‐ Vorhaben‐ und Erschließungsplan ............................ 49 ‐ 5 ‐ A. Begründung gemäß § 9 Abs. 8 Baugesetzbuch (beigefügt) 1. Aufgabe und Notwendigkeit Der Vorhabenträger „SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH“ plant im Karls‐ ruher Stadtteil Wolfartsweier auf einem ca. 0,82 ha großen, heute gewerblich ge‐ nutzten Areal am nordwestlichen Ortsrand an der Ecke Ringstraße / Steinkreuz‐ straße eine Wohnbebauung mit einer Pflege‐Wohngemeinschaft und Praxisräu‐ men sowie Kindertagesstätte. Die Planung ist aus einer Mehrfachbeauftragung hervorgegangen und wurde bereits vom Ortschaftsrat und vom Planungsaus‐ schuss befürwortet. Das Vorhaben ist nach den Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungs‐ plans nicht genehmigungsfähig. Das für die Umsetzung des Vorhabens erforderli‐ che Planungsrecht soll über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebau‐ ungsplans gem. § 12 BauGB (Ziffer 2) hergestellt werden. 2. Bestehende Planungen 2.1 Vorbereitende Bauleitplanung Abb.1: Ausschnitt Flächennutzungsplan ‐ 6 ‐ Das Planungsgebiet ist im rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan des Nach‐ barschaftsverbandes Karlsruhe (FNP NVK) als „Gewerbliche Baufläche“ darge‐ stellt. Die geplante Wohnnutzung ist nicht aus dem Flächennutzungsplan entwi‐ ckelt. Da der vorhabenbezogene Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt wird, kann der Flächennutzungsplan im Wege der Berichtigung geändert werden. Aufgrund der Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger nach § 4 BauGB (Anmerkung: Verfahren im Rahmen der Flächennutzungs‐ planung) im Frühjahr 2018 besteht die Möglichkeit, dass die im FNP 2010, 5. Aktu‐ alisierung als "geplante Gewerbliche Baufläche" dargestellte Fläche "Hörgel", die nordöstlich an das Plangebiet angrenzt, doch in den FNP 2030 übernommen wird. Entgegen ursprünglicher Planungen soll die Erschließung der Fläche dann aber von Norden erfolgen und nicht über die Steinkreuzstraße 14. 2.2 Verbindliche Bauleitplanung Der rechtsverbindliche Bebauungsplan (Straßen‐ und Baulinienplan) Nr. 392 „Wingertäcker“ vom 10.09.1970 setzt für das Plangebiet ein Allgemeines Wohn‐ gebiet fest. Aufgrund der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen ist die Umsetzung des geplanten Vorhabens nicht möglich. 3. Bestandsaufnahme 3.1 Räumlicher Geltungsbereich Der räumliche Geltungsbereich umfasst die Flurstücke Nummer 20305, 20306, 20308/1 sowie Teile des Straßenflurstücks 21972 und hat eine Größe von insge‐ samt ca. 0,82 ha. Das Grundstück wird im Süd‐Osten durch die Steinkreuzstraße, im Süd‐Westen durch die Ringstraße mit anschließender Wohnbebauung, im Nord‐Westen durch ein privates Grundstück mit Wohnbebauung und im Nord‐Osten durch die Wen‐ deschleife der S‐Bahn begrenzt. Maßgeblich für die Abgrenzung des Plangebiets ist der im zeichnerischen Teil festgesetzte Geltungsbereich. 3.2 Naturräumliche Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Artenschutz 3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Das Planungsgebiet liegt am nördlichen Ortseingang des Stadtteils Karlsruhe‐ Wolfartsweier in prägnanter Ortsrandlage. Durch seine Lage an der S‐Bahn‐Halte‐ stelle verfügt es über eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung. Neben der gegenwärtig als Gewerbefläche genutzten und überwiegend versiegel‐ ten Grundstücksfläche befindet sich im nördlichen Bereich des Plangebiets ein Pappel‐Baumbestand. Aus Gründen des Verkehrsschutzes kann die Pappelgruppe auf Dauer nicht erhalten bleiben, da eine ausreichende Standsicherheit der Bäume nicht gewährleistet ist. Das zuständige städtische Amt hatte daher schon eine Fäll‐ genehmigung erteilt, deren Wirksamkeit aktuell ausgesetzt ist. Eine gutachterliche Untersuchung der Pappeln hat ergeben, dass vorab die Fällung von zwei dringli‐ ‐ 7 ‐ chen Gefahrenbäumen und Kronenrücknahmen an den Nachbarbäumen aus Grün‐ den der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Der übrige Pappelbestand,aus dem die zwei Gefahrenpappeln entnommen wurden,bleibt nach den Sicherungsmaßnah‐ men vorerst erhalten bis zum Herbst. Das Gelände fällt vom Süden (Steinkreuz‐ straße) nach Norden (Flurstück 21971/2) von ca. 130 m über NHN auf ca. 121 m über NHN um ca. 9 m ab. Das Plangebiet liegt im Bereich des Wasserschutzgebietes Durlacher Wald Zone lll B. Der höchste bisher gemessene Grundwasserstand liegt bei rd. 116,00 m über NHN. (T511 Talwiesenstr. Spielplatz). Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass bei extrem starken Niederschlägen über einen längeren Zeitraum der bisher ermittelte max. Grundwasserstand überschritten werden kann. 3.2.2 Bodenbeschaffenheit Im zum Vorhaben erstellten Baugrundgutachten (Siehe Ziffer 10 der Begründung) werden zur geologischen Situation im Plangebiet folgende Aussagen getroffen: Am östlichen Rheintalgrabenbruch grenzt eine tektonische Hochscholle aus Bunt‐ sandstein an das mit Kies gefüllte Becken des Rheintalgrabens, der sich von Basel bis Frankfurt erstreckt. Im Bereich der Untersuchungsfläche lagert Hangschutt und Geschiebe aus roten Buntsandsteingeröllen, der noch von Lößlehm überlagert wird. Löß wurde während der Eiszeit dünenartig aus den unbewaldeten Schotter‐ fluren des Rheingrabens ausgeblasen und an den Hängen wieder abgelagert. Die Kiesfüllung der Oberrheinebene lag früher noch bis zu 6 m über der jetzigen Talaue, sodass in der unteren Hanglage auch noch alte Terrassenreste aus alpinen Kiesen vorhanden sind. Während der schluffige Löß nach der Eiszeit zu wenig trag‐ fähigem Lößlehm durchgewittert ist, bilden die ab 1,5 m Tiefe durchgehend vor‐ handenen Geröllschichten aus hartem Buntsandstein oder Kiesen der Hochter‐ rasse einen gut tragfähigen Baugrund. Im Übrigen wird auf die Inhalte des Baugrundgutachtens verwiesen. Der nördliche Teil des Grundstückes liegt in der Kinzig‐Murg‐Rinne. Aufgrund der Nähe zur tektonisch entstandenen Grabenbruchkante des Oberrheingrabens ist mit unterirdischem Schichtwasser zu rechnen. 3.2.3 Artenschutz Das Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten im Plangebiet wurde im Rahmen eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vom Büro arguplan aus Karls‐ ruhe untersucht. Die Ergebnisse werden gegliedert nach den betroffenen Arten nachfolgend zusammenfassend dargestellt. Die Bewertung der Bestandsauf‐ nahme und die Darstellung des daraus abgeleiteten Maßnahmenkonzepts erfolgt unter Ziffer 4.8.3 der Begründung. ‐ 8 ‐ Bestandsaufnahme im Rahmen des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags Vögel Im Rahmen der Vogelkartierung wurden insgesamt 23 Vogelarten im Vorhabenbe‐ reich festgestellt. Bei acht Arten handelt es sich um Brutvögel (Arten mit Brutnach‐ weis oder Brutverdacht). Wertgebende bzw. gefährdete Arten befinden sich nicht darunter. Die nachgewiesenen Brutvogelarten stellen vor allem Gehölzbewohner dar. Gebäudebrüter (z.B. Haussperling, Hausrotschwanz) nutzen das Areal nur als Nahrungshabitat. Fledermäuse Im Rahmen der sechs Detektorbegehungen wurden im Untersuchungsgebiet Flug‐ aktivitäten von Zwergfledermäusen festgestellt. Es besteht der Verdacht, dass die Gebäude und der Pappelbestand zeitweise als Einzelquartiere genutzt werden. Al‐ lerdings ergab die Habitatpotenzialanalyse ein sehr geringes Angebot an fleder‐ mausrelevanten Strukturen im Vorhabenbereich. Im Fachbeitrag wird festgestellt, dass es keine Hinweise auf ein Wochenstubenquartier (Fortpflanzungsstätte) im Gebäudekomplex und im Baumbestand gibt. Beide Strukturen können jedoch als sporadisch genutzte Tagesquartiere (Ruhestätten) einzelner Zwergfledermausin‐ dividuen dienen. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Biotopausstattung wird mit einem Vorkommen weiterer europarechtlich geschützter Arten im Vorhaben‐ bereich nicht gerechnet. Totholzkäfer Das Vorkommen von Totholzkäfern (Heldbock, Juchtenkäfer und Scharlachkäfer) im Plangebiet wurde geprüft. Die Entwicklung des Heldbocks erfolgt ausschließlich in Stiel‐ und Trauben‐Eichen, besonders in latent geschädigten lebenden Bäumen in sonnenexponierter Lage. Da innerhalb des Eingriffsbereichs keine Eichen vorhanden sind, kann ein Vorkom‐ men ausgeschlossen werden. Der Juchtenkäfer besiedelt alte anbrüchige Laubbäume in Parks, Alleen, historisch genutzte Waldformen (Hudewälder) und alte Eichen‐ und Buchenwälder mit Stör‐ stellen. Die Larvenentwicklung erfolgt im Mulmkörper von Stammhöhlungen und Spalten alter Laubbäume (ebd.). Das Mindestvolumen eines zur Fortpflanzung in Frage kommenden Mulmkörpers beträgt einige Liter (ebd.). Aufgrund des noch all‐ gemein guten Vitalitätszustands der Pappel‐Bäume ist im Vorhabenbereich nicht mit größeren Mulmhöhlen zu rechnen. Der Scharlachkäfer lebt unter morschen, feuchten Rinden stehender und liegender Laubbäume, v.a. an Pappeln und Weiden. Die aktuellen Fundorte in Baden‐Würt‐ temberg liegen in der Oberrheinebene bei Rastatt und Karlsruhe. Bei der Erfassung des Scharlachkäfers an den liegenden Pappel‐Totholzstämmen im Vorhabenbe‐ reich wurden keine Larven festgestellt. Aufgrund der sich ablösbaren Rinde weist das Totholz zwar potenziell geeignete Besiedlungsstrukturen auf, aufgrund der starken Beschattung ist jedoch kein optimaler Larvallebensraum gegeben. ‐ 9 ‐ Sonstige Arten Vor dem Hintergrund der vorliegenden Biotopausstattung wird mit einem Vor‐ kommen weiterer europarechtlich geschützter Arten im Vorhabensbereich nicht gerechnet. Zum Beispiel ist die Fläche für Amphibien aufgrund des Fehlens von Ge‐ wässern nicht geeignet. Auch für Reptilien (v.a. Zauneidechse) sind keine geeigne‐ ten Habitate vorhanden. Hinweise zu weiteren relevanten Arten im Rahmen des Verfahrens Im Zuge der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurden von den Natur‐ schutzverbänden Hinweise zu Art und Umfang möglicher Vorkommen arten‐ schutzrechtlich relevanten Arten im Plangebiet abgegeben, denen das Büro Argu‐ plan mit fachlicher Unterstützung des Fachamtes für Umwelt und Arbeitsschutz nachgegangen ist Außerdem wurden weitere Begehungen unter Einsatz eines Baumkletteres im Gebiet und den Bestandsgebäuden durchgeführt. Die Beurtei‐ lung der Beobachtungsergebnisse und ihre Berücksichtigung im Rahmen des Maß‐ nahmenkonzepts wird unter Ziffer 4.8.3 dargestellt: Vögel Bei den Vogelarten wurden von den Naturschutzverbänden zusätzlich als wertge‐ bende Brutvogelarten der Star (RL‐D 3), die Klappergrasmücke (RL‐BW V) und der streng geschützte Grünspecht festgestellt. Mit der Heckenbraunelle und der Nach‐ tigall wurden zwei weitere Brutvogelarten festgestellt, bei denen es sich jedoch um ungefährdete Arten handelt. Bei einer weiteren Begehung im Dezember 2018 wur‐ den Spechtlöcher im Plangebiet entdeckt. Fledermäuse Die Naturschutzverbände übermittelten Informationen über Beobachtungen bzw. Anregungen für die Fledermausarten Zwergfledermaus, Graues Langohr, Breitflü‐ gelfledermaus und Kleiner Abendsegler. Sonstige Arten Als weitere Art wurde seitens der Naturschutzverbände im Plangebiet ein Vorkom‐ men der Haselmaus vermutet. Bei einer Begehung im Dezember wurde ein Vor‐ kommen von Eichhörnchen im Plangebiet festgestellt. 3.3 Vorhandene Nutzung, Bebauung und Erschließung Der im südlichen Bereich des Plangebiets konzentrierte Gebäudebestand setzt sich aus diversen Gewerbegebäuden wie einer Fabrikationshalle, Lagerflächen, einer Ausstellungshalle und Büroräumen zusammen. Außerdem befindet sich eine Trafostation im Planungsgebiet. Die Erschließung des Planungsgebietes er‐ folgt über die Ringstraße. Im nördlichen Teil des Plangebietes befindet sich der Anschluss an das Wander‐ wegsystem Odenwald‐Vogesen, der im Rahmen der Planung fortgeführt werden soll. ‐ 10 ‐ 3.4 Eigentumsverhältnisse Das Straßengrundstück im Nordwesten des Plangebiets befindet sich im Eigen‐ tum der Stadt Karlsruhe. Der Vorhabenträger hat mit dem Eigentümer der Flä‐ chen des Plangebietes (Flurstücke: 20305, 20306, 20308/1 sowie Teile des Stra‐ ßenflurstücks 21972) einen Kaufvertrag abgeschlossen. Die Übertragung des Ei‐ gentums auf den Vorhabenträger wird nach Abschluss der öffentlichen Auslegung vollzogen. 3.5 Belastungen Altlasten Das Grundstück ist bei der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz unter der Bezeichnung „AS Maschinenfabrik Thielicke“ und der Objekt‐Nummer 04893 im Bodenschutz‐ und Altlastenkataster erfasst. Auf dem Gelände war zwischen 1953 und 2006 die Maschinenfabrik Thielicke & Co aktiv. Von 2009 bis 2011 wurde ein Handel mit Kfz‐Teilen betrieben. Aus der Historischen Untersuchung geht hervor, dass in verschiedenen Bereichen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde, sodass ein Eintrag von Schadstoffen in den Untergrund oder das Grundwasser aus fachtechnischer Sicht nicht ausgeschlossen werden kann. Verdachtsbereiche sind unter anderem die unterirdischen Heizöltanks, der Be‐ reich der Spänelagerung oder die Werk‐ und Montagehalle, in der vermutlich mit Lösemitteln umgegangen wurde. Aus fachtechnischer Sicht sind auf dem Gelände weitere bodenschutzrechtliche Untersuchungen für den Wirkungspfad Boden‐Grundwasser erforderlich. Unter‐ suchungen hinsichtlich des Wirkungspfades Boden‐Mensch können in Abhängig‐ keit der Detailplanung erforderlich werden. Die weiteren und abschließenden Bodenuntersuchungen können vollständig erst nach Abriss der Bestandsgebäude durchgeführt werden. Aufgrund der vorliegen‐ den Untersuchungen gibt es keine Anhaltspunkte für Gefährdungen, die sich als absolutes Planungshindernis erweisen, weil sie auf Ebene des Planvollzugs die Be‐ bauung ausschließen. Immissionen Zu berücksichtigen waren die Einwirkungen des Straßenbahn‐ und des Straßen‐ verkehrslärms auf das Plangebiet, insbesondere durch die nördlich verlaufende B3 und die südlich gelegene Autobahn A8. Außerdem wurden die Auswirkungen der Planung auf die umgebende Wohnbe‐ bauung untersucht. Dabei waren insbesondere die geplanten Tiefgaragenzufahr‐ ten zu berücksichtigen. Weiterhin waren die in dem Plangebiet vorgesehene Kindertagesstätte sowie der daran angrenzende Kinderspielplatz in die Überlegung mit einzubeziehen. Dabei war nicht der durch den Betrieb entstehende Kinderlärm, sondern der durch even‐ tuelle Freizeitaktivitäten von Jugendlichen entstehende Lärm, wie z. B. auf Bolz‐ plätzen oder Skateranlagen, schalltechnisch zu bewerten. ‐ 11 ‐ Zur Bewertung der schalltechnischen Belange wurde ein Fachgutachten erstellt. Kampfmittel Im Rahmen der Planung war auch eine mögliche Belastung des Plangebiets durch Kampfmittel zu prüfen. Aus diesem Anlass wurde von der Firma UXO PRO CON‐ SULT eine Luftbildauswertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittel‐ belastung erstellt. 4. Planungskonzept Vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an Wohnungen für Senioren aber auch anderer Bevölkerungsgruppen plant die SÜBA Bauen & Wohnen Karlsruhe GmbH die Errichtung von sieben Wohnhäusern und einer Kindertagesstätte. Ne‐ ben den Wohnungen mit unterschiedlichen Zuschnitten sind im Bereich des Erd‐ geschosses eine Pflegewohngemeinschaft und eine Arztpraxis vorgesehen. Die Planung basiert auf dem Entwurf der Werkgemeinschaft Karlsruhe Freie Architek‐ ten BDA. Die Bebauung gliedert sich in drei Teilbereiche, die in ihrer Höhenentwicklung ge‐ staffelt sind. An der Steinkreuzstraße befindet sich der fußläufige Hauptzugang zur ersten Baugruppe sowie in das Planungsgebiet an sich. Über eine großzügige Platzsituation wird der Ortseingang von Wolfartsweier auch für Fußgänger neu gestaltet. In der ersten Baugruppe an der Steinkreuzstraße befindet sich die Pflegewohnge‐ meinschaft mit 12 Plätzen im Erdgeschoss zweier im Erdgeschoss verbundener Baukörper (A2 und A3 gemäß Bezeichnung im VEP). Eine Arztpraxis ist im Erdge‐ schoss des dritten, an der Ringstraße gelegenen Riegelgebäudes (A1 gemäß Be‐ zeichnung im VEP) untergebracht. Alle Gebäude werden vom geschützten Innen‐ hof aus erschlossen. Die zweite Baugruppe wird aus vier 2‐spännigen Punkthäusern gebildet, die sich in lockerer Anordnung ebenfalls um einen geschützten Aufenthalts‐ und Erschlie‐ ßungshof gruppieren. Zwischen den beiden Gruppen befindet sich die 2‐geschos‐ sige Kindertagesstätte. Diese ist aufgrund ihrer Kubatur bzw. Geschossigkeit als Sondernutzung ablesbar. Die wechselnde Geschossigkeit innerhalb des Vorha‐ bens trägt zur Maßstäblichkeit der Bebauung bei und somit zur verträglichen In‐ tegration in die umliegende Bebauung. Insgesamt ist die Errichtung von 61 Wohnungen geplant, die über 1,5 bis 4 Zim‐ mer verfügen. Die Ausrichtung der geplanten Baukörper orientiert sich am Verlauf der Ring‐ straße und formt den Ortsrand des Stadtteils an dieser Stelle neu. Die kubischen Gebäude mit begrüntem Flachdach fügen sich in ihrer Höhenentwicklung in die bestehende Bebauung ein. Die Nachbarbebauung staffelt sich vom Hochpunkt an der Steinkreuzstraße mit 4 Geschossen zum Tiefpunkt am nordwestlichen Grund‐ stücksrand mit 1 Geschoss ab. Am Ortseingang wurden dementsprechend die bei‐ den Riegelgebäude als Hochpunkte der Bebauung ausgebildet. Der Höhenent‐ ‐ 12 ‐ wicklung der Umgebungsbebauung folgend staffeln sich die Gebäude von 4 Voll‐ geschossen plus Staffelgeschoss im Süd‐Osten auf 3 Vollgeschosse bzw. 2 Vollge‐ schosse plus Staffelgeschoss entlang der nördlichen Gebietsgrenze ab. Die private Parkierung erfolgt in zwei Tiefgaragen, die über die Ringstraße er‐ schlossen werden. Die Parkplätze für die Kindertagesstätte und die Arztpraxis werden ebenfalls von der Ringstraße angedient. Die erforderlichen Fahrradstell‐ plätze sind teilweise ebenerdig, teilweise im Bereich der Tiefgaragen unterge‐ bracht. Der Spielplatz des Quartiers liegt zentral im Plangebiet und wird durch Hecken‐ und Baumpflanzungen zum Außenbereich abgegrenzt. Der daran angrenzende Freibereich der Kindertagesstätte befindet sich teilweise auf der Tiefgarage und überwindet den Höhenunterschied durch Sitzstufen. Die nicht überbauten Flä‐ chen der Tiefgaragen sind begrünt und unter Berücksichtigung der entsprechen‐ den Überdeckung mit Einzelpflanzungen ergänzt. Ein Wegenetz verbindet die verschiedenen Außenbereiche und führt im Süden auf den öffentlichen Quartiers‐ platz, der durch seine Gestaltung zum Verweilen einlädt und an die vorhandene Bushaltestelle anknüpft. Die gem. § 35 Abs. 1 LBauO BW notwendigen barrierefreien Wohnungen, berück‐ sichtigen die von der LBO gestellten Anforderungen an die Barrierefreiheit. Die geplanten Wohngebäude sind über den angelegten öffentlichen Gehweg entlang der Ringstraße barrierefrei erreichbar. Das Grünkonzept sieht, neben den zwei zu erhaltenden Bäumen im nördlichen Plangebiet, eine straßenbegleitende Begrünung entlang der Ringstraße sowie die Fortführung der Baumreihe entlang der Steinkreuzstraße vor. Im Gebiet sind ver‐ einzelt Baumstandorte vorgesehen, die sich in Richtung des östlichen Gebietsran‐ des verdichten. 4.1 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung In Anwendung von § 9 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3a BauGB sind im Geltungsbereich nur solche Vorhaben zulässig, zu denen sich der Vorhabenträger im Durchfüh‐ rungsvertrag unter Bezug auf den zugehörigen Vorhaben‐ und Erschließungsplan (VEP) verpflichtet hat. Die gemäß § 12 Abs. 3a BauGB zulässige Änderung eines Durchführungsvertrags ist nur im Einvernehmen zwischen Vorhabenträger und Stadt Karlsruhe möglich. Sollten sich Änderungen einvernehmlich als sinnvoll er‐ weisen, muss nicht der Bebauungsplan durch ein entsprechendes Verfahren geän‐ dert werden, sondern es genügt eine Änderung des Durchführungsvertrages, so‐ fern diese sich innerhalb des durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ge‐ zogenen Rahmens bewegt. 4.2 Art der baulichen Nutzung Hauptziel des Vorhabens ist die Schaffung von neuem, innerstädtischen Wohn‐ raum, ergänzt durch eine Kindertagesstätte, eine Arztpraxis und ggf. eine Praxis für Physiotherapie. Zur Umsetzung der Planungsziele wird im Plangebiet ein All‐ gemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO festgesetzt. ‐ 13 ‐ In Anwendung von § 1 Abs. 5 BauNVO wird festgesetzt, dass Tankstellen und Gar‐ tenbaubetriebe unzulässig sind. Gartenbaubetriebe stehen aufgrund ihrer Flä‐ chenintensität dem Ziel der Schaffung von neuem Wohnraum entgegen, durch Tankstellen werden aufgrund des Verkehrsaufkommens Konflikte mit der geplan‐ ten Wohnnutzung befürchtet. Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Anlagen für die Verwaltung können in untergeordnetem Umfang zur Wohn‐ nutzung eine sinnvolle oder verträgliche Ergänzung darstellen und können des‐ halb gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, soweit sie räumlich untergeordnet sind und keine verkehrlichen oder schalltechnischen Be‐ lange entgegenstehen. Unter Berücksichtigung der an drei Seiten des Plangebiets anschließenden Wohn‐ bauflächen gewährleisten die Festsetzungen insgesamt die Umsetzung des ge‐ planten Vorhabens und eine homogene Entwicklung der bestehenden Wohnsied‐ lung. 4.3 Maß der baulichen Nutzung Das Maß der baulichen Nutzung wird bestimmt durch die Grundflächenzahl (GRZ) und die Wandhöhe. Festgesetzt wird der Maximalwert. Wandhöhen Die festgesetzten Wandhöhen ermöglichen eine zwei‐ bis viergeschossige Bebau‐ ung inklusive Staffelgeschoss und orientiert sich damit an der Höhenentwicklung der bestehenden Bebauung auf der Südwestseite der Ringstraße. Insofern fügt sich die geplante Bebauung in ihrer Höhe in das städtebauliche Umfeld ein. Die Bezugshöhen sind im zeichnerischen Teil als absolute Höhe über Höhennormal‐ null festgesetzt. Grundflächenzahl Die festgesetzte maximale Grundflächenzahl entspricht mit 0,4 der gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegten Obergrenze für Allgemeine Wohngebiete. Nach BauNVO darf die zulässige Grundfläche durch die in § 19 Absatz 4 Satz 1 be‐ zeichneten Anlagen um maximal 50% überschritten werden, also maximal bis zu einer Grundflächenzahl von 0,6. Dieser Wert ist jedoch zur Umsetzung des wohn‐ und betriebstechnisch erforderlichen Umfangs an Parkierungsflächen und Tiefga‐ ragen nicht ausreichend. Deshalb ist es notwendig, dass abweichend von der Regelung in §19 Absatz 4 Satz 2 BauNVO eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu einer Grundflächenzahl von 0,75 zugelassen wird. Bei dem Vorhaben geht es um die Nachnutzung eines Gewerbe‐ standorts und um die Schaffung von neuem Wohnraum in Kombination mit Anla‐ gen für soziale und gesundheitliche Zwecke auf einem städtebaulich integrierten Standort. ‐ 14 ‐ Das Vorhaben stellt einen wertvollen Beitrag für die Schaffung von dringend be‐ nötigten innerstädtischen Wohnraum dar und trägt als Maßnahme der Innenent‐ wicklung aus dem im Baugesetzbuch formulierten Anspruch für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden Rechnung. Bei einer Überschreitung der zulässigen Grundfläche ist zu prüfen, ob die Über‐ schreitung der Schaffung von gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse entgegen‐ steht und im welchen Umfang ein Ausgleich für die Beeinträchtigungen geschaf‐ fen werden muss. Die Überschreitung wird nicht durch die Gebäude selbst bzw. eine erhöhte städte‐ baulichen Dichte verursacht, die Obergrenze der BauNVO für Allgemeine Wohn‐ gebiete wird eingehalten. Somit kann auch angesichts der gewählten Gebäude‐ stellung davon ausgegangen werden, dass eine ausreichende Besonnung und Be‐ lüftung der geplanten Gebäude und der bestehenden Gebäude in der Umgebung gegeben ist. Die Überschreitung der zulässigen Grundfläche resultiert vielmehr aus dem er‐ höhten Versiegelungsgrad und dem damit verbundenen Rückgang des Grün‐ und Baumbestandes. Um diesen negativen Folgen der Flächenversiegelung entgegen‐ zuwirken, wird eine ausreichende Erdüberdeckung und Begrünung für die Tiefga‐ ragen, die Begrünung der Dachflächen der Gebäude und weitere Pflanzgebote an den Gebietsrändern festgesetzt. Die Dachbegrünung dient ebenfalls der besseren Rückhaltung des Regenwassers und wirkt sich insgesamt positiv auf das Stadt‐ klima aus. Durch die Unterbringung der erforderlichen Stellplätze in Tiefgaragen wird Park‐ platzlärm für die geplante Bebauung und den umliegenden Bestand minimiert und somit negative Auswirkungen auf die Wohnqualität vermieden. Insofern wird es insgesamt städtebaulich für vertretbar gehalten, eine Überschrei‐ tung der zulässigen Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeich‐ neten Anlagen bis zu einer Grundflächenzahl von 0,75 zuzulassen. Geschossflächenzahl Zur Umsetzung des Vorhabens ist eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,17 erfor‐ derlich. Die GFZ bewegt sich damit in dem von der in § 17 der BauNVO für Allge‐ meine Wohngebiete vorgesehenen Rahmen. 4.4 Bauweise Die festgesetzte offene Bauweise sichert durch die damit einhergehende Be‐ schränkung der Länge der Baukörper, dass sich die geplanten Gebäude maßstäb‐ lich in ihre bauliche Umgebung einfügen. 4.5 Abstandsflächen In der südlichen Baugruppe werden die erforderlichen Abstandsflächen zwischen zwei der geplanten Gebäude in einem Teilbereich der Fassade nicht eingehalten, um eine bessere Abgrenzung des halböffentlichen Innenhofbereichs vom im Süd‐ westen des Planungsgebiets gelegenen öffentlichen Platzraum zu erreichen. Da ‐ 15 ‐ dadurch jedoch gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt wer‐ den, erscheint die Unterschreitung der Abstandsflächen in diesem beschränkten Umfang vertretbar. Aus diesem Grund wird festgesetzt, dass in diesem Bereich (Bereich „A1“ gemäß zeichnerischem Teil) die Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m reduziert werden dürfen. Die Belange des Brandschutzes bleiben von der Festsetzung unberührt. Auch für den Bereich zwischen dem geplanten Kindergarten und dem südlich an‐ grenzenden Wohngebäude wird eine Regelung für eine Reduzierung der Ab‐ standsflächen getroffen. Danach dürfen in dem im zeichnerischen Teil mit „A2“ festgesetzten Bereich die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflä‐ chen auf 0,125 der Wandhöhe reduziert werden. Eine Mindesttiefe von 2,5 m muss eingehalten werden. Vordächer bis zu einer Tiefe von 2,5 m dürfen auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden. Die Vermeidung dieser Regelung durch eine Verschiebung der Baukörper ist nicht möglich, da es sonst an anderer Stelle zu einer Überlappung der Abstandsflächen kommen würde. Eine Reduzierung der Geschosshöhen wurde ebenfalls geprüft, der konstruktive Aufbau der Geschosse und der Gründächer ist aber bereits mini‐ miert, so dass nur eine Reduktion der Geschossigkeit und damit des Wohnrau‐ mangebots zu einer Einhaltung der Abstandsflächen führen würde. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Geländeversprungs zwischen Kita und Wohngebäude keine nachteiligen Auswirkungen auf die Belichtung und Belüftung des Wohngebäudes zu erwarten sind. Auch für den Betrieb des Kindergartens sind keine negativen Auswirkungen zu erwarten, da im betroffenen Bereich keine dauerhaften Aufenthaltsräume vorgesehen sind. Die Vorgaben des Brandschut‐ zes wurden berücksichtigt. Insofern kann auch bei der geplanten Reduzierung der Abstandsflächen davon ausgegangen werden, dass weiterhin gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnissen herrschen. Insofern wird die getroffene Regelung zur Redu‐ zierung der Abstandsflächen in diesem Fall für vertretbar gehalten. An der östlichen Geltungsbereichsgrenze können die erforderlichen Abstandsflä‐ chen von 0,4 der Wandhöhe im Bereich der südlich gelegenen Baugruppe in zwei Teilbereichen (Flächen „A3“ gemäß zeichnerischem Teil) nicht auf den eigenen Grundstücksflächen nachgewiesen werden. Da das angrenzende Grundstück, auf das die Abstandsflächen fallen, dauerhaft für verkehrliche Zwecke genutzt wer‐ den, ist auch langfristig mit keiner weiteren Bebauung in diesem Bereich zu rech‐ nen. Insofern ist gewährleistet, dass auch trotz der reduzierten Abstandsflächen weiterhin gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich herrschen, so dass auch in diesem Bereich eine Regelung zur Reduzierung der Abstandsflä‐ chen vertretbar erscheint. Im Übrigen werden die von der LBO Baden‐Württemberg für Allgemeine Wohn‐ gebiete vorgesehenen Abstandsflächen eingehalten. ‐ 16 ‐ 4.6 Erschließung 4.6.1 ÖPNV Das Plangebiet ist über die beiden Haltepunkte der Bushaltestelle „Wolfarts‐ weier‐Nord“ in der Steinkreuzstraße bzw. über die Buslinien 27 – Durlach – Palm‐ bach (Waldbronn), 47 – Hauptbahnhof – Stupferich/Rathaus – 107 – Durlach – Ett‐ lingen und 118 – Zündhütle – Langensteinbach sowie über die Straßenbahnlinien 2 und 8 an das städtische ÖPNV‐Netz angeschlossen. Gemäß Verkehrsentwicklungsplan Karlsruhe ist eine Streckenergänzung der Stadtbahn von Wolfartsweier nach Ettlingen/Grünwettersbach vorgesehen, für die eine Freihaltetrasse im vorliegenden Entwurf berücksichtigt wurde. 4.6.2 Motorisierter Individualverkehr Die Erschließung für den motorisierten Individualverkehr erfolgt über das beste‐ hende Straßennetz der Ringstraße. Änderungen am bestehenden Straßennetz sind nach aktueller Einschätzung nicht erforderlich. Die geplanten Zufahrtsberei‐ che für die Tiefgaragen sind im zeichnerischen Teil festgesetzt. 4.6.3 Ruhender Verkehr Da die Freiflächen im Umfeld der geplanten Gebäude im Wesentlichen als woh‐ nungsbezogene Frei‐ und Grünflächen dienen sollen, werden die für die Nutzun‐ gen erforderlichen Stellplätze im Wesentlichen im Bereich von zwei Tiefgaragen untergebracht. Lediglich vor der geplanten Kindertagesstätte sind 7 ebenerdige Privatparkplätze vorgesehen. Außerdem werden entlang der Ringstraße 20 öf‐ fentliche Parkplätze vorgesehen. Insgesamt werden im Plangebiet 100 Stellplätze untergebracht. Bei der Ermittlung der erforderlichen Stellplätze wurde gemäß den Vorgaben der Landesbauordnung von einem Stellplatz pro Wohneinheit ausgegangen. Für die weiteren geplanten Nutzungen wurden die Vorgaben der VwV Stellplätze unter Einbeziehung des ÖPNV‐Bonus berücksichtigt. Danach ergibt sich ein Stellplatzbedarf von 94 Stellplätzen. Abzüglich der 20 öf‐ fentlichen Stellplätze ergibt sich, dass im Plangebiet für die geplanten Nutzungen 6 Stellplätze mehr als erforderlich angeboten werden. Fahrradstellplätze Die nach § 35 LBO („Wohnungen“) erforderlichen Stellplätze sind im Bereich der Tiefgaragen untergebracht. Zusätzlich werden weitere Fahrradstellplätze als Besucherstellplätze in den Au‐ ßenanlagen untergebracht. Insgesamt sind 233 (178 in TG und 55 oben) Fahrradstellplätze vorgesehen. 4.6.4 Geh‐ und Radwege Entlang der Ringstraße wird ein öffentlicher Gehweg vorgesehen. Die erforderli‐ che Fläche wird im zeichnerischen Teil als öffentliche Verkehrsfläche gesichert. ‐ 17 ‐ Der bestehende Wanderweg im Norden des Plangebietes wird erhalten und barri‐ erefrei an den bestehenden Wanderweg angeschlossen. Die Sicherung des Weges wird im zeichnerischen Teil durch ein Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit gesi‐ chert. Der bestehende Gehweg entlang der Westseite der Ringstraße wird erhalten und entsprechend fortgeführt. 4.6.5 Feuerwehrzufahrt Der außerhalb des Geltungsbereichs im Nord‐Osten an das Plangebiet angren‐ zende, derzeit beschränkte öffentlich gewidmete Weg (für Fußgänger und Rad‐ fahrer) ist verkehrsrechtlich als Feuerwehrzufahrt zulässig. Eine Umwidmung ist nicht erforderlich. 4.6.6 Ver‐ und Entsorgung Versorgung mit Strom, Gas, Wasser, Wärme Die Versorgung des Plangebietes erfolgt durch Anschluss an das bestehende Ver‐ sorgungsnetz. Entwässerung Die Entwässerung des Bauvorhabens erfolgt durch Anschluss an das bestehende Mischsystem. Es kann an den bestehenden Mischwasserkanal in der Ringstraße angeschlossen werden. Die Einleitbeschränkung für Regenwasser beträgt 65 l/s. Darüber hinaus anfallendes Regenwasser ist zurück zu halten. Zur Entlastung der bestehenden Kanalisation werden Retentionsmaßnahmen umgesetzt. Dazu zählen die extensive Begrünung der Dachflächen der Hauptge‐ bäude mit einer Aufbaustärke von mindestens 12 cm und die intensiv begrünten Aufbauten (durchlässige Überdeckung) der Tiefgarage (für Anlagen zur natürli‐ chen Entlüftung der Tiefgaragen, für die zulässigen Nebenanlagen und für Wege darf die Vegetationsdecke unterbrochen werden). Im Rahmen der Entwässerungsplanung wird auch ein Überflutungsnachweis ge‐ mäß DIN 1986‐100 geführt. Abfallentsorgung Die notwendigen Aufstellflächen für Abfallbehälter sind in die Gebäude integriert. Die Entsorgung der Abfallbehälter erfolgt über die Ringstraße. Der Abstand der geplanten Aufstellflächen zur Ringstraße beträgt weniger als 15 m. 4.7 Gestaltung Die Gestaltung der Gebäude ist Ergebnis einer Mehrfachbeauftragung und wurde bereits im Ortschaftsrat Wolfartsweier und im Planungsausschuss der Stadt Karls‐ ruhe behandelt und befürwortet. Die mit begrünten Flachdächern versehene Bebauung wird neben der angrenzen‐ den Wohnbebauung als eigenständige Einheit wahrgenommen. In Länge und Ge‐ schossigkeit fügen sich die zwei‐ bis viergeschossigen Baukörper aber maßstäb‐ lich in die umliegende Bebauung ein. ‐ 18 ‐ Auch die Gliederung der Fassaden sowie die Materialität der Fassade schaffen Be‐ züge zur bestehenden Bebauung. Die Fassaden sind als helle Putzfassaden mit dunkleren Akzenten gestaltet. Die Staffelgeschosse sind durch Rücksprünge ge‐ genüber den darunterliegenden Geschossen abgesetzt. Um zu verhindern, dass Dachaufbauten störend in Erscheinung treten, haben sie, mit Ausnahme von Aufzugsüberfahrten, zu Außenfassaden mindestens im selben Maß Abstand zu halten, in dem sie die Höhe des oberen Fassadenabschlusses (Flachdachattika) überschreiten. Um ein durchgängiges Erscheinungsbild zum Straßenraum sicherzustellen und zur Verbesserung der Durchgrünung des Plangebietes sind Einfriedigungen nur als geschnittene Hecken mit oder ohne dahinter liegendem Drahtgeflecht bzw. Metallgitterzaun zulässig. Da zum Abfangen des Geländes zur Umsetzung des Vorhabens an mehreren Stellen des Plangebiets Stützmauern erforderlich sind, werden diese zugelassen. Werbeanlagen und Automaten sind aufgrund der geplanten Nutzung und der Auswirkung auf das Ortsbild nur eingeschränkt vorgesehen und werden daher in ihrer Größe und Lage beschränkt. 4.8 Grünordnung / Ersatz‐ und Ausgleichsmaßnahmen / Artenschutz 4.8.1 Grünplanung, Pflanzungen Von der Baumaßnahme sind insgesamt 74 durch die städtische Baumschutzsat‐ zung erfasste Bäume betroffen, für die eine Fällerlaubnis erforderlich ist. Für 22 Pappeln im Plangebiet lag eine Fällerlaubnis aus dem Jahr 2007 vor, auf deren Grundlage bereits damals 7 Pappeln gefällt wurden. Eine weitere Pappel wurde etwa im Jahr 2004 auf 3 bis 4 Meter Höhe reduziert. Die Gültigkeit jener Fällgenehmigung ist zwischenzeitlich abgelaufen Vom Sachverständigenbüro Weber wurde im Zuge des Verfahrens ein Gutachten zur Verkehrssicherheit des Baumbestandes von noch 15 Pappelexemplaren, hier‐ von 13 in einer „Pappelgruppe“ (Stand: 17.12.2018) erstellt, in dem bei 4 ausge‐ wählten Kanada‐ Pappeln eine Stichprobe durchführt wurde und Angaben zur Stand‐ und Bruchsicherheit im Sinne der Verkehrssicherheit gemacht werden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass 2 der untersuchten Kanada‐Pappeln nicht ver‐ kehrssicher sind und im Winter 2018/19 gefällt werden müssen, wobei die Belange des Artenschutzes zu berücksichtigen sind. Bei einem Baum sind Pflegemaßnah‐ men zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit notwendig. Einer der unter‐ suchten Bäume ist noch verkehrssicher. Da die Bäume fast alle vom Pappelglas‐ flügler befallen sind, kann über die restlichen Bäume, die nicht eingehend unter‐ sucht wurden, keine Aussage über die Verkehrssicherheit getroffen werden. Es ist anzunehmen, dass sich der Schädling immer noch in den Bäumen befindet. Über die Bohrlöcher können zusätzlich holzzersetzende Pilze eintreten. Nach Einschät‐ zung des Gutachters ist es fraglich, ob diese Pappelgruppe noch lange erhalten werden kann. Für die beiden nicht verkehrssicheren Bäume wurde bereits eine Fällgenehmi‐ gung erteilt und die Fällung durchgeführt, da sie eine akute Gefahr für mehrere ‐ 19 ‐ Fußwege, die Straßenbahnwendeschleife und ein benachbartes Wohnhaus dar‐ stellen. Im Zuge der Fällarbeiten sind die angrenzenden Bäume durch Kronenre‐ duzierungen zu entlasten, um deren Verkehrssicherheit bei den veränderten Ver‐ hältnissen gewährleisten zu können. Die in der Fällgenehmigung enthaltenen ar‐ tenschutzrechtlichen Vorgaben wurden bei der Fällung berücksichtigt. Da bei der Untersuchung der beiden Bäume 3 Eichhörnchenkobel festgestellt wurden, war die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme für Eichhörnchen im Rah‐ men der Fällgenehmigung erforderlich. Die Fällung der restlichen Bäume ist für den Herbst 2019 vorgesehen. Vorgesehen ist der Erhalt einer Birke und einer Vogelkirsche am nordwestlichen Grundstücksrand. Der Erhalt dieser Bäume wurde planungsrechtlich gesichert. Details zur Sicherstellung des fachgerechten Erhalts sind im Durchführungsver‐ trag geregelt. Es werden insgesamt 46 Einzelbäume und eine Fläche von ca. 482 m² mit Wildhecke gepflanzt. Die Pflanzungen sind planungsrechtlich gesichert. Sie sind zu unterhalten, zu pflegen und bei Abgang in der darauf folgenden Pflanzperiode gleichwertig zu ersetzen Die Tiefgarage wird mit einer Substratschicht bedeckt, deren Stärke oberhalb der „Drän‐/Retentions‐ und Filterschicht“ mindestens 40 cm betragen soll und je nach Standort und Art der Bepflanzung bis zu ca. 0,9 m betragen kann. Dadurch wird eine entsprechende Begrünung mit Rasen, Stauden und z.T. Bäumen ermöglicht. Die Flachdächer werden ebenfalls begrünt, so dass gegenüber dem bisherigen Zustand eine stärkere Durchgrünung des Planungsgebietes umgesetzt wird. Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die Befestigung von Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solarthermischen Nut‐ zung sind so zu gestalten, dass sie nicht zur Reduzierung des Volumens des Schichtaufbaus der Dachbegrünung führen. Siehe dazu auch die Hinweise, Ziffer 11. Die Stärke des Dachbegrünungssubstrats auf den Dächern oberhalb einer Drän‐ und Filterschicht hat mindestens 12 Zentimeter zu betragen. Die Einsaat erfolgt mit einer Mischung (60:40) aus Kräutern und Gräsern aus den Listen unter den Planungsrechtlichen Festsetzungen, Ziffer 8.2. 4.8.2 Ausgleichsmaßnahmen Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenent‐ wicklung, der eine Größe der überbaubaren Grundfläche von weniger als 20.000 m² festsetzt. Er wird im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Ein Ausgleich der durch den Bebauungsplan zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft ist deshalb nicht erforderlich. ‐ 20 ‐ 4.8.3 Maßnahmen für den Artenschutz Nachfolgend wird die Entwicklung des artenschutzrechtlichen Maßnahmenkon‐ zepts erläutert. Dabei werden zuerst die aus dem artenschutzrechtlichen Fachbei‐ trag abgeleiteten Maßnahmen dargestellt, anschließend die Ergänzungen des Maßnahmenkonzepts im Laufe des Verfahrens. Maßnahmenkonzept des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags Für die Belange des Artenschutzes wurde vom Büro arguplan GmbH aus Karlsruhe ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag erstellt. Darin wurde die Planung auf ein Vorliegen bzw. eine drohende Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstat‐ bestände des § 44 Abs.1 BNatSchG geprüft und insofern das besondere Arten‐ schutzrecht des BNatSchG abgearbeitet. Abgeleitet von der unter Ziffer 3.2.3 dar‐ gestellten Bestandsaufnahme von relevanten Arten werden in dem Fachbeitrag nachfolgende Maßnahmen empfohlen: Vögel Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Entfernung des Vegetationsbestandes außerhalb der Brutzeit der Vögel  Baubeginn außerhalb der Brutzeit  Ersatzpflanzungen von Gehölzen im Plangebiet zur Minimierung des Ver‐ lustes des bestehenden Pappelwäldchens (Schnellwachsende Baumgruppe und Wildhecke) Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen) außerhalb des Pla‐ nungsgebiets:  Aufhängen von Vogelnistkästen: ‐ 2Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32 mm) (Aufhänghöhe > 2 m) ‐ Die externen CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden im Umfeld des Plangebiets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 durchgeführt. Die Orte, wo die Kästen installiert werden sollen, sind der nachfolgenden Abb. 2 zu entnehmen. Der Verbleib der Kästen auf dem städtischen Grundstück Flurstück Nr. 20308 wird im Rahmen des Durchfüh‐ rungsvertrags verbindlich geregelt. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen) innerhalb des Planungsgebiets): ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32mm) (Aufhänghöhe > 2 m) Die internen CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden in den beiden zum Erhalt festgesetzten Bestandsbäumen umgesetzt. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet)  Installation von Vogelkästen: ‐ 21 ‐ ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32 mm) (Aufhänghöhe > 2 m). Es ist geplant, die beiden Kästen auf die beiden Giebelseiten der Kindertagesstätte zu verteilen. Abb.2 Anbringungsorte für Nistkästen für Vögel und Fledermäuse (CEF‐Maßnahmen) ‐ 22 ‐ Fledermäuse Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Entfernung des Vegetationsbestandes in der Aktivitätszeit der Fleder‐ mäuse  Gebäudeabriss in der Aktivitätszeit der Fledermäuse Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Fledermauskästen: ‐ 2 Fledermauskästen (Modell Schwegler: Typ 1FF Flachkasten) (Aufhäng‐ höhe > 3 m) Die CEF‐Maßnahmen (Fledermauskästen) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung der Anbringungsorte auf Abb. 2. Der Verbleib der Kästen auf dem städtischen Grundstück Flurstück Nr. 20308 wird im Rah‐ men des Durchführungsvertrags verbindlich geregelt. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet)  Installation von Fledermauskästen: ‐ 2 Fledermauskästen am geplanten Kindergartengebäude Ergänzung des Maßnahmenkonzepts im Verfahren Abgeleitet von den Anregungen der Träger öffentlicher Belange und den Untersu‐ chungsergebnissen von weiteren Begehungen des Plangebiets im Dezember 2018 wurde das Maßnahmenkonzept ergänzt. Nachfolgend wird nach betroffenen Ar‐ ten sortiert zusammenfassend dargestellt, welche Ergänzungen vorgenommen wurden und wie die Anregungen der Träger öffentlicher Belange bewertet wurden. Vögel Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Maßnahmen gegen Vogelschlag Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Vogelnistkästen: ‐ Zusätzliche Installation von 1 Starenkasten (Modell Schwegler: Staren‐ höhle 3S) (Aufhänghöhe > 2 m) Die CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung gem. Abb. 2. ‐ 23 ‐ Erläuterung zu den die Vögel betreffenden Ergänzungen:  Beobachtung von Star (RL‐D 3) und Klappergrasmücke (RL‐BW V) als wert‐ gebende Brutvogelarten sowie dem streng geschützten Grünspecht: Das Vorkommen des Stars wird bei dem Maßnahmenkonzept berücksich‐ tigt, indem ein Nistkasten im Umfeld zusätzlich aufgehängt wird. Beim Grünspecht ist vorhabenbedingt nicht mit einem Revierverlust zu rechnen. Da die Art im Allgemeinen Reviergrößen von über 150 ha besitzt und, wie das Vorkommen im Bereich des Planungsraumes zeigt, im Umfeld geeignete Lebensräume (mit Brutbäumen) existieren, ist ein Ausweichen auf die Umgebung möglich. Ausgleichsmaßnahmen für die Art sind daher nicht erforderlich. Das Revierzentrum der Klappergrasmücke wurde im Zuge der artenschutz‐ rechtlichen Untersuchungen in einer Hecke im direkten Umfeld der Ein‐ griffsfläche festgestellt. Das Revier erstreckte sich auch auf die Gehölzrand‐ zone des Geltungsbereichs. Da somit mit keinem vollständigen Revierver‐ lust zu rechnen ist, sind vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nicht erfor‐ derlich. Die Art profitiert auch von der geplanten Anlage von Wildhecken am Nordrand des Planungsraumes.  Beobachtung der Heckenbraunelle und der Nachtigall (Brutvogelarten): Bei den genannten Arten handelt es sich um ungefährdete Arten. Im Regel‐ fall ist gemäß der aktuellen Rechtsprechung davon auszugehen, dass bei den häufigen und verbreiteten Vogelarten aufgrund deren günstigen Erhal‐ tungszustandes und der großen Anpassungsfähigkeit ein Vorhaben nicht gegen die Verbote des § 44 BNatSchG verstößt (s. Bick 2016, Natur und Recht 38 (2): 73‐78). Durch die geplante Anlage von Wildhecken im Norden des Geltungsbereichs werden für die Arten Ersatzlebensräume zur Verfü‐ gung gestellt, so dass das Beschädigungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht ausgelöst wird. Aufgrund der Gehölzbeseitigung außer‐ halb der Brutzeit wird der Tötungsverbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt.  Berücksichtigung des Themas Vogelschlag: Als Minimierungsmaßnahme ist vorgesehen, dass für großflächige Glasele‐ mente ausschließlich Elemente aus bedrucktem vogelschlagsicherem Glas zu verwenden sind. Außerdem ist auf Übereckverglasungen und spiegelnde Elemente zu verzichten. Im Bedarfsfall werden die Maßnahmen mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz abgestimmt. ‐ 24 ‐ Fledermäuse Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Fledermauskästen: ‐ Installation von 8 Fledermauskästen (Modell Schwegler: Typ 1FF Flachkas‐ ten) (Aufhänghöhe > 3 m) Die CEF‐Maßnahmen (Fledermauskästen) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung Abb. 2. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet) ‐ Installation von 16 fassadenintegrierte Kästen für Fledermäuse in den neu entstehenden Gebäuden (2 Kästen pro Gebäude = 16 Kästen, Modell Sch‐ wegler: Typ 1 FR Fassadenröhre) (Aufhänghöhe > 3 m) Erläuterung zu den die Fledermäuse betreffenden Ergänzungen des Maßnah‐ menkonzepts im Laufe des Verfahrens: Zu den Gebäuden  Beim Gebäudeabriss sollen potentielle Strukturen, wie zum Beispiel das At‐ tikablech, in Anwesenheit der ökologischen Baubegleitung vorsichtig und nach Möglichkeit händisch entfernt werden.  Der Abbruch wird in Anwesenheit einer ökologischen und fledermauskund‐ lichen Baubegleitung mit vorheriger Detektorefassung durchgeführt.  Die Integration von 16 Fledermauskästen in den neuen Gebäuden wird fest‐ gesetzt. Acht Fledermausflachkästen wurden bereits an nahe gelegenen Bäumen aufgehängt um einen ausreichenden Ausgleich für wegfallende Fortpflanzungs‐ und Ruhestätten zu schaffen.  Dem Verdacht auf Wochenstuben der Zwergfledermaus in den Gebäuden wurde im Rahmen einer Baum‐ und Gebäudekontrolle im Dezember 2018 nachgegangen und hat sich nicht bestätigt. Zum Baumbestand  Baumkontrolle zwecks gegebenenfalls vorgezogener Fällung: Im Baumbestand gibt es keine großen Baumhöhlen. Lediglich eine kleinere, fledermausgeeignete Höhle (derzeit ungenutzt) und Kleinstrukturen/Rin‐ denstrukturen. Bei der Gebäude‐ und Baumkontrolle im Dezember 2018 wurde festgestellt, dass keine Winterquartiere durch die Fällung betroffen sind, da die Äste der Pappeln stark der Witterung ausgesetzt sind und keine ungestörten, frostfreien Aufenthaltsorte bieten. Durch eine Sichtkontrolle durch Baumkletterer konnte die Wahrscheinlich‐ keit, dass Tiere bei den Fällarbeiten zu Schaden kommen, besser beurteilt werden. Im vorliegenden Fall konnte das Risiko, dass Fledermäuse im Win‐ terschlaf bei einer Fällung betroffen sind, stark eingegrenzt werden, da ‐ 25 ‐ kaum bis keine geeigneten Strukturen vorhanden sind. Ein signifikant er‐ höhtes Tötungsrisiko von Fledermäusen durch eine Fällung in den Winter‐ monaten besteht somit nicht.  Ausgleich der Balzhabitate und zugehöriger Quartiere: Der Bebauungsplan setzt neben den allgemeinen Pflanzgeboten auch die Pflanzung mehrerer großkroniger Bäume (18‐20cm Stammumfang bei Pflanzung) und Wildhecken fest. Im Westen grenzt die landwirtschaftliche Feldflur von Wolfartsweier, seit Neuestem geschützt durch das Land‐ schaftsschutzgebiet „Oberwald‐Rißnert”, an den Vorhabenbereich. Im Os‐ ten grenzt Wolfartsweier direkt an den Bergwald und das Landschafts‐ schutzgebiet ,,Bergwald‐Rappeneigen“. Das Gebiet zeichnet sich durch na‐ turnahe Waldtypen, reizvolle Waldränder mit Übergängen zu extensiven Gärten und Streuobstwiesen aus. Der Baumbestand in der Steinkreuz‐ straße ist zwar ein Teillebensraum von Fledermäusen. Eine essentielle Be‐ deutung als Nahrungshabitat, Balzquartier, Winter‐ und Sommerquartier ist dem Bestand jedoch nicht zuzusprechen.  Tagesquartier der Zwergfledermaus im Pappelbestand; Nahrungsquartier von Zwergfledermäusen, Kleinen Abendseglern, Breitflügelfledermäusen und Grauen Langohren: Durch die Integration von Fledermauskästen in den neuen Gebäuden, auf‐ gehängte Fledermauskästen im Umfeld des Plangebiets, neue Gebäu‐ desturkturen, der Pflanzung von großkronigen Bäumen und Wildhecken und die Nähe zum Bergwald wird gewährleistet, dass der Erhaltungszu‐ stand der Population verschiedener Fledermausarten sich nicht verschlech‐ tert. Von dem Aufhängen der Kästen soll in erster Linie die Zwergfleder‐ maus profitieren, welche das Plangebiet als Tagesquartier nutzt. Allen üb‐ rigen von den Naturschutzverbänden gemeldeten Arten (Kleinabendseg‐ ler, Breitflügelfledermaus) dient der Geltungsbereich bzw. der dortige Pap‐ pelbestand möglicherweise als Nahrungshabitat. Aber auch sie können die Kästen ebenfalls als Einzelquartier nutzen. Der Pappelbestand wurde sei‐ tens der Naturschutzverbände aufgrund der relativ geringen Entfernung zu einem bekannten Quartier des Grauen Langohrs eine essenzielle Bedeu‐ tung zugesprochen. Diese Einschätzung konnte trotz intensiver Fledermau‐ suntersuchungen nicht bestätigt werden, was auch fachlich der „wenig mo‐ bilen und strukturgebundenen“ Art entspricht. Um die Beanspruchung ei‐ nes Nahrungslebensraumes für alle betroffenen Arten auszugleichen, ist die Anlage einer Wildhecke und von Baumgruppen am Nordostrand des Geltungsbereich vorgesehen. Eine essentielle Bedeutung als Nahrungsha‐ bitat, Balzquartier, Winter‐ und Sommerquartier ist dem Bestand jedoch nicht zuzusprechen. ‐ 26 ‐ Sonstige Tierarten Haselmaus Als weitere Art wurde seitens der Naturschutzverbände im Plangebiet ein Vorkommen der Haselmaus vermutet. Hierzu wurde vom Fachplanungs‐ büro eine Potentialanalyse durchgeführt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass im Vorhabenbereich nicht mit der Haselmaus zu rechnen ist. Eichhörnchen  Im Rahmen der Baum‐ und Gebäudekontrolle im Dezember 2018 wurden Eichhörnchen als weitere artenschutzrechtlich relevante Art im Plangebiet identifiziert. Eichhörnchen sind national besonders geschützt. Solange kein zulässiges Eingriffsvorhaben vorliegt, ist eine Ausnahme der unteren Na‐ turschutzbehörde erforderlich, sollte eine Störung oder Tötung der Eich‐ hörnchen unumgänglich sein. Diese wurden mit folgender Maßgabe erteilt: Bei der Fällung des Baumbestandes (im Januar/Februar) inklusive Sträucher nach Fällfreigabe sind die Bäume mit den meisten Eichhörnchenkobeln zu belassen (gemäß Bericht zum Kontrolltermin 2 Bäume). So verbleiben acht Kobel, um den dort lebenden Eichhörnchen die Winterruhe und die an‐ schließende Fortpflanzung zu ermöglichen. Fällung der ,,Kobelbäume” er‐ folgt Ende August/Anfang September 2019 nach Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz. Fledermäuse sind in diesem Zeit‐ raum mobil und können, sollten sie sich in den Bäume aufhalten, fliehen. Insekten  Zum Schutz der Insektenpopulation wurde festgesetzt, dass für die Stra‐ ßenbeleuchtung und die grundstücksbezogene Beleuchtung insekten‐ freundliche Leuchtmittel (1. Priorität: LED, 2. Priorität: Natriumnieder‐ drucklampen) zu verwenden sind, wobei die Leuchten nach oben abge‐ schirmt sein müssen (Fokussierung des Lichtstroms auf die zu beleuch‐ tende Fläche). Die Leuchtengehäuse müssen gegen das Eindringen von Spinnen und Insekten geschützt sein, die Oberflächentemperatur der Leuchten darf 60° C nicht überschreiten. Die im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vorgeschlagenen bzw. im Verfahren er‐ gänzten artenschutzrechtlichen Maßnahmen wurden, soweit es sich um Maßnah‐ men innerhalb des Geltungsbereichs handelt, in den Bebauungsplan übernommen, des Weiteren im Durchführungsvertrag geregelt. Die Maßnahmen außerhalb des Geltungsbereichs (CEF‐Maßnahmen) werden durch entsprechende Regelungen im Durchführungsvertrag gesichert. . 4.9 Belastungen 4.9.1 Altlasten Aufgrund der jahrelangen altlastenrelevanten Nutzung kann eine Verunreinigung des Untergrundes und des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden. Aus fach‐ technischer Sicht sind auf dem Gelände weitere bodenschutzrechtliche Untersu‐ ‐ 27 ‐ chungen für den Wirkungspfad Boden‐Grundwasser erforderlich. Untersuchun‐ gen hinsichtlich des Wirkungspfades Boden‐Mensch können in Abhängigkeit der Detailplanung erforderlich werden. Anfallendes Rückbau‐ und Aushubmaterial ist in jedem Fall abfallrechtlich zu un‐ tersuchen. Im Vorfeld sind ein Rückbau‐ sowie ein Aushub‐ und Entsorgungskon‐ zept von einem Sachverständigen zu erarbeiten und der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz vorzulegen. Sämtliche Baumaßnahmen sind gutachterlich zu überwachen. Eine Muldenversickerung über mögliche vorhandene anthropogene Auffüllungen oder nutzungsbedingte Verunreinigungen ist nicht zulässig. Die Auffüllungen bzw. das verunreinigte Bodenmaterial sind auszuheben und fachgerecht zu ent‐ sorgen. Die Schadstofffreiheit ist analytisch nachzuweisen (Sohlbeprobung). Die weiteren und abschließenden Bodenuntersuchungen können vollständig erst nach Abriss der Bestandsgebäude durchgeführt werden. 4.9.2 Schall Im Rahmen der schalltechnischen Stellungnahme waren zum einen Aussagen über die Einwirkungen durch Verkehrslärm auf das Plangebiet anhand der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau) sowie durch Straßenbahnlärm zu beurteilen. Weiterhin sind die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Umgebung zu beur‐ teilen. Hierbei ist der von der Zufahrt zur Tiefgarage ausgehende Lärm als Gewer‐ belärm einzustufen und nach der TA‐Lärm zu beurteilen. Ergänzend ist zu unter‐ suchen, inwieweit sich Geräuschimmissionen aus der geplanten Kindertages‐ stätte mit angrenzendem Spielplatz auf das Plangebiet auswirken. Aufgrund der unter Ziffer 3.5. dargestellten Immissionssituation in der Umgebung des Plangebietes wurde zur Klärung der schalltechnischen Belange ein schalltech‐ nisches Gutachten vom Büro „Schalltechnik Dr. Müller“ aus Rheinstetten erstellt. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Der resultierende Lärmeintrag aus dem Straßen‐ und Schienenverkehr liegt be‐ reichsweise deutlich über den Lärmpegeln, die nach den Planungsrichtwerten der städtebaulichen Schallschutznorm DIN 18 005 /1/ für eine Bebauung mit wohnli‐ cher Nutzung anzustreben sind. Deshalb werden im Bebauungsplan geeignete Lärmminderungsmaßnahmen festgesetzt. Hierbei werden durch geeignete Bau‐ formen bzw. Grundrissgestaltung und passive Schallschutzmaßnahmen an Ge‐ bäuden verträgliche Verhältnisse in Wohn‐ und Arbeitsräumen geschaffen. Abschirmmaßnahmen sind an den zur Steinkreuzstraße bzw. S‐Bahn‐Schleife weisenden Gebäudefassaden nicht durchführbar. Eine etwaige Abschirmung von der Steinkreuzstraße (z.B. durch eine h = 2 m hohe Lärmschutzwand) wurde ge‐ prüft, könnte in Teilen der Bebauung aber keine spürbare Minderung der Beurtei‐ lungspegel bewirken, zumindest nicht in den oberen, zur wohnlichen Nutzung ge‐ planten Gebäudebereichen. Aufgrund der nur in einem kleinen Einwirkungsbereich in Bodennähe erreichba‐ ren Verbesserung der Geräuschimmissionssituation, der Barrierewirkung einer solchen Mauer und den negativen Auswirkungen auf das Ortsbild erscheint diese aufwändige bautechnische Maßnahme als nicht angemessen und städtebaulich ‐ 28 ‐ vertretbar. Der angestrebte offene Charakter des geplanten öffentlichen Platzes im Süden des Geltungsbereichs wäre so nicht umsetzbar, auch Sicherheitsas‐ pekte (mangelnde Einsehbarkeit) sprechen gegen eine solche Lösung. Hinsichtlich möglicher Geräuscheinwirkungen aus dem Betrieb des Kindergartens ist festzustellen, dass Kinderlärm, der von Kindertageseinrichtungen, Kinderspiel‐ plätzen ausgeht, gemäß BImSchG /2/(§ 22 Abs.1a) im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung ist und im Wohnumfeld hingenommen werden muss. Ein Bolzplatz bzw. eine Skateranlage oder ähnliches durch Nutzung von Jugendlichen ist nicht vorgesehen. Der Kinder‐ Spielplatz im Außenbereich des Kindergartens wird ausschließlich von Kindern und nicht von Jugendlichen genutzt. Dies wird durch eine entsprechende Beschilderung sichergestellt. Die im Gutachten vorgeschlagenen aktiven und passiven Schallschutzmaßnah‐ men wurden in die Festsetzungen des Bebauungsplans übernommen. Im Gutachten wird außerdem eine ergänzende Maßnahme genannt, die zu einer weiteren Reduzierung der Schallbelastung und damit zu einer Verbesserung der Wohnqualität führt, aus schalltechnischer Sicht unter Berücksichtigung der rele‐ vanten Normen jedoch nicht zwingend erforderlich ist und daher auch nicht als Festsetzungsvorschlag im Gutachten genannt wird. Danach können zum Schutz der Außenbereiche (Loggien und Balkone o.ä.), welche direkt an der Steinkreuz‐ straße liegen, diese zusätzlich mit einem „verglasten Wintergarten“ o.ä. mit ei‐ nem bewerteten Schalldämmmaß von Rw > 25 dB eingeplant werden. 4.9.3 Luftqualität Eine relevante Erhöhung der Luftbelastung durch das Vorhaben ist nicht zu er‐ warten. Durch die punktartige Positionierung der Gebäude wird ein ausreichender Luftaustausch gewährleistet. Der erhöhte Dämmstandard der Gebäude in Verbin‐ dung mit einer effizienten Energieversorgung (siehe auch unter Ziff. 4.9.4) tragen dazu bei, den Ausstoß von Luftschadstoffen zu minimieren. 4.9.4 Energieeffizienz / Klimaschutz Für die Bebauung des Plangebiets hat der Vorhabenträger ein Energiekonzept er‐ stellt. Dabei wurden verschiedene Varianten der Gebäudehülle inklusive der Anla‐ gen zur Raumheizung und zur Trinkwarmwasserbereitung mit Hilfe von Energie‐ bilanzen untersucht. Die zur Umsetzung vorgesehene Vorzugsvariante sieht eine zentrale Wärmever‐ sorgung aller Gebäude über ein hocheffizientes Nahwärmenetz mit Gas‐BHKW und Spitzenlastkessel vor. Über das BHKW kann so in Kraft‐Wärme‐Kopplung der größte Teil der benötigten Wärme bereitgestellt sowie zusätzlich Strom produ‐ ziert und vor Ort genutzt werden. Die Wärmeverteilung in den Gebäuden erfolgt über niedertemperaturbasierte Flächenheizungen. Die Belüftung der Gebäude wird über dezentrale Lüftungsanlagen (Wohngebäude) bzw. eine zentrale Lüf‐ tungsanlage (Kindertagesstätte) mit Wärmerückgewinnung realisiert. In Kombi‐ nation mit erhöhten Dämmstärken bei den Bauteilen der Gebäudehülle sowie ei‐ ner durchgehenden 3‐fach Wärmeschutzverglasung wird bei den Wohngebäuden der Standard eines KfW‐Effizienzhaus 55 erreicht. Die Kindertagesstätte verpasst ‐ 29 ‐ bei gleicher Ausführung auf Grund der schlechteren Bewertung durch die Berech‐ nung nach DIN 18599 (Nichtwohngebäude) den KfW‐55‐Standard nur knapp. Dennoch werden auch hier gesetzliche Anforderungen der Energieeinsparverord‐ nung (EnEV) um ‐23% beim Jahres‐Primärenergiebedarf (Qp‘) bzw. mit über ‐50% beim mittleren U‐Wert (Ht‘) für opake Bauteile unterschritten. Die Absicherung des KfW 55 Standards der Wohngebäude erfolgt über den Durchführungsvertrag. Die Begrünung der Flachdächer und der Tiefgarage, die Gestaltung der Fassaden als helle Putzfassaden und die punktartige, die Durchlüftung erlaubende Gebäu‐ deanordnung vermeiden eine negative Wirkung auf das Lokalklima. 4.9.5 Kampfmittel Von der Firma UXO PRO CONSULT wurde für das Plangebiet eine Luftbildaus‐ wertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittelbelastung erstellt. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Die Auswertung der Luftbildaufnahmen hat den Verdacht der Kontamination des Erkundungsgebietes mit Kampfmitteln nicht bestätigt. Nach jetzigen Kenntnis‐ stand sind keine weiteren Maßnahmen notwendig. Die Luftbildauswertung resultiert in der Erkenntnis, dass die zu untersuchende Wahrscheinlichkeit der Kontamination des Erkundungsgebietes mit Kampfmit‐ teln verschwindend gering ist. Folglich besteht keine zwingende Notwendigkeit, den Beginn der Phase B (technische Erkundung der Kampfmittelbelastung und Gefährdungsabschätzung) der Kampfmittelräumung zu veranlassen. Nach jetzi‐ gem Kenntnisstand ist die technische Erkundung demnach nicht zwingend not‐ wendig. Die tatsächliche Kampfmittelbelastung des Erkundungsgebietes kann ausschließlich durch technische Methoden vor Ort überprüft werden. 5. Umweltbericht Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenent‐ wicklung, der eine Größe der überbaubaren Grundfläche von weniger als 20.000 m² festsetzt. Er wird im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Eine Umweltprü‐ fung ist deshalb nicht durchzuführen. 6. Sozialverträglichkeit Bei der Planung wurden im Hinblick auf Sozialverträglichkeit insbesondere die nachfolgend erörterten Aspekte berücksichtigt: Das Vorhaben ist in Teilbereichen eine Maßnahme des sozial geförderten Woh‐ nungsbaus. Die Gebäude sind teilweise barrierefrei konzipiert, die Wohnungsgrö‐ ßen und Zuschnitte orientieren sich an den Bedürfnissen der Nutzer. 7. Statistik 7.1 Flächenbilanz Wohngebiet ca. 0,65 ha 79,00% Verkehrsflächen ca. 0,17 ha 21,00% Grünflächen ca. 0,00 ha Ausgleichsflächen ca. 0,00 ha Gesamt ca. 0,82 ha 100,00% ‐ 30 ‐ 7.2 Geplante Bebauung Anzahl Wohneinheiten Bruttogrundfläche Einzelhäuser 8 61 14.779 m² 7.3 Bodenversiegelung1 Gesamtfläche ca. 0,82 ha 100,00% Derzeitige Versiegelung ca. 0,18 ha 21,95% Durch den Bebauungsplan max. zulässige versiegelte Fläche ca. 0,66 ha 80,49% 8. Kosten Alle im Zusammenhang mit dem Vorhaben anfallenden Kosten einschließlich der Erschließungsanlagen übernimmt der Vorhabenträger. Der Stadt Karlsruhe ent‐ stehen keine Kosten. 9. Durchführung Alle Verpflichtungen des Vorhabenträgers werden im Durchführungsvertrag gere‐ gelt. 10. Übersicht der erstellten Gutachten ‐ Schallgutachten, Schalltechnik–Dr. Müller, Fassung vom 12. Juni 2018 ‐ Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, arguplan, Fassung vom April 2018 ‐ Historische Altlastenerkundung, GHJ, Fassung vom 6. März 2018 ‐ Baugrundgutachten, Geologisches Büro Jochen Lang, Fassung vom 12. April 2018 ‐ Luftbildauswertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittelbelas‐ tung, UXO PRO CONSULT, Fassung vom 16. April 2018 1 Die maximal zulässige versiegelte Fläche berechnet sich aus den versiegelten Verkehrsflächen, der maximal überbaubaren (auch mit Nebenanlagen) Grundfläche (in der Regel GRZ + 50 %, max. 80 % der Grundstücksfläche) der Baugrundstücke sowie allen anderen zur Versiegelung vorgesehenen Flächen im öffentlichen Raum. ‐ 31 ‐ B. Hinweise (beigefügt) 1. Versorgung und Entsorgung Für Entwässerung und Abfallentsorgung sind die Satzungen der Stadt Karlsruhe in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Die Abfallbehälter sind innerhalb der Grundstücke, nicht weiter als 15 m von der für Sammelfahrzeuge befahrbaren Straße entfernt, auf einem befestigten Stand‐ platz ebenerdig aufzustellen und mit einem zu begrünenden Sichtschutz zu verse‐ hen. Der stufenlose Transportweg ist zu befestigen, eine evtl. Steigung darf 5 % nicht überschreiten. Der notwendige Hausanschlussraum soll in möglichst kurzer Entfernung zum er‐ schließenden Weg liegen und 2,50 m bis 3,50 m Abstand von geplanten bzw. vor‐ handenen Bäumen einhalten. 2. Entwässerung Bei Ausbildung einer Sockelhöhe von 0,30 m über der Gehweghinterkante ist die Entwässerung der Gebäude ab dem Erdgeschoss gewährleistet. Tiefer liegende Grundstücks‐ und Gebäudeteile können eventuell nur über Hebeanlagen entwäs‐ sert werden. Die Entwässerungskanäle werden aus wirtschaftlichen Gründen für einen übli‐ cherweise zu erwartenden Niederschlag (Bemessungsregen) dimensioniert. Bei starken Niederschlägen ist ein Aufstau des Regenwassers auf der Straßenoberflä‐ che möglich. Grundstücke und Gebäude sind durch geeignete Maßnahmen des Vorhabenträgers selbst entsprechend zu schützen. 3. Niederschlagswasser Das unbedenkliche Niederschlagswasser soll gem. § 55 Abs. 2 Wasserhaushalts‐ gesetz ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich‐rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen. Bei Errichtung bzw. baulicher Veränderung von Wasserversorgungsanlagen sind die Anforderungen der Trinkwasserverordnung 2001 sowie Artikel 1 Infektions‐ schutzgesetz, § 37 Abs. 1 unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten. Der Betrieb von Zisternen muss beim Gesundheitsamt ange‐ zeigt werden. Um eine Verkeimung des öffentlichen Trinkwasserleitungssystems durch Niederschlagswasser auszuschließen, darf keine Verbindung zwischen dem gesammelten Niederschlagswasser und dem Trinkwasserleitungssystem von Ge‐ bäuden bestehen. Die Bodenversiegelung soll auf das unabdingbare Maß beschränkt werden. Not‐ wendige Befestigungen nicht überbauter Flächen der Baugrundstücke sollen zur Verringerung der Flächenversiegelung weitgehend wasserdurchlässig ausgebildet werden, z.B. als Pflaster oder Plattenbelag mit breiten, begrünten Fugen (Rasen‐ ‐ 32 ‐ pflaster), soweit nicht die Gefahr des Eindringens von Schadstoffen in den Unter‐ grund besteht. Nach Möglichkeit soll auf eine Flächenversiegelung verzichtet werden. 4. Archäologische Funde, Kleindenkmale Sollten bei der Durchführung vorgesehener Erdarbeiten archäologische Funde o‐ der Befunde entdeckt werden, ist dies gemäß § 20 DSchG umgehend dem Lan‐ desamt für Denkmalpflege (Dienstsitz Karlsruhe, Moltkestraße 74, 76133 Karls‐ ruhe), anzuzeigen. Archäologische Funde (Steinwerkzeuge, Metallteile, Keramik‐ reste, Knochen, etc.) oder Befunde (Gräber, Mauerreste, Brandschichten, auffäl‐ lige Erdverfärbungen, etc.) sind bis zum Ablauf des vierten Werktages nach der Anzeige in unverändertem Zustand zu erhalten, sofern nicht die Denkmalschutz‐ behörde mit einer Verkürzung der Frist einverstanden ist. Auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (§ 27 DSchG) wird hingewiesen. Bei der Sicherung und Do‐ kumentation archäologischer Substanz ist zumindest mit kurzfristigen Leerzeiten im Bauablauf zu rechnen. Ausführende Baufirmen sollten schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. 5. Baumschutz Bezüglich der Erhaltung der vorhandenen Bäume wird auf die am 12.10.1996 in Kraft getretene Satzung der Stadt Karlsruhe zum Schutz von Grünbeständen (Baumschutzsatzung) verwiesen. 6. Altlasten Bekannte, vermutete sowie gefundene Bodenbelastungen, bei denen Gefahren für die Gesundheit von Menschen, bedeutende Sachwerte oder erhebliche Beein‐ trächtigungen des Naturhaushalts nicht ausgeschlossen werden können, sind un‐ verzüglich der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz, Markgrafenstraße 14, 76131 Karlsruhe, zu melden. 7. Erdaushub / Auffüllungen Erdaushub soll, soweit Geländeauffüllungen im Gebiet notwendig sind, dafür ver‐ wendet werden. Der für Auffüllungen benutzte Boden muss frei von Fremdbei‐ mengungen und Schadstoffen sein. Der anfallende Mutterboden ist zu sichern. Im Übrigen wird auf das Gesetz zum Schutz des Bodens (Bundesbodenschutzge‐ setz) vom 17.03.1998 in der derzeit gültigen Fassung verwiesen. 8. Private Leitungen Private Leitungen sind von der Planung nicht erfasst. Die Berücksichtigung oder Sicherung erfolgt im Durchführungsvertrag, soweit erforderlich. 9. Barrierefreies Bauen In die Planung von Gebäuden sind die Belange von Personen mit kleinen Kindern sowie behinderten und alten Menschen einzubeziehen (§ 3 Abs. 4 und § 35 LBO). ‐ 33 ‐ 10. Erneuerbare Energien Aus Gründen der Umweltvorsorge und des Klimaschutzes sollte die Nutzung er‐ neuerbarer Energien verstärkt angestrebt werden. Auf die Vorgaben des Erneuer‐ bare‐Energien‐Wärmegesetzes (EEWärmeG) und des Gesetzes zur Nutzung er‐ neuerbarer Wärmeenergie in Baden‐Württemberg (EWärmeG) wird verwiesen. 11. Dachbegrünung und Solaranlagen Aus der Kombination von Dachbegrünung und solarenergetischer Nutzung kön‐ nen sich gegenseitige Synergieeffekte wie etwa die Senkung von Temperaturspit‐ zen und damit ein höherer Energieertrag von Photovoltaikmodulen ergeben. Beide Komponenten müssen jedoch hinsichtlich Bauunterhaltung und Pflege auf‐ einander abgestimmt sein. Bei der Installation von Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solarthermischen Nutzung auf der Dachfläche empfiehlt sich eine „schwimmende“ Ausführung ohne Durchdringung der Dachhaut. Entsprechende Unterkonstruktionen (zum Beispiel spezielle Drainageplatten) erlauben die zusätzliche Nutzung der Begrü‐ nungssubstrate als Auflast zur Sicherung der Solaranlage gegen Sogkräfte. Die Solarmodule sind nach Möglichkeit in aufgeständerter Form mit ausreichen‐ dem Neigungswinkel und vertikalem Abstand zur Begrünung auszuführen. Dadurch ist in der Regel sichergestellt, dass die Anforderungen an eine dauer‐ hafte Begrünung und Unterhaltungspflege erfüllt sind. Flache Installationen sind zu vermeiden oder mit ausreichendem Abstand zur Bodenfläche auszuführen, so‐ dass auch hier eine Begrünung darunter möglich bleibt und die klimatische Funk‐ tion nicht unzulässig eingeschränkt wird. 12. Artenschutz Rodungsarbeiten dürfen nur außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden, also von Anfang Oktober bis Ende Februar. Da gleichzeitig ein störungsbedingtes Verlassen von möglichen Zwergfledermäu‐ sen aus ihren Einzelquartieren gewährleistet werden darf, darf zumindest der Baumbestand im Oktober gefällt werden. Um eine Tötung/Verletzung von möglichen Fledermäusen in den Gebäuden zu vermeiden, soll der Abriss von Anfang September bis Ende Oktober stattfinden, damit die Tiere bei Bedarf ihre Einzelquartiere verlassen können. Um eine Störung brütender Vögel weitestgehend zu vermeiden, dürfen nur die eigentlichen Bauarbeiten vor Beginn der Brutzeit beginnen, damit die Brutpaare bei der Nistplatzwahl entsprechend ausweichen können. Da sich im Spätsommer und Frühherbst witterungsbedingt die Fledermäuse tags‐ über in einem tiefen Torpor befinden und erst nach einigen Minuten aktiv werden können, sind bei der Fällung von Bäumen und beim Gebäudeabriss direkt vor dem Fäll‐ bzw. Abrisstermin Aktivitätsbeobachtungen durchzuführen. Ggf. sind ge‐ staffelte Fällungen zur Vergrämung sowie ein vorsichtiges Abdecken des Dachs und anderer geeigneter Strukturen vor dem Abriss erforderlich. Außerdem ist bei der Durchführung einer ökologischen Baubegleitung erforderlich. ‐ 34 ‐ Die Fällung von Bäumen mit Eichhörnchenkobeln muss zeitlich so erfolgen, dass das Risiko der Betroffenheit von Jungtieren ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die Vergrämung bzw. Vergrämung der Eichhörnchen. Am Tag der Fällung und be‐ vor diese begonnen werden sind die betroffenen Eichhörnchenkobel durch einen Baumkletterer oder in anderer geeigneter Weise auf Besatz zu kontrollieren, ggf. vorhandene Tiere sind vorsichtig und behutsam zu vertreiben und die Kobel un‐ verzüglich danach zu entfernen. Zugleich sind von der ökologischen Maßnahmen‐ begleitung nochmals insgesamt die zur Fällung anstehenden Bäume prophylak‐ tisch darauf zu überprüfen, dass auch keine anderen geschützten Tiere tangiert. Vor der Fällung von Bäumen mit Eichhörnchenkobeln sind in Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz künstliche Eichhörnchen‐ Ersatzko‐ bel im nahen Umfeld der zu fällenden Bäume aufzuhängen. Die Fällung ist von ei‐ ner ökologischen Fällbegleitung zu begleiten. Dem Fachamt für Umwelt‐ und Ar‐ beitsschutz ist ein kurzer Bericht hierzu und über den Umgang mit den Kobel vor‐ zulegen. Sollten großflächige Glaselemente geplant sein, ist das Thema Vogelschlagrisiko zu beachten. Für diese Flächen sind ausschließlich Elemente aus bedrucktem vo‐ gelschlag‐sicherem Glas mit hochwirksamen Mustern zu verwenden. Im Bedarfs‐ fall sind die Maßnahmen mit dem Umwelt‐ und Arbeitsschutz abzustimmen. Auf Übereckverglasungen und spiegelnde Elemente ist zu verzichten. 13. Wasserschutzgebiet Das Vorhaben liegt bekanntermaßen in der Zone IIIB des Wasserschutzgebietes Durlacher Wald. Die entsprechende Schutzgebietsverordnung in ihrer jeweils gül‐ tigen Fassung sowie das DVGW‐Arbeitsblatt W 101 „Richtlinie für Trinkwasser‐ schutzgebiete; I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser“ vom Juni 2006 sind zu be‐ achten. 14. Kriminalprävention Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Planung und Umsetzung des Vorhabens auch Aspekte der Kriminalprävention einbezogen werden sollten, um dem Grund‐ bedürfnis nach einer sicheren Wohnumgebung gerecht zu werden. Wichtige Aspekte sind hierbei z.B. die Gestaltung der Freiräume mit guter Orien‐ tierbarkeit und Sichtbarkeit im Sinne einer sozialen Kontrolle, das Beleuchtungs‐ konzept sowie die Zugangsbedingungen und die technische Sicherung der Ge‐ bäude und Wohnungen. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle des Polizeipräsidiums Karlsruhe ist gerne bereit die Bauträger/Bauherren kostenlos und unverbindlich bzgl. eines individu‐ ellen Sicherungskonzeptes zu beraten oder in Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe eine Veranstaltung für Bauinteressenten durchzuführen. ‐ 35 ‐ C. Planungsrechtliche Festsetzungen und örtliche Bauvorschriften des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes, bestehend aus textlichen und zeichnerischen Regelungen Planungsrechtliche Festsetzungen gemäß §§ 9, 12 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) und örtli‐ che Bauvorschriften gemäß § 74 Landesbauordnung (LBO) in der Fassung vom 5. März 2010 (GBl. S. 357, berichtigt S. 416) jeweils einschließlich späterer Änderun‐ gen und Ergänzungen. In Ergänzung der Planzeichnung wird Folgendes geregelt: I. Planungsrechtliche Festsetzungen 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen Im Rahmen der Ziffern 2 bis 11 und der Planzeichnung (IV.) sind auf der Basis des Vorhaben‐ und Erschließungsplanes (siehe Anlagen) ausschließlich die baulichen und sonstigen Nutzungen zulässig, zu denen sich der Vorhabenträger im Durch‐ führungsvertrag verpflichtet. 2. Art der baulichen Nutzung Allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) Zulässig sind: ‐ Wohngebäude, ‐ die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank‐ und Speisewirt‐ schaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, ‐ Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwe‐ cke; Ausnahmsweise können zugelassen werden: ‐ Betriebe des Beherbergungsgewerbes, ‐ sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, ‐ Anlagen für Verwaltungen; Nicht zulässig sind: ‐ Gartenbaubetriebe, ‐ Tankstellen. 3. Maß der baulichen Nutzung Die Bezugshöhe (BZH) zur Ermittlung der Wandhöhe wird im zeichnerischen Teil als absolute Höhe über Normalhöhennull festgesetzt. Die Wandhöhe (WH) ist das Maß zwischen der Bezugshöhe und dem oberen Wandabschluss bzw. der Oberkante Flachdachattika. ‐ 36 ‐ Bei der Ausbildung von Retentionsdächern dürfen die festgesetzten Wandhöhen um das Maß ihrer Retentionsschicht überschritten werden. Die festgesetzte Grundflächenzahl darf durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu einer GRZ von maximal 0,75 überschritten werden. 4. Überbaubare Grundstücksfläche Die festgesetzten Baugrenzen dürfen mit Ausnahme der zur Ringstraße orientier‐ ten Fassaden durch Balkone / Loggien bis zu einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 2,20 m überschritten werden. Entlang der Ringstraße können untergeordnete Bauteile die Baugrenze in gering‐ fügigen Maße überschreiten, solange das Lichtraumprofil des Gehwegs und der Zufahrten nicht beeinträchtigt wird. 5. Abstandsflächen In dem im zeichnerischen Teil mit „A1“ festgesetzten Bereich dürfen die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m redu‐ ziert werden. In dem im zeichnerischen Teil mit „A2“ festgesetzten Bereich dürfen die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m redu‐ ziert werden. Vordächer bis zu einer Tiefe von 2,5 m dürfen auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden. In den im zeichnerischen Teil mit „A3“ festgesetzten Bereichen dürfen die Ge‐ bäude auch ohne Einhaltung der Abstandsflächen errichtet werden. 6. Stellplätze und Garagen, Carports Oberirdische Garagen und Carports sind unzulässig. Stellplätze und Tiefgaragen sind nur innerhalb der überbaubaren Flächen zuläs‐ sig. 7. Nebenanlagen Nebenanlagen im Sinne von § 14 BauNVO sind im gesamten Plangebiet zulässig. 8. Grünflächen / Pflanzgebote und Pflanzerhaltung 8.1 Erhaltung von Bäumen Im Kronentraufbereich der im zeichnerischen Teil zum Erhalt festgesetzten Bäume sind Abgrabungen, zusätzliche Versiegelungen und Bodenveränderungen unzulässig. Bei Abgang der Bäume ist in der nächsten Pflanzperiode ein gleichar‐ tiger Laubbaum zu pflanzen. Details zur Sicherstellung des fachgerechten Erhalts sind im Durchführungsvertrag geregelt. 8.2 Pflanzgebote für Einzelbäume An den im zeichnerischen Teil festgesetzten Standorten sind Hochstammbäume gemäß nachfolgender Artenverwendungsliste fachgerecht zu pflanzen. Bei Über‐ schneidungen mit Leitungsrechten oder bei sonstigen nicht vermeidbaren Hinde‐ rungsgründen dürfen die festgesetzten Baumstandorte geringfügig verschoben werden. . Näheres regelt der Durchführungsvertrag. ‐ 37 ‐ 8.2.1 Zu pflanzende Bäume außerhalb der Tiefgarage Für Straßenbäume und Bäume auf befestigten Flächen sind offene Baumschei‐ ben von mind. 10 m² Größe vorzusehen. Der zur Verfügung stehende durchwur‐ zelbare Raum hat mindestens 20m³ je Baum zu betragen. Eine teilweise Über‐ bauung der Baumscheibe ist möglich, wenn aus gestalterischen oder funktionalen Gründen erforderlich. Der zu überbauende Teil der Baumpflanzgrube ist mit ver‐ dichtbarem Baumsubstrat nach Angaben der Forschungsgesellschaft Land‐ schaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. (Richtlinie der Forschungsgesell‐ schaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. „Empfehlungen für Baumpflanzungen – Teil 2: Standortvorbereitungen für Neupflanzungen; Pflanz‐ gruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate“ in der jeweils gültigen Fassung2) zu verfüllen. Die Überbauung hat wasserdurchlässig zu erfol‐ gen. Erforderlichenfalls sind im überbauten Bereich geeignete technische Maß‐ nahmen (z.B. Belüftungsrohre, Bewässerungssystem) vorzusehen, um den lang‐ fristigen Erhalt der Bäume zu gewährleisten. 8.2.2 Zu pflanzende Bäume auf der Tiefgarage Für Bäume auf der Tiefgarage ist eine Pflanzgrube mit mind. 12 m³ bei mind. 0,9m Tiefe vorzusehen. Die tatsächliche Tiefe ist abhängig von der jeweiligen Überde‐ ckung auf der Tiefgarage. 8.2.3 Bedingte Festsetzung für die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der Freihaltetrasse der Stadtbahn Die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der gemäß zeichnerischem Teil von Bebauung freizuhaltenden Flächen sind wie unter Ziffer 8.2.1 umzusetzen und dauerhaft zu unterhalten, bis die Stadtbahn realisiert wird. 8.2.4 Artenverwendungsliste für Pflanzgebot Einzelbaum Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Wuchsklasse 1 (großkronig) Acer plataniodes in Sorten Spitzahorn Fagus sylvatica Rotbuche Tilia in Arten und Sorten Linde Wuchsklasse 2 (mittelkronig) Acer campestre Feldahorn Carpinus betulus Hainbuche Liquidambar styracifula und Sorten Amberbaum Prunus avium und Sorten Vogelkirsche Sophora japonica Regent Schnurbaum Paulowina tomentosa Blauglockenbaum 2 Einzusehen im Stadtplanungsamt Karlsruhe, Lammstraße 7, 76133 Karlsruhe ‐ 38 ‐ Wuchsklasse 3 (kleinkronig) Malus‐Hybriden Zier‐Apfel Prunus padus Traubenkirsche Qualität: Hochstämme Stammumfang 18‐20 cm. 8.3 Dachbegrünung Die Dachflächen sind dauerhaft extensiv zu begrünen. Die Flächen sind mit einer für Gräser‐ und Kräutervegetation ausreichenden Substratschüttung von im ge‐ setzten Zustand mindestens 12 cm über der Drainschicht zu versehen und mit ei‐ ner Gräser‐ und Kräutermischung gemäß nachfolgender Artenverwendungsliste zu bepflanzen. Artenverwendungsliste Dachbegrünung Kräuter ( Anteil 60 % ) Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Allium schoenoprasum Schnittlauch Anthemis tinctoria Färber‐Kamille Anthyllis vulneraria Wundklee Campanula rotundifolia Rundblättr. Glockenblume Dianthus armeria Rauhe Nelke Dianthus deltoides Heide‐Nelke Echium vulgare Natternkopf Euphorbia cyparissias Zypressen‐Wolfsmilch Helianthemum nummular Sonnenröschen Hieracium pilosella Kleines Habichtskraut Jasione montana Berg‐Sandglöckchen Potentilla tabernaemonta Frühlings‐Fingerkraut Scabiosa columbaria Tauben‐Skabiose Sedum acre Scharfer Mauerpfeffer Sedum album Weißer Mauerpfeffer Sedum sexangulare Milder Mauerpfeffer Silene nutans Nickendes Leimkraut Silene vulgaris Gemeines Leimkraut Thymus pulegioide Gewöhnlicher Thymian Gräser ( Anteil 40 % ): Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Briza media Zittergras Carex flacca Blaugrüne Segge ‐ 39 ‐ Festuca guestfalica Harter Schafschwingel Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. 8.4 Begrünung der Tiefgaragen Die nicht überbauten Decken von Tiefgaragen sind, soweit sie nicht für Zuwege oder Nebenanlagen benötigt werden, zu begrünen. Für die Substratschicht ober‐ halb der „Drän‐/Retentions‐ und Filterschicht“ sind folgende Höhen erforderlich: ‐für Rasen 40 cm, ‐für Sträucher 70 cm, ‐für Bäume 90 cm im Kronentraufbereich der ausgewachsenen Bäume. 8.5 Pflanzung von Schnitthecken Bei der Pflanzung von geschnittenen Hecken (Siehe Ziff. 3 der örtlichen Bauvor‐ schriften) sind Arten der nachfolgenden Pflanzliste zu verwenden: Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Carpinus betulus Hainbuche Cornus mas Kornelkirsche Fagus sylvatica Rotbuche Ligustrum vulgare Altrovirens Liguster 9. Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft 9.1 Ersatzpflanzungen von Gehölzen Die im zeichnerischen Teil festgesetzten Flächen zum Schutz, zur Pflege und zum Erhalt von Boden, Natur und Landschaft sind flächig mit Gehölzen aus nachfol‐ gender Artenverwendungsliste zu bepflanzen. Zu verwenden sind gebietsheimi‐ sche Pflanzen aus dem Herkunftsgebiet 6 Oberrheingraben (Quelle LUBW)3. Zu verwenden ist Pflanzgut aus regionalen Herkünften, das mit einer Identitätsnum‐ mer gekennzeichnet ist (PFG 1). Die Gehölze sind zu erhalten, müssen fachgerecht gepflegt werden und sind bei Abgang gleichartig zu ersetzen. 3 Einzusehen beim Stadtplanungsamt Karlsruhe, Lammstraße 7, 76133 Karlsruhe ‐ 40 ‐ Artenverwendungsliste Pflanzgebot 1 (PFG 1) Baumarten Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Acer campestre Feldahorn Acer plataniodes in Sorten Spitzahorn Carpinus betulus Hainbuche Fagus sylvatica Rotbuche Crataegus laevigata Zweigriffeliger Weißdorn Fraxinus excelsior Gewöhnliche Esche Prunus avium Vogelkirsche Liste Straucharten: Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Cornus mas Kornelkirsche Cornus sanguinea Hartriegel Corylus avellana Haselnuss Crataegus laevigata Weißdorn Crataegus mongyna Eingriffeliger Weißdorn Euonymus europaeus Pfaffenhütchen Ligustrum vulgare Liguster Mespilus germanica Mispel Prunus spinosa Schlehe Rosa canina Hundsrose Sambucus nigra Schwarzer Holunder Sorbus aucuparia Eberesche Sorbus torminalis Elsbeere Viburnum opolus Gewöhnlicher Schneeball Viburnum lantana Wolliger Schneeball Qualität: Bäume (Hochstämme und Stammbüsche) Stammumfang 18‐20 cm Sträucher 2x verpflanzte Sträucher, je nach Art in der Sortierung 60‐80cm , 80‐100 cm oder 100‐150 cm 9.2 CEF‐Maßnahmen In den im zeichnerischen Teil zum Erhalt festgesetzten Bäumen sind ausreichend vorzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen nachfolgend beschriebene Nistkästen anzubringen: ‐ 41 ‐ ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32mm) (Aufhänghöhe > 2 m) 9.3 Weitere Artenschutzmaßnahmen (keine CEF‐Maßnahmen) 9.3.1 Nistmöglichkeiten Im Plangebiet nachfolgend beschriebene Nistkästen anzubringen: Vögel  2 Vogelkästen für Höhlenbrütern an den neu entstehenden Gebäu‐ den (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Fluglochweite 32 mm) (Aufhäng‐ höhe > 2 m) Fledermäuse  16 fassadenintegrierte Kästen in den neu entstehenden Gebäuden (2 Käs‐ ten pro Gebäude = 16 Kästen, Modell Schwegler: Typ 1 FR Fassadenröhre) (Aufhänghöhe > 3 m) 9.3.2 Beleuchtung Für die Straßenbeleuchtung und die grundstücksbezogene Beleuchtung sind in‐ sektenfreundliche Leuchtmittel (1. Priorität: LED, 2. Priorität: Natriumnieder‐ drucklampen) zu verwenden, wobei die Leuchten nach oben abgeschirmt sein müssen (Fokussierung des Lichtstroms auf die zu beleuchtende Fläche). Die Leuchtengehäuse müssen gegen das Eindringen von Spinnen und Insekten ge‐ schützt sein, die Oberflächentemperatur der Leuchten darf 60° C nicht über‐ schreiten. 10. Geh‐ und Leitungsrechte Die im zeichnerischen Teil mit „L“ festgesetzte Fläche ist mit einem Leitungsrecht zu Gunsten des Versorgungsträgers zu belasten. Die im zeichnerischen Teil mit „G“ festgesetzte Fläche ist mit einem Gehrecht zu Gunsten der Allgemeinheit zu belasten. Die mit einem Leitungsrecht belasteten Flächen sind von jeglicher Bebauung frei‐ zuhalten. Pflanzungen in diesen Bereichen sind nur in Absprache mit dem Lei‐ tungsträger zulässig. 11. Schallschutz 11.1 Aktive Schallschutzmaßnahmen Tiefgaragenrampen sind einzuhausen. Auf den Innenseiten der Rampeneinhausungen ist eine hochabsorbierende Ver‐ kleidung anzubringen (Absorberklasse C oder besser, aw > 0,60). Die Verkleidung ist ebenfalls an der Deckenfläche im angrenzenden Tiefgaragen‐ parkbereich auf eine Tiefe von mindestens 10 m anzubringen. ‐ 42 ‐ 11.2 Passive Schallschutzmaßnahmen Bei der Neuerrichtung von Wohn‐ oder Arbeitsräumen sind die baurechtlich ver‐ bindlichen Anforderungen nach DIN 4109‐1 /4c/ (2016‐7) an die Luftschalldäm‐ mung von Außenbauteilen (Wand, Dach, Fassade, Fenster) von Gebäuden zu be‐ achten. Diese Anforderungen sind abhängig von den im zeichnerischen Teil fest‐ gesetzten Lärmpegelbereichen und der nachfolgenden Tabelle umzusetzen. Abb.3 Anforderung an die Luftschalldämmung von Außenbauteilen Liegt die Fassade eines Gebäudes im Bereich von zwei unterschiedlichen Lärmpe‐ gelbereichen, ist für die Fassade der höhere Lärmpegelbereich anzusetzen. Innerhalb des im zeichnerischen Teil festgesetzten Bereichs der überbaubaren Flächen sind Schlafräume (Schlaf‐ und Kinderzimmer) mit schallgedämmten Lüf‐ tungseinrichtungen auszustatten. Dies gilt auch, wenn der Schlafraum nur teil‐ weise in diesem Bereich liegt. Ausnahmen sind zulässig, wenn der Schlafraum durch ein weiteres Fenster belüftbar ist, das außerhalb des festgesetzten Bereichs liegt. Wird im Baugenehmigungsverfahren der Nachweis erbracht, dass im Einzelfall geringere Außenlärmpegel an den Fassaden vorliegen, können die Anforderun‐ gen an die Schalldämmung der Außenbauteile ausnahmsweise entsprechend den Vorgaben der DIN 4109 reduziert werden. Die DIN 4109, DIN 18005, TA Lärm, VDI 4100 und VDI 2719 „Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen“ liegen beim Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe, Bereich Städtebau, Lammstraße 7, 1. OG., Zimmer D 113/ 114, 76133 Karlsruhe aus und können dort während der Dienststunden (08.30 Uhr – 15.30 Uhr) eingesehen werden (zu beziehen außerdem beim Beuth‐Verlag, Ber‐ lin). ‐ 43 ‐ II. Örtliche Bauvorschriften 1 Dächer Zulässig sind Flachdächer mit einer Neigung von max. 5°. Für Nebenanlagen sind auch abweichende Dachformen und Neigungen zulässig. Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Technische Dachaufbauten (außer Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solar‐ thermischen Nutzung) sind auf max. 20% der Dachflächen begrenzt. Dachterras‐ sen sind nur für Staffelgeschosse zulässig. Dachaufbauten, mit Ausnahme von Aufzugsüberfahrten, haben zu Außenfassa‐ den mindestens im selben Maß Abstand zu halten, wie sie die Höhe des oberen Fassadenabschlusses (Flachdachattika) überschreiten (X ≥ Z; s. Beispielskizze). Abb. 4: Beispielskizze Mindestabstand der Dachaufbauten zu Außenfassaden 2. Werbeanlagen und Automaten Werbeanlagen sind nur am Ort der Leistung, am Gebäude, im Erdgeschoss, nicht in der Vorgartenzone und nur unter Einhaltung folgender Größen zulässig: ‐ Einzelbuchstaben bis max. 0,30 m Höhe und Breite, ‐ sonstige Werbeanlagen (Schilder, Firmenzeichen und dergleichen) bis zu ei‐ ner Fläche von 0,5 m². Unzulässig sind Werbeanlagen mit wechselndem oder bewegtem Licht, drehbare Werbeträger und solche mit wechselnden Motiven, sowie Laserwerbung, Skybea‐ mer oder Ähnliches. Automaten sind nur am Gebäude und nicht in der Vorgartenzone zulässig. Anlagen, die zum Anschlagen von Plakaten oder anderen werbewirksamen Ein‐ richtungen bestimmt sind, sind nicht zulässig. ‐ 44 ‐ 3. Einfriedigungen, Stützmauern Einfriedigungen sind nur als geschnittene Hecken bis 1,4 m Höhe (einschließlich der Aufkantung der Tiefgarage) über der Hinterkante des Gehwegs zulässig. Die Hecken können mit einem dahinterliegenden Drahtgeflecht oder Metallgitter‐ zaun kombiniert werden. Die Errichtung von Stützmauern ist zulässig. 4. Gestaltung der nicht überbaubaren Flächen Die nicht überbaubaren privaten Grundstücksflächen sind, soweit sie nicht für Stellplätze, Zugänge und Nebenanlagen benötigt werden, zu begrünen und als Vegetationsflächen dauerhaft anzulegen und zu unterhalten. 5. Abfallbehälterstandplätze Abfallbehälterstandplätze sind, sofern diese von den öffentlichen Straßen und Wegen aus sichtbar sind, mit einem Sichtschutz zu versehen. Falls dieser baulich hergestellt wird, muss er begrünt werden. 6. Außenantennen Pro Gebäude ist nur eine Gemeinschaftsantennenanlage oder Satellitenantenne zulässig. 7. Niederspannungsfreileitungen Niederspannungsfreileitungen sind unzulässig. III. Sonstige Festsetzungen (Planungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Regelungen) Der Bebauungsplan Nr. 392 in Kraft getreten am 10. September 1970, wird in den Teilbereichen aufgehoben, die durch diesen Bebauungsplan neu geregelt werden. Der Vorhaben‐ und Erschließungsplan ist Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dies gilt nicht für die dargestellte Möblierung und Planeintei‐ lung. 040_VbB-Steinkreuzstrasse 14-Entwurf VEP gesamt 20190408_Steinkreuzstr. 14_VEP Fassung 4. April Steinkreuzstr. 14_Stellplätze_2019-04-04 190404 WSW Genehmigungsplanung.pdf 19 [TÖB Genehmigungsplan (A4)] 1/4.5 2/19
https://www.karlsruhe.de/b3/bauen/bebauungsplanung/plaene/steinkreuzstrasse_14/HF_sections/content/ZZlQUHXIkwOZoi/ZZo4ZDllpX89eZ/VBB_Steinkreuzstrasse%2014_11042019.pdf
Vorhabenbezogener Bebauungsplan „Steinkreuzstraße 14“, Karlsruhe – Wolfartsweier Entwurf Vorhabenträger: SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH Alte Kreisstraße 42 76149 Karlsruhe T. 0721 – 7802‐0 F. 0721 – 7802‐22 info@sbw‐karlsruhe.de Planverfasser: VbB VEP GERHARDT.stadtplaner.architekten Werkgemeinschaft Karlsruhe Weinbrennerstraße 13 Freie Architekten BDA 76135 Karlsruhe Kammerer & Stengel T. 0721 – 831030 Partnerschaft mbB F. 0721 – 8310399 Schubertstraße 2 mail@gsa‐karlsruhe.de 76185 Karlsruhe T. 0721 – 84006 ‐ 0 F. 0721 – 84006 ‐ 66 info@wgk‐ka.de ‐ 2 ‐ Inhaltsverzeichnis: A. Begründung gemäß § 9 Abs. 8 Baugesetzbuch (beigefügt) ...................... 5 1. Aufgabe und Notwendigkeit ................................................................... 5 2. Bestehende Planungen ........................................................................... 5 2.1 Vorbereitende Bauleitplanung .................................................................. 5 2.2 Verbindliche Bauleitplanung ..................................................................... 6 3. Bestandsaufnahme ................................................................................ 6 3.1 Räumlicher Geltungsbereich ..................................................................... 6 3.2 Naturräumliche Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Artenschutz ........... 6 3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten ................................................................ 6 3.2.2 Bodenbeschaffenheit ............................................................................... 7 3.2.3 Artenschutz ............................................................................................ 7 3.3 Vorhandene Nutzung, Bebauung und Erschließung .................................... 9 3.4 Eigentumsverhältnisse ........................................................................... 10 3.5 Belastungen .......................................................................................... 10 4. Planungskonzept ................................................................................. 11 4.1 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung .................................................. 12 4.2 Art der baulichen Nutzung ..................................................................... 12 4.3 Maß der baulichen Nutzung ................................................................... 13 4.4 Bauweise .............................................................................................. 14 4.5 Abstandsflächen .................................................................................... 14 4.6 Erschließung ......................................................................................... 16 4.6.1 ÖPNV ................................................................................................... 16 4.6.2 Motorisierter Individualverkehr ............................................................... 16 4.6.3 Ruhender Verkehr ................................................................................. 16 4.6.4 Geh‐ und Radwege ................................................................................ 16 4.6.5 Feuerwehrzufahrt .................................................................................. 17 4.6.6 Ver‐ und Entsorgung .............................................................................. 17 4.7 Gestaltung ............................................................................................ 17 4.8 Grünordnung / Ersatz‐ und Ausgleichsmaßnahmen / Artenschutz ............. 18 4.8.1 Grünplanung, Pflanzungen ..................................................................... 18 4.8.2 Ausgleichsmaßnahmen ......................................................................... 19 4.8.3 Maßnahmen für den Artenschutz ........................................................... 20 4.9 Belastungen .......................................................................................... 26 4.9.1 Altlasten ............................................................................................... 26 4.9.2 Schall ................................................................................................... 27 4.9.3 Luftqualität ........................................................................................... 28 4.9.4 Energieeffizienz / Klimaschutz ................................................................ 28 4.9.5 Kampfmittel .......................................................................................... 29 5. Umweltbericht ..................................................................................... 29 6. Sozialverträglichkeit ............................................................................ 29 7. Statistik ............................................................................................... 29 7.1 Flächenbilanz ........................................................................................ 29 ‐ 3 ‐ 7.2 Geplante Bebauung ............................................................................... 30 7.3 Bodenversiegelung ................................................................................ 30 8. Kosten ................................................................................................. 30 9. Durchführung ....................................................................................... 30 10. Übersicht der erstellten Gutachten ....................................................... 30 B. Hinweise (beigefügt) ............................................................................ 31 1. Versorgung und Entsorgung ................................................................... 31 2. Entwässerung ....................................................................................... 31 3. Niederschlagswasser ............................................................................. 31 4. Archäologische Funde, Kleindenkmale .................................................... 32 5. Baumschutz .......................................................................................... 32 6. Altlasten ............................................................................................... 32 7. Erdaushub / Auffüllungen ....................................................................... 32 8. Private Leitungen .................................................................................. 32 9. Barrierefreies Bauen .............................................................................. 32 10. Erneuerbare Energien ............................................................................ 33 11. Dachbegrünung und Solaranlagen .......................................................... 33 12. Artenschutz .......................................................................................... 33 13. Wasserschutzgebiet ............................................................................... 34 14. Kriminalprävention ................................................................................ 34 C. Planungsrechtliche Festsetzungen und örtliche Bauvorschriften ........... 35 I. Planungsrechtliche Festsetzungen ....................................................... 35 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen .............................................. 35 2. Art der baulichen Nutzung ..................................................................... 35 3. Maß der baulichen Nutzung ................................................................... 35 4. Überbaubare Grundstücksfläche ............................................................. 36 5. Abstandsflächen .................................................................................... 36 6. Stellplätze und Garagen, Carports .......................................................... 36 7. Nebenanlagen ....................................................................................... 36 8. Grünflächen / Pflanzgebote und Pflanzerhaltung ..................................... 36 8.1 Erhaltung von Bäumen ........................................................................... 36 8.2 Pflanzgebote für Einzelbäume ................................................................ 36 8.2.1 Zu pflanzende Bäume außerhalb der Tiefgarage ...................................... 37 8.2.2 Zu pflanzende Bäume auf der Tiefgarage ................................................ 37 8.2.3 Bedingte Festsetzung für die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der Freihaltetrasse der Stadtbahn ........................................................... 37 8.2.4 Artenverwendungsliste für Pflanzgebot Einzelbaum ................................ 37 8.3 Dachbegrünung ..................................................................................... 38 8.4 Begrünung der Tiefgaragen .................................................................... 39 8.5 Pflanzung von Schnitthecken ................................................................. 39 9. Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ....................................... 39 9.1 Ersatzpflanzungen von Gehölzen ............................................................ 39 ‐ 4 ‐ 9.2 CEF‐Maßnahmen .................................................................................. 40 9.3 Weitere Artenschutzmaßnahmen (keine CEF‐Maßnahmen) ..................... 41 9.3.1 Nistmöglichkeiten ................................................................................. 41 9.3.2 Beleuchtung .......................................................................................... 41 10. Geh‐ und Leitungsrechte ........................................................................ 41 11. Schallschutz .......................................................................................... 41 11.1 Aktive Schallschutzmaßnahmen ............................................................. 41 11.2 Passive Schallschutzmaßnahmen ........................................................... 42 II. Örtliche Bauvorschriften ....................................................................... 43 1 Dächer .................................................................................................. 43 2. Werbeanlagen und Automaten ............................................................... 43 3. Einfriedigungen, Stützmauern ................................................................ 44 4. Gestaltung der nicht überbaubaren Flächen ............................................. 44 5. Abfallbehälterstandplätze ...................................................................... 44 6. Außenantennen .................................................................................... 44 7. Niederspannungsfreileitungen ............................................................... 44 III. Sonstige Festsetzungen ....................................................................... 45 IV. Zeichnerische Festsetzungen – Planzeichnung ...................................... 46 Unterschriften ................................................................................................ 48 Anlage zur Begründung ‐ Vorhaben‐ und Erschließungsplan ............................ 49 ‐ 5 ‐ A. Begründung gemäß § 9 Abs. 8 Baugesetzbuch (beigefügt) 1. Aufgabe und Notwendigkeit Der Vorhabenträger „SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH“ plant im Karls‐ ruher Stadtteil Wolfartsweier auf einem ca. 0,82 ha großen, heute gewerblich ge‐ nutzten Areal am nordwestlichen Ortsrand an der Ecke Ringstraße / Steinkreuz‐ straße eine Wohnbebauung mit einer Senioren‐Wohngemeinschaft und Praxis‐ räumen sowie Kindertagesstätte. Die Planung ist aus einer Mehrfachbeauftra‐ gung hervorgegangen und wurde bereits vom Ortschaftsrat und vom Planungs‐ ausschuss befürwortet. Das Vorhaben ist nach den Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungs‐ plans nicht genehmigungsfähig. Das für die Umsetzung des Vorhabens erforderli‐ che Planungsrecht soll über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebau‐ ungsplans gem. § 12 BauGB (Ziffer 2) hergestellt werden. 2. Bestehende Planungen 2.1 Vorbereitende Bauleitplanung Abb.1: Ausschnitt Flächennutzungsplan ‐ 6 ‐ Das Planungsgebiet ist im rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan des Nach‐ barschaftsverbandes Karlsruhe (FNP NVK) als „Gewerbliche Baufläche“ darge‐ stellt. Die geplante Wohnnutzung ist nicht aus dem Flächennutzungsplan entwi‐ ckelt. Da der vorhabenbezogene Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt wird, kann der Flächennutzungsplan im Wege der Berichtigung geändert werden. Aufgrund der Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger nach § 4 BauGB (Anmerkung: Verfahren im Rahmen der Flächennutzungs‐ planung) im Frühjahr 2018 besteht die Möglichkeit, dass die im FNP 2010, 5. Aktu‐ alisierung als "geplante Gewerbliche Baufläche" dargestellte Fläche "Hörgel", die nordöstlich an das Plangebiet angrenzt, doch in den FNP 2030 übernommen wird. Entgegen ursprünglicher Planungen soll die Erschließung der Fläche dann aber von Norden erfolgen und nicht über die Steinkreuzstraße 14. 2.2 Verbindliche Bauleitplanung Der rechtsverbindliche Bebauungsplan (Straßen‐ und Baulinienplan) Nr. 392 „Wingertäcker“ vom 10.09.1970 setzt für das Plangebiet ein Allgemeines Wohn‐ gebiet fest. Aufgrund der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen ist die Umsetzung des geplanten Vorhabens nicht möglich. 3. Bestandsaufnahme 3.1 Räumlicher Geltungsbereich Der räumliche Geltungsbereich umfasst die Flurstücke Nummer 20305, 20306, 20308/1 sowie Teile des Straßenflurstücks 21972 und hat eine Größe von insge‐ samt ca. 0,82 ha. Das Grundstück wird im Süd‐Osten durch die Steinkreuzstraße, im Süd‐Westen durch die Ringstraße mit anschließender Wohnbebauung, im Nord‐Westen durch ein privates Grundstück mit Wohnbebauung und im Nord‐Osten durch die Wen‐ deschleife der Straßenbahn begrenzt. Maßgeblich für die Abgrenzung des Plangebiets ist der im zeichnerischen Teil festgesetzte Geltungsbereich. 3.2 Naturräumliche Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Artenschutz 3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Das Planungsgebiet liegt am nördlichen Ortseingang des Stadtteils Karlsruhe‐ Wolfartsweier in prägnanter Ortsrandlage. Durch seine Lage an der Straßenbahn‐ Haltestelle verfügt es über eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung. Neben der gegenwärtig als Gewerbefläche genutzten und überwiegend versiegel‐ ten Grundstücksfläche befindet sich im nördlichen Bereich des Plangebiets ein Pappel‐Baumbestand. Aus Gründen des Verkehrsschutzes kann die Pappelgruppe auf Dauer nicht erhalten bleiben, da eine ausreichende Standsicherheit der Bäume nicht gewährleistet ist. Das zuständige städtische Amt hatte daher schon eine Fäll‐ genehmigung erteilt, deren Wirksamkeit aktuell ausgesetzt ist. Eine gutachterliche Untersuchung der Pappeln hat ergeben, dass vorab die Fällung von zwei dringli‐ ‐ 7 ‐ chen Gefahrenbäumen und Kronenrücknahmen an den Nachbarbäumen aus Grün‐ den der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Der übrige Pappelbestand, aus dem die zwei Gefahrenpappeln entnommen wurden, bleibt nach den Sicherungsmaßnah‐ men vorerst erhalten. Das Gelände fällt vom Süden (Steinkreuzstraße) nach Nor‐ den (Flurstück 21971/2) von ca. 130 m über NHN auf ca. 121 m über NHN um ca. 9 m ab. Das Plangebiet liegt im Bereich des Wasserschutzgebietes Durlacher Wald Zone lll B. Der höchste bisher gemessene Grundwasserstand liegt bei rd. 116,00 m über NHN. (T511 Talwiesenstr. Spielplatz). Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass bei extrem starken Niederschlägen über einen längeren Zeitraum der bisher ermittelte max. Grundwasserstand überschritten werden kann. 3.2.2 Bodenbeschaffenheit Im zum Vorhaben erstellten Baugrundgutachten (Siehe Ziffer 10 der Begründung) werden zur geologischen Situation im Plangebiet folgende Aussagen getroffen: Am östlichen Rheintalgrabenbruch grenzt eine tektonische Hochscholle aus Bunt‐ sandstein an das mit Kies gefüllte Becken des Rheintalgrabens, der sich von Basel bis Frankfurt erstreckt. Im Bereich der Untersuchungsfläche lagert Hangschutt und Geschiebe aus roten Buntsandsteingeröllen, der noch von Lößlehm überlagert wird. Löß wurde während der Eiszeit dünenartig aus den unbewaldeten Schotter‐ fluren des Rheingrabens ausgeblasen und an den Hängen wieder abgelagert. Die Kiesfüllung der Oberrheinebene lag früher noch bis zu 6 m über der jetzigen Talaue, sodass in der unteren Hanglage auch noch alte Terrassenreste aus alpinen Kiesen vorhanden sind. Während der schluffige Löß nach der Eiszeit zu wenig trag‐ fähigem Lößlehm durchgewittert ist, bilden die ab 1,5 m Tiefe durchgehend vor‐ handenen Geröllschichten aus hartem Buntsandstein oder Kiesen der Hochter‐ rasse einen gut tragfähigen Baugrund. Im Übrigen wird auf die Inhalte des Baugrundgutachtens verwiesen. Der nördliche Teil des Grundstückes liegt in der Kinzig‐Murg‐Rinne. Aufgrund der Nähe zur tektonisch entstandenen Grabenbruchkante des Oberrheingrabens ist mit unterirdischem Schichtwasser zu rechnen. 3.2.3 Artenschutz Das Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten im Plangebiet wurde im Rahmen eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vom Büro arguplan aus Karls‐ ruhe untersucht. Die Ergebnisse werden gegliedert nach den betroffenen Arten nachfolgend zusammenfassend dargestellt. Die Bewertung der Bestandsauf‐ nahme und die Darstellung des daraus abgeleiteten Maßnahmenkonzepts erfolgt unter Ziffer 4.8.3 der Begründung. ‐ 8 ‐ Bestandsaufnahme im Rahmen des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags Vögel Im Rahmen der Vogelkartierung wurden insgesamt 23 Vogelarten im Vorhabenbe‐ reich festgestellt. Bei acht Arten handelt es sich um Brutvögel (Arten mit Brutnach‐ weis oder Brutverdacht). Wertgebende bzw. gefährdete Arten befinden sich nicht darunter. Die nachgewiesenen Brutvogelarten stellen vor allem Gehölzbewohner dar. Gebäudebrüter (z.B. Haussperling, Hausrotschwanz) nutzen das Areal nur als Nahrungshabitat. Fledermäuse Im Rahmen der sechs Detektorbegehungen wurden im Untersuchungsgebiet Flug‐ aktivitäten von Zwergfledermäusen festgestellt. Es besteht der Verdacht, dass die Gebäude und der Pappelbestand zeitweise als Einzelquartiere genutzt werden. Al‐ lerdings ergab die Habitatpotenzialanalyse ein sehr geringes Angebot an fleder‐ mausrelevanten Strukturen im Vorhabenbereich. Im Fachbeitrag wird festgestellt, dass es keine Hinweise auf ein Wochenstubenquartier (Fortpflanzungsstätte) im Gebäudekomplex und im Baumbestand gibt. Beide Strukturen können jedoch als sporadisch genutzte Tagesquartiere (Ruhestätten) einzelner Zwergfledermausin‐ dividuen dienen. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Biotopausstattung wird mit einem Vorkommen weiterer europarechtlich geschützter Arten im Vorhaben‐ bereich nicht gerechnet. Totholzkäfer Das Vorkommen von Totholzkäfern (Heldbock, Juchtenkäfer und Scharlachkäfer) im Plangebiet wurde geprüft. Die Entwicklung des Heldbocks erfolgt ausschließlich in Stiel‐ und Trauben‐Eichen, besonders in latent geschädigten lebenden Bäumen in sonnenexponierter Lage. Da innerhalb des Eingriffsbereichs keine Eichen vorhanden sind, kann ein Vorkom‐ men ausgeschlossen werden. Der Juchtenkäfer besiedelt alte anbrüchige Laubbäume in Parks, Alleen, historisch genutzte Waldformen (Hudewälder) und alte Eichen‐ und Buchenwälder mit Stör‐ stellen. Die Larvenentwicklung erfolgt im Mulmkörper von Stammhöhlungen und Spalten alter Laubbäume (ebd.). Das Mindestvolumen eines zur Fortpflanzung in Frage kommenden Mulmkörpers beträgt einige Liter (ebd.). Aufgrund des noch all‐ gemein guten Vitalitätszustands der Pappel‐Bäume ist im Vorhabenbereich nicht mit größeren Mulmhöhlen zu rechnen. Der Scharlachkäfer lebt unter morschen, feuchten Rinden stehender und liegender Laubbäume, v.a. an Pappeln und Weiden. Die aktuellen Fundorte in Baden‐Würt‐ temberg liegen in der Oberrheinebene bei Rastatt und Karlsruhe. Bei der Erfassung des Scharlachkäfers an den liegenden Pappel‐Totholzstämmen im Vorhabenbe‐ reich wurden keine Larven festgestellt. Aufgrund der sich ablösbaren Rinde weist das Totholz zwar potenziell geeignete Besiedlungsstrukturen auf, aufgrund der starken Beschattung ist jedoch kein optimaler Larvallebensraum gegeben. ‐ 9 ‐ Sonstige Arten Vor dem Hintergrund der vorliegenden Biotopausstattung wird mit einem Vor‐ kommen weiterer europarechtlich geschützter Arten im Vorhabensbereich nicht gerechnet. Zum Beispiel ist die Fläche für Amphibien aufgrund des Fehlens von Ge‐ wässern nicht geeignet. Auch für Reptilien (v.a. Zauneidechse) sind keine geeigne‐ ten Habitate vorhanden. Hinweise zu weiteren relevanten Arten im Rahmen des Verfahrens Im Zuge der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurden von den Natur‐ schutzverbänden Hinweise zu Art und Umfang möglicher Vorkommen arten‐ schutzrechtlich relevanten Arten im Plangebiet abgegeben, denen das Büro Argu‐ plan mit fachlicher Unterstützung des Fachamtes für Umwelt und Arbeitsschutz nachgegangen ist Außerdem wurden weitere Begehungen unter Einsatz eines Baumkletteres im Gebiet und den Bestandsgebäuden durchgeführt. Die Beurtei‐ lung der Beobachtungsergebnisse und ihre Berücksichtigung im Rahmen des Maß‐ nahmenkonzepts werden unter Ziffer 4.8.3 dargestellt: Vögel Bei den Vogelarten wurden von den Naturschutzverbänden zusätzlich als wertge‐ bende Brutvogelarten der Star (RL‐D 3), die Klappergrasmücke (RL‐BW V) und der streng geschützte Grünspecht festgestellt. Mit der Heckenbraunelle und der Nach‐ tigall wurden zwei weitere Brutvogelarten festgestellt, bei denen es sich jedoch um ungefährdete Arten handelt. Bei einer weiteren Begehung im Dezember 2018 wur‐ den Spechtlöcher im Plangebiet entdeckt. Fledermäuse Die Naturschutzverbände übermittelten Informationen über Beobachtungen bzw. Anregungen für die Fledermausarten Zwergfledermaus, Graues Langohr, Breitflü‐ gelfledermaus und Kleiner Abendsegler. Sonstige Arten Als weitere Art wurde seitens der Naturschutzverbände im Plangebiet ein Vorkom‐ men der Haselmaus vermutet. Bei einer Begehung im Dezember wurde ein Vor‐ kommen von Eichhörnchen im Plangebiet festgestellt. 3.3 Vorhandene Nutzung, Bebauung und Erschließung Der im südlichen Bereich des Plangebiets konzentrierte Gebäudebestand setzt sich aus diversen Gewerbegebäuden wie einer Fabrikationshalle, Lagerflächen, einer Ausstellungshalle und Büroräumen zusammen. Außerdem befindet sich eine Trafostation im Planungsgebiet. Die Erschließung des Planungsgebietes er‐ folgt über die Ringstraße. Im nördlichen Teil des Plangebietes befindet sich der Anschluss an das Wander‐ wegsystem Odenwald‐Vogesen, der im Rahmen der Planung fortgeführt werden soll. ‐ 10 ‐ 3.4 Eigentumsverhältnisse Das Straßengrundstück im Nordwesten des Plangebiets befindet sich im Eigen‐ tum der Stadt Karlsruhe. Der Vorhabenträger hat mit dem Eigentümer der Flä‐ chen des Plangebietes (Flurstücke: 20305, 20306, 20308/1 sowie Teile des Stra‐ ßenflurstücks 21972) einen Kaufvertrag abgeschlossen. Die Übertragung des Ei‐ gentums wurde inzwischen vollzogen. 3.5 Belastungen Altlasten Das Grundstück ist bei der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz unter der Bezeichnung „AS Maschinenfabrik Thielicke“ und der Objekt‐Nummer 04893 im Bodenschutz‐ und Altlastenkataster erfasst. Auf dem Gelände war zwischen 1953 und 2006 die Maschinenfabrik Thielicke & Co aktiv. Von 2009 bis 2011 wurde ein Handel mit Kfz‐Teilen betrieben. Aus der Historischen Untersuchung geht hervor, dass in verschiedenen Bereichen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde, sodass ein Eintrag von Schadstoffen in den Untergrund oder das Grundwasser aus fachtechnischer Sicht nicht ausgeschlossen werden kann. Verdachtsbereiche sind unter anderem die unterirdischen Heizöltanks, der Be‐ reich der Spänelagerung oder die Werk‐ und Montagehalle, in der vermutlich mit Lösemitteln umgegangen wurde. Aus fachtechnischer Sicht sind auf dem Gelände weitere bodenschutzrechtliche Untersuchungen für den Wirkungspfad Boden‐Grundwasser erforderlich. Unter‐ suchungen hinsichtlich des Wirkungspfades Boden‐Mensch können in Abhängig‐ keit der Detailplanung erforderlich werden. Die weiteren und abschließenden Bodenuntersuchungen können vollständig erst nach Abriss der Bestandsgebäude durchgeführt werden. Aufgrund der vorliegen‐ den Untersuchungen gibt es keine Anhaltspunkte für Gefährdungen, die sich als absolutes Planungshindernis erweisen, weil sie auf Ebene des Planvollzugs die Be‐ bauung ausschließen. Immissionen Zu berücksichtigen waren die Einwirkungen des Straßenbahn‐ und des Straßen‐ verkehrslärms auf das Plangebiet, insbesondere durch die nördlich verlaufende B3 und die südlich gelegene Autobahn A8. Außerdem wurden die Auswirkungen der Planung auf die umgebende Wohnbe‐ bauung untersucht. Dabei waren insbesondere die geplanten Tiefgaragenzufahr‐ ten zu berücksichtigen. Weiterhin waren die in dem Plangebiet vorgesehene Kindertagesstätte sowie der daran angrenzende Kinderspielplatz in die Überlegung mit einzubeziehen. Dabei war nicht der durch den Betrieb entstehende Kinderlärm, sondern der durch even‐ tuelle Freizeitaktivitäten von Jugendlichen entstehende Lärm, wie z. B. auf Bolz‐ plätzen oder Skateranlagen, schalltechnisch zu bewerten. ‐ 11 ‐ Zur Bewertung der schalltechnischen Belange wurde ein Fachgutachten erstellt. Kampfmittel Im Rahmen der Planung war auch eine mögliche Belastung des Plangebiets durch Kampfmittel zu prüfen. Aus diesem Anlass wurde von der Firma UXO PRO CON‐ SULT eine Luftbildauswertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittel‐ belastung erstellt. 4. Planungskonzept Vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an Wohnungen für Senioren aber auch anderer Bevölkerungsgruppen plant die SÜBA Bauen & Wohnen Karlsruhe GmbH die Errichtung von sieben Wohnhäusern und einer Kindertagesstätte. Ne‐ ben den Wohnungen mit unterschiedlichen Zuschnitten sind im Bereich des Erd‐ geschosses eine Seniorenwohngemeinschaft und eine Arztpraxis vorgesehen. Die Planung basiert auf dem Entwurf der Werkgemeinschaft Karlsruhe Freie Architek‐ ten BDA. Die Bebauung gliedert sich in drei Teilbereiche, die in ihrer Höhenentwicklung ge‐ staffelt sind. An der Steinkreuzstraße befindet sich der fußläufige Hauptzugang zur ersten Baugruppe sowie in das Planungsgebiet an sich. Über eine großzügige Platzsituation wird der Ortseingang von Wolfartsweier auch für Fußgänger neu gestaltet. In der ersten Baugruppe an der Steinkreuzstraße befindet sich die Seniorenwohn‐ gemeinschaft mit 12 Plätzen im Erdgeschoss zweier im Erdgeschoss verbundener Baukörper (A2 und A3 gemäß Bezeichnung im VEP). Eine Arztpraxis ist im Erdge‐ schoss des dritten, an der Ringstraße gelegenen Riegelgebäudes (A1 gemäß Be‐ zeichnung im VEP) untergebracht. Alle Gebäude werden vom geschützten Innen‐ hof aus erschlossen. Die zweite Baugruppe wird aus vier 2‐spännigen Punkthäusern gebildet, die sich in lockerer Anordnung ebenfalls um einen geschützten Aufenthalts‐ und Erschlie‐ ßungshof gruppieren. Zwischen den beiden Gruppen befindet sich die 2‐geschos‐ sige Kindertagesstätte. Diese ist aufgrund ihrer Kubatur bzw. Geschossigkeit als Sondernutzung ablesbar. Die wechselnde Geschossigkeit innerhalb des Vorha‐ bens trägt zur Maßstäblichkeit der Bebauung bei und somit zur verträglichen In‐ tegration in die umliegende Bebauung. Insgesamt ist die Errichtung von 62 Wohnungen geplant, die über 1,5 bis 4 Zim‐ mer verfügen. Die Ausrichtung der geplanten Baukörper orientiert sich am Verlauf der Ring‐ straße und formt den Ortsrand des Stadtteils an dieser Stelle neu. Die kubischen Gebäude mit begrüntem Flachdach fügen sich in ihrer Höhenentwicklung in die bestehende Bebauung ein. Die Nachbarbebauung staffelt sich vom Hochpunkt an der Steinkreuzstraße mit 4 Geschossen zum Tiefpunkt am nordwestlichen Grund‐ stücksrand mit 1 Geschoss ab. Am Ortseingang wurden dementsprechend die bei‐ den Riegelgebäude als Hochpunkte der Bebauung ausgebildet. Der Höhenent‐ ‐ 12 ‐ wicklung der Umgebungsbebauung folgend staffeln sich die Gebäude von 4 Voll‐ geschossen plus Staffelgeschoss im Süd‐Osten auf 3 Vollgeschosse bzw. 2 Vollge‐ schosse plus Staffelgeschoss entlang der nördlichen Gebietsgrenze ab. Die private Parkierung erfolgt in zwei Tiefgaragen, die über die Ringstraße er‐ schlossen werden. Die Parkplätze für die Kindertagesstätte und die Arztpraxis werden ebenfalls von der Ringstraße angedient. Die erforderlichen Fahrradstell‐ plätze sind teilweise ebenerdig, teilweise im Bereich der Tiefgaragen unterge‐ bracht. Der Spielplatz des Quartiers liegt zentral im Plangebiet und wird durch Hecken‐ und Baumpflanzungen zum Außenbereich abgegrenzt. Der daran angrenzende Freibereich der Kindertagesstätte befindet sich teilweise auf der Tiefgarage und überwindet den Höhenunterschied durch Sitzstufen. Die nicht überbauten Flä‐ chen der Tiefgaragen sind begrünt und unter Berücksichtigung der entsprechen‐ den Überdeckung mit Einzelpflanzungen ergänzt. Ein Wegenetz verbindet die verschiedenen Außenbereiche und führt im Süden auf den öffentlichen Quartiers‐ platz, der durch seine Gestaltung zum Verweilen einlädt und an die vorhandene Bushaltestelle anknüpft. Die gem. § 35 Abs. 1 LBauO BW notwendigen barrierefreien Wohnungen, berück‐ sichtigen die von der LBO gestellten Anforderungen an die Barrierefreiheit. Die geplanten Wohngebäude sind über den angelegten öffentlichen Gehweg entlang der Ringstraße barrierefrei erreichbar. Das Grünkonzept sieht, neben den zwei zu erhaltenden Bäumen im nördlichen Plangebiet, eine straßenbegleitende Begrünung entlang der Ringstraße sowie die Fortführung der Baumreihe entlang der Steinkreuzstraße vor. Im Gebiet sind ver‐ einzelt Baumstandorte vorgesehen, die sich in Richtung des östlichen Gebietsran‐ des verdichten. 4.1 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung In Anwendung von § 9 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3a BauGB sind im Geltungsbereich nur solche Vorhaben zulässig, zu denen sich der Vorhabenträger im Durchfüh‐ rungsvertrag unter Bezug auf den zugehörigen Vorhaben‐ und Erschließungsplan (VEP) verpflichtet hat. Die gemäß § 12 Abs. 3a BauGB zulässige Änderung eines Durchführungsvertrags ist nur im Einvernehmen zwischen Vorhabenträger und Stadt Karlsruhe möglich. Sollten sich Änderungen einvernehmlich als sinnvoll er‐ weisen, muss nicht der Bebauungsplan durch ein entsprechendes Verfahren geän‐ dert werden, sondern es genügt eine Änderung des Durchführungsvertrages, so‐ fern diese sich innerhalb des durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ge‐ zogenen Rahmens bewegt. 4.2 Art der baulichen Nutzung Hauptziel des Vorhabens ist die Schaffung von neuem, innerstädtischen Wohn‐ raum, ergänzt durch eine Kindertagesstätte, eine Arztpraxis und ggf. eine Praxis für Physiotherapie. Zur Umsetzung der Planungsziele wird im Plangebiet ein All‐ gemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO festgesetzt. ‐ 13 ‐ In Anwendung von § 1 Abs. 5 BauNVO wird festgesetzt, dass Tankstellen und Gar‐ tenbaubetriebe unzulässig sind. Gartenbaubetriebe stehen aufgrund ihrer Flä‐ chenintensität dem Ziel der Schaffung von neuem Wohnraum entgegen, durch Tankstellen werden aufgrund des Verkehrsaufkommens Konflikte mit der geplan‐ ten Wohnnutzung befürchtet. Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Anlagen für die Verwaltung können in untergeordnetem Umfang zur Wohn‐ nutzung eine sinnvolle oder verträgliche Ergänzung darstellen und können des‐ halb gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, soweit sie räumlich untergeordnet sind und keine verkehrlichen oder schalltechnischen Be‐ lange entgegenstehen. Unter Berücksichtigung der an drei Seiten des Plangebiets anschließenden Wohn‐ bauflächen gewährleisten die Festsetzungen insgesamt die Umsetzung des ge‐ planten Vorhabens und eine homogene Entwicklung der bestehenden Wohnsied‐ lung. 4.3 Maß der baulichen Nutzung Das Maß der baulichen Nutzung wird bestimmt durch die Grundflächenzahl (GRZ) und die Wandhöhe. Festgesetzt wird der Maximalwert. Wandhöhen Die festgesetzten Wandhöhen ermöglichen eine zwei‐ bis viergeschossige Bebau‐ ung inklusive Staffelgeschoss und orientiert sich damit an der Höhenentwicklung der bestehenden Bebauung auf der Südwestseite der Ringstraße. Insofern fügt sich die geplante Bebauung in ihrer Höhe in das städtebauliche Umfeld ein. Die Bezugshöhen sind im zeichnerischen Teil als absolute Höhe über Höhennormal‐ null festgesetzt. Grundflächenzahl Die festgesetzte maximale Grundflächenzahl entspricht mit 0,4 der gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegten Obergrenze für Allgemeine Wohngebiete. Nach BauNVO darf die zulässige Grundfläche durch die in § 19 Absatz 4 Satz 1 be‐ zeichneten Anlagen um maximal 50% überschritten werden, also maximal bis zu einer Grundflächenzahl von 0,6. Dieser Wert ist jedoch zur Umsetzung des wohn‐ und betriebstechnisch erforderlichen Umfangs an Parkierungsflächen und Tiefga‐ ragen nicht ausreichend. Deshalb ist es notwendig, dass abweichend von der Regelung in §19 Absatz 4 Satz 2 BauNVO eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu einer Grundflächenzahl von 0,75 zugelassen wird. Bei dem Vorhaben geht es um die Nachnutzung eines Gewerbe‐ standorts und um die Schaffung von neuem Wohnraum in Kombination mit Anla‐ gen für soziale und gesundheitliche Zwecke auf einem städtebaulich integrierten Standort. ‐ 14 ‐ Das Vorhaben stellt einen wertvollen Beitrag für die Schaffung von dringend be‐ nötigten innerstädtischen Wohnraum dar und trägt als Maßnahme der Innenent‐ wicklung aus dem im Baugesetzbuch formulierten Anspruch für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden Rechnung. Bei einer Überschreitung der zulässigen Grundfläche ist zu prüfen, ob die Über‐ schreitung der Schaffung von gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse entgegen‐ steht und im welchen Umfang ein Ausgleich für die Beeinträchtigungen geschaf‐ fen werden muss. Die Überschreitung wird nicht durch die Gebäude selbst bzw. eine erhöhte städte‐ baulichen Dichte verursacht, die Obergrenze der BauNVO für Allgemeine Wohn‐ gebiete wird eingehalten. Somit kann auch angesichts der gewählten Gebäude‐ stellung davon ausgegangen werden, dass eine ausreichende Besonnung und Be‐ lüftung der geplanten Gebäude und der bestehenden Gebäude in der Umgebung gegeben ist. Die Überschreitung der zulässigen Grundfläche resultiert vielmehr aus dem er‐ höhten Versiegelungsgrad und dem damit verbundenen Rückgang des Grün‐ und Baumbestandes. Um diesen negativen Folgen der Flächenversiegelung entgegen‐ zuwirken, wird eine ausreichende Erdüberdeckung und Begrünung für die Tiefga‐ ragen, die Begrünung der Dachflächen der Gebäude und weitere Pflanzgebote an den Gebietsrändern festgesetzt. Die Dachbegrünung dient ebenfalls der besseren Rückhaltung des Regenwassers und wirkt sich insgesamt positiv auf das Stadt‐ klima aus. Durch die Unterbringung der erforderlichen Stellplätze in Tiefgaragen wird Park‐ platzlärm für die geplante Bebauung und den umliegenden Bestand minimiert und somit negative Auswirkungen auf die Wohnqualität vermieden. Insofern wird es insgesamt städtebaulich für vertretbar gehalten, eine Überschrei‐ tung der zulässigen Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeich‐ neten Anlagen bis zu einer Grundflächenzahl von 0,75 zuzulassen. Geschossflächenzahl Zur Umsetzung des Vorhabens ist eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,17 erfor‐ derlich. Die GFZ bewegt sich damit in dem von der in § 17 der BauNVO für Allge‐ meine Wohngebiete vorgesehenen Rahmen. 4.4 Bauweise Die festgesetzte offene Bauweise sichert durch die damit einhergehende Be‐ schränkung der Länge der Baukörper, dass sich die geplanten Gebäude maßstäb‐ lich in ihre bauliche Umgebung einfügen. 4.5 Abstandsflächen In der südlichen Baugruppe werden die erforderlichen Abstandsflächen zwischen zwei der geplanten Gebäude in einem Teilbereich der Fassade nicht eingehalten, um eine bessere Abgrenzung des halböffentlichen Innenhofbereichs vom im Süd‐ westen des Planungsgebiets gelegenen öffentlichen Platzraum zu erreichen. Da ‐ 15 ‐ dadurch jedoch gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt wer‐ den, erscheint die Unterschreitung der Abstandsflächen in diesem beschränkten Umfang vertretbar. Aus diesem Grund wird festgesetzt, dass in diesem Bereich (Bereich „A1“ gemäß zeichnerischem Teil) die Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m reduziert werden dürfen. Die Belange des Brandschutzes bleiben von der Festsetzung unberührt. Auch für den Bereich zwischen dem geplanten Kindergarten und dem südlich an‐ grenzenden Wohngebäude wird eine Regelung für eine Reduzierung der Ab‐ standsflächen getroffen. Danach dürfen in dem im zeichnerischen Teil mit „A2“ festgesetzten Bereich die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflä‐ chen auf eine Mindesttiefe von 2,5 m reduziert werden. Vordächer bis zu einer Tiefe von 2,5 m dürfen auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen errichtet wer‐ den. Die Vermeidung dieser Regelung durch eine Verschiebung der Baukörper ist nicht möglich, da es sonst an anderer Stelle zu einer Überlappung der Abstandsflächen kommen würde. Eine Reduzierung der Geschosshöhen wurde ebenfalls geprüft, der konstruktive Aufbau der Geschosse und der Gründächer ist aber bereits mini‐ miert, so dass nur eine Reduktion der Geschossigkeit und damit des Wohnrau‐ mangebots zu einer Einhaltung der Abstandsflächen führen würde. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Geländeversprungs zwischen Kita und Wohngebäude keine nachteiligen Auswirkungen auf die Belichtung und Belüftung des Wohngebäudes zu erwarten sind. Auch für den Betrieb des Kindergartens sind keine negativen Auswirkungen zu erwarten, da im betroffenen Bereich keine dauerhaften Aufenthaltsräume vorgesehen sind. Die Vorgaben des Brandschut‐ zes wurden berücksichtigt. Insofern kann auch bei der geplanten Reduzierung der Abstandsflächen davon ausgegangen werden, dass weiterhin gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnissen herrschen. Insofern wird die getroffene Regelung zur Redu‐ zierung der Abstandsflächen in diesem Fall für vertretbar gehalten. An der östlichen Geltungsbereichsgrenze können die erforderlichen Abstandsflä‐ chen von 0,4 der Wandhöhe im Bereich der südlich gelegenen Baugruppe in zwei Teilbereichen (Flächen „A3“ gemäß zeichnerischem Teil) nicht auf den eigenen Grundstücksflächen nachgewiesen werden. Da das angrenzende Grundstück, auf das die Abstandsflächen fallen, dauerhaft für verkehrliche Zwecke genutzt wer‐ den, ist auch langfristig mit keiner weiteren Bebauung in diesem Bereich zu rech‐ nen. Insofern ist gewährleistet, dass auch trotz der reduzierten Abstandsflächen weiterhin gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich herrschen, so dass auch in diesem Bereich eine Regelung zur Reduzierung der Abstandsflä‐ chen vertretbar erscheint. Im Übrigen werden die von der LBO Baden‐Württemberg für Allgemeine Wohn‐ gebiete vorgesehenen Abstandsflächen eingehalten. ‐ 16 ‐ 4.6 Erschließung 4.6.1 ÖPNV Das Plangebiet ist über die beiden Haltepunkte der Bushaltestelle „Wolfarts‐ weier‐Nord“ in der Steinkreuzstraße bzw. über die Buslinien 27 – Durlach – Palm‐ bach (Waldbronn), 47 – Hauptbahnhof – Stupferich/Rathaus – 107 – Durlach – Ett‐ lingen und 118 – Zündhütle – Langensteinbach sowie über die Straßenbahnlinien 2 und 8 an das städtische ÖPNV‐Netz angeschlossen. Gemäß Verkehrsentwicklungsplan Karlsruhe ist eine Streckenergänzung der Stadtbahn von Wolfartsweier nach Ettlingen/Grünwettersbach vorgesehen, für die eine Freihaltetrasse im vorliegenden Entwurf berücksichtigt wurde. 4.6.2 Motorisierter Individualverkehr Die Erschließung für den motorisierten Individualverkehr erfolgt über das beste‐ hende Straßennetz der Ringstraße. Änderungen am bestehenden Straßennetz sind nach aktueller Einschätzung nicht erforderlich. Die geplanten Zufahrtsberei‐ che für die Tiefgaragen sind im zeichnerischen Teil festgesetzt. 4.6.3 Ruhender Verkehr Da die Freiflächen im Umfeld der geplanten Gebäude im Wesentlichen als woh‐ nungsbezogene Frei‐ und Grünflächen dienen sollen, werden die für die Nutzun‐ gen erforderlichen Stellplätze im Wesentlichen im Bereich von zwei Tiefgaragen untergebracht. Lediglich vor der geplanten Kindertagesstätte sind 7 ebenerdige Privatparkplätze vorgesehen. Außerdem werden entlang der Ringstraße 20 öf‐ fentliche Parkplätze vorgesehen. Insgesamt werden im Plangebiet 101 Stellplätze untergebracht. Bei der Ermittlung der erforderlichen Stellplätze wurde gemäß den Vorgaben der Landesbauordnung von einem Stellplatz pro Wohneinheit ausgegangen. Für die weiteren geplanten Nutzungen wurden die Vorgaben der VwV Stellplätze unter Einbeziehung des ÖPNV‐Bonus berücksichtigt. Danach ergibt sich ein Stellplatzbedarf von 96 Stellplätzen. Abzüglich der 20 öf‐ fentlichen Stellplätze ergibt sich, dass im Plangebiet für die geplanten Nutzungen 5 Stellplätze mehr als erforderlich angeboten werden. Fahrradstellplätze Die nach § 35 LBO („Wohnungen“) erforderlichen Stellplätze sind im Bereich der Tiefgaragen untergebracht. Zusätzlich werden weitere Fahrradstellplätze als Besucherstellplätze in den Au‐ ßenanlagen untergebracht. Insgesamt sind 205 (150 in TG und 55 oben) Fahrradstellplätze vorgesehen. 4.6.4 Geh‐ und Radwege Entlang der Ringstraße wird ein öffentlicher Gehweg vorgesehen. Die erforderli‐ che Fläche wird im zeichnerischen Teil als öffentliche Verkehrsfläche gesichert. ‐ 17 ‐ Der bestehende Wanderweg im Norden des Plangebietes wird erhalten und barri‐ erefrei an den bestehenden Wanderweg angeschlossen. Die Sicherung des Weges wird im zeichnerischen Teil durch ein Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit gesi‐ chert. Der bestehende Gehweg entlang der Westseite der Ringstraße wird erhalten und entsprechend fortgeführt. 4.6.5 Feuerwehrzufahrt Der außerhalb des Geltungsbereichs im Nord‐Osten an das Plangebiet angren‐ zende, derzeit beschränkte öffentlich gewidmete Weg (für Fußgänger und Rad‐ fahrer) ist verkehrsrechtlich als Feuerwehrzufahrt zulässig. Eine Umwidmung ist nicht erforderlich. 4.6.6 Ver‐ und Entsorgung Versorgung mit Strom, Gas, Wasser, Wärme Die Versorgung des Plangebietes erfolgt durch Anschluss an das bestehende Ver‐ sorgungsnetz. Für die Stromversorgung ist eine Trafostation im nördlichen Be‐ reich der Tiefgarage geplant. Um den Zugriff zur Trafostation für den Versor‐ gungsträger zu sichern, wurde ein entsprechendes Leitungsrecht im Bebauungs‐ plan festgesetzt. Entwässerung Die Entwässerung des Bauvorhabens erfolgt durch Anschluss an das bestehende Mischsystem. Es kann an den bestehenden Mischwasserkanal in der Ringstraße angeschlossen werden. Die Einleitbeschränkung für Regenwasser beträgt 65 l/s. Darüber hinaus anfallendes Regenwasser ist zurück zu halten. Zur Entlastung der bestehenden Kanalisation werden Retentionsmaßnahmen umgesetzt. Dazu zählen die extensive Begrünung der Dachflächen der Hauptge‐ bäude mit einer Aufbaustärke von mindestens 12 cm und die intensiv begrünten Aufbauten (durchlässige Überdeckung) der Tiefgarage (für Anlagen zur natürli‐ chen Entlüftung der Tiefgaragen, für die zulässigen Nebenanlagen und für Wege darf die Vegetationsdecke unterbrochen werden). Im Rahmen der Entwässerungsplanung wird auch ein Überflutungsnachweis ge‐ mäß DIN 1986‐100 geführt. Abfallentsorgung Die notwendigen Aufstellflächen für Abfallbehälter sind in die Gebäude integriert. Die Entsorgung der Abfallbehälter erfolgt über die Ringstraße. Der Abstand der geplanten Aufstellflächen zur Ringstraße beträgt weniger als 15 m. 4.7 Gestaltung Die Gestaltung der Gebäude ist Ergebnis einer Mehrfachbeauftragung und wurde bereits im Ortschaftsrat Wolfartsweier und im Planungsausschuss der Stadt Karls‐ ruhe behandelt und befürwortet. ‐ 18 ‐ Die mit begrünten Flachdächern versehene Bebauung wird neben der angrenzen‐ den Wohnbebauung als eigenständige Einheit wahrgenommen. In Länge und Ge‐ schossigkeit fügen sich die zwei‐ bis viergeschossigen Baukörper aber maßstäb‐ lich in die umliegende Bebauung ein. Auch die Gliederung der Fassaden sowie die Materialität der Fassade schaffen Be‐ züge zur bestehenden Bebauung. Die Fassaden sind als helle Putzfassaden mit dunkleren Akzenten gestaltet. Die Staffelgeschosse sind durch Rücksprünge ge‐ genüber den darunterliegenden Geschossen abgesetzt. Um zu verhindern, dass Dachaufbauten störend in Erscheinung treten, haben sie, mit Ausnahme von Aufzugsüberfahrten, zu Außenfassaden mindestens im selben Maß Abstand zu halten, in dem sie die Höhe des oberen Fassadenabschlusses (Flachdachattika) überschreiten. Um ein durchgängiges Erscheinungsbild zum Straßenraum sicherzustellen und zur Verbesserung der Durchgrünung des Plangebietes sind Einfriedigungen nur als geschnittene Hecken mit oder ohne dahinter liegendem Drahtgeflecht bzw. Metallgitterzaun zulässig. Da zum Abfangen des Geländes zur Umsetzung des Vorhabens an mehreren Stellen des Plangebiets Stützmauern erforderlich sind, werden diese zugelassen. Werbeanlagen und Automaten sind aufgrund der geplanten Nutzung und der Auswirkung auf das Ortsbild nur eingeschränkt vorgesehen und werden daher in ihrer Größe und Lage beschränkt. 4.8 Grünordnung / Ersatz‐ und Ausgleichsmaßnahmen / Artenschutz 4.8.1 Grünplanung, Pflanzungen Von der Baumaßnahme sind insgesamt 74 durch die städtische Baumschutzsat‐ zung erfasste Bäume betroffen, für die eine Fällerlaubnis erforderlich ist. Für 22 Pappeln im Plangebiet lag eine Fällerlaubnis aus dem Jahr 2007 vor, auf deren Grundlage bereits damals 7 Pappeln gefällt wurden. Eine weitere Pappel wurde etwa im Jahr 2004 auf 3 bis 4 Meter Höhe reduziert. Die Gültigkeit jener Fällgenehmigung ist zwischenzeitlich abgelaufen Vom Sachverständigenbüro Weber wurde im Zuge des Verfahrens ein Gutachten zur Verkehrssicherheit des Baumbestandes von noch 15 Pappelexemplaren, hier‐ von 13 in einer „Pappelgruppe“ (Stand: 17.12.2018) erstellt, in dem bei 4 ausge‐ wählten Kanada‐ Pappeln eine Stichprobe durchführt wurde und Angaben zur Stand‐ und Bruchsicherheit im Sinne der Verkehrssicherheit gemacht werden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass 2 der untersuchten Kanada‐Pappeln nicht ver‐ kehrssicher sind und im Winter 2018/19 gefällt werden müssen, wobei die Belange des Artenschutzes zu berücksichtigen sind. Bei einem Baum sind Pflegemaßnah‐ men zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit notwendig. Einer der unter‐ suchten Bäume ist noch verkehrssicher. Da die Bäume fast alle vom Pappelglas‐ flügler befallen sind, kann über die restlichen Bäume, die nicht eingehend unter‐ sucht wurden, keine Aussage über die Verkehrssicherheit getroffen werden. Es ist anzunehmen, dass sich der Schädling immer noch in den Bäumen befindet. Über ‐ 19 ‐ die Bohrlöcher können zusätzlich holzzersetzende Pilze eintreten. Nach Einschät‐ zung des Gutachters ist es fraglich, ob diese Pappelgruppe noch lange erhalten werden kann. Für die beiden nicht verkehrssicheren Bäume wurde bereits eine Fällgenehmi‐ gung erteilt und die Fällung durchgeführt, da sie eine akute Gefahr für mehrere Fußwege, die Straßenbahnwendeschleife und ein benachbartes Wohnhaus dar‐ stellen. Im Zuge der Fällarbeiten sind die angrenzenden Bäume durch Kronenre‐ duzierungen zu entlasten, um deren Verkehrssicherheit bei den veränderten Ver‐ hältnissen gewährleisten zu können. Die in der Fällgenehmigung enthaltenen ar‐ tenschutzrechtlichen Vorgaben wurden bei der Fällung berücksichtigt. Da bei der Untersuchung der beiden Bäume 3 Eichhörnchenkobel festgestellt wurden, war die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme für Eichhörnchen im Rah‐ men der Fällgenehmigung erforderlich. Die Fällung der restlichen Bäume erfolgt in Absprache mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz. Vorgesehen ist der Erhalt einer Birke und einer Vogelkirsche am nordwestlichen Grundstücksrand. Der Erhalt dieser Bäume wurde planungsrechtlich gesichert. Details zur Sicherstellung des fachgerechten Erhalts sind im Durchführungsver‐ trag geregelt. Es werden insgesamt 46 Einzelbäume und eine Fläche von ca. 488 m² mit Wildhecke gepflanzt. Die Pflanzungen sind planungsrechtlich gesichert. Sie sind zu unterhalten, zu pflegen und bei Abgang in der darauf folgenden Pflanzperiode gleichwertig zu ersetzen Die Tiefgarage wird mit einer Substratschicht bedeckt, deren Stärke oberhalb der „Drän‐/Retentions‐ und Filterschicht“ mindestens 40 cm betragen soll und je nach Standort und Art der Bepflanzung bis zu ca. 0,9 m betragen kann. Dadurch wird eine entsprechende Begrünung mit Rasen, Stauden und z.T. Bäumen ermöglicht. Die Flachdächer werden ebenfalls begrünt, so dass gegenüber dem bisherigen Zustand eine stärkere Durchgrünung des Planungsgebietes umgesetzt wird. Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die Befestigung von Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solarthermischen Nut‐ zung sind so zu gestalten, dass sie nicht zur Reduzierung des Volumens des Schichtaufbaus der Dachbegrünung führen. Siehe dazu auch die Hinweise, Ziffer 11. Die Stärke des Dachbegrünungssubstrats auf den Dächern oberhalb einer Drän‐ und Filterschicht hat mindestens 12 Zentimeter zu betragen. Die Einsaat erfolgt mit einer Mischung (60:40) aus Kräutern und Gräsern aus den Listen unter den Planungsrechtlichen Festsetzungen, Ziffer 8.2. 4.8.2 Ausgleichsmaßnahmen Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenent‐ wicklung, der eine Größe der überbaubaren Grundfläche von weniger als 20.000 m² festsetzt. Er wird im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Ein Ausgleich der ‐ 20 ‐ durch den Bebauungsplan zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft ist deshalb nicht erforderlich. 4.8.3 Maßnahmen für den Artenschutz Nachfolgend wird die Entwicklung des artenschutzrechtlichen Maßnahmenkon‐ zepts erläutert. Dabei werden zuerst die aus dem artenschutzrechtlichen Fachbei‐ trag abgeleiteten Maßnahmen dargestellt, anschließend die Ergänzungen des Maßnahmenkonzepts im Laufe des Verfahrens. Maßnahmenkonzept des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags Für die Belange des Artenschutzes wurde vom Büro arguplan GmbH aus Karlsruhe ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag erstellt. Darin wurde die Planung auf ein Vorliegen bzw. eine drohende Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstat‐ bestände des § 44 Abs.1 BNatSchG geprüft und insofern das besondere Arten‐ schutzrecht des BNatSchG abgearbeitet. Abgeleitet von der unter Ziffer 3.2.3 dar‐ gestellten Bestandsaufnahme von relevanten Arten werden in dem Fachbeitrag nachfolgende Maßnahmen empfohlen: Vögel Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Entfernung des Vegetationsbestandes außerhalb der Brutzeit der Vögel  Baubeginn außerhalb der Brutzeit  Ersatzpflanzungen von Gehölzen im Plangebiet zur Minimierung des Ver‐ lustes des bestehenden Pappelwäldchens (Schnellwachsende Baumgruppe und Wildhecke) Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen) außerhalb des Pla‐ nungsgebiets:  Aufhängen von Vogelnistkästen: ‐ 2Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32 mm) (Aufhänghöhe > 2 m) ‐ Die externen CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden im Umfeld des Plangebiets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 durchgeführt. Die Orte, wo die Kästen installiert werden sollen, sind der nachfolgenden Abb. 2 zu entnehmen. Der Verbleib der Kästen auf dem städtischen Grundstück Flurstück Nr. 20308 wird im Rahmen des Durchfüh‐ rungsvertrags verbindlich geregelt. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen) innerhalb des Planungsgebiets): ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32mm) (Aufhänghöhe > 2 m) Die internen CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden in den beiden zum Erhalt festgesetzten Bestandsbäumen umgesetzt. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet)  Installation von Vogelkästen: ‐ 21 ‐ ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32 mm) (Aufhänghöhe > 2 m). Es ist geplant, die beiden Kästen auf die beiden Giebelseiten der Kindertagesstätte zu verteilen. Abb.2 Anbringungsorte für Nistkästen für Vögel und Fledermäuse (CEF‐Maßnahmen) ‐ 22 ‐ Fledermäuse Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Entfernung des Vegetationsbestandes in der Aktivitätszeit der Fleder‐ mäuse  Gebäudeabriss in der Aktivitätszeit der Fledermäuse Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Fledermauskästen: ‐ 2 Fledermauskästen (Modell Schwegler: Typ 1FF Flachkasten) (Aufhäng‐ höhe > 3 m) Die CEF‐Maßnahmen (Fledermauskästen) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung der Anbringungsorte auf Abb. 2. Der Verbleib der Kästen auf dem städtischen Grundstück Flurstück Nr. 20308 wird im Rah‐ men des Durchführungsvertrags verbindlich geregelt. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet)  Installation von Fledermauskästen: ‐ 2 Fledermauskästen am geplanten Kindergartengebäude Ergänzung des Maßnahmenkonzepts im Verfahren Abgeleitet von den Anregungen der Träger öffentlicher Belange und den Untersu‐ chungsergebnissen von weiteren Begehungen des Plangebiets im Dezember 2018 wurde das Maßnahmenkonzept ergänzt. Nachfolgend wird nach betroffenen Ar‐ ten sortiert zusammenfassend dargestellt, welche Ergänzungen vorgenommen wurden und wie die Anregungen der Träger öffentlicher Belange bewertet wurden. Vögel Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Maßnahmen gegen Vogelschlag Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Vogelnistkästen: ‐ Zusätzliche Installation von 1 Starenkasten (Modell Schwegler: Staren‐ höhle 3S) (Aufhänghöhe > 2 m) Die CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung gem. Abb. 2. ‐ 23 ‐ Erläuterung zu den die Vögel betreffenden Ergänzungen:  Beobachtung von Star (RL‐D 3) und Klappergrasmücke (RL‐BW V) als wert‐ gebende Brutvogelarten sowie dem streng geschützten Grünspecht: Das Vorkommen des Stars wird bei dem Maßnahmenkonzept berücksich‐ tigt, indem ein Nistkasten im Umfeld zusätzlich aufgehängt wird. Beim Grünspecht ist vorhabenbedingt nicht mit einem Revierverlust zu rechnen. Da die Art im Allgemeinen Reviergrößen von über 150 ha besitzt und, wie das Vorkommen im Bereich des Planungsraumes zeigt, im Umfeld geeignete Lebensräume (mit Brutbäumen) existieren, ist ein Ausweichen auf die Umgebung möglich. Ausgleichsmaßnahmen für die Art sind daher nicht erforderlich. Das Revierzentrum der Klappergrasmücke wurde im Zuge der artenschutz‐ rechtlichen Untersuchungen in einer Hecke im direkten Umfeld der Ein‐ griffsfläche festgestellt. Das Revier erstreckte sich auch auf die Gehölzrand‐ zone des Geltungsbereichs. Da somit mit keinem vollständigen Revierver‐ lust zu rechnen ist, sind vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nicht erfor‐ derlich. Die Art profitiert auch von der geplanten Anlage von Wildhecken am Nordrand des Planungsraumes.  Beobachtung der Heckenbraunelle und der Nachtigall (Brutvogelarten): Bei den genannten Arten handelt es sich um ungefährdete Arten. Im Regel‐ fall ist gemäß der aktuellen Rechtsprechung davon auszugehen, dass bei den häufigen und verbreiteten Vogelarten aufgrund deren günstigen Erhal‐ tungszustandes und der großen Anpassungsfähigkeit ein Vorhaben nicht gegen die Verbote des § 44 BNatSchG verstößt (s. Bick 2016, Natur und Recht 38 (2): 73‐78). Durch die geplante Anlage von Wildhecken im Norden des Geltungsbereichs werden für die Arten Ersatzlebensräume zur Verfü‐ gung gestellt, so dass das Beschädigungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht ausgelöst wird. Aufgrund der Gehölzbeseitigung außer‐ halb der Brutzeit wird der Tötungsverbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt.  Berücksichtigung des Themas Vogelschlag: Als Minimierungsmaßnahme ist vorgesehen, dass für großflächige Glasele‐ mente ausschließlich Elemente aus bedrucktem vogelschlagsicherem Glas zu verwenden sind. Außerdem ist auf Übereckverglasungen und spiegelnde Elemente zu verzichten. Im Bedarfsfall werden die Maßnahmen mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz abgestimmt. ‐ 24 ‐ Fledermäuse Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Fledermauskästen: ‐ Installation von 8 Fledermauskästen (Modell Schwegler: Typ 1FF Flachkas‐ ten) (Aufhänghöhe > 3 m) Die CEF‐Maßnahmen (Fledermauskästen) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung Abb. 2. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet) ‐ Installation von 16 fassadenintegrierte Kästen für Fledermäuse in den neu entstehenden Gebäuden (2 Kästen pro Gebäude = 16 Kästen, Modell Sch‐ wegler: Typ 1 FR Fassadenröhre) (Aufhänghöhe > 3 m) Erläuterung zu den die Fledermäuse betreffenden Ergänzungen des Maßnah‐ menkonzepts im Laufe des Verfahrens: Zu den Gebäuden  Beim Gebäudeabriss sollen potentielle Strukturen, wie zum Beispiel das At‐ tikablech, in Anwesenheit der ökologischen Baubegleitung vorsichtig und nach Möglichkeit händisch entfernt werden.  Der Abbruch wird in Anwesenheit einer ökologischen und fledermauskund‐ lichen Baubegleitung mit vorheriger Detektorefassung durchgeführt.  Die Integration von 16 Fledermauskästen in den neuen Gebäuden wird fest‐ gesetzt. Acht Fledermausflachkästen wurden bereits an nahe gelegenen Bäumen aufgehängt um einen ausreichenden Ausgleich für wegfallende Fortpflanzungs‐ und Ruhestätten zu schaffen.  Dem Verdacht auf Wochenstuben der Zwergfledermaus in den Gebäuden wurde im Rahmen einer Baum‐ und Gebäudekontrolle im Dezember 2018 nachgegangen und hat sich nicht bestätigt. Zum Baumbestand  Baumkontrolle zwecks gegebenenfalls vorgezogener Fällung: Im Baumbestand gibt es keine großen Baumhöhlen. Lediglich eine kleinere, fledermausgeeignete Höhle (derzeit ungenutzt) und Kleinstrukturen/Rin‐ denstrukturen. Bei der Gebäude‐ und Baumkontrolle im Dezember 2018 wurde festgestellt, dass keine Winterquartiere durch die Fällung betroffen sind, da die Äste der Pappeln stark der Witterung ausgesetzt sind und keine ungestörten, frostfreien Aufenthaltsorte bieten. Durch eine Sichtkontrolle durch Baumkletterer konnte die Wahrscheinlich‐ keit, dass Tiere bei den Fällarbeiten zu Schaden kommen, besser beurteilt werden. Im vorliegenden Fall konnte das Risiko, dass Fledermäuse im Win‐ terschlaf bei einer Fällung betroffen sind, stark eingegrenzt werden, da ‐ 25 ‐ kaum bis keine geeigneten Strukturen vorhanden sind. Ein signifikant er‐ höhtes Tötungsrisiko von Fledermäusen durch eine Fällung in den Winter‐ monaten besteht somit nicht.  Ausgleich der Balzhabitate und zugehöriger Quartiere: Der Bebauungsplan setzt neben den allgemeinen Pflanzgeboten auch die Pflanzung mehrerer großkroniger Bäume (18‐20cm Stammumfang bei Pflanzung) und Wildhecken fest. Im Westen grenzt die landwirtschaftliche Feldflur von Wolfartsweier, seit Neuestem geschützt durch das Land‐ schaftsschutzgebiet „Oberwald‐Rißnert”, an den Vorhabenbereich. Im Os‐ ten grenzt Wolfartsweier direkt an den Bergwald und das Landschafts‐ schutzgebiet ,,Bergwald‐Rappeneigen“. Das Gebiet zeichnet sich durch na‐ turnahe Waldtypen, reizvolle Waldränder mit Übergängen zu extensiven Gärten und Streuobstwiesen aus. Der Baumbestand in der Steinkreuz‐ straße ist zwar ein Teillebensraum von Fledermäusen. Eine essentielle Be‐ deutung als Nahrungshabitat, Balzquartier, Winter‐ und Sommerquartier ist dem Bestand jedoch nicht zuzusprechen.  Tagesquartier der Zwergfledermaus im Pappelbestand; Nahrungsquartier von Zwergfledermäusen, Kleinen Abendseglern, Breitflügelfledermäusen und Grauen Langohren: Durch die Integration von Fledermauskästen in den neuen Gebäuden, auf‐ gehängte Fledermauskästen im Umfeld des Plangebiets, neue Gebäu‐ desturkturen, der Pflanzung von großkronigen Bäumen und Wildhecken und die Nähe zum Bergwald wird gewährleistet, dass der Erhaltungszu‐ stand der Population verschiedener Fledermausarten sich nicht verschlech‐ tert. Von dem Aufhängen der Kästen soll in erster Linie die Zwergfleder‐ maus profitieren, welche das Plangebiet als Tagesquartier nutzt. Allen üb‐ rigen von den Naturschutzverbänden gemeldeten Arten (Kleinabendseg‐ ler, Breitflügelfledermaus) dient der Geltungsbereich bzw. der dortige Pap‐ pelbestand möglicherweise als Nahrungshabitat. Aber auch sie können die Kästen ebenfalls als Einzelquartier nutzen. Der Pappelbestand wurde sei‐ tens der Naturschutzverbände aufgrund der relativ geringen Entfernung zu einem bekannten Quartier des Grauen Langohrs eine essenzielle Bedeu‐ tung zugesprochen. Diese Einschätzung konnte trotz intensiver Fledermau‐ suntersuchungen nicht bestätigt werden, was auch fachlich der „wenig mo‐ bilen und strukturgebundenen“ Art entspricht. Um die Beanspruchung ei‐ nes Nahrungslebensraumes für alle betroffenen Arten auszugleichen, ist die Anlage einer Wildhecke und von Baumgruppen am Nordostrand des Geltungsbereich vorgesehen. Eine essentielle Bedeutung als Nahrungsha‐ bitat, Balzquartier, Winter‐ und Sommerquartier ist dem Bestand jedoch nicht zuzusprechen. ‐ 26 ‐ Sonstige Tierarten Haselmaus Als weitere Art wurde seitens der Naturschutzverbände im Plangebiet ein Vorkommen der Haselmaus vermutet. Hierzu wurde vom Fachplanungs‐ büro eine Potentialanalyse durchgeführt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass im Vorhabenbereich nicht mit der Haselmaus zu rechnen ist. Eichhörnchen  Im Rahmen der Baum‐ und Gebäudekontrolle im Dezember 2018 wurden Eichhörnchen als weitere artenschutzrechtlich relevante Art im Plangebiet identifiziert. Eichhörnchen sind national besonders geschützt. Solange kein zulässiges Eingriffsvorhaben vorliegt, ist eine Ausnahme der unteren Na‐ turschutzbehörde erforderlich, sollte eine Störung oder Tötung der Eich‐ hörnchen unumgänglich sein. Diese wurden mit folgender Maßgabe erteilt: Bei der Fällung des Baumbestandes (im Januar/Februar) inklusive Sträucher nach Fällfreigabe sind die Bäume mit den meisten Eichhörnchenkobeln zu belassen (gemäß Bericht zum Kontrolltermin 2 Bäume). So verbleiben acht Kobel, um den dort lebenden Eichhörnchen die Winterruhe und die an‐ schließende Fortpflanzung zu ermöglichen. Fällung der ,,Kobelbäume” er‐ folgt nach Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz zu einem Zeitpunkt, an dem die Fledermäuse mobil sind und fliehen kön‐ nen, sollten sie sich in den Bäume aufhalten. Insekten  Zum Schutz der Insektenpopulation wurde festgesetzt, dass für die Stra‐ ßenbeleuchtung und die grundstücksbezogene Beleuchtung insekten‐ freundliche Leuchtmittel (1. Priorität: LED, 2. Priorität: Natriumnieder‐ drucklampen) zu verwenden sind, wobei die Leuchten nach oben abge‐ schirmt sein müssen (Fokussierung des Lichtstroms auf die zu beleuch‐ tende Fläche). Die Leuchtengehäuse müssen gegen das Eindringen von Spinnen und Insekten geschützt sein, die Oberflächentemperatur der Leuchten darf 60° C nicht überschreiten. Die im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vorgeschlagenen bzw. im Verfahren er‐ gänzten artenschutzrechtlichen Maßnahmen wurden, soweit es sich um Maßnah‐ men innerhalb des Geltungsbereichs handelt, in den Bebauungsplan übernommen, des Weiteren im Durchführungsvertrag geregelt. Die Maßnahmen außerhalb des Geltungsbereichs (CEF‐Maßnahmen) werden durch entsprechende Regelungen im Durchführungsvertrag gesichert. 4.9 Belastungen 4.9.1 Altlasten Aufgrund der jahrelangen altlastenrelevanten Nutzung kann eine Verunreinigung des Untergrundes und des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden. Aus fach‐ technischer Sicht sind auf dem Gelände weitere bodenschutzrechtliche Untersu‐ ‐ 27 ‐ chungen für den Wirkungspfad Boden‐Grundwasser erforderlich. Untersuchun‐ gen hinsichtlich des Wirkungspfades Boden‐Mensch können in Abhängigkeit der Detailplanung erforderlich werden. Anfallendes Rückbau‐ und Aushubmaterial ist in jedem Fall abfallrechtlich zu un‐ tersuchen. Im Vorfeld sind ein Rückbau‐ sowie ein Aushub‐ und Entsorgungskon‐ zept von einem Sachverständigen zu erarbeiten und der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz vorzulegen. Sämtliche Baumaßnahmen sind gutachterlich zu überwachen. Eine Muldenversickerung über mögliche vorhandene anthropogene Auffüllungen oder nutzungsbedingte Verunreinigungen ist nicht zulässig. Die Auffüllungen bzw. das verunreinigte Bodenmaterial sind auszuheben und fachgerecht zu ent‐ sorgen. Die Schadstofffreiheit ist analytisch nachzuweisen (Sohlbeprobung). Die weiteren und abschließenden Bodenuntersuchungen können vollständig erst nach Abriss der Bestandsgebäude durchgeführt werden. 4.9.2 Schall Im Rahmen der schalltechnischen Stellungnahme waren zum einen Aussagen über die Einwirkungen durch Verkehrslärm auf das Plangebiet anhand der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau) sowie durch Straßenbahnlärm zu beurteilen. Weiterhin sind die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Umgebung zu beur‐ teilen. Hierbei ist der von der Zufahrt zur Tiefgarage ausgehende Lärm als Gewer‐ belärm einzustufen und nach der TA‐Lärm zu beurteilen. Ergänzend ist zu unter‐ suchen, inwieweit sich Geräuschimmissionen aus der geplanten Kindertages‐ stätte mit angrenzendem Spielplatz auf das Plangebiet auswirken. Aufgrund der unter Ziffer 3.5. dargestellten Immissionssituation in der Umgebung des Plangebietes wurde zur Klärung der schalltechnischen Belange ein schalltech‐ nisches Gutachten vom Büro „Schalltechnik Dr. Müller“ aus Rheinstetten erstellt. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Der resultierende Lärmeintrag aus dem Straßen‐ und Schienenverkehr liegt be‐ reichsweise deutlich über den Lärmpegeln, die nach den Planungsrichtwerten der städtebaulichen Schallschutznorm DIN 18 005 /1/ für eine Bebauung mit wohnli‐ cher Nutzung anzustreben sind. Deshalb werden im Bebauungsplan geeignete Lärmminderungsmaßnahmen festgesetzt. Hierbei werden durch geeignete Bau‐ formen bzw. Grundrissgestaltung und passive Schallschutzmaßnahmen an Ge‐ bäuden verträgliche Verhältnisse in Wohn‐ und Arbeitsräumen geschaffen. Abschirmmaßnahmen sind an den zur Steinkreuzstraße bzw. Straßenbahn‐ Schleife weisenden Gebäudefassaden nicht durchführbar. Eine etwaige Abschir‐ mung von der Steinkreuzstraße (z.B. durch eine h = 2 m hohe Lärmschutzwand) wurde geprüft, könnte in Teilen der Bebauung aber keine spürbare Minderung der Beurteilungspegel bewirken, zumindest nicht in den oberen, zur wohnlichen Nut‐ zung geplanten Gebäudebereichen. Aufgrund der nur in einem kleinen Einwirkungsbereich in Bodennähe erreichba‐ ren Verbesserung der Geräuschimmissionssituation, der Barrierewirkung einer solchen Mauer und den negativen Auswirkungen auf das Ortsbild erscheint diese aufwändige bautechnische Maßnahme als nicht angemessen und städtebaulich ‐ 28 ‐ vertretbar. Der angestrebte offene Charakter des geplanten öffentlichen Platzes im Süden des Geltungsbereichs wäre so nicht umsetzbar, auch Sicherheitsas‐ pekte (mangelnde Einsehbarkeit) sprechen gegen eine solche Lösung. Hinsichtlich möglicher Geräuscheinwirkungen aus dem Betrieb des Kindergartens ist festzustellen, dass Kinderlärm, der von Kindertageseinrichtungen, Kinderspiel‐ plätzen ausgeht, gemäß BImSchG /2/(§ 22 Abs.1a) im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung ist und im Wohnumfeld hingenommen werden muss. Ein Bolzplatz bzw. eine Skateranlage oder ähnliches durch Nutzung von Jugendlichen ist nicht vorgesehen. Der Kinder‐ Spielplatz im Außenbereich des Kindergartens wird ausschließlich von Kindern und nicht von Jugendlichen genutzt. Dies wird durch eine entsprechende Beschilderung sichergestellt. Die im Gutachten vorgeschlagenen aktiven und passiven Schallschutzmaßnah‐ men wurden in die Festsetzungen des Bebauungsplans übernommen. Im Gutachten wird außerdem eine ergänzende Maßnahme genannt, die zu einer weiteren Reduzierung der Schallbelastung und damit zu einer Verbesserung der Wohnqualität führt, aus schalltechnischer Sicht unter Berücksichtigung der rele‐ vanten Normen jedoch nicht zwingend erforderlich ist und daher auch nicht als Festsetzungsvorschlag im Gutachten genannt wird. Danach können zum Schutz der Außenbereiche (Loggien und Balkone o.ä.), welche direkt an der Steinkreuz‐ straße liegen, diese zusätzlich mit einem „verglasten Wintergarten“ o.ä. mit ei‐ nem bewerteten Schalldämmmaß von Rw > 25 dB eingeplant werden. 4.9.3 Luftqualität Eine relevante Erhöhung der Luftbelastung durch das Vorhaben ist nicht zu er‐ warten. Durch die punktartige Positionierung der Gebäude wird ein ausreichender Luftaustausch gewährleistet. Der erhöhte Dämmstandard der Gebäude in Verbin‐ dung mit einer effizienten Energieversorgung (siehe auch unter Ziff. 4.9.4) tragen dazu bei, den Ausstoß von Luftschadstoffen zu minimieren. 4.9.4 Energieeffizienz / Klimaschutz Für die Bebauung des Plangebiets hat der Vorhabenträger ein Energiekonzept er‐ stellt. Dabei wurden verschiedene Varianten der Gebäudehülle inklusive der Anla‐ gen zur Raumheizung und zur Trinkwarmwasserbereitung mit Hilfe von Energie‐ bilanzen untersucht. Die zur Umsetzung vorgesehene Vorzugsvariante sieht eine zentrale Wärmever‐ sorgung aller Gebäude über ein hocheffizientes Nahwärmenetz mit Gas‐BHKW und Spitzenlastkessel vor. Über das BHKW kann so in Kraft‐Wärme‐Kopplung der größte Teil der benötigten Wärme bereitgestellt sowie zusätzlich Strom produ‐ ziert und vor Ort genutzt werden. Die Wärmeverteilung in den Gebäuden erfolgt über niedertemperaturbasierte Flächenheizungen. Die Belüftung der Gebäude wird über dezentrale Lüftungsanlagen (Wohngebäude) bzw. eine zentrale Lüf‐ tungsanlage (Kindertagesstätte) mit Wärmerückgewinnung realisiert. In Kombi‐ nation mit erhöhten Dämmstärken bei den Bauteilen der Gebäudehülle sowie ei‐ ner durchgehenden 3‐fach Wärmeschutzverglasung wird bei den Wohngebäuden der Standard eines KfW‐Effizienzhaus 55 erreicht. Die Kindertagesstätte verpasst ‐ 29 ‐ bei gleicher Ausführung auf Grund der schlechteren Bewertung durch die Berech‐ nung nach DIN 18599 (Nichtwohngebäude) den KfW‐55‐Standard nur knapp. Dennoch werden auch hier gesetzliche Anforderungen der Energieeinsparverord‐ nung (EnEV) um ‐23% beim Jahres‐Primärenergiebedarf (Qp‘) bzw. mit über ‐50% beim mittleren U‐Wert (Ht‘) für opake Bauteile unterschritten. Die Absicherung des KfW 55 Standards der Wohngebäude erfolgt über den Durchführungsvertrag. Die Begrünung der Flachdächer und der Tiefgarage, die Gestaltung der Fassaden als helle Putzfassaden und die punktartige, die Durchlüftung erlaubende Gebäu‐ deanordnung vermeiden eine negative Wirkung auf das Lokalklima. 4.9.5 Kampfmittel Von der Firma UXO PRO CONSULT wurde für das Plangebiet eine Luftbildaus‐ wertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittelbelastung erstellt. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Die Auswertung der Luftbildaufnahmen hat den Verdacht der Kontamination des Erkundungsgebietes mit Kampfmitteln nicht bestätigt. Nach jetzigen Kenntnis‐ stand sind keine weiteren Maßnahmen notwendig. Die Luftbildauswertung resultiert in der Erkenntnis, dass die zu untersuchende Wahrscheinlichkeit der Kontamination des Erkundungsgebietes mit Kampfmit‐ teln verschwindend gering ist. Folglich besteht keine zwingende Notwendigkeit, den Beginn der Phase B (technische Erkundung der Kampfmittelbelastung und Gefährdungsabschätzung) der Kampfmittelräumung zu veranlassen. Nach jetzi‐ gem Kenntnisstand ist die technische Erkundung demnach nicht zwingend not‐ wendig. Die tatsächliche Kampfmittelbelastung des Erkundungsgebietes kann ausschließlich durch technische Methoden vor Ort überprüft werden. 5. Umweltbericht Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenent‐ wicklung, der eine Größe der überbaubaren Grundfläche von weniger als 20.000 m² festsetzt. Er wird im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Eine Umweltprü‐ fung ist deshalb nicht durchzuführen. 6. Sozialverträglichkeit Bei der Planung wurden im Hinblick auf Sozialverträglichkeit insbesondere die nachfolgend erörterten Aspekte berücksichtigt: Das Vorhaben ist in Teilbereichen eine Maßnahme des sozial geförderten Woh‐ nungsbaus. Die Gebäude sind teilweise barrierefrei konzipiert, die Wohnungsgrö‐ ßen und Zuschnitte orientieren sich an den Bedürfnissen der Nutzer. 7. Statistik 7.1 Flächenbilanz Wohngebiet ca. 0,65 ha 79,00% Verkehrsflächen ca. 0,17 ha 21,00% Grünflächen ca. 0,00 ha Ausgleichsflächen ca. 0,00 ha Gesamt ca. 0,82 ha 100,00% ‐ 30 ‐ 7.2 Geplante Bebauung Anzahl Wohneinheiten Bruttogrundfläche Einzelhäuser 8 62 14.743 m² 7.3 Bodenversiegelung1 Gesamtfläche ca. 0,82 ha 100,00% Derzeitige Versiegelung ca. 0,18 ha 21,95% Durch den Bebauungsplan max. zulässige versiegelte Fläche ca. 0,66 ha 80,49% 8. Kosten Alle im Zusammenhang mit dem Vorhaben anfallenden Kosten einschließlich der Erschließungsanlagen übernimmt der Vorhabenträger. Der Stadt Karlsruhe ent‐ stehen keine Kosten. 9. Durchführung Alle Verpflichtungen des Vorhabenträgers werden im Durchführungsvertrag gere‐ gelt. 10. Übersicht der erstellten Gutachten ‐ Schallgutachten, Schalltechnik–Dr. Müller, Fassung vom 12. Juni 2018 ‐ Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, arguplan, Fassung vom April 2018 ‐ Historische Altlastenerkundung, GHJ, Fassung vom 6. März 2018 ‐ Baugrundgutachten, Geologisches Büro Jochen Lang, Fassung vom 12. April 2018 ‐ Luftbildauswertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittelbelas‐ tung, UXO PRO CONSULT, Fassung vom 16. April 2018 1 Die maximal zulässige versiegelte Fläche berechnet sich aus den versiegelten Verkehrsflächen, der maximal überbaubaren (auch mit Nebenanlagen) Grundfläche (in der Regel GRZ + 50 %, max. 80 % der Grundstücksfläche) der Baugrundstücke sowie allen anderen zur Versiegelung vorgesehenen Flächen im öffentlichen Raum. ‐ 31 ‐ B. Hinweise (beigefügt) 1. Versorgung und Entsorgung Für Entwässerung und Abfallentsorgung sind die Satzungen der Stadt Karlsruhe in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Die Abfallbehälter sind innerhalb der Grundstücke, nicht weiter als 15 m von der für Sammelfahrzeuge befahrbaren Straße entfernt, auf einem befestigten Stand‐ platz ebenerdig aufzustellen und mit einem zu begrünenden Sichtschutz zu verse‐ hen. Der stufenlose Transportweg ist zu befestigen, eine evtl. Steigung darf 5 % nicht überschreiten. Der notwendige Hausanschlussraum soll in möglichst kurzer Entfernung zum er‐ schließenden Weg liegen und 2,50 m bis 3,50 m Abstand von geplanten bzw. vor‐ handenen Bäumen einhalten. 2. Entwässerung Bei Ausbildung einer Sockelhöhe von 0,30 m über der Gehweghinterkante ist die Entwässerung der Gebäude ab dem Erdgeschoss gewährleistet. Tiefer liegende Grundstücks‐ und Gebäudeteile können eventuell nur über Hebeanlagen entwäs‐ sert werden. Die Entwässerungskanäle werden aus wirtschaftlichen Gründen für einen übli‐ cherweise zu erwartenden Niederschlag (Bemessungsregen) dimensioniert. Bei starken Niederschlägen ist ein Aufstau des Regenwassers auf der Straßenoberflä‐ che möglich. Grundstücke und Gebäude sind durch geeignete Maßnahmen des Vorhabenträgers selbst entsprechend zu schützen. 3. Niederschlagswasser Das unbedenkliche Niederschlagswasser soll gem. § 55 Abs. 2 Wasserhaushalts‐ gesetz ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich‐rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen. Bei Errichtung bzw. baulicher Veränderung von Wasserversorgungsanlagen sind die Anforderungen der Trinkwasserverordnung 2001 sowie Artikel 1 Infektions‐ schutzgesetz, § 37 Abs. 1 unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten. Der Betrieb von Zisternen muss beim Gesundheitsamt ange‐ zeigt werden. Um eine Verkeimung des öffentlichen Trinkwasserleitungssystems durch Niederschlagswasser auszuschließen, darf keine Verbindung zwischen dem gesammelten Niederschlagswasser und dem Trinkwasserleitungssystem von Ge‐ bäuden bestehen. Die Bodenversiegelung soll auf das unabdingbare Maß beschränkt werden. Not‐ wendige Befestigungen nicht überbauter Flächen der Baugrundstücke sollen zur Verringerung der Flächenversiegelung weitgehend wasserdurchlässig ausgebildet werden, z.B. als Pflaster oder Plattenbelag mit breiten, begrünten Fugen (Rasen‐ ‐ 32 ‐ pflaster), soweit nicht die Gefahr des Eindringens von Schadstoffen in den Unter‐ grund besteht. Nach Möglichkeit soll auf eine Flächenversiegelung verzichtet werden. 4. Archäologische Funde, Kleindenkmale Sollten bei der Durchführung vorgesehener Erdarbeiten archäologische Funde o‐ der Befunde entdeckt werden, ist dies gemäß § 20 DSchG umgehend dem Lan‐ desamt für Denkmalpflege (Dienstsitz Karlsruhe, Moltkestraße 74, 76133 Karls‐ ruhe), anzuzeigen. Archäologische Funde (Steinwerkzeuge, Metallteile, Keramik‐ reste, Knochen, etc.) oder Befunde (Gräber, Mauerreste, Brandschichten, auffäl‐ lige Erdverfärbungen, etc.) sind bis zum Ablauf des vierten Werktages nach der Anzeige in unverändertem Zustand zu erhalten, sofern nicht die Denkmalschutz‐ behörde mit einer Verkürzung der Frist einverstanden ist. Auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (§ 27 DSchG) wird hingewiesen. Bei der Sicherung und Do‐ kumentation archäologischer Substanz ist zumindest mit kurzfristigen Leerzeiten im Bauablauf zu rechnen. Ausführende Baufirmen sollten schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. 5. Baumschutz Bezüglich der Erhaltung der vorhandenen Bäume wird auf die am 12.10.1996 in Kraft getretene Satzung der Stadt Karlsruhe zum Schutz von Grünbeständen (Baumschutzsatzung) verwiesen. 6. Altlasten Bekannte, vermutete sowie gefundene Bodenbelastungen, bei denen Gefahren für die Gesundheit von Menschen, bedeutende Sachwerte oder erhebliche Beein‐ trächtigungen des Naturhaushalts nicht ausgeschlossen werden können, sind un‐ verzüglich der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz, Markgrafenstraße 14, 76131 Karlsruhe, zu melden. 7. Erdaushub / Auffüllungen Erdaushub soll, soweit Geländeauffüllungen im Gebiet notwendig sind, dafür ver‐ wendet werden. Der für Auffüllungen benutzte Boden muss frei von Fremdbei‐ mengungen und Schadstoffen sein. Der anfallende Mutterboden ist zu sichern. Im Übrigen wird auf das Gesetz zum Schutz des Bodens (Bundesbodenschutzge‐ setz) vom 17.03.1998 in der derzeit gültigen Fassung verwiesen. 8. Private Leitungen Private Leitungen sind von der Planung nicht erfasst. Die Berücksichtigung oder Sicherung erfolgt im Durchführungsvertrag, soweit erforderlich. 9. Barrierefreies Bauen In die Planung von Gebäuden sind die Belange von Personen mit kleinen Kindern sowie behinderten und alten Menschen einzubeziehen (§ 3 Abs. 4 und § 35 LBO). ‐ 33 ‐ 10. Erneuerbare Energien Aus Gründen der Umweltvorsorge und des Klimaschutzes sollte die Nutzung er‐ neuerbarer Energien verstärkt angestrebt werden. Auf die Vorgaben des Erneuer‐ bare‐Energien‐Wärmegesetzes (EEWärmeG) und des Gesetzes zur Nutzung er‐ neuerbarer Wärmeenergie in Baden‐Württemberg (EWärmeG) wird verwiesen. 11. Dachbegrünung und Solaranlagen Aus der Kombination von Dachbegrünung und solarenergetischer Nutzung kön‐ nen sich gegenseitige Synergieeffekte wie etwa die Senkung von Temperaturspit‐ zen und damit ein höherer Energieertrag von Photovoltaikmodulen ergeben. Beide Komponenten müssen jedoch hinsichtlich Bauunterhaltung und Pflege auf‐ einander abgestimmt sein. Bei der Installation von Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solarthermischen Nutzung auf der Dachfläche empfiehlt sich eine „schwimmende“ Ausführung ohne Durchdringung der Dachhaut. Entsprechende Unterkonstruktionen (zum Beispiel spezielle Drainageplatten) erlauben die zusätzliche Nutzung der Begrü‐ nungssubstrate als Auflast zur Sicherung der Solaranlage gegen Sogkräfte. Die Solarmodule sind nach Möglichkeit in aufgeständerter Form mit ausreichen‐ dem Neigungswinkel und vertikalem Abstand zur Begrünung auszuführen. Dadurch ist in der Regel sichergestellt, dass die Anforderungen an eine dauer‐ hafte Begrünung und Unterhaltungspflege erfüllt sind. Flache Installationen sind zu vermeiden oder mit ausreichendem Abstand zur Bodenfläche auszuführen, so‐ dass auch hier eine Begrünung darunter möglich bleibt und die klimatische Funk‐ tion nicht unzulässig eingeschränkt wird. 12. Artenschutz Rodungsarbeiten dürfen nur außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden, also von Anfang Oktober bis Ende Februar bzw. in Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz. Da gleichzeitig ein störungsbedingtes Verlassen von möglichen Zwergfledermäu‐ sen aus ihren Einzelquartieren gewährleistet werden muss, darf zumindest der Baumbestand im Oktober, bzw. in Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz, gefällt werden. Um eine Tötung/Verletzung von möglichen Fledermäusen in den Gebäuden zu vermeiden, soll der Abriss von Anfang September bis Ende Oktober, bzw. in Ab‐ stimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz, stattfinden, damit die Tiere bei Bedarf ihre Einzelquartiere verlassen können. Um eine Störung brütender Vögel weitestgehend zu vermeiden, dürfen nur die eigentlichen Bauarbeiten vor Beginn der Brutzeit beginnen, damit die Brutpaare bei der Nistplatzwahl entsprechend ausweichen können. Da sich im Spätsommer und Frühherbst witterungsbedingt die Fledermäuse tags‐ über in einem tiefen Torpor befinden und erst nach einigen Minuten aktiv werden können, sind bei der Fällung von Bäumen und beim Gebäudeabriss direkt vor dem ‐ 34 ‐ Fäll‐ bzw. Abrisstermin Aktivitätsbeobachtungen durchzuführen. Ggf. sind ge‐ staffelte Fällungen zur Vergrämung sowie ein vorsichtiges Abdecken des Dachs und anderer geeigneter Strukturen vor dem Abriss erforderlich. Außerdem ist bei der Durchführung einer ökologischen Baubegleitung erforderlich. Die Fällung von Bäumen mit Eichhörnchenkobeln muss zeitlich so erfolgen, dass das Risiko der Betroffenheit von Jungtieren ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die Vergrämung bzw. Vergrämung der Eichhörnchen. Am Tag der Fällung und be‐ vor diese begonnen werden sind die betroffenen Eichhörnchenkobel durch einen Baumkletterer oder in anderer geeigneter Weise auf Besatz zu kontrollieren, ggf. vorhandene Tiere sind vorsichtig und behutsam zu vertreiben und die Kobel un‐ verzüglich danach zu entfernen. Zugleich sind von der ökologischen Maßnahmen‐ begleitung nochmals insgesamt die zur Fällung anstehenden Bäume prophylak‐ tisch darauf zu überprüfen, dass auch keine anderen geschützten Tiere tangiert. Vor der Fällung von Bäumen mit Eichhörnchenkobeln sind in Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz künstliche Eichhörnchen‐ Ersatzko‐ bel im nahen Umfeld der zu fällenden Bäume aufzuhängen. Die Fällung ist von ei‐ ner ökologischen Fällbegleitung zu begleiten. Dem Fachamt für Umwelt‐ und Ar‐ beitsschutz ist ein kurzer Bericht hierzu und über den Umgang mit den Kobel vor‐ zulegen. Sollten großflächige Glaselemente geplant sein, ist das Thema Vogelschlagrisiko zu beachten. Für diese Flächen sind ausschließlich Elemente aus bedrucktem vo‐ gelschlag‐sicherem Glas mit hochwirksamen Mustern zu verwenden. Im Bedarfs‐ fall sind die Maßnahmen mit dem Umwelt‐ und Arbeitsschutz abzustimmen. Auf Übereckverglasungen und spiegelnde Elemente ist zu verzichten. 13. Wasserschutzgebiet Das Vorhaben liegt bekanntermaßen in der Zone IIIB des Wasserschutzgebietes Durlacher Wald. Die entsprechende Schutzgebietsverordnung in ihrer jeweils gül‐ tigen Fassung sowie das DVGW‐Arbeitsblatt W 101 „Richtlinie für Trinkwasser‐ schutzgebiete; I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser“ vom Juni 2006 sind zu be‐ achten. 14. Kriminalprävention Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Planung und Umsetzung des Vorhabens auch Aspekte der Kriminalprävention einbezogen werden sollten, um dem Grund‐ bedürfnis nach einer sicheren Wohnumgebung gerecht zu werden. Wichtige Aspekte sind hierbei z.B. die Gestaltung der Freiräume mit guter Orien‐ tierbarkeit und Sichtbarkeit im Sinne einer sozialen Kontrolle, das Beleuchtungs‐ konzept sowie die Zugangsbedingungen und die technische Sicherung der Ge‐ bäude und Wohnungen. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle des Polizeipräsidiums Karlsruhe ist gerne bereit die Bauträger/Bauherren kostenlos und unverbindlich bzgl. eines individu‐ ellen Sicherungskonzeptes zu beraten oder in Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe eine Veranstaltung für Bauinteressenten durchzuführen. ‐ 35 ‐ C. Planungsrechtliche Festsetzungen und örtliche Bauvorschriften des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes, bestehend aus textlichen und zeichnerischen Regelungen Planungsrechtliche Festsetzungen gemäß §§ 9, 12 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) und örtli‐ che Bauvorschriften gemäß § 74 Landesbauordnung (LBO) in der Fassung vom 5. März 2010 (GBl. S. 357, berichtigt S. 416) jeweils einschließlich späterer Änderun‐ gen und Ergänzungen. In Ergänzung der Planzeichnung wird Folgendes geregelt: I. Planungsrechtliche Festsetzungen 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen Im Rahmen der Ziffern 2 bis 11 und der Planzeichnung (IV.) sind auf der Basis des Vorhaben‐ und Erschließungsplanes (siehe Anlagen) ausschließlich die baulichen und sonstigen Nutzungen zulässig, zu denen sich der Vorhabenträger im Durch‐ führungsvertrag verpflichtet. 2. Art der baulichen Nutzung Allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) Zulässig sind: ‐ Wohngebäude, ‐ die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank‐ und Speisewirt‐ schaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, ‐ Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwe‐ cke; Ausnahmsweise können zugelassen werden: ‐ Betriebe des Beherbergungsgewerbes, ‐ sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, ‐ Anlagen für Verwaltungen; Nicht zulässig sind: ‐ Gartenbaubetriebe, ‐ Tankstellen. 3. Maß der baulichen Nutzung Die Bezugshöhe (BZH) zur Ermittlung der Wandhöhe wird im zeichnerischen Teil als absolute Höhe über Normalhöhennull festgesetzt. Die Wandhöhe (WH) ist das Maß zwischen der Bezugshöhe und dem oberen Wandabschluss bzw. der Oberkante Flachdachattika. ‐ 36 ‐ Bei der Ausbildung von Retentionsdächern dürfen die festgesetzten Wandhöhen um das Maß ihrer Retentionsschicht überschritten werden. Die festgesetzte Grundflächenzahl darf durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu einer GRZ von maximal 0,75 überschritten werden. 4. Überbaubare Grundstücksfläche Die festgesetzten Baugrenzen dürfen mit Ausnahme der zur Ringstraße orientier‐ ten Fassaden durch Balkone / Loggien bis zu einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 2,20 m überschritten werden. Entlang der Ringstraße können untergeordnete Bauteile die Baugrenze in gering‐ fügigen Maße überschreiten, solange das Lichtraumprofil des Gehwegs und der Zufahrten nicht beeinträchtigt wird. 5. Abstandsflächen In dem im zeichnerischen Teil mit „A1“ festgesetzten Bereich dürfen die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m redu‐ ziert werden. In dem im zeichnerischen Teil mit „A2“ festgesetzten Bereich dürfen die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m redu‐ ziert werden. Vordächer bis zu einer Tiefe von 2,5 m dürfen auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden. In den im zeichnerischen Teil mit „A3“ festgesetzten Bereichen dürfen die Ge‐ bäude auch ohne Einhaltung der Abstandsflächen errichtet werden. 6. Stellplätze und Garagen, Carports Oberirdische Garagen und Carports sind unzulässig. Stellplätze und Tiefgaragen sind nur innerhalb der überbaubaren Flächen zuläs‐ sig. 7. Nebenanlagen Nebenanlagen im Sinne von § 14 BauNVO sind im gesamten Plangebiet zulässig. 8. Grünflächen / Pflanzgebote und Pflanzerhaltung 8.1 Erhaltung von Bäumen Im Kronentraufbereich der im zeichnerischen Teil zum Erhalt festgesetzten Bäume sind Abgrabungen, zusätzliche Versiegelungen und Bodenveränderungen unzulässig. Bei Abgang der Bäume ist in der nächsten Pflanzperiode ein gleichar‐ tiger Laubbaum zu pflanzen. Details zur Sicherstellung des fachgerechten Erhalts sind im Durchführungsvertrag geregelt. 8.2 Pflanzgebote für Einzelbäume An den im zeichnerischen Teil festgesetzten Standorten sind Hochstammbäume gemäß nachfolgender Artenverwendungsliste fachgerecht zu pflanzen. Bei Über‐ schneidungen mit Leitungsrechten oder bei sonstigen nicht vermeidbaren Hinde‐ rungsgründen dürfen die festgesetzten Baumstandorte geringfügig verschoben werden. Näheres regelt der Durchführungsvertrag. ‐ 37 ‐ 8.2.1 Zu pflanzende Bäume außerhalb der Tiefgarage Für Straßenbäume und Bäume auf befestigten Flächen sind offene Baumschei‐ ben von mind. 10 m² Größe vorzusehen. Der zur Verfügung stehende durchwur‐ zelbare Raum hat mindestens 20m³ je Baum zu betragen. Eine teilweise Über‐ bauung der Baumscheibe ist möglich, wenn aus gestalterischen oder funktionalen Gründen erforderlich. Der zu überbauende Teil der Baumpflanzgrube ist mit ver‐ dichtbarem Baumsubstrat nach Angaben der Forschungsgesellschaft Land‐ schaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. (Richtlinie der Forschungsgesell‐ schaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. „Empfehlungen für Baumpflanzungen – Teil 2: Standortvorbereitungen für Neupflanzungen; Pflanz‐ gruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate“ in der jeweils gültigen Fassung2) zu verfüllen. Die Überbauung hat wasserdurchlässig zu erfol‐ gen. Erforderlichenfalls sind im überbauten Bereich geeignete technische Maß‐ nahmen (z.B. Belüftungsrohre, Bewässerungssystem) vorzusehen, um den lang‐ fristigen Erhalt der Bäume zu gewährleisten. 8.2.2 Zu pflanzende Bäume auf der Tiefgarage Für Bäume auf der Tiefgarage ist eine Pflanzgrube mit mind. 12 m³ bei mind. 0,9m Tiefe vorzusehen. Die tatsächliche Tiefe ist abhängig von der jeweiligen Überde‐ ckung auf der Tiefgarage. 8.2.3 Bedingte Festsetzung für die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der Freihaltetrasse der Stadtbahn Die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der gemäß zeichnerischem Teil von Bebauung freizuhaltenden Flächen sind wie unter Ziffer 8.2.1 umzusetzen und dauerhaft zu unterhalten, bis die Stadtbahn realisiert wird. 8.2.4 Artenverwendungsliste für Pflanzgebot Einzelbaum Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Wuchsklasse 1 (großkronig) Acer plataniodes in Sorten Spitzahorn Fagus sylvatica Rotbuche Tilia in Arten und Sorten Linde Wuchsklasse 2 (mittelkronig) Acer campestre Feldahorn Carpinus betulus Hainbuche Liquidambar styracifula und Sorten Amberbaum Prunus avium und Sorten Vogelkirsche Sophora japonica Regent Schnurbaum Paulowina tomentosa Blauglockenbaum 2 Einzusehen im Stadtplanungsamt Karlsruhe, Lammstraße 7, 76133 Karlsruhe ‐ 38 ‐ Wuchsklasse 3 (kleinkronig) Malus‐Hybriden Zier‐Apfel Prunus padus Traubenkirsche Qualität: Hochstämme Stammumfang 18‐20 cm. 8.3 Dachbegrünung Die Dachflächen sind dauerhaft extensiv zu begrünen. Die Flächen sind mit einer für Gräser‐ und Kräutervegetation ausreichenden Substratschüttung von im ge‐ setzten Zustand mindestens 12 cm über der Drainschicht zu versehen und mit ei‐ ner Gräser‐ und Kräutermischung gemäß nachfolgender Artenverwendungsliste zu bepflanzen. Artenverwendungsliste Dachbegrünung Kräuter ( Anteil 60 % ) Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Allium schoenoprasum Schnittlauch Anthemis tinctoria Färber‐Kamille Anthyllis vulneraria Wundklee Campanula rotundifolia Rundblättr. Glockenblume Dianthus armeria Rauhe Nelke Dianthus deltoides Heide‐Nelke Echium vulgare Natternkopf Euphorbia cyparissias Zypressen‐Wolfsmilch Helianthemum nummular Sonnenröschen Hieracium pilosella Kleines Habichtskraut Jasione montana Berg‐Sandglöckchen Potentilla tabernaemonta Frühlings‐Fingerkraut Scabiosa columbaria Tauben‐Skabiose Sedum acre Scharfer Mauerpfeffer Sedum album Weißer Mauerpfeffer Sedum sexangulare Milder Mauerpfeffer Silene nutans Nickendes Leimkraut Silene vulgaris Gemeines Leimkraut Thymus pulegioide Gewöhnlicher Thymian Gräser ( Anteil 40 % ): Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Briza media Zittergras Carex flacca Blaugrüne Segge ‐ 39 ‐ Festuca guestfalica Harter Schafschwingel Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. 8.4 Begrünung der Tiefgaragen Die nicht überbauten Decken von Tiefgaragen sind, soweit sie nicht für Zuwege oder Nebenanlagen benötigt werden, zu begrünen. Für die Substratschicht ober‐ halb der „Drän‐/Retentions‐ und Filterschicht“ sind folgende Höhen erforderlich: ‐für Rasen 40 cm, ‐für Sträucher 70 cm, ‐für Bäume 90 cm im Kronentraufbereich der ausgewachsenen Bäume. 8.5 Pflanzung von Schnitthecken Bei der Pflanzung von geschnittenen Hecken (Siehe Ziff. 3 der örtlichen Bauvor‐ schriften) sind Arten der nachfolgenden Pflanzliste zu verwenden: Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Carpinus betulus Hainbuche Cornus mas Kornelkirsche Fagus sylvatica Rotbuche Ligustrum vulgare Altrovirens Liguster 9. Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft 9.1 Ersatzpflanzungen von Gehölzen Die im zeichnerischen Teil festgesetzten Flächen zum Schutz, zur Pflege und zum Erhalt von Boden, Natur und Landschaft sind flächig mit Gehölzen aus nachfol‐ gender Artenverwendungsliste zu bepflanzen. Zu verwenden sind gebietsheimi‐ sche Pflanzen aus dem Herkunftsgebiet 6 Oberrheingraben (Quelle LUBW)3. Zu verwenden ist Pflanzgut aus regionalen Herkünften, das mit einer Identitätsnum‐ mer gekennzeichnet ist (PFG 1). Die Gehölze sind zu erhalten, müssen fachgerecht gepflegt werden und sind bei Abgang gleichartig zu ersetzen. 3 Einzusehen beim Stadtplanungsamt Karlsruhe, Lammstraße 7, 76133 Karlsruhe ‐ 40 ‐ Artenverwendungsliste Pflanzgebot 1 (PFG 1) Baumarten Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Acer campestre Feldahorn Acer plataniodes in Sorten Spitzahorn Carpinus betulus Hainbuche Fagus sylvatica Rotbuche Crataegus laevigata Zweigriffeliger Weißdorn Fraxinus excelsior Gewöhnliche Esche Prunus avium Vogelkirsche Liste Straucharten: Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Cornus mas Kornelkirsche Cornus sanguinea Hartriegel Corylus avellana Haselnuss Crataegus laevigata Weißdorn Crataegus mongyna Eingriffeliger Weißdorn Euonymus europaeus Pfaffenhütchen Ligustrum vulgare Liguster Mespilus germanica Mispel Prunus spinosa Schlehe Rosa canina Hundsrose Sambucus nigra Schwarzer Holunder Sorbus aucuparia Eberesche Sorbus torminalis Elsbeere Viburnum opolus Gewöhnlicher Schneeball Viburnum lantana Wolliger Schneeball Qualität: Bäume (Hochstämme und Stammbüsche) Stammumfang 18‐20 cm Sträucher 2x verpflanzte Sträucher, je nach Art in der Sortierung 60‐80cm , 80‐100 cm oder 100‐150 cm 9.2 CEF‐Maßnahmen In den im zeichnerischen Teil zum Erhalt festgesetzten Bäumen sind ausreichend vorzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen nachfolgend beschriebene Nistkästen anzubringen: ‐ 41 ‐ ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32mm) (Aufhänghöhe > 2 m) 9.3 Weitere Artenschutzmaßnahmen (keine CEF‐Maßnahmen) 9.3.1 Nistmöglichkeiten Im Plangebiet nachfolgend beschriebene Nistkästen anzubringen: Vögel  2 Vogelkästen für Höhlenbrütern an den neu entstehenden Gebäu‐ den (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Fluglochweite 32 mm) (Aufhäng‐ höhe > 2 m) Fledermäuse  16 fassadenintegrierte Kästen in den neu entstehenden Gebäuden (2 Käs‐ ten pro Gebäude = 16 Kästen, Modell Schwegler: Typ 1 FR Fassadenröhre) (Aufhänghöhe > 3 m) 9.3.2 Beleuchtung Für die Straßenbeleuchtung und die grundstücksbezogene Beleuchtung sind in‐ sektenfreundliche Leuchtmittel (1. Priorität: LED, 2. Priorität: Natriumnieder‐ drucklampen) zu verwenden, wobei die Leuchten nach oben abgeschirmt sein müssen (Fokussierung des Lichtstroms auf die zu beleuchtende Fläche). Die Leuchtengehäuse müssen gegen das Eindringen von Spinnen und Insekten ge‐ schützt sein, die Oberflächentemperatur der Leuchten darf 60° C nicht über‐ schreiten. 10. Geh‐ und Leitungsrechte Die im zeichnerischen Teil mit „L“ festgesetzte Fläche ist mit einem Leitungsrecht zu Gunsten des Versorgungsträgers zu belasten. Die im zeichnerischen Teil mit „G“ festgesetzte Fläche ist mit einem Gehrecht zu Gunsten der Allgemeinheit zu belasten. Die mit einem Leitungsrecht belasteten Flächen sind von jeglicher Bebauung frei‐ zuhalten. Pflanzungen in diesen Bereichen sind nur in Absprache mit dem Lei‐ tungsträger zulässig. 11. Schallschutz 11.1 Aktive Schallschutzmaßnahmen Tiefgaragenrampen sind einzuhausen. Auf den Innenseiten der Rampeneinhausungen ist eine hochabsorbierende Ver‐ kleidung anzubringen (Absorberklasse C oder besser, aw > 0,60). Die Verkleidung ist ebenfalls an der Deckenfläche im angrenzenden Tiefgaragen‐ parkbereich auf eine Tiefe von mindestens 10 m anzubringen. ‐ 42 ‐ 11.2 Passive Schallschutzmaßnahmen Bei der Neuerrichtung von Wohn‐ oder Arbeitsräumen sind die baurechtlich ver‐ bindlichen Anforderungen nach DIN 4109‐1 /4c/ (2016‐7) an die Luftschalldäm‐ mung von Außenbauteilen (Wand, Dach, Fassade, Fenster) von Gebäuden zu be‐ achten. Diese Anforderungen sind abhängig von den im zeichnerischen Teil fest‐ gesetzten Lärmpegelbereichen und der nachfolgenden Tabelle umzusetzen. Abb.3 Anforderung an die Luftschalldämmung von Außenbauteilen Liegt die Fassade eines Gebäudes im Bereich von zwei unterschiedlichen Lärmpe‐ gelbereichen, ist für die Fassade der höhere Lärmpegelbereich anzusetzen. Innerhalb des im zeichnerischen Teil festgesetzten Bereichs der überbaubaren Flächen sind Schlafräume (Schlaf‐ und Kinderzimmer) mit schallgedämmten Lüf‐ tungseinrichtungen auszustatten. Dies gilt auch, wenn der Schlafraum nur teil‐ weise in diesem Bereich liegt. Ausnahmen sind zulässig, wenn der Schlafraum durch ein weiteres Fenster belüftbar ist, das außerhalb des festgesetzten Bereichs liegt. Wird im Baugenehmigungsverfahren der Nachweis erbracht, dass im Einzelfall geringere Außenlärmpegel an den Fassaden vorliegen, können die Anforderun‐ gen an die Schalldämmung der Außenbauteile ausnahmsweise entsprechend den Vorgaben der DIN 4109 reduziert werden. Die DIN 4109, DIN 18005, TA Lärm, VDI 4100 und VDI 2719 „Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen“ liegen beim Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe, Bereich Städtebau, Lammstraße 7, 1. OG., Zimmer D 113/ 114, 76133 Karlsruhe aus und können dort während der Dienststunden (08.30 Uhr – 15.30 Uhr) eingesehen werden (zu beziehen außerdem beim Beuth‐Verlag, Ber‐ lin). ‐ 43 ‐ II. Örtliche Bauvorschriften 1 Dächer Zulässig sind Flachdächer mit einer Neigung von max. 5°. Für Nebenanlagen sind auch abweichende Dachformen und Neigungen zulässig. Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Technische Dachaufbauten (außer Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solar‐ thermischen Nutzung) sind auf max. 20% der Dachflächen begrenzt. Dachterras‐ sen sind nur für Staffelgeschosse zulässig. Dachaufbauten, mit Ausnahme von Aufzugsüberfahrten, haben zu Außenfassa‐ den mindestens im selben Maß Abstand zu halten, wie sie die Höhe des oberen Fassadenabschlusses (Flachdachattika) überschreiten (X ≥ Z; s. Beispielskizze). Abb. 4: Beispielskizze Mindestabstand der Dachaufbauten zu Außenfassaden 2. Werbeanlagen und Automaten Werbeanlagen sind nur am Ort der Leistung, am Gebäude, im Erdgeschoss, nicht in der Vorgartenzone und nur unter Einhaltung folgender Größen zulässig: ‐ Einzelbuchstaben bis max. 0,30 m Höhe und Breite, ‐ sonstige Werbeanlagen (Schilder, Firmenzeichen und dergleichen) bis zu ei‐ ner Fläche von 0,5 m². Unzulässig sind Werbeanlagen mit wechselndem oder bewegtem Licht, drehbare Werbeträger und solche mit wechselnden Motiven, sowie Laserwerbung, Skybea‐ mer oder Ähnliches. Automaten sind nur am Gebäude und nicht in der Vorgartenzone zulässig. Anlagen, die zum Anschlagen von Plakaten oder anderen werbewirksamen Ein‐ richtungen bestimmt sind, sind nicht zulässig. ‐ 44 ‐ 3. Einfriedigungen, Stützmauern Einfriedigungen sind nur als geschnittene Hecken bis 1,4 m Höhe (einschließlich der Aufkantung der Tiefgarage) über der Hinterkante des Gehwegs zulässig. Die Hecken können mit einem dahinterliegenden Drahtgeflecht oder Metallgitter‐ zaun kombiniert werden. Die Errichtung von Stützmauern ist zulässig. 4. Gestaltung der nicht überbaubaren Flächen Die nicht überbaubaren privaten Grundstücksflächen sind, soweit sie nicht für Stellplätze, Zugänge und Nebenanlagen benötigt werden, zu begrünen und als Vegetationsflächen dauerhaft anzulegen und zu unterhalten. 5. Abfallbehälterstandplätze Abfallbehälterstandplätze sind, sofern diese von den öffentlichen Straßen und Wegen aus sichtbar sind, mit einem Sichtschutz zu versehen. Falls dieser baulich hergestellt wird, muss er begrünt werden. 6. Außenantennen Pro Gebäude ist nur eine Gemeinschaftsantennenanlage oder Satellitenantenne zulässig. 7. Niederspannungsfreileitungen Niederspannungsfreileitungen sind unzulässig. III. Sonstige Festsetzungen (Planungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Regelungen) Der Bebauungsplan Nr. 392 in Kraft getreten am 10. September 1970, wird in den Teilbereichen aufgehoben, die durch diesen Bebauungsplan neu geregelt werden. Der Vorhaben‐ und Erschließungsplan ist Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dies gilt nicht für die dargestellte Möblierung und Planeintei‐ lung. 047_VbB-Steinkreuzstrasse 14-Erneute Offenlage-clean VEP unmarkiert 01-Steinkreuzstr 14_2019-10-14_VEP ohne Markierung 01-190813 WSW Genehmigungsplanung ohne Kennzeichnung 19 [TÖB Genehmigungsplan (A4)] 1/4.5 2/19 Steinkreuzstr. 14_Stellplätze_2019-08-20
https://www.karlsruhe.de/b3/bauen/bebauungsplanung/plaene/steinkreuzstrasse_14/HF_sections/content/ZZlQUHXIkwOZoi/ZZo4ZDllpX89eZ/VbB%20Steinkreuzstr_II_Offenl_14102019.pdf
Vorhabenbezogener Bebauungsplan „Steinkreuzstraße 14“, Karlsruhe – Wolfartsweier Entwurf Vorhabenträger: SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH Alte Kreisstraße 42 76149 Karlsruhe T. 0721 – 7802‐0 F. 0721 – 7802‐22 info@sbw‐karlsruhe.de Planverfasser: VbB VEP GERHARDT.stadtplaner.architekten Werkgemeinschaft Karlsruhe Weinbrennerstraße 13 Freie Architekten BDA 76135 Karlsruhe Kammerer & Stengel T. 0721 – 831030 Partnerschaft mbB F. 0721 – 8310399 Schubertstraße 2 mail@gsa‐karlsruhe.de 76185 Karlsruhe T. 0721 – 84006 ‐ 0 F. 0721 – 84006 ‐ 66 info@wgk‐ka.de ‐ 2 ‐ Inhaltsverzeichnis: A. Begründung gemäß § 9 Abs. 8 Baugesetzbuch (beigefügt) ...................... 5 1. Aufgabe und Notwendigkeit ................................................................... 5 2. Bestehende Planungen ........................................................................... 5 2.1 Vorbereitende Bauleitplanung .................................................................. 5 2.2 Verbindliche Bauleitplanung ..................................................................... 6 3. Bestandsaufnahme ................................................................................ 6 3.1 Räumlicher Geltungsbereich ..................................................................... 6 3.2 Naturräumliche Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Artenschutz ........... 6 3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten ................................................................ 6 3.2.2 Bodenbeschaffenheit ............................................................................... 7 3.2.3 Artenschutz ............................................................................................ 7 3.3 Vorhandene Nutzung, Bebauung und Erschließung .................................... 9 3.4 Eigentumsverhältnisse ........................................................................... 10 3.5 Belastungen .......................................................................................... 10 4. Planungskonzept ................................................................................. 11 4.1 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung .................................................. 12 4.2 Art der baulichen Nutzung ..................................................................... 12 4.3 Maß der baulichen Nutzung ................................................................... 13 4.4 Bauweise .............................................................................................. 14 4.5 Abstandsflächen .................................................................................... 14 4.6 Erschließung ......................................................................................... 16 4.6.1 ÖPNV ................................................................................................... 16 4.6.2 Motorisierter Individualverkehr ............................................................... 16 4.6.3 Ruhender Verkehr ................................................................................. 16 4.6.4 Geh‐ und Radwege ................................................................................ 16 4.6.5 Feuerwehrzufahrt .................................................................................. 17 4.6.6 Ver‐ und Entsorgung .............................................................................. 17 4.7 Gestaltung ............................................................................................ 17 4.8 Grünordnung / Ersatz‐ und Ausgleichsmaßnahmen / Artenschutz ............. 18 4.8.1 Grünplanung, Pflanzungen ..................................................................... 18 4.8.2 Ausgleichsmaßnahmen ......................................................................... 19 4.8.3 Maßnahmen für den Artenschutz ........................................................... 20 4.9 Belastungen .......................................................................................... 26 4.9.1 Altlasten ............................................................................................... 26 4.9.2 Schall ................................................................................................... 27 4.9.3 Luftqualität ........................................................................................... 28 4.9.4 Energieeffizienz / Klimaschutz ................................................................ 28 4.9.5 Kampfmittel .......................................................................................... 29 5. Umweltbericht ..................................................................................... 29 6. Sozialverträglichkeit ............................................................................ 29 7. Statistik ............................................................................................... 29 7.1 Flächenbilanz ........................................................................................ 29 ‐ 3 ‐ 7.2 Geplante Bebauung ............................................................................... 30 7.3 Bodenversiegelung ................................................................................ 30 8. Kosten ................................................................................................. 30 9. Durchführung ....................................................................................... 30 10. Übersicht der erstellten Gutachten ....................................................... 30 B. Hinweise (beigefügt) ............................................................................ 31 1. Versorgung und Entsorgung ................................................................... 31 2. Entwässerung ....................................................................................... 31 3. Niederschlagswasser ............................................................................. 31 4. Archäologische Funde, Kleindenkmale .................................................... 32 5. Baumschutz .......................................................................................... 32 6. Altlasten ............................................................................................... 32 7. Erdaushub / Auffüllungen ....................................................................... 32 8. Private Leitungen .................................................................................. 32 9. Barrierefreies Bauen .............................................................................. 32 10. Erneuerbare Energien ............................................................................ 33 11. Dachbegrünung und Solaranlagen .......................................................... 33 12. Artenschutz .......................................................................................... 33 13. Wasserschutzgebiet ............................................................................... 34 14. Kriminalprävention ................................................................................ 34 C. Planungsrechtliche Festsetzungen und örtliche Bauvorschriften ........... 35 I. Planungsrechtliche Festsetzungen ....................................................... 35 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen .............................................. 35 2. Art der baulichen Nutzung ..................................................................... 35 3. Maß der baulichen Nutzung ................................................................... 35 4. Überbaubare Grundstücksfläche ............................................................. 36 5. Abstandsflächen .................................................................................... 36 6. Stellplätze und Garagen, Carports .......................................................... 36 7. Nebenanlagen ....................................................................................... 36 8. Grünflächen / Pflanzgebote und Pflanzerhaltung ..................................... 36 8.1 Erhaltung von Bäumen ........................................................................... 36 8.2 Pflanzgebote für Einzelbäume ................................................................ 36 8.2.1 Zu pflanzende Bäume außerhalb der Tiefgarage ...................................... 37 8.2.2 Zu pflanzende Bäume auf der Tiefgarage ................................................ 37 8.2.3 Bedingte Festsetzung für die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der Freihaltetrasse der Stadtbahn ........................................................... 37 8.2.4 Artenverwendungsliste für Pflanzgebot Einzelbaum ................................ 37 8.3 Dachbegrünung ..................................................................................... 38 8.4 Begrünung der Tiefgaragen .................................................................... 39 8.5 Pflanzung von Schnitthecken ................................................................. 39 9. Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ....................................... 39 9.1 Ersatzpflanzungen von Gehölzen ............................................................ 39 ‐ 4 ‐ 9.2 CEF‐Maßnahmen .................................................................................. 40 9.3 Weitere Artenschutzmaßnahmen (keine CEF‐Maßnahmen) ..................... 41 9.3.1 Nistmöglichkeiten ................................................................................. 41 9.3.2 Beleuchtung .......................................................................................... 41 10. Geh‐ und Leitungsrechte ........................................................................ 41 11. Schallschutz .......................................................................................... 41 11.1 Aktive Schallschutzmaßnahmen ............................................................. 41 11.2 Passive Schallschutzmaßnahmen ........................................................... 42 II. Örtliche Bauvorschriften ....................................................................... 43 1 Dächer .................................................................................................. 43 2. Werbeanlagen und Automaten ............................................................... 43 3. Einfriedigungen, Stützmauern ................................................................ 44 4. Gestaltung der nicht überbaubaren Flächen ............................................. 44 5. Abfallbehälterstandplätze ...................................................................... 44 6. Außenantennen .................................................................................... 44 7. Niederspannungsfreileitungen ............................................................... 44 III. Sonstige Festsetzungen ....................................................................... 45 IV. Zeichnerische Festsetzungen – Planzeichnung ...................................... 46 Unterschriften ................................................................................................ 48 Anlage zur Begründung ‐ Vorhaben‐ und Erschließungsplan ............................ 49 ‐ 5 ‐ A. Begründung gemäß § 9 Abs. 8 Baugesetzbuch (beigefügt) 1. Aufgabe und Notwendigkeit Der Vorhabenträger „SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH“ plant im Karls‐ ruher Stadtteil Wolfartsweier auf einem ca. 0,82 ha großen, heute gewerblich ge‐ nutzten Areal am nordwestlichen Ortsrand an der Ecke Ringstraße / Steinkreuz‐ straße eine Wohnbebauung mit einer SeniorenPflege‐Wohngemeinschaft und Praxisräumen sowie Kindertagesstätte. Die Planung ist aus einer Mehrfachbeauf‐ tragung hervorgegangen und wurde bereits vom Ortschaftsrat und vom Pla‐ nungsausschuss befürwortet. Das Vorhaben ist nach den Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungs‐ plans nicht genehmigungsfähig. Das für die Umsetzung des Vorhabens erforderli‐ che Planungsrecht soll über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebau‐ ungsplans gem. § 12 BauGB (Ziffer 2) hergestellt werden. 2. Bestehende Planungen 2.1 Vorbereitende Bauleitplanung Abb.1: Ausschnitt Flächennutzungsplan ‐ 6 ‐ Das Planungsgebiet ist im rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan des Nach‐ barschaftsverbandes Karlsruhe (FNP NVK) als „Gewerbliche Baufläche“ darge‐ stellt. Die geplante Wohnnutzung ist nicht aus dem Flächennutzungsplan entwi‐ ckelt. Da der vorhabenbezogene Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt wird, kann der Flächennutzungsplan im Wege der Berichtigung geändert werden. Aufgrund der Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger nach § 4 BauGB (Anmerkung: Verfahren im Rahmen der Flächennutzungs‐ planung) im Frühjahr 2018 besteht die Möglichkeit, dass die im FNP 2010, 5. Aktu‐ alisierung als "geplante Gewerbliche Baufläche" dargestellte Fläche "Hörgel", die nordöstlich an das Plangebiet angrenzt, doch in den FNP 2030 übernommen wird. Entgegen ursprünglicher Planungen soll die Erschließung der Fläche dann aber von Norden erfolgen und nicht über die Steinkreuzstraße 14. 2.2 Verbindliche Bauleitplanung Der rechtsverbindliche Bebauungsplan (Straßen‐ und Baulinienplan) Nr. 392 „Wingertäcker“ vom 10.09.1970 setzt für das Plangebiet ein Allgemeines Wohn‐ gebiet fest. Aufgrund der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen ist die Umsetzung des geplanten Vorhabens nicht möglich. 3. Bestandsaufnahme 3.1 Räumlicher Geltungsbereich Der räumliche Geltungsbereich umfasst die Flurstücke Nummer 20305, 20306, 20308/1 sowie Teile des Straßenflurstücks 21972 und hat eine Größe von insge‐ samt ca. 0,82 ha. Das Grundstück wird im Süd‐Osten durch die Steinkreuzstraße, im Süd‐Westen durch die Ringstraße mit anschließender Wohnbebauung, im Nord‐Westen durch ein privates Grundstück mit Wohnbebauung und im Nord‐Osten durch die Wen‐ deschleife der S‐BahnStraßenbahn begrenzt. Maßgeblich für die Abgrenzung des Plangebiets ist der im zeichnerischen Teil festgesetzte Geltungsbereich. 3.2 Naturräumliche Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Artenschutz 3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Das Planungsgebiet liegt am nördlichen Ortseingang des Stadtteils Karlsruhe‐ Wolfartsweier in prägnanter Ortsrandlage. Durch seine Lage an der S‐BahnStra‐ ßenbahn‐Haltestelle verfügt es über eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung. Neben der gegenwärtig als Gewerbefläche genutzten und überwiegend versiegel‐ ten Grundstücksfläche befindet sich im nördlichen Bereich des Plangebiets ein Pappel‐Baumbestand. Aus Gründen des Verkehrsschutzes kann die Pappelgruppe auf Dauer nicht erhalten bleiben, da eine ausreichende Standsicherheit der Bäume nicht gewährleistet ist. Das zuständige städtische Amt hatte daher schon eine Fäll‐ genehmigung erteilt, deren Wirksamkeit aktuell ausgesetzt ist. Eine gutachterliche Untersuchung der Pappeln hat ergeben, dass vorab die Fällung von zwei dringli‐ ‐ 7 ‐ chen Gefahrenbäumen und Kronenrücknahmen an den Nachbarbäumen aus Grün‐ den der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Der übrige Pappelbestand, aus dem die zwei Gefahrenpappeln entnommen wurden, bleibt nach den Sicherungsmaßnah‐ men vorerst erhalten bis zum Herbst. Das Gelände fällt vom Süden (Steinkreuz‐ straße) nach Norden (Flurstück 21971/2) von ca. 130 m über NHN auf ca. 121 m über NHN um ca. 9 m ab. Das Plangebiet liegt im Bereich des Wasserschutzgebietes Durlacher Wald Zone lll B. Der höchste bisher gemessene Grundwasserstand liegt bei rd. 116,00 m über NHN. (T511 Talwiesenstr. Spielplatz). Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass bei extrem starken Niederschlägen über einen längeren Zeitraum der bisher ermittelte max. Grundwasserstand überschritten werden kann. 3.2.2 Bodenbeschaffenheit Im zum Vorhaben erstellten Baugrundgutachten (Siehe Ziffer 10 der Begründung) werden zur geologischen Situation im Plangebiet folgende Aussagen getroffen: Am östlichen Rheintalgrabenbruch grenzt eine tektonische Hochscholle aus Bunt‐ sandstein an das mit Kies gefüllte Becken des Rheintalgrabens, der sich von Basel bis Frankfurt erstreckt. Im Bereich der Untersuchungsfläche lagert Hangschutt und Geschiebe aus roten Buntsandsteingeröllen, der noch von Lößlehm überlagert wird. Löß wurde während der Eiszeit dünenartig aus den unbewaldeten Schotter‐ fluren des Rheingrabens ausgeblasen und an den Hängen wieder abgelagert. Die Kiesfüllung der Oberrheinebene lag früher noch bis zu 6 m über der jetzigen Talaue, sodass in der unteren Hanglage auch noch alte Terrassenreste aus alpinen Kiesen vorhanden sind. Während der schluffige Löß nach der Eiszeit zu wenig trag‐ fähigem Lößlehm durchgewittert ist, bilden die ab 1,5 m Tiefe durchgehend vor‐ handenen Geröllschichten aus hartem Buntsandstein oder Kiesen der Hochter‐ rasse einen gut tragfähigen Baugrund. Im Übrigen wird auf die Inhalte des Baugrundgutachtens verwiesen. Der nördliche Teil des Grundstückes liegt in der Kinzig‐Murg‐Rinne. Aufgrund der Nähe zur tektonisch entstandenen Grabenbruchkante des Oberrheingrabens ist mit unterirdischem Schichtwasser zu rechnen. 3.2.3 Artenschutz Das Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten im Plangebiet wurde im Rahmen eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vom Büro arguplan aus Karls‐ ruhe untersucht. Die Ergebnisse werden gegliedert nach den betroffenen Arten nachfolgend zusammenfassend dargestellt. Die Bewertung der Bestandsauf‐ nahme und die Darstellung des daraus abgeleiteten Maßnahmenkonzepts erfolgt unter Ziffer 4.8.3 der Begründung. ‐ 8 ‐ Bestandsaufnahme im Rahmen des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags Vögel Im Rahmen der Vogelkartierung wurden insgesamt 23 Vogelarten im Vorhabenbe‐ reich festgestellt. Bei acht Arten handelt es sich um Brutvögel (Arten mit Brutnach‐ weis oder Brutverdacht). Wertgebende bzw. gefährdete Arten befinden sich nicht darunter. Die nachgewiesenen Brutvogelarten stellen vor allem Gehölzbewohner dar. Gebäudebrüter (z.B. Haussperling, Hausrotschwanz) nutzen das Areal nur als Nahrungshabitat. Fledermäuse Im Rahmen der sechs Detektorbegehungen wurden im Untersuchungsgebiet Flug‐ aktivitäten von Zwergfledermäusen festgestellt. Es besteht der Verdacht, dass die Gebäude und der Pappelbestand zeitweise als Einzelquartiere genutzt werden. Al‐ lerdings ergab die Habitatpotenzialanalyse ein sehr geringes Angebot an fleder‐ mausrelevanten Strukturen im Vorhabenbereich. Im Fachbeitrag wird festgestellt, dass es keine Hinweise auf ein Wochenstubenquartier (Fortpflanzungsstätte) im Gebäudekomplex und im Baumbestand gibt. Beide Strukturen können jedoch als sporadisch genutzte Tagesquartiere (Ruhestätten) einzelner Zwergfledermausin‐ dividuen dienen. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Biotopausstattung wird mit einem Vorkommen weiterer europarechtlich geschützter Arten im Vorhaben‐ bereich nicht gerechnet. Totholzkäfer Das Vorkommen von Totholzkäfern (Heldbock, Juchtenkäfer und Scharlachkäfer) im Plangebiet wurde geprüft. Die Entwicklung des Heldbocks erfolgt ausschließlich in Stiel‐ und Trauben‐Eichen, besonders in latent geschädigten lebenden Bäumen in sonnenexponierter Lage. Da innerhalb des Eingriffsbereichs keine Eichen vorhanden sind, kann ein Vorkom‐ men ausgeschlossen werden. Der Juchtenkäfer besiedelt alte anbrüchige Laubbäume in Parks, Alleen, historisch genutzte Waldformen (Hudewälder) und alte Eichen‐ und Buchenwälder mit Stör‐ stellen. Die Larvenentwicklung erfolgt im Mulmkörper von Stammhöhlungen und Spalten alter Laubbäume (ebd.). Das Mindestvolumen eines zur Fortpflanzung in Frage kommenden Mulmkörpers beträgt einige Liter (ebd.). Aufgrund des noch all‐ gemein guten Vitalitätszustands der Pappel‐Bäume ist im Vorhabenbereich nicht mit größeren Mulmhöhlen zu rechnen. Der Scharlachkäfer lebt unter morschen, feuchten Rinden stehender und liegender Laubbäume, v.a. an Pappeln und Weiden. Die aktuellen Fundorte in Baden‐Würt‐ temberg liegen in der Oberrheinebene bei Rastatt und Karlsruhe. Bei der Erfassung des Scharlachkäfers an den liegenden Pappel‐Totholzstämmen im Vorhabenbe‐ reich wurden keine Larven festgestellt. Aufgrund der sich ablösbaren Rinde weist das Totholz zwar potenziell geeignete Besiedlungsstrukturen auf, aufgrund der starken Beschattung ist jedoch kein optimaler Larvallebensraum gegeben. ‐ 9 ‐ Sonstige Arten Vor dem Hintergrund der vorliegenden Biotopausstattung wird mit einem Vor‐ kommen weiterer europarechtlich geschützter Arten im Vorhabensbereich nicht gerechnet. Zum Beispiel ist die Fläche für Amphibien aufgrund des Fehlens von Ge‐ wässern nicht geeignet. Auch für Reptilien (v.a. Zauneidechse) sind keine geeigne‐ ten Habitate vorhanden. Hinweise zu weiteren relevanten Arten im Rahmen des Verfahrens Im Zuge der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurden von den Natur‐ schutzverbänden Hinweise zu Art und Umfang möglicher Vorkommen arten‐ schutzrechtlich relevanten Arten im Plangebiet abgegeben, denen das Büro Argu‐ plan mit fachlicher Unterstützung des Fachamtes für Umwelt und Arbeitsschutz nachgegangen ist Außerdem wurden weitere Begehungen unter Einsatz eines Baumkletteres im Gebiet und den Bestandsgebäuden durchgeführt. Die Beurtei‐ lung der Beobachtungsergebnisse und ihre Berücksichtigung im Rahmen des Maß‐ nahmenkonzepts werden unter Ziffer 4.8.3 dargestellt: Vögel Bei den Vogelarten wurden von den Naturschutzverbänden zusätzlich als wertge‐ bende Brutvogelarten der Star (RL‐D 3), die Klappergrasmücke (RL‐BW V) und der streng geschützte Grünspecht festgestellt. Mit der Heckenbraunelle und der Nach‐ tigall wurden zwei weitere Brutvogelarten festgestellt, bei denen es sich jedoch um ungefährdete Arten handelt. Bei einer weiteren Begehung im Dezember 2018 wur‐ den Spechtlöcher im Plangebiet entdeckt. Fledermäuse Die Naturschutzverbände übermittelten Informationen über Beobachtungen bzw. Anregungen für die Fledermausarten Zwergfledermaus, Graues Langohr, Breitflü‐ gelfledermaus und Kleiner Abendsegler. Sonstige Arten Als weitere Art wurde seitens der Naturschutzverbände im Plangebiet ein Vorkom‐ men der Haselmaus vermutet. Bei einer Begehung im Dezember wurde ein Vor‐ kommen von Eichhörnchen im Plangebiet festgestellt. 3.3 Vorhandene Nutzung, Bebauung und Erschließung Der im südlichen Bereich des Plangebiets konzentrierte Gebäudebestand setzt sich aus diversen Gewerbegebäuden wie einer Fabrikationshalle, Lagerflächen, einer Ausstellungshalle und Büroräumen zusammen. Außerdem befindet sich eine Trafostation im Planungsgebiet. Die Erschließung des Planungsgebietes er‐ folgt über die Ringstraße. Im nördlichen Teil des Plangebietes befindet sich der Anschluss an das Wander‐ wegsystem Odenwald‐Vogesen, der im Rahmen der Planung fortgeführt werden soll. ‐ 10 ‐ 3.4 Eigentumsverhältnisse Das Straßengrundstück im Nordwesten des Plangebiets befindet sich im Eigen‐ tum der Stadt Karlsruhe. Der Vorhabenträger hat mit dem Eigentümer der Flä‐ chen des Plangebietes (Flurstücke: 20305, 20306, 20308/1 sowie Teile des Stra‐ ßenflurstücks 21972) einen Kaufvertrag abgeschlossen. Die Übertragung des Ei‐ gentums auf den Vorhabenträger wird nach Abschluss der öffentlichen Ausle‐ gungwurde inzwischen vollzogen. 3.5 Belastungen Altlasten Das Grundstück ist bei der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz unter der Bezeichnung „AS Maschinenfabrik Thielicke“ und der Objekt‐Nummer 04893 im Bodenschutz‐ und Altlastenkataster erfasst. Auf dem Gelände war zwischen 1953 und 2006 die Maschinenfabrik Thielicke & Co aktiv. Von 2009 bis 2011 wurde ein Handel mit Kfz‐Teilen betrieben. Aus der Historischen Untersuchung geht hervor, dass in verschiedenen Bereichen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde, sodass ein Eintrag von Schadstoffen in den Untergrund oder das Grundwasser aus fachtechnischer Sicht nicht ausgeschlossen werden kann. Verdachtsbereiche sind unter anderem die unterirdischen Heizöltanks, der Be‐ reich der Spänelagerung oder die Werk‐ und Montagehalle, in der vermutlich mit Lösemitteln umgegangen wurde. Aus fachtechnischer Sicht sind auf dem Gelände weitere bodenschutzrechtliche Untersuchungen für den Wirkungspfad Boden‐Grundwasser erforderlich. Unter‐ suchungen hinsichtlich des Wirkungspfades Boden‐Mensch können in Abhängig‐ keit der Detailplanung erforderlich werden. Die weiteren und abschließenden Bodenuntersuchungen können vollständig erst nach Abriss der Bestandsgebäude durchgeführt werden. Aufgrund der vorliegen‐ den Untersuchungen gibt es keine Anhaltspunkte für Gefährdungen, die sich als absolutes Planungshindernis erweisen, weil sie auf Ebene des Planvollzugs die Be‐ bauung ausschließen. Immissionen Zu berücksichtigen waren die Einwirkungen des Straßenbahn‐ und des Straßen‐ verkehrslärms auf das Plangebiet, insbesondere durch die nördlich verlaufende B3 und die südlich gelegene Autobahn A8. Außerdem wurden die Auswirkungen der Planung auf die umgebende Wohnbe‐ bauung untersucht. Dabei waren insbesondere die geplanten Tiefgaragenzufahr‐ ten zu berücksichtigen. Weiterhin waren die in dem Plangebiet vorgesehene Kindertagesstätte sowie der daran angrenzende Kinderspielplatz in die Überlegung mit einzubeziehen. Dabei war nicht der durch den Betrieb entstehende Kinderlärm, sondern der durch even‐ tuelle Freizeitaktivitäten von Jugendlichen entstehende Lärm, wie z. B. auf Bolz‐ plätzen oder Skateranlagen, schalltechnisch zu bewerten. ‐ 11 ‐ Zur Bewertung der schalltechnischen Belange wurde ein Fachgutachten erstellt. Kampfmittel Im Rahmen der Planung war auch eine mögliche Belastung des Plangebiets durch Kampfmittel zu prüfen. Aus diesem Anlass wurde von der Firma UXO PRO CON‐ SULT eine Luftbildauswertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittel‐ belastung erstellt. 4. Planungskonzept Vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an Wohnungen für Senioren aber auch anderer Bevölkerungsgruppen plant die SÜBA Bauen & Wohnen Karlsruhe GmbH die Errichtung von sieben Wohnhäusern und einer Kindertagesstätte. Ne‐ ben den Wohnungen mit unterschiedlichen Zuschnitten sind im Bereich des Erd‐ geschosses eine PflegewohngemeinschaftSeniorenwohngemeinschaft und eine Arztpraxis vorgesehen. Die Planung basiert auf dem Entwurf der Werkgemein‐ schaft Karlsruhe Freie Architekten BDA. Die Bebauung gliedert sich in drei Teilbereiche, die in ihrer Höhenentwicklung ge‐ staffelt sind. An der Steinkreuzstraße befindet sich der fußläufige Hauptzugang zur ersten Baugruppe sowie in das Planungsgebiet an sich. Über eine großzügige Platzsituation wird der Ortseingang von Wolfartsweier auch für Fußgänger neu gestaltet. In der ersten Baugruppe an der Steinkreuzstraße befindet sich die Pflegewohnge‐ meinschaftSeniorenwohngemeinschaft mit 12 Plätzen im Erdgeschoss zweier im Erdgeschoss verbundener Baukörper (A2 und A3 gemäß Bezeichnung im VEP). Eine Arztpraxis ist im Erdgeschoss des dritten, an der Ringstraße gelegenen Rie‐ gelgebäudes (A1 gemäß Bezeichnung im VEP) untergebracht. Alle Gebäude wer‐ den vom geschützten Innenhof aus erschlossen. Die zweite Baugruppe wird aus vier 2‐spännigen Punkthäusern gebildet, die sich in lockerer Anordnung ebenfalls um einen geschützten Aufenthalts‐ und Erschlie‐ ßungshof gruppieren. Zwischen den beiden Gruppen befindet sich die 2‐geschos‐ sige Kindertagesstätte. Diese ist aufgrund ihrer Kubatur bzw. Geschossigkeit als Sondernutzung ablesbar. Die wechselnde Geschossigkeit innerhalb des Vorha‐ bens trägt zur Maßstäblichkeit der Bebauung bei und somit zur verträglichen In‐ tegration in die umliegende Bebauung. Insgesamt ist die Errichtung von 6162 Wohnungen geplant, die über 1,5 bis 4 Zim‐ mer verfügen. Die Ausrichtung der geplanten Baukörper orientiert sich am Verlauf der Ring‐ straße und formt den Ortsrand des Stadtteils an dieser Stelle neu. Die kubischen Gebäude mit begrüntem Flachdach fügen sich in ihrer Höhenentwicklung in die bestehende Bebauung ein. Die Nachbarbebauung staffelt sich vom Hochpunkt an der Steinkreuzstraße mit 4 Geschossen zum Tiefpunkt am nordwestlichen Grund‐ stücksrand mit 1 Geschoss ab. Am Ortseingang wurden dementsprechend die bei‐ den Riegelgebäude als Hochpunkte der Bebauung ausgebildet. Der Höhenent‐ ‐ 12 ‐ wicklung der Umgebungsbebauung folgend staffeln sich die Gebäude von 4 Voll‐ geschossen plus Staffelgeschoss im Süd‐Osten auf 3 Vollgeschosse bzw. 2 Vollge‐ schosse plus Staffelgeschoss entlang der nördlichen Gebietsgrenze ab. Die private Parkierung erfolgt in zwei Tiefgaragen, die über die Ringstraße er‐ schlossen werden. Die Parkplätze für die Kindertagesstätte und die Arztpraxis werden ebenfalls von der Ringstraße angedient. Die erforderlichen Fahrradstell‐ plätze sind teilweise ebenerdig, teilweise im Bereich der Tiefgaragen unterge‐ bracht. Der Spielplatz des Quartiers liegt zentral im Plangebiet und wird durch Hecken‐ und Baumpflanzungen zum Außenbereich abgegrenzt. Der daran angrenzende Freibereich der Kindertagesstätte befindet sich teilweise auf der Tiefgarage und überwindet den Höhenunterschied durch Sitzstufen. Die nicht überbauten Flä‐ chen der Tiefgaragen sind begrünt und unter Berücksichtigung der entsprechen‐ den Überdeckung mit Einzelpflanzungen ergänzt. Ein Wegenetz verbindet die verschiedenen Außenbereiche und führt im Süden auf den öffentlichen Quartiers‐ platz, der durch seine Gestaltung zum Verweilen einlädt und an die vorhandene Bushaltestelle anknüpft. Die gem. § 35 Abs. 1 LBauO BW notwendigen barrierefreien Wohnungen, berück‐ sichtigen die von der LBO gestellten Anforderungen an die Barrierefreiheit. Die geplanten Wohngebäude sind über den angelegten öffentlichen Gehweg entlang der Ringstraße barrierefrei erreichbar. Das Grünkonzept sieht, neben den zwei zu erhaltenden Bäumen im nördlichen Plangebiet, eine straßenbegleitende Begrünung entlang der Ringstraße sowie die Fortführung der Baumreihe entlang der Steinkreuzstraße vor. Im Gebiet sind ver‐ einzelt Baumstandorte vorgesehen, die sich in Richtung des östlichen Gebietsran‐ des verdichten. 4.1 Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung In Anwendung von § 9 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3a BauGB sind im Geltungsbereich nur solche Vorhaben zulässig, zu denen sich der Vorhabenträger im Durchfüh‐ rungsvertrag unter Bezug auf den zugehörigen Vorhaben‐ und Erschließungsplan (VEP) verpflichtet hat. Die gemäß § 12 Abs. 3a BauGB zulässige Änderung eines Durchführungsvertrags ist nur im Einvernehmen zwischen Vorhabenträger und Stadt Karlsruhe möglich. Sollten sich Änderungen einvernehmlich als sinnvoll er‐ weisen, muss nicht der Bebauungsplan durch ein entsprechendes Verfahren geän‐ dert werden, sondern es genügt eine Änderung des Durchführungsvertrages, so‐ fern diese sich innerhalb des durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ge‐ zogenen Rahmens bewegt. 4.2 Art der baulichen Nutzung Hauptziel des Vorhabens ist die Schaffung von neuem, innerstädtischen Wohn‐ raum, ergänzt durch eine Kindertagesstätte, eine Arztpraxis und ggf. eine Praxis für Physiotherapie. Zur Umsetzung der Planungsziele wird im Plangebiet ein All‐ gemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO festgesetzt. ‐ 13 ‐ In Anwendung von § 1 Abs. 5 BauNVO wird festgesetzt, dass Tankstellen und Gar‐ tenbaubetriebe unzulässig sind. Gartenbaubetriebe stehen aufgrund ihrer Flä‐ chenintensität dem Ziel der Schaffung von neuem Wohnraum entgegen, durch Tankstellen werden aufgrund des Verkehrsaufkommens Konflikte mit der geplan‐ ten Wohnnutzung befürchtet. Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Anlagen für die Verwaltung können in untergeordnetem Umfang zur Wohn‐ nutzung eine sinnvolle oder verträgliche Ergänzung darstellen und können des‐ halb gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, soweit sie räumlich untergeordnet sind und keine verkehrlichen oder schalltechnischen Be‐ lange entgegenstehen. Unter Berücksichtigung der an drei Seiten des Plangebiets anschließenden Wohn‐ bauflächen gewährleisten die Festsetzungen insgesamt die Umsetzung des ge‐ planten Vorhabens und eine homogene Entwicklung der bestehenden Wohnsied‐ lung. 4.3 Maß der baulichen Nutzung Das Maß der baulichen Nutzung wird bestimmt durch die Grundflächenzahl (GRZ) und die Wandhöhe. Festgesetzt wird der Maximalwert. Wandhöhen Die festgesetzten Wandhöhen ermöglichen eine zwei‐ bis viergeschossige Bebau‐ ung inklusive Staffelgeschoss und orientiert sich damit an der Höhenentwicklung der bestehenden Bebauung auf der Südwestseite der Ringstraße. Insofern fügt sich die geplante Bebauung in ihrer Höhe in das städtebauliche Umfeld ein. Die Bezugshöhen sind im zeichnerischen Teil als absolute Höhe über Höhennormal‐ null festgesetzt. Grundflächenzahl Die festgesetzte maximale Grundflächenzahl entspricht mit 0,4 der gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegten Obergrenze für Allgemeine Wohngebiete. Nach BauNVO darf die zulässige Grundfläche durch die in § 19 Absatz 4 Satz 1 be‐ zeichneten Anlagen um maximal 50% überschritten werden, also maximal bis zu einer Grundflächenzahl von 0,6. Dieser Wert ist jedoch zur Umsetzung des wohn‐ und betriebstechnisch erforderlichen Umfangs an Parkierungsflächen und Tiefga‐ ragen nicht ausreichend. Deshalb ist es notwendig, dass abweichend von der Regelung in §19 Absatz 4 Satz 2 BauNVO eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu einer Grundflächenzahl von 0,75 zugelassen wird. Bei dem Vorhaben geht es um die Nachnutzung eines Gewerbe‐ standorts und um die Schaffung von neuem Wohnraum in Kombination mit Anla‐ gen für soziale und gesundheitliche Zwecke auf einem städtebaulich integrierten Standort. ‐ 14 ‐ Das Vorhaben stellt einen wertvollen Beitrag für die Schaffung von dringend be‐ nötigten innerstädtischen Wohnraum dar und trägt als Maßnahme der Innenent‐ wicklung aus dem im Baugesetzbuch formulierten Anspruch für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden Rechnung. Bei einer Überschreitung der zulässigen Grundfläche ist zu prüfen, ob die Über‐ schreitung der Schaffung von gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse entgegen‐ steht und im welchen Umfang ein Ausgleich für die Beeinträchtigungen geschaf‐ fen werden muss. Die Überschreitung wird nicht durch die Gebäude selbst bzw. eine erhöhte städte‐ baulichen Dichte verursacht, die Obergrenze der BauNVO für Allgemeine Wohn‐ gebiete wird eingehalten. Somit kann auch angesichts der gewählten Gebäude‐ stellung davon ausgegangen werden, dass eine ausreichende Besonnung und Be‐ lüftung der geplanten Gebäude und der bestehenden Gebäude in der Umgebung gegeben ist. Die Überschreitung der zulässigen Grundfläche resultiert vielmehr aus dem er‐ höhten Versiegelungsgrad und dem damit verbundenen Rückgang des Grün‐ und Baumbestandes. Um diesen negativen Folgen der Flächenversiegelung entgegen‐ zuwirken, wird eine ausreichende Erdüberdeckung und Begrünung für die Tiefga‐ ragen, die Begrünung der Dachflächen der Gebäude und weitere Pflanzgebote an den Gebietsrändern festgesetzt. Die Dachbegrünung dient ebenfalls der besseren Rückhaltung des Regenwassers und wirkt sich insgesamt positiv auf das Stadt‐ klima aus. Durch die Unterbringung der erforderlichen Stellplätze in Tiefgaragen wird Park‐ platzlärm für die geplante Bebauung und den umliegenden Bestand minimiert und somit negative Auswirkungen auf die Wohnqualität vermieden. Insofern wird es insgesamt städtebaulich für vertretbar gehalten, eine Überschrei‐ tung der zulässigen Grundfläche durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeich‐ neten Anlagen bis zu einer Grundflächenzahl von 0,75 zuzulassen. Geschossflächenzahl Zur Umsetzung des Vorhabens ist eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,17 erfor‐ derlich. Die GFZ bewegt sich damit in dem von der in § 17 der BauNVO für Allge‐ meine Wohngebiete vorgesehenen Rahmen. 4.4 Bauweise Die festgesetzte offene Bauweise sichert durch die damit einhergehende Be‐ schränkung der Länge der Baukörper, dass sich die geplanten Gebäude maßstäb‐ lich in ihre bauliche Umgebung einfügen. 4.5 Abstandsflächen In der südlichen Baugruppe werden die erforderlichen Abstandsflächen zwischen zwei der geplanten Gebäude in einem Teilbereich der Fassade nicht eingehalten, um eine bessere Abgrenzung des halböffentlichen Innenhofbereichs vom im Süd‐ westen des Planungsgebiets gelegenen öffentlichen Platzraum zu erreichen. Da ‐ 15 ‐ dadurch jedoch gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt wer‐ den, erscheint die Unterschreitung der Abstandsflächen in diesem beschränkten Umfang vertretbar. Aus diesem Grund wird festgesetzt, dass in diesem Bereich (Bereich „A1“ gemäß zeichnerischem Teil) die Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m reduziert werden dürfen. Die Belange des Brandschutzes bleiben von der Festsetzung unberührt. Auch für den Bereich zwischen dem geplanten Kindergarten und dem südlich an‐ grenzenden Wohngebäude wird eine Regelung für eine Reduzierung der Ab‐ standsflächen getroffen. Danach dürfen in dem im zeichnerischen Teil mit „A2“ festgesetzten Bereich die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflä‐ chen auf 0,125 der Wandhöhe reduziert werden. Eineeine Mindesttiefe von 2,5 m muss eingehaltenreduziert werden. Vordächer bis zu einer Tiefe von 2,5 m dürfen auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden. Die Vermeidung dieser Regelung durch eine Verschiebung der Baukörper ist nicht möglich, da es sonst an anderer Stelle zu einer Überlappung der Abstandsflächen kommen würde. Eine Reduzierung der Geschosshöhen wurde ebenfalls geprüft, der konstruktive Aufbau der Geschosse und der Gründächer ist aber bereits mini‐ miert, so dass nur eine Reduktion der Geschossigkeit und damit des Wohnrau‐ mangebots zu einer Einhaltung der Abstandsflächen führen würde. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Geländeversprungs zwischen Kita und Wohngebäude keine nachteiligen Auswirkungen auf die Belichtung und Belüftung des Wohngebäudes zu erwarten sind. Auch für den Betrieb des Kindergartens sind keine negativen Auswirkungen zu erwarten, da im betroffenen Bereich keine dauerhaften Aufenthaltsräume vorgesehen sind. Die Vorgaben des Brandschut‐ zes wurden berücksichtigt. Insofern kann auch bei der geplanten Reduzierung der Abstandsflächen davon ausgegangen werden, dass weiterhin gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnissen herrschen. Insofern wird die getroffene Regelung zur Redu‐ zierung der Abstandsflächen in diesem Fall für vertretbar gehalten. An der östlichen Geltungsbereichsgrenze können die erforderlichen Abstandsflä‐ chen von 0,4 der Wandhöhe im Bereich der südlich gelegenen Baugruppe in zwei Teilbereichen (Flächen „A3“ gemäß zeichnerischem Teil) nicht auf den eigenen Grundstücksflächen nachgewiesen werden. Da das angrenzende Grundstück, auf das die Abstandsflächen fallen, dauerhaft für verkehrliche Zwecke genutzt wer‐ den, ist auch langfristig mit keiner weiteren Bebauung in diesem Bereich zu rech‐ nen. Insofern ist gewährleistet, dass auch trotz der reduzierten Abstandsflächen weiterhin gesunde Wohn‐ und Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich herrschen, so dass auch in diesem Bereich eine Regelung zur Reduzierung der Abstandsflä‐ chen vertretbar erscheint. Im Übrigen werden die von der LBO Baden‐Württemberg für Allgemeine Wohn‐ gebiete vorgesehenen Abstandsflächen eingehalten. ‐ 16 ‐ 4.6 Erschließung 4.6.1 ÖPNV Das Plangebiet ist über die beiden Haltepunkte der Bushaltestelle „Wolfarts‐ weier‐Nord“ in der Steinkreuzstraße bzw. über die Buslinien 27 – Durlach – Palm‐ bach (Waldbronn), 47 – Hauptbahnhof – Stupferich/Rathaus – 107 – Durlach – Ett‐ lingen und 118 – Zündhütle – Langensteinbach sowie über die Straßenbahnlinien 2 und 8 an das städtische ÖPNV‐Netz angeschlossen. Gemäß Verkehrsentwicklungsplan Karlsruhe ist eine Streckenergänzung der Stadtbahn von Wolfartsweier nach Ettlingen/Grünwettersbach vorgesehen, für die eine Freihaltetrasse im vorliegenden Entwurf berücksichtigt wurde. 4.6.2 Motorisierter Individualverkehr Die Erschließung für den motorisierten Individualverkehr erfolgt über das beste‐ hende Straßennetz der Ringstraße. Änderungen am bestehenden Straßennetz sind nach aktueller Einschätzung nicht erforderlich. Die geplanten Zufahrtsberei‐ che für die Tiefgaragen sind im zeichnerischen Teil festgesetzt. 4.6.3 Ruhender Verkehr Da die Freiflächen im Umfeld der geplanten Gebäude im Wesentlichen als woh‐ nungsbezogene Frei‐ und Grünflächen dienen sollen, werden die für die Nutzun‐ gen erforderlichen Stellplätze im Wesentlichen im Bereich von zwei Tiefgaragen untergebracht. Lediglich vor der geplanten Kindertagesstätte sind 7 ebenerdige Privatparkplätze vorgesehen. Außerdem werden entlang der Ringstraße 20 öf‐ fentliche Parkplätze vorgesehen. Insgesamt werden im Plangebiet 100101 Stell‐ plätze untergebracht. Bei der Ermittlung der erforderlichen Stellplätze wurde gemäß den Vorgaben der Landesbauordnung von einem Stellplatz pro Wohneinheit ausgegangen. Für die weiteren geplanten Nutzungen wurden die Vorgaben der VwV Stellplätze unter Einbeziehung des ÖPNV‐Bonus berücksichtigt. Danach ergibt sich ein Stellplatzbedarf von 9496 Stellplätzen. Abzüglich der 20 öffentlichen Stellplätze ergibt sich, dass im Plangebiet für die geplanten Nutzun‐ gen 65 Stellplätze mehr als erforderlich angeboten werden. Fahrradstellplätze Die nach § 35 LBO („Wohnungen“) erforderlichen Stellplätze sind im Bereich der Tiefgaragen untergebracht. Zusätzlich werden weitere Fahrradstellplätze als Besucherstellplätze in den Au‐ ßenanlagen untergebracht. Insgesamt sind 233 (178205 (150 in TG und 55 oben) Fahrradstellplätze vorgese‐ hen. 4.6.4 Geh‐ und Radwege Entlang der Ringstraße wird ein öffentlicher Gehweg vorgesehen. Die erforderli‐ che Fläche wird im zeichnerischen Teil als öffentliche Verkehrsfläche gesichert. ‐ 17 ‐ Der bestehende Wanderweg im Norden des Plangebietes wird erhalten und barri‐ erefrei an den bestehenden Wanderweg angeschlossen. Die Sicherung des Weges wird im zeichnerischen Teil durch ein Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit gesi‐ chert. Der bestehende Gehweg entlang der Westseite der Ringstraße wird erhalten und entsprechend fortgeführt. 4.6.5 Feuerwehrzufahrt Der außerhalb des Geltungsbereichs im Nord‐Osten an das Plangebiet angren‐ zende, derzeit beschränkte öffentlich gewidmete Weg (für Fußgänger und Rad‐ fahrer) ist verkehrsrechtlich als Feuerwehrzufahrt zulässig. Eine Umwidmung ist nicht erforderlich. 4.6.6 Ver‐ und Entsorgung Versorgung mit Strom, Gas, Wasser, Wärme Die Versorgung des Plangebietes erfolgt durch Anschluss an das bestehende Ver‐ sorgungsnetz. Für die Stromversorgung ist eine Trafostation im nördlichen Be‐ reich der Tiefgarage geplant. Um den Zugriff zur Trafostation für den Versor‐ gungsträger zu sichern, wurde ein entsprechendes Leitungsrecht im Bebauungs‐ plan festgesetzt. Entwässerung Die Entwässerung des Bauvorhabens erfolgt durch Anschluss an das bestehende Mischsystem. Es kann an den bestehenden Mischwasserkanal in der Ringstraße angeschlossen werden. Die Einleitbeschränkung für Regenwasser beträgt 65 l/s. Darüber hinaus anfallendes Regenwasser ist zurück zu halten. Zur Entlastung der bestehenden Kanalisation werden Retentionsmaßnahmen umgesetzt. Dazu zählen die extensive Begrünung der Dachflächen der Hauptge‐ bäude mit einer Aufbaustärke von mindestens 12 cm und die intensiv begrünten Aufbauten (durchlässige Überdeckung) der Tiefgarage (für Anlagen zur natürli‐ chen Entlüftung der Tiefgaragen, für die zulässigen Nebenanlagen und für Wege darf die Vegetationsdecke unterbrochen werden). Im Rahmen der Entwässerungsplanung wird auch ein Überflutungsnachweis ge‐ mäß DIN 1986‐100 geführt. Abfallentsorgung Die notwendigen Aufstellflächen für Abfallbehälter sind in die Gebäude integriert. Die Entsorgung der Abfallbehälter erfolgt über die Ringstraße. Der Abstand der geplanten Aufstellflächen zur Ringstraße beträgt weniger als 15 m. 4.7 Gestaltung Die Gestaltung der Gebäude ist Ergebnis einer Mehrfachbeauftragung und wurde bereits im Ortschaftsrat Wolfartsweier und im Planungsausschuss der Stadt Karls‐ ruhe behandelt und befürwortet. ‐ 18 ‐ Die mit begrünten Flachdächern versehene Bebauung wird neben der angrenzen‐ den Wohnbebauung als eigenständige Einheit wahrgenommen. In Länge und Ge‐ schossigkeit fügen sich die zwei‐ bis viergeschossigen Baukörper aber maßstäb‐ lich in die umliegende Bebauung ein. Auch die Gliederung der Fassaden sowie die Materialität der Fassade schaffen Be‐ züge zur bestehenden Bebauung. Die Fassaden sind als helle Putzfassaden mit dunkleren Akzenten gestaltet. Die Staffelgeschosse sind durch Rücksprünge ge‐ genüber den darunterliegenden Geschossen abgesetzt. Um zu verhindern, dass Dachaufbauten störend in Erscheinung treten, haben sie, mit Ausnahme von Aufzugsüberfahrten, zu Außenfassaden mindestens im selben Maß Abstand zu halten, in dem sie die Höhe des oberen Fassadenabschlusses (Flachdachattika) überschreiten. Um ein durchgängiges Erscheinungsbild zum Straßenraum sicherzustellen und zur Verbesserung der Durchgrünung des Plangebietes sind Einfriedigungen nur als geschnittene Hecken mit oder ohne dahinter liegendem Drahtgeflecht bzw. Metallgitterzaun zulässig. Da zum Abfangen des Geländes zur Umsetzung des Vorhabens an mehreren Stellen des Plangebiets Stützmauern erforderlich sind, werden diese zugelassen. Werbeanlagen und Automaten sind aufgrund der geplanten Nutzung und der Auswirkung auf das Ortsbild nur eingeschränkt vorgesehen und werden daher in ihrer Größe und Lage beschränkt. 4.8 Grünordnung / Ersatz‐ und Ausgleichsmaßnahmen / Artenschutz 4.8.1 Grünplanung, Pflanzungen Von der Baumaßnahme sind insgesamt 74 durch die städtische Baumschutzsat‐ zung erfasste Bäume betroffen, für die eine Fällerlaubnis erforderlich ist. Für 22 Pappeln im Plangebiet lag eine Fällerlaubnis aus dem Jahr 2007 vor, auf deren Grundlage bereits damals 7 Pappeln gefällt wurden. Eine weitere Pappel wurde etwa im Jahr 2004 auf 3 bis 4 Meter Höhe reduziert. Die Gültigkeit jener Fällgenehmigung ist zwischenzeitlich abgelaufen Vom Sachverständigenbüro Weber wurde im Zuge des Verfahrens ein Gutachten zur Verkehrssicherheit des Baumbestandes von noch 15 Pappelexemplaren, hier‐ von 13 in einer „Pappelgruppe“ (Stand: 17.12.2018) erstellt, in dem bei 4 ausge‐ wählten Kanada‐ Pappeln eine Stichprobe durchführt wurde und Angaben zur Stand‐ und Bruchsicherheit im Sinne der Verkehrssicherheit gemacht werden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass 2 der untersuchten Kanada‐Pappeln nicht ver‐ kehrssicher sind und im Winter 2018/19 gefällt werden müssen, wobei die Belange des Artenschutzes zu berücksichtigen sind. Bei einem Baum sind Pflegemaßnah‐ men zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit notwendig. Einer der unter‐ suchten Bäume ist noch verkehrssicher. Da die Bäume fast alle vom Pappelglas‐ flügler befallen sind, kann über die restlichen Bäume, die nicht eingehend unter‐ sucht wurden, keine Aussage über die Verkehrssicherheit getroffen werden. Es ist anzunehmen, dass sich der Schädling immer noch in den Bäumen befindet. Über ‐ 19 ‐ die Bohrlöcher können zusätzlich holzzersetzende Pilze eintreten. Nach Einschät‐ zung des Gutachters ist es fraglich, ob diese Pappelgruppe noch lange erhalten werden kann. Für die beiden nicht verkehrssicheren Bäume wurde bereits eine Fällgenehmi‐ gung erteilt und die Fällung durchgeführt, da sie eine akute Gefahr für mehrere Fußwege, die Straßenbahnwendeschleife und ein benachbartes Wohnhaus dar‐ stellen. Im Zuge der Fällarbeiten sind die angrenzenden Bäume durch Kronenre‐ duzierungen zu entlasten, um deren Verkehrssicherheit bei den veränderten Ver‐ hältnissen gewährleisten zu können. Die in der Fällgenehmigung enthaltenen ar‐ tenschutzrechtlichen Vorgaben wurden bei der Fällung berücksichtigt. Da bei der Untersuchung der beiden Bäume 3 Eichhörnchenkobel festgestellt wurden, war die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme für Eichhörnchen im Rah‐ men der Fällgenehmigung erforderlich. Die Fällung der restlichen Bäume ister‐ folgt in Absprache mit dem Fachamt für den Herbst 2019 vorgesehenUmwelt‐ und Arbeitsschutz. Vorgesehen ist der Erhalt einer Birke und einer Vogelkirsche am nordwestlichen Grundstücksrand. Der Erhalt dieser Bäume wurde planungsrechtlich gesichert. Details zur Sicherstellung des fachgerechten Erhalts sind im Durchführungsver‐ trag geregelt. Es werden insgesamt 46 Einzelbäume und eine Fläche von ca. 482488 m² mit Wildhecke gepflanzt. Die Pflanzungen sind planungsrechtlich gesi‐ chert. Sie sind zu unterhalten, zu pflegen und bei Abgang in der darauf folgenden Pflanzperiode gleichwertig zu ersetzen Die Tiefgarage wird mit einer Substratschicht bedeckt, deren Stärke oberhalb der „Drän‐/Retentions‐ und Filterschicht“ mindestens 40 cm betragen soll und je nach Standort und Art der Bepflanzung bis zu ca. 0,9 m betragen kann. Dadurch wird eine entsprechende Begrünung mit Rasen, Stauden und z.T. Bäumen ermöglicht. Die Flachdächer werden ebenfalls begrünt, so dass gegenüber dem bisherigen Zustand eine stärkere Durchgrünung des Planungsgebietes umgesetzt wird. Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die Befestigung von Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solarthermischen Nut‐ zung sind so zu gestalten, dass sie nicht zur Reduzierung des Volumens des Schichtaufbaus der Dachbegrünung führen. Siehe dazu auch die Hinweise, Ziffer 11. Die Stärke des Dachbegrünungssubstrats auf den Dächern oberhalb einer Drän‐ und Filterschicht hat mindestens 12 Zentimeter zu betragen. Die Einsaat erfolgt mit einer Mischung (60:40) aus Kräutern und Gräsern aus den Listen unter den Planungsrechtlichen Festsetzungen, Ziffer 8.2. 4.8.2 Ausgleichsmaßnahmen Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenent‐ wicklung, der eine Größe der überbaubaren Grundfläche von weniger als 20.000 m² festsetzt. Er wird im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Ein Ausgleich der ‐ 20 ‐ durch den Bebauungsplan zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft ist deshalb nicht erforderlich. 4.8.3 Maßnahmen für den Artenschutz Nachfolgend wird die Entwicklung des artenschutzrechtlichen Maßnahmenkon‐ zepts erläutert. Dabei werden zuerst die aus dem artenschutzrechtlichen Fachbei‐ trag abgeleiteten Maßnahmen dargestellt, anschließend die Ergänzungen des Maßnahmenkonzepts im Laufe des Verfahrens. Maßnahmenkonzept des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags Für die Belange des Artenschutzes wurde vom Büro arguplan GmbH aus Karlsruhe ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag erstellt. Darin wurde die Planung auf ein Vorliegen bzw. eine drohende Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstat‐ bestände des § 44 Abs.1 BNatSchG geprüft und insofern das besondere Arten‐ schutzrecht des BNatSchG abgearbeitet. Abgeleitet von der unter Ziffer 3.2.3 dar‐ gestellten Bestandsaufnahme von relevanten Arten werden in dem Fachbeitrag nachfolgende Maßnahmen empfohlen: Vögel Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Entfernung des Vegetationsbestandes außerhalb der Brutzeit der Vögel  Baubeginn außerhalb der Brutzeit  Ersatzpflanzungen von Gehölzen im Plangebiet zur Minimierung des Ver‐ lustes des bestehenden Pappelwäldchens (Schnellwachsende Baumgruppe und Wildhecke) Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen) außerhalb des Pla‐ nungsgebiets:  Aufhängen von Vogelnistkästen: ‐ 2Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32 mm) (Aufhänghöhe > 2 m) ‐ Die externen CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden im Umfeld des Plangebiets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 durchgeführt. Die Orte, wo die Kästen installiert werden sollen, sind der nachfolgenden Abb. 2 zu entnehmen. Der Verbleib der Kästen auf dem städtischen Grundstück Flurstück Nr. 20308 wird im Rahmen des Durchfüh‐ rungsvertrags verbindlich geregelt. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen) innerhalb des Planungsgebiets): ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32mm) (Aufhänghöhe > 2 m) Die internen CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden in den beiden zum Erhalt festgesetzten Bestandsbäumen umgesetzt. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet)  Installation von Vogelkästen: ‐ 21 ‐ ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32 mm) (Aufhänghöhe > 2 m). Es ist geplant, die beiden Kästen auf die beiden Giebelseiten der Kindertagesstätte zu verteilen. Abb.2 Anbringungsorte für Nistkästen für Vögel und Fledermäuse (CEF‐Maßnahmen) ‐ 22 ‐ Fledermäuse Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Entfernung des Vegetationsbestandes in der Aktivitätszeit der Fleder‐ mäuse  Gebäudeabriss in der Aktivitätszeit der Fledermäuse Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Fledermauskästen: ‐ 2 Fledermauskästen (Modell Schwegler: Typ 1FF Flachkasten) (Aufhäng‐ höhe > 3 m) Die CEF‐Maßnahmen (Fledermauskästen) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung der Anbringungsorte auf Abb. 2. Der Verbleib der Kästen auf dem städtischen Grundstück Flurstück Nr. 20308 wird im Rah‐ men des Durchführungsvertrags verbindlich geregelt. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet)  Installation von Fledermauskästen: ‐ 2 Fledermauskästen am geplanten Kindergartengebäude Ergänzung des Maßnahmenkonzepts im Verfahren Abgeleitet von den Anregungen der Träger öffentlicher Belange und den Untersu‐ chungsergebnissen von weiteren Begehungen des Plangebiets im Dezember 2018 wurde das Maßnahmenkonzept ergänzt. Nachfolgend wird nach betroffenen Ar‐ ten sortiert zusammenfassend dargestellt, welche Ergänzungen vorgenommen wurden und wie die Anregungen der Träger öffentlicher Belange bewertet wurden. Vögel Vermeidungs‐ und Minimierungsmaßnahmen (im Plangebiet):  Maßnahmen gegen Vogelschlag Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Vogelnistkästen: ‐ Zusätzliche Installation von 1 Starenkasten (Modell Schwegler: Staren‐ höhle 3S) (Aufhänghöhe > 2 m) Die CEF‐Maßnahmen (Nistkästen für Vögel) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung gem. Abb. 2. ‐ 23 ‐ Erläuterung zu den die Vögel betreffenden Ergänzungen:  Beobachtung von Star (RL‐D 3) und Klappergrasmücke (RL‐BW V) als wert‐ gebende Brutvogelarten sowie dem streng geschützten Grünspecht: Das Vorkommen des Stars wird bei dem Maßnahmenkonzept berücksich‐ tigt, indem ein Nistkasten im Umfeld zusätzlich aufgehängt wird. Beim Grünspecht ist vorhabenbedingt nicht mit einem Revierverlust zu rechnen. Da die Art im Allgemeinen Reviergrößen von über 150 ha besitzt und, wie das Vorkommen im Bereich des Planungsraumes zeigt, im Umfeld geeignete Lebensräume (mit Brutbäumen) existieren, ist ein Ausweichen auf die Umgebung möglich. Ausgleichsmaßnahmen für die Art sind daher nicht erforderlich. Das Revierzentrum der Klappergrasmücke wurde im Zuge der artenschutz‐ rechtlichen Untersuchungen in einer Hecke im direkten Umfeld der Ein‐ griffsfläche festgestellt. Das Revier erstreckte sich auch auf die Gehölzrand‐ zone des Geltungsbereichs. Da somit mit keinem vollständigen Revierver‐ lust zu rechnen ist, sind vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nicht erfor‐ derlich. Die Art profitiert auch von der geplanten Anlage von Wildhecken am Nordrand des Planungsraumes.  Beobachtung der Heckenbraunelle und der Nachtigall (Brutvogelarten): Bei den genannten Arten handelt es sich um ungefährdete Arten. Im Regel‐ fall ist gemäß der aktuellen Rechtsprechung davon auszugehen, dass bei den häufigen und verbreiteten Vogelarten aufgrund deren günstigen Erhal‐ tungszustandes und der großen Anpassungsfähigkeit ein Vorhaben nicht gegen die Verbote des § 44 BNatSchG verstößt (s. Bick 2016, Natur und Recht 38 (2): 73‐78). Durch die geplante Anlage von Wildhecken im Norden des Geltungsbereichs werden für die Arten Ersatzlebensräume zur Verfü‐ gung gestellt, so dass das Beschädigungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht ausgelöst wird. Aufgrund der Gehölzbeseitigung außer‐ halb der Brutzeit wird der Tötungsverbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt.  Berücksichtigung des Themas Vogelschlag: Als Minimierungsmaßnahme ist vorgesehen, dass für großflächige Glasele‐ mente ausschließlich Elemente aus bedrucktem vogelschlagsicherem Glas zu verwenden sind. Außerdem ist auf Übereckverglasungen und spiegelnde Elemente zu verzichten. Im Bedarfsfall werden die Maßnahmen mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz abgestimmt. ‐ 24 ‐ Fledermäuse Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF‐Maßnahmen, außerhalb des Plange‐ biets):  Aufhängen von Fledermauskästen: ‐ Installation von 8 Fledermauskästen (Modell Schwegler: Typ 1FF Flachkas‐ ten) (Aufhänghöhe > 3 m) Die CEF‐Maßnahmen (Fledermauskästen) werden im Umfeld des Plange‐ biets auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nummer 20308 herge‐ stellt, siehe Darstellung Abb. 2. Weitere Artenschutzmaßnahmen (im Plangebiet) ‐ Installation von 16 fassadenintegrierte Kästen für Fledermäuse in den neu entstehenden Gebäuden (2 Kästen pro Gebäude = 16 Kästen, Modell Sch‐ wegler: Typ 1 FR Fassadenröhre) (Aufhänghöhe > 3 m) Erläuterung zu den die Fledermäuse betreffenden Ergänzungen des Maßnah‐ menkonzepts im Laufe des Verfahrens: Zu den Gebäuden  Beim Gebäudeabriss sollen potentielle Strukturen, wie zum Beispiel das At‐ tikablech, in Anwesenheit der ökologischen Baubegleitung vorsichtig und nach Möglichkeit händisch entfernt werden.  Der Abbruch wird in Anwesenheit einer ökologischen und fledermauskund‐ lichen Baubegleitung mit vorheriger Detektorefassung durchgeführt.  Die Integration von 16 Fledermauskästen in den neuen Gebäuden wird fest‐ gesetzt. Acht Fledermausflachkästen wurden bereits an nahe gelegenen Bäumen aufgehängt um einen ausreichenden Ausgleich für wegfallende Fortpflanzungs‐ und Ruhestätten zu schaffen.  Dem Verdacht auf Wochenstuben der Zwergfledermaus in den Gebäuden wurde im Rahmen einer Baum‐ und Gebäudekontrolle im Dezember 2018 nachgegangen und hat sich nicht bestätigt. Zum Baumbestand  Baumkontrolle zwecks gegebenenfalls vorgezogener Fällung: Im Baumbestand gibt es keine großen Baumhöhlen. Lediglich eine kleinere, fledermausgeeignete Höhle (derzeit ungenutzt) und Kleinstrukturen/Rin‐ denstrukturen. Bei der Gebäude‐ und Baumkontrolle im Dezember 2018 wurde festgestellt, dass keine Winterquartiere durch die Fällung betroffen sind, da die Äste der Pappeln stark der Witterung ausgesetzt sind und keine ungestörten, frostfreien Aufenthaltsorte bieten. Durch eine Sichtkontrolle durch Baumkletterer konnte die Wahrscheinlich‐ keit, dass Tiere bei den Fällarbeiten zu Schaden kommen, besser beurteilt werden. Im vorliegenden Fall konnte das Risiko, dass Fledermäuse im Win‐ terschlaf bei einer Fällung betroffen sind, stark eingegrenzt werden, da ‐ 25 ‐ kaum bis keine geeigneten Strukturen vorhanden sind. Ein signifikant er‐ höhtes Tötungsrisiko von Fledermäusen durch eine Fällung in den Winter‐ monaten besteht somit nicht.  Ausgleich der Balzhabitate und zugehöriger Quartiere: Der Bebauungsplan setzt neben den allgemeinen Pflanzgeboten auch die Pflanzung mehrerer großkroniger Bäume (18‐20cm Stammumfang bei Pflanzung) und Wildhecken fest. Im Westen grenzt die landwirtschaftliche Feldflur von Wolfartsweier, seit Neuestem geschützt durch das Land‐ schaftsschutzgebiet „Oberwald‐Rißnert”, an den Vorhabenbereich. Im Os‐ ten grenzt Wolfartsweier direkt an den Bergwald und das Landschafts‐ schutzgebiet ,,Bergwald‐Rappeneigen“. Das Gebiet zeichnet sich durch na‐ turnahe Waldtypen, reizvolle Waldränder mit Übergängen zu extensiven Gärten und Streuobstwiesen aus. Der Baumbestand in der Steinkreuz‐ straße ist zwar ein Teillebensraum von Fledermäusen. Eine essentielle Be‐ deutung als Nahrungshabitat, Balzquartier, Winter‐ und Sommerquartier ist dem Bestand jedoch nicht zuzusprechen.  Tagesquartier der Zwergfledermaus im Pappelbestand; Nahrungsquartier von Zwergfledermäusen, Kleinen Abendseglern, Breitflügelfledermäusen und Grauen Langohren: Durch die Integration von Fledermauskästen in den neuen Gebäuden, auf‐ gehängte Fledermauskästen im Umfeld des Plangebiets, neue Gebäu‐ desturkturen, der Pflanzung von großkronigen Bäumen und Wildhecken und die Nähe zum Bergwald wird gewährleistet, dass der Erhaltungszu‐ stand der Population verschiedener Fledermausarten sich nicht verschlech‐ tert. Von dem Aufhängen der Kästen soll in erster Linie die Zwergfleder‐ maus profitieren, welche das Plangebiet als Tagesquartier nutzt. Allen üb‐ rigen von den Naturschutzverbänden gemeldeten Arten (Kleinabendseg‐ ler, Breitflügelfledermaus) dient der Geltungsbereich bzw. der dortige Pap‐ pelbestand möglicherweise als Nahrungshabitat. Aber auch sie können die Kästen ebenfalls als Einzelquartier nutzen. Der Pappelbestand wurde sei‐ tens der Naturschutzverbände aufgrund der relativ geringen Entfernung zu einem bekannten Quartier des Grauen Langohrs eine essenzielle Bedeu‐ tung zugesprochen. Diese Einschätzung konnte trotz intensiver Fledermau‐ suntersuchungen nicht bestätigt werden, was auch fachlich der „wenig mo‐ bilen und strukturgebundenen“ Art entspricht. Um die Beanspruchung ei‐ nes Nahrungslebensraumes für alle betroffenen Arten auszugleichen, ist die Anlage einer Wildhecke und von Baumgruppen am Nordostrand des Geltungsbereich vorgesehen. Eine essentielle Bedeutung als Nahrungsha‐ bitat, Balzquartier, Winter‐ und Sommerquartier ist dem Bestand jedoch nicht zuzusprechen. ‐ 26 ‐ Sonstige Tierarten Haselmaus Als weitere Art wurde seitens der Naturschutzverbände im Plangebiet ein Vorkommen der Haselmaus vermutet. Hierzu wurde vom Fachplanungs‐ büro eine Potentialanalyse durchgeführt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass im Vorhabenbereich nicht mit der Haselmaus zu rechnen ist. Eichhörnchen  Im Rahmen der Baum‐ und Gebäudekontrolle im Dezember 2018 wurden Eichhörnchen als weitere artenschutzrechtlich relevante Art im Plangebiet identifiziert. Eichhörnchen sind national besonders geschützt. Solange kein zulässiges Eingriffsvorhaben vorliegt, ist eine Ausnahme der unteren Na‐ turschutzbehörde erforderlich, sollte eine Störung oder Tötung der Eich‐ hörnchen unumgänglich sein. Diese wurden mit folgender Maßgabe erteilt: Bei der Fällung des Baumbestandes (im Januar/Februar) inklusive Sträucher nach Fällfreigabe sind die Bäume mit den meisten Eichhörnchenkobeln zu belassen (gemäß Bericht zum Kontrolltermin 2 Bäume). So verbleiben acht Kobel, um den dort lebenden Eichhörnchen die Winterruhe und die an‐ schließende Fortpflanzung zu ermöglichen. Fällung der ,,Kobelbäume” er‐ folgt Ende August/Anfang September 2019 nach Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz. zu einem Zeitpunkt, an dem die Fledermäuse sind in diesem Zeitraum mobil sind und fliehen können, soll‐ ten sie sich in den Bäume aufhalten, fliehen. Insekten  Zum Schutz der Insektenpopulation wurde festgesetzt, dass für die Stra‐ ßenbeleuchtung und die grundstücksbezogene Beleuchtung insekten‐ freundliche Leuchtmittel (1. Priorität: LED, 2. Priorität: Natriumnieder‐ drucklampen) zu verwenden sind, wobei die Leuchten nach oben abge‐ schirmt sein müssen (Fokussierung des Lichtstroms auf die zu beleuch‐ tende Fläche). Die Leuchtengehäuse müssen gegen das Eindringen von Spinnen und Insekten geschützt sein, die Oberflächentemperatur der Leuchten darf 60° C nicht überschreiten. Die im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vorgeschlagenen bzw. im Verfahren er‐ gänzten artenschutzrechtlichen Maßnahmen wurden, soweit es sich um Maßnah‐ men innerhalb des Geltungsbereichs handelt, in den Bebauungsplan übernommen, des Weiteren im Durchführungsvertrag geregelt. Die Maßnahmen außerhalb des Geltungsbereichs (CEF‐Maßnahmen) werden durch entsprechende Regelungen im Durchführungsvertrag gesichert. 4.9 Belastungen 4.9.1 Altlasten Aufgrund der jahrelangen altlastenrelevanten Nutzung kann eine Verunreinigung des Untergrundes und des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden. Aus fach‐ ‐ 27 ‐ technischer Sicht sind auf dem Gelände weitere bodenschutzrechtliche Untersu‐ chungen für den Wirkungspfad Boden‐Grundwasser erforderlich. Untersuchun‐ gen hinsichtlich des Wirkungspfades Boden‐Mensch können in Abhängigkeit der Detailplanung erforderlich werden. Anfallendes Rückbau‐ und Aushubmaterial ist in jedem Fall abfallrechtlich zu un‐ tersuchen. Im Vorfeld sind ein Rückbau‐ sowie ein Aushub‐ und Entsorgungskon‐ zept von einem Sachverständigen zu erarbeiten und der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz vorzulegen. Sämtliche Baumaßnahmen sind gutachterlich zu überwachen. Eine Muldenversickerung über mögliche vorhandene anthropogene Auffüllungen oder nutzungsbedingte Verunreinigungen ist nicht zulässig. Die Auffüllungen bzw. das verunreinigte Bodenmaterial sind auszuheben und fachgerecht zu ent‐ sorgen. Die Schadstofffreiheit ist analytisch nachzuweisen (Sohlbeprobung). Die weiteren und abschließenden Bodenuntersuchungen können vollständig erst nach Abriss der Bestandsgebäude durchgeführt werden. 4.9.2 Schall Im Rahmen der schalltechnischen Stellungnahme waren zum einen Aussagen über die Einwirkungen durch Verkehrslärm auf das Plangebiet anhand der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau) sowie durch Straßenbahnlärm zu beurteilen. Weiterhin sind die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Umgebung zu beur‐ teilen. Hierbei ist der von der Zufahrt zur Tiefgarage ausgehende Lärm als Gewer‐ belärm einzustufen und nach der TA‐Lärm zu beurteilen. Ergänzend ist zu unter‐ suchen, inwieweit sich Geräuschimmissionen aus der geplanten Kindertages‐ stätte mit angrenzendem Spielplatz auf das Plangebiet auswirken. Aufgrund der unter Ziffer 3.5. dargestellten Immissionssituation in der Umgebung des Plangebietes wurde zur Klärung der schalltechnischen Belange ein schalltech‐ nisches Gutachten vom Büro „Schalltechnik Dr. Müller“ aus Rheinstetten erstellt. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Der resultierende Lärmeintrag aus dem Straßen‐ und Schienenverkehr liegt be‐ reichsweise deutlich über den Lärmpegeln, die nach den Planungsrichtwerten der städtebaulichen Schallschutznorm DIN 18 005 /1/ für eine Bebauung mit wohnli‐ cher Nutzung anzustreben sind. Deshalb werden im Bebauungsplan geeignete Lärmminderungsmaßnahmen festgesetzt. Hierbei werden durch geeignete Bau‐ formen bzw. Grundrissgestaltung und passive Schallschutzmaßnahmen an Ge‐ bäuden verträgliche Verhältnisse in Wohn‐ und Arbeitsräumen geschaffen. Abschirmmaßnahmen sind an den zur Steinkreuzstraße bzw. S‐BahnStraßen‐ bahn‐Schleife weisenden Gebäudefassaden nicht durchführbar. Eine etwaige Ab‐ schirmung von der Steinkreuzstraße (z.B. durch eine h = 2 m hohe Lärmschutz‐ wand) wurde geprüft, könnte in Teilen der Bebauung aber keine spürbare Minde‐ rung der Beurteilungspegel bewirken, zumindest nicht in den oberen, zur wohnli‐ chen Nutzung geplanten Gebäudebereichen. Aufgrund der nur in einem kleinen Einwirkungsbereich in Bodennähe erreichba‐ ren Verbesserung der Geräuschimmissionssituation, der Barrierewirkung einer solchen Mauer und den negativen Auswirkungen auf das Ortsbild erscheint diese ‐ 28 ‐ aufwändige bautechnische Maßnahme als nicht angemessen und städtebaulich vertretbar. Der angestrebte offene Charakter des geplanten öffentlichen Platzes im Süden des Geltungsbereichs wäre so nicht umsetzbar, auch Sicherheitsas‐ pekte (mangelnde Einsehbarkeit) sprechen gegen eine solche Lösung. Hinsichtlich möglicher Geräuscheinwirkungen aus dem Betrieb des Kindergartens ist festzustellen, dass Kinderlärm, der von Kindertageseinrichtungen, Kinderspiel‐ plätzen ausgeht, gemäß BImSchG /2/(§ 22 Abs.1a) im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung ist und im Wohnumfeld hingenommen werden muss. Ein Bolzplatz bzw. eine Skateranlage oder ähnliches durch Nutzung von Jugendlichen ist nicht vorgesehen. Der Kinder‐ Spielplatz im Außenbereich des Kindergartens wird ausschließlich von Kindern und nicht von Jugendlichen genutzt. Dies wird durch eine entsprechende Beschilderung sichergestellt. Die im Gutachten vorgeschlagenen aktiven und passiven Schallschutzmaßnah‐ men wurden in die Festsetzungen des Bebauungsplans übernommen. Im Gutachten wird außerdem eine ergänzende Maßnahme genannt, die zu einer weiteren Reduzierung der Schallbelastung und damit zu einer Verbesserung der Wohnqualität führt, aus schalltechnischer Sicht unter Berücksichtigung der rele‐ vanten Normen jedoch nicht zwingend erforderlich ist und daher auch nicht als Festsetzungsvorschlag im Gutachten genannt wird. Danach können zum Schutz der Außenbereiche (Loggien und Balkone o.ä.), welche direkt an der Steinkreuz‐ straße liegen, diese zusätzlich mit einem „verglasten Wintergarten“ o.ä. mit ei‐ nem bewerteten Schalldämmmaß von Rw > 25 dB eingeplant werden. 4.9.3 Luftqualität Eine relevante Erhöhung der Luftbelastung durch das Vorhaben ist nicht zu er‐ warten. Durch die punktartige Positionierung der Gebäude wird ein ausreichender Luftaustausch gewährleistet. Der erhöhte Dämmstandard der Gebäude in Verbin‐ dung mit einer effizienten Energieversorgung (siehe auch unter Ziff. 4.9.4) tragen dazu bei, den Ausstoß von Luftschadstoffen zu minimieren. 4.9.4 Energieeffizienz / Klimaschutz Für die Bebauung des Plangebiets hat der Vorhabenträger ein Energiekonzept er‐ stellt. Dabei wurden verschiedene Varianten der Gebäudehülle inklusive der Anla‐ gen zur Raumheizung und zur Trinkwarmwasserbereitung mit Hilfe von Energie‐ bilanzen untersucht. Die zur Umsetzung vorgesehene Vorzugsvariante sieht eine zentrale Wärmever‐ sorgung aller Gebäude über ein hocheffizientes Nahwärmenetz mit Gas‐BHKW und Spitzenlastkessel vor. Über das BHKW kann so in Kraft‐Wärme‐Kopplung der größte Teil der benötigten Wärme bereitgestellt sowie zusätzlich Strom produ‐ ziert und vor Ort genutzt werden. Die Wärmeverteilung in den Gebäuden erfolgt über niedertemperaturbasierte Flächenheizungen. Die Belüftung der Gebäude wird über dezentrale Lüftungsanlagen (Wohngebäude) bzw. eine zentrale Lüf‐ tungsanlage (Kindertagesstätte) mit Wärmerückgewinnung realisiert. In Kombi‐ nation mit erhöhten Dämmstärken bei den Bauteilen der Gebäudehülle sowie ei‐ ner durchgehenden 3‐fach Wärmeschutzverglasung wird bei den Wohngebäuden der Standard eines KfW‐Effizienzhaus 55 erreicht. Die Kindertagesstätte verpasst ‐ 29 ‐ bei gleicher Ausführung auf Grund der schlechteren Bewertung durch die Berech‐ nung nach DIN 18599 (Nichtwohngebäude) den KfW‐55‐Standard nur knapp. Dennoch werden auch hier gesetzliche Anforderungen der Energieeinsparverord‐ nung (EnEV) um ‐23% beim Jahres‐Primärenergiebedarf (Qp‘) bzw. mit über ‐50% beim mittleren U‐Wert (Ht‘) für opake Bauteile unterschritten. Die Absicherung des KfW 55 Standards der Wohngebäude erfolgt über den Durchführungsvertrag. Die Begrünung der Flachdächer und der Tiefgarage, die Gestaltung der Fassaden als helle Putzfassaden und die punktartige, die Durchlüftung erlaubende Gebäu‐ deanordnung vermeiden eine negative Wirkung auf das Lokalklima. 4.9.5 Kampfmittel Von der Firma UXO PRO CONSULT wurde für das Plangebiet eine Luftbildaus‐ wertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittelbelastung erstellt. Das Gutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Die Auswertung der Luftbildaufnahmen hat den Verdacht der Kontamination des Erkundungsgebietes mit Kampfmitteln nicht bestätigt. Nach jetzigen Kenntnis‐ stand sind keine weiteren Maßnahmen notwendig. Die Luftbildauswertung resultiert in der Erkenntnis, dass die zu untersuchende Wahrscheinlichkeit der Kontamination des Erkundungsgebietes mit Kampfmit‐ teln verschwindend gering ist. Folglich besteht keine zwingende Notwendigkeit, den Beginn der Phase B (technische Erkundung der Kampfmittelbelastung und Gefährdungsabschätzung) der Kampfmittelräumung zu veranlassen. Nach jetzi‐ gem Kenntnisstand ist die technische Erkundung demnach nicht zwingend not‐ wendig. Die tatsächliche Kampfmittelbelastung des Erkundungsgebietes kann ausschließlich durch technische Methoden vor Ort überprüft werden. 5. Umweltbericht Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenent‐ wicklung, der eine Größe der überbaubaren Grundfläche von weniger als 20.000 m² festsetzt. Er wird im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Eine Umweltprü‐ fung ist deshalb nicht durchzuführen. 6. Sozialverträglichkeit Bei der Planung wurden im Hinblick auf Sozialverträglichkeit insbesondere die nachfolgend erörterten Aspekte berücksichtigt: Das Vorhaben ist in Teilbereichen eine Maßnahme des sozial geförderten Woh‐ nungsbaus. Die Gebäude sind teilweise barrierefrei konzipiert, die Wohnungsgrö‐ ßen und Zuschnitte orientieren sich an den Bedürfnissen der Nutzer. 7. Statistik 7.1 Flächenbilanz Wohngebiet ca. 0,65 ha 79,00% Verkehrsflächen ca. 0,17 ha 21,00% Grünflächen ca. 0,00 ha Ausgleichsflächen ca. 0,00 ha Gesamt ca. 0,82 ha 100,00% ‐ 30 ‐ 7.2 Geplante Bebauung Anzahl Wohneinheiten Bruttogrundfläche Einzelhäuser 8 62 14.743 m² 7.3 Bodenversiegelung1 Gesamtfläche ca. 0,82 ha 100,00% Derzeitige Versiegelung ca. 0,18 ha 21,95% Durch den Bebauungsplan max. zulässige versiegelte Fläche ca. 0,66 ha 80,49% 8. Kosten Alle im Zusammenhang mit dem Vorhaben anfallenden Kosten einschließlich der Erschließungsanlagen übernimmt der Vorhabenträger. Der Stadt Karlsruhe ent‐ stehen keine Kosten. 9. Durchführung Alle Verpflichtungen des Vorhabenträgers werden im Durchführungsvertrag gere‐ gelt. 10. Übersicht der erstellten Gutachten ‐ Schallgutachten, Schalltechnik–Dr. Müller, Fassung vom 12. Juni 2018 ‐ Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, arguplan, Fassung vom April 2018 ‐ Historische Altlastenerkundung, GHJ, Fassung vom 6. März 2018 ‐ Baugrundgutachten, Geologisches Büro Jochen Lang, Fassung vom 12. April 2018 ‐ Luftbildauswertung zur Überprüfung des Verdachts auf Kampfmittelbelas‐ tung, UXO PRO CONSULT, Fassung vom 16. April 2018 1 Die maximal zulässige versiegelte Fläche berechnet sich aus den versiegelten Verkehrsflächen, der maximal überbaubaren (auch mit Nebenanlagen) Grundfläche (in der Regel GRZ + 50 %, max. 80 % der Grundstücksfläche) der Baugrundstücke sowie allen anderen zur Versiegelung vorgesehenen Flächen im öffentlichen Raum. ‐ 31 ‐ B. Hinweise (beigefügt) 1. Versorgung und Entsorgung Für Entwässerung und Abfallentsorgung sind die Satzungen der Stadt Karlsruhe in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Die Abfallbehälter sind innerhalb der Grundstücke, nicht weiter als 15 m von der für Sammelfahrzeuge befahrbaren Straße entfernt, auf einem befestigten Stand‐ platz ebenerdig aufzustellen und mit einem zu begrünenden Sichtschutz zu verse‐ hen. Der stufenlose Transportweg ist zu befestigen, eine evtl. Steigung darf 5 % nicht überschreiten. Der notwendige Hausanschlussraum soll in möglichst kurzer Entfernung zum er‐ schließenden Weg liegen und 2,50 m bis 3,50 m Abstand von geplanten bzw. vor‐ handenen Bäumen einhalten. 2. Entwässerung Bei Ausbildung einer Sockelhöhe von 0,30 m über der Gehweghinterkante ist die Entwässerung der Gebäude ab dem Erdgeschoss gewährleistet. Tiefer liegende Grundstücks‐ und Gebäudeteile können eventuell nur über Hebeanlagen entwäs‐ sert werden. Die Entwässerungskanäle werden aus wirtschaftlichen Gründen für einen übli‐ cherweise zu erwartenden Niederschlag (Bemessungsregen) dimensioniert. Bei starken Niederschlägen ist ein Aufstau des Regenwassers auf der Straßenoberflä‐ che möglich. Grundstücke und Gebäude sind durch geeignete Maßnahmen des Vorhabenträgers selbst entsprechend zu schützen. 3. Niederschlagswasser Das unbedenkliche Niederschlagswasser soll gem. § 55 Abs. 2 Wasserhaushalts‐ gesetz ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich‐rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen. Bei Errichtung bzw. baulicher Veränderung von Wasserversorgungsanlagen sind die Anforderungen der Trinkwasserverordnung 2001 sowie Artikel 1 Infektions‐ schutzgesetz, § 37 Abs. 1 unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten. Der Betrieb von Zisternen muss beim Gesundheitsamt ange‐ zeigt werden. Um eine Verkeimung des öffentlichen Trinkwasserleitungssystems durch Niederschlagswasser auszuschließen, darf keine Verbindung zwischen dem gesammelten Niederschlagswasser und dem Trinkwasserleitungssystem von Ge‐ bäuden bestehen. Die Bodenversiegelung soll auf das unabdingbare Maß beschränkt werden. Not‐ wendige Befestigungen nicht überbauter Flächen der Baugrundstücke sollen zur Verringerung der Flächenversiegelung weitgehend wasserdurchlässig ausgebildet werden, z.B. als Pflaster oder Plattenbelag mit breiten, begrünten Fugen (Rasen‐ ‐ 32 ‐ pflaster), soweit nicht die Gefahr des Eindringens von Schadstoffen in den Unter‐ grund besteht. Nach Möglichkeit soll auf eine Flächenversiegelung verzichtet werden. 4. Archäologische Funde, Kleindenkmale Sollten bei der Durchführung vorgesehener Erdarbeiten archäologische Funde o‐ der Befunde entdeckt werden, ist dies gemäß § 20 DSchG umgehend dem Lan‐ desamt für Denkmalpflege (Dienstsitz Karlsruhe, Moltkestraße 74, 76133 Karls‐ ruhe), anzuzeigen. Archäologische Funde (Steinwerkzeuge, Metallteile, Keramik‐ reste, Knochen, etc.) oder Befunde (Gräber, Mauerreste, Brandschichten, auffäl‐ lige Erdverfärbungen, etc.) sind bis zum Ablauf des vierten Werktages nach der Anzeige in unverändertem Zustand zu erhalten, sofern nicht die Denkmalschutz‐ behörde mit einer Verkürzung der Frist einverstanden ist. Auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (§ 27 DSchG) wird hingewiesen. Bei der Sicherung und Do‐ kumentation archäologischer Substanz ist zumindest mit kurzfristigen Leerzeiten im Bauablauf zu rechnen. Ausführende Baufirmen sollten schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. 5. Baumschutz Bezüglich der Erhaltung der vorhandenen Bäume wird auf die am 12.10.1996 in Kraft getretene Satzung der Stadt Karlsruhe zum Schutz von Grünbeständen (Baumschutzsatzung) verwiesen. 6. Altlasten Bekannte, vermutete sowie gefundene Bodenbelastungen, bei denen Gefahren für die Gesundheit von Menschen, bedeutende Sachwerte oder erhebliche Beein‐ trächtigungen des Naturhaushalts nicht ausgeschlossen werden können, sind un‐ verzüglich der Stadt Karlsruhe, Umwelt‐ und Arbeitsschutz, Markgrafenstraße 14, 76131 Karlsruhe, zu melden. 7. Erdaushub / Auffüllungen Erdaushub soll, soweit Geländeauffüllungen im Gebiet notwendig sind, dafür ver‐ wendet werden. Der für Auffüllungen benutzte Boden muss frei von Fremdbei‐ mengungen und Schadstoffen sein. Der anfallende Mutterboden ist zu sichern. Im Übrigen wird auf das Gesetz zum Schutz des Bodens (Bundesbodenschutzge‐ setz) vom 17.03.1998 in der derzeit gültigen Fassung verwiesen. 8. Private Leitungen Private Leitungen sind von der Planung nicht erfasst. Die Berücksichtigung oder Sicherung erfolgt im Durchführungsvertrag, soweit erforderlich. 9. Barrierefreies Bauen In die Planung von Gebäuden sind die Belange von Personen mit kleinen Kindern sowie behinderten und alten Menschen einzubeziehen (§ 3 Abs. 4 und § 35 LBO). ‐ 33 ‐ 10. Erneuerbare Energien Aus Gründen der Umweltvorsorge und des Klimaschutzes sollte die Nutzung er‐ neuerbarer Energien verstärkt angestrebt werden. Auf die Vorgaben des Erneuer‐ bare‐Energien‐Wärmegesetzes (EEWärmeG) und des Gesetzes zur Nutzung er‐ neuerbarer Wärmeenergie in Baden‐Württemberg (EWärmeG) wird verwiesen. 11. Dachbegrünung und Solaranlagen Aus der Kombination von Dachbegrünung und solarenergetischer Nutzung kön‐ nen sich gegenseitige Synergieeffekte wie etwa die Senkung von Temperaturspit‐ zen und damit ein höherer Energieertrag von Photovoltaikmodulen ergeben. Beide Komponenten müssen jedoch hinsichtlich Bauunterhaltung und Pflege auf‐ einander abgestimmt sein. Bei der Installation von Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solarthermischen Nutzung auf der Dachfläche empfiehlt sich eine „schwimmende“ Ausführung ohne Durchdringung der Dachhaut. Entsprechende Unterkonstruktionen (zum Beispiel spezielle Drainageplatten) erlauben die zusätzliche Nutzung der Begrü‐ nungssubstrate als Auflast zur Sicherung der Solaranlage gegen Sogkräfte. Die Solarmodule sind nach Möglichkeit in aufgeständerter Form mit ausreichen‐ dem Neigungswinkel und vertikalem Abstand zur Begrünung auszuführen. Dadurch ist in der Regel sichergestellt, dass die Anforderungen an eine dauer‐ hafte Begrünung und Unterhaltungspflege erfüllt sind. Flache Installationen sind zu vermeiden oder mit ausreichendem Abstand zur Bodenfläche auszuführen, so‐ dass auch hier eine Begrünung darunter möglich bleibt und die klimatische Funk‐ tion nicht unzulässig eingeschränkt wird. 12. Artenschutz Rodungsarbeiten dürfen nur außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden, also von Anfang Oktober bis Ende Februar. bzw. in Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz. Da gleichzeitig ein störungsbedingtes Verlassen von möglichen Zwergfledermäu‐ sen aus ihren Einzelquartieren gewährleistet werden darfmuss, darf zumindest der Baumbestand im Oktober, bzw. in Abstimmung mit dem Fachamt für Um‐ welt‐ und Arbeitsschutz, gefällt werden. Um eine Tötung/Verletzung von möglichen Fledermäusen in den Gebäuden zu vermeiden, soll der Abriss von Anfang September bis Ende Oktober, bzw. in Ab‐ stimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz, stattfinden, damit die Tiere bei Bedarf ihre Einzelquartiere verlassen können. Um eine Störung brütender Vögel weitestgehend zu vermeiden, dürfen nur die eigentlichen Bauarbeiten vor Beginn der Brutzeit beginnen, damit die Brutpaare bei der Nistplatzwahl entsprechend ausweichen können. Da sich im Spätsommer und Frühherbst witterungsbedingt die Fledermäuse tags‐ über in einem tiefen Torpor befinden und erst nach einigen Minuten aktiv werden können, sind bei der Fällung von Bäumen und beim Gebäudeabriss direkt vor dem ‐ 34 ‐ Fäll‐ bzw. Abrisstermin Aktivitätsbeobachtungen durchzuführen. Ggf. sind ge‐ staffelte Fällungen zur Vergrämung sowie ein vorsichtiges Abdecken des Dachs und anderer geeigneter Strukturen vor dem Abriss erforderlich. Außerdem ist bei der Durchführung einer ökologischen Baubegleitung erforderlich. Die Fällung von Bäumen mit Eichhörnchenkobeln muss zeitlich so erfolgen, dass das Risiko der Betroffenheit von Jungtieren ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die Vergrämung bzw. Vergrämung der Eichhörnchen. Am Tag der Fällung und be‐ vor diese begonnen werden sind die betroffenen Eichhörnchenkobel durch einen Baumkletterer oder in anderer geeigneter Weise auf Besatz zu kontrollieren, ggf. vorhandene Tiere sind vorsichtig und behutsam zu vertreiben und die Kobel un‐ verzüglich danach zu entfernen. Zugleich sind von der ökologischen Maßnahmen‐ begleitung nochmals insgesamt die zur Fällung anstehenden Bäume prophylak‐ tisch darauf zu überprüfen, dass auch keine anderen geschützten Tiere tangiert. Vor der Fällung von Bäumen mit Eichhörnchenkobeln sind in Abstimmung mit dem Fachamt für Umwelt‐ und Arbeitsschutz künstliche Eichhörnchen‐ Ersatzko‐ bel im nahen Umfeld der zu fällenden Bäume aufzuhängen. Die Fällung ist von ei‐ ner ökologischen Fällbegleitung zu begleiten. Dem Fachamt für Umwelt‐ und Ar‐ beitsschutz ist ein kurzer Bericht hierzu und über den Umgang mit den Kobel vor‐ zulegen. Sollten großflächige Glaselemente geplant sein, ist das Thema Vogelschlagrisiko zu beachten. Für diese Flächen sind ausschließlich Elemente aus bedrucktem vo‐ gelschlag‐sicherem Glas mit hochwirksamen Mustern zu verwenden. Im Bedarfs‐ fall sind die Maßnahmen mit dem Umwelt‐ und Arbeitsschutz abzustimmen. Auf Übereckverglasungen und spiegelnde Elemente ist zu verzichten. 13. Wasserschutzgebiet Das Vorhaben liegt bekanntermaßen in der Zone IIIB des Wasserschutzgebietes Durlacher Wald. Die entsprechende Schutzgebietsverordnung in ihrer jeweils gül‐ tigen Fassung sowie das DVGW‐Arbeitsblatt W 101 „Richtlinie für Trinkwasser‐ schutzgebiete; I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser“ vom Juni 2006 sind zu be‐ achten. 14. Kriminalprävention Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Planung und Umsetzung des Vorhabens auch Aspekte der Kriminalprävention einbezogen werden sollten, um dem Grund‐ bedürfnis nach einer sicheren Wohnumgebung gerecht zu werden. Wichtige Aspekte sind hierbei z.B. die Gestaltung der Freiräume mit guter Orien‐ tierbarkeit und Sichtbarkeit im Sinne einer sozialen Kontrolle, das Beleuchtungs‐ konzept sowie die Zugangsbedingungen und die technische Sicherung der Ge‐ bäude und Wohnungen. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle des Polizeipräsidiums Karlsruhe ist gerne bereit die Bauträger/Bauherren kostenlos und unverbindlich bzgl. eines individu‐ ellen Sicherungskonzeptes zu beraten oder in Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe eine Veranstaltung für Bauinteressenten durchzuführen. ‐ 35 ‐ C. Planungsrechtliche Festsetzungen und örtliche Bauvorschriften des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes, bestehend aus textlichen und zeichnerischen Regelungen Planungsrechtliche Festsetzungen gemäß §§ 9, 12 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) und örtli‐ che Bauvorschriften gemäß § 74 Landesbauordnung (LBO) in der Fassung vom 5. März 2010 (GBl. S. 357, berichtigt S. 416) jeweils einschließlich späterer Änderun‐ gen und Ergänzungen. In Ergänzung der Planzeichnung wird Folgendes geregelt: I. Planungsrechtliche Festsetzungen 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen Im Rahmen der Ziffern 2 bis 11 und der Planzeichnung (IV.) sind auf der Basis des Vorhaben‐ und Erschließungsplanes (siehe Anlagen) ausschließlich die baulichen und sonstigen Nutzungen zulässig, zu denen sich der Vorhabenträger im Durch‐ führungsvertrag verpflichtet. 2. Art der baulichen Nutzung Allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) Zulässig sind: ‐ Wohngebäude, ‐ die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank‐ und Speisewirt‐ schaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, ‐ Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwe‐ cke; Ausnahmsweise können zugelassen werden: ‐ Betriebe des Beherbergungsgewerbes, ‐ sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, ‐ Anlagen für Verwaltungen; Nicht zulässig sind: ‐ Gartenbaubetriebe, ‐ Tankstellen. 3. Maß der baulichen Nutzung Die Bezugshöhe (BZH) zur Ermittlung der Wandhöhe wird im zeichnerischen Teil als absolute Höhe über Normalhöhennull festgesetzt. Die Wandhöhe (WH) ist das Maß zwischen der Bezugshöhe und dem oberen Wandabschluss bzw. der Oberkante Flachdachattika. ‐ 36 ‐ Bei der Ausbildung von Retentionsdächern dürfen die festgesetzten Wandhöhen um das Maß ihrer Retentionsschicht überschritten werden. Die festgesetzte Grundflächenzahl darf durch die in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bezeichneten Anlagen bis zu einer GRZ von maximal 0,75 überschritten werden. 4. Überbaubare Grundstücksfläche Die festgesetzten Baugrenzen dürfen mit Ausnahme der zur Ringstraße orientier‐ ten Fassaden durch Balkone / Loggien bis zu einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 2,20 m überschritten werden. Entlang der Ringstraße können untergeordnete Bauteile die Baugrenze in gering‐ fügigen Maße überschreiten, solange das Lichtraumprofil des Gehwegs und der Zufahrten nicht beeinträchtigt wird. 5. Abstandsflächen In dem im zeichnerischen Teil mit „A1“ festgesetzten Bereich dürfen die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m redu‐ ziert werden. In dem im zeichnerischen Teil mit „A2“ festgesetzten Bereich dürfen die nach Bauordnungsrecht erforderlichen Abstandsflächen auf eine Tiefe von 2,5 m redu‐ ziert werden. Vordächer bis zu einer Tiefe von 2,5 m dürfen auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden. In den im zeichnerischen Teil mit „A3“ festgesetzten Bereichen dürfen die Ge‐ bäude auch ohne Einhaltung der Abstandsflächen errichtet werden. 6. Stellplätze und Garagen, Carports Oberirdische Garagen und Carports sind unzulässig. Stellplätze und Tiefgaragen sind nur innerhalb der überbaubaren Flächen zuläs‐ sig. 7. Nebenanlagen Nebenanlagen im Sinne von § 14 BauNVO sind im gesamten Plangebiet zulässig. 8. Grünflächen / Pflanzgebote und Pflanzerhaltung 8.1 Erhaltung von Bäumen Im Kronentraufbereich der im zeichnerischen Teil zum Erhalt festgesetzten Bäume sind Abgrabungen, zusätzliche Versiegelungen und Bodenveränderungen unzulässig. Bei Abgang der Bäume ist in der nächsten Pflanzperiode ein gleichar‐ tiger Laubbaum zu pflanzen. Details zur Sicherstellung des fachgerechten Erhalts sind im Durchführungsvertrag geregelt. 8.2 Pflanzgebote für Einzelbäume An den im zeichnerischen Teil festgesetzten Standorten sind Hochstammbäume gemäß nachfolgender Artenverwendungsliste fachgerecht zu pflanzen. Bei Über‐ schneidungen mit Leitungsrechten oder bei sonstigen nicht vermeidbaren Hinde‐ rungsgründen dürfen die festgesetzten Baumstandorte geringfügig verschoben werden. Näheres regelt der Durchführungsvertrag. ‐ 37 ‐ 8.2.1 Zu pflanzende Bäume außerhalb der Tiefgarage Für Straßenbäume und Bäume auf befestigten Flächen sind offene Baumschei‐ ben von mind. 10 m² Größe vorzusehen. Der zur Verfügung stehende durchwur‐ zelbare Raum hat mindestens 20m³ je Baum zu betragen. Eine teilweise Über‐ bauung der Baumscheibe ist möglich, wenn aus gestalterischen oder funktionalen Gründen erforderlich. Der zu überbauende Teil der Baumpflanzgrube ist mit ver‐ dichtbarem Baumsubstrat nach Angaben der Forschungsgesellschaft Land‐ schaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. (Richtlinie der Forschungsgesell‐ schaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. „Empfehlungen für Baumpflanzungen – Teil 2: Standortvorbereitungen für Neupflanzungen; Pflanz‐ gruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate“ in der jeweils gültigen Fassung2) zu verfüllen. Die Überbauung hat wasserdurchlässig zu erfol‐ gen. Erforderlichenfalls sind im überbauten Bereich geeignete technische Maß‐ nahmen (z.B. Belüftungsrohre, Bewässerungssystem) vorzusehen, um den lang‐ fristigen Erhalt der Bäume zu gewährleisten. 8.2.2 Zu pflanzende Bäume auf der Tiefgarage Für Bäume auf der Tiefgarage ist eine Pflanzgrube mit mind. 12 m³ bei mind. 0,9m Tiefe vorzusehen. Die tatsächliche Tiefe ist abhängig von der jeweiligen Überde‐ ckung auf der Tiefgarage. 8.2.3 Bedingte Festsetzung für die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der Freihaltetrasse der Stadtbahn Die Pflanzgebote für Einzelbäume im Bereich der gemäß zeichnerischem Teil von Bebauung freizuhaltenden Flächen sind wie unter Ziffer 8.2.1 umzusetzen und dauerhaft zu unterhalten, bis die Stadtbahn realisiert wird. 8.2.4 Artenverwendungsliste für Pflanzgebot Einzelbaum Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Wuchsklasse 1 (großkronig) Acer plataniodes in Sorten Spitzahorn Fagus sylvatica Rotbuche Tilia in Arten und Sorten Linde Wuchsklasse 2 (mittelkronig) Acer campestre Feldahorn Carpinus betulus Hainbuche Liquidambar styracifula und Sorten Amberbaum Prunus avium und Sorten Vogelkirsche Sophora japonica Regent Schnurbaum Paulowina tomentosa Blauglockenbaum 2 Einzusehen im Stadtplanungsamt Karlsruhe, Lammstraße 7, 76133 Karlsruhe ‐ 38 ‐ Wuchsklasse 3 (kleinkronig) Malus‐Hybriden Zier‐Apfel Prunus padus Traubenkirsche Qualität: Hochstämme Stammumfang 18‐20 cm. 8.3 Dachbegrünung Die Dachflächen sind dauerhaft extensiv zu begrünen. Die Flächen sind mit einer für Gräser‐ und Kräutervegetation ausreichenden Substratschüttung von im ge‐ setzten Zustand mindestens 12 cm über der Drainschicht zu versehen und mit ei‐ ner Gräser‐ und Kräutermischung gemäß nachfolgender Artenverwendungsliste zu bepflanzen. Artenverwendungsliste Dachbegrünung Kräuter ( Anteil 60 % ) Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Allium schoenoprasum Schnittlauch Anthemis tinctoria Färber‐Kamille Anthyllis vulneraria Wundklee Campanula rotundifolia Rundblättr. Glockenblume Dianthus armeria Rauhe Nelke Dianthus deltoides Heide‐Nelke Echium vulgare Natternkopf Euphorbia cyparissias Zypressen‐Wolfsmilch Helianthemum nummular Sonnenröschen Hieracium pilosella Kleines Habichtskraut Jasione montana Berg‐Sandglöckchen Potentilla tabernaemonta Frühlings‐Fingerkraut Scabiosa columbaria Tauben‐Skabiose Sedum acre Scharfer Mauerpfeffer Sedum album Weißer Mauerpfeffer Sedum sexangulare Milder Mauerpfeffer Silene nutans Nickendes Leimkraut Silene vulgaris Gemeines Leimkraut Thymus pulegioide Gewöhnlicher Thymian Gräser ( Anteil 40 % ): Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Briza media Zittergras Carex flacca Blaugrüne Segge ‐ 39 ‐ Festuca guestfalica Harter Schafschwingel Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. 8.4 Begrünung der Tiefgaragen Die nicht überbauten Decken von Tiefgaragen sind, soweit sie nicht für Zuwege oder Nebenanlagen benötigt werden, zu begrünen. Für die Substratschicht ober‐ halb der „Drän‐/Retentions‐ und Filterschicht“ sind folgende Höhen erforderlich: ‐für Rasen 40 cm, ‐für Sträucher 70 cm, ‐für Bäume 90 cm im Kronentraufbereich der ausgewachsenen Bäume. 8.5 Pflanzung von Schnitthecken Bei der Pflanzung von geschnittenen Hecken (Siehe Ziff. 3 der örtlichen Bauvor‐ schriften) sind Arten der nachfolgenden Pflanzliste zu verwenden: Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Carpinus betulus Hainbuche Cornus mas Kornelkirsche Fagus sylvatica Rotbuche Ligustrum vulgare Altrovirens Liguster 9. Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft 9.1 Ersatzpflanzungen von Gehölzen Die im zeichnerischen Teil festgesetzten Flächen zum Schutz, zur Pflege und zum Erhalt von Boden, Natur und Landschaft sind flächig mit Gehölzen aus nachfol‐ gender Artenverwendungsliste zu bepflanzen. Zu verwenden sind gebietsheimi‐ sche Pflanzen aus dem Herkunftsgebiet 6 Oberrheingraben (Quelle LUBW)3. Zu verwenden ist Pflanzgut aus regionalen Herkünften, das mit einer Identitätsnum‐ mer gekennzeichnet ist (PFG 1). Die Gehölze sind zu erhalten, müssen fachgerecht gepflegt werden und sind bei Abgang gleichartig zu ersetzen. 3 Einzusehen beim Stadtplanungsamt Karlsruhe, Lammstraße 7, 76133 Karlsruhe ‐ 40 ‐ Artenverwendungsliste Pflanzgebot 1 (PFG 1) Baumarten Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Acer campestre Feldahorn Acer plataniodes in Sorten Spitzahorn Carpinus betulus Hainbuche Fagus sylvatica Rotbuche Crataegus laevigata Zweigriffeliger Weißdorn Fraxinus excelsior Gewöhnliche Esche Prunus avium Vogelkirsche Liste Straucharten: Wissenschaftl. Name: Deutscher Name: Cornus mas Kornelkirsche Cornus sanguinea Hartriegel Corylus avellana Haselnuss Crataegus laevigata Weißdorn Crataegus mongyna Eingriffeliger Weißdorn Euonymus europaeus Pfaffenhütchen Ligustrum vulgare Liguster Mespilus germanica Mispel Prunus spinosa Schlehe Rosa canina Hundsrose Sambucus nigra Schwarzer Holunder Sorbus aucuparia Eberesche Sorbus torminalis Elsbeere Viburnum opolus Gewöhnlicher Schneeball Viburnum lantana Wolliger Schneeball Qualität: Bäume (Hochstämme und Stammbüsche) Stammumfang 18‐20 cm Sträucher 2x verpflanzte Sträucher, je nach Art in der Sortierung 60‐80cm , 80‐100 cm oder 100‐150 cm 9.2 CEF‐Maßnahmen In den im zeichnerischen Teil zum Erhalt festgesetzten Bäumen sind ausreichend vorzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen nachfolgend beschriebene Nistkästen anzubringen: ‐ 41 ‐ ‐ 2 Vogelkästen für Höhlenbrüter (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Flugloch‐ weite 32mm) (Aufhänghöhe > 2 m) 9.3 Weitere Artenschutzmaßnahmen (keine CEF‐Maßnahmen) 9.3.1 Nistmöglichkeiten Im Plangebiet nachfolgend beschriebene Nistkästen anzubringen: Vögel  2 Vogelkästen für Höhlenbrütern an den neu entstehenden Gebäu‐ den (Modell Schwegler: Nisthöhle 1B, Fluglochweite 32 mm) (Aufhäng‐ höhe > 2 m) Fledermäuse  16 fassadenintegrierte Kästen in den neu entstehenden Gebäuden (2 Käs‐ ten pro Gebäude = 16 Kästen, Modell Schwegler: Typ 1 FR Fassadenröhre) (Aufhänghöhe > 3 m) 9.3.2 Beleuchtung Für die Straßenbeleuchtung und die grundstücksbezogene Beleuchtung sind in‐ sektenfreundliche Leuchtmittel (1. Priorität: LED, 2. Priorität: Natriumnieder‐ drucklampen) zu verwenden, wobei die Leuchten nach oben abgeschirmt sein müssen (Fokussierung des Lichtstroms auf die zu beleuchtende Fläche). Die Leuchtengehäuse müssen gegen das Eindringen von Spinnen und Insekten ge‐ schützt sein, die Oberflächentemperatur der Leuchten darf 60° C nicht über‐ schreiten. 10. Geh‐ und Leitungsrechte Die im zeichnerischen Teil mit „L“ festgesetzte Fläche ist mit einem Leitungsrecht zu Gunsten des Versorgungsträgers zu belasten. Die im zeichnerischen Teil mit „G“ festgesetzte Fläche ist mit einem Gehrecht zu Gunsten der Allgemeinheit zu belasten. Die mit einem Leitungsrecht belasteten Flächen sind von jeglicher Bebauung frei‐ zuhalten. Pflanzungen in diesen Bereichen sind nur in Absprache mit dem Lei‐ tungsträger zulässig. 11. Schallschutz 11.1 Aktive Schallschutzmaßnahmen Tiefgaragenrampen sind einzuhausen. Auf den Innenseiten der Rampeneinhausungen ist eine hochabsorbierende Ver‐ kleidung anzubringen (Absorberklasse C oder besser, aw > 0,60). Die Verkleidung ist ebenfalls an der Deckenfläche im angrenzenden Tiefgaragen‐ parkbereich auf eine Tiefe von mindestens 10 m anzubringen. ‐ 42 ‐ 11.2 Passive Schallschutzmaßnahmen Bei der Neuerrichtung von Wohn‐ oder Arbeitsräumen sind die baurechtlich ver‐ bindlichen Anforderungen nach DIN 4109‐1 /4c/ (2016‐7) an die Luftschalldäm‐ mung von Außenbauteilen (Wand, Dach, Fassade, Fenster) von Gebäuden zu be‐ achten. Diese Anforderungen sind abhängig von den im zeichnerischen Teil fest‐ gesetzten Lärmpegelbereichen und der nachfolgenden Tabelle umzusetzen. Abb.3 Anforderung an die Luftschalldämmung von Außenbauteilen Liegt die Fassade eines Gebäudes im Bereich von zwei unterschiedlichen Lärmpe‐ gelbereichen, ist für die Fassade der höhere Lärmpegelbereich anzusetzen. Innerhalb des im zeichnerischen Teil festgesetzten Bereichs der überbaubaren Flächen sind Schlafräume (Schlaf‐ und Kinderzimmer) mit schallgedämmten Lüf‐ tungseinrichtungen auszustatten. Dies gilt auch, wenn der Schlafraum nur teil‐ weise in diesem Bereich liegt. Ausnahmen sind zulässig, wenn der Schlafraum durch ein weiteres Fenster belüftbar ist, das außerhalb des festgesetzten Bereichs liegt. Wird im Baugenehmigungsverfahren der Nachweis erbracht, dass im Einzelfall geringere Außenlärmpegel an den Fassaden vorliegen, können die Anforderun‐ gen an die Schalldämmung der Außenbauteile ausnahmsweise entsprechend den Vorgaben der DIN 4109 reduziert werden. Die DIN 4109, DIN 18005, TA Lärm, VDI 4100 und VDI 2719 „Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen“ liegen beim Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe, Bereich Städtebau, Lammstraße 7, 1. OG., Zimmer D 113/ 114, 76133 Karlsruhe aus und können dort während der Dienststunden (08.30 Uhr – 15.30 Uhr) eingesehen werden (zu beziehen außerdem beim Beuth‐Verlag, Ber‐ lin). ‐ 43 ‐ II. Örtliche Bauvorschriften 1 Dächer Zulässig sind Flachdächer mit einer Neigung von max. 5°. Für Nebenanlagen sind auch abweichende Dachformen und Neigungen zulässig. Ergänzend zur Dachbegrünung sind Aufbauten für Photovoltaikanlagen und Anla‐ gen zur solarthermischen Nutzung zulässig, sofern die Dachbegrünung und deren Wasserrückhaltefunktion dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Technische Dachaufbauten (außer Photovoltaikanlagen und Anlagen zur solar‐ thermischen Nutzung) sind auf max. 20% der Dachflächen begrenzt. Dachterras‐ sen sind nur für Staffelgeschosse zulässig. Dachaufbauten, mit Ausnahme von Aufzugsüberfahrten, haben zu Außenfassa‐ den mindestens im selben Maß Abstand zu halten, wie sie die Höhe des oberen Fassadenabschlusses (Flachdachattika) überschreiten (X ≥ Z; s. Beispielskizze). Abb. 4: Beispielskizze Mindestabstand der Dachaufbauten zu Außenfassaden 2. Werbeanlagen und Automaten Werbeanlagen sind nur am Ort der Leistung, am Gebäude, im Erdgeschoss, nicht in der Vorgartenzone und nur unter Einhaltung folgender Größen zulässig: ‐ Einzelbuchstaben bis max. 0,30 m Höhe und Breite, ‐ sonstige Werbeanlagen (Schilder, Firmenzeichen und dergleichen) bis zu ei‐ ner Fläche von 0,5 m². Unzulässig sind Werbeanlagen mit wechselndem oder bewegtem Licht, drehbare Werbeträger und solche mit wechselnden Motiven, sowie Laserwerbung, Skybea‐ mer oder Ähnliches. Automaten sind nur am Gebäude und nicht in der Vorgartenzone zulässig. Anlagen, die zum Anschlagen von Plakaten oder anderen werbewirksamen Ein‐ richtungen bestimmt sind, sind nicht zulässig. ‐ 44 ‐ 3. Einfriedigungen, Stützmauern Einfriedigungen sind nur als geschnittene Hecken bis 1,4 m Höhe (einschließlich der Aufkantung der Tiefgarage) über der Hinterkante des Gehwegs zulässig. Die Hecken können mit einem dahinterliegenden Drahtgeflecht oder Metallgitter‐ zaun kombiniert werden. Die Errichtung von Stützmauern ist zulässig. 4. Gestaltung der nicht überbaubaren Flächen Die nicht überbaubaren privaten Grundstücksflächen sind, soweit sie nicht für Stellplätze, Zugänge und Nebenanlagen benötigt werden, zu begrünen und als Vegetationsflächen dauerhaft anzulegen und zu unterhalten. 5. Abfallbehälterstandplätze Abfallbehälterstandplätze sind, sofern diese von den öffentlichen Straßen und Wegen aus sichtbar sind, mit einem Sichtschutz zu versehen. Falls dieser baulich hergestellt wird, muss er begrünt werden. 6. Außenantennen Pro Gebäude ist nur eine Gemeinschaftsantennenanlage oder Satellitenantenne zulässig. 7. Niederspannungsfreileitungen Niederspannungsfreileitungen sind unzulässig. III. Sonstige Festsetzungen (Planungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Regelungen) Der Bebauungsplan Nr. 392 in Kraft getreten am 10. September 1970, wird in den Teilbereichen aufgehoben, die durch diesen Bebauungsplan neu geregelt werden. Der Vorhaben‐ und Erschließungsplan ist Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dies gilt nicht für die dargestellte Möblierung und Planeintei‐ lung. 046_VbB-Steinkreuzstrasse 14-Erneute Offenlage-Textteil-markiert VEP markiert Steinkreuzstr 14_2019-10-14_VEP mit Markierung 190813 WSW Genehmigungsplanung 19 [TÖB Genehmigungsplan (A4)] 1/4.5 2/19 Steinkreuzstr. 14_Stellplätze_2019-08-20
https://www.karlsruhe.de/b3/bauen/bebauungsplanung/plaene/steinkreuzstrasse_14/HF_sections/content/ZZlQUHXIkwOZoi/ZZojqYJnVkpdNr/VbB%20Steinkreuzstr_II_Offenl_14102019_%C3%84nderungen_markiert.pdf
Die Staufer am Oberrhein STÄDTE , BURGEN UND KLÖSTER IM OBERRHEINGEBIET IN DER STAUFERZEIT lICKlEN8fAG , I HOHBARR ' BERNSTEIN ItOttIIÖNlGS8UAC , l UlAICHSBl..fIG l KAYSERS8U\G l ""UXBURG O WEIHHE'M e KAISERSI..AUTE/I,.. ' HAt'DENBUAG , FRAI.:tMSTEIN W,t.,CHt ENBUIlG HOHENECKOI I WI!.ENSTEIN I aAAFENSTEIN , e HEUSTAOf ~NBEAG sPEY~ l tlAMa.toCHER SCHlOSS • MEISTERSEL'I t~FENE()I; SElZt. NE~MÜND \ -~::,"'''' ~'M STEINSllElIGl \ OOENHEIMt> ~N l RAYEH58UAG HEJO(lSffl:IM. ~ METTlN Q e Pt'Of'!ZHIE'M e MOS8ACH • STADTGRüNDUNGEN bzw. STADTERHEBUNGEN DURCH OIE STAUFER und BISCHOFSSTÄDTE o ÜBRIGE STÄDTE DIE ZUR STAUFERZEIT BESTANDEN BURGEN ZUR STAUFERZEIT KLOSTER ZUR STAUFERZEIT Unser Titelbild stellt dar: Kaiser Friedrich Barbarossa mit seinen zwei Söhnen; links H~in­ rieh der VI. , Stadtgründer von Durlach, rechts Herzog Friedrich von Schwaben. Aus der Welfenchronik um 1180. Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 4 Herausgegeben von der Stadt Karlsruhe DIE STAUFER AM OBERRHEIN GESCHICHTE· HANDSCHRIFTEN URKUNDEN . KUNST A usste llung im Städtischen Pfinzgaumuseum Karlsruhe- D urJ ach 4. Juni bis 14. A ugust 1977 Veranstalter: Leihgeber: Großfotos: Stadt Karlsruhe Oberbürgermeister Otto Dullenkopf Kulturreferat: Stadtdirektor Egon Funk Oberverwaltungsrat Emil Schi ller Stadtarchiv: Konzeption und Ausrichtung der Ausstellung, Katalog: Archivdirektor Dr. Ludwin Langenfeld Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Archivar Ernst Schneider Technik: Erich Kaufmann , David Maag Graphik, Plakat: Gottfried Rögner Aufbauten, Beleuchtung, Beratung: Architekt Dipl.-Ing. Rolf Siemons Genera llandesarchiv Karlsruhe (Dr. Hans Georg Zier, Dr. Gerhard Kaller, Dr. Hansmartin Schwarz- rnaier) Badische Landesbibliothek Karlsruhe (Dr. Elmar Mittler, Dr. Gerhard Stamm, Helmut Schröer) Landesdenkmalamt, Außenstelle Karlsruhe (Dr. Peter Anstett , Dr. Dietrich Lutz, Dr. Hans-W. He ine) Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Prof. Dr. Ernst Petrasch, Dr. Walther Franzius, Dr. Eva Zimmermann) Katholisches Münsterpfarramt Konstanz (Dekan Ernanuel Frey) Stadt Freiburg, August inermuseum (Dr. Hans H. Hofstätter) Historisches Museum der Pfalz, Speyer (Dr. Roller, Dr. Stein) Stadt Worms, Städtisches Museum (Dr. Georg liiert) Jürgen und Gudrun Abeler , Wuppertal Karl-Konrad Kessler, Bad Bergzabern August Schaaf, Weissenburg/ Elsaß Alf Rapp, Niederhorbach; Robert Häusser, Mannheim ; Albrecht Brug- ger, Stuttgart; Erica Loos, Pforzheim ; Jeannine Le Brun, Konstanz Reproduktionen: Dr. Ludwin Langenfeld Wir danken folgenden Verlagen für erteilte Bildlizenzen: G. Braun, Karlsruhe ; Günter Rüber, Schwieberdingen; Gebr. Metz, Tübingen; Lossen-Foto, Heidelberg Bildarchiv Bruckmann, München und dem Museum für Kunst und Kul - turgeschichte der Stadt Dortrnund, Schloß Cappenberg (Dr. Appuhn) VORWORT Im Stauferjahr 1977, das zum 25 jährigen Bestehen des Bundeslandes Baden-Württem- berg in der Stuttgarter Staufe r-Ausstellung mit ihren europäischen Bezügen die vor 800 Jahren bereits einmal verwirklichte politische E inheit des südwestdeutschen Raumes vor A ugen ste llte, darf KA RLSRUH E a ls ehemalige Hauptstadt des alten Landes Baden nicht abseits stehen. E inm al , um ohne Vorbehalte, aber doch mit Vorbedacht an die geschicht- liche Rolle zu erinnern , die Baden bei der Entstehung unseres Bundeslandes ] 952 gespielt hat. Zum anderen aber vor allem deshalb, weil unser Raum eine Brückenfunktion zwi- schen dem ererbten staufischen Besitz im Elsaß und in der Pfalz einerseits und den schwä- bisch-staufischen Stammlanden andererseits innehatte und die Staufer von der Mitte des 12. J ahrhunderts bis zur Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht nu r als lnhaber des Königtums, sondern auch als Besitzer e igene r Rechts- und Herrschaftstitel der ausschlaggebende poli- tische Fak tor im Uf-, Pfinz- und Kraichgau waren. Wir haben es daher für richtig und wichtig erachtet, d ie Bezüge unseres badische n Raumes zu den Staufern , erweitert um den oberrheinischen U mkre is, vom Elsaß bis in den Kraich- gau, von Konstanz bis Worms, in einer geographisch begrenzten, aber konsequent e ntwik- ke lten Folge-A usstellung aufzuzeigen. Diese Konsequenz im Konzeptionellen wäre nicht möglich gewesen ohne die wissenschaftlichen A rbei ten des ehemaligen Direkto rs des Ba- dischen Genera llandesarchivs in Karlsruhe, Dr. Alfo ns Schäfer, über die staufische Reichslandpolitik in unserem Raum , dessen wir hier dankbar gedenken. Das Gene ral- landesa rchiv hat uns in großzügiger Weise die wichtigsten Urkunden der Zeit zur Verfü- gung gestell t und damit d ie geschichtliche Grundlage unserer A usstellung geschaffe n. Die Badische Landesbibliothek in Ka rlsruhe hat uns mit der Leihgabe des nahezu vollständi- gen Handschriftenbestandes oberrheinischer Provenienz den Glanz der mittelalterlichen Buchkunst und den Geist der mitte lalterlichen Frömmigke it vermitte lt . Das Landesde nk- malamt, A ußensteIle Karlsruhe, zeigt mit den Bodenfunden etwas vom Alltag der Staufer- zeit, die ja nich t nur von weltlichen und kirchlichen Würdenträgern , sondern auch vom e in- fachen Volk gelebt und gestaltet wurde. D iesen Instituten und darüber hina us aUen Leih- gebern, örtlichen wie überörtlichen, kirchlichen, staa tlichen, kommunalen und priva ten , danke ich namens der Stadt Karlsruhe herzlich. Wenn es unsere r Ausste llung gelingt, un- ser Geschichtsbild zu erweitern , die Heimatliebe zu stärken und den Blick fü r das Schöne aufzuschl ießen, ku rz: auch aus unserem Raum einen Hauch der geistigen Einheit und künst leri schen Blütezeit des Mitte lalters zu vermitteln, dann ist dies das Verd ienst der Leihgeber. In diesem Sinne wünsche ich de r Ausstellung einen vollen Erfolg. D ito Dullenkopf Oberbürgermeister \ \.: " " . ; ," Karlsruhe ist eine junge Stadt. Im Jahre 1565 verlegt Markgraf Karl J/. von Baden seine Re- sidenz von Pforzheim nach Durlach und gibt 1566 seiner Markgrafschaft die Bezeichnung Baden-Durlach. 1715 strebt Markgraf Karl Wilhelm aus der topographischen Enge seiner Dur/acher Residenz hinaus und gründet- zwischen Durlach und Mühlburg- die neue Resi- denz "Carolsruhe". Der zuerst errichtete Schloßlurm bildet den Millelpunkt eines Kreises, aus dem die Stadtanlage mit neun nach Süden ausstrahlenden Straßen einen Sektor aus- schneidet, der, in Beziehung auf den berühmt gewordenen Radialplan der gesamten Schloß- platzanlage, Karlsruhe den Rufa ls" Fächerstadt" eingetragen hat. 1738 stirbt Markgraf Karl Wilh elm. Mit seinem Nachfolger Markgraf Karl Friedrich setzt die moderne badische Ge- schichte ein. Im Frieden von Preßburg, 1805, entsteht das Großherzogtum Baden, das vom Bodensee bis an den Main reicht. Die Geschichte der Landeshauptstadt wird, zwangsweise schon VOn der Repräsentanz her, im wesentlichen Baugeschichte. Der Baumeister Friedrich Weinbrenner gibt ihr, besonders in der" Via triumphalis" vom Ettfinger Tor über Rondell- platz und Marktplatz bis zum Schloß, ihr unverwechselbares Gesicht, das auch im Verlauf der Ausweitung der alten höfisch-barocken Stadtanlage zu einem großen, sich nach Süden, Westefl ufld Ostefl ausweitenden StadtbUd bürgerlicher Prägung immer wieder Maßstäbe setzt. Die durch den Ingenieur Johann Gottfried Tulla 1817 begonnene Regulierung des Rheinlaufsfii.hrt schließlich 1901 mit der Eröffnung des Rheinhafens bei Maxau zum An- schluß der Stadt an den großen Strom. Der Verlauf der Stadtgeschichte hat dem Optimismus des Stadtgründers recht gegeben. Diese so junge Stadt. Karlsruhe ha t durch die allmähliche Eingemeindung umliegender Ortschaften doch die Patina e iner weit zurückreichenden geschiChtlichen Vergangenhe it und damit auch gewichtiger Bezüge zu den Staufern erhalten. 1938 wird die Stauferstadt DURLACH nach Karlsruhe eingemeindet. Durlach ist unter Heinrich VI. 1191 / 92 ge- gründet worden. Die Gründung der Stadt DurJach ist die bedeutendste Tat der Staufer im Pfinzgau. Sie steht im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Kaiser Heinrichs VI. vom De- zember 1191 bis Mai 1192 in Weissenburg, Hagenau und Speyer. Durlach war wohl als Fe- stungsstadt gedacht : Lage an der Fernstraße Frankfurt - Basel. Heinrich VI. hielt sich 1196 in Durlach auf und stellte hier am 15. Mai e ine Urkunde an Papst Cölestin III . aus. 1196 wird Durlach erstmals in der "Ursperger Chronik" als "oppidum" (Stadt) genannt. Nach dieser Chronik starb Konrad von Schwaben, ein Bruder des Kaisers, bei seinem Auf- enthalt " in quodam opido Durlaich no mine" (in Durlach). 1219 erhielt Markgraf Her- mann V. von Baden im Tausch für die braunschweigischen Erbgüter seiner Gattin, der Welfin Irmingard, die Stauferstadt Durlach als Eigentum von Kaiser Friedrich ll. (ln die- sen Tausch waren ferner die Reichs- und Stauferstädte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als Pfandschaften und Ettlingen als Lehen miteinbezogen. 1234 wurde dieser Tausch durch Friedrich Il. nochmals bestätigt - diese Urkunde zeigen wir im oberen Raum -. Diese Erwerbung bedeutete für die markgrätliche Städtepolitik, daß dadurch eine Verbin- dung vom oberrheinischen Gebiet zu den alten markgräflichen Besitzungen am mittleren Neckar geschaffen werden konnte). Im Rahmen ihrer Reichslandpolitik kam es den Stau- 7 fern darauf an, zwischen dem ererbten Besitz im Elsaß und in der Pfalz einerseits und ihren schwäbischen Stamm landen andererseits eine Brücke mit möglichst zahlreichen Stütz- punkten zu schaffen. Ansatzpunkte hierzu waren einmal der weitverzweigte Besitz des Klosters Weissenburg, zum anderen die Grafschaftsrechte im Uf- und Pfinzgau, die sie zwischen 1187 und 1196 an sich zogen. Uf-, Pfinz- und Kraichgau wurden also vom We- sten her erfaßt und waren nach Westen hin orientiert. Der Hohenberg, heutiger TURM- BERG über Durlach (vor 1100), ist d ie eigent liche Grafenburg des Pfinzgaus. Er war der beherrschende Kristallisationspunkt, Sitz der zu Ende des 11. und zu Anfang des 12. Jahr- hunderts im Pfinzgau ansässigen Grafen von Hohenberg, Inhaber der über die Salier auf sie gekommenen bedeutenden Lehen des Klosters Weissenburg, das in GRÖTZINGEN (1974 nach Karlsruhe eingemeindet) seinen umfangreichsten rechtsrheinischen Besitz hatte. Sie wurden noch vor 1150 von den Grafen von Grötzingen, Lehensträgern derStau- fer, abgelöst; Graf Heinrich von Grötzingen war wohl der von den Staufern eingesetzte Untervogt des Klosters Weissenburg. Er begegnet in zwei Urkunden Friedrich Barbaros- sas (1179 und 1187). Um 1100 sehen wir die Hohenberger im Hardtwald kolonisatorisch am Werk. Graf Berthold von Hohenberg gründet 1094 auf der heutigen Gemarkung von Karlsruhe das KLOSTER GOTTES AUE, dessen Immun ität (Waldgebiet) etwa die heu- tige Stadtgemarkung von Karlsruhe umschloß. Die Staufer (Grafen von Grötzingen) hat- ten die Vogtei über das Kloster inne, der Herr des Turmbergs war auch der Vogt des Klo- sters. Schließlich die MüHLBURG im heutigen Stadtteil Mühlburg (1886 eingemeindet). Auch dieser Reichsbes itz geht in staufische Zeit zurück. Die T iefburg Müh lburg, auf der Gemarku ng des alten Ortes Knielingen (1935 eingemeindet) entstanden, lag an der am Hochgestade ent langziehenden alten Rheinst raße, am Rheinübergang Pfortz, dessen Fähre sich in staufischer Hand befand. Möglicherweise befand sich hier schon in staufi- scher Zeit eine Zollstä tte. Burgmannen (Marscha ll bzw. Vogt) waren die staufischen Mini- sterialen Werner von Knielingen und Konrad von Berghausen. Wie wichtig die Mühlburg war, erhellt die Tatsache, daß die Staufer sie auch nach der Abgabe von Durlach in Besitz behielten. 1287 erscheint sie als .. Reichslehen" in der Hand des Markgrafen in e iner Ur- kunde König Rudolfs. Der Rheinübergang bei der Mühlburg führte über Kloster Gottesaue nach dem vom Turmberg bewachten Durlach und von dort über Grötzingen durch das Pfinztal nach Pforzheim. Von Mühlburg bis Grötzingen erstreckt sich heute das Stadtgebiet von Karls- ruhe. Wenn heute auch alle staufischen Denkmäler außer den durch den Lauf der Zeiten veränderten Ruinen des Turmbergs völlig verschwunden sind, so kann Karlsruhe sich doch mit Recht als Zentrum der staufischen Reichslandpolitik im Raum zwischen Neckargebiet und Oberelsaß, Rheinpfalz und Murggebiet im Süden bezeichnen. Von der Mitte des 12. Jahrhunderts an bis 1219 waren die Staufer nicht nur als Inhaber des Königtums, sondern auch als Besitzer eigener Rechts- und Herrschaftstitel der ausschlaggebende politische Faktor im Uf- und Pfinzgau. Quelle: Alfons Schäfer, Staufische Reichs landpolitik und hochadelige Herrschaftsbildung im Uf- und Pfinzgau und im Nordwestschwarzwald vom 11 .-13. Jahrhundert. In: Oberrheinische Studien, ßd. I, SreHen 1970, S. 179ff. - Al fons Schäfer, Das Schicksal des Weißenburgischen Besitzes im Uf- und Pfinzgau. In : Zeitschr. f.d. Geschichte des Oberrheins. 11 1. Bd. 1.H., Karlsruhe 1963, S. 65ff. 8 Das ehemalige Wasse rschloß Mühlburg vor der Zerstö rung im Jahre 1689. Im Zuge ihrer Reichslandpolitik bauten die Staufe r Burgen, gründeten Städte und Klöste r. Die BURG, sicht barstes Zeichen des kaise rlichen Machtwillens, war Wohnbau und Ver- teidigungsanlage zugleich. Von Herzog Friedrich 11. von Schwaben berichtet der zeitge- nössische Geschichtsschreiber Otto von Freising, daß man von ihm sprichwörtlich sagte: " Herzog Friedrich schleppt am Schwanz seines Pferdes ste ts eine Burg hinte r sich her." Die STADT war zugleich Verwaltungszentrum , gelegentlicher Aufenthaltsort des Königs und Sitz se iner Ministerialen. Sie sicherte den königlichen Machtbere ich und war als Quelle von Steueraufkommen jeder Art Grundlage seine r Wirtschaftskraft. Stadtgrün- dungen und Stadterhebungen durch die Staufe r dienten in erste r Linie der Siche rung des verstreuten staufischen Haus- und Reichsgutes. Die erste von den Staufern gegründete Stadt ist Hagenau im heutigen Elsaß (vor 1125), Ausgangspunkt für die Sicherung des linksrheinischen Besitzes. Hagenau wu rde als Residenz der frühen Staufe r zum Macht- zentrum ihres Re iches am Oberrhein . Entscheidende Förderung erfuhr das Städ tewesen am Oberrhein unter Friedrich I. Barbarossa (1 152-1190) und unte r se inem Sohn, Hein- rich VI. ( 1190-1197). Diese beiden Herrscher unternahmen den letzten großen Versuch, einen " königlichen Gesamtstaa t auf territorialer Bas is" zu errichten . Friedrich I. und Heinrich VI. ba uten die Pfalzen aus (befestigte Wohnpaläste, in denen sich die Könige auf ihren Reisen aufhie lten), förderten den Burgenbau und besetzten Pfa lzen und Burgen mit 9 Adligen, die im Dienst des Reiches standen und deshalb Reichsministeria len hießen. Im Sinne dieser Reichspolitik wurden auch neue Städte angelegt oder bedeutendere Orte zu Städten erhoben. Gerade in der Oberrheinebene und in ihren Randlandschaften kam es zu zahlreichen Stadtgründungen. Diese Stauferstädte des 12. Jahrhunderts schließen sich an einen älteren Siedlungskern an, an eine Pfalz (Hagenau), an e ine Burg (Durlach, Heide l~ berg), an einen älteren Marktort (Eulingen, Pforzheim) oder an ein Dorf (Eppingen). Un- ter Friedrich 11. (121 2-1250) fo lgte eine zweite Welle von Stadtgründungen. Dre i ver- schiedene Typen lassen sich unterscheiden: 1) die im Anschluß an ein älteres Kloster angelegte Stadt (Mosbach), 2) die nahe einer Burg gegründete Stadt (Eberbach, Neckargemünd), 3) die bei einem älteren Dorf entstandene Stadt (Heidelsheim ). 1246 hörten die Stadtgrüodungen der Staufer endgültig auf. Die meisten späteren St aufe r~ städte entstanden dadurch, daß Friedrich IJ. und sein Sohn Heinrich (VII. ) die Rechte aus der Schutzherrschaft (Vogtei) über Kirchen und Klöster ausnützten. Diese Städte wurden auf Kirche nlehen angelegt, meist als Stützpunkte zur Beherrschung der Fernstraßen, auch als Verwaltungszentren. Auch das KLOSTE R muß innerhalb der staufischen Politik als einer der Hauptfaktoren staufischen Machtstrebens verstanden werden. Klöster wurden von Kaise rn und Königen, von Markgrafen , Grafen und Edlen gegründet. Sie statteten Klöster mit Güte rn aus, ver- liehen ihnen Rechte und Freihe iten und stell ten sie unter ihren besonderen Schutz. Die äl- teste Kloste rgründung in unserem Raum ist Weissenburg im Elsaß. Die Geschichte dieser späteren Reichsabtei ist eng mit der Entwicklung im Uf- und Pfinzgau verbunden. Von be- sonderer Bedeutung für die rechtliche Stellung der Klöster wurde die Vogtei (Schutzhe rr~ schaft ), die Kaiser, 'Könige, Markgrafen und Grafen übe r sie ausübten. Der Besitz der Vogtei bildete ein wirkungsvolles Mittel, um Herrschaftsansprüche zu verwirklichen. In der staufischen Reichspolitik war die Kloste rvogte i als Machtinstrument von wesentlicher Bedeutung. Gleichze itig war das Kloste r als Familiengrablege gedacht. " Klosterpolitik und religiöser Eifer entspringen derselben Geisteshaltung. Je mehr sich der Mensch dessen bewußt war, daß er in e inem Leben des Kampfes vor Gott nicht bestehen konnte, um so weniger durfte das Bemühen um Vergebung und Erlösung fehlen. Diese das Mittelalter durchziehende innere Spannung ist nirgends spürbarer als im Kloster: einem Inst rument der Macht und einer Stätte des Glaubens und des Gebetes." (Hansmartin Schwarzmaier, Die Heimat der Staufer, S. 43). Klosterbauten aus staufische r Zeit blieben in verschiedenem Grade erhalten . Als einz igar- tiges Beispiel ist Maulbronn hervorzu heben. Andere Klöster wie auch Kirchen und Kapel- len weisen Bauteile, Bauplastik, Glas- und Wandmalere ien als Zeugnisse romanischer Kunst auf. Ansicht des unteren Alblaufs, Ende 16. Jahrhundert. ~ 10 BURGEN, STÄDTE UND KLÖSTER IM OBERRHEINGEBIET ZUR STAUFERZEIT Burgen Burgen bildete n neben Städten wichtige Stützpunkte staufischer Macht. Zahlreiche neue Burgen entstanden im 12. und 13. Jahrhundert , auch im Oberrheingebiet. Allein die Zahl der während der Stauferzeit in diesem Gebiet (siehe übersichtskarte) entstandenen Bur- gen bedingte eine Auswahl. Maßgebend für diese Auswahl an Bildern (Großfotos) war ei- nerseits die Bedeutung der Burgen als Reichsburgen, als Sitz von Reichsministerialen und von angesehenen Adelsfamilien, andererseits die Bedeutung der erhalten gebliebenen Burganlagen als Zeugnisse romanischer Baukunst und staufischen Burgenbaues. In der Ausstellung sind Aufnahmen von Burgen zu sehen, die mit der Kaiserpfalz Hagenau im Elsaß zusammenhängen. Dieser Bereich wird durch helVorragende Beispiele aus dem Oberelsaß ergänzt. Von großer Bedeutung waren in der Pfalz die Burgen , welche die Reichsburg Trifels und die Kaiserpfalz Kaiserslautern umgaben. Ihnen reihen sich auf rechtsrheinischem Gebiet Burgen aus dem Uf-. Pfinz- und Kraichgau an . AIt-Windstein Bernstein Dreistein Falkenstein Fleckenstein 12 Elsaß Reichslehen im Besitz der Herren von Windstein. Erhalten blieben unzusammenhängende Mauerreste aus der Zeit um 1200. Besitz der Grafen von Egisheim-Dagsburg. Bedeutende, aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stam mende Burg. Der Palas weist gekuppelte Bogenfenster auf. Fü nfeckiger Bergfried . Aus- gedehnte Vorburg. Zum Odilienberg gehörige, ve rmutlich im 13. Jahrhundert entstan- dene Drei-Burgen-Gruppe. Reichslehen. Von der durch Graf Peter von Lützelburg gegründeten und 1205 an Jakob von Falkenstein übergegangenen Burg in Fe lsen lage sind nur wenige Reste erhalten. Großartige Anlage auf einem Felsriff aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit zum Teil in die Felsen gehauenen Räumen und Gängen. Die Burg war Stammsitz der Reichsministerialen von Flecke nstein , die Burgmannen in Hagenau waren. G irbaden Hohandlau Hohbarr Hohenburg HOhkönigsburg Kaysersberg Landsberg Im 11 . Jahrhundert von den Grafen von Egisheim-Dagsburg er- baute Burg. Eine zweite Burganlage war in staufischem Besitz und wurde von König Heinrich (VII. ) der Straßburger Bischofskirche geschenkt. Architektonisches Glanzstück bildeten der Palas in der Vorburg und die aus dem 12. Jahrhundert stammende S1. Valentins- kapelle. Granitbau , der wahrscheinlich an Stelle einer 1246 zerstörten Burg entstand. Besitz der Herren von Andlau. Die Hauptburg bestand aus einem einzigen Hause (Palas und Wohnbau). Die Ostwand des Palas blieb e rha lten. Um 1168 erwarb auf Veranlassung von Friedrich I. Barbarossa der Straßburger Bischof Rudolf von Rottweil den hinteren "Markfelsen" und befestigte ihn. Von der aus drei Abschnitten bestehenden Burg- anlage ist die Kapelle, e in einschiffiger, um 1200 entstandener Bau, bemerkenswert. Von der Hohenburg, dem Stammsitz der Puller von Hohenburg, e iner der angesehensten Adelsfamilien im Elsaß, ist die sta ufische Ring- mauer erhalten. Renaissancebauten, originelles Türgestell mit Re- liefschmuck. 1147 waren zwei Türme im Besitz des Königs Konrad 111. und des Herzogs Friedrich 11. von Schwaben. Von der staufischen Burg mit Bergfried und Palas auf der Südseite blieb eine dreiteilige romanische Fensterste Ilung erhalten. Im Schutz des Bergfrieds befindet sich das rundbogige Tor mit den staufischen Löwen. Die Stadt Schlettstadt schenkte im Jahr 1899 die Burgruine an Kaiser Wilhelm 11. , der den Wiederaufbau befahl. " Die Hohkönigsburg bildet das eindrucksvolle Glied einer Reihe von monumenta len, aus dem Geiste eines neu erwachten geschichtlichen Bewußtseins ertolg- ten Burgenwiederherstellungen" (W. Hotz). 1227 erwarb Reichsschultheiß Wölflin von Hagenau die anfangs des 13. Jahrhunderts erbaute Burg Kaysersberg sowie die mit ihr verbundene Siedlung und befestigte beide. Die in die Stadt- befestigung einbezogene Burganlage bildet ein unregelmäßiges Vieleck mit rundem Bergfried und Schildmauer. 1144 von Egelolf und Konrad von Landsberg gegründete Burg. Diesem Geschlecht gehört die spätere Äbtissin Herrad von Landsberg an. Verfasserin des " Hortus deJiciarum". Burg mit mäChtigem PaJas und vorkragendem Kape llenerker, mit Buckelquadern ummantelt. 13 Lichtenberg Neu-Windste in Pflixburg Schön eck Spesburg Ulrichsburg Waldeck Wasenburg Wasigenstein 14 Die um 1205 errichtete Burg war Stammsi tz der He rren von Lichten- berg, eines angesehe nen Geschlechts im Elsaß. Die Burgruine besitzt in ihrem Kernwerk eine bemerke nswerte befestigte Anlage des 13. Jahrhunderts. Burgka pelle nur tei lwe ise erhalten. Später als Festung ausgebaut. Re ichslehen im Besitz der Herren von Windstein . Fün feckiger, dre i- geschossiger Wohnturm mi t mehrgliedrigen Spi tzbogenfenstern (erstes Drittel 13. J ahrhundert). Zur Vogte i Kaysersberg gehörige und wohl von dem Re ichsschult- heißen Wölflin von Hagenau erbaute Re ichsburg (Anfang 13. Jahr- hundert ). Sie wird 1220 in einer Urkunde Kaiser Fr iedrichs 11. er- wähnt. Bedeutende Anlage mit dem Bergfried in der Mitte des Hofes, Im 13. J ahrhundert gegründete Burg, se it l301 Lehe n des Bischofs von Straßburg in den Händen de r Herren von Lichtenberg. Erste Anl age auf eine m Felsri ff mit Resten des Bergfrieds in Buckel- quadern . Stattliche gotische Zwingerma uer. Mi tte des 13. Jahrh underts be i Andlau von Alexander von der Dicke erbaute Burg, Sie bildet e in unregelmäßiges Vie leck aus Grani t- buckelqu adern mit got ischen Palasfenstern , Die Ulrichsburg bei Rappoltsweiler zählt zu den besten Beispielen staufische n Burgenbaues. Teile des Wohnturms stammen aus dem frühen 12. Jahrhundert. Erweite rungen durch Bergfried, Palas und zwe item Turm im späten 12. Jahrhundert. Weitere Umbauten (Tei le des Palas und der St. Ulrichskapelle) fo lgten im 13. Jahrhundert. Z ur Herrschaft Lichtenberg gehörige Burganlage am Hanauer Weihe r, Erhalte n blieb de r Bergfried in Buckelquadern aus dem 13. Jahrhundert . Durch d ie Herren von Lichtenberg erbaute Burg bei Bad Nieder- bronn, Der Palas mit neungliedriger Arkade in Spitzbogen blende und eingelassenen Rundfenstern ist ein Glanzstück mitte lalterlicher Burgenarchitektu r. 1770 besuchte Goethe die Burg, Reichslehen im Besitz der Herren von Wasigenstein. Der Wasigen- ste in gilt als SChauplatz des Kampfes zwischen Walth er von Aqui- tanien und G unthers Mannen im Waltha rilied, Aus zwei Burgen be- standene Anlage aus de r Mitte des 13. Jahrhunderts . Berwartstein Pfalz 11 52 schenkte Friedrich l. Barbarossa der Domkirche zu Speyer die Burg Berwartstein bei Erlenbach (Pirmase ns). 1314 zerstört ; nach dem Wiederaufbau Besitz der Abtei Weissenbu rg. 1893/94 wurde die Ruine wei tgehend ausgebaut . Dahner Schlösser Die Burgruinen A1tdahn, G rafendahn und Tanste in bi lden eine zu- sammenhängende Burgengruppe. A1tdahn wurde von den 1127 erstm als erwähnten Herren von Dahn erbaut , die se it 1189 auch unter den Reichsministerialen ersche ine n. G rafendahn wurde 1287 errichtet. Erst 1328 folgte die Erbauung der Burg Tanstein. Drachenfels Falkenstein Frankenste in G räfenstein Hambacher Schloß Um 1200 entstandene Felsenburg bei Busenberg (Pirm asens), die bis 1344 im Besitz der Ritterfamilie von Drachenfels war. Das Burg- areal besteht im wesentlichen aus der Unterburg an der Südseite und der Obe rburg an der Nordseite des Burgberges. Baureste aus roma- nischer Zeit konzentrie ren sich im östlichen Teil der Anlage. Vor 11 35 errichtete Reichsburg bei dem gleichnamigen Ort im Kreis Rockenhausen. Um 1230 wurde die Burg Sitz einer Seitenlinie des Reichsministerialengeschlechts von Bolanden. Philipp von Falken- stein war Reichskämmerer, Burgvogt auf dem Trifels und Hüter der Reichskleinodien. Von de r Burg blieben Maueiteile des Palas , des Bergfr ieds, der Ummauerung erhalte n. Burgruine bei dem gleichnam igen Ort im Kre is Kaise rslautern . Neben einem um 1100 erbaute n Wartturm errichteten die Grafen von Leiningen im 13. Jahrhundert e ine Burg. Zu de n bemerkenswerten Tei len der Burgruine zählen der Saalbau mit gekuppelten Spitzbogen- fe nste rn und der Erker der Burgkapelle. Die im 12. J ahrhundert von de n Grafen von Saarbrücken erbaute Burg Gräfenstein bei Merzalben (Pirmasens) kam im 13. Jahrhundert an die Grafe n von Leiningen. Die Kernanlage besteht aus dem sieben- eckigen Bergfried und der Mante lmaue r im Süd tei l und aus den Resten des Palas im Nordteil. Die Kästenburg, wie die Burganlage ursprünglich hieß, wurde um 1100 durch Graf Johann von Kraichgau dem Hochstift Speyer ge- schenkt. Bis gegen 1700 war die Burg bevorzugter Aufenthaltsort der Bischöfe zu Speyer. 1832 war die Burgruine Scha uplatz des " Hambacher Festes". Te ile des Wohnbaues auf der Ostse ite (ver- mutlich der Palas) bestehe n aus Buckelquadern und sind wohl der Mitte des 13. J ahrhunderts zuzuordnen. 15 Hardenburg Hohenecken Landeck Lindelbrunn Madenburg Die Hardenburg be i Bad Dürkhe im, eine de r gewaltigsten deut- schen Burganlagen, wurde nach 1200 durch Graf Friedrich 11. von Saarbrücken-Leiningen erbaut , in späteren Jahrhunderten erweitert und als Festung ausgebaut. Teile des Wo hnbaues weisen Bauelemente des 13. Jahrhunderts auf. Die Burgruine Hohenecken bei Kaiserslautern hat ein- drucksvoll den Wehrbaucharakter de r Stauferze it bewahrt. Die Burg wurde kurz nach 1200 durch Siegfried von Hohenecken ausgeba ut. Die Herren von Hohenecken waren Reichsministeria len. Zu ihnen zählt Siegfried 11. von Hohenecken , der Reichsschultheiß in Hagenau und Lautem war. Besonderheiten der Burganlage sind die mächtige Schildmauer und der fünfeckige Bergfried. Vermutlich gegen Ende des 12. Jahrhunderts bei Klingenmünster (Bergzabem ) errichtete Burg, we lche die Funktion einer Reichsburg hatte. In der Kernanlage, besonders im Bergfried und in der Mantel- mauer, sind charakteristische Formen des Burgenbaues der Staufer- zeit erhalten. Die noch im 12. J ahrhundert gegründete Rei~hsburg Lindelbrunn (Lindelbol) bei Oberschlettenbach (Bergza bern) war Sitz der Herren von Lindelbol, e iner 1274 ausgestorbenen Reichsministeria len- familie. Erhaltene Bauteile stammen aus dem 13. Jahrhundert. Die Madenburg bei Eschbach (La ndau) war eine Reichsburg. Der deutsche Name der Burg (s ie hieß ursprünglich Parthenopolis) ist für das Jahr 1176 ges iChert . Um 1165 gelangte die Burg in staufischen Besitz. Im 13. J ahrhundert waren die Grafen von Leiningen Lehen- inhaber der Burg, die in späteren Jahrhunde rten stark ausgebaut wu rde. Bucke lquadermauerwerk aus der Zeit um 1200. Erhaltene Teile gehen meist in das 16. Jahrhundert zurück . Meistersei Die im 11 . J ahrhundert gegründete Burg Meistersei im Modenbachtal gehörte zunächst dem Bischof von Speyer und kam noch im 12. Jahr- hundert in Reichsbesitz. Reichsministerialen sind auf dieser Burg von 11 86 bis 1277 bezeugt. Erhalten blieben bedeutende Reste der Vor- und der Hauptburg. Neuscharfeneck Die bei Ramberg (landau) gelegene Burgruine ist mit dem Ge- schlecht der Scharfenberger verbunden. Der bedeutendste Ver- trete r dieser Reichsministerialenfamilie war Konrad von Scharfen- be rg, unübertroffener Politiker, Diplomat und Staatsmann unte r Friedrich I. Barbarossa und Orto IV . Um 1232 wurde Neuscharfe n- eck gebaut. 16 Spangen berg Trifels Wachtenburg Wegeinburg Wilenstein Die im ausgehenden 11 . Jahrhundert erbaute Burg Spangenberg im Elmsteiner Tal war im Besitz des Hochstifts Speyer. Noch erhal- tene Baute ile (Wohnbau, Schildmauer) ergeben einen Baubefund aus dem 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts. Der Trifels be i Annweiler (Bergzabern) war die wichtigste Re ichs- burg der Staufer. Friedrich I. Barbarossa ließ umfassende Repara- turen vornehmen. Der Neubau des Palas und des MarmorsaaJes beweisen Friedrichs Vorliebe für diese Burg, die öfters als Aufent- haltsort deutscher Könige diente. Besonders eindrucksvoll scheint der Hoftag Heinrichs VI. im Mai 1194 gewesen zu se in , an dem zahl- reiche Reichsministerialen teilnahmen . De r Trifels war Staatsgefängnis; 1193/94 wurde hier der englische König Richard Löwenherz gefangengeha lte n. 1194 ließ Heinrich VI . den Kron- und Staatsschatz nach dem Trifels verbringen. Ober 150 Jahre lang barg der Trifels die Reichskle inodien und Reliquien . Hüter dieser Kostbarkeiten waren die Reichsministe rialen, an deren Spitze der Burggraf stand. Der bedeutendste unter a llen Reichs- ministerialen war Markward von Annweiler, de r in Annweiler seinen Sitz hatte und mit dem Trifels eng verbunden war. Die vermut lich im 12. J ahrhundert erbaute un.d 1257 erstmals ur- kundlich erwähnte Wachten burg bei Wachenheim (NeustadtlWein- straße) gelangte im 13. Jahrhundert an die Pfa lzgrafen bei Rhein. Von der Burg blieben Teile der Schi ldmauer und der romanische Bergfried erhalten . Höchstgelegene Burgruine der Pfalz bei Nothweiler (Pirmasens). Reichsburg, Ende des 12. Jahrhunderts erbaut, Sitz einer von 1247 bis 1312 nachweisbaren Ministerialenfamilie. Beachtenswert sind die noch erhaltenen Felsenbehausungen. Die bei Trippstadt (Kaisers lautern) gelegene Burg Wilenste in wurde um 1150 erbaut, war in den Händen verschiedener Adelsgeschlechter, se it der Mitte des 14. Jahrhunderts gemeinsamer Besitz der Grafen von Falkenstein und der Herren von Flörsheim . Von der Burganlage sind Reste von Schildmauer, Palas und Bergfried zu sehe n. 17 Ravensburg Steinsberg Turm berg Mühlburg Annweiler 18 Uf-, Pfinz- und Kraichgau Durch Raven von Wimpfen zwischen 1210 und 1220 erbaute und 123 1 urkundlich erstmals erwähnte Burg bei Sulzfeld im Kraichgau. Die Burg mit ihrem über 30 Meter hohen Bergfried und dem Palas im Renaissancesti l diente bis ins 19. Jahrhundert hinein den Gölern von Ravensburg als Wohnsitz. Als Inhaber der Burg Steinsberg bei Weiler (S insheim) treten seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts die Edelherren von Steinsberg auf. Der Spruchdichter Spervogel rühmt in der zweiten Hälfte des 12. J ahrhunderts " Wernhart, der fif Steinesberc saz". Noch vor 1200 gelangte die Burg an die Grafen von Öttingen, im 13. Jahrhundert an die Pfalzgrafen bei Rhein. Oie Burg, die nach ihrer Lage auf einem Bergkegel als " Kompaß im Kraichgau" bezeichnet wurde, besteht aus einem achteckigen Berg- fried , der von einer ovalförmigen gebrochenen Mantelmauer mit Burgtor aus romanischer Zeit umschlossen ist. Zwinger und Tor aus gotischer Zeit schließen sich an. Der Bergfried besteht aus einem kellerartig gewölbten Raum und vier Stockwerken darüber. Oie steinernen Decken sind aus Steinklötzen gebildet, die freitragend ineinander sitzen. Die Decke konnte von oben geöffnet und wieder geschlossen werden. Enna auf Sizilien hatte die gleiche Decke. Die Steinmetzzeichen am Bergfried stimmen mit denen des Wäscher- schlößchens in der Nähe des Hohenstaufen und anderer Burgen überein. Gab es in staufischer Zeit eine Burgenbauhütte? bei Karlsruhe-Durlach siehe allgemeiner Teil bei Karlsruhe-Mühlburg Städte Friedrich 11 . erhob 1219 das Dorf Annweiler zur Reichsstadt mit Zoll- freiheit, Asyl- und Münzrecht. Die Stadt stand in engster Verbindung mit dem Trifels. Die Einkünfte aus der Münzstätte zu Annweiler wurden für die bauliche Unterhaltung des Trifels verwendet. 1330 wurde die Stadt an die Kurpfalz verpfändet. Durlach Eberbach Die Staufer gelangten nach 1187 in den Besitz der Burg Grötzingen (auf dem heutigen Turmberg bei Durlach) und gründeten von hier aus die Stadt Durlach. Diese Gründung erfolgte 1191192 durch Hein- rich VI. 1196 weilte dieser Kaiser in Durlach und stellte am 15. Mai eine (nicht mehr erhaltene) Urkunde an Papst Cölestin Ill. aus. In der "Ursperger Chronik" wird Durlach zum Jahre 1196 erstmals als" Stadt erwähnt. 1219 gelangte Durlach durch Tausch in den Besitz der Markgrafen von Baden. Im 11. Jahrhundert kamen die Herrschaftsrechte um Eberbach an den Bischof zu Worms, der dort eine Burg baute. Diese Burg wurde bis zur späten Stauferzeit um zwei weitere Burgen vergrößert. 1227 mußte der Bischof diese Burg an König Heinrich (VI!.) als Lehen geben. Zwischen 1227 und 1231 wurde die Stadt Eberbach durch Heinrich (VI!.) gegründet. Später war Eberbach Reichsstadt mit dem Stadtrecht von Wimpfen. Eppingen Die 985 erstmals erwähnte Siedlung erscheint 1057 als reichsunmit- telbares Dorf. 1188 wird Eppingen als staufischer burgus (Neumarkt) und 1219 als civitas (Stadt) bezeichnet. Die Lage an der Reichs- straße vom Elsaß nach Franken begünstigte die Stadterhebung" 1219 verpfändete Friedrich 11. Eppingen an ~ie Markgrafen von Baden. Ettlingen Ettlingen, bereits 788 als Siedlung erwähnt, erhielt um 965 das Markt- recht. Um 1191/92, wohl im Zusammenhang mit der Gründung von Durlach, legte Heinrich VI. bei dieser Siedlung, die schon lange Marktort des Klosters Weissenburg war, eine Stadt an, die in erster Linie die Verbindungsstraße zwischen Schwaben und dem Elsaß sichern mußte. Die Schenken von Schüpf, angesehene staufische Ministerialen, waren in Ettlingen mit dem Schultheißenamt und dem halben Marktzoll belehnt. 1219 kam Ettlingen durch Tausch an die Markgrafen von Baden. Hagenau (Elsaß) Die vor 1125 durch Herzog Friedrich 11. von Staufen (1105-1147) zum Schutz des Reichsgutes am Heiligen Forst angelegte Stadt Ha- genau ist die erste staufische Stadtgründung. Das Stadtrecht wurde zwischen 1115 und 1125 verliehen, 1164 durch Kaiser Friedrich I. bestätigt und erweitert. Von ca. 1160 bis 1250 war Hagenau bevor- zugte Residenz der Staufer (Kaiserpfalz). Heidelberg Pfalzgraf Konrad von Staufen gründe"te vermutlich zwischen 1170 und 1180 die unterhalb der Burg gelegene Stadt. Der regelmäßige Grundriß läßt die geplante Stadtanlage erkennen. Heidelberg ist 1196 erstmals urkundlich bezeugt. 19 Heidelsheim Kaiserslautern Mosbach Neckargemünd Neustadt a.d. Weinstraße Pforzheim Setz (Elsaß) 20 Heidelsheim, 770 bis 855 in Lorscher Urkunden bezeugt, kam 1125 an die Staufer, die unterhalb der älteren Siedlung den Bau der Stadt begannen. Die Stadt dürfte noch im 12. Jahrhundert, jedenfalls vor 1235 gegründet worden sein. 1311 wurde Heidelsheim an die Mark- grafen von Baden verpfändet. Friedrich 1. ließ nach 1152 eine stattliche Pfa lz ("Barbarossaburg") errichten. Nach Ostern 1158 versammelte er sich dort mit seiner Fa- milie und den Großen des Reiches vor seinem Zug nach Italien. Von der Kaiserpfalz sind nur Reste der Kapellenummauerung erhalten. Die Kaiserpfalz war auch Ausgangspunkt der Reichsministerialen " de Lutra" (von Lautern). Heinrich von Lautern war von 1184-1201 kaiserlicher Marschall und Kämmerer, Eberhard von Lautern wirkte von 1209-1213 als Kaiserlicher Statthalter in Tuscien. Die Vogtei (Schutzherrschaft) über das um 740 auf fränkischem Königsgut gegründete Kloster Mosbach besaßen seit dem Ende des 12. Jahrhunderts die Staufer. Die Gründung der Stadt ist um 1227 anzusetzen. Bis 1329 war Mosbach Reichsstadt. Unterhalb der Reichsburg Reichenstein entstand aus einer kleinen Siedlung um 1240 die Stauferstadt Neckargemünd an den mittel- alterlichen Fernverkehrsstraßen Worms-Würzburg und Worms- Nürnberg. Neben dem alten Dorf Winzingen bildete sich seit der Mitte des 12. Jahrhunderts die "Nuwenstat" als Mittelpunkt der pfalzgräflichen Besitzungen an der Weinstraße. Stadtgründer war vermutlich Pfalz- graf Konrad von Staufen (1156-1195). 1275 erhielt Neustadt das Stadtrecht durch Rudolf von Habsburg. Die Gründung der Pforzheimer Neustadt geht vermutlich auf Pfalz- graf Konrad von Staufen zurück. In einer um 1195 ausgestellten Urkunde wird Pforzheim als Stadt (civitas) erwähnt. Der Ausbau der Stadt wurde nach 1219 durch die Markgrafen von Baden fortgesetzt. Das Koster Selz wurde 987 durch Kaiserin Adelheid gegründet . 1139 stellte Konrad III. der reichsunmittelbaren Abtei, der 993 durch Otto III . Markt- und Münzrecht gewährt worden war, und der seit dem 7. Jahrhundert bestehenden Siedlung ein Privileg über Markt- und Münzrecht sowie Zollfreiheit aus. Die Bewohner von Selz hatten dieselbe Rechtsstellung wie die Einwohner von Speyer. Es erfolgte keine förmliche Stadterhebung. 1286 erhielt Selz das Stadtrecht (Hagenauer Recht). Sinsheim Speyer Älteste fränkische Niederlassung im Kraichgau. In Anlehnung an das 774 erstmals genannte Dorf Sinsheim und an die im 10. Jahrhundert erbaute Burg, Sitz der Grafen des E lsenzgaues, verlieh Heinrich rv. 1067 dem Grafen Zeisolf Markt- und Münzrecht. Seit 1108 'im Reichsbesitz, wurde Sinsheim 1192 durch Heinrich VI. zur Stadt er- hoben. 1219 gelangte die Stadt durch Verpfändung an die Markgrafen von Baden. In der bewegten Geschichte der Bischofsstadt Speyer nimmt das Zeit- alter der Staufer einen wichtigen Platz ein. Der Kaiserdom aus roma- nischer Zeit war oft Schauplatz bedeutender Ereignisse. An Weih- nachten 1146 trafen Konrad [H. und Bemhard von Clairvaux im Dom zusammen. Heinrich VI. verlieh der Stadt um 1193/ 94 weit- gehende Selbstverwaltung. Von Hagenau abgesehen, weilte Fried- rich 11. in keiner Stadt so oft wie in Speyer. 1237 wurde Konrad IV. in Speyer als deutscher König bestätigt. Tönernes Aquamanile, Bodenfund in der Stadt Speyer, Ende 13 . Jh . 21 Waibstadt Weissenburg (Elsaß) Warms Bronnbach (bei Wertheim) Eusserthal Frauenalb 22 Das 795 erstmals bezeugte Dorf Waibstadt wurde wohl um 1200 zur Reichsstadt erhoben. 1241/42 wird die Stadt im Reichssteuerver- zeichnis (a ls abgebrannt) genannt. Schon vor 1339 war Waibstadt als Reichspfand im Besitz der Bischöfe von Speyer. Neben der im 7. Jahrhundert gegründeten Abtei, die seit dem 10. Jahrhundert Markt- und Münzrecht besaß und als deren Vögte (Schutzherren) die Staufer seit dem frühen 12. Jahrhundert erschei- nen, entstand die 1179 erstmals als oppidum genannte Stadt Weissen- burg. Diese Stadtgründung war vor allem als Verwaltungsmittelpunkt für die staufischen Besitzungen im Nordgau gedacht. Unter den Staufe rn erlebte die Stadt Warms ihre höchste Blüte und wurde Mittelpunkt der kaiserlichen Macht. 1184 schenkte Friedrich I. der Stadt die große Fremeitsurkunde; darin wurden die von Hein- rich IV. und Heinrich V. der Stadt verliehenen Rechte erneut be- stä tigt. Zur Ze it der Staufer erreichte die Stadt ihre größte Ausdeh- nung. 1220 stellte Friedrich 11. der Stadt neue Rechte aus. 1235 feierte er in Worms seine prunkvolle Hochzeit mit Isabella von Eng- land. Klöster Das ehemalige Zisterzienserkloster wurde um 1151 gestiftet. Die zwischen 1180 und 1200 erbaute Kirche gilt als einer der wertvollsten Ordensbauten in Süddeutschland. Das Innere wurde später im Barockstil ausgestaltet. Der letzten romanischen Bauperiode entstammt der Schmuck der Ostapsis mit dem reichen Rundbogenfries unter dem Hauptgesims. 1148 wurde durch Stephan von Mörlheim das Zisterzienserkloster gegründet. Friedrich L Barbarossa bestätigte 1186 den Klosterbesitz und nahm das Kloster unter seinen besonderen Schutz. Eusserthaler Mönche wirkten auf dem Trifels als Burgkaplane und Hüter der Reichsreliquien. 1233 schenkte Heinrich (VII.) den Mön- chen die Kirche zu Annweiler mit allen Einkünften und Rechten. Die alte Klosterki rche gilt als "wertvo llste Kirchenbauschöpfung des 13. Jahrhunderts in der Pfalz". Eberhard IH. von Eberstein stiftete um 1180 das Benediktine rinnen- kloster Frauenalb, dessen Besitz und Freiheiten durch Papst Cöle- stin IH. 1193 bestätigt wurden. Das Kloster, das in zahlreichen Orten begütert war, brannte 1403 ab. Die noch stehenden Umfassungs- mauern gehen auf einen Bau von Peter Thumb (ab 1727) zurück. Gottesaue Herrenalb Lichtental (Baden-Baden) Lobenfeld Maulbronn Nach Fragmenten der Gottesauer Annalen gründete Graf Berthold von Hohenberg, der seinen Wohnsitz auf dem heutigen Turmberg bei Durlach hatte, 1094 das Kloster Gottesaue. 1103 wurde die Klosterkirche eingeweiht. In der am 16. August 1110 ausgestellten Urkunde bestätigte Kaiser Heinrich V. die Stiftung des Grafen Bert- hold, die Rechtsstellung und den Güterbesitz des Klosters. Die Grafen von Hohenberg besaßen die SChirmvogtei über das Kloster Gottesaue, die an die Grafen von Grötzingen überging, Ende des 12. Jahr- hunderts an die Staufer gelangte und 1219 an die Markgrafen von Baden kam. An der Stelle des im 16. Jahrhundert aufgehobenen Klosters erbauten die Markgrafen von Baden-Durlach ein Lust- und Jagdschloß. 1149 stiftete Graf Berthold In. von Eberstein das Zisterzienser- kloster Herrenalb, das (bis 1497) reichsunmittelbare Abtei war. Durch zahlreiche Schenkungen schuf sich das Kloster ein geschlos- senes Territorium. Die Vogtei (Schutzherrschaft) über die Abtei ging von den Grafen von Eberste in im 13. Jahrhundert auf die Markgrafen von Baden über. yon der Kirche blieben nur Teile des romanischen Paradieses (Vor- halle) sowie der (1428 erbaute) Chor erhalten. lrmingard, Witwe des Markgrafen Hermann V. von Baden, gründete 1243 die Zisterzienserinnenabtei Lichtental ("Lucida VaIlis" ). Die Kirche, die 1252-1256 fertiggestellt wurde, ist eine wohlräumige, einschiffige Anlage. Vom Gründungsbau sind Stücke der östlichen Seitenmauern erhalten. Bis 1372 war in der Abteikirche (Fürsten- kapelle) die Grablege der Markgrafen von Baden. Kloster FrankenthaI richtete in Lobenfeld eine Propstei von Augusti- nerchorherren ein, die um 1180/90 Chor und Querschiff der Kloster- kirche in noch erhaltenen romanischen Formen errichteten. Zwischen 1223 und 1259 wurde das Kloster in einen Augustinerinnenkonvent umgewandelt. 1556 aufgehoben. Ein fein ornamentierter Bogenfries umzieht den ganzen Bau. Die Chorfenster sind kräftig profiliert und mit einem doppelten Zick- zackst reifen verziert. Im Chor sind Reste romanischer Wandmale- reien zu sehen. Das 1138 von Walter von Lomersheim gestiftete und 1147 nach Maulbronn verlegte Zisterzienserkloster erhielt 1156 durch Friedrich I. Barbarossa ein SChutzprivileg. Durch zahlreiche Schenkungen ver- mehrte sich der klösterliche Güterbesitz rasch. Zuletzt war die Abtei in mehr als 100 Orten begütert. 1530 wurde das Kloster aufgehoben. 23 Odenheim (bei Bruchsal) Schwarzach Selz (Elsaß) 24 Die Anlage des Klosters blieb vollständig erhalten und bildet in dieser Vollständigkeit und Einzigartigkeit das Muster einer mittelalterlichen Zisterzienserabtei. Bauteile aus aUen Stilperioden von der Romanik bis zur späten Gotik zeigen eindrucksvoll die künstlerische Bauent- wicklung im Mittelalter. Die Gesamtanlage ist vom asketischen Geist des Zisterzienserordens bestimmt. Anfang des 12. Jahrhunderts st iftete Erzbischof Bruno von Trier auf seinem Erbgut das Kloster Wigoldesberg (später reichsunmittelbare Benediktinerabtei, heute: Stifterhof) bei Odenheim. 1161 bestätigte Friedrich 1. Barbarossa den Güterbesitz des Klosters. 1494 wurde die Abtei in ein Kollegiatstift umgewandelt. Die im Anfang des 19. Jahrhunderts noch wohlerhaltene romanische Klosteranlage wurde bis auf zwei Türme und den Stifterspeicher abgetragen. Gründungs- und FrühgeSChichte der Benediktinerabtei sind aus Mangel an Quellen völlig unklar. Ende des 12. Jahrhunderts wurde das Kloster von Hirsauer Mönchen reformiert. Große Schäden erlitt die Abtei durch die Brände von 1220 und 1299. -Die Klosterkirche, heute Pfarrkirche, entstand nach dem Brand von 1220 und wurde im 18. Jahrhundert in barockem Stil umgebaut. Es handelt sich um eine dreischiffige Basilika in Kreuzform. Von dem aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammenden Kreuzgang blieben Kapi- telle erhalten, ebenso ein romanischer Taufbrunnen. Die Pfarrkirche wurde in den 1960er Jahren unter Berücksichtigung mittelalterlicher Bauformen restauriert. Kaiserin Adelheid gründete zwischen 987 und 992 die Benediktiner- abte i Selz. Bereits 993 erhielt das Kloster durch Kaiser Otto 111. Markt- , Münz- und Zollrecht, erlangte zahlreiche Ausstattungs- güter und wurde reichsunmittelbare Abtei. 1139 erneuerte und erweiterte König Konrad III. in Selz die Grün- dungsprivilegien der Abtei. In di~~ser Urkunde werden die Mark- grafen von Baden als Inhaber der Klostervogtei genannt. Konrad IH . weilte öfters in Selz. Friedrich l. Barbarossa ist urkundlich viermal zwischen 1162 und 1189 in Selz nachweisbar, stellte aber der Abtei keine Urkunde aus. Diese Aufenthalte in Selz entsprechen der wachsenden Bedeutung des Hagenauer Raumes besonders unter Friedrich I. Barbarossa. Die ursprüngliche Klosteranlage wurde 1307 durch die Fluten des Rheins zerstört. Weissenburg (Elsaß) Ettlingen Pforzheim Krautheim Das Kloster Weissenburg wurde 623 durch König Dagobert I. ge- stiftet, erlangte im 9. Jahrhundert den Rang einer Reichsabtei und erhie lt im 10. Jahrhundert Markt- und Münzrecht. Seit 1102 hatten die Staufer die Vogtei (Schutzherrschaft) über die Abtei inne. Durch zahlreiche Schenkungen wurde die Abtei sehr begütert. Die ge- schlossenste Besitzgruppe befand sich im rechtsrheinischen Gebiet mit dem Mittelpunkt Ettlingen. Auch in Grötzingen hatte die Reichs- abtei umfangreichen Güterbesitz. Die heutige Kirche St. Peter und Paul wurde unter Abt Edelin (1262- 1293) als kreuzförmige Pfeilerbasilika begonnen und im 14. Jahrhundert vollendet. Aus dem 13 .114. Jahrhundert sind Bau- plastik (Kapitelle, Konsolfiguren), Glas- und Wandmalereien beson- ders erwähnenswert. Von der S1. Martinskirche des 12. Jahrhunderts blieben der mächtige quadratische Chorturm und Mauerteile der Sakristei erhalten. Der alte Turmchor wurde im 13. Jahrhundert durch Wulstrippen auf Ecksäulen mit Knospenkapitellen bereichert. Im Schlußstein befindet sich die Rose der Grafen von Eberstein. Tympanon (Bogenfeld) über dem Westportal in der Turmhalle der Altenstädter Martinskirche, Mitte 12. Jahrhundert. Februar 1945 durch F1iegerangriff beschädigt, 1955 restauriert. F1aches Relief, eingerahmt von 14 Feldern mit gekreuzten Stäben am Sturz und von Wellenranken im Randstreifen. In der Mitte des Bogenfeldes das Brustbild eines nackten Mannes mit Schnurrbart, darüber Flechtmuster, links ein Löwe mit einem Vogel vor sich, rechts ein Hahn (Basilisk) mit einem Kreuz vor sich, darunter ein angeketteter Löwe. Das Bogenfeld symbolisiert die Bedrohung des Menschen durch die Nachstellungen des Bösen und seine Befreiung durch die Kirche. Die BurgkapeUe entstand zwischen 1230 und 1240. Ein Rippen- gewölbe deckt den fünfeckigen Chor. Die Rippen gehen von schlan- ken, mit schönen Kapitellen gezierten Säulen aus. Der Hauptraum, durch einen Triumphbogen vom Chor geschieden, besitzt eine auf zwei Gewölbejochen ruhende Herrschaftsloge. Das Schiff wird von einem Kreuzrippengewölbe mit hervorragenden Kapitellbildungen geschlossen . Einzelbauformen weisen auf Einflüsse von Maulbronn, Gelnhausen und Nordfrankreich. 25 Grünsfeldhausen (Tauber- bischofsheim) Oberwittighausen (Tauber- bischofsheim) 26 Die Achatiuskapelle ist ein romanischer aChteckiger Zentralbau mit Flachdecke innerhalb eines ummauerten Friedhofs. Die Kapelle stammt in ihrer jetzigen Gestalt aus dem Ende des 12. Jahrhunderts und geht vermutlich aufe ine Stiftung der Herren von Zimmem-Lauda zurück. Die Sigismundkapelle ist ein niedriger, flachgedeckter Achteckbau (Oktogon) mit gewölbtem Chor. Sie ist wahrscheinlich um 1200 über älteren Fundamenten entstanden. Der Portalschmuck ist nicht mehr ursprünglich; er wurde bei späteren Umbauten willkürlich zusammen- gesetzt. HANDSCHRIFTEN (BAD. LANDESBIBLIOTHEK KARLSRUHE) 1. (25) Liber Glossarum. Einzelblatt aus der Mitte des lateinischen Lexikons, schwä- bisch, Hirsauer Schulkreis, Mitte 12. Jh. Auf BI. 1 eine große figürliche Initiale L. Illustriert wird das im Text erklärte Wort " Le- bes" = Kessel, dessen Verwendung zum Kochen gezeigt wird. 2. (26) Fredegarius, Gesta regum Franeorum und "Gesta Theodorici". Doppelblatt, schwäbisch, Gengenbach (?), nach der Mitte des 12. Jhs. Blatt 2 (Rückseite) des Fragments schmückt eine schöne Initiale mit dem Bildnis Theo- derichs des Großen. Figurenstil, Ornamentik und Duktus der Schrift lassen auf eine Ar- beit aus dem Benediktinerkloster Gengenbach schli eßen. 3. (27) Antiphonarium Benedictinum totius anni, seeschwäbisch, aus Petershausen bei Konstanz (?), 3. Viertel 12. Jh. Aus den Beständen der Reichenau , wichtige Handschrift für die Geschichte der Musik im deutschen Südwesten. Spätstufe des zeichnerischen Stils in den Klöstern Hirsauer Obser- vanz. 20 große, fi gürliche Initialen, 38 OrnamentinitiaJen. Auf BI. 2 allegorische Tierfigu- ren. 4. (28) Evangelistar, elsässisch, etwa um 1200. Sei t 1779 im Benediktinerkloster St. Peter im Schwarzwald. Prachtevangelistar. Da es nicht zum -täglichen Gebrauch bestimmt war, enthält es nur die Lesestücke fü r die zwölf hohen Feste des Kirchenjahres. Jedem Fest ist ein Vollbild mit Szenen aus dem Leben Christi, des Marien lebens und der Darstellung des Martertodes der Heiligen Petrus und Paulus beigegeben. Entstanden in der Abtei Weissenburg im Elsaß. 5. (29) Evangelista r. Um 1197 im Auftrag des Kustos Konrad von Tanne für Neuhau- sen be~ Worms geschaffen und später dem Speyerer Dom geschenkt. Faksimile. Bis 1792 im Speyerer Dom, 1803 nach Karlsruhe gekommen. 17 VoJIbilderund 72 bedeu- tende, teils figürliche, teils ornamentale Initialen. Eine der großen Leistungen romani- scher Buchmalerei in Deutschland. Dieses Werk wird in unserer Ausstellung im Faksimile gezeigt, das Original ist während der Dauer unserer Ausstellung in der Badischen Landesbibliothek ausgestellt. 6. (30) Psalterium feriatum. Prachtpsalter eines oberrheinischen Benediktinerklosters, nachträgliCh für ein Dominikanerkloster eingerichtet, vor 1221. Seit 17'80 in St. Peter. Festkalender des Oberrheingebiets mit Tierkreismedaillons vor Goldgrund. Sechs ganzsei tige Min iaturen aus dem Leben Christi vor Goldgrund. Viele große und kleine InitiaJen. 7. (31) Psalterium feriatum monialium, oberrheinisch-breisgauisch, gegen 1235. Seit .1754 in St. Peter. 9 große, figürliche Prach tinitialen. BI. 53 (Vorderseite) mit ganzsei- tiger Darstellung des drachen tötenden Erzengels Michael. 27 8. (32) Psalterium feriatum Dominicanurn, E lsaß, 1. Hälfte 13. Jh . Seit 1781 in SI. Peter. 10 teils figürliche, teils ornamentale Initialen auf Goldgrund. Auf BI. 34 (Vorderseite) ganzseitige Darstellung des Erzengels Michael im Kampf mit dem Drachen, dessen Schweif zugleich die Cauda des Buchstabens Q bildet. 9. (33) Psalterium feriatum in usurn rnonialium translatum, aus einem Benediktinerklo- ster, Elsaß (?), nach 1235. BI. 2 (Vorderseite ff) Kalender unter Doppelarkaden mit Tierkreiszeichen und 6 Vollbi1M dern aus dem Leben Christi. Zehn reiche, figürliche Initialen im Psaltertext. Am Anfang und am Schluß philologisch wie kulturhistorisch interessante Segenssprüche und ZauberM formeln, deutsch und lateinisch. 10. (34) Psalterium feriatum eines Benediktinerklosters, Oberrhein oder Elsaß. 1260/1270. Zehn Prachtinitialen auf Goldgrund, teils figürlich, teils ornamental. 11. (35) Psalterium leriatum eines Benediktinerinnenklosters, wohl Elsaß, 1270/ 1280. Aus dem Bestand des Klosters Lichtental. Heiligenfeste der Diözese Straßburg. 8 VoUbilM der aus dem Leben Christi. 12. (36) Psalterium, Fragment. Aus einem mittelfränkischen Klarissinnenkloster, um 1230. Auf BI. 14 (Vorderseite) ganzseitige Miniatur des BethlehemitiSChen Kindermordes aus einem Zyklus des Lebens Christi, ferner die Kalenderblätter Januar. Februar, November, Dezember, sowie die Miniaturen eines sogenannten HornplaUeneinbandes (sehr selten). 13. (37) Missale. Fränkisches Dominikanerkloster zwischen 1254 und 1266. Seit 178 1 in S1. Peter. Auf BI. 150 (Vorderseite) Kanonbild (Kreuzigung Christi), das zu "den edelsten Schöpfungen der deutschen Malerei des ausgehenden 13. Jahrhunderts geM hört" (Swarzenski). 14. (38) Graduale Cisterciense. Winterteil, ooerrheinisch-elsässisch, Tennenbach (?), gegen 1250. Vier große figürliche Initialen vor Goldgrund. Viele lnitialen mit abstraktem PaJmettenfiM Iigran. Sie si,nd frühe Vertreter einer typisch zisterziensischen oberrheinischMostfranzösiM sehen Initialornamentik. 15. (39) Graduale Cisterciense, Oberrhein, evtl. Elsaß, 1246 (?) 16. (Reichenau perg. 42) Lectionarium Breviarii. Beginn 13. Jh. 17. (Reichen au perg. 214) 28 Historia Josephi filii Jakob, metrice conscripta (in Distichen), Südwestdeutsch- land, I. Drittel 13. Jh. Das Titelblatt mit figürlichem Zierrahmen zeigt die Gegenüberstellungen von GottM Abraham und GottMSünder, der zur Hölle fährt, auf der unteren Querleiste des Rahmens die Heiligen Hilarius, Antonius Eremit, Stephanus und König David. Himmelfahrt Christi. Evangelistar aus SI. Peter im Schwarzwald. Hs. St. Peter perg. 7, BI . 6, um 1200. 29 18. (Bruchsal 13) 1. Hälfte 13. Jh., oberrheinisch (?) 19. (GünterstaI8) 1. Viertel 13. Jh., oberrheinisch, ev. GÜnterstal. Psalterium el Cantica. vermutlich zisterziensische r Herkunft. Blaue und ro te Initialen mit Filigranornamentik, 5 große Zierinitialen. 20 . (St. Peter perg. 13) Psalter eines Benediktinerklosters, 1220-1230, Elsaß. Seit 1780 in St. Peter. 2 Vollbilder (Verkündigung Mariä und Geburt Christi). 3 figürliche und 8 große ornamentale Initialen. Trotz Zerstörungen läßt der Psalter noch die 'hohe künstlerische Qualität erkennen. 21. (Wonnental 3) Chorbuch (Psalterium mit Cantica), 1. Hälfte 13. Jh ., oberrheinisch. Vermutlich aus dem Augustinerinnenkloster von Wonnental (-1245, dann Zisterziense- rinnen). Zehnteiliger Psalter mit 9 großen auf Gold und Silber aufgelegten Initialen . Sehr eng gestellte: steile gotische Minuskel. 22. (Ettenheimmünster 6) Literatur: Meßliturgie der Ostkirche, Süd italien, 1. Hälfte 13. Jh., aus dem ehern. Bene- diktinerkloster Ettenheimmünster. Durchgehend zweispaltig mit griechischem Text und der entsprechenden la teinischen übersetzung. Inhalt : Liturgische Texte der Ostkirche, die durch die lateinische überset- zung der westlichen Welt zugänglich gemacht werden. Besonders bede utend ist die über- setzung der Meßliturgie des hl. Chrysostomus durch Leo TU8CUS (BI. 8-40), außerdem die übersetzung der Meßliturgie des hl. Basilius durch Nikolaus von Otranto. Abt von Caso le (BI. 40- 59). Beide übersetzer waren berühmt durch ihre Sprach- und Literaturkenntnis- se, aber auch durch ihre politische Tätigkeit im Dienst hochgestellter Persönlichkeiten in der 2. Hä lfte des 12. und im beginnenden 13. Jahrhundert. - Die Handschrift gehört zu den wichtigsten Zeugnissen für den regen kulturellen Austausch zwischen Ost und West, der '- durch die Kreuzzüge und die politischen Aktivitä te n der Staufer gefördert - vor al· le rn in Süditalien und Sizilie n besond ers rege war. Nr. 1- 14 : Ellen J . Beer, Initial und Miniatur. Buchmalerei aus neun Jahrhunderten in Handschriften der Badischen Landesbibliothek. Basel 1965. (Die in Klammer gesetzten Nummern entsprechen der Numerierung in diesem Werk .) Nr. 15-20: maschin enschrift]. Ordner der Bad. Landesbibliothek. Die Nummern 15 und 16 sind er- faßt in : Die Handschriften der Landesbibliothek Karlsruh e, Bd V, Die Reichenaue r Handschriften, I. Bd, Die Pergamenlhandschriften (S. 162ff, S. 489ft), Ne udruck Wiesbaden 1970. Nr. 22: Die Annota tion schrieb Gerhard Stamm für dieses Ausstellungsverzeichnis . 30 HI. Michael , gegen 1235 - SI. Peler perg. 6a, Psalterium, oberrheinisch-breisgauisch. 31 Außerdem zeigen wir 12 Faksimiletafeln des HORTUS deliciarum (ebenfalls aus dem Be- sitz der Badischen Landesbibliothek). Der " Wonnen Garten" der Herrad von Landsberg, der gelehrten Äbtissin des Klosters Hohenburg auf dem Odilienberg (1167-1195), ist eine der schönsten und berühmtesten elsässischen Bilderhandschriften. "Als umfassende En- zyklopädie geistlichen und weltlichen Wissens des 12. Jahrhunderts für die Unterweisung vornehmer Klosterfrauen und Schülerinnen bestimmt, war der Hortus deliciarum ebenso einzigartig wie durch die überaus zahlreichen, künstlerisch hochrangigen Miniaturen, die den Text pädagogisch wirkungsvoll illustrierten. Man muß annehmen, daß die Malereien aus der unmittelbaren Begegnung mit byzantinischer Kunst entstanden sind. Vermittler dieser Begegnung dürften Barbarossa und Heinrich VI. gewesen sein. Hohenburg war staufisches Hauskloster .... Der Hortus deliciarum hat stil bildenden Einfluß im Ober- rheingebiet und darüber hinaus ausgeübt. Davon zeugen nicht zuletzt Handschriften der Badischen Landesbibliothek: Das Speyerer Evangelistar und das Evangelistar von St. Pe- ter." (Gerhard Stamm). - Der Hortus deliciarum verbrannte in der Straßburger Stadt- bibliothek bei der Beschießung im August 1870. Glücklicherweise hatte schon 1818 Chr. M. Engelhardt eine eingehende Beschreibung mit 12 farbigen Tafeln in der Größe des Originals herausgegeben. 32 URKUNDEN (GENERALLANDESARCHIV KARLSRUHE = GLA) Kaiser- und Königsurkunden I. 1110 August 16. (Speyer) Kaiser Heinrich V. bestätigt die Stiftung des Klosters Gottesaue durch den Grafen Berthold von Hohenberg, ebenso den Güterbesitz des Klosters und die Grenzen der Klosterimmunität. -Diese Grenzbeschreibung enthält die Namen von Orten, die zum Stadtkreis Karlsruhe gehören wie Burdam, jetzt Beiertheim, Gnudelingen, jetzt Knie- lingen, Grezzingen, jetzt Grötzingen. Or. : GLA A 118 Regest: Dümgt S. 28f. - St.-B. Nr. 3041. 2. 11 39 Mai 28. (Straßburg) König Konrad Ill . nimmt die bedrängte Abtei Selz (Elsaß) in seinen besonderen Schutz, bestätigt Besitzungen und Freiheiten der Abtei, besonders die freie Abtswahl und die Befugnisse der Vögte. - Unter den Zeugen wird Markgraf Hermann III. von Baden als Klostervogt genannt (eiusdem loci advocatus). Or.: GLA A 128 Regest: Dümgt S. 41. - St.-B. Nr. 3387. 3. 1143 Juli 10. (Straßburg) König Konrad [11. genehmigt die Erhebung der Schloß kirche zu Hagenau zu einer ei- genen Pfarrkirche. Or. : GLA A 133 Druck: Dümgt Nr. 87. Regest: St.-B. Nr. 3458. 4. 1152 Oktober 20. (Würzburg) König (später Kaiser) Friedrich I. Barbarossa schenkt der Domkirche zu Speyer unter Bischof Günther die Burg Berwartstein (bei Erlenbach/ Pirmasens). Or.: GLA A 137 Druck : Dümgt Nr. 91. - Remling I, Nr. 91. Regest : St.-B. Nr. 3650. 5. 1155 November 27. (Konstanz) Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigt alle seither erworbenen Güter und Rechte des Bistums Konstanz, unter Angabe der Bistumsgrenzen, der dem Bischof und dem Domkapitel zustehenden Güter, der Grenzen des bischöflichen Forstbezirks und eini- ger dem Bistum verliehener Begünstigungen. - Mit Goldbulle. 33 Or.: GLA A 138. Ausgestellt ist ein Faksimile dieser Urkunde. Druck : WUB 2, S. 95- 100. - Dümge Nr. 92. Regest : SI.-B . Nr. 3730. 6. 1168 November 26. (Worms) Kaiser Friedrich I. Barbaro~a bestätigt dem Kloster Eusserthal die Schenkung der Kapelle zu Merlheim durch den Freien Stephan und dessen Frau Gepa. Or.: GLA A 144 Druck : ZGO 31,1879, S. 293f. Regest: St.-B . Nr. 4098. 7. 1186 November (?) (Speyer) Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigt die Veräußerung eines von der Domkirche zu Speyer lehenbaren Gutes in Derdingen (Vaihingen) an das Kloster Herre nalb gegen Entschädigung des Lehensmannes Eberhard von Strubenhart mit einem anderen Gut in Wiernsheim (Vaihingen). Or.: GLA A 149 Druck : WUB 2, S. 244f. Regest: SI.-B. Nr. 4470. 8. 1196 Januar 8. (Hagenau) Kaiser Heinrich VI . nimmt das Kloster Herrenalb mit dem durch Kauf von Eberhard von Strubenhart erworbenen Gut zu Derdingen sowie mit allen übrigen oder noch zu erwerbenden Bes itzungen in seinen besonderen Schutz (in specialem maiestatis no- strae protectionem). Or.: GLA A 154 Druck : WUB 2, S. 312f. Regest: St.-B. Nr. 4983 . 9. 1197 Juli 31. (Linaria) Kaiser Heinrich VI. bestätigt den Vergleich zwischen dem Abte Helnwic zu Selz (El- saß) und dem Markgrafen Hermann V. von Baden über die Zurückhaltung der Vogtei durch den Abt bis zur Deckung der Schulden des Markgrafen. Or. : GLA A 155 Druck: Dümge Nr. 112. Regest: SI.-B. Nr. 5073. 10. 1209 Juli 24. (Augsburg) 34 König Otto IV . bestätigt die Stiftung zweier Kanonikate in der S1. Pelagiuskirche auf der Insel Reichenau (bei Konstanz) durch Wernher, Kanonikus in Konstanz und Leutpriester an der St. Georgskirche in Reichenau-Oberzell. Or.: GLA D 8 Druck: Thurgauisches UB 2, S. 301. Regest : B.-F. Nr. 288. Pergament urkunde vom November 1234 (s iehe Katalog Urkunden Nr. 13). 35 11. 1210 Januar (Catania) König Friedrich von Sizilien (später Kaiser Friedrich 11.) bestätigt dem Kloster Ten- nenbach im Breisgau (monasterio, quod Par ta celi dicitur et antea Tennibac vocaba- tur) auf Bitten des Mönches Konrad Güterbesitz in Mundingen und Vörstetten (Em- mendingen). Or.: GLA D 9 Druck: ZGO 11, 1860, S. 18 lf. Regest: B.-F. Nr. 622. 12. 1214 Juni 28. (Ulm) König Friedrich von Sizilien (später Kaiser Friedrich 11.) nimmt nach dem Vorgang seines Oheims, des Herzogs Friedrich von Schwaben, das Kloster Petershausen (bei Konstanz) nebst dessen Gütern in seinen Schutz und gestattet ihm , von den Dienst- mannen (Ministerialen) des Herzogtums Schwaben Schenkungen anzunehmen. Or.: GLA D 18 Regest: B.-F. Nr. 740. 13. 1234 November (Aprocina) Kaiser Friedrich 11. erklärt, daß er bei früherer Anwesenheit in Deutschland dem Markgrafen Hermann V. von Baden die Städte Lauffen, Sinsheim und Eppingen für 2300 Mark Silbers verpfändet , Ettlingen zu Lehen und die Stadt Durlach zu Eigen ge- geben habe anstatt der Eigengüter, die dem Markgrafen von seiten seiner Gemahlin in Braunschweig zukamen. Or.: GLA D 31 Druck: WUB 3, S. 353. - Schöpflin 5, S. 192f. Regest: B.-F. Nr. 2060. - RMB 1 Nr. 343. 14. 1229 Oktober 23 . (überlingen) König Heinrich (VII.) gewährt dem Abt und Konvent des Klosters Petershausen (bei Konstanz) Steuerfreiheit für die Häuser, die sie in den Reichsstädten erwerben möch- ten. Or.: GLA D 52 Regest: B.-F. Nr. 4139. Papsturkunden 15. 1177 Dezember 21. (Anagni) 36 Papst Alexander 111. nimmt auf Bitten des Abtes Ulrich die Abtei Herrenalb mit allen Besitzungen (darunter die Wirtschaftshöfe in Ottersweier, Rastatt, Bretten, Ötig- heim , Malsch, Scheibenhard) in se inen Schutz und verleiht ihr weitere Begünstigun- gen. Or.: GLA B 28 Druck : WUB 2, S. 181- 183. Regest : Jaffe Nr. 12959. 16. 1177 Dezember 21. (Anagni) Papst Alexander IlI . nimmt auf Bitten des Abtes Dither die Abtei Maulbronn mit zahlreichen Besitzungen in se inen Schutz und verleiht ihr weitere Begünstigungen. Unter den Besitzungen werden Wirtschaftshöfe u. a. in Linkenheim, Ketsch, Altluß- heim, S1. Leon genannt. Or.: GLA B 28a Druck: WUB 2, S. 183-185. Regest: Jaffe Nr. 12961. 17 . 1193 Mai 18. (Lateran) Papst Cölestin Ill. bestätigt die Rechte, Freiheiten und Besitzungen des Klosters Frauenalb unter der Äbtiss in Octa. Zu diesem Besitz gehören Güter u. a. in Frauenalb, Rotenfels, Muggensturm , Bulach (Karlsruhe). Or.: GLA B 49 Druck: ZGO 23,1871, S. 308. 18. 1218 Mai 10. (Rom) Papst Honorius III . nimmt das Kloster Schwarzach in seinen Schutz und bestätigt die ihm von Bischof Johann zu Speyer verliehenen Freiheiten. Or.: GLA E 23 Regest: Potthast Nr. 5783. 19 . 1224 April 24. (Lateran) Papst Hono rius 111. nimmt Abt und Konvent des Klosters Oden heim in seinen Schutz und bestätigt dessen Besitzungen, besonders die Kirche des Ortes Odenheim (bei Bruchsal) . Or.: GLA E 50 20. 1239 Oktober 17 . (Anagni) Papst Gregor IX . nimmt das Kloster Gottesaue in seinen Schutz und bestätigt dessen Besitzungen, besonders die vom Bischof zu Speyer erha ltene Kirche zu Eggenste in (bei Karlsruhe). Or.: GLA E 69 21. 1256 September 13. (Anagn i) Papst Alexander IV. befieh lt der gesamten Hierarchie , das Kloster Wonnental (bei Kenzingen/ Emmendingen) gegen se ine Bedränger in Sch utz zu nehmen. Or. : GLA E 218 37 Bischöfe, Äbte, Markgrafen und Grafen als Urkundenaussteller 22. (zwischen 1143-1192) Abt Ko nrad zu Schwarzach bestimmt die Ein künfte eines an das Kloster zurückge- kommenen Gutes bei Altheim zur Beleuchtung des Altars und zu r Speisung der Brü- der am Jahrtag der Gründerin Hirm insindis. Or.: GLA C 27 D ruck: P. Zinsmaier, Schwarzacher U rkundenfälschungen. In: ZGO 107 , 1959, S. 2 1f. 23. 11 52 August 26. (Speyer) Bischof Günthe r zu Speyer überläßt dem Kloster Maulbronn den Hof zu Diefenbach (Vaihingen) gegen e ine bestimmte jährliche Abgabe wie auch das Präsentatio nsrecht des Priesters an der Kapelle zu Diefenbach. Or. : G LA C 32 Druck: WUB 2, S. 64f. 24. 1164 Gottfried 11. , Bischof zu Speyer, überläßt den Zisterziensern zu Eusserthal die dort ige Marienkape lle zur Erbauung e iner Klosterkirche. - Unter den Zeugen der Urkunde erscheint an erster Ste lle Hermann IV., Markgraf von Baden. Or.: GLA C 47 Druck : Remling I Nr. 100. Regest und Te ildruck: Hilgard Nr. 17. - Dümge S. 51. 25. 1170 März I. Heinrich, Abt des Klosters Sinshe im, verkauft mit Zust immung des Konvents das G ut in Dietenhausen (Pforzhe im) an das Kloster Herrenalb. Or.: GLA C 58b. Druck: WUB 2, S. 159 . - Dümge Nr. 96. 26. 1185 Herzog Fr iedrich V. von Schwaben beurkundet e inen von dem klagenden Abt Chri- stian zu Salem geforderten Rechtsspruch, daß es allen fre ien Männern zustehe, über ihre bewegliche und unbewegliche Habe auch zugunsten von Kirchen zu verfügen. Or.: GLA C 85 Druck : Cod. dip!. Salem. I , S. 57f. 27. 11 92 38 Die Äbte der Klöster Maulbronn und Eusserthallassen die zwischen den Klosterbrü- dern auf ihren Wirtschaftshöfen zu Marrenheim (abgegangen) und Mechtersheim 39 (Speyer) entstandene n Mark- und Weidrechtsstreitigkeiten durch e inen Schieds- spruch austragen. Or.: GLA C 97 Druck: WUB 4, S. 383 f.; 2, S. 442-444 . 28 . 1245 März Die Markgrafen Hermann VI. und Rudolf I. von Baden übergeben ihrer Mutter Ir- mengard, deren Mittel zum Bau und U nterhalt des von ihr gestiftete n Frauenklosters in Beuern bei Baden-Baden (Kloste r LichtentaJ) nicht ausreichen, zur Verwendung für dieses Kloster den Kirchensatz (iura patronatus) in Ettlingen und Baden-Bade n, den Zehnten in lffezheim, die Dörfe r Winden und Beuern , zwei Höfe in Dos und e i- nen in Haueneberstein sowie zwölf Pfund Straßburger Münze von ihren Zinsen in Selz. Or. : GLA 35/4 Druck : Schöpfl in 5, S. 208f. - ZGO 6, 1855, S. 442f. Regest: RMB 1 Nr. 387. 29. 1248 November 3. Markgräfin lrmengard von Baden übergibt der ne uen Stiftu ng des Klosters in Lich- tental (" in Lucida Valle") bei Baden-Baden die Schenkung ihrer Söhne He rmann und Rudolf. Or.: GLA 35/4 Druck: Schöpflin 5, S. 216f. - ZGO 6, 1855 , S. 452 f. Regest: RMB 1 Nr. 395. 30 . 1252 Februar I. Graf Konrad von Freiburg verkauft mit Zustimmung seines Bruders, des päpstlichen Kapl ans G(ebhard von Urach), dem Kloster Günterstal (bei Freiburg i. Br.) den Wald Meienbach bei Freiburg i. Br. um 30 Mark Silbers. Or. : G LA 23/ 28 Druck: ZGO 9, 1858, S. 329 f. Amtsbücher 3 1. Rotulus Sanpetrinus 40 Traditionsbuch des Klosters SI. Peter im Schwarzwald. A ngelegt zu Beginn des 12. Jahrhunderts und weitergeführt bis 1203. Die Entstehung dieses Traditionsbuches, woran fü nf oder sechs Mönche als Schreiber mitgewirkt haben, zieht sich nahezu über ein Jahrhundert hin, wobei an die Rolle im- mer neue Pergamentstücke angenäht worden sind. Or: G LA 14/1 b Druck: Fr. v. Weech, Der Rotu lus Sanpetrinus nach dem Original im Großh . General-Landesarchiv zu Karlsruhe. In : FDA 15, 1882, S. 133- 184. 32. Codex diplomaticus Salemitanus. 1. Urkunden buch der Zisterzienserabte i Salem. Enthält Abschriften von Kaiser- und Königsurkunden von 11 34-1266. GLA 67/1 162 Druck: Codex diplomaticus Salemitanus. Urkundenbuch der Cisterzienserabtei Salem. Hrsg. von Friedrieh v. Weeeh. I. Bd.: 11 34-1266. Karlsruhe 1883. Verzeichnis des abgekürzt aufgeführten Schrifttums B.-F. ~ Johann Friedrich Boehmer, Die Regesten des Kaiserreichs unter Philipp, Otto IV., Friedrich H., Heinrich (VII.), Kon- rad IV., Heinrich Raspe, Wilhelm und Richard. 1198-1272. Neu hrsg. und ergänzt von Ju- lius Ficker und Eduard Winkelmann . Innsbruck 188 1 ff. Cod. dip\. Salem. ~ Codex diplomaticus Salemitanus. Urkunden buch der Cisterzienserabtei Salem. Hrsg. von Friedrieh v. Weeeh. I. Bd.: 11 34-1266. Karlsru he 1883. Dümge ~ Carl Georg Dümge, Regesta Badensia. - Urkunden des Großherzoglich Badischen General-Landes-Archives von den ältesten bis zum Schlusse des zwölften Jahrhunderts. Carlsruhe 1836. FDA ~ Freiburger Diözesa n-Arch iv Friedrich von Weech, Der Rotulus Sanpetrinus nach dem Original im Großh. General-Landes-Arch iv zu Karls- ruhe. In : FDA 15, 1882, S. 133-184. Hilgard ~ Alfred Hilga rd , Urkunden zur Geschichte der Stadt Speyer. Straßburg 1885. l affe ~ Phil ippus l affe, Regesta Pontificum Romanoru m. 2 Bde. Unveränderter Abdruck der 1888 bei Veit & Co. in Leipzig erschienenen und ver- mehrten Auflage. Graz 1956. Pott hast = Augustus Potthast, Regesta Pontificum Romanorum inde ab a. post Christum natum MCXCVlII ad a. MCCC1V. Unveränderter Abdruck der 1874 bei Rudolf de Decker, Berlin, erschienenen Ausgabe. \. Bd. Graz 1957. 41 Remling = Franz Xaver Remling, Urkunden buch zur Geschichte der Bischöfe zu Speyer. 1. Bd .: Ältere Urkunden. Mainz 1852. RMB ~ Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg 1050- 1515. Hrsg. von der Badischen Historischen Kommission. 1. Bd. Bearbeitet von Richard Fester. Innsbruck 1900. Schöpflin ~ Johann Daniel Schoepflin , Historia Zaringo-Badensis. Tomus V. Carolsruhae 1764. St. -B. ~ Karl Friedrich Stumpf-Brentano, Die Reichskanzler vornehmlich des 10., 11. und 12. Jahrhunderts. Bd. 2: Die Kaiserurkunden des 10., 11. und 12. Jahrhunderts, chronologisch verzeichnet als Beitragzu den Regesten und zur Kritik derselben. 2. Neudruck der Ausgabe ln nsbruck 1865-1883. Aalen 1964. Th urgauisches UB = Thurgauisches Urku ndenbuch. Hrsg. auf Beschluß und Veransta ltung des Thurgauischen Historischen Vere ins. 2. Bd. Frauenfe ld 1882. WUB ~ Wirlembergisches Urkunden buch. Hrsg. von dem könig!. Staatsarchiv in Sluttgart. Bd. 1-11. Stuttgart 1849-19 13. ZOO ~ Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Bd. I ff. Karlsruhe 1850fr. Paul Z insmaier, Schwarzacher Urkundenfä lschungen. In : ZOO 107, 1959, S. 1-23. 4 2 LANDESDENKMALAMT BADEN-WÜRTTEMBERG, AUSSENSTELLE KARLSRUHE Hans-W. Heiße, De r Bei trag der A rchäologie des Mitte lalters zur Stauferze it in unserem Raum. Die Mittelalterarchäologie hat sich nach dem 2. We ltkrieg, ausgehend von der Bauge- schichte und der VOf - und frühgeschichtliche n Archäologie, zu einer eigenen Disziplin entwickelt . Ihre A ufgabe ist in Z usamme narbeit mit den Nachbardisziplinen der Mit- telal terforschung wie Kunst- und Baugeschichte, Gesch ichte usw. die Erforsch ung von Kirchen, Burgen, städtischen und dörflichen Siedlungen. Durch planmäßige Aus- grabungen kann d ie Archäologie des Mittelalters neue Quellen und Erkenntnisse zur Bau- und Kunstgeschichte, Wirtschafts-, Sozial- und Agrargeschichte sowie Volks- kunde erschließen. Die umfangreiche Bautätigke it, die Flurberein igungen, Erdbewe- gungen und der Straßenbau beschränkten die Tätigke it der Mittelal te rarchäologie der letzten Jahrzehnte im Regierungsbezirk Karlsruhe im wesent liche n auf dri ngend not- wendige Rettungsgrabungen. In d ieser A usste llung werden beispielhaft e inige Plätze mit Plänen und Funden vorgeste llt, die durch das Landesdenkmalamt, Referat Mittel- alterarchäologie, untersucht wurde n. Kloster BiUigheim, Billigheim, Neckar-Odenwald-Kreis Grabung 197 1 aOnläßlich eines Kirchenanbaus. Von dem Mitte des 12. Jahrhunderts gegründete n Z isterzienserin nenkloster steht die spätromanische langgestreckte ein- schiffige Kirche mit halbkre isförmiger Apsis. Der In nenraum ist 28,10 m la ng und 8,5 m brei t. Der Bau wurde nach den dendrochronologischen Untersuchungen von Hölzern im Dachstuhl um 1185 in e inem Z uge e rrichtet. Im Westteil der Kirche fan- den sich zehn Säulenbasen. Z usammen mit anderen Bauspuren ergab sich .. daß hier eine dreischi ff ige kreuzgewölbte Unterkirche mit darüberliegender Nonnenempore bestand. Südlich der Kirche wurde in Sondierungsschnitten eine im wesentlichen ein- periodige Klosteranlage mit Kreuzgang angeschnitten. 1238 nahmen die ]'lonne n in Billigheim offiziell d ie Zisterzienserregel an. Jedoch bezeugt allein schon der Bautyp des Klosters, daß sie schon vorhe r nach d ieser Regel gelebt haben. Nach einer Bl üte- ze it im 14. Jahrhundert wu rde das Kloster 1584 vom Mainzer Erzbischof aufgehoben. 1. Spätromanischer Kopf, Sandstein, um 1220/ 30, aus dem Bauschutt in der Kirche. Turmberg, Karlsruhe-Durlach, Kr. Karlsruhe SChürfung 18 13, G rabungen 1894/ 95,1913 und 1972. Letztere durch das Landes- denkmalamt. Aufgrund der neu esten Grabungen und der Durchsicht älterer U nterla- gen ergibt sich folgendes Bild für die Baugeschichte der ehern . Burg auf dem weithin sichtbaren Turmberg übe r dem Karlsruher Stadtteil Durlach. 43 - I'er. I - 2. 11 . 11 . .lh . "'" Per. 11 - .\Wh.' 12 . .Ih . """ 1'," . 111 - 'fith.' J.Llh . = I'",. IV - I~ . 'fl .. Jh. ",halh'"" lIauteile " Will CJ - Turmberg bei Karlsruhe-Durlach. Gesa mt plan der Burga nlage. 44 Turmberg be i Karlsruhe·Duriach. Bergfried Mitte 13. Jh . von Nordos ten. 45 In der 2. Hälfte des I t . Jahrhunderts errichtete man einen quadratischen Wohnturm von 11,7 m Kantenlänge ohne Verwendung der erst später üblichen Buckelquader. Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden eine polygonale Ringmauer, verschiedene randständige Wirtschaftsgebäude mit Zisterne und ein Kammertor im Nordwesten der Burg. Mitte des 13. Jahrhunderts wurden der Wohnturm und Teile der Wirt- schahsgebäude im Süden abgebrochen. Stattdessen errichtete man den heute noch stehenden Bergfried mit Mauern aus Buckelquadern ohne Zangenlöcher. Die Ring- mauer wurde im Nordosten nur wenig verändert. Nach der Zerstörung von 1279 wurde die Burg wieder hergerichtet, aber nur noch in geringem Maße benutzt. Später baute man an den Bergfried einen Treppenturm und erste llte nordwestlich von ihm einen Pfeile r als Auflage für eine mit dem Bergfried verbundene Plattform zur Auf- stellung von Alarmkanonen. Die Burg auf dem Turmberg, auch Hohenberg oder Burg Grötzingen genannt, wird Ende des 11 . Jahrhunderts von den Grafen von Hohenberg gegründet, die bis nach 1110 im Karlsruher Raum auftreten. Im 12. J ahrhundert ist sie in der Hand verschie- dener Grafen von Grötzingen, nach 1187 sitzen zuerst staufische, seit 1219 markgräf- lieh-badische Dienstleute auf de r Burg. Seit 1246 sind hier die Herren von Roßwag nachweisbar. 1273/74 schon e inmal belagert , wi rd die Burg 1279 durch den Bischof von Straßburg zerstört. Später notdürftig instand gesetzt, dient s ie von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis 171 9 als Wartturm . Zwei weitere Turmburgen im Kreis Karlsruhe konnte das Landesdenkmalamt 1973/74 archäologisch untersuchen. Von der Turmburg bei Pfinztal-Kleinsteinbach (2. Hälfte 11 . J ahrhundert) sind einige Funde ausgestellt. Von einer ähnl ichen Anlage bei der Barbaraicapelle oberhalb von Karlsbad-Langensteinbach (Ende 11. Jahrhun- dert bis um 1200) hängt ein Plan aus. Beide Burgen liegen auf einer Anhöhe. Die Türme waren, wie auch beim ersten Wohnturm auf dem Turmberg, Wohnung und Schutzgebäude zugleich. Turmberg bei Karlsruhe-Durlach Grabungsfunde 2. Keramikstücke, meist von Töpfen. Ein Stück ge lbe oberrheinische Drehscheibenware (2. Hälfte 11 . Jh .). Verschiedene Stücke handgemachter und grauer geriefter Ware (12 .113. Jh.) sowie der jüngeren Drehscheibenware (2. Hälfte 12. Jh ./ 13. Jh. ). Eine Becherkachel (12 ./ \3. Jh. ). 3. Mehrere quadratische Bodenfliesen mit konzentrischen Kreisen bzw. fig ürlicher Ver- zierung (Mitte 13. Jh. ). 4. 1 Hufeisen und 1 Hufeisenfragment (11./ 12. Jh .). 5. 1 Sch lüssel, Eisen (um 1200). 6. Fragment eines Eisenmessers (wohl 12 .113. Jh.). 7. Pfriemen , Eisen (wohl 12./ 13. Jh .). Vielleicht vom Turmberg stammend: 46 Ans icht des restau rierten Wohnturmrestes der Turmburg bei der Barbarakapelle von Karlsbad·Langenste in bach 8. Stachelsporn, Eisen (11./12. Jh.). 9. Radsporn, Eisen (wohl 13. Jh.). Rad am Spornende ve rloren. 10. Eisentrense (vielleicht 12.11 3. Jh .). 11. Feuerstahl (vielle icht 12./13. Jh.). Turmburg bei der Barbarakapelle, Karlsbad-Langensteinbach Grabungsfunde 12. Verschiedene Keramikstücke, meist von Töpfen, graue, geriefte Ware (Ende 11. Jh ./12. Jh .). 13. 1 Kneifzange, Eisen (12. Jh. oder später). Turmburg bei Pfinztal-Kleinsteinbach Grabungsfunde von 1933 14. 2 Pfeilspitzen, Eisen (11./12. Jh .). 15. 3 Bolzenspitzen, Eisen (wohl 12./13. Jh.). 16. 1 Kupferniet , vermutlich von einem Schild (vielleicht 12 . Jh. ). 17. 1 Beinnadel (vie lleicht 12. Jh.). 47 Dorfwüstung Zimmern bei Gemmingen-Stebbach, Kr. Heilbronn Bei Grabungen 1968/69 konnte ein Te il eines mittelalterlichen Dorfes mit Kirche und Friedhof aufgedeckt werden. Den Funden nach bestand es von der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts bis ins 14 . Jahrhundert. Funde des 13.114 . Jahrhunderts sind jedoch schon seltene r ve rtreten. 1. Ehemalige Kirche St. Veit mit Friedhof. In der 2. HäLfte des 8. J ahrhunderts errichtete man eine 6 x 12 m große Holzkirche, die im 9.110. Jahrhundert von einer gleichgroßen eingliedrigen Steinkirche ersetzt wird, die später einen eingezogenen Chor e rhält und eine Schiffse rweiterung nach Westen erfährt. Im 13. Jahrhundert erbaute man einen neuen Chor in Flucht des be- stehenden Schiffes. Der Chor war eingewölbt und trug vermutlich einen Chorturm. Bis etwa zur Mitte des 16. Jahrhunderts war sie noch vorhanden. 2. Siedlungsbereich. Nördl ich de r Kirche fanden sich vier Pfostenhäuser von 5 x 7 bis 7 x 11 m Größe, da- zwischen zehn Grubenhäuser und Hütten. Während die Pfostenhäuser zur Wohnung dienten, unterhie lt man in den Gru benhäusern Webstühle und Spinnstuben und la- gerte Vorräte. Allein das Doppelgrubenhaus im Südosten sche int mit se ine r Auszim- merung und einem steingefaßten Durchlaß behe izbar und zum Wohnen geeignet ge- wesen zu sein. Aus einer bäue rlichen Siedlung sind kaum spektakuläre Funde zu erwarten . Meist handelt es sich um gewöhnliche Gebrauchsgegenstände, wie Vorrats- und Kochtöpfe, Gießgefäße, Nägel, Pfriemen, selten Werkzeug usw. Holzgegenstände sind in der Re- gel nicht erha lt~n . 18. Beinkästchen des 8. - 10. Jh ., unter dem nördlichen Chorfundament des 13. Jh. ge- funden. 19. Verschiedene Keramikstücke, meist von Töpfen. Gelbe oberrheinische Drehsche i- benware (8. - 12 . Jh .) sowie graue, geriefte und schnellaufe nd nachgedrehte Ware (12. - 13. Jh .). 20. Siche l, Eisen (vermutl. 12./ 13 . Jh .). 21. Verschiedene Eisenmesser (8. - 13. Jh.). 48 EIN MINNESÄNGER IM KRAICHGAU Unvergänglichen Wert für die überlieferung des Minnesangs haben drei Handschriften, von denen die sogenannte Manessische oder Große Heide lberger Liederhandschrift nach Umfang und Inhalt die bedeutendste ist. Sie überliefert auf mehreren hundert Blä ttern das Werk von 140 Minnesängern. Die Ausstattung mit zahl re ichen farbigen Bilde rn macht dieses Werk zu einer wertvollen Q ue lle zur Kulturgeschichte und Heraldik. In der kleinen Schar he imischer Minnesänger darf Burkart von Hohenfels, dessen Burg am Bodensee bei ü be rlingen lag, als stärkste r und eigenwüchsigster Vertreter des Minnesangs an erster Ste lle genannt werden. Sein Reichtum und seine Vielseitigke it blieben für den heimischen Dichterkreis unerreicht. Von He inrich von Tettingen (Detti ngen bei Kon- stanz), Hugo von Werenwag in der Nähe Beurons und Brunwart von Ougheim (A uggen im Breisgau) sind wenige Lieder überliefert . Waltervon Breisachs Gedichte wirke n schulmei- sterlich gelehrsam. Tageliede r, die den Schmerz der Trennung der Liebenden bei Tages- anbruch besingen, d ichteten Bcuno von Horn berg und de r Dichter von Wizzenlo (Wies- loch). In d ichte rischen Ehren sta nd e in Sänger aus dem Geschlecht der Bligger von Stei- nach im Neckartal. In d iesen Kreis von Minnesängern darf der Spruchdichter Sp e rv oge l , den die Manessi- sche Liederhandschrift mit einem Speer, auf den Vögel gespie ßt sind, abbildet, ein vie lge- wanderter fahrender Sänger, e ingereiht werden. Von ihm stammt ein Gedicht aus dem Ende des 12. Jah rhunderts. Darin pre ist er Wernha rt , der auf der Burg Steinsberg bei Sins- heim seinen Wohnsitz hatte. A ber zunächst wendet sich Spe lVogel an seine Söhne, be lehrt sie, daß ihne n weder Korn noch Wein wachse, daß er ihnen weder Lehen noch Eigengut ve rmachen könne. So möge ihnen Gott gnädig sein und ihne n G lück und He il schenke n. Spervogel rühmt Frute von Dänemark, Walther von H ausen, Heinrich von G ie bichen- stein, auch einen von Staufen (WOhl Pfalzgraf Konrad von Staufen) und beklagt ihre n Tod. Gott möge Wernhart gnädig sein Der auf Ste insberg saß und um der Ehre willen nichts ausließ. Wer soll auf Steinsberg Wernharts Werk nun weitetführen? fragt SpelVogel, preist die Wohltä tigke it Wernha rts, seine Milde und rühmt ihn : Als der vornehme Wernhart Auf diese Welt kam, Begann er all sein Gut zu teilen, Wurde so hochherzig wie Rüdeger, Der zu Bechelaren wohnte, Und gab sich so manchen Tag der Pfe rdezucht hin : Ob seiner Tapferke it wu rde e r so berühmt. 49 Der Dichter Spervogel (aus der Manessischen Liederhandschri ft) . 50 Ansicht der Burg Steinsberg bei Sinsheim im Kraich gau. 51 Wernharts Milde und Freigebigkeit muß weithin bekannt gewesen sein, denn Spervogel rühmt Burg Steinsberg : Steinsberg hat einen solchen Ruf, Daß die Burg nur erben kann, Wer auch Ehrenhaftigkeit pflegt. In diesem Streit hat Steinsberg gesiegt: Nun hat die Burg einen Erben : Das Geschlecht der ehrenhaften OUinger wird seinem Namen keine Schande machen. Spervogels Preislied auf Wernhart von Steinsberg Ich sage iu, lieben süne min, 52 iun wahset korn noch der win, ichn kan iu niht gezeigen diu I~hen noch die eigen. nu genäde iu got der guote und gebe iu saelde unde heil. vii wol gelanc von Tenemarke Fruote. Mich riuwet Fruote von über mer und von Hasen Walther, Heindch von Gebechenstein: von Stoufen was ir noch ein. got genäde Wernharte der (if Steinesberc saz und niht vor den eren versparte. Wer sol fif Steinesberc würken Wernhartes werc? hei wie er gab unde I~ch! des er dem biderben man verzech, des enmochte er niht gewinnen. daz was der wille: kom diu sta te, si schieden sich ze jungest mit minnen. Dö der guote Wernhart an dise werlt geborn wart, do begunde er teilen al sin guot. do gewan er Rüedegeres muot, der saz ze Bechelaere und pflac der marke manegen tac: der wart von siner frümekeit sö maere. Steinesberc die tugende hat daz ez sich nieman erben iät wan einen der ouch eren pfliget, dem strile hat es an gesiget : nu hat ez einen erben: der werden Oetingaere stam der wil im sinen namen niht verderben . Kapitell von S1. Matthias in Trier, um 11 50. AUSSTELLUNGSÜBERSICHT K I Kalalogv80<3 .... GI Garderobe e I I C 111111111111111111111111 I 1 ! Allgemeine Information 'I Kapitelle Bad.Landesmuseum Karlsruhe 1/2llnlormation: Städte ~Ilnformalion: Klöster 3 1 Urkunden Generallandesarelw Kar1sruhe 4 I Kunstgegenstände 5 1 Archäologie'Bodenlunde Landesdenkmalamt Karlsruhe 6 I Stelndokumente I Kapitelle StädtMuseum ..... 'orms 8 I Handschfillen Bad,Landesbibbothek Karlsruhe
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmoPa7Xb3Jm1u/Die%20Staufer%20im%20Oberrhein.pdf
Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe 1887 I tf / / S] K a rls ru h e . Macklot'sche Druckerei. Inhalt. Seite I . E in le itu n g . Schicksale des G roßherzoglichen ksauses . . . . t I I . E ntw icklung der G em einde a ls solcher; G em ein d ev e rw a ltu n g . 6 I I I . B auliche E ntw icklung der S t a d t ...................................................... 2 \ IV . Schule und K u n s t ..................................................................................... 3 t V . politisches, industrie lles und V e r e i n s l e b e n .................................... 43 V I. Leistungen des G em ein sin n s, A rm en - u n d Kr a n k e n we s e n . . . 55 V II. V ersam m lu n g en , Festlichkeiten, A u sste llu n g en , S eh e n sw ü rd ig ­ keiten ..................................................................................................................... ? t V I I I . V e r k e h r s w e s e n ........................................................................................... 86 IX . Übersicht über die W i t t e r u n g s v e r h ä l t n i s s e ................................... 90 X. B evö lkerungsvorgänge , S terblichkeit, T o te n s c h a u ....................... 99 X I. v e r s c h ie d e n e s ................................................................................................. (04 X II. V o r t r ä g e ....................................................................................................... \ to Tabellen: I . Schülerzahl der hiesigen S c h u l e n ....................................................... U 3 I I . Übersicht über die V erte ilu n g der M itg lied er der hiesigen G e ­ m eindekrankenversicherung ans ih re W o h n o r t e ..................................U 5 I I I . S tatistik des B c v ö lk e ru n g sv o rg an g s (887 ........................................... ( (6 •g----------------------------------------------------------------------- I . Einleitung. Schicksale des Grotzherzoglichen Hauses. is abgelaufene J a h r J(887 bedeutungs- ic Geschichte unseres Fürstenhauses und tief einschneidende Ereignisse nicht zu h a t, so ist dasselbe doch reich genug an Vorkommnissen, welche für die Entwickelung der S tad t denk­ würdig sind. 3 n erster Linie — und dam it reiht sich das B e­ richtsjahr würdig den vorangehenden an — weist die rastlose bau­ liche Ausdehnung und Verschönerung entscheidende Fortschritte auf. I m Westen der S tad t schob sich die Häuserreihe unm ittelbar gegen M ühlburg vor, der unbarmherzige Axthieb schuf im nahen kjardtwalde R aum für umfassende Neubauten der Aunstgewerbe- schule, Vereinsklinik, Dragonerkaserne; im Osten gelangte der lange erwogene Gedanke einer Turm bcrgbahn zur endlichen Reife; die A usführung des vielbesprochenen Projekts wurde durch rasche Zeichnung des Aktienkapitals gesichert. D as In n e re der S tad t selbst sah großartige Unternehm ungen, wie die Raiserpassage, C afe B auer u. a. erstehen. Auch aus anderen Gebieten hat die Ehronik wichtige Erschei­ nungen frischen Lebens und stetigen Aufstrebens zu melden. lernt auch dc volle, in d der S tad t verzeichnen So wünschenswert es nun auch ist, den Überblick über die wichtigsten Erscheinungen eines J a h r e s , sowie es m it dem letzten Glockenschlage hinuntergesunken, abzuschließen und sofort nach A blauf desselben dem Publikum vorzulegen, so stehen der E rfü l­ lung dieses Wunsches doch unübersteigliche Hindernisse entgegen. Abgesehen von den: im m er mehr 'ffich steigernden Umfange der hier zu berücksichtigenden Seiten des öffentlichen Lebens, läßt sich ein zuverlässiges und auch nur einigermaßen abgeklärtes Ge­ samtbild des W ahres, wie es die Chronik bieten möchte, nur ge­ w innen, wenn die Ergebnisse des Wahres abgeschlossen vorliegen. Dies ist aber erfahrungsgem äß vor A blauf der ersten Hälfte des nachfolgenden J a h re s unmöglich, wie denn auch z. B . der städt. Rechenschaftsbericht, die Veröffentlichungen der Handelskammer für ^887 u. a. erst im J u l i 1888 ausgegeben wurden. W enn sich durch diese Umstände unvermeidlich die Zusammen­ stellung der Chronik etwas verschleppen m uß , so ist anderseits dadurch die Möglichkeit geboten, in der großen W affe des Ge­ schehenen insofern eine Sichtung vorzunehmen, a ls unwesentliche Dinge ausgeschieden, andere wiederum beigezogen werden, welche vielleicht weniger an sich selbst, a ls vielmehr durch die ihnen nachfolgenden Ereignisse eine gewisse Bedeutung beanspruchen dürfen. Z n diesem Sinne m uß die Chronik des Z ah res 1887 ange­ sichts der schweren Schläge, die in der ersten Hälfte des Jahres 1888 unser Großherzogliches H a u s , unsere S tad t und das ganze große V aterland getroffen, von der trüben G egenwart aus noch einmal in liebender E rinnerung auch der lichten, sonnigen Tage gedenken, welche der schweren Zeit vorangegangen sind. Und es hat an solchen freudigen Tagen für unser Fürstenhaus im J a h r e 1887 nicht gefehlt. W ir dürfen dazu besonders jene T age zählen, an welchen die gesamte Großherzogliche Fam ilie hier in K arlsruhe, in B aden und auf der jn s e l Zltainau vereint w ar, die T ag e , welche unfern nunm ehr Heimgegangenen Heldenkaiser W i l h e l m zum letzten M a l in unserem badischen Heimatlande weilen sahen. Nachdem das Großherzogliche p a a r am H. A pril von Berlin, wohin dasselbe zur G eburtstagsfeier des K aisers sich begeben batte , wieder hier eingetroffen w a r , langte am 22. A pril die Aronprinzessin V i c t o r i a von Schweden zu mehrtägigem Aufent­ halte hier an. Prinz L u d w i g hatte m it Beginn des Som m er- semesters seine Studien an der Hochschule in Heidelberg fortgesetzt, kam aber öfters für einige Stunden hierher, um die kurze Zeit der Anwesenheit der Aronprinzessin hier zum Verkehr m it der Schwester zu benützen. A m ch M a i reiste letztere bis Heidelberg von Prinz Ludwig begleitet, zu einer A u r nach Amsterdam und von da nach Franzensbad zu einem ^wöchentlichen A ufenthalt, während dessen die Großherzogliche Fam ilie die beiden Enkelkinder hier im Schlosse bei sich behielt. A m 2 . 3 uni traf nach mehrwöchentlichem Verweilen in Cannes das Erbgroßherzogliche p a a r hier ein. Eine freudige Bewegung machte sich schon am M orgen des genannten T ages allenthalben in der S tad t bemerkbar, a ls die Nachricht von der peimkehr bekannt wurde und die festliche Beflaggung des Schlosses diese Aunde bestätigte. A uf eine besondere M itteilung durch P lak a t­ anschlag erschienen alsbald die päuser der mittleren S ta d t, sowie sämtliche öffentliche Gebäude im Flaggenschmuck; am Nachmittage sammelte sich auf dem Wege vom B ahnhof zum Schlosse eine zahlreiche Menschenmenge, um das Erbgroßherzogliche P a a r nach so langer Abwesenheit jubelnd zu begrüßen. D as frische und- gesunde Aussehen des Erbgroßherzogs gab zur allgemeinen Freude dem Publikum die deutliche Bestätigung der Berichte über den günstigen Gesundheitsstand desselben. Nachdem bald darauf, am 9 . J u n i , die Aronprinzessin V i c ­ t o r i a von Schweden von ihrer Reise hierher zurückgekehrt und am sO. 3 u n i auch der Aronprinz von Schweden eingetroffen w ar, beging das Großherzogliche p a u s im engsten Familienkreise am \2. J u n i den G eburtstag des Prinzen L u d w i g . T a g s zuvor w ar der Prinz in die Erste K am m er eingetreten und vom P räsi­ denten derselben, F rh rn . R ü d t v. C o l l e n b e r g , vereidigt worden. A m s7. J u n i reiste P rinz L u d w i g nach E ngland zur B e­ glückwünschung der Königin anläßlich ihres Regierungsjubiläum s. Die letzten Tage des M o n a ts verbrachte dann noch einmal die gesamte Großherzogliche Fam ilie zu B ad en , von wo am 30. J u n i die Kronprinzessin V i c t o r i a nach Schweden, das E rb ­ großherzogliche P a a r nach Freiburg zurückkehrte. — 4 _ P o n t — ( 8. J u l i weilte — es sollte das letzte M a l sein — Kaiser W i l h e l m auf der In se l M a in a u m it der G roßher­ zoglichen und Erbgroßherzoglichen F am ilie , am s8. J u l i reiste der Kaiser nach Bregenz weiter. Der G eburtstag des Großherzogs am 9 . September wurde in üblicher Weise m it Festgeläute, Abgabe von sOs K anonen­ schüssen, Thoralmusik vom Kirchturm eingeleitet. U m 1/29 Uhr fand im R athaussaa l die feierliche Perleihung des vom G roßher­ zog für 25jährige Dienstzeit gestifteten Ehrenzeichens an s8 Feuer­ wehrmänner durch Stadtdirektor von precn statt. Nach dem feierlichen Gottesdienst folgte das offizielle Festesten im M useum , wobei S taatsm inister T u r b a n den Trinkspruch ausbrachte, m it­ tags 2 U hr im Schießhause ein Festschießen der Schützengesellschaft zu E hren des G roßherzogs a ls Protektors dieser Gesellschaft. I n t Stadtgarten gab die städtische Schülerkapelle ein Konzert, das sich bei freiem M usikcintritt eines ungewöhnlich starken (wohl gegen 2 000 Personen) Besuchs erfreute. Abends w ar der p a rk festlich beleuchtet. I n t Hoftheater gelangte W agners Tannhäuser zur Aufführung. Auch int engeren Rahm en wurde dieser T a g , an dem der Großherzog s e i n 60. J a h r v o l l e n d e t e , vielfach in Pcreinen und Gesellschaften gefeiert. I m September nahm der G r o ß He r z o g an den M anövern der 28. und 29 . Division Teil. Die der ersterett bewegten sich in der Gegend von Neckarbischofsheim. A m 7. September hatte der Großherzog vom M anöverplatz aus eine F a h rt nach Heidelberg unternom m en, um einer Sitzung des „ In s titu t de d ro it in te r ­ n a tio n a l“ , welche gerade in dieser S tad t tagte, teilzunehmen. Die Übungen der 29 . Division fanden in der Gegend von Engen statt, wohin der Großherzog von der In se l M a in au aus sich begab. Wie alljährlich vereinigte der G eburtstag der Kaiserin am 50. September die Kaiserliche und Großherzogliche Fam ilie zu Baden. A m 26. September kam Kaiser W i l h e l m auf der Reise nach B aden durch K arlsruhe und wurde am M ühlburgerthor-B ahnhof vom Großherzoglichen P a a r und Prinz Ludwig unter dem A n­ drang eines großen Publikum s begrüßt, dann übersiedelte auch die Großherzogliche Fainilie zu längerem Aufenthalte nach Baden. Z u in Geburtstage der Kaiserin am 50. September w ar auch das (Erbgrofherzogliche p a a r von Freiburg eingetroffen. Z n den ersten Dktobertagen wohnte sodann der Kaiser den Rennen in Iffezheim a n , wo er am 5. Oktober persönlich dem Sieger des Armeejagdrennens den Ehrenpreis überreichte. Z um letzten R ia l w ar es am jß . Oktober unserer S tad t vergönnt, den Kaiser zu sehen. A n diesem T age reiste derselbe, vom Großherzog und der Großherzogin bis O o s begleitet, von Baden abends 5 U hr ab ; zur B egrüßung auf den: M ühlburger- thor-B ahnhof waren Prinz K a r l , Vertreter der G eneralität und Staatsbehörde anwesend; nach dem kurzen A ufenthalt von fünf M inuten fuhr der Z ug unter den pochrufen des zahlreich ver­ sammelten Publikum s gegen M annheim weiter. Die Absicht der Großherzoglichen F am ilie , gleichzeitig m it der Kaiserin am 5s. Oktober nach Berlin zu reisen, mit etwa eine Woche bei den Kaiserlichen E ltern zu verweilen, mußte auf­ gegeben werden, da ein Augenleiden die Großherzogin nötigte, sich ärztlicher Behandlung zu unterziehen. So verbrachte die G ro ß ­ herzogin ihren G eburtstag , den 3. Dezember, in der Residenz, wohin schon am 2 \ . November die Übersiedelung von Baden stattgesunden hatte. Erst am 7. Dezember reisten die Großherzog­ lichen perrschasten nach B erlin , von wo sie am sß. Dezember wieder zurückkehrten. Ernst und düster ging das j a h r zu Ende durch die betrü­ benden Nachrichten über die Krankheit des deutschen Kronprinzen F r i e d r i c h W i l h e l m . Nicht nur das schwere Geschick, welches über den künftigen Thronfolger verhängt w a r , sondern auch die harte P rü fu n g , die dadurch über unseren Kaiser und dessen gan­ zes p a u s , besonders auch die Großherzogliche Fam ilie gekommen w ar, rief überall tiefes M itleid hervor. II. Entwicklung der Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung. v abgelaufene J a h r hat einen nennenswerten Zuwachs lserer Gemeinde zu verzeichnen. Nach den statistischen Aufzeichnungen auf G rund der polizeilichen A n- und Abmeldun­ gen, sowie durch Gcmarkungserweiterungen gegen R i n t h e i m hat sich die Einwohnerzahl um \ 599 verm ehrt, fo daß dieselbe am Zahresschluß 65 ^02 betrug. Sowie sich durch Vereinigung mit M ühlburg der S tadtum ­ fang gegen Westen vergrößert h a t , drängt die eben erwähnte E rw erbung der Rintheim er Gemarkung die Grenze nach der ent­ gegengesetzten Seite vor. A uf dem südwestlich vom neuen Friedhof gelegenen Teil der Gemarkung Rintheim waren in den letzten Z ä h m t eine Anzahl größerer gewerblicher Niederlassungen entstan­ den ; weitere B auausführungen sind geplant und es ist nach den bisherigen Anfängen tnit Sicherheit zu erwarten, daß hier in nicht allzuferner Zukunft ein Industrieviertel sich ausbreiten wird. D a­ mit mußten dann naturgem äß dieselben M ißstände zu Tage treten, welche sich überall geltend machten, wo die bauliche A u s­ dehnung der S tad t über deren Gemarkungsgrenze hinauswuchs und welche z. B . seiner Zeit die Einverleibung M ühlburgs in K arlsruhe gebieterisch erheischten, w en n m an denselben verbeugen wollte, mußte ein Teil der Rintheimer Gemarkung Eigentum der Stabtgemcinbc K arlsruhe werden. So kostspielig diese M aßregel m ar, so mußte sie doch um so m ehr rechtzeitig ins Werk gesetzt werden, a ls jede weitere Zögerung sie nur im m er dringlicher und zugleich teurer und schwieriger gemacht hätte. Die Bem ühung seitens der Stadtverwaltung, eine B ebauung des Geländes am Friedhofweg zu hindern, w ar vergeblich. Obgleich nämlich dieser von der S tad t als Eigentum erworbene Weg nicht m it ändern als land­ wirtschaftlichen oder dem Friedhofverkehr dienenden Fuhrwerken befahren werden durfte, eine M itw irkung bei der Herstellung von Entwässerungsanlagen für das fragliche Gelände vonseiten des S tad trats verweigert, gegen die Genehmigung dort zu errichtender Neubauten Einspruch erhoben und den dort sich airsiedelnden F a ­ milien die städtischen Schulen gesperrt w urden, so Hat dies alles die bauliche Entwickelung nicht abgeschnitten, sondern nur wenig aufgehalten, ein Fingerzeig, daß derselben ein wirkliches B edürfnis zu Grunde liegen müsse. A m wünschenswertesten für beide Teile wäre eine v o l l s t ä n ­ d i ge B e r e i n i g u n g R intheim s m it K arlsruhe gewesen. Dieselbe bot aber wegen der den B ürgern und Hausbesitzern von Rintheim zustehenden bsolzberechtigungen besondere Schwierigkeiten rechtlicher N a tu r ; auch hätte sie, da hiezu ein Akt der Gesetzgebung erfor­ derlich ist, nicht so frühzeitig ausgeführt werden können, a ls es die Verhältnisse dringend verlangen. E s wurde daher m it der Rintheimer Gemeindebehörde ein V ertrag wegen einer teilweisen Gem arkungsabtretung abgeschlossen, wonach die S tad t K arlsruhe 90 000 ZIT. an Geldvergütung zahlt, die Bewohner Rintheim s vom städtischen Pflastergeld befreit werden, außerdem die Vergün­ stigung erhalten, daß von denselben kein höheres Schulgeld erhoben wird, wenn sie Kinder in die städtischen Schulen schicken, a ls von den Bewohnern K arlsruhes zu zahlen ist, ferner hat der S tad tra t sich verpflichtet, die gänzliche Vereinigung der Gemeinde Rintheim mit K arlsruhe nach Kräften zu befürworten, sobald solche von deick Einwohnern Rintheim s gewünscht wird. Die rasche und stetige Weiterentwicklung des städtischen Weich­ bildes führt naturgem äß eine ununterbrochene Erw eiterung der städtischen Anlagen seitens der Gemeinde im Gefolge. So wurde unseren Bürgerausschußmitgliedern am 2 . M a i Veranlassung ge­ geben , eine eingehende Darstellung des G a s - und Wasserwerk d ire k to rs 'R e ic h a rd wegen Erw eiterung und Verbesserung unseres städtischen Wasserwerks zu hören. A n der p a n d von Plänen und Skizzen wurde gezeigt, daß gegenüber dem W achstum des S tad t­ um fanges die vorhandenen Einrichtungen des Wasserwerks nicht mehr genügen und auf mehrere dringend gewordene Aufgaben (Erweiterung der Pum pstation nebst Errichtung zweier G asm oto ­ ren, Errichtung eines weiteren B runnens, eines pochrefervoirs mit Anlagen südlich des Tiergartens und in Verbindung dam it A u s­ hub bezw. Verbesserung der beiden Seen im S tadt- und Tiergarten, A usdehnung des Rohrstranges nach der Weststadt einschl. M ühl bürg) hingewiesen, deren A ufw and allerdings ca. 5^0 000 M . beansprucht. Von besonderer Wichtigkeit für die soeben erwähnten, wie für eine Reihe anderer städtischer Angelegenheiten w ar die Bürger- ausschußsitzung vom ( 8. J u l i . Nicht weniger a ls ( 8, meist her­ vorragend wichtige Gegenstände wurden, nachdem vom geschäfts­ leitenden Vorstand der Stadtverordneten in 2 vorhergehenden Sitzungen eine V orprüfung und B eratung stattgefunden, in 2 1/2stün= diger Sitzung erledigt. Unter anderem knüpfte sich eine eingehende Besprechung an die S t r a ß e n - u n d K a n a l b a u k o s t e n , in welcher Beziehung eine Änderung des S traßen- und Baufluchtengesetzes von (868 a ls wünschenswert bezeichnet wurde. Der A ntrag auf Ankauf einiger Liegenschaften behufs A us­ baues des K r a n k e n h a u s e s führte zu einer weiteren Erw ägung über die F rage einer vollständigen Verlegung des Krankenhauses durch Errichtung eines N e u b a u e s . Über die Anschauungen der in dieser Angelegenheit besonders berufenen ärztlichen (Oberleitung des Krankenhauses geben w ir unten bei Besprechung des Kranken­ wesens N äheres. I m Schöße des Bürgerausschusses waren" die Ansichten geteilt; für die nächste Zeit schien eine Erweiterung des bestehenden G ebäudes, wozu die Bauplätze seit den letzten 4 J a h re n 220 000 M . kosteten, a ls ausreichend. Der p la n einer Ncuanlage des obengenannten Wasser- und Hochreservoirs, die als ebenso praktisch und originell wie ver­ hältnism äßig wohlseil (540000 21c.) anerkannt w urde, fand fast einstimmige Annahme (87 gegen \ S tim m e); nach Beschluß der Versammlung wird die A usführung einem Unternehmer übertra­ gen, der für die Solidität seiner 2lrbeit auf sO J a h re G arantie bietet. * Längst w ar das Projekt einer Verbindung der H ardtorte mit der Stadt K arlsruhe durch eine S t r a ß e n d a m p f b a h n in der Schwebe und wurde von den beteiligten Kreisen lebhaft erörtert. I n einer am ss . F ebruar 1885 zu Hagsseld abgehaltenen, zahlreich besuchten Versammlung wurde das Projekt erstmals öffentlich besprochen. (Es wurde aus Hagsfelder B ürgern ein Konnte gebildet und beauftragt, die Sache weiter zu fördern. D a s­ selbe befaßte sich zunächst m it Untersuchungen d a rü b e r, ob der Verkehr zwischen den Hardtorten einerseits und K arlsruhe ander­ seits hinreichend groß sei, um eine S traßenbahn zu unterhalten, und kam dabei zu einem bejahenden Resultate. A m 8 . November 1,885 fand eine zweite V ersam m lung zu Hagsseld statt, zu welcher Vertreter aller beteiligten Gem einden, einschließlich der S tad t K arlsruhe, eingeladen w aren ; auch das Großherzogliche Bezirks­ am t w ar durch den G beram tm ann v. B o d m a n vertreten. Die Ergebnisse der von dem Hagsfelder K onnte veranstalteten E rhe­ bungen wurden mitgeteilt und die folgende E rörterung zeigte E in ­ mütigkeit darüber, daß die Herstellung einer Straßenbahnverbin- dung m it K arlsruhe für die Gemeinden der östlichen H ardt von größtem Nutzen sei und daß auch die R entabilität eines solchen Unternehmens bei zweckmäßiger A usführung desselben wohl gehofft werden dürfe. 2Uan hatte dabei eine norm alspurige B ah n im Auge (1,455 m Spurw eite), wie solche zwischen K arlsruhe und Durlach angelegt ist. Die Versam m lung erweiterte das seither thätige Konnte durch Zuzug von Vertretern der Gemeinden R in t­ heim, Blankenloch, Büchig, S taffo rt, Friedrichsthal und Spöck; zum Vorsitzenden wurde der Abgeordnete K . A . S c h n e i d e r hier gewählt. Z u m vornherein w ar klar, daß die in 2lussicht genommene B ah n , wenn sie ihren Zweck erfüllen sollte, ihren A nfang mög­ lichst nahe bei dem Weichbild der S tad t K arlsruhe, also ungefähr — W — beim Durlacherthor nehmen müsse. U m von hier aus in einiger­ maßen gerader Linie nach dem Friedhof und nach Rintheim zu kom m en, ist aber eine Durchschneidung des Großherzoglichen Fasanengartens notwendig und es handelte sich daher zunächst da r um, die Genehmigung des Großherzogs hiezu zu erwirken. Der S tad tra t glaubte das Ixomite um so mehr unterstützen zu müssen, a ls eine direkte Verbindung zwischen Durlacherthor und dem Friedhof auch vom Standpunkte der lokalen Interessen der S tad t im höchsten G rade wünschenswert ist, und beauftragte dem­ gemäß das Wasser- und S traßenbauam t, die erforderlichen P la n ­ skizzen zu fertigen und überhaupt dem Ixomite m it technischem R at an die p an d zu gehen. Durch E rla ß Großherzoglicher General­ intendanz der Großherzoglichen Eivilliste vom 15. Februar s886 wurde die erfreuliche Eröffnung gemacht, daß der Großherzog geneigt sei, die Anlegung einer S traße vom Durlacherthor durch den Großherzoglichen Rüchen- und Fasanengarten in der Richtung nach dem Friedhof zu genehmigen, und zu diesem Zwecke das nötige Gelände unter den feiner Zeit noch näher festzustellenden Bedin­ gungen abzutreten. Ferner gestattete der Großherzog die Vornahme der nötigen technischen Untersuchungen an © rt und Stelle. Der S tad tra t legte sodann der Großherzoglichen Generalintendanz Pläne über fragliche S traße m it dem E n tw urf einer Vereinbarung über deren A usführung vor. D a es manche Vorteile zu bieten schien, den Betrieb der S traßendam pfbahn nach den pardtorten und jenen der hiesigen Straßenbahnen in eine p a n d zu geben, wurden Verhandlungen m it der Direktion der Vereinigten K arlsruhe - UTühlburger und Durlacher Pferde- und Dampfbahn-Gesellschaft angeknüpft, deren Fortsetzung jedoch daran scheiterte, daß die Gesellschaft den B ah n ­ bau von einer Verlängerung ihrer auf die hiesigen Bahnen bezüg­ lichen Konzession abhängig machte, welche zu erwirken weder das Komite noch die Gemeindebehörde in der Lage waren. A uf Ansuchen des Kom itee wurde Ingen ieur S chücf vom S tad tra t dam it b e trau t, einen vorläufigen P la n über die Rich­ tung der B ahnlinie m it summarischem Kostenüberschlag aus­ zuarbeiten, wobei im m er noch ein norm alspuriger B a u ins Auge gefaßt w ar. I n einem ausführlichen Gutachten wies jedoch — u — 5 d? iicf überzeugend nach, daß eine solche Anlage wegen der dam it verbundenen bedeutenden kserstellungs- und Betriebskosten feine sichere Aussicht auf R entabilität darbiete, die letztere aber m it Bestimmtheit erwartet werden dürfe, wenn die B ah n schmalspurig und zwar mit 0,75 m Spurweite ausgeführt werde. I n den Verhandlungen über das projektierte Unternehmen wurde lebhaft erörtert, welcher Endpunkt für die B ah n zunächst in Aussicht zu nehmen sei. Die Vertreter der Gemeinden der untern lsardt wünschten natürlich , daß sie möglichst weit nach Norden geführt werde. A uf der ändern Seite wurde die Befürch­ tung ausgesprochen, daß für eine so ausgedehnte und darum teuere Anlage ein Unternehmer kaum gewonnen werden dürfte, daß es daher besser sei, die B ah n zunächst nur bis kfagsfeld, höchstens b is Blankenloch zu bauen und es der Zukunft zu überlasten, ob deren weitere Fortsetzung ermöglicht werden könne. N u t der lü a h l des schmalspurigen Systems sind jedoch die Bedenken hinfällig gewor­ den, welche sich an die Fortführung der B ah n bis Spöck knüpften und es darf wohl gehofft werden, einen Unternehmer für diese ganze Linie zu finden. Die B ah n würde dann eine Länge von ungefähr 15 km erhalten. E s würde dadurch ein Verkehrsband zwischen der S tad t K arlsruhe und einem Landbezirk geknüpft werden, der im ganzen 9062 Einwohner zählt und noch zudem einen beliebten A usflugs­ ort für die Städter (Stutenfee) darbietet. Der S tad tra t hat vor kurzem eine Kommission, bestehend au s den Herren S tad tra t H offm ann, Herrn Ingen ieu r Schlief und Bürgermeister Schnetzler, beauftragt, von den Einrichtungen und dem Betriebe der etwa ebensolangen und ebenfalls schmalspurigen von Liestal in der Schweiz nach W aldenburg führenden B ah n an V rt und Stelle Einsicht zu nehmen; a ls Vertreter des G roßher­ zoglichen Bezirksamts schloß sich G beram tm ann v. B odm an an. Die Genannten gewannen sämtlich die Überzeugung, daß eine B ahn von 0,75 m Spurweite den Verkehrsbedürfnissen der östlichen H ardt sowohl bezüglich der jflersonen- a ls der Güterbeförderung vollständig entspricht und daß nach aller Voraussicht die E in ­ nahmen dieser B ah n größer, die Betriebskosten dagegen geringer sein müßten, a ls es bei der lValdenburger B ah n der F a ll ist. E s handelte sich nun zunächst d a r u m , genaue P läne und Kostenvoranschläge aufzustellen, um einerseits eine sichere G rund­ lage für die Rentabilitätsberechnung zu gewinnen und andrerseits das M a te ria l zu beschaffen, welches bei Einreichung eines Gesuchs um Konzessionierung des B ahnbaues (vergl. § . 29 des S trafen- gcsetzcs vom i f . J u n i {88^ und § . 20 der Strafenpolizeiordnung vom \2 . M a i f882) erforderlich ist. F ü r K arlsruhe kommt in Betracht, d a f die B ah n den weit entlegenen Friedhof m it der S tad t verbindet. Schon lange geht das Bestreben des S tad tra ts dahin, die Leichenfeierlichkeiten in die hiezu bestimmten A nlagen des neuen Friedhofs zu verlegen, und die bisher üblichen, vom Trauerhause aus stattfindendcn Leichen­ begängnisse zu beseitigen. E ine bequeme Verbindung mit dem Friedhof wird das letzte Hindernis w egräum en, welches der er­ strebten Verbesserung bisher im Wege stand. E in Pauptvorteil aber — und dies wurde auch in der Sitzung am f 8. J u l i besonders betont, — besteht darin, d a f die A rbeits­ kräfte auch weiter entlegener M rte für die S tad t nutzbar gemacht werden können, ohne d a f die Arbeiter deshalb dem Wohnsitze in ihren £)cimatsorten völlig entzogen werden. Dadurch, d a f man von der ursprünglich in Aussicht genommenen, sehr kostspieligen Herstellung der B ah n m it Norm albetrieb abkam und zu dem Schmalspursystem überging, w ar auch die Frage der Rentabilität bedenklichen Schwierigkeiten enthoben und es wurde ein Kredit von 4300 M . zur Fertigung der Vorarbeiten zur E rbauung einer schmalspurigen B ah n über p ag sfe ld , Blankenloch, Friedrichsthal nach Spöck bewilligt. Endlich wurde auch der Wunsch ausgesprochen, d a f ein Finanzplan für die S tad t ausgearbeitet und alles leicht Verschieb­ bare in den nächsten J a h re n nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden möge. Über die f i n a n z i e l l e Lage der S tad t geben w ir auf G rund des städtischen Rechenschaftsberichts folgende, das allgemeine I n ­ teresse unserer Leser berührende, hauptsächliche Daten. Nach dem E ntw urf des Gemeindevoranschlags vom Jahre — 15 — 1887 betrug der ungedeckte A ufw and 610057 ZU. (1885: 4;13 186 ZIT.; 1886: ^9 2 342 ZIT.), der durch Um lagen zu bestreiten w ar. Dieselben erfuhren eine kleine E rhöhung und zwar kamen auf 100 ZTT. des G rund- und päusersteuerkapitals 50 P f. (bisher 2 \ P f .) , des Gewcrbesteuerkapitals 50 P f . (bisher 2<f p f .), der Einkommensteueranschläge 90 p f . (bisher 72 P f .) , des K apita l- rentensteuerkapitals 8,8 P f . (bisher 7,2 Pf.). Die notwendig gewordene E rhöhung rührt zunächst von der veränderten staatlichen Gesetzgebung her, die mehrfachen Erleich­ terungen auch für einige größere hiesige Anstalten m it bedeutenden Steuerkapitalien gewährt. Ferner ist zu bedenken, daß der Zuschuß der Stadtkaffe zur A rm en-V erw altung feit 6 J a h re n allm ählig von 106 000 ZU. auf 150 000 ZIT. jährlich angewachsen ist. Die ZUarauer B ah n verspricht etwa 10000 ZIT., das G asw erk eben­ falls etwa 10 000 ZU. (wegen des Sinkens der Thecrpreifc) weniger Überschuß. Außerdem veranlaßt die Krankenversicherung der A r­ beiter und Dienstboten jährlich für die Stadtkaffe etwa 10000 ZU. besonderen Kostenaufwand. Im m erh in aber hat unsere S tad t trotz der eingetretenen U m ­ lageerhöhung von allen größeren Städten des Landes.w ie bisher die n i e de r s t e U m lage, wie die folgende Zusammenstellung zeigt. O r t . E rh e b u n g v o n fe z o o H I.K a p ita lie n der Ungedeckter G em eiude- a u fw a n d . m. G rund- und H äuser­ steuer. Pf- G ew erb e ­ steuer. pf. E inkom ­ m ensteuer- anschläge. m . K a p ita l­ ren ten ­ steuer. pf- K o n s ta n z ............................... 8 l 8Z 2.43 8,8 2 4 9 (56 H e i d e l b e r g ......................... 44 44 (.32 8,8 394 14 : B a d e n ..................................... 45 45 (.3 5 8,8 208 550 B r u c h s a l ............................... 40 40 V20 8,8 (05 ( ( ( M a n n h e i m ......................... 34 34 (.02 8,8 ( 0 (6 600 F r e i b u r g ............................... 35 35 (.05 8,8 433 429 P fo rzh e im ............................... 37 37 ( -( ( 8,8 249 ( (6 K arlsruhe................... 30 30 0.90 0,8 610 057 Trotzdem der Umlageforderungszettel zu den wenigst angeneh­ men Zusendungen gehört, so wußte die städtische Kassenverwaltung diesen letzteren doch die harmloseste F orm zu geben. Seit ZTtitte des J a h re s wird nämlich der Forderungszettel den K arlsruher — H — E in w o h n e r n in e in e m geschlossenen L o u v e r t v o m zierlichsten B r i e f ­ f o r m a t zu g es te llt , d a s in e in e m o v a le n A u s s c h n it t die N a m e n s ­ a u fs c h r if t d e s in lie g e n d e n Z e t te l s erblicken l ä ß t , w o d u rc h der E m p f ä n g e r v o r u n b e ru fe n e n E in b lic k e n N e u g ie r ig e r geschützt ist. N a c h d e m R e ch e n sc h a ftsb e r ich t fü r d a s J a h r ̂8 8 7 b e tru g e n d ie M r t s c h a f t s e i n n a h m e n d e s J a h r e s 2 2 4 ^ f ö f N I . , g eg en ü b er d e m V o r a n s c h la g e in 211 e h r v o n 2 s s 4s50 211. D ie I V i r t s c h a f t s a u s g a b e n h a b e n sich a u f 2 0 5 ^ 5 l 7 211. b eziffert u n d ü b e rsc h rit te n den V o ra n s c h la g u m n u r \ 8 5 6 211. V o n d en 2 V i r t s c h a f t s e i n n a h m e n e n tfa lle n a u f : die R heinbahn nach M a x a u ....................... (66 475 HI. — 7,4 Proz., das W asserwerk * ) ...............................................(4 6 0 4 2 „ = 6,5 „ das G asw erk * * ) ............................................... 372 70( „ = (6,6 „ die V erbrauchssteuern......................................... 235 295 „ = (0,5 „ Zuschuß au s der S p a r- und Pfandleihkaffe ( ( 2 346 „ — 5,0 „ die U m l a g e .................................. 6 4 4 2 9 0 „ ----- 28,7 „ alle sonstigen E i n n a h m e n ............................. 566 982 M. — 25,3 Proz. D a g e g e n tre ffen v o n den A u s g a b e n a u f : die S c h u l e n ...........................................................396 809 M . ----- ( 9,5 Proz., A rm en- und K rankenpflege............................. (99 (56 „ — 9,8 U nterhaltung der S traß en re............................(84 ((3 „ — 9,( Schuldentilgung und Verzinsung . . . . 709 860 „ — 34,9 G e m ein d ev e rw a ltu n g ......................................... 2(3 656 „ — (0,5 Die übrigen P o s i t i o n e n ................................... 3 3 0 9 2 3 „ — ( 6,2 *) B e im städtischen W a s s e r w e r k betrug (887 der G esam tw asser­ verbrauch 2 ( Z ( 8-(2 R ubikm . gegen 2 0 6 0 2 5 ( K iib tfm . des J a h r e s (886. D ie stärkste T a g e sa b g a b e betrug (2 573 K u b tfm ., die schwächste 2 789 Rubikm . Z u öffentlichen Zw ecken, S tra ß o n g ic ß e n , F o n tä n e n u. s. w . w urden 454 424 R ubikm . abgegeben. E n d e (887 betrug die L änge des ffaux tröhrennetzes 63 325,37 M e te r , die Z a h l der öffentlichen B ru n n e n 5 6 , der F eu e rh ah n cn 366, der F o n tä n e n 7 . **) J i n städtischen G a s w e r k w u rd en vom ( . M a i ( 8 8 6 b is 30 . A pril (887 4 ( 4 9 065 R ubikm . G a s erzeugt gegen 3 9 4 ( 6 3 0 R ubikm . iin J a h r (8 8 5 /8 6 . A bgegeben w u rd en fü r öffentliche B e leuch tung 4 9 0 4 3 t Rubikm ., fü r P riv a tb e le u ch tu n g 3 0 47 775 R ubikm . D ie Z a h l der öffentlichen L a te rn en ­ flam m en b etrug ( 4 6 5 ; G asm esser w a re n am 3 0 . A p ril (887 3528 ausgestellt u n d die L änge der k saup tle itung betrug a n dem selben T a g e 5 ( 233,37 M eter. — f5 — Die M ehreinnahm en des J a h re s \ 887 ermöglichten cs , für ^888 den gleichen Umlagefuß beizubehalten. Die Anlehensschulden der S tad t betrugen Ende des J a h re s f8 8 7 : f f 7 6 6^00 M .; davon sollen im laufenden J a h re ( f 888) getilgt werden 52g 600 211, so daß Ende f 888 die Restanlehens- schuld noch f f 4f5G 800 211 betragen wird. Die verzinslich angelegten Anlehensbestände betrugen auf I a h - resschluß f 887: f f S Of Gö 211, welche Sum m e aber bereits für die bereits begonnenen und vom Bürgerausschuß genehmigten Unternehmungen unzulänglich ist, so daß im J a h re f 889 d l Aufnahme eines weiteren Anlehens nötig fallen wird. D as reine Vermögen der S tad t betrug Ende f 887 : 828 228 211, worunter aber verschiedene noch nicht sertiggestellte B auten nicht mitbegriffxn sind. Auch sind dabei die Gebäulichkeiten nur mit dem verhältnism äßig sehr niederen Brandversicherungs­ anschlag und die gewerblichen Anlagen, städtischen Betriebsanstal­ ten nur m it den Erstellungskosten ausgenommen. Letztere sind bedeutend niedriger a ls die nach dem Reinertrag sich ergebenden Hprozentigcn lvertanschläge, wie aus folgender Zusammenstellung zu ersehen: w c rta n sc h la g nach dem L rste llungskosten : R e in e r t r a g : R hoineisenbahn . . . . \ 278 8 4 5 4 5 I t i. 4 457 500 HT, W a s s e r w e r k .........................( 833 04 4 .8 7 „ 3 2 2 ( (2 5 „ G a s w e r k ............................... ; 9 0 7 0 7 ; .6 7 „_________ 7 7 0 ; 0 2 5 , 5 0 ( 8 9 6 V 69 n t . [5 379 650 ITI. 2 . I n der G e m e i n d e v e r w a l t u n g sind nu r wenige Ander- ungen zu berichten. I n der Bürgerausschußsitzung vom 7. M ärz wurde A m ts- revident J o s e f A m m a n n von Bellingen zum städtischen Ver- rcchner ernannt und m it der Führung und Verrechnung der Rassen des Schlacht- und Viehhofes sowie der Verbrauchssteuerkasse be­ traut. Ferner wurden der städtische Rechnungsrat G e o r g Beck, Kassier W i l h e l m S a c h s , Sekretär I V ü r g e s und Registrator K a r l Z i e g l e r mit Ruhegehaltsberechtigung angestellt. T— S e i der außerordentlich lebhaften hiesigen Bauthätigkeit mußte es längst fühlbar werden, daß die behördliche P rüfung der B a u ­ projekte und die Überwachung der planm äßigen Bauausführungen m it der seitherigen (Organisation nicht mehr durchführbar ist. D aher wurde das A m t eines G rtsb au ra ts , m it welchem die^prü- fung der B aupläne und die Erstattung von bautechnischen G u t­ achten verbunden ist, dem Architekten T h e o d o r A r m b r u s t er von (Dffenburg übertragen. I m BXärz fand die W ahl von 4%8 nach der Städteordnung aus ihrem Amte austretenden Stadtverordneten statt. A m 13. A pril wurden die bisher dem S tad tra t angehörigen 11 Herren: M . B ö c k h , A . D e s e p t e , F. XD. D ö r i n g , ID. E n g e l h a r d t , F r . G a n s e r , £. A a u t t , £. ZHc c ß , I . N a ­ g e l , XD. S p e m a n n , X)- V i e r o r d t , G. X D i d m a n n wieder­ gewählt. Z u M itgliedern des geschäftsleitenden Vorstandes der Stadtverordneten: A . A . S c h n e i d e r a ls (Dbmann, £. S c h w i n d ! a ls Stellvertreter des V b m an n s, A . D e n g l e r , E . F i e s e r , A. H e i d e n r e i ch , XD. S c h u s s e l e , £. XValtz. Der a ls Sekretär beim S tad tra t beschäftigte Referendär G r o s c h erhielt im £aufe des J a h re s (Jun i) die Stellvertretung für den Standesbeam ten in Bezug auf die £eitung und Beurkun­ dung der Eheschließungen. o . Über die T h ä t i g k e i t d e r G e m e i n d e k o l l e g i e n sei fol­ gendes bemerkt: I m J a h r e ( 8 8 7 h i e l t d e r S t a d t r a t 58 S itzungen ((8 8 6 6 ( ) ab . D e r B ü r g e r a u s s c h u ß h a tte 3 S itzungen und erledigte d a rin 29 G e ­ genstände ( (8 8 6 7 S itzungen m it 33 G egenständen). D ie verschiedenen städtischen K om m issionen h a tte n zusam m en 2 ( 3 S itzun­ gen, d a ru n te r die D e rm ö g e n sz e u g n isk a m m iss ia n .................................... 26, die B a u k o m m is s io n ...................................................................55, der A r m e n r a t ............................................................................... 24 , die K rankenhauskom m ission . . ................................. ( ( , die Schulkom m ission . .v .........................................................9 , der V r t s g e s u n d h e i t s r a t ............................................. u , die K rankenversicherungskom m ission ........................6, die S ta d tg a r te n k o m m is s io n .......................................... 6, die G a s - und W asserw erkskom m ission . . . . 9 , der V e rw a ltu n g s ra t der städt. S p a r - u n d p f a n d - leihkasse............................................................................. ( 5, der v e rw altu n g sra t der städt. Hypothekenbank . 8. D er gesam te G eldverkehr b e trug bei den u n te r V e rw a ltu n g des S ta d t ­ rechners stehenden blassen 22 0 * 8 0 0 0 ITT., bei den dem A rm enkassenverrechner unterstehenden blassen \ 653 7 ^ JH. 86 p s t , bei der S p a r - und P fa n d » leihkasse einschließlich Schulsparkasse und H ypothekenbank 8 350 000 JH. B e im B ü rg e rm e iste ram t w a re n n T57 Livilprozesse a n h ä n g ig , w ovon a u f gewerbliche S tre itigkeiten (77 en tfa llen . V on den L ivilrechtsstreitigkeiten w u rd en e rled ig t: V durch das Bürgerm eisteram t durch V e r u r t e i l u n g ............................................................. 604, . durch A bw eisung ..............................................................(04 , durch v e r g le ic h e ................................................................. 2 ( 0 , durch Verzicht auf die K l a g e ................................... 6 2 ; 2. durch das gewerbliche Schiedsgericht: durch V e ru r te ilu n g ........................................ 62 , durch A b w e i s u n g ......................................................................55, durch V e r g le ic h ........................................................................... 30, durch Verzicht auf die K l a g e ................................... 2 \. Z a h lu n g sb e feh le w u rd en erlassen 2655, V ollstreckungsbefehle 843 , w id er­ sprochen w u rd en 3 9 3 Z ah lu n g sb e feh le *)• Sühneversuche fan d en sta tt 2 4 5 , bei 7 ( g e lang die S ü h n e , bei (73 m iß ­ la n g sie, ein F a ll w u rd e fü r beruhend erk lä rt, außerdem kam en 7 S ü h n e v e r ­ suche in F orderungssachen vor. *) W ir fügen h ie r noch die durch d as hiesige A m tsgerich t in den J a h r e n ( 8 8 2 — ( 8 8 7 erlassenen Z a h lu n g ? - und vo llstreckungsbefeh le, die v e r la n g te n und vollzogenen F a h rn isp fä n d u n g e n , K onkurse u. s. w . an . Erlassene vo llstre- v o ll- zogene L röff- 2lu f ge­ n o m m en e Z ah lu n g s- ckungs- F a h rn isp fä n d u n g e n . schafts-vollftreck- K on­ kurse. W echsel­ proteste. ( 8 8 2 . . « e fe q ie , . . 4 0 2 7 ( 4 0 2 2 9 2 3 ( 5 6 ungen . ( 0 0 ( 3 ( 3 6 0 ( 8 8 3 . . - - 3 6 ( 4 ( ( 9 ( 3 5 4 3 ( 9 1 7 ( 2 7 ( 7 ( 8 ( 8 8 4 - - . . 3 3 5 ( ( 0 2 5 3 6 6 6 ( 4 0 S ( 2 ( ( 3 ( 5 ( 8 8 5 . . . . 3 ( 0 3 ( 0 ( 4 3 6 8 0 2 0 7 2 3 2 6 ( ( 8 ( ( 8 8 6 . . . . 3 0 4 2 ( 0 5 2 3 8 9 2 2 0 4 ( 5 ( 8 ( 4 6 6 ( 8 8 7 . . - - 3 ( ( 5 9 7 9 4 8 ( 5 2 3 7 3 6 ( 9 ( 6 9 ( \8 - P o m G r t s g e f u n d h e i t s r a t wurden folgende W arnungen gegen die in den öffentlichen B lättern angezeigten lfeilinittelfchwin M eten erlassen: V gegen d a s „bfexenschußpflaster" e ines gewissen A d o l f S t e i n e r in H a m b u rg ; 2. gegen d a s D r . V i d t i n a n n f c h e p u r g a t i f gegen ß äm o rrb o ib en , L eberleiden rc .; 3 . gegen G . S e i f e r t s „e ig en artig p rä p a rie rte Schafw olle a ls au g en ­ blicklich gegen G ich t w irkendes M itte l" ; 4 . gegen d a s in 6 S prachen an g ep rie se n e , „selbst in den schwersten F ä lle n der Schwindsucht w irkende p u lv e r gegen A sthm a" eines gewissen £j. <£ 16 r y in M a rs e il le ; 5 . gegen die von einem A d o l f W i n t e r in S te t t in a ls „sicherste bsilfe gegen G icht und R h e u m a tis m u s" angepriesenen „verbesserten G ich t-A p p ara te" ; 6 . gegen d a s so ziemlich fü r a lle K ran k h e iten angeblich w u n d e r w ir ­ kende kseilm ittel „ W a r n e r s S a f e C u r e " der F irm a 8 . 8 . W a r ­ n e r & E i e . in F ra n k fu r t a . M . ; 7 . gegen d a s „ I n d i a n - p f l a s t e r " des A pothekers I . S c h r ä d e r in F e u e rb a c h -S tu ttg a r t ; 8 . gegen d a s a ls „erfolgreiches U n iversa l-M ed ikam en t gegen G icht und R h e u m a tis m u s " angexriesene M itte l „ k s ä m a t o n " des A pothekers b f a r t z e m a in A m sterdam ; 9 . gegen d a s in Z e itu n g e n a ls P rofessor D r. L i e b e r s „N erv en - K ra f t-E lix ir" „ fü r a l le , selbst die hartnäckigsten N erven le iden" a n ­ gepriesene H e ilm itte l; ( 0 . gegen die „p a ten tie r ten , vervollkom m ncten , künstlichen D h rtro m m eln " e in es gewissen I . 8 . N i c h o l s o n in B e r l i n ; tV gegen den S pezialisten K a r r e r - G a l l a t t i in G la ru s , der T runk­ sucht „m it und ohne W issen" bese itig t; z 2 . gegen die „ S a n j a n a - k s e i l m e t h o d e " der S a n j a n a - E o m - p a g n i e zu E g h a m in E n g la n d ; t3 . gegen d a s von den G e b rü d e r A l b e r t und E m i l Z e n k n e r in B e r l in gegen L ungen le iden angexriesene B e ilm itte l „ A m erican con- su m p tio n C u re “ ; XU. gegen d a s h ie r verk au fte angebliche M itte l gegen A s th m a , B ro n ­ chitis ic . „H im ro d s C u re “ ; \ 5 . gegen die von einem gewissen B r e m i c k e r in G la r u s angepriesenen H e ilm itte l; t s . gegen d a s von dem A . E r n e r a u s W a rn sd o rf in B öhm en an g e ­ priesene „billige H a u sm itte l gegen B la se n k a ta rrh " . — 19 — Hinsichtlich des s t ä d t i s c h e n L a b o r a t o r i u m s ist auf Anregung des M inisterium s des In n e rn eine Änderung be­ schlossen worden, insofern m it der chemischen Untersuchungsstation der technischen Hochschule ein V ertrag abgeschlossen wurde, wonach dieser Station die V ornahm e der durch die Drtspolizeibehördc angeordneten chemischen Untersuchungen gegen eine jährliche P a u ­ schalvergütung übertragen wurde. M it dem J a h r \888 geht daher das s t äd t i s che Laboratorium ein. Die von letzterem im Ja h re s 887 vorgenommenen Untersuchungen umfassen 59! Fälle, davon wurden 3q (darunter 26 m al bei Milch) beanstandet. D as städtische A rc h iv erfuhr auch im vergangenen J a h re eine große Bereicherung. Von allen Seiten der Einwohnerschaft liefen Beiträge zum Teil sehr seltener und wertvoller A rt ein, so daß die derzeitigen Räumlichkeiten im Rathause bereits nicht mehr ausreichend sind. Vonseiten der Archivkommission wurden folgende E rinner­ ungstafeln angebracht: V K aiserstraße 2 0 9 , S an d ste in ta fe l m it der I n s c h r i f t : „Ester stand b is d a s M ü h lb u rg e r T h o r" . 2 . K ronenstraße 5 8 , eben fa lls S an d ste in ta fe l: „Ester stand b is (8 5 q d as 1779 erbau te R ü p p u rre r T h o r" . F e rn e r w urden dem F re ih e rrn v. D r a i s (geb. in K a r ls ru h e am 2 9 . A p ril 1 7 8 5 , h ier gestorben am 10 . D ezem ber 1 8 5 1 ) a ls „E rfin d e r des F a h r ra d s " vom B icycle-K lub am Esaufe Esebelstraße q , a ls „ E rfin d e r des Z w e ira d s " vom R a d fa h re rv e re in am Rondellplatz (K arlfried richstraße 2 2 ) E r in n e ru n g s ­ ta fe ln angebracht. Besonders ging das Bestreben der Archiv-Aommission da­ h in, eine Sam m lung von P o rtra its (Stiche oder Photographien) hervorragender, durch ihre Wirksamkeit in unserer S tad t bedeu­ tender M änner anzulegen, wozu deren Angehörige und Nach­ kommen in bereitwilligster Weise Zuwendungen machten. Nach den bisherigen Anfängen verspricht diese Sam m lung eine ebenso reiche als für das geschichtliche Interesse höchst wertvolle zu werden. D as mehr und mehr anwachsende archivalische M ateria l, Akten, P län e , Skizzen, handschriftliche Aufzeichnungen, Fahnen, Uniformen :c. nebst der hauptsächlich auf die Geschichte der S tad t 2 * und des Landes bezüglichen Bibliothek sind z. Z t. im 5. Stocke des R athauses notdürftig untergebracht, hoffentlich ist die Zeit nicht fern, die Benützung des Archivs durch Beschaffung genügen­ der Räumlichkeiten dem allgemeinen Publikum möglich zu m'achen. U m einstweilen dem städtischen Publikum einen Einblick in die Schätze des Archivs zu geben, wurde eine A r c h i v a u s s t c l l u n g veranstaltet, über welche w ir unten unter „Ausstellungen" näheres berichten. I m Laufe des J a h re s erschien auch in einzelnen Lieferungen eine „Geschichte der S tad t K arlsruhe" im Verlage von Wacklot. Professor G . F e c h t hat das ihm übertragene Geschichts­ werk auf Weihnachten fertig gestellt. Die Schwierigkeiten der erstmaligen systematischen geschichtlichen Darstellung einer so rasch von kleinen Verhältnissen aufgeblühten S tad t mit ihren für Hof und E inw ohnerschaft, S ta a t , G em einde, K irche, Schule, politi­ sches und soziales Gebiet bedeutungsvollen Erscheinungen mußten sich bei der A usarbeitung um so mehr geltend machen, a ls eigent­ liche Vorarbeiten sogut wie gar nicht Vorlagen. D as 60^ Seiten umfassende Werk bietet eine W enge M ateria l und wird für jede künftige A rbeit wertvolle Bausteine liefern. III. Bauliche Entwicklung der Stadt. v J a h r H 887 brachte, wie bereits erw ähnt, wiederum re Vergrößerung des G em arkungsunifangs der S tadt, indem ein Teil des R i n t h e i m er Geländes von 29,08 h a nach Genehmigung des Staatsm inisterium s vom 4 . Juni in den Besitz K arlsruhes überging. Die Vergütungssumme an die Gemeinde Rintheim betrug 90 000 M . Strafenneubauten kamen in umfangreichem M aß e zur A u s­ führung : \ . Die zu (Ehren des Komponisten L a c h n e r benannte S traße, östlich der Ostendstraße, wurde durch Beschluß vorn 2 . J u n i 1887 genehmigt. F ü r den B au dieser S traße waren 9149 B t. bewilligt. Der S traßenbau begann den s6 . Ju li s887 , die Vollendung fällt in das J a h r f 888 . 2 . Die Herstellung der Hirschstraße zwischen Gartenstraße und Rheinbahnstraße wurde durch den Bürgerausschuß vom 24 . F u n i s887 m it einem A ufw and von 5 6 2 5 5 M . genehmigt. Der S traßenbau begann am s7. Dezember und wurde im F ah r 1888 beendigt. 3 . Die ebenfalls durch den Bürgerausschuß am 24 . F u n i s887 genehmigte Herstellung der Kurvenstraße m it einem Auf? wand von 25 372 M . wurde im August begonnen, die Beendigung fällt voraussichtlich in das J a h r f889. 22 — 4. Die Verlängerung der A arlstraße südlich der Verbindungs­ b ah n , auch in obiger Bürgerausschußsitzung mit einem A ufw and von 12 135 M . genehmigt, wurde im Gktober s887 begonnen und im J a h r 1888 beendigt. 5. U m die nämliche Zeit fällt auch die Herstellung der Süd- endstraße, die in der Sitzung des Bürgerausschusses vom 24 . J u n i 1887 m it einem Aufwand von ^0 759 2TL beschlossen wurde. 6. Auch die Herstellung der Parallelstraße zur Beiertheimer Allee wurde, wie die vorhergehenden, in gleicher B ürger­ ausschußsitzung m it 8954 M . genehmigt. Der Beginn dieses S traßenbaues fällt in den M onat Dezember, die Vollendung in das J a h r 1888. 7. M it der, durch den Bürgerausschuß am 18. J u n i 1887 genehmigten Herstellung der M aricnsiraße wurde nicht mehr begonnen. Die Bewilligung hierfür betrug 45 400 M . 8. Die Verlängerung der G arten- und Lessingstraße geneh­ migte der Bürgerausschuß in der Sitzung vom 14. J a ­ n u ar 1887 m it einer Bausum m e von 57 540 M . Begonnen wurde der S traßenbau im A pril 1887, beendet im J a h r 1888. 9 . Die bisher im Privateigentum der Gebrüder Pfeiffer ge­ legene Hildastraße im Stadtteil M ühlburg , übernahm zu­ folge (Eingabe obengenannter vom 14. M ärz 1887 die S tad t a ls M rtsstraße und stellte sie vollständig her. Die Rosten hierfür betrugen 199 M . 70 P f . , welcher Betrag der Stadtkasse von den Gebr. Pfeiffer wieder rückvergütet wurde. Endlich wurde auf Wunsch der Bewohner der Nam e der Q u e r s t r a ß e in „ F a s a n e n s t r a ß e " abgeändert. R analbauten wurden im J a h r 1887 genehmigt: I n der Gartenstraße westlich der M apaubahn kam laut B ü r­ gerausschußbeschluß vom 14. J a n u a r 1887 ein provisorischer K ana l m it Lettendichtung Zur Verlegung. Die Bewilligung hierfür betrug 6 600 M . — 2,ö — 3 m Beiertheimer Stadtteil w aren folgende Straßenkanalisie­ rungen vorgesehen: a . Hirschstraße, zwischen G a r te n - und R h e in b ah n straß e , b . R oonstraße, zwischen fjirfch- u n d K urvenstraße , o. K urvenstraße, zwischen Hirsch- und K arlstraß e , d. K arlstraße, zwischen K u rv e n - u n d S üdendstraße , e. Südendstraße, zwischen K arls traß e und B e ie rth e im e r A llee, f. P a ra lle ls traß e zu r B e ie rth e im er A lle e , zwischen S ü d endstraße u n d K u rv en b ah n , g . B e ie rth e im er A llee, zwischen S ü d en d - u n d G arten straß e . Die Bewilligung hiefür betrug 78 545 ZU. laut B ürgeraus- fchußbcfchluß vom 2 \ . J u n i (887. 3 » i J a h re (887 wurde nur noch der K an a l in der G arten ­ straße fertig gestellt, während die Fertigstellung der übrigen K anäle des Beiertheimer S tadtteils im 3 a hr 1888 erfolgte. Die Gesamtlänge der im 3 a h r ^887 zur Erstellung geneh­ migten K anäle beträgt 20 s 6,66 laufende M eter. 2 . Besonders lebhaft w ar die B a u t h ä t i g k e i t . S t ä d t i s c h e B a u t e n wurden (887 aufgeführt: V E in Dienstwohngebäude (mit B ad) für die Bediensteten des Schlacht- und Biehhofs m it einem A ufw ands von ^0 000 M . Der B au wurde im August begonnen und noch vor W inter im R ohbau vollendet. 2 . E ine Turnhalle im Stadtteil M ü h lb u rg , für welchen iß 800 21T. bewilligt waren. Der im A pril begonnene B au wurde im (Oktober vollendet; die Baukosten betrugen (4 700 M . 5. E in Stockaufbau auf das Schulhaus im Stadtteil M ü h l- burg. Die Arbeiten wurden über die Spätjahrsserien au s­ geführt und der R ohbau auch in dieser Zeit vollendet. Der Aufw and betrug 50 000 M . 4. E in Schulbad im Schulhause Spitalstraße 28. Die Kosten der A usführung betrugen 2 500 2TL Dem Stifter S tad tra t K a r l H o f f m a n n zu E hren wurde eine M arm orta fe l im Schulhause angebracht. — 24 — 5. L in V ergrößerungsbau der Realschule, der 8 Lehrsäle und R aun i für ein Schülerbad um faßt. Die Arbeiten wurden noch vor W inter im R ohbau fertig. F ü r den Aufwand hatte der Bürgerausfchuß 7 s 000 M . bewilligt. 6. E in Schulhausbau in der Leopoldstraße. Derselbe wurde im 3 u l t f 887 begonnen und in diesem J a h re bis zur Stoet- . gurte des 2 . Obergeschosses geführt. Vor dem Schulhnufc ist ein freier Platz m it monumentalem Brunnen in Aussicht genommen. F ü r die Kosten sind 270 000 27T. bewilligt. Alle die erwähnten B auten wurden von Stadtbaumeister S t r i e d e r entworfen und unter dessen Leitung ausgeführt. Die letztjährige Ehronik erwähnte noch die Inangriffnahm e des B aues der neuen p r o t e s t a n t i s c h e n Ki r c h e im B ahnhof­ stadtteil. A m 28. A pril V orm ittags f s U hr fand unter großer Beteiligung die feierliche Grundsteinlegung derselben statt. Die S traßen des Bahnhofstadtteils, besonders der Werderplatz, waren festlich beflaggt. Z u r angegebenen Zeit erschienen der Großherzog und die G roßherzogin, die gerade hier anwesende Kronprinzessin Viktoria von Schweden und Prinz K arl. Nach dem vom Kirchen­ chor vorgetragenen C h o ra l: „Lobe den P e rm " und dem Gebet des M ilitä roberp farrers S c h mi d t hielt S tadtpfarrer B r ü c k n e r die Festrede, w oraus S ta a ts ra t von U n g e r n - S t e r n b e r g die Urkunde verlas und der den B a u leitende B a u ra t D k m e r die kupferne Kapsel mit der Urkunde in den ausgehöhlten Stein ein­ fügte. Unter den Klängen eines Posaunenchors wurde sodann der Grundstein, am rechten Seiteneingang der Kirche, aufgesetzt. Der Baumeister der Kirche, M aurerm eister S c h m i d t , überreichte dem Großherzog den silbernen pam m er nebst Kelle, m it denen 1807 Großherzog K a r l F r i e d r i c h die Grundsteinlegung zur S tad t­ kirche vollzogen hatte. Der Großherzog vollzog die drei pam m er- schläge. I h m folgten Prinz K a r l , der Präsident des evangelischen Gberkirchenrats D r. von S t ö s s e r , der Dekan der Diözese K arls ­ ruhe, D r. Z i t t e l , und der Vorsitzende der Baukommission, Frei­ herr von U n g e r n - S t e r n b e r g . M it Gebet und Gesang schloß der Weiheakt, dem auch Ver­ treter der S taa ts-, städtischen und kirchlichen Behörden anwohnten. W ährend der A ufbau der neuen Kirche planm äßig seinen Fortgang n a h m , so daß das Langhaus noch vor E in tritt des W inters unter Dach k a m , wurde wiederholt in den öffentlichen B lättern Klage darüber geführt, daß die f r e i w i l l i g e n G a b e n für diesen B au den anfangs gehegten E rw artungen nicht ent­ sprachen. Z u r Leistung der üblichen Abschlagszahlungen an die Bauleute mußte noch ein weiteres Anlehen im Betrage von 25 000 AI. ausgenommen w erden, welche Sum m e von St G e­ meindegliedern in dankenswerter Weife vorgeschossen wurde. Der E rtrag der freiwilligen Selbstbesteuerung der Gem einde, welche zur (Ermöglichung des B aues im Z a h r (885 eingeführt wurde, ertrug erheblich weniger, a ls im B orjahre (nur 6 500 A I. gegen (0 000 A I. des V orjahrs). Unter diesen Umständen wurde das von der Regierung in Aussicht genommene Kirchenbesteuerungs- gesetz vom Kirchengemeinderat mit besonderer G enugthuung begrüßt. Auch die p r i v a t b a u t h ä t i g k e i t w ar eine äußerst rege. Gerade hinsichtlich des Baugewerbes äußert sich der H andels­ bericht durchaus befriedigend. Z w a r hatte das J a h r m it wenig erfreulichen Aussichten begonnen. Zunächst w ar cs der lange W inter von (886 auf (8 8 7 , sodann die T rübung des politischen Horizontes (Septennatsfrage), welche nacheinander die Baulust zu hemmen schienen. K aum aber hatten sich Winterkälte und politische Wolken verzogen, so kam ein Z u g in die B a u t h ä t i g k e i t , wie er wohl seit Alitte der 70er Z ahre kaum wieder einmal beobachtet wurde. Der G rund des lebhaften Aufschwungs derselben m ag zu­ nächst im billigen Gelde liegen, wie es seit einigen Ja h re n die kleinen Rentner in unserer S ta d t, denen die gesunkene Rente der Staatspapiere nicht mehr genügt, den Anerbietungen der Unterneh­ mer folgend, auf den A larkt bringen; sodann in dem Umstande, daß nach Beschluß der Gemeindebehörde demnächst die sogenannte B aupräm ie, ein seit langen Ja h re n sowohl zur Förderung der Neubauten als auch einer schmuckeren Fayadenbildung gewährter Zuschuß der Gemeinde — zuletzt nur noch für die Kaiserstraße — aufhören wird. D a nämlich die privatbauthätigkeit in den letzten Z ahren so nördliche Seite erhält größere, teilweise schon begonnene öffentliche Gebäude, wie die Vcreinsklinik des badischen Frauenvereins. Der B au desselben gegenüber dem von der Scheffel- und Schillerstraße eingeschlossenen B auquadra t ist dem B a u ra t W e i n b r e n n e r übertragen. Die der Kaiferallee zugewendete Fayade soll eine Länge von 58 m erhalten, und durch einen zweistöckigen M ittelbau , zwei anderthalbstöckige Zwischenbauten sowie an den Ecken zweistöckige, nach der Tiefe des Platzes laufende Flügelgebäude erhalten. Z m oberen Stock des M ittelbaues sollen auch freundliche Z im m er für Pfründner in Aussicht genommen sein. Zwei andere größere B auten in derselben Gegend werden in Bälde Nachfolgen, nämlich die Dragonerkaserne und das Kadetten- Haus. M it großer Freude wurde die Nachricht begrüßt, daß für die Errichtung eines neuen Kadettenhauses für W ürttem berg, B aden , Elsaß-Lothringen und Hessen unsere S tad t in Aussicht genommen sei. W enn es auch zunächst die manchfachen Borteile einer solchen großartig angelegten Anstalt für den O rtsverkehr waren, welche in Betracht kamen und Befriedigung hervorriefen, so dürfte m an in der W ahl gerade unserer S tad t doch auch einen Beweis erblicken für die Anerkennung, welche unserer aufblühenden Residenz den Borzug vor anderen Städten Süddeutschlands ver­ schafft haben. Auch im Süden gegen Beiertheim wachsen neue S traßen mit ansehnlichen Bauten aus dem Boden. Nicht geringer entfaltet sich die Ausdehnung des Häusernetzes im Osten gegen Durlach. I m J a h re ̂887 wurden vom Bezirksamt 427 Baugeneh­ migungen eingeholt, davon entfällt etwa die Hälfte auf Errichtung bezw. Vergrößerung von W ohnbauten. N e u b a u t e n von Häusern wurden im ganzen s58 auf- geführt, die sich so verteilen: A u g a rte n stra ß e ................................................................................12 K urven-, Luisen-, W erderstraße j e .......................................9 R aiserstraße.........................................................................................8 G a r t e n s t r a ß e ..................................................................................7 G ren zstraß e ........................................................................................ 6 K aiscrallee, W estendstraße j e ..................................................5 — 28 — G ö th e -, G o tte sa u e r- , R ü p x u rre rs tra ß e jo , . . . 4 U hland-, Lessing-, R h e i n , F ried en -, Kirsch-, Marl«, S chw anenstraße j e ........................................................3 A ugusta-, S o fie n -, B ism arc k -, M iegstraße, B e ie rt- heim er A llee, Bebel», W ald h o rn -, D stend-, Uta» rien -, B ildastraße j e ....................................................... 2 • Scheffel-, S ch ille r-, M ö rn e r-, A m a lie n - , Leopold-, R it te r - , A dler-, K ronen«, D urlacherstraße, G o t- te s a u , L an d g rab e n , W ilh e lm -, Schützen-, Stein», w a ld s tra ß e j e ................................................................... \ Port diesen im letzten J a h re erstandenen Neubauten verdienen einige hier besondere E rw ähnung. E in großstädtisches Perkehrslokal ersten Ranges erhielt unsere S tad t in dem C a f e S a u e r . A n Stelle des Gebäudekomplexes hinter dem Rathause w ar durch Architekt H e r m a n n hier ein stattlicher N eubau errichtet worden für ein C a fe , das unter den in den letzten J a h re n hergestellten ähnlichen hiesigen Lokalitäten durch seine großartige Anlage in erster Linie steht. Der unter­ nehmenden F irm a H e r m a n n & P i v e l gelang es, für den Betrieb 2TI. S a u e r aus B e rlin , den Besitzer des dortigen weitbekannten großen C afes, zu gewinnen. Die M rtfchaftsräum e sind von S traßen zugänglich und nehmen beinahe das ganze Erdgeschoß des umfangreichen Neu­ baus in Anspruch. A n der bfebelstraße liegt der große Aaffeesaal, an der Lanrmstraße ein B illa rd faa l, beide im Renaissancestil ge­ halten , daran anstoßend ist ein kleinerer S a a l in orientalischem Geschmack und gegen die Zähringerstraße ein Restaurationszimmer im Renaissancestil. B on der Turm straße gelangt m an in den romanisch gehaltenen, m it Säulen und Kreuzgewölben ausgestatte­ ten ca. 20 M eter langen und 7— 8 M eter breiten Ratskeller. Die dekorative Ausschmückung dieser Räum e darf als gelungen, teil­ weise sogar reich und originell bezeichnet werden, wie denn ein zur Eröffnung hier anwesender Pertreter der Berliner Presse er­ klärte, das hiesige C afe B auer übertreffe durch seine Ausstattung sogar das gleichnamige Berliner Lokal. F ü r die inneren Deko­ rationsarbeiten waren die Architekten A e m p e r m a n n und S l e - v o g t beigezogen worden. A m Borabend des E röffnungstages versammelte sich auf — 29 — besondere E inladung des M . B a u e r eine große Gesellschaft hie­ siger H erren, M itglieder der bsosverwaltung, des Offizierstandes, S taa ts- und Geineindebeamte u. f. m ., um von den R äum lich­ keiten Einblick zu nehmen. A m darauffolgenden S o n n ta g , den 23. O k tober, erfolgte um die M ittagsstunde unter größtem A ndrang die Eröffnung für das Gesamtpublikum. Jederm ann mußte sich von der W ahrheit der Schilderungen dieser großartigen Neuschöpfung überzeugen und es verstand sich von selbst, daß auch unser K arlsruher Lokaltypus, der Rentner und P rivatier B ierm aier m it seiner Fam ilie hinging und aus dem B o rra t von Zeitungen sich eine türkische Zeitung reichen ließ, die natürlich auch da w ar. Selbstverständlich brachten die verschiedensten B lätter eingehende Berichte über das neue C afe, die, wie billig , alle des Lobes voll waren. D aß aber ein Berliner B la tt die Eröffnung a ls „ m ar­ kanten Wendepunkt im öffentlichen Leben der stillen Residenzstadt" bezeichnete, m it dem eine neue A era für die „Provinzialstadt" oder „Provinzialhauptstadt" beginne, sei hier mehr a ls rhetorische Leistung, denn als objektive Berichterstattung erwähnt. E in anderes, die öffentliche Aufmerksamkeit in hohem G rade erregendes Unternehmen w ar der neue Straßenverbindungsweg zwi­ schen der Kaiserstraße und Akademiestraße, die „ K a i s e r p a s s a g e " . A ls zu A nfang der 70iger J a h r e der P la n einer solchen Verbindung zum ersten M ale austauchte, schienen die Hindernisse unübersteiglich. Und allerdings waren die Schwierigkeiten für die neue Anlage nicht gering. D aß sie glücklich überwunden sind und der S tad t ein ebenso originelles wie g roßartiges, neues bauliches Werk erhalten h a t, ist der M ühe und Energie des Unternehmers K a r l Be t z , wie der Geschicklichkeit des leitenden Architekten G . Z i e g l e r zu danken. Schon gleich zu Beginn des B aues erhob sich eine lebhafte Zeitungsfehde, wie die Neuschöpfung be­ zeichnet werden solle. Dem einen w ar der N am e „ P a s s a g e " zu großstädtisch oder fremdländisch, die Bezeichnung „ G a l e r i e " zu herausfordernd, an die berühmte und im großartigsten M aß e ausgeführte M ailänder Namensschwester erinnernd, ein anderer fand „G an g " oder „Durchgang" als gar zu bescheidene und ein- — oO —— fache W ürdigung dieses B auw erkes, bis endlich doch die Bezeich­ nung Kaiserpassage den Sieg behauptete. Die außer einer durch­ gehenden Reihe von Verkaufsläden projektierten 2 W irtschafts­ lokalitäten verfehlten nicht, ihrerseits auch noch durch ihre Schilde „G ötterdäm m erung" und „Löwenrachen" von vornherein unge­ wöhnlich das Interesse zu spannen. Nachdem in letzter Zeit m it aller Emsigkeit die Asphaltkessel gebrodelt, H am m er und Kelle, Pinsel und pobel thätig gewesen, und das stattliche E ingangsporta l m it zierlichem E rkertu rm , mit den 2 mächtigen, aus kunstvollen schmiedeeisernen T rägern ruhen­ den Lampen für die elektrische Beleuchtung sertiggestellt w ar, wurde die Passage am 2 \ . November eröffnet. Wie begreiflich, durchzog scharenweise das neugierige Publikum die bisher so viel besprochene neue Anlage. Noch am gleichen Abend wurden P roben m it der elektrischen Beleuchtung der Passage angestellt; am folgenden T age die neue Restauration zum Löwenrachen durch ein M ilitärkonzert eröffnet. Noch w ar in der ersten Zeit an der äußeren Ausstattung der zahlreichen Verkaufsläden, der Herstellung der elektrischen B e­ leuchtung u. s. w. die letzte H«nd anzulegen, bis endlich das Ganze vollständig fertig w ar. Rechts und links des langen glasgedeckten Durchgangs, der in der M itte durch eine kuppelartige W ölbung unterbrochen ist, zieht sich eine große Anzahl von Läden. D as E ingangsportal an der K ai- ferstraße ist ein stattlicher A u fb au , dessen Flanken 2 allegorische Figuren, Handel und Gewerbe zieren. Die Bildhauerarbciten, teils in rotem Sandstein aus D urlach, teils in weißem M u rg th a l­ sandstein ausgeführt, sind durch B ildhauer F . B i n z hier her­ gestellt, ebenso die 2 allegorischen Figuren (nach Professor A . L j e e r ' s M odell). A n den Biegungspunkten ist die Tolonnade unterbrochen durch hübsche 8eckigc P av illo n s , die geschmackvoll ausgestattet sind. K arlsruhe hat durch diesen B azar, der in bequemer Verkehrs­ lage, wettergeschützt und daher in ungünstiger Jahreszeit auch dem Spaziergänger ein willkommener Zufluchtsort ist, einen weiteren F o rt­ schritt in der Entwickelung von Handel und Verkehr zu verzeichnen. IV. Schule und Kunst. 1. Schulen. oben angegebenen, für 1(887 etwa eine halbe Zltillion betragenden Ausgaben für Schulen beweisen hinlänglich, w as die S tad t K arlsruhe auf diesem Gebiete jährlich leistet. D as abgelaufene J a h r verzeichnet wiederum mehrere für unser Schul­ wesen bedeutende Neuschöpfungen. 3 n der Bürgerausschußsitzung vom 7. NEärz wurden H größere, teils N eu-, teils Vergrößerungsbauten von Schulhäusern beschlossen, näm lich: V ein neues Volksschulgebäude aus dem piatze des alten Schlachthauses in der Leopoldstraße m it einem Aufwande von 2 7 0 0 0 0 M .; 2 . eine Vergrößerung des N tühlburger Volksschulgebäudes durch Aufsetzen eines 5. Stockes (Aufwand 50 000 N t.); 3. die Errichtung einer T urnhalle bei dem N tühlburger Schulhause (Aufwand 19 800 .211.); ch eine Vergrößerung des Realschulgebäudes (Aufwand 7 s 000 N t.). N>as den erstgenannten B a u angeht, so erwähnte noch die letzte Iahreschronik , daß gleich nach der Vollendung des neuen Schulhauses in der B ahnhofstraße zur Erstellung eines weiteren Neubaues geschritten werden m uß. D as neue Gebäude im B ah n ­ hofstadtteil w ar nämlich sofort in allen seinen R äum en besetzt. — 32 — Dem B edürfnis w ar aber dam it n ic h t vollständig genügt. Nach­ dem schon seit längerer Z eit die b e i d e n u n t e r e n I a h r e s - k u r s e der erweiterten Volksschule, dem Unterrichtsplan zuwider, aus h a l b t ä g i g e Schulzeit beschränkt w aren , hatte der R aum ­ mangel beim Beginn des neuen Schuljahres die Folge, daß auch HO Klaffen des dritten Zahreskurses die gleiche Beschränkung er­ fahren mußten. 3 m alten Lyzeum waren noch 4 Schulsäle in Benützung, deren R äum ung schon längst beabsichtigt w ar, weil es an genügendem Licht m angelt und der S traßenlärm daselbst in hohem M aß e stört. Die Vermehrung der Schulsäle durch E r ­ bauung des Dauses in der Bahnhosstraße w ar jedoch nicht groß genug, um die A usführung dieses P lan es zuzulassen. Die Schülerzahl ist seit J a h re n in s t ä n d i g e m Wachsen be­ griffen; die Vermehrung (ausschließlich des Stadtteils M ühlburg) betrug: im Schuljahr 4 879/80 . . . 394 i i 11 4880/8% . . . . 469 1t 11 4884/82 . . . . 296 11 11 4882/83 . . 504 11 11 4883/84 . . . . 564 11 11 4884/85 . . . . 282 11 11 4885/86 . . . 462 11 11 4886/87*) . . . 240 I m Durchschnitt belief sich also der jährliche Zuwachs der Schülerzahl auf 3 0 9 . E s w ar daher, wenn nicht unvorher­ gesehene Ereignisse die Entwicklung der S tad t aufhalten , mit Sicherheit anzunehmen, daß bis (D ste rn f 8 8 9 ü b e r 9 0 0 S c h ü l e r d e r g e g e n w ä r t i g e n Z a h l Z u w a c h s e n w e r d e n . Dieser Umstand legte der Gemeinde die Notwendigkeit auf, noch in diesem J a h r e m it dem B a u eines großen Schulhauses zu beginnen. A ls Platz für dasselbe wurde das Gelände des alten Schlacht­ hauses an der Leopoldstraße in Aussicht genommen. D as Schul­ gebäude sollte \7 Lehrsäle, einen T u rn - , einen Zeichen-, einen S ingsaa l, 2 Lehrerzimmer, s Dienerzimmer, die nötigen Aborte, *) D ie G esam tschülerzahl der städtischen Volksschulen betrug am Schluffe des S c h u lja h rs 6 7 6 3 ; ü b e r deren V erte ilu n g au f die einzelnen A bteilungen siehe T abelle I . — 33 — sowie ein Schulbad m it 8 Douchen enthalten. Die Kosten berechnen sich einschließlich einer Dienerwohnung auf 270 000 ZIT. N eu ist die Einrichtung der S c h u l b ä d e r . Nachdem schon seit mehreren Ja h re n in den Kasernen zahlreicher G arnisonsorte m it großem Erfolge Douchebadanstalten eingeführt sind, in welchen die Soldaten Som m ers wie W inters periodischen gründlichen chaut- reinigungen unterzogen werden, hat m an zuerst in Göttingen den Versuch gemacht, die nämliche Einrichtung m it den Volksschulen zu verbinden, und auch hier siel der E rfo lg sehr befriedigend aus. I m September v. I . stand die F rage der Schulbäder auch auf der Tagesordnung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesund­ heitspflege, welcher zu B reslau seine jährliche Versam m lung ab ­ hielt. Der (Drtsgesundheitsrat ersuchte sein M itg lied , ß c m t D r. T u rb an , der V ersam m lung anzuwohnen und sich dabei insbeson­ dere über die Schulbäder zu informieren. A uf G rund eines au s­ führlichen Berichts des cherrn T u rb an beantragte der (Drtsgesund­ heitsrat beim S ta d tra t , daß auch hier Schulbäder eingerichtet werden. E in ZUitglied des K olleg ium s, p c rr S tad tra t K a r l p o f f m a n n , stellte dabei sofort die notwendigen ZTTittel zur V er­ fügung, um ohne Verzug ein solches B ad für die einfache Volks­ schule in A usführung zu bringen. I n Zwischenräumen von etwa T agen wird den Kindern jeder Klasse zum Baden Gelegenheit gegeben. Dieselben treten in Abteilungen von etwa sO Personen in das B a d ein und kehren nachher zum Unterricht wieder zurück. D ie Douchen werden nicht kalt, sondern warm verabfolgt. D ie Betriebskosten der Schulbäder find sehr gering, etwa \ P f . für jedes B ad . Die Herstellung konnte dank den Anstrengungen der städ­ tischen Baubehörden im Schulhause in der Spitalstraße 28 so zeitig vollendet werden, daß das B ad noch während der pitze des Hochsommers der Benützung übergeben wurde. Der R au m zur rechten Seite des bfaupteinganges im ersten Stockwerk des genannten Kaufes ist in passender Weise für das B ad hergerichtet. Über dem E ingang vom K orridor aus ist in hübscher U m rahm ung zum Andenken an den wohlthätigen Stifter eine ZNarmortafel einge­ lassen. Der B aderaum ist durch niedere polzwände in sauberer A usführung in 2 Abteilungen geschieden, wovon die eine a ls 3 — 3H — A u s- und Ankleid eraum dient und mit Sitzbänken ic. ausgestattet ist, die andere Jauchen enthält, so bemessen, daß dem Badenden in der zum Baden erforderlichen Zeit etwa 8— so Liter gut- tempericrten Wassers über den Körper rieseln. Der Boden des ganzen R aum es ist ins G efall cemcntiert und m it Lattenrosten belegt, auf denen die Badenden stehen. Die Dorm ärnum g des Wassers für die Douchen geschieht in einem großen G aso fen , der auf dem H auptgang des 2 . Stockwerkes aufgestellt ist. Die technische Anordnung ist sehr einfach und für die Bedienung leicht zu hand­ haben. D ie Kosten der Herstellung beliefen sich auf ca. 2 300 KT. Auch für das neue Schulhaus in der Leopoldstraße ist ein Schulbad in den B au p lan ausgenomm en; für die Anlagekostcn sind 2 0 0 0 KT. veranschlagt. Hinsichtlich der oben unter 2 und 3 angeführten KTühlburger Schulbauten führt die Begründung des A ntrags beim Bürger­ ausschuß an , daß im KTühlburger Schulhaus zu A nfang (887 723 Schüler untergebracht w aren , für welche nur 8 Lehrzimmer zur Verfügung standen. I m laufenden Schuljahre mußten Klassen von 57 und 62 Schülern bei nur halbtägigem Unterricht gebildet werden. D ie beiden obersten Iahreskurse für KTädchen (V II. und V I I I . Schuljahr) wurden notgedrungen in e i n e r Klasse mit wöchentlich (6 Unterrichtsstunden vereinigt. Vstern (887 mußte auch die Vereinigung der beiden oberen Knabenklassen notig fal­ len , so daß ein Lehrer ( ( 0 — ( 2 0 Kinder von ^ Iahreskursen zu unterrichten hatte, w a s nicht nur dem Schulgesetze wider­ strebt, sondern auch thatsächlich eine gedeihliche Wirksamkeit der Schule sehr beeinträchtigt. Der Handarbeitsunterricht konnte schon seit einiger Z eit im Schulhaus selbst nicht mehr erteilt werden, sondern fand im früheren Sitzungssaale des Gemeinderats KTühl- burg statt. Dieses Lokal w ar aber für den besagten Zweck im höchsten Grade ungeeignet und mußte auch nicht selten in anderer Weise verwendet werden, wobei dann der fragliche Unterricht ganz ausfiel. (Es w ar daher dringend nötig, das KTühlburger Schul­ haus zu erweitern. Nach dem Vorschläge des Stadtrats soll das­ selbe einen dritten Stock m it ^ Schulsälen und einem Lehrzimmer erhalten, wodurch dem nächsten Bedürfnis genügt ist. Die Kosten waren auf 30 000 KT. veranschlagt. Außerdem erhielt die M ühlburger Schule im Laufe des J a h ­ res eine Turnhalle. Die frühere Gemeinde M ühlburg , welche zur IV . Klaffe der Gemeinden im Sinne des Gesetzes über den E le­ mentarunterricht gehörte, w ar auch nicht verpflichtet, eine solche zu erbauen, wohl aber ist es die Gemeinde K arlsruhe. Auch für unsere städtische R e a l s c h u l e w ar durch die Über- süllung der verfügbaren R äum e ein N eubau notwendig geworden. Die Schule zählte 1878 (879 (880 188% (882 (883 (88% %885 %886 %887 333 Schüler, 343 38 f 419 410 440 5 U 547 571 594 3 m verflossenen Schuljahr waren die R äum e dermaßen m it Schülern überfüllt, daß sogar die Dienerwohnung im Souterrain teilweise für Schulzwecke in Anspruch genommen werden mußte. Zunächst w ar ein N eubau m it T urnhalle in Aussicht genommen m it einem Aufw and von 86 400 ZIT. Der Bürgcrausschußsitzung vom 7. M ärz lag ein p ia it vor für ein vierstöckiges Gebäude im bjofc der Realschule, das 6 Lehrsäle und (im 4 . Stock) einen großen Zeichensaal enthält; neben diesen B a u sollte die T u rn ­ halle zu stehen kommen. Die Erw eiterung der Realschule veran­ l a ß t in der erwähnten Sitzung eine längere D ebatte, bei welcher von mehreren Seiten der Gedanke der E rrichtung einer zweiten Realschule im we s t l i c h e n Stadtteile angeregt wurde. E inem Wunsche des Stadtverordnetenvorstandes entsprechend, ließ der S tad trat den A ntrag auf E rbauung einer besonderen Turnhalle für die Realschule fallen und es wurde die Abscheidung der bisher dein Realgymnasium und der Realschule gemeinsamen T urnhalle beschlossen, die aber später nicht zur A usführung k am , da es möglich w ar, durch eine zweckmäßige Verteilung der Turnstunden den Bedürfnissen beider Anstalten zu entsprechen. F ü r den E rw ei­ terungsbau der Schule wurden 7 \ 000 M . bewilligt. — 36 — Über die A usführung dieser genannten 4 Schulbauprojekte und deren schließlichen Kostenbetrag ist oben im I I I . Abschnitt näheres gesagt. (Entsprechend der stetigen Zunahm e der Schülerzahl wird natürlich auch die Geschäftslast der (Oberleitung derselben eine im m er größere. D a den Bedürfnissen des Publikum s die vereinzelten Sprech­ stunden des Rektors bei der großen räumlichen Ausdehnung der Schulgemeinde nicht mehr genügen konnten, wurde — zunächst ver­ suchsweise — ein ständiger Sekretär aus der Z ah l der älteren und erfahrenen Pauptlehrer zur Seite gegeben (z. Z t. Pauptlchrer S i e k i n g e r von der Töchterschule). Zudem w ir für die Frequenz der einzelnen Abstufungen unserer städtischen Volksschulen auf die Tabelle I . verweisen, sei nur noch erw ähnt, daß auch der dort nicht besonders aufgeführte freiwillige Besuch des Fortbildungs­ kurses für schulentlassene M ädchen der Töchterschule sich einer regen Beteiligung erfreute, ebenso die städtische Knabenarbeitsschule (54:). Der außerordentliche Besuch der Töchterschule machte eine Verlegung von 5 Vorschulklassen aus dem Gebäude der Töchter­ schule (Kreuzstraße s5) in den östlichen Flügel der Gartenstraße 16 notw endig; dam it ist auch dem Wunsche derjenigen Einw ohner des Westens Rechnung getragen, deren Kinder die Töchterschule besuchen. Die Z a h l der pauptlehrer betrug 7 0 , \3 Pauptlehrcrinncn, 29 ltntcriehrcr, (4 llitterlehrcrinncn, 2 \ Zndustrielehrerinnen und 5 Fachlehrer. W ie feit Jah ren ermöglichten es auch im abgelaufenen Schul­ jahre freiwillige B e iträge, deren Ergebnis 3 900 M . betrug, 6 Ferienkolonien (70 Kinder) in s M u rgth al zu mehrwöchentlichem Aufenthalt (vom b is 27. August) zu senden. Nicht unerw ähnt soll hier sein, daß K aufm ann W . P f e i f f e r , Besitzer der hiesigen Dam pfm olkerei, die wohlthätige A nordnung tr a f , den Schülerinnen hiesiger Lehranstalten in der Pause um 10 U hr frische Kuhmilch gegen mäßigen P re is (x/4 Liter 5 Pf.), unbemittelten ganz unentgeltlich zu verabreichen, die je nach der Jahreszeit erw ärm t oder gefühlt fein soll. Über die Frequenz der übrigen städt. und staatlichen Schulen der Stadt f. Tabelle I. — 57 — 2. Kunst. K arlsruhe ist eine S tab t ber S c h u l e n genannt w orben; aber mit nicht geringerem Rechte barst K arlsruhe auch a ls eine S tabt ber K u n s t bezeichnet werben. U m nicht eines allzu ausschweifenben Lokalpatriotism us in ber Wertschätzung unserer Resibcnz a ls Kunst* stabt beschulbigt zu werben, sei hier auf bie Stim m e von Fremben verwiesen, besonbcrs von solchen, bie K arlsruhe nach Ja h re n wieber besucht imb so von ber Entwicklung ber S tab t ben unpar­ teiischsten Einbruck gewonnen haben. Sie alle betonen burchgehenbs neben ber erstaunlichen Raschheit bes im m er mehr zunehmenben äußeren U m fangs unb ber stattlichen, bes künstlerischen Schmucks keineswegs entbehrenben Neuherstellung älterer B auten besonbers bie hier ebenso rasch a ls glücklich entwickelte B lüte bes künstleri­ schen Schaffens. Freilich hat schon bie ältere Geschichte ber neuen babischen Resibenz mehrere Künstlernamen von gutem K lang zu nennen, welche um bie Wenbe bes Z ahrhunberts hervorragtcn. Allein äußere unb innere Verhältnisse brachten bann wieber eine allge­ meine Ernüchterung bes Kunstlebens, bis unter ber Regierung bes Großherzogs L e o p o l b m it bern N eubau ber Gemälbegallerie eine neue Periobe lebhafter künstlerischer Thätigkeit e in tra t, bie bann unter Großherzog F r i e b r i ch burch G rünbung ber Kunst­ schule (t85st) zu einer ganz ungeahnten B lüte fortschritt. Gcförbert burch bas fürstliche W ohlw ollen, unterstützt burch bas Interesse ber Einwohnerschaft, unter welcher sich ber feit 1879 gegrünbetc K u n s t v e r e i n bie Pflege ber für bas Leben sich mehr unb mehr geltenb machcnben Kunst in wirksamer Weise angelegen sein ließ, gelangte bas Kunstleben K arlsruhes zu ekner von allen Seiten anerkannten hohen Bebeutung. W ir bürsten hier recht wohl auf eine eingehenbere W ürbigung bieser Seite unseres geistigen Lebens verweisen, welche von berufen­ ster Feber stammt. F r i e b r . p>echt, einer ber hervorragenbsten Kunsthistoriker, bringt in ber von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Die Kunst für Alle" einen Aufsatz (II. J a h rg a n g 1887 vom 1. September 1887 N r. 23) „ A u s K a r l s r u h e " , worin er zunächst bie Überzeugung ausspricht, baß K arlsruhe burch bie wachsenbe Bebeutung ber bortigen Kunstschule sowohl bem soviel — 38 — reicheren und dreimal größeren Frankfurt a ls — München, Berlin, Dresden und Düsseldorf ausgenommen — sämtlichen übrigen deutschen Städten „ e n t s c h i e d e n ü b e r l e g e n ist." Nirgendwo treffen die architektonische, plastische und malerische Thätigkeit in so vollkommener parm onie zur B ildu ng einer wirk­ lich naturwüchsigen Kunst vereint zusammen, die allen ihren E r­ zeugnissen einen so durchaus gesunden, gemeinsamen (Charakter aufzudrücken verm ag. Den Grund hiezu findet der genannte Kunst- schriftsteiler zunächst darin , daß die pauptträger dieser Kunstblüte nicht mehr von überallher aufgelesen und „berufen" sind, sondern alle dem Lande selbst oder doch der nächsten Nachbarschaft ent­ stamm en, also den festen Boden eines gesunden Volkstum s unter sich, die Gleichheit des Geschmacks und des Charakters mit denen gemein haben, deren ideale IDelt sie gestalten sollen. Sodann aber komme noch dazu a ls weiterer günstiger Umstand, daß sich unter dem Dutzend ausgezeichneter Künstler, welche jetzt die Führung der Schule übernommen, zwei Talente ersten R anges befinden, um die sich dann die ändern ganz naturgemäß gruppieren; der Architekt D u r m , der a ls Chorführer bald die Bildhauer V o l z , p e e r und ZIT o e ft bei feinen zahlreichen B auten beschäftigt und die au s der Kunstgewerbeschule hervorgehenden Talente ebenso in Anspruch zu nehmen wußte, und der ZlTalcr F e r d . K e l l e r , nach M a k a r t s T od der erste Kolorist unter den deutschen Historienmalern, an den sich dann p o f f , S c h ö n l e b e r , B a i s c h , K a n o l d t , H a m ­ m e r und andere anschließen. Die von den genannten vertretene Koloristenschule ist nach pechts Ansicht in ihrer Manchsaltigkeit und zugleich Charakterfülle kaum jem als in Deutschland dage­ wesen. D a s wesentlichste Verdienst dieser neu heraufgezogenen Kunst­ blüte schreibt der Verfasser dem für die Pflege der Kunst ebenso w ohl­ wollenden a ls opferfähigen Landesfürsten, dessen eigenste Schöpfung die Kunstschule ist, sowie dessen G em ahlin zu. Außerdem wirke auch der Umstand glücklich, daß an diese M aler- und Bildhauer­ schule die der Kunstgewerbe sich organisch anschließe, deren Pflege durch G ö tz , M a y e r , p e e r und andere eine ausgezeichnete ist. Einzelne der neueren Schöpfungen (fo unter anderen K e l l e r s Skizze zur Zlpotheose des K aisers, dessen vielbewundertes peidel- — 39 — berger Ju b ilä u m sb ild , der A arton einer dein (Trompeter ent­ nommenen Szene von G l e i c h a u f , mehrere Figuren von He e r , Arbeiten von P 0 I5, der jüngst vom Preisgericht für das zu Lübeck zu errichtende Geibeldenkmal den f. P re is zuerkannt erhielt, Landschaftsbilder von S c h ö n I c b c r , A a n 0 l d t , K l o s e ) werden von Pecht vom fachnmnnischen Gesichtspunkte besprochen und dabei die große Bedeutung der jungen Schule darin hervorgehoben, daß sie eine Anzahl Aünstler zäh lt, die sich vollkommen selbständig und eigenartig ausgebildet haben und doch zu den besten und be­ gabtesten Deutschlands zählen. G in Vergleich m it anderen, nam ent­ lich W i e n e r Aünstlerverhältniffen, legt es ihm besonders nahe, auch auf das von der Gunst und Neigung der ganzen Bevölke­ rung K arls ru h es , des Herrscherhauses wie der B ürger getragene Aünstlerleben hinzuweisen, um dann in folgender, für unsere Bevölkerung gewiß nur schmeichelhafter Weise zu schließen: . . „Dank dem Beispiel des Regentenpaares zeigen speziell die K arlsruher eine Liebe zur Aufopferungsfähigkeit für die Kunst, die ihnen vor zwanzig J a h re n noch kein Mensch zugetraut hätte. D afür hat die Kunst aber auch ihre S tad t aus einer der langweiligsten und ödesten in eine der hoff­ nungsvollsten und liebenswürdig behaglichsten umgewandelt, die w ir in Deutschland besitzen". Die in diesen W orten liegende vollste Anerkennung gilt nicht nur dem wackeren Fortschritte, wie er sich zunächst in den auch deni Auge des Kunstfreundes gefälligen öffentlichen und privaten Neubauten darbietet, sondern auch den: hochentwickelten Kunst­ interesse der ganzen Bevölkerung. I n fruchtbarster Weise wird dies namentlich auch durch die ständigen Ausstellungen von Werken der M alerei und Plastik vermittelt, welche teils im K u n s t v e r e i n (derselbe zählte zu A nfang des J a h re s über <)00 M itglieder), teils in der K u n s t h a l l e stattfinden. Auch die im Gebäude der ver­ einigten Sam m lungen ausgestellten Kunstgegenstände erfreuen sich großen Interesses. Gin K atalog derselben wird z. Z t. ausgearbeitet. W as unsere Kunstinstitute selbst angeht, so verzeichnen diesel­ ben eine stetige Zunahm e. Der R uf der hiesigen K u n s t s c h u l e ist ein so verbreiteter, daß trotz wiederholter baulicher Erw eiterung der Kunstschulgebäude — qo — der M angel an Schülerateliers größer wurde. Dieser M ißstand veranlaßte s. Z t. die Ausscheidung der Schülerinnen, welche jetzt in einer besonderen M a l e r i n n e n s c h u l c Ausnahm e finden; aber auch für Schüler mußten in Privatgebäuden Ateliers gemietet werden. Schon vor J a h re n w ar daher, in Ansehung der idealen und materiellen Vorteile, welche durch Hebung der Schule für die S tad t und Einwohnerschaft erwachsen, der p la n eines A t e l i e r ­ b a u e s von der S tad t ins Auge gefaßt worden, der in der B is ­ marckstraße erstellt werden sollte. I n der Stadtratssitzung vom ( 8. N ovem ber wurde beschlossen, daß wegen des B aues eines Atelierhauses und mietweisen Überlassung desselben an den S ta a t eine V ereinbarung m it dem M inisterium abgeschlossen werden solle, um dem Bürgerausschuß wegen der erforderlichen Bausum m e von ( 30 000 M . Vorlage zu machen. Die unter dem Protektorat der Großherzogin stehende, vor 2 J a h re n gegründete M a l e r i n n e n s c h u l e erfreut sich eines an­ haltenden Zuzugs von Schülerinnen. Die im J u n i im T horbau des botanischen W intergartens (sogen. Porphyrsaale) veranstaltete Ausstellung der Arbeiten wies im Vergleich zur letzten Ausstellung von (886 eine beträchtliche Zunahm e der Arbeiten, die alle eine gründliche, doch eben nur bei dem jetzt vorhandenen schulmäßig geordneten Unterricht erreichbare Schulung auf. Die Frequenz betrug gegen 50. Die Großherzogliche A u n s t g e w e r b e s c h u l e w ar besucht von 227 Schülern, wovon (86 B aden , (5 P reußen , je 8 Hessen und W ürttem berg, 5 B a ie rn , die übrigen den anderen deutschen und ausländischen S taaten (E ng land , R ußland und Schweiz) an­ gehören. Nach bestandener P rü fung wurden ^ Schüler zu Zeichen­ lehrern vom Gberschulrat ernannt. Neben der bildenden Aunst erfreut sich auch die d a r s t e l ­ l e n d e einer anerkannten Bedeutung. W as zunächst unser H o f ­ t h e a t e r betrifft, so bringt unser G pernpersonal unter M o t t l s Leitung Meisterwerke zur A ufführung, welche von Bühnen gleich­ großer und selbst größerer Städte entweder überhaupt nicht oder zum mindesten nicht vollkommen gegeben werden. Wiederholt — -u — haben die W agner-A bende Kunstfreunde aus den entferntesten Städten des Landes und auswärtigen (Drten herbeigezogen. . A ls zu Anfang des J a h re s durch die B lä tter die Nachricht ging, daß Kapellmeister ITT o 111 einen R uf nach B erlin erhalten und angenommen habe, so knüpfte sich an die F rage des W eg­ ganges dieses hervorragenden Vertreters der Wagnerfchen Richtung und der dadurch nötigwerdenden Neubesetzung der Stelle eine leb­ hafte, fast leidenschaftliche E rörterung in der Presse, welche sich zu einen: Streite über die musikalischen Zeitströmungen selbst zu­ spitzte. Wenn es hiebei neben sachlichen E rw ägungen und mehr oder weniger berechtigten E rw artungen auch an Seitenhieben gegen die hier besonders gepflegte Kunstrichtung nicht fehlte, so darf in der Thatfache, daß m an unfern K arlsruher Dirigenten für die Rsichshauptstadt gewinnen wollte, doch im m erhin die beste A ner­ kennung für die Tüchtigkeit und Bedeutung unserer (Dper liegen. Die Aufregung über die bei der W ah l eines Nachfolgers R T o t t l s zu berücksichtigenden Wünsche w ar eine müssige, da ITTot t l den mit der Berliner Generalintendanz geschlossenen V ertrag löste und so K arlsruhe erhalten blieb. Nach dem Almanach des poftheaters wurden im vergangenen _3«hre (70 Vorstellungen in K arlsruhe und 55 in B aden gegeben. P ier verteilen sich dieselben je 80 aus die © p e r, s)0 aus das Schauspiel. (6 Vorstellungen wurden außer Abonnement und 9 zu ermäßigten Preisen gegeben. 3 n öcr © per waren beteiligt: W agner m it 2{, Neßler und Boieldieu m it 8, ITTozart m it 7, Lortzing und Weber mit je 6 , A uber, C herubim , Gounod und Bizet mit je 5, ITTeyerbeer, Berlioz und Rossini m it je ^ Abenden. Von den 90 Schauspielabenden fielen ^7 auf die ernste, 43 auf die heitere G attung. Unter den Autoren finden w ir vorzugs­ weise bedacht: ITToser m it (0 bezw. 20 Abenden (ITToser und v. G irndt © ITTal), Benedix m it \2 , Birchpfeiffer m it (0 , Shakespeare und Putlitz m it je 9, Goethe m it 6, Lessing und Peyse m it je 5 Abenden. Während in der © per „Der Trompeter von Säkkingen" mit 8 Aufführungen die achte Stelle einnim m t, behauptete im Schau­ spiel „Sternschnuppen" (mit ( 0 Abenden) den Vorrang. — ^2 — Gastspiele fanden in der © per sst, int Schauspiel 23 statt, wodurch in ersterer 2 Herren, in letzterem 2 Dam en Engagement fanden. A n Stelle des vor einiger Zeit in den Ruhestand getretenen Musikdirektors F r i e d r. K r u g trat a ls Solorepctitor bezw. stell­ vertretender Kapellmeister W ilhelm B o p p . Über den m it T od abgegangenen früheren chofschauspieler R . © . L o n s e n t i u s und den seit s856 dem bsoforchester unge­ hörigen Kammermusiker ID. L i n d n e r s. X . Totenschau. E in eigentliches Sommertheater besitzt Karlsruhe immer noch nicht, w iew ohl bei Errichtung der sog. Ausstellungshalle besonders auf die baulichen Anforderungen eines solchen Bedacht genommen wurde. N u r ganz kurze Zeit, am 25. und 26. J u l i , gab die B e r ­ l i n e r © p e r e t t e n g e s e l l s c h a s t in der Festhalle ©perettenvor- stellungen. E in Verzeichnis der in den öffentlichen Konzerten zur A uf­ führung gebrachten Tonwerke m ag uns erlassen fein. E in Blick auf die zahlreichen Ankündigungen musikalischer Abende in den Tagesblättern zeigt, wie hier Künstler und Dilettanten, Gesell­ schaften und V ereine, M ilitä r - , Schüler-, Knaben- und selbst Damenkapellen (denn auch eine solche aus IDicn gastierte im ver­ flossenen August im Stadtgarten) dem Publikum die manchsachsten Genüsse boten. D as K o n s e r v a t o r i u m für Musik w ar nach dem 3. J a h re s ­ berichte für das abgelaufene Z a h r von 228 Schülern und Schüle­ rinnen besucht, unter welchen 58 A usw ärtige waren. Den Unter­ richt erteilten 2 \ Lehrkräfte. Der in kurzer Zeit so rasch aufge­ blühten, in erfreulicher IVeise auch von A usw ärtigen besuchten Anstalt wurde, wie bisher, von der Stadtgemeinde K arlsruhe ein Jah resb e itrag von s800 ITT. gewährt. V. Politisches, industrielles und Vereinsleben. v als in den letzten J a h re n w ar das politische von \ 887 durch die m it der Auflösung des Reichs­ tages anläßlich der Septennatsfrage verbundene N euw ahl. Die derselben voraufgchenden Wochen bo ten , wie für das gesamte Reich, so auch für unsere S tad t eine aufgeregte und aufregende W ahlagitation. I n den öffentlichen B lättern sowohl wie in Der- sarnrnlungen, im Tagesverkehr drängte diese politische Angelegen­ heit alles andere in den H intergrund; eine W ahlversam m lung folgte der ändern. Schon mit Beginn des neuen J a h r e s , am 5. J a n u a r , fand eine Versam m lung des nationalliberalen Vereins statt; am fO. wurde eine sehr belebte Volksversammlung im G rünen b)of ab ­ gehalten , in welcher Vertreter der verschiedenen Parteien über die M ilitärvorlage sprachen. A uf s. F ebruar hatten die vereinigte nationalliberale und konservative P a rte i eine V ersam m lung im (Eintrachtssaale ausgeschrieben, in welcher die K andidaten beider Parteien, Erster S taa tsan w alt F i e s e r von hier und G beram ts- richter v. S t o c k h o r n e r aus B ruchsal, über die politische Lage, namentlich die Notwendigkeit eines Zusammengehens beider P a r ­ teien, a ls deren K andidat der liberale Abgeordnete Fieser ausge­ stellt wurde, sprachen. A m 16. Februar hielten die d e u t s c h e V o l k s p a r t e i und >ewegter i Leben — 44 — die C e n t r u m s p a r t e t in der Festhalle ihre stark besuchte W ahl Versammlung ab. Reichstagskandidat D r. £ i p p entwickelte seit politisches P ro g ram m , w orauf Fabrikant F l i i r f c h c i m aus G ag genau und vom gegnerischen Standpunkt der Redakteur der B ad Landeszeitung, p . S c h m u c h o i t , auftraten. Cndlich vereinigte die Festhalle am 17. Februar eine Wähler Versammlung der nationalliberalen und konservativen Partei unte dem Vorsitz des Stadtrats Leichtlin. 2tIs Hauptredner erhöbet sich dabei Bankdirektor (Eckhard von M annheim , (Erster S taats anm alt F i e s e r a ls Reichstagskandidat, Freiherr C . 2t. v. G ö l e und Bürgermeister S c h n e t z t e r . Nachdem die W ogen des politischen Lebens in Schrift uni W ort wochenlang mit im m er steigender K raft das ganze öffentlich Leben beherrscht hatten , folgte dann am 22 . Februar (Fastnacht: Dienstag) die Wahlschlacht selbst. W iewohl auch in ändert J a h re n der Fastnachts-Dienstag nur in seltenen Fällen in unsere S tad t öffentliche 2Kaskeraden oder größere Karncvalsveranstaltungci zeigte, schien der T a g in diesem J a h re fröhlichem Karnevalstreibet weniger a ls sonst gewidmet. D as Straßenleben trug das Gepräg der Alltäglichkeit und wenn die öffentlichen Plätze auch beleb w aren , so fehlte doch die eigentliche Faschingslaune. D as allge meine jutereffe w ar in erster Linie der an diesem Tage statt findenden Reichstagswahl zugewandt. W ie nur selten bot der 2Narktplatz von vorm ittags JO Uh an ein B ild zahlreicher M enschenansammlungen, welche in ihrei G ruppierungen und durch die auf den M ienen liegende sichtbar Spannung die Wichtigkeit des (Entscheidungstages verrieten. Keil W under, wenn nicht nur der sonst ruhigere und gesetztere Residenz bürger in erregterer S tim m ung wieder und wieder den M arktpla: aussuchte und den G ang des Wahlgeschästs verfolgte, sondern auc zahlreiche Dam en dem D range nicht zu widerstehen vermachter die männererregende Wahlschlacht zu betrachten. I n allen Farbe brachten die p ia fa te an den Straßenecken noch in letzter Stund geharnischte W ahlaufrufe, (Empfehlungen ihrer Kandidaten, W ar nungen vor der W ah l des Gegenkandidaten; mehrfach wurde so g a r der N am e des vorgeschlagenen K andidaten von Anhänger der Gegenpartei herausgeschnitten oder mit Bemerkungen verseher — V o ­ rlebens und übereinander prangten Erklärungen, A ufrufe u. s. w. A n allen Eingängen zum Rathause w ar das lebhafteste Angebot von Wahlzetteln und das Feldgeschrei: „Fieser", „L ipp", „Geck" schwirrte unermüdlich durcheinander. Zahlreiche W agen m it K ranken, die gleichwohl ihr W ahlrecht ausüben w ollten, ließen ebenfalls auf die rege Beteiligung an der W ah l schließen. A m Nachmittage rückte eine förmliche Arbeiterkolonie an und das Gruppenbild vor dem Rathause, die Thätigkeit der Zettelverteiler, unter denen sich eine Gestalt durch die schreiend rote Halsbinde als der sozialdemokratischen Richtung zugehörig m it voller Deutlichkeit zu erkennen gab, stieg von Stunde zu Stunde, b is endlich um 6 U hr Abends der W ahlakt geschlossen und das E rgebnis festgestellt wurde. Noch in später Abendstunde zeigten sich vor und in dem Rathause zahlreiche Neugierige, um auf die einlaufende Kunde vom W ahlergebnis der Landgemeinden zu w arten , während in den dichtgedrängten Wirtschaften für die erregten Gemüter der heiße Schlachttag seinen naturgem äßen Abschluß fand. D as E rgebnis der M ah l zeigte, daß in hiesiger S tad t eine sehr rege Beteiligung an der W ahl stattgefunden: Von 11 51V Wahlberechtigten stimmten ab D avon erhielten Fieser 55V7, D r. Lipp 1856, Geck 1925 Stim m en. I m ganzen (10.) K arls* ruhe-Bruchsaler Wahlbezirk w ar das Stim m enverhältnis folgendes: Von 2 5 7 1 5 Wahlberechtigten stimmten *21 V62 a b ; 34 S tim m ­ zettel wurden für ungültig erklärt. Von den 21V 28 gültigen Stimmen erhielt E . Fieser hier (nationallib. und konservat. Partei) 12 3 ^5 , D r. L ipp , Schriftsteller in S tu ttgart (deutsche V olkspartei und Centrum) 65V5, Adolf Geck, Redakteur in (Dffenburg (sozial* demokr. Partei) 2 756; zersplitterte Stim m en wurden 6 abgegeben. D a das erforderliche W ehr der Stim m en 10 715 beträg t, w ar somit durch Stimmenmehrheit F i e s e r gewählt. I m Anschlüsse an das E rgebnis der Landtagsw ahlen wurde den Abgeordneten der nationalliberalen Fraktion zu Ehren von dem nationalliberalen Verein ein Festbanket veranstaltet im großen S a a l der Festhalle am 29 . November. — H6 — A m 2 2 . Novem ber fand die feierliche Eröffnung der Stände» kam m er'statt, welcher der G r o ß h e r z o g , der E r b g r o ß h e r - 5 0 g , Prinz L u d w i g und K a r l anwohnten. W a s in der Thron­ rede des G roßherzogs, sowie in den Erwiderungen der Sprecher der beiden K am m ern an erster Stelle betont wurde, der p inw eis auf das ernste Leiden des deutschen Kronprinzen F r i e d r i c h W i l h e l m , der in S a n R e m o in Ita lie n Genesung von schwerer Krankheit suchte, erfüllte auch die Perzen der ganzen Bevölkerung m it banger Sorge. Z u einer außerordentlichen T agung (insbesondere zur Erledi­ gung der strategischen B ahnvorlage) traten die Abgeordneten noch­ m a ls vom 28 . J u n i an zusammen. 2 . Über Lage und G ang der I n d u s t r i e und des P a n d e l s verweisen w ir auf den eingehenden Jahresbericht der pandels- kammer für das J a h r 1887 (S. 41— 86). Wesentliche Verschie­ bungen gegen den Stand des vorigen J a h re s , von dem w ir aus­ zugsweise in der (Chronik für (886 ein B ild gegeben, sind dar­ nach nicht eingetreten. N u r aus einem Gebiete weist der Bericht auf die Ulöglichkeit eines nahen Umschlags h in , dem der B i e r ­ b r a u e r e i . Z w a r w ar die Lage dieses Industriezweigs auch im vergangenen J a h re eine günstige und dank der reichen Ernte in Gerste und Popfen durch die neuen Getreidezölle in keiner Weise nachteilig beeinflußt, aber gerade die augenblicklich günstige Lage des Gewerbes führte zu einer fast maßlosen Ausdehnung der Produktion und es kann die Befürchtung nicht unterdrückt werden, daß dieselbe bald in Überproduktion m it allen ihren bedenklichen Folgen ausartet. Gefördert wird eine derartige gefährliche E n t­ wicklung durch die zahlreichen Umwandlungen von P rivatb raue­ reien in Aktiengeschäfte, w om it meistens eine Vermehrung des K ap ita ls verknüpft ist, das dann wiederum zu weiteren Vergrößer­ ungen angelegt w ird. Diesen Ausdehnungen gegenüber vermag ein genügender Absatz kaum geschaffen zu werden. Die Brauereien — w — kaufen ober pachten Wirtschaftslokale und lassen diese durch sog. Zäpfler betreiben, Hierin erblickt der Referent der Handelskammer eine entschiedene G efah r, da infolge der Konkurrenz die Kauf» und Pachtpreise für solche Wirtschaften so hoch gestiegen sind, daß die R entabilität höchst zweifelhaft w ird. I m Zusam m enhang m it dieser Erscheinung sei hier eine andere Frage berührt, m it der sich im Laufe des J a h re s unsere städtische Behörde zu befassen hatte , nämlich die Bedürsnisfrage hinsichtlich der Gastwirtschaftsbewilligungen. W ir haben in den letzten J a h re n wiederholt neue und groß­ artige W irtslokale entstehen sehen. Dem „Krokodil" folgten der „E le fan t" , das „K lap p h o rn " , die „Alte P o s t" , in der Kaiser» passage die „G ötterdäm m erung" und der „Löwenrachen"; im De» zember luden mächtige Plakate an den Straßenecken zum Besuch der „Pappschüssel" ein; im Oktober w ar das bereits oben er­ wähnte C afe B auer eröffnet worden, u. f. w . A ndere, schon bestehende Lokale haben kostspielige Erweiterungen und Verschöne­ rungen erfahren. D a drängte sich denn fast selbstverständlich die Frage auf , ob diese Neuschöpfungen einem wirklichen Bedürfnisse entgegen kommen und nicht auch hier eine Überproduktion zu befürchten sei. Der A nlaß zur P rüfung dieser Angelegenheit für die S tad t­ behörde w ar freilich zunächst ein anderer. E in Gesuch der K arlsruher W irte vom sO. J a n u a r , die E rlaubn is zum Betrieb einer W irtschaft durch G r t s s t a t u t vom Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig zu machen, wurde vom S tad tra t abgelehnt, weil die von den W irten ge­ wünschte Beschränkung der Gewerbesreiheit durch die hiesigen V er­ hältnisse derzeit nicht geboten sei. E s wurden zur näheren B egründung dieser Entscheidung und zugleich zur G ewinnung eines für die Beurteilung der ganzen Sache wünschenswerten M a te ria ls bei den Verwaltungen von \7o deutschen Städten m it über \5 OOO E in ­ wohnern Erkundigungen eingezogen, wie groß die Z a h l der W irt­ schaften im Verhältnis zur Bevölkerungsziffer sei. D as E rgebnis w ar, daß nur 9 Städte weniger, dagegen Städte mehr W irt­ schaften im Vergleich zur Bevölkerungszahl haben a ls K arlsruhe. — 4(8 — Zwischen den beiden äußersten Verhältnissen ( (Wirtschaft): 4(80 ((Einwohner) und ( : 80 steht K arlsruhe m it ( : 335. I n ( (7 S täd ten , in welchen durch G rtssta tu t die (Errichtung einer W irt­ schaft von: Nachweis des Bedürfnisses abhängig ist, kommen durchschnittlich 2 (5 (Einwohner auf ( Wirtschaft. Von den größeren Städten B a d e n s ist unter Zugrund­ legung der Volkszählung vom Dezember (885 das V erhältnis der Wirtschaften zur (Einwohnerzahl folgendes. (Es kommen auf je e i n e W irtschaft (Einwohner: H e id e lb e rg ..................................... (66 M a n n h e i m ...............................(?q K o n s t a n z .....................................(9 0 P fo r z h e im .................................... 20 0 R a s t a t t ...........................................206 B r u c h s a l .................................... 238 F r e i b u r g .................................... 285 K a r l s r u h e . . . . . . 305 Darnach sind die hiesigen Verhältnisse bis jetzt günstige und sie würden es noch mehr fein, wenn nicht die Vereinigung m it W ühl- bürg stattgefunden hätte, d a s , obgleich dort vor der Vereinigung m it K arlsruhe Bedürfnisnachweis verlangt w ar, dennoch im Ver­ gleich zu seiner Bevölkerung mehr Wirtschaften hatte als K arls ­ ruhe. D b diese günstigen Verhältnisse bleiben, ist abzuwarten. Z u ­ nächst einm al fand eben im abgelaufenen J a h r e (887 eine be­ trächtliche Vermehrung von Lokalen statt. (Es wurden (5 W irt­ schaften neu eröffnet, 5 gingen ein, so daß sich eine Zunahm e von (2 ergiebt, während bei einer Bevölkerungszunahme von ( 200 E inw ohnern höchstens 5 oder 4( hätten hinzukommen dürfen, dam it wie bisher auf je 555 E inw ohner je eine Wirtschaft ge­ kommen wäre. Die E inführung des Bedürfnisnachweises wird daher von der Gemeindebehörde wiederholt in E rw ägung gezogen werden. Über den Verbrauch der wichtigsten Artikel können wir fol­ gende, von der städtischen Kontrolbehörde festgestellte Angaben m achen: — 49 — V D a s %887 hier gebraute B i e r beträgt nach dem F a ß ­ gehalt ( = 80 °/0 vom Kesselinhalt) . . . 272 573 Hektoliter. Dazu kommt die E infuhr: a. von einzelnen Brauereien des Landes %3'923 „ b. von den Nachbarstaaten B ayern ic. % % 406 „ Z usam m en . . 297902 Hektoliter. Davon wurden ausgeführt: hier gebrautes B ier . . %26 %52 Hektoliter fremdes B ier . . . . 737 „ %26 889 bleiben für den hiesigen Konsum . . . . %7%0%3 Hektoliter, wonach bei 63 400 Einwohnern 269 §iter auf den K opf kommen. E in Vergleich m it den Angaben vom vorigen Jah re zeigt, daß der Export sich verringert hat. 3 m Einzelnen fei hier erw ähnt, daß der G . S i n n e r ' f c h e n Gesellschaft für B rauere i, S p iritu s- und jDreßhefefabrikation in Grünwinkel auf der Bäckerausstellung in Dresden allein unter %8 Bewerbern die goldene M edaille zuerkannt wurde. 2. M e i n wurde im J a h re %887 eingeführt 28 453 Hekto­ liter, wonach bei angegebener Bevölkerungszahl 45 Liter auf den Kopf kommen. 3. M e h l wurde eingeführt . . . . . 756579% Kilo, davon wurden ausgeführt . . . . . . . 475 886 „ bleiben für den Konsum zusammen . . . . 7 0 8 9 9 0 5 K ilo, oder pro K opf %%2 K ilo. 4 . Der verbrauch an F l e i s c h betrug 4 9 2 4 7 2 % K ilo (%886: 4 560 609 Kilo), wonach bei obiger E inwohnerzahl auf den K opf 76,6 Kilo sich ergeben. Eingeführt wurden an au sw ärts geschlach­ tetem Fleisch 329446 K ilo (%886: 32 0 7 7 4 Kilo). Für das gesamte industrielle und wirtschaftliche Leben der Stadt dürfte schließlich von allgemeinem Interesse eine summarische Zusammenstellung der hier in den Jah ren %886 und %887 ent­ fallenen direkten und indirekten Staatssteuern fein. Dieselben er­ geben : 4 — 50 — K a rls ru h e (inkl. Michlburg) D irekte S te u e rn : ( 8 8 6 ( 8 8 7 G ru n d -, H äu ser-, G ew erb -, (Einkom m en- M . M . un d B e f ö r s te r u n g s s te u e r ......................... 7 ( 7 2 4 4 7 2 4 4 ( 3 S t e u e r n a c h t r a g ................................................. 4 4 7 2 2 6 6 3 4 0 A a x ita lr e n te n s te u e r ........................................... ( 8 0 5 3 8 ( 9 7 5 7 8 In d ire k te S te u e r n : W e i n s t e u e r ........................................................ ( ( ( 3 ( 2 ( ( ( 2 3 8 B iers teu er von inländischem B i e r . . . 6 ( 8 8 ( 9 6 7 5 8 0 6 „ „ e ingefüh rtem B ie r . . 4 4 4 5 3 5 4 0 2 7 B ra n n tw e in s te u e r v o n in lä n d . B ra n n tw . 4 ( 8 2 5 ( „ „ eingef. B ra n n tw . 2 2 6 7 8 3 6 3 3 4 Schlachtviehaccise von im I n l a n d ge­ schlachtetem V ie h ........................................... 5 5 9 7 9 6 0 0 3 4 Schlachtviehaccise von eingef. F leisch. . 8 0 ( 3 L iegenschafts-, L rb fch afts- und Schon» k u n g sa c c ife ........................................................ 3 5 4 8 9 8 4 9 4 2 4 5 S u m m e der ind irek ten S te u e rn . ( 2 0 8 6 3 7 ( 4 3 ( 9 2 8 Über die hiesigen Geld- und Kreditanstalten nur wenige A n ­ gaben : *) Der Vermögensstand der G e w e r b e b a n k K a r l s r u h e pro 51, Dezember 1887 belief sich auf 206459 ZKf. 86 P f. Die Z a h l der beantragten Darlehen betrug 1887 5 485 ZK., (1886 : 3 278 ZK.). Bew illigt wurden Darlehen 1887: 5 058 (1886: 2 918) mit einem B etrage von 579 190 ZK. (1886: 5 6 0 840 ZK.). 2. B ei der s t ä d t i s c h e n H y p o t h e k e n b a n k in K arlsruhe bestanden auch im J a h r e 1887 die in unserer 1886er Chronik er­ wähnten ungünstigen Verhältnisse ungeschmälert fort und hemmten die weitere Entwickelung derselben. I h r Geschäftsverkehr bewegte sich unter diesen Umständen im J a h r 1887 in den engsten G ren­ zen. Zceu gegeben wurde nur ein Hypothekardarlehen von 1 1 8 0 0 Z K ., wogegen von den älteren Darlehen 68 104 ZK. 55 P f . heimbezahlt wurden. Der S tand der Darlehen sank da­ durch von 505 758 ZK. 55 P f. auf 447 4(33 ZK. 80 P f. v o n den Schuldverschreibungen der B ank , deren B etrag sich am A n­ fänge des J a h re s noch auf 572 100 ZK. belief, wurden durch *) N ä h e re s siehe H andelskam m erberich t f ü r Z 8 8 7 5 . 9 0 f f . — 51 — Verloofung für 86 600 2TL heimbezahlt. A m Schluffe des J a h re s waren noch für 485 500 ZIT. im Umlaufe. Die B ilanz der Bank auf den 3 f . Dezember 1887 weift einen Aktivstand von 517 115 U l. 8cf P f . , einen paffivftand von 494 801 ZU. 15 P f . und einen Reservefond von 22 314 ZIT. 7 \ p f . nach. Der erzielte Geschäfts- gewinn betrug f 800 ZU. 99 P f . , gegen 2 032 ZU. 27 P f . im J a h re 1886. 3. Bei der städtischen P f a n d l e i h k a s f e in K arlsruhe waren bei Beginn des J a h re s 1887 an Pfändern vorhanden 17 159 Stück m it einem Darlehenskapitale von 113 677 ZU. I m Laufe des J a h re s wurden neu verpfändet 37 735 Stück m it einen: Darlehcns- betrage von 200 849 ZU. I m Ganzen waren somit vorhanden 5 1 8 9 4 Stück m it einem Darlehenskapitale von 3 1 1 5 2 6 ZU. Hier­ von wurden im Laufe des J a h re s cingelöst 34942 Stück mit 19199® ZU. und versteigert 2 237 Stück m it 13 282 ZU. A uf den Schluß des J a h re s verblieben somit 17 715 P fänder m it einem Darlehenskapitale von 109 24s ZU. Gegenüber dem V or­ jahre zeigt sich eine Zunahm e der Pfänderzahl um 556 Stück, dagegen eine Abnahm e des Darlehenkapitals um 4 429 ZIT. Der Pfänderverkehr im Allgemeinen ist etw as hinter jenem des V or­ jahres zurückgeblieben; während im J a h r 1886 die Z ah l der ein- und ausgegangenen Pfänder sich auf 74 2 \ \ m it einem Geld­ beträge von 437 114 ZU. belief, betrug sie im J a h r e 1887 nur 72 677 Stück m it 592 845 ZU. 4 . Die s t ädt i s c he S p a r k a f f e verzeichnet gegenüber dem Vorjahre eine Zunahm e der Ginlegerzahl um 685 und eine solche des Einlagcguthabens um 616 532 ZU. 44 P f. Der G e f a m t g e l d v e r k e h r d e r S p a r - u n d P f a n d l c i h - f a f f e bezifferte sich im Jah re 1887 auf 8 5 2 9 2 5 6 ZU. 3 P f. gegen nur 7 554 254 ZU. 79 p f . im Vorjahre. 5. Für die städtische S c h u l s p a r k a f f e ergiebt ein Vergleich mit 1886 eine Zunahm e von 48 Einlegern und eine E rhöhung des G uthabens um 8 4O6 ZU. 33 p f . Die Benützung der Kaffe wird von J a h r zu J a h r schwächer, indem die Z ah l der jährlichen E inlagen innerhalb der letzten 5 J a h re von 10 585 auf 7 515 zurückgegangen ist. V — 52 — 6. Die p r i v a t s p a r g e s e l l s c h a f t hier besitzt laut Rech­ nungsausw eis auf 3 s . Dezember v. I . an Aktiven ^ 6 U 55^ DT., an Massiven ^ 365 \ 3 \ DT. und somit 2^6 4s03 DT. a ls Reservefond. 3. Vereine. (Es liegt in der N a tu r der Sache, daß sich das Leben und die Thätigkeit der Vereine in einem mehr oder weniger abgeschlos­ senen Rahm en abwickelt und daher für weitere Kreise kaum großes Interesse erweckt. In d e m w ir über die Wirksamkeit einiger der W ohlthätigkeit gewidmeter Vereine weiter unten (Dr. VI.) sprechen, durfte hier nur wenig erwähnenswertes anzuführen sein. W ir rechnen dahin das verdienstvolle Bestreben des G a r t e n ­ b a u v e r e i n s , über den engen K reis feiner DTitglieder hinaus den Sinn für Pflanzenpflege zu wecken. I m Laufe des Som m ers erbot sich nämlich der Verein, an Arbeiter- und ähnliche Fam ilien Topfpflanzen zu dem bedeutend ermäßigten Preise von fO P f . pro Stück abzugeben. Der geringe P re is w ar nur möglich, indem der Verein die DTehrkosten trägt. Der Zweck des Vereins w a r , durch diese (Einrichtung die Liebe zu Pflanzen auch bei weniger Bemittelten einzubürgern. I n der C h a t liefen auch die Anmeldungen so zahlreich ein, daß für dieses J a h r die Listen nach kurzer Zeit schon geschlossen werden mußten. A m J u n i wurden vom Verein je 4 kleine Topfpflanzen an Fam ilien abgegeben m it der A uflage, dieselben nach einer über­ gebenen Anleitung zu pflegen und im S p ä tjah r zu einer Ausstellung bezw. P räm iierung einzuliefern. Letztere fand am 25. September im S aale der Vier Jahreszeiten statt. Von den f 70 (Empfängern hatten sich am Ausstellungstage allerdings nur 25 eingefunden, die eingelieferten Pflanzen zeigten aber, daß dieselben m it Ver­ ständnis und Liebe behandelt worden waren, fodaß der angestrebte Zweck doch teilweise erreicht wurde. DTit dieser Ausstellung hatten noch einige Vereinsmitglieder größere G ruppen von Topfpflanzen, sowie Gbst zur Ausstellung gebracht. F ü r seine DTitglieder wurde außer den DTonatsversammlungen, in denen gärtnerische Fragen meist nur theoretisch behandelt werden — 53 — können, auch ein unentgeltlicher Kursus für (Obstbau und ein solcher für Pflanzenpflege veranstaltet, an denen sich auch Dam en, soweit sie M itglieder sind, beteiligen können. Der G e w e r b c v c r e i n K a r l s r u h e , welcher gegenwärtig 352 M itglieder zählt, beschäftigte sich unter anderen Fragen auch m it der Reorganisation des Lehrlingswesens bezw. Gründung eines Lchrlingsheims für die weder bei dem Meister noch bei den Eltern in Kost und W ohnung stehenden hiesigen Gewerbslehrlinge, deren Z ahl gegenwärtig 535 beträgt. D ie Lösung dieser Frage dürfte mit Zchlfe des Stadtrats einer nicht fernen Zukunft Vorbe­ halten bleiben. Der Vcrmögensstand des Vereins beträgt 38 667 M . 95 p f . Einstimmige Genehmigung fanden die A nträge: es möchte in den Voranschlag ein Betrag eingestellt werden, um denjenigen Vereinsmitgliedern, welche die Münchener Kunstgewcrbcausstellung beschicken, einen Kostenzuschuß zu leisten, fernerhin ein B etrag für Reisestipendien an Vereinsmitglieder bezw. deren Arbeiter zum Besuche der Ausstellungen in M ünchen und Brüssel, sowie ein weiterer Betrag für einen anzustcllcnden erweiterten Fachzeichen- unterricht an hiesiger Gewerbeschule, bezw. a ls Gehaltszuschuß für den dazu anzustellenden Fachlehrer. Der L e b e n s b e d ü r f n i s v e r e i n beziffert den Reingewinn im letzten Rechnungsjahre auf 89 285 M . , also um nahezu 20 000 M . mehr a ls im V orjahre. Die Z a h l der M itglieder stieg von s35^ auf s658 , seit N eujahr auf (700 und soll an dieselben wieder eine Dividende von \ \ °/0 resp. \ \ p f . für die M ark des Umsatzes in Vereinsmarken vergütet werden. Der Gesamtumsatz im J a h r e (887 betrug 902 067 M ., resp. gegen 200 000 M . mehr a ls im V orjahre. F ü r den G esam t­ umsatz entrichtete der Lebensbedürfnisverein den B etrag von 23^5 M . an Steuern und Umlagen. Konnten wir in der letztjährigen (Chronik einen Zuw achs zu den (^2 hier bestehenden Vereinen um 2 0 neue feststellen, so w ar auch das J a h r J887 für die Vereinsbildung nicht unfruchtbar. Die Z a h l derselben hat sich von \ 6 2 auf s75 gehoben. Um unsere sozialen Assoriationsbedürfnisse schon im kleinen Rahm en kennen zu lernen, sei erw ähnt, daß unter den neuen Vereinen ein h o m ö o p a t h i s c h e r , ein P o ft v e r e i n , ein G s t e r - r e i c h e r - A l u b , ein S c h w e i z e r - und W ü r t t e m b e r g e r v e r e i n sich findet; ferner mehrere neue 21Tusifvereine. Neben den vorzugs­ weise geselligen Zwecken dienenden neuen Vereinen ist aber in der G ründung eines Vereins von L e h r e r n d e r n e u e r n S p r a c h e n , eines Ro l l e r ' s c h e n S t e n o g r a p h e n - und eines S c h w a r z w a l d ­ v e r e i n s auch das wissenschaftliche Gebiet nicht leer bei diesen Neuschöpfungen ausgegangen. Leistungen des Gemrinstnns, Armen- und Krankenwesen. V Zusammenstellung auch nur der in den hiesigen Z eit­ igen mitgeteilten Schenkungen und Vermächtnisse zu Gunsten öffentlicher Anstalten und Zwecke würde durch den U m ­ fang über den Rahm en dieser Arbeit hinausgehen. Besonders reiche Zuwendungen erhielten die hiesigen Wohlthätigkeitsanstalten testamentarisch durch den verstorbenen Z . v . Berckholz. Unsere große gemeinnützige A nstalt, das s t ä d t i s c h e V i e r - o r d t b a d , hat im vergangenen J a h re insofern eine Änderung erfahren, a ls die A u r a n s t a t t auch während der Som m erm onate im Betrieb war. Neben den gewöhnlichen W annen- und Douchebädern besteht noch eine Abteilung für Anwendung der physikalischen Heilmethode und für das Gesamt - W asserheilverfahren; auch ist Gelegenheit gegeben zum Gebrauch von H eißluft-, D am pf- und künstlichen S oo l-B äd ern . D a außerdem auch das elektrische Heilverfahren, ferner M assage und Heilgymnastik zur Anwendung komm en, so bietet diese städtische Anstatt reiche Gelegenheit, m it sehr geringen Geldopfern die verschiedenartigsten Aurmethoden zu gebrauchen. Uber die Anzahl der im Laufe des J a h r e s genommenen Bäder und der daraus gewonnenen Einnahm en (einschließlich der Auranftalt) geben wir eine kurze Zusammenstellung: — 56 — m. pf. I m J a n u a r w u rd en gen o m m en : 887 B ä d e r ; die E in n a h m e betrug so . F e b ru a r „ 8 9 9 ( ( 7 4 3 5 . M ä rz ( 0 2 8 „ „ „ ( 3 5 3 5 5 . A p ril ( 4 0 7 ,, „ ( 6 2 8 ( 5 . M a i „ ( 5 0 0 ,, „ ( 6 7 4 8 5 . J u n i „ „ 2 2 8 8 „ „ „ „ 2 5 2 4 8 5 . J u ü „ 2 ( 8 6 „ „ n „ 2 ( ( 8 9 0 . A ugust „ ( 3 ( 7 „ ,, ( 4 ( 3 9 5 . S ep tem b er „ „ 9 9 0 „ „ „ „ ( ( 4 9 5 5 . G ktober „ X ( 9 4 „ „ ( 3 4 0 ( 5 . N ovem ber „ ( 0 ( 7 „ „ ( 2 6 5 7 5 . D ezem ber „ 7 ( 2 „ „ 9 3 6 8 0 . G esam tsum m e . . ; s 425 G esam te in n ah m e . . (7 500 35. A ls Vertreter des D r. W u n d e r l i c h fungierte der praktische Arzt D r. M ö r s t a d t . Der m it dem Stadtgarten verbundene Tiergarten hat einige weitere Geschenke erhalten. Der Besuch war fortwährend ein reger. I m Stadtgarten wurden im vorigen J a h re für HO759 M . Tageskarten und für nahezu eben so viel, nämlich (0 280 M . Abonnementskarten gelöst; außerdem wurden für Benützung der im S tadtgarten ausgestellten Sesselwaage 2 957 Karten zum preise von je (0 p f . ausgegeben, also 295 M . 70 P f. vereinnahmt. Die Gesamtsumme der (Eintrittstaxen betrug somit 2 ( M . 70 P f. Die Gondelmiete ergab ( 9*55 M . 50 P f . , der (Erlös aus der Benützung der (E isbahn, welche durch die anhaltend kalte W itter­ ung im J a n u a r reichbelebt w ar (am Abend des (7. J a n u a r veranstaltete die Stadtgartenkommission ein prachtvolles Tisfest), 6 557 M . 91 p f . 2. Artnenwrsen. Die (885 zum ersten M a le herausgegebene Iahreschronik der S tad t K arlsruhe konnte (S. 66) a ls ein besonders gutes Zeichen für die verhältnism äßig gesunden socialen Verhältnisse unserer S tad t seststellen, daß trotz der ungewöhnlichen Bevölkerungszunahme und des dam it unvermeidlich verknüpften Anwachsens des Prole­ ta ria ts das städtische B udget für den A rm enausw and im Verlause der J a h re (880— (886 keine erhebliche Steigerung zu erfahren hatte. — 57 — Der Grund dieser erfreulichen Thatsache liegt teils in der wirtschaftlichen Besserstellung der ärmeren Bevölkerungsklasscn, teils in der außerordentlich opferwilligen privaten und von hiesigen Vereinen ausgeübten M ildthätigkeit. Gegenüber dem Ja h re (878, in welchem der Armenkasse seitens der Stadt ein Zuschuß von (06 000 M . geleistet werden m ußte, beträgt zwar der letztjährige städtische Beitrag ein M ehr von <(2 00 0 M . , steht aber hinter der Steigerung des städtischen Zuschusses zum Schulaufwande, der in den Jahren (8 7 ( — (886 von 58 4,(5 M . auf 2 8 ( 9 ( 0 M ., also um 583 Prozent sich gehoben hat, weit zurück. M a s zunächst die ö f f e n t l i c h e , von der Gemeinde geübte Armenpflege betrifft, so liegt dieselbe in pänden des hiefür geschaffe­ nen A rm enrats, der unter dem Vorsitze des Bürgermeisters K räm er aus 28 Vertretern, weltlichen und geistlichen, städtischen und staat­ lichen, zusammengesetzt ist. A ls leitender Gesichtspunkt der Arm enverwaltung wird fest- gehalten , niemanden, der arbeitsfähig, aber ohne Erwerb ist, durch Verabreichung von Unterstützungen in eine bessere Lage zu versetzen, a ls diejenigen sich befinden, welche auch unter den. schwierigsten Verhältnissen aus eigener Kraft sich ihren Unterhalt erringen. (Es wird hiedurch erreicht, daß der Z w an g , zur Arbeit zurückzukehren, bestehen bleibt und die vielfach bei Unterstützung Suchenden vorhandene Voraussetzung beseitigt w ird , a ls sei der zur Hilfeleistung verpflichtete Arm enrat zu deren vollem Unterhalt verpflichtet. D am it in allen Fällen die richtige F orm der Unterstützung gefunden werden kann, ist es notwendig, daß die Verhältnisse der zu Unterstützenden m it peinlichster Genauigkeit festgestellt und dieselben fortwährend überwacht werden. Die hiesige (Organisation der Armenpflege im Zusammenwirken m it der freiwilligen Vereins- thätigkeit ermöglicht, die vorgesteckten Ziele zu erreichen. A ls not­ wendige Folge wird in Krankheitsfällen bei Arm en die au s­ reichendste ichlfe gew ährt, damit dieselben so bald a ls möglich imstande sind, sich selbst wieder ihren Unterhalt zu erwerben. Der Erziehung von verlassenen oder elternlosen Kindern wird die größte Sorgfalt gewidmet. — 58 — Die A r m e n k i n d e r p f l e g e ist nach eingehenden Erhebungen im Ja h re s87^ in der Weise geordnet worden, daß der Armenrat gemeinsam m it dem Frauenverein (Abteilung II. für Kinderpflege) über die Aufnahm e unter die Z a h l der Armenfinder entscheidet. Nach dem hier angenommenen sog. Elberfelder System *) werden die Kinder an verschiedenen (Drten einzeln in sorgfältig ausge­ wählten Fam ilien untergebracht und die Zuschüsse bestimmt. Damen des Frauenvereins besuchen die ihnen zur Beaufsichtigung zuge­ wiesenen Kinder. I m letzten Zahre waren in Verpflegung zu W eingarten ^9 K in d er, in Eggenstein fO , Leopoldshasen (5 , Rothenfels 2% u. f. w . Die Kinder werden an einfache Verhältnisse und Arbeit ge­ wöhnt , damit sie später nützliche M itglieder der menschlichen Gesellschaft werden. Für Pflegeeltern und E ltern , welche sich durch Eifer bei diesem Erziehungswerk auszeichnen, sind Gaben zur Aufm unterung ausgesetzt. Z u diesem Zweck sind seit s875 ca. \ 2 700 ZTL verwendet worden. Der Zuschuß der Ltadtkasse zur Armenkasse betrug in den letzten zehn J a h ren : ,878 ....................................ZOG 862 DT. 1879 (2( 342 „ (880 . . . . . . . (35 748 „ (88 ( (06 000 „ (882 ((6 000 „ (883 ....................................(26 000 „ (8 8 4 (29 909 „ (885 ....................................(38 867 „ (886 ....................................(49 6(4 „ (887 . (48 250 „ Direkte Geldunterstützungen, ständige und vorübergehende, wurden gew ährt: (878 33 430 IR. (879 ............................... 43 (42 » (880 ............................... 590(2 „ ( 8 8 ( ............................... 38 003 „ *) Siehe den größeren Bericht, die städtische Ar m e n k i n d e r p f l e g e in dem Merke: Die Großherzoglich Badische ksaupt- und Residenzstadt Karls­ ruhe in ihren Maßregeln für Gesundheitspflege und Rettungswesen. Abtei­ lung VII. (882 bei Macklot gedruckt. — 59 — (882 ..................................... 39 3 (9 IR. (883 .....................................4( 305 „ ( 8 8 4 .................................... - 40 (00 „ (885 ..................................... 39 764 „ (886 ..................................... 43 279 „ (887 ..................................... 39 9 3 ( „ F ü r Verpflegungskosten im A rankenhaus wurden ausgegeben: (878 ..................................... (5 70( m . (879 ..................................... 2 ( 943 „ (6 8 0 ..................................... 25 665 „ ( 8 8 ( ..................................... (8 388 „ (882 ..................................... (5 70( „ (883 ..................................... (8 443 „ (884 ..................................... (6 436 „ (885 ..................................... (2 504 „ (886 ..................................... (9 238 „ (887 . . . . . . . 2 0 0 2 0 „ F ür Aranke und A rbeitsunfähige, welche in I r r e n - , Heil- und Pflegeanstalten, Rettungs- und Erziehungsanstalten unter­ gebracht sind, wurden aufgewendet: (878 ..................................... 24 238 M . (879 ..................................... 23 560 „ (880 ..................................... 29 9 (7 „ ( 8 8 ( 26 846 „ (882 ............................... ...... 25 345 „ (883 ..................................... 28 225 „ ( 8 8 4 ..................................... 3 ( 5 ( 8 „ (885 ...................................... 30 634 „ (886 ..................................... 33 208 „ (887 ..................................... 33 952 „ Die Anzahl der W aisen und Halbwaisen, für deren Erziehung der A rm enrat verpflichtet w a r , und die in Fam ilien hier und ausw ärts untergebracht wurden, betrug: ( 8 7 9 ......................... 2 (6 K inder. ( 8 8 0 ......................... 23 9 (88 ( ......................... 252 „ (882 248 „ (883 ......................... 256 „ ( 8 8 4 ......................... 2 8 , „ (885 ......................... 308 „ (886 ......................... 333 „ (887 ......................... 345 „ — 60 — Vonseiten des Frauenvereins w aren zur Beaufsichtigung der Armenkinder im verflossenen J a h re H6 Aufsichtsdamen thätig. Von den Referenten des A rm enrats wurden während des J a h re s , von den M itgliedern des Frauenvereins \ ty75 , im ganzen also 5 ^ 9 Besuche gemacht. Die häusliche Pflege ergab auch in diesem J a h re recht gün­ stige Resultate; die Schulzeugnisse der meisten Rinder lauteten günstig. Besonders wird vom A rm enrat R lage geführt, daß in häu­ figen Fällen ledige M ädchen ihre R inder in Pflege geben und, ohne sich um deren finanzielle Fürsorge zu kümmern, verschwinden, so daß der A rm enrat des hiezu verpflichteten Unterstützungsver- . bandes eintreten m u ß ; nicht minder häufig kommt es v o r, daß ein Elternteil seine Fam ilie verläßt, und die Angehörigen, nam ent­ lich die R inder und deren fernere Erziehung dem A rm enrat überläßt. I m J a h re s887 wurden im ganzen zu Lasten sämtlicher hier in Betracht kommender Armenverbände an 1 9 1 6 P e r s o n e n Unterstützungen gegeben, welche mit Zuzählung ihrer Fam ilienan­ gehörigen eine Bevölkerungsziffer von 7224< Personen repräsentieren.*) I n Uebereinstimmung m it vielen anderen Armenverbänden ist auch hier a ls eine t r a u r i g e E r s c h e i n u n g hervorzuheben, daß junge Leute, kaum über 20 J a h re a lt, schon eine Fam ilie gründen und dann bei dem geringsten Mißgeschick bei dem A rm cnrat um Unterstützung nachsuchen, ebenso, daß von kleineren O rten arbeitsunfähige ältere Personen hierher ziehen, sich 2 J a h re m it A usbeutung der Privatw ohlthätigkeit durchhelfen und dann, wenn sie den Unterstützungswohnsitz erworben haben , m it den größten Anforderungen an den A rm enrat kommen. Der Bericht des A rm e n ra ts , dem w ir vorstehende Daten entnom m en, führt einige Fälle auf , welche für die landläufige P rax is a ls charakteristisch gelten können und daher hier Nachfolgen mögen. (Ein ziemlich leichtsinniger ju n g e r M a n n von 25 J a h r e n he ira te te im A p ril vo rigen J a h r e s ein M ädchen von 23 J a h r e n a u s e iner a u sw ä rtig e n (Sem cittbe. I m G ktober schon kam von einem benachbarten B e z irk sam te an *) D er G esam tau fw an d (887 w a r : 209 98 5 M . D ie A u sg ab en fü r das A rm en - und K ran k en w efen um fassen nach dem städtischen Rechenschaftsbericht fü r (887 im D urchschnitt 9,8 P ro z e n t der G esa m ta u sg a b e n . — 6\ — den A rm e n ra t die A u ffo rd eru n g , die ju n g e F r a u , welche ih ren M a n n ver­ lassen, in ih re lse im atgcm cinde zuriickgekehrt se i, ih re r N iederkunft en tgegen sehe und sich in h ilfsb ed ü rftig er L age befinde, in ih re r k jeim atgem einde zu unterstützen. D er A rm e n ra t v erw eigerte die U nterstützung in der kseim at- gem einde, v e r la n g te , daß die ju n g e F ra u zu ih rem M a n n e , und w en n dies un thunlich , w enigstens h ierher zurückkehre, w a r ab er b e re it , w e n n sich d a n n noch ein N otstand h e rau ss te lle , die F r a u ausreichend zu unterstützen. D ie ju n g e F ra u k a m , e rk lä rte , ih r M a n n habe g a r keine W o h n u n g m e h r , ih ren U n te rh a lt könne sie sich im m er noch e rw e rb e n , n u r könne sie die A u sg a b e n fü r eine W ohnung nicht bestreiten. E s w urde ih r zugesag t, d a ß , so lan g e sie in h ilfsbedürftigem Z u sta n d e s e i , der A rm e n ra t fü r die Kosten der W o h ­ n u n g aufkom m en w o lle , w om it sie e inverstanden schien und sich en tfern te . E in ige W ochen spä ter kam w iederho lt durch d a s G roßherzogliche B e z irk sam t an den A rm e n ra t die A u ffo rd e ru n g , g e n a n n te ju n g e F ra u in ih re r k jeim at- gem einde zu un terstü tzen , w a s a b e rm a ls v erw e ig e rt w u rd e , w eil die U n te r­ stützung Suchende den A n o rd n u n g en des A rm e n ra ts en tgegen han d e lte , a u g en ­ scheinlich n u r eine größere G eldun terstü tzung erstrebte, ohne daß dem A rm en ­ ra te ih r wirklicher N otstand erw iesen w a r , der A rm e n ra t auch n ie in der Lage gew esen w ä r e , bezüglich der B e d ü rftig k e it eine K o n tro lle au szu ü b en , v o n da ab kam keinerlei Gesuch m ehr. E in e 58 J a h r e a lte kränkliche F ra u kam h ie rh er zu ih re r h ie r v erh e ira te te n T o ch te r; sie ließ ih r k sa usgerä te in ih re r k jeim atgem einde (einer reichen T halgem einde M itte lb ad en s) zurück, erk lärte dortselbst, daß sie ih re n W ohnsitz dort nicht aufgeben wolle, ließ sich schriftlich von der V rtsb e h ö rd e die Z u sag e geben , daß ih r der B ü rg e rn u tzen auch fe rn e r bezah lt w e rd e , w a s auch im ersten J a h r e geschah, zah lte noch ih re M ie te zu ls a u s , kam d a n n nach A b lau f von 2 J a h r e n durch K ran k h e it in N o t, w a s V eran lassung gab, deren U n te r­ stützungswohnsitz festzustellen. D ie kjeim atgem einde erk lärte je tz t, die k jilfs- bedürftige sei üb er 2 J a h r e f o r t , sie erkenne den U nterstützungsw ohnsitz nicht m eh r a n , eine A uffassung , welcher auch die G erichte bei der n u n fo l­ genden K lage zustim m ten. L s steht indessen fest, daß bei der F r a u die M e i­ n u n g erweckt und e rh a lten w u rd e , sie b ehalte ih re n U uterstützungsw ohnsitz in der L jeim atgcm einde und bleibe im G e n u ß des ih r s c h r i f t l i c h zuge­ sicherten beträchtlichen B ü rg e rn u tzen s , und daß eine entgegengesetzte E rk lä ru n g erst dan n gegeben w urde, a ls die F ra u m eh r a ls 2 J a h r e o rtsabw esend w a r . E in Metzgerbursche, der nach m e h rjä h rig e r A bw esenheit in seine lse iin a t- gem einde zurückkehrte, arbeite te dort bei einem M etzger; er h a tte ein B e in verlo ren und tru g einen S telzfuß . N ach V /s J a h r e n verließ er die L jeim at- gem einde und arbeitete in einem N achbaro rte , auch von h ie r g ing er w ieder nach einem halben J a h r e w eiter au s die W anderschaft. B e i seinem G ebrechen m ußte ab er bald der F a ll e in tre te n , daß er nicht leicht A rb e it finden konnte und h ilfsb ed ü rftig w urde. E r kam h ie rh er und m uß te w egen K ran k h e it in d as S p i ta l eingew iesen w erden . D a er keinen U nterstützuugsw ohnsitz ha tte , w urde er von dem L andarm en v erb an d e K a r ls ru h e übernom m en . E s kann — 62 — zw ar nicht nachgew iesen w erben , baß eine Abschiebung h ier vorliegt, aber bte V erm u tu n g liegt n a h e , baß bie E jettnatgem einbe nicht w o llte , baß er ben U nterstiitzungsw ohnsitz w ieber e rw e rb e , obgleich er sich in länblichen V erh ä lt­ nissen sein B ro b verb ienen konnte, v o r A b lau s von 2 J a h r e n h a t er eben bie E jeim atgcm einbe w ieber verlassen. v o r zw ei J a h r e n kam eine gesunbe, k rä ftig e , J a h r e a lte lv ittw e m it n K tn b ertt von 5 b is i l J a h r e n h ierher, bie ih ren U nterstützungsw ohnsitz in einer A m tss tab t bes U n te rlan b es h a t te ; sie erkunbigte sich, ob sie unterstützt w erben könnte, w a s ih r b e jah t w ü rb e m it betn B e ifü g en , baß b ics a u f Rech­ n u n g bes jen igen A rm en v erb an b es geschehen müsse, w o sie ben U n terstü tzungs­ wohnsitz h a b e ; sie verzichtete b a n n a u f eine U nterstützung, m it betn v o rg eb en , ber unterstützungspsiichtige A n n cn v e rb an b verlan g e ih re Ejeimkehr, bort könne sie sich aber nicht b u rch b rin g en , w esh a lb sie u n te r keinen U m stänben bahitt zurückkehre. N ach kurzer Z e it legte sie ein ärztliches Z e u g n is v o r , b a s ih re A rb e itsu n fäh ig k e it konstatierte, w o rau f ih r eine U nterstützung bew illig t w ürbe. D er nnterstützungsxflichtige A n n en v erb a ttb genehm igte aber bie Unterstützung n u r a u f kurze Z e it, nnb v e rlan g te ih re E jeim w eifung. D er A rm e n ra t bean ­ tra g te bte A usw eisu n g , w en n nicht ber unterstützungspsiichtige A n n cn v erb an b sich bereit erkläre, eine stänbige U nterstützung, e tw a 2 L rz ieh u n g sb e iträg e von je 70 M a rk zu g e w ä h re n , ba bie F ra u sich augenscheinlich m it ih re n R in ­ b ern nicht burchbringen könne. In zw isch e n m ußte bie F ra u w egen S ee len ­ stö rung in s K ra n k e n h a u s ausgenom m en w e rb e n , w äh ren b bie K tnber in anberw eite p f le g e gegeben w ü rb en . D a s G roßherzogliche B ezirksam t sprach b a n n bie A u sw e isu n g a u s . D ie F ra u w a r jeboch, w ie sich balb herausstellte, nicht geisteskrank, bagegen h a tte sie nach a llen S e iten in hohem M a ß e b as M itle ib von P riv a tp e rso n e n zu erregen verstanben , obw ohl sie selbst zu ih rem eigenen U n te rh a lt soviel w ie n ichts zu e rw erben suchte. Durch bie erlan g ten p r iv a te n Z u w e n b u n g e n w ü rb en ih re Schnlben bezahlt. D ie K in b er fanben U nterkom m en bei P r iv a tp e rs o n e n , so baß sie ber S o rg e fü r ih ren eigenen U n te rh a lt en thoben w a r , nnb bte A u sw e isu n g gegenstanbslos w ürbe. S ie h a tte erreicht, w a s sie w ollte, eine möglichst sorgenlose Existenz, nnb E n th eb u n g von ber P flich t f ü r ben U n te rh a lt ih re r K tn b e r , soviel sie nach ih re r K ra f t b e itrag en konnte, zu arb e iten . Hand in Hand m it der Wirksamkeit des städtischen Arm en- ra ts geht die umfassende Armenpflege durch den b a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n . Der nunm ehr zum 28. M a l veröffentlichte Jahresbericht entwirft ein erfreuliches B ild der im m er vielseiti­ geren Wirksamkeit im Dienste erbarmender Menschenliebe. Die einzelnen Abteilungen für F rauen-B ildungs- und Lrwerbspflege (mit den Industriekursen, der Luisenschule, Frauenarbeitsschule, Zeichenschule, Schule für Kunststickereien, für Frauenarbeitslehrer- — 63 — innen, Haushaltungsschule), für Kinderpflege (Armenkinderpflege, Krippe, Luisenhaus); Krankenpflege und Armenpflege entfalten eine äußerst rührige, von J a h r zu J a h r größere Thätigkeit, deren Legen unserer S tad t und dein ganzen Land zu gute kommt *). Neben der gemeinschaftlich m it dem städtischen A rm enrat geübten Armenkinderpflege unterhält der Verein noch eine besondere Anstalt für arme K inder, „ D i e K r i p p e " * * ) . W ährend im J a h re \ 886 durchschnittlich 28 Kinder täglich verpflegt wurden und die Z ah l der Verpflegungstage 7 018 betrug, w ar das J a h r 1887 für die Anstalt ungünstig, da dieselbe wegen Krankheiten nur an 253 Wochentagen benutzt werden konnte. Der A ufw and belief sich auf ^ 28s) M ., an Verpflegungsgeldern wurden 672 ZIT. erhoben, so daß der Verein zum U nterhalt der Anstalt einen Zuschuß von 3 617 2TL zu leisten hatte. Die Kosten des Verpfle­ gungstages für ein Kind belaufen sich auf 61 p f . , nach Abzug des Verpflcgungsgeldes auf 51 P f . Die Hauptthätigkeit für A rm e wird von der IV . Abteilung des Frauenvereins entwickelt. I n derselben hat der S o p h i e n - F r a u e n v e r e i n 258 Personen oder Fam ilien unterstützt, der E l i s a b e t h e n v e r c i n an 800 Kranke G aben gereicht. Die bei­ den V o l k s k ü c h e n (Spital- und Ritterstraße) gaben zusammen 22-s 000 Portionen (Suppe, Suppe und Fleisch, Suppe, Fleisch und Gemüse) an Zinne und Kranke ab. Auch die Berichte der anderen Unterabteilungen, der F l i c k v e r e i n , die Z T Tä d c h e n f ü r s o r g e für schulentlassene Tochter unbemittelter Fam ilien, die F ü r s o r g e für entlassene weibliche Gefangene (Schutzverein) und die V e r m i t t l u n g b i l l i g e r M i e t w o h n u n g e n für Unbemittelte zeigen die regste Wirksamkeit im Dienste der Arm en (vergl. Jahresberich t des Frauenvereins über das J a h r 1887 S . 27— 33). I m vorigen J a h re ist auf Anregung der Großherzogin, der Protektorin des Vereins, der Versuch gemacht worden, hier K o ch ­ k u r s e einzuführen. A us diesem Versuche entwickelte sich sehr bald das Bedürfnis einer ständigen „ K o c h s c h u l e " , welche in *) D er V erein weist a u f ( . J a n u a r (887 ein v e rm ö g e n a u f von 522 077 IT?., eine V erm ehrung gegen ( 8 8 6 u m 49 547 ITT. **) H ebet Zweck und E in rich tu n g siehe L hron ik von (885 5 . 67. — 6H — erster Linie dem ärmeren Teile der städtischen Bevölkerung dienen sollte. Nach Benehmen m it der städtischen Behörde wurde vom t4 . M ärz an der erste über 8 Wochen sich erstreckende Koch* sc h u l - K u r s u s im Gartenschlößchen des Frauenvereins er­ öffnet. Der Zweck derselben ist, junge M ädchen über sö J a h re dahin auszubilden, daß sie besonders die einfachste Kost, daneben aber auch die bessere Hausm annskost aufs billigste und beste Herstellen lernen. A ls Lehrm aterial dient sowohl die Zubereitung der Kost für die Schülerinnen, wie derjenigen für eine beschränkte A nzahl Kostgänger, die entweder im pause selbst speisen oder das Esten holen lasten. N achm ittags werden die Schülerinnen in der Anfertigung weiblicher Handarbeiten unterrichtet. Der K urs ist in erster Reihe für h i e r wohnhafte M ädchen bestimmt, doch wer­ den auch a u s w ä r t s wohnende Schülerinnen zugelassen. E in Lehr­ geld wurde bis jetzt nicht erhoben, dagegen hatte jede Schülerin zur Deckung sämtlicher Kosten den B etrag von 50 p f . täglich zu entrichten, w ofür ih r aus den zubereiteten Speisen die M ittagskost und Vesperbrot gereicht wurden. A ls städtischer B eitrag zu dem Kochkurs wurden 600 M . in den Voranschlag eingestellt, ferner ein B eitrag von 900 M ., um 30 M ädchen oder F rauen aus der arbeitenden Volksklasse in der Kochschule lernen zu lassen. 3 nt Laufe des J a h re s waren 6 Kurse (an jedem Kurse können \2 Schülerinnen teilnehmen), besucht von 69 Schülerinnen, darunter ^ Hausschülerinnen (dieselben zahlen für Unterkunft und vollständige Verpflegung täglich l M . 50 p f.) und 55 S tad t­ schülerinnen , von welch letzteren 2 \ durch die Unterstützung von- seiten des städtischen A rm enrats vom Kostgeld befreit waren. Die Kurse während des W inters waren vorwiegend von M ädchen der umliegenden (Ortschaften D axlanden, pagsfeld, Grötzingen, Büchig besucht worden. Z u den vorhandenen K l e i n k i n d e r b e w a h r a n st a l t e n trat im verflossenen Z ah re eine neue. A m 9- M a i wurde nämlich eine von katholischen Schwestern geleitete weitere Anstalt im Bahn* hosstadtteil, Schützenstraße sO, eröffnet. — 65 — Port unseren zahlreichen W ohlthätigkeitsvereinen, die durch G ründung des 5 t . Z o s e f s h a u s e s (Asyl für stellenlose Dienst­ boten, Rrankenpflegcstation und Rinderschule, Luisenstraße 29), noch eine Vermehrung erhalten haben, ist für eine verständige P rax is der Armenunterstützung besonders auch der V e r e i n g e g e n H a u s - u n d 5 t r a ß e n b e t t e l von großer Bedeutung. Nach dem Jahresbericht desselben ist im Jah re s 887 die Z ah l der Unterstützten zum ersten M a le zurückgegangen und zwar um 973. <Vb diese erfreuliche Erscheinung eine wirkliche W endung zum Besseren gebracht hat oder nur vorübergehend und zufällig ist, kann zur Zeit kaum festgestellt werden. Die Z ah l der Unterstützten w ar in den letzten 6 J a h re n fol­ gende : 1882 .............................. . 5 2 1 ? p e r fo n c n 1883 5 128 „ 188 4 ........................................ 6 593 1885 7 495 1886 7 764 ,, 1887 6 681 „ Abgewiesen wurden im letzten J a h re 2^8 Personen. A ls auffallend erscheint, daß die Anzahl der Unterstützung Suchenden in den einzelnen M onaten keine wesentlichen Unterschiede zeigt. Sie be trug : J a n u a r . . 6 2 \ J u l i . . . . . 603 F e b ru a r . . # 5 A ugust . . . . 643 M ä rz . . . . 598 S e p te m b e r . . . 626 A pril . . . . 386 G ktober . . . 538 M a i . . . . . 554 N o v e m b e r . . . 588 J u n i . . 530 D ezem ber . . . 499 (Eine Verringerung fand also in den Som m erm onaten , wie m an wohl erwartet hätte , nicht statt, so daß also die (Einstellung vieler Betriebe in den W interm onaten, wodurch die Arbeiter außer Beschäftigung treten, keine besondere Rückwirkung hierin zeigt. (Etwa \00 Personen, welche hier mittellos ankamen, kränklich w aren, nach ihrer Heimat wöllten oder sonst ein Reiseziel hatten, an welchem ihr ferneres Fortkommen im voraus gesichert w ar, hat der Verein Reiseunterstützung gewährt. Dabei ist häufig die unerfreuliche (Erscheinung zu T age getreten, daß Personen, denen eine Reiseunterstützung bewilligt werden sollte, und die auf eine 5 — 66 — bestimmte Stunde vor A bgang des Zuges zur Em pfangnahm e des B illets bestellt w aren , nicht mehr erschienen sind, weil ihre E rw artung , baares G eld , nicht aber ein Billet zu erhalten, sich nicht erfüllte. D as anfänglich eingerichtete A r b e i t s n a c h w e i s b u r e a u ist eingegangen, weil von den verschiedenen In n u n g en zweckent­ sprechendere Einrichtungen getroffen worden sind. D as bloße Nachweisen von Arbeitsgelegenheit durch das B ureau hatte den Nachteil, daß keinerlei Kontrolle möglich w ar, ob auch der A rbeit­ suchende sich wirklich zur A rbeit meldete. Die Fälle w aren nicht selten, daß bei den Arbeitgebern, welche Arbeit anboten, niemand erschien, w as dieselben veranlassen m ußte, ihr Bedürfnis an A r­ beitskräften auf andere Weise zu decken. W ie seither wurden auch im abgelaufenen J a h re an unbemit­ telte unbescholtene Personen, welche keine Armenunterstützung in Anspruch nehmen und nur vorübergehend in N ot geraten sind, kleine unverzinsliche Darlehen aus den verfügbaren ZlTittdn des Ver­ eins gew ährt, welche in kleinen Beträgen je nach Kräften des hilfesuchenden in wöchentlichen oder monatlichen Raten zurück zu zahlen sind. I m J a h r e 1887 wurden sö Darlehen im Gesamt­ betrags von s6ß5 ZIT. gewährt. A m Schluffe des J a h re s waren im ganzen noch aus 57 Darlehen H f ZIT. zurückzuzahlen. Leider werden in den meisten Fällen die Rückzahlungen nicht so pünktlich geleistet, wie es die E m pfänger versprochen hatten, so daß, wenn gütliche ZtTittel und Klage erfolglos blieben, die Bürgen in Anspruch genommen werden mußten. E s w ar auch in der abgelaufenen Periode das ernste Bestre­ ben der V ereins-G rgane, die ausgesprochenen Zwecke des Vereins, den gewerbsmäßigen Bettel einzudämmen und unmöglich zu m a­ chen, die arm en Durchreisenden im m er wieder aus ihre eigene K raft anzuweisen und zur A rbeit zurück zu führen, dadurch zu er­ füllen, daß ihnen nur das absolut Notwendige zu ihrem Unter­ ha lt gewährt, denselben aber v o n d en E i n w o h n e r n u n s e r e r S t a d t j e d e w e i t e r e U n t e r s t ü t z u n g v e r s a g t w i r d . Nach dieser D arlegung der öffentlichen und Vereinsthätigkeit zum W ohls der ärmeren Bevölkerungsklasse sollte wohl auch der — 67 — privaten Gpferwilligkeit, die sich bei so vielen Anlässen int Laufe des J a h re s unerschöpflich zeigte, gedacht werden. L ine Zusam m en­ stellung auch nur der in den hiesigen Zeitungen mitgeterlten Schen­ kungen und Vermächtnisse zu Armenzwecken ginge jedoch weit über den Rahmen dieser A rbeit h in au s , ganz abgesehen davon, daß w ir damit ja immerhin nu r einen kleinen Bruchteil mild- thätiger Leistungen anführen würden, ohne der H an d , die im Verborgenen giebt, gedenken zu können. Doch soll nicht unerwähnt sein, daß im Laufe des J a h re s besonders reiche Zuwendungen an öffentliche Anstalten für Kranke und A rm e von unseren: verstor­ benen Akitbürger Z . v o n Be r c k h o l t z testamentarisch gemacht worden sind. 3. Krankenwesen. L s wurde oben erw ähnt, daß in der Sitzung des B ürger­ ausschusses vom \ 8. J u l i die wichtige F rage eines N eubaus des städtischen Krankenhauses bereits angeregt und diese große G e­ meindeaufgabe als mehr und mehr in die N ähe rückend bezeichnet wurde. Zunächst lag im Laufe des J a h re s den Gemeindekollegien ein A ntrag vor, zwei dein Tapezier Heck und dem Hafner Heinzel- m ann gehörige Grundstücke, welche in das K rankenhaus so sehr hineinragen, daß sie sowohl dem gegenwärtigen Bestand wie auch einer künftigen Erweiterung desselben hinderlich sind, zu erwerben. D aß letztere in der allernächsten Zeit notwendig werden wird, zeigt das fortwährende Steigen der Verpflegungstage im Kranken­ hause. I h r e Anzahl betrug im J a h re s883 , a ls vom S tad tra t der im Februar %884 durch den Bürgerausschuß genehmigte Krankenhausneubau beschlossen w u r d e 35 3 s7. I n t J a h re s884 stieg sie a u f ............................................3g 87%, II II s885 n u n .................................. 44 i n n \886 n u n . . . . . . . 55 £>\ty, n n s 8 8 7 n u n . . . . . . . 6 4 c 0 0 . A ls Hauptgründe dieser steigenden Frequenz haben w ir in der vorjährigen Chronik neben der Vermehrung der E inw ohner- — 68 — zahl die neue sozialpolitische Gesetzgebung, insbesondere die W irk­ ungen des Nnfallversicherungsgesetzes bezeichnet. Der Bericht über das städtische Krankenhaus für die letzten 2 J a h r e hebt denn auch m it eingehender Begründung die durch die angegebene erhöhte Frequenz hervorgerufenen M ißstände hervor, welche gebieterisch die Schaffung neuer Unterkunftsräume für Kranke verlangen. (Er deutet aber zugleich an, daß mit einer Vergrößerung des jetzigen Krankenhauses im Laufe weniger J a h re trotzdem eine neue Unzulänglichkeit sich ergeben wird. D as Gebot der notwen­ digen Lufterneuerung, sowie die G efahr allzugroßer A nhäufung von Kranken, unter denen sich jeweils viele ansteckende K rankheits­ formen befinden, lasse eine noch weitergehende Vergrößerung a ls die zunächst ins Auge gefaßte, ganz unthunlich erscheinen, so daß die F rage eines N e u b a u e s unabw eisbar werden wird. Die zunächst ins Auge gefaßte E rw eiterung, zu der die Erw erbung der obenerwähnten Grundstücke dem Bürgerausschuß zum Beschlüsse vorlag, w ar auch aus dem Grunde unaufschiebbar, weil der Verkehr von Kranken in der städtischen ambulatorischen Klinik sich in einem solchen M aß e entwickelt h a t, daß diese nicht länger mehr im Rathause verbleiben kann. T eils reichen nämlich die hier zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten nicht mehr aus, teils m uß es Bedenken erregen, eine derartige Anstatt in einem Gebäude zu belassen, in welchem das Publikum wegen der ver­ schiedenartigsten Geschäfte ab- und zugehen m uß. I m J a h re (885 wurden in der ambulatorischen Klinik 20 095 Leistungen der Stadtärzte und der städtischen Heilgehilfen verzeich­ net; (886 stieg die Z ah l auf 25 723 und (887 auf 5 ( 9 2 9 . E s scheint nun empfehlenswert, diese ambulatorische Klinik nach dem K rankenhaus zu verlegen, a ls eine besondere Abteilung des letzteren einzurichten und m it den modernen Hilfsmitteln der Krankenbchandlung auszurüsten. Ehe aber nach dieser Seite wei­ tere Vorschläge gemacht werden, mußte sich die S tadt die M ög- lichkeit sichern, eine bauliche Erw eiterung des Krankenhauses vor­ zunehmen. A uf die D arlegung dieser Sachlage hin genehmigte der B ü r­ gerausschuß den A ntrag aus E rw erbung der beiden Grundstücke um den P re is von ( 2 ( 0 0 0 M . — 69 — j m Bahnhofstadtteil wurde im August eine S ta tion für Arankenpflege errichtet, welche von Krankenschwestern besorgt wird. W ir lassen zum Schlüsse einige statistische Angaben von all­ gemeinerem Interesse folgen. Die auf G rund des Rcichsgesetzes in Geltung getretene G e ­ m e i n d e k r a n k e n v e r s i c h e r u n g *) betrug im J a h r 1887 durch­ schnittlich 7 725 M itglieder, die Z ah l der Erkrankungssälle 4 553. Die E innahm en aus Beiträgen betrugen 62 509 2TL 6 \ P f . Die A usgaben an Krankengeld betrugen 18 885 ZU. 4? P f . davon entfallen: auf 1 Versicherten 2 ZTT. 44 P f. „ 1 Erkrankten 4 „ 17 „ F ür ärztliche Behandlung wurden aus- gcgebtn. . ................................ : \ . . . . 17 156 „ 49 dies ergiebt: auf \ Versicherten 2 Zit. 22 P f. „ 1 Erkrankten 3 „ 78 „ F ü r Arzneien wurden verausgabt . . 8 51,6 „ 85 „ also kommt: aus 1 Versicherten 1 ZIT. \ 0 P f. „ 1 Erkrankten 1, „ 88 „ Die Zlusgabcn für sonstige Heilmittel be­ trugen 885 „ 82 „ F ür Krankcnhausverpflegung beliefen sich die Ausgaben a u f 58 876 „ 4^ „ davon kom m en: auf \ Versicherten 5 ZTT. 05 p f . „ 1 Erkrankten 8 „ 58 „ S um m a der G esam tausgaben 84 297 ZTT (0 P f. *) D ie D ienstbotenkrankenvorsicherung um faß te 5 29 9 P e rso n e n ; die Z a h l der E rk rankungssälle betrug \ 632. D ie A u sg ab en fü r ärztliche B e h a n d lu n g ic. im B e tra g e von 3 4 5 9 3 ITT. überstiegen die E in n a h m e n um ( 0 2 ;7 ITT., a u s ­ schließlich der verw altu n g sk o sten . — 70 — Die A usgaben haben somit die E innahm en um 2{ 987 2TT. 49 P f . überstiegen, ausschließlich der Verwaltungskosten. U m dem Leser einen Überblick zu gewähren, wie sich die der Krankenversicherung ungehörigen Arbeitskräfte auf K arlsruhe und dessen Umgegend verteilen, lassen w ir in Tabelle I I . ein Verzeich­ nis der mindestens fO Personen zur Beschäftigung in hiesiger S tad t stellenden Städte und (Ortschaften folgen. E s dürfte daraus am besten an der f}and von Zahlen die Bedeutung der S tadt und deren Geschäfte für die Erwerbsverhältnisse unseres ganzen Bezirks ermessen werden. * VII Versammlungen, Festlichkeiten, Ausstellungen, Sehenswürdigkeiten. Versammlungen. V m \2 . A pril traten die Vertreter der d e u t s c h e n m e t e o ­ r o l o g i s c h e n G e s e l l s c h a f t in den R äum en der technischen Hochschule zu sachwissenschaftlichen Beratungen zu­ sammen. 2. F ü r weitere Kreise großes Interesse bot auch der in dieselbe Z e it, vom H .— \7. A p r il , hier tagende V II. d eu t s che G e o ­ g r a p h e n t a g . Neben den wissenschaftlichen V orträgen hatte die gleichzeitig veranstaltete g e o g r a p h i s c h e A u s s t e l l u n g besondere Anziehung. Die historische Abteilung bot zunächst durch die wenig ge­ kannten Schätze der Hof- und Landesbibliothek wie des G eneral­ landesarchivs einen klaren Überblick über die Entwicklung der kartographischen Darstellung badischer Städte und weiterhin Süd­ deutschlands und vereinigte au s allen Teilen reiches, teilweise sehr seltenes M ateria l. Über G ründung und Entwicklung unserer H aupt- und Residenzstadt unterrichteten z. B . zwei mächtige M appen m it K arten und P länen. Die S am m lung — ein T eil des städtischen Archivs — begann m it einer aquarellierten K arte des jetzigen Stadtgebietes aus dem Lude des ( 6. J a h rh u n d e r ts , enthielt den ersten G rundriß der S tad t von s 7s6 m it der jetzigen Kaiserstraße, dam aligen Landstraße, a ls südliche Grenze; weitere von s7 s8, s720 u. s. w. bis f 8 8 7 , die Weiterentwicklung der S tadt in Zwischenräumen von 5— sO J a h re n darstellend. L in bun tes, nicht weniger interessantes B ild bot die ethno­ graphische und pflanzengeographische Abteilung, in der u. a. P ro ­ dukte und Kulturerzeugnisse der deutschen Kolonien vorgeführt wurden. Die Reichhaltigkeit gerade dieser Abteilung übertraf nach dem Urteil von Fachm ännern alle ähnlichen bisher veranstalteten Sam m lungen. Die im Maschinengebände der technischen Hochschule unter­ gebrachte Ausstellung wurde am \2. A pril eröffnet; die A nord­ nung derselben w ar von Baudirektor p o n s e l l geleitet, neben welchem Architekt G u st a v B a y e r die technischen und dekorativen Anordnungen traf. Z u r O rientierung in den verschiedenen Abtei­ lungen (historische, topographische, ethnographische, pflanzengeogra­ phische, schulgeographische) w ar von der Ausstellungskommission ein gedruckter Führer ausgegcben worden. A m \Q<. A pril begannen in dem Gebäude der technischen Hochschule die öffentlichen Sitzungen der von hervorragenden M ä n ­ nern au s N ah und Fern zahlreich besuchten Versammlung. A m \5 . und s6 . wohnten den Sitzungen auch der Großherzog und die Großherzogin an. Nach der Schlußsitzung am s6. A pril folgten die Teilnehmer des G eographentages einer L inladung des S tad tra ts zur Besichtigung des durch G asflam m en erleuchteten Landgrabentunnels, und fuhren dann um f U hr H2 M in . mit dem von der S tad t zur Verfügung gestellten Lxtrazug nach M axau , wo Brücke, B ahnhof und der Gasthos zum Rheinbad festlich be­ flaggt w aren. Den T a g beschloß ein den Geographen zu Lhren von der S tad t veranstaltetes Festbanket abends 8 U hr in der glänzend erleuchteten, gut besetzten Festhalle. 5. Vom 2 2 .—28. September tagte hier die IV . i n t e r n a t i o n a l e K o n f e r e n z d e r V e r e i n e v o m r o t e n K r e u z . Z u m zweitenmal fand diese V ersam m lung von M ännern aus allen Ständen der zivilisierten W elt in Deutschland statt und unsere S tad t durfte es sich deshalb zur hohen (Ehre anrechnen, die V er­ treter der H um anität in ihren M au ern zu begrüßen. Der Gedanke, daß eine wohlbegründete, P ietät für die hohen protektorinnen der pilfsthätigkeit im Krieg und Frieden, die deutsche Kaiserin A u - gus t a und unsere Großherzogin L u i s e , deren Verdienste au f dem Gebiete der Mohlthätigkeit in den weitesten Kreisen recht wohl bekannt sind, die Aufmerksamkeit des Kongresses auf K arlsruhe gelenkt, mochte unsere S tad t m it gerechten: Stolze erfüllen. Unter den zur Konferenz angemeldeten M itgliedern waren die größten Autoritäten aus dem Felde der Verwundeten- und K ran ­ kenpflege. Die Vorbereitungen zur V ersam m lung betrafen namentlich die mit derselben verbundene, umfangreiche Ausstellung von Verband- und Transportgegenständen, welche in der G lasgalerie im untern Stockwerk des Ständehauses untergebracht wurden, während das größere M a te ria l beim Königlichen P ro v ian tam t (Militärbäckerei) Ausstellung fand. Unter letzterem w aren außer den 5 transportabel» Baracken besonders 8 Eisenbahnkranken­ transportwagen (2 von der preußischen, 5 von der baierischen M ilitä rverw altung , s vom baierischen Landesvcrein vom roten Kreuz) mit aller dazu nötigen Ausrüstung, ein fahrbarer Desinfek­ tionsapparat u. a. von großen: Interesse. Die ebenso durch die A rt ihrer Zusammensetzung ausgezeich­ nete wie durch die Besuche fürstlicher Persönlichkeiten hochgeehrte V ersam m lung, die sich von A nfang bis zu Ende der besonder» Aufmerksamkeit unserer Großherzoglichen Fam ilie erfreute, nahm einen sehr befriedigenden Verlauf. Uber den G ang der Verhandlungen erschien ein ausführlicher Bericht in deutscher und französischer Sprache. — 7<t — Festlichkeiten. V A n: 2. F ebruar veranstaltete de r . polytechnische Verein zur Feier seines 20jährigen Stiftungsfestes ein glänzendes Erinne- rungssest an unfern Dichter I . V . v. Sc he f f e l . Die Fest- Halle w ar der Bedeutung des T ages entsprechend würdig ausge- fchm M t m it Fahnen, W appen, Draperien und Tannengrün. Auf den G alerien hatte eine dichtgedrängte Zuschauermenge Platz ge­ nom m en, während der Fefthalleraum für die Teilnehmer an dem Kommerfe hergerichtet w ar. M it der studierenden Jugend und ihren Professoren versammelten sich hier a ls Ehrengäste die höch­ sten Hof - und S taatsbeam ten , G eneralität, M änner der Kunst und Wissenschaft, Vertreter befreundeter ausw ärtiger akademischer Vereine au s D arm stadt, Dresden, S tu ttgart, Freiburg, S traßburg u. a. Nach 8 U hr erschienen die Großherzoglichen Herrschaften und die Feier begann. D as zum 500jährigen Ju b ilä u m der Universität Heidelberg von S c h e f f e l gedichtete und von V i n z e n z L a c h n e r komponierte Festlied wurde unter der Leitung des greisen Kom po­ nisten vorgetragen, K am m ersänger S t a u d i g l hatte die Solo­ partien übernommen. D araus ergriff der G r o ß h e r z o g das W ort zu einer begeisternden, von patriotischen Empfindungen durchwehten Ansprache (siehe den W ortlau t K a rls r . Nachr. 1(887 N r. (5). D as nun folgende Festspiel „ F ra u Aventiure" (gedichtet von E . G e i g e r , Musik von V . La c h n e r ) führte in sinniger Weise in den Geist und H auptinhalt Scheffel'scher Dichtung ein: am« Schluffe eines Fackelzugs, nachdem das G audeam us verklungen und die letzten G luten der zusainmengeworsenen Fackeln erloschen sind, bleiben drei Studenten im nächtlichen Dunkel eines Parkes zurück und werden hier durch die Erscheinung der M use der R o­ mantik, F ra u Aventiure, überrascht, welche jedem der drei J ü n g ­ linge die G ew ährung eines Wunsches verspricht. Der erste wünscht „Altheidelberg du Feine" in voller Herrlichkeit zu schauen, woraus dieses B ild unter den Klängen des Scheffel'schen Liedes im goldenen Abendschimmer erscheint. A uf den Wunsch des zweiten steigt der Hohentwiel in magischer Vollmondbeleuchtung empor, begleitet von einem Thorgesang der Mönche. Der dritte Student wünscht die Gestalten der Scheffel'schen Dichtungen zu schauen, w orauf diese emporsteigen und um das Denkmal des Dichters sich schaaren, während ein G enius das P au p t Scheffels m it dem Lorbeer bekränzt und ein Geisterchor diese glänzende Schlußszene begleitet mit dem Scheffel'schen W orte au s Ekkehards Abschieds­ gruß an die Herzogin p äd w ig : „Selig der M a n n , der die P rü ­ fung bestand." Die von poftheaterm aler D i t t w e i l e r meisterhaft dargestell- ten Bilder sowohl wie das vortreffliche, von Pofschauspieler L a n g e geleitete Spiel der Darsteller hatten eine gewaltige W ir­ kung. N un wechselten mit studentischen Liedern und Einzelvorträgen des Kam m ersängers S t a u d i g l die Reden der Studenten, A b­ ordnungen und Professoren. Bereits w ar die Mitternachtsstunde längst vorüber, a ls das zweite, für die späte Stunde etwas allzu ausgedehnte Festspiel „ I m schwarzen Walisisch zu A skalon" anfing. Verschiedene Figuren Scheffel'scher Dichtungen finden sich in demselben zu feuchtfröh­ lichem T hun zusammen, p ildebrand und padubrand , der Roden­ steiner, der M usikant am Ni l , der Student m it der letzten Pose u. s. w ., die dann vom pausknecht aus N ubierlaud in später Polizeistunde vor die Thüre befördert werden, w orauf schließlich der K ater piddigeigei erscheint. M it diesem zweiten Festspiel w ar der offizielle Teil des K om ­ merses gegen 1/2 2 U hr morgens beendet und es folgte nun für die jugendlicheren studentischen Teilnehmer der letzte Teil des K om ­ merses, ein fröhliches Kneipen. Gleichfalls zu Gunsten des Scheffeldenkmals fand am \6. J u l i ein zahlreich besuchtes Stadtgartenkonzert der Böttge'schen Kapelle statt, bei welchem der Stadtgartensee nach einbrechender Dunkel­ heit in hübscher Gasbeleuchtung erglänzte. In m itten der B a u m ­ gruppen am Seeufer w ar die Koloffalbüste Scheffels aufgestellt, über welcher eine durch G asflam m en hervorgebrachte Strahlenkrone leuchtete. 2 . A m 1(3. Februar fand in der Festhalle ein gut besuchtes G a l a - R a d f a h r e r f e s t statt. D as dabei aufgeführte Festspiel läßt den unfern altern M itbürgern noch recht wohl in der E r ­ innerung gegenwärtigen einstigen Forstmeister a. D. F rhrn . v o n D r a i s (bekanntlich Erfinder der Draisine) a ls den P a te r der Radfahrkunst auftreten, außerdem erscheinen der Berggeist, Elfen, Gnom en, um der neuen Kunst ihre Huldigung darzubringen. Hiesige und ausw ärtige Klubmitglieder ernteten darnach durch ihre ungewöhn­ lichen Leistungen auf dem Zw ei- und E in rad allgemeinen Beifall *). 5. Feierlicher und großartiger a ls bisher wurde Kaisers Ge­ burtstag am 22. M ärz in diesem J a h re begangen; galt es doch einem der seltensten Zubeltage eines so reichgesegneten, über die dem gewöhnlichen Erdendasein gesetzte Schranke hinausreichenden Lebens, das an diesem Tage das 90 . Lebensjahr vollendete. Schon am M o n ta g , 2 \ . M ä rz , fand m den verschiedenen Schulen eine würdige, durch V orträge und Gesänge verherrlichte Feier statt. N achm ittags 5 U hr hielt das Gym nasium den Fest­ akt im kleinen S aale der Festhalle, zur gleichen Zeit beging die Realschule die Feier in der A nstaltsturnhalle, abends 1j27 Uhr ebenso das Realgym nasium . F ü r die Schüler und Schülerinnen der Volksschulen hatte die städtische Schulleitung eine entsprechende Feier in der Meise angeordnet, daß wo ein größerer R aum (Turn-, Zeichen - oder Arbeitssaal) zur Verfügung stand, dieselbe für mehrere Klassen gem einsam , wo dies nicht möglich, für die ein­ zelnen Klaffen eine besondere Feier begangen wurde. Z u r E r ­ höhung der Festfreude hatte unsere Stadtbehörde an die größeren Schüler über 4 000 Kaiserbilder und an die Schüler der einfachen Schule hier und im Stadtteil M ühlburg noch über 2 0 0 0 „ Kaiser - wecke" verteilen lassen. Abends w ar Festgeläute und Zapfenstreich. A us 8 U hr w ar eine öffentliche E inladung ergangen zu einem Festbanket in der Festhalle, das denn auch von allen Schichten der Bevölkerung zahlreich besucht wurde und den erhebendsten Eindruck machte. S tad tra t L e i c h t l i n begrüßte die Versam m lung als V or­ sitzender, Gymnasiumsdirektor M e n d t hielt die Festrede zu Ehren *) M it E n d e des J a h r e s w urde h ier eine R a d s a h r h a l l e in der Schillerstraße von W i l h e l m j d r i n t z erbau t. D ie feierliche E in w e ih u n g fand am tZ . N ovem ber sta tt. — 77 — des K a ise rs , w orauf Freiherr E . A . v. G ö l e r das ZDort ergriff. Dazwischen wechselten inusikalische V orträge, bei denen hiesige Vereine und M itglieder der Hofoper mitwirkten. Der Kaisertag selbst wurde durch Reveille, Festgeläute, K a ­ nonenschüsse , Choralmusik vom T hurm e der Stadtkirche, um (0 U hr durch Fcstgottesdienst in den verschiedenen Kirchen und durch große Kaiserparade um \ \ U hr begangen, w oran sich das Festessen im M useum , abends Festvorstellung im Theater („O beron") schlossen. Weitere festliche Veranstaltungen fanden seitens der Gewerbe­ schule, des M ilitärvereins, der hiesigen Regimenter, der bildenden Künstler, alter und junger Korpsstudenten deutscher Universitäten, sowie verschiedener Korporationen statt. W ährend des Festmahles im M useum tra f vom Großherzog ein Telegram m ein, das Staatsm inifter T u r b a n der V ersam m ­ lung mitteilte. D a in demselben die letzte an unsere S tad t gerichtete Kundgebung Kaiser W i l h e l m s vorlieg t, so m ag die I a h rc s - chronik wohl den I n h a l t derselben hier wiedergeben. „D ie (O berbürgerm eister der S tä d te B a d e n , B ru c h sa l, F re ib u rg , K a r ls ru h e , K o n stan z , M a n n h e im und P fo rzh e im h ab en durch m eine V erm ittlung S r . M a je s tä t dem K aiser sehr w a rm e und tre u e G lück­ wünsche gesandt. I c h b in b e a u ftra g t, des K a ise rs herzlichen D an k die­ sen S tä d te n zu ü b erm itte ln . Diese patriotische K u n d g eb u n g h a t den teuer« K aiser dankbar gefreu t. I c h b in glücklich, sagen zu können, daß allerhöchstderselbe seinen G e b u r ts ta g in völligem W ohlbefinden und w u n d erb a re r Rüstigkeit an g e tre ten h a t. U m geben von seiner ganzen F am ilie , w obei 6 U renkel, und von a llen deutschen F ü rs ten und den fü rs t­ lichen V ertre te rn a lle r europäischen P ö fe fe ie rt unse r K aiser heute ein w ah res F ried en sfest, d a s jed es D eutschen kserz m it F re u d e , S to lz und Ju b e l erfü llt. G o tt e rh a lte und segne ih n . Friedrich, G roßherzog ." 4- Entsprechend der großen Bedeutung des neuen S c h la c h t- und Vi e h h o f s für den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Nutzen der S tad t sollte die Eröffnung dieser großartigen und kostspieligen städtischen Anlage, über welche die Chronik von (886 eingehender berichtet, nicht ohne Sang und K lang sich vollziehen. Nachdem im alten Schlachthause (Leopoldstraße) am letzten Tage vor dessen Schließung noch 5^ Stück G roßvieh geschlachtet — 7 8 — worden waren, wurde D onnerstag , 3. M ärz f rüh, die neue A n­ lage dem Betrieb übexgeben. A n diese,n T age wurden bereits 200 Stück Kleinvieh zugeführt, auch mehrere Stück Großvieh im Viehhofe aufgestellt und m it den Schlachtungen begonnen. Die feierliche Eröffnung fand am M o n ta g , den 28. M ärz, statt. Die Metzgergenoffenschaft hatte hiezu einen großen Fe s t z u g veranstaltet. V orm ittags J/2 \ f U hr nahm derselbe am M ühlburger T h o r seine Aufstellung und zog durch die reich m it Fahnen ge­ schmückte, von Zuschauern äußerst belebte Kaiserstraße nach dem Schlachthofe, dessen Gebäude ebenfalls geschmückt waren. Der Z u g wurde eröffnet durch einen Herold m it zwei berit­ tenen Begleitern, es folgte die Dragonerkapellc zu F u ß , 2 Reiter und das von ^ Knaben getragene, goldig schimmernde alte Z un ft­ zeichen der im vorigen Jah rh u n d e rt gegründeten K arlsruher Metzgerzunft. Dahinter schritten ^ Metzger m it blankem Beil und 8 m it Blumengewinden bekränzte Mastochsen von stattlicher G röße; weiterhin schloß' sich eine Anzahl Lehrlinge und einige hundert Metzgerburschen in sauberem A rbeitsanzuge, m it Sträußchen ge­ schmückt. Die zweite Abteilung des Z u g s eröffnete ein berittenes Musik­ korps , gefolgt vom Standartenträger m it der alten Zunftfahne und zehn Reitern m it Schärpen. Den Schluß bildeten über 50 M agen m it den M itgliedern der Metzgergenoffenschaft und den Eingeladenen. A m E ingang zum Schlachthof begrüßte (Oberbürgermeister L a u t e r an der Spitze des S tad tra ts und der Vertreter des B ü r­ gerausschusses wie der Staatsbehörden den etwa um 1/a \2 U hr eintreffenden Festzug m it einer Ansprache, auf welche der Vorstand der Metzgergenossenschaft, L u d w i g K ä p p e l e , erwiderte. A uf E in ­ ladung des (Oberbürgermeisters wurde sodann die Schlachthausanlage und die m it Eröffnung derselben verbundene V i e h a u s s t e l l u n g besichtigt. Die letztere w ar beschickt von den prachtvollsten Exem­ plaren, für welche später eine Preisverteilung stattfand. M ittags 3 U hr vereinigte ein Festessen in der Festhalle eine zahlreiche Gesellschaft, später folgte noch ein Festball. So wurde der Eröff­ nungstag dieser unserer großstädtischen Anlage ein w ahrer Festtag — 79 — für die S tadt. A m 20. A pril unterzog auch der Großherzog die neue städtische Anlage einer eingehenden Besichtigung. 5. E in weiteres Fest feierte unser M ühlburger Stadtteil anläßlich der Enthüllung des Kriegerdenkmals. D as s. Z t. dort in ein­ fachster Meise hcrgestcllte K r i e g e r d e n k m a l w ar im Laufe der Z ahre durch M itterungseinfluß derart m angelhaft geworden, daß sich schon die frühere Gemeindeverwaltung in Verbindung m it mehreren Vereinen entschloß, durch freiwillige B eiträge ein neues, würdiges Denkmal zu schaffen. Die feierliche Enthüllung desselben erfolgte am Sonntag, s8. September. A u s den N achbar­ orten waren die Kriegervereine nach dem im Festgewande p ran ­ genden M ühlburg gekommen und hatten auf dem Adlerplatze sich ausgestellt. Nach der Festrede des Vorstandes des H ardtgauver- bands, M e t t s t e i n , sank die Hülle des D enkm als, w orauf Herr A a r che r , Generallieutenant von D e g e n f e l d a ls Präsident des badischen M ilitärvereinsverbandes, (Oberbürgermeister L a u t e r und M a jo r von S c h i l l i n g a ls M ilitärvereinsvorstand Ansprachen hielten. D as Denkmal ist nach dem E ntw ürfe des B ildhauers Vo l ke in rotem Sandstein ausgeführt und besteht in einem auf starkem Sockel ruhenden, 5,60 M eter hohen, von einer Kugel gekrönten (Obelisken m it einer aus Syenit gefertigten M idm ungstafel, die Nam en der K äm pfer sind am Fuße des Denkmals verzeichnet. Die Gesamtherstellungskosten beliefen sich auf rund 2 000 M . außer den Kosten für Einfriedigung und platzherrichtung. N ach­ dem durch freiwillige Beiträge von der Einwohnerschaft s l5 f M . aufgebracht w aren , genehmigte der Bürgerausschuß am 7. M ärz einen Zuschuß aus der Stadtkasse von \ 000 M . 6 . A m zweiten M eihnachtstage fand die weltliche Feier des 50jährigen Priesterjubiläum s des Papstes L eo X I I I . in der hiesigen Festhalle statt. Die Beteiligung der katholischen E inw oh­ nerschaft w ar eine sehr große. Die H alle, über deren N ordportal das päpstliche B anner wehte, w ar hübsch dekoriert, auf dem Podium die überlebensgroße Statue des Papstes aufgestellt. — 80 — Nach V ortrag des ersten Teils der 6 -clnr-Symphonie von M ozart begrüßte Präsident T u g e n v o n R c g e n a u e r a ls Vor­ sitzender des Festkornites die Anwesenden, w orauf Professor F . 36. K r a u s aus Freiburg die Festrede hielt. M it Gesängen des Kirchenchors und der Festversanirnlung schloß der Festakt, an den sich eine gesellige Vereinigung in der Festhalle und im Kafe Nowack anschloß. 7. Neben den prunkvollen Festlichkeiten des J a h re s soll auch eine herzlich schlichte Feier unserer K l e i n k i n d e r b c w a h r a n s t a l t nicht ganz m it Stillschweigen übergangen werden. A m s 3 . M a i beging diese Anstalt ihr ö O jä h r ig e s Ju b ilä u m m it einer festlichen Veranstaltung im Anstaltsgebäude. A m Nach­ m ittag fand im großen Festhallesaal unter Anwesenheit der G roß- herzoglichen Fam ilie und vielen Festteilnehmern eine größere Feier unter ungeheurem Ju b e l der m it Festkuchen u. s. w. bedachten Kinderschaar statt, pofprediger F r o m m e ! von Berlin, dessen M u tte r einst diese Anstalt ins Leben gerufen, hielt die Festrede. Ausstellungen. W ir haben oben bereits von einer m it dem Geographentag verbundenen Ausstellung gesprochen. I m Anschlüsse an dieselbe dürfen w ir von einer zweiten, m it ihr verwandten A u s s t e l l u n g d e s s t ä d t i s c h e n A r c h i v s berichten. A ls vor ganz wenigen J a h re n auf Anregung von Bürgermeister Sch netz [ e r , die A n­ legung eines städtischen Archivs beschlossen wurde, ließ sich kaum ahnen, wie reichlich die verschiedensten, für die Geschichte unserer allerdings sehr jungen S tad t interessanten Gegenstände einlaufen würden. Ununterbrochen wurden der Archivkommission von allen Seiten Archivalien übersandt, so daß der z. Z t. noch beschränkte R aum kaum zur Unterbringung ausreicht. Um so mehr schien es angezeigt, der Allgemeinheit einen Blick zu gewähren in diese vorzugsweise durch das freundliche (Entgegenkommen der Bevöl­ kerung geförderte Sam m lung. T iner besonderen Aufforderung, für — 8\ — die D auer einer Archivausstellung alles, w as von p lan en und Bildern (Stichen, Photographien, Drucken, P länen, Porträ ten , A n­ sichten u. s. w.) für die geschichtliche und territoriale Entwicklung K arlsruhes von W ert w ar, zur Verfügung zu stellen, wurde über alles E rw arten reichlich entsprochen. F ü r die vom 7.— \6. 2-TTat im alten Lyzeumsgebäude am M arktplätze stattfindende Ausstellung, deren übersichtliche Anordnung durch Gewerbeschulvorstand D r. E a t h i a u erfolgte, wurde ein K atalog ausgearbeitet. A m Eröff­ nungstage (6. M a i) besuchten die Großherzoglichen Herrschaften die Ausstellung. Dieselbe bot a ls besonders wertvolle Stücke etwa ^0 S tadtpläne, welche, in 4s Kabinen an einer mittleren Längsw and in zwei Reihen übereinander geordnet, unsere Stadtentwicklung vom ursprünglichen Projekt an bis zu den letzten P länen von 1887 darstellten. D aran schlossen sich P läne der bedeutendsten B a u ­ ten und Plätze, auch die neuerdings projektierten Anlagen, wie des Wasserreservoirs beim T iergarten , Abbildungen der ehemali­ gen C h o re , A n lagen , Festlichkeiten u. s. w. in Stichen, Stein­ drucken, Photographien u. s. w . Die B ilder populärer Volksvertreter, sowie der Revolutionshelden, der städtischen B ürgerw ehr, photo­ graphische Aufnahm en aus den J a h re n f 870/7 f (Reservelazareth in der Bahnhofwerkstätte, P a ra d e n ) , Manöveransichten, P o rträ ts hervorragender Persönlichkeiten u. a. stellten eine lebensvolle Geschichte unserer S tad t bis zur Gegenwart dar. I n der letzten Kabine ver­ anstaltete Buchhändler L i e b e r m a n n eine Sondcrausstellung inter­ essanter alter Karten, Pläne, städtischer Gebäude, P o r trä ts u. f. w. I m ganzen erfreute sich die Ausstellung eines so zahlreichen B e­ suchs (ca. 2 100 Personen), daß vielseitigem Wunsche entsprechend der Schluß derselben statt am 16. erst am 19- 2Tfai stattfand. D as finanzielle E rträg n is (für den E in tritt wurden ü Person 30 p s. erhoben) einschl. besonderer größerer Zuwendungen belief sich auf ca. 700 M . und wurde dem Fond zur Errichtung des Scheffeldenkmals*) zugewicsen. Kurze Zeit vorher w ar in der Ausstellungshalle durch den B ad . Verein für G e f l ü g e l z u c h t am 15. A pril eine Ausstellung *) D ieser F ond b etrug (Ende (8 8 ? im g anzen 32 558 ITT. 6 — 82 . — eröffnet worden. Dieselbe w ar hinsichtlich ihrer Reichhaltigkeit eine der vorzüglichsten. Auch bei dieser Gelegenheit erwies sich die A us­ stellungshalle, die übrigens noch besonders durch Tannreis und Zierpflanzen aller A rt geschmackvoll ausgestattet w ar, a ls höchst zweckmäßig zu derartigen Veranstaltungen. V om \7 . J u l i b is 25. September veranlagte der Badische K u n s t g e w c r b e v e r e i n eine Wettbewerbung deutscher Kunst- schmiedearbeiten im Orangeriegebäude. Der am E ingang des Ausstellungsgebäudes befindliche Kuppelbau wurde als E m pfangs­ raum hergerichtet, während die Langhalle zur A ufnahm e der A u s­ stellungsgegenstände diente und in zwei G ruppen gegliedert w ar. Die erste enthielt die eigentlichen Konkurrenzarbeiten in Schmiede­ eisen, darunter Einzelarbeiten im Werte bis zu 5 000 ZTt. Die zweite G ruppe bestand aus Zeichnungen, Photographien und I l l u ­ strationen, wozu au s allen deutschen Museen und Kunstgewerbe- schulen, wie von zahlreichen Künstlern und Industriellen wertvolle B eiträge einliefen. Z u r möglichsten Vervollständigung und A b­ rundung der Ausstellung hatten viele p riva te , Vereine u. s. w. Kunstschmiedearbeiten, zum größten Teil außergewöhnliche M uster­ stücke, zur Verfügung gestellt. A m s7. J u l i fand die feierliche Eröffnung statt. Die ebenso reichhaltige a ls geschmackvoll und sorgfältig geordnete Ausstellung fand von allen Seiten ungeteilte Anerkennung. Namentlich darf hervorgehoben werden, daß unsere Vaterstadt m it ihrer strebsamen Industrie auch in diesem hier zur Ausstellung gelangten Fache recht wohl in der Reihe stehen darf m it den größeren deutschen Städten. Die hervorragendsten Arbeiten der Ausstellung wurden in Lichtdrucktafeln ausgenommen durch die rühmlich bekannte f)ch- kunstanstalt für Lichtdruck von I . S c h o b e r hier, während die Biele- feld'sche Hofbuchhandlung den Verlag des Werkes übernommen hat. Die A usw ah l und A nordnung der aufzunehmenden Gegen­ stände erfolgte unter M itw irkung der künstlerischen K räfte des B ad . Kunstgewerbevereins. Die Sam m lung selbst bot in ihrer Fülle und Vielseitigkeit des M a te ria ls dem Schlosser und Kunstschmied wie dem Architekten und Kunstgewerbezeichner eine reiche Quelle hochinteressanter M otive und Anregungen. —. 8d —— Die Ausstellung dauerte bis 25. September und w ar im ganzen sehr stark besucht. Der letzte T a g brachte noch s 500 Besucher; in den drei letzten T agen wurden für 6 700 ITC. Erw erbungen von Gegenständen gemacht. Die dauernde Ausstellung des E x p o r t m u s t e r l a g e r s ver­ zeichnet im vergangenen 3cchr befriedigende Erfolge. D a der Grundsatz festgestellt w a r , keine A ufträge anzunehmen und zu erteilen, sondern K äufer und Fabrikanten soviel a ls möglich in direkte Verbindung zu bringen, so läßt sich nicht genau feststellen, wieviel Aufträge aus den etwa 700 A nfragen auf M aaren her­ vorgegangen sind; nach den vorliegenden schriftlichen und m ünd­ lichen Kundgebungen vieler Fabrikanten ist aber zu schließen, daß ihnen durch die Wirksamkeit des Exportm usterlagers wertvolle Verbindungen eröffnet wurden. 3 n mehr a ls 600 Fällen konnte den Teilnehmern des Lagers m it den durch die Thätigkeit des Ex- portmusterlagers vermittelten A nfragen auf M aaren von ausw ärts nähere Auskunft über die anfragenden Firm en gegeben werden. Viele große Firm en des Landes haben in wichtigen Handelsan- gelegenheiten wiederholt bei dem Exportmusterlager R a t eingeholt, den das Unternehmen vermöge seiner guten Verbindungen zu erteilen imstande w ar. E s liegt im 3nteresse aller Fabrikanten, auch auf diese Meise Nutzen aus dem Unternehmen zu ziehen. 3 n sehr vielen Fällen konnten den M itgliedern durch Übersetzungen, Auskünfte über überseeische Handelsverhältnisse, Rechtsverhältnisse daselbst, Geschmacksrichtungen ausländischer Völker ic. Dienste er­ wiesen werden. Der Fremdenbesuch w a r , wenn auch etwas stärker a ls im Vorjahre, doch noch immer nicht bedeutend; die meisten Fremden, die sich hier einfanden, sind indessen wohl ausschließlich zum B e­ suche des Exportmusterlagers zur Reife nach K arlsruhe veranlaßt worden. E s befanden sich darunter außer Besuchern aus allen europäischen Ländern, a ls : (Österreich, Belgien, Holland, England, R uß land , R um änien, Serbien, der Türkei, der Schweiz, 3 ta lien , Spanien ic., auch solche aus den Vereinigten S taaten von N ord­ amerika, Mexiko, Brasilien, Afrika, Australien, Kleinasien, Hinter- indien, (China und Tochinchina und den ostindischen 3nseln. G * — 84 — E s ist selbstverständlich, daß nicht jede einzelne F in n a sogleich im ersten und zweiten J a h r e vollen E rfolg aus dem Export- musterlager ziehen kann, nam entlich, wenn es sich bei derselben um Artikel handelt, die zum Export weniger geeignet sind. Einige Fabrikanten sind, dadurch entmutigt, von dem Unternehmen zu­ rückgetreten; anderseits haben sich aber auch erfreulicherweise F ir­ men, die sich bisher dem Unternehmen fern hielten, zur Teilnahme angemeldct und zwar meist Firm en ersten R angs. Der finanzielle S tand des Exportmusterlagcrs ist, dank der Freigebigkeit der Stadtgemeinde K arlsru h e , ein günstiger. A us diesem Grunde, sowie um die Fabrikanten bei der jetzigen gedrück­ ten Geschäftsstimmung in die Lage zu setzen, ihren Abnehmern die günstigsten Bedingungen stellen zu können, anderseits aber auch, um den Karakter des Unternehmens als gemeinnützige und unparteiische Anstalt ganz und voll zu bewahren, hat das Export- musterlager von einer Provisionserhebung auf die durch dasselbe vermittelte Aufträge ganz abgesehen. D as großartige Firmenverzeichnis, das sich über alle civili- sierten Länder der E rde erstreckt, soll im Interesse namentlich der kleineren Fabrikanten dadurch vermehrt werden, daß auch die Adressen solider Abnehmer in allen deutschen S tädten , soviel dies möglich sein w ird, beschafft und den Teilnehmern auf Wunsch zur Verfügung gestellt wird. Z u r Begründung eines Pandelsm useum s sind die ersten Schritte gethan, indem einem M itglied der Kommission des Exportmuster­ lagers, K a r l W a g n e r , der in eigenen geschäftlichen Angelegen­ heiten eine Reise nach Ostindien unternommen hat, ein nam hafter B etrag zum Ankauf geeignet erscheinender M uster übergeben wurde. Sehensrvürdigkriken waren dem Publikum folgende geboten: V A m 2^. F ebruar begann der Z irkus T o r t y - A l t h o f f in der zu diesem Zwecke sehr hübsch und praktisch eingerichteten Ausstellungshalle seine Vorstellungen. Die Räumlichkeiten der R o­ tunde waren für diesen Zweck möglichst ausgenützt, der ganze B au — 85 — durchaus solid/ die Anlage der Treppen zu den Galerien bequem. Die Leistungen des Künstlerpersonals fanden allgemeinen Beifall. 2 . Anfang J u l i gab die A r e n a I m m a n s auf dem Schief?« wiesplatze vor der Festhalle ihre Vorstellungen m it einem Personal von 40 Künstlern und Künstlerinnen. 5. 3 m August hatte im Stadtgarten eine aus 4: Gliedern bestehende B u i c h m a n n f a m i l i e m it einer • jungen bjottentottin ih r Gezclt aufgeschlagen. q. Ende desselben M o n a ts tra f hier B ö h m e s große M e ­ nagerie auf der Schicßwiefe mit wohldressierten Tlephanten, Löwen, Tigern rc. ein. 5. A uf dem Spitalplatz stand längere Zeit das S c h e u e r - m a n n ' f c h e D io ram a, ein Rundgemälde von R ig i-K u lm mit Aussicht vom Faulhorn auf die Berner A lpen, sowie ändern teils malerisch, teils plastisch dargestelltcn prachtvollen Schweizer­ ansichten. VIII. Verkehrswesen. eber den j)ost- und Telegraphenverkehr von K arlsruhe liegen folgende Angaben seitens der Mber-j)ostdirektion v o r: B rie fe , P ostkarten , Drucksachen, W a r e n p r o b e n : an 6 015 464 S t. ab 5 365 5 9 t „ Packete ohne W e r ta n g a b e : an 542 895 „ ab 348 691 ,, B rie fe und packete m it W e r ta n g a b e : an 53 8 (2 „ ab 37 506 „ W e rt derse lb en : an 93 955 752 M . ab 92 789 106 „ N ach n a h m e se n d u n g e n : an 23 9 0 1 S t . / ab 54 548 „ B e tr a g d erse lben : an 244 106 M . ab 310 622 „ P o s ta u f tr ä g e : an 15 872 S t . ab 18 767 „ B e tr a g der angekom m enen P o stau fträg e : 1 349 718 M . P o s ta n w e isu n g e n : an 246 223 S t . ab I 9 6 8 4 O „ B e tra g d e rse lb en : an 15 3 U 005 M . ab 12 478 575 „ S u m m e a lle r S e n d u n g e n : 12 720 U 3 S t. „ „ w e r t e : 216 438 8 8 4 M . Z e itu n g e n , Z eitschriften und am tliche B lä t te r : an 1 058 S t . ab 32 „ E xem plare derselben : an 4 468 „ ab 39 122 „ — 87 — N u m m ern derselben: a n % 0 5 t 325 S t . ab 5 355 9 0 0 „ T e le g ra m m e : a n 87 258 „ ab 7 6 3 9 6 „ (im D urchgang b e a r b e i te t ) -H6 \ 67 „ G e s a m tz a h l .................................................................... 579 8 2 t „ F e rn sp rech v e rb in d u n g en ................................................................................... 33 8 ^ 4 „ v e rk au fte F r e i i n a r k e n .......................................................................... 4 "19 <29 „ „ Postkarten , B riefum schläge, S tre ifb ä n d e r . . . 850 287 „ „ kvechselsteinpelm arken und lvertze ichen zur E r ­ hebung der statistischen G e b ü h r 82 39 5 „ „ F o r m u l a r e ............................................................................ 363 8 0 0 „ Diese Verkehrsziffcrn weisen bei fast allen Teilen eine wesent­ liche Z u n a h m e gegenüber dein J a h re (886 auf ; nur die Stück­ zahl der aufgelieferten Briefe ist gegen diejenige im V orjahre nicht unerheblich zurückgeblieben. Der G rund dafür ist darin zu suchen, daß in dem betreffenden Erm ittelungszeitraum im Z ahre (887 weniger Drucksachen zur Auflieferung gekommen sind, a ls dies gewöhnlich der F a ll ist. Auch im F e r n s p r e c h v e r k e h r ist eine erhebliche Steigerung eingetrcten, indessen steht K arlsruhe in dieser Beziehung hinter an­ deren S täd ten , besonders hinter M an n h e im , im m er noch weit zurück. W ährend z. B . die Z ah l der bei der Fernsprechvermittelungs- stelle des Telegraphenam ts (kjerrenstraße 25) dahier hergestellten Verbindungen von 26 200 (täglich 72) auf 55 84(4( (täglich 93) gestiegen ist, hat in M annheim eine Steigerung von ( (<(2 500 (täglich 5 (50) auf ( 9 (8 9 ( ( Verbindungen (täglich 5 257) statt­ gefunden. Die Fernsprecheinrichtung in K arlsruhe zählte im J a h re (887 59 Teilnehmer mit 76 Stellen und (6 p riv a te m it besonderen Fernsprechanlagen (75 Stellen). Die Gemeindebehörde selbst ver­ kehrte mit 4(5 Stellen von der Zentralstelle im Rathause aus. Außerdem bestehen 2 unmittelbare Anlagen für die S tadt- gcmeinde. Aber den jüngsten W e i h n a c h t s - u n d N e u j a h r s - P o s t - v e r k e h r hiesiger S tad t dürften die nachstehenden Zahlen von all­ genreinem Interesse sein. Bei den hiesigen Postäm tern einschließlich des Postam ts A arlsruhe-M ühlburg sind vom J[6. bis 2 P Dezember 19 621, packete aufgegeben worden und vom ly . bis einschließlich 25. De­ zember 15 876 zur Bestellung eingegangen, dazu 22 168 von weiterher hier aus andere Kurse umgeladen, im ganzen also 57 665 oder täglich 7 615 Packete bearbeitet worden. I n der entsprechenden Zeit des J a h re s 1886 hat die Gesamt zahl der bearbeiteten packete 55 5 JO betragen. (Es crgiebt sich hier­ au s für das J a h r 1887 eine nicht unerhebliche Verkehrssteigerung. I m Neujahrsverkehr sind von den hiesigen Postanstalten einschließlich des S tadtteils ZNühlburg vom 27. Dezember m ittags b is 5 P Dezember abends 289 852 Stück Freimarken, Postkarten und gestempelte Briefumschläge verkauft worden; aus die Zeit vom 50. Dezember m ittags bis 51. Dezember abends entfallen 121 576 Stück. V om 5 P Dezember m ittags bis 2. J a n u a r nachmittags sind zur Bestellung eingegangen: 260 505 Briese, darunter 99 500 Stadt- bricfsendungen. Gegen das V orjah r ist die Steigerung des Ncujahrsverkehrs eine s e h r b e t r ä c h t l i c h e gewesen; dieselbe berechnet sich aus nahezu 20 °/0 *). Der E i s e n b a h n v e r k e h r auf den beiden hiesigen Stationen (Pauptbahnhof und Bkühlburger T hor) betrug 1,887: 828 602 Personenbillete. Die E innahm en aus dein gesamten Personen- und Güterverkehr belief sich auf 5 ^ 0 576 ZIT. Vergleichshalber lasten w ir eine die letzten 7 J a h re umfassende Statistik der personen­ billete und der Gesamteinnahmc hier Nachfolgen: P ersonenb ille te . G esam te in n ah m e. 2 586 355,88. 2 63t e sv 't 't- 2 802 705,55. 2 880 76<fc,8V 2 905 735,9V 3 M 2 926,57. 3 H 3 725,7 V 1(880 . . . . 643 070 1881 . . . . 598 554 1882 . . . . 518 620 1883 . . . . 544 263 188% . . . . 622 268 1885 . . . . 713 029 1886 . . . . 861 255 *) F ü r E n th e b u n g v o n N eu jahrsg lückw ünschen u . s. w . sind zu G unsten des A rm en g ab cfo n d s \ 729 M . ( ( 886 : l w M .) e ingegangen . Die vereinigte A arlsruher-M ühlburger- und Durlacher P fe rd e* u n d D a n i p f b a h n beförderte f887 zusammen % M l P er­ sonen ( l8 8 6 : { 624 939)* Der Verkehr verteilte sich aus die ein* 'zelnenJStrecfen so: A a rls ru h e . M ü h lb u rg . D urlach. 627 950 236 658 777 (03 . Der Gcsamterlös belief sich aus f7 ^5 7 2 (f8 8 6 : f 72 960 ZU.). Übersicht über diq Wikterungsverhälkniffs *). Jas ja fy r J887 w ar den M ittelwerten der meteorologischen (Elemente nach bei einem viel zu niedrigen Luftdruck wesentlich zu kühl. Die Niederschläge fielen zwar etwas zu oft, allein in viel zu geringen M engen. i . Lufttemperatur. A. Fünftägige Temperskurmikkel nebst Angabe der Abweichung von den Normalwerken (1779—1868). Januar. » c . Abw eichung. 1.— 5. — 4,90 — 4,86 6.-10. 0,27 + 0,98 11.-15. — 3,42 - 2,93 16.-20. — 4,63 — 5,48 21.-25. — 0,23 - 1,03 26.-30. — 3,37 — 4/81 Februar. 0 C. Abweichung. 31.— 4. 2,23 + 0,57 5.— 9. — 0,45 — 3,05 10.-14. - 1,07 — 3,10 15.-19. — 2,95 — 5,15 20.-24. 1,66 — 1,53 2 5 .- 1. 4,01 + 0,10 *) D iese Übersicht verdanken w ir dem hiesigen C e n tra lb u re a u fü r M e­ teorologie und f ty d ro g rap h ie . D er gleichen S te lle dankt unsere S ta d t die seit D ezem ber bestehende E in rich tung , daß die W ette rk arte , welche a u f G ru n d der täglich von der Deutschen S e e w a rte e in lausenden Depeschen hergestellt w ird , in dem a u f dem M arktplätze befindlichen W etterh äu sch en dem P ublikum zugänglich ist. 2.— 6. März. 0 C. 3,66 7.-11. 4,11 12.—16. • - 1,71 17.-21. — 1,18 22.-26. 6,83 27.-31. 5,23 1 - 5. Mai. 0 C. 14,37 6.-10. 12,62 11.-15. 8,42 16.-20. 11,10 21.-25. 8,25 26.-30. 13,96 30.— 4. Juli. » c. 21,22 5.— 9. 19,20 10.-14. 21,95 15.-19. 19,69 20.-24. 20,23 25.-29. 23,60 29.— 2. September. « C . 18,75 3.— 7. 17,71 8.—12. 14,40 13.-17. 11,45 18.-22. 11,93 23—27. 8,53 November. ° c. 2 . - 6. 6,29 7.-11. 5,40 12.-16. 1,37 17.-21. 1,50 22.-26. 5,05 27.— 1. 5,56 — 9t — A bw eichung. — 0,74 1.— 5. - 0,46 6.-10. — 6,80 11.—15. - 7,12 16.-20. + 0,42 21.—25. — 2,27 26.—30. Abw eichung. + 0,68 31.— 4. - 1,92 5.— 9. - 6,32 10.-14. — 4,46 15.-19. — 8,01 20.—24. - 2,89 25.-29. Abw eichung. + 1,96 30— 3. — 0,60 4 — 8. + 2,13 9.-13. — 0,38 14.-18. + 0,47 19.-23. + 3,70 24.-28. A bw eichung. + 0,69 28.— 2. + 0,30 3.— 7. — 2,21 8.—12. - 4,13 13.-17. - 3,27 18—22. - 5,82 23.-27. 28.— 1. A bw eichung. - 0,72 2.— 6. — 0,51 7.-11. - 3,99 12.-16. — 3,09 17.-21. + 0,98 22.-26. + 1,55 27.-31. April. ° c. A bw eichung. 7,58 - 1,17 8,78 - 0,94 7,53 — 2,62 6,80 - 4,01 12,86 + 1,11 13,28 + 1,07 Juni. ° c. A bw eichung. • 16,44 - 1,05 18,52 + 0,82 17,94 — 0,40 18,97 + 0,71 17,65 — 0,77 18,62 - 0,28 August. 0 C. A bw eichung. 22,17 + 1,81 21,09 + 1,15 17,94 — 2,02 17,08 — 2,48 13,51 — 5,30 19,30 + 0,97 Oktober. 0 C . Abw eichung. 8,54 - 5,12 9,96 — 2,95 8,66 — 3,06 4,49 — 6,02 7,08 — 2,69 2,03 — 6,97 6,03 — 1,87 Dezember. « c. Abw eichung. 2,11 — 1,33 5,50 + 2,89 5,07 + 3,22 3,51 + 1,96 - 2,58 — 3,63 — 9,18 — 9,64 '—' 9 2 — B. Wiktelkrmperaluren der Monate und des Jahres nebst Angabe der Abweichungen von den Normalwrrtrn (1779—1868). o c . A bw eichung. o C. Abweichung. J a n u a r — 2,74 — 3,58 J u l i 21,35 + 1,56 F e b ru a r 0 ,63 - 1 ,98 A ugust 18,13 0,98 M ä rz 2,83 — 2,76 S eptem ber 12,77 — 2,79 A pril 9,47 — 1,10 (Oktober 6,48 - 3,87 M a i 11,64 — 2,84 N ovem ber 4,33 — 0,63 J u n i 18,09 — 0,07 Dezem ber 0,77 — 0,68 o c . A bw eichung. W in te r - 0 ,45 — 2,08 F rü h lin g 7,98 — 2,24 S o m m er 19,19 + 0,18 H erbst 7,86 - 2,43 J a h r 8,65 — 1,64 C. Höchste br;w. tiefste Temperatur in jedem Wonak des Jahres. höchste. D a tu m . Tiefste. D a tu m . höchste. D a tu m . Tiefste. D atu m . J a n u a r 6,0 8 — 13,0 17 J u l i 33 ,0 30 6,0 7 F e b ru a r 12,0 25 - 1 0 , 0 17 , 18 A ugust 32 ,0 7 5,0 12 M ärz 14,0 9 — 11,0 19 S ep tb r. 26 ,0 2 0,0 2 7 ,3 0 A p ril 22,5 24 — 5 ,0 17 (Oktober 16 ,5 9 — 5 ,0 26— 28 M a i 23,0 2 0,0 22 N ovbr. 12 ,0 2— 5, 7 — 8,0 17 J u n i 30,0 25 5 ,0 22 Dezem ber 12 ,0 9, 16 - 1 7 , 0 29 Nicht nur das Jah resm itte l, sondern auch die Zltittel sämt­ licher M onate, m it A usnahm e des J u l i , waren zu tief. Verhält­ nism äßig am kältesten w aren J a n u a r und (Oktober. D as J a h r begann m it strengem Froste, der fast den ganzen J a n u a r anhielt; in jeder Nacht fiel das Thermometer unter den Gefrierpunkt und in der Hälfte aller T age hob es sich auch m ittags nicht über denselben. Doch wurden extreme Aältegrade wie in den strengen W intern (87 ( und (879 nicht beobachtet. Auch der Fe­ b ru a r hatte mehrere Frosttage, doch konnten auch bereits mehrere wärm ere Tage, so vom 2.— 5. und 25.— 28., verzeichnet werden. Sehr unfreundlich w ar der M ärz . B is zum ( ( . w ar die W itter­ ung zwar m äßig w an n , vom (2 . an erfolgte jedoch ein überaus schroffer Aälterücksall, der m it Tem peraturen, welche um ungefähr 9° unter den norm alen lagen, b is zum (9- anhielt, w orauf wieder rasches Steigen der Tem peratur eintrat. Die letzte j)entade w ar dagegen wieder wesentlich zu kalt. — työ ------- Der A pril begann mit zientlich mildem Wetter, das bis zum s5. andauerte; vom 44. an stellte sich ein schroffer Rückgang der W ärm e ein, so daß in den folgenden 4 Nächten das Thermometer ziemlich tief unter den Gefrierpunkt fiel und starker Reif sich bil­ dete. Nennenswerter Schaden wurde jedoch nicht verursacht, da in Folge der vorausgegangenen kalten W itterung die Vegetation in ihrer Entwicklung stark zurückgeblieben w ar. Der Rest des M o n a ts w ar wieder w a rm , m it A usnahm e der T age vom 25.— 27., wo ein aberm aliger, jedoch minder schroffer Uälterückfall, der keinen Frost im Gefolge hatte, eintrat. Nicht minder schlimm w ar der N ia t. Die ersten fünf Tage waren zwar ziemlich w arm , allein bald begann die Tem peratur rasch zu sinken, besonders stark vom 9 . an, wo nördliche W inde stark abkühlten. Die Eisheiligen, d. H. die Tage vom \ 2 .— (4%, gingen ohne Frost vorüber, doch fiel das Thermometer in der Nacht vom \3. auf den infolge der durch klaren Lsimmel beträchtlich gesteigerten W ärm eausstrahlung bis auf V- D aß jedoch die G efahr nach diesen kritischen Tagen noch lange nicht vorbei sei, wie gewöhnlich angenommen wird, zeigte sich deutlich, indem sich noch in der Nacht vom 22. auf den 23. im Freien Reif und F rost, welche in G ärten vielfach Schaden anrichteten, cinstelltcn. Von da ab wurde cs aber rasch wieder w ärm er; diese günstige W endung hielt m it nur kurzen U n­ terbrechungen während des ganzen J u n i a n , während dessen sich die Tem peratur nur wenig von der norm alen entfernte. Der J u l i w ar, wie bereits erwähnt, der einzige UTonat, der zu w arm w ar. Die Tem peratur zeigte nur geringe Schwankungen und nur wenige Tage waren relativ kühl. Auch während des ersten Drittels des August lag die T em peratur hoch; vom so. an folgte kühleres W etter, das ungefähr bis zum 22. anhielt. Der Rest des M o n a ts w ar wieder w arnt. Sehr extrem verhielt sich der September, der sonst die warnten Spätsom ntertage zu bringen pflegt. Der A nfang w ar wohl noch ziemlich w arm , aber bald fiel die T em peratur und zwar bis zum Schluffe ziemlich stetig. I n der Nacht vom 26. auf 27_.trat, ganz ungewöhnlich früh, Reif auf. F ü r den verhältnism äßig noch kälteren Oktober ist der U m ­ stand, daß in der bis ins vorige Jah rh u n d e rt zurückreichcnden Beobachtungsreihe von K arlsruhe für diesen M o n a t nur ^ntal - n — eine gleich große oder größere Abweichung der M itteltemperaturen den norm alen Verhältnissen verzeichnet wurde. A m s6. fiel das Therm om eter zum ersten M a le unter den Gefrierpunkt. I n den Nächten vom 25.— 28. herrschte für die Jahreszeit ungemein strenger F rost, indem 5° Aälte beobachtet wurden. I m November lag die T em peratur etwa bis zum 20. unter der normalen, am meisten (nämlich m it 9°) am 1(6., an welchem Tage sich das Ther­ mometer auch unter T a g s nicht mehr über den Nullpunkt erhob. Der Rest des M o n a ts w ar wieder ziemlich milde. Von Dezember w aren die 2.— 's. pentade zu w a rm , allein im letzten Drittel — vom 22. an — herrschte derartig strenger Frost, daß trotzdem das Tem peraturm ittel zu nieder ausfiel. Die tiefsten Stände des Therm om eters, zugleich die tiefsten des Ja h re s , wurden in den letzten Tagen, an welchen auch das Tem peratur­ m axim um noch unter — 6° blieb, beobachtet. 2. Feuchtigkeit der Tust. A. M onats- und Jahresmittel der absoluten Fruchtigkeit der Luft, verglichen mit den Normalwrrten (1841—1849, 1869—1880). m m A bw eichung. m m Abw eichung J a n u a r 3,4 — 0,8 J u l i 12,9 - 0,8 F e b ru a r 3 ,9 - 0,7 A ugust 10,1 - 1,7 M ä rz 4,6 — 0,6 S eptem ber 9,1 - 1,4 A p ril 5,5 - i ,o (Oktober 6,2 - 1,6 M a i 8,0 — 0,4 N ovem ber 5,4 - 0,5 J u n i 10,3 — 0,5 Dezem ber 4 ,4 0,0 m m A bw eichung. W in te r 3 ,9 — 0,5 F rü h lin g 6 ,0 — 0,7 S o m m er 11,1 — 0,5 H erbst 6 ,9 — 1,1 J a h r 7 ,0 - 0,7 Die absolute Feuchtigkeit w a r , entsprechend dem vorwiegend kühlen Aarakter des J a h re s säst in allen M o n aten , anr meisten im A p ril, sowie im Spätsom m er bis zum cherbst zu klein, w äh­ rend sie im Dezember dem durchschnittlichen Werte entsprach. I m Übrigen zeigt sie aber den regelmäßigen G ang, indem im kältesten M o n a t, dem J a n u a r , das kleinste, im w ärm sten, dem J u li , dagegen das größte M onatsm itte l verzeichnet wurde. — 95 — B. Monats- und Jahresmittel der relativen Fruchtigkeit der Luft, verglichen mit den Normalwrrtrn (1841—1849, 1869—1880). J a n u a r % A bw eichung. 88 + 4 J u l i % 68 Abw eichung — 4 F eb ru a r 80 + 1 A ugust 66 — 8 mag 81 + 6 S ep tem ber 81 + 3 A pril 62 + 8 (Oktober 83 0 M a i 78 + s N ovem ber 85 + 1 J u n i 66 — 5 D ezem ber 87 0 W in te r F rü h lin g S om m er t? erb ft J a h r % A bw eichung. 85 + 1 77 + 6 67 — 5 83 + 1 77 0 Z u trocken w ar die Luft nur in den drei Som m erm onaten, während des größeren Teiles des J a h re s w ar sie zu feucht. D as kleinste M itte l kam im A p ril, der sich durch besonders niedrige Stände der relativen Feuchtigkeit auszeichnete, zur Beobachtung. I m genannten M o n a t betrug dieselbe m ehrm als weniger a ls 3O°/0 ; am 22. wurden sogar nur 25°/0 ausgezeichnet; die gleiche Trocken­ heit der Luft wurde am 6. August erreicht. Völlige Sättigung der Luft m it Wasserdämpfen — (0 0 % — kam öfters, vornehmlich in den W inters- und F rühjahrsm onaten vor. Z . M ederschlag. A. Niedrrschlagshöhrn, verglichen mik den mehrjährigen Durchschnitts­ werten (1870—1883). m m A bw eichung. A bw eichung. J a n u a r 6,7 — 51,5 J u l i 63,1 — 65,4 F eb ru ar 17,6 - 44,7 A ugust 76,5 — 48,4 m a g 101,1 + 27,9 S ep tem b er 80 ,3 — 23,0 A pril 28,9 — 65 ,0 O ktober 80,9 — 19,7 M a i 183,2 + 101,6 N ovem ber 40,7 — 60,9 J u n i 99,2 — 29,0 D ezem ber 76,4 - 7,1 m m Abw eichung. W in te r 100,7 — 103,3 F rü h lin g 313 ,2 + 64,5 S om m er 238,8 — 142,8 Herbst 201,9 — 103,6 J a h r 854,6 — 285,2 — 96 — B. Ilrnahl der Nirderschlagsksge, verglichen mik den mehrjährigen Durchschnittswerten (1870—1883). T a g e . A bw eichung. T a g e . A bw eichung. J a n u a r 5 — 6 J u l i 9 — 6 F e b ru a r 8 — 3 A ugust 10 — 3 m a q 17 + 5 S ep tem ber 13 + 1 A p ril 7 — 4 O ktober 18 + 5 M a i 26 + 14 N ovem ber 19 + 4 J u n i 7 — 6 D ezem ber 22 + 7 T a g e . A bw eichung W in te r 35 — 2 F rü h lin g 50 + 15 S o m m er 2 6 — 14 D erbst 50 + 11 3 # 161 + 10 Wie ein Überblick über die obigen Zahlen zeigt, w ar das Z a h r (887 wesentlich zu trocken, indem volle 285 m m , d. H. 25 % der norm alen Iah ressu m m e des Niederschlags zu wenig gemessen wurden. Z u naß w aren nur M ärz und M a i. A m weitesten unter den Durchschnittswerten blieben die Niederschlags­ mengen im J a n u a r und F ebruar. Wie extrem diese beiden M o ­ nate sich verhielten, zeigt wohl am besten der U m stand, daß in der mehr a ls (OOjährigen Beobachtungsreihe von K arlsruhe der J a n u a r nur 2m al und der Februar nur ( '(m al trockener, als wie im Z ahre (887 gewesen ist, und daß nur noch (m al, nämlich im J a h r e (77s), einem abnorm niederschlagsarmen Z an u a r ein ebensolcher F eb ruar gefolgt ist. Die empfindlichste Trockenheit herrschte jedoch vom 5. J u n i bis zum 5. J u l i , also volle vier Wochen lang , während welcher Zeit nu r zweimal ganz unwesent­ liche Regenmengen — Bruchteile eines M illim eters — fielen. Die Folge davon w a r , daß die B lä tte r vieler B äu m e, hauptsächlich der Kastanien, verdorrten und abfielen und die gesamte Vegetation ein vorzeitig herbstliches Aussehen erhielt. Die längste Regenperiode w ar die vom ( ( . M a i bis zum 5. J u n i andauernde, welche der erwähnten Dürre vorausging. Schnee fiel an 28 T ag en , wovon auf Dezember allein (2 treffen, in letzterem M o n a t fielen auch die größten Schneemengen, welche in einer ungefähr (5 cm im Freien betragenden Decke gegen Iahressch luß liegen blieben. Der letzte Schnee wurde unge- — 97 — fahr zur normalen Z e it, am (6 . A p ril, der erste dagegen um einen M o n a t zu früh, am (5. Oktober, beobachtet. Der größte Tagesniederschlag m it 58,4 mm wurde am 3. J u n i , an welchem Tage es ununterbrochen regnete, gernessen. An nicht weniger a ls 20 T agen kamen Gewitter zum A u s­ bruche, von denen jedoch keines besonders heftig auftra t. . 4. WewülKung. Bewölkung in Karlsruhe, ausgedrückt in Prozenten der ganzen B e­ deckung des Him m els, im Jahr 1887, verglichen mit den langjährigen Durchschnittswerten (1841—1849, von 1869—1880). % A bw eichung. % Abw eichung J a n u a r 69 3 J u l i 52 0 F e b ru a r 55 14 A ugust 37 — 11 %%% 67 5 S ep tem b er 58 11 A pril 47 — 10 O ktober 77 14 M a i 79 26 N ovem ber 73 — 1 J u n i 40 — 15 D ezem ber 85 12 % A bw eichung. W in te r 70 1 F rü h lin g 64 7 S om m er 43 — 9 sterbst 69 8 J a h r 62 2 Der hellste M o n a t w ar nicht, wie es den norm alen V erhält­ nissen entspricht, der Septem ber, sondern der A ugust, der trübste der Dezember. V erhältnism äßig am größten w ar die Bewölkung in dem regnerischen und kalten M a i. D as Jah resm itte l entspricht sast genau dem langjährigen Durchschnitt. 5. Luftdruck. Lustdruck in Karlsruhe (beobachtet in 123,8 m Höhe über Normal-Null), verglichen mit den Normalwrrlrn (1871—1885). mm A bw eichung. m m A bw eichung. J a n u a r 754,7 + 0,6 J a K 752,2 0,8 F e b ru a r 759,9 + 7,5 A ugust 751,0 - 0,1 M ä rz 752,2 + 1,6 S ep tem ber 751,0 — 0 ,4 A p ril 749,9 + 2,0 O ktober 752,5 + 1,7 M a i 749,9 — 0,6 N ovem ber 7 46 ,0 — 4,6 J u n i 754,3 + 3,5 Dezem ber 748,9 — 3 ,2 7 — 98 — H erbst J a h r W in te r F rü h lin g S om m er 754.5 750.7 752.5 749.8 751.9 + 1,6 + 1,0 + 1,4 - 1,0 + 0,8 Der jährliche G ang des Luftdrucks w ar sehr unregelmäßig. D a s höchste M itte l wurde nicht wie sonst im J a n u a r , sondern im Februar, und das tiefste nicht im A pril, sondern im Novem­ ber beobachtet. D as Jah resm itte l entspricht ungefähr dem Durch­ schnitt, allein die einzelnen M onatsm itte l weichen von den M o n a ts ­ werten ziemlich weit ab. A m höchsten stand das Barom eter am 7. F ebruar m it 767,9 m m , am tiefsten am 5. und. 6. J a n u a r m it 730, f. Die Differenz von 37,8 mm zwischen beiden Ständen entspricht einem Höhenunterschied von ungefähr 4(00 m. X. Bevölkerungs-Vorgänge, Sterblichkeit, Totenschau. as vorige J a h r hat die Bevölkerung der S tad t um T 399 'Köpfe sich verm ehrt, so daß die E in ­ wohnerzahl Ende des J a h re s 65 402 betrug. Die Anzahl der Geburten w ar f 805, der Todesfälle \ 26% Ehen wurden 575 geschloffen. Unter den Todesursachen steht in erster Linie Lungenschwind­ sucht (244 Fälle); eine bedeutende Steigerung gegen das V orjahr zeigen dir Scharlachfälle ( s 886 : 4/ j8 8 7 : f 6), ebenso M asern (^886 : 40, j8 8 7 : %9), Diphtherie und C roup haben die gleiche Anzahl O pfer gefordert wie im vorigen J a h re , nämlich s8. Über das Einzelne siehe Tabelle I I I . Totenschau. A m s5. J a n u a r starb der Dichter und Hofschauspieler O t t o C o n s e n t i u s . Geboren j8 j5 zu Aonitz in IVestpreußen, arbeitete sich der früh verwaiste, mittellose Knabe und Jü n g lin g unter großen Schwierigkeiten empor und lebte kurze Zeit in S tu ttgart a ls Schriftsteller. s8^5 fand er am hiesigen Hofcheater a ls Chorist Verwendung, tra t dann auch in kleineren Rollen a ls Schauspieler aus. 40 J a h re gehörte er dem Hostheater a ls pflichttreues, brauch­ bares M itglied an. Neben seiner Bühnenthätigkeit gab er von hier aus nicht nur eine große Anzahl (4 Bände) Dichtungen her- 7 * — (00 — aus (von seinen Tragödien wurde „A ttila" (867 hier aufgeführt), sondern veröffentlichte auch in Zeitschriften und Broschüren ästhe­ tische und mathematische Abhandlungen. A m (9 . F ebruar verschied nach kurzem Krankenlager Hofrat D r. B i r n b a u m , Borstand des chemischen Laboratorium s an der technischen Hochschule und Professor der Chemie, im A lter von 4? Z ahren. Derselbe w ar geboren zu Helmstadt in Braunschweig (839, kam (864( a ls Assistent an das hiesige Polytechnikum, wurde (868 außerordentlicher und (870 ordentlicher Professor und (876 Vorstand des chemischen Laboratorium s. Wiederholt bekleidete B irn ­ baum seit (879 die Stelle eines Direktors der technischen Hoch­ schule, vom Großherzog wurde er zum M itglied der I . K am m er gewählt. Z in Hinblick auf die großen Verdienste, welche der Ver­ ewigte a ls langjähriges M itglied des städtischen Mrtsgesundheits- ra ts besonders auf dem Gebiet der Nahrungsmittelhygiene sich er­ w arb, beschloß der S tad tra t am 6 . A pril, zu dem im Hofe der technischen Hochschule zu errichtenden Denkmale einen B eitrag von 4(00 2T£. zu bewilligen. A m (0 . M ärz entschlief nach längerem Leiden Fürst W i l ­ h e l m v o n L ö w e n st e i n - W e r t h e i m , erblicher Reichsrat des Königreichs B ay ern , Königl. W ürttem b. und G roßh. Badischer Standesherr, M itglied der I. K am m er, im Alter von 69 3 a ?̂ren- Derselbe w ar am (9 . M ärz ( 8 ( 7 geboren, folgte a ls Haupt der Freudenbcrgischcn Linie seines Hauses am 9- August (86( seinem V ater, dem Fürsten A d o l f , und wurde dadurch als deutscher S tandesherr M itglied der I . K am m ern in B ayern , W ürttemberg und B aden. Seit seinem A u stritt aus dem preuß . Staatsdienst, in welchem er zuletzt die Stelle eines außerordentlichen Gesandten am Bayerischen Hofe bekleidete, wohnte der Fürst in unserm Lande abwechselnd auf seinen G ütern und in K arlsruhe. Seit (86( nahm er an den B eratungen der I . K am m er regelmäßigen Anteil. Sow ohl durch diese seine eifrige parlamentarische Thätigkeit, wie auch durch die im Privatleben zutag tretende Liebenswürdigkeit genoß der Verewigte in allen Kreisen die höchste Achtung. Nach­ dem die Totenfeier im hiesigen Löwensteinischen P a la is in A n­ wesenheit der W ittwe und K inder, wie der ganzen Großherzog­ — W — lichen F a m ilie sta ttgefunden , erfo lg te die Ü b e rfü h ru n g der Leiche nach ZDertheim zur B eisetzung in der F a m ilie n g ru f t . A m f5. M ärz früh starb der P riva tie r J a k o b v o n Be r c k - hol t z , Besitzer des schönen G artens am K a rls th o r , im A lter von 71 Ja h re n . Der Verewigte stand in hohem Ansehen und w ar bekannt durch seinen wohlthätigen S inn gegen die Arm en. Seine gesamte Dienerschaft, sowie die alljährlich von dem Verewigten beschenkten IVohlthätigkeitsanstalten wurden in dem Testamente aufs reichste bedacht. A m 21 . A pril starb Rentner H e i n r i c h L a n g , K aufm ann, im Alter von 6st J a h re n . (Ein A lt-K arlsruher von biederem Charakter, zeigte Lang für das Gemeinwesen unserer S tad t im m er die lebhafteste Anteilnahme. A m 28. J u l i 1870 tra t er in das G e­ meindekollegium der Residenzstadt, dem er bis 22 . F ebruar 1875 a ls Gemeinderat, sodann infolge des Gesetzes über die E inführung der Städteordnung bis zu seinem 187st erfolgten freiwilligen Rück­ tritt als S tad tra t und seitdem als Stadtverordneter m it ersprieß­ licher Wirksamkeit angehörte. 1875 berief ihn das V ertrauen seiner M itbürger a ls Abgeordneter in die I I . Ständekammer, der er bis 1878 angehörte. M it großer Hingabe widmete Lang seine T ä t i g ­ keit ebensosehr den allgemeinen Interessen der S tad t und des Lan­ des, wie dem industriellen und geselligen Leben seiner Vaterstadt. Viele J a h re w ar er ein hochgeschätzter Vorstand des hiesigen Liederkranzes. Lang hatte die lctztwillige Verfügung getroffen, daß seine Leiche nach G otha zur Feuerbestattung gebracht werde — der erste F a ll in hiesiger S tadt. — Die Asche wurde nach K a rls ­ ruhe zurückgebracht und auf dem Friedhose in einer Fam ilienruhe­ stätte beigesetzt. A m 25. M a i erlag einem Krebsleiden nach erfolgter O p era ­ tion im akademischen Krankenhause zu Heidelberg G ra f F r i e d r. M o l s g a n g Göt z v o n B e r l i c h i n g e n - R o s s a c h , k. k. K äm ­ merer und M a jo r a. D . , hervorragendes M itglied und erster Vizepräsident der I . Ständekammer. Der Entschlafene w ar lange hier wohnhaft gewesen. A m 11. J u l i starb der v o rm a lig e G roßherzog liche G a r te n ­ d irektor K a r l M a y e r , der lan g e J a h r e die O b e rle itu n g über — \ 02 — sämtliche Großherzogliche G ärten und insbesondere die Vorstand­ schaft des hiesigen botanischen G artens geführt hat. A m 26. August verschied hier der in weiteren Kreisen bekannte Großherzogliche O berrechnungsrath € . F . P a r i s c l in Folge ei­ nes Herzschlags. Derselbe w ar früher Verwalter des Arbeitshauses in Bruchsal, seit s858 Iustizministerialrevisor und hat sich beson­ dere Verdienste erworben um die Statistik zur Badischen S tra f­ rechtspflege, indem er in amtlichem Aufträge während einer Reihe von J a h re n die Übersichten zur Strafrechtspflege int Großherzog­ tum B aden bearbeitete. A m \2. Septem ber, seinem 80. G eb u rts tag , starb General G r a f v o n W e r d e r zu Grüssow bei Belgard in Pom m ern. Die Einwohnerschaft K arlsruhes gedachte bei dieser Trauerkunde aufs neue der unvergeßlichen Verdienste, die Werder a ls ruhmreicher Heerführer durch sein todesmutiges A usharren in der dreitägigen Schlacht bei B elfort um unser badisches und deutsches Vaterland sich erworben; namentlich unser engeres badisches Vaterland weiß, daß seine Tapferkeit und T hatkraft unsägliches Elend von uns abgewehrt hat. I n der Geschichte des Krieges \ 870/7 \ wird sein N am e stets unter den ersten genannt werden. Jah re lan g weilte der Verstorbene a ls kommandierender General des 14. Armeekorps in unserer S tad t, wo er sich einer ungewöhnlichen P opu laritä t erfreute. Seitens der S ta d t, deren Ehrenbürger der Verewigte w ar, wurde an die Hinterbliebenen ein Beileidschreiben gerichtet mit der Bitte, den von der S tad t übersandten Lorbeerkranz aus dem G rabe des Verstorbenen niederzulegen. A m V Oktober starb Hofkirchenmusikdirektor H e i n r i c h G i e h n e im A lter von 66 J a h re n nach langem Leiden. Derselbe w ar geboren am 25. A pril s82s zu Bruchsal und widmete sich ursprünglich dem kaufmännischen Berus. Noch a ls Angestellter in der E h r. F r. Müller'schen Hofbuchdruckerei fand er, seiner ent­ schiedenen Neigung und B egabung für Musik folgend, Zeit, sich eifrig m it dem theoretischen und praktischen S tudium der Musik zu befassen; mehrere J a h re w ar er Dirigent des hiesigen Cäcilien­ vereins und brachte schon dam als ({8^7j ^ ) Werke wie Handels Alexanderfest, J u d a s M a c c a b ä u s , Sam son, M endelssohns E lia s — 103 — vor dem hiesigen Publikum zum ersten M ale zur A ufführung. 18^9 faßte er den (Entschluß, sich ausschließlich der M usik zu w idm en; er besuchte das Konservatorium zu Leipzig und tra t dann als Musik­ direktor an die Spihe des Cäcilienvereins, den er ununterbrochen bis 1882 leitete; mehrere ^sahre dirigierte er auch den K arlsruher Lieder­ kranz. 3 m 3<chrc 1855 wurde Giehne vom Großherzog an die Spitze der chofkirchenmusik berufen, in welcher Stellung er b is zu seinem Tode verblieb. M it ihm ist ein um das musikalische Leben hiesiger S tad t hochverdienter M a n n heimgegangen. A m 17. Oktober verschied Geheimerat A u g u s t F r i e d r i c h N ü ß l i n im A lter von 76 3 ^h ren . Derselbe w ar geboren zu M annheim 1812, seit 1856 M itglied des Großherzoglichen S ta a ts ­ ministeriums , wurde 1860 zum S ta a ts ra t und Präsidenten des evangelischen Gberkirchenrats ernannt. Nach mehr a ls HOjähriger dienstlicher Thätigkeit, welche durch hohe Auszeichnungen ehrend anerkannt wurde, tra t der Verstorbene vor einigen 3 ah ren in den Ruhestand. Am 20 . Dezember starb unerwartet nach kurzem Kranken­ lager M a le r M a x p e t s ch, der a ls Vorstand des Vereins bil­ dender Künstler und der M alerinnenschule eine segensvolle T h ä tig ­ keit hier entfaltet hatte. äUV^vUuUvHvuÜudi XI. Verschiedenes. v Zunächst e rfu h ren unsere G a rn iso n sv c rh ä ltn isse einige Ä n ­ derungen . D a s seit einer R eihe v o n f a h r e n h ier liegende 5. badische D ra g o n e rre g im e n t p r in z K a r l N r . 2 2 w u rd e m it dem 50. M ä r z nach M a n n h e im verleg t. A u f die M itte ilu n g v o n dem Abschiede des R e g im e n ts bew illig te die S ta d tb e h ö rd e der M a n n s c h a f t der 4 hiesigen E s c a d ro n c n zum A bsch icdstrunk ein Geldgeschenk von 750 M . ; a n den K o m m a n d e u r des R e g im e n ts , O b e rs t v o n M e r c k e l , richtete O b e rb ü rg e rm e is te r L a u t e r u n te r dem 26. M ä r z ein S c h re ib e n , d a s dem ein träch tigen un d freundlichen E in v e rn e h ­ m e n , w elches zwischen dem w ä h ren d zw eier J a h rz e h n te hier in G a rn is o n liegenden R eg im en t und der E in w o h n e rsch a ft stets ge­ h e rrsch t, A u sd ru ck g a b , w o ra u f der R eg im en tsk o m m an d eu r in freund lichen W o rte n e rw id e rte , d a ß d a s R eg im en t m it den a n ­ genehm sten E r in n e ru n g e n a n den hiesigen schönen A u fe n th a l t von unserer S ta d t scheide. Nachdem am Sonntag, 27. M ärz , in der Festhalle die ganze Kapelle des Regiments noch ein großes Abfchiedskonzcrt unter Leitung seines S tabstrom peters ID. M ö b i u s gegeben, erfolgte dann am 50. M ä rz m orgens 8 U hr der Abmarsch unter klin­ gendem Spiel von der Dragonerkaserne. P rinz K a r l , a ls Chef des Regiments, G eneral v o n O b e r n i t z und viele Offiziere aller — f05 — W affengattungen hiesiger G arnison gaben dem scheidenden Regiment das Geleite. Unter den Klängen des Paradem arschs defilierten die Dragoner in der Nahe des Linkenheimerthors vor dem Regim ents­ chef und ritten dann längs der A ham auer durch das p a rf th o r auf der G rabener Allee dem neuen G arnisonsorte M annheim zu. D as von letzterem G r t hierher verlegte Leibdragonerregiment traf Freitag, A pril, vorm ittags hier ein und wurde am Exerzier­ platz von General v o n O b e r n i t z begrüßt. E in zahlreiches P u ­ blikum hatte sich zum E m pfang auf den reichbeflaggten S traßen und platzen von der Linkenheimerstraße bis zur Kaserne eingefun­ den. Unfern Lokalberichterstattern entging auch nicht die a ls ver­ bürgt auftretende Nachricht, daß anläßlich dieser Verlegung zahl­ reiche weibliche Dienstverhältnisse in M annheim gelöst wurden, um dem abziehendcn Regiment in die neue G arnison nachzufolgen. E ine andere G arnisonsverändcrung tra f einen Teil des Leib­ grenadierregiments, indem das für Neubreisach neugebildete B a ­ taillon des \ f3 . Infanterieregim ents m it der ihm zugeteilten b is­ herigen 8. Kompagnie des Leibgrenadierregiments am A pril nach dem neuen G arnisonsorte befördert wurde. 2 . A m 9 . J u n i abends wurde die hiesige Einwohnerschaft durch Plakatanschlag vonseiten des Bezirksamtes in Kenntnis gesetzt, daß infolge eines Falles von kchmdswut für die S tad t K arlsruhe und Umgebung die p u n d e s p c r r e angeordnet sei. 21 tu Sonntag, 5. J u n i , w ar nämlich aus der prinzlau'schen 2Ueßschaubude ein mit Tollheit behafteter chund entsprungen, der sich in der Umge­ gend Herumtrieb und in ZUalfch erlegt wurde. A ußer dem Gehilfen des Schaubudenbesitzers, der nur eine unbedenkliche B ißw unde empfing, wurden glücklicherweise keine Menschen angefallen. Die nächste Folge der Sperre w ar für das Publikum insofern nicht unangenehm, daß die sonst mehr a ls wünschenswert herrenlos herumlaufenden ZUöpse, P u d e l, Bullenbeißer und wie sie alle heißen, auf den T ro tto irs seltener wurden und die Laden- und pauseingänge, Straßenecken u. f. w. eine erfreuliche Sauberkeit zeigten. F ü r die pundebesitzer allerdings w aren jene Vorzüge der bfundefperre zweifelhaft geworden, da sie jetzt auf 2Uaulkorb, F ü h ­ — \06 — rungsleine und 2lnkettung zu achten hatten. Doch wußte auch dieser m inder angenehmen Auflage ein M usensohn eine heitere Sette abzugewinncn. E r hatte sich den größten M aulkorb aus Eisen­ draht, der hier zu haben w ar, erworben und dieses Kolossalgehäuse einem niedlichen Hündchen anbefestigt. Den so im Käfig verwahrten Liliputanerhund trug sein Herr vorsichtig im A n n e , während er an der rechten Hand eine mächtige Wagensperrkette hielt, deren anderes Ende am M aulkorb befestigt w ar. Z u größerer Vorsicht folgte noch hinterdrein ein M a n n m it derbem Knüppel, um einem etwaigen Angriffsversuch des Köters zu begegnen. A ls endlich am 7. September die Gesperrten wieder der Polizeiaufsicht enthoben wurden, tummelten sich schon am M orgen des Erlösungs- und Freudentages die Hunde, geschmückt m it fa r­ bigen Halsbändchen, Kränzen, Fähnchen mit humoristischen A uf­ schriften und sonstigem Z ierra t auf den S traßen um her: die Leidenszeit w ar vorüber und der Hundefänger machtlos geworden. 3. W enn w ir oben unter den verschiedenen Rubriken alle die wichtigsten Erscheinungen des J a h r e s , kleine und große, wie sie eben in unser städtisches Leben hineinragen, ausgezeichnet haben, so ist dabei die in unseren Lokalblättern recht umfängliche und m it der anerkennenswertesten S orgfalt geführte Litteratur über Gaunereien und Diebstähle außer Betracht geblieben. Vielleicht m it A nrecht, denn der gewissenhafte (Chronist hätte auch hier die „ n e u e r e n E r s c h e i n u n g e n " berücksichtigen sollen. A ls solche führen die Diebstahlsverzeichnisse die Thatsache a n , daß einfachen Arbeitern „von Kollegen" sogar das unentbehrliche Hand- werkszeug von der Arbeitsstelle gestohlen wurde, dem M a u re r der K am m er, dem Metzgerburschen die blecherne Kratze, dem T a g ­ löhner oder Hausburschen sogar die allernotwendigsten Kleidungs­ stücke. W enn m it der großartigen baulichen, wirtschaftlichen, künst­ lerischen und industriellen Entwicklung unserer S tad t auch Gepflo­ genheiten dieser A rt sich einbürgern und einen verzweifelt gleich­ mäßigen Schritt zu halten suchen, so können w ir doch zufrieden sein, so lange das K apitel „Verbrechen" diesen im Vergleich mit anderen Städten im m erhin bescheidenen Rahm en nicht überschreitet. — s07 — 4. A uch ernster E reignisse m u ß die C h ro n ik des W ah res ge­ denken. A m 2 7 . A p r i l frü h gegen 5 U h r b rach a u f dem Speicher des G asth au se s „ Z u m G o l d e n e n A d l e r " ein B r a n d a u s , der sich rasch über den ganzen D achstuh l v e rb re ite te , denselben gänzlich zerstörte und auch teilweise die Decke des 5 . Stockw erkes beschädigte. P a tro u illie re n d e S chu tzm änner w a re n , a l s sie R au ch aufsteigen sahen, in s b )au s gedrungen , h a tten schleunigst den p a u S - knecht geweckt und eilten nach o b en , w o ih n en nach O ffn e n der T h ü re R au ch und F la m m e n entgegenschlugen. S ie m achten so fo rtige M e ld u n g a u f der S ta t io n und v e ra n la g te n gleichzeitig die A l la r m ­ signale. D em raschen E in g re ife n der F e u e rw e h r un d des M i l i t ä r s w a r es zu d a n k e n , d a ß der B r a n d nicht w eiter u m sich greifen konnte und nam entlich keines der beiden gefäh rdeten , glücklicherweise durch B ra n d g ic b e ln m u e rn geschützten N a c h b a rh ä u se r (B rau n 'sch e ksofbuchhandlung und Prinzenkanzlei) beschädigt w u rd en . Leider ist bei diesem U n fa lle auch ein M enschenleben u m ­ gekom m en. A u f dem S peicher fa n d m a n u n te r offener Z im m e r - thü re die g räß lich verkohlte Leiche des schon längere Z e it im ksause Bediensteten K e lln e rs ( E r n s t p i l d e b r a n d v o n F ö rch (Bei R asta tt) . V erm u tlich ha tte der U nglückliche, a l s er a u s dem S c h la f erw achte, den B r a n d w ah rg e n o m m e n un d sich retten w o llen , w a r ab e r im Q u a lm e erstickt. D ie im G asth au se w ohnenden F re m d e n w a re n noch recht­ zeitig geweckt w orden und fanden nebst der F a m ilie des W ir te s A u fn a h m e im b en achbarten G asth au se zum W eiß e n B ä re n . M i t t ­ woch m itta g konnte die W irtsch a ft zum G o ld en en A d le r w ieder eröffnet w erden. A ls U rsache des B ra n d e s soll sich ergeben h a b e n , d a ß im K a m in ein ß te in h e rausgeb rochen w a r ; ein B a lk e n a m F u ß en d e des B e tte s , in welchem der K elln e r schlief, h ab e sich entzündet und den B r a n d v eru rsach t, dem der Unglückliche zum O p fe r fiel. E in anderer, glücklicherweise unerheb licher B ra n d a u s b r u c h in der G ießere i der M asch inenbaugesellschaft w u rd e a m 2 \ . J u n i frü h { U h r a ls b a ld w ah rg e n o m m e n und durch A a s anw esende F a b rik p e rso n a l b e w ä ltig t, so d a ß kein g rö ß e re r S chaden entstand — \ 08 — und eine öffentliche A llarm ierung nicht erforderlich w ar. Mehrere durch Schutzleute benachrichtigte Feuerwehrleute standen im Feuer­ hause in Bereitschaft, doch w ar deren Eingreifen nicht nötig. Andere Unglückssälle weist leider auch das vergangene j a h r genug auf. Unter anderen stürzte Hospianofortefabrikant T r a u am 26. November früh in der Fieberhitze aus dem I I I . Stockwerk des ihaufes in der Erbprinzenstraße aus den Balkon des I I . Stockes, indessen ohne sich bedenkliche Verletzungen zuzuziehen. Der T od (28. November) erfolgte nach Aussage der Arzte lediglich infolge hochgradiger Lungenentzündung. I n mehreren Fällen erlitten Arbeiter durch Herabstürzen von den Gerüsten schwere Verletzungen, 5 starben infolge derselben. D aß Kinder von Droschken überfahren, Dienstboten durch leicht­ sinniges hantieren mit E rdöl bedeutende Brandw unden erlitten, gehört leider zu den stehenden, immer wiederkehrenden U nfällen; neu aber dürste der F a ll sein, daß es in diesem J a h re wieder­ holt vorkam , daß die Pferde m it einem B rau tpaare auf der F a h r t nach dem Rathause dürchgingen, glücklicherweise ohne daß die Insassen Schaden litten. W iederholt wurde unser Sallenwäldchcn der Schauplatz von Unglücksfällen: A m 26. A pril früh wurde aus dem Bassin desselben die Leiche des Gerichtsschreibers S a u t e r aus Schwetzingen gezogen. (Db ein Selbstmord oder Unglücksfall vorlag , konnte nicht kon­ statiert werden. A m sö. Dezember vorm ittags erschoß sich dort der 22jährige W i l h e l m 5 a y von Nonnenweier. 5. Nachdem in der bisherigen Darstellung alles, w as das j a h r 1887 an Vorkommnissen auf den verschiedensten Gebieten aufzu­ weisen hat, angeführt ist, m ag zum Schluffe auch derjenigen A n­ gelegenheiten m it einem W orte gedacht werden, welche als mehr oder minder scharf umriffene Projekte das J a h r hindurch das Publikum beschäftigt haben und die als solche auch m it ins J a h r 1888 herübergegangen sind, um vielleicht auch von hier ungelöst in eine weitere Zukunft mitgetragen zu werden. — W9 — Diese Projekte betreffen zunächst die Erstellung eines A u a r - t i e r h a u s e s seitens der S tad t* ), wozu bereits viele Erhebungen gemacht sind; a ls noch dringender wird von mehreren Seiten die Notwendigkeit einer städtischen M a r k t h a l l e bezeichnet. Im m e r wieder von neuem wird in den T agesblättern der Gedanke einer V e r l e g u n g d e r M ü h l b u r g e r B a h n s t a t i o n am M ü h lb u r­ ger T hor erörtert. D as Projekt der Beseitigung der sog. k le in en A i r che, das schon s8s5 hervortra t, a ls m an infolge der S tad t­ erweiterung gegen Süden das Störende dieses mitten in die S traße gestellten Airchenbaues em pfand, ist gerade im letzten J a h r e wie­ derholt aufs neue lebhaft erörtert worden. Über eine H a r d t - b a h n ist schon oben gesprochen und gezeigt w orden, daß dieser p la n bereits etwas greifbarere Gestalt anzunehmen beginnt. D a­ gegen zeigt die öffentliche Presse bedeutend geringeres Interesse gegenüber dem Wunsche eines N eubaues der S t e r n w a r t e , so­ sehr die Überzeugung vom ungenügenden, ja unwürdigen Zustand der zur Zeit hier stehenden überall durchgedrungen ist. W ärm er und kräftiger setzt die öffentliche M einung in der Besprechung der D e n k m a l s f r a g e ein. Über das Scheffeldenkmal ist ein definitiver Beschluß noch nicht zustande gekommen; fast in den Hintergrund gedrängt wurde aber diese Angelegenheit einige Zeit durch das Schicksal des im Augenblick nach 2 ganz verschiedenen Kunstrichtungen projektierten Aaiserdenkmals. Doch dam it sind w ir bereits im J a h re f888 angelangt, m it dessen Stadtgeschichte die nächste Thronik hoffentlich auch von der Lösung der Denkmals­ frage Erfreuliches berichten kann. *) I m v e rg an g en en J a h r w a re n h ie r e in q u a r tie r t: 2 567 M a n n ; die Z a h l der C Zuartiertage betrug 22 2 0 0 . ' ■ r Vorträge. in der vorjährigen Chronik folgt auch hier ein Ver- ichnis der öffentlichen Vorträge. Vielleicht ist eine spätere Zeit versucht, aus den behandelten Gegenständen weitere Schlüffe aus die geistigen Ström ungen und Interessen unserer Zeit zu ziehen. Über die Vollständigkeit gilt dasselbe, w as w ir am gleichen Mrte der letzten Chronik bemerkt haben. J a n u a r 5. G eh e im er H o fra t D r. l v e n d t üb er „D on L a rlo s" (K aufm ännischer v e re in ) . „ 9 . P f a r r e r K ä m m e r e r von G rö h in g e n : „M itte ilungen von einer R eise nach P a lä s tin a im H erbst J 8 8 6 " (L v . v c re in s h a u s ) . „ to . R e g ie ru n g s ra t D r. P f a f f : „S ozia le P a r te ie n und die deutsche S o z ia lre fo rm " (im A rbeite rb ild u n g sv ere in ). „ ( V G eh e im er H o fra t D r. S c h u l e a u s I l l e n a u : „S in n es- W ahrnehm ung und S in n estäu sch u n g " (V erein gegen M iß ­ brauch geistiger G eträn k e). „ l<5. S ta d tx fa r r e r H i t z i g von M a n n h e im : „D er P ie tism u s in der evangelischen K irche" (P ro testan tenvere in ). „ t 6 . P rofessor D r . L e m m e a u s B o n n : „D ie B e d eu tu n g der christlichen Persönlichkeit" (L v . V ere in sh a u s) . „ l s . P riv a td o z e n t D r . H a r d y a u s F re ib u rg : „ L n g la n d s H errschaft in I n d ie n " (K ath . v e rc in sh a u s ) . „ *7 . R e c h tsa n w a lt D r. B i n z : „Überblick über die deutsche R eichsvcrfassung" (A rbeiterb ildungsvere in ). „ 25. G berko n sis to ria lra t D r. S e l l a u s D a rm sta d t: „D er G e n fe r S ee in der Religionsgeschichte" (L v . v e re in sh .) . J a n u a r 2 5 . Professor D r. G 0 l d s c h m i t : „E lisab e th L h a rlo tte , eine deutsche F ü rs tin am Hose L udw igs X IV ." (Schulverein). — m — J a n u a r 2 6 . D r. L. L e w e s a u s M ü n c h en : „S h akespeares F ra u e n ­ gestalten" (K aufm ännischer V erein ). „ 28. M issionsinspektor P fa r r e r B ü t t n e r a u s B e r l in : „H ei­ dentum und C h risten tum in ih re n B ez ieh u n g en zur K u l­ tu r und B ild u n g nach eigenen afrikanischen E r f a h ru n ­ gen" (G esellschaft f ü r deutsche K o lon isa tion ). „ 30. S ta d tp fa rre r B r ü c k n e r : „ Z w in g lis 67 S chlußreden vom 2 9 . J a n u a r 1 5 2 3 " (P ro te s tan ten v ere in ). F e b ru a r 6 . P a s to r © . F u n k e a u s B r e m e n : „W ozu ist der Mensch a u f der W e l t ?" (E v . V e re in sh a u s) . „ 1 3 . P fa r r e r H a f n e r a u s I l l e n a u : „D ie j o G ebo te" (E v . V e re in sh a u s) . „ ( 3 . S tad td ek an W e i t b r e c h t von S tu t tg a r t : „T h o rh e it und W eish e it" (E v . V e re in sh a u s) . „ 26. Professor D r. S c h o t t b e r g von T ü b in g e n : „ S o z ia lism u s und S o z ia lre fo rm " (M useum ). M ärz 2 . Schriftste ller M a r B e r n s t e i n a u s M ü n c h en : „B ücher u nd M enschen" (K aufm ännischer V erein ). „ 5 . G e h . R a t P rofessor D r . C uno F i s c h e r a u s H eidelberg : „D ie L rk lä ru n g s a r te n des G oethe'schen F au st" (M useum ). „ • 9 . P f a r r e r H a f n e r von I l l e n a u : „ H a u s und F a m ilie vor und nach C h ristu s" (E v . V e re in sh a u s) . „ 9 . H ofschauspieler A . P r a s c h : „ C a rm e n S ilv a , eine Dich­ te r in a u f dem K ö n ig s th ro n " (K aufm änn ischer v e re in ) . „ 9 . R e a lle h re r M a n g a u s B a d e n -B a d e n : „D ie H im m elskunde der N euzeit" (R a th a u s , zu G u n ste n des F ra u e n v e re in s) . „ (6. , 2 3 ., 3 0 . P rofessor D r. B ö t h l i n g h : „Ü ber U hland , Chamisso, L en au " (M useum ). „ 2 9 . Professor D r . H . K ö st l i t t a u s F r ie d b e rg : „ N o v a l i s , ein religiöses C h a rak te rb ild " (E v . v e re in s h a u s ) . A p ril t 5 . P a s to r B ü t t n e r : „M issio n sv o rtrag " in der kleinen Kirche. „ ( 6 . Professor D r . L ü b k e : „ D a s G o e th e -H a u s in W e im a r u nd feine Schätze" (M useum ). J u n i \2 . Professor D r. G 0 t h e i n : „H andw erkerleben in a lte r Z e it" (E v . M ä n n e r- und Iü n g l in g s v e re in , V e re in sh a u s) . -„ 2 2 . P rä s id e n t a. D . G r i m m : „D ie älteste Geschichte von © fia f r ifa " (G esellschaft fü r deutsche K o lon isa tion). S ep tem ber 28. K au fm . T r u p p e l a u s B e r l in : „K o lo n ia le E ntw ickelung D eutschlands in der S üdsee" (K o lo n ia lv e re in , R a th a u s ) , © ktober 5 . Professor D r. A . K i r c h h o f a u s H a lle : „Völkersprache und d as W esen der W eltsprache (V olapük)" (K a u fm ä n n ­ ischer V erein ). v o m 15. © ktober ab 6 V o rträg e von G e h . H o fra t D r. W e n d t über „ F r . H ebbel u n d P . Heyse" (M useum ). — \ \ 2 — © fto b e r *9 . P rofessor D r. W . M a u r e n b r ech e r a u s L eipzig : „F ried , rief; der G ro ß e a ls K ro n p rin z" (K aufm . V erein). „ 2 6 . p o fx re d ig e r D r. B r a u n von S tu t tg a r t : „Evangelisches P rie s te r tu m " (L v . V e re in sh a u s .) „ 3 0 . S ta d tp fa r re r L ä n g i n : „D er christliche G lau b e und die wissenschasrliche Forschung" (P ro tes tan tenvere in ). E nd e © Ftober u n d N ovem ber h ie lt in der K öllenberger'schen W irtschaft (W erderstraße) ein T h . W a l l e n f e l s V o rträg e über biblische (apokalyptische) T h e m a ta , bei denen m ehrfach ü b e r S tö ru n g e n geklagt w urde. © Ftober 3 ( . E a r l d e L a r r o a u s A u g s b u rg : „D er P fa r r e r von K irchfeld von A n zen g ru b e r" , R ez ita tio n (K aufm . V erein). N ovem ber 6. S ta d tp fa r r e r B r ü c k n e r : „ Z w in g li in den J a h r e n (P ro tes tan ten v ere in ). „ 9 . R edak teu r p e r rm a n n L i p p e : „D ie Lage des K le in ­ gew erbes in B a d e n " (G ew erbevere in ). „ to . P fa r r e r l f a c k e n f c h m i d t von S tra ß b u rg : „U nsere feste B u rg w ider R o m " (E v . V e re in sh a u s) . „ lZ . P rofessor D r. B ö h r i n g e r a u s B a fe l : „D er älteste K a m p f fü r und w id er die © rth o d o rie " (p ro tes tan ten v .). „ 16 . D r . R . L ö w e n f e l d a u s B r e s la u : „ A u s dem G eistes­ leben der B u lg a re n " (K au fm . V erein). „ - 27. P rofessor D r . K n e u c k e r von bfeidelberg : „D er. alt» testam entliche G o tte sg la u b e in seiner geschichtlichen E n t­ w ickelung" (p ro te s tau ten v e re in ). „ 27. P f a r r e r p a f n e r a u s I l l e n a u : „ D a s W u n d er" (L v . V e re in sh a u s) . „ 30. P rofessor D r. ZU. R o s e n b e r g : „S tilvo ll" (K aufm . V erein). „ 30. Pofschausp ieler W a s s e r m a n n : „D er M e n n o n it" von w ild en b rn ch , R e z ita tio n (E in trach t). D ezem ber 7. Professor lsö c h st e t t e r : „ D a s deutsche Volkslied" (Schul- vere in ). „ to . R e ich sritte r v. v i n c e n t i a u s W ie n : „N ach der H a u p t­ stadt der p ö lle (L h a r tu m )" (M useum ). „ t {. P rofessor Lic. M e h l h 0 r n a u s f je tb c lb e rg : „ J o h a n n C a lv in " (P ro tes tan ten v ere in ). „ \n . F r l . A n n a E t t l i n g e r : „G o e th es i ta l . Reife m it B e ­ zug a u f feine Lntw ickelungsgeschichte" (K aufm . V erein). „ 2 V D r. T u r b a n : „E n tsteh u n g u n d D eu tu n g von R . W a g ­ n e rs N ib e lu n g e n r in g " (R ichard W ag n er-V ere in ). Tabelle I. Schiilerzahl der hiesigen Schulen. I . S t ä M # c W f s # u l e n : 7. Einfache K nabenschu le ........................... 78-7 2. „ Mädchenschule........................... 867 3. Erweiterte K n a b e n sc h u le ......................7 543 -7. „ Mädchenschule . . • - - 7 774 5. K nabcnvorschu le ...................................... 344 6. Bürgerschule................................................. 24s 7. Töchterschule................................................. 757 8. Schule des Stadtteils M ühlburg . . . . 774 6 763 (7885/86 : 6 545) 9. Knaben-Fortbildungsschule (inkl. M ühl­ burg) ..................................................... 466 70. Mädchen-Fortbildungsschule . . 322 -------------------- 788 77. Handelsschule .......................... 77 Z u sa m m e n . . . 7 62 2 I I . S e m in a rsc h u le n : S e m in a r I . . . . . . . . . s. 89 S e m in a r I I .................................................... (7 6 I I I . h ö h e re M ädchetischule . . . . . 4(86 IV . V iktoriaschule . . . . . . . . 2 5 0 V . R ea lg y m n asiu m ............................... 1 ( 8 V I . R e a l s c h u le .............................................................5 7 5 V I I . G y m n as iu m . . . . . . . \ 6 2 9 V I I I . G ewerbeschule . . . . . . . . 2 7 0 I X . K u n s tg e w e rb e s c h u le ........................................ 2 2 7 X . B au g ew erk esch u le ....................................... (7H X I . K u n s ts c h u le .................................................... (2 2 X I I . M a le r in n e n s c h u le ....................................... 5 6 X I I I . K o n s e r v a t o r i u m ............................... . 2 2 8 8 X IV . L eh re rsem in ar I . 9 9 „ n. 9 8 X V . L eh re rin n en sem in ar (P rinzessin w i l - helm stift) . . 75 X V I . IHc technische Hochschule weist im Studienjahr (886/87 fo lgende F requenz a u f : W intersem ester (886/87: Sommevfcmcftcv (887: studie- im Stut>ie= reltbe ganzen rcttbe ^ g % n ( . D ie m athem atisch -n a tu rw . S c h u l e ..................................... l2 — (2 (0 (0 2. Die In g e n ie u rsc h u le . . (5 — (5 (5 (5 3. D ie M aschinenbauschule . U l 2 U 3 (0( 2 (03 4. D ie B auschule . . . . 24 7 31 22 ( 23 5. D ie chemische Schule . . 85 7 92 74 9 83 6 . D ie Forstschule . . . . 35 — 35 35 ( 36 S tu d ie re n d e und bjofpit., welche sich fü r keine be­ stim m te Fachschule e n t­ schieden hab en . . . 2 56 58 4 38 42 284 72 356 26 5( 3 (2 bsiezn L ehrer in K a r l s r u h e , welche ein- istczu L e h re r :c . 7 zellte V o rträg e hö rten . 5 3 (9 36 ( A ußerdem rc. 4 D am e». A ußerdem n a h m e n a n den kunstgeschichtl. V o rträg e n 87 D am en T eil. D ie Z a h l der L ehrer (P ro fesso ren , V ilfs leh re r und Assistenten) betrug nach dein S ta n d e vom v J u l i (8 8 7 : 6 0 . D ie A n sta lt v e rlo r durch T od den Professor B i r n b a u m (siehe u n te r X. Totenschau). — U S — Tabelle II. *) Übersicht über die Verteilung der Mitglieder der Grmrindekrankenverstcherung auf ihre Wohnorte. Berücksichtigt sind nur diejenigen O rte , in welchen mindestens H) zur hiesigen Versicherungsanstalt zugehörige Personen wohnen. Von den 7 725 M itgliedern der hiesigen Gemeindekranken­ versicherung wohnten in : K a rls ru h e . . . . 539 t lsa g sfe ld . . . . 69 Aue b. D. , . . 19 Jö h l in g e n . . . 41 B e ie rthe im . . . 26 K n ie lin g en . . . 149 B e rg h au fen . . . 18 L iedolsheim . . . 13 B ietigheim . . . 40 Linkenheim . . . 43 B lankenloch . . . 31 M alsch . . . . 14 B ruchhaufen . . 16 Mörsch . . . . 188 B iichtg . . . . 19 p f o r t z ......................... 58 B ulach . . . . 60 R i n t h e i m . . . . 80 D axlanden . . . • =94 R ü p p u r r . . . . 89 D urlach . . . . 76 S p ö c k ......................... 1 = D urm ersheim . . 18 T eutschneureuth 109 «Eggcnftcim . . . 11 U n te rö w ish e im . . 19 E t t l i n g e n . . . . 2 7 W e in g a r te n b. D . . 2 2 E ttlin g e n w e ie r . . 10 IV clfch n cu rcu th . . 162 Forchheim . . . 7 2 W iesen thal . . . 1 = ................. W ö r th ......................... 16 G ra b e n . . . . 17 Wöschbach . . . 83 «Brötzingen . . . 4= W össingen . . . 23 G rünw ette rsb ach . 32 W o lfa rtsw e ie r . . 26 G r iin w in k e l. . . 50 Die Übrigen verteilen sich auf 68 andere W ohnorte. *) Ü ber die B ed eu tu n g dieser T abelle siehe oben 5 . 70. M ir geben m it obigen Z a h le n den durchschnittlichen J a h re s s ta n d ; doch schwankt die N itg lied erzah l in den S om m er- und M n te rm o n a te n um ein bedeutendes. Tabelle III. Skakistik des Bevölkerungsvorgangs 1887. M o n a te 0 1 trt W % ti G estorbene exkl. €oi= geborene V e rh ä ltn is ­ zah l der T o d e s u r s a c h e n . ! # 5 t R U 8 E 1 © & 1 s y § $ in dem B erich ts­ m o n at in den J a h r e n (8 8 (— 85 1 s •S 1 ! 1 .2- A | s11s 01 1 ¥I !!1II B rech­ durchfall I .1 i i k i - G estorbenen a u f JOOO E in ­ w o h n er u n d a u fs J a h r berechnet. J a n u a r ......................... ( 3 0 5 9 2 ( 7 ( 7 , 0 2 0 ,7 — — 2 — I 2 ( ( 3 — — — 5 ( 4 3 2 — F e b r u a r . . . . . (44 4 9 1 ( 9 ( 6 ,9 2 0 ,7 — — — — 2 4 ( 6 4 4 4 4 4 2 4 3 — M ä r z ........................................ (63 ' 2 9 5 2 4 ( 7 . 6 2 0 ,7 — 5 — ( 2 8 ( 0 8 8 8 4 0 4 3 ( ( A p r i l ........................................ ( 6 4 6 ( 0 6 2 2 ( 9 , 6 2 0 ,7 \ 2 3 — — 2 4 ( 7 4 4 3 4 7 8 6 4 — M a i ............................... ( 5 ( 4 ( ( 0 3 2 2 0 , 4 2 0 ,7 2 — \ 2 2 0 2 0 ( 0 \o \o 5( 3 7 3 — J u n i ............................... ( 5 0 5 9 6 ( 8 ( 7 , 8 2 0 ,7 — 4 2 — ( 2 3 8 6 5 4 9 3 3 5 ( 3 » K ........................................ ( 4 8 7 ( 2 5 4 7 2 3 , ( 2 0 ,7 — 4 — 2 — ( 8 9 — 2 0 19 6 9 3 . 3 9 3 A u g u s t ......................... ( 5 2 4 ( 4 4 6 6 2 6 ,7 2 0 ,7 — — — — > 2 6 8 4 3 2 8 2 8 6 4 2 5 7 ( S ep tem b er . . . . ( 47 4 9 2 2 7 ( 7 , 0 2 0 ,7 —— — 2 — ( 2 8 ( 6 8 8 5 3 ( 3 9 ( (D fto b c r ......................... ( 5 2 6 95 2 7 ( 7 , 6 2 0 ,7 3 3 \ — (9 ( 2 5 5 50 ( 6 9 — N ovem ber . . . . ( 2 6 6 ( 0 0 29 (8 ,5 2 0 ,7 1 3 2 3 — — ( 3 (4 2 2 2 49 4 56 ( D ezem ber . . . . ( 2 2 5 ( ( S 3 2 2 ( , 9 2 0 ,7 5 0 2 — 2 (6 ( ( 3 — — 5 2 2 3 5 ( I m ganzen J a h r . ( 749 5 6 ( 264 3 6 0 ( 7 , 8 4 2 0 ,7 49 1 6 18 6 > 2 4 4 I ( 4 6 ! \o\ 94 9 2 6 ( 9 1 3 7 5 7 3 9
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/chronik/HF_sections/content/ZZmmyhVt4REPNM/10_Dq1_Karl_Chronik_1887.pdf
G E S T A L T U N G S B E I R A T K A R L S R U H E 20 1220 12 –2022–2022 Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt G E S T A L T U N G S B E I R A T K A R L S R U H E Der Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe hat die Aufgabe, die ihm vorgelegten Bauvorhaben im Hinblick auf ihre städtebauliche, architektonische und gestalterische Qualität zu prüfen und ihre Auswirkung auf das Stadt- und Landschaftsbild zu beurteilen. Er unterstützt als unabhängiges Sach- verständigengremium den Oberbürgermeister, den Baudezernenten, den Gemeinderat und die Ver- waltung in Fragen der Architektur und des Stadtbil- des, der Freiraumgestaltung und der Stadtplanung. In öffentlichen Diskussionen begleitet der Gestal- tungsbeirat in einer kritischen, fachorientierten Auseinandersetzung die Planungsprozesse in der Stadt Karlsruhe. Seine Empfehlungen sind wesent- liches Instrument zur Weiterentwicklung der Bau- kultur in unserer Stadt. Die in der Regel öffentli- chen Sitzungen des Gestaltungsbeirats sind Basis eines gemeinsamen Dialogs um die Bedeutung und die Qualität von guter Architektur und zukunfts- weisendem Städtebau auch in Hinblick auf die Fra- gestellungen Soziale Stadt, Ressourcenverbrauch, Klimaschutz und Klimaanpassung, Energie, Mobili- tät und Inklusion. (aus der Präambel der Neufassung der Geschäftsordnung des Gestaltungsbeirats der Stadt Karlsruhe (Oktober 2022)) Die zum 15-jährigen Bestehen des Gestaltungs- beirats Karlsruhe veröffentlichte Broschüre gibt Einblicke über die Tätigkeit und die Bedeutung des Gestaltungsbeirats, über die Qualität der im Gestaltungsbeirat behandelten Projekte und der im gemeinsamen Dialog entwickelten Empfehlungen - verbunden mit der herzlichen Einladung, an den ab 2024 öffentlich stattfindenden Sitzungen Projekte zu präsentieren und zu diskutieren. Diskurs Beratung Baukultur Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 Inhalt Vorwort S. 6 Gestaltungs beirat Karlsruhe Essays S. 8 Ausgewählte Projekte 2012–2022 S. 18 Gestaltungs beirat S. 154 Fakten und Zahlen S. 166 Projektübersicht S. 168 Geschäfts ordnung S. 172 6 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 Wer an der Gestalt einer Stadt arbeitet, trägt hohe Verantwortung. Warum? Weil jedes Bauwerk in seiner Wirkung einen Teil der Stadt prägt und zukünf tigen Generationen ein historisches Erbe, aber auch rahmensetzenden Lebensraum hinterlässt. In der Gestalt einer Stadt spiegeln sich so immer auch die Wertvor- stellungen einer Gesellschaft. Wir haben also gemeinsam die Aufgabe, mit jedem neuen Bauwerk der Stadt einen Mehrwert zu erarbeiten. Unsere baukul- turelle Frage lautet daher: Welchen wertvollen Beitrag leistet ein Baupro jekt über seine eigentliche Aufgabe hinaus für die Gesellschaft? Der Gestaltungsbei - rat der Stadt Karlsruhe setzt an dieser Frage an und bietet ein Dialogformat exzellenter Fachexpertise verbunden mit einer partnerschaftlichen Beratung. Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Gestaltungsbeirats der Stadt Karlsruhe (2007–2022) blicken wir mit dieser Broschüre auf einige exemplarische Projekte des letzten Jahrzehnts. Die anspruchsvollen Ergebnisse sprechen für sich. Mit großer Dankbarkeit sehen wir die Errungenschaften einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen unseren Bauherren, den planenden Archi tekten, unserer Kommunalpolitik, den Fachexperten unseres Gestaltungsbeirats und der Verwaltung. Unser Dialog war überaus erfolgreich. Gemeinsam haben wir städtebauliche Entwicklungsgeschichte geschrieben, die Lebensqualität vor - angebracht und die Identität Karlsruhes geprägt. Daher gilt mein ausdrücklicher Dank allen beteiligten Akteuren: Den bisherigen Mitgliedern des Gestaltungsbeirats: Vielen Dank für Ihre sehr wertvolle persönliche Zeit, Ihre hochkarätige Fachexpertise, mit der Sie uns bereichert haben und die diplomatische, partnerschaftliche Tonlage, die die Beratungen so konstruktiv geprägt haben. Allen beteiligten Projektarchitekten: Vielen Dank für Ihre Bereitschaft, sich dem Diskurs über gestalterische und inhaltlichen Fragestellungen zu stellen. Das spricht für Ihren Anspruch und Ihre Professionalität! Den bisherigen Bauherren: Vielen Dank, dass Sie sich mit diesem gemeinsamen Weg Ihrer besonderen Verantwortung stellen und Sie mit diesem Engagement die Qualität Karlsruhes entscheidend mit geprägt haben. Vorwort Vorwort | 7 Den Mitgliedern des Gemeinderats und ihrer Vertreter: Vielen Dank, dass Sie mit Ihrem Engagement die Bedeutung dieses baukulturellen Dialogs wür digen und dem Gestaltungsbeirat das politische Gewicht verleihen. Allen Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung und der Geschäftsstelle des Gestaltungsbeirats: Vielen Dank für Ihren wertvollen Einsatz, vielfach damit verbundene Mehrarbeit und alle fachliche Unterstützung dieser großar tigen Projekte. Last but not least dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden- Württemberg: Vielen Dank für Ihre wertvolle Unterstützung und der Förderung der Karlsruher Baukultur, des Gestaltungsbeirats und begleitender Architek- turgespräche. Aber auch allen zukünftigen Bauherren und Architekten, die sich even tuell die Frage stellen, ob sie sich auf unseren sanften Druck hin, diesem baukul tur ellen Dialog stellen sollen: Danke, dass wir auf Sie zählen können. Sie werden es nicht bereuen. Das verspreche ich Ihnen! Für die kommenden Sitzungen des Gestaltungsbeirats haben wir entschieden, die Öffentlichkeit stärker mit in unseren Dialog einzubeziehen. Alle interes- sierten Bürgerinnen und Bürgern sind eingeladen, diesen hochkarätigen Diskurs über die baukulturelle Qualität unserer Stadt live mit zu verfolgen. In Vorfreude auf unseren weiteren so wertvollen Dialog. Ihr Daniel Fluhrer Bürgermeister 8 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 Prof. Dr. Anke Karmann-Woessner Forderung nach Baukultur … und nun? Nicht nur die Stiftung Baukultur, der Bund Deutscher Architekten, die Davos Deklaration, die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, der Koalitionsvertrag Baden-Württem- berg 2021 fordern die besondere Berück- sichtigung der baukulturellen Aspekte für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung. Das vermutlich bahnbrechende der Davos Deklaration ist weniger der Versuch der Mess- barkeit als vielmehr die Tatsache, dass Kri - terien wie beauty, sense of place oder diversi- ty gleichberechtigt neben functionality und economy stehen. »Die Deklaration der europäischen Kul - turminister umfasst den kompletten Gebäu - de bestand, öffentliche Plätze und Infrastruk tu - ren ebenso wie die Prozesse der Bauplanung und -realisierung und handwerklichen Tech ni- ken. Die Vertreter der europäischen Länder verpflichten sich, die Werte von Baukultur und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Gewinn in Politik und Öffentlichkeit zu tragen. Sie beabsichtigen ferner, Maßnahmen zur Umsetzung von Baukultur zu unterstützen und darauf hinzuwirken, dass Baukultur noch stärker zum Thema politischer Gestaltung der Zukunft wird.« (Quelle: www.archijeunes.ch/ article/in-der-vernehmlassung-davos-quality- system) Auf kommunaler Ebene leistet der Gestal - tungsbeirat aus externen Experten der unter- schiedlichen Fachrichtungen Städtebau, Archi - tektur und Landschaftsarchitektur hier - zu einen entscheidenden Beitrag. Der Gestal- tungsbeirat unterstützt die Stadt Karlsruhe als unabhängiges beratendes Sachverstän di- gengremium, er beurteilt die Qualität von Bauvorhaben und Projekten und spricht seine Empfehlungen aus. Mit der Diskussion der zahlreichen aktuellen Projekte entsteht frühzei - tig Transparenz in einem für alle Beteiligten, für die Stadt und für das Quartier wichtigen Entwurfsprozess und die große Chance der konstruktiv kritischen Unterstützung bei der Projektentwicklung. Dennoch erleben wir auch verhaltene Reaktionen der Architekten und Investoren. In der Mehrzahl wird die Vorstellung im Ge- staltungsbeirat als Chance für eine funktional- gestal terische und wirtschaftlich effiziente Lösungsfindung genutzt. Empfehlungen, die nicht nur gestal te - rische Gesichtspunkte betreffen, sondern in einem gesamtheitlichen Ansatz wirtschaft- liche Interessen, ökologische Kriterien, Kli- maschutz und den städtebaulichen Kontext für das geplante Vorhaben berücksichtigen, führen zu einem äußerst positiven Aus tausch. Gestaltungsbeirat Karlsruhe Essays Essays | 9 Wir erleben, dass die Qualität von architek toni - schen und städtebaulichen Lösungen über die Gespräche im Gestaltungsbeirat für viele Akteure nachvollziehbar und zugänglich wird. Investoren und deren Architekten folgen in der Mehrzahl den Empfehlungen des Beirats, ohne dass dieser mit normativen Ent- scheidungsbefugnissen ausgestattet wäre. Wenige Beispiele zeigen aber auch die Grenzen der Beratung auf. Besonders ärgerlich ist es dann, wenn in mehreren Terminen keine Ergeb - nisse erzielt werden können und aufgrund der planungsrechtlichen Situation keine Ein- flussmöglichkeit auf die Baugenehmigung mehr besteht. Entscheidende Voraussetzungen für das Gelingen ist daher eine gute fachliche und kollegiale Gesprächs- und Diskussionskultur in den Terminen, aber auch die Ortskenntnis der Mitglieder. Auch die Frage, welche Projekte dem Beirat zu welchem Zeitpunkt vorgelegt werden sollen, wird immer wieder diskutiert. Prinzipiell gibt es keine Einschränkungen hin sichtlich Größe und Art der Bauaufgabe: Der Discounter und die Fassadengestaltung, Erweiterungs- und Neubauten bis zum Büro- bau eines Projektentwicklers. Jedes Bau - werk hat einen – wenn auch unterschiedlichen – Einfluss auf das Bild der Stadt Karlsruhe. Baukultur ist Lebensqualität. Je besser und nachhaltiger unsere gebaute Umwelt gestaltet ist, desto wohler fühlen wir uns in ihr. Die gebaute Umwelt macht die Identität der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt aus, mehr denn je wird sie wahrgenommen… verstärkt durch die Erfahrungen während der Corona-Krise. Ich wünsche mir, dass immer mehr Vorhabenträger einer öffentlichen Dis kussion ihrer Projekte zustimmen und damit einen baukulturellen Beitrag einerseits für transparente Entscheidungskriterien und -wege ermöglichen und andererseits die Qualität von Architektur aktiv unterstützen. Gerade in einer Stadt, die traditionell mit der barocken Planstadt, dem größten klassizistischen Marktplatz-Ensemble in Europa, der Garten- stadt, der Bauhaussiedlung und vielen an - deren Beispielen für die jeweiligen aktuellen städtebaulichen Leitbilder sich immer der Diskussion um Architekturqualität und aktuel- len städtebaulichen Leitbildern gestellt hat, als Herausforderung und große Chance. Prof. Zvonko Turkali »Schöne Architektur macht glücklich« Im Jahr 2008 hat der britisch-schweizerische Philosoph und Autor Alain de Botton das Buch »Glück und Architektur« veröffentlicht. Darin beschäftigt er sich mit den Auswir- kungen von Architektur und städtischen Räu - men auf das menschliche Empfinden und geht dem Zusammenhang zwischen Glück und Architektur nach. In einem im Magazin Der Spiegel erschienenen Interview zum Buch stellt de Botton heraus, dass Architektur sogar einen genauso großen Einfluss auf die Laune des Menschen hat wie das Wetter: »Ein kalter Regenguss oder ein grauer Betonklotz können unsere Stimmung ruinieren. Häuser haben eine Ausstrahlung!« Denkt man die The - se von Alain de Botton weiter, so müsste man zu dem Schluss kommen, dass die Bewoh - nerinnen und Bewohner der Stadt Karlsruhe glückliche Menschen sind. Die Stadt mit rund 300.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zählt zu den jüngeren und zugleich schöneren Orten unserer Republik. Die Lebensqualität in Karlsruhe ist hoch, die Stadt ist großzügig angelegt, die Wirtschaft floriert. Die Identi- fikation der Karlsruherinnen und Karlsruher mit ihrer Stadt ist stark ausgeprägt, bauliche Veränderungen jeglicher Art werden präzise beobachtet. Vielleicht ist das große Interesse der Bevölkerung an ihrer eigenen Stadt sowie das Bewusstsein der Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger für die Bedeutung 10 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 attraktiver Architektur und Freiräume der Grund für die Einrichtung eines Gestaltungsbeirats gewesen. Wie auch immer – Karlsruhe hat sich lange vor anderen in Größe vergleichbaren Städten für die Einrichtung eines Gremiums entschieden, das sowohl die Bauherrinnen und Bauherren und Architektinnen und Archi- tekten als auch die städtische Verwaltung und die Politik in architektonischen Fragen berät. Die Besonderheit des Karlsruher Gestaltungs- beirats bestand von Beginn an darin, dass die Beiratsmitglieder nicht aus Karlsruhe kom - men sowie für einen bestimmten Zeitraum auch nicht in Karlsruhe bauen durften. Für die innere Hygiene aller Beteiligten war dies eine kluge Entscheidung! Die Beratung in einem Gestaltungsbeirat führt nicht unbedingt zu einer überdurch- schnittlichen Architektur. Hierfür sind andere Instrumentarien, beispielsweise Architektur- wettbewerbe, geeigneter. Dennoch: Meine Ein - drücke im Karlsruher Gestaltungsbeirat sind durchweg positiv. Ich bin überzeugt davon, dass jedes, wirklich jedes im Karlsruher Beirat diskutierte Projekt eine Qualitätssteigerung erfahren hat. Einer der Gründe ist, dass durch die Vorstellung eines Projektes im Gestal- tungsbeirat die Erwartung an dessen Architek - turqualität im frühen Entwicklungsstadium erhöht wird, ganz nach dem Motto: »Architek- tur ist wichtig, also lass uns darüber reden«. Und nicht etwa: »Erst bauen wir mal und dann schauen wir mal!« Ein weiterer Grund: Die Gespräche über die Projekte finden in einer entspannten At - mosphäre statt und die daraus resultierenden Fragen sind für alle Beteiligten von Interesse, etwa »Wie groß oder wie hoch sollte ein neu- es Gebäude sein, damit es gut eingefügt ist und sich den Nachbarhäusern gegenüber ange- messen und maßvoll verhält? Welche gestal- terischen Prinzipien sind im Umfeld erkenn - bar und was könnte der Ausdruck des projektier - ten Hauses sein? Aus welchen Materialien soll ein Neubau gebaut werden, damit er dauer - haft einen Beitrag zum klimagerechten Bauen leistet? Wie können schöne Bestandsbauten saniert werden, ohne dass ihr Charakter verlo- ren geht? Und wie entsteht ein nachhaltig schöner Stadtraum im Ensemble von Alt und Neu und von Haus, Garten und Platz?« Die Erörterung solcher und ähnlicher Fragestellun- gen und die Suche nach angemessenen Antworten unterstreicht die gemeinsame Ver - antwortung für die gebaute Umwelt. Und last but not least wird durch die Behandlung eines Projektes im Gestaltungsbei - rat das öffentliche Interesse an baulichen Aktivitäten gesteigert. Eines der wesentlichen Ziele eines Gestaltungsbeirats ist es, den Dialog über die Bedeutung und Gestalt von Architektur im Zusammenspiel mit Stadt und Landschaftsraum in der Öffentlichkeit zu kultivieren. Dieses Anliegen sollte er auch in Zukunft intensiv verfolgen. Bei der letzten Erhebung zur Lebenszufriedenheit der deutschen Bevölkerung – dem so genannten »Glücks atlas« der Deutschen Post – hat Karlsruhe samt Region erneut einen der Spit- zenränge belegt. Sicherlich hat auch die Architektur ihren Einfluss auf die Umfrage gehabt. Denn, um nochmal auf Alain de Bottons These zurück zu kommen: »Schöne Architektur macht glücklich. Sie bereitet Freude.« Den Menschen eine Freude durch Architektur zu bereiten, ist letztendlich die höchste Auszeichnung für die Architektur selbst. Prof. Martin Haas Mensch und Architektur Eine Baukultur im Wandel Unsere Welt ist im Wandel. Der steigende Wohl - stand einer wachsenden Anzahl Menschen führt zu einem sprunghaften Verbrauch unserer Ressourcen. Erste Erfolge durch eine verbesser - te Effizienz oder durch den Einsatz neuer Technologien und nachwachsender Rohstoffe Essays | 11 im Bauen verblassen dabei oft im Angesicht dieses weltweiten Hungers nach Energie und Rohstoffen. Wir werden die Art wie wir mit unseren Gebäuden umgehen ändern müssen, damit zukünftigen Generationen die gleichen Lebensbedingungen ermöglicht werden. Wenn wir erreichen wollen, dass ein Gebäude dauerhaft genutzt wird, um seine Existenz, den Aufwand seiner Errichtung überhaupt zu rechtfertigen, muss es so gut sein, dass es das Leben seiner Nutzer bereichert und einen spürbaren kulturellen Mehrwert liefert, der weit über das Materielle hinaus reicht. Wir haben eine große, gesellschaftliche Verantwortung, denn Architektur formt Netz- werke menschlichen Zusammenlebens. Wir können die Gesellschaft unterstützen, Wege zu finden, damit ein »nachhaltiges« Leben auch ein begehrenswerter Lebensstil wird, indem wir aufzeigen, dass ein Wandel unserer Baukultur zu weniger aber dafür besseren, das heißt in ökologisch-energetischer und sozial-ästhe- tischer Hinsicht qualitätvolleren Gebäuden und damit zu einer höheren Lebensqualität führen kann. Es gilt Mensch, Raum und Umwelt wie- der in Einklang zu bringen. Der Lebensstil einer sozial und digital vernetzen Wissens- und Informationsge- sellschaft hilft diese Ziele zu erreichen. Der Wunsch nach einer gesunden Aufenthalts- qualität gilt gleichermaßen für Beruf und Frei - zeit. Die Digitalisierung ermöglicht vielen Menschen heute die räumliche Entkoppelung von Tätigkeit und Ort und die Individuali- sierung der Gesellschaft erfordert flexiblere Gebäude, um den sich verändernden An sprüchen anzupassen. Die Ressourcen verbrauchende und flä- chenintensive Trennung der Stadt des 20. Jahrhunderts in einzelne Funktionsquar- tiere verliert an Bedeutung. Die Stadt selbst kann als ein in sich stark vernetztes hete - rogenes Gefüge aus unterschiedlichen städtebaulichen und räumlichen Strukturen und wertvollen Biotopen und als ressour- censchonendes und flächeneffizientes Habitat – bestens geeignet für Menschen, Flora und Fauna – verstanden und weiterentwickelt werden! Das Leben in einem dichten Quartier, in dem sich Wohnen, Kultur, Versorgung, Freizeit und Arbeiten überlagern und in direkter Nachbarschaft soziale Synergien entstehen, ist ein begehrenswertes Ziel geworden. Die Auf- enthaltsqualität wird dabei durch viele klei ne, aber wichtige Faktoren bestimmt, welche wir gestalten können und die zusammenwirken: Die Lichtstimmung, der schöne Ausblick, die angenehmen Proportionen, die Materialität und die Qualitäten des Freiraums beeinflussen unser Wohlbefinden. Wir müssen bei der Entwicklung neuer Architekturen daher stetig nach qualitativen Lösungen suchen, die das Leben der Menschen spürbar verbessern, um den Aufwand der Errichtung und dessen Ressourcenverbrauch auch langfristig rechtfer - tigen zu können. Gebäude müssen ganz grundlegende Qualitäten bieten – unabhängig von Trends und Zeitgeist. Sie müssen als Basisstation für eine nachhaltige Lebensweise wirken und die Grundbedürfnisse der Menschen und unserer Umwelt befriedigen! Die Herausforderung des Gestaltungs- beirats ist es, diese Themen in der Debatte um die Projekte zusammen mit Bauherrinnen und Bauherren, Architektinnen und Architekten, Bürgerinnen und Bürgern, Stadträtinnen und Stadträten und Mitarbeitenden der städt- ischen Verwaltung zukünftig noch dezidier - ter als bisher zu diskutieren und den gemeinsa - men Dialog, das Nachdenken und das archi- tektonische Schaffen in der Verknüpfung der ökologisch-energetisch-klimatischen Frage- stellung mit der sozial-ästhetischen Gestaltung unseres Lebens und unserer Umwelt weiter zu befördern. 12 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 Prof. Pascale Richter Bedeutung: Gestaltungsbeirat Aus französischer Sicht ist ein Gremium wie der Gestaltungsbeirat beneidenswert. Es handelt sich dabei um ein sehr gutes Instru- ment für die Erhaltung ebenso wie für die Weiterentwicklung der städtebaulichen, land- schaftlichen und architektonischen Qualität einer Stadt. Ein Gestaltungsbeirat ist aber auch ein Ort der Diskussion und des Austauschs auf Augenhöhe: Man berät, um gemeinsam eine möglichst objektive Empfehlung zu erarbei - ten, unter Berücksichtigung eines hohen Qua - litätsanspruchs und im Bewusstsein der Verantwortung, dass Bauvorhaben ihr Umfeld für die nachfolgenden Jahrzehnte prägen. Der Gestaltungsbeirat ist ein grundle- gend demokratisches Instrument. Neben den ihm angehörenden Architektinnen und Architekten, Landschaftsarchitektinnen und Landschafts architekten nehmen an den Beratungen auch Bauherrinnen und Bauherren, Stadträtinnen und Stadträte, Mitarbeitende der Verwaltung sowie in Zukunft auch Bürge- rinnen und Bürger teil. Dadurch wird dieses Gremium zu einem Ort des Gesprächs, der Diskussion und der Auseinandersetzung um die Architektur der Stadt. Die Darstellung und Beratung der Pro jekte verdeutlichen die Komplexität, die jedem architektonischen, städtebaulichen und landschaftsplanerischen Projekt innewohnt. Die Beratungen ermöglichen den gemein- samen Ideen aus tausch, aus dem alle am Bau- und Planungsprozess der Stadt Beteiligten lernen können. Für eine Stadt bietet ein Gestaltungsbei- rat zudem die Möglichkeit, den wichtigen Stellenwert von Architektur, Stadt- und Natur- raum in der Gesellschaft hervorzuheben und deutlich herauszustellen. Architektur, Stadt- und Raumgestaltung werden seit einigen Jahren im Zusammenhang mit dem neuen Para - digma des Anthropozäns und den unwi- derruflichen Schäden des menschlichen Ein- flusses auf Klima und Artenvielfalt kritisch betrachtet. Bestimmte Überlegungsansätze auf dem Gebiet der Architektur sind dadurch obsolet geworden und müssen neu gedacht werden. Ein Raum der fachlichen Debatte wie der Ge - staltungsbeirat ist daher umso wichtiger, um zukunftsfähige Lösungen zu eruieren. Der Gestaltungsbeirat sorgt auch dafür, die Besonderheiten einer Stadt und ihre Verankerung in ihrem »territoire« zu bewahren. Hierfür setzt er sich nicht nur mit dem Bau- bestand auseinander, sondern mit der Gesamt- heit dessen, was ihre Identität, ihre Gestalt, ihr Licht und ihre Atmosphäre ausmacht. Karlsruhe liegt in der oberrheinischen Tief - ebene und gehört zu der Familie der vom Rhein beeinflussten Städte. Ihre Lage in dem deutsch-französischen Grenzgebiet, in dem naturräumliche Einheiten wie Rheinebene, Schwarzwald und Vogesen aufeinander - treffen, hat die Stadt stark mitgeprägt. In dieser Gegend stehen Natur und Stadt harmonisch nebeneinander und sind gleichermaßen markant. Jedes Projekt muss deshalb das große Ganze berücksichtigen, sowohl die bebauten als auch die unbebauten Flächen: Kein Aspekt, kein Detail darf im Zusammenwirken der land- schaftlichen, städtebaulichen und architek- tonischen Elemente unbeachtet bleiben. Prof. Dr. Frank Lohrberg Schon immer wichtig: Freiraum und Grün in Karlsruhe Karlsruhe ist eine besondere Stadt. 1715 als barocke Planstadt entstanden, steht sie für einen Gestaltungswillen, der von Beginn an Essays | 13 über die Architektur der Gebäude hinausgeht und den Freiraum der Stadt gleichrangig in den Blick nimmt. Wie der Kupferstich von Heinrich Schwarz von 1721 zeigt, ist lediglich das südliche Viertel des Kreisbogens der »Fächerstadt« baulich definiert, der weitaus größere Teil der Residenzstadt besteht aus Parkanlagen und Wäldern. Wir wissen, dass dieser Ansatz einem feudalen Repräsenta- tionsstreben geschuldet ist, er lässt sich aber durchaus auch als Vorläufer eines modernen, grüngeprägten Verständnisses von Stadt interpretieren. Auch wenn sich Karlsruhe seit seiner Grün dung laufend verändert hat – aus der ba - dischen Residenzstadt ist eine international vernetzte, wirtschaftsstarke Bürger- und Wis - sensstadt geworden – so spielt der Freiraum nach wie vor eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Stadt nachhaltig zu ent- wickeln und zu einem attraktiven Standort zu machen. Insofern ist es nur zu begrüßen, dass der Freiraum auch im Gestaltungsbeirat der Stadt seine Stimme hat. Karlsruhe zeigt damit, sich seiner besonderen Geschichte bewusst zu sein, aber auch den zunehmenden Stellen- wert des Freiraums in der Stadtentwicklung erkannt zu haben. Auch wenn ich erst seit zwei Jahren im Gestaltungsbeirat Karlsruhe mitwirken konnte, so kann ich doch von einer Vielzahl von Projekten berichten, die durch die beratende Tätigkeit des Gremiums an Qualität gewon- nen haben – und dies auch in freiraumplaneri- scher Hinsicht. Dabei geht es weniger um den großen Wurf wie einst zur barocken Stadt - gründung – die mittlerweile vielschichtig gewachsene Stadt verlangt vielmehr sensible, ortsspezifische Lösungen, die sich in den Bestand einfügen, ihn wohlwollend interpretie - ren und zukunftsweisend weiterentwickeln. Ein wichtiges Beurteilungskriterium stellt die Frage dar, ob ein vorgelegter Entwurf auch einen Mehrwert für sein Umfeld bietet: wird der öffentliche Raum gestärkt, entstehen beispielsweise neue Wegeverbindungen und damit Möglichkeiten, das Quartier zu erle- ben? Zeigt der Entwurf ein Verständnis für die Geschichte und das kulturelle Erbe eines Ortes: kann sich die Bauaufgabe zum Beispiel in einen gründerzeitlich geprägten Straßen- raum mit großkronigen Alleebäumen und reprä - sentativen Vorgärten angemessen einpassen? Wichtiger als das einzelne Grünelement ist es dabei, in einer integrierten Herangehensweise dafür Sorge zu tragen, dass Gebäude und Freiraum in ihrem Zusammenspiel soziale Orte formulieren, gut geschnittene, nutzbare Gärten beispielsweise, grüne Höfe für die Nach- barschaft oder belebte Straßenräume, die zum Flanieren einladen. Ich bin froh, dass der Gestaltungsbeirat in seinen Erörterungen verstärkt die öko- logische Wirkung von Bebauung in den Blick nimmt. Schließlich ist es der Bausektor, der weltweit fast 40 Prozent der Ressourcen ver - braucht und damit entscheidend zu einem Klimawandel beiträgt, der auch Städte wie Karlsruhe bedroht und sich beispielsweise in einer steigenden Gefahr sommerlicher Über - hitzungen äußert. Gerade »grüne Lösungen« wie das Freihalten von Kaltluftschneisen, die Dach- oder Fassadenbegrünung, die Pflan- zung von Straßenbäumen oder die Nutzung offenporiger Beläge zur Regenwasserversicke- rung werden in Zukunft unverzichtbar werden, um die Städte zu kühlen und gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu garan- tieren. Diese Maßnahmen stehen mitunter im Widerspruch zu überkommenen Architek- turauffassungen, insbesondere dann, wenn sie nicht von Beginn an in den Entwurf integriert, sondern nachträglich adaptiert werden. In dieser Thematik erwarte ich spannende, sicherlich auch kontroverse Diskussionen. Welchen Niederschlag eine klimagerech- te, »postfossile« Gestaltung auch in Karlsruhe im Einzelnen finden wird, ist sicherlich noch offen – für mich steht aber außer Frage, dass der Gestaltungsbeirat ein guter Ort ist, um sol- cherlei Fragen in konstruktiver Atmosphäre zu beantworten und die Baukultur der Stadt damit auch in den kommenden Jahren zu berei - chern. Ich wünsche mir, diese Diskussionen 14 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 noch stärker als bisher in die Öffentlichkeit zu tragen. Das Ringen um die beste architek- tonische Lösung ist ein wissensbasierter, gleichwohl demokratischer Prozess, an dem möglichst viele Bewohnerinnen und Be wohner einer Stadt partizipieren sollten. Dipl.-Ing. Markus Müller Mitschreiben an der Stadtgeschichte Städte sind gebaute Geschichte, buchstäblich manifestiertes Selbstverständnis seiner Bewohnerinnen und Bewohner, das sich über die Jahrhunderte entwickelt hat. Der Karls- ruher Universitätslehrer Georg Vrachliotis hat dies im Katalog zur Ausstellung »Friedrich Weinbrenner 1766–1826. Architektur und Städtebau des Klassizismus« (2015) so formu- liert: »Als eine der zentralen Denk- und Wissensformen unserer Gesellschaft fungiert Architektur als kulturelles Gedächtnis von Erfahrungen, Ereignissen und Erkenntnissen, als Ort des kollektiven Überlieferns und persönlichen Erinnerns«. An wenigen Städten wird dies so deutlich wie an Karlsruhe. Die stadtgestalterische Frage, welche Relevanz diese Erkenntnis für den Planungsall- tag haben muss, ist – je konkreter über Projekte zu entscheiden ist – anspruchsvoll. Widerspricht nicht das Weltverständnis des Absolutismus, das dem Idealplan der Fächer- stadt zu Grunde liegt, unserem pluralisti - schen und demokratischen Gesellschaftsbild? Teilen wir heute noch die idealistischen Vorstellungen, mit denen Friedrich Weinbren- ner Karlsruhe zu einer der klassizistischen Vorzeigestädte in Deutschland entwickelt hat? Ist der Fortschrittsglaube der Moderne, wie er von Walter Gropius im Dammerstock übersetzt wurde, heute noch kritiklos zu akzeptieren? Die Beispiele machen offensichtlich, dass in unterschiedlichen Epochen – selbst, im vergleichsweise jungen Karlsruhe – großartige Beiträge zur Stadtgestaltung entstanden sind, die die Identität der Stadt bis heute prägen. In ihrer Unterschiedlichkeit ist ihnen die Exzel- lenz gemeinsam, das Vermögen Ihrer Architek - ten, den Geist der Zeit in Städtebau und Architektur zu übersetzen. Auch wenn nicht unmittelbar zu erwarten: sie waren auch Produkt intensiver Debatten darüber, wie diese Übersetzungsleistung zu bewerkstelligen sei. Natürlich erscheinen die Positionen im Rück- blick klar und von geradezu ikonischer Be - deutung. In Wahrheit ist Weinbrenners Architek - tur, wie das die oben zitierte Ausstellung gezeigt hat, über Jahre geradezu diskursiv entwickelt. Walter Gropius hat den Dammer- stock gerade nicht in alleiniger Autorenschaft errichtet, sondern im Sinne einer Bauaus- stellung für die Interpretation anderer geöffnet. »Stadt« ist aber mehr, als diese ideal- typischen, weitgehend homogenen Stadt-Bau- steine. Industrialisierung und Entwicklung der Mobilität haben das Erscheinungsbild Karls- ruhes vielerorts deutlich nachhaltiger geprägt. Deshalb ist es offensichtlich falsch, Städte pauschal ästhetisieren zu wollen. Dagegen steht eine Dynamik, die Entwicklungsoptionen notwendig macht. Flexibilität und städtebauli- che Ordnung als Grundvoraussetzung für Identität sind Antipoden einer zeitgemäßen Stadtplanung. Wir wissen, dass »Stadt« nicht nur gebaut ist, sondern gerade auch das dezidiert nicht Gebaute umfasst – den Freiraum. Bereits der Fächerplan gliedert die Wälder nördlich des Schlosses. Die »Via Triumphalis« lenkt den Blick auf die Hügel des Schwarz- waldes. Dichte ist grausam, wenn der qualifi- zierte Freiraum nicht mitgedacht wird. In Zeiten des Klimawandels wird seine Bedeutung für die Lebensqualität unübersehbar. Für die heutige Stadtplanung und Architektur gilt, diese Komplexitäten neu zu verarbeiten. Weil diese Fragestellungen in Karlsruhe überall präsent sind, ist die Arbeit im Gestal- tungsbeirat so besonders: Stadt als gesellschaft- Essays | 15 liches Manifest und Gedächtnis, als dynamisches Phänomen, als Wohnort und Lebensraum. Nicht überall ist das Spannungsfeld so ambiti- oniert. Der Gestaltungsbeirat kann diese Fragen nur fragmentarisch beantworten, am konkreten Projekt. Trotzdem ist er ein Ort, an dem in einem weiteren Kontext gedacht werden muss, er ist ein Instrument, die Stadtgesellschaft in der Entwicklung ihrer Haltung zum Heute zu beraten. Wir leben in einer Zeit, in der die epochale Bedeutung unserer Entscheidungen wieder deutlich wird. Aktuell wird verstanden, dass es nicht egal ist, welche Qualität ein Gebäude hat, welche Probleme es aufwirft und welche es löst. Aus architektonischer und städtebaulicher Sicht ist der Gestaltungsbeirat ein Baustein eines qualifizierten Gestaltungsprozesses, der versucht, dieser Bedeutung gerecht zu werden. Dipl.-Ing. Wolfgang Riehle Die Stadt muss schön sein! Der Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe wurde im Jahr 2007 gegründet und hat bis zum Jahresende 2022 bereits 66 mal getagt. Im Jahr seiner Gründung entstand ein Leitdoku- ment für die Stadtentwicklung, das von 27 in Europa für Stadtentwicklung zuständigen Ministerinnen und Ministern mit dem Titel »Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäschen Stadt« erarbeitet und verabschiedet wur de. Eines ihrer Kernpostulate lautet: »Die Stadt muss schön sein… Baukultur ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit. Baukultur gibt Im pulse für Wachstum – in Zeiten, in denen es über - all Alles gibt, werden bauliche Qualitäten zu strukturpolitischen Instrumenten.« Die Königsdisziplin zur Qualitätssicherung beim Planen und Bauen ist zweifellos das Wettbewerbswesen, denn es ist ein großes Privi - leg, aus einer größeren Anzahl von Beiträgen für ein und dieselbe Bauaufgabe die am jewei- ligen Ort geeignetste auswählen zu können. Nicht alle Bauaufgaben können aber über Wett - bewerbe oder Planungskonkurrenzen realisiert werden – die Gründe dafür sind vielfältig. Um aber auch Bauprojekten, die nicht unter Konkurrenzbedingungen geplant wurden, eine Qualitätssicherung zuteilwerden zu lassen, wurden inzwischen in vielen Städten Gestal- tungsbeiräte eingerichtet – und dies aus gutem Grund: »Alles Bauen ist eine öffentliche An gelegenheit« titelte der Architekturkritiker Manfred Sack in seinen »Reflektionen über Architektur und Moral«. Und: »Wer ein Haus baut, baut es gewiss für sich oder seine Firma, gleich, ob er darin wohnt, sich damit prä- sentiert oder damit Geld verdienen will, aber: es existiert vor den Augen Vieler, die es sich meist gar nicht gewünscht haben.« Auch die allerprivateste architektonische Angelegenheit ist eben nicht nur Sache des jeweiligen Bau- herrn, sondern immer auch Sache der Öffentlich- keit – und genau hieraus leitet sich die Legi- timation von Beratungsgremien ab, die für die Qualitätssicherung (oder besser noch für die Qualitätssteigerung) in Architektur und Stadt- planung eingerichtet werden. Gestaltungsbeiräte äußern sich kon - struk tiv-kritisch zu städtebaulichen und baukünstlerischen Fragen, die für die Erhal- tung oder weitere Gestaltung des Stadtbil- des von erheblichem Einfluss sind. Stadtbild prägende Projekte, die nicht über einen Wettbewerb entschieden wurden, werden damit von einem interdisziplinär zusammen- gesetzten Gremium aus externen Archi- tekteninnen und Archi tekten, Stadtplanerin- nen und Stadtplanern, Landschaftsarchi- tektinnen und Landschaftsarchitekten beraten. Wo erforderlich tagt der Gestaltungsbeirat nicht-öffentlich, in der Regel aber sollte sein Diskurs im Benehmen mit Planerinnen und Planern und ihren Auftraggeberinnen und Auftraggebern öffentlich sein, um jener Trans- parenz im Planungsgeschehen Rechnung zu tragen, die von der Öffentlichkeit in zuneh- mendem Maße eingefordert wird und die 16 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 unserer gebau ten Umwelt schon immer geschuldet war. Gestaltungsbeiräte werden dadurch zu einem hilfreichen Instrument im demokrati- schen Spiel der Kräfte – denn bei aller persön- lichen Verantwortung der unterschiedlichen Projektbeteiligten ist festzustellen, dass baukul- turelle Verklärung beim Bauen eher eine Seltenheit ist. Es geht immer auch um Werte, um wirtschaftliche Interessen, um Renditen, Vermarktungschancen und -risiken. Hier ist unabhängiger Rat wichtig, der Verträglichkeit und Vertretbarkeit von Baumaßnahmen hinterfragt und der keinesfalls aus Opportuni- tätsgesichtspunkten von Einzelinteressen unterlegt sein darf. Selbstverständlich soll ein solches Beratungsgremium nicht selbst Ent- scheidungen fällen, sondern es muss die demo - kratisch gewählten Entscheidungsträger durch fundierte, d. h. wohlbegründete Bera- tung von der Richtigkeit seiner Empfehlun- gen überzeugen. Dies setzt ein hohes Maß an Gesprächskultur, Diplomatie und Disziplin voraus, denn sich öffentlich der Kritik zu stellen, ist für Auftraggeberinnen und Auftrag - geber und ihre Architektinnen und Archi- tekten eine große Herausforderung. Immer - hin geht es letztlich auch um Architektur- vermittlung gegenüber einer breiten Öffent- lichkeit und damit um die Bewusstseinsbil- dung für anspruchsvolle Architektur und für eine lebenswerte und werthaltige Umwelt. Prof. Anett-Maud Joppien Wandel als Selbstverständnis Aus »Architektonisches Lehrbuch von Friedrich Weinbrenner, Grosherzogl. Badischer Ober- baudirektor«, 1811: »…wie wichtig, für den Staat und die Individuen, die ächte Bildung des Baumeisters sey. Bei Aufführung des ein- fachsten Bauerhauses, wie des grössten Pracht - gebäudes, ist Er die Seele des Baues, der Geist, der das Ganze, bis in die kleinsten Theile, forschend und ordnend durchdringen muss… Enkel und Urenkel ernten, wo er säete« Nach fast zehnjähriger Pause begann in 2021 meine zweite Amtszeit im Gestaltungs- beirat der Stadt Karlsruhe – eine freudige Rück - kehr und Entdeckungsreise des Wandels. Karlsruhe beschreibt sich selbst als eine »Stadt in Bewegung«. Wandel und stete Transfor- mation begleiten die Entwicklung der Stadt, schreiben ihre Identität fort und stehen im Einklang mit ihrem baukulturellen Erbe, die das Bild und die Seele der Stadt prägen. Schon das beeindruckende Werk Friedrich Weinbren- ners, bedeutender Sohn der Stadt, reflektiert das Ergebnis eines tiefgreifenden Wandels der kleinen markgräflichen Residenz in die Haupt- stadt des Landes Baden, ab 1806 sogar in ein Großherzogtum und deutschen Mittelstaat, mit einer geregelten Stadtplanung und sig- nifikanten öffentlichen und privaten Baupro- jekten. Egon Eiermann etablierte nach dem Zwei - ten Weltkrieg an der TH Karlsruhe, im Ursprung die älteste Technische Hochschule Deutschlands, dem heutigen Karlsruher Institut für Technologie, seine Schule der mo - dernen Architektur über fast ein Viertel- jahrhundert lang. Als einer der bedeutendsten Architekten der Nachkriegsmoderne in Deutschland baute er gemeinsam mit Sep Ruf u.a. den Deutschen Pavillon auf der Brüsseler Expo 1958. Dessen Transparenz und Filigra- nität manifestiert einen architektonischen Ausdruck für die junge Demokratie Deutsch- lands. Auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe spiegelt als finale und weichen- stellende Instanz der Gerichtsbarkeit die Dynamik rechtlich relevanter Themen unserer Demokratie und reflektiert die Entwicklungs- fähigkeit unserer Rechtsordnung. Karlsruhe steht so im Fokus vielfältiger Wandlungen und bestätigt, dass die Stadt aus der Position der Kontinuität heraus verantwortlich und wegwei - send für relevante Zukunftsthemen eintritt. Essays | 17 Der Gestaltungsbeirat schöpft aus diesem Selbstverständnis und möchte in diesem Sinne die Synergie zwischen Baukultur und Nach- haltigkeit gestalten und aktiv dazu beitragen wie die vielfältigen Herausforderungen im Sinne des Potenzials der Stadt in zukunftsorien - tierten Entwicklungen münden können. Dies betrifft u.a. die tiefgreifenden Wandlungen durch die pandemische C*19-Erfahrung, den fortschreitenden Klimawandel, den global nachweisbaren Verlust von Biodiversität und notwendige Resilienzmodelle, die unsere gewohnten Komfortzonen aufbrechen. Unsere Herausforderung wie Chance liegt in einem Umdenken, in der Infragestellung traditioneller Herangehensweisen bei der Bewertung von Projekten. Es werfen sich dabei konkrete Fragen auf, die intensiv diskutiert werden sollten: Entwickelt sich aus diesen Transformati- onen eine neue Ästhetik der Stadt, in der Architektur? Wie kann die Qualität öffentlicher Räume im Sinne gesellschaftlicher Transpa- renz, Solidarität, Klima, innovativer Mobilität, Gesundheit und Gleichstellung vorange- trieben werden? Architektur und Städtebau als kreative, aber auch soziale und somit gesellschafts- politische Disziplinen fordern im Kontext von Wandel unsere Verantwortung für neue, experimentelle Lösungen. Damit sind weitere Fragestellungen verbunden: Wie kann es uns als Gestaltungsbeirat gemeinsam mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren u.a. der Stadtgesellschaft, der Kolleginnenschaft, den politischen Vertre- terinnen und Vertretern und den Verant- wortlichen in der städtischen Verwaltung zukünftig gelingen, die wichtigsten Zukunfts- themen der Stadt zu identifizieren, um Weichenstellungen für die notwendigen Trans - formationen vorzubereiten? Unser Gremium ist daher sehr an neuen Perspektiven und Informationen interessiert, möchte sich mit anderen Positionen bewusst auseinandersetzen, wohlwissend, dass nur ein gesellschaftlicher und interdisziplinärer Dialog wirksam Problemlösungen antreiben kann. Die Erkenntnis, dass viele Dinge, aber auch Menschen, Habitate, Religionen und Kulturen unveränderlich erscheinen, weil sich der Wandel nur langsam vollzieht, sollte uns dabei nicht ungeduldig stimmen, denn auch langsame Veränderungen führen all- mählich zu einem durchgreifenden Wandel. Der Gestaltungsbeirat möchte sich in der gemeinsamen Diskussion aller Beteiligten über die Projekte für die Idee öffnen, dass sich die heutige Kultur gegenüber der gestrigen und morgigen transformieren wird und ange - sichts globaler Megathemen auch verändern muss. Das erfordert unser aller Mut zu Ex - periment und Offenheit nicht nur auf die eige - nen Perspektiven zu fokussieren und nach Übereinstimmung mit anderen zu suchen, sondern sich bewusst mit anderen Ideen und Perspektiven auseinanderzusetzen. Wir möchten daher die Chance nutzen, auch über noch so kleine Projekte intensiv zu diskutieren, deren Entwicklung zu fördern und im Idealfall »Best Cases« auf den Weg zu bringen, die über die Grenzen der Stadt Karlsruhe hinaus inspirieren und bewegen. Ausgewählte Projekte 2012–2022 20 | Ausgewählte Projekte 2012–2022 Projektübersicht und Lageplan Wohngebäude 1 Ehemalige Artilleriekaserne Nordweststadt S. 22 2 Ehemaliges Franz-Rohde-Haus Weststadt S. 30 3 August-Klingler-Areal Daxlanden S. 38 4 Kleinseeäcker Oberreut S. 46 5 Neubau Am Fasanengarten Oststadt S. 54 Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser 6 Karlstraße 26 Innenstadt West S. 60 7 Saturn-Fassade Innenstadt-West S. 66 8 Kronenstraße 24 Innenstadt-Ost S. 72 9 Peek & Cloppenburg Innenstadt-West S. 76 Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter 10 Seniorenwohnen Kochstraße 2 Innenstadt-West S. 86 11 Gemeinsam Leben Waldstadt S. 92 Büro, Dienstleistung und Verwaltung 12 IWKA-Gelände Südweststadt S. 100 13 Hoepfner Think Tank Oststadt S. 108 14 Vector Campus Karlsruhe Rintheim S. 114 Kita, Schule, Universität, Sport 15 element-i-Bildungshaus Rintheim S. 120 16 Sportgebäude TG Neureut Neureut S. 128 Kliniken 17 Städtisches Klinikum Nordweststadt S. 136 Städtische Planungen 18 Oberflächengestaltung Marktplatz Innenstadt S. 146 59 122 3 4 Nordweststadt Weststadt Daxlanden Neureut Südweststadt Innenstadt-West Oberreut Durlach Oststadt Waldstadt 8 10 14 7 15 16 1 13 510 132 3 4 8 11 15 7 16 17 1 18 14 9 6 12 22 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Ehemalige Artilleriekaserne Wohnungsbau 1 BauortKußmaulstraße 3–13, Nordweststadt Bauherrin GEM Ingenieurgesellschaft mbH Projektmanagement, Karlsruhe Planverfasser in kleyer, koblitz, letzel, freivogel Gesellschaft von Architekten GmbH, Berlin Status Gestaltungsbeirat 10–2014 Fertigstellung 2019 Empfehlung Oktober 2014 Der städtebauliche und architektonische Umgang mit denkmalgeschützter Substanz in Städten wird immer wichtiger. Eine wirklich qualitätsvolle Verdichtung kann daher auch als Chance gesehen werden. Für die ehemalige Artilleriekaserne […] wurde eine sogenannte Planungswerkstatt durchgeführt, bei der der Siegerentwurf [der Planungsgemeinschaft MESS / MGF Architekten] für jeden der drei vorhan- denen Höfe jeweils ein zusätzliches Solitärgebäude mit unterschiedlichen Dimensionen vorschlug. Die- ser Ansatz ist gut nachvollziehbar. Aus diesem Ent- wurf wurde anschließend ein städtebaulicher Rah- menplan entwickelt, der wiederum die Grundlage für eine Mehrfachbeauftragung für den sogenann- ten Wohnhof bildete. Das vorliegende Projekt mit 29 m Höhe und 28 m Seitenlänge ist ein mächtiges Gebäude. Es war daher für den Gestaltungsbeirat nicht leicht, diesem Volumen zuzustimmen, wobei den Mitgliedern des Beirates es sehr bewusst ist, dass auf Grund der Bodenknappheit die Städte dichter bebaut werden müssen. Den Ausschlag für die Zustimmung, hat die sehr gute architektonische Gestaltung gegeben. Es ist nachvollziehbar, dass die Grundrisse und damit die Wohnqualität gewinnen, wenn die Grundfläche vergrößert wird. Die Zonierung des Grundrisses ist sehr gut überlegt. Im Erdgeschoß und 1. Ober- Zum Projekt Das Areal der ehemaligen Artilleriekaserne ist im Norden durch drei unterschiedliche Höfe, die zum großen Teil mit ihren Freiflächen unter Denkmal- schutz stehen, geprägt. Im Süden schließt sich ent- lang der Moltkestraße und im Osten entlang der Kußmaulstraße eine straßenbegleitende Bebauung an, die ebenfalls weitgehend unter Denkmalschutz steht. Entsprechend dem für das Gebiet vorliegen- den Rahmenplan der Planungsgemeinschaft MESS / MGF Architekten ist vorgesehen, jeden Hof durch jeweils ein Solitärgebäude unterschiedlicher Kubatur zu ergänzen, sowie die Bebauung ent - lang der Kußmaulstraße ebenfalls durch Neubauten zu vervollständigen. Für den östlichen Hof (WohnHof) wurde auf Grund lage des städtebaulichen Rahmenplans von der Firma GEM im Jahr 2013 eine Mehrfachbe - auf tragung durchgeführt. Der Entwurf des Büros kleyer.koblitz.letzel.freivogel aus Berlin (mit einem Solitär von 26 m × 26 m) wurde von der Jury als Grundlage zur weiteren Bearbeitung empfohlen. Die Firma GEM Ingenieurgesellschaft möchte die Grundfläche ihres in der Mitte des östlichen Hofes (WohnHof) geplanten Solitärgebäudes von 26 m × 26 m auf 28 m × 28 m vergrößern. Ehemalige Artilleriekaserne | 23 A 0 V 35 Die Nutzungen kleyer.koblitz.letzel.freivogel gesellschaft von architekten mbh 3 A 0 Ve rt ic al 2 00 Ausgangslage Städtebaulicher Rahmenplan 35 ? WohnHof spätere Umnutzungsmöglichkeiten durch Wegfall bestehender Nutzungen WerkHof OfficeHof Die Nutzungen Mantelbebauung Hofbebauung Wohnturm Neubau Kußmaulstraße 13c Townhäuser Kußmaulstraße 9aWohnturn Kußmaulstraße 9b Neubau Kußmaulstraße 7 Neubau Kußmaulstraße 5 Bestandsbau Kußmaulstraße 3 Townhäuser Kußmaulstraße 13b Townhäuser Kußmaulstraße 13a Atelierwohnen Kußmaulstraße 11 kleyer.koblitz.letzel.freivogel gesellschaft von architekten mbh 3 A 0 Ve rt ic al 2 00 Ausgangslage Städtebaulicher Rahmenplan 35 ? WohnHof spätere Umnutzungsmöglichkeiten durch Wegfall bestehender Nutzungen WerkHof OfficeHof Die Nutzungen Mantelbebauung Hofbebauung Wohnturm Neubau Kußmaulstraße 13c Townhäuser Kußmaulstraße 9aWohnturn Kußmaulstraße 9b Neubau Kußmaulstraße 7 Neubau Kußmaulstraße 5 Bestandsbau Kußmaulstraße 3 Townhäuser Kußmaulstraße 13b Townhäuser Kußmaulstraße 13a Atelierwohnen Kußmaulstraße 11 kleyer.koblitz.letzel.freivogel gesellschaft von architekten mbh 3 A 0 Ve rt ic al 2 00 Ausgangslage Städtebaulicher Rahmenplan 35 ? WohnHof spätere Umnutzungsmöglichkeiten durch Wegfall bestehender Nutzungen WerkHof OfficeHof Die Nutzungen Mantelbebauung Hofbebauung Wohnturm Neubau Kußmaulstraße 13c Townhäuser Kußmaulstraße 9aWohnturn Kußmaulstraße 9b Neubau Kußmaulstraße 7 Neubau Kußmaulstraße 5 Bestandsbau Kußmaulstraße 3 Townhäuser Kußmaulstraße 13b Townhäuser Kußmaulstraße 13a Atelierwohnen Kußmaulstraße 11 Mantelbebauung Hofbebauung Wohnturm Officehof Werkhof Wohnhof Städtebaulicher Rahmenplan MESS/MFG Architekten Perspektiven Wohnturm 28 × 28 × 29 A0 Vertical 1:250 900x1200Vertical 1:250 28x28m Ansicht Wohnturm_28 x 28 x 29 Ehemalige Artilleriekaserne | 2524 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Lageplan Gegenüberstellung Wohnturm 26 × 26 × 29 – 28 × 28 × 29 Grundriss Normalgeschoss_28 x 28 x 29Grundriss Normalgeschoss_26 x 26 x 29 Grundriss Normalgeschoss_28 x 28 x 29Grundriss Normalgeschoss_26 x 26 x 29 geschoss Maisonettewohnungen anzuordnen ist ebenfalls gut nachvollziehbar. Die großzügige Eingangssituation mit einem attraktiven Treppen- haus zählt zu den weiteren innenräumlichen Qualitäten. Der Entwurf ist ein ambitioniertes Projekt mit sehr guten Fassaden, aber es muss auch sichergestellt werden, dass bei der weiteren Bearbeitung diese angedeutete Qualität nicht abhandenkommt. Deshalb die Bedingung, in einem städtebaulichen Vertrag zur Qualitätssicherung, die Fassadenge- staltung mit den wichtigsten Details und ihre Mate- rialität festzuhalten. […] A0 Vertical 1:250 900x1200Vertical 1:250 28x28m Ansicht Wohnturm_28 x 28 x 29 Ehemalige Artilleriekaserne | 25 1 Grundriss EG Schnitt-Ansicht Wohnturm 28 × 28 × 29 Ehemalige Artilleriekaserne | 2726 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude A 0 Ve rt ic al A 0 Ve rt ic al A0 Vertical block Schnitt 2-2 1:250 Tiefgarage WohnhofNeubau Kußmaulstraße 13c Kußmaulstraße 9a Townhouse Typ B Kußmaulstraße 7Kußmaulstraße 13b Townhouse Typ B Kußmaulstraße 13a Townhouse Typ B Wohnturm und Geschosswohnungsbauten Neubau Geschosswohnungsbau Kußmaulstraße 13 c A2 Vertical 50 Wohnturm Materialität Fassade Aussenraum A2 Vertical 50A2 Vertical 50 Ehemalige Artilleriekaserne | 27 1 Ehemalige Artilleriekaserne | 2928 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude 900X1200 Quer 1:250900X1200 Quer 1:250 28x28m Grundriss Normalgeschoss_28 x 28 x 29Grundriss Normalgeschoss_26 x 26 x 29 Gegenüberstellung Wohnturm_26 x 26 x 29 - 28 x 28 x 29 kleyer.koblitz.letzel.freivogel gesellschaft von architekten mbh 22 Grundriss Normalgeschoss Wohnturm 28 × 28 × 29 Ehemalige Artilleriekaserne | 29 1 30 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Ehemaliges Franz-Rohde-Haus Umbau und Neubau Wohnen 2 BauortDragonerstraße 4 – 6, Blücher-straße 20, Weststadt Bauherrin Ergon Invest GmbH, Jürgen Lange-von Kulessa, Freiburg Planverfasser SCHÖNBORN SCHMITZ ARCHITEKTEN, Berlin Status Gestaltungsbeirat 12–2017 Fertigstellung 2021 In der Blücherstraße ist diese geschlossen. Das Franz-Rohde-Haus liegt im rückwärtigen Teil des Grundstücks, das durch einen alten Baumbestand geprägt ist. Auf dem Grundstück Blücherstraße 20 gibt es eine Rückbebauung mit großer Kubatur, die direkt an das Vorderhaus anschließt. Empfehlung Dezember 2017 Zu Beginn der Sitzung weist der Gestaltungsbei- rat ausdrücklich nochmals darauf hin, dass in einer Sitzung vom 17. März 2016 das Kulturdenkmal »Franz-Rohde-Haus« aus Sicht der unteren Denk- malbehörde zum Abriss frei gegeben war, der Gestaltungsbeirat aber diesem Vorgang damals nicht zugestimmt hatte und eine Neuorientierung zur Projektierung des Gesamtensembles »Dragoner- straße 4–6« unter Erhalt des Denkmals über die Durchführung eines Architekturwettbewerbs nach RPW dringend empfohlen hatte. Der Gestaltungsbeirat begrüßt daher nun aus- drücklich den weiteren positiven und neuen Pla- nungs- und Projektverlauf beim Franz-Rohde-Haus, bei dem der Erhalt des Kulturdenkmals und des geschützten Baumbestands nun gesichert werden konnte und die Liegenschaft zu einer attraktiven Wohnnutzung (Familien- und Seniorenwohnen) umgebaut werden soll. […] Städtebaulich wird im rückwärtigen Grundstücksteil der Gesamtanlage ein dreigeschossiges solitäres Zum Projekt Das Franz-Rohde-Haus, ein ehemaliges Altenpflege- heim, wurde 1938 von Otto Bartning erbaut und ist ein Kulturdenkmal gemäß § 2 Denkmalschutz- gesetz von Baden-Württemberg. Der Gestaltungsbeirat hatte im März 2016 dem in den damaligen Planungen vorgeschlagenen Ab riss des Franz-Rohde-Hauses nicht zugestimmt. Die damaligen Planungsüberlegungen des Evange- lischen Vereins für Stadtmission in Karlsruhe e.V. wurden von heftigen Anwohnerprotesten begleitet, die von Nachbareinsprüchen im Rahmen der Bau- gesuche über Bürgerinitiativen bis zu einer Online- Petition reichten, auch über Karlsruhe hinaus. Ergon Invest hat die Liegenschaft erworben und möchte sie zur Wohnnutzung mit neun Wohnein- heiten umbauen. Die beiden großen Eichen wer- den neben weiteren Bäumen im vorderen westli- chen Garten erhalten. […] Im Rückbereich des Grundstücks Blücherstraße 20 ist ein Neubau mit sieben Wohneinheiten in einem dreigeschossigen Wohngebäude mit Staffelge- schoss geplant. Am 20. November 2017 hat Ergon Invest die Öffentlichkeit in einer Veranstaltung über sein Vorhaben informiert. Der Block Dragonerstraße, Wendtstraße, Ludwig- Marum-Straße und Blücherstraße ist auf drei Seiten durch eine offene Blockrandbebauung geprägt. Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 31 Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe GSPublisherVersion 0.0.100.100 Neubau Grundriss EG / Regelgeschoss (Schema) M 1:400 Ansicht Süd M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 Ansicht West M 1:400 Ansicht Süd M 1:400 Ansicht West M 1:400 Die Materialität, Farb- und Oberflächenstruktur (Putz oder heller Klinker) wird zurückhaltend und frühzeitig in Abstimmung mit dem Bauherrn, dem Denkmal- und dem Stadtplanungsamt wei- terentwickelt. Der Gestaltungsbeirat gibt hier lediglich zu bedenken, dass eine Putzfassade zum gewählten Strukturkleid mit großen Öffnungen typo logisch und konstruktiv weniger geeignet erscheint. Denkbar wäre aus der Sicht des Gestal- tungsbeirates daher auch ein geschlämmter Klinker. Der architektonische Umgang mit dem gesamten Kulturdenkmal einschließlich der Erweiterungen ist subtil und zeigt in der detaillierten Durcharbei- tung eine große Kontinuität mit dem notwendigen Respekt vor dem Altbau. Der Gestaltungsbeirat begrüßt dieses Projekt ausdrücklich und wünscht allen Beteiligten viel Erfolg. […] Punkthaus mit Staffelgeschoss vorgeschlagen als Nachverdichtung für Familienwohnen (7 Wohnein- heiten). Die Kubatur des Neubaus orientiert sich an den Grundstückslinien und den notwendigen Abstandsflächen nach Landesbauordnung. Die Höhen bleiben unterhalb des Denkmals Franz-Rohd e- Haus und wurden gestaffelt entwickelt. Die ein- fache Grundstruktur sowie die subtil gewählte Fas- sadenstruktur und minimale Architektursprache des Neubaus lehnen sich an den Duktus des Denk- mals an ohne diesen zu kopieren oder zu domi- nieren. Aus Sicht des Gestaltungsbeirats und des Stadt planungsamts ist diese Nachverdichtung als Rückgebäude der Blücherstraße 20 – auch vor dem Hintergrund des akuten Wohnungsmangels – stadträumlich verträglich. Aus der Dragoner straße ist dieser Neubau kaum einsehbar. Der Charakter der vorhandenen Blockrandbebauung wird dadurch nicht beeinträchtigt. Zur Unterbringung der notwendigen Stellplätze nach Landesbauordnung wird eine Tiefgarage unter dem Neubau vorgesehen, deren Einfahrt behutsam an der Südwestseite an der Dragoner- straße erfolgt. Die Abfahrt wird geschickt als frei- gestellte Gartenlaube behandelt und wird somit Teil des Parks. Der Baumbestand bleibt weitgehend erhalten, im Besonderen die beiden erhaltenswer- ten Eichen im Süden. […] Das Bestandsgebäude »Denkmal Franz-Rohde-Haus« wird nun in seinen wesentlichen Teilen und der gesamten Grundstruktur erhalten und mit vorsichti- gen Ertüchtigungsmaßnahmen renoviert und respektvoll saniert. Lediglich zwei minimale bauliche Ergänzungen werden dem Bestand hinzugefügt. Der Nebeneingang im Südosten erhält ein neues Vordach mit Außentreppen und bietet hier eine angemessenere Adressbildung. Der am Denkmal nachträglich eingefügte Aufzug (1970er Jahre) an der Rückfassade (Nordseite) soll rückgebaut und das alte Dachgesims wieder freigestellt werden. Eine ersatzweise für Erschließungszwecke minima- le und baulich zurückhaltende Ergänzung an der Rückfassade wird seitens der Denkmalbehörde res- pektiert. […] Die einfache Fassadenstruktur sowohl des Anbaus als auch des Neubaus wird als Gegensatz zur ver- spielten Tektonik des Otto Bartning-Baus gewählt. Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 3332 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 33 2 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR EG BESTAND I M 1:200 I STAND 16.08.2017 N 8 ,0 3 3 ,9 3 2 ,5 0 4,00 20,00 9,32 Garten Garten GartenWHG 02WHG 03 WHG 01 Halle Neubau Blücherstraße 20 Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR 1.OG BESTAND I M 1:200 I STAND 16.08.2017 N 8 ,0 3 3 ,9 3 2 ,5 0 4,00 20,00 9,32 WHG 05WHG 06 WHG 04 Neubau Blücherstraße 20 Grundriss EG M 1:400 Grundriss 1.OG M 1:400 Ansicht Süd (ohne Baum) M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI ANSICHT OST/WEST TN ABBRUCH I M 1:200 I STAND 20.11.2017 Abbruch Abbruch Ansicht Ost Ansicht West Ansicht West (ohne Baum) M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI ANSICHT NORD ABBRUCH I M 1:200 I STAND 20.11.2017 -0,40 +9,30 Abbruch Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe Grundriss EG M 1:400 Grundriss 1.OG M 1:400 Ansicht Nord M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR 2.OG Skizze Bestand I M 1:200 I STAND 20.11.2017 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR DG Skizze Bestand I M 1:200 I STAND 20.11.2017 Ansicht Nord M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR EG BESTAND I M 1:200 I STAND 16.08.2017 N 8 ,0 3 3 ,9 3 2 ,5 0 4,00 20,00 9,32 Garten Garten GartenWHG 02WHG 03 WHG 01 Halle Neubau Blücherstraße 20 Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR 1.OG BESTAND I M 1:200 I STAND 16.08.2017 N 8 ,0 3 3 ,9 3 2 ,5 0 4,00 20,00 9,32 WHG 05WHG 06 WHG 04 Neubau Blücherstraße 20 Grundriss EG M 1:400 Grundriss 1.OG M 1:400 Ansicht Süd (ohne Baum) M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI ANSICHT OST/WEST TN ABBRUCH I M 1:200 I STAND 20.11.2017 Abbruch Abbruch Ansicht Ost Ansicht West Ansicht West (ohne Baum) M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR EG BESTAND I M 1:200 I STAND 16.08.2017 N 8 ,0 3 3 ,9 3 2 ,5 0 4,00 20,00 9,32 Garten Garten GartenWHG 02WHG 03 WHG 01 Halle Neubau Blücherstraße 20 Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI GR 1.OG BESTAND I M 1:200 I STAND 16.08.2017 N 8 ,0 3 3 ,9 3 2 ,5 0 4,00 20,00 9,32 WHG 05WHG 06 WHG 04 Neubau Blücherstraße 20 Grundriss EG M 1:400 Grundriss 1.OG M 1:400 Ansicht Süd (ohne Baum) M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 SCHÖNBORNSCHMITZ DRAGONERSTRASSE 4-6 KARLSRUHEI ANSICHT OST/WEST TN ABBRUCH I M 1:200 I STAND 20.11.2017 Abbruch Abbruch Ansicht Ost Ansicht West Ansicht West (ohne Baum) M 1:400 Grundriss EG und 1.OG Ansicht Nord Ansicht Süd Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 3534 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Ansicht Neubau Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 35 2 Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 3736 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe GSPublisherVersion 0.0.100.100 Neubau Grundriss EG / Regelgeschoss (Schema) M 1:400 Ansicht Süd M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 Ansicht West M 1:400 Ansicht Süd M 1:400 Ansicht West M 1:400 Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe GSPublisherVersion 0.0.100.100 Neubau Grundriss EG / Regelgeschoss (Schema) M 1:400 Ansicht Süd M 1:400 GSPublisherVersion 0.0.100.100 Ansicht West M 1:400 Ansicht Süd M 1:400 Ansicht West M 1:400 Ansichten Neubau, Grundriss EG und Regelgeschoss (Schema) Ehemaliges Franz-Rohde-Haus | 37 Lageplan M 1:750 Revitalisierung und Erweiterung Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe 2 38 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude August- Klingler- Areal 3 BauortAugust-Dosenbach-Straße 7, Daxlanden Bauherrin Volkswohnung GmbH, Karlsruhe Planverfasser in ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH, Köln Status Gestaltungsbeirat 04–2018 Fertigstellung geplant 2024 Zur Umsetzung des neuen Wohnquartiers muss neues Planungsrecht durch Aufstellung eines Vor- habenbezogenen Bebauungsplanes geschaffen werden. Ein besonderes Augenmerk im Verfahren gilt dem Schallschutz, der vor allem für den extrem lärmbelasteten Bereich zwischen der B 36 und der Straßenbahntrasse eine besondere Rolle spielt und im Entwurf unter anderem durch die Anordnung der Gebäude Berücksichtigung gefunden hat. Das Gebiet liegt zwischen der B36, der Gerhart- Hauptmann-Straße und der August-Dosenbach- Straße und ist in zwei Teilbereiche nordwestlich und südöstlich der Straßenbahntrasse (von Karlsruhe nach Rheinstetten) aufgeteilt. Der nordwestliche Teilbereich mit dem bestehenden und denkmalge- schützten Vereinsheim liegt direkt an der August- Dosenbach-Straße. Er ist von einem begrünten Stadionwall umgeben, der auch weitgehend erhal- ten werden soll. Der südöstliche Teilbereich ist derzeit nur fußläufig erreichbar und soll künftig durch eine Verlängerung der August-Dosenbach- Straße erschlossen werden. Das Areal ist umgeben von einer sehr heterogenen Bebauung: Ein- und Zweifamilienhäusern im Nord- westen, vier- bis fünf-geschossige, sowie wenige acht- bis neun-geschossige Geschosswohnungs- bauten im Norden und Nordosten. Im südlichen Be - reich liegen verschiedene Infrastruktureinrich tun- gen, anschließend folgen Einfamilienhäuser und vier- bis fünfgeschossige Mehrfamilienhäuser, sowie Zum Projekt Auf dem Gelände des FV Daxlanden möchte die VOLKSWOHNUNG GmbH nach Verlagerung des Vereins in die Fritschlach ein zeitgemäßes und nachhaltiges Wohnquartier aus Geschosswohnbau- ten errichten, um damit seiner zentralen Aufgabe nachzukommen, ausreichenden und bezahlba- ren Wohnraum in Karlsruhe bereitzustellen. Dabei sind ca. 400 Wohnungen mit ein bis fünf Zimmern geplant. Es ist vorgesehen, die Wohnnutzung durch eine Kindertagesstätte sowie ein Wohncafé mit angegliederten kleineren, barrierearmen Wohnungen für Senioren zu ergänzen. Die Parkie- rung für die Bewohner wird in zwei Tiefgaragen untergebracht, so dass die Höfe autofrei bleiben und als gemeinschaftlicher Freiraum genutzt werden können. Entlang der August-Dosenbach- Straße werden die erforderlichen Besucher-Stell- plätze angeordnet. Die beiden Teilbereiche werden durch einen ebenerdigen Übergang bzw. eine Weiterführung der August-Dosenbach-Straße mit- einander verbunden; der geplante Umbau der Straßenbahnhaltestelle wird dabei entsprechend berücksichtigt. Durch den Erhalt des Vereinsheim- Gebäudes und des begrünten Stadionwalls, sowie eines Großteils des Baumbestandes soll der für den Stadtteil in der Vergangenheit wichtige Identi- fikationsort insoweit erhalten und so die Neube- bauung in die bestehende Umgebung besser inte- griert werden. August-Klingler-Areal | 39 Städtebauliches Konzept und Freianlagen August-Klingler-Areal | 4140 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude den nun vorliegenden Entwurf zum großen Teil aufgenommen: – Reduktion der Baukörper – Verschieben der Tiefgaragen-Zufahrt ans Ende der Gerhart-Hauptmann-Straße – Anpassen des Straßenquerschnitts August-Dosen - bach-Straße (zusätzliche Besucherstellplätze) Empfehlung April 2018 Die Weiterentwicklung des Wettbewerbsbeitrags zeigt eine Qualitätssteigerung in der städtebau- lichen Figur und bei den Freiräumen. Auch die dar- gestellten Grundrisse können überzeugen, zeigen im Südosten ein markanter Wohnturm mit elf Geschossen. Im Oktober 2014 wurde für das Plangebiet eine Mehrfachbeauftragung in Form einer Planungskon- kurrenz mit sechs geladenen Teilnehmern durch die VOLKSWOHNUNG GmbH ausgelobt. Die Jury hat im April 2015 den Entwurf von ASTOC zur Weiter- bearbeitung empfohlen. Das Ergebnis der Mehrfach- beauftragung wurde dem Planungsausschuss im Mai 2015 vorgestellt und im Juli 2015 der Öffent- lichkeit in einer Bürgerinformationsveranstaltung. Die in diesem Rahmen geäußerten Anregungen der Bürger*innen und Anwohner*innen wurden in Adresse Vereinsheim August-Klingler-Areal | 41 3 sie doch nahezu durchgängig sehr gut organisierte und orientierte Wohnungen sowie sinnvoll dimen- sionierte Loggien und Balkone. Leicht differierende Farben, Putzoberflächen unter- schiedlicher Körnung sowie abgesetzte Fenster- faschen bieten eine nachvollziehbare Grundlage für die Gestaltung der Fassaden. Das Regelwerk für die Anwendung dieser gestalterischen Elemente bedarf einer Konkretisierung. Der Gestaltungsbeirat dankt der Bauherrschaft und dem Architekten für die Vorstellung des spannen- den Projektes und wünscht für die Realisierung ein gutes Gelingen. […] Ausgangslage Städtebaulicher Rahmenplan August-Klingler-Areal | 4342 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Beispielgrundris Teilbereich 2 von Süden August-Klingler-Areal | 43 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 TEILBEREICH 2 VON NORDEN Seite 27 Teilbereich 2 von Norden 3 44 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 GLIEDERUNG DER LÄNGE FARBKONZEPT Seite 24 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 PRINZIPIEN KUBATUR Seite 22 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 PRINZIPIEN KUBATUR Seite 22 Fassadenfarbe- und Struktur Die Häuser erhalten Farben gem. des über- geordneten Farbkonzeptes. Die Höhe der Baukörper wird durch unterschiedliche Putzstrukturen gegliedert. Die Fenster reagieren in ihrer Lage auf diesen Struktur- wechsel. Die um die Fenster liegenden farblich abgesetzten Putzeinfassungen (Faschen) verstärken die ses Thema. Fensterformate Die Köpfe der Gebäude erhalten Brüstungs- fenster und Loggien mit massiven Brüs- tungen. Dadurch ist die Gebäudeform an den Köpfen stark ablesbar. Gleichzeitig sind die Räume an diesen exponierten Lagen besser vor Blicken geschützt. Auf den langen Seiten der Häuser und zwischen den ein- geschobenen Balkonen wird mit bodentiefen Fenstern gearbeitet. Bei schmalen Räumen wie Schlafzimmern wird so eine optimale Belichtung ermöglicht. Die Fenster haben un- terschiedliche, in 30 cm Schritten abge- stufte Breiten. 90 / 120 / 150 / 180. Zu den kräftigen Farben der Fassaden bieten die weißen Fenstereinfassungen einen starken Kontrast. Die Fensterrahmen und Öffnungs- flügel bekommen eine warme Farbgebung. Absturzsicherung Die Absturzsicherungen sind als pulverbe- schichtete Streckmetalle vorgesehen. Farbkonzept - Gliederung der Länge Prinzipien Kubatur August-Klingler-Areal | 45 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 VORSTELLUNG GESTALTUNGSBEIRAT 20.04.2018 FASSADE FARBKONZEPT MÖGLICHE FARBGEBUNGEN WARME OCKERTÖNE WEITERE MÖGLICHE FARBLINIE / GRÜNLICHE FARBGEBUNG CAPEROL HISTHOLIT / OXIDROT DUNKEL VEREINSHAUS CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 50 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 40 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 CAPEROL HISTHOLIT / UMBRA 30 GÜNER JASPIS 40 GÜNER JASPIS 30 GÜNER JASPIS 20 Seite 25 Fassadenausschnitte - Öffnungen 3 46 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Kleinseeäcker Quartiersentwicklung 4 BauortKleinseeäcker 12–14, OberreutBauherrin Volkswohnung GmbH, Karlsruhe Planverfasserin pesch partner architekten stadtplaner GmbH, Stuttgart Status Gestaltungsbeirat 11–2016, 03–2017 Fertigstellung geplant 2023 Empfehlung November 2016 Die neue Wohnbauentwicklung an der Woerishof- ferstrasse stellt sich der schwierigen Herausfor- derung, ein Wohnquartier zu entwickeln, das den umfangreichen Anforderungen des Lärmschutzes an diesem Standort gerecht wird. Die sehr detail- liert ausgearbeiteten Pläne zur Arrondierung des Stadtrandes, zu den angebotenen Wohnungs- typologien und zur Freiraumplanung zeigen deutlich die Zwänge, denen dieser Entwurf unter- liegt. Von Seiten des Gestaltungsbeirats wird empfohlen, zu überprüfen, inwieweit es gestalte- risch möglich ist, den geschlossenen Charakter der Wohnanlage durch die Aufnahme von Sicht- beziehungen beziehungsweise durch die Setzung von Hochpunkten zu durchbrechen. Der Gestal- tungsbeirat empfiehlt, eine interessante städtebau- liche Figur in der Höhenentwicklung zwischen vier und sechs Geschossen zu entwickeln, die mit der Anzahl der Wohnungen wirtschaftlich ab - bildbar ist. Gerade für die sensible Bauaufgabe des Wohnens ist ein offener Charakter des neuen Quartiers wünschenswert. Empfehlung März 2017 Für die Quartiersentwicklung Kleinseeäcker werden zwei Varianten in den Plänen und im Modell vor- gestellt, die den Anregungen des Gestaltungsbei- rats aus der vorangegangenen Sitzung folgen und unterschiedliche Höhenentwicklungen der Bau- Zum Projekt Im südöstlichen Bereich des Stadtteils Oberreut plant die Volkswohnung GmbH den Abbruch von vier bestehenden Wohngebäuden zugunsten einer neuen Wohnbauentwicklung mit gut 180 Wohn- einheiten, die über das Grundstück der Volks- wohnung hinausgeht und eine (Neu-)Bebauung entlang der Woerishofferstraße (städtisches Grund- stück) miteinbezieht. Die ursprüngliche städtebauliche Form des Bestands wird bei der Neuplanung verlassen und greift das westlich angrenzende Strukturkonzept auf, inter- pretiert jedoch die »Rundbögen« im Grundriss der Abschlussbaukörper je Straßenzug zum südlich angrenzenden Grünraum neu. Lage, Grundriss und Orientierung der Gebäude berücksichtigen die erheblichen Anforderungen an den Immissions- schutz auf dem Areal, aufgrund von Immissionsein- wirkungen der Bahn im Süden sowie von Gewer be im Norden und Nordosten des Plangebiets. Das Areal selbst bildet ein Scharnier zwischen west- lich gelegener drei- bis viergeschossiger Wohn- bebauung und nördlich sowie nordöstlich angren- zender gewerblicher Bebauung, die eine vier- geschossige Bauweise aufweist mit entsprechend größeren Geschoss- und damit Gebäudehöhen. Für die Bebauung der südlichen Grundstücke ist ein Bebauungsplan für die intendierte Nutzung zu entwickeln, für das nördliche, städtische Grund- stück ist eine Änderung des Planrechts erforderlich. Kleinseeäcker | 47 6 Wohnen Wohnen & Dienstleistungen Bildungseinrichtungen KleingärtenGewerbe Fußweg Struktur | Entwurf Ohne Maßstab Lageplan Kleinseeäcker | 4948 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude 21Typologie | Variante „Hof“ _ Südliche Bausteine (Dachgeschoss) Ohne Maßstab V IV positiv gesehen. Die Weiterentwicklung eines qua- lifizierten Freiflächenplans für den Innenhof, unter Berücksichtigung der notwendigen Nebenanlagen, und die Gestaltung der Vorzonen im Erdgeschoss werden besprochen. Der Gestaltungsbeirat lobt noch einmal die städte- bauliche Setzung und die hohe Qualität der Woh- nungsgrundrisse, die den erheblichen Anforderun- gen an den Immissionsschutz gerecht werden, und wünscht der Weiterentwicklung des Projekts viel Erfolg. Eine Wiedervorlage ist nicht notwendig. körper innerhalb des Ensembles aufzeigen. Wäh- rend die Variante »Quartier« eine ruhige Rahmung und Abgrenzung zur gewerblichen Nutzung vorsieht, gliedert die Variante »Hof« die Gebäude durch die Setzung einzelner Hochpunkte, die zugleich den Übergang zu ihrem Nachbargebäude markieren. Der Gestaltungsbeirat begrüßt die Variante »Hof«, bei der die städtebauliche Gliede- rung den südlichen Endpunkt der Woerishoffer- straße im Übergang zur Landschaft aufwertet und die Qualität des Innenhofs durch die überwiegend fünfgeschossige Bebauung gewinnt. Die angebo- tenen Dachterrassen werden als zusätzliches Ange- bot zur Differenzierung des Wohnungsgemenges Grundrisse OG Kleinseeäcker | 49 4 22Typologie | Variante „Hof“ _ Dachgeschossgrundriss Möblierter Grundriss(Quelle: pp aIs, 10.02.2017)Abbildungen ohne Maßstab Präsentation März 2017 - Ansichten, Grundriss und Schnitt Kleinseeäcker | 5150 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Variante Hof Kleinseeäcker | 51 4 Kleinseeäcker | 5352 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Variante Hof Kleinseeäcker | 53 4 54 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Am Fasanengarten Neubau Wohnbebauung 5 BauortAm Fasanengarten, Oststadt Bauherrin Hardtwaldsiedlung Karlsruhe eG Baugenossenschaft, Karlsruhe Planverfasser inen GERHARDT.stadtplaner. architekten, Karlsruhe; SNOW Landschaftsarchitekten Karlsruhe; archis Architekten + Ingenieure GmbH, Karlsruhe Status Gestaltungsbeirat 11–2015, 03–2017, 05–2017 Fertigstellung 2022 Empfehlung November 2015 Die Baugenossenschaft »Hardtwaldsiedlung Karls- ruhe eG« beabsichtigt im Quartier »Am Fasanen- garten« in der Karlsruher Oststadt zusätzlichen Wohnraum (54 WE) zu schaffen. Die blockrand- artige Siedlung wurde im Sinne einer Gartenstadt in mehreren Bauabschnitten im Zeitraum zwischen 1921 und 1935 errichtet und alle Wohnbauten im Quartier erfüllen in ihrer Sachgesamtheit gem. § 2 Denkmalschutzgesetz die Eigenschaften eines Kulturdenkmals. Teil dieser Sachgesamtheit sind neben den Wohngebäuden auch die Kleingarten- anlage im Inneren mit Einfriedungsmauern und Schuppen sowie ein historisches Garagengebäude. Geschützt sind jeweils die Substanz und das Erscheinungsbild. […] Der Gestaltungsbeirat begrüßt ausdrücklich eine sozialverträgliche Nachverdichtung in der Stadt und die Antwort auf den damit einhergehenden demografischen Wandel. Die vorgelegte Planung von GERHARDT.stadtplaner.architekten zeigt in vielen Punkten eine sensible Herangehensweise an diese interessante und zugleich schwierige Auf gabe. So setzen die Architekten dem nach Nor- den geöffneten und gefassten, dreigeschossigen Blockrand (mit zum Teil offener Bebauung) eine »Teppichartige Siedlung« aus solitären Wohn- gebäuden ins Innere der Gartenanlage und reagie- ren mit einem deutlichen Achtungsabstand auf die Denkmalbebauung. Die lockere zwei- bis Zum Projekt Die Hardtwaldsiedlung Karlsruhe eG möchte im Quartier »Am Fasanengarten«, das sich im Eigentum der Genossenschaft befindet, ihr Wohnungsan- gebot ergänzen. Die Bedeutung einer qualifizierten Nachverdichtung für die Genossenschaft ergibt sich aus der Tatsache, dass aktuell 8.000 Mitgliedern nur 2.000 Wohnungen im Bestand zur Verfügung stehen. Aufgrund der demografischen Veränder- ungen besteht darüber hinaus eine besondere Nach- frage nach barrierefreien Wohnungen, die im Wohnungsangebot der Genossenschaft nicht befrie- digt werden kann. Die geplante Neubebauung wird in der nördlichen Hälfte des Blockinnenbereichs angeordnet. Mit dem Vorhabenbezogenen Be - bauungsplan »Wohnen Am Fasanengarten, westlich der Parkstraße« wird das notwendige Planungs- recht geschaffen werden. Es handelt sich um ein Gebiet in der Oststadt, das im Blockinnenbereich zwischen den Straßen Am Fasanengarten, Parkstraße, Karl-Wilhelm-Straße und Emil-Gött-Straße liegt. Der Block ist bisher mit unterschiedlichen Gebäudetypologien an den Ost-, West- und Südseiten bebaut (drei- bis vierge- schossiger Geschosswohnungsbau und zweige- schossige Hausgruppen). Im Norden öffnet sich der Blockrand zu dem mit Bäumen bestandenen Stra- ßenraum am Fasanengarten. Am Fasanengarten | 55 Präsentation November 2015 Bebauungskonzept Innenentwicklungskonzept Am Fasanengarten | 5756 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude besser eingebunden werden. Die neuen, gestaf- felten Wohngebäude sollen zur Kompensation ein grünes Flachdach erhalten. […] Nach intensiver Diskussion steht die Denkmal- schutzbehörde dem Bauvorhaben grundsätzlich offen gegenüber, wünscht sich aber an dieser Stel- le größtmögliche Planungssorgfalt im Vorfeld zur Vermeidung von möglichen weiteren Präzedenzfäl- len. Die Planer des vorliegenden Projektes zeigen hier bereits jetzt eine sehr viel höhere Sensibilität. Der Gestaltungsbeirat schlägt für die weiteren Planungsschritte ein Modell vor, in dem die Kör- nung und Stellung der Gebäude, sowie die genaue Lage der Achse nochmals überprüft werden kann. Außerdem wäre hier die Einbindung des Bestandes der historischen Garage in einer alternativen Pla- nung darstellbar. Die Freiraumplanung könnte detaillierter ihren sehr positiven Ansatz gegenüber der Stadt und dem Denkmalamt deutlich machen. Die Gestaltung der einzelnen Häuser muss nun in weiteren Schritten abgestimmt und vom Beirat begleitet werden, da gerade die einheitliche bauliche Qualität im Inneren für dieses Vorhaben von besonderer Bedeutung ist. Die Einfachheit der Gebäude kann eine Nachhaltigkeit im doppel- ten Sinne unterstreichen. Empfehlung März 2017 Die vorgelegte neue Planung von GERHARDT.stadt- planer.architekten stellt zwei wesentliche Änderun- gen vor. Stadträumlich schließt nun die Planung den nörd- lichen Blockrand zur Straße »Am Fasanengarten« mit einem sogenannten Kopfgebäude ab, das neben einer Sozialstation mit Café auch altenge- rechtes »Betreutes Wohnen« aufnehmen soll. Grundsätzlich wird die hinzugefügte Nutzung als Antwort auf den damit einhergehenden demogra- fischen Wandel vom Gestaltungsbeirat begrüßt. Dass nun – anstelle von vorher zwei Gebäuden – eine Schließung des Blockrandes erfolgt, ist unter der Maßgabe einer hohen architektonischen Qualität vorstellbar. Das vorgestellte Kopfgebäude wirkt jedoch in seiner geometrischen und gestalterischen Ausfor- mulierung an dieser so wichtigen städtebaulichen Schnittstelle noch sehr heterogen. So können die dreigeschossige Bebauungsstruktur im nördlichen Teil des Baufeldes soll sich typologisch bewusst vom Denkmalbestand abheben und im Blockinne- ren mit einer sehr differenziert gestalteten Grün- raumplanung eine Aufwertung schaffen. Der Gestaltungsbeirat begrüßt ausdrücklich das Freihalten des südlichen Blockinneren und das Hin- zuziehen eines qualifizierten Freiflächenplaners. Positiv gesehen wird auch das Freihalten des Nord- randes von einer geschlossenen Bebauung und das Öffnen zum dortigen Grünraum und den Insti- tutsgebäuden hin; auch im Hinblick auf eine bes- sere Durchlüftung des Quartiers. Die neue Erschlie- ßung erfolgt in der Achse der Anlage mittels eines befahrbaren, differenziert gestalteten Wohnwe - ges mit Aufweitungen und Platzräumen, die eine hohe Wohn- und Aufenthaltsqualität versprechen. Der heutige Wirtschaftsweg wird östlich verlegt und wird sinnfällig in die neue Grünraumplanung integriert. Der heutige, heterogene und zum Teil ungenutzte Garagenhof aus den Sechzigern ein- schließlich des historischen Garagengebäudes wird in der vorliegenden Planung überbaut, zuguns- ten von mehr Wohngebäuden mit barrierefreiem Wohnangebot. Es wäre möglicherweise plane- risch zu prüfen, inwieweit das historische Gebäu- de als Kulturdenkmal erhalten werden kann, unter der Voraussetzung, dass eine geeignete Gemein- schaftsnutzung für die Bewohner untergebracht werden könnte. […] Nach Vorschlag der Planer soll die gesamte Anlage künftig autofrei gestaltet werden, was eine höhere Wohnqualität im Inneren schafft. Dazu wird als Ersatz und Neubedarf von Stellplätzen eine Tiefga- ra ge im Inneren angelegt. Der Vorschlag wird sehr positiv gesehen, die TG- Einfahrt am Quartiers- eingang überzeugt dagegen noch nicht und sollte überdacht werden. Zur Kompensation schlagen die Planer eine hoch- qualifizierte Grünraumplanung vor, die auf die zellenartige Kleingartenstruktur reagiert und die - se durch geeignete Maßnahmen (zum Beispiel Hecken etc.) wieder in ihrer historischen Textur ablesbar macht. Auch die Geräteschuppen inner- halb der Gärten könnten saniert werden. Hierzu wird noch ein detaillierter Vorschlag erwartet. Die Erschließungen sollen über Rasenflächen und was- sergebundene Decken in die Grünanlage Am Fasanengarten | 57 5 integriert. Dies wird von allen Teilnehmenden positiv aufgenommen. Der Gestaltungsbeirat regt an darüber nachzu- denken, ob nicht dieses historische Kulturdenkmal – als identitätsstiftender »umgebauter Hofladen« mit Verzehr – einen ganz neuen Charme und eine hohe Attraktivität ins Quartier bringen könnte. Hier könnten die Früchte des »urban gardening« aus dem Quartier in Eigeninitiative der Bewohner vermarktet werden. Das würde auch eine gemein- schaftliche, soziale Nachhaltigkeit im doppelten Sinne unterstreichen. Der Gestaltungsbeirat wünscht eine Wiedervorlage zur Klärung der noch offenen Punkte. Empfehlung Mai 2017 Die vorgelegte neue Planung von archis Architek- ten + Ingenieure GmbH nimmt die wesentlichen Kritikpunkte aus der vergangenen Sitzung auf und entwickelt das Projekt kontinuierlich weiter. So wird das Kopfgebäude nun in seiner Gliederung und Gesamtgestaltung harmonisiert. Das Staffel- geschoss rückt straßenseitig auf die Vorderkante der Fassade und wirkt somit eindeutiger in der Kubatur. Die dadurch entstehende höhere Baukör- perhöhe kann aus Sicht des Gestaltungsbeirats baurechtlich toleriert werden, da diese zur Ver- besserung beiträgt. Auch die Durchgänge und die Eingangssituation von Cafe und Sozialstation wurden nun attraktiver platziert und großzügiger gestaltet. Die angehängte Fluchttreppe auf der giebelständigen Westseite kann noch nicht überzeugen und sollte architektonisch in die Gesamtgestaltung einbezogen werden. Gegebenen- falls kann hier auch die angedachte Müllsammel- stelle baulich mit integriert werden. Die Fassadenge- staltung sollte noch harmonisiert werden. So wirkt der Laubengang mit seinen horizontalen Bän- dern noch wie aus der Zeit gefallen. Dieser könnte noch stringenter dem vorhandenen Prinzip der vertikalen Lochfassade (zum Beispiel FE/FET + Laden) folgen, um das Gesamtbild zu harmonisieren. Die Farbgestaltung (Putz) in Erdtönen ist gut vorstellbar und sollte mit der Stadt Karlsruhe mit- tels einer Bemusterung abgestimmt werden. vielen Rücksprünge, Anbauten und die vielschich- tige Materialwahl sowie die massive Gebäudehöhe (III + Staffelgeschoss) noch nicht überzeugen. Die Einfahrt zur Tiefgarage, daneben der Haupteingang ins Gebäude, der fußläufige Durchgang ins Innere des Quartiers wirken als Adressbildung wenig einladend und sollten als »attraktives Entrée« über- arbeitet werden. Ebenso wären die Freiflächen der Sozialeinrichtung (Café) in Bezug auf Beson- nung und Lage zu klären. Der Gestaltungsbeirat wünscht sich hier eine klare und einfache Gebäudetypologie für das Kopfge- bäude, das eine angemessene Adressbildung reprä- sentiert und sich auch selbstbewusst in ruhiger und einfacher Sprache, ohne aufdringlich zu sein, gegenüber der Denkmalbebauung behaupten kann. Eine architektonische Auseinandersetzung mit dem ortstypischen »Thema Dach« aus der angrenzenden Denkmalbebauung könnte alterna- tiv ebenfalls untersucht werden. Die zwei- bis dreigeschossige Bebauungsstruktur im Blockinneren kann in der weiteren differenzierten Überarbeitung hinsichtlich der Gestaltung und Materialwahl noch nicht ganz überzeugen. So wirkt sich im Besonderen auch die starke Betonung des Mittelrisalites bei solch kleinen Kubaturen eher negativ auf die Gestaltung aus. Es könnte über Loggien anstatt Balkone nachgedacht werden, um eher die Geometrie zu betonen. Gerade die ein- heitliche bauliche Qualität im Inneren mit wenigen gezielten Materialien und einfachen Details ist für dieses Vorhaben von besonderer Bedeutung. Das Freiflächenkonzept schafft eine sehr differen- ziert gestaltete Grünraumplanung als Aufwertung, diese sollte jedoch noch in einem weiteren Termin (Gestaltungsbeirat) im Hinblick auf Wege, Frei- flächenqualitäten, Erschließung, Feuerwehrzufahr ten und Müllentsorgung konkretisiert und eben falls vorgestellt werden. Dabei ist auf eine ausreichende Anzahl der Müllbehälter je Wohneinheit zu achten und eine Kumulation an nur wenigen Stellen sollte vermieden werden. Der heutige Garagenhof einschließlich der histori- schen Garagengebäude wird in der nun vorliegen- den Planung zu großen Teilen erhalten, rückgebaut und in Abstimmung mit dem Denkmalamt saniert und für Lager- oder Fahrradstellplätze ins Konzept Am Fasanengarten | 5958 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohngebäude Die Gestaltung der punktförmigen Wohnhäuser im Blockinneren ist ebenfalls durch die Reduktion und Einheitlichkeit des Materials in der Erscheinung nun stimmiger. Die sehr starke Betonung einer Vorder- und Rückseite und die vertikale Teilung der Fassade durch die Betonung eines Mittelrisalites (hier Treppenhaus) sollte nach wie vor vermieden werden. Vielmehr sollte das Prinzip des vertikalen Fensters im Wechselspiel der Lochfassaden – kon- sequent durchgehalten werden. Die liegenden Fenster (Bäder) könnten gegebenenfalls auch über »Gitterstrukturen« in das monolithische Fassaden- bild integriert werden. Das noch fehlende Freiflächenkonzept sollte mit der Stadt Karlsruhe rechtzeitig abgestimmt werden, da dies zum Gelingen des Gesamtprojek- tes wesentlich beiträgt. Wir wünschen den Planern bei der weiteren Bear- beitung unter Beachtung der vom Gestaltungsbei- rat angeregten Kritikpunkte viel Erfolg. […] Präsentation Mai 2017 – Ansichten und Lageplan Am Fasanengarten | 59 5 60 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Karlstraße 26 6 BauortKarlstraße 26, Innenstadt-West Bauherrin GIG Gesellschaft für Immobilien - projektierung und Grundstücks- entwicklung mbH, Karlsruhe Planverfasser in ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH, Köln Status Gestaltungsbeirat 11–2015 Fertigstellung geplant 2022 Das Konzept ist überaus sorgfältig ausgearbeitet und vorgetragen. Durch den Gestaltungsbeirat wird insbesondere die Ausbildung der Fassaden und der komplexen Grundrisse positiv hervorgehoben. Auch den rückwärtigen Gebäudeteilen sowie der Ausbildung der Grünflächen wird hohe Bedeu- tung bei der Vermarktung zukommen; dies sollte beachtet werden. Die vorgestellten Änderungen zur Bauvoranfrage werden vom Gestaltungsbeirat begrüßt und unter- stützt. Die Ausbildung der Vorderhausfassade kann sehr gut zwischen den unterschiedlichen Nach- bargebäuden vermitteln. Die Balkone im Innen- bereich sind gut denkbar, die leichte Überhöhung des obersten Geschosses in die Tiefe des Blocks ist aus gestalterischer und funktionaler Sicht sinn- voll. Um in der inneren Stadt eine hohe Wohn- qualität durchzusetzen, muss eine hohe architekto- nische Qualität vorausgesetzt werden, die in dem vorliegenden Konzept gegeben ist. Zum Projekt Geplant ist ein Wohn- und Geschäftshaus auf einem schmalen, weit in die Tiefe des Blocks reichenden Grundstück. In den unteren Geschossen und zur Karlstraße hin sind Gewerbeflächen und Parkierung angeordnet. Der überwiegende Teil des Projek- tes dient dem Wohnen (13 Wohnenheiten unter- schiedlicher Größe). Das Vorhaben füllt eine Baulücke in der, an dieser Stelle mit ca. fünfgeschossigen Gebäuden ge - schlossen bebauten Karlstraße. Die Straßenfassa de ist nur ca.12 m breit und wird zwischen die Nach- bargebäude mit einer, in den Obergeschossen aus gelbem Sandstein gebauten, neobarocken Werk- steinfassade und einer aluminiumverkleideten Fassade mit durchgängigen Fensterbändern einge- fügt. Das fast 70 m tiefe Grundstück ist größten- teils von mitunter sehr hohen Brandwänden umge- ben, an die das neue Gebäude in unterschiedlicher Weise anschließt. Empfehlung November 2015 Das schwierige, sehr schmale und tiefe Grund - stück soll mit einer eher traditionellen Blockinnen- bebauung mit heutigen Mitteln bebaut werden. In die ser zentralen Innenstadtlage ist eine solche Verdichtung zu begrüßen; eine Bauvoranfrage wurde bereits positiv beschieden. Karlstraße 26 | 61 Perspektive Karlsstraße Karlstraße 26 | 6362 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser sChnItt InnenhoF N Entwurfsverfasser Planstand Maria- Hilf Str. 15, D- 50677 Köln Fon +49 (0)221 2718060 Fax +49 (0)221 3100833 www.astoc.de info@astoc.de Projekt ASTOC GmbH & Co. KG 1406 BIM Server: Osiris - BIM Server 18/1406_Karlstrasse 26 Lage Bauherr Maßstab: Plangröße mm: Plannummer (Projektnummer-Planer-LPH-Bauteil-Planart-Nummer-Index) 1406b_ARC_02_00_SC_102_VA Planinhalt FreigabeDatum erstellt /Kürzel Datum geänd. /Kürzel Lage Vorentwurf Karlstraße 1:200 A3 GIG mbH Ohiostraße 13 Karlsruhe D-76149 Tel: +49 (0)721 35230170 Fax: +49 (0)721 35230160 Schnitt B-B 10.11.2015 3 ,0 0 3 ,5 0 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,3 2 4 ,4 7 2 ,9 0 5 0 8 0 1 ,9 0 1 ,3 0 1 ,9 0 9 0 2 ,5 0 3 ,9 3 2 ,9 9 1 ,2 7 2 0 ,8 9 -3,75 1 22 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 7 0 6 0 1 5 2 ,6 0 2 5 1 5 2 ,8 5 1 3 1 2 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 3 0 2 ,5 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 2 7 3 ,5 0 2 5 7 2 -3,00 ±0,00 +3,50 +6,70 +9,90 +13,10 +16,42 +20,89 6 0 1 5 2 ,6 0 2 5 1 5 2 ,8 5 1 3 1 2 4 0 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,6 8 2 5 2 5 2 ,8 2 2 5 1 5 2 ,6 8 1 2 2 5 2 7 3 ,5 0 2 5 7 2 1 6 ,6 3 4 ,2 6 +7,70 +9,90 +10,80 +13,10 +14,00 +4,40 +7,60 +10,80 +14,00 +16,85 Wohnen Wohnen Büro Büro Wohnen Wohnen Wohnen Wohnen Wohnen 3 ,3 5 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,2 0 7 0 ±0,00 +3,50 +6,70 +9,90 +13,10 +16,85 ±0,00 +2,60 +4,40 +7,60 +10,80 +14,00 +16,85 Durchfahrt Fahrräder Garten grunDrIsse erDgesChoss N Entwurfsverfasser Planstand Maria- Hilf Str. 15, D- 50677 Köln Fon +49 (0)221 2718060 Fax +49 (0)221 3100833 www.astoc.de info@astoc.de Projekt ASTOC GmbH & Co. KG 1406 BIM Server: Osiris - BIM Server 18/1406_Karlstrasse 26 Lage Bauherr Maßstab: Plangröße mm: Plannummer (Projektnummer-Planer-LPH-Bauteil-Planart-Nummer-Index) 1406b_ARC_02_00_GR_000_VA Planinhalt FreigabeDatum erstellt /Kürzel Datum geänd. /Kürzel Lage Vorentwurf Karlstraße 1:200 A3 GIG mbH Ohiostraße 13 Karlsruhe D-76149 Tel: +49 (0)721 35230170 Fax: +49 (0)721 35230160 Grundriss Erdgeschoss 09.11.2015 17 x 27 x 175 20 x 27 x 175 S B D S B D S B DS B D S B D S BD L BD L B D L D D 1 1 ,4 1 13,275 12,38 16,255 16,15 13,53 58,06 12,135 12,38 16,255 16,15 9,965 56,915 52,45 m2 46,75 m2 Spielfläche Garten T30RS R S Fahrräder (26 St.) Fahrräder (12 Stk.) Wohnung 0.B.1 84 m² Klingelanlage Tor T 3 0 R S H K V /E U V V o rd a c h Schlafen 14,55 m2 Entree 5,40 m2 Gewerbe Einheit 0.1 52,70 m2 TRH B 12,55 m2 Schleuse 5,45 m2 TRH A 23,00 m2 Bad 9,55 m2 Foyer B 14,45 m2 Müll / Wertstoff 27,40 m2 Wohnen 28,30 m2 Kochen 14,05 m2 17 x 27 x 175 20 x 27 x 175 S BD 06 05 04 03 02 01 Terrasse 50%: 13,10 m2 S DD S DD n grunDrIsse 1. obergesChoss N Entwurfsverfasser Planstand Maria- Hilf Str. 15, D- 50677 Köln Fon +49 (0)221 2718060 Fax +49 (0)221 3100833 www.astoc.de info@astoc.de Projekt ASTOC GmbH & Co. KG 1406 BIM Server: Osiris - BIM Server 18/1406_Karlstrasse 26 Lage Bauherr Maßstab: Plangröße mm: Plannummer (Projektnummer-Planer-LPH-Bauteil-Planart-Nummer-Index) 1406b_ARC_02_00_GR_001_VA Planinhalt FreigabeDatum erstellt /Kürzel Datum geänd. /Kürzel Lage Vorentwurf Karlstraße 1:200 A3 GIG mbH Ohiostraße 13 Karlsruhe D-76149 Tel: +49 (0)721 35230170 Fax: +49 (0)721 35230160 Grundriss 1. Obergeschoss 09.11.2015 18 x 27 x 18 S B D L B D L B D S B DS B D S BD L BD L B D L B D 1 1 ,4 1 12,135 22,78 22,00 9,965 56,915 10,88 2,65 58,06 R S T30RST30RS T 3 0 R S BRH = 1,20m Wohnung 1.B.1 77 m² Wohnung 1.B.2 65 m² T 3 0 R S 2 . R e tt u n g s w e g TeekücheBüro Konferenz Büro KonferenzBüro Garderobe T30RS H K V /E U V H K V /E U V Büro Büro WC DWC H Schlafen 14,85 m2 Entree 6,90 m2 Schlafen 13,65 m2 Entree 8,30 m2 Bad 9,60 m2 Bad 8,90 m2 Gewerbe Einheit 1.1 258,50 m2 TRH A 6,15 m2 TRH B 12,55 m2 Wohnen/Kochen 41,25 m2 Wohnen/Kochen 30,15 m2 Balkon 50%: 4,30 m2 Balkon 50%: 5,20 m2 Schleuse 5,45 m2 Laubengang 23,65 m2 18 x 27 x 18 S BD S BD n Grundriss EG Schnitt Grundriss 1. OG Karlstraße 26 | 63 6 sChnItt InnenhoF N Entwurfsverfasser Planstand Maria- Hilf Str. 15, D- 50677 Köln Fon +49 (0)221 2718060 Fax +49 (0)221 3100833 www.astoc.de info@astoc.de Projekt ASTOC GmbH & Co. KG 1406 BIM Server: Osiris - BIM Server 18/1406_Karlstrasse 26 Lage Bauherr Maßstab: Plangröße mm: Plannummer (Projektnummer-Planer-LPH-Bauteil-Planart-Nummer-Index) 1406b_ARC_02_00_SC_102_VA Planinhalt FreigabeDatum erstellt /Kürzel Datum geänd. /Kürzel Lage Vorentwurf Karlstraße 1:200 A3 GIG mbH Ohiostraße 13 Karlsruhe D-76149 Tel: +49 (0)721 35230170 Fax: +49 (0)721 35230160 Schnitt B-B 10.11.2015 3 ,0 0 3 ,5 0 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,3 2 4 ,4 7 2 ,9 0 5 0 8 0 1 ,9 0 1 ,3 0 1 ,9 0 9 0 2 ,5 0 3 ,9 3 2 ,9 9 1 ,2 7 2 0 ,8 9 -3,75 1 22 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 7 0 6 0 1 5 2 ,6 0 2 5 1 5 2 ,8 5 1 3 1 2 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 1 5 3 0 2 ,5 0 2 5 1 5 2 ,8 0 2 5 2 7 3 ,5 0 2 5 7 2 -3,00 ±0,00 +3,50 +6,70 +9,90 +13,10 +16,42 +20,89 6 0 1 5 2 ,6 0 2 5 1 5 2 ,8 5 1 3 1 2 4 0 2 ,8 0 2 5 1 5 2 ,6 8 2 5 2 5 2 ,8 2 2 5 1 5 2 ,6 8 1 2 2 5 2 7 3 ,5 0 2 5 7 2 1 6 ,6 3 4 ,2 6 +7,70 +9,90 +10,80 +13,10 +14,00 +4,40 +7,60 +10,80 +14,00 +16,85 Wohnen Wohnen Büro Büro Wohnen Wohnen Wohnen Wohnen Wohnen 3 ,3 5 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,2 0 3 ,2 0 7 0 ±0,00 +3,50 +6,70 +9,90 +13,10 +16,85 ±0,00 +2,60 +4,40 +7,60 +10,80 +14,00 +16,85 Durchfahrt Fahrräder Garten Karlstraße 26 | 6564 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Perspektive und Ansicht Karlstraße 26 | 65 N Entwurfsverfasser Planstand Maria- Hilf Str. 15, D- 50677 Köln Fon +49 (0)221 2718060 Fax +49 (0)221 3100833 www.astoc.de info@astoc.de Projekt ASTOC GmbH & Co. KG 1406 BIM Server: Osiris - BIM Server 18/1406_Karlstrasse 26 Lage Bauherr Maßstab: Plangröße mm: Plannummer (Projektnummer-Planer-LPH-Bauteil-Planart-Nummer-Index) 1406b_ARC_02_00_AN_201_VA Planinhalt FreigabeDatum erstellt /Kürzel Datum geänd. /Kürzel Lage Vorentwurf Karlstraße 1:100 A3 GIG mbH Ohiostraße 13 Karlsruhe D-76149 Tel: +49 (0)721 35230170 Fax: +49 (0)721 35230160 Ansicht Karlstraße 06.11.2015 6 66 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Saturn-Fassade Kaiserstraße 146 7 BauortKaiserstraße 146, Innenstadt-West Bauherrin Kanzlei Wangler, Kriegstraße 133, 76135 Karlsruhe Planverfasser volksbau architekten, Karlsruhe Status Gestaltungsbeirat 09–2020, 11–2020 Fertigstellung geplant 2022 lichen Hauptpost, heute Postgalerie. Das Gebäude besetzt die prominente Nordost-Ecklage der Haupt- achsen Kaiserstraße und Karlstraße. Im weiteren Verlauf der Karlstraße nach Norden liegen die Kultur- denkmale von besonderer Bedeutung Prinz Max Palais (Josef Durm) und Staatliche Münze (Friedrich Weinbrenner). Empfehlung September 2020 Das Projekt hat eine lange Geschichte und wurde in der Vergangenheit vom Gestaltungsbeirat mehr- fach besprochen. Die aktuelle Fassung berücksich- tigt die Anmerkungen zu früheren Projekten, insbesondere die Bewahrung der Arkaden und des ursprünglichen Baukörpers. Die Erhaltung der Bausubstanz wurde von dem neuen Gestaltungs- beirat positiv aufgenommen. Mit seiner Ansiedelung am Europaplatz, in Nord- ost-Ecklage der Hauptachsen Kaiserstraße und Karlstraße, handelt es sich um ein für die Stadtstruk- tur wichtiges Gebäude. Die mächtigen Dimensi- onen treten in Resonanz mit denen anderer pro mi - nenter Gebäude und Kulturdenkmäler der Stadt- struktur, wie zum Beispiel der gegenüberliegenden ehemaligen kaiserlichen Hauptpost, heute Post- galerie. Die Variante, die in der Sitzung vorgestellt worden ist, findet nicht die Zustimmung des Gestaltungs- beirats. Durch die unterschiedliche Behandlung der Zum Projekt Die ursprünglich als »Kaufhaus Schneider« am Europaplatz erbaute Immobilie wurde mehrfach umgebaut und zwischenzeitlich von »Breunin- ger« und zuletzt von »Saturn« für Handelszwecke genutzt. Saturn ist dort 2021 ausgezogen. Eine Nachvermietung der bestehenden Flächen ist am derzeitigen Immobilienmarkt unwahrscheinlich, weswegen ein alternatives Nutzungskonzept zu erstellen und bauliche Veränderungen vorzu- nehmen sind. Im Rahmen eines Gespräches unter Beteiligung des beauftragten Architekten, der Wirtschaftsför- derung, des Amtes für Stadtentwicklung und des Stadtplanungsamtes, wurde ein erster Entwurf vorgestellt, der folgende Themen zum Inhalt hatte: 1. Belichtung ab dem 2.OG 2. Fassadenöffnungen 3. Vorziehen des Erdgeschosses bis zur Platzkante/ Schließung der Arkaden Das Objekt wurde in den Jahren 2007–2010 um - fänglich im Gestaltungsbeirat behandelt. Der Gestaltungsbeirat hat seinerzeit davon abgeraten, die Arkaden am Europaplatz aufzugeben bzw. einzuschränken. Das Grundstück liegt in der zentralen Innenstadt am Europaplatz gegenüber der ehemals kaiser- ANSICHT KAISERSTRAßE Saturn-Fassade | 67 Stadt Karlsruhe CenterCourt am Europaplatz Gestaltungsbeirat 13. November 2020 9Ansicht _ Karlstraße Fassadenvariante aus der Vorinformation zur ersten Präsentation im September 2020 Präsentation September 2020 Ansicht Kaiserstraße Präsentation November 2020 Ansicht Karlstraße Saturn-Fassade | 6968 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser die auch für das neue Projekt empfohlen wird. Der Gestaltungsbeirat dankt für die Vorstellung des für die Stadt so wichtigen Projektes und bittet um eine Wiedervorlage. Empfehlung November 2020 Bei dem Projekt handelt es sich um eine Wiedervor- lage. Die Überar beitung weist deutliche Verbes- serungen auf, etwa die Behandlung der Öffnungen im Erdgeschoss oder bei der Schaffung eines echten Halbgeschosses, in das die Beschilderung integriert werden kann. Dennoch scheint der Ent - wurf zwischen zwei Varianten zu zögern: der fragmentierten Architektur des Ursprungsbaus aus den 50er Jahren auf der einen Seite, und einer einheitlichen Architektur im Stil der umliegenden Bestandsbauten auf der anderen Seite. Der Gestaltungsbeirat ist überzeugt, dass die zweite Lösung die bessere ist: – einheitliche Baukörper, die Ruhe ausstrahlen – ein einziges Material, eine einzige Farbe – ein einziger Fenstertypus, der seriell angewen- det werden sollte. Der Gestaltungsbeirat regt an, die Fassadenvariante aus der Vorinformation zur ersten Präsentation am 25. September 2020 weiter zu verfolgen. Vorteil dieser Variante ist, dass das Gebäude auf alle Stra- ßenräume gleichermaßen eingeht und keine Rückseiten aufbaut. Durch die sich wiederholenden Fensterformate und ein einheitliches Material tritt das Gebäude wertig in Erscheinung. Es wirkt ruhig, harmonisch, zurückhaltend und kraftvoll zugleich. Der Beirat verweist auf die Stellungnahme aus der ersten Sitzung und bittet um eine erneute Vorlage nach erfolgter Überarbeitung. Anmerkung der Redaktion: Eine erneute Präsen- tation im Gestaltungsbeirat erfolgte nicht. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Broschüre haben volksbau architekten diesen auf der folgenden Doppelseite abgebildeten Planstand gesendet, in dem die Empfehlungen des Gestaltungs beirats positiv weiterentwickelt wurden. Gebäudeoberflächen wird das Volumen des Gebäu- des beliebig unterteilt und verliert damit an Aus- druckskraft. Die vor der Sitzung verteilte Präsentation (Vorinfor- mation) schlägt eine einheitliche Behandlung sämtlicher Baukörper vor. Diese Variante wird vom Beirat bevorzugt, weil sie dem Gebäude eine hoch- wertige Note ver leiht und einen harmonischen Dialog mit den umliegenden Bestandsbauten herstellt. Ein einziger Fenstertyp für den Gesamt- komplex, der im Stil auf die Postgalerie verweist, ist ein guter Ausgangs punkt für weitere Überlegun- gen. Das Ganze würde dann einheitlich wirken und Ruhe ausstrahlen. Einige Stellen müssten über dacht werden, um die Einheitlichkeit noch zu stärken. Die Öffnungen im Erdgeschoss könnten groß- zügiger bemessen sein, um eine echte Kontinuität zwischen Außen- und Innenbereich zu schaffen und somit für mehr Belebung von der Straße her zu sorgen. Positiv bewertet wurde auch, dass die Beschilderung in das Fassadendesign integriert ist und nicht über das Erdgeschoss hinausgeht. Der Umweltaspekt wird im vorliegenden Projekt durch die Begrünung von Fassadenteilen bedient. Der Gestaltungsbeirat begrüßt, dass sich das Projekt mit dem Umweltaspekt auseinandersetzt, findet jedoch, dass dieser seinen Ausdruck nicht in der Fassadenoptik, sondern eher über Dach be- grünung oder Gebäudehüllentechnik finden sollte; die Fassade sollte ihre Natursteinoptik beibe hal - ten. Das Fassadenmaterial muss Kontinuität im Ver gleich zu den anderen wichtigen Gebäuden des Standorts aufweisen: Es wird daher empfohlen, sich auf ein einziges Material und eine einzige Farbe für den gesamten Gebäudekomplex zu beschränken. Vorstellbar ist allerdings auch, sich an den Fotos und dem Grundriss des Originalgebäudes aus dem Jahr 1954 zu orientieren. Darin behauptet sich der Turm durch die Lösung der Fassaden öffnungen als eigenständiges Element. Das oberste Stock - werk des Turms ist nach hinten versetzt und wirkt wie eine Krone für diesen Gesamtkomplex, der den Stadtraum der Kreuzung von Kaiserstraße und Karlstraße mitprägt. Man erkennt hier auch die Betonung eines Zwischenstockwerks, das den Bezug des Gebäudes zur Straße verstärkt. Bemerkens - wert ist die große Raffinesse bei den Detaillösungen, Saturn-Fassade | 69 7Stadt Karlsruhe CenterCourt am Europaplatz Gestaltungsbeirat 13. November 2020 13Perspektive _ Kaiserstraße / Ecke EuropaplatzPerspektive Kaiserstraße / Europaplatz Präsentation November 2020 Stadt Karlsruhe CenterCourt am Europaplatz Gestaltungsbeirat 13. November 2020 15Perspektive _ U-Bahn Aufgang Saturn-Fassade | 7170 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Weiterentwicklung der Fassaden entsprechend der Empfehlungen November 2020 Saturn-Fassade | 71 7 72 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Sanierung Kronenstraße 24 8 BauortKronenstraße 24, Innenstadt-Ost Bauherrin Volkswohnung GmbH, Karlsruhe Planverfasser Thomas Fabrinsky Architekt BDA, Karlsruhe Status Gestaltungsbeirat 09–2018 Fertigstellung geplant 2025 Die Sockelzone des Bestandsgebäudes ist etwas zu niedrig und wirkt gedrungen. Der Gestaltungs- beirat empfiehlt die höher liegende Sockellinie der beiden Nachbargebäude in der weiteren Gestal- tung zu berücksichtigen, um die Erdgeschosszone optisch zu überhöhen. Der Gestaltungsbeirat begrüßt die Absicht der Verfasser dem Haus mehr Massivität zu geben. Um den Eindruck eines Wohngebäudes zu unter- streichen sollten die Fensterformate stehend aus- gebildet werden. Da sich die Geschossigkeit des Bestandsbaus von seiner Nachbarschaft unter- scheidet, sollte der »Gebäuderahmen« ausreichend breit bleiben. Bei der dem Beirat vorliegenden Planung erschien dieser noch zu schmal. Die Beto- nung der Fenstertiefe durch ein Kupferblech in der Fensterlaibung wird begrüßt. Ob die Laibungen allerdings über die Gebäudeflucht geführt wer - den müssen, sollte in Kenntnis der dekorreichen Nachbarschaftsfassaden nochmals kritisch hin- terfragt werden. Ein monolithisches Erscheinungs- bild des Volkswohnungsbaus könnte hier ein wohl tuen der Kontrast sein. Hofseite: Die Verfasser schlagen auf der Hofseite eine dem Gebäude vorgelagerte Balkonkonstruktion in Stahlbau vor. Der etwa mittig gelegene Treppen- turm soll nochmals farbig abgesetzt werden. Zum Projekt Die Volkswohnung beabsichtigt das in Ihrem Gebäu- debestand befindliche Wohn- und Geschäfts- haus grundlegend zu sanieren, es im rückwärtigen Bereich mit Balkonen auszustatten, eine Photo- voltaikanlage auf dem Dach zu errichten und die mit Faserzementplatten verschindelte Fassade voll- ständig zu erneuern. Das Grundstück liegt an der südwestlichen Ecke Kaiserstraße/Kronenstraße an exponierter Stelle. Westlich schließt das historistische Wohn- und Geschäftshaus Kaiserstraße 97 mit seiner gelben Sandsteinfassade und südlich das im Neo- renaissancestil erbaute Wohn- und Geschäfts - haus Zähringerstraße 72 (gelber Sandstein mit Klinkerausmauerungen) an. Beide Gebäude sind Kulturdenkmale. Empfehlung September 2018 […] Straßenseite: Bei der Ortsbesichtigung wird durch den Gestal- tungsbeirat festgehalten, dass das Bestands- gebäude keine Unterteilung in einen »Turm-« und »Flachbau« benötigt und es dem Gesamten sem- ble der Straßen guttut, beide Gebäudeteile als ein Volumen zu denken. Sanierung Kronenstraße 24 | 73 BV Kronenstraße 24 | VOLKSWOHNUNG | 14.09.2018 | Seite 3 17.07.2018 | Seite 3 Bestandsfoto | Kaiserstraße Bestandsfoto | Kaiserstraße Blick Richtung Kronenstraße BV Kronenstraße 24 | VOLKSWOHNUNG | 14.09.2018 | Seite 10 17.07.2018 | Seite 10 Ansicht Kronenstraße und Kaiserstraße | Bestand Kronenstraße Kaiserstraße BV Kronenstraße 24 | VOLKSWOHNUNG | 14.09.2018 | Seite 11 17.07.2018 | Seite 11 Ansicht Kronenstraße und Kaiserstraße | Planung Kronenstraße Kaiserstraße Kaiserstraße, Blick Kronenstraße Kronenstraße, Blick Richtung Kaiserstraße Kronenstraße und Kaiserstraße Ansicht Bestand Ansicht Planung Sanierung Kronenstraße 24 | 7574 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Der Gestaltungsbeirat regt an, das Gebäude auch auf der Hofseite als einen monolithischen Block zu betrachten und auf additive Elemente eher zu verzichten. Die Balkone könnten als Volumen- einschnitte gestaltet werden. Der Gestaltungsbeirat freut sich über die qualitative Aufwertung des Bestandsbaus durch die Fas sa - den sanierung und sieht keine Notwendigkeit für eine Wiedervorlage des Vorhabens. Grundriss Regelgeschoss Sanierung Kronenstraße 24 | 75 8 Visualisierung, Fassade nach Sanierung 76 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Peek & Cloppenburg Kaiserstraße 9 BauortKaiserstraße, Lammstraße 4, Zirkel, Innenstadt-West Bauherrin Horn Grundbesitz KG im Auftrag der Naxos Grundbesitz KG, Düsseldorf Planverfasserin Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten, Münster Status Gestaltungsbeirat 07–2019, 10–2022 Fertigstellung, geplant 2024 detaillierter Unterlagen, sowie eines Modells am 13. November 2020 statt. Das Projekt wurde weitest- gehend positiv beurteilt. Eine Wiedervorlage wurde nicht als nötig erachtet. Anmerkungen wur- den zur Erscheinung der Erdgeschosszone in der Kaiserstraße gemacht. Im Zusammenhang mit der gemeinderätlichen Diskussion in der 41. Plenarsitzung des Gemeinde- rats am 26. Juli 2022 zum Eintritt ins Bebau- ungsplanverfahren wurden verschiedene, auch ge - stalterische Fragen gestellt, die zu einer erneuten Beratung des Projekts im Gestaltungsbeirat am 14. Oktober 2022 führten. Explizit wurden der Wunsch nach Begrünung der Fassaden geäußert, sowie, mit Blick auf die als sehr positiv empfundene Fassadengestaltung des Bestandsgebäudes, der Wunsch ein ähnlich zeichenhaftes, sich weiter öffnendes Gebäude auch in der Zukunft an dieser Stelle zu haben. Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion sind ökologische Aspekte. Empfehlung November 2020 Neubau Hotel- und Geschäftshaus Der Gestaltungsbeirat begrüßt die sehr guten Un - terlagen und die Vorlage eines durchgearbeiteten Modells zur Beurteilung der Bauaufgabe. Die städtebauliche Situation mit einer Schließung der jeweiligen Raumkanten ist bei dem innerstädti- Zum Projekt Das Kaufhaus Peek & Cloppenburg an der Ecke Kaiserstraße/Lammstraße einschließlich dem zu gehörigen Parkhaus an der Ecke Zirkel / Ritterstra- ße soll abgebrochen und durch einen Neubau als mischgenutztes Geschäftshaus ersetzt werden. Das Grundstück befindet sich in zentraler Innen- stadtlage und bildet den östlichen und nördlichen Blockrand Kaiserstraße / Lammstraße / Zirkel / Ritter- straße. Gegenüber der südlichen Fassade liegt das an dieser Stelle ortsbildprägende Kaufhaus Karstadt, dessen Fassade denkmalgeschützt ist. Die Nordseite des Zirkels ist geprägt von ehemaligen Verwaltungsbauten der Residenzzeit bzw. deren Wie deraufbauten, die heute überwiegend von der Landesbank Baden-Württemberg oder der Uni- versität genutzt werden und ebenfalls Kulturdenk- mal sind. Es gelten die Bebauungspläne Nr. 277 »Kaiserstra- ße« (1963) und Nr. 614 »Nutzungsarten« (1985). Planungsrechtlich handelt es sich um ein Kerngebiet. Das Projekt wird im Wege eines vorhabenbezoge- nen Bebauungsplans entwickelt. Eine Vorläuferplanung wurde dem Gestaltungsbei- rat am 5. Juli 2019 vorgelegt. Eine erneute Befassung mit dem weiter entwickel- ten Projekt fand auf Grundlage umfassender und Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 77 Perspektive Kaiserstraße – Präsentation November 2020 Bestandsfoto Oktober 2000 Bestandsfoto Oktober 2019 78 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Kritisch beurteilt werden die etwas zu klein gera- tenen, additiven Vordächer in der Kaiserstraße. Die Kaiserstraße ist geprägt von einem stark akzen- tuierten Erdgeschossband, welches sich über die Mehrzahl der Bebauung dort erstreckt. Hier bittet der GBR die Verfasser eine Antwort zu finden, wie diese horizontale Betonung ange- messen in ihrem Gebäudeentwurf integriert wer- den kann. Das Bauvorhaben wird den Standort aufwerten und sollte in der Qualität der gezeigten Planung umgesetzt werden. Eine Wiedervorlage ist nicht erforderlich. Anregungen zur Planung aus der Gemeinderats- sitzung vom 26. Juli 2022 »…Daran knüpfte unmittelbar die Diskussion um die äußere Gestalt des Neubaus an. Der Gestal- tungsbeirat hat die architektonische Qualität des vorliegenden Entwurfs sehr wohl gewürdigt. Sehr geschätzt wird jedoch eben so der ausgezeich - nete Entwurf des Architekturbüros Kleihues + Kleihues aus dem Jahr 2002, also der heutige Bestand. Von verschiedenen Stadträtinnen/Stadträte wurde die heutige Fasadengestaltung, die mit horizontal lie genden, großzügigen Fensterelementen offen gestaltet ist, gegenüber der vorgeschlagenen, neuen Fassadengestaltung mit ihrer großen Strenge und Repetitivität als ansprechender empfunden. Hinzu kommt der Wunsch nach Begrünung. …« Empfehlung Oktober 2022 Neubau Büro- und Geschäftshaus Eine Vorläuferplanung wurde dem Gestaltungsbei- rat im Juli 2019 und im November 2020 vorgelegt. Im Hinblick auf Forderungen aus einer Gemeinde- ratsdiskussion im Juli 2022 wurde das Projekt nochmals hinsichtlich Begrünung und Fassadenge- staltung überarbeitet. Das jetzt vorgelegte Projekt ist aus einer umfangreichen Variantenuntersu- chung entwickelt worden. Die einzelnen Entwurfs- entscheidungen wurden mit Herleitungen zu Begrünungsflächen, Komfort in Abhängigkeit von Fensterflächenanteil in der Fassade, CO2-Bilanzen hinterlegt. schen Gefüge des Blocks weitgehend gesetzt. Das Ensemble wird vom Vorhabenträger in zwei Bau- körper gegliedert. Ein Kopfbau zur Kaiserstraße geht in einen Winkelbau entlang der Lammstraße und des Zirkels über. Während der Kopfbau mit einem Staffelgeschoss und Flachdach auf seine Nachbarschaft reagiert, übernimmt der Winkelbau das Motiv des Mansard- dachs mit leicht zurückgesetzten Gauben. Beide Gebäudeteile sind über die Materialität und den Rhythmus der Fassadengliederung miteinander ver- woben, so dass ein homogener ruhiger Gesamt- eindruck entsteht. Der Vorschlag der Planverfasser das Kreissegment des Neuen Zirkels auch in eine gekrümmte Fas- sadenabwicklung zu überführen, wird durch den Gestaltungsbeirat begrüßt. Die helle und durch den sandfarbenen Ziegel hoch- wertige Fassadeanmutung gibt dem Haus eine freundliche und elegante Erscheinung. Gerade die Abwicklung entlang des Zirkels kann überzeu - gen. Die detailliert ausgearbeitete Fassade zoniert das Gebäude in ansprechenden Proportionen und unterstreicht die Gestaltabsicht eines zeitlosen und damit dauerhaften Gebäudeensembles. Die Höhe des Gebäudes erscheint durch die Zonie- rung angemessen und wird nicht kritisch gese- hen. Der Gestaltungsbeirat regt an zu überprüfen, ob die Gauben des Winkelbaus nicht auch in der Materialität des Daches, in Kupfer, ausgebildet wer - den können, um den klassischen Aufbau der Fas- sade mit Sockel, Mittelzone und Dach noch weiter zu stärken. Ebenso empfiehlt der Gestaltungsbeirat die Gebäude - ecken entlang des Zirkels gestalterisch auszu- arbeiten, da hier die erzielte »Feinheit« der übrigen Regelfassade noch vermisst wird. Es erscheint unnötig die angestrebte Realteilbarkeit des Winkelbaus in der Mitte des Zirkels durch eine Gebäudefuge zu betonen. Ein durchgehender Rhythmus der Fassadenabwicklung ohne Mitten- betonung könnte die Eleganz der gebogenen Ge - bäu defront weiter stärken. Besonders begrüßt der Gestaltungsbeirat die gelungene Integration der Haustechnik im Dach- aufbau, so dass keine störenden Aufbauten zu erwarten sind und eine Begrünung des flachen Mansarddachabschlusses zur mikroklimatischen Aufwertung des Standorts umgesetzt werden kann. Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 79 tierten Entwurf substantiellen Erhöhung des Grünflächenanteils auf den Dachflächen und im Innenhof, und in Hinblick auf die mögliche Ergänzung der in der Sitzung angeregten Bepflan- zung der Terrassen, empfiehlt der Gestaltungs- beirat diese Kombination der Maßnahmen und hält eine ergänzende Fassadenbegrünung der klima- technisch optimierten Fassade für nicht zielführend. Die zurückhaltende Überdachung des Eingangs- bereiches zur Lammstraße wurde bereits früher gutgeheißen. Insgesamt schafft das Projekt eine Weiterent- wicklung als Stadtbaustein – auch im Hinblick auf einen angemessenen Beitrag zur Klimaanpas - sung durch einen hohen und wirksamen Begrünungs- anteil der Dachflächen und des Innenhofs. Wesentliche Änderungen sind: – Anstelle eines Hotels sind in den Dachgeschos- sen nun Büroflächen vorgesehen. – Das Mansarddach wurde durch eine zweige- schossige gestaffelte Flachdachlösung ersetzt. – Der Baukörper im Innenhof wurde von sechs Geschossen auf drei Geschosse reduziert. – Die Dächer der Randbebauung sind nun mehr extensiv, der Innenhof-Bebauung intensiv begrünt. – Der Öffnungsanteil in den Fassaden wurde von 34 Prozent auf 45 Prozent erhöht. Der Gestaltungsbeirat begrüßt die Weiterentwick- lung und hält darüber hinaus fest: Der höhere Öffnungsanteil in den Fassaden balan- ciert in Verbindung mit der geplanten Natur- steinfassade die Einbindung des Projektes in den klassizistischen Kontext mit einem zeitgemäß modernen Erscheinungsbild sehr gut aus. Die ge - schossweise Differenzierung der Verglasungen je nach Funktion unterstützt die horizontale Glieder - ung der Baukörper. Die Teilung der Fensterflächen in den Bürogeschossen mit seitlichen Öffnungs- elementen wird begrüßt. Die Möglichkeit der freien Fensterlüftung ist ein zeitgemäßes Mittel zur Steigerung der Arbeitsplatz-Qualität. Ebenso die differenzierte Lage in der Fensterlaibung, die zwar nicht in den Visualisierungen, jedoch im Vortrag nachvollziehbar erläutert wurde. Auf die Gestaltung der notwendigen Sonnenschutz-Elemente muss aus Sicht des Gestaltungsbeirats besonderer Wert gelegt werden. Eine Reminiszenz an den Son- nenschutz des Ursprungsbaues mittels Markisen scheint wünschenswert, wird aber wohl adäquat durch perforierte Horizontal-Lamellen ersetzt werden können. Die terrassierte Flachdachlösung wird der modifizier - ten Nutzung deutlich besser gerecht und stärkt nochmals die Idee der unterschiedlich hohen Trauf- linien. Der Gestaltungsbeirat regt an, hier – auch aus Gründen des Stadtklimas – über eine Bepflanzung der abgestuften Terrassen nachzudenken, die im Stadtbild wirksam wird. Das Thema einer zusätzlichen Fassadenbegrünung wurde, auch im Hinblick auf die von der Stadt geplante Grünsatzung, diskutiert. Angesichts der im Verhältnis zu dem im November 2020 präsen- Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 79 9 80 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 81 Schnitt A-A Perspektive Zirkel / Ritterstraße Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 81 9 Schnitt B-B – Präsentation Oktober 2022 Perspektive Lammstraße / Zirkel – Präsentation November 2020 82 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 83 Lageplan Erdgeschoss Regelgeschoss Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 83 9 Modellfoto Kaiserstraße Materialkonzept Fassade und Dach sandfarbene Ziegel Metall Stehfalzdach, Kupfer Aluminium, heller Bronzefarbton 84 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 85 Perspektive Kaiserstraße – Präsentation Oktober 2022 Peek und Cloppenburg Kaiserstraße | 85 9 Perspektive Lammstraße / Zirkel 86 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Seniorenwohnen Kochstraße 2 10 BauortKochstraße 2 / Südliche Hilda-promenade, Innenstadt-West Bauherrin WLH-Konzeptions- und Bauträger GmbH, Ettlingen Planverfasser innen AGP Generalplaner GmbH Architrav Architekten, Karlsruhe Status Gestaltungsbeirat 11–2012, 01–2013 Fertigstellung 2015 Die Verbindung der beiden südlichen Gebäude zu einem L-Typ, der diesem Ansatz entgegensteht, ist daher nicht verständlich und sollte entfallen. Auch die eher zerklüfteten Einschnitte werden in Frage gestellt. Insbesondere gilt dieses für das Eckgebäude, das sich zum zweigeschossigen Kin- dergarten zu stark abtreppt. Die an dieser nord- westlichen Gebäudeecke platzierte Tiefgaragenzu- fahrt liegt ungünstig. In einer Überarbeitung der Eckausbildung sollte dieses, wie auch die Aus - richtung der Grundrisse, berücksichtigt werden. Die Geschossigkeit mit vier Vollgeschossen und einem Staffelgeschoß scheint verträglich, ein erhöh - tes Sockelgeschoss wäre für die Wohnungen ratsam und entspräche auch dem Typ der Stadt- villen. Die städtebauliche Setzung mit der dar- gestellten Höhenausbildung sollte im Einsatzmodell überprüft werden. Empfehlung Januar 2013 Der Gestaltungsbeirat begrüßt die Überarbeitung des Entwurfes, der jetzt auf die städtische Kör- nung der angrenzenden Bebauung eingeht. Durch die Typologie der solitären großen Stadthäuser wird der Maßstab und Charakter des städtischen Umfeldes aufgenommen und der Kindergarten wird sinnvoll hiervon gelöst. Höhen- und Gebäude- tiefen sind verträglich, auch wenn die Darstellung in einem realen Modell, über das gezeigte digitale Modell hinaus, begrüßt würde. Ein Höhenschnitt, unter Einbeziehung der großen Dachaufbauten des Zum Projekt Anstelle des bestehenden Wohnheims der Badischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz e.V. in der Kochstraße 2 / Ecke Südliche Hildapromenade sollen eine neue Wohnbebauung für Senioren und eine Kindertagesstätte entstehen. Das Grundstück gehört zu dem Gesamtareal Kai- serallee, Kochstraße, Südliche Hildapromenade und Virchowstraße, das durch dichten alten Baumbe- stand geprägt ist. Auf dem westlichen Grundstück befinden sich die Psychiatrie des Städtischen Kli- nikums, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und zwei Wohnheime. Die Gebäude der Psychiatrie sind Solitärbauten im Park. Die Wohnheime der Badischen Schwesternschaft (DRK-Altenpflegeheim Luisen- heim) stehen entlang der Kochstraße, mit Vorgarten. Für das Gebiet besteht ein Baufluchtenplan von 1914. Ansonsten richtet sich die Bebauung nach BauGB § 34. Empfehlung November 2012 Die neue Bebauung wird an der Kochstraße in Flucht des kürzlich erstellten Wohnheimes ausgerichtet und in Anlehnung an die historischen, gegenüber- liegenden Stadtvillen in drei Gebäude gegliedert. Dieser städtebauliche und gebäudetypologische An - satz wird vom Gestaltungsbeirat begrüßt, auch in Hinblick auf den Erhalt der bestehenden Bäume. Erdgeschoß Seniorenwohnen | Kochstraße | Karlsruhe Seniorenwohnen Kochstraße 2 | 87 Erdgeschoß Seniorenwohnen | Kochstraße | Karlsruhe Seniorenwohnen | Kochstraße | Karlsruhe Perspektive Grundriss EG Seniorenwohnen Kochstraße 2 | 8988 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Perspektive Hildapromenade Seniorenwohnen | Kochstraße | Karlsruhe »Plat te«, die eine vorhandene Differenz in der Höhen lage der Straße von 80 cm aufnimmt, ist ver- ständlich und wird begrüßt. Zusätzliche Einfrie- dungen durch Absturzsicherungen sollten möglichst vermie den werden. Insgesamt hat die Entwicklung des Entwurfs den Gestaltungsbeirat überzeugt. Bestandes, wird für das weitere Verfahren benötigt. Die Lage der Tiefgaragenzufahrt wie auch die Zugänge zu den einzelnen Häusern werden positiv beurteilt, gleiches gilt auch für die Zonierung der Wohnungen mit größtenteils Belichtung über Eck. Die topografische Interpretation über eine Präsentation November 2013 Perspektive Südliche Hildapromenade Seniorenwohnen Kochstraße 2 | 89 10 Ansicht West - Hof WLH Projekt- und Grundstücksentwicklung GmbH Seniorenwohnen // Kochstraße // Karlsruhe WLH Ansicht Ost - Kochstraße Ansichten Perspektive Kochstraße Seniorenwohnen | Kochstraße | Karlsruhe Perspektive Kochstraße Ansichten Seniorenwohnen Kochstraße 2 | 9190 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Seniorenwohnen Kochstraße 2 | 91 10 92 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Gemeinsam Leben Mehrfachbeauftragung 11 BauortKönigsbergerstraße 37, Waldstadt Bauherrin Volkswohnung GmbH, Karlsruhe Planverfasser in Planfabrik SPS, Ettlingen Status Gestaltungsbeirat 01–2013 Fertigstellung 2017 stand mit Waldcharakter verfügt. Im Osten befindet sich die St.-Hedwig-Kirche. Südlich sowie südöst- lich des Planungsgebiets befinden sich überwiegend Reihenhäuser sowie Einzelhäuser entlang der Til- siter Straße. Im Norden des Planungsgebiets grenzt ein Parkplatz mit einer Fläche von ca. 1.880 m² an das Grundstück, der zum Teil in die Planung mit einbezogen werden konnte. Die Erschließung des Grundstücks erfolgt von der Königsberger Straße. Eine Straßenbahnhaltestelle befindet sich in ca. 200 m Entfernung. Zur Konkretisierung hat die Volkswohnung im Mai 2012 einen Ideenwettbewerb ausgelobt und sechs Architekturbüros zur Teilnahme eingeladen. Am 24. Juli 2012 fand die Jurysitzung statt. Das Entscheidungsgremium setzte sich aus insgesamt 16 Vertretern seitens des Gemeinderates, des Stadtplanungsamtes, der Wohnprojektgruppe »Sophia Karlsruhe e.V.«, des Bürgervereins Wald- stadt e.V. und der Volkswohnung zusammen. Bei der Beurteilung der eingereichten Arbeiten stand die Überlegung im Vordergrund, wie der gemein- schaftliche Grundgedanke in den Entwürfen umge- setzt worden ist und wie gut sich das neue Gebäu- deensemble in die bereits bebaute Umgebung einfügt. Die Jury entschied, dass zwei der eingereich - ten Entwürfe in einem weiteren Bearbeitungs- schritt vertieft werden sollten. Sie stammten vom Büro Planfabrik SPS aus Ettlingen und vom Karls- ruher Büro evaplan. Nachdem nach einer erneuten Auswertung der überarbeiteten Arbeiten durch das Zum Projekt Auf Initiative der Wohnprojektgruppe »Sophia Karlsruhe e.V.« wurde gemeinsam mit dem Bürger- verein der Waldstadt, der Volkswohnung und dem Stadtplanungsamt in den Jahren 2010 / 11 ein Konzept mit dem Arbeitstitel »Gemeinsam Leben – neues Wohnen zum Andocken im Stadtteil Karls- ruhe-Waldstadt« entwickelt und nach einem geeigneten Grundstück gesucht. Bestandteile des Konzepts waren verschiedene, sich ergänzende Wohnformen, ein Café sowie die Unterbringung von Dienstleistungen aus dem Gesundheitswesen. Das Modellprojekt soll auf dem städtischen Grund- stück Königsberger Straße 37 verwirklicht werden. Auslober der Mehrfachbeauftragung war die Volkswohnung GmbH. Gegenstand der Mehrfach- beauftragung waren die städtebauliche Planung sowie die Planung des Gebäudekomplexes. Da - rüber hinaus sollte ein Konzept für die Freianlagen des Planungsgebietes erstellt werden. Das Planungsgebiet befindet sich im Stadtteil Karlsruhe-Waldstadt und umfasst das Grundstück mit der Flurstück-Nr. 72308 mit einer Fläche von ca. 4.382 m². Das Gelände war ursprünglich mit einem Jugendhaus und Kinderhort in Leicht- bauweise bebaut, die 2010 zurückgebaut wurden. Das Grundstück wird im Süden und Westen von der Königsberger Straße eingefasst. Der Nordwes- ten des Planungsgebiets ist geprägt von einer Zeilenbebauung, die über einen hohen Baumbe- Gemeinsam Leben | 93 Perspektive Platz Perspektive Hof Gemeinsam Leben | 9594 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Nicht überzeugen kann hingegen die breite Frei- treppe im Zentrum. Sie sollte entweder ganz entfallen, oder falls doch eine Verbindung gewünscht wird, sehr viel bescheidener ausfallen. Die Lau- bengänge könnten noch etwas großzügiger ausfal- len, um Kommunikationsmöglichkeiten zu ver- stärken. Im Nordosten der Bebauung sollten in den oberen Geschossen die Laubengänge verglast wer- den, um Durchzug zu vermeiden und so die Auf - enthaltsqualität zu erhöhen. Die Konzentration der gewerblichen Nutzung in einer winkelförmigen Anordnung wird ebenfalls begrüßt. Auch die Lage von Café und Mehrzweckraum ist überzeugend. Wünschenswert wäre es, oberirdische Fahrradab- stellplätze vorzusehen. Die vorgestellten Fassaden in ihrer Materialität und Farbabstimmung werden ebenfalls positiv bewertet. Insgesamt ein sehr engagiertes Projekt für ein nicht minder engagiertes soziales Konzept und ein großer Gewinn für die Stadt. Entscheidungsgremium am 25. Oktober 2012 noch kein endgültiger Siegerentwurf festgelegt werden konnte, entschied die Volkswohnung, die Ent- würfe dem Gestaltungsbeirat vorzustellen, der in neutraler Funktion eine Empfehlung für eine der beiden Planungen aussprechen soll. Das ausgewählte Konzept des Siegerentwurfs soll über ein vorhabenbezogenes Bebauungsplan- verfahren planungsrechtlich umgesetzt werden. Empfehlung Januar 2013 Für die Idee, ein Konzept mit dem Arbeitstitel »Gemeinsam Leben – neues Wohnen zum Ando- cken im Stadtteil Karlsruhe-Waldstadt« zu ent- wickeln, sind die Initiatoren »Sophia Karlsruhe e. V.«, Bürgerverein Waldstadt, Volkswohnung und Stadt- planungsamt zu beglückwünschen. Der Gestal- tungsbeirat findet es auch sehr positiv, dass die Volks - wohnung GmbH eine Mehrfachbeauftragung auslobte. Nachdem das ursprüngliche Entscheidungs - gremium keine endgültige Auswahl festlegte, wurde der Gestaltungsbeirat gebeten, eine Emp- fehlung für eine der beiden Arbeiten abzugeben. Dem Gestaltungsbeirat wurden die verkleinerten Pläne eine Woche vor der Entscheidung zuge- schickt, sodass bei der Grundstücksbesichtigung vor Ort die wichtigsten Informationen bereits bekannt waren. Auch die beiden Kurzreferate der beteiligten Architekturbüros vertieften die bereits erhaltenen Erkenntnisse weiter. Es ist festzuhal - ten, dass beide Lösungsansätze das nicht ganz ein - fache Programm engagiert und qualitätvoll um - setz ten. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt einstimmig, die Arbeit von Planfabrik SPS der weiteren Bear- beitung zugrunde zu legen. Diese Arbeit übersetzt das Thema vom »gemeinsa men Leben« sehr gut in eine städtebauliche Struktur. Die Proportionen der einzelnen Baukörper bilden in ihrer Körnung ein gutes Basiskonzept. Auch das zurückgesetzte Attika - geschoss wird positiv bewertet. Eine zentrale Rolle spielen die bei den Höfe und die gute Anbin- dung an die Königsberger Straße, was auch für die Auffindbarkeit von Bedeutung ist. Es entstehen sehr schöne Übergänge von öffentlichen über halböffentliche bis hin zu privaten Zonen. Um die Freiraum- und Grünplanung zu optimieren, sollte die Zusammenarbeit mit Landschaftsarchi- tekten angestrebt werden. Gemeinsam Leben | 95 11 Perspektive Entrée Ansicht Nord-West Schnitt Gemeinsam Leben | 9796 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Gemeinsam Leben | 97 Grundriss EG OG 1 und 2 11 Gemeinsam Leben | 9998 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Pflegeeinrichtungen und Wohnen im Alter Gemeinsam Leben | 99 11 100 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung IWKA-Gelände Bürogebäude und Jobcenter 12 BauortBrauerstraße 10, Südweststadt Bauherrin B.S. Vermögensgesellschaft mbH, Karlsruhe Planverfasser Henn Architekten München; Schmidt & Schmidt, Dipl.-Ing. Stefan E. Schmidt, Karlsruhe Status Gestaltungsbeirat 09–2013, 07–2016, 11–2016, 05–2017 Fertigstellung Jobcenter 2019, Bürogebäude 2020 gefordert. Die östliche lotrechte Ausführung des Staffelgeschosses, beziehungsweise ein deutliches Zurückweichen gegenüber der Westfassade, wird bei Reduzierung der Gesamthöhe hinsichtlich der eindeutigen Ausrichtung des Gebäudes zur vorge- lagerten Freifläche und Abrundung des Baublockes positiv gewertet. In der Zwischenzeit hatte sich die Planung dahinge- hend geändert, dass jetzt zwei Gebäude errichtet werden sollen: Der Neubau STP wird kürzer, dafür wird südlich davon von derselben Bauherrin der Neubau des Jobcenters für die Agentur für Arbeit geplant von den Architekten Schmidt & Schmidt errichtet. [...] Empfehlung Juli 2016 Das Projekt einer gläsernen Software-Fabrik zeigt einen herausragenden Gestaltungsanspruch. Es ist ursprünglich als ein langgestrecktes, vollverglastes Bauvolumen aus einem konkurrierenden Verfahren hervorgegangen und wird nunmehr als zwei Ge - bäude vorgestellt. Ein gekürztes Glas-Gebäude ist für die Software Firma vorgesehen, ein anderes, einfacheres und günstigeres Gebäude für ein Job- center der benachbarten Agentur für Arbeit. Die Agentur für Arbeit hat hier eine einmalige Gele - genheit, alle ihre Mitarbeiter an einem Standort ansiedeln zu können. Ein Antrag auf Vorbescheid ist eingereicht. Zum Projekt Die Firma STP Informationstechnologie AG befindet sich derzeit bereits auf dem ehemaligen IWKA- Gelände in einem Gebäude in der Lorenzstraße 29. Sie möchte einen Neubau auf dem ehemaligen Erweiterungsgrundstück der Agentur für Arbeit er - richten. Anfang 2013 fand eine Mehrfachbeauf- tragung mit sechs Architekturbüros statt, aus der das Büro Henn Architekten, München, als 1. Preisträger hervorging. Die Planung wurde im September 2013 im Gestaltungsbeirat vorgestellt, da die Stadt Karlsruhe nicht an dem Wettbewerbsverfahren beteiligt war. Damals handelte es sich noch um ein Gebäude über die gesamte Grundstückslänge. Empfehlung September 2013 Der Gestaltungsbeirat wertet das Gebäude in sei - nem Volumen und in der Kontur als deutlich überzogen gegenüber dem Bestandsgebäude der Agentur für Arbeit. Hier wird eine wesentlich subtilere Einpassung der Neubaumasse erwartet. Wichtig erscheint dem Gestaltungsbeirat die Über- prüfung der Wirkung des geplanten Gebäudes auf die Innenhofsituationen der Agentur für Arbeit, die durch die Realisierung des vorgelegten Ent- wurfes wesentlich verschlechtert würden. Das geplante Gebäude erscheint um mindestens ein Geschoss überhöht. Hier wird eine deutliche Ver- ringerung der Gebäudehöhe durch Reduzierung der Geschosshöhe oder Entfall eines Regelgeschosses IWKA-Gelände | 101 7Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe · Vorlagen zur 44. Sitzung am 25. November 2016 Stadt KarlsruheStadtplanungsamt Präsentation September 2013 Konzept Präsentation Mai 2017 Lageplan IWKA-Gelände | 103102 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung In der überarbeiteten Fassadenplanung des Neubaus werden daher raumbildende Kanten des Nach- bargebäudes aufgenommen. Aufgrund zusätzlicher definierter Anforderungen an die Arbeitsbereiche und den Sichtschutz im Jobcenter bleibt das geplante Gebäude des Jobcenters jedoch nach wie vor fremd neben seinem gläsernen Nachbarn. Die hori - zontalen Fensterbänder und die Kaskade aus Beton-, Brüstungs- und Relingskanten bilden ein neues Element im städtebaulichen Kontext. Der Gestal- tungsbeirat möchte ausdrücklich seine Anerken- nung aussprechen für diesen Planungsschritt, sieht allerdings für die weitere Planung größere Gestal- tungsmöglichkeiten im Rückgriff auf eine struktu- rierte Fassade. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt daher in der wei - teren Fassadenplanung eine Lochfassade zu ent- wickeln und den Neubau des Jobcenters als mono- lithischen Solitär zu gestalten, der keine Vorder- und Rückseiten zu seinen Nachbarn ausbildet. Auf diese Weise könnte der Anteil der Verglasung insgesamt gesenkt und somit den zusätzlichen An - forderungen Rechnung getragen werden. Mit einem zweischaligen Mauerwerk könnte unmittel- bar der Bezug zu den Ziegelfassaden der angren- zenden Gebäude hergestellt werden. Ein massives Fassadenmaterial, wie beispielsweise eine vorge- hängte Sichtbeton-Fassade, ist aus Sicht des Gestal - tungsbeirats ebenfalls gut denkbar. Wichtig ist für die Adressbildung, dass ein einfaches, gut pro - portioniertes Gebäude für den Neubau des Job- centers entsteht, dessen Fassade als Teil des Gesamt- volumens geplant ist. Für die Planung der Freianlagen wird empfohlen, die Planung von Dieter Kienast, die im Westen befestigte Flächen und im Osten Grün- und Rasen- flächen vorsieht, in einem qualifizierten Grün- und Freiflächenplan für den Neubau zu berücksich- tigen. Insbesondere die Freifläche, die sich zwi- schen dem Neubau für STP Informationstechnologie und dem Neubau des Jobcenters ausbildet, gilt es in einer Gesamtplanung zu integrieren. Der Gestaltungsbeirat dankt Antragsteller und Planver- fassern für den gemeinsamen Weg und wünscht viel Erfolg für das Projekt. […] Es werden einige städtebauliche Themen diskutiert: Das gekürzte Bauvolumen erscheint weniger ansprechend und elegant als das frühere Konzept; ist es nicht möglich, die beiden Nutzungen trotz der erheblich unterschiedlichen Ansprüche an ein Gebäude in einem Baukörper unterzubringen? [...] Die hochwertige Lage in Karlsruhe braucht auch ein hochwertiges Gebäude; dies ist zu berücksich- tigen. Der Gestaltungsbeirat würde ein zusam- menhängendes Gebäude deutlich bevorzugen und bittet um Überprüfung. In diesem Zusammenhang könnte auch eine günstigere Fassadenvariante überprüft werden, die für beide Nutzungen möglich ist. [...] Beim vorgestellten Entwurf für das Job- center wird vom Gestaltungsbeirat angemerkt, dass sich die Volumina der beiden Gebäude annähern sollten, insbesondere in der Dachlandschaft. [...] Eine Bandfassade scheint nicht die angemessene Antwort für ein Bürogebäude an diesem Standort zu sein. Für die weiteren Untersuchungen sind die Materialität und die Farbigkeit der Umgebung zu analysieren. Der Gestaltungsbeirat wünscht eine Wiedervorlage mit Varianten und vergleichenden Zeichnungen / Renderings. Empfehlung November 2016 Der aktuelle Stand der Planung wird vorgestellt. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt, die beiden Teilprojekte enger zu koordinieren, um trotz der unterschiedlichen Nutzungen eine einheitliche gestalterische Qualität und aufeinander bezogene architektonische Aussagen zu erhalten. Empfehlung Mai 2017 Der Neubau des Jobcenters auf dem Erweiterungs- grundstück der Agentur für Arbeit war bereits Gegenstand in vorausgegangenen Sitzungen des Gestaltungsbeirats. Der lange Weg vom Bebau- ungsplan über den erfolgreichen Entwurf in der Mehrfachbeauftragung 2013, der von der Er - richtung eines linearen Baukörpers ausgegangen ist, bis zur Entscheidung 2016, den geplanten Neubau für STP Informationstechnologie zu verklei- nern und im Süden den Neubau des Jobcenters als zweiten Baukörper zu setzen, zeigt die vorheri- gen Schritte. Die vorgelegte Planung nimmt die Empfehlungen des Gestaltungsbeirats vom Novem- ber 2016 auf, die beiden Gebäude in ihrer Gestal- tung aufeinander abzustimmen. IWKA-Gelände | 103 12 Präsentation Juli 2016 – Perspektive Nord-West Präsentation Mai 2017 – Ansicht West IWKA-Gelände | 105104 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung IWKA-Gelände | 105 12 Ausgangslage Städtebaulicher Rahmenplan IWKA-Gelände | 107106 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung IWKA-Gelände | 107 12 108 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung Hoepfner Think Tank 13 BauortHoepfner Burg, Haid- und Neu-Straße 18, Oststadt Bauherrin Friedrich Hoepfner Verwaltungs- GmbH & Co KG, Karlsruhe Planverfasser in schneider+schumacher Städtebau GmbH, Frankfurt am Main Status Gestaltungsbeirat 12–2017 Fertigstellung geplant 2025 / 26 mit einer Abmessung von 18,55 m auf 18,55 m und einer Höhe von maximal 28,90 m – an selber Stelle im Rahmen einer Bauvoranfrage rechtlich geprüft und mit detaillierten Auflagen zum Denkmalschutz positiv beschieden. Die Wohnnut- zung im Penthouse wurde allerdings abgelehnt. Die Neuplanung des Architekturbüros schneider+ schumacher übernimmt die Vorgaben aus dem Bauvorbescheid mit dem Unterschied, dass es sich nun um einen kreisförmigen Grundriss handelt. Empfehlung Dezember 2017 Im Hof der Brauerei Hoepfner soll im Umfeld der denkmalgeschützten »Burg« ein siebenge- schossiges Bürogebäude errichtet werden. Der Ort wird von dem scheinbar übermächtigen ehema- ligen Brauereigebäude, der »Burg« dominiert. Der Hof lässt im Hinblick auf Abstände zur umge- benden Bebauung wenig Spielräume für das neue Volumen. Die Architekten lösen die Aufgabe durch ein zylindrisch geformtes Gebäude, das zum einen den Raum und Distanz zur »Burg« freihält und zum anderen hinreichend eigene Kraft aus der absoluten Form des kreisförmigen Grundrisses schöpft. Der Zylinder erhält durch eine facettierte Stahlbetonfertigteilfassade ein gestalterisches Alleinstellungsmerkmal. Das Spiel der Geometrie steht im Dialog zur Plastizität des historischen Bauwerks. Der Gestaltungsbeirat erkennt ausdrücklich die hohe Gestaltqualität des Entwurfs an und diskutiert Zum Projekt Im »unteren Hof« der Hoepfner Brauerei soll zwi- schen den denkmalgeschützten Bestandsgebäuden Schalander im Norden, Kesselhaus im Süd-Osten, Sudhaus im Süden und Alte Darre und Malzlager im Westen der Neubau eines siebengeschossigen Büro- gebäudes entstehen. Das Gebäude hat einen Durch- messer von 22,50 m und eine Höhe von 26,50 m. Das Vorhaben sollte aufgrund der besonderen Lage innerhalb der historischen größten teils denkmal- geschützten Hoepfner Burg in der Karls ruher Oststadt im Gestaltungsbeirat beraten werden. Mit insgesamt 2.100 m² Büronutzfläche (ca. 300 m² pro Geschoss) ist das Gebäude für ca. 125 Büro- arbeitsplätze konzipiert. Die Aufteilung der Büroflä - chen erfolgt über den späteren Mieterausbau. Pro Geschoss sind maximal zwei Nutzungseinheiten möglich. Die Erschließung als auch die Entfluch- tung des Gebäudes erfolgt über ein Sicherheitstrep - penhaus mit vorgelagerter Schleuse, welches im Erdgeschoss direkt ins Freie führt. Die Fassade ist aus Betonfertigteilen in Sandwichbauweise geplant. Die Fassadenkonstruktion ist tragend und dient zur Gebäudeaussteifung. Zusätzlich übernehmen der Kern sowie die sechs Stützen pro Geschoss eine tragende Funktion. Dies ermöglicht eine freie Grund- riss gestaltung der Büroeinheiten. Im Jahr 2015 wurde die Zulässigkeit eines »Büroge- bäudes mit Penthouse« - ein rechteckiger Büroturm Hoepfner Think Tank | 109 © schneider+schumacher datum 12.01.2017 Bestand © schneider+schumacher datum 12.01.2017 Fassade - Materialität Lageplan Historische Aufnahme, Materialstudie Hoepfner Think Tank | 111110 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung zugt die rauere, haptischere Variante, da sie eher den Dialog zur Rustika der Burg herstellen kann. Der Gestaltungsbeirat begrüßt ausdrücklich die positive Haltung des Bauherrn zu einer hoch- wertigen Architektur und ist zuversichtlich, dass die vorgetragene Qualität des Entwurfs in die Realität umgesetzt werden kann. Eine Wiedervor- lage des Entwurfs im Gestaltungsbeirat ist nicht erforderlich. auf kollegialer Ebene die Entwicklung des Entwurfs zur Realisierung. Folgende Themen werden ange- sprochen: Der Zylinder verfügt zurzeit über ein ausgeglichenes Verhältnis von Durchmesser zu Höhe. Eine leichte Verschlankung wäre für das Bauwerk vorteilhaft. Möglicherweise könnte die Wirkung einer Verschlan- kung auch durch eine Erhöhung der Sockelzone erreicht werden. Ein Beispiel dafür ist der Eingang in der Fuge. Die Materialität wird durch zwei Pro- ben veranschaulicht. Der Gestaltungsbeirat bevor- Grundriss EG Grundriss 2. OG Hoepfner Think Tank | 111 13 Ansicht Ost Hoepfner Think Tank | 113112 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung Hoepfner Think Tank | 113 13 Fassade Fassade Eingang 114 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung Vector Campus Karlsruhe Technologiepark am KIT Campus Ost 14 BauortEmmy-Noether-Straße 23, Technologiepark KarlsruheRintheim Bauherrin Vector Informatik GmbH, Stuttgart Planverfasser in Schmelzle + Partner mbB Architekten BDA, Hallwangen Status Gestaltungsbeirat 07–2018, 11–2018 Fertigstellung geplant 2023 mit Umkleideräumen und Duschen, Sozialräumen und die Gebäudetechnik, sowie die Peripherie der Frischküche und des Restaurants geplant. Das Park- haus bietet Platz für ca. 200 PKW-Stellplätze mit ausreichend E-Ladestationen. Die Fassadengestaltung nimmt das Motiv gebrannter Tonziegel der weltweit gebauten Vector Gebäude in stark reduzierter Form auf. Durch einen hohen Glasanteil soll eine hohe Aufenthaltsqualität durch natürliche Belichtung erreicht werden. Die Fassa- denbegrünung wird als natürlicher Sonnenschutz konzipiert und nimmt – zusammen mit den Dach- gärten – die Thematik der »Durchgrünung« des Areals auf. Das Gebäude soll nachhaltig betrieben und alle Bereiche mit Wärmerückgewinnung-Technik belüf- tet, beheizt und gekühlt werden. Die Heizung und Kühlung soll auf Niedertemperatur Technik (Heiz-, Kühldecken) erfolgen. In der Energieversorgung sollen möglichst wenige fossile Brennstoffe und möglichst viele regenerative Energien zum Einsatz kommen. PV-Anlagen zur Eigenstromversorgung und zum Betrieb des Gebäudes und der Einsatz von oberflächennaher Geothermie sind vorgesehen. Die vorgesehene Fassadengestaltung entsprach nicht den Ergänzungsvorschlägen der für die städte- bauliche und gestalterische Entwicklung des Techno - logieparks Karlsruhe entwickelten Rahmenplan- Studie »Technologiepark Karlsruhe Reload« (AS&P, 2016). Die Flexibilisierung der Gestaltungsfestset- zungen soll mit dem Gestaltungsbeirat abgestimmt werden. Zum Projekt Das neue Verwaltungsgebäude mit Büros für 600 Mitarbeiter, einem Schulungszentrum, einem Betriebsrestaurant und einem öffentlichen Café soll als nachhaltiges Gebäude geplant und errichtet werden. Das Gebäude flankiert die »Grünspange« des Quartiers, die über die »Synergie Plaza« auch die Verbindung zum KIT Campus Ost schafft und wird über die Ada-Lovelace-Straße erschlossen, an der sich vis-à-vis ein Kleingartengebiet befindet. Zusammen mit den bestehenden Punkthäusern bil- det der Neubau den räumlichen Abschluss im Südwesten des Technologieparks. Der Zugang zum Gebäude ist als geschwungener Weg durch einen kleinen Wald geplant. Das Gebäude soll über großzügige Gartenanlagen und Außenbereiche für Betriebsrestaurant und Café mit dem öffentlichen Raum des Quartiers verbunden werden. Im Erdgeschoss befindet sich der offen gestaltete Empfang mit Atrium und Townhall, sowie das Schulungszentrum, das Betriebsrestaurant und das öffentliche Café. Die vier Obergeschosse beinhal- ten Büroräume für ca. 600 Mitarbeiter*innen mit Nebenräumen, Besprechungsräumen und studen- tischen Arbeitsplätzen. Auf den einzelnen Büroge- schossen sind Pantrys zur Selbstversorgung ein - gerichtet. Die Geschosse sind über Galerien im Innen- und Außenbereich horizontal verbunden. Im Untergeschoss sind 200 Fahrradstellplätze Vector Campus Karlsruhe | 115 G+R 30 .4 0 178.40 Zufahrt Parkhaus Haupteingang Behindertengerechter Zugang / Post OK Attikablech +25,50m (140,50m üNN) OK Attikablech +25,50m (140,50m üNN) PV-Anlage PV-Anlage OK Attikablech +30,30m (145,30m üNN) OK Attikablech +30,30m (145,30m üNN) OK Attikablech +28,36m (143,36m üNN) OK Attikablech +28,36m (143,36m üNN) OK Attikablech +30,30m (145,30m üNN) OK Attikablech +30,30m (145,30m üNN) OK Attikablech +30,30m (145,30m üNN) OK Attikablech +30,30m (145,30m üNN) PV-Anlage PV-Anlage PV-Anlage PV-Anlage OK Dachhaut +25,20m (140,20m üNN) RWA RWA RWA RWA RWA Technik RWA RWA RWA RWA RWA RWA RWA Verwaltungsgebäude (UG, EG, 1.OG - 5.OG und Technikgeschoss) OK +25,20m (140,20m üNN) OK +21,975m (136,975m üNN) OK +21,22m (136,22m üNN) Parkhaus (15 Ebenen) OK Attikablech +25,50m (140,50m üNN) OK Attikablech +25,50m (140,50m üNN) RWA RWA RWA Technik RWA RWA RWA PV-Anlage PV-Anlage PV-Anlage PV-Anlage PV-Anlage PV-Anlage OK Dachhaut +30,00m (145,00m üNN) SCHMELZLE+PARTNER MBB ARCHITEKTEN BDA 2018 17 -0 09 V E C TO R - N E U B A U V E C TO R K IT C A M P U S - K A R LS R U 11 /2 8/ 20 18 / / 91 9 ge z. : K ra , E ie , L or Übersichtsplan Maßstab 1:750 Baugrenze Baulinie Grundstück ca. 7.751,00 m² Verwaltung Parkhaus ca. 611 Mitarbeiter\Studenten = 41,00 m² pro Mitarbeiter ca. 25.035,00 m² Fläche / 611 Mitarbeiter/Studenten= ca.41,00 m² pro Mitarbeiter Parkhaus ca. 7.348,00 m² PKW 235 Stellplätze / 2 Behinderten Stellpätze / 7 Motorradstellplätze / im UG Verwaltung 196 Fahrradstellplätze Bruttogrundfläche Verwaltung ca. 25.504,00 m² UG, EG, 1OG, 2OG, 3OG, 4OG und 5OG Gesamtfläche ca. 35.858,00 m² Technikgeschoss ca. 3.006,00 m² Neubau Vector Verwaltung Befestigte Aussenfläche 1.691,50 m² Kasse Kasse 1.20 2.10 Tageslager 7.22 m² 00.105 Rohrschacht 00.257 3.55 m² Rohrschacht 3.60 m² 00.277 RLT 00.276 4.50 m² DV 00.250 16.10 m² Tageslager KR 7.22 m² 00.106 Archiv / Lager 00.108 8.82 m² Küche Vorbereitung 189.94 m² 00.104 Tageslager 00.112 6.62 m² Tageslager KR 00.113 7.33 m² ZBV 00.114 5.88 m² Lastenaufzug 00.208 15.94 m² Getränkelager 15.05 m² 00.107 BMZ 00.279 13.50 m² Lager 00.117 7.56 m² Aufzug 00.214 7.56 m² RLT 00.282 4.50 m² Garage / Wartung 00.215 35.86 m² WC 00.110 3.63 m² RS 00.281 9.61 m² Schulungsraum 124.52 m² 00.53 Schulungsraum 126.11 m² 00.54 Warenannahme 00.115 20.16 m² ELT 00.251 14.41 m² 6.68 m² 00.253 Rohrschacht 00.252 RLT 1.35 m² Catering 246.72 m² 00.55 Besprechung Typ B-B 00.51 15.27 m² Büro 27.10 m² 00.01 Aufzüge 00.205 7.94 m² RS 00.262 1.54 m² RLT 00.261 2.26 m²RLT 00.259 6.36 m²2.02 m² RS 00.258 DV 00.260 18.28 m² RS 00.254 4.03 m² RLT 00.255 8.91 m² ELT 00.256 7.59 m² Presscontainer 00.118 103.74 m² Anlieferung 00.215 190.35 m² Büro Küche 00.02 16.53 m² Patisserie Vorbereitung 00.116 33.81 m² 00.200 53.72 m² TRH 3 Schleuse 00.202 13.86 m² Aufzug 6.47 m² 00.201 Rohrschacht 00.278 4.70 m² Aufzug 00.212 4.59 m² TRH 2 00.213 19.77 m² TRH 1 01.210 28.14 m² Aufzug 01.209 5.40 m² Besprechung 00.57 13.94 m² 26.19 m² Besprechung Typ B-B 00.52 Cafe / Bistro 171.80 m² 00.101 Foyer 582.86 m² 00.100 Lager 00.109 7.01 m² ELT 00.280 24.22 m² Kantine 670.71 m² 00.102 Ausgabe Essen 330.07 m² 00.103 Parkdeck 0 01.214 369.51 m² Lager 00.119 16.57 m² TRH 4 00.120 9.36 m² Küche Kochen R ut sc he Rampe mit 3% Steigung R am pe m it 15% S teigung Unterzug Unterzug Kantine 274 SitzplätzeCafé 40 Sitzplätze 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 15.70 13 .3 5 13 .2 5 15.70 11.35 2.95 2.95 4. 57 5 5.95 23.575 8.7512.375 12.00 27 .6 0 21 .9 0 1.87 4. 00 2. 10 1.60 2. 10 1. 30 2. 75 4. 57 5 40 Sitzplätze 40 Sitzplätze 4. 57 5 2.50 1. 25 Zufahrt ParkhausAnlieferung 14 STG 30/17.5 1.20 1.20 Anlieferung (±0,00m =115,00 müNN) Erdgeschoss ±0,00m = +115,00 m üNN Foyer 3. 50 11 .7 75 10.575 1.15 2. 10 Haupteingang Behindertengerechter Zugang / Post ±0.00m ±0.00m 17 STG 30/17.3 LKW Stellplatz 12 STG 30/17.39 11 STG 30/17.39 Rückgabe 4. 57 5 3.35 5.85 1.00 2.10 2. 35 2. 10 2. 35 2. 10 1. 20 2. 10 1. 20 2. 10 1.20 2.10 1.20 2.10 2.75 2.10 2.75 2.10 2.45 2.10 2.45 2.10 19 .9 0 2.45 2.10 23 .6 0 2.75 2.10 2.75 2.10 1.15 11 STG 30/17.4 10 STG 30/17.4 9 STG 30/17.5 10 STG 30/17.4 1. 15 1. 20 2. 91 1.40 2.20 Ebene 0 (±0,00m) 4 PKW Stellplätze 2 Behinderten Stellplätze 7 Motorrad Stellplätze 5.055.00 6.00 A A B B 1 1 2 2 C A E B D 23222114 15 16 17 18 19 2010 11 12 136 7 8 92 3 4 51 24 26 31 Bauteil I Bauteil II Bauteil III Bauteil IV Bauteil V TRH 1 TRH 2 TRH 3 25 Ve rw al tu ng Pa rk ha us 30292827 30 .4 0 1. 80 26 .8 0 1. 80 33.20144.40 177.60 1. 20 60 5. 80 7. 60 7. 60 5. 80 60 1. 20 40 5.006.005.205.206.005.406.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.00 40 SCHMELZLE+PARTNER MBB ARCHITEKTEN BDA 2018 17 -0 09 V E C TO R - N E U B A U V E C TO R K IT C A M P U S - K A R LS R U 11 /2 8/ 20 18 / / 92 2 ge z. : K ra , E ie , L or Maßstab 1:500 Grundriss Erdgeschoss BGF (Bruttogrundfläche) 3.575,00 m² Parkhaus 448,00 m² 4 Stellplätze / 2 Behinderten Stellplätze / 7 Motorräder 2 Mitarbeiter Büro 04.02 38.91 m² Büro 38.91 m² 04.03 Büro 04.04 38.91 m² 37.94 m² Büro 04.05 Büro 04.08 37.83 m² Büro 04.09 38.91 m² Büro 04.10 38.91 m² Büro 04.12 38.91 m² Büro 04.13 46.35 m² Büro 04.14 46.35 m² Büro 04.15 38.36 m² DV 04.250 16.10 m² Rohrschacht 04.257 3.55 m² Lager 04.105 8.82 m² RS 04.254 4.03 m² RLT 04.255 8.91 m² ELT 04.256 7.59 m² Büro 04.19 38.91 m² 04.20 Büro 38.91 m² Büro 04.21 36.39 m² Huddle Room 04.53 15.91 m² Huddle Room 04.54 15.91 m² RLT 04.263 9.07 m² RLT 04.265 9.07 m² RLT 04.270 5.35 m² RLT Küche 04.273 14.04 m² RS 04.268 3.41 m² RLT 04.269 5.43 m² RLT 04.274 5.35 m² Rohrschacht 3.49 m² 04.275 Rohrschacht 04.271 3.49 m² RS 04.266 3.41 m² RLT 04.267 5.43 m² Rohrschacht 04.272 14.04 m² RLT 04.276 4.65 m² Rohrschacht 3.72 m² 04.277 Lastenaufzug 04.208 15.94 m² Büro 04.33 38.21 m² Büro 04.32 38.91 m² Büro 04.31 38.91 m² Büro 04.30 38.91 m² Büro 04.29 46.35 m² Büro 04.28 46.35 m² Büro 04.27 38.91 m² Büro 04.26 16.66 m² ELT 04.264 7.20 m² Büro 04.11 38.36 m² WC H 04.102 7.68 m² WC D 04.104 7.68 m² 04.101 Vorraum WC H 5.87 m² 04.103 Vorraum WC D 5.87 m² Liegeraum 04.106 20.93 m² Lager 04.115 8.84 m² 04.116 6.38 m² Getränkelager WC D 04.114 7.56 m² WC H 7.56 m² 04.112 Vorraum WC D 04.113 5.87 m² Vorraum WC H 04.111 5.87 m²WC H 04.108 7.92 m² WC D 04.110 7.92 m² 04.109 Vorraum WC D 5.87 m² 04.107 Vorraum WC H 5.87 m² ELT 04.251 14.41 m² 04.252 RLT 1.35 m² 6.68 m² 04.253 Rohrschacht Flur BT III 04.206 232.87 m² 04.200 56.56 m² TRH 3 Besprechung Typ B-B 04.64 24.74 m² 04.58 Besprechung Typ B-B 20.83 m² 04.59 Besprechung Typ B-B 20.83 m² 04.60 Besprechung Typ A 41.95 m² Flur BT IV 04.207 334.13 m² Huddle Room 04.61 19.18 m² Huddle Room 04.62 19.17 m² Aufzug 04.201 6.47 m² Schleuse 04.202 13.86 m² Rohrschacht 04.278 4.70 m² Besprechung Typ X 04.57 56.76 m² Besprechung Typ B-B 04.56 28.26 m² Besprechung Typ B-B 04.55 28.26 m² Besprechung Typ B-B 04.65 29.78 m² 04.63 Besprechung Typ B-B 31.88 m² TRH 1 04.210 28.14 m² 04.258 RS 2.02 m² RLT 04.259 6.36 m² DV 04.260 18.28 m² RLT 04.261 2.26 m² RS 04.262 1.54 m² Büro 04.24 38.91 m² Büro 04.23 38.91 m² Büro 04.22 37.83 m² Büro 04.25 38.36 m² TRH 2 04.213 28.14 m² Büro 04.18 36.55 m² 04.100 Balkon 27.03 m² Büro 04.17 31.94 m² Büro 04.16 31.94 m² Büro 36.55 m² 04.01 Büro 04.07 36.95 m² Büro 36.95 m² 04.06 Flur BT I 241.74 m² 04.203 Huddle Room 04.52 9.45 m² Teeküche 04.51 19.69 m² TRH 04.204 16.78 m² Aufzüge 04.205 7.94 m² Flur BT II 04.211 143.60 m² 04.50 Teeküche 78.53 m² Aufzug 04.209 5.40 m² Aufzug 04.212 4.59 m² Parkdeck 12_11 04.214 912.80 m² Rampe mit 15% Steigung Rampe mit 15% Steigung Ebene 11 (+16,115m) 16 PKW Stellplätze ELT RS DV RLT 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1. 00 2. 10 1. 00 2. 10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 2. 35 2. 35 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 5.575 5.95 6. 57 5 5.575 5.95 6. 57 5 5.95 5.95 5.55 2.675 5.95 5.95 6. 57 5 7 .8 25 6. 57 5 5.95 7 .8 25 6. 57 5 7. 82 5 7. 82 5 5.95 5.95 5.95 425 12.00 425 42 5 8. 80 42 5 6. 57 5 8. 80 4. 75 11.9512.30 1.00 2.10 1.00 2.10 5.95 6. 57 5 1.00 2.10 1. 00 2. 10 1. 00 2. 10 4. 70 56 5.95 5. 37 51 1.00 2.10 1.00 2.10 425 5.85 425 2. 35 2. 35 42 5 8. 80 42 5 1. 00 2. 10 1. 00 2. 10 1. 00 2. 10 5.95 5.95 7. 05 3. 50 1.87 4. 00 2. 10 2.20 Ebene 12 (+17,58m) 15 PKW Stellplätze 12 STG 30/17.4 1. 30 2. 10 1. 30 2. 10 1.20 1.20 11 STG 30/17.4 1.15 2. 10 1.401.20 2. 91 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 5.00 5.00 5.00 5.00 5.00 2. 75 2. 50 2. 75 5.00 2. 75 2. 75 2. 75 2. 75 2. 75 LuftraumLuftraum Luftraum Luftraum 4. 75 4. 75 6.725 7.2625 6. 20 2. 80 2. 35 2. 35 5.575 1.20 2.10 1.20 2.10 4. Obergeschoss +17,22 m = +132,22 m üNN 5. 27 51 4. 17 5 4. 75 4. 75 1.20 2.10 1.20 2.10 1.00 2.10 1.00 2.10 1. 00 2. 10 1. 00 2. 10 1.30 2.10 2 STG 30/18.0 +17.22m +17.58m 1. 30 2. 10 1.15 12 STG 30/17.4 11 STG 30/17.4 1. 20 1.50 11 STG 30/17.4 12 STG 30/17.41. 20 11 STG 30/16.4 12 STG 30/16.4 1.00 2.10 1. 30 1. 27 29 5.86 A A B B 1 1 2 2 C A E B D 23222114 15 16 17 18 19 2010 11 12 136 7 8 92 3 4 51 24 26 31 Bauteil I Bauteil II Bauteil III Bauteil IV Bauteil V TRH 1 TRH 2 TRH 3 25 Ve rw al tu ng Pa rk ha us 30292827 30 .4 0 1. 80 26 .8 0 1. 80 33.20144.40 177.60 1. 20 60 5. 80 7. 60 7. 60 5. 80 60 1. 20 40 5.006.005.205.206.005.406.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.006.00 40 SCHMELZLE+PARTNER MBB ARCHITEKTEN BDA 2018 17 -0 09 V E C TO R - N E U B A U V E C TO R K IT C A M P U S - K A R LS R U 11 /2 8/ 20 18 / / 92 8 ge z. : K ra , E ie , L or Maßstab 1:500 Grundriss 4.Obergeschoss BGF (Bruttogrundfläche) 3.585,00 m² Parkhaus 918,00 m² 31 Stellplätze 134 Mitarbeiter Lageplan Grundriss EG Grundriss 4. OG Vector Campus Karlsruhe | 117116 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung Empfehlung November 2018 Das Projekt der Vector Verwaltung wurde von den Architekten Schmelzle + Partner weiter entwickelt erneut im Gestaltungsbeirat Karlsruhe vorgestellt. Das Projekt eines Verwaltungsbaus mit ausge- sprochen innovativen Ansätzen wird im Gestaltungs - beirat mit Begeisterung und großer Anerkennung diskutiert. Alle Themen, die ein Projekt auszeichnen, werden von den Architekten angesprochen und mit eindeutigen Antworten belegt. Städtebau, Frei- anlagen, Grundrissstruktur, Konstruktion und nicht zuletzt ein innovatives, energetisch-ökologi- sches Konzept werden in einem ganzheitlichen Ansatz vorgetragen. Eine Diskussion entspinnt sich lediglich an der Gestaltfindung der Hülle. Vector wünscht eine Fortführung der firmeneigenen Tra- dition in Ziegelbauweise – das Projekt suggeriert weniger die Tektonik des Ziegelbaus, sondern die Leichtigkeit der innovativen Grundrisskonzepte. Die Architekten lösen die Ambivalenz auf, indem sie einen Rahmen in Ziegel vorschlagen und der trans- parenten Schich tung und der intensiven Begrünung den Vorrang lassen. Der Gestaltungsbeirat diskutiert in diesem Zusam- menhang einige Entscheidungen, beispielsweise die Stelle, an der der Rahmen im Sockelbereich been - det wird. Diese wirkt derzeit etwas beliebig. Auch die Behandlung der stirnseitigen Verkleidung mit den Ziegeln erscheint noch nicht konsequent, weil die Aufteilung einen Luftraum in der Mitte simu- liert. Die geschickte Integration der Parkpalette in die Großform unterstützt das Konzept. Die Frage ist, ob die Großform durch den Wechsel der Materi - alität an dieser Stelle gestört wird. Vor dem Hin- tergrund des hohen Innovationspotentials und der »sicheren Hand« der Verfasser wünscht der Gestaltungsbeirat dem Projekt ein gutes Gelingen. Er dankt der Bauherrschaft und den Architekten für die Vorstellung des beeindruckenden Projektes, das, gut ausgeführt, eine überregionale Strahlkraft entwickeln kann. Eine Wiedervorlage des Projektes ist nicht erforderlich. Empfehlung Juli 2018 Mit der Realisierung des geplanten, etwa 180 Meter langen Baukörpers entsteht einerseits eine kraftvolle Geste am Übergang zum KIT Campus Ost, andererseits wird das bisherige stadträumliche Prinzip freistehender Punkthäuser aufgegeben. Ohne die Qualität des vorgestellten Projektes in Frage zu stellen, weist der Beirat auf die Langfris- tigkeit städtebaulicher Rahmenpläne hin. Der Beirat begrüßt, dass das neue Gebäude die Baulinien der Nachbarhäuser entlang der Emmy- Noether-Straße aufnimmt und ebenso deren Höhe. Auch die gestalterische Integration des Park - hauses in die Gesamtkubatur wird befürwortet. Positiv bewertet wird zudem die innere, sehr flexi - bel und großzügig angelegte Organisation des Gebäudes. Die hohe Qualität der geplanten Arbeits - welt wird durch Rücksprünge in der Fassade, die als begrünte Dachgärten herausgearbeitet wer- den, zusätzlich gesteigert. Dazu trägt auch das im Erdgeschoss neben dem Eingang geplante Café bei, das öffentlich genutzt wird und als besonderer Treffpunkt im Quartier dienen kann. Die Überlegungen zur Gestaltung der Fassaden können derzeit nicht überzeugen. Zwar ist es ver- ständlich, dass die Bauherrschaft ein eigenstän - dig wirkendes Gebäude favorisiert, zugleich ist es ebenso Teil der Aufgabe, das Haus in die neue Nachbarschaft zu integrieren. Das Haus sollte als Solitär behandelt werden und an den Stirnseiten nicht, wie derzeit vorgesehen, besonders the- matisiert werden. Wichtig ist, dass sich das Haus zu allen Seiten gleichermaßen öffnet und keine Fassade zur Rückseite erklärt. Die geplante rote Ziegelfassade wird vom Beirat nicht befürwortet. Aus Sicht des Beirats sollte bei der Fassade die [in der Rahmenplan-Studie »TPK-Reload« (AS&P, 2016) und im Bebauungsplan als Leitfaden definierte] Materialität [und helle Farbigkeit] zur Anwendung kommen. Der Gestaltungsbeirat dankt der Bauherrschaft und dem Architekten für die präzise, fachkundige Vor- stellung des interessanten Projektes und bittet um eine Wiedervorlage nach der weiteren Konkreti- sierung der Planung. Vector Campus Karlsruhe | 117 14 SCHMELZLE+PARTNER MBB ARCHITEKTEN BDA 2018 17 -0 09 V E C TO R - N E U B A U V E C TO R K IT C A M P U S - K A R LS R U 11 /2 8/ 20 18 / / 93 7 ge z. : K ra , L or , E ie Perspektive Haupteingang Präsentation November 2018 – Schnitt Präsentation November 2018 – Perspektive Haupteingang Vector Campus Karlsruhe | 119118 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Büro, Dienstleistung und Verwaltung Präsentation November 2018 Perspektive Atrium Perspektive Emmy-Noether-Straße Vector Campus Karlsruhe | 119 14 120 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport element-i- Bildungshaus Schulen und Kindertagesstätte 15 BauortKonrad-Zuse-Straße 11–13 Technologiepark KarlsruheRintheim Bauherrin Clemens Weegemann, Konzept-e, Element-i Bildungshaus, Technido gGmbH, Stuttgart Planverfasser in Olaf Hübner, plus+ bauplanung GmbH, Neckartenzlingen Status Wettbewerb 2017 Gestaltungsbeirat 07–2017 Fertigstellung 2019 Die element-i Bildungshaus Technido gGmbH hat zur Erlangung innovativer, dem pädagogischen Konzept gerecht werdender Entwürfe eine Mehr- fachbeauftragung mit drei teilnehmenden Archi- tekturbüros ausgelobt. Die Jurysitzung fand am 24. April 2017 statt. [Die Jury hat einstimmig die Arbeit plus+ bauplanung GmbH als Grundlage für die weitere Planung empfohlen] mit der Bitte um Beachtung und Prüfung der in dem Protokoll aufgeführten Hinweise wie die Lage des Bau körpers, der Umgang mit den Parkplätzen, die Qualifizie- rung des Freiraumes, die Fassadengestaltung etc. sowie das Projekt mit Blick auf die städtebauliche Nachjustierung und die Ausarbeitung der Fassa- dengestaltung im Gestaltungsbeirat vorzustellen. Empfehlung Juli 2017 Der Neubau von Gemeinschaftsschule, Grundschule und Kindertagesstätte als Sonderbaustein im Technologiepark überzeugte in einer Mehrfachbe- auftragung Ende April 2017. Den Empfehlungen der Jury zur städtebaulichen Nachjustierung und zur Ausarbeitung der Fassadengestaltung folgend, wurde jetzt die überarbeitete Planung dem Gestal- tungsbeirat vorgestellt. Der Gestaltungsbeirat begrüßt die Spiegelung des Baukörpers und die Set - zung der Kindertagestätte und Grundschule im Norden. Die attraktive Lage im Norden und der ihr zugehörige Freiraum können so von der Kinder- tagesstätte genutzt werden und bilden den Auftakt der Bildungseinrichtung zur Konrad-Zuse-Straße. Zum Projekt Das im Technologiepark bestehende element-i- Bildungshaus »Technido« mit Kindertagesstätte und Grundschule soll um weitere Angebote erweitert werden. Dazu soll an der nordwestlichen Ecke des Technologieparks Karlsruhe eine Gemeinschafts- schule entstehen. Die Grundschule und Kindertages - stätte und ein Teil der Gemeinschaftsschule wurden im September 2019 eröffnet. In einem zwei ten Bauabschnitt (Eröffnung voraussichtlich September 2023) soll die Gemeinschaftsschule um einen weiteren Baustein ergänzt werden. Der Neubau soll Räumlichkeiten bieten, die die Umsetzung inno- vativer Pädagogik (unterschiedlich große Lerngrup- pen, Konferenzen usw.) ermöglichen. Zusätzlich sollen ein großer Schulhof und eine Mensa entstehen. In Kooperation mit dem SSC Karlsruhe wird in unmittelbarer Nachbarschaft eine Dreifeld-Sport- halle entstehen, die nicht Bestandteil des Bebau- ungsplanes ist. Auf dem Gelände des SSC im Trau- gott-Bender-Sportpark befinden sich schon heute Sportplätze, Turnhallen und ein Schwimmbad, die genutzt werden können. Ziele für beide Bausteine sind: – in der Kindertagesstätte: 120 Plätze, davon 60 Plätze 0-3 Jahre, 60 Plätze 3-6 Jahre, – in der Grundschule: 150 Plätze, – in der Gemeinschaftsschule: 300 Plätze und – in der gymnasialen Oberstufe: 100 Plätze. element-i-Bildungshaus | 121 element-i-Bildungshaus | 123122 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport Durch die großzügige Öffnung der Sockelzone mit Fensterelementen hat der Erdgeschossbereich deutlich an Attraktivität gewonnen. Die Entschei- dung für ein Wärmedämmverbundsystem sollte nach Auffassung des Gestaltungsbeirats allerdings zu Gunsten eines robusten Materials im Erdge- schoß geändert werden. Der Müllraum sollte unbe - dingt in das Gebäude integriert werden und nicht als freigestellter Abstellraum an der Konrad- Zuse-Straße. Es ist ebenfalls zu über prüfen, in - wieweit die Abstellflächen für den Werkraum in den Sockelbereich integriert werden können. In der weiteren Planung gilt es die Gestaltung der auskragenden Balkonplatten weiterzuentwickeln. Dies gilt sowohl für den Anschluss an die hoch gedämmten Deckenuntersichten als auch für die Entwässerung und die Absturzsicherungen. Ein qualifizierter Grün- und Freiflächenplan sollte im nächsten Planungsschritt ergänzt werden. Der Gestaltungsbeirat dankt der Bauherrschaft und dem Architekten für die Vorstellung der Planung und wünscht dem Projekt ein gutes Gelingen. Die Parkplätze sind damit an die südliche Grund- stücksgrenze verlegt und ihre Erschließung ist aus verkehrsplanerischer Sicht unproblematisch. Der Komplex aus durchgängiger Sockelzone und drei aufgesetzten Lernhäusern ist jetzt zu Gunsten der Flächen für die Grundschule durchgängig mit vier Geschossen gestaltet. Der Gestaltungsbeirat bewertet diese Aufstockung positiv. Das lebhafte Spiel mit Vor- und Rücksprüngen und die Gestaltung der Sockelzone im Übergang zu den aufgesetzten Lernhäusern werden dagegen aus - führlich diskutiert, da keine klaren Gestaltungsre- geln ablesbar sind. Insbesondere der Übergang von Sockelbereich zum aufgesetzten Baukörper der Grundschule wird hinterfragt. Der Gestaltungsbeirat wünscht sich an dieser städtebaulich wichtigen Stelle an der Kurve zur Konrad-Zuse–Straße eine stärkere Adressbildung und die Ausbildung eines Kopfgebäudes. element-i-Bildungshaus | 123 15 element-i-Bildungshaus | 125124 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport element-i-Bildungshaus | 125 Perspektive Grundriss EG Grundriss 2. OG und 3. OG 15 element-i-Bildungshaus | 127126 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport element-i-Bildungshaus | 127 15 128 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport Sportgebäude TG Neureut Umbau und Erweiterung 16 BauortKirchhofstraße/Friedhofstraße, Neureut Bauherrin TG Neureut 1893 e. V., Karlsruhe-Neureut Planverfasser ASSEM ARCHITEKTEN FREIE ARCHITEKTEN BDA PartmbB, Karlsruhe Status Gestaltungsbeirat 05–2016 Fertigstellung 2020 Empfehlung Mai 2016 Die [drei im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung eingereichten] Entwürfe werden aufeinander folgend durch die Büros vorgestellt. Anschließend erfolgt der Bericht der Vorprüfung. Im nächsten Schritt werden die Arbeiten jeweils durch ein Mitglied des Gestaltungsbeirats erörtert. Ihre Vorzüge und Nachteile werden unter Beteiligung der Anwe- senden Vertreter der TG Neureut und der Verwal- tung benannt und bewertet. Folgende Beobachtungen […] werden [zu dem zur Realisierung vorgeschlagenen Entwurf des Büros ASSEM ARCHITEKTEN] festgehalten: Der Entwurf reagiert sensibel und gleichzeitig be - stimmt auf die städtebaulichen Anforderungen des Projektes. Der winkelförmige Baukörper bildet eine symmetrische Antwort zur gegenüberliegen- den Schule und bestärkt die Achse und Sichtachsen der Friedhofstraße. Die städtebauliche Struktur des Ortes wird selbstverständlich gestärkt. Folge- richtig liegt der großzügige Haupteingang an der langen Fassade vis à vis des Schulhofes und stellt eine direkte funktionale Beziehung her. Die städtebauliche Qualität wird durch ein klares Steildach mit Walm bestärkt. Die innere Erschließungsstruktur ist klar und räum- lich angemessen geordnet und bietet hinreichende Entfluchtungsmöglichkeiten. Die Verteilung der Nutzungen ist sehr gut gelöst. Zum einen liegt die Sport- und Festhalle in der Mitte des Erdgeschosses Zum Projekt Das ehemalige Sportgebäude der »Turngemeinde Neureut« an der Friedhofstraße/Kirchhofstraße sollte ursprünglich umgebaut und erweitert werden. Das historische Gebäude und der Anbau fielen jedoch Anfang 2015 einem Brand zum Opfer. Das Sportgebäude liegt im zentralen Bereich von Neureut, entlang der wichtigen Achse zwischen Rathaus, Kirche, Schule, altem Friedhof (Hermann- Meinzer-Park) und Straßenbahnlinie. Diese Fuß- wegeverbindung wird künftig noch sehr viel stärkeres Gewicht bekommen, sobald die Erwei- terungsflächen im Süden zusammen mit den ehe maligen Gärtnereiflächen entlang der Unterfeld - straße zu einem neuen Wohngebiet entwickelt worden sind. Auch der direkte Bezug zur gegen- überliegenden Grundschule (Schulsport) ist in diesem Zusammenhang wichtig und wird bei einer künftigen Umgestaltung des auch als »Schulhof« genutzten Zwischenbereiches der Friedhofstraße zu beachten sein. Durch die vom Stadtplanungsamt ausgelobte Mehr - fachbeauftragung (Jury: Gestaltungsbeirat) soll für diesen stadträumlich anspruchsvollen Kontext eine neue, städtebaulich und gestalterisch gute Lösung gefunden werden. Das Bauvorhaben muss sich nach § 34 BauGB in seine Umgebungsbebauung einfügen. Sportgebäude TG Neureut | 129 Sportgebäude TG Neureut | 131130 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport Der Gestaltungsbeirat empfiehlt den Bauherren den Entwurf des Büros ASSEM ARCHITEKTEN zur Realisierung. Die markante und städtebaulich schlüssige Neudefinition der Straßenflucht und insbesondere der wichtigen Blockecke ist über- zeugend ausformuliert. Die einladende Geste der weit offenen, transparenten Fassade gegenüber der Schule findet den richtigen Maßstab und kann Auslober wie Jury vollends überzeugen. Auch die übersichtliche innere Ordnung und die Ver- knüp fungen der einzelnen Raumgruppen unter - ein ander sind folgerichtig gelöst. Die Räume im Obergeschoss nutzen geschickt die Höhe des Dach raumes. Nach Überarbeitung der kritischen Punkte hinsichtlich der Anmerkungen zu WC- Anlage und Fassadenbekleidung gewinnt die Bauherrin einen funktional und städtebaulich optimalen und ge stalterisch hochambitionierten Baustein im Stadtgefüge. und zum anderen können die großen Bewegungs- räume wie Spiegelsaal und Kraftraum unter dem Dachraum »atmen«. Lediglich die WC-Anlagen im 1. Obergeschoss werden kritisch gesehen und sollten im EG angeordnet werden. Die Holzbauweise wird positiv beurteilt, da sie neben den ökologischen Aspekten auch wirtschaftliche Vorzüge aufweisen kann. Lediglich die Lamellen- fassade wirkt zu abstrakt. Bei Gebäuden im dörflichen Umfeld sollen die Fassadenöffnungen im Dialog zum öffentlichen Raum und zur benachbarten Be - bauung stehen. Insgesamt ist der Entwurf von hoher und konsis- tenter Qualität und stellt einen richtungweisenden Beitrag zur gestellten Aufgabe dar. Ansicht Südost Sportgebäude TG Neureut | 131 16 Grundriss Erdegeschoss Ansicht Nordost Fassadenschnitt mit Teilansicht Sportgebäude TG Neureut | 133132 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport Sportgebäude TG Neureut | 133 16 Sportgebäude TG Neureut | 135134 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kita, Schule, Universität, Sport Sportgebäude TG Neureut | 135 16 136 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kliniken Städtisches Klinikum Haus M, Gesamtkonzept 17 BauortMoltkestraße 90, Nordweststadt Bauherr Städtisches Klinikum Karlsruhe, Karlsruhe Planverfasser in woernerundpartner Planungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main Status Gestaltungsbeirat 09–2013, 01–2014, 03–2014 Fertigstellung 2021 hindert. Die Überhöhung des Sockels verstärkt eher die Abkehr und den Bruch zwischen den Ge - bäuden als die gewünschte Verbindung. Der Wettbewerbsbeitrag erscheint aus Sicht des Gestal- tungsbeirats wesentlich eleganter als die jetzt vorgestellte Baukörperkonfiguration. Der Gestaltungsbeirat fordert eine deutliche Massen - reduzierung und eine genaue Justierung der Baustrukturen im Sinne des Wettbewerbsbeitrages. Der Abstand zwischen Haus H und M ist zu prä- zisieren, die ausgeprägten Überhänge der Oberge- schosse von Haus M erscheinen eher bedrohlich und für die räumliche Situation kontraproduktiv. Der Gestaltungsbeirat fordert zum nächsten Termin eine umfassende Vorstellung sämtlicher geplanter Maßnahmen an Gebäuden und Freibereichen anhand von Plänen und Modellen und nicht die additive Vorstellung von Einzelmaßnahmen. […] Empfehlung Januar 2014 Das Konzept für die bauliche Entwicklung des städtischen Klinikums wird von Herrn Traxler (Archi - tekturbüro wörner traxler richter) anhand des Lage- planes sowie mehrerer Varianten zu Haus M vor- gestellt. […] Die Varianten im Modell zeigen einen extremen Maßstabssprung zur Be standsbebau ung. Die zu den historischen Bestandsbauten geöffneten U-Bauten wurden aufgrund der internen Orga - ni sation zu Hof-Typen geändert. Die Baumasse ist insgesamt sehr groß, ohne dass eine Flächen- vergrößerung stattgefunden hat. Es wurde Zum Projekt Neben den historischen denkmalgeschützten Klinik- gebäuden wurden auf dem Areal des Städtischen Klinikums in den vergangenen Jahrzehnten viele neue Gebäude errichtet. Die Städtische Klinikum Karls- ruhe GmbH hat 2012 einen Wettbewerb für die Neubebauung des Hauptareals des Klinikums an der Moltkestraße mit 15 im Krankenhausbau erfah- renen Architekturbüros durchgeführt. Ausgehend von diesem Wettbewerb für soll ein Gesamtkon- zept die Situation neu ordnen, mit dem Haus M als zentralem Neubau. Die dem Gestaltungsbeirat vorgelegte Planung wurde von dem Frankfurter Ar chitekturbüro wörner traxler richter, dem 2. Preis - träger erstellt, der aus dem VOF-Verfahren als Sieger hervorging. Die Beurteilung des Bauvorha- bens erfolgt nach BauGB § 34. Empfehlung September 2013 […] Gegenüber dem Wettbewerbsbeitrag wurde die Kammstruktur von Haus M dahingehend weiter- entwickelt, dass nun zwei Pflegegeschosse und ein Technikgeschoss auf einem deutlich überhöhten Sockelgeschoss aufgesattelt werden. Obwohl Haus M geringfügig von Haus H abgerückt wurde, erscheint aus Sicht des Gestaltungsbei - rats die neue Höhe von Haus M deutlich überzogen und in der räumlichen Wirkung bedrohlich auf Haus H. Die an dieser Stelle notwendige Kommuni- kation zwischen Bestand und Neubau wird ver- Städtisches Klinikum | 137Städtisches Klinikum Karlsruhe | Gestaltungsbeirat Lageplan 20.03 2014 | Stand Wettbewerb Januar 2012 and | Schwarzplan M 1:5000 | Druckdatum 13.10.2021 HAUS M Neubau Haus M Lageplan Stand Wettbewerb Januar 2012 Neubau Haus M Lageplan Präsentation März 2014 Städtisches Klinikum | 139138 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kliniken allerdings eine höher gelegte Technik vorgesehen. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt eine Höhenre- duzierung […] sowie eine Verfeinerung der Anschlüs - se an den Bestand im Nordwesten und das Hoch- haus im Osten. Das Entrée mit dem enormen Vordach ist in Bezug auf Ausmaß, Anbindung und Nähe zum Bestand planerisch zu bearbeiten. Die Anbindung an das Parkhaus im Norden ist funktional und räumlich zu klären. Der Eingangsbereich im Westen bedarf einer klaren Ausbildung sowie eines gestalterischen Anspruchs. Das gilt insgesamt auch für die Fassaden, die keine Bezüge zur Um - gebung herstellen. […] Empfehlung März 2014 Das neue Gesamtkonzept sieht eine viergeschossige Bebauung für den Neubau (Haus M) mit einer fünfgeschossigen geraden Flucht auf der Südwest- seite vor. Dabei ist das Technikgeschoss auf der Ebene 3 etwas zurückgesetzt. Diese Konzeption hat mit dem Konzept des Wettbewerbs leider gar nichts mehr zu tun. Die seinerzeitige Vorsitzende des Preisgerichtes [Frau Prof. Gatermann] betont, dass genau diese Planungskonzepte wegen der man gel haften Einbindung in den Kontext der Gesamt anlage ausgeschieden wurden. Dass nun genau ein solches Konzept wiederbelebt wer- den soll, wird vom Gestaltungsbeirat abgelehnt. Anmerkung der Redaktion: Das Projekt zeigt die intensive Auseinandersetzung im Gestaltungsbeirat um städtebauliche Fragestellungen wie Gebäu- devolumen und Gebäudehöhe sowie Maß und Ab - stand im Kontext der Bestandsbebauung. Auf- grund der hochwertigen architektonischen Ausfüh- rung stellt das Haus M dennoch einen qualitativ hochwertigen Baustein im Gefüge des städtischen Klinikums dar. Städtisches Klinikum Karlsruhe | Gestaltungsbeirat20.03 2014 Haus M | Ansicht Süd Neubau Haus M, Ansicht Süd Präsentation März 2014 Städtisches Klinikum | 139 17 Städtisches Klinikum Karlsruhe | Gestaltungsbeirat20.03 2014 Haus M | Ansicht Süd Städtisches Klinikum | 141140 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kliniken Städtisches Klinikum Karlsruhe | Neubauvorhaben der Zielplanung 201504.09 2013 n Bauer Landschaftsarchitekten Willi Hildebrandt www.bauer-landschaftsarchitekten.de Planungsvorstellung Städtisches Klinikum Karlsruhe | Neubauvorhaben der Zielplanung 201504.09 2013 Planungsvorstellung WP n Bauer Landschaftsarchitekten Willi Hildebrandt www.bauer-landschaftsarchitekten.de | Perspektive Wettbewerb Haus M - Wettbewerb Präsentation September 2013 Städtisches Klinikum | 141 17 Städtisches Klinikum | 143142 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kliniken Städtisches Klinikum | 143 17 Städtisches Klinikum | 145144 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Kliniken HAUS M and | Grundriss Gartengeschoss M 1:1500 | Druckdatum 13.10.2021 HAUS M and | Grundriss Pflege M 1:1500 | Druckdatum 13.10.2021 Grundrisse EG und OG Städtisches Klinikum | 145 17 146 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Städtische Planungen Marktplatz Karlsruhe Oberflächengestaltung 18 BauortMarktplatz, InnenstadtBauherrin Stadt Karlsruhe Planverfasser in METTLER Landschaftsarchitektur, Berlin Status Gestaltungsbeirat 10–2014 Fertigstellung 2020 Grabstätte des Stadtgünders Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach ist. Konkret angesprochen wurden: – die Präsentation noch vorhandener Fundament- reste in situ unter Glas – ein Sichtbarmachen des Grundrisses im Boden- belag – eine Präsentation der archäologischen Zeug - nisse im Bereich des geplanten Eventraumes über Gleis 3 Die Verwaltung hat den Auftrag die Möglichkeiten der Präsentation vorhandener Reste zu prüfen und dem Planungsausschuss zu berichten. Empfehlung Oktober 2014 Herr Fritz stellt die Konzepte der Oberflächenge- staltung des Marktplatzes vor, die auf einem Wett- bewerbsgewinn von 2010 basieren. Geplant ist eine ruhige und gleichmäßige Bepflasterung. Weitere Varianten mit Hervorhebungen im Pflaster- muster, verglasten Abdeckungen von eventuell noch im Boden befindlichen Resten der Konkordien - kirche oder teilweise dreidimensionale Abbil- dungen des Grundrisses der Kirche werden vom Gestaltungsbeirat abgelehnt. Gerade die geplante Leere des Platzraums ist wohltuend und entspricht in hohem Maße den klassischen Absichten. Der Wettbewerbsbeitrag sollte ohne weitere Eingriffe ausgeführt werden. Zum Projekt Die Stadt Karlsruhe hat im Jahr 2009 den Planungs - wettbewerb mit Ideen- und Realisierungsteil nach RPW 2008 Kaiserstraße und Karl-Friedrich- Straße ausgelobt. Träger des ersten Preises ist die Arbeitsgemeinschaft Mettler Landschaftsarchi- tektur, Berlin / AV1 Architekten, Kaiserslautern. Der Entwurf wurde seither in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Dienststellen der Stadt weiter- entwickelt. Immer wieder wurde von verschiedenen Seiten an ge regt, den Entwurf zu ergänzen. Im Juli 2014 wurde dem Gemeinderat ein »Garten der Künste« vorgeschlagen: Karlsruher Künstler sollten Felder von zwei mal zwei oder vier mal vier Meter Größe in der Kaiserstraße oder auf dem Marktplatz gestal- ten. Der Vorschlag wird zum gegenwärtigen Zeit- punkt nicht weiter verfolgt. Zuvor wurden Wünsche zur Wiederherstellung der »Rosetten« auf dem Marktplatz geäußert. Es handelt sich dabei um Pflasterornamente aus der letzten Gestaltungsphase (seit ca. 1980), die die Fensterrosen oberrheinischer, gotischer Kirchenbau - ten zitierten. Auch diese Idee wird gegenwärtig nicht weiterverfolgt. Die evangelische Kirchengemeinde wünscht eine gegenständliche Erinnerung an die Konkordi- enkirche, die von 1717 bis 1807 den südlichen Abschluss des damaligen Marktplatzes bildete. Heute überdeckt die Pyramide in der Mitte des nördlichen Teils des Marktplatzes ihre Krypta, die Marktplatz Karlsruhe | 147 Perspektive Wettbewerbsentwurf Mettler Landschaftsarchitektur 2010 Marktplatz Karlsruhe | 149148 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Städtische Planungen Darüber hinaus empfiehlt der Gestaltungsbeirat eine Beauftragung des mit der Planung der Halte- stelle und der Zugänge schon betrauten Archi- tekturbüros zur Erstellung eines musealen Konzepts, das die Präsentation der Geschichte des Markt- platzes in den unterirdischen Bauwerken darstellt; hier könnten auch die geborgenen Originalsteine der Konkordienkirche integriert werden. Ansicht Marktplatz 1806 Grundriss Konkordienkirche Entwurf Übersichtsplan vor 1807 Stadtplan 1780 Marktplatz Karlsruhe | 149 18 Wettbewerbsentwurf 2010 mit Grundrissen der Bebauung Wettbewerbsentwurf 2010 Marktplatz Karlsruhe | 151150 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Städtische Planungen Marktplatz Karlsruhe | 151 18 Marktplatz Karlsruhe | 153152 | Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2012–2022 | Städtische Planungen Marktplatz Karlsruhe | 153 18 Der Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe 1 156 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 seit 2013 Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) seit 2011 Professur Technische Uni- versität Darmstadt 2003–2011 Professur Bergische Univer- sität Wuppertal seit 2004 Dietz Joppien Architekten AG, Mitglied des Vorstandes 2000–2008 Landeswettbewerbsaus - schuss Hessen 1999–2000 Gastprofessur Technische Universität Darmstadt 1998 Gastdozentur Sommeraka- demie, Technische Universi- tät Hannover 1997 Gründung Dietz Joppien Architekten GbR in Frank- furt am Main und Potsdam 1996–2009 Mitglied in der Vertreterver- samm lung der Architekten- kammer Hessen 1992 Eröffnung des Büros Joppien Dietz Architekten GbR, Berlin seit 1990 Jurytätigkeit in mehr als 150 national und interna- tionalen Preisgerichten 1989–1996 Joppien Dietz Architekten GbR in Frankfurt am Main 1987–1989 Freie Mitarbeiterin, Ingeni- eursozietät BGS, Frankfurt am Main 1986–1987 Architekturstudium Univer- sity of California, Berkeley 1985 Studies in Theatre and Communication, University of Illinois, Chicago 1981–1985 Architekturstudium Tech- nische Hochschule Darm- stadt, Diplom 1978–1980 Architekturstudium Tech- nische Universität Berlin, Vordiplom 1988 Technische Universität Darmstadt, Wissenschaf t- li che Mitarbeit, Fachgebiet »Entwerfen und Technischer Ausbau«, Prof. Dr.-Ing. Thomas Herzog 1959 geboren in Frankfurt a. M. Prof. Anett-Maud Joppien Dipl.-Ing. M.Arch. Architektin Beirätin Juli 2010–Juli 2014 und seit Juni 2021 Beirätinnen und Beiräte Gestaltungsbeirat | 157 seit 2020 Vorsitzender des Verwal- tungsrats des Versorgungs- werks der Architektenkam- mer Baden-Württemberg seit 2019 Geschäftsführer der Domino Holding GmbH & Co. KG 2018 Verleihung Bundesver- dienstkreuz bis 2018 Selbständig tätig als Archi- tekt und Stadtplaner und Preisrichter zuletzt als Gesellschafter der Domino Holding GmbH & Co. KG seit 2015 Vorsitzender der Gestal- tungsbeiräte der Städte Baden-Baden (2015–2020), Friedrichshafen (seit 2019) und Mühlacker (seit 2019) sowie der Epple GmbH Hei- delberg für die Metropol- region Rhein-Neckar (seit 2018) seit 2014 Ehrenpräsident der Archi- tektenkammer Baden-Würt- temberg seit 2014 Ehrenmitglied der Ingeni- eurkammer Baden-Würt- temberg 1998–2014 Präsident der Architekten- kammer Baden-Württem- berg und Vorstandsmitglied der Bundesarchitekten- kammer 1979 Architekturstudium Univer- sität Stuttgart, Diplom Dipl.-Ing. Wolfgang Riehle Architekt BDA und Stadtplaner Beirat seit Juni 2021 Dipl.-Ing. Markus Müller Architekt und Stadtplaner Beirat seit April 2019 Vorsitzender seit November 2021 seit 2014 Präsident der Architekten- kammer Baden-Württem- berg Verwaltungsrat und Auf- sichtsrat in unterschiedli- chen Gremien Stiftungsrat der Pater- Berno-Stiftung, München, Temesvar Mitglied im Kuratorium der Akademie d. Diözese Rottenburg-Stuttgart Preisrichter in Wettbewer- ben und in Auszeichnungs- verfahren Zahlreiche Wettbewerbs- teilnahmen, Ausstellungen, Vorträge 2010–2014 Vorsitzender der Kammer- gruppe Bodenseekreis der Architektenkammer Baden-Württemberg 2002–2010 Beirat der Kammergruppe Bodenseekreis der Architek- tenkammer Baden-Würt- temberg 2001 Deutscher Städtebaupreis – Sonderpreis seit 1996 Selbstständigkeit, Partner- schaft mit Olaf Arndt in Müller, Arndt, Partner Tätigkeit bei Fiedler.Aichele, Stuttgart Studium Architektur und Stadtplanung an der Universität Stuttgart Diplom bei Professor Klaus Humpert 1965 geboren in Meckenbeuren 158 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 4 seit 2010 Leitung des Lehrstuhls für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen, Fakultät Architektur 2002–2003 Vertretungsprofessur für Landschaftsgeschichte und -ästhetik an der Universität Kassel 2002, laufend Gründung des Büros stadt- landschaftsarchitektur, Stuttgart, seit 2011 als Partnerschaftsgesellschaft 2009 Berufung in die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung 2002 Mitglied beim BDLA 2001 Promotion an der Fakul- tät für Architektur und Stadtplanung der Univer- sität Stuttgart zum Thema »Stadtnahe Landwirtschaft in der Stadt- und Freiraum- planung« 1994–2001 Assistent am Institut für Landschaftsplanung und Ökologie der Universität Stuttgart, Fakultät für Architektur und Stadt- planung 1991 -1994 Projektbearbeiter im Büro Gruppe Freiraumplanung, Hannover 1991 Diplom Landespflege an der Uni Hannover 1964 geboren in Northeim Prof. Dr. Frank Lohrberg Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt BDLA DASL Beirat seit April 2020 seit 2014 Professorin an der Ecole Nationale Supérieure d’Architecture de Paris- Belleville, Théorie et pra- tique de la conception architecturale et urbaine Mitglied der Gruppe »Wasistdas«, groupe infor- mel et pluridisciplinaire réfléchissant au devenir de la ville de Strasbourg Chevalier de l’Ordre Natio- nal du Mérite 2011 Richter architectes et asso- ciés, Strasbourg-Paris 2010–2015 Vize-Vorsitzende des Gestaltungsbeirats Baden- Baden (Architektur und Städtebau) 2002 Richter architectes 2000–2007 Gründerin, Künstlerische Leiterin und Vorsitzende der Architekturtage – Journées de l’Architecture Rhénane (Elsass, Baden-Württem- berg, Schweiz) seit 1999 Lehrbeauftragte an der Ecole Nationale Supérieure d’Architecture Strasbourg und Nancy seit 2008 maître assistant titulaire 1998 Pascale Richter, architecte 1992 Coulon et Richter, archi tectes 1992 Architektin DPLG Diplom bei Henri Ciriani Studium an der Facultad de Arquitectura de Montevideo (Uruguay), an der ENSA de Strasbourg und Paris-Belle- ville – atelier UNO Prof. Pascale Richter Architektin DPLG Beirätin seit April 2020 Gestaltungsbeirat | 159 6 seit 2020 Mitglied im Gestaltungsrat der Stadt Konstanz, Mitglied und Vorsitzender des Klima - beirats der Stadt Linz (AT) Mitglied in den Gestaltungs- beiräten der Städte: Linz (AT) seit 2019, seit 2020 Vorsitzender Freiburg 2014–2020, 2019–2020 Vorsitzender Mannheim 2014–2016 Lübeck 2013–2018 2017–2018 Vorsitzender Biberach a.d. Riss 2010–2012 Regensburg 2002–2007 2005–2007 Vorsitzender 2007–2012 Landesvorsitzender des BDA Hessen, Frankfurt am Main 2006 Verleihung des Christian- Heyden-Preises für Bau- kultur, Gütersloh seit 2004 Professor an der Leibniz Universität Hannover, Institut für Entwerfen und Gebäudelehre 1998–2004 Professor an der Leibniz Universität Hannover, Institut für Entwerfen und Konstruieren 1996–1998 Gastprofessor an der Universität Kassel 1995–1999 Mitglied im Vorstand des BDA, Frankfurt am Main 1993–2003 Mitglied des Städtebau- beirats der Stadt Frankfurt am Main 1988–1992 Wissenschaftlicher Mitar- beiter an der RWTH Aachen 1988 Gründung Turkali Architek- ten, Frankfurt am Main 1986–1988 Architekturstudium und Master an der Harvard University, Cambridge (US) Graduate School of Design 1983–1984 Architekturstudium an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste (Städel- schule), Frankfurt am Main 1983 Internationale Sommer- akademie Salzburg (AT) 1978–1983 Architekturstudium und Diplom an der Fachhoch- schule Frankfurt am Main 1958 Geboren in Vrdnik (YU) Prof. Zvonko Turkali Dipl.-Ing. M.Arch. Architekt BDA Beirat April 2007–Februar 2010, Mai 2017–Juni 2021 Vorsitzender Mai 2017–Juni 2021 Prof. Martin Haas Dipl.-Ing. Architekt BDA Beirat Mai 2011–Juni 2021 seit 2020 Ehrenamtliches Mitglied des Konvents der Baukultur 2014 Berufung in die Jury »Deut- scher Nachhaltigkeitspreis« seit 2013 Vizepräsident »Deutsche Gesellschaft für Nachhalti- ges Bauen e.V.« 2012 Gründung des Architektur- büros haascookzemmrich- STUDIO2050 seit 2009 Mitglied beim BDA seit 2008 Gastprofessur an der Uni- versity of Pennsylvania, Philadelphia, USA sowie an der Universita di Sassari in Italien 2007 Gründungsmitglied und Präsidiumsmitglied »Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V.« 2005–2012 Partner bei Behnisch Archi- tekten in Stuttgart und München 1999–2005 Projektpartner bei Beh- nisch, Behnisch & Partner 1995–1999 Architekt bei Behnisch, Behnisch & Partner 1993–1995 Architekturstudium und Diplom an der Universität Stuttgart 1992 –1996 Künstlerische Leitung und Produktion von Werbefilmen 1992–1993 Mitarbeit bei Alan Brooks Ass., London, UK 1992–1993 Architekturstudium an der Southbank University London, UK 1990–1991 Mitarbeit bei Meier + Kern Architekten, Brugg, Schweiz 1988–1992 Architekturstudium an der Universität Stuttgart 1987–1988 Mitarbeit bei 3F Filmpro- duktion in Freiburg 1967 geboren in Waldshut 160 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 Prof. Dr. Annette Rudolph-Cleff Dipl.-Ing. Architektin Beirätin Juli 2015–November 2019 seit 2013 Direktorin des internatio- nalen MSc.-Studiengangs »International Cooperation and Urban Development« im EU-Exzellenzcluster Erasmus Mundus seit 2007 Vorstand der interdiszip- linären Graduiertenschule URBANgrad seit 2006 Professur für Entwerfen und Stadtentwicklung am Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt 2004–2006 Vertretung der Professur für Entwerfen und Städtebau der Bergischen Universität Wuppertal 1998–2004 Technische Geschäftslei- tung der Bauunternehmung Rudolph GmbH 1994–2007 Selbstständige Tätigkeit als Architektin 1994–1998 Wissenschaftliche Mit- arbeiterin am Institut für Orts-, Regional und Lan- desplanung der Universität Karlsruhe 1994 Promotion an der Universität Karlsruhe, Prädikat summa cum laude (Stipendium der Landesgraduiertenför- derung) 1991–1993 Angestellte Architektin bei Jean Nouvel Paris 1991 Diplom an der Fakultät für Architektur Universität Karlsruhe 1987–88 Auslandsstudium an der Ecole d´Architecture Paris- Belleville (Jahresstipendium des DAAD) 1984 Architekturstudium an der Universität Karlsruhe 1965 geboren in Mannheim seit 2001 Professur für Entwerfen und Baukonstruktion an der FH Dortmund, FB Architektur seit 1994 Selbständigkeit 1989–1994 Erfahrungen in Stuttgarter Büros Lehrerfahrungen an der Uni und FHT Stuttgart 1984–1989 Studium Architektur FH Biberach 1980–1983 Lehre: Raumausstatter- handwerk 1963 geboren in Sigmaringen Gremien und Kommis sionen: Fachbereichsratsmitglied Mitglied von Berufungs- kommissionen Mitarbeit im Studienaus- schuss – Strukturreform BM Mitentwicklung am Master »Ressource Architektur« – Start WS 2015.16 2001–2010 Vertretung der FH im Bau- kulturausschuss Stadt Dort- mund BDA Mitglied AKJAA. Arbeitskreis junger Archi- tekten und Architektinnen in Deutschland Prof. Christine Remensperger Architektin BDA Beirätin Juli 2015–November 2019 Gestaltungsbeirat | 161 Prof. Jörg Aldinger Dipl.-Ing. Architekt BDA Beirat Oktober 2014–September 2018 Vorsitzender November 2016–März 2017 seit 2022 Münster, Stadtentwicklung neue Stadtquatiere, Lenkungskreis seit 2020 Köln Masterplan Südstadt, Lenkungskreis seit 2019 Köln Masterplan Innenstadt, Lenkungskreis 2018 Beijing China, Central Academy of Fine Arts, Visit- ing Professor 2016–2020 Mannheim, Gestaltungs- beirat Vorsitz 2015–2019 Karlsruhe, Gestaltungsbeirat 2015–2018 Konstanz, Gestaltungsbeirat Vorsitz 2007 Großer Hugo Häring Preis, Bund Deutscher Architekten BDA seit 2005 Aldinger Architekten Pla- nungsgesellschaft mbH mit den Partnern Jörg Aldinger, Dirk Herker, Thomas Strähle 2004–2008 Dekan Fakultät Architektur und Gebäudeklimatik Hoch- schule Biberach seit 2001 Insgesamt 15 Architektur- preise der Architektenkam- mer und des BDA 2000 Los Angeles USA, Califor- nian Polytechnic University, Visiting Professor 1994–2021 Biberach, Hochschule für angewandte Wissenschaft, Professor für nachhaltiges Planen und Bauen seit 1984 Teilnahme an Architekten- wettbewerben (über 70 Preise und Anerkennungen) Berufung als Fachpreisrich- ter (über 500 Preisgerichte) seit 1984 Bund Deutscher Architek- ten BDA 1983–2005 Aldinger & Aldinger Freier Architekt, Mitglied der Architektenkammer 1981–1983 Kammerer + Belz, Mitarbeit Architekt 1975–1980 Architekturstudium Univer- sität Stuttgart 1955 geboren in Stuttgart Prof. Ulrike Lauber Dipl.-Ing. Architektin BDA Beirätin Oktober 2014–September 2016 2016 lauber zottmann blank architekten gmbh 2007 lauber + zottmann architek- ten gmbh Preisrichtertätigkeit Gestaltungsbeirat Pforz- heim Beratergruppe München Freiham Stadtgestaltungskommissi- on München seit 1999 Professur für Entwerfen, Beuth Hochschule für Technik Berlin Laborleitung Entwurf und Städtebau 1998–2006 lauber architekten mit Gerhard Hagemann, Manfred Walter, Peter Zottmann 1997 Mitglied Bund Deutscher Architekten 1990–1998 lauber + wöhr architekten mit Wolfram Wöhr 1986–1990 Richard Meier, New York Associate Partner und Projektleitung 1979 Diplom an der TU Berlin 162 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 Prof. Claus Anderhalten Dipl.-Ing. Architekt BDA Beirat November 2012–September 2016 Vorsitzender Juli 2015–September 2016 2010–2022 Preisrichter in nationalen und internationalen Architektenwettbewerben 2008 Professor an der Universität Kassel, Fachgebiet Ent wer- fen im Bestand 2008–2022 Mitgliedschaften in den Gestaltungsbeiräten der Städte Berlin, Nürnberg, Rostock, Karlsruhe, Bremen und Tübingen 2006–2008 Vertretungsprofessor an der Universität Siegen 2003–2009 Mitglied im Vorstand des BDA Landesverbandes Berlin 2000–2003 Mitglied im »Arbeitskreis Junger Architektinnen und Architekten« des BDA 1998–2002 Lehraufträge an der TU Berlin / TFH Berlin / FH Lippe 1995 Mitglied des BDA Berlin 1993 Bürogründung Anderhalten Architekten, Berlin / Köln 1990 Diplom mit Auszeichnung an der RWTH Aachen 1985–1990 Architekturstudium an der TU Berlin und RWTH Aachen 1962 geboren in Köln seit 2017 Mitglied des Gestaltungs- beirats Stuttgart seit 2017 Jan Rübenstrunk Partner bei GATERMANN + SCHOSSIG 2012–2017 Mitglied des Berliner Baukollegiums seit 2012 Sven Gaeßler Partner bei GATERMANN + SCHOSSIG 2010–2014 Kuratoriumsmitglied »Kunst am Bau« des BMVBS 2002–2007 Universitätsprofessorin an der TU Darmstadt, Lehrstuhl für Entwerfen und Gebäude- lehre 2001–2005 Mitglied Kuratorium »StadtBauKultur NRW« 1992–2000 Gründerin der Initiativen »Kölner Stadtmodell« und Internetplattform »koeln architektur.de« 1989–1998 Vorstandsmitglied des BDA-Köln seit 1984 mehr als 150 Wettbewerbs- und Architekturpreise, viel fache Jurytätigkeit, Vor - träge, Workshops 1984 Gründung des Architektur- büros Gatermann + Schossig mit Elmar Schossig 1981–1985 Projektleiterin im Büro Prof. Gottfried Böhm 1975–1981 Architekturstudium an der TU Braunschweig und RWTH Aachen Prof. Dörte Gatermann Dipl.-Ing. Architektin BDA Beirätin Mai 2011–Mai 2015 Vorsitzende November 2012–Mai 2015 (zeitw.) Gestaltungsbeirat | 163 Prof. Manfred Kovatsch Dipl.-Ing. Architekt DASL Beirat Mai 2011–Mai 2015 Vorsitzender November 2012–Mai 2015 (zeitw.) Mitglied der Gestaltungs- beiräte der Städte 2015 München (Kommission für Stadtgestaltung) 2011 Karlsruhe 2010 Nürnberg (Baukunstbeirat) 2003 Regensburg 2005 Abschluss der Lehrtätigkeit an der Akademie der Bildenden Künste, München 2001 Mitglied der Deutschen Akademie Städtebau und Landesplanung 1997 Mitglied der Europäischen Akademie für Wissenschaft und Kunst 1997 Internationales Interdiszip- linäres Projekte mit dem Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, USA 1995–1997 Prorektor der Akademie der Bildenden Künste, München 1992 Mitglied einer internatio- nalen Jury Neues Bauen in den Alpen 1986 Professor für Raumgestal- tung und Entwerfen an der Bildenden Künste, München 1980 Leitung eines Studienaus- tausches mit der University of Colorado, Denver 1975 Lehrauftrag, Technische Universität Graz 1972 wissenschaftlicher Assistent, Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen, Technische Universität München 1970–1971 University of California, Berkeley, Abschluss »Master of Architecture« 1967 Diplom, Technische Universität Graz 1940 geboren in Villach / Österreich Preise und Anerkennungen Prof. Günter Pfeifer Architekt BDA DWB Beirat Juli 2010–Juli 2014 seit 2014 BARUCCOPFEIFER ARCHI- TEKTUR. Darmstadt mit Lisa Barucco 2011–2021 Fondation Kybernetik mit Prof. Dr. Annette Rudolph- Cleff, Forschungspool der Technischen Universität Darmstadt 2009 Gottfried-Semper-Preis der Sächsischen Akademie der Künste als Pionier des ökologischen Bauens 2002–2022 Redaktionsbeirat Zeitschrift »der architekt« / »die archi- tekt« seit 1997 Autor zahlreicher Fach- bücher (bislang 52 Titel) 1996–1998 Dekan des Fachbereichs Architektur, Technische Universität Darmstadt 1992–2012 ord. Universitätsprofessor an der Technischen Univer- sität Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Hochbau- konstruktion 1992–2000, Fachgebiet Entwerfen und Wohnungsbau 2000–2012 1987–1993 Zusammenarbeit mit Frank O. Gehry, Zaha M. Hadid, Tadao Ando, Álvaro Siza (Vitra Campus Weil am Rhein) seit 1984 zahlreiche Architekturpreise (insgesamt bis heute 71 Auszeichnungen), u.a. Architekturpreis Baden- Württemberg / Hugo-Häring- Preis 9 mal, Deutscher Architekturpreis (Anerken- nung) 3 mal, Honor Award 1992 – The American Institute of Architecture seit 1972 selbstständig tätiger freier Architekt in Lörrach und Freiburg. Bürogröße wech- selnd nach Auftragslage bis 24 Mitarbeiter; verschie- dene Partnerschaften 1963–1967 Studium der Architektur an der Staatlichen Werk- kunstschule Kassel (spätere Gesamthochschule und danach in Universität Kassel integriert) 1943 geboren in Schopfheim / Landkreis Lörrach 164 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 Prof. Peter Cheret Dipl.-Ing. Architekt BDA DWB Beirat Juli 2008–Juli 2012 Vorsitzender Juli 2011–Juli 2012 seit 2016 Gestaltungsbeirat in Mannheim seit 1994 Professor Universität Stuttgart Institut für Baukonstruktion und Entwerfen, Lehrstuhl 1 1993–94 Professurvertretung FH Trier 1988–93 Lehrtätigkeit Uni Stuttgart im Fach Einführen in das Entwerfen seit 1993 Cheret Bozic Architekten 1988–1990 Bürogründung Cheret und Englert 1983–1988 freier Architekt / freier Mit- arbeiter 1980–1982 Tätigkeit als angestellter Architekt 1972–1982 Architekturstudium Fach- hochschule Konstanz und Universität Stuttgart 1953 geboren in Lörrach Tätigkeit als Fachpreisrichter Kurator Stiftung Umweltpreis Fachvorträge, Veröffentli- chungen und Publikationen Gründungsmitglied Bundes- stiftung Baukultur ehem. Gestaltungsbeirat Ravensburg ehem. 1. Vorsitzender Archi- tekturgalerie am Weißenhof seit 2022 Mitglied Gestaltungsbeirat Landsberg 2018–2022 Mitglied Gestaltungsbeirat Kempten 2017–2019 Mitglied Gestaltungsbeirat Linz 2016–2021 Mitglied des Baukunst- beirates Nürnberg 2015–2017 Mitglied Gestaltkommission München, Prinz-Eugen- Kaserne 2011–2012 Mitglied Stadtbildkommis- sion Basel 2008–2012 Mitglied Gestaltungsbeirat Leipzig 2006–2008 Mitglied Gestaltungsbeirat Halle a. d. Saale 2007–2011 Mitglied Gestaltungsbeirat Karlsruhe 2005–2007 Mitglied Gestaltungsbeirat Salzburg 2004–2006 Mitglied Gestaltbeirat Linz 2001–2008 Mitglied Gestaltkommission DLR 2000–2003 Mitglied Gestaltkommission Regensburg 1997–2021 Lehrstuhl TU München 1991 Stipendium Villa Massimo, Rom seit 2009 Büro in München, Partner- schaft mit Maximilian Rimmel, Deubzer Rimmel Architekten Part.GmbH seit 1987 Büro Berlin, 1988–2012 Partnerschaft mit Jürgen König, Deubzer König Architekten GmbH 1985–1987 Wissenschaftliche Assis- tentin an der TU München 1984–1985 Mitarbeit im Büro James Stirling 1978–1983 Mitarbeit im Büro Schultes 1978 Diplom an der TU Berlin Prof. Hannelore Deubzer Dipl.-Ing. Architektin Beirätin April 2007–März 2011 Gestaltungsbeirat | 165 Prof. Carl Fingerhuth Dipl.-Ing. Architekt Beirat April 2007–März 2011 Vorsitzender April 2007–März 2011 seit 1992 Eigenes Büro für Städtebau 1979–92 Kantonsbaumeister Basel- Stadt 1964–79 Eigenes Büro für Raum- planung und Städtebau in Zürich 1963–64 Im Auftrag der ETH-Z beim Baudepartement des Kanton Wallis zum Aufbau eines kantonalen Planungs- amtes 1961–63 Architekt in Zürich 1960–61 Schweiz. Institut für ägyp- tische Bauforschung, Kairo, Ägypten 1960 Diplom an der Abteilung für Architektur der Eidgenös- sischen Technischen Hoch- schule Zürich 1936 geboren in Zürich Lehrtätigkeiten: State University of Virginia Departement of Architec- ture Blacksburg USA, Universität Basel, Eidge- nössischen Technischen Hochschule Zürich, Ecole d‘Architecture de Stras- bourg, Ecole d‘Architecture de Genève, TU Darmstadt, Universität Genua Honorarprofessor der Tech- nischen Universität Darm- stadt Mitarbeit in Planungs- oder Gestaltungsbeiräten in Bre- men, Feldkirch, Salzburg, Halle, Köln, Stuttgart, Hei- delberg und Regensburg Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau außerordentliches Mitglied des Bundes Deutscher Architekten (BDA) Mag. arch. Marta Schreieck Architektin Beirätin April 2007–Februar 2010 Jurorin bei Wettbewerben im In- und Ausland 2009–2013 BIG Architektur Beirat 2009–2014 BMUK – Beirat für Architek- tur + Design 2007–2017 Präsidentin der Zentral- vereinigung der Architekt- Innen Österreichs seit 2005 Mitglied Akademie der Künste Berlin 2004 Kommissärin des Österreich - beitrages der 9. Architektur- biennale in Venedig 1995–2015 Gestaltungsbeirat Feldkirch, Linz, Salzburg, Regensburg, Karlsruhe, Graz 1995 Gastprofessur an der Akademie der bildenden Künste Wien 1993 Lehrauftrag an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur der Univer- sität Innsbruck seit 1982 gemeinsames Büro mit Dieter Henke 1975–1981 Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste Wien, (Meister- schule Prof. Roland Rainer und Prof. Timo Penttilä) 1954 geboren in Innsbruck / Tirol 1 166 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 2007 Gründung auf Beschluss des Gemeinderats alle 2–3 Monate Gestaltungsbeirat 2 Jahre Beiratsperiode1 15 Jahre Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe 66 Sitzungen (2007–2022) 5 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Land- schaftsarchitektur und Stadtplanung Aktuelle Mitglieder Prof. Anett-Maud Joppien Prof. Pascale Richter Prof. Dr.-Ing. Frank Lohrberg Dipl. Ing. Markus Müller Dipl.-Ing. Wolfgang Riehle 162 beratene Projekte in einer, zwei oder drei Sitzungen 19 Mitglieder seit 2007 Zahlen und Fakten Zahlen und Fakten | 167 Öffentliche Beiratssitzungen finden mit Teilnehmenden wie Oberbürgermeister*in, Bürgermeister*in, Stadträtinnen / Stadträte oder eine von der Fraktion selbstbestimmt benannte Person als deren Vertretung, Ortschaftsrätinnen / Ortschaftsräte, Mitarbeitende der Verwaltung und Sonderfachleute sowie offen für interessierte Bürger*innen statt.2 Ablauf – Nicht-öffentliche Ortstermine und interne Vorberatung – Öffentliche Projektdarstellung und Projektdiskussion – Öffentliche Empfehlung Eine von den Gestaltungsbeirätinnen und Gestaltungsbeiräten gemeinsam getragene Empfehlung wird am Ende der Beratung den Bauherrinnen und Bauherren, den Archi- tektinnen und Architekten, den Landschafts- architektinnen und Landschafts architekten sowie der anwesenden Öffent lichkeit münd- lich vorgestellt. Die Ergebnisse der Diskussionen fließen außer - dem als Empfehlungen in die weiterführende Projektarbeit der Verwaltung (Stadtplanungs-, Bauordnungs- und Gartenbauamt) und in deren Nachgespräche mit den Projektbeteiligten auf den Ebenen der städtebaulichen Rahmen- planung, der Bebauungsplanung, der Bauvor- bescheidung und der Baugenehmigung ein. Aufgabe Der Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe hat die Aufgabe, die ihm vorgelegten Bauvorha- ben im Hinblick auf ihre städtebauliche, archi- tektonische und gestalterische Qualität zu prüfen und ihre Auswirkung auf das Stadt- und Landschaftsbild zu beurteilen. Er gibt der Bauherrin und dem Bauherrn und deren Architektin und Architekten Hinweise und Kriterien zur Erreichung dieses Ziels. Seine Empfehlungen sind wesentliches Instru- ment zur Weiterentwicklung der Baukultur in unserer Stadt. Die in der Regel öffentlichen Sitzungen des Gestaltungsbeirats sind Basis eines gemeinsamen Dialogs um die Bedeutung und die Qualität von guter Architektur und zukunftsweisendem Städtebau auch in Hinblick auf die Fragestellungen Soziale Stadt, Res- sourcenverbrauch, Klimaschutz und Klimaan- passung, Energie, Mobilität und Inklusion. Der Gestaltungsbeirat unterstützt die kultur- elle, soziale und ästhetische Verantwortung der privaten und öffentlichen Entscheidungs- träger und vermittelt in seinen Stellungnahmen die baukulturellen Ansprüche der Stadt Karlsruhe einer interessierten Öffentlichkeit. 1 Mitgliedschaft max. 3 × 2 Jahre 2 Neufassung der Geschäftsord- nung des Gestaltungsbeirats der Stadt Karlsruhe (Oktober 2022) ab 2024 Einladung der Öffentlichkeit 168 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 61 Firma Init AG-Überarbeitete Planung, Karlsruhe-Oststadt (07–2012) 62 Robert Bosch GmbH, Neugestaltung Fassade Silogebäude, Karlsruhe-Grötzingen (07–2012) 63 Hotelerweiterung Gasthaus Ochsen, Karlsruhe-Durlach (07–2012) 64 Kita Bulach, St.-Georg- Straße 2, Karlsruhe- Beiertheim-Bulach (11–2012) 65 Seniorenwohnen, Koch straße 2, Karlsruhe- Innenstadt-West (11–2012, 01–2013) 66 Mehrfachbeauftragung »Gemeinsam Leben«, Königsberger Straße 37, Karlsruhe-Waldstadt (01–2013) 67 Mehrfachbeauftragung Erweiterung Alten- und Pflegeheim »Haus am Turm- berg«, Karlsruhe-Durlach (01–2013) Projektübersicht 2012–2022 68 Städtisches Klinikum, Neubau Haus I, Karlsruhe-Nordweststadt (03–2013, 05–2013) 69 Parkpalette Möbelhaus XXXL, Durlacher Allee, Karlsruhe-Oststadt (03–2013) 70 Gesamtkonzept Umbau I Neubau EH-Markt, Karls ruhe-Neureut (05–2013) 71 Gesamtkonzept Autohaus S & G, Schoemperlenstraße, Karlsruhe-Mühlburg (05–2013) 72 Neubau STP, IWKA-Gelände, Karlsruhe-Südweststadt (09–2013) 73 Neubau Aral-Tankstelle Blücherstraße, Karlsruhe-Weststadt (03–2013, 09–2013, 07–2014) 74 Städtisches Klinikum, unterirdische Küche, Haus M, Karlsruhe-Nordweststadt (09–2013) 75 Neubau Technologiezent- rum Wasser, Erweiterung, Karlsruhe-Hagsfeld (09–2013) 76 Postareal, Karlsruhe-Mühlburg (09–2013) 77 Nahversorgung Karlsruhe- Hohenwettersbach (11–2013) 78 Planungskonzept Gewer be - gebiet Zimmerstraße, Karlsruhe-Südost (11–2013) 79 Firmenzentrale Gewerbe- gebiet Großoberfeld, Karlsruhe-Oberreut (11–2013) 80 Alt-Katholische Kirchen- gemeinde, Mehrfach- beauftragung, Karlsruhe-Weststadt (11–2013, 03–2014) 81 Städtisches Klinikum Kaiser- allee, Psychotherapeutische Medizin, Karlsruhe-Weststadt (01–2014) Projektübersicht | 169 82 Städtisches Klinikum, Gesamtkonzept, Karlsruhe-Nordweststadt (01–2014, 03–2014) 83 Abbruch u. Neubau Wohn- und Geschäftshaus Pfinztal- straße, Karlsruhe-Durlach (03–2014) 84 Neubau Wohngebäude Berckmüllerstraße, Karls ruhe-Oststadt (07–2014) 85 Neubau Bürogebäude, Am Storrenacker, Karlsruhe-Hagsfeld (07–2014, 10–2014, 07–2015) 86 Ehemalige Artilleriekaserne – westlich Kußmaulstraße, Karlsruhe-Nordweststadt (10–2014) 87 Oberflächengestaltung Marktplatz, Karlsruhe-Innenstadt (10–2014) 88 St. Vincentius-Kliniken, Karlsruhe-Südweststadt (01–2015) 89 Wohnungsbau, Edelbergstraße 1, Karlsruhe-Grünwinkel (01–2015, 03–2015) 90 Abbruch u. Neubau Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage Pfinztalstraße, Karlsruhe-Durlach (01–2015) 91 Neubau Anna-Leimbach- Haus, Blumentorstraße 6–10, Karlsruhe-Durlach (03–2015, 05–2015, 07–2015) 92 RaumFabrik Areal B, Karlsruhe-Durlach (03–2015, 05–2015) 93 Wohnbebauung Steinkreuzstraße, Karlsruhe-Wolfartsweier (05–2015) 94 Wohnen Am Rosenweg, Karlsruhe-Rüppurr (05–2015, 07–2015) 95 BWGV Akademie, Am Rüppurrer Schloss, Karlsruhe-Rüppurr (05–2015) 96 (Teil-) Abbruch und Neubau Pflegeheim Augustenburg, Karlsruhe Grötzingen (05–2015) 97 Neubau Wohnhaus, Wichernstraße 4 a, Karlsruhe-Mühlburg (07–2015, 03–2016) 98 Audi Zentrum, Gerwig straße 77, Karlsruhe-Oststadt (07–2015) 99 Erweiterung Coca-Cola, Karlsruhe-Neureut (09–2015, 03–2016) 100 Erweiterung Physik Instrumente (PI), Karlsruhe-Stupferich (09–2015, 11–2015, 05–2017) 101 Neubau Wohnbebauung Am Fasanengarten, Karlsruhe-Oststadt (11–2015, 03–2017, 05/2017) 102 Wohn- und Geschäftshaus Karlstraße 26, Innenstadt-West (11–2015) 103 Seniorenzentrum und Seniorenwohnen Herrenalber Straße, Karlsruhe-Rüppurr (11–2015, 07–2016, 11–2016) 104 Neubau einer Wohnanlage, Pfinzstraße 87, Karlsruhe-Durlach (03–2016, 07–2016) 105 Wohnbebauung inkl. Stu- den tenwohnen Kolberger Straße, Karlsruhe-Waldstadt (03–2016) 106 Neubau für studentisches Wohnen Augustenburg- straße 89, Karlsruhe-Grötzingen (03–2016, 05–2016) 107 Pflegeheim mit betreutem Wohnen, Dragonerstraße 4-6, Karlsruhe-Weststadt (03–2016) 108 Umbau und Erweiterung des Sportgebäudes TG Neureut, Karlsruhe-Neureut (05–2016) 109 Bürogebäude IWKA-Gelände, Karlsruhe-Südweststadt (07–2016, 11–2016) 110 Quartiersentwicklung Kleinseeäcker, Karlsruhe-Oberreut (11–2016, 03–2017) 111 Bauvorhaben Victor- Gollancz-Straße, Karlsruhe-Südweststadt (11–2016, 07–2017, 04–2018) 170 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 112 Bürogebäude Hauptbahn- hof-Süd, Karlsruhe-Südweststadt (03–2017) 113 Umnutzung Garagenhof Kohlberger Straße, Karlsruhe-Waldstadt (03–2017) 114 TPK I element-i-Bildungs- haus, Karlsruhe-Rintheim (07–2017) 115 Bunkerbebauung Dammer- stock, Karlsruhe-Weiherfeld- Dammerstock 07/2017 116 Einzelhandel und Wohnen Frauenalber Straße 2, Karlsruhe-Rüppurr (07–2017, 12–2017) 117 Badische Versicherungen (BGV)-Neubau Parkgebäude, Karlsruhe-Oststadt (09–2017) 118 Neubau der b.i.g.-Gruppe Bannwaldallee, Karlsruhe-Grünwinkel (09–2017, 12–2017) 119 Städtebauliche Vertiefung Königsberger Straße, Karlsruhe-Waldstadt (09–2017, 07–2018) 120 Neubau Lern- und Anwen- dungszentrum Mechatronik, Karlsruhe-Innenstadt Ost (09–2017, 07–2019) 121 Hotelerweiterung Gasthaus Ochsen, Pfinzstraße 64, Karlsruhe-Durlach (12–2017) 122 Neubau DITIB-Moschee, Käppelestraße, Karlsruhe-Oststadt (12–2017) 123 Hoepfner Think Tank, Haid-und-Neu-Straße 18, Karlsruhe-Oststadt (12–2017) 124 Umbau Franz-Rohde-Haus und Neubau Blücherstraße 20 (Rückbereich) Wohnen, Karlsruhe-Weststadt (12–2017) 125 Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, Blumenstraße 4, Karlsruhe-Innenstadt-West (04–2018, 09/–2018) 126 VbB »August-Dosenbach- Str. 7 (August-Klingler-Are- al)«, Karlsruhe-Daxlanden (04–2018) 127 Neubau Firma WIBU-Sys- tems AG Zimmerstraße 3, Karlsruhe-Südstadt (04–2018) 128 TPK I Neubau Vector Campus Karlsruhe, Karlsruhe-Rintheim (07–2018, 11–2018) 129 Bunkerbebauung Dammer- stock, Karlsruhe-Weiherfeld- Dammerstock (07–2018) 130 Neubau Hotel Augusten- burgstraße 10, Karlsruhe-Grötzingen (09–2018, 07–2019) 131 Neubau Hotel Hauptbahn- straße 5, Karlsruhe-Durlach (09–2018, 11–2018, 03–2020) 132 Sanierung Wohn- und Geschäftshaus mit Fassaden - erneuerung Kronenstraße 24, Karlsruhe-Innenstadt-Ost (09–2018) 133 Neubau Wohn- und Geschäftshaus Passagehof, Karlsruhe-Innenstadt-West (09–2018) 134 Neubau eines Wohnheims für 100 Bewohner, Studen- tenwohnheim des Karlsru- her Instituts für Technologie (KIT) e.V., Karlsruhe-Oststadt (09–2018) 135 InformatiKOM der Klaus Tschira Stiftung gGmbH, KIT Campus Süd, Karlsruhe-Oststadt (11–2018, 02–2019, 04–2019) 136 Neubau eines Gemeinde- zentrums, Holländerstraße 2 / 2a, Karlsruhe-Daxlanden (02–2019, 09–2019, 11–2019) 137 TPK I cab Produkttechnik GmbH & Co. KG Produk- tions- und Verwaltungs- gebäudes mit Lager, Karlsruhe-Technologiepark, Karlsruhe-Rintheim (02–2019) 138 Neubau eines Wohnhauses Lederstraße 5, Karlsruhe-Durlach (02–2019) Zahlen und Fakten | 171 139 Neubau von drei Ketten- häusern und einem Mehr- familienhaus, Karlsruhe-Wolfartsweier (04–2019) 140 Sanierung Verwaltungsge- bäude Philipp-Reis-Straße 4, Karlsruhe-Südstadt (04–2019, 07–2019) 141 Neubau Wohnbebauung im Lohfeld, Baufelder C, D, I, Karlsruhe-Oststadt (07–2019, 09–2019) 142 Gestaltungshandbuch zum Bebauungsplan Zukunft Nord östlich der Erzberger- straße zwischen New-York- Straße und Lilienthalstraße, Karlsruhe-Nordstadt (07–2019) 143 Neubau Hotel Zirkel 25, Karlsruhe-Innenstadt-West (07–2019) 144 VbB Basler-Tor-Straße 77 (Seniorenheim »Haus am Turmberg«), Karlsruhe-Durlach (09–2019, 03–2020) 145 Höhenentwicklungskonzept (11–2019) 146 KIT, Botanisches Institut, Verlagerung Kornblumen- straße Neubau Gewächs- häuser, Karlsruhe-Oststadt (11–2019) 147 TPK I Bürogebäude eines Gebäudes mit Tiefgarage, Emy-Noether-Str. 13, Karlsruhe-Rintheim (11–2019, 02–2020, 11–2021) 148 Neubau eines Hotels, Fitness Studios und eines Büro- gebäudes, Ostring 6, Karlsruhe-Oststadt (06–2020,07–2020) 149 Neubau Wohngebäude Stephanienstraße 22 / Wörthstraße, Karlsruhe- Innenstadt-West (06–2020) 150 TPK I Neubau Gebäude 9C, Alfred-Nestler-Straße 28-30, Karlsruhe-Rintheim (06–2020) 151 Sophien-Carrée, Karlsruhe-Weststadt (06–202, 09–2020, 11–2020, 04–2022) 152 Studentenwohnen Rheinstraße 77, Karlsruhe-Mühlburg (09–2020, 11–2020) 153 Neubau Wohnanlage Oberwaldstraße 5 / 7, Karlsruhe-Durlach (09–2020) 154 Saturn-Fassade, Kaiserstraße 146, Karlsruhe-Innenstadt-West (09–2020, 11–2020) 155 Neubau Peek & Cloppenburg, Hotel- und Geschäftshaus, Karlsruhe-Innenstadt West (11–2020) 156 TPK I HMS Industrial Net- works GmbH, Karlsruhe-Rintheim (06–2021, 08–2021) 157 Wohnhaus Körnerstraße 45, 49, 51, Karlsruhe-Weststadt (06–2021) 158 Wohnbebauung Pfinzstraße 64, ehem. Gasthaus Ochsen, Karlsruhe-Durlach (11–2021, 04–2022, 06–2022) 159 Neubebauung Herrenalber Straße 22 / Rastatter Straße 19 a, Karlsruhe-Rüppurr (04–2022) 160 Serbisch Orthodoxe Kirche, Erzberger Straße 170, Karlsruhe-Nordstadt (06–2022) 161 Neubau Bürogebäude, Bannwaldallee 2, Karlsruhe-Grünwinkel (06–2022) 162 Neubau Peek & Cloppenburg, Büro- und Geschäftshaus, Karlsruhe-Innenstadt West (10–2022) 1 172 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 2 Präambel Der Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe hat die Aufgabe, die ihm vorgelegten Bauvor - haben im Hinblick auf ihre städtebauliche, architektonische und gestalterische Quali- tät zu prüfen und ihre Auswirkung auf das Stadt- und Landschaftsbild zu beurteilen. Er unterstützt als unabhängiges Sachverständigengremium den Oberbürgermeister, den Baudezernenten, den Gemeinderat und die Verwaltung in Fragen der Architektur und des Stadtbildes, der Freiraumgestaltung und der Stadtplanung. In öffentlichen Diskussionen begleitet der Gestaltungsbeirat in einer kritischen, fachori- entierten Auseinandersetzung die Planungsprozesse in der Stadt Karlsruhe. Seine Empfehlungen sind wesentliches Instrument zur Weiterentwicklung der Baukultur in unserer Stadt. Die in der Regel öffentlichen Sitzungen des Gestaltungsbeirats sind Basis eines gemeinsamen Dialogs um die Bedeutung und die Qualität von guter Archi- tektur und zukunftsweisendem Städtebau auch in Hinblick auf die Fragestellungen Soziale Stadt, Ressourcenverbrauch, Klimaschutz und Klimaanpassung, Energie, Mobili- tät und Inklusion. Der Gestaltungsbeirat unterstützt die kulturelle, soziale und ästhetische Verantwortung der privaten und öffentlichen Entscheidungsträger und vermittelt in seinen Stellung- nahmen die baukulturellen Ansprüche der Stadt Karlsruhe einer interessierten Öffent- lichkeit. »Architektur ist eine öffentliche Angelegenheit. Die Qualität der Architektur der Stadt kann nur dann gesteigert werden, wenn dies als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden wird.« (Prof. Zvonko Turkali) Alle am Planungs- und Bauprozess der Stadt Beteiligten, wie beispielsweise Bauherrin- nen und Bauherren, Architektinnen und Architekten, Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten, Bürgerinnen und Bürger, Stadträtinnen und Stadträte sowie Mitarbeitende der Verwaltung sind eingeladen, an den öffentlichen Sitzungen des Gestaltungsbeirats teilzunehmen. Die Neufassung der Geschäftsordnung fördert die Präsenz und die Information der Öffentlichkeit als Basis für die gemeinsame Weiterentwicklung von Baukultur und nach- haltiger Stadtentwicklung. Der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe hat für die Tätigkeit des Gestaltungsbeirats folgende Geschäftsordnung beschlossen: Neufassung – Oktober 2022 Geschäftsordnung des Gestaltungsbeirats der Stadt Karlsruhe Geschäftsordnung | 173 § 1 Aufgabe des Gestaltungsbeirats Der Gestaltungsbeirat unterstützt als ein unabhän- giges Sachverständigengremium den Oberbürger- meister, den Baudezernenten, den Gemeinderat und die Verwaltung. Der Gestaltungsbeirat hat insbe- sondere die Aufgabe, die ihm vorgelegten Bauvor- haben im Hinblick auf ihre städtebauliche, architek- tonische und gestalterische Qualität zu prüfen und ihre Auswirkung auf das Stadt- und Landschafts- bild zu beurteilen. Er gibt der Bauherrin und dem Bauherrn und deren Architektin und Architekten Hinweise und Kriterien zur Erreichung dieses Ziels. § 2 Mitglieder des Gestaltungsbeirats Der Gestaltungsbeirat setzt sich aus fünf stimmbe- rechtigten Mitgliedern zusammen. § 3 Wohn- und Geschäftssitz der Mitglieder Die Mitglieder dürfen ihren Wohn- und Arbeits- sitz nicht im Regierungsbezirk Karlsruhe haben. Sie dürfen zwei Jahre vor und ein Jahr nach ihrer Beiratstätigkeit nicht in der Stadt Karlsruhe planen und bauen. § 4 Vorsitz Sie wählen aus ihrer Mitte (Mitglieder des Gestal- tungsbeirats (entsprechend § 2)) eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden sowie eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter. § 5 Beiratsperiode Eine Beiratsperiode beginnt mit der ersten Sitzung nach Berufung und dauert jeweils zwei Jahre. Die Mitgliedschaft darf drei aufeinanderfolgende Perio- den nicht übersteigen. Nach einer Unterbrechung von mindestens zwei Jahren ist eine erneute Mitgliedschaft möglich. § 6 Auswahl/Berufung der Mitglieder Die Stadtverwaltung erarbeitet eine Vorschlagslis- te zur Berufung der Mitglieder des Gestaltungs- beirats. Die Beiratsmitglieder werden durch den Gemeinderat der Stadt Karlsruhe berufen. Nach Möglichkeit sollte ein Mitglied aus dem europäi- schen Ausland sein. § 7 Tätigkeit der Mitglieder Die Mitglieder sind besonders qualifizierte Experten aus den Gebieten Architektur, Landschaftsarchi- tektur und Stadtplanung. Sie besitzen die Qualifika - tion Preisrichterin/Preisrichter. § 8 Vergütung Die Tätigkeit als stimmberechtigtes Mitglied wird in Anlehnung an die jeweils gültige Fassung der Empfehlungen der Architektenkammer Baden- Württemberg zur Aufwandsentschädigung für Preisrichter*innen, Sachverständige und Vorprü- fer*innen in Wettbewerbsverfahren mit einem pauschalen Honorar pro Sitzung inklusive Vor- und Nachbereitung sowie Reisezeit vergütet. Notwendige Reisekosten und gegebenenfalls Über- nachtungskosten werden nach Reisekostenrecht und eigenverantwortlicher Rechnungsstellung in nachgewiesener Höhe erstattet. § 9 Geschäftsführung Die Geschäftsführung der Geschäftsstelle liegt beim Stadtplanungsamt, Bereich Städtebau. Sie unterstützt administrativ zum Beispiel die Arbeit des Beirats, bereitet die Sitzungen vor, betreut sie und dokumentiert die Ergebnisse. § 10 Zu behandelnde Vorhaben Bei allen Vorhaben, die aufgrund ihrer Größenord- nung und Bedeutung für das Stadtbild prägend in Erscheinung treten, ist die Beurteilung durch den Gestaltungsbeirat obligatorisch. Bauordnungsamt und Stadtplanungsamt schlagen dem Baudezernat diese, sowie sonstige Vorhaben von Bedeutung für das Stadtbild, zur Beratung im Gestaltungsbeirat frühzeitig vor. Außerdem befasst sich der Gestaltungsbeirat auf Antrag von Bauher- rinnen und Bauherren mit deren Vorhaben. Ebenso haben gemeinderätliche Ausschüsse die Möglichkeit, Vorhaben in den Gestaltungsbeirat zur Beratung zu verweisen. Vorhaben aus einem konkurrierenden Entwurfsverfahren mit mehr als drei Teilnehmenden und einer Jury, die überwie- gend aus Fachleuten besteht, fallen nur dann in die Zuständigkeit des Gestaltungsbeirats, wenn das 1 174 | Gestaltungsbeirat Karlsrihe 2012–2022 2 zur Baugenehmigung eingereichte Vorhaben von dem erstrangig prämierten Entwurf wesentlich abweicht. § 11 Sitzungsturnus Die Sitzungen des Gestaltungsbeirats finden circa fünfmal im Jahr statt. Die Sitzungstermine werden mindestens für ein Kalenderjahr im Voraus fest- gelegt und im Internet veröffentlicht. Außerhalb dieses Turnus können für dringende Vorhaben zusätz liche Tagungen einberufen werden. § 12 Einberufung der Sitzungen Die Einberufung des Gestaltungsbeirats erfolgt digital durch die Geschäftsstelle, mindestens zwei Wochen vor dem Sitzungstag mit Bekanntgabe der vorläufigen Tagesordnung. Eine Änderung der Tagesordnung ist mit Zustimmung des Gestaltungs- beirats möglich. § 13 Beschlussfähigkeit Der Gestaltungsbeirat ist beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen sind, sowie die Mehrheit der Mitglieder, darunter die / der Vorsitzende oder deren/dessen Stellvertretende, anwesend ist. § 14 Beiratssitzungen Die Sitzungen des Gestaltungsbeirats sind in der Regel öffentlich, sofern die beteiligten Bauherr- innen und Bauherren beziehungsweise Investieren- den nicht widersprechen. Die Öffentlichkeit hat kein Rede- und kein Stimmrecht. An den nicht-öffentlichen Teilen der Sitzungen des Gestaltungsbeirats können auch teilnehmen: Oberbürgermeister*in, Bürgermeister*in, Stadt- rätinnen/Stadträte oder eine von der Fraktion selbstbestimmt benannte Person als deren Vertre- tung, Ortschaftsrätinnen/Ortschaftsräte und Mitarbeitende der Verwaltung, soweit diese für die entsprechenden Projekte zuständig sind, und Sonderfachleute (zum Beispiel Denkmalschutz). Die Teilnehmenden haben kein Stimmrecht, aber ein Rederecht. Die Gesprächsführung liegt bei der / dem Vorsit- zenden. Die Projektbehandlung orientiert sich an folgen- dem Ablauf: – Nicht-öffentliche Ortstermine und interne Vor- beratung: Vor den Sitzungen besichtigen die Mitglieder des Gestaltungsbeirats gemeinsam mit den städtischen Projektbetreuenden und der Geschäftsstelle in nicht-öffentlichen Ortstermi- nen die Projektstandorte. Diese Vorberatungen vor Ort und in direktem Anschluss im Sitzungssaal basieren auf den zu diesem Zeitpunkt bereits vor- liegenden Projektpräsentationen. – Öffentliche Projektdarstellung und Projektdis- kussion: Als Vorhabenträgerinnen und Vorhaben- träger sind Bauherrinnen und Bauherren, Inves- tierende, Architektinnen und Architekten sowie Landschaftsarchitektinnen und Landschafts- architekten eingeladen, ihre Projekte dem Gestal- tungsbeirat und der Öffentlichkeit vorzustellen. Die das Projekt betreffende Diskussion des Gestaltungsbeirats mit den Projektbeteiligten ist öffentlich. – Öffentliche Empfehlung: Eine von den Gestal- tungsbeiräten gemeinsam getragene Empfehlung (§ 15) wird am Ende der Beratung den Bauher- rinnen und Bauherren, den Architektinnen und Architekten, den Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten sowie der anwesenden Öffentlichkeit in der Regel von einem Mitglied des Gestaltungsbeirats mündlich vorgestellt. Am Ende jeder Sitzung soll ein umsetzbares und weiterführendes Ergebnis für die Vorhabenträge- rinnen und Vorhabenträger vorliegen. Die Ergebnisse der Diskussionen fließen außerdem als Empfehlungen in die weiterführende Projekt- arbeit der Verwaltung (Stadtplanungsamt, Bauord- nungsamt und Gartenbauamt) und in deren Nachgesprächen mit den Projektbeteiligten auf den Ebenen der städtebauliche Rahmenplanung, der Bebauungsplanung, der Bauvorbescheidung und der Baugenehmigung ein. § 15 Abstimmung Entscheidungen in Bezug auf die inhaltlichen Empfehlungen werden in einfacher Mehrheit in offener Abstimmung getroffen. Stimmenthal - tung ist nicht zulässig. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der/des Vorsitzenden den Ausschlag. Geschäftsordnung | 175 § 16 Befangenheit Beiratsmitglieder prüfen von sich aus ihre Befan- genheit in Anlehnung an § 18 der Gemeinde- ordnung Baden-Württemberg und zeigen diese vor Behandlung des Tagesordnungspunktes dem Vorsitzenden an. Bei Befangenheit ist der Sitzungs- saal zu verlassen. § 17 Stellungnahme des Gestaltungsbeirats Der Gestaltungsbeirat verfasst als Ergebnis der Beratungen zu jedem Projekt jeweils eine Empfeh- lung in Form einer schriftlichen Stellungnahme. Die jeweilige Stellungnahme ist den Bauherrinnen und Bauherren oder deren Beauftragten in dem das Projekt betreffenden Protokollauszug bekannt zu geben und zu erläutern. § 18 Protokoll der Sitzungen Die vom Gestaltungsbeirat verfassten Stellung- nahmen werden in einem Protokoll der jeweiligen Sitzung von der Geschäftsstelle zusammengefasst. Dieses wird dem Gestaltungsbeirat, den Teilneh- menden, den Vorhabenträgerinnen und Vorhaben- trägern und den betroffenen Projektvertretenden (für deren Tagesordnungspunkt) digital übermittelt. § 19 Öffentlichkeitsarbeit Der öffentliche Teil der vorläufigen Tagesordnung wird in der Regel eine Woche vor der Sitzung auf der Internetseite der Stadt Karlsruhe veröffentlicht. Die Protokolle mit den Stellungnahmen des Gestal- tungsbeirats zu den beratenen Projekten werden auf der städtischen Internetseite des Gestaltungs- beirats veröffentlicht, sofern die Vorhaben oder Projekte öffentlich behandelt wurden und die Bau - her rinnen und Bauherren der Veröffentlichung zustimmen. Die Stadt Karlsruhe berichtet auf der städtischen Internetseite des Gestaltungsbeirats in regelmäßi- gen Abständen der Öffentlichkeit über die Arbeit des Gestaltungsbeirats und die Entwicklung der Vorhaben und Bauprojekte. § 20 Wiedervorlage Erhält ein Vorhaben nicht die Zustimmung des Gestaltungsbeirats, so ist der Bauherrin oder dem Bauherrn die Möglichkeit zur weiteren Bear- beitung einzuräumen. Der Gestaltungsbeirat gibt die Kriterien hierfür bekannt. Das Vorhaben ist dem Gestaltungsbeirat wieder vorzulegen, soweit der Projektfortschritt eine erneute Befassung erlaubt. § 21 Geheimhaltung/Datenschutz Die Mitglieder des Gestaltungsbeirats und die sons- tigen Sitzungsteilnehmenden sind zur Geheim- haltung über die internen, nicht-öffentlichen Teile der Beratungen und Wahrnehmungen verpflichtet. Eine Verletzung der Geheimhaltung führt zum Ausschluss aus dem Gestaltungsbeirat. § 22 Schlussbestimmungen Diese Geschäftsordnung tritt am 25. Oktober 2022 in Kraft. Sie ersetzt die Geschäftsordnung vom 21. November 2006, geändert durch Beschlüsse des Gemeinderats vom 28. Juni 2011 und vom 16. Oktober 2012. 1 21 2 Herausgeber Stadt Karlsruhe – Stadtplanungsamt Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat Lammstr. 7 76133 Karlsruhe stpla@karlsruhe.de Ansprechpersonen Prof. Dr.-Ing. Anke Karmann-Woessner Amtsleitung Stadtplanungsamt Sigrun Hüger Bereichsleitung Städtebau, Stadtplanungsamt Georg Gerardi Bereichsleitung Stadtbild Clemens Fritz Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat bis 2018 Redaktion Dr. Kristin Barbey Irina Mattiesson Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat Bereich Städtebau, Stadtplanungsamt Gestaltung magma design studio, Karlsruhe Druck Stober Medien GmbH, Eggenstein Gedruckt auf Recycling-Papier aus 100% Altpapier. Zertifiziert mit dem Blauen Engel. Stadt Karlsruhe Dezember 2022 Bildnachweise Projekt 1 Monika Müller-Gmelin, Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe (S. 27) Stefan Müller-Naumann Fotodesign, München (S. 28, 29) Projekt 2 Jürgen Lange-von Kulessa, Ergon Invest GmbH, Freiburg Projekt 8 Andreas Stuchlik (Visualisierung Perspektive) Projekt 9 Kleihues + Kleihues Projekt 10 Monika Mueller-Gmelin, Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe Projekt 11 bild_raum Stephan Baumann, Karlsruhe Projekt 12 HGEsch Photography, Hennef Projekt 15 Lukas Brenner Architektur Fotografie, Stuttgart Projekt 16 bild_raum Stephan Baumann, Karlsruhe Projekt 17 Monika Müller-Gmelin, Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe (S. 138, 140/141) Roland Fränkle, Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe (S. 139) Frank Blümler Photography, Frankfurt (S. 142, 143, 144, 145) Projekt 18 Monika Müller-Gmelin, Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe Portrait Bürgermeister Daniel Fluhrer Anne-Sophie Stolz (S. 7) Portraits der Beirätinnen und Beiräte Benjamin Schenk (S. 156) Felix Kästle (S. 157 li) richter architectes & associés (S. 158 re) Frederik Laux (S. 159 re) Ralf Padberg (S. 160 li) Antje Quiram (S. 160 re) Ben Fuchs (S. 161 li) Anderhalten Architekten (S. 162 li) Felix Gatermann (S. 162 re) Claudius Pfeifer (S. 163 re) Wilfried Dechau (S. 164 li) fingerhut.com (S. 165 li) Inge Zimmermann (S. 165 re) Privat (S. 157 re, 158 li, 159 li, 160 li, 161 re, 163 li, re, 164 re) 176 | Impressum Diese Broschüre wir gefördert durch das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg mlw.baden-wuerttemberg.de baukultur-bw.de G E S T A L T U N G S B E I R A T K A R L S R U H E »Eines der wesentlichen Ziele eines Gestaltungsbeirats ist es, den Dialog über die Bedeutung und Gestalt von Architektur im Zusammenspiel mit Stadt und Landschaftsraum in der Öffentlichkeit zu kultivieren.« Prof. Zvonko Turkali
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE3MTM1Nzg1MDcsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzA1X01vYmlsaXRhZXRfU3RhZHRiaWxkLzA1Ml9TdGFkdHBsYW51bmcvNl9HZXN0YWx0dW5nc2JlaXJhdC8wMjI1M18xMEotR2VzdGFsdHVuZ3NiZWlyYXRfMTYweDI0MG1tX0NELUtBX2RpZ2l0YWwucGRmIiwicGFnZSI6NDEwNH0._gxn0_HvDCgjqtiTPDSCQzJcrp-GOg9-db2SEiftdoQ/02253_10J-Gestaltungsbeirat_160x240mm_CD-KA_digital.pdf